Intro #233 Juni 2015

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#231 April #233 Juni 2015 2015 gratis gratis www.intro.de www.intro.de

Der durchgedrehte Film des Jahres:

VICTORIA

FFS — Nocturnal Sunshine — Paul Dano über »Love & Mercy« — Mode: Cool im Pool

#Pop #Kultur #Life #Style

Hudson Mohawke — Soak — Hot Chip — Laurie Penny — Kurt Cobain: Rest in Pics —



#Intro #Editorial

#Intro

Nächte, die bis morgens dauern, sind oft die besten. Mindestens genauso oft sind sie auch die schlimmsten. In beiden Fällen fühlt man sich am nächsten Morgen, als habe man irgendwann die Kontrolle verloren, als habe die Nacht selbst einen gepackt und an Orte geschleudert, die man unbedingt oder niemals sehen wollte. Oder beides zugleich. Der Film »Victoria« von Sebastian Schipper vermittelt genau diesen Kontrollverlust. Und zwar mit einer Wucht, die uns für ein paar Tage sprachlos gemacht hat, bevor wir wussten: »Ja, verdammt, der muss aufs Cover!« Oder vielmehr: »Die muss aufs Cover!«, denn es ist vor allem der Hauptdarstellerin Laia Costa zu verdanken, dass man dem Sog ihrer Nacht erliegt. Und da wir schon im Grenzland zwischen Tag und Nacht herumirrten, fanden wir die Fotoserie »Into The Light« von Sandy Kim ziemlich passend. Sie führt durch unser Heft, weil sie und Schippers Meisterwerk Geschwister im Geiste sind. Aber es ist ja nicht alles Nacht: Regelmäßige Leser werden merken, dass wir in dieser Ausgabe mehr als bisher auch fernab unserer Kernkompetenzen in interessanten Themenfeldern fischen. Zum Beispiel im Gespräch mit Autorin Laurie Penny, in den Hinterlassenschaften der großen Frida Kahlo oder bei den kreativen Karriereverweigerern vom »Haus Bartleby«, die uns zu ihrem kleinen Frühlingsfest empfingen. anke dafür!

Foto: Sandy Kim

Viel Spaß beim Lesen! Daniel Koch (im Namen der Redaktion)

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Das Leben der Anderen

D AS LEBEN DER ANDEREN Der Film »Victoria«, dessen Titelheldin Laia Costa unser Cover ziert, ist eine Wahnsinnstat: Regisseur Sebastian Schipper, dem wir auch »Absolute Giganten« verdanken, ließ ihn in einem Take drehen. 140 Minuten ohne Schnitt. Dem eiferten wir bei unserer Titelstory nach: Wolfgang Frömberg und unser Kameramann Michael Obenland streiften immerhin 80 Minuten lang mit Laia Costa plaudernd von Drehort zu Drehort und trafen »rein zufällig« Schipper und den zweiten Hauptdarsteller Frederick Lau. Den kompletten Film – also alle 80 Minuten, ungeschnitten! – gibt’s auf intro.de unter #Victoria.

Sandy Kims Fotografien findet man in der New York Times ebenso wie im Fader – hin und wieder aber auch bei uns. Für die Rubrikseiten in dieser Ausgabe wählten wir Motive aus ihrer als Buch veröffentlichten Serie »Into The Light«. Die Motive darin stammen aus ihrem Leben; es sind Freunde, Lover oder Verwandte. Was diese Bilder so besonders macht, ist Kims Fähigkeit, die seltsamen Farbschleier der Nacht und des Morgens, dieses Flirren aus Neon- und Tageslicht mit ihrer Kamera einzufangen. Ein Interview gibt’s auf intro.de unter #Sandy Kim, das Buch auf der Website des Verlags: pogobooks.de

Wie die meisten unserer Models haben wir Jasmin auf der Straße beziehungsweise in einer Bar gecastet. Auf dem Bild bekommt sie schnell noch die Haare zurechtgezupft – in 16 Grad kaltem Wasser wohlgemerkt. Der Pool steht in der Longericher Vorstadtidylle bei den Eltern von Intro-Grafi erin Vanessa, die ihn uns freundlicherweise für unsere Modestrecke zur Verfügung stellten. Danke dafür!

Aus der Redaktion Carsten: »In Sachen Schnaps bin ich schon im zweistelligen Bereich.« Wolfgang: »Wisst ihr denn nicht, wie die Kekse vom Krümelmonster schmecken? Ihr wisst ja wirklich gaaar nix. Und mit euch soll ich auf ein Level kommen? Pff t.« Daniel: »Ich wollte gerade schon mit wehenden Stinkefi gern das Haus verlassen.« Holger: »Defin ere megaalt!« Dennis: »Boa, hab ich jetzt Bock auf ein Nikotinpfla ter.«


Inhalt

INHALT #Intro

#Pop

Bilder von: Wandteppiche aus Instagram-Selfies 1. Mai in Ist anbul, Original-Skizze von Kurt Cobain 009

Konterbier mit Hudson Mohawke

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Soak: Reife ist überbewertet

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Sind minimal individuell: Hot Chip

040

Cover-Welten: Haie

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Wandelnde Klischees: Of Monsters And Men

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Ziemlich viel Output: Nocturnal Sunshine

046

Kernfusion im Popkosmos: FFS

048

Es ist ein Queen: Shamir

014

Algiers: Alkohol gegen Flugangst

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Vermisst deutsches Brot: Manuel Möglich

018

Auftakt mit: Blitzkrieg Bop, Top 7 Comic-Heldinnen, Too Slow To Disco, Ferris MC, Gengahr, Torres, Rocko Schamoni, Doc Intro, Kratzen & Beißen, Mathias Kaden, XOV, Stereofysh 020

#Kultur Victoria: Das One Take Wonder

052

Paul Danos Zeit als Beach Boy

058

Neue Filme: Im Kino & auf dem Sofa

060

Rest in Pics: Filme über Kurt Cobain

062

Die Diva spricht Klartext: Xavier Dolan

064

Neue Games: Video- & Brettspiele

068

#Life

Laurie Penny gegen Vorstandsetagen

074

Neue Arbeit: Haus Bartleby

076

Berlin ist eine Bühne: The Open Stage

081

First World Problems: Craft Beer

083

#Style Cool am Pool: Bademode

086

Frida Kahlos Kleiderschrank

090

Alex Bohn sagt Danke

091

#Review Platten vor Gericht

094

Neue Platten: Giorgio Moroder, Anti-Flag, FFS, Mia., Rangleklods, Nils Frahm, Of Monsters And Men, Snoop Dogg, Jamie xx und viele mehr 096 Abo

007

#Preview

Impressum/Dein Intro

006

Intro empfiehl

118

Katz & Goldt / Demnächst

130

Kalender

120

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Dein Intro

DEIN INTRO Und wo warst du im Juni 2005? Intro #128

Covergeschichte: Auf dem Cover: Ohrringe. Dahinter

ist Róisín Murphy zu sehen. Die hat sich seitdem schwer verändert und dann auch wieder gar nicht: Während sie in unserer letzten Ausgabe, also im Mai 2015, ein »nüchternes Rock-Blazer-Ensemble« trug, kam sie zehn Jahre zuvor laut Text noch auffällig bis freakig daher – im blaulila Hosenanzug zu rotem Haar. Den Freak hat sie auch heute noch intus, wie sie im letzten Interview erklärte. Nicht umsonst trägt der Text die Überschrift »Freak out«. Storys: Four Tet, Teenage Fanclub, The Coral, Koufax, Andreas Dorau, Die Türen, The Robocop Kraus, Black Eyed Peas, The Futureheads, Oasis, Coldplay Wichtige Alben: Coldplay »X&Y«, The Cribs »The New Fellas«, The Flaming Lips »The Fearless Freaks«, The Futureheads »The Futureheads«, Isolée »We Are Monster«, M83 »Before The Dawn Heals Us«, Sleater-Kinney »The Woods« Platten vor Gericht: Sieger: The Cribs – 7,28 Letzter: Heavy Trash – 5,06 Besondere Vorkommnisse: Auf Seite 42 beleuchtet Episode #3 einer Reportage-Serie die deutsche Musikszene. Der Titel dazu lautet »Nicht mehr ganz jung, viel zu deutsch und auf dem Weg«. Hach, was waren das (noch) goldene Zeiten für Bands wie Madsen, Bosse, Astra Kid, Dorfdisko und Katze. Schlagzeilen des Monats: Michael Jackson im Kindesmissbrauchsprozess freigesprochen +++ Halleluja: letztes Konzert der Böhsen Onkelz +++ Unwort des Jahres: Entlassungsproduktivität

IMPRESSUM Verlag Intro GmbH & Co. KG, Oppenheimstraße 7, 50668 Köln Fon +49 221 949930, Fax +49 221 9499399 verlag@intro.de, vorname.nachname@intro.de, www.intro.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann Chefredakteur Daniel Koch (V.i.S.d.P.) Stellv. Chefredakteur Wolfgang Frömberg Artdirector Holger Risse Projektleitung Martin Lippert Redaktion Senta Best (#Life), Wolfgang Frömberg (#Kultur), Daniel Koch (#Pop), Christian Steinbrink (#Review), Jenny Weser (#Stlye), Frederike Wetzels (Foto), Kristina Engel (Lektorat), Sermin Usta (Volontariat) Redaktionsassistenz Marcus Becker, Alexandra Heckel Live-Redaktion Carsten Schumacher, Julia Brummert, Thomas Lorber Layout Jörn C. Osenberg (osi), Vanessa Weber Online- & News-Redaktion (news@intro.de) Philip Fassing, Bastian Küllenberg Terminredaktion termine@intro.de Texte Lena Ackermann, Aida Baghernejad, Emanuel Bergmann, Kristof Beuthner, Ada Blitzkrieg, Alex Bohn, Jan Bojaryn, Annett Bonkowski, Andreas Brüning, Cay Clasen, Doc Intro, Valentin Erning, Lars Fleischmann, Marco Fuchs, Boris Fust, Steffen Greiner, Claudius Grigat, Julian Gupta, Elisabeth Haefs, Henrik Hamelmann, Mark Heywinkel, Moritz Honert, Leopold Hutter, Christian Ihle, Ulf Imwiehe, Sebastian Jegorow, Madleen Kamrath, Sinem Kilic, Dennis Kogel, Matthias Korte, Kerstin Kratochwill, Katja Krüger, Astrid Kusser, Mario Lasar, Julia Maehner, Konstantin Maier, Nadja Neqqache, Denise Oemcke, Katja Peglow, Kerstin Petermann, Tabea Debora Pringal, Verena Reygers, Philipp Rhenius, Henje Richter, Sven Riehle, Martin Riemann, Benedikt Ruess, Thorsten Schaar, Felix Scharlau, Christian Schlodder, Simone Schlosser, David Schumann, Frank Schuster, Roman Sobota, Hanno Stecher, Till Stoppenhagen, Thorsten Streck, Gabriele Summen, Karola Szopinski, Klaas Tigchelaar, Jan Tölva, Stephan Uersfeld, Nisaar Ulama, Thomas Venker, Daniel Voigt, Linus Volkmann, Benjamin Walter, Timo Weber, Jan Wehn, Liz Weidinger, Michael Weiland, Holger Wendt, Anke van de Weyer, Kai Wichelmann, Katrin Wiegand, Gregor Wildermann, Sebastian Witte, Peter Wittkamp, Fabian Wolff, Marius Wurth Coverfoto Carmen Catuti Fotos Marcus Becker, Carmen Catuti, Jonnie Craig, Robin Hinsch, Julia Jesionek, Monika Keiler, Sandy Kim, Alex de Mora, Kai Müller, Joseph Wolfgang Ohlert, Grace Rivera, Irina Rozovsky, Jamie Stoker, Christoph Voy, Paula Winkler, LUZ und Pressebildfreigaben Illustrationen Peter Hoffman , Alexandra Ruppert Personal & Organisation Rebecca Wast (Leitung), Christina Deutsch PraktikantInnen Dominik Bruns, Dennis Engel, Oscar Fuchs, Paula Irmschler, Julia Jesionek Vertrieb Dominik Raulf (Leitung – Fon +49 221 94993-41), Christian Heidrich Abo Chris Heidrich (abo@intro.de) Brandmanagement Eike Wohlgemuth Public & Media Relation Claudia Trede (claudia.trede@gemeinsame-sache.net), Michael Gwiozdzik (michael.gwiozdzik@intro.de) Anzeigen & Administration Eva Sieger (Leitung – Fon +49 221 94993-12, Fax +49 221 94993-88), Florian Schuster, Sonja Reitemeier Director Marketing & Sales Oliver Bresch (Fon +49 221 94993-13) Marketing & Sales Büro Köln Fon +49 221 94993-Durchwahl: Martin Lippert -17 (Head of Sales Intro – Tonträger, Film, Kultur, Marken), David Winter -63 (Head of Digital Sales – Marken, Media), Laura Heinrichs -82 (Marken, Media), Backoffi e & Digital Ad Management: Sonja Reitemeier -40 & Sabrina Esser -33 Büro Berlin Sebastian Siegmund +49 30 403670511 (Konzertagenturen & regionale Kunden), Frank Straessner +49 30 403670520 (Marken, Media, Musik) Aktuelle Anzeigenpreisliste Mediadaten 2015 (Nr. 25 aus 12/14) Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G., BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900

Jeden Monat das gleiche Spiel: Noch einen Haufen toller Themen auf dem Tisch, aber plötzlich ist das Heft voll. Zum Glück kann man das Internet nur schwer vollschreiben. Auf intro.de findet ihr unter #Pop jeden Monat weitere Interviews, aktuell zum Beispiel mit Ferris MC (Foto), Nate Ruess, Modest Mouse und MountainGoats-Frontmann John Darnielle.

Der Festivalguide ist so was wie unser frischluftsüchtiger ­Bruder. Letzten Monat baten euch die Redaktionskollegen, unter #festivalfanatics auf Instagram die schönsten #immergut2015Momente zu posten. Von @saramtamtam kam diese charmante Campingplatz-Szene. Macht (gute) Laune – und Lust auf Musik an der frischen Luft.

Termine für Nr. 234/Juli/August 2015. Redaktionsschluss: 05.06.2015; Termin- & Anzeigenschluss: 12.06.2015; Druckunterlagenschluss: 16.06.2015; Erscheinungstermin: 29.06.2015 Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen IVW-geprüfte Aufla e & Verbreitung I. Quartal 2015 Druckaufl ge: 105.246 / verbreitete Aufl ge: 103.141 (Durchschnittszahlen) Bezugsquellen Erhältlich an 1.261 Auslagestellen im gesamten Bundesgebiet sowie im Abonnement Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, 100% Altpapier. Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt ein gesandte Manuskripte und Fotos! Proud Member of the Hörstmann Unternehmensgruppe


012 Jörg K., 40 Jahre, Saxofonist aus Köln

»ICH LESE INTRO , WEIL MUSIKJO URNALISMUS VERTRAUENSSACHE IST.«

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Abo

UNSERE LIEBLINGE IM JUNI. Auch als Aboprämie erhältlich. Siehe Seite 7.

Benjamin Statler Kurt Cobain – Tod einer Ikone

Jemaine Clement & Taika Waititi 5 Zimmer Küche Sarg

Diverse Too Slow To Disco Vol. 2

Mathias Kaden Energetic

FFS FFS

Nils Frahm Victoria – OST

Hot Chip Why Make Sense?

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Im Juni: 1. Erased Tapes Label Compilation auf CD 2. Sticker zu »Too Slow To Disco«

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3. 50 × 2 Kino-Freikarten zu »Victoria«, per Zufallsprinzip unter allen Abonnenten im Heft versteckt. Watch out!

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Jamie XX In Colour

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Hätte man uns damals erzählt, dass man mit den Dingen, die man im Textilunterricht lernt, so coole Bilder machen kann, hätten wir vielleicht nicht zum Werkunterricht gewechselt. Erin M. Rileys Wandteppiche sind momentan in der Joshua Liner Gallery in New York zu sehen. Dieser stammt aus der Reihe »Nudes«, für die sie Instagram-Selfie als Vorlage nutzte.


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Kiew, Moskau, Istanbul – unseren Fotografen Robin Hinsch zieht es oft in die Städte, in denen politischer Protest sichtbar wird. Während der 1. Mai in Berlin überwiegend friedlich verlief, war Hinsch an diesem Tag inmitten gewaltsamer Proteste in Istanbul, an denen wieder einmal deutlich wurde, dass der Widerstand gegen die immer repressiver agierende Erdoğan-Regierung noch lange nicht zu Ende ist.


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Die Doku »Montage Of Heck« über Kurt Cobain gibt neue Einblicke in die düstere Gedankenwelt des Nirvana-Frontmanns. Regisseur Brett Morgen erhielt Zugang zu unveröffentlichten Skizzen wie der hier abgebildeten aus Cobains Jugendzeit und fand dabei ungehörte Demo-Aufnahmen, die im Sommer als Album erscheinen. Das kann spannend werden. Oder scheiße.


10-17 AUGUST 2015

ROBBIE WILLIAMS LIMP BIZKIT

BEATSTEAKS

CRO

FLORENCE & THE MACHINE

KRAFTKLUB INTERPOL ALT-J ALESSO LABRASSBANDA MARTIN GARRIX ELLIE GOULDING KASABIAN DIXON DROPKICK MURPHYS MILKY CHANCE THE GASLIGHT ANTHEM MAJOR LAZER THE SCRIPT C2C ARTY ASAF AVIDAN AVICII GOGOL BORDELLO JOSÉ GONZÁLES FOALS GENTLEMAN & THE EVOLUTION KNIFE PARTY MICHAEL MAYER INFECTED MUSHROOM GUI BORATTO SBTRKT HIGH CONTRAST ELLEN ALLIEN PASSENGER FUTURE ISLANDS ENTER SHIKARI THE SUBWAYS HOLLYWOOD UNDEAD MARINA AND THE DIAMONDS WILLIAM FITZSIMMONS DAMIAN LAZARUS CHE SUDAKA SELAH SUE JAMIE WOON AWOLNATION THE MACCABEES FOXES JUNGLE TYLER THE CREATOR MØ GRAMATIK MARIZA W&W BLASTERJAXX PALOMA FAITH UND VIELE MEHR! ZU GTIC K ET S MÜ NSTER / BU DAPE ST ER HÄLTLICH BEI ADT ICKET!

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#Pop #Shamir

Shamir

DER NEUE Q UEEN OF POP #Pop — Das ganze Bohei um Madonnas dezent übergriff gen Bühnenkuss mit Drake zeugt vielleicht weniger von Frauenhass und Altersdiskriminierung als vielmehr davon, dass das Volk nach einer neuen Queen of Pop verlangt. Glücklicherweise rüttelt da jemand ganz sachte am Königinnenthron, glaubt Autor Steffen Greiner. Es ist ein Queen! Foto: Christoph Voy

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m es einmal vorwegzuschicken: Musikalisch ist Shamir nicht im Ansatz so relevant wie als angehender Star. Sein Debüt »Ratchet« klingt, wie moderner House-Pop eben zu klingen hat. Der Künstler Shamir allerdings ist eine schillernde Erscheinung. Er ist die Type, die du für die Titelrolle besetzt, wenn du ein Mozart-Biopic im Stil von »Hairspray« drehst, er ist der junge Michael Jackson als It-Girl auf dem Catwalk. Kein Wunder, dass schon die ersten Songs der EP »Northtown« Wellen schlugen. Seine Auftritte, die stets mit langen Umarmungen in der Menge endeten, taten das Übrige. Die lange Umarmung im Hotelzimmer, die mein Interview mit Shamir Bailey eröffnet, wirkt hingegen wie eine müde Geste. Dennoch: Da sitzt eine faszinierende Person, die ohne die etablierten Tricks von Drag und Androgynität in jeder Sekunde ihre Geschlechtsidentität verweigert und meine unbewussten Einordnungen als Mann oder Frau zerfl eßen lässt. Deren Stimme tatsächlich klingt wie die von Prince, wenn er zur Karikatur seiner selbst wird. Und die damit mehr als souverän umzugehen versteht. »Süß, dass ihr fragt, aber es ist mir egal, welches Pronomen ihr benutzt. Gender ist ein irres Konzept, und ich defin ere mich nicht über meine männlichen Anteile«, twitterte Shamir jüngst nach Fragen, ob »he« oder »she« angemessener sei, und: »I have no gender, no sexuality and no fucks to give.« Welch ein wundervolles Unterlaufen der Ernsthaftigkeit aller Lager! Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass Shamir darüber nicht mehr reden will – zumindest nicht mit mir. Berechtigte Genervtheit »Madonna eines 20-Jährigen, der möchte ich nicht durch die enernicht werden, vierende Schule eines Judith-Butler-Einfüh- ich freue mich rungsseminars gehen schon auf den musste, um den gan- Ruhestand.« zen Geschlechterquatsch als solchen zu erkennen. Dennoch bleibt die Rolle des »she-male sauvage«, die ihn letztlich so sexy macht, genauso deutlich Spiel, dass niemand auf die Idee kommen könnte, hier ginge es neben all dem Spaß nicht eben doch um eine bewusste Subversion. »Mein Job ist es, Musik zu machen, dein Job ist es, meine Musik zu hören«, fährt er mich in einer ihm eigenen zärtlichen Aggressivität an. »Ratchet« jedenfalls quietscht vor Lust und Mordlust, das Album-Highlight »Demons« erzählt von zerstörerischen Beziehungen, dann wieder geht es um den Tod der Großmutter. Und natürlich immer um die dunkle Sexyness der Nacht, ganz, wie es sich für eine zukünftige Queen of Pop gehört. Mit einem entscheidenden Unterschied: »Madonna möchte ich nicht werden, ich freue mich schon auf den Ruhestand. Länger als bis 40 möchte ich das hier nicht machen.« — Shamir »Ratchet« (XL / Beggars / Indigo)


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#Pop #Algiers

Algiers

DURCHS DUNKLE D IXIELAND #Pop — Ganze 15 Jahre hat es gedauert, bis sich Algiers entschlossen haben, eine Platte aufzunehmen. Entstanden sind wütende, individualistische Songs, eine lyrische Abrechnung mit der eigenen Herkunft und unhaltbaren Zuständen. Für das Trio aus Atlanta ist der Süden Amerikas kein sonniges Dixieland, sondern der »ultimative amerikanische Albtraum«. Christian Schlodder ließ sich die Gründe erklären. Foto: Carmen Catuti

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als Profession war und die allesamt noch geregelten Jobs nachgehen. Dass der plötzliche Erfolg ihnen zu Kopf steigen könnte, bezweifeln sie. »Wir vergleichen das gerne mit alten Roadrunner-Cartoons. Wir sind der Koyote und Roadrunner der Erfolg. Wenn wir nicht aufpassen, jagen wir Roadrunner hinterher, rennen über eine Klippe und gucken uns noch einen Moment in der Luft um, bevor wir den Canyon hinabstürzen«, sagt Fisher. »Wir sind alle in unseren 30ern. Wir können das, was gerade passiert, für uns einordnen, und aktuell ist alles sehr aufregend. Das nehmen wir gerne mit«, ergänzt Mahan. Nach dem Albumrelease werden die drei gefragter denn je sein: Kon-

er Sänger der Algiers, Frank Fisher, muss Es ist total festgefahren und es geht um nichts sich entschuldigen. Er hat einen tierischen als das große Geld, große Häuser und große Kater. Es läge nahe, diesen Zustand auf ein Autos, die über große Strips fahren. Der ultitypisches Bandverhalten vor Promoterminen mative amerikanische Albtraum«, fügt Ryan zu schieben. Aber Frank hat Flugangst, und Mahan hinzu. Alkohol ist sein Beruhigungsmittel. Seit 15 Ihre Texte behandeln Themen wie den Jahren kennen er, Lee Tesche und Ryan Mahan Kampf der Religionen, Rassenkonflikte, Moral sich schon und machen zusammen Musik. Nun und wirtschaftliche Fehlentwicklungen, die endlich erscheint ihr erstes, schlicht »Algiers« man sowohl als Schablone über die Südstaabetiteltes Album – und das hat es in sich. Es ten legen oder eben auch universell versteist eine wilde Mischung aus anspruchsvol- hen kann. »Das ist das Schöne an Musik«, len Texten, fast schon gespenstisch wirkenden Gospel-Klängen, »Das ist das Schöne an Musik. Man kann seine ganze Frustration bedrohlichen Gitarren-Riffs und verarbeiten und transportieren.« morbidem Südstaatenflai . Seitdem die Jungs ihrer Heimat Atlanta den Rücken kehrten, um in New York sagt Fisher, der mit seiner durchdringenden zerte. Interviews. Promotermine. Und Frank und London zu leben, wundern sie sich manch- Gospelstimme für Gänsehautmomente sorgt. wird sicherlich noch den einen oder anderen mal über die Resonanz auf ihre Musik. »Es ist »Man kann seine ganze Frustration verarbeiten Kater zu bekämpfen haben. lustig, dass die Leute in Europa eine derart und transportieren.« romantisierte Sicht auf den amerikanischen Ihr Erstlingswerk und ihr spezieller Sound — Algiers »Algiers« (Matador / Beggars / Indigo) Süden haben, denn eigentlich ist es ein zutiefst machen die Algiers gerade zu gefragten abgefuckter Ort«, sagt Gitarrist Tesche. »Wir Gesprächspartnern. Eine neue Erfahrung hatten unsere Gründe, aus Atlanta abzuhauen. für die drei, für die Musik stets mehr Hobby


#VictoriaFilm

wilder Ritt! Er hat den wilden Schlag des Herzens,

»Was für ein

den das Kino braucht.« BLICKPUNKT FILM

SILBERNER BÄR für eine herausragende künstlerische Leistung PREIS DER GILDE DEUTSCHER FILMKUNSTTHEATER PREIS DER LESERJURY DER BERLINER MORGENPOST

7 Nominierungen

AB 11. JUNI IM KINO


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#Kultur #Manuel Möglich gleichzeitig. Was bedeutet das für den Journalismus heute?

Es ist begrüßenswert, mit welch geringen finanziellen Mitteln dieser Tage BewegtbildGeschichten produziert werden und wie viel Wege es gibt, sie zu erzählen. Aber wenn ein Journalist etwa schreiben, filmen und fotografieren kann, wird er längst nicht für drei Jobs bezahlt. Im Gegenteil. Sollte nur noch auf Allrounder gesetzt werden, bleiben die Inhalte irgendwann auf der Strecke – egal, welche Errungenschaften uns der technische Fortschritt bringt. Hast du deshalb Twitter lange gemieden?

Ich habe Twitter jahrelang falsch geschrieben, kam nie auf die Startseite und konnte mir keinen Account einrichten. Irgendwann hat es geklappt, und mittlerweile habe ich »Ich habe den Dreh raus. Twitter Du hast als einer der jahrelang Ersten Tabus wie »Bugchasing« im öf- falsch fentlich-rechtlichen geschrieben.« Fernsehen thematisiert. War es schwierig, das ZDF davon zu überzeugen?

Es war nicht leicht. Aber meine Redaktion und ich interessierten uns für Sachen, die als Nischenthemen galten. Oftmals war keiner der Kollegen vor uns in diesen Welten unterwegs. Das war hilfreich, manchmal aber auch mühselig. Als wir vor fünf Jahren eine Reportage über die Droge Crystal Meth drehten, war vielen in Deutschland nicht einmal die Serie »Breaking Bad« ein Begriff

Für dein Buch »Deutschland überall« berichtest du von deiner Reise in die Vergangenheit und Gegenwart deutscher Emigranten-Kultur. Fühlen sich Deutsche im Ausland von ihrer Heimat entfremdet und halten deswegen veraltete Traditionen am Leben?

Manuel Möglich

ALLEIN UNTER DEUTSCHEN #Kultur — In seinen ZDFneoTV-Reportagen stürzte sich Manuel Möglich in unbekannte Welten, ohne zu wissen, was auf ihn zukam. Auch als Autor geht es ihm weniger um das geschriebene Wort als um die Erlebnisse selbst, wie er in seinem Debüt »Deutschland überall«, auf der Lesetour und im Gespräch mit Sermin Usta beweist. Foto: Kai Müller

Du orientierst dich am Gonzo-Journalismus, der den Reporter in den Mittelpunkt stellt. Heißt das: Je subjektiver und ehrlicher berichtet wird, desto interessanter ist eine Geschichte?

Verallgemeinern würde ich es nicht, eine sachliche Themenaufarbeitung erscheint mir in vielen Fällen sinnvoll. Trotzdem: Mehr Haltung, mehr Mut, mehr Nähe schadet keiner Story. Und da man als Journalist natürlich auch eine Meinung vertritt, die man eigentlich ausblenden soll – warum nicht offensiv damit umgehen und sie zu einem Teil der Geschichte machen? Reporter müssen heute schreiben, film n und Social Media können. Am besten alles

Bei manchen Leuten trifft das so oder ähnlich zu. Das Hadern, die Zweifel und das Suchen nach der eigenen nationalen Identität. Das Leben zwischen zwei Kulturen schien für einige meiner Gesprächspartner Dauerthema zu sein. Es gab aber auch andere. Die, die sich ein Leben in einer Blase aufgebaut hatten: Tracht tragen, Deutsch reden, sämtliche Klischees bedienen und das Lied der Deutschen singen – von Strophe eins bis zum Ende. Gab es auch Momente, in denen du dir selbst typisch deutsch vorkamst?

In China ist mir klar geworden, dass mich meine Muttersprache zum Deutschen macht. Es bleibt vom eigenen Dasein nicht viel, wenn man nicht mehr in der Lage ist, zu kommunizieren. Und um ein echtes Klischee zu bedienen: Ich habe unterwegs auch schon mal deutsches Brot vermisst. — Manuel Möglich »Deutschland überall. Eine Suche auf fünf Kontinenten« (Rowohlt, 288 S., € 19,95)


SO WAR DAS MOVE ON UP 2015 Am 16. Mai fand im Rahmen der »Movimentos«-Festwochen in Wolfsburg erneut der Konzertabend »Move On Up« statt in diesem Jahr mit Get Well Soon, All We Are und dem Buttering Trio aus Israel. Text: Michael Schütz

Get Well Soon-Konzerte funktionieren oft auf zwei Ebenen, mindestens. Das ist auch an diesem Abend im »Hallenbad – Kultur am Schachtweg« nicht anders. Vordergründig hat man dort sieben Herzblutmusiker, die stilistisch vieles können, seien es verschnörkelt anmutende Balladen wie »Mail From Heidegger« oder aber schiebende, Gitarren-freudige Hits wie »If His Hat Is Missing

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I Have Gone Hunting«, das natürlich im letzten Drittel gespielt wird, hat es doch den höchsten Wiedererkennungswert. Selbst einen Schmonzetten-Klassiker wie »Careless Whisper« von George Michael kriegt Konstantin Gropper mit seiner Band in seinen eigenen Klangkosmos überführt. Gleichzeitig aber bietet Gropper zu jedem Song auch seine belesene Wortwelt an und haut einem Lyrics um die Ohren, die man sich noch mal ausgedruckt mit nach Hause nehmen müsste. Ein wenig zugänglicher zuvor: All We Are aus Liverpool. Deren Debütalbum nannte Intro mal ein »vertontes Schlafmittel« – und meinte das durchaus positiv. Live hingegen lösen All We Are eine gegenteilige Reaktion aus. Der harmonische Gesang der drei Bandmitglieder, der so eigene Gitarrensound und vor allem die Drums und Percussions von Richard O’Flynn bringen mehr Bewegung ins Nichtschwimmerbecken als die Baby-Schwimmgruppe, die einst dort planschte, es vermochte. An dieser Stelle sei noch mal die besondere Spielstätte genannt, in der auch im vergangenen Jahr das »Move On Up« stattfand. Sie war von 1963 bis 2002 tatsächlich ein Hallenbad und wird seit 2007 als Kulturzentrum genutzt. Das ehemalige Nichtschwimmerbecken ist einer der zwei Konzerträume – und zwar der, der wirklich wie einer aussieht. Die kleinere Bühne hingegen ist direkt im Hauptbecken des Schwimmbads, was bedeutet, dass die Sprungtürme im Hintergrund Teil der Kulisse sind, der tiefere Teil des Beckens als Backstage für diese Bühne genutzt wird und ein Teil des Publikums auf blauen Fliesen steht und sicherlich hin und wieder die Worte »Badehose« oder »Bikini« denkt. Hier spielt zunächst der Violinist Iskandar Widjaja mit dem Kammerorchester Berliner Camerata und vor Get Well Soon das israelische Buttering Trio, das an diesem Abend viele neue Fans gewinnt. Kein Wunder, der beschwingte, äußerst international anmutende Sound, der sich aus Pop und Reggae ebenso speist wie aus Funk, HipHop und Dub, funktioniert vor dieser seltsamen Kulisse perfekt, und das Buttering Trio beweist mit seinem letzten, überwiegend auf Hebräisch gesungenen Song »Falafel«, dass es damit durchaus einen kleinen Hit am Start hat.

21.05.15 15:36


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#Pop #Kultur

Torres

AUS WUT GEBOREN #Pop — Von der Songwriting-Schülerin einer streng christlichen Country-Star-Schmiede zur wütenden Botschafterin eines neuen Grunge-Sounds. So könnte man die Entwicklung von Torres in einem Satz erklären. Aida Baghernejad traf sie für uns kurz vor dem Release ihres zweiten Albums »Sprinter«.

W

as würdest du tun, wärst du als Adoptivkind in einer ultrareligiösen Gemeinde in Georgia aufgewachsen? Würdest du ausbrechen? Würdest du dein Leben jemals in Frage stellen? Mackenzie Scott a.k.a. Torres hat ihr ganzes Leben in so einer Gemeinde verbracht. Sogar ihr College in Nashville war tief religiös. Hier werden künftige Country-Stars ausgebildet; Torres allerdings hat Songwriting und Literatur studiert. Eine Jugend ohne Nirvana, ohne Rebellion, ein Literaturstudium ohne »Fahrenheit 451«. Jetzt holt sie alles nach: Grunge, Ray Bradbury und die »Fuck you«Attitüde, die man ihr aberziehen wollte. Mit ihrem ersten, selbstbetitelten Album konnte sie schon einen gewissen Achtungserfolg

erzielen. Der Zweitling »Sprinter« klingt dunkler, radikaler und persönlicher. Ein modernes Grunge-Revival, das es schafft, alles andere als peinlich zu sein. Woher kommt all die Wut? »Ich bin vor allem wütend auf mich selbst, auf meine Unfähigkeit, mich meinen Nächsten richtig mitteilen zu können. Und auf Teile meiner Vergangenheit ... Mir war nicht klar, wie viel von meinem Selbst ich bisher unterdrückt habe. Aber grundsätzlich bin ich keine wütende Person, dafür habe ich die Musik als Ventil«, erzählt sie in ihrem schönen Southern-Singsang. Auf »Sprinter« stellt sie vieles, wenn nicht alles, was sie lange für gottgegeben hielt, in Frage. Das Album klingt nach Schmerz, Euphorie,

Befreiung und Erwachsenwerden – also nach genau dem intensiven Emanzipationsprozess, den Mackenzie selbst durchgemacht hat und immer noch durchmacht. Torres ist eine Künstlerin, die sich nicht hinter fünf IronieEbenen versteckt, sondern eine, die dahin geht, wo es wehtut. Und wir können uns glücklich schätzen, ihr dabei zuhören zu dürfen. — Torres »Sprinter« (Partisan / PIAS / Rough Trade) — Auf Tour am 03.06.


#Top 7

CO MICHELDINNEN

1 Ms. Marvel Erklär mal deinen streng religiösen Eltern, dass du nachts rausmusst, um die Welt zu retten, wenn sie dir nicht mal erlauben, auf eine Party zu gehen. Die neue Ms. Marvel namens Kamala Khan ist eine Teenagerin aus New Jersey, die von ihrer amerikanisch-pakistanischen Familie an der kurzen Leine gehalten wird. Auch wenn die Muslima es sich wünscht – mit ihrer Vorgängerin Carol Danvers hat sie wenig gemein. Autorin G. Willow Wilson lässt in ihrer Version von Ms. Marvel Raum für ironische Spielereien mit Superheldinnen-Klischees und hat eine Figur geschaffen, die Vorbildqualitäten besitzt. »Ms. Marvel Band 1 – Meta-Morphose« (Panini Comics)

Die neue SOUR POWER

#Kultur — Zwar überwiegt im Superhelden-Fach »Comics« noch immer Testosteron, doch von einer reinen Männerdomäne muss man schon länger nicht mehr sprechen. Wir stellen sieben Comic-Heldinnen vor, deren Geschichten Männlein und Weiblein lesen sollten.

2 Revival

3 She-Hulk

4 Glory

Die etwas andere Untoten-Story von Tim Seeley (»HACK/SLASH«): In einer Kleinstadt in Wisconsin kehren Verstorbene zurück und fordern dadurch das gesellschaftliche, politische und religiöse Leben heraus. Auch die Polizistin Dana Cypress ist von der Auferstehung betroffen. Wie gut, dass ihr bei der Aufklärung des Todes ihrer Schwester genau jene zur Seite steht. »Revival 3 – Ein ferner Ort« (Cross Cult)

She-Hulk aka Jennifer Walters wandelt wieder auf Solo-Pfaden. Ohne die Fantastic Four, ohne die Avengers, dafür aber mit einer eigenen Anwaltskanzlei muss sie sich nicht nur mit dem Sohn von Dr. Doom rumschlagen, sondern auch juristisch mit ihrem alten Kumpel Tony Stark. Gastauftritte und schräge Ideen machen den etwas spröden Anfang von Charles Soules neuer She-Hulk mehr als wett. »She-Hulk Volume 1 – Law And Disorder« (Marvel)

Während der großen Kriege der Erde war Glory die Geheimwaffe aus einer anderen Welt. Die junge Riley sucht nach der inzwischen verschollenen Heldin und steht bald an Glorys Seite in der einen großen Schlacht um die Welt. Zeichnerin Sophia (früher Ross, »Wet Moon«) Campbell und Autor Joe Keatinge haben aus Glory eine Heldin mit Ecken und Kanten gemacht. Die Story ist irre und spannend, die Zeichnungen sind großartig. »Glory Volume 1 – The Once And Future Destroyer« (Image Comics)

SOUR

Jede Stunde gewinnen. 5 Irmina Einer der besten europäischen Comics 2014 kommt von Barbara Yelin. Inspiriert von der Biografie ihrer Großmutter, entwirft die Zeichnerin in »Irmina« das differenzierte Bild einer jungen Frau im Dritten Reich, ohne ihre Hauptfigu zu verurteilen. Während die Heldin zu Beginn der 30er-Jahre noch abenteuerlustig in Londoner Studentenkreisen unterwegs ist, wird die Deutsche letztlich doch zur Mitläuferin und ergibt sich den historischen Gegebenheiten wie viele ihrer Landsleute. »Irmina« (Reprodukt)

6 Buffy

7 Ein Sommer am See

Joss Whedon gelingt es wie kaum einem anderen Science-Fiction-Autoren, Frauenrollen abseits gängiger Klischees zu erschaffen und damit ein Millionenpublikum zu erreichen. Nach dem Ende der TV-Serie seiner berühmtesten Figur Buffy führt er die Geschichte der Vampirjägerin in gezeichneter Form höchst erfolgreich weiter. »Buffy Staff l 10 – Band 1« (Panini Comics)

Rose und Wendy sind mehr als gute Freundinnen. Die Schwestern im Geiste treffen sich jeden Sommer in den Ferien und erleben gemeinsam das Erwachsenwerden. Doch was, wenn mitten in diese sorgenfreie Kindheit die Pubertät kracht und nur eine von beiden davon betroffen ist? Die beiden Cousinen Mariko und Jillian Tamaki lassen Erfahrungen der eigenen Biografie mit in ihre leichtfüßige Coming-of-age-Story einflie en. »Ein Sommer am See« (Reprodukt)

Text: Julia Brummert & Bastian Küllenberg

Dose öffnen, Code eingeben und gewinnen! www.28black.de

Aktionszeitraum: 15.5. - 31.7.15 Gewinne ähnlich der Abbildungen. Teilnahmebedingungen unter www.28black.de


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#Life #Pop

Mach’s dir selbst #3 Twitter-Schablone #Life — Seitdem es das Internet gibt, lesen die Kids noch weniger Analoges als sowieso schon. Kein Wunder, schließlich ist im Netz doch alles so viel bunter, größer und schneller. Damit Bücher nicht ganz aus der Mode kommen, finden wir folgende Lösung ganz passabel: die Twitter-Schablone. Einfach ausschneiden, auf den aktuellen Schmöker legen – und die ruhige Statik genießen. Zeichnung: Peter Hoffmann / Idee: Stephan Porombka

Gengahr

FANTASIE BRAUCHT FRISCHL UFT #Pop — Unter einem Schleier von leicht psychedelischem Indie-Pop mit Hang zur Melancholie lässt sich das englische Quartett Gengahr auf seinem Debüt »A Dream Outside« dennoch spürbar von der Sonne küssen. Annett Bonkowski sprach mit Sänger und Gitarrist Felix Bushe und Drummer Danny Ward über Träume, Lügen, Frischluft und Pokémons. Die Karriere mit einer Lüge beginnen? Check. Wie kamt ihr auf die Idee, allen weiszumachen, ihr kämt nicht aus London, sondern aus North Dakota?

Felix Bushe: Jede neue Band kommt heutzutage aus London. Also behaupteten wir einfach, aus North Dakota zu kommen. Das klang gut und sah auf unserem Facebook-Profil cool aus. Die Journalisten waren immer ganz durcheinander, wenn sie unseren wahren Wohnort erfuhren. Bis heute schreiben sie trotzdem immer wieder, wir seien eine fünfköpfige Band aus dem Norden der USA. Wir sind übrigens nur zu viert. Ihr habt euch in Anlehnung an eine Pokémon-Figur Gengahr genannt. Und damit gleich eine neue Schublade der Erklärungsnot aufgemacht, oder?

FB: Absolut! Wir hießen erst RES, mussten uns dann aber aus rechtlichen Gründen umbenennen. Zwei Tage verbrachten wir mit der Suche nach einem neuen Namen und hatten dabei das Gefühl, gar nicht voranzukommen. Schließlich entschieden wir uns im Affekt für Gengahr, weil uns der Klang des Wortes gefiel. Wir haben bei der Wahl natürlich nicht

bedacht, dass wir irgendwann einmal unsere nicht wirklich vorhandene Beziehung zu der gleichnamigen PokémonFigur erklären müssen. Dann helft mir auch noch bei der letzten Erklärungsnot: warum der Albumtitel »A Dream Outside«? Träumt es sich drinnen, im Bett zum Beispiel, nicht viel besser?

Danny Ward: Nein, denn draußen kann man seinen Gedanken freien Lauf lassen. Fantasie ist ein wichtiges Element unserer Songs. Vieles auf dem Album erinnert klanglich an einen Zustand, der dem eines Traumes sehr ähnlich ist. Wir sind weit davon entfernt, Songs zu schreiben, die das düstere urbane Leben dokumentieren. Der Albumtitel sollte das Wesen unserer Musik einfangen. »A Dream Inside« klang einfach total bescheuert. Also einigten wir uns auf das Gegenteil davon. — Gengahr »A Dream Outside« (Transgressive / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 12.06.15) — Am 19.07. auf dem Melt!


Kratzen & Beißen

Gegen Netties

Illustration: Alexandra Ruppert

#Life — Woran die Netzgesellschaft krankt, offenbart sich an Facebooks »Nettwerken«. Was als höfl che Tauschbörse gedacht war, ist längst zur Nahkampfzone der Rechthaber oder derer, die einfach nie das Maul halten können, verkommen. Christian Steinbrink weiß: Wer lässig sein will, ist kein Nettie! Kürzlich ist mal wieder einer unserer Kollegen aus einem Nettwerk geflogen. Keine Ahnung, warum er überhaupt da drin war – vielleicht akute Wohnungsnot? Jedenfalls weiß dieser sonst recht friedfertige junge Mann nicht, was er eigentlich falsch gemacht haben könnte. Wissen wir auch nicht, obwohl es theoretisch 1000 Erklärungen gäbe. Eventuell hat er es einfach nur versäumt, freundlich zu grüßen. Das allein kann nämlich schon zum Ausschluss aus einer Welt reichen, die eine Mitgliedschaft kündigt, wenn sie »den Eindruck aufwallender negativer Schwingungen« gewinnt. Wer hier was entscheidet, ist natürlich vollkommen intransparent – Impressum gibt’s ja nicht. Unheimlich! Haben wir denn wirklich schon 1984? Und wieso sind es immer die betont »Netten«, die die wahren Umgangsformen zu besitzen meinen, sie diktieren und dann mit gerechter Wut leichtfertig mit der Keule schwingen? Weil ihr lächerlicher Versuch, die Kommunikation in der Online-Tauschbörse zu regulieren, in fürchterlichen Konflikten konsequent und regelmäßig in die Hose geht, bekommt man immer dann von ihnen die Fratze der Ignoranz zu sehen. Kein Wunder – wie kommt man auch auf die irrsinnige Idee, dass mit Emoticons verzierte Sätze die Gesprächsatmosphäre verbessern könnten? Ich jedenfalls habe noch kein »Nettwerk« gesehen, dessen Administratoren, wer auch immer sie sein mögen, ihr Werk mit nüchterner Professionalität absolviert hätten. Im Gegenteil: Die Empathie der engagierten Mitglieder, abweichende, beispielsweise rein sachliche Gesprächsformen zuzulassen, tendiert gegen Null. Meistens sind es die Gute-Laune-Boys und -Girls, die HeititeitiSzene, überengagierte und bald darauf immer fürchterlich enttäuschte, hoff ungslose Fälle. Sie neigen zu Meinungsdiktatur, denn wenn sie irgendwas zu beherrschen glauben, dann ist es Kommunikation. Wenn ihr zukünftig etwas kaufen, verkaufen oder tauschen wollt, dann tut es bloß nicht in Nettwerken! Und wer dort einen coolen Freundeskreis suchen sollte, ist womöglich selbst schon verloren. Versucht es doch vielleicht mal wieder auf einem stinknormalen Flohmarkt? Ein Sonntagmittag auf einem IKEAParkplatz in der Vorstadt kann auch schön sein. Was euch sonst blüht, könnt ihr den Nettwerk-Regeln entnehmen: »Jeder Nettie freut sich sehr über einen persönlichen Text und eine Begrüßung von dir.« Oder gleich mit der Pistole auf der Brust: »Seid freundlich – bleibt freundlich.«

difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ difFerEnZ Konzert : 80 Jahre Terry Riley Africa Express pres. „In C Mali“, Koreless „Cycles I“, Tyondai Braxton & Mouse on Mars feat. Sonic Robots perform „In C“ 29. 08. 2015 : Jahrhunderthalle Bochum

Festival der Künste


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#Style #Pop

Schatzparade

DIN G E, DIE DICH WOLLEN #Style — Wenn du es nicht schon längst geplant hast, bist du spätestens nach diesen Seiten reif: Für die Festivalsaison haben wir einige praktische Gerätschaften zusammengestellt, auf die du prinzipiell zwar verzichten könntest, aber warum solltest du?

David-Hasselhoff Pappmaske

EinhornRegenponcho

Wer aus dem Nichts eine Mauer zum Einsturz bringt, kann im Handumdrehen auch den schlecht gelauntesten Festivalbesucher aus seinem Zelt locken. Aber Obacht: Don’t hassel the Hoff! Gesehen für € 4,99 bei coolstuff.de

Regenponchos sind ja von Haus aus ultra-uncool. Dann doch lieber nass werden, im Zelt bleiben – oder eben Besitzer dieses wunderschönen Exemplars sein. Merke: Ein Einhorn hat noch keinem Festivalbesucher geschadet. Gesehen für € 9,95 bei radbag.de

Zap it Wenn dieses Ding wirklich funktioniert, frisst die Redaktion geschlossen mindestens einen Handfeger, wenn nicht Besen. Anwendung: Nach einem Mückenstich einmal kurz auf die entsprechende Stelle halten, abdrücken – und schon juckt’s nicht mehr. Autsch. Für € 5,90 bei coolstuff.de

Shower-Gel Oil Wer jemals ein Festival von innen gesehen hat, weiß, wie abartig es ist, den eigenen tagelang gesammelten Dreck im Abfluss der ha t umkämpften Dusche verschwinden zu sehen. Dieses als Motoröl getarnte Duschgel gaukelt schön was vor und übertüncht auch den schlimmsten Gestank mit zuckersüßem Kirscharoma. Für € 7,90 gesehen bei schoener-festiveln.de

Pocket-Dusche Macht nicht nur blitzblank sauber, sondern spült auch ein bisschen Kohle in die leer gefegte Festivaltasche. Denn wer’s schlau anstellt, kann mit dieser pfiffigen ocketDusche ein paar Euro dazuverdienen: Wasser rein, an einen Ast gehängt, je nach Sonnenstand ein paar Minuten warten, und schon bald sollte sich die erste Schlange vor dieser lässigen Open-Air-Dusche bilden. Sauber werden für € 24,90 bei coolstuff.de

Wärmekissen

Überschuhe Chucks

Da das Wetter bei einem Festival von Natur aus nie mitspielt, sollte man für alles gerüstet sein. Das Mitführen eines Wärmekissens kann nie schaden. Wirkt vermutlich auch bei SchüttelfrostErscheinungen nach überhöhtem Alkoholkonsum. Gesehen für € 1,00 bei coolstuff.de

Endlich gibt’s die blauen Müllsäcke auch in form- und farbenschön. Viel mehr Worte muss man zu diesen schicken Überziehern nun wirklich nicht verlieren. Ach, eins noch: Dieses ausgeklügelte Modell funktioniert sogar ohne Gaffa-Tape. Gesehen für € 7,90 bei schoener-festiveln.de

SUMME

48,79

#Redaktionstipp

»Alibis: Sigmar Polke. Retrospektive« (Museum Ludwig, Köln) Die retrospektive Ausstellung von Sigmar Polkes Werken ist zweierlei: zum einen eine sehr gut kuratierte Aufarbeitung eines außerordentlichen bundesrepublikanischen Künstlerlebens, zum anderen ein Einblick in die Entwicklung postmoderner Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg. Selbst wenn man eigentlich die Meinung vertritt, Polke sei tatsächlich nur in einer Phase von ein paar Jahren wirklich gut gewesen, lohnt der Besuch. Läuft bis 05.07.2015. Christian Steinbrink (Redakteur #Review)


#Pop www.kleon.graphics

Byrne & Barnes

Too Slow To Disco Vol. 2

Eine Liebesgeschichte #Pop — Marcus Liesenfeld alias DJ Supermarkt ist mit der Compilation »Too Slow To Disco« im vergangenen Jahr ein Überraschungserfolg gelungen. Im Juni legen er und sein Team nun den zweiten Teil vor – wieder mal ein Schmuckstück, vom Artwork bis zu den Liner­ notes, von der Songauswahl gar nicht zu reden. Text: Daniel Koch Sound lag damals in der Luft. Daft Punk, Phoenix oder Haim hatten ihn gerade für sich entdeckt, wir lieferten quasi den Background dazu.« Eine Fortsetzung ist also nur folgerichtig. Was sich auf Vol. 2 geändert hat? Nicht viel, aber: »Die Songs sind größtenteils noch unbekannter, obwohl viele ihrer Schöpfer später als Songwriter für andere Musiker reich wurden. Und diesmal mussten wir noch ein wenig mehr Detektivarbeit leisten, um die Rechte zu klären.« Schöne Geschichten sind da entstanden, die man in den Linernotes nachlesen kann. Ob es Liesenfeld nervt, dass er jetzt auf ewig der YachtpopExperte sein wird? »Auf keinen Fall. Durch die Arbeit mit diesen Liedern habe ich damals meine Liebe zur Musik wiedergefunden, sie bereitet mir nach wie vor große Freude.« — Das komplette Interview auf intro.de unter #Too Slow To Disco — Intro empfiehlt: Diverse »Too Slow To Disco Vol. 2« (How Do You Are? / Rough Trade / VÖ 12.06.15) — 19.06. Berlin, Neue Heimat (TSTD 2 Berlin Eastcoast Release Party) — 27.06. Berlin, Monarch (TSTD 2 Berlin Westcoast Release Party)

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musicex.de musicex.de

jenseitsvonmillionen.de

M

usikgenres wie Yachtpop und AOR (Adult Orientated Rock), wie sie zum Beispiel von den Herren auf dem F oto zelebriert werden, hatte man lange nicht auf dem Schirm. Dank Marcus Liesenfeld ist das inzwischen anders. Seit dem Release von »Too Slow To Disco« im vergangenen Jahr ist Liesenfeld so etwas wie Kurator, Schatzsucher und Botschafter dieser ebenso schönen wie satten Musik, die in den späten Siebzigern in Kalifornien ihre Blütezeit erlebte. »Ich liebe diese Musik seit meiner Zeit als viel reisender DJ in den Neunzigerjahren. Immer, wenn ich von einer langen Nacht geschlaucht war, richtete sie mich auf. Wenn du den PostClub-Blues hast und dich einsam fühlst, lässt sie dich von innen warm werden.« Auf SoundCloud veröffentlichte Liesenfeld 2008 einen ersten Mix und benannte ihn nach einem Paul-Davis-Song namens »Too Slow To Disco«. Auch auf seinem Blog »How Do You Are« reiste er immer wieder an die Westcoast, bis er mithilfe des CitySlang-Gründers Christof Ellinghaus 2014 den ersten Sampler an den Start brachte. »Der Erfolg hat uns schon überrascht. Aber dieser

Ein Festival jenseits von Millionen auf der Burg Friedland in der Niederlausitz.

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#Kultur #Life

Jetzt bewerben!

Blooom Award #Kultur — Ob bildende Kunst, Design, Urban Art, Video oder Mode: Seit dem 1. April sind Kreative aller Genres wieder dazu aufgerufen, ihre Arbeiten beim Blooom Award by Warsteiner einzureichen. 2014 folgten mehr als 1.200 Bewerber aus 65 Ländern dem Aufruf des internationalen Kunst- und Kreativwettbewerbs. Initiator ist die

Warsteiner Brauerei, die Künstler und Kreative bei ihrer Karriere langfristig unterstützen möchte. Neben einer Reise zur Art Basel Miami Beach stellt Warsteiner dem Gewinner ein Jahr lang ein Jurymitglied als Mentor zur Seite, dem zweiten Platz winkt eine eigene Galerieausstellung und eine Reise zur Art Paris, und der dritte

Platz darf einen Tag mit einem ausgewiesenen Kunstexperten verbringen. Außerdem bekommen die besten zehn Bewerber vom 24. bis 27. September die Chance, ihre Kunst auf der Blooom – The Converging Art Show in Köln zu präsentieren.

Blitzkrieg Bop

»Sie haben nur noch zehn Jahre zu leben!« #Life — Ich wohne in einem hübschen Altbau mit Holzdielen. Vermutlich nicht mehr lange, denn ich werde sterben. Mit 29 kann man im Groben noch 60 Jahre Lebenszeit veranschlagen, derzeit sind es bei mir wohl eher zehn. Jedenfalls, wenn ich so weitermache wie bisher, sagte man mir. Und dieser Tod wird nicht sonderlich schön, sondern aufgedunsen und gelb. Das Licht in meiner Wohnung ist sonnengeschwängert und warm-gelb. In dieser Lichtsituation betrachte ich mich oft verliebt im Spiegel. Meine Gesichtsfarbe sieht nach frischgebräunt und Urlaub aus. Allerdings ist dies kein Grund zum Jubeln, sondern auch eine der Ursachen für die vor Kurzem getroffene Diagnose einer fauchenden Ärztin, die meine Leber sonografierte: fortgeschritten verfettet. Bedrohlich. Und das mit 29. Nicht mal 30, nein, mit 29! Hätte sie so noch nie gesehen. Was aber war passiert? Ich bin weder Trinker noch unvernünftig im Hinblick auf mein Gewicht. Ich treibe viel Sport. Klingt ungerecht. Einige Tage schon hatte ich undeutbare Blicke auf der Straße geerntet. Irgendwann fiel es auch meinen

Freunden auf. Im Tageslicht war die wundersame »Winterbräune«, die ich mir in meinem warm-gelben Zimmer nur schwerlich erklären konnte, zu einem tiefen Gelb geworden, so wie es Männer tragen, die in Kneipen zu Mittag essen. Meine Leber sagte: Ich kann nicht mehr! Ein metabolischer Leberschaden? Der hatte mir gerade noch gefehlt. Ab 30 verzeiht der Körper nichts mehr, aber der Streber hat dummerweise auch ein gutes Gedächtnis darüber, was man mit Anfang 20 getrieben hat. Hallo Bandscheiben, guten Tag Nikotin. Plötzlich sieht man sich mit einem viel zu schnellen Ende konfrontiert. Ab jetzt gehe ich joggen, lege mich abends um 23 Uhr ins Bett, meide Süßes – und merke, wie mein Spaß verkümmert und wie anstrengend es ist, permanent mit angezogener Handbremse zu fahren. Trotzdem ziehe ich die Nummer durch; zumindest für die nächsten Monate, denn der Fettfladen in mir kann sich wohl wunderbar komplett regenerieren. Ich lebe also wie die 7-jährige Tochter einer Reformhausfamilie. Mein Tipp: Füllt doch mal einen Organspendeausweis aus. Oder passt einfach etwas besser auf euch auf! — Bei Ada Blitzkriegs Tweets und Texten hat man das Gefühl, es müsste ein »Hey ho, let’s go!« nach jedem Satz folgen, so direkt und ungefil ert kommen sie daher – egal, ob auf ihrem 23.000 Mal gefolgten Twitter-Profil bangpowwww oder ihrem Blog Textkrieg. Für Intro schreibt sie über die Dinge, die sie bewegen.

Illustration: Alexandra Ruppert

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#Pop

#Redaktionstipp

»If He Hollers Let Him Go« (Roman von Chester Himes) Das literarische Äquivalent zu den Rassismusbeobachtungen eines Killer Mike oder Kendrick Lamar – und man darf davon ausgehen, dass beide Genannten die Bücher von Chester Himes im Regal stehen haben. Dieser Roman, den man aufgrund seines Flows am besten auf Englisch liest, erschien bereits 1945 und beschreibt bitter, pointiert, aber auch kämpferisch die perfide Diskriminierung einer zutiefst rassistischen Gesellschaft. Liest sich aus bekannten Gründen gerade aktueller denn je. Daniel Koch (Chefredakteur)

»Ein Lob von Udo Lindenberg ist mir viel mehr wert, als wenn irgendein Neuzeit-Rapper sagt, dass er das geil fin et. So ein Lob ist was Handfestes.« #Ferris MC #Glück ohne Scherben

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#Style #Pop

#App des Monats

Facetune #Style – Schon der an Zynismus nicht zu überbietende Name hatte uns: Facetune! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, inklusive der mitschwingenden Botschaft: »Deine Fresse braucht ein Rundum-Tuning!« Tatsächlich ist es erschreckend bis faszinierend, wie man mit dieser App Unreinheiten glätten, Zähne weißen und sogar Gesichtspartien »umformen« (der Befehl heißt wirklich so) kann. Wer ein wenig übt, kann mit seinem Tinder-Gesicht bald alles erreichen – solange er dabei in der virtuellen Welt bleibt. Ist natürlich alles oberflächl che Kackscheiße, der wir nur im Geheimen frönen. Deshalb haben wir mal an diesem Bild von Iggy Pop bewiesen, dass wahre, altersweise, natürlich gewachsene Schönheit nichts entstellen kann – außer eben ein amtliches »Facetune«. — facetuneapp.com

#Kurzer Prozess Unplugged

BASS SULTAN HENG ZT »MUSIK WEGEN WEIBAZ« #Pop – Ruhe im Saal, jetzt fällt der Hammer. Linus Volkmann rechnet jeden Monat mit einem besonderen Endmonster von Album ab. Dieses Mal trifft es die zum gerappten Stammtischwitz konvertierte Sprechgesang-Granate Bass Sultan Hengzt aus Berlin. Fakt

Bass Sultan Hengzt gibt mit dieser Platte endgültig die Simulation auf, einer von den harten Heinis zu sein. Sein Feld ist jetzt mehr so der provokative Fun-Rap – wie ihn die Fantas aber garantiert nie gewollt hätten. Auch wenn sein Aufzählungs-Style der Single »I Love Haterz« stark an »MFG« von den Stuttgarter Ur-Spaßvögeln erinnert. Verhandlung

BSH schüttet reichlich Natursekt aus, um die homophoben Kommentar-Spinner der hiesigen HipHop-Szene zu tränken.

Mit V+ auf Farbrausch-Tour Der Hype um die Holi-Farbrausch-Festivals ebbt nicht ab. Kein Wunder, schließlich ist gerade der Moment, wenn der Countdown runtergezählt ist und alle Farben des Regenbogens in Fontänen in den Himmel schießen, unvergleichlich. Um passend dazu anstoßen zu können, sind in diesem Jahr auch die V+Biermixgetränke mit dabei: das exotische V+Curuba und das fruchtige V+Berry-x. Gemeinsam mit V+ schickt Intro einen Gewinner auf fünf Holi-Farbrausch-Festivals in diesem Sommer! Um zu gewinnen, reicht eine E-Mail mit dem Betreff »Holi V+« an verlosung@intro.de. Und es kommt noch besser: V+ legt das Reisebudget von 500 Euro für die Trips zu den Holi-Farbrausch-Festivals obendrauf!

Infos: vplus.de / holi-farbrausch.de

Die reagieren prompt auf das von ihm gepostete Fake-Cover zu seiner neuen Platte »Musik wegen Weibaz«. Zu sehen: zwei knutschende Typen. #Aufschrei im Deppenlager! Fazit

Nicht so prollig wie Die Atzen und trotz des Cover-Coups kein helles Licht der Aufklärung. Oder, wie es ein YouTube-Kommentar sagt: »Ich fand ihn besser, als er noch meine Mutter ficken wollte.«


Rocko Schamoni

Ein kurzes Gespräch gegen die Radiokultur #Pop — Eigentlich wollte Miriam Mentz mit Schamoni über sein Projekt »Die Vergessenen« reden, bekam allerdings auch oder gerade wegen seiner tollen Coversong-Sammlung eine sehr vernichtende Meinung zur aktuellen Radiolandschaft, dieser »Fleischtheke voller 2,50-Euro-Hähnchen«. In diesem Sinne: Guten Hunger! Was war deine Hauptmotivation für »Die Vergessenen«?

Ursprünglich sollten wir einen Abend für die Ruhrfestspiele konzipieren, was dann aber doch wieder abgesagt wurde. Wir haben an dem Projekt festgehalten, weil es eine wundervolle Möglichkeit war, mit einem Orchester zu arbeiten und Songs neu zu arrangieren – worauf wir eine ganz egoistische Lust hatten. Nebenbei wollten wir darauf hinweisen, dass es einen großen Pool an Musik in Deutschland gibt, der kaum Beachtung findet, weil die Radiolandschaft sich nicht darum kümmert. Welche Kriterien sollte deine Auswahl denn erfüllen?

Es ging mir um die Songs, die über dieses im Radio umhergehende Moods-Management hinausreichen und beim Zuhörer zum eigenständigen oder irritierten Denken führen können. Die meiste Radio-Musik ist einlullend, beruhigend und downend. Wir alle sollen peacig und gut gelaunt drauf sein. Es gibt kaum noch Erweckungsmomente. Vermutlich ist es auch ein Problem, dass viele sich diese seichte Unterhaltung wünschen.

Ich kann dem ungeschulten Publikum nicht vorwerfen, dass es nicht geschult wurde. Wenn du immer nur tiefgefrorene Hähnchen für 2,50 Euro auftischst, dann glauben die Leute mit 30, sie hätten Anspruch darauf. Wenn du aber gleich sagst,

es gibt noch etwas ganz anderes auf dem kleinen Tisch daneben, dann würden sie eventuell auch von diesem Essen probieren. Aber dieses Experiment wurde nie gestartet. Ich bin für die Einführung einer Quality Quote, 5 min/h muss im deutschen Radio andersartige Musik gespielt werden! — Mehr Interview auf intro.de unter #Rocko Schamoni

— Rocko Schamoni & L’Orchestre Mirage »Die Vergessenen« (Staatsakt / Universal) — Auf Tour vom 16.06. bis 18.09.


#Life #Style

Doc Intros Lexikon der Musikerkrankheiten

Es ist nahe liegend, dass Musiker, die oft hohen Lautstärken ausgesetzt sind, besonders anfällig für die Erkrankung sind. Medizinische Ursachen für die akute Form können Folge 3: Tinnitus eine Folge von Lärmschäden, Mittelohrentzündung, Schwerhörigkeit, #Life – Auch diesen Monat stellen wir an Drehschwindel und anderen orgadieser Stelle eine Krankheit vor, die Musik­ nischen Erkrankungen sein. Auch ein Hörsturz, starker, dauerhafter geschichte schrieb, weil sie berühmte Stress oder Blockaden an der HalsMusiker geplagt, inspiriert oder wirbelsäule können einen Tinnitus dahingerafft hat. Da Doc Intro dieser auslösen. Als Behandlungsmethode Tage im Urlaub weilt, bedanken wir uns hat sich das Medikament Cortison etabliert. Allerdings nur, wenn es bei Dr. Hanno, der die Praxis diesmal sich nicht um einen chronischen vertretungsweise führt. Er widmet Tinnitus handelt, der die oben gesich dem Tinnitus, einer Krankheit, nannten Musiker (angeblich) plagt. die viele Musiker plagt, angeblich zum In dem Fall ist man als Musiker dann wirklich a bisserl – pardon – am Beispiel Bob Dylan, Neil Young, Bono, Phil Arsch, denn Medikamente helfen Collins, Sting, Ozzy Osbourne, Will.i.am oder dabei leider nicht. Schauspieler und Musiker William Shatner. Zuerst sollte man natürlich verstärkt sein Gehör schützen. Damit sich das konstante Geräusch nicht Das U2-Fan-Forum ist zerstritten. Hat Bono nun Tinnitus? zu permanentem Psychoterror auswächst, ist die ärztliche Und wenn ja, warum redet er nicht drüber? Oder tut er es Empfehlung in diesen Fällen vor allem Stressvermeidung etwa in seinen Songs? Beschreiben nicht folgende Zeilen und Ablenkung, die dann – welch bittere Ironie (oder doch aus »Staring At The Sun« die Krankheit perfekt? »There’s großer Segen?) – auch durch Musik erfolgen kann. Wer an insect in your ear / If you scratch it won’t disappear / sich zum Beispiel immer mal gefragt hat, warum Will.i.am It’s gonna itch and burn and sting / You want to see what eine Weile eine schlimme Produktion nach der anderen the scratching brings«? Ähnlich wie bei Bono steht es mit losließ, wird dieses Tinnitus-Geständnis im britischen vielen Musikern: Viele plagt der Tinnitus gerüchteweise, Klatschblatt The Sun sehr erhellend finden: »Ich weiß gar wenige benennen ihn konkret oder werden aktiv. Eine nicht mehr, wie sich Stille anhört. Musik ist das Einzige, prominente Ausnahme ist Ozzy, der einer britischen das meinen Schmerz lindert. Arbeit beruhigt mich. Ich Tageszeitung erzählte, er leide unter permanentem Tin- ertrage es nicht, still zu sein, weil ich dann dieses Ohnitus, »was bedeutet, dass ich ein konstantes Klingeln in renklingeln höre, das nie Ruhe gibt.« Na, beißt sich hier meinem Kopf höre. Ich hätte wohl doch Ohrenstöpsel etwa die Katze in den Schwanz? tragen sollen.« Ozzy ist dabei mit seiner Beschreibung ganz dicht am eigentlichen Wortsinn, denn der Begriff stammt vom lateinischen »tinnere«, übersetzt: »klingeln«.

Tech-Talk

KÖL SCH ÜBER DEN RUPERT NEVE 506 0 #Style – Der dänische DJ und Produzent Rune Reilly Kølsch steht für mitreißende Live-Sets und eine warme, analoge Handschrift. Wie er diese auch auf sein neues Album »1983« bekommen hat, erzählte er uns.

Amiga 500 eigentlich immer auf Software und Sampling konzentriert und wenig um den MixingProzess an sich geschert. Als ich kürzlich mit meinem Studio umgezogen bin, habe ich beschlossen, meine Hardware in dem BeIch habe mich seit meinen be- reich auszubauen. Also besorgte scheidenen Anfängen mit dem ich mir einen Rupert Neve 5060

Desktop-Mixer und konnte wirklich nicht glauben, was für einen Unterschied es macht, mit dem Gerät zu arbeiten. Mittlerweile ist der Mixer das Herzstück meines Studios, und ich jage wirklich jedes Audiosignal durch das Ding. Es gibt den Aufnahmen diesen warmen Analogklang. Alle Titel

meines neuen Albums sind da durchgelaufen. Diese wertig klingenden Transistoren sind mittlerweile eine richtige Obsession von mir geworden. — Kölsch »1983« (Kompakt / Rough Trade / VÖ 05.06.15) — Auf Tour vom 04. bis 18.07.

Illustration: Alexandra Ruppert

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Rock’n’Heim, wie es kein anderer erlebt! IM SEAT CUPRA CAMP 2015

FÜR DAS SEAT CUPRA CAMP AUF DEM ROCK’N’HEIM (23. AUGUST) VERLOST INTRO 1×2 PLÄTZE. AUF INTRO.DE/SEATCUPRACAMP GIBT’S ALLE INFOS ZUR BEWERBUNG. VIEL GLÜCK! One Day Flash bei Rock’n’Heim – das bedeutet ein zehnstündiges PowerProgramm mit Acts wie Linkin Park, dem Farin Urlaub Racing Team, Kraftklub und vielen anderen Bands. Wer aus diesem einen unvergesslichen Tag gleich ein ganzes unvergessliches Wochenende machen möchte, der sollte sich vorab für das SEAT CUPRA CAMP bewerben. Denn wer sich einen der heißbegehrten Plätze im SEAT CUPRA Camp sichert, den erwartet von Sa.–Mo. ein Festival-Erlebnis der Extraklasse. So erhalten die Gewinner vor Ort ein Rundum Sorglos Paket mit eigenem VIP-Camp, Verpflegung und einigen Überraschungen. Bevor es am Sonntag die volle Ladung Rock gibt, steht am Samstag erst mal die volle Ladung Adrenalin auf dem Programm. Denn beim Fahrsicherheitstraining mit dem neuen, 280 PS starken SEAT Leon ST CUPRA könnt ihr euren Ruhepuls vergessen und erlebt Fahrspaß pur. Und wer schon immer mal herausfinden wollte, ob echte Rocker-Gene in ihm stecken, der kann sein Können bei der SEAT CAR-A-OKE unter Beweiß stellen. Damit ist das ganz besondere Festival-Erlebnis garantiert!

BEWIRB DICH JETZT FÜR DAS ROCK’N’HEIM DEINES LEBENS AUF: INTRO.DE/SEATCUPRACAMP


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#Pop

#Pop #Wer wir sind

#Pop # Wer Wir Sind

STEREOFY SH XO V

#Pop #Wer Wir Sind

MATHIAS KADEN

Herkunft Gera Genre Kann Minimal ebenso wie Tech House

Herkunft Berlin Genre Verspielter House mit poppigen

Melodien

Mitglieder 3 Besondere Vorkommnisse Alle Mitglieder

tragen den Namen Zander. Lysann und Gunnar sind Geschwister, Lars ist der Ehemann von Lysann. Aktuelles Album »The Race« (Lebensfreude / Believe Digital / Soulfood) Wann waren eure ersten Berührungspunkte mit elektronischer Musik?

und widmet sich nun wieder dem reinen House Mitglieder 1 Besondere Vorkommnisse Auf Kadens neuem Album spricht auch Rocko Schamoni, eine Überraschung, für Kaden. »Ich dachte, dass er überhaupt nicht wissen würde, wer ich bin.« Intro empfiehlt das aktuelle Album »EnerHerkunft Stockholm getic« (Freude am Tanzen / Rough Trade / Genre 80er-Pop + 90er-R’n’B + moderner Hip- VÖ 12.06.15) Hop = XOV-Pop Mitglieder Damian Ardestani Du machst seit fast 20 Jahren elektronische Besondere Vorkommnisse XOVs Biografie Musik. Wie erlebst du die aktuellen Ströhätte man sich nicht besser ausdenken kön- mungen und Entwicklungen? nen: Gangkämpfe mit schwedischen Neonazis, Speziell EDM hat viel verändert. Da stehen drogensüchtiger Vater, Business-Blitzkarriere, große Labels und viel Geld dahinter, die die finanzieller Totalabsturz, von Lorde gepushte gewachsene Electro-Szene Stück für Stück Musiker-Karriere – alles drin. abmelken. Es ist heute für einen gestern noch Aktuelles Album Single und Album via Uni- unbekannten DJ kein Ding mehr, ein paar Hits in ein Set zusammenzumischen und morgen versal im Sommer, VÖ tba.

Ly: Ich hab 1999 in einer Berliner SoftwareFirma gearbeitet. Zwei hippe Typen haben mir damals immer gebrannte CDs gegeben. Eine davon war Wagon Christs »Tally Ho!«. Das hat mich echt umgehauen. Ich wollte mich revanchieren und habe gesucht und den Jungs »Panthalassa: The Remixes« von Miles Davis als Antwort auf den Tisch gehauen. Das war quasi meine Eintrittskarte für die Clique der »cool kids«. La: Ich komme musikalisch aus einer ganz anderen Ecke. Mein Interesse an elektronischer Musik und die Faszination fürs Genre ist tatsächlich erst durch Stereofysh entfacht worden.

»Animal«, der erste Song, der offiziell veröffentlicht wurde, landete gleich auf dem letzten »Hunger Games«-Soundtrack. Wie kam’s dazu?

G: Man könnte sagen, da treffen Wunsch und Naturell entspannt aufeinander. Wäre schön, wenn das auch bei unseren Hörern ankommt. Heute haben wir zufällig »Igor« im Radio gehört und uns riesig gefreut. Ly: Auf dem neuen Album sind Stücke, die uns in den letzten drei Jahren ziemlich beschäftigt haben, vermutlich liegt es auch daran.

Die Antworten dazu findest du in meiner Biografie. Ich bin als Sohn iranischer Flüchtlinge im Vorstadtgetto von Stockholm aufgewachsen. Mein Vater war drogensüchtig, und ich flüchtete mich ins Gangleben. Wir Einwanderer-Kids hatten eine Art Krieg mit einer Gruppe schwedischer Neonazis. Einer davon hat mich mal alleine erwischt, mir alle Zähne ausgeschlagen und bewusstlos zurückgelassen. Ich lag lange im Krankenhaus, bevor meine Eltern mich zu einem Onkel nach Amerika schickten, der mich wieder auf die Spur brachte. Ich habe schon damals Gedichte geschrieben, um diese dunklen Kapitel zu verarbeiten, da ist es nur natürlich, dass sie sich in meiner Musik wiederfinden

»The Race« klingt sehr lebensbejahend. Entspricht das eurem Wunsch, oder ist es einfach euer Naturell?

Habt ihr ein Problem damit, mainstreamig zu klingen?

G: Es gibt sicherlich Leute, die unsere Musik zu schlicht finden oder zu poppig; manche fi den sie möglicherweise auch zu umständlich. Wenn wir im Radio laufen, ist das ein Ritterschlag. Wenn wir dadurch irgendjemanden im richtigen Moment erreichen, ist das eine Sache, über die man sich ein Leben lang freuen kann. Interview: Sermin Usta

Lorde hatte mich auf SoundCloud gefunden und über Twitter angeschrieben. Ich dachte erst, da wolle mich jemand verarschen, aber dann merkte ich, dass es ihr verifiz erter Account war. Sie mochte meinen Song »Boys Don’t Cry« und wollte mich auf dem Sampler haben, den sie ja kuratierte.

»Boys Don’t Cry« und »Lucifer« sind sehr glatt produzierte Pop-Songs und haben einen Sound, der im starken Kontrast zu deinen Texten steht. Warum sind die so düster geraten?

Interview: Daniel Koch

gebucht zu werden. Das hat auch Auswirkungen aufs Publikum. Ich habe oft den Eindruck, dass in der heutigen Jugendkultur gar kein Bewusstsein mehr dafür herrscht, was House, Deep House oder Dance eigentlich ist und was diese Begriffe für gestandene DJs bedeuten. Das wird von EDM-Acts und deren Labels so verwässert, dass mittlerweile junge Leute bei mir am Plattenteller stehen, sich Tracks wünschen, von denen ich nie gehört habe, um im Umkehrschluss zu behaupten, dass ich ein Scheiß-DJ wäre, weil ich keine Charts spiele.

Ist das auch ein Grund, warum du dich auf deinem aktuellen Album wieder mehr dem House zuwendest?

Es ist mehr so, dass mich die House-Musik der späten 90er sehr geprägt hat und ich mich wieder darauf zurückbesinnen wollte. Das war irgendwie eine ehrliche Sache damals. Dann kamen Minimal und Tech House, die ich auch gefeiert habe, aber House war schon immer meins. Interview: Christian Schlodder


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len. Wie die aussehen, erfährt man auf der Website www.bimm-institute.de. Das Bewerber-Profil passt wie angegossen? Dann schickt uns bis zum 17. Juli 2015 ein ein Video, bei dem ihr herausstellt, warum gerade IHR für das Stipendium in Frage kommt, an bimm@intro.de. Viel Glück!


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jeden Monat Neu: Teilnahme unter intro.de/Quiz

DAS QUIZ #233 Das Titelthema des Heftes ist gleichzeitig immer auch Hauptthema unseres monatlichen Quiz-Spaßes. Diesmal dreht sich alles um das Filmdrama »Victoria«. Los geht’s… 1. In »Victoria« gehts um einen nächtlichen Streifzug durch...?

2. Wie lautet der internationale Titel des Films?

F Bayreuth

N Victorias Secret

C Berlin

G Gloria Victoria (widewidewitt)

K Baden Baden

O My Name is Victoria

3. Wie heißt der Regisseur?

4. Welcher Film ist noch von ihm?

H Wolfram Peters

P Absolute Giganten

U Sebastian Schipper

I

G Tim Wenders

L Absolute Dilettanten

Absolute Beginner

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Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben das Lösungswort, das ihr bitte mit dem Betreff »Das Quiz« an verlosung@intro.de schickt. Teilnahme ab 18 Jahren, Einsendeschluss ist der 28. Juni. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


#Pop

#Pop

Foto: Sandy Kim

Ein kurzes Durchatmen im Dämmerlicht: Zuvor gab es ein frühes Konterbier mit Hudson Mohawke, wir belachten mit Soak den Irland-Konflikt und zogen mit Hot Chip marodierend durch die Straßen, um »Gauguin für alle!« zu fordern. Zum Abschluss wollten wir bei FFS einen Streit vom Zaun brechen, scheiterten aber an deren Harmoniesucht.

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#Pop #Hudson Mohawke

Hudson Mohawke

KONTERBIER UND KANYE Als TNGHT produzierte er Trap, mit KanYe West HipHop. Mit seinem zweiten Soloalbum auf Warp zeigt Hudson Mohawke nun die ganze Breite seines musikalischen Schaffens. Henje Richter sprach mit ihm über Musik – als Ambition, als Projekt und als Beruf. Foto: Carmen Catuti

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afür, dass Ross Birchard alias Hudson Mohawke später so viel über Professionalität reden wird, ist er ganz schön verkatert. An diesem Dienstagmorgen in Berlin wird er noch vor zwölf Uhr ein Konterbier trinken, während er mit fahrigen Händen die regelmäßig eingehenden Nachrichten auf seinem Handy checkt. Nachdem das Bier wirkt und ich mich an seinen ausgeprägten Glasgower Akzent gewöhnt habe, verstehe ich ihn allmählich besser. Ja, das neue Album, sein zweites auf Warp, sei viel zusammenhängender als das erste – welches ja eher als Mixtape durchgehe, aber dennoch ein Thema habe: »Es ist die Geschichte eines Tages, der poppig und lebendig startet, zum Nachmittag hin entspannter wird und nachts im Club endet«, beschreibt Mohawke sein Debütalbum von 2009. Hudson Mohawke ist dieser Tage ein gefragter Mann. Nicht nur als HipHop-Produzent für KanYe West, Drake oder Lil’ Wayne, sondern auch als Solokünstler. »Bei meinem letzten Album ›Butter‹ haben mich nur ein paar Musikmagazine interviewt. Jetzt bekomme ich Anfragen von allen Seiten, von Tageszeitungen und Lifestyle-Magazinen«, sagt er nicht ohne Stolz in der Stimme. Bald wird klar, dass HudMo, wie er oft respektvoll abgekürzt wird, lange auf dieses Ziel hingearbeitet hat. Und sein Weg war nicht immer schnurgerade: »Anfangs hab ich vor allem Rave, Hardcore und Gabba aufgelegt. Alles, was Anfang der Nullerjahre in Glasgow angesagt war. Von da aus bin ich dann schließlich beim Turntablism gelandet.« Doch auch die Scratching- und Beatjuggling-Wettbewerbe, die bis hin zu Weltmeisterschaften ausgetragen werden, waren für ihn bald nicht mehr genug. »Da bekommst du ja höchstens einen Pokal. Karriere lässt sich damit kaum machen.« Aber genau das war es, was Birchard vorhatte: »Ich habe Jahre daran gearbeitet, mit den richtigen Leuten in Kontakt zu kommen. KanYe oder Drake

zum Beispiel. Aber die waren abgeschirmt von Managern und A&R-Mitarbeitern«, so beschreibt er die Zeit ab 2005. Also veröffentlichte Mohawke erst mal eigene Sachen, in Kleinstauflage als White Label im Rahmen der LuckyMePartys in Glasgow. »Und das hörten dann irgendwann die Warp-Manager und boten mir an, ein Album bei ihnen zu veröffentlichen.« Heraus kam »Butter«, jener Hybrid aus Album und Mixtape. Und kurz darauf kam auch endlich die lang ersehnte Nachricht von KanYe. Hudson Mohawkes Musik klingt inzwischen manchmal fast wie KanYe West – nur ohne Rap-Parts. Tatsächlich ist es jedoch genau anders herum: KanYe klingt wie Mohawke. Denn die Produzententätigkeit, die aus einer kleinen privaten Twitter-Nachricht entstand, mündete nicht nur in Mokawkes Beitrag zu KanYes Album »Yeezus«, sondern in einer regelmäßigen Zusammenarbeit. HudMo produzierte zuletzt gar ein gesamtes Album für KanYes Label G.O.O.D. Music. »Bei der Arbeit für KanYe habe ich eine Menge gelernt«, sagt er. »Bei meinem ersten Album war ich ja fast noch ein Kind und habe das alles nicht so ernst genommen. Aber wenn du ein bestimmtes Niveau erreichen willst, dann musst du deine Arbeit auch ernst nehmen und professionell mit anderen Künstlern zusammenarbeiten.« Seine Produzentenrolle hat auch auf seine eigene Musik abgefärbt: »Ich habe mich jetzt häufig wie ein ausführender Produzent verhalten. Etwa Pianisten und Gitarristen eingeladen und sie in meinem Studio nach meinen Vorstellungen Musikstücke einspielen lassen.«


#Pop #Hudson Mohawke

HudMos Studio in London war die Basis für »Lantern«. »Das ist schon etwas anderes, als im Jugendzimmer im Haus meiner Eltern zu arbeiten«, erzählt Birchard. Hudson Mohawke ist zwar schnell Richtung Mainstream aufgestiegen, hat aber den Kontakt zum Underground nie verloren. Zu A.G. Cook beispielsweise, der mit seinem Label PC Music und einer Mischung aus Hyperpop und elektronischer Avantgarde im letzten Jahr im Internet für Furore sorgte. »Cook hat bei mir aufgenommen, und wir waren auch gemeinsam auf dem SXSW. Was er aktuell macht, finde ich sehr spannend. Die Art von übervollen, hektischen Songs ist dem Ansatz auf meinem Warp-Debüt vor ein paar Jahren sehr ähnlich.« Doch HudMo hat sich inzwischen weiterentwickelt und für »Lantern« viele Rückmeldungen von anderen Künstlern und Freunden geholt: »Auch das habe ich von meiner Arbeit als Produzent für

KanYe West gelernt: andere nach ihrer Meinung zu fragen und auf ihren Rat zu hören.« Letztlich jedoch konnte Birchard alleine entscheiden, was auf sein Album kam und was in der Schublade blieb. »Warp ließ mich einfach machen und mischte sich nicht ein. Ich kenne auch Geschichten von Künstlern, bei denen die Manager anderer Labels PC Music überall mitreden wollten. Ich hingegen hatte ... ist ein Künstlerkollektiv völlige kreative Freiheit«, schwärmt er. Dabei und Label aus London, angeführt von Produzent war die Auswahl an Songs nicht gerade klein. A.G. Cook. Zusammen mit »Ich habe genug Material, um zwei weitere Künstlerinnen wie Hannah Alben zu füllen. Und einiges davon werde Diamond, QT oder GFOTY veröffentlicht Mohawke ich auch noch veröffentlichen«, kündigt er seit 2013 zuckersüßen, an. Bei der Song-Auswahl ist er auch strate- aber höchst verstörenden gisch vorgegangen, wie er zugibt: »Ich wollte Cyberpop. Dieses Jahr ist die erste Label-Compilation eine breite Palette präsentieren, um zu zeigen, »PC Music Volume 1« erdass ich mehr kann als nur Trap. Ich hatte schienen. Angst, in dieser Schublade stecken zu bleiben.« Nicht ganz unbegründet, denn mit seiner EP SOPHIE »Chimes« und TNGHT, der Kooperation mit ... ist ein Londoner Musiker, Lunice, hatte er in den letzten Jahren großen der 2013 mit seinem Song »Bipp« in viele JahresbesErfolg. Dank der dort grassierenden EDM- tenlisten vorstieß. Seine Welle gerade auch in den Vereinigten Staaten. hektisch-poppige Musik »Immer größere Konzerte und eine immer ähnelt der von PC Music, mit deren Künstlern er bisgeschlossenere Szene führten aber dazu, dass weilen zusammenarbeitet. immer engstirnigere Leute kamen. Da haben Gerüchten zufolge ist eine wir dann erst mal den Stecker gezogen«, be- Kollaboration mit Charli XCX in Planung. schreibt HudMo die Situation. TNGHT werde wiederkommen, sich dann aber anders anhören, kündigt er an. In der Zwischenzeit arbeitet auch Lunice an seinem ersten Soloalbum, das bei LuckyMe in Glasgow erscheinen wird. »Überhaupt ist das LuckyMe-Ding sehr groß geworden. Vor zehn Jahren kamen hundert Leute zu den Partys, heute bis zu zweitausend«, erzählt Birchard weiter. Zum LuckyMe-Kollektiv gehört auch Rustie, mit dem HudMo früher oft verglichen wurde. Er selbst hört das allerdings nicht so gerne. »Das ist so ähnlich wie mit PC Music und SOPHIE heute. Von außen sah das vielleicht einheitlich aus, auch weil wir so viel zusammen aufgetreten sind, aber wir waren immer sehr unterschiedliche Künstler«, erklärt er. »Ich denke, dass mein Sound nicht mehr so durchgeknallt ist wie früher, sondern viel besonnener und klarer. Aber ich will noch weiter gehen«, kündigt er an. Am liebsten würde er als Nächstes einen Soundtrack mit klassischer Instrumentierung machen: »Ein John-Carpenter-Film wäre perfekt!« Vielleicht ist es das Thema, vielleicht auch das Bier, aber am Ende ist HudMo nun doch noch richtig wach geworden. Man könnte sagen: Hudson Mohawke ist angekommen, endlich. — Hudson Mohawke »Lantern« (Warp / Rough Trade / VÖ 12.06.15) — Am 17.07. auf dem Melt!

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#Pop #Soak

Soak

GANZ UND GAR KEIN NIEMAND Sie wird als das neue große Songwriting-Talent aus Großbritannien gefeiert: Mit berührenden, zarten Songs vom Erwachsenwerden hat sich Soak in die Kritikerherzen geschrieben, ein Tomboy aus Nordirland, mit Skateboard und Gitarre im Gepäck. Doch was bleibt übrig jenseits des Hypes? Eine ganze Menge, stellt Aida Baghernejad fest. Foto: Joseph Wolfgang Ohlert

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an kommt einfach nicht drum herum, über ihr Alter zu schreiben. Bridie Monds-Watson alias Soak nahm mit 13 zum ersten Mal eine Gitarre in die Hand, mit 15 spielte sie erste Konzerte, bis sie 2012, da war sie 16, auf dem Label von Chvrches eine erste EP veröffentlichte. Jetzt, mit knapp 18 Jahren, folgt ihr erstes Album und zeigt, dass die bei vielen mit nichts als einem Gähnen bedachte Schublade »Singer/ Songwriter« alles andere als langweilig sein kann. Und dass »Reife« überbewertet ist. Denn auch mit 18 hat man etwas zu sagen. Aufgewachsen ist sie in Derry, amtlich: Londonderry, einer Stadt in Nordirland, grau und lange Zeit zerrissen vom Bürgerkrieg, was sich in Konflikt um en dem andauernden Konflikt um deren Namen Namen zeigt. Doch Soak ist vielleicht eine der ers- Derry, Londonderry, hä? ten Künstlerinnen Nordirlands, bei der die Namen sind politisch, gerade in Nordirland. Off ziell Kämpfe und das jahrelange Leid keine Rolle heißt die Stadt zwar spielen. Ihre Mutter ist katholisch, ihr Vater Londonderry, wird aber von Protestant, ihr großer Bruder wurde am Tag jeder Bevölkerungsgruppe anders genannt. Sagen wir des Waffenstillstands geboren, und sie selbst doch einfach Derry. Ist eh war auf einer der ersten gemischten Schulen schöner. der Stadt. Während in Belfast noch immer eine Mauer Wohnviertel voneinander trennt, kennt Soak die »Troubles«, wie die Zeit des Bürgerkriegs genannt wird, nur aus Geschichtsbüchern – auch wenn Bomben- und Morddrohungen in der Stadt immer noch zum Alltag gehören. »Die einzigen Menschen, die den Nordirlandkonflikt am Laufen halten, sind doch die Alten, die überhaupt schuld waren an der Situation. Mich persönlich hat


#Pop #Soak

das nie belangt, und auch meine Der Druck, abzuliefern, ist also hoch. Doch Soak scheint Freunde nicht. Wir lachen über sich davon nicht beeindrucken zu lassen: »Ich bin eher den Konflikt. entspannt. Natürlich weiß ich, dass da Druck ist, und In ihren Songs kommt das The- vielleicht sollte ich mich davon auch ein bisschen mehr ma nicht vor – was aber nicht be- anstecken lassen. Immer, wenn man von allen Seiten gelobt deutet, dass ihre Texte wird, muss man aufpassen, dass das Lob einem seicht wären. Ganz im Tomboy nicht zu Kopf steigt. Man darf sich einfach Gegenteil: Soaks Lie- Mittlerweile ein recht nicht zu ernst nehmen, sonst kontrolliert es der kreisen um das Er- schwammiger Begriff, einen.« Ein Mantra, das viele ihrer Kollegen schließlich werden auch wachsenwerden, um Leute wie das It-Girl Alexa sich vielleicht mal zu Herzen nehmen sollten. Träume, um Freund- Chung als Tomboy tituliert. Was Soak am Boden hält, ist ihre Familie, von schaft, Hoffnungen Und wer würde das Chanel- der sie bis vor Kurzem noch gemanagt wurde, Model ernsthaft als eine und Enttäuschungen. Person bezeichnen, die und ihre Freunde, die immer noch dieselben Ohne Kitsch, ohne sich »entsprechend der sind wie früher. Ihr Gesicht leuchtet auf, und falschen Zuckerguss gängigen Geschlechterrolle ihre Stimme wird hell, wenn sie von ihnen von Jungen« verhält? und mit einer Einspricht: Sie spielen auch in ihren Musikvideos dringlichkeit, die für mit, warten schon bei ihr zu Hause, wenn sie Gänsehaut sorgt. Sie singt über von einer Tour zurückkehrt, und schicken ihr auch wähdas, was sie selbst durchlebt hat: rend des Interviews Whatsapp-Nachrichten, um sie auf »Ich könnte mich nicht hinsetzen dem Laufenden zu halten. und sagen: ›Oh, heute schreibe ich Vermutlich auch deswegen strahlt Soak eine ungeeinen Song über die Umwelt.‹ So wöhnliche Ruhe aus, die es gar nicht zulässt, dass Thefunktioniert das nicht für mich.« men wie ihre Sexualität – sie hat sich schon sehr früh Die Single »B A Nobody« beispielsweise entstand für ihren geoutet – überhaupt relevant erscheinen. Dass sie lesbisch Bruder, der sich langsam dem Punkt im Leben näherte, ist, dass die Single »B A Nobody« mittlerweile über vier wo man sich entscheiden muss, was man eigentlich da- Millionen Mal auf Spotify gespielt wurde, dass sie einen mit anstellen möchte. Gut die Hälfte der Instrumente Tomboy-Style fährt und nicht in gängige Schubladen passt, auf ihrem Album hat Soak selbst eingespielt, trotzdem das alles ist selbstverständlich, nicht der Rede wert und weigert sie sich, »Multi-Instrumentalistin« genannt zu bringt sie eher zum Lachen. Viel lieber spricht Soak über werden: »Ich spiele vielleicht viele Instrumente, aber ich Musik, für die sie ihr ganzes Geld ausgibt: »Wenn ich ein beherrsche sie nicht unbedingt. Ich drück nur irgendwo Album mag, kaufe ich alles! Das Vinyl, die CD, Singles – drauf, bis es sich cool anhört.« ich möchte dann alles von einem Künstler haben.« Und sie spricht über ihre Songs: die Homepartys, die »24 Windowed House« inspirierten, »Oh Brother«, das vom Erwachsenwerden handelt und davon, wie verdammt seltsam sich das eigentlich anfühlt. Immer wieder bricht aber auch die 18-Jährige durch, die Bock hat, Unsinn zu machen: Zwar kann sie ihr geliebtes Skateboard auf Tour leider nicht mitnehmen, stattdessen fährt sie aber so oft es geht unterwegs Go-Kart oder feiert auch mal gerne nach einer Show. »Es macht schon Spaß, und gerade, wenn eine Reihe Shows hintereinander ansteht, passiert das mit dem Feiern gerne mal öfter«, grinst sie. Auch mit Taylor-Swift-Fans hat sie sich schon – eher unabsichtlich – angelegt: Nachdem sie in einer BBC-Sendung »Shake It Off« gecovert und dabei die Lyrics von ihrem Handy abgelesen hatte, trudelten böse Kommentare ein. Auf ihrer derzeitigen Tour steht die junge Bridie mit »Die waren wirklich beängstigend!« lacht Bridie. Noch nichts als einer Gitarre auf der Bühne, vor einem Publikum, nerviger findet sie allerdings Journalisten, die sie als weibdas manchmal im Alter ihrer Eltern oder sogar Großeltern liche Künstlerin immer gleich mit Joni Mitchell oder Cat ist. Sie verliert nur wenige Worte, macht ein paar Witze Power vergleichen: »Es ist doch einfach nur faul. Ich klinge und erzählt von ihrer Tour. Dabei liefert sie keine große überhaupt nicht wie Cat Power. Oder Joni Mitchell!« Nur Show ab, sondern konzentriert sich auf ihre Songs, auf weil sie weiblich ist, kommen die ewig gleichen Zuschreidie Situationen in ihrem Leben, die sie inspiriert haben, bungen. Dabei ist Soak der beste Beweis: Mädchen, Junge, auf ihre eigenen Geschichten. Das tut sie mit einer nonalt, jung? Völlig egal. Hier kommt ein Ausnahmetalent, das chalanten Intensität, die das Publikum ganz automatisch auf Kategorien verzichten kann. mucksmäuschenstill werden lässt. Diese Intensität und ihr Songwriting-Talent wurden von vielen Seiten längst — Soak »Before We Forgot How To Dream« (Rough Trade / Beggars / erkannt: Die ehrwürdige BBC erklärte ihre Musik zum Indigo / VÖ 29.05.15) — Auf Tour vom 23.07. bis 13.08. »Sound of 2015«, der Guardian ebenfalls – und auch wir stellten Soak im Dezember als einen der spannendsten Acts für 2015 vor.

»Die einzigen Menschen, die den Nordirlandkonflikt am aufen halten, sind doch die Alten, die überhaupt schuld waren an der Situation. Mich persönlich hat das nie belangt, und auch meine Freunde nicht. Wir lachen über den Konflik .«

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#Pop #Hot Chip

Hot Chip

GAUG UIN FÜR ALLE Alle wollen einzigartig sein. Wirklich alle? Hot Chip pfeifen auf den Trend zur Individualisierung, bringen aber trotzdem ein Album mit zig verschiedenen Covern heraus – aus Protest, wie sie sagen. Mark Heywinkel sprach mit Frontmann Alexis Taylor über den Versuch, den Distinktionswahn ins Absurde zu führen. Foto: Alex de Mora

unterschiedlichen Farben. Auch das Muster auf der Hülle kommt in zig verschiedenen Varianten daher, sodass am Ende mehrere Tausend Versionen des Covers in den Plattenläden stehen. Ist das denn etwas anderes als der Versuch, eine Art Gauguin zu schaffen? »Klar versuchen auch wir mit der Covergestaltung der Platte etwas Einzigartiges herzustellen«, gesteht Taylor beim Gespräch in einem Berlin Café. »Aber bei uns geht es mehr um den Gedanken, mit Technologie herumzuspielen und sie kreativ auszureizen.« Auf die Gestaltungsidee sei der Künstler Nick Relph gekommen. Gemeinsam in besonderes Bild lockt zurzeit Kunst- Nick Relph mit Wendy Yao, der kenner aus aller Herren Länder ins ... fl g 2000 von der Kings- Besitzerin des Kunst-, Musik- und ModeKunstmuseum Fondation Beyeler in ton University in London und konzentrierte sich Basel: »Nafea faa iopoipo« heißt es, anschließend darauf, Kunst- Shops Ooga Booga zu Deutsch: »Wann heiratest du?«. Im filme u produzieren, zu in Los Angeles, habe Frühjahr hat das Ölgemälde für schätzungs- zeichnen und Installationen Relph lang und breit herzustellen. Relphs Arbeit weise 300 Millionen US-Dollar den Besitzer zeichnet sich durch seine über Möglichkeiten gewechselt, was es zum kostbarsten Bild der Verwendung unterschieddiskutiert, die CocaWelt macht. Warum bloß ist es so viel Asche licher Materialien und Tex- Cola-Druckmethode tilien aus, die er aus deren für eigene Zwecke zu wert? Weil das Motiv zweier Frauen in einer kulturellem Kontext reißt. idyllischen Südseekulisse durchaus hübsch nutzen. Schließlich sei ist? Weil es aus dem Pinsel des berühmten die Zusammenarbeit französischen Malers Paul Gauguin stammt? Paul Gauguin mit Hot Chip daraus Mit Sicherheit. Vor allem aber: Weil es einzig- ... verlor 1882 seinen gut erwachsen. artig ist. Wer das Bild besitzt, kann ordentlich bezahlten Bankerjob und Neben der Spiebeschloss, Maler zu werdamit prahlen vor denen, die es gerne besitzen den. Richtig Geld verdiente lerei mit moderner würden. Drucktechnik trage er damit erst in seinen Keiner von uns ist völlig frei von einer ge- letzten Lebensjahren, dank die Individualisieexotischer Motive aus wissen Distinktionssucht. Für ein bisschen Ozeanien. Millionenbeträge rungsstrategie auch Anderssein designen wir uns bei Adidas eigene scheffeln nun die, die über einen Protest in sich: Sneaker, zapfen bei MyMüsli unsere individu- 100 Jahre nach Gauguins »Um die EinzigartigTod mit seinen Werken elle Frühstücksmische ab oder kaufen Coca- handeln. keit jeder Platte zu bemerken, die ja nur Cola-Flaschen, auf denen unser Name steht. minimal ist, müsste Zugegeben: Der Vergleich Adidas, Coca-Cola und Paul Gauguin hinkt ein wenig, aber im Grunde geht man schon mehrere sammeln und es um den weitverbreiteten Wunsch, individuell zu sein. im direkten Vergleich gegenüberDarüber, dass Unternehmen diesen Wunsch mehr und stellen«, stellt Alexis Taylor mit mehr ausschlachten, kann Alexis Taylor nur den Kopf einem Lächeln fest, wohl wissend, schütteln. »Als Coca-Cola diese Individualisierungsaktion dass dies sowieso niemand tun startete, habe ich aufgehört, Coca-Cola zu trinken«, sagt wird. »Die Plattenläden werden der Mitgründer und Sänger der Londoner Band Hot Chip. bestimmt nicht so viele Cover ne»Denen geht es darum, unseren Wunsch nach Einzigar- beneinanderstellen. Auch im Netz tigkeit zu kommerzialisieren. Das ist so, als würde man wird man immer nur ein einziges behaupten, man könne jedem einen einzigartigen Gauguin Cover sehen. Die unterschiedliverkaufen. Aber das ist unmöglich, ich halte davon nichts.« chen Hüllen spiegeln also eine Große Worte. Allerdings fährt Taylor mit der Veröf- romantische, aber unrealistische fentlichung der neuen Hot-Chip-Platte »Why Make Sen- Sehnsucht nach Einzigartigkeit se?« eine ähnliche Strategie: Das sechste Studioalbum wider. Das Ganze ist fast schon des Electropop-Quintetts erscheint mit Covern in 501 ein Witz.«

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#Pop #Hot Chip

So ironisch Hot Chips Umgang mit der Sehnsucht nach dem Besonderen sein mag – »Why Make Sense?« ist keinesfalls eine witzige Platte. Im Gegenteil: Zum ersten Mal in ihrer 15-jährigen Geschichte verlagert die Band ihren Fokus weg vom Clubsound hin zu tiefgründigem Songwriting. Es geht um Verlustängste, düstere Träume und verstörende Nachrichten über Terroranschläge. »Musik ist etwas, womit ich mehr aussage, als ich es in Worten tun könnte«, erklärt Taylor. »Deshalb haben wir den Schwerpunkt von sehr instrumentalen Club-Tracks auf Songs mit klassischer Strophe-Bridge-Refrain-Struktur verlagert. Wir haben eine Platte gemacht, die man am besten mit voller Aufmerksamkeit zu Hause auf einer Anlage hört.« Die Zeiten, in denen DJs um drei Uhr Hot-Chip-House auflegen konnten, um die tanzende Meute schwitzen zu lassen, sind auf »Why Make Sense?« vorbei. »Wir haben eine Platte zum Vorglühen gemacht«, stellt Taylor fest. Komplett abgeschworen haben Hot Chip dem tanzbaren Sound aber nicht. Zwischendurch lassen sie immer wieder bisher nie verwendete R’n’B-Momente aufglimmen. Songs wie »Started Right«, »Love Is The Future« oder »Easy To Get« referenzieren R’n’B-Sounds aus den 70ern, aber auch Timbaland-Produktionen aus den Nullerjahren. »R’n’B hat in unser aller Leben immer eine wichtige Rolle gespielt, wir haben das Genre aber noch nie so deutlich in unseren Alben untergebracht wie jetzt«, sagt Taylor. Damit der Einschlag gelingt, hat die Band in einem neuen Studio mit vielen verschiedenen Instrumenten und alten Synthies herumexperimentiert. »Vor Jahren hatten wir mal die extravagante Idee, unsere Platten immer nur an exotischen Orten aufzunehmen«, erinnert sich Taylor, »auf den Bahamas zum Beispiel. Nur hatten wir leider nie

das Budget dafür. Und damit wir nicht allzu lange von unseren Familien und Kindern getrennt sein mussten, haben wir uns zumindest für wechselnde Studios in unserer Heimat entschieden.« Diesmal ging es in die außerhalb von London gelegenen Angelic Studios, wo ein Teil der Band Sounds aufnahm, während der andere Teil sie schon zu fertigen Songs zusammenzimmerte. »Wir haben unsere Zeit diesmal sehr effi ent genutzt.« Dabei ist zwar kein Werk vom Format eines millionenschweren Gauguins rumgekommen, eine alles andere in den Schatten stellende Musik zu schaffen sei aber auch nie das Ziel von Hot Chip gewesen: »Wir wollen mit unserer Musik nicht unsere Klugheit oder Kreativität zur Schau stellen. Wir wollen gute Musik machen und im Idealfall andere Menschen damit berühren«, sagt Taylor. Dann steht er auf und fragt, ob er in dem Café auch ein Sandwich bekommen könne. Die Karte lehnt er ab. »Kann ich mir auch selbst eins zusammenstellen?« fragt er. So viel zum Protest gegen die Individualisierung. — Intro empfiehlt: Hot Chip »Why Make Sense?« (Domino / GoodToGo)

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#Pop #Cover-Welten

Cover-Welten

HAIE


#Pop #Cover-Welten

Wer ist schuld daran, dass sich beim Anblick dieser Cover sämtliche Fußnägel hochstellen? Herr Spielberg natürlich, die Sau! Eigentlich sind Haie ganz possierliche Wassertierchen, die friedlich vor sich hin schwimmen und sich höchstens ab und an mal einen winzigen Bissen Kleingetier gönnen. Seit »Der weiße Hai« reduziert man sie auf Zähne, Zähne und nochmals Zähne. Deshalb drucken wir in der nächsten Ausgabe ausschließlich lieb guckende Kuschelhaie auf Schmusekurs. Vielleicht. Zusammengestellt von: Senta Best und Dennis Engel

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#Pop #Of Monsters And Men

Of Monsters And Men

STILLE TAGE IM KLISCHEE Die Band um Nanna Bryndís Hilmarsdóttir und Ragnar »Raggi« Þórhallsson hat 2012 im Fahrwasser ihres Hits »Little Talks« die halbe Welt begeistert. Nun haben Of Monsters And Men genau das mit ihrem zweiten, weitaus reiferen Album »Beneath The Skin« wieder vor. Daniel Koch besuchte sie wenige Tage vor ihrer großen Welttournee in ihrer Heimatstadt Reykjavík. Fotos: Grace Rivera

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bendstunde in Reykjavík. Ein kleines Studio in der Straße Laufásvegur, wenn ich richtig aufgepasst und mir die zwei Flaschen »Einstök« White Ale auf nüchternen Magen noch nicht das Hirn verdreht haben. Ich sitze auf einem Sofa, die seltsam am Himmel stehende Abendsonne taucht den holzverzierten Raum in goldenes Licht, während vor dem Fenster das Wasser des Reykjavikurtjörn flimmert. Aus den Boxen wummert das neue Album von Of Monsters And Men, die in diesem Raum vor allem »seltsame Geräusche« und »verrückte Instrumente« aufgenommen haben. Die hört man auf »Beneath The Skin« allerdings nur, wenn man sich bewusst drauf konzentriert und sich nicht von der unfassbar wuchtigen Produktion umhauen lässt, die Rich Costey dem Album in Los Angeles verpasste, nachdem die Band »den Kern des Albums« in Reykjavík produziert hatte. Wer Of Monsters And Men also schon als niedliche IndiefolkKapelle abschreiben wollte, die zufällig von einer Erfolgswelle mitgespült wurde, muss da noch mal umdenken. Die wissen ganz genau, was sie tun. Und sie tun es nach ihren Regeln. Es ist ein großes Glück, die Band in ihrer Heimat zu treffen. So entspannt und offen, wie sich die Mitglieder hier geben, wird man sie wohl auf keiner der weiteren Stationen on tour erleben. Nanna und Raggi, die beiden Köpfe der Band, bewegen sich nach der Listening-Session mit einer Art selbstbewusster Schüchternheit durch die kleine Gruppe europäischer Musikjournalisten. Raggi erzählt mir: »Es fühlte sich seltsam an, plötzlich so einen Lauf


#Pop #Of Monsters And Men

zu haben. Wir erlebten das alles aus der Tour-Perspektive, hörten, wie und wo unser Album und ›Little Talks‹ in den Charts auftauchte, und sahen, wie das Publikum immer größer wurde. Und plötzlich spielst du auf dem Coachella auf einer Hauptbühne und fragst dich: Wie zum Teufel konnte das passieren?« Nanna schüttelt den Kopf und ergänzt: »Man kann das nicht wirklich greifen. Gerade deshalb war es wichtig, nach Hause zu kommen. Du kannst noch so eine große Nummer sein, hier geht alles trotzdem seinen gewohnten Gang. Das hilft dir, nicht durchzudrehen.« Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass schätzungsweise jeder dritte Haushalt in Island ihr Album gekauft hat. Das eigentliche Interview mit den beiden findet am nächsten Morgen im Kex Hostel statt. Auch das passt: Keine Interviewsuite im Fünf-Sterne-Hotel, sondern ein kleiner Gruppenraum in einem Gebäude, das ihnen am Herzen liegt. Denn das Kex ist mehr als ein bloßes Hostel. Schon im Gemeinschafts- und Barbereich merkt man, dass die Isländer gerade im Winter viel Zeit drinnen verbringen müssen und deshalb wissen, wie man es sich gemütlich macht: Sofas, Bücherregale, viel dunkles Holz und die industrielle Architektur der alten Keksfabrik, die damals in diesen Räumen residierte, sorgen für eine Heimeligkeit, bei der es mir kurz die Sprache verschlägt. Vielleicht liegt das aber auch an dem Kontrast zum kristallblauen Meer und den verschneiten Bergen im Hintergrund, die man durch die breite Fensterreihe erblickt. Kurz fühle ich mich wie ein wandelndes Klischee: Schicke einen Journalisten zum ersten Mal nach Island, und er wird auch die beschissenste Band schönschreiben. Zum Glück muss ich das in diesem Fall nicht. Aber Klischees sind natürlich ein Thema, das auch Nanna Bryndís Hilmarsdóttir und Ragnar Þórhallsson beschäftigt. »Da gibt es viele, und wir versuchen, sie zu vermeiden. Die Nordlichter zum Beispiel, die Vulkane oder Gletscher. Das verbinden ja die meisten mit Island. Trotzdem sind unsere Texte sehr von unserem Leben hier geprägt. Wie verwenden oft Tier-Metaphern, Gefühle werden bei uns mit Naturgewalten gleichgesetzt, und manchmal lassen wir uns von der isländischen Mythenwelt inspirieren. Aber

das ist eben unser Leben. Wir empfinden es nicht als Klischee. Wären wir in einem Keller aufgewachsen, würden wir über die Risse in der Wand singen, die Klappe, durch die wir unser Essen gereicht bekommen, die flac ernde Glühbirne. Was du siehst, prägt, was du schreibst.« Nanna dazu: »Wir wurden ständig gefragt, inwieweit Island uns inspiriere, und ich wusste lange keine Antwort darauf, weil ich es einfach nicht sah. Das passierte so intuitiv, dass ich es nicht benennen konnte. Und plötzlich merkt man, dass man quasi als Botschafter seines Heimatlandes wahrgenommen wird. Aber das macht mich Kex Hostel auch ein wenig stolz.« Raggi: »Das müssen wir ... ist Veranstaltungsort, Bar ja auch sein, von uns gibt’s schließlich nicht so und Hostel mit nachhaltigem Wohnkonzept. Wer viele.« Da müssen beide lachen, und ich stelle dort ist, sollte unbedingt mir in Gedanken die Frage, woran es liegt, dass das Hausbier trinken ich Nationalstolz in dieser Form plötzlich gar und den gegrillten Lachs kosten. Infos gibt’s auf nicht so unangenehm empfinde w e sonst. kexhostel.is. Das kreative Zusammenspiel zwischen Nanna und Raggi ist weiterhin der Motor der Band. Die beiden sind Freunde, keine Lover, was man immer wieder betonen muss, weil ihr oft wechselseitiger Gesang manchmal klingt, als würde man einem Paar im Zwiegespräch lauschen. »Beneath The Skin« ist noch besser, als es ihr schon nicht schlechtes Debüt »My Head Is An Animal« war. Das liegt vor allem daran, dass die beiden sich durch das gemeinsame Songschreiben noch besser kennengelernt haben und gemeinsam tiefer schürfen, mehr Verletzlichkeit preisgeben. »Wenn ich Songtexte schreibe, verfremde ich manchmal Dinge oder verstärke bestimmte Gefühle«, erklärt Raggi, »aber dennoch zehre ich aus eigenen Erfahrungen. Es war anfangs nicht leicht für mich, diesen Prozess zu teilen.« Auch Nanna sieht das ähnlich: »Beim ersten Album war es neu für uns, wir haben versucht, einen gemeinsamen Weg zu finden, und uns noch nicht getraut, wirklich offen zu sein. Das ist nun anders. Ich fühle mich sehr geborgen in dieser Konstellation.« Genau das hört man »Beneath The Skin« an. Es ist ein im besten Wortsinn pathetisches Rich Costey Album, das zwischen Verzweiflung und Hoff- Zweifelsohne einer der nung oszilliert und den Hörer in die Gedan- Big Player, spätestens, seitdem er die Muse-Alben kenwelt der beiden hineinzieht, in der man »Absolution«, »Black Holes mal von »Wolves Without Teeth« durch die And Revelations« und Nacht gejagt wird, mal im »I Of The Storm« »Drones« produziert hat. Im Falle von »Beneath The vom giftig kalten Wind Islands umweht wird, Skin« fungierte die Band sich mal dem »Hunger« eines wilden Tieres als Ko-Produzent. hingibt oder im »Black Water« eines kalten Flusses ertrinkt. Die Stimmung ist spürbar düsterer, auch wenn sie von den »Ohohohoh«Chören noch nicht ganz lassen können. Als wir uns nach dem Interview verabschieden, skizzieren die beiden noch mal kurz ihre ungefähre Reiseroute für die nächsten Tage. Konzerte und Interviews in den Staaten stehen an. Auch wenn sie darauf brennen, ihre neuen Songs live vorzustellen, das Krafttanken in ihrer Heimat ist schon wieder fest eingeplant. Als ich später mit einem Mietwagen durch die Berge vor der Stadt fahre und – ganz Klischee – vom Anblick dieser rauen Felsformationen ergriffen bin, denke ich: Tja, wer kann es ihnen verübeln. — Of Monsters And Men »Beneath The Skin« (Republic / Universal / VÖ 05.06.15) — Auf Tour vom 19.06. bis 09.11.

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#Pop #Nocturnal Sunshine

Nocturnal Sunshine

DINGE GESC HEHEN LASSEN M Neben einigen Remixes hat Maya Jane Coles gerade mal eine EP über ihr Seitenprojekt Nocturnal Sunshine veröffentlicht. Nun folgt mit dem gleichnamigen Album gleich die große Rutsche: Auf zwölf Songs zelebriert die 27-jährige Britin den Sound ihrer Heimatstadt London. Weshalb sie ihren weitaus prominenteren Klarnamen für dieses Vorhaben ruhen ließ, warum man manche Zufälle einfach passieren lassen sollte und was Nicki Minaj mit all dem zu tun hat, konnte Philip Fassing in Erfahrung bringen. Foto: Jamie Stoker

aya Jane Coles könnte es entspannt angehen lassen. Ihre letzte EP liegt kaum ein Jahr zurück. Davon mal abgesehen müsste die Produzentin mit japanisch-britischen Wurzeln gar nicht mehr vor dem Bildschirm hängen, um basslastige HouseMusik zu produzieren, denn als DJ ist Coles gefragter denn je, auch diesen Sommer wird kaum ein Wochenende vergehen, an dem sie nicht auf irgendeinem Festival spielt. Vielleicht ist es aber auch gerade diese Erdung, welche die gefragte Produzentin schon wieder dazu angetrieben hat, ein neues Album zu veröffentlichen. Nicht umsonst entsteht ein Großteil ihrer schmeichelnden und doch so dringlichen Club-Hits in den eigenen vier Wänden. »Ich glaube, die Leute machen sich manchmal zu viel daraus, in einem großen Studio aufzunehmen. Ich bevorzuge es, ganz ungestört und bequem zu Hause zu arbeiten«, verrät sie. Ohnehin gleichen die Bedingungen, unter denen Coles’ weltweit gespielte Tanzfläche -Füller entstehen, eher dem Klischee des durchschnittlichen Chillwave-Slackers: Schlafzimmer, Mikrofon, Gitarren, Effektgeräte, und das war es auch schon fast.


#Pop #Nocturnal Sunshine

Nun verlässt also das nächste Album diese heimeligen Räume und wird erwartungsgemäß in den Plattenkoffern und Playlists namhafter Kollegen und treuer Fans landen. Da stellt sich die Frage, warum Coles dafür überhaupt ihr eher sporadisch genutztes Alias Nocturnal Sunshine als Aufhänger nutzt. Stilistische Freiheit kann es jedenfalls nicht sein, die nimmt sie sich sowieso heraus. »Ich produziere schlichtweg zu viel Musik, um sie nur unter einem einzigen Namen zu veröffentlichen. Mehrere Veröffentlichungen innerhalb weniger Monate auf den Markt zu werfen, wäre der Sache wohl eher nicht so zuträglich«, entgegnet sie ganz pragmatisch. Tatsächlich ein eher ungewöhnlicher Grund, ein Album über ein Seitenprojekt zu lancieren. Erst recht, wenn man sich vor Augen führt, dass diese Praxis ja eigentlich dazu dienen soll, alles aus dem künstlerischen Rahmen Fallende dort unterzubringen – dies bei Coles aber genau umgekehrt ist. »Unter meinem Klarnamen ist stilistisch eigentlich alles möglich. Nocturnal Sunshine dagegen ist weitaus spezieller, das Tempo höher, der Bass akzentuierter«, erläutert sie. Kurz: Es geht weniger darum, im Zuge der fortwährenden Algorithmisierung des Musikkonsums eine weitere Schublade für ein paar stilistische Ausreißer zu öffnen, sondern um die Sortierung eines viel zu hohen Outputs. Da soll mal einer durchsteigen. Die Unterscheidung zwischen einem Song von Maya Jane Coles und einem von Nocturnal Sunshine ist dementsprechend schwierig – zumal sich Coles nie mit dem Gedanken an die Arbeit macht, dieses oder jenes Projekt zu bespielen. »Ich lasse die Dinge lieber geschehen. Wenn sich ein Stück in eine bestimmte Richtung entwickelt, dann lasse ich das auch zu und schränke mich nicht künstlich ein, um irgendeinem Plan zu folgen«, führt sie diesbezüglich aus. Ab einem gewissen Punkt war dennoch klar, dass es dieses Album geben würde. Trotzdem die Ruhe zu bewahren und die Dinge einfach passieren zu lassen, zeugt von einem großen Selbstvertrauen. Hinsichtlich der visuellen Komponente überlässt Coles dagegen nichts dem Zufall. Das gezeichnete Artwork stammt wie bei den meisten ihrer Veröffentlichungen aus eigener Feder. Wenn es um die gestalterischen Aspekte ihres Schaffens geht, hat Coles so gut wie immer ihre Finger im Spiel. »Ich würde mich schon als einen sehr visuellen Menschen bezeichnen. Das schlägt sich neben der kreativen Arbeit auch in meiner Begeisterung für Kunst und Kino nieder«, bekräftigt sie. Ein Talent, das sich deutlich auf die Anmutung ihres neuen Albums auswirkt, das mit Titeln wie »Take Me There« oder »Footsteps« in allen erdenklichen Klangfarben erstrahlt. Wo auf Coles’ letztem Album »Comfort« noch eingängige House-Hymnen auf gedrosselte Downbeat-Ausreißer trafen, kommt die rhythmische DNA von »Nocturnal Sunshine« weitaus komplexer daher – allerdings fühlen sich die Tracks nicht sperriger oder schwerer zugänglich an, denn Maya Jane Coles beherrscht es wie nur wenige, subkulturelle Codes als Vehikel für Motive der Pop-Musik zu nutzen. Codes, derer sie sich nicht einfach bedient, sondern die sie bereits in ihrer frühen Jugend geprägt haben, wie sie betont: »Wenn du in London groß wirst, kommst du unwillkürlich mit Stilen wie 2Step, Garage oder Jungle in Berührung. Dementsprechend waren diese Einflüsse bei mir von Beginn an präsent.« Das anhaltende Revival dieser Spielarten lässt sie kalt. Für Coles bleibt der Zeitgeist in den Clubs ohnehin nur ein ewig rotierendes Karussell, das uns in wenigen Jahren auch schon wieder aus der Dubstep-Bude rausschmeißen könnte.

Trotz der reichhaltigen Sozialisationsmöglichkeiten Londons sind es vor allem gewisse Umwege, die den Sound von Maya Jane Coles zu dem gemacht haben, was er heute ist. So war es zunächst klassischer HipHop, der ihre Leidenschaft für das Produzieren entfachte und auch heute noch einen nachhaltigen Einfluss auf ihre Herangehensweise ausübt, wie sie versichert. Wenig überraschend also, dass sich mittlerweile die ersten Samples aus ihren Songs auf großen US-HipHop-Produktionen wie Nicki Minaj feat. Nicki Minajs »Truffle Butter« wiederfinden Drake & Lil Wayne »Diese Geschichte hat definitiv neue Türen »Truffle Butter« geöffne «, sagt sie und ergänzt: »Ich könn- Die fünfte Single von te mir durchaus vorstellen, in Zukunft auch Nicki Minajs letztjährigem Album »The Pinkprint« Künstler aus dem HipHop- und R’n’B-Bereich basiert maßgeblich auf dem zu produzieren.« Selbst auf Albumlänge würde einprägsamen Orgel-Loop sie es nicht ausschließen, diese Richtung ir- aus Maya Jane Coles’ 2010 veröffentlichter Single gendwann mal einzuschlagen. Dann allerdings »What They Say« und stieg weniger im Stile eines Dirty-South-inspirierten über diverse Kategorien Club-Tracks wie »Truffle Butter«: »Ich stehe weit oben in die US- und UK-Charts ein. Wie viel auf Timbaland, Missy Elliott, Aaliyah – wahr- Coles für die Klärung des scheinlich würde es eher in so eine Richtung Samples bekommen hat, blieb unter Verschluss. gehen«, mutmaßt sie. Bis wir tatsächlich ein HipHop-Album von Maya Jane Coles zu hören bekommen, dürfte I/AM/ME aber doch noch etwas Zeit vergehen, denn Bisher so was wie Maya langweilig sollte der Britin bei ihrer derzeitigen Jane Coles’ private Spielwiese, auf der sie unter Profession erst mal nicht werden – zumal sie anderem ihr 2013 erschieauch noch ihr eigenes Label I/AM/ME betreut. nenes Album »Comfort« Dort veröffentlichte Coles Anfang Mai das veröffentlichte. In diesem Jahr erschien erstmals Debütalbum des aus Brighton stammenden ein Album auf dem Label, Indie-Pop-Duos GAPS und holte damit erst- das nicht von Coles selbst mals einen außen stehenden Act auf ihre eige- stammt: »All Me All You« von dem britischen Duo ne Plattform. Trotz dieser neuen Rolle ist sie GAPS. nicht an irgendwelchen musikalischen Trends interessiert, wie sie betont. Auch die Frage nach aktuellen Strömungen, die ihr eher weniger zusprechen, beantwortet Coles diplomatisch: »Ich würde nie irgendwelche Entwicklungen oder Genres pauschal diskreditieren, da sich überall versteckte Perlen verbergen können.« Schon verstanden – Maya Jane Coles ist nicht diejenige, mit der man über die aktuellen Unarten der Club-Kultur herzieht. Dafür geht es ihr in dieser Szene wahrscheinlich auch einfach zu gut. Und solange wir die Wahl haben, nehmen wir lieber die fantasievollen Peaktime-Garanten statt eine Handvoll Gossip. Den kann man sich schließlich auch woanders abholen. — Nocturnal Sunshine »Nocturnal Sunshine« (I/AM/ME / Kobalt / Rough Trade)

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#Pop #FFS

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upergroup. Ein Wort, das nicht automatisch Begeisterung hervorruft. Vor allem, weil der Teil mit dem »Super« meistens zwar stimmt, das Wort »Group« aber Zweifel aufkommen lässt. Wie soll das funktionieren, wenn sich nur die Besten treffen? Wer ist der Leader, wer spielt die Rhythmus-Gitarre, wer darf im Tourbus ganz hinten sitzen? Dass ein Treffen von »Super-Künstlern« auch ein nervtötender Ego-Clash sein kann, wissen nicht nur die, die den jüngsten »Avengers«Film gesehen haben. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass hochkalibrigen Gigantenbands meist das nötige Quäntchen Charme fehlt. Und nun ist auch noch etwas passiert, das dem Begriff Supergroup eine ganz neue Bedeutung gibt: Ging es bisher meist um Zusammenschlüsse einzelner Künstler, kommt mit FFS die Verschmelzung zweier Bands auf uns zu. Eine Kernfusion im Popkosmos. FFS = Franz Ferdinand + Sparks? Inhaltlich richtig, doch man munkelt, dass das Kürzel eher für »For Fucks Sake« steht. Das ist womöglich auch die einzige triftige Erklärung, die man jemals für dieses abnorme Joint Venture bekommen wird. Jedenfalls von FFS selbst. Ich persönlich halte das Ganze auch kurz vorm Interview noch für einen wilden Fiebertraum. Doch als die Tür des Hotelzimmers aufgeht, sitzen sie tatsächlich da: Ron, Russel und Alex, drei Mitglieder der neuen »Band« FFS. Mein Blick fällt unweigerlich zuerst auf Keyboarder Ron Mael, der wie eine riesige Gottesanbeterin im maßgeschneiderten Gewand zu meiner Rechten sitzt. Kerzengerade hockt er da, Knie und Füße genau parallel, die Hände auf die Knie gelegt. Sein starres Lächeln wirkt rätselhafter als das der Mona Lisa, sein Blick ist der eines verrückten Wissenschaftlers. Neben ihm sitzt Russel Mael, die einzigartige Stimme der Sparks, im Vergleich zu seinem Bruder ist er locker gekleidet, hat eine jugendliche, fröhliche Ausstrahlung und ist gesprächig und witzig. Und dann ist da noch Alex Kapranos. Er sitzt mit grauen Schläfen und bis oben zugeknöpftem Hemd auf einem Sessel und wirkt etwas verkrampft. Kein Wunder, er ist ja jetzt auch Teil einer Supergroup mit zwei Supertypen par excellence – den Sparks! Diese merkwürdigen Brüder sind

FFS

FREUNDLICHE ÜBERNAHME

seit über 40 Jahren im Geschäft und haben sich in ihrer Karriere mehrmals erfolgreich neu erfunden. Man muss in der Popwelt lange suchen, um jemanden zu fi den, dem sie nicht schon als Vorbild dienten. Bewusst oder unbewusst. Sogar ABBA gehörten zu ihren Anhängern. Angesichts dieser Strahlkraft ist man kurz versucht zu fragen: Alex wer? Ach ja, das ist doch der Sänger dieser schottischen Band, die vor zehn Jahren mal ein, zwei Hits hatte. Franz Ferdinand, genau. Der singt jetzt bei den Sparks? Nein, so ist es nicht. Ganz und gar nicht. Alex Kapranos ist jetzt Mitglied einer neuen Band. Und ganz zufällig sind auch die Sparks in dieser Band. Und der ganze Rest von Franz Ferdinand. Eine sechsköpfige Band mit zwei Sängern. Erzählt mir jedenfalls Russel Mael auf meine Frage, ob man diese haarsträubende Bandgeschichte auch nur eine Sekunde glauben soll. »Dein Misstrauen ist berechtigt«, erwidert er fröhlich, »aber es ist wirklich so: Wir sind jetzt eine richtige Band.« Deren Existenz tatsächlich auf einem Zufall beruht. Nämlich dem, dass Alex Kapranos 2013 in San Francisco auf der Suche nach einem Zahnarzt auf der Straße mit den Mael-Brüdern zusammenstieß. Beim anschließenden gemeinsamen Abendessen erinnerte man sich, dass man schon vor elf Jahren vereinbart habe, »mal was zusammen zu machen«, und tatsächlich hatten die Sparks schon damals einen Song mit dem bezeichnenden Namen »Piss Off« für die Kollaboration erdacht. Doch für Franz Ferdinand ging es zu diesem Zeitpunkt zu steil nach oben, um einen Abstecher Richtung Sparks zu wagen. Nach der Begegnung in San Francisco sah das allerdings anders aus. »Dieses Mal war das Timing genau richtig«, erinnert sich Russel, »denn beide Bands waren gerade an einem Punkt, an dem sie etwas Neues machen wollten.« Allerdings war beim Treffen in San Francisco noch überhaupt nicht klar, wie diese Zusammenarbeit aussehen sollte. »Wir hatten keinen Plan oder so«, beschreibt Alex die Anfangstage von FFS. »Es hätte auch sein können, dass wir nur einen Song

Wenn in der Wirtschaft der Markt nicht weiter ausgebaut werden kann, folgt meistens die Fusion mit einem Mitbewerber. Sieht’s im Pop genauso aus? Bei vielen sogenannten Supergroups schien das bisher der Fall zu sein. Mit den Sparks und Franz Ferdinand schließen sich jetzt unter dem Namen FFS sogar zwei komplette Bands zusammen. Auf der Suche nach Gründen fand Martin Riemann nichts als Liebe. Foto: Jonnie Craig


#Pop #FFS

zusammen aufnehmen oder nur zusammen auftreten würden. Vor zwei Jahren war das alles noch offen.« Die Tatsache, dass hinter dem Bandzusammenschluss kein durchdachter Masterplan steckt, ist auch Ron wichtig: »Es gab kein Boardmeeting, bei dem wir irgendwas ausgehandelt haben. Und auch kein Konzept.« Es gab keine Pläne, eine Band zu gründen. Diese Idee reifte erst, als alle merkten, wie fruchtbar die Zusammenarbeit ausfiel. Bei der Erinnerung an diesen überraschenden Prozess sind alle drei immer noch ganz verzückt. Ich warte die ganze Zeit auf den Satz: Und dann haben wir uns alle ineinander verliebt! Der fällt zwar nicht direkt, doch werde ich bei dem ganzen Gespräch das Gefühl nicht los, vor einem frisch vermählten Paar zu sitzen. Man habe sich von Anfang an blind verstanden. Es gab nie irgendwelche Streitigkeiten über den Stil. Russel und Alex waren sich immer sofort einig, wer welchen Part singt. Welches Konfliktpotenzial man auch anspricht: Fehlanzeige. Diese Harmonie ist zum Verrücktwerden. Selbst auf meine Fangfrage, welcher Teil der nun wirklich abwechslungsreichen Laufbahn der Sparks ihm denn am besten gefalle, antwortet Alex zermürbend diplomatisch: »Es gibt keinen bestimmten Punkt ihrer Karriere, den ich herausheben könnte. Mir gefällt der Kern ihrer Musik.« Die Frage, ob er damit ihre Vorliebe für theatralisch erzählte Geschichten voller Tragikomik meine, bejaht er immerhin. Womit wir beim Album wären. Das ist voll von ebenjenen fast operettenhaften Attributen, die man mit den Sparks

in Verbindung bringt. Den Einfluss von Franz Ferdinand erkennt man eher im Tempo und in der Rhythmik. Derlei kleinkarierte Analysen sind allerdings ein rotes Tuch für FFS. In den Augen von Ron, Russel und Alex sind die Eigenheiten der einzelnen Bands irrelevant. Für sie ist etwas völlig Neues entstanden, bei dem man nicht mehr erkennen kann, wer was gemacht hat. Das klingt zwar ziemlich herbeigeredet, aber viel wichtiger ist, dass das Album der Supergroup tatsächlich alles andere als blutleer und leblos wirkt. Es ist abwechslungsreich, witzig, voller überdrehter Melodien und wirkt manchmal wie der Score eines postmodernen Musicals. Sogar die eigene Zusammenarbeit wird ironisch gebrochen thematisiert. Am auffälligsten ist Zufall natürlich das mantraartig vorgetragene »Collaborations Die Sparks lassen sich Don’t Work«, das vehement die Fruchtlosigkeit einer Zu- offenbar gern vom Zufall leiten. Schon ihre bahnbresammenarbeit konstatiert. Kein schlechter Gag und noch chende Zusammenarbeit dazu ein Ohrwurm. Darüber hinaus scheinen aber auch mit Giorgio Moroder baTextzeilen wie »we must make a great impression« aus sierte darauf, dass die Band einem deutschen Journalis»Power Couple« oder der Song »Save Me From Myself« ten ihre Bewunderung für ziemlich deutlich den Druck zu reflektieren, den man als den Münchner Produzenten Supergroup empfindet. Die Frage, ob bei den gemein- geschildert hatte. Der Journalist war zufällig ein samen Aufnahmen wirklich gar kein bisschen Angst im guter Freund Moroders und Spiel gewesen sei, die eigene Bandidentität zu verlieren, stellte den Kontakt her. also dass FFS letztendlich viel mehr nach Sparks als nach FF klingen, beantwortet Alex Kapranos fast beleidigt: »Ich Zusammenarbeit hatte zu keinem Zeitpunkt Angst! Wenn man will, dass Während der Zusammenarimmer alles beim Alten bleibt, sollte man Bankangestellter beit entstanden die Songs über eine Entfernung werden. Es ist schon ziemlich draufgängerisch, was wir da von 6000 Kilometern. gemacht haben. Aber das ist eine Einstellung, die uns alle Die Bands schickten sich verbindet. Ohne die hätten wir gar nicht erst angefangen, zwischen den USA und Schottland Songideen, Musik zu machen.« Okay, ich gebe auf. FFS sind wirklich Texte und Arrangements eine Band. Jedenfalls für diesen Sommer. zu. Erst als alles fertig war, — Intro empfiehlt: FFS »FFS« (Domino / GoodToGo / VÖ 05.06.15) — Auf Tour vom 01.07. bis 12.09., am 12.09. auf dem Lollapalooza Berlin

traf man sich in London und nahm gemeinsam mit dem Produzenten John Congleton innerhalb von 15 Tagen das Album auf.

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Paul McCartney DISClOSure e FlOrenCe + tHe MaCHIn KenDrICK laMar MeW · MuSe r’S nOel GallaGHeD HIGH FlyInG BIr S PHarrell WIllIaMS

ROISIN MURPHY

09.07. München, Tollwood Festival

MAJOR LAZER

07.10. Köln, Palladium (hochverlegt aus E Werk) 08.10. Berlin, Columbiahalle

JOY WELLBOY

01.06. Düsseldorf, Zakk 02.06. Mainz, Schon Schön 03.06. Würzburg, Cairo 12.06. Magdeburg, Moritzhof 13.06. Rostock, Helgas Stadtpalast

ROMANO

10.06. Berlin, Berghain (sold out) 11.06. Hannover, Musikzentrum 12.06. Heidelberg, Halle 02

23.09. Essen, Hotel Shanghai 24.09. Hamburg, Reeperbahn Festival 25.09. Mainz, Schon Schön 26.09. Osnabrück, Kleine Freiheit 27.09. Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld 29.09. Frankfurt, Zoom 30.09. Weinheim, Café Central 01.10. Stuttgart, Schräglage 07.10. München, Kong 08.10. Nürnberg, Desi 09.10. Leipzig, Neues Schauspiel Leipzig 11.10. Berlin, Lido

POOL

SON LUX

TORRES

03.06. Berlin, Privatclub

AUSTRA

16.06. Mainz, Schon Schön 18.06. Göttingen, Institut für angewandte Unterhaltung 19.06. Darmstadt, Hoffart Theater

28.10. Berlin, Bi Nuu

WOLF ALICE

ILOVEMAKONNEN

19.11. 20.11. 22.11. 23.11.

TRAVIS SCOTT

RAE SREMMURD

29.06. Frankfurt, Zoom 30.06. Berlin, Postbahnhof

07.07. Frankfurt, Zoom 10.07. Düsseldorf, Nachtresidenz

JAMIE XX

19.10. Köln, Gloria 24.10. Hamburg, Uebel & Gefährlich

meltbooking.com facebook.com/wearemeltbooking

25.11. 28.11. 07.12. 08.12.

Köln, Luxor Berlin, Lido Leipzig, Täubchenthal Club Hamburg, Uebel & Gefährlich

Berlin, Astra München, Muffathalle Frankfurt, Batschkapp Köln, Live Music Hall

InGtOn leVy aFrICa eXPreSS · Barr · DJ MuStarD rD BIKStOK · DIe antWOO ten · enSlaVeD eInStÜrZenDe neuBau St aID KIt FatHer JOHn MISty · FIrPerIenCe · HOt CHIP tHe GaSlaMP KIller eX tet · KyGO JaMIe XX · KrOnOS Quary · MaStODOn laMB OF GOD · MarIe KeM · run tHe JeWelS nICKI MInaJ · nIlS FraH t · SuSPeKt ryan aDaMS · St. VInCenrtH · tHÅStrÖM tHe talleSt Man On earOnICa MaGGIO tIMBuKtu & DaMn ! · Ve tHe War On DruGS · BaretO MuSt DIe · anteMaSQue alICe BOMan · all PIGS · BrOKen tWIn Ker BOO In JaM Ben · BarGOu 08 · BatIDa rOQue I lIeBeZeIt · CaBO San BWa lIBÉte Burnt FrIeDMan & JaK uK CHO · lFe WO a lSe · CHe · DalHOuS y CHanCHa VIa CIrCuItO MIt FOr COn OF COrrOSIOn Ite MInOr lOM ClarK · COMMunIOnS · DO · M Ma eD · DIXOn · DJ DeaFHeaVen · DeCaPItat CuS · DrenGe · eGyPtrIXX ’ CIr DOOMtree · DreaMerS e I DIe · eZra FurMan tIM ry eVe · eye IC Ctr BanD ele GaIta · FOGHOrn StrInG rO Fer · Ily FaM t Fat WHIte GOa · aZy G-e ure BrOWn · FOSSIlS · FOXyGen · Fut IlOVeMaKOnnen nnInGBarna · HuDna · GretCHen PeterS · HO eSS InternatIOnal OKW & r Ite JuP · Gle JOanna GrueSOMe · Jun KaytranaDa · t PeS teM e Kat StarS · lIZarD WIZarD Kane WeSt · KaSaI all tHe & D Zar y · KInG GIZ KeVIn GateS · KHaIra arB KWaBS · larS H.u.G. – SPeCIal SHOW ne · Ia aInSWOrtH KIPPI KanInuS · KODalI O · luSt FOr yOutH · lyD DIG lIn · F le1 · rOS yeG 99 la OF DS MIn tHe · tÁ Me · MetÁ ! · OQuaDrO OFF M.a.K.u. SOunDSySteM · lI Ma Sey t MIn r · nOura Sy PuS t tHe MOuntaInS · MyrKu FeC Per · e PeDe B & DJnOIZ OuGHt · PallBearer · rSal SOulS yVe POl tHe · n aKO rM PerFuMe GenIuS · PHa Ir KHan · ratKInG · ruStIe · SaB POWell · ranGleKlODS r nte VHe Sel · naBO Sey SantIaGO · SaraBI · SeI · SPIDerGaWD · SPeCKtOrS x nOnSenS SOaK · SOnGHOy BlueS PKIllaZ trO · BS tOM · r DFØ Sun SteVe Gunn · SuSanne · We lIKe We Stner · WarM GraVeS tWIn PeaKS · uKenDt Kun In tHe Way · yOunG FatHerS anD WHOMaDeWHO · yOunG re tIVe ... and m an y mo ØreSunD SPaCe COlleC


#Kultur

#Kultur

Foto: Sandy Kim

»Atemlos durch die Nacht« hätte unsere Titelstory auch heißen können, aber es geht ja um »Victoria« und nicht um Helene. Der in einer Nacht in einem Take gedrehte Film ist eh viel spannender als der olle Schlagerbot. Gleiches gilt für Paul Dano, der in »Love & Mercy« Brian Wilson spielt, und für Kurt Cobain, dem wir posthum raten: Rest in Pics!

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#Kultur #Kino #Victoria


#Kultur #Kino #Victoria

Victoria

Das One Take Wunder Mit seinem vierten Film als Regisseur, »Victoria«, realisierte Kinoromantiker Sebastian Schipper eine verrückte Idee: die Geschichte eines Bankraubs, gedreht in einem einzigen, mehr als zwei Stunden langen Take. Da wollten wir uns nicht lumpen lassen. Wolfgang Frömberg (Text), Carmen Catuti (Fotos), Michael Obenland (Kamera) und Dominik Wilzok (Ton) verabredeten sich mit den Hauptdarstellern Laia Costa und Frederick Lau sowie mit Sebastian Schipper zum One Take Interview in Berlin. Christian Steinbrink sprach mit Nils Frahm über dessen Filmmusik.

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#Kultur #Kino #Victoria

die Straßen als Bühne nutzt, bewegt sich das Ensemble durch Berlin. Die Story vollführt diesen und jenen Twist, Victoria durchlebt ein Auf und Ab der Gefühle. Ein Laie wie ich vermutet hinter so einem Dreh eine ordentliche Tortur.

Blood, Sweat & Tears

D

Sebastian Schipper

ie Schauspielerin Laia Costa und ich stehen vor einer Tür, hinter der sich ein Filmanfang verbirgt. Sebastian Schippers »Victoria« beginnt dort in einem Club, den es an diesem Mittwoch im Mai gar nicht mehr gibt. Er ist in den Räumen jenseits der besagten Tür extra für Schippers vierten Spielfilm entstanden und nach Ende der Dreharbeiten wieder verschwunden. In den ersten Filmmomenten sehen wir Laia in der Rolle der Victoria, die in der Kulisse des Techno-Schuppens schwitzt, tanzt und an ihrem Zopf herumnestelt, bevor sie zur Bar geht, um einen Drink zu bestellen. Für sie ist es der Beginn eines zweieinhalbstündigen Kino-Trips, der auf der Berlinale 2015 mächtig Aufsehen erregte. Die Handlung führt Victoria bald aus dem Club heraus, der Rest spielt sich im Morgengrauen an über zwanzig Orten in Berlin ab. Zunächst bahnt sich eine Romanze an – zwischen Victoria und einem Typ namens Sonne. Nach einer Weile nimmt die Geschichte eine Wendung: Victoria wird mit Sonne und dessen Kumpels Fuß, Blinker und Boxer in einen Bankraub verwickelt.

Use Your Illusion 1 »Wenn ich jetzt an die Locations zurückkehre«, erklärt Laia Costa, »scheinen sie keine Ähnlichkeit mit den Orten aus dem Film zu haben.« Kino? Reine Illusion. Und mancher Gast der ersten Berliner Vorführungen überlegte noch ernsthaft, wann er zuletzt in dem Club aus dem Film gewesen sei. Das hat einen Grund: Cocktail für eine Die Intensität des Geschehens zieht einen tief in »Victoria« hinein. Regisseur Sebastian Leiche Der Originaltitel von Schipper, der als Schauspieler bereits in Tom Hitchcocks Film aus dem Tykwers »Lola rennt« mitspielte und mit seiJahr 1948 ist »Rope«, also nem Filmemacher-Debüt »Absolute Giganten« Seil – der Suspense-Idee 1999 einen echten Hit landete, wagte dafür ein folgend, nach der das Publikum immer schon Experiment, das Wirkung zeigt. Was Alejandro einen Wink bekommt, zum González Iñárritu in seinem Oscar-prämierBeispiel auf die Tatwaffe. ten »Birdman« nur andeutete und Hitchcock »Rope« entstand allerdings nicht ohne Schnitt, auch in den 1940er Jahren mit »Cocktail für eine wenn Hitchcock den EinLeiche« vortäuschte, setzt er in die Tat um: druck erwecken wollte. Die »Victoria« wurde ohne Schnitt in einem Take Cuts sind einfach nur gut versteckt. gedreht. Wie in einer Theateraufführung, die

Für den Drehtag habe sie nach drei Probedurchgängen keine besondere Vorbereitung benötigt, erzählt Laia Costa. Weder Konditionstraining noch Meditation. Allerdings habe sie sich für die Clubszene einige Minuten warm tanzen können, bevor die Kamera zu laufen begann – und für zweieinhalb Stunden nicht mehr stoppte. Der Schweiß und die Tränen in »Victoria« sind echt, das Blut nicht. Zum Glück, beim Dreh hätte ja einiges schiefla fen können. Wir stehen noch immer neben der Tür, am Fuß einer Treppe, über die Victoria im Film den Club verlässt. Draußen trifft sie auf Sonne und die anderen Jungs. Sozusagen auf ihren Spuren gehen wir die Stufen hoch, vor uns tastet auch Intro-Kameramann Michael »Obi« Obenland nach Halt. Die Machart von »Victoria« hat uns zur Nachahmung inspiriert. Das Interview soll ohne Pause geführt und in einem Rutsch gefil t werden. Hoffentlich wird Obi nachher nicht vom Dach fallen. Da wollen wir nämlich hin. Die eng beieinander liegenden Drehorte ermöglichen einen Spaziergang entlang der Route des Films. Die Tour wird uns auch zu dem Café auf der Friedrichstraße führen, in dem Victoria arbeitet. Dort warten bereits Sebastian Schipper und Frederick Lau. Aber vorher machen wir einen Abstecher zu einem Plätzchen, das im Film nicht vorkommt.

Hazelnut-Körnels Eigentlich müsste der Späti auf der Friedrichstraße unser nächstes Ziel sein. Dort kommen sich Victoria und Sonne im Film langsam näher. Der Kioskbesitzer ist eingeschlafen, die zwei nutzen die Gelegenheit, um Getränke und Knabberzeug mitgehen zu lassen. Die Nacht der Nächte nimmt allmählich Fahrt auf. Allerdings bietet sich für einen Zwischenstopp während des Interviews auf halbem Weg ein Spielplatz mit Doppelschaukel an. Der perfekte Ort, um Laia Costa als Newcomerin im deutschen Kinobetrieb nach ihrem Background zu befragen. Laia wurde in Barcelona geboren und ist auch dort aufgewachsen. Sie ist Jahrgang 1986, im Film wirkt sie allerdings jünger. Zuvor hat sie in mehreren spanischen Produktionen und in zwei TV-Serien mitgemischt. Wie ist sie in die »Victoria«-Geschichte hineingeraten? Zum Film kam sie über ein Casting in Spanien. Die Suche fand damals gezielt außerhalb Deutschlands statt. Es ist einer der Clous von »Victoria«, dass die Hauptfigur kein Deutsch spricht. Darum müssen alle Charaktere Englisch reden. Oder das, was sie dafür halten. Neben lustigen Neologismen wie »Hazelnut-Körnels« (Sonnes Übersetzung für HaselnussKerne) hat dieses Kauderwelsch schon mal einen Effekt: »Victoria« wirkt nicht wie ein typischer zeitgenössischer deutscher Kinofilm

Because The Night Nach den zwei Screenings, denen ich bis dahin beigewohnt hatte, wirkte das Publikum jedes Mal sprachlos. Man merkt: Es steckt viel Leidenschaft im Film. Und wie innig sich Laia Costa, Sebastian Schipper und Frederick


#Kultur #Kino #Victoria

Lau begrüßen, als sie nacheinander zum Termin eintrudeln. Laia schwärmt von der Atmosphäre während der insgesamt zweimonatigen gemeinsamen Zeit im vorigen Jahr. Nicht nur von der Freundschaft, die innerhalb der Filmcrew entstanden ist, sondern vom kollektiven Prozess, in dem die Story entwickelt wurde. Schließlich gab es bloß ein zwölfseitiges Skript ohne Dialoge, an die man sich hätte halten können. Behutsam näherte man sich dem Ablauf der Geschehnisse. Dennoch gab es viel Spielraum für Improvisation. Letztlich wurde nicht einmal in einem abgesperrten Gebiet gedreht. Die Filmcrew habe sich ungeschützt in einem kleinen Pulk durch die Dämmerung bewegt, erklärt Laia. Von außen betrachtet, müsse das wie ein Studentenprojekt ausgesehen haben. »Wir waren nah an der Realität«, erinnert sie sich. »Anwohner rissen die Fenster auf und brüllten: ›Was zum Teufel macht ihr um fünf Uhr morgens für einen Lärm?‹« Sebastian Schipper sei beim Dreh »wie Gott« gewesen: »Ich habe seine Anweisungen ständig gehört, ihn aber nie gesehen.« Ansonsten habe sie alles um sich herum ausgeblendet. »Ich hatte extra gefragt, ob wir beim Drehen den Kameramann anrempeln dürfen. Er sollte ja Luft sein.« Sturla Brandt Grøvlen wurde bei der Berlinale für seine »Victoria«-Kameraarbeit mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet. Da hat er ein paar blaue Flecken sicherlich verschmerzen können.

Breaking The Law

Eine Frage, die ihm demnächst sicher häufiger begegnet. Schipper erklärt es mit seiner Wahrnehmung, dass bestimmte Begriffe wie zum Beispiel »Radikalität« ihre Bedeutung verloren hätten. Einen Sinn, den er ihnen gerne zurückgeben wolle. »Außerdem habe ich mir überlegt: Wenn man beim langweiligsten Bankraub der letzten zehn Jahre in Berlin der Fahrer gewesen ist, dann war das sicher spannend. Wieso klingt die Idee, Der viel einen Film darüber zu machen, aber erst mal beschäftigte nicht so spannend? Woher kommt diese Lücke? Schauspieler Die Lücke zwischen dem echten langweiligen Der 25-Jährige wurde beBankraub und einer Darstellung im Film? Für kannt als Tim Stoltefuss in Dennis Gansels Verfilmun mich wurde sie dadurch geschlossen, dass wir von »Die Welle«. Zuletzt ›Victoria‹ in einem Take gedreht haben.« war er in Oskar Roehlers

Eat The Rich

»Tod den Hippies – Es lebe der Punk!« zu sehen. 2010 spielte er im auf einer wahren Begebenheit beruhenden JugendknastDrama »Picco«, dem wir ein großes Interview und eine Gefängnis-Reportage (Intro #196) widmeten.

Frederick Lau lacht. Der viel beschäftigte Schauspieler hatte sich gleich auf die OneTake-Sache eigelassen, in der Überzeugung, dass es sowieso nicht klappen würde. Er habe einfach »Bock gehabt, mit Sebastian zusammenzuarbeiten«, und schnell gemerkt, dass es passt zwischen ihm und Laia Costa. Die Szene mit den beiden, die in dem Café spielt, in dessen Außenbereich wir gerade sitzen, habe etwas Magisches. »Es hat sich richtig angefühlt.

Es ist kein Spoiler, wenn man Teile des Plots von »Victoria« verrät. Der Film folgt Leitmotiven, die so ähnlich auch in einer anderen Handlung, so deutlich jedoch nicht mit einer anderen Herangehensweise zu erkennen wären. Die spezielle Form bestimmt den Inhalt, was man allerdings im Kinosaal vergisst. Empörte Nachbarn konnten in der Postproduktion natürlich übertönt werden, aber auch wenn einem im Film keine »Fehler« auffal en, so gebe es zwangsläufig welche, meint Laia Costa. »Es sind Fehler, die das Leben ausmachen, weil sie überall lauern.« Der Mut zum Fehler ist das eine Leitmotiv, ein weiteres ist der Wunsch nach einem anderen Leben. Während Victoria im Club zwar nicht deprimiert, aber doch ein wenig einsam wirkt, erfahren wir durch die Dialoge mit Sonne und den anderen etwas mehr über ihre bisherige Existenz. Eine deprimierende Geschichte. So wie auch die brüchigen Biografien von Sonne, Blinker, Fuß und Boxer angedeutet werden. In ihren neuen Freunden erkennt Victoria zumindest die Möglichkeit, dass man Regeln brechen kann, um glücklich zu sein. Noch beim Interview auf der Schaukel spricht Laia voller Überzeugung davon, wie wichtig das sei. »To break the rules.«

Mind The Gap Kein Wunder, dass sie ein wenig enttäuscht wirkt, als ich im Späti für die Getränke zahle. Aber Sebastian Schipper und Frederick Lau warten im Café, und eine Verfolgungsjagd mit der Polizei würde der andauernd rückwärts laufende Intro-Kameramann Obi kaum mit heilen Knochen überstehen. Immerhin muten wir ihm noch ein längeres Verweilen auf einer Straßenkreuzung zu, dann landen wir bei Sebastian und Frederick am Tisch. Nach der fina en Szene sei es im Team erst einmal ruhig gewesen, erzählt Schipper. Es habe vor allem Ungläubigkeit vorgeherrscht, das Kind geschaukelt zu haben. Wie er auf die verrückte Idee gekommen sei, den Film ohne Schnitt zu realisieren?

Frederick Lau und Laia Costa

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#Kultur #Kino #Victoria

Ich mag keine Filme, bei denen man lügen muss. Sonne ist eine Art Straßenköter, wie ich sie gerne habe.« Sebastian Schipper ist es wichtig zu betonen, dass neben den oberflächl chen Reizen »One Take« und »Banküberfall« etwas anderes die von ihm so genannte »Unterströmung« des Films ausmache. Er sehe »Victoria« als Porträt junger Menschen in der Gegenwart: »Europa ist ein reicher Flecken Welt und Deutschland innerhalb Europas ein wirtschaftlich starkes Land. Wir sind reich. Und trotzdem gibt es hier junge Leute, die unterprivilegiert sind. Deshalb war es für mich wichtig, dass Victoria aus Spanien kommt und alle Englisch sprechen müssen. Es geht nicht einfach um ein paar Typen von der Straße und ihre coolen Sprüche.«

Use Your Illusion 2 Wenn man sich Schippers ersten Spielfilm, den er als Regisseur gedreht hat, gut fünfzehn Jahre nach dessen Erscheinen noch mal anschaut, erkennt man Parallelen zwischen »Absolute Giganten« und »Victoria«. So gab es schon 1999 eine Szene, in der Julia Hummer allein im Club tanzt. Und während sich die Welt um das Clubleben herum seitdem drastisch verändert hat, erscheint der gefakte Club aus »Victoria«, wenn man ihn mit dem damaligen Zufluchtsort von Julia Hummers Figur Telsa vergleicht, beinahe unberührt. In der Welt von »Absolute Giganten« wurde noch mit D-Mark bezahlt und mit Wählscheibe telefoniert, aber der Club war und ist ein dunkles Loch, in dem man sich dem Beat hingibt. Eine andere Gemeinsamkeit bespreche ich mit Sebastian Schipper auf dem Weg zur letzten Station des Interviews. Unser Grüppchen steigt über Treppe und Lift auf das Flachdach im nahe gelegenen Wohnkomplex, dabei reden wir über die Filmmusik von Nils Frahm, die »Victoria« einen speziellen Rhythmus verleiht. Sie bringt die Melancholie der Geschichte zum Ausdruck, ähnlich wie es die Musik in »Absolute Giganten« tut. Warum wir auf das Dach steigen? Im Film ist es der Treffpunkt von Sonne,

Laia Costa

Blinker, Fuß und Boxer. Victoria zeigt dem Publikum dort, dass man sich um sie keine Sorgen machen muss. Weil sie mutiger, unabhängiger und freier ist als die Boys, auch wenn sie die vier um ihre Freundschaft vielleicht beneidet. Sie scheinen aneinander gekettet zu sein. Die Utopie des Clubs, die Utopie des Dachs, die Utopie der Freundschaft – eine Illusion wie Sebastian Schippers Film? Wir sitzen über den Wipfeln Berlins und quatschen über den Traum vom Bankraub, den wohl jeder als Kind mal geträumt hat. Nach 80 Minuten schaltet Obi die Kamera aus. — »Victoria« (D 2015; R: Sebastian Schipper; D: Laia Costa, Frederick Lau, Franz Rogowski, Burak Yigit; Kinostart: 11.06.15)

Nils Frahm über seinen Soundtrack zu »Victoria«

»So etwas hatte ich noch nie gesehen« »Der Soundtrack zu ›Victoria‹ ist der erste, den ich für einen abendfüllenden Film komponiert habe. Nicht weil ich unbedingt Filmmusik machen wollte, sondern weil der Film mich einfach angesprochen hat. ›Victoria‹ ist schön eigensinnig, daher dachte ich, für ihn etwas Neues ausprobieren zu können. Dass der Film keine Schnitte hat, war für die Musik wichtig, weil es eben keine festen Punkte gibt, an denen man sie anfangen oder enden lassen sollte. Für die Produktion hatte ich wenig Zeit, denn ich steckte mitten in einer Tour-Phase. Ich konnte nur zehn Tage blocken. Für die Zeit mietete ich das Studio P4 in Berlin. Wir haben verschiedene Instrumente und einen großen Bildschirm ins Studio gestellt und die Musiker einfach zu dem Film improvisieren lassen. Ähnlich, wie es Neil Young für die Musik zu ›Dead Man‹ gemacht hat. Einige unserer ersten Aufnahmen habe ich dann auch für den Soundtrack verwendet. Wenn man die richtigen Stellen für eine musikalische Untermalung sucht, darf man nicht den Fehler machen, einzelne Szenen isoliert wahrzunehmen. Alles in ›Victoria‹ ist immer verknüpft mit dem davor und danach. Oft verändert sich die Bedeutung einer Szene auch noch

eine halbe Stunde später im Film. Man muss also immer das Ganze im Blick haben und schauen, an welchen Stellen die Musik einen Ausdruck verstärken oder verdeutlichen kann. Ich wollte auf jeden Fall verschiedene Klangfarben verwenden und mich nicht auf ein klassisches Instrumentarium beschränken lassen. Mir kam ziemlich schnell das Harmonium in den Sinn. Schneidige oder zeitgeistige Elemente wollte ich vermeiden, Klischees von dreckigem Berliner HipHop etwa. Dagegen ist das Harmonium eher ein Oma-Instrument, und es kam mir spannend vor, die Gangster-Welt des Films damit zu verknüpfen. Das Stück von DJ Koze zu Beginn des Soundtracks stand schon fest, bevor der Film gedreht wurde. Es war klar, dass der Track in der Club-Szene am Anfang des Films läuft. Ich war darüber glücklich, denn ich schätze Koze sehr und verfolge sein Schaffen schon seit seinen Fischmob-Zeiten. ›Victoria‹ ist die Art von Film, die man sich nicht ausdenken kann. Als ich ihn erstmals sah, war ich überrascht. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Eigentlich wollte ich den Auftrag absagen. Aber ich konnte nicht, weil mir der Film einfach wichtig ist.« — Intro empfiehlt: Nils Frahm »Victoria – O.S.T.« (Erased Tapes / Indigo / VÖ 12.06.15)


VORFREUDE AUF DEN JÄGERMEISTER GASTHOF. Die Lieblingsband hat gerade die Mainstage zerlegt, die Kehle brennt vom Mitgrölen und eine Pause, um wieder zu Kräften zu kommen, ist dringend nötig? Der erfahrene Festivalgänger weiß: Ab zum Jägermeister Gasthof! Denn immer, wenn der lebensgroße Hirsch sich aus der 15 Meter hohen Kuckucksuhr herauswagt und über das Infield röhrt, ist die nächste Party angesagt! Hier gibt es eiskalte Shots, Sofas zum entspannen und natürlich Live-Musik. Ob die legendäre Jägermeister Blaskapelle, die Lieblingsbands von Morgen oder ein heißer DJ-Gig, man ist ganz nah dran und kann sich schon mal auf den nächsten Gig einstimmen. In diesem Sommer steht der Jägermeister Gasthof »Zum röhrenden Hirschen« auf sechs der besten Festivals des Sommers.

AUF DIESEN FESTIVALS FINDET IHR DEN JÄGERMEISTER GASTHOF: 22.5. – 24.5. SPUTNIK SPRING BREAK / 5.6.– 7.6. ROCK AM RING – MIT ALEXANDER MARCUS / 19.6. – 21.6. SOUTHSIDE 17.7.– 19.7. DEICHBRAND – MIT ALEXANDER MARCUS / 23.7. – 25.7. HELENE BEACH / 30.7.– 1.8. WACKEN OPEN AIR JÄGERMEISTER AB 18! FÜR VERANTWORTUNGSVOLLEN GENUSS.

jaegermeister.de/events


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#Kultur #Kino #Paul Dano

Das Leben des Brian Paul Dano über den Film »Love & Mercy«


#Kultur #Kino #Paul Dano

Als verstummter Bruder in »Little Miss Sunshine« hatte Paul Dano seinen Durchbruch. Fast zehn Jahre danach wirkt er immer noch wie der schüchterne Junge von nebenan. Dabei ist er längst einer der ganz Großen: In »There Will Be Blood« spielt er neben Daniel DayLewis eine Doppelrolle. In »12 Years A Slave« arbeitet er als rassistischer Plantagenaufseher für Benedict Cumberbatch. Und in seinem neuesten Film »Love & Mercy« teilt er sich die Rolle der Beach-Boys-Legende Brian Wilson mit John Cusack. Simone Schlosser sprach mit Paul Dano über Star-Allüren, Weintrauben und »Pet Sounds«. Foto: Chiara Mirelli / LUZ

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aul Dano gibt nicht gerne Interviews. »Mir ist es unangenehm, über mich selbst zu sprechen, weil man dabei schnell wirkt, als sei man ...« Den Rest des Satzes lässt er in der Luft hängen. Eingebildet wollte er vielleicht sagen. Oder selbstverliebt. Jedenfalls kein Adjektiv, das man mit ihm in Verbindung bringen würde. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen meidet der 30-Jährige die Öffentlichkeit. Sein Twitter-Account hat nicht einmal 3.000 Follower, und das einzige Mal, dass Paul Dano es in die Klatschspalte geschafft hat, war, als er mit seiner Freundin, der Schauspielerin Zoe Kazan, zusammengekommen ist. Aber das ist mittlerweile auch schon sieben Jahre her. Auf diesen feinen Unterschied zu anderen Stars angesprochen, neigt er den Kopf und streicht sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Mit den strähnigen roten Haaren, die immer ein wenig aussehen, als sei er gerade erst aufgestanden und habe keine Zeit mehr zu duschen gehabt, wirkt er noch immer wie der pubertierende Bruder aus »Little Miss Sunshine«. »Schauspielerei wirkt immer total extrovertiert. Aber das ist überhaupt nicht mein Ding. Jeder Tag vor der Kamera macht mir Angst.« Bei jedem anderen würde man diesen Satz als Koketterie abtun, schließlich hat er in den vergangenen Jahren mit Daniel Day-Lewis, Robert de Niro und Bruce Willis gedreht. Doch Paul Dano verfügt über eine bemerkenswerte Ehrlichkeit, mit der er versucht, auf jede Interview-Frage einzugehen. Dabei entstehen kleine Pausen vor jeder Antwort, die zunächst den Eindruck vermitteln, er sei schüchtern, aber Paul Dano weiß eigentlich genau, was er möchte. »Ich denke beim Dreh nicht daran, wie andere das hinterher finden, sondern ich mache das in erster Linie für mich.« In dem intelligenten Thriller »Prisoners« von Denis Villeneuve spielt er einen geistig Zurückgebliebenen, der verdächtigt wird, zwei Mädchen entführt zu haben, und

von einem verzweifelten Vater (Hugh Jackman) in einem leer stehenden Haus festgehalten und fast zu Tode geprügelt wird. Hinter der großen Brille ist er kaum wiederzuerkennen. Aber der hilflose Blick aus seinen vor Angst geweiteten Augen prägt sich ein. Nachdem er danach mehrfach von der Presse auf seine pathologische Rollenwahl angesprochen worden war, räumte er in Interviews ein, dass es mal wieder schön wäre, einen Film zu machen, in dem er mehr zu lachen hat. Bill Pohlad scheint ihn erhört zu haben: In »Love & Mercy« teilt sich Paul Dano die Rolle der Beach-BoysLegende Brian Wilson mit John Cusack. Doch während Cusack der schwächere, in den Achtzigerjahren angesiedelte Boy-meets-Girl-Teil des Films zufällt, darf Paul Dano Brian Wilson auf dem Höhepunkt von seiner Karriere spielen und die Aufnahmen zum Al- Pet Sounds bum »Pet Sounds« lebendig werden lassen. Brian Wilsons Ambition war »Ich hatte großen Respekt vor der Rolle, aber es, ein Konzeptalbum aufzunehmen, das beweisen mit der Zeit habe ich mich total wohl darin sollte, dass er der größte gefühlt, in diesem Studio zu stehen und meine Songwriter seiner Zeit war, Antenne zu den Sternen auszufahren. Ich bin nicht Lennon/McCartney. »Pet Sounds« erschien am davon überzeugt – und ich glaube, Brian Wil- 16. Mai 1966 und gilt als eison würde das Gleiche sagen –, die Inspiration nes der großen Kunstwerke für dieses Album kam von irgendwo anders.« der Popmusik. The Beach Boys verabschiedeten sich Auch äußerlich hat sich Paul Dano komplett damit vom reinen Surfauf die Rolle eingestellt. Doch von den 15 Kilo, Sound, Paul McCartney die er zunehmen musste, ist längst nichts mehr kommentierte: »Ich glaube, niemand weiß wirklich was zu sehen. »Die Leute werden diese Antwort über Musik, solange er nicht mögen«, meint er lächelnd, »aber abzu- dieses Album nicht gehört nehmen war viel einfacher als zuzunehmen. hat.« Dabei mochte ich dieses neue Körpergefühl. Das hatte so etwas Fürstliches. Ich wollte, dass meine Freundin mich mit Weintrauben füttert.« Er grinst wieder. Dann ist die Interview-Zeit vorbei. Am Ende hat er sogar über sich geredet. — »Love & Mercy« (USA 2014; R: Bill Pohlad; D: Elizabeth Banks, John Cusack, Paul Dano; Kinostart: 11.06.15)

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#Kultur #Kino

Kind 44

ES WAR EINMAL IN DER SO WJETUNION Achtung! In dieser Verfilmung eines Agenten-Roman-Bestsellers, dessen Geschichte in der Zeit des Stalinismus spielt, ist auch Gary Oldman versteckt. Spätestens seit »Dame, König, As, Spion« ist er ein Garant für gute Spionage-Thriller. 2015 jährt sich zum 70. Mal der Tag der Kapitulation Nazi-Deutschlands. Dazu passend beginnt der Film »Kind 44« mit dem Hissen der Sowjetflagge auf dem Reichstagsgebäude. In dieser Einstellung wird der geschichtliche Rahmen nicht bloß abgesteckt, sondern geradezu manifestiert. Auch eine Methode, um eine größere Relevanz zu erzeugen. In diesem Falle nutzt Regisseur Daniel Espinosa die historische Szene außerdem, um Hauptfigur Leo Demidov (Tom Hardy) und seine Weggefährten einzuführen. Schon wird vorgespult ins Jahr 1953. Die KGB-Vorgängerinstitution MGB ist der verlängerte Arm von Stalins Terrorregime. Stalin, zu diesem Zeitpunkt nur noch paranoid, lässt jeden, der sich vermeintlich gegen die Staatsräson auflehnt, verfolgen. Die Verhafteten werden gefoltert, in den Gulag gesteckt oder direkt umgebracht. Leo Demidov ist wegen des Kredits als Kriegsheld – wir erinnern uns an die gehisste Sowjetflagge – ein angesehener Geheimdienstoffi er. Er führt alle Aufträge mit einer außerordentlichen Gründlichkeit und Durchtriebenheit durch. Die Sowjetrepublik muss geschützt werden – der Stalinismus fl eßt regelrecht in seinen

Adern. Bis ein Auftrag schiefgeht und grundlos zwei Zivilisten vor den Augen ihrer Kinder hingerichtet werden. Täter ist der unterrangige Geheimdienstler Wassili. Als nun auch noch Leos Frau Raisa (Noomi Rapace) denunziert wird und man gleichzeitig den Sohn seines besten Freundes Alexei tot – und mit deutlichen Spuren von Folter – auffindet verschiebt sich das Weltbild Leos allmählich. Der Agent will nicht weiterhin alles unhinterfragt schlucken. Seine Zweifel lassen ihn wiederum selbst zu einem Feind des Systems werden. »Kind 44« schafft es mit einer beeindruckenden Leichtigkeit, gleichzeitig Verschwörungsthriller, Kriminalgeschichte und Gleichnis über die brutale Menschenverachtung in totalitären Systemen zu sein. Wie ein Spinnennetz laufen die verschiedenen Erzählstränge zum Mittelpunkt beziehungsweise zum Ende hin zusammen. Dabei ist es überraschend, dass der Film an Komplexität nichts zu wünschen übrig lässt und doch vor allen Dingen eines macht: Spaß. Das liegt nicht nur an der – wohlgemerkt klischeehaften – Inszenierung der stoischen Russen, sondern auch am Gesamtlook. Gary Oldman als General Nesterov und die überaus trocken choreografierten Kampfszenen fügen sich nahtlos ein. Lars Fleischmann — »Kind 44« (GB/USA 2015; R: Daniel Espinos; D: Tom Hardy, Noomi Rapace, Gary Oldman; Kinostart: 04.06.15)

»Ich habe einen Film gemacht, den man als Thriller bezeichnen kann – und der ein Interesse hat, politisch zu sein. Einen, den man als Werkzeug gebrauchen kann, die Gegenwart anders zu sehen und zu bewerten.« Während der Hofer Filmtage beschrieb Regisseur Christoph Hochhäusler seinen neuen Film »Die Lügen der Sieger« (D 2014; D: Florian David Fitz, Lilith Stangenberg; Kinostart: 18.06.15) in knappen Worten. Sie klingen einem aber umso lauter im Ohr, je intensiver man sich auf die Geschichte um die Recherchen des Spitzenjournalisten Fabian Groys und seiner Volontärin Nadja im Bundeswehr-Milieu einlässt. Hochhäusler manifestierte einst mit »Milchwald« die Berliner Schule, das Drehbuch zu »Die Lügen der Sieger« verfasste er gemeinsam mit Ulrich Peltzer.


#Kultur #Kino

Nippon Connection

HESSEN MIT STÄBCHEN Ein bemerkenswertes Jubiläum steht in diesem Jahr in Frankfurt an: Das 15. Japanische Filmfestival geht vom 2. bis 7. Juni über die Bühne.

I

m Jahr 1999 begannen die Initiatoren der Nippon Connection mit der Vorführung von 16-mm-Kopien aus dem Japanischen Kulturinstitut in Köln an der Uni. Doch schon bald stiegen die Ansprüche, es sollten auch Filme auf 35 mm ins Programm. Heute ist die Nippon Connection zwar vor allem ein – qualitativ außergewöhnlich gut bestücktes – Filmfestival, doch darüber hinaus können die Besucher via Nippon Culture sämtliche Facetten des japanischen Kulturlebens kennenlernen. Gerade das tolle Angebot abseits der Leinwände schaff eine Klammer, durch die man die Filme anders wahrnimmt. Oder war es umgekehrt? Ausschlaggebend ist, dass Film- und Rahmenprogramm einander hervorragend ergänzen. Keine Angst, Karaoke-Abende gibt es selbstverständlich auch ... In diesem Jahr beginnt die Nippon Connection mit der Überreichung des erstmals verliehenen Nippon Honor Award. In Empfang nehmen darf ihn ein ganz besonderer Gast: Tadanobu Asano ist ein echter Star des Asia-Kinos, eine Art Johnny Depp Japans. Er wird auch im musikalischen Teil der Nippon Connection, der Nippon Live On

Wenn Darwin noch lebte, würde er einen Eimer Popcorn kaufen und es sich mit 3D-Brille im Multiplex seines Vertrauens bequem machen, um »Jurassic World« (USA 2015; R: Colin Trevorrow; D: Chris Pratt, Bryce Dallas Howard; Kinostart: 11.06.15) zu genießen. Diesmal geht es ans Eingemachte der Evolution. Wir erinnern uns: John Hammond träumte den Traum vom Themenpark der Riesenechsen auf einer Insel. Er muss aber nach dessen Realisierung erkennen, dass das Publikum stets nach immer neuen Sensationen verlangt. Eine Metaebene, von der die Produzenten solcher Blockbuster ein Lied singen können. Der neu gezüchtete Indominus Rex ist spektakulär und verhängnisvoll zugleich. Er weiß jedenfalls, wie man ordentlich auf den Träumen anderer herumtrampeln kann.

Stage, mit dabei sein, denn im Gegensatz zum Kollegen Depp hat er seine Popkarriere noch nicht aufgegeben. Stereo Total werden ebenfalls ein Konzert spielen. Und man kann sich gut vorstellen, dass sich Françoise Cactus und Brezel Göring, wo sie schon vor Ort sind, den einen oder anderen Film aus den Kategorien Nippon Film, Nippon Animation, Nippon Retro, Nippon Vision oder Nippon Kids ansehen werden. Schließlich kann man sich der Magie dieser Woche zwischen den Festivalzentralen im Künstlerhaus Mousonturm und Theater Willy Praml in der Naxoshalle kaum entziehen. Es ist wie eine mehrtägige Reise der aufgehenden Sonne entgegen. Paula Fuchs — www.nipponconnection.com

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#Kultur #DVD #Kurt Cobain

Filme über Kurt Cobain

Rest In Pics

Man sollte meinen, Leben und Werk Kurt Cobains seien schon zur Genüge dokumentiert beziehungsweise ausgeschlachtet worden, schließlich wurden sogar seine Tagebücher veröffentlicht. Wie sehr also kann man jemanden posthum sezieren, dem nichts wichtiger war als (seine) Musik? »Cobain: Montage Of Heck« und »Kurt Cobain: Tod einer Ikone« gehen jeweils eigene Wege auf der Suche nach Antworten. Auch die Fragen sind andere: Was trieb den Nirvana-Sänger an? Und wer oder was brachte ihn um?

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urz nach den Würdigungen zum zwanzigsten Todestag Cobains im letzten Jahr gibt es nun eine autorisierte Dokumentation, die Einblicke in seinen Alltag verspricht, wie man sie noch nie zuvor gesehen hat. Außerdem wurde mit »Tod einer Ikone« versucht, die verwegene Mordtheorie des Privatermittlers Tom Grant in einer Mischung aus Footage und Spielszenen zu untermauern. Für Grant war Kurt Cobains Tod am 5. April 1994 kein Selbstmord, die Täterin heißt für ihn Courtney Love. In Brett Morgens »Montage Of Heck« geht es nicht um Erklärungen für den Suizid. Doch schwingt die Frage nach dem »Warum« immer mit, wenn man sich gut zwei Stunden mit den Ideen und dem Output eines Künstlers befasst, der gegen seinen Willen zum Messias einer ganzen Generation auserkoren wurde, bevor er als »der erste MTV-Tote« in die Geschichte

einging, wie Spex damals provokant titelte – und dessen letzte Stunden bereits Thema des frei assoziativen Spielfilms »Last Days« von Gus Van Sant waren. Im Vordergrund stehen jedoch Fragen nach Motivation und Inspiration im Werk des Nirvana-Sängers. »Montage Of Heck« bietet einiges, was Hardcore-Fans Gänsehaut über den Rücken jagen dürfte. Familienmitglieder sprechen vor der Kamera über Kurts Kindheit. Zusätzlich verwendet Brett Morgen in Abstimmung mit Courtney Love sowie der gemeinsamen Tochter Frances Bean Cobain jede Menge private

Filmaufnahmen. Sie reichen von den Tagen als Dreikäsehoch in Aberdeen, Washington bis zu den Heroin-seligen Zeiten, als Frances Bean noch in die Windeln machte, während Kurt und Courtney Wir-sind-die-Sid-und-Nancydes-Grunge-und-nicht-die-Yoko-und-Johnder-Neunziger-Homevideos drehten. Darüber hinaus erweckt der Regisseur Cobains Zeichnungen zum Leben, animiert Biografisches in Comic-Sequenzen, spielt im Soundtrack mit Nirvana-Songs und lässt Bandkumpel Krist Novoselić zu Wort kommen. Auch Ausschnitte aus dem MTV-Unplugged-Gig hat er in seine Biopic-Collage gewebt. Das alles ist manchmal eine Spur zu viel, in ihrer Vielschichtigkeit


#Kultur #DVD #Kurt Cobain

entwickelt sich die Doku aber auch zur fin len Hommage. Ob der ganz junge Kurt Cobain besonderes »kreatives Potenzial« erkennen ließ, wie die Ankündigung verlautbart, sei dahingestellt. Eine merkwürdige Erkenntnis nach »Montage Of Heck« ist allerdings, dass der kleine Bub aus Aberdeen den erwachseneren Eindruck macht als der Twentysomething Kurt Cobain auf dem Höhepunkt seiner Karriere – außer in dem Moment, in dem er sich live und mit Nirvana im Rücken in die eigenen Songs vertieft. Hier kann man sich ein Bild davon machen,

wie viel die Idee von Rock’n’Roll mit individuellem Nonkonformismus und wie wenig diese Haltung mit einer »Revolution« zu tun hat. Während in Morgens Film der Song »Smells Like Teen Spirit« im Abspann noch mal für Gänsehaut sorgt, ist es in Benjamin Statlers »Tod einer Ikone« (Originaltitel: »Soaked In Bleach«) die Ausgangsthese allein, die für gruseliges Schauern sorgt. Detektiv Tom Grant wurde 1994 von Courtney Love angeheuert, um den untergetauchten Cobain ausfindig zu machen. Nach dessen Ableben sammelte er Indizien für eine Mordthese und Courtneys Täterschaft. Wie er selbst vor der Kamera erklärt, handelt es sich um einen der seltenen Fälle, in denen sich der angeheuerte Privatermittler

gegen den Auftraggeber wendet. In dem halbdokumentarischen Film geht es also auch um ihn als speziellen Fall von Spürnase. Und man wird das Gefühl nicht los, dass sich hier jemand ein verdammt wackliges Kartenhaus gebaut hat. Schließlich wissen wir doch alle, dass es das System war, das Cobain hervorbrachte und kaputt machte. Oder etwa nicht? Wolfgang Frömberg — »Cobain: Montage Of Heck« (USA 2015; R: Brett Morgen; Kinostart: 09.04.15) — »Kurt Cobain – Tod einer Ikone« (USA 2015; R: Benjamin Statler; D: Daniel Roebuck; Ascot Elite)

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#Kultur #DVD

Xavier Dolan über »Mommy«

»Schubladen? Fuck that!« »Mommy« ist Xavier Dolans fünfter Spielfilm. Nach jedem Film lässt sich der 25-jährige Kanadier, dem der Ruf eines Wunderkinds und einer Diva vorauseilt, ein neues Tattoo stechen. Diesmal eine üppige Rose, die er sich für das meisterhafte MutterSohn-Drama quasi selbst geschenkt hat. Patrick Heidmann sprach mit ihm über markige Sprüche und über Stil.

Mit »Mommy« haben Sie 2014 in Cannes einen Preis gewonnen. Sind damit all ihre Ziele als Filmemacher erreicht?

Sicher nicht. Aber meine Eltern waren mit an der Croisette, allein das war etwas ganz Besonderes. Es mag pathetisch klingen, aber es war zur Abwechslung mal schön, dass mir und meiner Arbeit fast nur Liebe entgegengebracht wurde. Auch weil für »Mommy« Liebe so essenziell ist. Sie klingen selbstbewusst, wenn Sie über Ihre Arbeit sprechen ...

Selbstbewusst bin ich, wenn es um meine Ambitionen geht. Als Person bin ich überhaupt nicht selbstbewusst. Im Gegenteil: Wenn ich drehe, bin ich permanent durchdrungen von Zweifeln. Deswegen umgebe ich mich mit einem Team aus Mitstreitern, die ich liebe und die mich schätzen, sich aber auch nicht scheuen, mir zu sagen, wenn ich danebenliege. Was oft genug der Fall ist. Die markigen Sprüche in Interviews sind also nur Show?

In gewisser Weise schon. Wenn man den

Was bedeutet denn Stil für Sie?

Da muss ich einfach den Schriftsteller Gore Vidal zitieren: »Stil ist, wenn man weiß, wer man ist.« Dem ist nichts annähernd ähnlich Kluges hinzuzufügen. Nur wer sich selbst gut kennt, kann die Welt daran teilhaben lassen. Es geht nicht um Intelligenz oder Bildung oder auch nur guten Geschmack. Vielmehr hat Stil damit zu tun, seinen eigenen Blick auf die Dinge zu veräußerlichen. Und das kann ganzen Tag vor Journalisten sitzt und immer- niemand, der überhaupt nicht weiß, welchen zu mit Leuten sprechen muss, die man nicht Blickwinkel er einnehmen soll. kennt, braucht man doch eine Art Fassade Warum lehnen Sie den Begriff »Queer Cineoder gar ein Alter Ego, hinter dem man sich ma« für Ihre Filme ab? verstecken kann. Sonst wäre ich viel zu ver- Ich bin mir bewusst, dass es für viele Menschen letzlich und angreifba . Privat kann ich auch auf der ganzen Welt wichtig ist, wenn sie bei anders auftreten. Am Set bin ich nervös und ihrer Identitätsfindung kulturelle Nischen hahabe immer wieder Angst, andere Menschen ben. Aber in meinem Leben, meinem Milieu, zu enttäuschen. Seien es meine Schauspieler meiner Familie brauchte ich das nicht. Mir oder mein Publikum. Schon eine einzige Szene, ist so etwas fremd. Natürlich war auch für die nicht ganz so gelungen ist, wie ich sie im mich nicht alles einfach, ich wurde als TeenSinn hatte, kann mich fix und fertig machen. ager wegen meiner Homosexualität sogar mal Inwiefern haben Sie sich seit dem Debüt »I verprügelt. Dass vieles besser werden muss, weiß ich genau. Schubladen, Labels und GhetKilled My Mother« verändert? Auf die Kunst bezogen, kann ich die Frage toisierung helfen dabei aber ganz bestimmt beaantworten. Ich habe nach jedem Film aus nicht. Fuck that! meinen Fehlern gelernt und versucht, sie nicht zu wiederholen. Außerdem habe ich begriffen, — »Mommy« (CDN 2014; R: Xavier Dolan; D: Anne Dorval, Antoine-Olivier Pilon; StudioCanal) dass jeder Film, jede Geschichte einen eigenen Stil benötigt. Und ich habe verstanden, dass es das Herz ist, worauf es ankommt. Heute höre ich auf mein Herz und auf meine Figuren. Ein Film kann trotzdem toll aussehen und Stil haben.


#Kultur #DVD

Wiederentdeckung des Monats:

Living In Oblivion

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s gab ein Leben vor HBO. Nucky aus »Boardwalk Empire« heißt hier Nick (Steve Buscemi) und ist seines Zeichens Regisseur eines Low-Budget-Films, Tyrion aus »Game Of Thrones« heißt hier Tito (Peter Dinklage) und ist frustrierter Zwergen-Darsteller, der mit den ewigen Klischees seiner Rollen hadert. Drachen hatte Regisseur und Autor Tom DiCillo zwar nicht zur Verfügung, auch keine blutigen Ränkespiele im Kontext der Prohibition, dafür aber ein beim Sundance Festival prämiertes Drehbuch. Dieses führt in »Living In Oblivion« (USA 1995; R: Tom DiCillo; D: Steve Buscemi, Peter Dinklage, Catherine Keener, James LeGros; Universal) ans Set und hinter die Kulissen besagten Drehs, bei dem

Top 7

Dinge, die wir in »5 Zimmer Küche Sarg« über Vampire gelernt haben 1 WG-Kultur

5 ÖPNV

Vampire waschen nicht ab. Wer mit Vampiren zusammen in einer WG lebt, muss sich auf meterhohe blutige Tellerberge gefasst machen. Die Folge: nervige Putzplandiskussionen und Vorwürfe am Küchentisch, denen man nur entkommt, wenn man schon 8000 Jahre alt ist. Zum Saugen allerdings sind Vampire prädestiniert, können sie doch mit dem Staubsauger ganz einfach an die Zimmerdecke fli gen, um auch dort Spinnweben zu entfernen.

Vampire sind umweltbewusst (oder haben keine Führerscheine). Wenn sie um die Häuser ziehen wollen, dann nehmen sie den Bus. Bela Lugosi likes it!

2 Fleckenteufel Vampire legen keine Zeitungen aus, wenn sie sich ein Opfer zum Aussaugen auf die kuschelige Couch geschmeichelt haben. Die Folge auch hier: anstrengende Schrubbarbeiten.

3 Mode Kein Spiegelbild zu haben kann ziemlich lästig sein, gerade, wenn Vampire sich zum Ausgehen aufbrezeln wollen. Hier sind sie dann auf die Aussagen ihrer Vampirfreunde oder mitunter lausige Zeichnungen angewiesen, die zeigen, ob ihnen das gewählte Outfit steht. Überhaupt liegt modisch einiges im Argen. Zwar sind Vampire qua Bestimmung sexy, doch ihre Klamotten stammen zumeist von den Opfern.

6 Internet Dank YouTube können Vampire endlich wieder Sonnenaufgänge ansehen. Im wahrsten Sinne des Wortes nostalgische Lichtblicke im oftmals tristen Vampiralltag.

7 Liebe Wahre Liebe wartet. Jedenfalls zwangsläufi , wenn der Sarg durch den Assistenten mangelhaft frankiert wurde und man dann 18 Monate durch die Welt transportiert wird, während die Angebetete sich neu verliebt und heiratet. Hier allerdings spielt die Zeit dem Unsterblichen letztlich in die kalten Hände: Im hohen Alter kommt zusammen, was zusammengehört – und wenn man seine Aufwartungim Altersheim machen muss. Zusammengestellt von: Cay Clasen

4 Party Vampire stehen als Kreaturen der Nacht eigentlich für exzessives Partyleben. Sie machen die Nacht sinnbildlich zum Tag und feiern rauschende Feste. Zumindest würden sie das gerne. Die Realität ist bisweilen allerdings ausgesprochen mau: Da Vampire Häuser nur auf Einladung betreten können, sind die angesagten Clubs für sie verschlossen. Oft reicht es nur für ranzige Pinten, wo sie sich neben Säufern am Tresen festhalten.

— »5 Zimmer Küche Sarg« (NZ 2014; R: Jemaine Clement, Taika Waititi; D: Jemaine Clement, Taika Waititi, Jonathan Brugh; Weltkino)

allerdings nicht Nick, sondern eher diverse Eitelkeiten, Allüren und Pannen regieren. Allen Rückschlägen zum Trotz führt die Verkettung albtraumhafter Umstände zu starken Traumsequenzen. Oder, wie Nick angesichts erneuter Frustrationen anmerkt: »Sometimes you just got to roll with things!« Eine großartige Farce über den (Indie-)Filmbetrieb. Es lohnt sich, sie wiederzuentdecken und zwischen den Zeilen beziehungsweise Klappen zu lesen. Cay Clasen

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#Kultur #DVD

We Are The Freaks

Ferris in Birmingham Justin Edgars anarchistischer Coming-ofage-Film packt handfeste Sozialkritik in eine verrückte Nacht. Fast so, als würde ein ganzes Genre endlich erwachsen.

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ie Nacht der Nächte ist stets ein dankbares Sujet, man denke nur an den großartigen »Absolute Giganten« oder Sebastian Schippers neuen Film »Victoria« (siehe Titelgeschichte dieser Ausgabe). Privat schwanken solche Nächte zwischen krampfhaftem Versuch und glücklicher Fügung aus Mensch, Zeitpunkt, Musik und Örtlichkeit. Autor und Regisseur Justin Edgar hat diese Grundkonstellation ins Thatchergeprägte und -gebeutelte England des Jahres 1990 verlegt. Mit »We Are The Freaks« ist ihm ein anarchischer Anti-Teen-Film gelungen, dessen Handlung drei Außenseitern das zügellos ausschweifendste Wochenende ihres noch jungen Lebens beschert. Jack (Jaimie Blackley) wäre gerne Schriftsteller, Parsons (Mike Bailey) steht auf Margaret Thatcher, und Chunks (Sean Teale) ist ein reicher Schnösel. Dennoch sind die drei unzertrennlich und lernen, den Regeln des Coming-of-age-Films folgend, dass ihre Einzigartigkeit sie zu etwas Besonderem macht. Diese Lektion allerdings steht am Ende eines exzessiven Post-»Trainspotting«-Britannia-Marathons, der funktioniert, da Regisseur Edgar eine Karte mit sozialkritischem Kontext im Ärmel hat, statt auf Nummer sicher zu gehen. Wäre John Hughes in Birmingham sozialisiert worden, das von ihm geprägte Genre wäre deutlich schroffer. Und Ferris Bueller aus dem Genre-Klassiker»Ferris macht blau« (1986) würde mindestens ein Zahn fehlen. Cay Clasen — »We Are The Freaks« (GB 2014; R: Justin Edgar; D: Jaimie Blackley, Mike Bailey, Sean Teale; Lighthouse)

In »St. Vincent« (USA 2014; R: Theodore Melfi; D: Bill Murray, Melissa McCarthy, Naomi Watts; Polyband) kann man viel über das Leben lernen. Man muss nur das Kind in sich entdecken und Bill Murrays Performance als grantiger Ruheständler mit Hang zum libertären Zynismus auf sich wirken lassen. Da schmeckt auch im Home-Kino das Popcorn gleich extrasüß oder -salzig.


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#Kultur #Spiele

The Witcher 3: Wild Hunt

NEUESTES VOM HEXER

langhaarige Männer mit umgehängten Wolfskopf-Amuletten schätzt. Freiheit fühlt sich hier aufregender an als in anderen Spielen. Das liegt an einer gesunden Verweigerungshaltung. Epische Rollenspiele mit weit offenen Welten Videospiele haben Namen, die keiner ernst gibt es viele. Aber bieten sie mal eine Entnehmen kann. Fantasy-Schwarten heißen »The scheidung, dann passt Lord Of The Rings«, Fantasy-Serien heißen die in einen schlich»Game Of Thrones«. Und das neue große ten Moralkompass: Fantasy-Rollenspiel nennt sich »The Witcher 3«. edler Held oder egoistisches Arschloch. Was bitte ist ein Witcher? Die Welt des Witchers bleibt dagegen »Witcher« ist keine Bezeichnung schwierig. Man kann das Gute suchen, finde für männliche Hexen, eher eine es aber nie. Geralt ist nicht der Erlöser, sondern Steigerungsform: hex, hexer, am er nimmt Aufträge von Leuten an, die ihn nicht hexesten. Dabei möchte der Wit- mögen. Er rettet nicht die Welt, sondern sucht cher ganz besonders ernst genom- seine Adoptivtochter. men werden. »The Witcher« ist ein komplexes Auch das politische Durcheinander und die Fantasy-Rollenspiel für Erwachsene. Schön ist beiläufige Brutalität machen den Witcher zu nur der Sonnenuntergang. Alle Wesen haben einem Spiel für »Game Of Thrones«-Fans, niedere Motive, Eiter suppt aus alten Wunden. genau wie die ausladende, nicht enden wolIn dieser Welt spielt man einen potenten, bru- lende Geschichte mit ihren unzähligen Netalen Freigeist namens Geralt: den Witcher. benplots um verlorene Bratpfannen, missDas Spiel mag von und für Menschen ge- handelte Elfinnen und lästige Monster, die macht sein, die gern Metal hören. Aber es den Bauern nachts das Geflügel wegfressen. ist so gut, dass man auch reinschauen kann, Keine dieser Geschichtchen sieht auf den wenn man eigentlich weder Fantasy noch ersten Blick aus wie billiges Füllmaterial.

Das ist eine neue Qualität: Normalerweise können Spielemacher riesige Welten nur befüllen, indem sie identische Monsterrudel und stupide Sammelaufgaben über das Land streuen. An diesem Spiel aber hat sich ein besessenes Warschauer Studio erkennbar über Jahre kaputtgearbeitet. Das Ergebnis ist ein Meisterwerk für Menschen mit sehr viel Zeit. Jan Bojaryn — »The Witcher 3: Wild Hunt« für PC, PS4, Xbox One (CD Projekt Red / Bandai Namco)


#Kultur #Spiele

Keine Skills am Controller aber La Paloma pfeifen #Kolumne – Carsten Schumacher ist Chefredakteur des Festivalguide und damit eines ganz sicher nicht: ein Stubenhocker. Seine letzten Videospiel-Erfahrungen machte der Konsolen-Legastheniker in grauer Datasetten-Vorzeit. Beste Voraussetzungen also, um ein möglichst objektives Urteil zu fällen. Diesmal: »Assassin’s Creed Chronicles: China«

Illustration: Alexandra Ruppert

Habe ich die Einleitung gerade verquatscht, oder wieso spricht das Spiel schon so vertraut zu mir? Ist ja wie in der Vorlesung, nach fünf Minuten schon den Faden verlieren. Hauptsache, nicht einnicken. Wir befinden uns also im China zur Zeit der Ming-Dynastie. Schön und gut, aber wann fällt endlich der animierte Sack Reis, der mir eben in all seiner Grafikprac t angepriesen wurde? Der Tutorial-Hinweis sagt, dass feindliche Wachen über einen Sichtkegel verfügen. Der Traum jedes Sozialphobikers: Im Supermarkt einfach unter den Wahrnehmungsbereichen der geschwätzigen

Bekanntschaften hindurchrobben. Aber China war im 16. Jahrhundert schon eher trist, wenn dieses Spiel hier recht haben sollte. Was ist denn eigentlich mit den großen Errungenschaften dieser Kultur? Der chinesischen Mauer? Dem iPhone? Ah, immerhin kann ich die Wachen durch gezielte Pfi e ablenken. Auf welcher Taste variiere ich die Halbtöne, um die Feinde mit der Titelmelodie von »Magnum« einzuschüchtern? Die Cel-Shade-Optik kommt ja wirklich ganz hübsch daher, aber trotzdem vermisse ich ein wenig spielerische Freiheit. Das hier spielt sich eher wie eine pazifistische Variante von »Super Mario«. Für das gewaltfreie Umgehen von Gegnern auch noch belohnt werden? Dafür war »Doom« aber nicht 20 Jahre auf dem Index! — »Assassin’s Creed Chronicles: China« für PS4, Xbox One, PC (Ubisoft)

Project CARS

ALLES ANDER S? Hunderte Rennautos, sechzehn mehr oder weniger bekannte Strecken und diverse internationale Automarken, die alle um Aufmerksamkeit buhlen. Auf den ersten Blick könnte »Project CARS« ein ganz normales Rennspiel sein. Und auf den zweiten?

Das britische Entwicklerstudio Slightly Mad hat mit Titeln wie »Need For Speed – Shift« oder der »Test Drive«-Serie längst bewiesen, dass es sein Handwerk versteht. Doch was ist der nächste logische Schritt? Was wäre, wenn ein Studio nicht weniger als die ganze Welt und damit auch die größten Nerds dazu ermunterte, an eben so einem Rennspiel mitzuwirken?

Über eine Crowdfunding-Plattform wurde so nicht nur Geld, sondern auch Branchenexpertise und Unterstützung bei der Programmierung erschlossen, während die Entwicklungsfortschritte wöchentlich online dokumentiert wurden. Fachlichen Input holte sich das Studio darüber hinaus von dem britischen Stuntund Rennfahrer Ben Collins. Das Endergebnis ist tatsächlich beeindruckend und lässt sich auf Grund diverser Updates und geplanter Erweiterungen momentan noch nicht fina bewerten. Vor allem die Wettereffekte und die Nachtfahrten setzen hier neue Standards. In der PS4-Version verleihen Durchsagen aus dem

Controllerlautsprecher »Project CARS« dazu noch ein extrem persönliches Flair. Abseits solcher Details bleibt die Erkenntnis, dass die Idee und Philosophie eines Spiels manchmal eben doch wichtiger sind als das Genre selbst. Gregor Wildermann — »Project CARS« für PC, PS4, Xbox One (Slightly Mad Studios / Bandai Namco)

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#Kultur #Spiele

»GameLoading – Rise Of The Indies«

Unter Entwicklern

Filme über Indie-Games gibt es nie genug. Jetzt kommt eine Doku, die ein breites Publikum anspricht. Jan Bojaryn hat mit den Machern Anna Brady und Lester Francois gesprochen. Es treten sehr viele Leute in eurem Film auf. Wie habt ihr geplant, wer rein soll?

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ie große Doku zum Thema hieß »Indie Game: The Movie« und kam vor drei Jahren raus. Warum brauchen wir jetzt noch eine?

LF: »Indie Game« war ja eher eine tiefe Charakterstudie, die sich auf einige spezielle Menschen konzentrierte. Wir wollten etwas Breiteres machen. »GameLoading« ist ein Schnappschuss der ganzen Gamer- und Entwickler-Landschaft. Und der Film soll auch neue Leute ansprechen. Wir wollen zeigen, wie Spiele sich gerade verändern. Es gibt nicht mehr nur Shooter.

Aber ihr sitzt ja bestimmt auf einem Berg Material. Vielleicht kann man damit noch in die Tiefe gehen?

LF: Ein Jahr lang schieben wir über unser Member’s Bundle noch neue Interviews und LF : W i r h a t - Kurzdokus nach. Sobald Anna über den Jetlag ten schon eine hinweg ist, legt sie los. Wunschliste mit Wenn ihr jahrelang couchsurfend durch Entwicklern, aber Konferenzen getingelt seid, habt ihr ja den die hat sich ständig authentischen Lebensstil eines Indie-Entwicklers erlebt. Wäre das was für euch? geändert. AB: Wir konnten AB: [lacht] Für uns wäre das auf Dauer nicht uns nicht immer auszuhalten. eine Unterkunft LF: Ein paar Entwickler reisen mehr als Pileisten, also haben loten, und das seit Jahren. Das ist Wahnsinn. wir bei Entwick- Da mache ich mir Sorgen um die Gesundheit. lern auf dem Sofa geschlafen und dabei immer wieder neue — »GameLoading – Rise Of The Indies« (USA 2015; R: Anna Brady & Lester Francois; www.gameloading.tv) getroffen. LF: Erst beim Schnitt hat sich dann die endgültige Geschichte des Films herausgeschält. Da mussten wir auch Freunde aus dem Film schneiden, die wir lange begleitet haben. Das hat uns fertiggemacht. Und seid ihr mit dem Ergebnis glücklich?

LF: Die besten Reaktionen kamen bisher von Nicht-Spielern, das hat uns überrascht. Entwickler lernen bei dem Film wohl wenig Neues, die sollten den Film eher mit ihren Familien schauen.

»Nintendo 3D Classics«

EVERGREENS IM POP-UP-FORMAT Nintendo mag in Anbetracht der fortwährenden Blockbuster-Flut aus den konkurrierenden Lagern abgeschlagen sein. Dafür weiß das japanische Traditionsunternehmen, wie Katalogpflege geht. Die »3D Classics« für Nintendos 3DS-Konsole gehören zu den Highlights der liebevoll restaurierten Klassiker-Riege.

Fotos gar nicht wieder, der andere wiederum ist so gut gealtert, dass man sich sofort in seliger Nostalgie wähnt. Letzteres trifft fast immer auf die »3D Classics«-Reihe zu, in deren Zuge regelmäßig neu aufgelegte Kleinode der 16-BitÄra in Nintendos eShop angeboten werden. Egal, ob »OutRun«, »Excitebike«, »Streets Of Rage« oder »Kirby’s Adventures« – die Bei Videospielen verhält es sich manchmal neu aufpolierten Oldies machen vor allem wie mit den Idolen aus vergangenen Jugend- dank des stereoskopen 3D-Effekts der Konsole tagen: Den einen erkennt man auf aktuellen eine extrem gute Figur und fühlen sich an wie

ein spielbares Pop-up-Buch. Während aktuell »Fantasy Zone II« und »Thunder Blade« veröffentlicht wurden, sollen in den kommenden Monaten mit »Streets Of Rage 2«, »Gunstar Heroes« und »Sonic The Hedgehog 2« weitere Titel für die Reihe folgen. Philip Fassing



live Dabei

Moers festivAl AfricA festivAl

splAsh! We love Green villette sonique priMAverA sound

isle of WiGht festivAl

Melt!

hurricAne

WAcken

WeAther festivAl

hellfest les eurockéennes

pAléo festivAl

route du rock

unD iM RePlaY

Dein Festival ist Da, wo Du bist.

arte.tv/festivals


#Life

#Life

Foto: Sandy Kim

Wir wissen nicht, ob wir so langsam grün werden, aber man könnte uns in diesem Ressort einen dezenten Linksdrall attestieren. Nicht weil wir Craft Beer für überbewertet halten oder musikalische Postkarten aus Berlin lieben, aber Headlines wie »Brennende Vorstandsetagen« und »Der Kapitalismus ist pleite«? Was’n da los?

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#Life #Laurie Penny

Laurie Penny über »Unsagbare Dinge«

Brennende Vorstandsetagen Die britische Autorin Laurie Penny kombiniert Nerdkultur mit Feminismus und Kritik am Kapitalismus. Dabei ist sie so glasklar, mitreißend und wütend wie die Hookline deines Lieblingstracks. Mit Liz Weidinger sprach sie über ihr Buch »Unsagbare Dinge« und kommende Science-Fiction-Abenteuer. Foto: Irina Rozovsky


#Life #Laurie Penny

Seit Anfang Mai gibt es von dir nicht mehr nur journalistische Texte zu lesen, sondern auch Science-FictionStorys. Wie kam es dazu?

Ich verbringe viel Zeit damit, Romane zu lesen – ScienceFiction genauso wie Literaturklassiker. In meiner Freizeit gehe ich zu Nerd-Conventions und führe aufgeregte Diskussionen über »Dungeons & Dragons«. Eine Geschichte, die immer wieder erzählt wird, ist die vom weißen Helden, der am Ende das Mädchen bekommt. Auch gut, aber nichts Neues. Dadurch, dass Fantasy und Science-Fiction im Mainstream immer beliebter werden, bekommen auch mehr Frauen, queere Personen und Schwarze die Möglichkeit, ihre Geschichten zu erzählen. Und das sind die Storys, die ich spannend finde und die ich erzählen möchte. Geschichten und Science-Fiction also als Möglichkeit, über eine bessere Gesellschaft nachzudenken?

Ja. Zum Beispiel über die Frage, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, wenn Fortpflanzung und Arbeitsteilung nicht mehr mit Geschlecht zusammenhängen. Verhütung und die Möglichkeit einer medizinisch sicheren Abtreibung haben die Welt in den vergangenen Jahrzehnten radikal verändert. Eigentlich könnte jede Frau mittlerweile also über ihren eigenen Körper bestimmen. Wir sprechen aber immer noch darüber, ob eine Frau das Recht haben sollte, eine Schwangerschaft zu beenden. Ich möchte diese Diskussion überwinden. In deinem Buch »Unsagbare Dinge« analysierst du die Geschichten der Filme »500 Days Of Summer« und »Ruby Sparks«.

Sie haben mich interessiert, weil ich meine Erfahrungen darin wiedererkannte. Ich glaube, in diesen beiden Filmen sind Manic Pixie Dream Girls zu sehen. »Ruby Sparks« ist von der Frau geschrieben, die auch die Hauptrolle spielt, und treibt diese Idee auf die Spitze. In dem Film erschaff und kontrolliert ein männlicher Autor sein Traummädchen tatsächlich durch das Schreiben von Geschichten. Eine schreckliche Szene am Ende des Films zeigt Ruby, wie sie wild durch das Zimmer tanzt und nicht damit aufhö en kann. Richtig gruselig. Das gehört zu deinem großen Kapitel über Liebe. In Popsongs geht es ja in den allermeisten Fällen um die klassische romantische Liebe zwischen einem Mann und einer Frau. Welche anderen Konzepte von Liebe sollten mehr in Songs vorkommen?

In meinem Alltagsleben spielt romantische Liebe keine große Rolle. Ich habe in London mit mindestens zwölf Leuten in einem großen Lagerhaus zusammengewohnt. Viele sind queer, polyamourös und passen nicht in das zweigeschlechtliche Raster. Ich würde mich freuen, wenn die Grenzen zwischen Freundschaft und Liebe im Pop noch mehr verwischen würden. Aus genau diesem Grund bin ich ein großer Fan der Fernsehserie »Orange Is The New Black«. Weil ganz unterschiedliche Beziehungen zwischen Frauen abgebildet sind. Manche sind hauptsächlich sexuell, andere rein platonisch, aber auch oft ziemlich unklar. Das habe ich so noch nicht im Fernsehen gesehen. Viele Leute haben Angst vor Feminismus. Warum?

Ich glaube, »Leute« meint hier vor allem Männer. Frauen haben Angst vor Feminismus, weil sie Angst haben, Männer zu verärgern. Das macht auch Sinn, schließlich hatten Frauen lange Zeit gute Gründe dafür. Das ist aber keine Option für eine radikale Politik. Wenn wir etwas verbessern wollen, sollten wir sagen, was mir meinen, statt es mit Zuckerguss zu überziehen. Feminismus hat

einfach eine Angst einflößende Botschaft: Wir wollen die Gesellschaft verändern. Du sprichst auch von »verlorenen Jungs«. Wer oder was ist damit gemeint?

Besonders für weiße heterosexuelle Jungs ist die Vorstellung einer gerechteren Gesellschaft eine Herausforderung, weil sie aktuell – zum Beispiel durch die Finanzkrise und den Neoliberalismus – sowieso schon weniger Macht haben, als ihnen in den Comics ihrer Teenagerzeit versprochen wurde. Sie sind mit der Erwartung aufgewachsen, immer der Held zu sein. Es ist kein Spaß, jetzt zu hören, dass andere Leute diesen Platz einnehmen sollen und sie eine Nebenrolle bekommen. Du solidarisierst dich mit Queers, Schwarzen, der Arbeiterklasse und sagst Sachen wie: Ich will nicht mehr Frauen auf Vorstandsetagen, sondern brennende Vorstandsetagen. Wie hängt das zusammen?

Das ist ein Bild, eine Metapher. Ich bin kein Fan eines Feminismus, der innerhalb des neoliberalen Kapitalismus stattfindet. Das klassische Beispiel dafür ist Sheryl Sandberg mit ihrem Buch »Lean In«. Dungeons Veränderung soll bei Sandberg aus dem Inne- & Dragons ren jeder individuellen Person kommen. Das Das bekannteste Rollenist ein klassisches neoliberales Argument. Es spiel schlechthin, quasi ein Grundpfeiler der Nerdkulgibt keine Diskussion über Patriarchat, sexu- tur. Es wird mit Stift, Papier elle Gewalt oder strukturelle Diskriminierung. und Würfeln gespielt. Ihre Zielgruppe sind reiche, angehende Karri- Regelwerk und Spielleiter führen durch eine schier erefrauen, und ihr Lösungsvorschlag ist, eine unendliche mittelalterliche bessere Kapitalistin zu werden: härter arbeiten, Abenteuerwelt. mehr Geld verdienen, ein Kindermädchen anstellen und den perfekten Ehemann fi - Manic Pixie den. Das ist überhaupt ihr wichtigster Rat- Dream Girl schlag: Finde den richtigen Partner, der die Das ausgeflip te TraumEntscheidung zu arbeiten unterstützt und bei Elfchen (so die deutsche Übersetzung im Buch) ist der Kindererziehung hilft. Oberste Priorität eine stereotype Rolle für für Frauen hat die Suche nach dem richtigen Mädchen. Eine Vorstellung, Mann. Das ist immer noch der gleiche Rat- wie Mädchen für heterosexuelle männliche Nerds schlag wie vor hundert Jahren. Das halte ich sein können – im Real Life für rückschrittlich. genauso wie im Film. Dabei Etwas Lebenshilfe zum Schluss: Findest du es vertretbar, eine Putzfrau zu haben?

bleiben sie immer in der Nebenrolle. Sie sind kreativ, wild, abenteuerlustig und haben viele schmachtende Zach Braffs ls Verehrer, die gerettet werden wollen.

Na ja, das Putzen gehört zur klassischen Hausund Sorgearbeit, die heute zu einem großen Problem geworden ist. Es ist einfach zu viel Arbeit für nur eine Person, einen Haushalt zu führen und Vollzeit zu arbeiten. Deswegen, denke ich mir, ist es nicht gleich schlecht, jemanden einzustellen, der das Haus sauber macht. Ich glaube aber schon, dass es wichtig ist, die Person fair zu bezahlen, nicht überheblich zu behandeln und über den gesellschaftlichen Kontext nachzudenken, in dem das alles passiert. Schlimm ist, dass Putzkräfte so schlecht verdienen und so viel arbeiten müssen, dass sie keine Zeit für ihre Freunde und ihre Familie haben. — Laurie Penny »Unsagbare Dinge. Sex, Lügen und Revolution« (Edition Nautilus, 288 S., € 16,90)

— Auf Lesereise vom 08. bis 18.06.

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#Life #Reportage #Haus Bartleby


#Life #Reportage #Haus Bartleby

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Reportage: Besuch beim »Haus Bartleby«

»Der Kapitalismus ist pleite« Müssen wir unser gesellschaftliches Leben komplett neu denken? Das »Haus Bartleby – Zentrum für Karriereverweigerung« versteht sich als Lobby gegen das antrainierte Verständnis von Arbeit und möchte in den bisherigen Arbeits- und Gesellschaftsstrukturen als Störfaktor fungieren. Senta Best hat die Gruppe in Berlin getroffen. Fotos: Monika Keiler

E

in Dienstagnachmittag Mitte Mai 2015. Wir befinden uns im Körnerpark in Berlin-Neukölln. Es ist schwül, die Sonne scheint (noch), es weht ein ziemlich kräftiger Wind, der irgendwie nach Endzeitstimmung riecht. Ob das ausschließlich am Wetter liegt? Schon seit Tagen wird vor Sturm, Gewitter und Hagel gewarnt. Später wird sich diese Prophezeiung erfüllen. Doch erst mal suche ich meine Dates – die Herren und Damen vom Haus Bartleby aus Berlin. Im Park tummeln sich etliche Leute, spazieren, lesen oder liegen alleine oder in Gruppen auf der Wiese in der Sonne. Vor der schicken Orangerie im Park finde ich sie dann: zwei Handvoll Menschen, die sich um einen mitgebrachten Tisch mit allerhand Kram tummeln – Büchern, Kerzen, einigen Flaschen Sekt samt Gläsern und Taschen mit der Aufschrift »Kapitalismus funktioniert nicht«. Die Truppe nennt sich »Zentrum für Karriereverweigerung« und plädiert für ein neues Verständnis von Arbeit, für mehr erfülltes Leben ohne ständigen Arbeitszwang. Sie fungiert als Lobby für Menschen, die mit dem bei uns vorherrschenden Verständnis von Arbeit nicht mehr einverstanden sind. Sie stellt Fragen à la »Wofür bezahlen wir Miete in längst abbezahlten Häusern?«, »Für wen arbeiten wir? Und warum ist Arbeit überhaupt so positiv besetzt?«. Sie haben Bücher zum Thema geschrieben mit Titeln wie »Arbeit ist nicht unser Leben« (Alix Faßmann) und »Und, was machst du so? Fröhliche Streitschrift gegen den Arbeitsfetisch« (Dr. Patrick Spät). Bei ein paar Gläsern Sekt spreche ich mit Alix Faßmann, Anselm Lenz, Patrick Spät, Martin Nevoigt und Hendrik Sodenkamp. Um zu erklären, wie das Haus Bartleby zustande gekommen ist, muss dieser Text allerdings zunächst raus aus dem Park und ein wenig früher ansetzen. Alix Faßmann könnte man mit Fug und Recht als (Ex-) Karrierefrau bezeichnen: Super-Abi, Einser-Studienabschluss, ein sicherer Job bei einer Zeitung, später unabhängige Journalistin bei einer Partei. Doch statt zufrieden zu sein mit der vielen interessanten Arbeit, haben die Strukturen sie zuerst desillusioniert – und dann radikalisiert: Sie kündigte ihren Job und haute ab. Mit einem schrottigen Wohnmobil tuckerte sie gen Italien, hier konnte schließlich schon Goethe am besten denken. Sie hoffte auf Antworten,

Die Republik bröckelt

fand aber zunächst nichts als Fragen. Glücklicherweise landete sie in einem Olivenhain und lernte dort Anselm Lenz kennen. Er hatte ähnliche Probleme mit dem Thema Arbeit. Zurück in Deutschland schlossen die beiden sich zusammen und gründeten das Haus Bartleby. Eine Plattform für Diskussionen gegen das antrainierte Verständnis von Arbeit und Karriere. Das Haus Bartleby scheint einen Nerv zu treffen: Der zunächst nur geistige Ort im Bartleby, der Internet (hausbartleby.org) entwickelte sich Schreiber sehr schnell; mittlerweile geht der Newsletter ... ist eine literarische Figur an 2000 Interessierte, im sogenannten Hin- von Herman Melville. Er arbeitet als Kopist in einer terzimmer der Webseite tummeln sich 700 Anwaltskanzlei. IrgendNutzer aus Deutschland, der Schweiz und wann beschließt er, dass Österreich. Hier finden Diskussionen statt, die dröge Arbeit keinen Sinn mehr für ihn ergibt, man tauscht sich aus. Inzwischen gibt es so- und verweigert sich seinem gar einen physischen Ort – ein kleines Büro Chef auf freundliche, aber in Neukölln. Die Runde besteht aus circa 20 bestimmte Weise mit den Worten »I would prefer not festen Mitgliedern diverser Berufsgruppen, da- to«. In der Philosophiegevon könnte man acht als Kernteam bezeichnen. schichte wird Bartleby häuDas Team trifft sich regelmäßig, diskutiert, zu fig zi iert. Derzeit scheint die Geschichte wieder Beginn des Jahres organisierte es eine 8-teilige Konjunktur zu haben. Werksreihe mit geladenen Gästen, darunter Professoren und Wissenschaftler. Vor ein paar Wochen bekam ich Wind vom Haus Bartleby, schrieb eine Mail, erhielt ziemlich schnell eine ziemlich nette Antwort – und nun sitzen wir hier im Park. Alix Faßmann, Martin Nevoigt und Patrick Spät unterhalten sich gerade über ihre Non-Profit Publikation, die im August bei der Edition Nautilus erscheinen wird. Darin sind Beiträge versammelt zum Thema Faulheit und Arbeit von Dirk von Lowtzow, Deichkind, dem Rapper Tapete, Antonia Baum, Professoren, Wissenschaftlern, Yanis Varoufakis, aber auch von Kindern und der Gruppe selbst. Doch zunächst interessieren mich die Ziele des Haus Bartleby. Ihr habt euch den ein wenig rätselhaften Beinamen »Zentrum für Karriereverweigerung« gegeben. Aber einfach nur Karriere verweigern? Ich glaube nicht, dass das euer Ziel ist. Worum genau geht’s euch?

MN: Es geht darum, sich mit der Arbeitsethik oder, wie wir es nennen würden: mit dem Arbeitswahn

I pay the rent to go to work to pay the rent


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#Life #Reportage #Haus Bartleby

Start up a Nation

Die Arbeits­ gesellschaft ist fertig

auseinanderzusetzen. Dieses Thema ist in der Gesellschaft sehr unangetastet und wird in der politischen Landschaft nur marginal verhandelt. Alle sind genervt, weil sie zu viel oder keine Arbeit haben, nehmen es aber als gegeben hin. Das zieht sich durch unser Leben, bestimmt es zum größten Teil. Es geht ständig darum, wie man mehr Arbeitsplätze schafft, es geht um Vollbeschäftigung um jeden Preis. Aber warum? Es geht nie um die Frage, wie wir mit dem bereits erreichten gesellschaftlichen und technologischen Reichtum und Fortschritt die Welt so einrichten, dass wir möglichst bequem und freiheitlich leben können und den Dingen nachgehen, die Spaß machen und das Gute darstellen. Wenn man das der älteren Generation erklärt, heißt es direkt: »Ihr seid faul.« Aber das ist ja Quatsch. Es steckt einfach zu tief in den Köpfen. Uns geht es auch um diesen psychologischen, rein menschlichen Aspekt. Der Club of Rome Dass man damit aufhört, ständig die Schuld ... ist eine Non-Profi bei sich zu suchen, ständig gegen sich selbst Organisation, die aus zu arbeiten und ständig zu denken, ich bin Ökonomen, Wissenschaftschuld, dass ich arm und nicht erfolgreich bin. lern, Industriellen und Das gesamte gesellschaftliche Problem wird Personen des öffentlichen Lebens besteht. Seit 1968 ständig individualisiert und auf den Menschen beschäftigen sich die Mitzurückgeworfen. Das muss aufhö en! glieder mit internationalen PS: Ziel der meisten Arbeit ist doch, dass politischen Fragen. Ziel ist die gemeinsame Sorge und sie erledigt wird, um einen Faulheitszustand Verantwortung der Zukunft herbeizuführen. Die meisten Arbeiten sind ja der Menschheit. nicht so spaßig, dass man sie unbedingt freiwillig macht. Wenn ich Wäsche wasche, will ich, dass die sauber wird, und mache das nicht, weil ich Wäsche waschen will. Trotzdem ist Arbeit bei uns immer noch sehr positiv besetzt, Kritik daran gibt es so gut wie keine. Warum? Kapitalismuskritik ist seit 2008 salonfähig geworden, davor war man gleich Kommunist, wenn man sich dazu geäußert hat. Jetzt ist es okay, wenn man Kapitalismuskritik anbringt, aber Arbeitskritik? Nö. Selbst die Sowjets hatten in ihrer Verfassung stehen: Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen. Und die Einzigen, die immer noch die Fahnen hochgehalten haben, waren kleine Splittergruppen von Anarchos, die gesagt haben: »Arbeit ist scheiße.« Und das war’s. Arbeitskritik ist immer noch ein Thema, das aufregt und das vernachlässigt wird. Obwohl Arbeit unter den derzeitigen Umständen ja wirklich scheiße ist. Natürlich gibt es Arbeit, die notwendig ist und erledigt werden muss, damit eine Gesellschaft funktioniert. Aber statt diese Arbeiten einfach auf verschiedene Schultern zu verteilen und sie zu erledigen, damit man sich dann um die schönen Dinge des Lebens kümmern kann,

Kapitalismus ist pleite haben wir dieses Thema völlig pervertiert. Man wird in der Gesellschaft auf die Arbeit reduziert, das hat nichts mehr mit gutem Leben zu tun, das ist mehr oder weniger das bloße Leben. Und das war nicht immer so. Und wie könnte man diese Zustände ändern?

PS: Das Endziel ist ja klar: Der Kapitalismus muss verschwinden. Aber was danach kommt, kann man nicht am Reißbrett entwerfen. Das muss sich aus der Praxis entwickeln, sonst hat man nachher eine halbgare Lösung, die nicht aufgeht. Da der Kapitalismus von Menschen gemacht wurde, muss er auch von Menschen wieder verabschiedet werden. Im sogenannten Westen werden Dinge heute nicht produziert, weil Menschen Bedürfnisse haben. Häuser werden nicht gebaut, weil Menschen vor der Natur geschützt werden müssen, und Essen wird nicht produziert, weil Menschen hungrig sind, sondern weil sich damit Geld verdienen lässt. Und das ist erst mal das große Falsche, in dem wir leben. Warum geht es nicht vordergründig um die Bedürfnisse der Menschen? Und danach richten wir zum Beispiel unsere Produktion aus oder notwendige Arbeiten? Das wäre eine vernünftige Umgangsform, die den menschlichen Grundbedürfnissen entspricht. Solange das nicht der Fall ist, würde ich behaupten, dass in diesen Verhältnissen Arbeit scheiße ist. AF: Zumal der Deal auch nicht mehr aufgeht. Die Verheißungen, mit denen unsere Elterngeneration noch aufgewachsen sind, haben sich nicht erfüllt: Wohlstand für alle, unbefristete Jobs, Rente. Wir sind abhängig von der Arbeit und können nicht wählen und sagen: »Ich gebe meine Zeit und meine Kompetenz und meine Kraft für diese Sache und bekomme einen Lohn dafür, von dem ich leben kann.« Das alles ist in Auflösung begriffen, wurde ja an vielen Stellen schon aufgelöst. Das Haus Bartleby beschäftigt sich außerdem mit weiteren höchst interessanten Themen wie Miete, bedingungslosem Grundeinkommen – wozu unter den Mitgliedern geteilte Meinungen herrschen –, mit der Eigentumsfrage und mit dem kapitalistischen System. Und da ihrer Meinung nach genau da ein Großteil allen Übels liegt, plant das Haus Bartleby derzeit »Das Kapitalismustribunal«. Seit dem 1. Mai kann jeder auf capitalismtribunal.org/de den Kapitalismus und dessen Protagonisten anklagen und sein Erleben mit der derzeitigen Ökonomie beschreiben. Alle Anklagen sind transparent, werden gebündelt und im November in einem ersten Prozess in Wien vorgetragen. Dazu erklärt Anselm: »Der Kapitalismus ist pleite! Nun geht es uns darum, eine neue Vereinbarung zu finden. Wie könnte die sein? Dazu muss man erst einmal festlegen, wie eine künftige Ökonomie nicht sein darf. Das lässt sich unserer Hoff ung nach durch ein Projekt wie das Kapitalismustribunal herausfinden.« Am Wiener Gerichtshof wird von echten Richtern, Anwälten und Verteidigern innerhalb von sieben Tagen fair und real verhandelt. Dabei nimmt das Haus Bartleby die Position der Organisatoren ein. Unterstützt werden sie vom Club of Rome. Und was bleibt am Ende des Tages, wenn die Zungen trocken- und die Hirne leerdiskutiert wurden? Die sympathischen Bestreiter um das Haus Bartleby haben zwar bisher keine allumfassende Lösung für die längst fällige Revolution gefunden. Aber das ist für sie auch erst mal zweitrangig. Vielmehr geht es darum, sich zusammenzutun, um gemeinsam etwas zu verbessern, ein anderes Bewusstsein zu schaffen und eine Plattform zu bieten. Der Anfang ist gemacht. Passenderweise endet der Tag im Körnerpark mit dem längst überfälligen Sturm samt Hagel und Gewitter. Endzeitstimmung also auch von oben! — hausbartleby.org


MTV Europe × hummel Festival Total, Reflex Total Keine halben Sachen – weder beim Festival noch bei den Schuhen. Gewinne mit MTV und hummel die totale Festival-Experience. Eines ist der hummel Reflex Total mit Sicherheit nicht: kompromissbereit. Weiß, Rot, Blau, Orange und Schwarz. Bei dieser 70er Jahre Vintage Silhouette ziehen sich die fünf exklusiven Colourways von den Laces übers Upper bis zur Midsole, eben total. Diese »Kein halben Sachen« Attitüde und der eklektische Mix aus Nylon, Mesh und Leder machen den Reflex Total zu deinem perfekten partner in crime für die totale Festival-Experience. Deine Farbe, dein Festival, dein Reflex Total. Mit dem Reflex Total bestens ausgestattet schicken dich MTV und hummel zu einem der besten europäischen Festivals. Einfach auf www.hummel.net/Reflex registrieren, deine Lieblingsfarbe auswählen und Daumen gedrückt halten! Wer sich nicht für eine Farbe entscheiden mag, kann sich auch die volle Ladung Reflex Total geben, ab sofort ist der Reflex Total auch im Einzelhandel zu kaufen, zum Beispiel bei SNIPES.



#Life #The Open Stage Berlin

The Open Stage Berlin

Musikalische Postkarten Ob urige Eckkneipe oder Fotoautomat: Die Macher von The Open Stage Berlin drehen Musikvideos an Orten, die den rasanten Wandel der Stadt und ihre vielen Gesichter zeigen. Nach und nach soll die Plattform zur digitalen Chronik der Berliner Musikszene wachsen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Gerade gewannen ihre Macher die von Jack Daniel’s initiierte Förderung »Supporter of the Independent« im Wert von 7.000 Euro. Karola Szopinski begleitete das Team beim Dreh im verlassenen Ballhaus Grünau. Fotos: Paula Winkler

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#Life #The Open Stage Berlin

D

ie hohen Fenster des ehemaligen Festsaals wurden lieblos mit Holzbrettern vernagelt. Das Gelände ist mit einem Bauzaun abgesperrt. Doch der hält weder neugierige Besucher noch das Team von The Open Stage Berlin davon ab, das verlassene Gesellschaftshaus Grünau zu betreten. Zwar verwahrlost der denkmalgeschützte Bau im Südosten Berlins seit über 20 Jahren, doch heute wird er zum Drehort für ein Musikvideo und damit Teil der »ersten interaktiven Chronik der Berliner Musikszene«. Mit dem Projekt wollen Carlos Vargas, Christian Blümel und Mario Cordero Berlin und seine Musikschaffenden durch LiveAufnahmen an ungewöhnlichen Orten dokumentieren: »Wir wollen die Stadt durch ihre Musik zeigen und die Musik durch die Stadt.« Im Ortsteil Grünau stehen diesmal Kyra Garey und Band vor der Kamera. Normalerweise spielt die Sängerin gemeinsam mit Drummer Joe Smith, Gitarrist Alex Kozmidi und Bassist Kurt Rosenwinkel ihren lässigen Mix aus Surf Rock und Blues in kleinen Neuköllner Clubs. »Das hier ist definitiv ein Abenteuer für uns! Es ist toll, Teil eines Projekts zu sein, das Musiker fördert«, sagt Kurt. Als ein paar Bier später Musiker und Instrumente ihren Platz in der Ruine gefunden haben, haucht Kyras rauchige Stimme dem kalten Gemäuer neues Leben ein. Spätestens jetzt wird klar, worum es bei The Open Stage geht: magische Momente wie diesen einzufangen. »Die Videos spiegeln die schnellen Entwicklungen in Berlin wider und machen auf sie aufmerksam. Auch die Musiker kommen teilweise nur für kurze Zeit her. Wir

finden es wichtig, diese Augenblicke festzuhalten«, so Carlos. Teilweise habe man an Locations gedreht, die kurze Zeit später gar nicht mehr existierten. Dadurch, dass die Musikvideos auf der Website nahtlos aneinander anknüpfen, begibt sich der Zuschauer automatisch auf Entdeckungsreise durch Musikgenres und besondere Plätze. Brüche zwischen Song und Drehort seien dabei durchaus erwünscht, erklärt Christian: »Wir haben mit zwei kolumbianischen Flötenspielern im Getränkegroßhandel gedreht. Das fanden wir sehr spannend, weil es fast schon ein politisches Statement ist.« Im Unterschied zu anderen Formaten gehe es um eine authentische Darstellung dessen, was die Stadt hervorbringt. »Wir möchten den Zeitgeist widerspiegeln und Geschichten über die Stadt und die Menschen, die hier leben, erzählen.« Momentan wird das Projekt von Förderungen wie »Supporter of the Independent« getragen und lebt vom Herzblut der Macher. Doch die haben große Pläne, denn The Open Stage soll kontinuierlich wachsen und international werden. Fest steht: Sollte der Ballsaal tatsächlich dem Verfall überlassen werden, wurde ihm heute ein gebührendes Denkmal für die digitale Nachwelt gesetzt. — Alle Videos findet ihr uf theopenstageberlin.de, alle Informationen zu »Supporter of the Independent« auf jackdaniels.de


#Life #First World Problems

First World Problems

Craft Beer

Illustration: Alexandra Ruppert

#Life – Einmal kurz im Leben umgehört, und schnell wird klar: Selbiges ist kein Zuckerschlecken! Da verbrennt man sich erst am teuren Latte Macchiato die Lippen, verpasst dann die Anschlussbahn, weil die Verkehrsbetriebe wieder mal ein nicht nachvollziehbares Problem haben, der iPhone-Akku wird auch immer schneller leer, und außerdem regnet’s. Manchmal ist eben einfach alles zum Heulen – und oft auch ein wenig lächerlich. Boris Fust, Buchautor und Intro-Schreiber erster Stunde, widmet sich einmal im Monat viel diskutierten Problemen, die ihren Namen zu Recht tragen: First World Problems. Irgendwas ist doch immer ... Alt-Schuss. Das ist keine Tastenkombination für »Counterstrike«, sondern eines der schlimmeren Kneipenvergehen. Gerade in diesen Tagen, wenn der Sommer zumindest kalendarisch dräut, ist dergleichen zu beobachten: Menschen mit nicht ganz so gutem Schulabschluss lassen sich Bananensaft ins Weizen schütten, Limetten in den Flaschenhals stopfen oder ein sogenanntes U-Boot (Biermischgetränk mit Proletenwodka) servieren. Nun hat Banausentum eine lange Tradition und ergo seine Berechtigung. Weit dramatischer ist indes der neue Trend aus Amerika zu beurteilen. Er nennt sich »Craft Beer« und ist daran zu erkennen, dass ein Bier in der Kneipe plötzlich so viel kostet wie in einer Tabledance-Bar. Leider gibt es für diese erhebliche Investition kein wirkliches Bier, sondern etwas, das sich beispielsweise »India Pale Ale« nennt, in den Geschmacksnoten an Tod und Verwesung erinnert und dank eines Alkoholgehalts von sieben und mehr Volumenprozent umgehend zur Alkoholvergiftung führt. Teuer und schmeckt nicht – das gilt für viele Sachen (Kaviar, Trüffel, Seegurke) und ist an sich noch kein Problem. Leider verhalten sich Menschen, die ansonsten ganz vernünftige Ansichten haben, unter Craft-Beer-Einfluss wie Weintrinker. Sie üben sich in pseudokultiviertem Angeber-Geschwalle über Spontanvergärung, wilde Hefen, die es nur in der Gegend um Lembeek nahe Brüssel gibt, und Bitterhopfen der Sorte »Nugget« – hier, probier’ mal! Das aber ist ja das Schöne am Bier: Niemand will mal probieren, weil jeder weiß, wie’s schmeckt. Ein gutes Bier zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es darüber nichts zu sagen gibt. Man muss sich nicht über doppelte Verhopfung unterhalten, sondern kann sich echten Gesprächen von Mensch zu Mensch widmen und noch eins und noch eins und noch eins bestellen, ohne anderen Leuten mit exaltierten Genussvorlieben auf den Sack zu gehen und dann in die Hydrokulturpflanze zu kotzen. Ein Bier ist ein Bier ist ein Bier und kein »Brooklyn Lager«. Vielfalt schadet hier nur. Denn der wahre Genuss beim Bier liegt nicht im aufgeregten Hin und Her, sondern in der Monotonie.


Ab 01. Juni 2015 Sommer 2015

#festivalfanatics 4,90€

EINE SONDERAUSGABE VON

Alle Infos über die Saison 2015!

SEX IM ZELT

im Interview

ALLES NUR GESCHÄFT?

Auf der Suche nach Festival-Utopien SELBSTVERSUCH:

Festival als Klomann QUER DURCH EUROPA

Austausch durch Festivals PIMP DIE ÖKO-BILANZ

Besser essen auf Festivals

90 Bands über die geilsten Festivals mit Texten von: Deichkind, Nightwish, Kraftklub, Sven Väth, Tocotronic, Gentleman, Atari Teenage Riot, Papa Roach, K.I.Z., AnnenMayKantereit, The Prodigy, Arcade Fire, Jupiter Jones, Donots, Haftbefehl, Antilopen Gang, Incubus, Mighty Oaks, Nneka, Sleater-Kinney, Turbostaat, Kassierer, H-Blockx u.v.a.

#festivalfanatics


#Style

#Style

Foto: Sandy Kim

Wir waren im Kleiderschrank von Frida Kahlo und für unsere Modestrecke ganz cool – am Pool. Unsere Kolumnistin befin et derweil: Intelligenz ist das coolste Accessoire. Und die junge Dame auf dem Foto scheint diese These bestätigen zu wollen mit ihrem Outfi , lässt sie doch alle weiteren Accessoires einfach weg.

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#Style #Pool

Fotos: Marcus Becker Produktion & Styling: Vanessa Weber, Jenny Weser Models: Jasmin Rohmann, Dennis Enyan

WENN DU ANG ST VOR DER ZUKUNFT HAST, KAUF DIR EINEN POOL

Badeanzug & Ohrringe: Vintage (Stylist’s Own) Delfi : Karstadt

Badehose: Calvin Klein Sonnenbrille: Vans


#Style #Pool

T-Shirt: Fila Badehose: French Connection

T-Shirt: Miami Beach Merch Sonnenbrille: Spangled Haargummi: American Apparel

Bucket Hat: Xenos Bikini-Oberteil: American Apparel Shorts: Adidas Schuhe: Birkenstock

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#Style #Pool

Von links oben nach rechts unten Rucksack: Fj채llr채ven Kurzes Top: Zara Cap: Topman Gymbag: Iriedaily High-Waist Bikini-Hose: H&M Sandalen: Sophie Webster Sonnebrille: Quay Badeshorts: Carhartt WIP T-Shirt: Armedangels Bikini-Oberteil: H&M Haargummi: American Apparel Espadrilles: Lika Mimika


FÜR IMMER JUNG, AUF EWIG COOL: DIE BANDS UND IHRE LIEBSTEN DENIM-OUTFITS FÜRS FESTIVAL

»Das perfekte Festivaloutfit ist eins über das man sich keine Gedanken machen muss. Keep it basic. Bei mir sind‘s meistens Chucks, ne 501 und ein lockeres Shirt das ich knoten oder krempeln kann wenn es warm ist. Wenn man sich gut fühlt sieht man meistens auch gut aus.« Lary

Foto: PR

Foto: Levi‘s®

Foto: Timmy Hargesheimer

Robust, pflegeleicht und bis in alle Ewigkeiten cool: Jeans sind das Must-Have für die Festival-Garderobe. Der blaue Klassiker ist natürlich nicht nur für was für die Festivalfans, sondern auch für die Bands auf der Bühne. Von »Keep it basic« bis ganz viel »Glitter« haben uns ein paar von ihnen ihre liebsten Festivaloutfits verraten.

Ich trage diesen Sommer natürlich meine Levi’s-Jeansjacke. Wir haben mit denen extra eine Jubiläumsedition designt, die es nur 20 Mal gibt. Dazu einen Hut von Stetson und mein zu der Zeit gerade aktuelle Lieblings-Shirt. An den Beinen trage ich Chinos, weil mir Jeans bei meinem Bewegungspensum zu schwer sind. Meine Schuhe sind entweder von Adidas oder Vans. Da wir schon oft im Schlamm gestanden haben, nehme ich vorsichtshalber immer Gummistiefel mit, man weiß ja nie. Da habe ich mich aber nicht auf eine besondere Marke eingeschossen. Hauptsache, sie halten trocken. Arnim, Beatsteaks

Foto: Levi‘s®

»Für Mädchen, Frauen, Girls, Chickens geht in diesem, wie in jedem anderen Jahr zur Festival-Saison auch, der moderne Klassiker: abgeschnittene Jeansshorts. Wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe, lassen sich manche Groupies Unterschriften der von ihnen geliebten Musiker auf die Innenseite ihrer Hosentaschen machen. Mehr Customizing geht kaum. Volle Leidenschaft!« Carl Jakob Haupt, Dandy Diary und B.O.X.E.R.:

Foto: Paul Aidan Perry

Customized Trucker Jacket von Chet Faker


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#Style #Frida Kahlo

Frida Kahlo

D IE INTIMITÄT IN ALLTÄGLICHEM Die Fotoreihe »Frida« zeigt über 300 persönliche Gegenstände der mexikanischen Künstlerin, die nach ihrem Tod noch ganze 50 Jahre unentdeckt blieben. Text: Jenny Weser Ein einzelnes Haar, das noch in der Bürste hängt, der angebrochene Parfumfla on, ein Paar mit Vögeln besetzte Kreolen – Habseligkeiten der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo, die erst 2004, genau 50 Jahre nach ihrem Tod, aus einem kleinen versteckten Badezimmer geborgen wurden. Die japanische Fotografin Ishiuchi Miyako wurde in die Casa Azul, wo Kahlo aufwuchs und starb, nach Mexiko Stadt eingeladen, um die über 300 neu entdeckten Relikte zu dokumentieren. Entstanden ist eine Sammlung von Aufnahmen, die so viel mehr zeigt als ein paar Gebrauchsgegenstände. Frida Kahlos Selbstporträts waren auf oft brutale Weise persönlich, die Fotos ihrer lang versteckten Schätze sind hingegen intim. Mittels

eigentlich Alltäglichem wie Kleidung erzählen sie mit viel Zartheit und Zugänglichkeit von Frida Kahlos Wesen: von Frida, die als stolze Feministin traditionelle Kleider aus Tehuantepec trug, einer matriarchalisch geprägten Region im südlichen Bundesstaat Oaxaca. Hammer und Sichel auf einer Korsage erzählen von Frida, die Mitglied der kommunistischen Partei war und Leo Trotzki während seines politischen Asyls in Mexiko aufnahm. Korsette, Gipse und eine Beinprothese offenbaren den Schmerz, unter dem Frida infolge eines Busunglücks ihr Leben lang litt, aber auch ihren unbezwingbaren Drang, sich auszudrücken: Sie sind übersät von Farbklecksen und bunten Verzierungen, mit denen sich die Künstlerin

die medizinischen Apparate zu eigen machte und sie als Projektionsfläche ihrer Identität nutzte. Für Fotografin Miyako ist »Frida« das erste Projekt außerhalb ihrer Heimat Japan, sie begegnet Frida Kahlos Besitztümern mit viel Präzision und Rücksicht auf Details, die Rückschluss auf Person und gesellschaftliche Umstände zulassen. — Ishiuchi Miyako »Frida« (Michael Hoppen Gallery, London, 14.05.-12.07.15)


Von den Machern von

» Flight of the Conchords «

Alex Bohn sagt

Danke

Illustration: Alexandra Ruppert

In ihrer Kolumne widmet sich Alex Bohn, Modejournalistin aus Berlin, jeden Monat einem Phänomen, das sie dankenswert fin et. Diesmal bedankt sie sich bei Stilratgeber-Autorinnen wie Caroline de Maigret, die zwar viel oberflächl chen Stuss empfehlen, aber eben auch sagen: Bildung ist das trendigste Accessoire der Stunde. Alex Bohn geht jedoch noch einen Schritt weiter als de Maigret und Co., sie empfiehlt: Bücher von Laurie Penny auch tatsächlich lesen und nicht bloß ins Regal stellen! »Dumm fickt gut« ist eine beliebte Floskel. Kein Wunder, schließlich kann man fast jede dröge Dinner-Runde beleben, indem man ihren Wahrheitsgehalt diskutiert. Aber von nun an gelten sowieso ganz andere Regeln, denn seit die StilIkone und ewig jugendlich aussehende 40-jährige Caroline de Maigret im vergangenen Jahr den Ratgeber »How To Be Parisian Wherever You Are« veröffentlicht hat, mag »dumm« so gut ficken wie sonst was, aber sexy und stylish ist nur, wer Grips in der Birne und Bildung uff Tesch hat. Glaubt man Caroline de Maigret, ist der Schritt in Richtung maximale Sexyschläue einfach: Man stelle sich schlicht folgende Bücher ins Regal: »Der Fremde« von Albert Camus, »Elementarteilchen« von Michel Houellebecq, »Die Blumen des Bösen« von Charles Baudelaire und »Bonjour Tristesse« von Françoise Sagan. Außerdem verinnerliche man den Grundsatz, dass »eine Pariserin immer einen guten Grund hat, im Park zu sitzen. Und zwar [...], um ein Buch zu lesen oder dabei gesehen zu werden, wie sie ein Buch liest.« Aha. Sexyschläue besteht also zu einem nicht geringen Teil daraus, so zu tun, als ob, und dabei gesehen zu werden. Warum genau sollten wir Caroline de Maigret noch mal glauben? Weil angeblich die Pariserin Stil und Sexiness so unfassbar lässig und unangestrengt ausstrahlt, dass jede noch so wohloperierte, sonnenverwöhnte, Samba-im-Blut-Brasilianerin oder für ihre höchsten Wangenknochen ins »Guinness Buch der Rekorde« aufgenommene Russin doof neben ihr dastehen. (Von

den Deutschen sei hier nicht die Rede, sie tauchen eh in kaum einem Ranking der sexiesten Frauen auf.) Dass die Pariserin die unangefochtene Kapazität zum Thema ist, hat das ehemalige Topmodel Inès de la Fressange bereits 2011 mit seinem Buch »Pariser Chic« bewiesen, das sich allein in Frankreich mehr als 100.000 Frauen kauften. Liest man ihr Buch und das von Frau de Maigret, so lautet die Formel: Trag, was du willst, solange es schwarz oder dunkelblau ist + Guck immer so aus der Wäsche, als würdest du sinnend in den Sonnenuntergang schauen + Sei imstande, anständige Crêpes zu backen, und wenn du das nicht kannst, häng gefälligst so oft wie möglich im Café Flore ab. Amüsant sind die Tipps der beiden, aber nutzwertig nur, falls man sich in eine Kopie von Sophie Marceau in »La Boom« verwandeln will. Wirklich spannend finde ich hingegen die Empfehlung zu mehr Bildung von Caroline de Maigret. Denn Tipps wie »Verbring deine Mittagspause allein und lies dabei die Zeitung« oder »Sammle die Tickets deiner liebsten Theatervorführungen, Kunstausstellungen sowie Zitate, Gedichte und Ausrisse aus Zeitungen« liest man auf den Ratgeberseiten der gängigen Magazine eher selten. Caroline de Maigret behauptet sogar, die wahre sexyschlaue Französin zeichne »intellektueller Reichtum« aus, nicht etwa ihre Designer-Handtasche oder ihr protziger Schmuck. Das finde ich mal eine Trend-verdächtige Aussage! Nehmt sie ernst! Gründet Buchclubs, statt Gym-Abos abzuschließen! Diskutiert dort Laurie Pennys Buch »Unsagbare Dinge: Sex, Lügen und Revolution« und stellt es euch nicht bloß ins Regal. — »Danke« auch auf fairaporter.com

»Großartig« KulturSPIEGEL

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den r 2 Stun M it ü be at e r ia l Bonusm

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#Review

# Review Spalter

Unsere liebsten Platten

Giorgio Moroder »Déjà Vu«

01 FFS FFS

Sony / VÖ 12.06.15

Giorgio Moroder ist aus der Versenkung zurück, und die PopstarForce steht Schlange, um sich im mythischen Schein des verklärten Elektronik-Altmeisters zu sonnen. Wer das gut macht und wer nicht und ob das überhaupt notgetan hätte, diskutieren die Kollegen dieses Mal überraschend zahm. Frühlingsgefühle?

02 Soak Before We Forgot How To Dream 03 Hudson Mohawke Lantern 04 Jamie xx In Colour 05 Algiers Algiers 06 Hot Chip Why Make Sense?

Noch mehr battle unter: www.intro.de/spezial/spalter

07 Shamir Ratchet

Giorgio Moroder ist ein wahrer Pionier elektronischer Musik: 1977 produzierte er den Donna-Summer-Hit »I Feel Love« und läutete die Ära computerproduzierter Popmusik ein. In den 1980ern folgten atmosphärische Soundtracks zu Filmen wie »Midnight Express« oder »Die unendliche Geschichte«. Danach wurde es still um das aus Südtirol stammende Wunderkind, bis ihm Daft Punk 2013 Tribut zollten. Ihr Song »Giorgio By Moroder« ließ den Altmeister aus seinem Leben erzählen und löste ein Moroder-Revival aus. Nach Festival-Gigs und Remixen für Coldplay und Lady Gaga will der 75-Jährige nun mit einer Comeback-Platte zeigen, dass er den Draht zur JugendkulZugegeben, so wegweisend wie der für tur nicht verloren hat. Wer ihn als Donna Summer produzierte futuristische avantgardistisches Genie verehrt, wird Disco-Klassiker klingt die von Kylie Minogue allerdings enttäuscht: »Déjà Vu« ist gesungene Comeback-Single »Right Here, Reißbrett-Pop im Stil von Avicii und Right Now« nicht gerade. Es ist leider wahr: Das erste Kollegen. Bis auf das Stück »74 Is The Lebenszeichen des 1940 als Hansjörg Moroder geboNew 24«, das mit dem für Moroder renen Südtirolers klingt weder neu noch aufregend. typischen kratzigen Synthie-BassNa und? Der legendäre Disco-Produzent, der im Laufe lauf aufwartet, fehlen der Charme, seiner weit umspannenden Karriere über 150 Goldene die Kauzigkeit und das Visionäre Schallplatten eingesammelt hat, muss sich nichts mehr älterer Produktionen. Stars wie Sia beweisen und verbindet auf seinem ersten Album in 30 oder Kylie Minogue machen das eher Jahren lieber seinen altbewährten Trademark-Sound schlimmer als besser. Wer heimlich mit der aktuellen Crème de la Crème des Popgeschäfts. Jam FM im Auto hört, könnte »Déjà Das gelingt manchmal besser (»Wildstar« mit Foxes) Vu« mögen. Der Rest greife lieber und manchmal eben weniger gut (»Diamonds« mit auf Moroders Back-Katalog zurück. Charli XCX). Überstrahlt werden sämtliche KollaboHanno Stecher rationen jedoch vom Titeltrack »Déjà Vu«, der zu Recht als Single auserkoren wurde und das Zeug zum Sommer-Hit des Jahres hat. Das gemeinsam mit der australischen Sängerin Sia entstandene Stück besitzt sämtliche Insignien aus Moroders Hitfabrik: ein verheißungsvolles Streicher-Intro, einen funky Disco-Beat inklusive »Get Lucky«-Gitarren und eine grandiose Hookline, die man, einmal gehört, tagelang nicht mehr aus dem Ohr bekommt. Der sehnsüchtig erwartete Auftritt beim diesjährigen Melt! Festival kann kommen! Henrik Hamelmann

08 Nocturnal Sunshine Nocturnal Sunshine 09 Gengahr A Dream Outside 10 Rocko Schamoni & L’Orchestre Mirage Die Vergessenen

Eure liebsten Platten 01 Blur The Magic Whip 02 Tocotronic Tocotronic 03 Faith No More Sol Invictus 04 Kendrick Lamar To Pimp A Butterfl 05 Lance Butters Blaow 06 Mumford & Sons Wilder Mind 07 James Bay Chaos And The Calm 08 Deichkind Niveau Weshalb Warum 09 Joris Hoffnun slos hoffnun svoll 10 Kamasi Washington The Epic

Schickt eure Top 10 an charts@intro.de. Alle Einsender nehmen an unseren Ver­losungen teil!

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#Review #Platten vor Gericht

Platten vor Gericht

Intro-Leserinnen und -Leser: Mittippen und via Facebook Juror werden!

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Alabama Shakes Sound & Color

Ash

Blur The Magic Whip Parlophone / Warner

3

Tyler, The Creator Cherry Bomb Columbia / Sony

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Róisín Murphy Hairless Toys

Howling Sacred Ground

Egotronic Egotronic, C’Est Moi! Audiolith / Broken Silence

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The Tallest Man On Earth Dark Bird Is Home

Ø 5,85

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Van Morrison Astral Weeks

Badly Drawn Boy The Hour Of Bewilderbeast

The Rolling Stones Exile On Main Street

John Frusciante Niandra Lades And Usually Just …

Thin Lizzy Live And Dangerous

Nick Cave And The Bad Seeds Abattoir Blues

Public Enemy Fear Of A Black Planet

Wilco Yankee Hotel Foxtrot

David Bowie Ziggy Stardust

Miles Davis Kind Of Blue

The Beatles The White Album

The Band The Band

Brilliant. I think they are phenomenal performers. It’s a band I’d like to see live.

Good to have them back! There are a lot of elements I didn’t hear before on a Blur record.

Quite diverse, I defini ely like the sound. More crazy stuff please, no instrumental songs.

Sounds experimental. She is a modern day diva, great singer, great performer.

7

Wow, cool. I like the bassline. Enjoyable!

They are mixing music with fresh elements. I have no idea what the hell they are singing but I like his voice.

I’m not the biggest new folk fan. »Timothy«, that’s my name. I like that song.

I’ve been a big fan of Alabama Shakes for a long time. Compared to the fi st album it sounds more developed. It’s pretty good.

I really like the guitar work. I expected a more nostalgic comeback, that wasn’t really progressive. But it seems to me, there’s a lot of experimentation going on. When he fi st came out it was particularly shocking. All that stuff just doesn’t do anything for me. It’s a bit boring isn’t it? I don’t wanna hear this nonsense. It’s cool. I love her voice. Really lovely. She’s always been kind of experimental and interesting.

Nice. Very pleasant electronic stuff. The vocal kind of flo ts around and it doesn’t really do anything for me personally. But it’s pleasant. It’s a bit generic. It’s not for me. I don’t mind if I can’t understand the lyrics. It’s more about the rhythm of the vocals. It’s alright but a bit boring. This is like stadium rock. Candles and lighters in the air. It’s not my personal cup of tea.

Dead Oceans / Cargo

8

Best Coast California Nights

6

It’s a good, noisy pop record. I like her singing.

Capitol / Universal

9

Leslie Clio Eureka Vertigo Berlin / Universal

10

Joris Hoffnun slos hoffnun svoll

5

Too obvious pop chorus sometimes. I guess as a pop artist it’s hard to find what really stands out from all the others.

7

Nice melodic music.

Four / Sony

All Time Faves

Simon, Michiel

Ø 5,85

Monkeytown / Counter / Rough Trade

6

Balthazar

Pete, Andy

Ø 6,05

PIAS / Rough Trade

5

I Am Kloot

Ø 6,40

Rough Trade / Beggars / Indigo

2

Ghostpoet

Tim Wheeler

It’s alright. I see what they’re trying to do. It’s kind of rock, punk, hardcore stuff maybe. I like this kind of stuff but I think there are much better examples of it. Very nice, very happy. I’m dying, it’s horrible. This is so safe, so nice. It’s perfect pop.

There’s a lot of singer/ songwriters who are very similar to this in England. And they all sound the same. Really boring. I don’t want to hear it anymore.

A: It’s quite audacious, that singing. P: Proper soulful. Shagging time. This is baby making music! A: It’s brilliant. P: Brilliant dynamics. A: It’s great songwriting. A: They sound a bit more mature. P: It seems like the album is influen ed by the stay in Hong Kong. A: I like it more than anything else I’ve ever heard by Blur. A: I love it. You know what? I’m gonna buy it right now. Fucking brilliant.

P: It’s enthralling in great sound design. I admire how much thought she puts into her work. She’s cool as fuck. A: I’ll buy this. P: It’s very seductive music. A: I’m a big fan of minimalist electronica. I think Germans do it very well. He is keeping it simple and that’s an art. P: Not easy to mix genres this well. A: It sounds fucking cynical. P: For me the music is very generic. There’s no melody in the lyrics. It’s monotone. That kind of stuff is not renowned for it’s musicality. P: His accent is a bit of Scandinavian and a bit of Bob Dylan. A: We all like dark music and lyrics. And he’s got none of them. P: I’m interested what he’s like live. P: I think it dumbs down youth. It sounds formulated and I hate it. A: I used to be into the skater-punk subculture, it was way more cutting edge and risky than this. A: I’ve heard worse. P: The lyrics are very simple and it’s unemotional. It’s like these seats at airports that are specially designed so you can’t sit on them very long. P: It’s a sugary production and everything. I hate it. Singing about Hollywood ... Who gives a fuck about Hollywood? Turn it off. I can’t take it. A: Scheisse!

S: It’s cool. I’ve never heard of it. Soulful. There’s a certain kind of rawness that I really like. I’m definitely gonna listen to it later.

S: Sounds like the ... singer of Blur. It sounds really new. M: It’s cool, I love his voice. S: It’s a different sound. It’s a chill album. But I’m not that convinced. S: This is awesome. M: He’s so cool. S: It’s great. We have a winner!

S: I’m a big fan already. Awesome. It’s really cool. I’ve always been a big fan of Róisín and Moloko. She has a great atmosphere and nice voices. S: It’s nice. M: Good vibe. S: It sounds like a record to listen to at night. M: You should take your time to listen to the whole album.

S: It’s funny to listen to the German language. M: The songs all kind of sound alike. S: It’s hard for me to listen to non-english music. M: It’s not our kind of music. M: It’s so folky and happy. But I think his voice is really cool. S: The accent is interesting.

S: Sounds a little bit like The Pixies. I don’t like it. It’s not something I would listen to. It reminds me of Avril Lavigne.

M: It sounds like a big hit in Germany. S: I don’t like it that much. It’s just taste. M: She does sound like a girl with lots of hits.

S: Is this one of the guys from Tokio Hotel? It reminds me of that band. And I’m not a big fan of Tokio Hotel. M: This could be any band.


#Review #Platten vor Gericht

Olexesh

Duke Special

Vierkant­ tretlager

Alexander Krause

Max, Leif, Christian

Leser

Max Bruns Intro

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Dr. Dre 2001

The Magnetic Fields 69 Love Songs

Talk Talk Laughing Stock

Mac DeMarco 2

David Bowie Ziggy Stardust

Celo & Abdi Hinterhofjargon

Elliott Smith Figure 8

Sting Mercury Falling

Dirty Projectors Swing Lo Magellan

Radiohead Pablo Honey

DMX alle Alben

Ivor Cutler Privilege

The Good, the Bad & the Queen The Good, the Bad …

alt-J An Awesome Wave

The Verve Urban Hymns

Hammer Beat. Find ich gut. Find ich chillig. Die Stimme ist gut, außergewöhnlich. Erinnert mich an The White Stripes. Gute, massentaugliche Produktion. Das erinnert mich an einen russischen Film, der heißt »Brat 2«. Denen gebe ich nur sechs Punkte, weil die sich getrennt haben.

Stimme gefällt mir, erinnert mich an Mos Def. Chillige Beats. Musik ist sehr gut. Vielleicht wär weniger Gesang gut. »Fucking Young« ist ein starkes Thema. Sie ist mehr so spacig und funky. Das ist auch richtig cool. Wenn du in der Disco hacke bist, kommt das bestimmt gut. Hypnotisierend.

Das find ich cool. Geht schon. Ich hör jeden Tag HipHop. Das ist eine gute Abwechslung. Ich würde denen elf Punkte geben. Cooler Sound, die Beats sind geil. »Raven gegen Deutschland« ist das »Purple Haze« von denen. Baba. Find ich richtig gut.

Das ist ein bisschen so wie in einer Handywerbung. Die sind auf jeden Fall schon ganz oben.

Das ist so »American Pie«-Style. Zum Strand laufen, surfen. Ich feier die allein schon, weil die aus Kalifornien kommen.

Locker und frisch zum Chillen. In Kalifornien auf dem Fahrrad cruisen. Das sind so happy Radiolieder, gell?

Er will der nächste Clueso werden. Clueso hat den gefla ht. Haftbefehl hat die Azzlacks hervorgebracht und Clueso halt so was.

I love it. I think »Sound & Color« is a great title because that’s what I’m hearing. It’s really daring to have so much space.

I’m very excited. It’s the fi st time I hear it. Sorry, it’s too hard to judge a Blur record in such a short time.

I don’t listen to a lot of hiphop, but the production of »Cherry Bomb« sounds interesting, like mass distortion. But the other songs are not my kind of subject matter. It’s designed for clubs and extended remixes. The vocals are secondary to the production. Again it’s personal taste.

Mysterious and cinematic. It’s my favorite.

I would like to hear more fucked up, faster songs. But there are no surprises.

It’s weird to hear young people from Sweden sing with a strong American accent, but it’s one reason why people are listening to him. It’s not breaking new ground. It is what it is: 90s American college rock.

I think she has a team which wants to create a big pop star. Sounds very current, like lot of other things to me.

Epic hooks. Sounds intimate with a deep chorus, like big anthems. It’s been done a lot. I would like to come back and hear his next productions.

C: Ich find’s geil. Viele gute Leute fanden das gut. Ich bin jetzt nicht so der Bluesrock-Fanatiker. Den ersten Song fand ich super.

L: Find ich geil. Man denkt es nicht, aber es ist echt gut. M: Damon Albarn ist brillant. C: Er ist echt ein großer Held von uns allen.

C: Geil. Letztens hing ich vor dem Fernseher und hab die Aufnahmen vom splash! gesehen. Es war so geil. HipHop ist so schwierig geil zu machen. C: Ich bin ein großer Fan von Róisín Murphy. Sie klingt älter als auf den Moloko-Sachen. M: Das ist live bestimmt geil.

C: Fühle ich gar nicht. M: Es ist zu hip. C: Es hatten andere schon bessere Ideen, als langweiligen Folk mit öden Techno-Elementen zu verbinden.

C: Wir sind alle große Fans von Audiolith, aber Egotronic sind überhaupt nicht meins. L: Das beruht, glaube ich, auch auf Gegenseitigkeit. L: Es klingt einfach immer alles gleich, was der macht. L: Man hört seine geile Stimme gar nicht. C: Leider langweilig.

C: Dann lieber Skatepunk. Ich fin ’s uninnovativ. L: Es ist schlecht. C: Es ist nicht inspirierend.

C: Der Produzent ist nicht mehr der vom alten Album. Den fand ich als Typen super. Ist relativ gut gemachter Pop. Ich hör mir das zu Hause jetzt nicht an. M: Er benutzt gern große Worte. Ist das ein Glockenbeat? C: Das ist keine Musik. L: Das ist alles Kalkül. Kann ich mir nicht antun. C: BWL-Bachelorarbeit ist das.

Ein Album für den Plattenspieler (als Support vor der Black-Keys-Scheibe auf dem privaten Vinyl-Festival). Zieht mir direkt die Puschen aus. Brauch ich. Bei all der Sensation um das neue Album ist es dann wirklich gar nicht mal so schlecht und Blur mein favorisierter Rahmen für Albarns Stimme. Weiterhin grotesk, obszön und alles, was du nicht sollst. Ich bin fasziniert und erschrocken wie bei einem dreibeinigen Hund — Wolf kann aber mehr. Mal minimal, mal funky und irgendwie spooky das Ganze. Wo will das hin? Ein Fiebertraum; ich bin schweißgebadet.

Artistisch, modern — vielleicht mit Licht- & NebelPerformance in einem fensterlosen Raum ganz schön.

Jetzt endlich mit Gitarre! Als Hamburger und Audiolith-Sympathisant spare ich mir die Frage, ob hier jemand nicht älter werden will. Bleibt, wie ihr seid! Ach komm, bevor ich mich zum Obst mache — sieben Punkte.

Ich hoffe, kalifornische Nächte bieten spannendere Storys und mehr als vier Akkorde auf teurem Equipment.

Eine Fortsetzung! Super catchy und insgesamt ziemlich nah am Debüt. Aber warum auch nicht. Läuft bei dir!

Musterschüler liefert neues Futter für die üblichen verdächtigen Radiostationen. Oder, um es mit den Worten von Kazim Akboga zu sagen: Is’ mir egal.

Schöner R’n’B, vor allem, wenn es lauter und schneller wird. Hört sich nach viel Spaß an.

Britpop kann einfach gar nicht schlecht sein. Auch wenn ich mit Blur selbst nie so richtig warm geworden bin.

Nicht meine Richtung. Die schnulzigen Stücke find ich gut. Insgesamt aber zu viel Schnickschnack für meinen Geschmack.

Könnte genau so gut 20 Jahre alt sein. Früher hätte ich’s besser gefunden. Jetzt ist es mir zu synthetisch.

Teilweise nicht schlecht — dann aber zu viel »Interludes« und Fahrstuhlmusik dabei.

Die NDW-mäßige Rotzigkeit gefällt mir. Könnte noch gitarrenlastiger sein.

Alleinstellungsmerkmal ist die quäkende DylanStimme. Dann aber doch lieber das Original.

Etwas einfallsloser Gitarren-Pop. Am Ende kann ich die Lieder gar nicht auseinanderhalten.

Süße Mädchenstimme. Aber auch keck, irgendwo hat sich ein »Fuck« in einem Songtitel verirrt. Nichts für mich.

Die gepresste Stimme soll wohl Emotionen ausdrücken. Werde aber selbst ganz kurzatmig dabei. Lieber sofort ausmachen.

95


96

#Review Album vereint. Das muss man so auch erst mal hinkriegen. Aber dennoch: Bitte nicht nachmachen. Linus Volkmann

gut ins Ohr, lässt sich mitsingen und wird durch seine Wut zum passenden Soundtrack für die Revolution auf der Straße – was der Band sicherlich sehr recht ist. Julia Brummert

felt incomplete« werden von maßlos übertrieben eingesetzten Streichern unterstützt. Vielleicht hätten Ash einfach »Cocoon« als Single veröffentlichen sollen, und gut wär’s gewesen. Julia Brummert

Algiers Algiers Matador / Beggars / Indigo

Auf seinem Debüt pulverisiert das Trio aus Atlanta die verklärte heile Welt mit einem apokalyptischen Mix aus wüst protestierendem Südstaaten-Gospel und Postpunk. Die Kirchenmauern werden in ihren Grundfesten erschüttert. Algiers sind wütend. Verdammt wütend! Aufgewachsen und sozialisiert in einem Umfeld ständig schwelender Konfli te aus Rassendiskriminierung und staatlichen Übergriffen in den Südstaaten der USA, war das mittlerweile in New York und London lebende Trio schon früh gezwungen, politisch Stellung zu beziehen. Die Botschaft ist klar: Es ist wirklich alles so schlimm, wie es scheint! Textlich wirkt ihr selbstbetiteltes Debüt wie ein marxistisches Manifest von Frontmann Franklin James Fisher, das er in Screamin’-JayHawkins-Manier von der Kanzel schleudert. Einer moralisch und politisch korrumpierten Gesellschaft wird schonungslos der Spiegel vorgehalten, die gutbürgerliche Fassade bröckelt. Entsprechend düster gestaltet sich auch das extrem verdichtete Klangbild. »Irony. Utility. Pretext.« steht stellvertretend für einen atmosphärischen Sound aus dystopischem Industrial, hämmernden EBM-Drums und einem brodelnden Gospel-Backgroundchor. »But She Was Not Flying« basiert auf klassischen HipHop-Beats, während »Black Eunuch« von der Dissonanz eines zentralen Postpunk-Riffs geprägt ist. Das ist schwer verdauliche Kost, aber klar wird: Diesem Neo-Gospel stehen in Zukunft nicht nur die Kirchentüren offen. Wir dürfen die Ohren nicht länger verschließen. Thorsten Streck

Anatopia User Experience Snowhite / Rough Trade

Zwei Globetrottel, die es in eine Beziehung und nach Berlin verschlagen hat. Dazu machen sie fetzigen Electro-Pop für rebellische Starbucks-Besucher. Nichts ist öder als mittelmäßige Platten. Scheitern ohne Scheitern – gähn! »Wie fi dest du unser neues Album?« – »Geht so.« Dieser Umstand kommt bei dem PärchenDuo Anatopia zum Glück nicht zum Tragen. Die liefern so richtig Mist ab. Electro-Pop als #epicfail. Und um das auf so breiter Front zu schaffen, müssen natürlich alle einzelnen Teile zusammenspielen: das Cover mit der nackten Frau, die ein Kleinkind stillt, während Reste eines blauen Fadenvorhangs um beide drapiert wurden, das Bandlogo an der Schwelle zur Realsatire und der fehlerhafte Info-Zettel, der noch voller »xxx«-Vermerke ist. Aber am wichtigsten natürlich: die unsägliche Musik. Nicht mal handwerklich gut gemachte Wohlfühlwaber-Disco. Die Texte sind Kommentare auf die digitale Welt. Getätigt von verliebten Heteros in normativer Zweierbeziehung mit ihren neusten MacBooks, oder was? Dagegen sind Blitzkids mvt. eine gute Band, dagegen hatten Cobra Killer eine erfolgreiche Karriere. Alles, was an Berlin scheiße ist, auf einem

Annabel (Lee) By The Sea ... And Other Solitary Places Ninja Tune / Rough Trade

Ein UK-Duo vermischt ehrenwerte VinylTraditionen von Psych bis Folk zu einem postmodernen und -stilistischen Mixtape. Es passt in mehrerlei Hinsicht perfekt, dass »By The Sea ...« von Annabel (Lee) zumindest im UK anlässlich des Record Store Days herausgegeben wurde – nicht etwa als Re-Release oder exklusives Outtake eines bekannten Songs, sondern als Erstveröffentlichung eines Albums. Denn zum einen stellte ein Plattenhändler aus Soho den Kontakt zum Label Ninja Tune her, und zum anderen klingt die Platte auch wie die Zusammenführung verborgener Schätze eines gut sortierten Secondhand-Plattenladens. Anders als von Ninja Tune gewohnt, stellt hier kein Rhythmus eine Basis dar, sondern eine Mischung aus verwaschen wabernden Psych-Sounds und purem britischen Folk der 1960er. Zusammen mit Experimenten aus klassischer Kammermusik und Jazz, Space-Soundtracks und Sirenengesängen vermittelt das immer wieder den Eindruck von postmodernen Klang-Collagen oder eben einem zügellos gemischten Mixtape mit Material von altem Vinyl. Spuren, die Bands wie Portishead als Samples dienten, dominieren hier ganze Songs. Modernistisch klingt an diesem Album nichts, stattdessen ehren Annabel (Lee) musikalische Traditionen in einer sehr freien Form, die eine warme, nostalgische Atmosphäre aber nur noch verstärkt. Christian Steinbrink

Anti-Flag American Spring Spinefarm / Universal

Solange es einen Grund zur Beschwerde gibt, werden Anti-Flag sich beschweren. Das ist gut so, denn sie erreichen damit viele, viele Menschen. Seit fast 20 Jahren sind Anti-Flag im Geschäft, und die Gründe, sich zu beschweren, ebben nicht ab. Auf »American Spring« geht es wieder um große politische Themen. AntiFlag klagen den Dronen-Krieg der USA an, die fürchterlich fehlgeschlagene Flüchtlingspolitik der Industrienationen, Chancenungleichheit und die Militarisierung der Polizei. Ihre grundsätzliche Forderung schreien sie im Stück »Believer« lauthals raus: »Justice!« Anti-Flag sind schon lange auch kommerziell recht erfolgreich, was zur Folge hat, dass ihre Botschaften ein breites und heterogenes Publikum erreichen. Die Band ist sowohl im Stadion als auch in kleinen Punk-Clubs zu Hause. Dort spielen sie noch immer Konzerte für den guten Zweck, Flüchtlingshilfe zum Beispiel. Anti-Flag ändern ihren Stil auf »American Spring« zwar überhaupt nicht, ihr aggressiver Punkrock geht aber immer noch

The Apache Relay The Apache Relay Membran / Sony

Mit Schellen, Mandolinen und Geigen verbreiten The Apache Relay ein blumiges und orchestrales Gefühl, dem sich sicherlich viele Folk-Freunde hingeben werden. Schon der Opener »Katie Queen Of Tennessee« ist nicht mehr aus dem Gehörgang zu bekommen: ein happy Folk-Song, der Hit-Qualitäten hat und seine Hippie-Jünger mit weit offenen Armen empfängt. Die sanften und einschmeichelnden Songs des selbstbetitelten Albums pendeln zwischen den Eckpfeilern Oasis, Beatles, Mumford & Sons und Arcade Fire hin und her und wecken dabei immer das Gefühl von »Das habe ich doch schon mal gehört«. Es gibt Country-Einflüsse, ein wenig Philadelphia-Soul flie t auch mit ein, das Album plätschert angenehm vor sich hin. Das Cover zeigt passenderweise einen in einen Pool springenden Mann, während ein anderer daneben Gitarre spielt. Der endlose Sommer, er scheint hier möglich. Auch wenn dies alles kaum Anlass zum Meckern gibt, wünscht man sich dennoch ein paar störende Regentropfen in dem folkigen und fluffig Paradies. Der letzte Song des Albums heißt schließlich auch »Happiest Day Of Your Life«, und für den ist The Apache Relays Musik der perfekte Soundtrack. Doch was folgt danach? Ein wenig »Summertime Sadness« hätte nicht geschadet. Kerstin Kratochwill

Barbarossa Imager Memphis Industries / Indigo

Barbarossa gestaltet seinen Abschied vom Folk zur elektronischen Arbeitsweise so gekonnt, als hätte es diese Vergangenheit gar nicht gegeben. Recherchen können überraschende Ergebnisse zutage fördern. Wer hätte angesichts des elektronischen Stils von »Imager« schon gedacht, dass James Mathé alias Barbarossa ursprünglich aus der Folk-Szene um King Creosote, Junip und Johnny Flynn stammt und dort jahrelang mitgewirkt hat? Das Album selbst gibt darauf jedenfalls keinen Hinweis, denn Mathé hat sich fast vollständig von analogen Klangerzeugern verabschiedet. Der einzige nichtelektronische Sound auf »Imager« ist sein Gesang, und selbst den pitcht er lustvoll in immer neue Höhen. Auch den Aufbau seiner Songs hat er angepasst: Ganz im Sinne elektronischer Clubmusik versucht der Londoner, die Stücke über wiederkehrende, aufgeschichtete und leicht variierte Repetitionen sachte und behutsam aufzubauen. Das gelingt ihm zumeist, indem er seine eigene Version des tanzbaren R’n’B von S O H N oder Jamie Woon zusammenschustert. Dazu noch ein paar treibende Beats und ein leichter 1980er-Pop-Einschlag – und der Umzug vom Lagerfeuer auf die Tanzfl che ist geglückt. Marius Wurth

Ash Kablammo!

Bernard + Edith Jem

Earmusic / Edel

Bella Union / Coop / PIAS / Rough Trade

Ach, das ist gar kein Re-Release eines 1990er-Albums von Ash? Es klingt aber sehr danach. Vielleicht soll der unschöne Albumtitel »Kablammo!« auf eine Rückkehr mit Knall hinweisen. Ash sind wieder da, oder eher: Ash sind wieder auf Albumlänge da. Ganz zukunftsweisend wollte die Band eigentlich nur noch einzelne Singles veröffentlichen und keine Alben mehr. Nach acht Jahren hatten Ash dann aber einfach wieder Bock auf ein Album, und es wäre schön gewesen, wenn sie ebenso Bock auf ein paar neue Ideen gehabt hätten. Ash schreiben weiterhin hübsche, eingängige Power-Pop-Songs, in etwa genau wie damals, 1997. Es geht mit »Cocoon« gut los, bleibt erst mal eingängig und gut bei »Machinery«, wird dann aber Stück für Stück immer belangloser. Und kitschiger! Mit »Bring Back The Summer« fordern Ash, nun ja, den Sommer zurück. Kann man ja verstehen, dass man den vermisst. Was »Kablammo!« aber noch mehr als den Sommer vermissen lässt, ist Tiefgang. Ein wenig zumindest. Mit »Bring Back The Summer« haben sie den Höhepunkt des Kitsches noch nicht mal erreicht, den knacken sie mit »For Eternity«. Was ist denn da bloß los? Zeilen wie »For eternity I

Die elektronische Popmusik des Duos aus Manchester wandelt auf ausgetretenen Forstwegen. Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren: Das Electro-Pop-Duo Bernard + Edith geht zum Lachen in den Keller und zum Musizieren in den Wald. Das Gefühl bekommt man angesichts von »Jem« jedenfalls recht schnell. Sein düster verschnörkelter Sound ist nicht ganz neu, The Knife und Zola Jesus haben ähnliche Dickichte bereits erkundet. Das Debüt der beiden Jugendfreunde Greta Carroll und Nick Delap (der Bandname besteht aus den jeweils zweiten Vornamen der beiden) ist trotz einiger gewollter Dissonanzen allerdings eher unheimlich als wahrlich verstörend – mehr »Akte X« als »Eraserhead«, sozusagen. Der massive Blockbuster-SynthiePop von einer Band wie Chvrches ist weit weg, das Albtraumhafte von Fever Ray aber eben auch. Der Verzicht auf Extreme ist nun kein Qualität minderndes Merkmal. Das meist unerhebliche Songwriting, das von weitaus inspirierteren Klangspielereien in Szene gesetzt wird, allerdings schon. Wer Attribute wie »kompetent« und »geschmackvoll« als Kaufempfehlung auffasst, greife da gerne zu. Michael Weiland


#Review nichts, aber auch wirklich gar nichts, woran sich der Hörer irgendwie reiben könnte, was ihn ins Straucheln bringt oder ihm gar vor den Kopf stößt. Kurz: »Powers Of Ten« fühlt sich wie der Weg des geringsten Widerstandes an. Souverän beschritten, aber auch weit davon entfernt, wozu Techno eigentlich imstande ist. Philip Fassing

Birdpen In The Company Of Imaginary Friends Jar / Rough Trade

Wer trotz ihres riesigen Outputs immer noch nicht genug von Archive hat, kann bei Birdpen fündig werden, denn dieses Seitenprojekt ist in Stimmung und Ambition durchaus vergleichbar. Fans von Archive wissen schon lange um die Rastlosigkeit ihrer Lieblingsband. Denn die hält sich jetzt schon 20 Jahre, also genauso lange wie die Band selbst, wurde in jüngster Zeit immer schlimmer und äußert sich auch darin, dass immer wieder neue, unerwartete stilistische Wege eingeschlagen werden. Besonders interessant ist dabei das Zusammenspiel von dem Zwang zum Output und einer offensichtlichen Fokussierung auf die eigene Musik, ob nun im Studio oder auf der Bühne. Angesichts dieser Arbeitswut verwundert es nicht, dass sich Gitarrist Dave Pen schon seit über zehn Jahren Birdpen als Zweitband hält, die in ihrer Konzentration und stilistischen Unvorhersehbarkeit ganz ähnlich wirkt. Zwar klingt deren drittes Album »In The Company Of Imaginary Friends« softer, harte Gitarren fehlen völlig, aber die starke herausgestellte Atmosphäre von dunkler Gedankenverlorenheit ist durchaus vergleichbar. Aufsehenerregende Elemente besitzt das Album erwartungsgemäß nicht, stattdessen schaffen Birdpen eine Stimmung von voll umfassendem, zeitweise etwas theatralischem Shoegazing, das manchmal in Richtung eines elektrifizierten Chris Isaak, manchmal in Richtung Sigur Rós schielt: Hier gibt es keine Hits, dafür aber Musik, die versucht, Emotionen mit abstrakter Wahrheit auszumalen. Henrik Hamelmann

Stephan Bodzin Powers Of Ten Herzblut / Kontor / Rough Trade / VÖ 05.06.15

Keine Frage: Stephan Bodzin versteht es, einen Synthesizer zum Sprechen zu bringen. Schleift man aber so lange an Ecken und Kanten wie der Bremer TechnoVeteran, dann erweckt auch das versierteste Handwerk nichts mehr zum Leben. Unbezahlte Stromrechnungen, abstürzende Software, empfindliche Nachbarn – es gibt eine ganze Reihe von Widrigkeiten, die Produzenten von elektronischer Musik ernsthaft zusetzen können. Manchmal ist es aber auch einfach nur die Zeit, über die man stolpern kann, denn nichts stellt die Nachhaltigkeit einer Vision mehr auf die Probe als das Ticken der Uhr. So kommt man auch in Anbetracht von Stephan Bodzins jüngstem Album nicht umhin, einen gewissen Verschleiß festzustellen. Denn was »Power Of Ten« zu bieten hat, ist zumindest aus heutiger Perspektive Techno in seiner konservativsten Machart. Und konservativ meint hier leider nicht in der Tradition von Detroit oder Chicago stehend, sondern schlichtweg auserzählt. Bodzin agiert technisch zwar gewohnt virtuos – dafür geht den zehn Titeln allerdings auch jegliche Art von Haltung ab. Dieses Album bietet

Spektakel Tyondai Braxton Hive1 Nonesuch / Warner

Brainfuck! Das ehemalige Battles-Mitglied knüpft da an, wo es selbst seiner Ex-Band zu freaky wird. Tyondai Braxtons Motivation liegt darin, einen intuitiven Zugang zu elektronischer Musik zu fi den. Nur so könne sich ihr volles Potenzial entfalten. Beeinflusst wird er dabei von ikonischen Außenseitern der Musikgeschichte wie Edgar Varèse, Iannis Xenakis und dem kultisch verehrten Karlheinz Stockhausen. Wie seine experimentellen Vorbilder verabschiedet sich das ehemalige BattlesMitglied auf »Hive1« von gängigen Hörgewohnheiten und den damit verbundenen Genre-Zuweisungen. Er experimentiert mit modularen Synthies und perkussiven Elementen, die er mithilfe von Sequenzern und niederfrequenten Oszillatoren manipuliert. Daraus entstehen Texturen, die völlig kontextlos sind und mit einer neuen Semantik belegt werden. Das klingt nicht nur beim ersten Hördurchlauf ziemlich freakig, sondern mindestens auch beim zweiten und dritten. Aber durchhalten: Nach ein paar Durchläufen gibt »Hive1« mehr von seinem abstrakten Zauber preis. Leider fehlt ein wenig die visuelle Komponente, denn erdacht wurde »Hive1« als Multimedia-Installation mit verschiedenen Musikern und einem fancy LED-Konzept. Holger Wendt

Chungking Defender

FFS FFS

Domino / GoodToGo / VÖ 05.06.15

Vielfach gebrochener Prog-Pop ohne Rock und Bombast von Franz Ferdinand und den 1970er-Glamhelden Sparks: eine nahezu perfekte Verbindung.

Wenn die eigene Identität nur noch Wiederholung und Langeweile hervorbringt, sucht man sich eine zweite, uneigene. Franz Ferdinand, Indie-Rocker aus Routine, und die legendären Sparks, Helium-Popper und zu 50% passionierte Schnurrbartträger, praktizieren auf ihrem ersten gemeinsamen Album produktive Schizophrenie, und das Ergebnis klingt ganz hervorragend. Beide Bands sind bereits seit Jahren gegenseitige Bewunderer, sodass diese Zusammenarbeit nicht so ungewöhnlich ist, wie sie zunächst scheinen mag. Das Überdrehte, Maßlose und Glamouröse, das Sparks seit ihren Anfangstagen in den 1970ern charakterisiert, bricht sich auf gewinnbringende Weise an der bodenständigeren Indie-Sensibilität von Franz Ferdinand. Beide Bands profit eren voneinander, indem sie einen Teil dessen aufgeben, was sie ausmacht. Auf diese Weise weicht die feste Band-Identität zugunsten größerer Durchlässigkeit auf, was ein maximales Maß an künstlerischem Austausch garantiert. Das ironische »Collaborations Don’t Work« ist ein Glanzlicht des performativen Widerspruchs, beweist die Qualität des Albums doch das Gegenteil dessen, was der Songtitel behauptet. Musikalisch eine Oper in Zeitraffer, hangelt sich das Stück durch alle möglichen Stile, ist aber trotzdem pointiert und nachvollziehbar. Überhaupt ist das Songwriting vom Feinsten. Songs wie das an SloMo-Disco erinnernde »Things I Won’t Get« und das zickig-zackige »Police Encounters« haben sogar das Zeug zu persönlichen Hits. Sowieso die Texte: Unwahrscheinlich, dass man dieses Jahr cleverere, doppelbödigere Wortschöpfungen als diese hören wird. Mario Lasar

Black Volta / Rough Trade

»Defender« liefert frankophilen ElectroPop, der auf Zucker-Synthies und Säuselgesang angeschwemmt wird. Nichts für schlecht gelaunte Diabetiker, aber etwas für Menschen, die es gerne auch mal schön haben. Auf den Fahnen Chungkings steht zweifelsohne Pop. Pop, der teils so zeitlos wirkt wie eine Ur-Idee des Genres. Solche Songs hört man sonst bei Connaisseuren wie Air, Kings Of Convenience oder Röyksopp. Acht lange Jahre ist es nun her, dass das Trio ein Album veröffentlicht hat. Mit »Defender« wagt es sicherlich kein Experiment, sondern zeigt, wie gut es im Fahrwasser des Electro-Pop mitschwimmen kann. Sanfte Synthies, wattierter Hauchgesang, der immer ein bisschen sexy ins Ohr säuselt wie in »Can I Get Your Love«, und sauber strukturierte Produktionen. Den Stücken wohnt stets der französische Pop-Geist inne, es klingt nach klebrigen Lollis, naiver Jugendlichkeit und Knutschen. Sofort fühlt sich man an Télépopmusik, Air oder gar »La Boum« erinnert. Wie »The Odyssey Part 1«, wo spacige Synthesizer

den Gesang untermalen und im Hintergrund das Tambourin scheppert. Das Album ist ein geschickter Hybrid aus handgemacht und maschinengetrieben. Eine Platte für Menschen, die superviel Zuckerwatte essen können, ohne dass ihnen dabei schlecht wird. Konstantin Maier

Bruce Brubaker Glass Piano Infiné / ough Trade

Bruce Brubaker ringt den unbehauenen Originalen von Philip Glass neue Formen ab. Der Pianist wird zum Skulpteur. Philip Glass stellt in seiner Musik die Idee in den Vordergrund – nicht die Ausführung. Der Wegbereiter der Minimal Music ist vor allem für seine sparsamen Klavierstücke berühmt: Die flie enden, repetitiven Kompositionen mit ihren typischen Zwei-TonArpeggien sind unmittelbar wiedererkennbar und darum leicht zu parodieren – das spricht für ihre Einzigartigkeit. Technisch ist Glass nicht der beschlagenste Pianist, ein Umstand, den der 78-Jährige nie verhehlte, schließlich ist Virtuosität für seine konzeptgesteuerte Kunst vergleichsweise auch unerheblich. Was passiert nun also, wenn man die Notenblätter einem Könner gibt? Bruce Brubaker, Absolvent der New Yorker Juilliard School, sollte für das Label Infiné ursprünglich Glass’ Stücke remixen. Im Laufe der Beschäftigung mit dem

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#Review Material begriff der Pianist aber, dass er zu den Stücken eine Menge Musikalisches zu sagen hätte, ohne dafür auch nur eine Note zu verändern. Herzstück der Aufnahme sind Glass’ »Metamorphoses« – Musik, die immerhin so außerweltlich klingt, dass sie in der Sci-Fi-Serie »Battlestar Galactica« eine tragende Rolle spielte. Wo Glass barsch Tasten drückt, pfl gt Brubaker Dynamik und variables Tempo ein. Oder anders: Der eine liest vor, der andere rezitiert – »mit Betonung«, wie Harry Rowohlt sagen würde. Brubakers Ausführung ist »besser«, was immer das heißt. Aber macht das die Idee dahinter deutlicher? Vielleicht nicht. Die brutale, schmucklose Form der Originale lenkt den Blick, diese Neuaufnahme lässt ihn abschweifen. Michael Weiland

Delta Sleep Twin Galaxies Big Scary Monsters / Al!ve

Platten, die einen mit ihrem Ideenreichtum kalt erwischen, sind was Tolles. Vier Jungs aus Brighton drücken dem Hörer eine echte Wundertüte aufs Auge. Wir wollen ja alle immer gerne neue Bands entdecken, die sich an jedem Schubladendenken vorbeischlängeln. Die dabei zwar hier und da für ein »klingt wie«-Gefühl sorgen, den Hörer aber nur Sekunden später wieder überraschen und jegliche Einordnung ad absurdum führen. Das Debüt von Delta Sleep kann uns das geben: Die schillernd schönen Melodien und die gelegentlich eingesetzte dezente Elektronik erinnern an Radiohead, die zupackenden Rhythmen mit ihren vertrackten Breaks an At The Drive-In, für die aber wiederum der Gesang, der häufig auch Geschrei ist, nicht genug Wut mitbringt. Das Quartett lebt vor allem von seiner Spielfreude und möchte gar keinen Helden nacheifern, und wenn vielleicht doch, dann wenigstens bitte allen gleichzeitig. Jazzige Passagen bereichern Stücke wie »21 Letters«, die nahe am verträumten Postrock vergessener Bands wie Tristeza entlangkuscheln, bevor plötzlich ein Riff-Gewitter ausbricht und es treibende Drums hagelt. »Twin Galaxies« bietet nichts Erwartbares, sodass es einen Heidenspaß macht, sich damit abzugeben. Kristof Beuthner

Dave DK Val Maira Kompakt / Rough Trade

Über Dave DKs zweites Album, sein erstes auf Kompakt, lässt sich eigentlich nichts sagen. Es lässt sich höchstens darüber spekulieren, warum das so ist. Manchmal muss man auf die Metaebene wechseln. Insbesondere dann, wenn die Sprache versagt und nur noch das Sprechen über das Sprechen oder über die Sprachlosigkeit bleibt. Also erst mal das Sprechen: Kompakt sagt, dass »Val Maira« das perfekte Kompakt-Album ist, das Kompakt bisher nur nie gemacht hat. Es ist eine Zusammenfassung all dessen, was das Label ausmacht. Quasi »eine Emulation«. Die eigene Sprachlosigkeit nun könnte mit ebendieser Zuschreibung zusammenhängen – so steht zumindest zu vermuten. Denn das Album ist weder gut noch schlecht, weder spannend noch langweilig, weder laut noch leise, neu oder bekannt, eigen oder generisch. Es ist all dies und damit nichts davon. Die Bemerkenswertlosigkeit (Was kein Wort ist, aber hier geht es um das Versagen von Sprache, klaro?) ist bemerkenswert, die Maßhaltigkeit maßlos, die Durchschnittlichkeit aus dem Rahmen fallend und damit schon wieder nicht mehr durchschnittlich. Es ist nicht Minimal, nicht Deep, nicht Instrumental, nicht Straight, nicht Ambient – aber zumindest ist es mit einiger Sicherheit House. Was bleibt? »Val Maira« ist Musik, elektronische und durchgängig hörbare und buchstäblich unbeschreiblich. Henje Richter

O.D. Davey Catgut Tape Tomlab / Indigo

Britischer Future-Folk, der süßliches Songwriting in einen skelettierten elektroakustischen Sound einbettet. Vor etwa zehn Jahren erschien eine Compilation namens »Future Folk«, die Bands wie The Books, Animal Collective und Caribou zusammenfasste. Auf diesem Album hätte man sich auch gut O.D. Davey vorstellen können, scheint er doch für die Liaison von Folk und Electronica zu stehen, die die Compilation als Trend durchsetzen wollte. Obwohl die Musik Daveys nicht entschieden unzugänglich klingt, bemüht sie sich doch, die ansatzweise süßlichen Melodien mit einem spröden Rahmen zu konfrontieren. Das Klangspektrum ist extrem höhenlastig, Bässe fehlen völlig. Glockenspielartige Sounds und ein abgerüsteter Beat aus der Keksdose sind zentral, sporadisch werden dezente Störgeräusche eingewoben. Die Musik erscheint ungeerdet und leicht, aber nicht abgehoben. Man bekommt den Eindruck, Davey lege es durch seinen vernuschelten Gesang darauf an, nicht wirklich

verstanden werden zu wollen. Er singt so, als würde ihn jede Art der Expressivität große Mühe kosten. Das »Catgut Tape« stilisiert Schüchternheit so zu einem künstlerischen Konzept, das nicht ganz aufgeht. Beeindruckend ist die Musik nur dann, wenn sie auf subtile Weise Wagnisse eingeht, etwa in Form dubbiger Effekte (»Essex«), die in diesem Kontext neu und erfrischend wirken. Mario Lasar

Ferris MC Glück ohne Scherben Warner

Einst der »Freak« des deutschen HipHop, dann lange Zeit abgemeldet vom Game, mittlerweile markante Stimme bei Deichkind. Ferris MC versucht es nun mal wieder solo. Ob es hinhaut? Vor ein paar Jahren war die Rap-Karriere von Ferris MC, ähnlich wie jene von anderen Altvorderen wie Das Bo, auf dem Standstreifen zum Stehen gekommen. Benzin alle. Ihr rotziger Hamburg-City-Style hatte seine Zeit gehabt, neben überspannten Gangstern und den empfindsamen CasperClones fand sich kein Platz mehr für ihr Checker-Gehubere. Doch Das Bo reizte seinen Fame via Drittanbieter (Werbung und Jurorenschaft bei »Star Search«) noch mal so weit aus, dass eine Plattenfi ma ihm ein weiteres Comeback-Album zutraute. Flop. Nun schickt sich Ferris MC an, einen ähnlichen Weg zu beschreiten. Mittlerweile hat er sich als Mitglied der Larger-than-life-Partytruppe Deichkind etabliert – und die füllen Hallen. Da könnte doch solo auch noch mal was bei ihm gehen. Schwierig. Das System Deichkind beruht trotz Ferris’ kenntlicher Gesichtszüge auf etwas zutiefst Nonpersonalem, allein schon die maskierenden Dreiecksköpfe. Ob aus dieser Richtung wirklich genug Rückenwind kommen wird? Die Platte selbst ahnt zumindest ihre prekäre Ausgangslage und bietet daher gleich mal alles Mögliche an. Kaum eine Spielart der letzten 20 Jahre im deutschen Sprechgesang, die nicht auftaucht. Reggae, genau, Reggae fehlt vielleicht noch. Ansonsten probiert Ferris alles: Storytelling, klassischen 1990er-Ami-HipHop-Style, Crossover, Disco, Deichkind. Das kann man vielseitig und witzig finde , wirkt aber, wenn man ehrlich ist, auch nach Trial & Error unter der Voraussetzung von Verzweiflun . Doch wer mit Schrot feuert, trifft meistens auch irgendwas – und so finde ich in »Kill Kill Kill Kill«, dem Stück mit Eko Fresh, dann doch auch meinen Hit. Bei anderen wird’s ein anderer sein, leer geht hier wohl niemand aus. So muss man für den ungebeugten Dino am Ende der zerfahrenen Platte doch noch Props geben. Aber reichen wird das vermutlich nicht. Linus Volkmann

Brandt Brauer Frick Ensemble koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Sonntag 06.09.2015 20:00

Foto: Sonja Werner

98


Death N.E.W. Drag City / Rough Trade

Nach einer umfangreichen Auswertung des Frühwerks trauen sich die Proto-Punkrocker Death nun, neue Songs zu veröffentlichen. Das Wagnis macht sich bezahlt. Vor gut einem Jahr hatte Intro-Redaktionskollege Wolfgang Frömberg die Gelegenheit zu einer Geschichtsreise: In Paris traf er die Band Death zum Interview, die afroamerikanische Proto-Punk-Band aus Detroit, die wenige Jahre zuvor nach über drei Dekaden – angetrieben durch eine TV-Dokumentation – wiederentdeckt worden war. Das Trio erzählte ihm seine Geschichte (nachzulesen auf intro.de), und diese hat das Zeug zu einem hübschen subkulturellen Biopic aus Hollywoods Traumwerkstätten. Was die Mythenbildung behindern könnte, ist die Tatsache, dass die Band seitdem wieder recht agil ist. Sie spielt Konzerte, Drag City veröffentlichte alte Stücke neu und nun auch ein Album namens »N.E.W.«, das zumindest einen Anteil neuer Songs enthält. Glücklicherweise entlarvt das Album die Band nicht als faules Ei: Die Songs strahlen die Energie eines ungeschliffenen Rock’n’Roll aus, den man Punk hätte nennen können, wäre der Begriff Mitte der 1970er in den USA außerhalb New Yorks schon durchgesetzt gewesen. Die zehn Songs auf »N.E.W.« wären seinerzeit als sicher nicht schlechter als die Stooges oder MC5 durchgegangen, vielleicht sogar als energetischer und schmissiger. Natürlich können Death die Unbekümmertheit ihrer Jugend nicht mehr imitieren, sie schreiben aber Songs, die den frühen Ramones zur Ehre gereicht hätten. Wer diese Zeit wiederbeleben möchte, findet hier den passenden oundtrack. Christian Steinbrink

Diverse Too Slow To Disco Vol. 2 How Do You Are? / Rough Trade / VÖ 12.06.15

Auf dem schönen zweiten Teil der Compilation »Too Slow To Disco« lässt der Berliner DJ Marcus Liesenfeld wieder den einst verpönten Softrock der 1970er aufle en. Nachdem sich zuletzt immer mehr aktuelle Pop-Acts wie Haim, Metronomy oder Poolside erfolgreich beim schwelgerischen US-Westküsten-Sound der späten 1970er bedienten, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis jemand die Pioniere jener Ära aus der Versenkung holen und für eine breitere Masse rehabilitieren würde. Vor einem Jahr machte sich Marcus Liesenfeld mit dem ersten Teil seiner Compilation-Reihe »Too Slow To Disco« genau daran: Der auf einem eigens dafür gegründeten Label erschienene Sampler bestach durch eine exquisite Song-Auswahl, die zwischen Yacht-Pop und AOR-Disco alles abdeckte, was das Softrock-Herz höher schlagen ließ. Auch die Fortsetzung dieser vorbildlich zusammengestellten Compilation lässt keine Wünsche offen. Neben bekannteren Interpreten wie Hall & Oates (hier mit einem Track mit Letzterem als Leadsänger vertreten) finden sich darauf auch längst in Vergessenheit geratene Eintagsfli gen und Genre-Perlen wie der zu früh verstorbene Jimmy Gray Hall. Der bei einem Banküberfall erschossene US-Sänger galt seinerzeit als großes Nachwuchstalent, geriet drogenbedingt jedoch auf die schiefe Bahn. Sein auf Platte gepresstes musikalisches Erbe umfasst gerade mal vier Songs, wovon es der vielleicht schönste (»Be That Way«) neu gemastert auf die Compilation geschafft hat. Katja Peglow

DJ Koze DJ-Kicks !K7 / Al!ve / VÖ 12.06.15

Das Label !K7 hat mit DJ Koze einen ausgemachten SoundVagabunden ins Plattenarchiv geschickt, um dort seine persönlichen Perlen für die 50. »DJ-Kicks« auszugraben. Eine traumhafte Liaison. 2013 gab es wohl kein Album elektronischer Klangfarbe, auf dessen Klasse sich eine geschmacklich so breit gefächerte Hörerschaft einigen konnte, wie DJ Kozes »Amygdala«. Nun also mixt der Hamburger auf dem Höhepunkt seines Schaffens die Jubiläumsausgabe der in 20 Jahren zur Institution gereiften »DJ-Kicks«-Reihe, für die !K7 einst Wohnzimmertauglichkeit als einzige Regel ausrief. Beinahe alles auf Nummer 50 pendelt irgendwo zwischen Metawitz und aufrichtiger Liebeserklärung an Kozes Einflüsse. An zentraler Stelle murmelt sich William Shatner im tragikomischen »It Hasn’t Happened Yet« durch die Midlife-Crisis – nur einer von vielen freundschaftlichen Hieben in die eigene Seite. DJ Koze legt eine fantastische, gelöste Auswahl vor, die ihn erneut als Meister der verschrobenen Zitate und zeitlosen Arrangements zeigt. Erstaunlich lange bewegt er sich dabei fernab jedes Beats. Einer, der sich selbst nie zu ernst nahm, erinnert somit auch an die wohl größte Errungenschaft der »DJ-Kicks«-Reihe: einem Genre mit teilweise starren Regeln die Möglichkeit zur Refl xion zu geben. Sven Riehle

Eccentronic Research Council Johnny Rocket, Narcissist & Music Machine ... I’m Your Biggest Fan Without Consent / Coop / PIAS / Rough Trade

Das englische Duo erzählt mit großer stilistischer Bandbreite, viel Dramatik und einer Menge Humor eine absurde Mockumentary. Das vierte Album des aus Dean Honer und Adrian Flanagan bestehenden Duos Eccentronic Research Council erzählt die Geschichte der fi tiven englischen Band »The Moonlandingz« aus der Sicht eines besessenen Fans, gesprochen von der Schauspielerin Maxine Peake. Die Rolle der Moonlandingz verkörpern Lias Saoudi und Saul Adamczewski von der Londoner Band Fat White Family. Die äußerst unterhaltsame Musik dazu klingt dramatisch und stimmungsvoll und bedient sich bei so unterschiedlichen Einflüssen wie 1960er-Psychedelic-Rock, Film- und Fernseh-Musik aus derselben Epoche, frühem Synthie-Pop, Swing-Jazz, Postpunk, experimenteller Elektronik und Klängen aus dem BBC Radiophonic Workshop. Honer und Flanagan beziehen sich dabei immer wieder auf individualistische Outsider-Produzenten wie Joe Meek und Bruce Haack, die von ihnen als große Inspiration genannt werden. All das in Verbindung mit Peakes Textbeiträgen und atmosphärischen Zwischenspielen beweist nicht nur eine Menge Humor, all dies zusammen lässt das Album zu einer einzigartigen Mischung aus Popmusik und Hörspiel werden. Andreas Brüning

Elenka Elenka Chimperator / Sony

Die schöne Elenka hat trotz der Partys in den Clubs Berlins ihr Talent für melodiöses Songwriting und das richtige Timing nicht verloren. Zum exzessiven Feiern gehört, dass man sich am nächsten Morgen eher nur verschwommen an die Ereignisse der vorangegangenen Nacht erinnert. Und was kann man genau genommen über Nächte wissen, die Monate zurückliegen? Sängerin Elenka erinnert sich noch an diverse Schlüsselmomente und Emotionen durchzechter Partynächte. In ihrem neuen Zuhause Berlin, der Metropole, die beharrlich und ergeben elektronischer Musik huldigt, feierte sich die geborene Kasachin in den letzten Monaten Song für Song zu ihrem Debüt. Die Reise dahin begann an der Wolga, führte über Mannheim und endete an der Spree im ChimperatorDepartment. Die dort erscheinende LP enthält wundervoll


#Review minimalistischen Pop, der die textliche Ebene in den Vordergrund stellt und, knapp am Schlager vorbei, auf Beats ihres Produzententeams Robot Koch und Feeling Valencia fußt. Mithilfe breiter, clubbiger, aber auch geerdeter Basslines baut Elenka eine Welt aus selbst erlebten und fantasierten Erlebnissen auf. So wird sie zur tanzenden Matroschka, die Electro-Pop mit Schlager-Tendenzen dank Wodka und sehr guter Produzenten zur richtigen Zeit am richtigen Ort wachküsst. Sermin Usta

Nils Frahm Victoria – O.S.T. Erased Tapes / Indigo / VÖ 12.06.15

Fenin Lighthouse Shitkatapult / Morr / Indigo

Ein interessanter Titeltrack macht noch kein interessantes Album, wie das neue Shitkatapult-Werk von Fenin mal wieder beweist. Gut genug zum Kopfnicken ist es aber allemal. Unter dem Leuchtturm schlägt Jahr für Jahr die Brandung gegen die Steine und formt aus den großen kantigen Klötzen allmählich runde kleine Kiesel. Genau wie in diesem Bild sind nach zehn Jahren musikalischen Schaffens aus Lars Fenins manchmal unförmigen, manchmal sperrigen, auf jeden Fall aber vielseitigen Experimenten zwischen Dub, Techno und Pop auf seiner fünften LP nicht viel mehr als sieben kleine, weitgehend unterschiedslose Ohrschmeichler übrig geblieben. Manchmal spürt man noch das Raue in den meist düsteren Sounds, das Verspielte in den holpernden Synthies oder das Experiment, wie im beatlosen Titeltrack. Dieser ist aber nur das bescheidene Highlight in dem umgebenden Blubbern – der Leuchtturm über den Wassern, gewissermaßen. Der Rest ist unaufgeregter Konsens, bereit für den SleeplessFloor. Und wie auf diesem verbleibt danach ein angenehmes Grundgefühl, aber keine Erinnerung, an gar nichts. Henje Richter

»Victoria« gehörte zu den großen Überraschungen der diesjährigen Berlinale. Der Soundtrack von Nils Frahm ist ein Schmuckstück aus der Grenzregion zwischen Pop und Neuer Musik. In »Victoria« wird eine junge Spanierin nach einer Berliner Clubnacht fast unerwartet in ein Verbrechen verwickelt. Der Film besteht aus nur einer einzigen Kameraeinstellung, auch die Dialoge sind über weite Teile improvisiert – ein intensiver Trip, der durch den Soundtrack des Berliner Komponisten und Pianisten Nils Frahm noch verstärkt wird. Entstanden ist die Musik unter ähnlichen Voraussetzungen wie der Film selbst: Sie wurde von Frahm zusammen mit befreundeten Musikern direkt zu einer auf einem Bildschirm laufenden Dauerschleife von »Victoria« eingespielt. Getragen wird der Soundtrack von einer Kombination aus sphärischen Streicherklängen, reduzierten Bassläufen und elegischen Melodien verschiedener tragender Instrumente, allen voran dem Piano. All die lebendigen Spuren der Aufnahmesessions verschmelzen zu einem organischen Ganzen: Immer wieder scheppert es hier und da sanft, Menschen atmen, es gibt feine Disharmonien. Die Stimmung erinnert an einen Sonnenaufgang an einem heißen Sommertag: sehnsuchtsvoll, aber auch zunehmend bedrohlich. Ein wunderschönes Schmuckstück, das seine Filmpreis-Nominierung völlig zu Recht erhalten hat. Hanno Stecher

Gengahr A Dream Outside Transgressive / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 12.06.15

Fink Horizontalism R’Coup’d / Rough Trade

Kaum ein Jahr nach »Hard Believer« veröffentlicht Fink ein Remix-Album, das diese nahezu verunglimpfende Einstufung nicht verdient. Kapiere einer Remix-Alben – dieses Mutterkorn im diskografischen Getreide, diese Langweiler im allwöchentlichen Release-Getümmel, die bestenfalls dazu taugen, den Bock auf das zurückzuholen, was ihnen in der Regel zugrunde liegt: richtige Musik. Und verstehe einer den Künstler, der Wildfremde sein eigenes – na ja – Fleisch und Blut befummeln lässt. »Horizontalism« jedoch könnte, nein: muss man durchgehen lassen. Denn erstens stammen die Bearbeitungen aus erster Hand, und zweitens steckt diese Hand am Arm von Fin Greenall. Wer Fink schon vor seinem Durchbruch mit der Akustikgitarre kannte, wird in Erinnerung behalten haben, wie gut jener sich auf Elektronisches versteht. So ist »Horizontalism« keine Sammlung in hippe Fetzen gerissener, wahllos mit plumpen Beats unterfütterter Duplikate, sondern setzt mit geduldig im Raum verhallenden Dub-Tracks sein eigenes Statement. Da sind schwelende Fieberschübe, Lorenfahrten durch die Stollen des Industrial und Schläge von Handinnenfl chen auf nackte Oberschenkel (oder doch eher nasse Fußsohlen auf Marmor?) als rhythmisches Element. Mit »Hard Believer« hat das wenig bis gar nichts mehr am Hut; Greenalls warm schmeichelndes Organ kommt nur dann zum Vorschein, wenn der Hörer mit neuen Songs bei der Stange gehalten werden soll, die der Rede ausnahmsweise mal nicht wert sind. Mit einem blöden Remix zu Suuns’ »Music Won’t Save You« klappt »Horizontalism« zu. Die GelächterTonspur einer Sitcom begleitet durch den Track und führt vor Ohren, wie schwer es zu ertragen ist, wenn einem die Bilder vorenthalten werden. Ein Manko, das bei »Horizontalism« im Übrigen nicht zu beanstanden ist. Valentin Erning

Auf ihrem Debütalbum spielen Gengahr schönen GitarrenPop mit Ecken und Kanten. Das in Teilen großartige Melodieverständnis erhebt die jungen Briten über das Gros der Referenzbands. Die Produktion dieses Debüts ist eine Wohltat: Durch den rohen, kaum geglätteten Gitarren-Sound haben Gengahr per se schon einmal eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. Natürlich würde dies nichts bringen, könnte die Band nicht auch mit brauchbaren Songideen aufwarten. In der Summe ist den Briten ein achtbares Debüt gelungen, auf dem sich scheinender Westcoast-Pop immer wieder mit aufgekratzten Passagen duelliert. Damit es nicht zu gefällig wird, dürfen die Gitarren öfter mal ausfransen. Dass Gengahr gute Musiker sind, wird im Quasi-Instrumental »Dark Star« deutlich: Vielfältige Soundspuren schaffen ein verdichtetes Arrangement, das sogar an selige Postrock-Zeiten erinnert. In den dezenten Funk-Augenblicken wie in »Fill My Gums With Blood« gibt sich die Band sehr transparent und offen, auch der Abschluss »Tamporine« ist destillierte Schönheit. So hinterlässt die Platte durch ihre sanfte Melancholie ein wohliges Gefühl – und das reicht für den Moment. Kai Wichelmann

Giant Sand Heartbreak Pass Ryko / Warner

Zum 30. Band-Geburtstag klingen die AmericanaWüstenprediger eigentlich so wie immer – aber immer noch nicht alt. Die 60 Jahre hat Howe Gelb noch knapp vor sich, den 30. seines Alternative-Country-Lebensprojekts Giant Sand begeht er gerade. Ein Alter, in dem sich die meisten Musiker damit begnügen, lediglich Publikumserwartungen zu


IMMER NOCH INDIE ? MIT CHRIS TIAN STEINBRINK

Schürfen, immer weiter suchen: Da sind unter der Oberfläche des IndieMainstreams immer noch schillernde Perlen. Man muss sie nur fin en.

Es kann zum Beispiel nie schaden, regelmäßig einen Blick auf die französische Musikszene zu werfen. Täte ich es öfter, hätte ich zum Beispiel einen so formvollendeten Songwriter wie H-Burns nicht erst mit seinem fünften Album kennengelernt. Der schielt auf »Night Moves« (Because) zwar überdeutlich in die Richtung US-amerikanischer Indie- und Folk-Koryphäen wie Mountain Goats, Sun Kil Moon oder Elliott Smith, schafft es mit seinen klar und nüchtern strukturierten und instrumentierten, durchweg hochklassigen Songs aber dennoch, sich als einer der großen Songwriter des europäischen Festlands zu positionieren.

Ähnlich stilsicher, aber noch etwas pointierter ist das Songwriting des Kanadiers Andy Shauf auf seinem Debütalbum »The Bearer Of Bad News« (Tender Loving Empire). Streicher und Klarinetten geben seinen Stücken einen erwachsenen, kammermusikalisch swingenden Anstrich und lassen neben dem seligen Elliott und Andrew Bird ebenfalls an Rufus Wainwright denken – auch, was die lakonische Klasse der Texte betrifft. Zuletzt kriegte nur Tobias Jesso Jr. Songs von dieser Güte hin. Im Vergleich dazu legte William Fitzsimmons seinen Songs schon immer das ganz persönliche Freud und Leid zugrunde. Geschadet hat es ihm nicht, gerade im Hinblick auf seine stetig steigende Popularität. Von seinem bewährten Rezept rückt Fitzsimmons auf der Mini-LP »Pittsburgh« (Grönland) kein Stück ab: Dieses Mal sind es der Tod der Oma und der damit verbundene Besuch in der alten Heimat Pittsburgh, die alle sieben neuen Songs inspirierten. Immerhin: Er kann darauf seine Songwriter-Klasse halten, wirkt im Vergleich zum Vorgängeralbum sogar ein wenig gelöster. Erfolgsdruck dürfte Elephant Micah dagegen kaum kennen. Schließlich soll er hauptberuflic als Heimatkundler im Mittleren Westen der USA beschäftigt sein. Angesichts dessen ist es nicht verwunderlich, dass sich die Songs auf »Where In Our Woods« (Western Vinyl) stilistisch stark an Bonnie »Prince« Billy orientieren. Dessen Klasse erreicht Elephant Micah nicht, er liegt aber auch nicht weit davon entfernt. Eigentlich schien das letzte Album von The Soft Hills aus Seattle der programmatisch »Departure« betitelte Abschied zu sein. Aber auch ohne das ehemalige Label Tapete im Rücken macht Mastermind Garrett Hobba weiter und versammelt auf »Cle Elum« (Black Spring) eine Reihe sanft und reduziert arrangierter Song-Miniaturen, die er zeitgleich zu »Departure« schrieb. Das ist warmer und sehnsüchtiger, von Hobbas Piano getragener Folk ganz ohne die von der Band bekannten PsychElemente – und vielleicht sogar überzeugender als alle Alben zuvor.

Ganz am Anfang ihrer Karriere steht dagegen die Londonerin The Japanese House. Sie mag auf ihrer Debüt-EP »Pools To Bathe In« (Dirty Hit) zwar auch nicht auf die fräsenden Subbässe, ohne die offenbar gerade kein Act zwischen Dubstep, R’n’B und Songwriting auskommt, verzichten. Trotzdem beweisen die vier Songs ein außerordentliches Talent für Sounds wie aus außerirdischen Träumen und deren Verfl chtung. Dadurch könnte sie aus diesem überlaufenden Mode-Genre als Siegerin hervorgehen. Modische Elemente hat auch der Texaner Abram Shook in seinem komplexen Sound, er macht daraus aber keine Stangenware, sondern einen verwirrend verwobenen Psych-Trip. Soul und Kraut-Pop à la Stereolab vermischen sich auf »Landscape Dream« (Western Vinyl) mit Tropicalia-Rhythmen und einem warmen Softrock-Vibe. Dem Songwriting selbst geht, diesem Sammelsurium geschuldet, hin und wieder die Stringenz verloren, das ändert aber nichts an der aufregenden Klasse dieses Zweitwerks. Auch die britischen Landshapes gönnen sich auf ihrer zweiten LP »Heyoon« (Bella Union) einen breit gefächerten Sound: Ein erhebender Postpunk in der Tradition Warpaints wird mit Psych- und Dreampop-Elementen, ein wenig PJ-Harvey-Drama sowie folkigen Chorgesängen à la The Staves verbunden. Auch das ist atmosphärisch nicht ganz leicht zu durchdringen, entfaltet nach und nach aber eine ungleich stärkere Wirkung. Deutlich stilgetreuer klingen dagegen die Schweden Death And Vanilla auf ihrem zweiten Album »To Where The Wild Things Are« (Fire): Das ist farbenfroh wabernder 1960erPsych-Pop à la Broadcast, gesiebt durch eine Dreampop-Wattewolke. Die Band klebt aber nicht an Klischees fest, sondern füllt die allseits bekannte Atmosphäre dieses Sounds durch detailversessene und kreative Arrangements mit neuem Leben, das auch 50 Jahre später noch ansteckt. Erstmals dürften sich Colin Stetson And Sarah Neufeld auf einer Arcade-Fire-Bühne begegnet sein, denn eine Zeit lang waren er als Tour- und sie als festes Mitglied Teil der Indie-Rockstars. Mittlerweile hat sich Stetson als experimenteller Saxofonist einen Namen gemacht und gibt nun mit der Violinistin Neufeld auf »Never Were The Way She Was« (Constellation) ein furioses Duo auf dem Weg in neue musikalische Felder. Das Album klingt mal energisch, mal elegisch, gewinnt aber vor allem durch die vollkommen unerhörten Duette der beiden Instrumentalisten.

Doldrums

02.06.15 Köln, Studio 672

Waxahatchee

08.06.15 Köln, Blue Shell

Rae Morris

08.06.15 Köln, Die Werkstatt 10.06.15 Berlin, Privatclub

Calexico 17.06.15 Heidelberg 19.08.15 Nürnberg 19.11.15 Berlin

Ron Sexsmith

06.07.15 Köln, Stadtgarten

Messer

12.07.15 Offenbach, Hafen 2

Kill It Kid

08.09.15 Düsseldorf, Zakk

Sufjan Stevens

19.09.15 E, Colosseum Theater

The Monophonics 18.06.15 Berlin 20.06.15 Hamburg

Django Django

20.09.15 Köln, Gloria

Happyness

24.09.15 Köln, Tsunami Club

Philipp Dittberner

30.09.15 Köln, Gebäude 9 09.10.15 Frankfurt, Das Bett

The War On Drugs

Nagel

06.10.15 Offenbach, Hafen 2

29.06.15 Köln

Tina Dico

07.10.15 Köln, Gloria

Balbina

07.10.15 Köln, Studio 672

Grant-Lee Phillips

08.10.15 Hamburg, Prinzenbar 09.10.15 Berlin, Bi Nuu 10.10.15 Köln, Stadtgarten

The Jon Spencer Blues Explosion

Kim Churchill

11.09.15 - 28.09.15 Stuttgart / München Dresden / Münster Hannover / Frankfurt Nürnberg / Berlin Köln / Heidelberg

11.10.15 HH, Uebel & Gefährlich 16.10.15 Berlin, C-Club 17.10.15 Leipzig, UT Connewitz 18.10.15 München, Ampere 19.10.15 Köln, Gebäude 9

Moonlight Breakfast 23.10.15 24.10.15 26.10.15 27.10.15 28.10.15 29.10.15 30.10.15

HH, Nochtspeicher Dortmund, FZW K, Club Bhf Ehrenfeld Stuttgart, Club Cann Nürnberg, Künstlerhaus Dresden, Groove Station Berlin, Privatclub

Oddisee

21.09.15 - 04.10.15 Köln / Hamburg Heidelberg / Berlin Wien / Erfurt Stuttgart / München

Joris

26.10.15 Frankfurt, Sankt Peter

Yo La Tengo

27.10.15 Berlin, Heimathafen 28.10.15 Köln, Kulturkirche

Phoria

27.10.15 Köln, Studio 672

The Tallest Man On Earth 12.10.15 Köln 13.10.15 Berlin

Alex G

04.11.15 Köln, Die Werkstatt

Built To Spill 11.11.15 13.11.15 15.11.15 16.11.15

Heidelberg, Karlstorbhf. Köln, Gebäude 9 Berlin, Bi Nuu München, Ampere

Twenty One Pilots

16.11.15 Köln, Essigfabrik

Editors

02.11.15 Köln 08.11.15 Hamburg 09.11.15 Berlin 10.11.15 Offenbach 12.11.15 München

Tickets & Infos: www.schoneberg.de


102

#Review

15.11. Hamburg uebel & gefäHrlicH

16.11. Köln essigfabriK

17.11. müncHen muffatHalle

überzeugten die Kritiker. Jetzt folgt mit »Before The World Was Big« das Debütalbum der beiden inzwischen auf Wichita beheimateten Newcomerinnen. Den alten Lo-Fi-Charme haben sich Cleo Tucker und Harmony Tividad bewahren können. Der gewollt unfertige DIY-Sound und die sparsame Instrumentierung (kein Schlagzeug) passen zum jugendlichen Alter der Musikerinnen (18 & 19), die mit fast schon rührender Ernsthaftigkeit die Probleme des Erwachsenwerdens besingen und in zehn nachdenklichen Songs Abschied von ihrer Kindheit und der damit verbundenen Sorglosigkeit nehmen. »I just miss how it felt standing next to you wearing matching dresses before the world was big«, heißt es etwa im nostalgischen Titelsong. Das Album klingt in den besten Momenten so, als hätten sich Tegan And Sara mit den Shaggs zur spontanen Jam-Session zusammengetan. Ein starkes Debüt. Katja Peglow

Daughn Gibson Carnation

The Griswolds Be Impressive

Sub Pop / Cargo / VÖ 05.06.15

Wind-Up / H’Art

Dunkle Eleganz und opulente Texturen mit Country-Resten: Der Ex-Trucker Daughn Gibson fährt weiter Richtung Dunkelheit. So ist das nun mal, wenn man als GenreBender unterwegs ist: Es hagelt schräge Vergleiche. Auf seinem dritten Album hat Daughn Gibson den Country noch mehr zurückgeschraubt, zugunsten von düsteren Flächen und Texturen, die nur vom sich durchziehenden Klavier und seinem dunklen Bariton zusammengehalten werden. Dadurch klingt er nicht mehr wie eine Mischung aus Chris Isaak und Nick Cave, sondern eher wie Bryan Ferry auf einem miesen LSD-Trip oder Ian Curtis in einem Kellerclub in Nashville. Die Begeisterung für Country hatte sich Gibson ja ohnehin beim jahrelangen Truckfahren und FM-Radio-Hören »anerzogen«, wie er in Interviews erzählt. In diesen neuen Songs scheinen eher die Erfahrungen aus dem Job davor – hinter dem Tresen eines Sex-Shops – an Einfluss zu gewinnen; außerdem seine frühe Liebe zu Freddie Krueger, Nicolas Jaar und den »Dark Arts«. Denn die Stücke klingen sleazy und creepy und auch poppig. Sie schleichen sich von hinten an, überfallen dich – und verschwinden wieder. In Letzterem liegt auch der einzige Malus von »Carnation«: Immer noch vermisst man hier und da ein wenig mehr Nachhaltigkeit. Geisterhaft eben. Claudius Grigat

Die Australier The Griswolds hatten bereits mit ihrer Debüt-EP einen Tour-Marathon absolviert. Mit »Be Impressive« könnten sie ein noch größeres Publikum das Tanzen lehren. Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich eine Band nach der Chaosfamilie aus den »Die schrillen Vier«-Filmen mit Chevy Chase benennen würde. Die 2012erDebütsingle der Griswolds namens »Heart Of A Lion« schrie dann auch förmlich: »Bucht uns für Live-Shows, wir bringen die Leute zum Tanzen!« Dementsprechend verbrachte das Quartett erst reichlich Zeit auf Tour, bis es an die Albumaufnahmen ging. Die Live-Erfahrung der Band ist deshalb auf »Be Impressive« spürbar, der Song »America« entstand sogar unterwegs, um die damals noch recht kurze Setlist anzufüttern. Die vier haben ein Händchen für lockere Popmelodien und Mitsing-Refrains. Ein zurückgenommenes, melancholisches Stück wie »Thread The Needle« wirkt da fast wie ein Fremdkörper auf dem Album. Fröhliche, tanzbare Songs mit Einflüssen von MGMT über Vampire Weekend bis hin zu den Beach Boys liegen ihnen deutlich mehr. Be impressive? Schaffen The Griswolds mit diesem Album durchaus. Dominik Bruns

12.07.15

Berlin Gretchen

album

Das REams „mY D TE mY DICTa ITY“ l a E R ll

ÜbERa Ch! TlI ERhäl

twentyonepilots.com

befriedigen und dem Gesamtwerk immer neue, immer dünnere Aufgüsse des einstigen Erfolgsrezeptes hinzuzufügen. Doch davon ist »Heartbreak Pass« Dutzende Tagesritte entfernt. Natürlich hat sich die Band aus Tucson, Arizona auf dem Album nicht neu erfunden. Unbeirrt schreitet Songwriter Gelb den Weg der vergangenen Jahrzehnte voran und entwickelt seinen erdigen, schwermütigen Mix aus Country, Folk und mexikanischen Einflüsse nur minimal weiter. Doch angestaubt klingt hier gar nichts. Manchmal ist es sogar überraschend, welch jugendliche Frische in diesen alten, trockenen Knochen steckt. Nachzuhören zum Beispiel auf »Transponder«, das die bandtypische Wüsten-Melancholie mit analogem Synthie-Geschwurbel konterkariert, und dem leichtfüßigen »Texting Feist«. »Heartbreak Pass« ist der eindrucksvolle Beweis dafür, dass Gelb auch nach drei Jahrzehnten Giant Sand noch immer nicht müde ist. Till Stoppenhagen

www.s-o-k-o.Com

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TickeTs & weiTere infos auf www.neuland-concerTs.com

10. – 12.09.2015 VORVERKAU F: 29.06. – 12.07. ALLE INFOS UNTER 07221 300 300 UND SWR3.DE

Girlpool Before The World Was Big Wichita / Coop / PIAS / Rough Trade

Bass und Gitarre – mehr brauchen Girlpool nicht für ihre in bester Lo-Fi-Tradition aufgenommenen Momentaufnahmen aus dem Leben eines Teenagers. Erst im vergangenen Jahr veröffentlichte das in Philadelphia ansässige Duo Girlpool eine viel beachtete EP, der es gelang, mit minimalistischen Mitteln viel auszudrücken. Besonders die smarten Coming-of-age-Lyrics aus der Sicht zweier Teenager-Mädchen

The Helio Sequence The Helio Sequence Sub Pop / Cargo

Flüchtige Songs für die Zwischenstunden aus Portlands Dreampop-Factory. Wenig Noise. Wabern. Flirrende Soundscapes. Brandon Summers und Benjamin Weikel beschleunigen den Aufnahmeprozess. Früher Morgen. Die Sonne geht langsam über einer Stadt auf. Die Spatzen sind die Späher, Krähen wachen über Häuserdächern. Aus der Ferne schallen die Ansagen einer S-Bahn. Wir bewegen uns. Wir sind jetzt näher. Ein Ausflu sdampfer steuert unter einer Brücke in Richtung Bootsanleger. Es


FENSTER ZUM HOF MIT BASTIAN KÜLLENBERG

Wer will schon den ganzen Tag mit dem Kopf nicken, wenn man die Hüften bewegen kann? Daher dieses Mal weniger HipHop, dafür mehr Funk und Soul.

Mit dem Vorgänger »D.N.A.« haben Genetikk die Spitze der Charts erklommen. Klar, dass sich die Crew aus Saarbrücken jetzt nicht einfach mit weniger zufrieden geben kann. »Achter Tag« (Selfmade) wirkt über weite Strecken auf Erfolg und die Erfüllung von Erwartungen getrimmt. Etwas enttäuschend, dass die Maskierten dadurch viel von ihrer ungehobelten Attitüde verlieren, welche die Wut in ihren Liedern einst glaubhaft machte. 2015 werden stattdessen Die Toten Hosen gesamplet und nicht nur ein, sondern direkt zwei Songs mit Kinderchor ausgestattet. Am Ende bleibt solider Stadionrap fürs Rock-am-Ring-Publikum.

The Alchemist & Oh No sind Zocker. Inspiriert vom Soundtrack von »GTA V«, haben die beiden Produzenten ein Album mit zahlreichen Gästen aufgenommen. Neben HipHop-Acts wie Action Bronson, Freddie Gibbs und Killer Mike sind auf »Welcome To Los Santos« (Mass Appeal) auch die Synthie-Pop-Band Little Dragon oder Garagen-Wunderkind Nathan Williams mit seinen Wavves dabei. Ein abwechslungsreicher Mix aus Beats und Pop, den auch genießen kann, wer mit dem Videospiel nichts zu tun hat. Höhepunkt der 14 Titel ist »Speedline Miracle Masterpiece« mit TV-On-The-Radio-Sänger Tunde Adebimpe.

Kein Monat ohne Straßenrap-Höhepunkt. Celo & Abdi sind zurück, um Geschichten aus dem Frankfurter Kiez zu erzählen. Auf »Bonchance« (Azzlackz) tun sie das vor erwartet aufgepumpter Beat-Kulisse, haben ansonsten jedoch wenig von ihrem ruppigen Charme und dem streitbaren Lausbubenhumor früherer Veröffentlichungen verloren. In dieser Welt werden Drogen kiloweise konsumiert oder gedealt, wird mit flin er Zunge gerappt. Und neuerdings samplen C&A auch die Beginner. Dennoch stellen sie auf Album Nummer drei klar: »Ihr Kackspalten, leise sein wär ratsamer. Denn diese beiden kommen mit dem Schlaghammer.«

Jedi Mind Tricks sind immer noch sauer. Seit den späten 1990ern im Spiel, veröffentlicht die Band nun ihr achtes Album und bleibt dem eigenen Style darauf im Wesentlichen treu. Konkret heißt das, dass immer noch eher gebellt als gerappt wird. Allerdings verpacken Vinnie Paz und Jus Allah ihre kritischen Zeilen auf »The Thief And The Fallen« (Enemy Soil) in etwas schlankere Beats aus Klavier-Samples, Surf-Gitarren und Streichern. Neu ist zudem, dass es zwischen biblischen Metaphern und Apokalyptischem auch zwei folky-psychedelische Interludes mit Sängerin zu hören gibt und »Fraudulent« mit Feature-Gast Eamon an Blues und Soul anknüpft.

Vor wenigen Wochen noch zog Johnny Rakete zusammen mit den Kumpels Veedel Kaztro und Gold Roger durchs Land, nun erscheint seine neue Solo-EP. Passend zum Nintendo-Artwork stammen die Samples auf »Das Leben das Universum und der ganze Rest« (Wirsindalles) meist aus Videospielen der 16-Bit-Ära. Es summt, fiepst und blubbert im Hintergrund dieser synthetisch veredelten, beinahe chillwavigen Beat-Konstruktionen. »Alles ist gut« lautet nicht nur der Titel eines Tracks, sondern darf als zentrale Botschaft der EP verstanden werden. Johnny Rakete wirkt unaufgeregt, aber mit Zielen und Plänen. Optimistisch, aber keineswegs überdreht.

Diese Band hat es nicht nötig, sich auf das herzerwärmende Betroffenheitspotenzial ihrer Biografie zu stützen, um gehört zu werden: Mbongwana Star bilden acht Straßenmusiker, die ihrer körperlichen Behinderung trotzen und sich zusammengetan haben, um den Sound der Elendsviertel von Kinshasa in die Welt zu tragen: Afrobeat, Pop, Rumba und Dance. Die Stile, aus denen die Stücke auf »From Kinshasa« (World Circuit) ihre Ideen schöpfen, sind vielfältig. Während »Shegue« und »Kala« Funk betonen, setzen »Nganshe« oder »Suzanna« auf elektronische Beats und leicht schrille Orgel-Sounds.

Bhi Bhimann ist mit einer besonderen Stimme gesegnet. Der amerikanische Songwriter mit Wurzeln in Sri Lanka zeigt sich auf »Rhythm & Reason« (Thirty Tigers) als gelehriger Schüler der Blues-, Soul- und Reggae-Geschichte. Musikalisch in der Vergangenheit verankert, fügt Bhimann mit seinen oft schwarzhumorigen Texten eine frische Komponente hinzu. »Waterboarded (In Love)« lautet da etwa der Chorus eines euphorischen Stampfers im Stile von Otis Redding oder Sam & Dave. In »There Goes The Neighborhood« wiederum werden Public Enemy über einen Roots-ReggaeGroove zitiert. Das Album schließt mit zwei herzergreifenden Schmachtfetzen ab, die den Songwriter endgültig im Soul-Fach verorten.

Für eine Originalpressung dieses Albums musste man bis vor wenigen Jahren rund 300 Euro ausgeben. »Bright Engelberts & The B.E. Movement« (Hot Casa) zählt zu den LPs, die Kenner jagen wie Indiana Jones den heiligen Gral. Die 1978 im EMI-Studio im nigerianischen Lagos eingespielte Platte zeigt das vergessene Talent des Bassisten und Sängers Bright Engelberts. Unterstützt von einer dreiköpfige Band sowie der B.E. Horn Section, verbindet der Kameruner Funk und Afrobeat mit Psychedelic Rock und Jazz. Gerade weil die Verkaufserwartungen einer solchen Wiederveröffentlichung eher gering sein dürften, ist pure Existenz dieser 180-Gramm-Luxusausgabe umso schöner. Genre-Fans: Bitte zuschlagen.

To u r d a t e s & F e s t i v a l s

BERGFILM 5/6 HOMBERGSHAUSEN • MUSIKSCHUTZGEBIET 6/6 LÜNEBURG • LUNATIC 8/8 MÜNSTER • AUF WEITER FLUR 14/8 HAREN • NEON FIELDS 15/8 HAMBURG • MS ARTVILLE

03.06. Münster • Erhaltet den Hawerkamp 04.06. Leipzig • StadtFestTage 12.06. Interlaken (CH) • Greenfield 13.06. Nickelsdorf (AT) • Nova Rock 20.06. Duisburg • Traumzeit Festival 03.07. Riehen (CH) • Hillchill Festival 16.-19.07. Cuxhaven • Deichbrand 24.07. Karlsruhe • Das Fest 25.07. Lindau • Umsonst & Draußen 31.07. Horb/Neckar • Mini-Rock-Festival 01.08. Anröchte • Big Day Out 05.08. Eschwege • Open Flair 07.08. Rothenburg • Taubertal Festival 07.08. Püttlingen • Rocko Del Schlacko 15.08. Rees-Haldern • Haldern Pop 14.-16.08. Großpösna • Highfield Festival

06.06. Wernigerode, Campusfieber 12.06. Düsseldorf, The Tube 13.06. Wesel, Esel Rock 17.06. Senftenberg, Campusfest 10.07. Freudenstadt, Abi Fest 11.07. Bonn, Rockaue 18.07. Homberg, Rock gegen Rechts 25.07. Chieming, Seewärts Festival 31.07. Altheim, Altheimer Open Air 19.09. Sindelfingen, Dit is schade 16.10. Augsburg, Ostwerk 17.10. Köln, Underground 11.12. Nürnberg, Club Stereo 19.12. Pfarrkirchen, Club Bogaloo

TOM THALER & BASIL

04.06. München - StuStaCulum 04.07. Hamburg - Daughterville 04.07. Magdeburg - Upgrade Festival 10.07. Chemnitz - Summerbreak 11.07. Lahnstein - Strictly HipHop 17.07. Bremen - Breminale 31.07. Odenwald - Sound Of The Forest 01.08. Deggendorf - theBANK 17.11. Dresden - Scheune

sparta booking presents

& BAND

tour 2015 02.06. Freiburg/White Rabbit 04.06. Leipzig/Werk 2 05.06. Dresden/Beatpol 06.06. (AT) Wien/B72 www.rockyvotolato.com 07.06. (AT) Innsbruck/Bäckerei 11.06. (CH) Bern/Mahogany H.

12.06. WENDLINGEN, WO?! FESTIVAL 13.06. OSNABRÜCK, FAIRY TALE FESTIVAL 17.07. ERLAU, ROCK GEGEN RECHTS 24.07. HERRENBERG, 48ER FESTIVAL 31.07. ANRÖCHTE, BIG DAY OUT 01.08. TREBUR, TREBUR OPEN AIR 12.09. EMSDETTEN, DETTEN ROCKT! 18.09. TRIER, LAUT GEGEN RECHTS 19.09. KASSEL, POGOMENTA FESTIVAL 26.09. MERGENTHEIM GEGEN RECHTS

ABRAMOWICZ

04.06. Saalfeld / Marktfest 19.06. Arnsberg / Villa Wesco 20.-21.06. Neuhausen ob Eck / Southside 20.-21.06. Scheeßel / Hurricane 03.07. Dachauer Musiksommer 18.07. Göttingen / Kultursommer 25.07. Hildesheim / Rock den Dom 22.08. Bonn / Green Juice Festival

13.08. KÖLN LUXOR 19.08. FRANKFURT BATSCHKAPP

03/06 Münster / Erhaltet den Hawerkamp 11/07 Bergheider See / Feel Festival 18/07 Bremen / Breminale 06/08 Eschwege / Open Flair 07/08 Alfeld / JUZ 08/08 Potsdam / Ruby‘s Festival 08/08 Boberow / Rock im Moor 20/08 Köln / c/o pop 23-25/09 Hamburg / Reeperbahn Festival 26/09 Berlin / Independent Night

05.06. ELLERDORF, Wilwarin 13.06. HOF, IN DIE Musik Open Air 04.07. BOCHUM, Bochum Total! 26.07. HANNOVER, Béi Chéz Heinz 22.08. Köln, Getaddicted Party 04.09. Söhlingen, Erntefest 23.-26.09. HAMBURG, Reeperbahn Festival

leoniden

11.06. Leipzig • Campusfest 19.06. Luxembourg (LUX) • De Gudde Wellen 04.07. Hamburg • Daughterville 11.07. Schwedt • Passion Of The Young Festival 28.07. Mainz • schon schön 29.08. Salzwedel • Forest Jump 05.09. Kummerfeld • Ackerfestival

26.06. MONTABAUR - Mair1 Festival 04.07. RASTATT - Storm The Gates 25.07. HEILBRONN - viel & draußen (Smashtag) 22.08. KARBEN - Karben Open Air 28.08. HANNOVER - Break Your Face XXL 21.11. BIELEFELD - Rock das Stricker

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#Review

DAMIAN MARLEY WYCLEF JEAN PATRICE ★ CRO SOJA ★ PROTOJE TARRUS RILEY BERES HAMMOND STEEL PULSE ★ NNEKA KWABS ★ POPCAAN CHAM ★ ROMAIN VIRGO MONO & NIKITAMAN GROUNDATION SAMY DELUXE JESSE ROYAL ★ DANAKIL NASOU ★ PASSAFIRE JAH SUN ★ THE SKINTS KATCHAFIRE ★ KONTRA K HOFFMAESTRO ★ LION D Y’AKOTO ★ 257ERS STAND HIGH PATROL CALI P ★ OHRBOOTEN FLAVIA COELHO XAVIER RUDD ★ RAKEDE YANISS ODUA ANTILOPEN GANG RODIGAN’S RAM JAM SENTINEL ★ JUGGLERZ POW POW MOVEMENT TWO OPEN AIR STAGES DANCEHALL ARENA BAZAR ★ CHILLOUT ZONE

3. - 5. JULI 2015 KÖLN - FÜHLINGER SEE TICKETS & INFO: SUMMERJAM.DE

ist noch ein gutes Stück. Der Kapitän winkt, nimmt einen Schluck aus der Kaffeetasse. Ein Bus überquert die Brücke, hält wenige Meter später. Die Spatzen sehen die Menschen. Diese sehen nichts. Eine S-Bahn bremst. Der Tag beginnt. The Helio Sequence aus Portland begleiten uns durch diese Stadt. Brandon Summers und Benjamin Weikel sind schon eine Weile da. Ihr neues, selbstbetiteltes Album entstand vor genau einem Jahr. Sie gaben sich einen Monat Zeit. So viele Lieder wie möglich. An sonnigen Maitagen entstanden so 26 Lieder, von denen es letztlich zehn aufs Album schafften. Musik, die vom Moment lebt. Die flüch ig ist wie der kurze Moment der Stille zwischen Sonnenaufgang und Tagesausbruch. Die sich nicht aufhält mit der Perfektion. Und die gerade aus diesem Prozess ihre Kraft zieht. Dreampop. Greifbar entrückt. Stephan Uersfeld

Das ist an sich schon ein politisches Statement, ist diese Form von verlangsamten House-Beats mit Dancehall-Einflüsse doch eng mit der Anti-Apartheid-Bewegung der 1990er verknüpft. Es wird schnell klar, dass die Botschaften hier komplex und verwoben sind. Alles andere bleibt zumindest von Europa aus eine »Deaf Safari«. Henje Richter

Lauer Borndom Permanent Vacation / Groove Attack

Kid Wave Wonderlust Heavenly / Coop / PIAS / Rough Trade

Kid Wave bewegen sich auf ihrem Debüt in stilsicheren Gefi den des Indie-Rock. Vor allem die ruhigen Momente sind ein Segen. Nachdem das Londoner Quartett mit der EP »Gloom« in Musikerkreisen bereits Beachtung fand, geht das LP-Debüt »Wonderlust« nun einen Schritt weiter. Die probate Formel, Indie-Rock mit sanften Melodien und melancholischem Einschlag zu paaren, findet wieder Anwendung. Und sie geht größtenteils auf. Allerdings sind es vor allem die leiseren Momente wie in »Walk On Fire«, in denen die Band ganz bei sich zu sein scheint und jegliche Form von Gefälligkeit vermeiden kann. Genre-Verwandte wie Sleater-Kinney oder Menace Beach sind zwar vertrackter und spannender, doch mit Stücken wie »Wonderlust« oder »All I Want« kann die Band mehrfach qualitativ aufschließen. An anderen Stellen wie »Honey« gerät die Ästhetik der adoleszenten Verlorenheit zu konstruiert und austauschbar. In der Summe ein achtbares Debüt – doch zu wirklichen Herz-Platten werden dieses Jahr andere. Kai Wichelmann

Phillip Lauer weiß: Viele Wege führen auf den Dancefloor. »Borndom« bewegt sich zwischen Italo-Disco und New Wave, besitzt aber auch eine angenehme Stringenz. Ein Album zu produzieren, das vielfältig ist und doch einen roten Faden verfolgt, ist keine einfache Aufgabe. Lauer gelingt es auf seiner zweiten LP nach dem Debüt »Phillip«, das schon einige Yacht-Sounds besaß, Four-To-The-FloorBanger und experimentellere, melodiegetriebene Sounds unter einen Hut zu bringen. Auf »Hump Acid« etwa entwickelt er eine erfrischend individuelle Interpretation des legendären 303-Sounds. Andere Songs klingen, als kämen sie geradewegs aus den 1980ern – New Wave grüßt freundlich. »Borndom« ist jedoch keineswegs nur rückwärtsgewandt. Lauers feine Synthesizer-Kompositionen sind der Inbegriff von Beschwingtheit, er hat keine Angst vor kitschigem Pathos. Im House führt eine Annäherung an Pop bekanntlich schnell zu einem schwülstigen Sound, der weder dem einen noch dem anderen Genre gerecht wird. Genau in seiner Risikofreudigkeit liegt aber Lauers Stärke. Er schafft es, unterschiedliche Spielarten der elektronischen Musik bis hin zu Italo-Disco ungekünstelt in einen stringenten Sound zu fassen und so den nächsten Yachturlaub vor Miami perfekt zu untermalen. Oscar Fuchs

Damian Lazarus & The Ancient Moons Message From The Other Side Crosstown Rebels / Indigo

Felix Laband Deaf Safari

Damian Lazarus hat als Label-Gründer und DJ diverse Techno-Stile von House bis Electroclash geprägt. Nach den düsteren Wiegenliedern seines Artist-Debüts mischt Das erste Album des Südafrikaners Felix Laband in zehn er nun World Folk mit sphärischen Klängen. Jahren zeigt unfreiwillig die Grenzen von gesellschaftsGeprägt von den Eindrucken während seiner Open-AirAuftritte in Wüsten oder an Stränden und den damit verkritischer Instrumentalmusik auf. bundenen Begegnungen, hat Es ist kein Zufall, dass es so viele Liebeslieder gibt. Damian Lazarus mit »MesDenn Liebe oder auch Hass sage From The Other Side« sind universell, stark und einen Soundtrack für Erweckungserlebnisse geschafsimpel – weshalb sie sich leicht über Musik mitteilen fen und dabei mit Musikern lassen. Aber man versuche aus aller Welt kollaboriert. mal, seine Gefühle über das Ein interessanter Unterbau, Rentenversicherungssystem der dem Album jedoch stelDaniel Koch nur durch Klänge darzustellenweise das Genick bricht. len. Wenn dann auch noch Eingeleitet wird das Ganze 01 Tame Impala von einem New-Age-Intro, kulturelle Grenzen hinzu Currents das wohl selbst Tante Ruths kommen, wie im Falle des 02 Wolf Alice Yoga-Truppe zu pathetisch südafrikanischen Musikers Our Love Is Cool Felix Laband, wird es so gut wäre. Dabei hätte der daraufwie unmöglich, komplexe folgende Track »Adventures 03 Nocturnal Sunshine Erfahrungen miteinander zu Of The Ancient Moons« be Nocturnal Sunshine teilen. Dabei hat Laband etreits als Einleitung funktio04 Refused was mitzuteilen, wenn auch niert. Auch auf Albumlänge Freedom nicht speziell über die Rente, gesehen werden fantastische so doch über verschiedene Highlights wie »Lovers’ Eyes« 05 Howling politische Ereignisse in seioder »Sacred Dance Of The Sacred Ground nem Land in den vergangeMoon«, die traditionelle Ins06 FFS nen zehn Jahren. Er versucht trumente, interessante Kol FFS dies über Medien-Samples, laborationen und Beats verdie er mit seiner eigenen Art einen, wie kleine Perlen mit 07 Faith No More dem Esoterik-Pattex an einer von Kwaito-House unterlegt. Sol Invictus Compost / Groove Attack

Top 7


HEIMSPIEL MIT BENJAMIN WALTER

Ein singender Kapitän, rappende Veganer, ein sehr seltsamer ElectroPopper und ein paar Normalos: Beim Heimspiel ist mal wieder die Hölle los!

Deutschpunk braucht keine Veränderung und schon gar keine Experimente. Deshalb hat die Band Alarmsignal aus Celle auf ihrem tatsächlich schon sechsten Album »Viva Versus« (Aggressive Punk) auch wieder alles richtig gemacht. Sie kommt dabei weder blöd noch langweilig rüber. Im besten Sinne wertkonservativer melodischer Street-Punk gegen Spießer, Staat und Gesamtscheiße, leidenschaftlich im Genörgel und im spätpubertären Weltschmerz. Punkmusiker mit Namen wie »Borsti« oder »Bulli« mit geilen Songtiteln wie »Support Your Local Enttäuschung« und »Im Gleichschritt Arsch« sollen bitte auch noch die nächsten 30 Jahre so weitermachen.

Wo kommen bloß all diese jungen begabten Menschen her? Vermutlich gab es sie schon immer, aber erst die heutigen technischen Möglichkeiten, mit denen nun fast jeder irgendwie eine Platte aufnehmen kann, bringen nicht nur jede Menge Nervensägen, sondern auch jene Künstler ans Tageslicht, die früher vielleicht unter die Räder gekommen oder von Managern und Plattenfirmen bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden wären. Lùisa ist auf ihrem Album »Never Own« (Nettwerk) ganz bei sich und gleichzeitig auf internationalem Niveau. Sphärischer Zauberpop, sensibel und zart, aber auch selbstbewusst und angriffslustig im Wissen um perfekte Songs zum Träumen und Nachdenken. Muss ja auch mal sein.

Wer sich für die »Heimspiel«-Rubrik mit einem in krakeliger Handschrift verfassten Anschreiben samt Eselsohren bewirbt, hat direkt meine Aufmerksamkeit. Und dann ist die Musik von Carnivore Club auf dem Kurzalbum »Years Of Sleep« (leclubcarnivore.bandcamp.com) sogar noch richtig toll. Der nostalgische, atmosphärische Breitwand-Pop der EinMann-Band pendelt beruhigend vor sich hin, die folkigen Melodien bleiben sofort hängen. Aufgenommen hat die fünf Songs übrigens Mischkah Wilke aus Berlin, den sich jeder Musiker, der auf der Suche nach dem perfekten Retro-Sound ist, unbedingt merken sollte. Bestklingende Produktion der Ausgabe, ich schwör!

Die fast schon erschreckend geniale, totale Underground-Veröffentlichung der Rap-Crew King Veganismus One & Dr. Alsan mit dem schönen Titel »Vegan Jihad« (vegan-jihad.com) verbindet die beiden großen Themenbereiche Veganismus und kritische Theorie (Adorno und seine Freunde) mit den Mitteln des deutschsprachigen Gangsta-Rap zu einem niemals für möglich gehaltenen Gesamtkunstwerk. Jeder Comedy-Spacken, der sich mit seinen scheiß Ressentiments jemals über Veganer lustig gemacht hat, sollte sich bitte mal anhören, mit wie viel Liebe zum Detail und Sachkenntnis über Seidentofu & Co. hier die komischen Seiten des Veganismus in einem deutlich an K.I.Z orientierten Flow herausgestellt werden. Und selbst

bei Penis-Lines wie »Ich rede ausschließlich darüber, wie lang mein Ding ist, und manche Leute meinen, das wäre Verdinglichung« ist für jeden Soziologie- und Philosophiestudenten was zu holen. Für die 300 Leute, die es bisher mitbekommen haben, sicher das Rap-Album des Jahres.

Britpop und Americana haben nun wirklich nicht so viel miteinander zu tun. Die störrischen Gebrüder Klock aus Hamburg haben mit zwei weiteren Mitstreitern dennoch versucht, diese beiden Stile zusammenzuführen, und nach endlosem Gefummel mit ihrer dafür gegründeten Band Hands Of Kanellos die EP »Rio« (Halcyon) aufgenommen. Die klingt dann auch auf originelle Art nach einer Mischung aus den genannten Stilen, einerseits erfreulich unfertig, roh und wild zusammengeschraubt und gleichzeitig nach ganz großem Pop. Der eigene musikalische Ausdruck, nach dem wir Musikkritiker immer so gieren, ist hier auf jeden Fall vorhanden. Ein Hoch auf die Merkwürdigen!

Fünf Männer und eine Frau in maritimen Uniformen oder kleidsamen Ringelshirts machen gemeinsam Musik und nennen sich Kapitän Der Liebe. Was nach einem Feierabend-Gag klingt, war vielleicht auch mal einer, entwickelt aber nach kurzem Hören eine ganz eigene Magie, der sich keine Landratte entziehen kann. Der Kapitän und seine Mannschaft singen auf ihrer Debüt-EP (www.kapitaen-der-liebe.de) zu Tränen rührend von Meerjungfrauen, Seepferdchen-Kutschen und amourösen Abenteuern an fernen Stränden. Je absurder die Bildwelten, desto näher an den geheimsten Fernweh-Fantasien der Hörer, die sie selbst nie zugeben würden. Eine grundsympathische, unheimlich witzige und liebevolle Mischung aus Beat, Schlager und Südsee-Sounds aus der Konserve, bei der wirklich kein Klischee ausgelassen wird und die vielleicht gerade deshalb direkt ins nasse Herz trifft.

Ich hoffe sehr, dass Ely Meyer kein Kunstprojekt ist, weil es mich dann sofort nicht mehr interessieren würde. Er soll lieber ein Typ sein, der einfach sein Ding macht. Und wie er das macht. Zuallererst auffällig ist an »Komplex« (elymeyer.blogsport.de) Meyers Unvermögen oder Lustlosigkeit, einigermaßen schön und richtig über seinen stark reduzierten ElectroPop zu singen. Dies gibt ihm zusammen mit tollen Texten wie »Hör bitte auf über dein Studium zu reden. Hör bitte auf über dein Praktikum zu reden« eine störrische Würde, die mir außerordentlich gut gefällt.

FRANZ FERDINAND & SPARKS DAS NEUE ALBUM ! CD / CDX / LP / LPX / DLD OUT NOW !

LIVE : 01.07.2015 KÖLN GLORIA 12.09.2015 BERLIN LOLLAPALOOZA FESTIVAL dominorecordco.de facebook.com/domino.deutschland twitter.com/dominorecordsde


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#Review Kette zusammengeklebt. »Message From The Other Side« präsentiert Lazarus streckenweise erneut als brillanten Soundkünstler, ist an den Schwachstellen aber ein typisches Konzeptalbum mit einem überflüssigen Konzept. Sebastian Jegorow

Club kontrastiert wurden, regiert nun die Gefälligkeit. Das ist insofern nicht tragisch, als dass die elektronischen Pop-Entwürfe des Duos noch immer distinguiert und elegant genug daherkommen, um Freunde von Disclosure, London Grammar oder AlunaGeorge interessiert aufhorchen zu lassen. Schade bleibt es am Ende dennoch, denn im direkten Vergleich zu den fantastischen EPs schmerzt das verschenkte Potenzial doch. Philip Fassing

Maribou State Portraits Counter / Ninja Tune / Rough Trade

Die Wegstrecke von der ersten EP bis zum Debütalbum soll nur noch Formsache sein? Mitnichten! Das Londoner Duo Maribou State schlägt diesen Pfad mit einem allenfalls durchwachsenen Ergebnis ein. Eigentlich hätte es ein »Sure Shot« sein müssen: Egal, was Chris Davids und Liam Ivory in den vergangenen Jahren auch veröffentlichten – es saß. Mit ihren häufi entschleunigten und gerne auch in sich gekehrten House-Balladen gelang es ihnen, einen im besten Sinne kontemplativen ClubSound für die Stunden außerhalb des Clubs zu entwickeln. Einen Sound, der trotz seiner eingängigen Handschrift immer noch genug Tiefe aufweisen konnte, um nicht in den unsäglichen Chill-out-Playlists auf YouTube zu enden. Doch ausgerechnet dafür scheint ihr neues Album »Rituals« nun mehr denn je prädestiniert zu sein. Die Formel ist gewissermaßen aus dem Gleichgewicht geraten. Dort, wo liebliche Gesangslinien und einschmeichelnde Akkordfigu en bisher von einem unverfälschten Bekenntnis zum

Mac McCaughan Non-Believers Merge / Cargo

Ein spätes Solodebüt mit einer sehr guten Ausrede: Mac McCaughan hat genug anderes zu tun. Er ist Frontmann von Superchunk, Familienvater und Betreiber einer der besten Indie-Plattenfi men der USA. Superchunk begleiteten seit 1989 als eine Art musikalischer Schatten die Karrieren von weitaus erfolgreicheren Indie-Bands der 1990er, Pavement etwa. Dass sie selbst nie aus der Nische herauskamen, dürfte Teil des Plans gewesen sein. Schließlich konnte die Band so bis heute in Ruhe im Hintergrund die Fäden ziehen. Etwa ein eigenes Label betreiben, das in den USA Heimat für Arcade Fire, Caribou oder Spoon wurde. Oder ihr Altern als rockende Eltern spiegeln, ohne wirklichen Druck zu spüren, irgendetwas zu sein oder zu tun, was sie nicht wollten. Im Ergebnis hieß das vor allem: lange musikalische Pausen.

DER SCHÖNSTE POKAL IST IMMER NOCH DER HELGA!® … und du bestimmst, wer ihn bekommt! Der Helga!® wird 2015 zum dritten Mal verliehen und nur du weißt, wer ihn gewinnen muss! Gib uns dein Voting unter festivalguide.de/derhelga Der Helga!® ist der unabhängige Festival-Award von Reeperbahn Festival & Festivalguide. In diesem Jahr entscheidet eine Fachjury aus Bands und Solo-Musikern, wer ihn gewinnt. Einzige Ausnahme ist die wichtigste Kategorie »Bestes Festival National« – hier entscheidet allein das Publikum. Stimm ab für dein Festival des Jahres und gewinne zwei Tickets für das Reeperbahn Festival, sowie zwei Plätze auf der Gästeliste für die Verleihung des Helga!® am 24.09.2015 im Imperial Theater, Hamburg. Mehr Infos über Festivals und den diesjährigen Helga!®-Award auf festivalguide.de. Presented by

Jetzt überrascht Superchunk-Frontmann Mac McCaughan mit seinem Solodebüt. Überraschend aus zwei Gründen. Erstens: Der Mann ist 47 Jahre alt. Zweitens: Es unterscheidet sich tatsächlich etwas vom SignatureSound seiner Stammband, einer Mischung aus schnellem Punk und zuckrigen Refrains, die von einem heiser klingenden Sänger intoniert werden. »Non-Believers« klingt nun eher wie eine Indie-Bedroom-Produktion aus Zeiten der Jahrtausendwende. DrumMachines und Synthesizer fassen die Stücke ein, unterdrücken die bei Superchunk übliche Verve und machen die Musik unscharf wie 1980er-Polaroids. Das tut McCaughans Songs sehr gut – auch wenn das Ergebnis ebenso aus der Zeit gefallen klingt wie Superchunk. Trotzdem: Wer sich beim letzten, eher mäßigen Superchunk-Album »I Hate Music« langweilte, kann hier glücklich werden. Felix Scharlau

die egalen letzten Alben, und dann saß Sängerin Mieze Katz auch noch in der »DSDS«Jury neben Bohlen und machte diesen undankbaren Job aber sogar ganz ordentlich. Irgendwie logisch, dass es auf ihrem neuen Album wechselhaft weitergeht. Ein seltsames Album, das eigentlich gar kein richtiges Album, sondern eher eine Sammlung von Songs ist, die ziemlich wenig miteinander zu tun haben. In manchen Stücken wie in dem Opener »Lauffeuer« und dem Semi-Hit »Sekunde« ist die Berliner Band ganz bei sich und ihren Ursprüngen mit den treibenden HiHats, den abgehackten Gitarren, einem Text, der Saltos schlägt und einer gut aufgelegten 1980er-Mieze am Mikrofon. Dann gibt es die verträumteren, artifizielleren Stücke, die an die »Zirkus«-Phase anschließen, wie »Einmal mehr« und das lustige, sehr berlinerische »Biste Mode«. Und dann gibt es leider auch jede Menge mit größtmöglicher Brutalität auf Club und Dancefl or produzierte ElectroStücke, die fast ausnahmslos misslungen sind und von Frida Gold stammen könnten, so tot und leer pumpen hier die Beats und Synthies. Schade um ein paar wirklich hübsche Lieder, aber mit diesem leider sehr geschmacksunsicheren Album gehen ehemalige Kernkompetenz und Bedeutung der Band weiter verloren. Benjamin Walter

Mia. Biste Mode We Love Music / Universal

Mia. schaffen es mit ihrem neuen Album »Biste Mode« höchstens in Teilen, an ihre eindringliche Anfangsphase anzuschließen. Die Geschichte der Band Mia. ist eine Geschichte mit wenigen Highlights, einigen Lowlights und viel Überflüssigem dazwischen. Die Handvoll wirklich toller, besonderer Songs, das gute Gespür für Style und Sound, die dumme Deutschtümelei der Frühphase,

The Milk Carton Kids Monterey Anti- / Epitaph / Indigo


MASCHINENRA UM MIT PHILIP FASSING Sommerloch? Nicht im Maschinenraum. Wo kein Licht hinkommt, spielen auch die Jahreszeiten keine Rolle.

Es ist nicht nur die Tracklist von Charles Duffs Debütalbum »Homesick« (Ghostly International), die sich wie das Inhaltsverzeichnis eines dystopischen Groschenromans aus den 1980ern liest. Der als Matrixxman bekannte DJ und Produzent soll angeblich eine Obsession für kontemporäre Science-FictionLiteratur und Verschwörungstheorien jeglicher Art pfl gen. Viel wichtiger ist allerdings, wie souverän der Kalifornier aus dieser Vorliebe eine abstrakt-technoide Parabel formt. Paul Lynch alias Slackk demonstriert derweil mit »Backward Lights« (R&S), wozu instrumentaler Grime heute noch fähig ist. Ähnlich wie auf seinem letztjährigen Album »Palm Tree Fire« türmt der aus Liverpool stammende Produzent fernöstliche Skalen zu wackeligen Melodietürmen auf, die – vom harten Stakkato der Drums erschüttert – jeden Moment zu kollidieren drohen. So bleiben unterm Strich sechs Titel, die ähnlich kurzweilig daherkommen wie ein betrunkener Abend mit Jenga-Turm. Breach hingegen kommt mit seiner EP »Dim Sum« (Aus Music) fast schon aufgeräumt daher, ziert sich aber auch nicht davor, seinen Breaks ein wenig Pathos zu gönnen. Vor allem das eröffnende Titelstück entwickelt sich nach hinten raus zu einem überraschend expressiven Crescendo für die Tanzfl che. Daran gemessen, fällt die Begeisterung für den Rest der EP eher nüchtern aus, den Titeln gehen bei allem Groove genau jene unerwarteten Wendungen ab. Bei Allen Wooton alias Deadboy weiß man dagegen ohnehin nie so richtig, was einen mit der nächsten Veröffentlichung erwartet. Kaum ein Produzent hat sich in den vergangenen Jahren derart wandlungsfähig gezeigt wie der junge Londoner. Mit »White Magick« (Local Action) dehnt Wooton den Radius weiter und kleidet seine vertrackten Bass-Synkopen in die kitschige Corporate-Klangästhetik der frühen 1990er. Nicht jedermanns Sache, aber konsequent risikofreudig. Auch Jamie Roberts alias Blawan ist nicht gerade das, was man einen klassischen CrowdPleaser nennen würde. Unter dem Namen Karenn entfesselt der Engländer zusammen mit Arthur Cayzer alias Pariah schon seit geraumer Zeit grimmige Techno-Improvisationen, deren Einfluss auch auf »Warm Tonal Touch« (Ternesc) deutlich zu spüren ist. Warm ist hier allenfalls die Patina der analogen Maschinen, mit denen diese schnörkellosen Versuchsanordnungen fabriziert wurden – alles andere schmeckt nach Ruß und Stahl.

Guter Zeitpunkt, um sich in die wohligen Melodiefetzen von Hackmans EP »Semibreves« (Halocyan) einwickeln und die geschüttelten Percussion-Loops auf sich einprasseln zu lassen. Das kann zumindest der Titeltrack leisten, der allerdings von Kinks ebenfalls enthaltenem Remix in den Schatten gestellt wird. Timo Maas türmt in seiner Neuinterpretation auf der B-Seite noch eine haushohe Bassline auf, die die Vorlage aber auch nicht wirklich groß ergänzen kann. Durchwachsen. Während muskulöser Bassline-House aus England nach wie vor den Ton angibt, stößt klassischer Minimal Techno derzeit nicht mehr auf ganz so viel Konsens. Umso schöner, wenn ein routinierter Produzent wie Mathias Kaden seinem Stil dennoch treu bleibt und das auch auf Albumlänge überzeugend transportiert. »Energetic« (Freude am Tanzen) hat zehn verspielte Titel, die sich erfreulich viel Raum gönnen, um ihre kompakten Grooves zu entfalten. »The Dusun Sessions« (Mouthwatering) von Bass Sekolah entstand ausschließlich in einem Studio des Berembun Forest Reserves – also mitten im malaysischen Regenwald. Dort lud sich das Duo illustre Gäste wie Perera Elsewhere, Daedelus oder Phon.o ein, um diese elf kollaborativen Songs aufzunehmen. Ein ungewöhnliches Projekt, bei dem das Setting weitaus mehr als nur Kulisse ist und sich deutlich in den facettenreichen Songs niederschlägt. Ähnlich eklektisch lässt es Pascal Terstappen alias Applescal auf seinem vierten Album »For« (Atomnation) zugehen. Was hier im Schnelldurchlauf leicht fahrig anmutet, stellt sich bei genauerer Betrachtung als erstaunlich durchdacht heraus. Hängen bleiben dabei vor allem die klassischen Electronica-Momente, wie man sie auch von Labels wie Morr oder Plug Research kennt. Das Cover von »Time Is Running« (Kompakt) mag Michael Mayer und Reinhard Voigt als ergraute Techno-Eminenzen inszenieren, der Eröffnun stitel »The Stickler« mutet mit seinem treibenden Percussion-Loop und dem mächtigen Sägezahn-Bass dagegen alles andere als verbraucht oder gestrig an. Mehr braucht es eben manchmal gar nicht. Boris Mezga alias Comfort Fit bewunderte man bisher vor allem für seine zwischen abstraktem HipHop, Electronica und Dub schwingenden Shuffl -Exzesse. Von denen ist auf seiner EP »Mezga« (Musik Krause) allerdings nicht mehr viel zu hören. Allenfalls der Jazz ist den verspulten Versuchsanordnungen noch anzuhören. Das mag nicht besonders zugänglich sein, dafür aber auch alles andere als faul oder gar einfallslos. Ein bisschen von den eigenen altbewährten Formeln abzuweichen hat schließlich noch niemandem geschadet.


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#Review Als eine Art kalifornische Version der Kings Of Convenience sollten The Milk Carton Kids bald auch in Europa durchstarten. Auch wenn Blur 1999 in ihrem rührenden Video zu »Coffee & TV« daran erinnerten, gibt es die zwiespältige Tradition der Abbildung vermisster Kinder auf Milchkartons schon seit etwa 30 Jahren nicht mehr. Es passt aber ganz gut zu der Musik der Milk Carton Kids, dass sie sich mit ihrem Bandnamen auf diesen wenig eff zienten Versuch der öffentlichen Suche beziehen. Schließlich war diese in ihrer kalifornischen Heimat seinerzeit sehr präsent, schließlich erinnert auch ihr von Country infizierter Folk stark an die Hochzeiten des Stils in den 1960ern und 1970ern. Die Milk Carton Kids sind ein Grammy-nominiertes Duo an akustischen Gitarren, das an Kollegen wie Simon & Garfunkel oder Kings Of Convenience erinnert, seine Songs aber vom rauen Americana-Vibe des Westens und der grellen kalifornischen Sonne gerben lässt. Deshalb klingen sie im Vergleich zu den ikonischen Kollegen nicht so betulich, aber nicht weniger stimmungsvoll. Manchmal scheint auch ein dezent fli rendes Tex-Mex-Flair durch, das die Heimatverbundenheit der Band unterstreicht. Zentral sind aber ein hervorragendes Songwriting und das gekonnte Wechselspiel an Gitarren, die The Milk Carton Kids stärker in den Fokus rücken dürften. Christian Steinbrink

Nosaj Thing Fated Innovative Leisure / Rough Trade

Nosaj Thing entledigt sich für seinen abstrakten R’n’B allen geschichtsträchtigen Ballasts und gibt geschmackssicher einen Einblick in mögliche Zukunftsmusik. 15 Tracks in einer guten halben Stunde, und dennoch ist »Fated« luftig gepackt. Das dritte Album von Nosaj Thing ist unaufgeregter Abstrakt-R’n’B, der seine Energie aus Reduktion schöpft – ein Phänomen, das einem jeder Suppenkoch erklären kann. In der musikalischen Kraftbrühe des jungen Produzenten aus L.A. schwimmen jedenfalls nur gute Zutaten, wenn auch nicht viele. Den Tracks wird an Stützstruktur nur das Nötigste mitgegeben, doch formlos oder gar beliebig wirkt »Fated« nie. Die einzelnen Versatzstücke sind so angeordnet, dass jedes auch den maximal erzielbaren Punch erzielt. Da braucht so ein Element schon einmal Platz, auf dem sonst nicht viel passiert – einen langen Hebel sozusagen. Da wirkt der würdevolle Gastauftritt von Chance The Rapper beinah schon frivol. Vielleicht klingt Nosaj Thing darum so sehr nach Zukunftsmusik, weil so wenig drinsteckt, was überhaupt altern kann. Natürlich werden die Roboter nach der Revolution ganz andere Musik hören, aber als Soundtrack zur Vorstellung, wie das Universum langsam den Wärmetod stirbt, taugt »Fated« ganz vorzüglich. Michael Weiland

Monophonics Sound Of Sinning Transistor Sound / Broken Silence

Northern Soul, der nicht schon eine halbe Ewigkeit auf dem Buckel hat? Die

Monophonics beweisen, dass dieser Sound im Jahre 2015 noch möglich ist. Es ist 11:16 Uhr, ein stinknormaler Sonntagmorgen im Mai. Doch halt! Stinknormal?! Irgendwas stinkt doch hier zum Himmel. Während sich der Rest der Stadt gerade im Bett umdreht oder ein frisch geschmiertes Croissant in den Mund schiebt, verspürst du plötzlich das dringende Bedürfnis, deinen Hintern zu schütteln. Dafür sind drei halbwegs plausible Erklärungen denkbar: a) Du bist feiermäßig absolut nicht ausgelastet, b) du bist verwirrt und es ist erst Samstagabend oder c) du hörst gerade das neue Album der Monophonics. Richtig ist Antwort c. Schon nach wenigen Takten hast du dein perfektes Sechs-Minuten-Ei vergessen. Monophonics sind eine fünfköpfig Männercombo, die dich mit fluffige SixtiesGesang, fuzzy Rock’n’Roll-Gitarren, bollernden Bassläufen und Orgeln sowie Bläsern wuschig macht. Doch wie nur gelingt es dieser Band aus San Francisco, in der heutigen durchmodernisierten E-Welt einen solchen Oldschool-Sound auf ihr neues Album zu bannen? Vermutlich liegt’s unter anderem am alten Tascam-Achtspurgerät, das sie für »Sound Of Sinning« benutzt haben und das diesen selbst ernannten Psychedelic Soul zu dem macht, was Musikproduktionen sich eigentlich schon vor Jahrzehnten abgewöhnt hatten. Play it again, Sam! Senta Best

Die bloße Existenz der Musikschublade »Math-Rock« liegt möglicherweise nur in der Verzweiflung des Zuhörers begründet, die komplexen Songkonstrukte mancher Bands allumfassend verstehen zu wollen: Ambitionierte, versierte Musiker kreieren mit Agonie, einem Haufen komplexer Effekte und graden wie ungraden Taktarten eine alles niederwalzende Klangmaschine. So wie die vier Herren aus Luxemburg, die es beeindruckend schaffen, verzerrte Bassläufe, verschachtelte Schlagzeugfills und schwebrige, teils stark verfremdete Gitarrenmelodien und Arpeggien zu einem Block aus Aggression und Harmonie zu verdichten. Zehn schnelle Songs, die zwar alle eine eigenständige Melodiestruktur besitzen, welche sich aber erst nach mehrmaligem Hören freischälen lässt. Klar, Rock kommt in Form von geballten Gitarrenakkorden auch vor, wandelt sich aber im Gesamtkontext von der Pose zum bewussten Akzent. Eine Neuerung ist der Verzicht auf ScreamoGesangseinsätze: »Digital Tropics« kommt komplett instrumental daher, lässt aber nichts vermissen. Eher bringt es noch mehr klangliche Klarheit in die Songs, an denen sich auch so gestandene Genre-Kollegen wie Russian Circles mittlerweile messen lassen könnten. Klaas Tigchelaar

Jim O’Rourke Simple Songs Rangleklods Straitjacket Tambourhinoceros / Broken Silence

Rangleklods zum Duo wachsen zu lassen war eine blendende Idee. »Straitjacket« zeigt, wie Electro-Pop 2015 klingen muss. Das ist doch ...? Nein, da haucht nicht FKA Twigs durch ihre Zahnlücke, sondern Pernille Smith-Sivertsen, neues Goldkehlchen bei Rangleklods. Auf dem Debüt 2012 war Esben Andersen noch solo unterwegs. Die personelle Verstärkung tut dem Act nun mehr als gut. Auf der Single »Lost U« verschmilzt Smith-Sivertsens zauberhafte Stimme mit dumpfen Bass-Beats, und das Hörer-Herz tut es ihr direkt nach. Andersen, für perfektionistische Tüftelei bekannt, beweist: Wer kann, der kann verdammt noch mal auch. Vom düsteren Understatement bei »Happy In The Gutter« über den Klang gewordenen Chemiebaukasten »Dry Me Out« oder das epische »Schoolgirls« foltert Andersen die Maschinen so lange, bis auch das letzte Quäntchen rausgeperlt ist. Weniger Gitarren-Riffs und mehr märchenhafte Melodien als zuvor machen »Straitjacket« fast schon lächerlich zeitgeistig. So klingt 2015 abseits von kuhäugigen Folk-Barden. Carlotta Eisele

Drag City / Rough Trade

Entkoppelt euch von der Zeit, denn Jim O’Rourke spricht wieder zu uns. Das Jahrzehnt des Schweigens endet. Der große Meister fin et seine Stimme wieder. Klassischer Pop, auf Augenhöhe mit den großen amerikanischen Songwritern der 1970er. Manchmal gibt es einfach keinen Grund. Jim O’Rourke sah keinen. Er schwieg, er produzierte Wilco, er experimentierte, er veröffentlichte teils krude, teils bewegende Instrumentalwerke, remixte Neneh Cherry und verschwand langsam von der Bildfl che. Der ehemalige Gastr-Del-Sol- und Sonic-Youth-Mann war immer da, aber nie greifbar. Das ändert sich nun mit »Simple Songs«. Zum Glück. »Nice to see you once again, been a long time, my friends, since you crossed my mind at all.« Die ersten Worte auf dem sich langsam entfaltenden AlbumOpener »Friends With Benefi s« sagen es. Fernab jeder Hektik knüpft »Simple Songs« an O’Rourkes letztes Pop-Album »Insignificance« an und verortet sich tief im klassischen US-Rock der 1970er. Steely Dan, The Band, dort ein Randy-Newman-Schnipsel und hier ein wenig Warren Zevon. O’Rourke nahm sich für seine Rückkehr fünf Jahre Zeit. »We better get going. Not much left to see for you if we wait for the sun to go down«, singt er im zeitlosen »Hotel Blue«, einem dieser Lieder für die Ewigkeit. Der erste Schritt zum Alterswerk, noch mit der Kraft für Pathos und große Instrumentierung. Steht ihm ausgezeichnet. Stephan Uersfeld

Mutiny On The Bounty Digital Tropics Redfield / l!ve

Die Luxemburger legen mit ihrem dritten Album die bislang dichteste und gleichzeitig erste vollinstrumentale Blaupause einer mitunter nerdigen Musikrichtung vor.

Kein Spaß mehr für Of Monsters And Men: Anstatt einen eigenen Sound auszuformulieren, dockt ihr zweites Album an die aktuelle Erfolgsformel von Stadion-IndieBands wie Mumford & Sons an. Man kann von Of Monsters And Mens zweitem Album einiges lernen. Zum Beispiel: Songs zu schreiben und Musik aufzunehmen ist kein Spaß mehr, wenn man erst mal, wie die Isländer mit »Little Talks«, den Durchbruch geschafft hat. Sondern harte, bis ins Detail durchkalkulierte Arbeit. Da ist kein Platz mehr für Schrullen, für die eigene Note oder für Ausprobiererei. Denn alle Beteiligten wissen, was es aktuell braucht, um das Erfolgslevel zu halten und Stadien zu füllen. Die Frage ist nur: Können Of Monsters And Men (sich) das jetzt schon leisten? Oder sind sie eigentlich nur das One-Hit-Wonder, das ohne ähnlich erfolgreiche nächste Single im Meer der Beliebigkeit versinkt? Dass die Isländer jetzt noch einen eigenen Sound ausformulieren würden, hatte eh keiner mehr erwartet. Und so klingt »Beneath The Skin«, wie auch schon Mumford & Sons’ neues Album klingt: Es ist softer Indie-Rock mit nur noch einer Ahnung von Folk, dafür durchweg theatralisch aufgeblasen und mit massig Hall auf Gesängen und Gitarren. Kaum ein Song hat noch eine clevere Idee, wichtiger ist ein zäher Kleister aus Pathos, der selbst schöne Melodien übertüncht – eben wie Arcade Fire in schlecht. Die Ballade »Organs« mag noch als hübscher Ausreißer durchgehen, vielleicht auch die dramatische zweite Single »I Of The Storm«, für den Rest kann man Of Monsters And Men aber getrost in Richtung Gleichgültigkeit verabschieden. Egal, ob erfolgreich oder nicht. Christian Steinbrink

Of Monsters And Men Beneath The Skin Republic / Universal / VÖ 05.06.15

Nocturnal Sunshine Nocturnal Sunshine I/AM/ME / Rough Trade

Maya Jane Coles produziert unter ihrem Alias Nocturnal Sunshine die Dub-Platte für oder besser gegen den erneuten TorySieg auf der Insel. »Wo warst du eigentlich 1992? « Diese leicht provokante Frage, die schon 2008 vom britischen Produzenten Zomby kam, lässt sich mit diesem Album wieder neu stellen. Nocturnal Sunshine, nicht allein ein Alias der House-Produzentin Maya Jane Coles (»What They Say«), sondern laut Eigenaussage eine eigene musikalische Vision, setzt da an, wo sich vor allem Burial, Actress und eben Zomby schon länger reinarbeiten. Genre-Bezeichnungen – sei es (Post-)Dubstep, Post-Rave, was auch immer – kann man jetzt durch die Gegend fli gen lassen, richtig zu fassen bekommt man diese Platte damit aber nicht. Wir lassen lieber mal die Musik selbst um uns schwirren. Im Homestudio gefertigt, wirken die meisten Tracks locker produziert, häufig bewegt man sich frei zwischen genuiner Soundproduktion, Gesang und Sampling. Die besten Momente sind die, wenn wie bei der Single-Auskopplung »Take Me There« der ganze (Tech-)House-Schmand weggelassen wird. Während etwa »Believe« mit dem Sänger Chelou wie eine schlechte SBTRKTVeröffentlichung klingt, kann »Take Me There« mit Retro-Pitch-Sample wirklich an 1992 erinnern. Dabei beruft sich Nocturnal Sunshine auf das gleiche Ideengerüst wie die drei zuvor Genannten: Welche Verheißung gab es im Rave Anfang der 1990er? Und was wurde an Glücksversprechen alles nicht eingelöst? Wenn man jetzt noch das zu vernachlässigende »Down By The River« weglässt und sich



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#Review

Phantom Winter Cvlt Golden Antenna / Broken Silence

Spektakel

Hiatus Kaiyote Choose Your Weapon Flying Buddah / Sony

Hiatus Kaiyote sollten mit ihrem Future Soul von Down Under die Welt erobern. Mindestens.

Können all diese Leute irren? ?uestlove, Erykah Badu, Q-Tip, Prince, Pharrell und auch Gilles Peterson? Natürlich können sie, im Prinzip schon. Haben sie in diesem Fall aber nicht. Sie alle sind nämlich restlos begeistert von Hiatus Kaiyote, dem frischen Quartett aus Melbourne, und verbreiten die Botschaft vom »multi-dimensional, polyrhythmic gangster shit«. Den gab es erstmals auf dem Debüt »Tawk Tomahawk«, das die Band 2012, ein halbes Jahr nach ihrer Gründung, via Bandcamp veröffentlichte. Die Single »Nakamarra« wurde noch einmal mit Q-Tip eingespielt und führte prompt zu einer Grammy-Nominierung. Es folgten ausgedehnte Tourneen rund um den Globus, auf denen das Material für das Zweitwerk entstand. Und was für Material! Die 70 Albumminuten sind ein Trip durch Soul, Jazz, Prog, R’n’B und Electro. Erinnerungen an Massive Attack, Nicolette, Lauryn Hill und Björk huschen vorbei, die Australier selbst zählen auch noch Namen wie J Dilla, Stevie Wonder, Flying Lotus und Led Zeppelin zu ihren Vorbildern. Trotzdem bleibt der Sound unvergleichlich: vertrackt, verspielt, verdammt aufregend, dabei aber äußerst zugänglich und tanzbar. Dazu gibt es Lyrics mit großer inhaltlicher Bandbreite: Vom Tod des Vaters von Sängerin Nai Palm (»By Fire«) bis hin zur Liebeserklärung ans Retro-Gaming (»Atari«) reichen die Themen. Ohnehin sprengt das Songmaterial das Albumkonzept, auch in diesem Sinne ist das »Future Soul«. Aber selbst in kleinen Dosen genossen ist diese Platte schlicht spektakulär! Claudius Grigat

Es ist die Last der großen Tat, unter der Phantom Winter ihr Debütalbum aus der Finsternis meißeln. Schließlich wiegt ihr Erbe als Quasi-Nachfolgeband der allseits verehrten Instrumental-Doomer Omega Massif tonnenschwer. Das Würzburger Quartett Phantom Winter macht es sich alles andere als leicht. Sicher ist die Vergangenheit an vielen Stellen präsent. Anstatt jedoch mal eben die alte, erfolgserprobte Dampfwalze neu zu lackieren, versenken sich die Musiker noch tiefer in die ewige Nacht der Seelen, die sie seit jeher umtreibt. So versehen sie ihren maximal runtergebremsten, schleifenden Sludge mit einer eisig schimmernden Psychedelik, die, in Kombination mit dem hysterischen Keifgesang, fast für Befremden sorgt. Denn gerade die Black-Metal-Lastigkeit der Stimme wirkt zunächst etwas aufgeflansch , ja, verkrampft. Nach mehrmaligem Hören stellt sich jedoch ein ähnlich verdorben schwärender Zauber ein, der schon bei der Vorgängerband die Herzen tiefer und langsamer schlagen ließ. Nein, ganz so zwingend und malmend wie Omega Massif ist das vielleicht nicht. Weniger irden. Weniger karst. Verrätselter. Dafür birgt ihre Musik eine neblige Weite, die immer wieder von schartigen Klangmonumenten durchbrochen wird, die allerdings nur undurchdringlich und schroff wirken, denn in Wirklichkeit gleichen sie eher vorbeiwandernden Wänden fetten Rauchs, die aus kahlem Riff-Geäst emporsteigen. Die Wucht ist somit mehr Geste als Präsenz, gerade deswegen entfaltet diese grimmige Tristesse eine leicht befremdliche, abweisende und zugleich einlullende Wirkung. Wie ein Winter, der sich im Kopf festgesetzt hat und die Hoffnung narrt. Wie ein Phantom Winter. Ulf Imwiehe

verdanken. Wie diese Frau nonchalant zwischen infernalischem Gekreischfauche und glockenklarem Timbre wechselt, ist nicht nur rein vokaltechnisch beeindruckend, es entkoppelt auch Erwartung von Erfüllung und führt in Bereiche, in denen Wunde und Verwundeter eins werden. Ganz zu schweigen von der Heilung, die dieser Gesang in seinen belebenden Momenten verspricht. Aber was ist Heilung schon anderes als ein herausgezögerter Tod? Grimmig die Gewissheit. Selbstvergessen und verächtlich der Trotz angesichts dessen. Bombenstark die Musik. Hoch die Fäuste! Ulf Imwiehe

Rose Windows Rose Windows Sub Pop / Cargo

Kaum hat man den Psychedelic-Rock der Rose Windows ins Herz geschlossen, heißt es schon wieder Abschied nehmen: Die Band hat sich vor dem Release ihres zweiten Albums getrennt. Rose Windows galten all jenen als die neue Hoffnun , für die The Flaming Lips zu sehr zum Treppenwitz mit Konfettikanone mutiert sind. Ihr selbstbetiteltes zweites Album, das in einem Studio in Bogalusa, Louisiana entstand, fällt gradliniger aus und ist tiefer denn je im Classic Rock verwurzelt. Es enthält neun Stücke lang psychedelischen Hippiekrawall und Harmonie. Dabei macht die Band kaum etwas falsch und gleichzeitig klar, was mit ihr über Bord geht. Mit Stücken wie »Glory, Glory« holen die Musiker Fans von Thee Oh Sees und Led Zeppelin gleichzeitig ab, und die Ballade »Come Get Us Again« baut sich langsam vor dem Hörer auf, um ihn schließlich in ihre tröstenden Arme zu nehmen. Das größte Verkaufsargument des Kollektivs aus Seattle ist Sängerin Rabia Shaheen Qazi. Diese singt, als wüsste sie, dass es für die Rose Windows keinen Morgen mehr geben wird. Am Ende hört man bei »Hirami« im Hintergrund der Worte »Soon we’ll be cruisin’« ein leises Schluchzen und merkt, dass es das eigene ist. It could have been a brilliant career. Sebastian Jegorow

Rolo Tomassi Grievances Holy Roar / Al!ve

auf die starken Momente konzentriert, lässt sich doch noch Glück empfinden und an eine befreite Gesellschaft glauben. Lars Fleischmann

Eric Pfeil Die Liebe, der Tod, die Stadt, der Fluss Trikont / Indigo

Eric Pfeil kokettiert mit dem Teufel und präsentiert sich einmal mehr als höchst versierter Geschichtenerzähler. Dass der Mann schreiben kann, weiß man seit seinen Pop-Tagebüchern; dass er auch

tolle Songs draufhat, sollte man sich merken. Auf seinem zweiten Album, dessen Titel seinen Inhalt trefflich zusammenfasst, inszeniert Eric Pfeil einen düsteren Liederreigen, der mit einem Auftrag für einen depressiven Detektiv beginnt und in einer staubigen Stadt spielt, in der Schauspielerinnen spurlos verschwinden und Menschen aus Schaum sind. Eric Pfeil hat einen Kosmos geschaffen, in dessen Zentrum er als Erzähler mit der Gitarre vor einem heruntergekommenen Saloon auf der Veranda sitzt, mit dem Teufel Whiskey trinkt und betrachtet, wie alles um ihn herum den Bach runtergeht. All diese wunderbar pointierten Texte über ein seltsam machtloses Leben zwischen Liebe (verloren), Tod (zwangsläufi ), Stadt (Gefängnis) und Fluss (eigentlich ein Bach) singt er zu sehr organisch gehaltenen Arrangements. Diese Naturbelassenheit steht den 15 Stücken, die zwischen Country und Liedermacher-Pop hin und her schlingern, vorzüglich. Schönes musikalisches Kopfkino. Kristof Beuthner

Sheff eld ist ein Ort, der für seine Hässlichkeit berüchtigt ist. Wie im Antlitz ihrer Heimatstadt liegen auch in der Musik von Rolo Tomassi Schroffheit und Zerbrechlichkeit dicht beieinander. Es ist eine hohe Kunst, komplexe Kompositionen, noch dazu im Bereich der groben Stromgitarrenmusik, so schlüssig zu arrangieren, dass sie nicht danach klingen, als habe man die Riffs per Rechenschieber und CAD-Programm zusammengedengelt. Noch höher ist die Kunst, solche Klänge so vehement darzubieten, dass es in den Pits dieser Welt zu ekstatischem Flugverkehr kommt, während sich die Vollzeit-Nerds mit Stoppuhr und Notizblock an den Rändern des Schlachtfelds der Protokollierung des Getümmels vor und auf der Bühne widmen und verdammt noch mal alle dabei glücklich werden. Den Math-Core-Ästheten Rolo Tomassi gelingt genau dieses Kunststück auf ihrem vierten Album mit Bravour. Das ist, neben den makellos ausgeklügelten, aber nie blutarmen Songs, vor allem Sängerin Eva Spence zu

Rocko Schamoni & L’Orchestre Mirage Die Vergessenen Staatsakt / Universal

Worüber der geneigte Intro-Rezensionsleser Rocko Schamoni heute vornehmlich kennt: seine Bücher und seinen Part bei dem Pointen-Superlativ-Trio Studio Braun. Aber eigentlich ist Rocko ja einst als Musiker ins Rennen gegangen. Diverse gesetzlose Schlageralben mit Punk-Background zeugen von Rockos immenser musikalischer Affini ät – die frühsten rühren dabei noch aus den späten 1980ern, Helmut Kohl und so. Doch mit seiner letzten Platte (»Rocko Schamoni & Little Machine«, 2007) ging die gagmäßig nicht abgefederte Message einher: Das war’s jetzt! Nicht, weil ihm nichts mehr einfiele, nicht, weil er keine Lust mehr hätte – nein, Rocko



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#Review einen Moment träumen zu dürfen ist eines der vielen Verdienste dieses Großprojekts. Linus Volkmann

Spektakel

Hudson Mohawke Lantern Warp / Rough Trade / VÖ 12.06.15

Sechs Jahre ist es her, dass Hudson Mohawke zusammen mit einer Handvoll anderer Produzenten das Verständnis von instrumentaler HipHop-Musik umgekrempelt hat. »Lantern« mag vielleicht keine Revolution mehr auslösen, stellt aber in jeglicher Hinsicht einen würdigen Nachfolger des Debüts dar.

Es ist durchaus beeindruckend, was sich alles getan hat, seitdem die letzten Zeilen über ein Album von Hudson Mohawke geschrieben wurden. Damals war der Schotte, mit bürgerlichem Namen Ross Birchard, noch der blasse Sonderling mit eigenartigen Playstation-Beats. Ein Zeitgeist-Phänomen, das nach seinen »15 Minutes Of Fame« wieder in die Tiefen des SoundCloud-Kosmos’ verschwinden würde. Von wegen. Sechs Jahre später ist Birchard einer der gefragtesten HipHop-Produzenten der Welt. Dementsprechend müsste er eigentlich nur ein paar Skizzen aus seiner Festplatte schütteln, und alle würden jubeln. Umso höher ist es ihm nun anzurechnen, dass »Lantern« so klingt, als hätte sich hier jemand wirklich reingekniet, als ginge es noch mal um den ersten Plattenvertrag. Es ist ebenfalls bemerkenswert, dass Mohawke auf große Namen verzichtet – zumindest gemessen daran, dass er wirklich jeden hätte haben können. Neben Gastbeiträgen von Jhene Aiko und Miguel ist es aber vor allem Antony Hegarty, der für den unwahrscheinlichsten Höhepunkt sorgt. Der hypersensible Prinz der Queerness trifft auf den breitbeinigen Shootingstar des intrumentalen HipHop – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Tatsächlich zeigt sich hier aber die Tragweite von Birchards Talent. Schließlich ist es der Job eines Produzenten, auf die individuellen Eigenschaften seines Partners einzugehen. Und das macht er nicht nur hier meisterhaft. Philip Fassing

machte deutlich, dass sich Plattenaufnahmen nicht mehr lohnen würden. Der gern gehörte Künstler, dessen Alben man aber nicht (mehr) kauft – eine Sackgasse. Zum Glück stellte diese Abkehr hin zu realistischeren Geldgebern wie Theater und Buch keinen Abschied dar. Das Publikum ging gern mit. Doch die Sehnsucht nach Musik blieb, daran konnte auch die Studio-Braun-Platte zu ihrer eigenen Fake-Combo Fraktus nichts ändern. Rocko wollte Swing, umgedeuteten Schlager, wollte musical Emotions. So startete er 2014 die Crowdfunding-Aktion zu diesem Album, um der Finanzscheiße von der Schippe zu springen. Mithilfe des Frankfurter Mousonturms gelang die (horrende) Vorkasse – und Rocko konnte ohne Not, aber mit großem Orchester handverlesene Stücke der Vergessenheit entreißen. Ein Liebhaberprojekt, das

perfekt die Kauzigkeit und den umarmenden Elder-Statesman-Status von Rocko in eins zu gießen weiß. Die Orchesterversionen von unter anderem Die Regierung, F.S.K. oder den Lassie Singers ehren die Originale, wissen ihnen aber genauso neue Kniffe und andere Akzentuierungen zu verleihen. Hört man das – im eigenen Milieu streng genommen gar nicht vergessene – »Das Zelt« von Jeans Team, weiß man auch sofort, dass diese Platte den Aufwand und die Kohle so was von gelohnt hat. Pathos und Gänsehaut dienen bei dem Stück nämlich mal nicht stumpfwohliger Selbstvergewisserung, sondern einem hymnischen Moment, der sonst nur aufpoppt, wenn man angetrunken auf der Demo »Die Internationale« grölt. »Das Zelt« in der Rocko-Version ist das Stück einer Welt, wie sie sein könnte, aber nie sein wird. Sie

Saun & Starr Look Closer Daptone / Groove Attack

Die Background-Sängerinnen von Sharon Jones legen ihr erstes eigenes Album vor. Obwohl man darauf den erwartbaren Mix aus aufbrausendem Soul und Funk vorfin et, ist diese Platte eine Bereicherung für das kultisch verehrte Label Daptone. Saundra Williams und Starr Duncan Lowe haben sich längst aus der Rolle der Mitsängerinnen freigegroovt: Die erste Single »Hot Shot« avancierte direkt zur bestverkauften Single des Funk- und Soul-Labels Daptone. Die Backing-Band von Sharon Jones, The Dap Kings, sorgte auch hier für die harmonische Mischung aus zackigen Rhythmen und gefühlvollen Bläsersätzen für die cremezarten Gesangsharmonien der beiden Damen, deren Eindringlichkeit im krassen Gegensatz zu den tieftraurigen Texten steht. So muss das halt in der Welt der wahren Soul- und FunkMusik sein. Glaubt man dem Label, steckt die typische Ghetto-Karriere hinter dem wohlverdienten Erfolg von Williams und Lowe. Mit Talent und Ausdauer sangen sie sich in das Ensemble von Sharon Jones, durften dann als The Dapettes im Liveprogramm nach dem Hauptset ein paar Coversongs vortragen und schließlich auch eigenes Material präsentieren. Das eigene Debütalbum markiert einen weiteren Schritt, fügt sich nahtlos in das stets wiedererkennbar und authentisch klingende Labelprogramm ein und wird neben Labelchef und Produzent Gabriel Roth sicherlich auch viele Soul-Fans glücklich machen. Klaas Tigchelaar

Shamir Ratchet XL / Beggars / Indigo

Respektloses Sound-Geplünder von der schönsten Kopfstimme seit Prince: Der Bub aus Las Vegas klingt so neonfarben wie seine Heimatstadt. Im Blindtest würden die meisten Leute Shamir wohl erst einmal für ein Mädchen halten: Das genderverwirrte Etikett »androgyn«, das man zuverlässig im Zusammenhang mit dem 20-Jährigen aus Las Vegas liest, muss man eigentlich weniger auf die Stimme als auf das Gesamtpaket beziehen. Dem hohen, klaren, beherrschten Gesang wird auf dem Debütalbum »Ratchet« ein glitzerndes Podest aus aufgeregt hoppelnden und lässig shufflenden Electro-Pop-Tracks gebaut. Disco und 1980er-Pop sind deutliche Einflü se, durchzogen mit housiger Beat-Eff zienz und quietschvergnügtem Kuhglockengebimmel. Das Ganze bereitet vor allem deswegen Freude, weil der Retro-Aspekt gar nicht als im Kotau eingefrorene Huldigung daherkommt, sondern vielmehr als respektlose Erkundungstour durchs Sound-Archiv. Shamirs Talent als Songwriter glänzt vor allem, wenn der Fuß mal kurz vom Gas geht: Das von wummernden Orgelakkorden getragene »Darker« klingt wie Prince als Indie-Pop-Act.

So viel Intensität ist ihm wohl selbst unheimlich: Zum torkelnden Rausschmeißer »Head In The Clouds« lässt sich dann wieder trefflic Autoscooter fahren. Michael Weiland

Snoop Dogg Bush Columbia / Sony

Snoop Dogg gibt gemeinsam mit Hitmaschine Pharrell den Funkjoker und feiert seinen zweiten Frühling. »R&G (Rhythm & Gangsta): The Masterpiece«, das letzte Album, das Snoop Dogg ausschließlich mit Pharrell Williams aufgenommen hat, ist gerade zehn Jahre alt geworden. Eine Platte, die ihn durch solche Genialitäten wie »Drop It Like It’s Hot« oder »Signs« mit Justin Timberlake und Charlie Wilson auf ewig in den Pop-Olymp katapultiert hat. Schon damals überzeugte das Dream-Team durch eine sexy Symbiose aus funky Feel-good-Beats von Pharrell und Snoops Vortragsweise, die nur noch am Rande etwas mit Rap zu tun hatte. »Bush« lässt Beats und Raps jetzt endgültig hinter sich, vielmehr vereint das Album das Beste aus Spielarten wie dem G- oder P-Funk sowie dem Soul der 1970er. Da ist viel Musik, zu der sich perfekt schunkeln, schmusen und schnipsen lässt: der tiefenentspannte Opener »California Roll« mit Stevie Wonder an der Mundharmonika, das schwülstige »Peaches N Cream« mit Charlie Wilson oder die klassische Pop-Abfahrt »Run Away« mit Gwen Stefani. Aber auch alleine macht der neue Snoop das ganz fantastisch. Ein Album, das von vorne bis hinten einfach nur Spaß macht. Wollen wir hoffen, dass das nach dem »Rastafari«-Dilemma nicht wieder nur eine Phase ist. Jan Wehn

Summer Camp Bad Love Moshi Moshi / Coop / PIAS / Rough Trade

Jeremy Warmsley und Elizabeth Sankey teilen sich Bühne wie Bett und können trotzdem nicht aufhören, von zerbrochenen Beziehungen, quälendem Liebeskummer und welterschütternden Jugendproblemen zu singen. Im »The O.C.«-Universum trifft Seth Cohen bei einem Killers-Konzert im Bait Shop diese Typen Jim und Jack, die ihm richtig gut dabei helfen, seinen Summer-Liebeskummer runterzuspülen. Er verschenkt selbst gebrannte Death-Cab-Mixtapes zu Weihnukka und war mein erster richtiger Nerd-Crush, dem ich mich mit 13 vor dem Bildschirm hingegeben habe. Seth Cohen war meine Einstiegsdroge in eine bis heute anhaltende IndieSucht. Die Playtaste zu »Bad Love« einmal gedrückt, schießt es mich plötzlich zurück in die mittleren 2000er. Auf einmal sehe ich Seth zu »Horizon« auf seinem Skateboard den Pier runtersausen, zu »Angela« kommt es zwischen Ryan und Marissa zum ersten Kuss, und »Bad Love« ist der Soundtrack zu einem Segeltörn des Vierergespanns unter kalifornischer Sonne. Och, schön – bis ich die


Jamie xx

In Colour

Das Soloalbum CD/LP/LPLimited out now

SOAK.

CULTURE OF VOLUME

SHAMIR

PALMA VIOLETS

CD LP DL out now

CD/LP/DL out now

CD / LP / DL out now

EAST INDIA YOUTH

BEFORE WE FORGET HOW TO DREAM

CD / LP / DL out now

Ratchet

DANGER IN THE CLUB

ALABAMA SHAKES Sound & Color

CD / LP / DL out now


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#Review Irland aus den Wörtern Soul und Folk gebildet – angeblich. Wer einen so komplizierten Namen wie Bridie Monds-Watson trägt, tut an einem Pseudonym tatsächlich gut. Aber ausgerechnet Soul und Folk – diese beiden Genre-Angaben sind für die zugegebenermaßen kleinkarierte Schubladenautorin im Normalfall Ausschlusskriterien. Glücklicherweise hat »Before We Forget How To Dream« es am Genre-Zoll vorbeigeschafft. Und läuft seitdem. Immer und immer wieder. Gut, dass weder ihre Musik noch Soak selbst irgendein Klischee zu erfüllen bereit scheint. Mit ihren kurzen Wuschelhaaren, dem leicht trotzigen Blick, den Tunnelohrringen und dem Lausbubengesicht wirkt sie eher aufmüpfig als zerbrechlich, ruft eher Assoziationen wie Punk oder Riot Grrrl als zarte Melodien, glockenklare Stimme und Akustikgitarre hervor. Also hinfort mit jeglichem Genre-Gesocks! Danke! Senta Best

Spektakel

Jamie xx In Colour

Young Turks / XL / Beggars / Indigo

Die Farben, von denen der Titel des ersten Jamie-xxAlbums kündet, dürften gedeckt ausfallen. Schließlich regiert dort, wo das Doppel-X prangt, normalerweise Schatten. »In Colour« revidiert diese Regel jedoch.

Jamie Smith macht gleich in den ersten Sekunden seines Debütalbums klar, was Sache ist: keine geflüsterten Sehnsuchtsbekundungen, keine Young-Marble-GiantsGedächtnis-Riffs. Dafür markerschütternde Sub-Bässe und Spoken-Word-Schnipsel aus dem Jungle-Archiv. Kurz: »In Colour« soll weit mehr sein als nur eine Instrumentalversion von The xx. Es ist natürlich kein Geheimnis, dass Smith dafür mehr als reichlich Potenzial besitzt. Nicht umsonst hat es das außerhalb der Band-Konstellation prominenteste Mitglied des Trios in der Club-Szene längst zu einer veritablen Größe gebracht, die den Respekt von zahlreichen Koryphäen des entsprechenden Umfeldes genießt. Dass das Geschichtsbewusstsein für elektronische Musik in Großbritannien einen besonderen Stellenwert besitzt, schlägt sich dann auch prägend auf »In Colour« nieder. Das Album geriert sich allerdings weniger als eine Tour de Force durch drei Jahrzehnte des englischen Untergrunds, sondern unterzieht jene Referenzen vielmehr einem beseelten Update. Und das schließt dann eben doch den einen oder anderen Verweis auf das Schaffen seiner Band ein – logischerweise am auffälligsten dann, wenn Romy Madley Croft oder Oliver Sim am Mikrofon zu hören sind. So gelingt es Smith, die Zaungäste und Checker gleichermaßen abzuholen – und zwar ohne dabei größere Kompromisse einzugehen. Philip Fassing

Augen aufmache. Huch, gut zehn Jahre älter und irgendwie auch froh, den ganzen TeenieTrubel hinter mir gelassen zu haben, klingt »Bad Love« zwar nach zuckersüßer Musik, die genau richtig gewesen wäre, als ich mich damals in jugendlicher Zerbrochenheit suhlte und mein größtes Problem die Hüfthose bei Minusgraden war. Meine »O.C.«-Liebelei markiert aber halt auch Jahre, die ich niemals nie missen will, aber eindeutig hinter mir gelassen habe. Nadja Neqqache

Soak Before We Forgot How To Dream

Someone Still Loves You Boris Yeltsin »The High Country« Polyvinyl / Cargo

2005 wirbelten SSLYBY mit ihrem Debüt die Blogosphäre auf. 2015 kümmert es kaum noch jemanden, dass die Band ihr viertes Album aufgenommen hat. Dabei hat sie für den rotzigen Indie-Rock auf »The High Country« Liebe verdient. Auch wenn SSLYBY das Image der ewig Zweiten haben – Produzent Chris Walla liebt die Band weiterhin. So trommelte das ehemalige Death Cab For Cutie-Mitglied das brüchige Bandgebilde in den vergangenen Jahren immer wieder zusammen. Bei den Aufnahmen zu »The High Country« stand die Band gar in der Urbesetzung des Debüts »Broom« im Studio. Das in nur zwei Wochen entstandene vierte Studioalbum ist dabei überraschend forsch. Mal fallen die Songs dank Weezer-Powerriffs druckvoll aus (»Line On You«), mal wird mit viel Feingefühl für einen guten Refrain in den Honigtopf gegriffen (»Full Possession Of All Her Powers«). Vor allem ist »The High Country« aber roh. So scheint es, als hätte die Band aus Versehen die ungemasterten Demotapes zur Pressung abgeliefert. Die DIY-Ästhetik tut den Stücken sehr gut, kann uninspirierte Nummern wie »Trevor Forever«, die sich vereinzelt auf der zweiten Hälfte des Albums finde , aber nicht retten. So sind SSLYBY ein hoffnun sloser Fall: Sie sind aus dem Zeitrahmen gefallen, haben den Hype-Zug verpasst und sind dennoch liebenswürdig. Sebastian Jegorow

Rough Trade / Beggars / Indigo

Endlich mal eine junge Schlauköpfin mit Superstimme, die weiß, was sie will. Soak verknotet kluge Worte und feine Melodien zu zauberhaften Songs und haut Klischees den Mittelfin er um die Ohren. Eine ganz miese Nummer sind ja GenreAngaben. Klar, irgendeine Klammer macht Sinn, will man sich nicht nur auf Empfehlungen verlassen oder ein Leben lang musikalisch die Lostrommel bemühen. Erschreckend oft entpuppen sich Genre-Grenzen allerdings als ähnlich unüberwindbar wie Europas Schranken – und man steht plötzlich mit dem falschen Pass in der Tasche davor. Doch wozu all die Aufregung an dieser Stelle? Nur weil ein junges Ding sich einen Bandnamen verpasst, den die Presse unbedingt aufdröseln muss? Den Namen Soak hat die Sängerin aus

keinen Welthit landeten, gleicht noch immer einer Unverschämtheit. Allerdings war die Band an der Entwicklung nicht ganz unschuldig. Das Debütalbum »Astro Coast« versprühte zwar rockistische Dringlichkeit. Das Folgealbum »Pythons« hingegen hing auf emotionalem Standby zwischen zu großer Produktion und zu kleinen Songwriter-Gesten. Auch wenn sich auf dem dritten Album »1000 Palms« am Sound des Quartetts kaum etwas geändert hat – irgendwie freut man sich wieder über den mellow Hallrock mit der schönen Stimme, der mal Beach Boys, mal Pixies evoziert. Gerade die eher introvertierteren Songs schaffen Geborgenheit, etwa der Album-Rausschmeißer »NW Passage«. Vom Stadion-Gig-Vorhaben im Businessplan hat sich die Band ohnehin längst wieder verabschiedet: Eine zertrümmerte Geschäftsbeziehung mit der Major-Plattenfi ma Warner liegt bereits hinter ihr. Dennoch und erst recht: Alles Gute. Das gilt insbesondere für den zwangspausierenden Surfer-BloodGitarristen Thomas Fekete. Der muss sich derzeit der kostenintensiven Behandlung einer sehr aggressiven Krebsform unterziehen. Auf www.gofundme.com sammelt er dafür Geld. Das einzig Tolle: Seine Fans spendeten bis Redaktionsschluss bereits mehr als im ersten Schritt nötig – fast 80.000 Dollar. Tja, so egal können neues Album, Musikkritik und der ganze Nerd-Scheiß innerhalb von fünf Zeilen werden. Felix Scharlau

The Tallest Man On Earth Dark Bird Is Home Dead Oceans / Cargo

Der kleine, große Schweden-Dylan Kristian Matsson gießt seine kleinen Songs neuerdings in große Arrangements. Ja, der Dylan-Vergleich nervt hier genauso wie bei Jake Bugg. Aber es nützt ja nichts: Kristian Matsson klang nun mal von Anfang an so, als hätte Bob Dylan in den 1960ern seine sentimentale Seite abgespalten, tiefgefroren und Anfang des neuen Jahrtausends wieder aufgetaut. Das bleibt auch auf »Dark Bird Is Home« so. Was anders ist als bei Dylan und auch anders als bei Matsson bisher: Er bewegt sich stilistisch unaufhaltsam in Richtung Pop. Nicht Rock, nicht Folk, nicht Gospel. Die großen, luftigen Arrangements, die Instrumentierung, die die Akustikgitarre nicht mehr ganz so prominent ins Zentrum stellt wie bisher, die Sommersonne zwischen den Akkorden: All das erinnert an FolkpopEntwürfe von R.E.M., Travis, den Turin Brakes oder gar Billy Bragg. Noch fehlt der ganz große Wurf, die Dringlichkeit der frühen Stücke scheint noch nicht recht im Bandgefüge durchzukommen. Aber die Straße ist frei, der Tank ist voll und das Meer nicht mehr weit! Claudius Grigat

Surfer Blood 1000 Palms Fierce Panda / Cargo

Die Beschissenheit der Welt macht nie Ferien. Anders gesagt: Das dritte SurferBlood-Album wäre auch dann zweitrangig, wenn es zwanzigmal so gut wäre: Der Gitarrist der Band ist an Krebs erkrankt. »Swim«, davon kann man sich auch heute noch jederzeit überzeugen, war eine der besten Rock-Debütsingles der letzten zehn Jahre. Dass ihre Urheber Surfer Blood trotzdem

Tiefschwarz Left Watergate / Al!ve

Demnächst auch in deinem H&M: Die neue Tiefschwarz spielt den Massengeschmack an. Aber was vielen gefällt, muss ja nicht schlecht sein.


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#Review

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LIVE 2015

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Ali und Basti Schwarz haben US-Amerikanerin bis an sich mit jedem ihrer Tiefdie Punk-Wucht Holes oder Christian Steinbrink schwarz-Alben verändert. Ob EMAs heran. Warum Torres man das nun als musikalische sich außerdem des PJ-Harvey01 Jim O’Rourke Neugierde oder FähnchenVerdachts nicht entledigen Simple Songs nach-dem-Wind-Hängen kann: Ihr zweites Album 02 FFS nahm die US-Amerikanerin bezeichnet, sei jedem selbst FFS überlassen. Fakt ist, dass sich zusammen mit Musikern aus auch »Left« mal wieder anders der Harvey-Band auf, produ03 Algiers anhört: Nach souligem House, ziert hat Portishead-Kollabo Algiers Electroclash und düsterem rateur Adrian Utley. Bristol 04 Hiatus Kaiyote Minimal ist diesmal poppistatt Nashville – das führt Choose Your Weapon ger Vocal-House dran. Für den auf »Sprinter« zu einer beeinDancefl or taugt das natürlich druckenden Verbindung aus 05 Torres nur noch begrenzt, fürs Café drohendem Ertrinken in der Sprinter eigenen Verlorenheit und souoder Radio dafür umso mehr. 06 Jamie xx Die Beats pulsieren warm, die veräner Zuversicht gegenüber In Colour Synthies mäandern vor sich möglicher Läuterung. Aufgehin – aber genau wie die Lyrics wachsen in einem Baptisten07 Gengahr von Kollaborateur Khan und Haushalt, spickt Torres ihre A Dream Outside den Gastsängerinnen sind sie von Verzweiflung geprägten häufig fürchterlich klischeeSongtexte mit religiösen Anbeladen. Innovation ist nicht spielungen und einer Körperalles und die Frage danach, lichkeit, die statt Reue das ob die Welt ein bestimmtes Album brauche, müßig. Ist ja nur Bündnis mit dem Teufel übt. Vergleiche mit PJ Harvey hin Musik. Aber wenn diese Frage dann dennoch im Hinterkopf oder her, das hier ist ein ein fantastisches zweites Album. auftaucht, dann stimmt etwas nicht. (Und muss demnach Verena Reygers wohl auch mit Nein beantwortet werden.) Fazit: Tiefschwarz klingen wieder einmal anders als sie selbst, aber nicht anders als alles andere auch. Henje Richter

Total Babes Heydays

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Ricardo Tobar Collection Cocoon / Al!ve

ES BESTEHT KEINE GEFAHR FÜR DIE ÖFFENTLICHKEIT. 02.06. MÜNSTER MCC HALLE MÜNSTERLAND FT AU SVE RK AU 03.06. FRANKFURT JAHRHUNDERTHALLE · 05.06. AT - WIEN ARENA OPEN AIR 06.06. AT - GRAZ FREILUFTARENA · 08.06. MÜNCHEN ZENITH 11.06. DÜSSELDORF MITSUBISHI ELECTRIC HALLE · 12.06. STUTTGART SCHLEYERHALLE 19.08. DRESDEN FILMNÄCHTE AM ELBUFER · 20.08. BERLIN KINDL-BÜHNE WUHLHEIDE TICKETS UNTER WWW.FARIN-URLAUB.DE

20.10. ZÜRICH KOMPLEX 457 · 21.10. ULM ROXY · 22.10. AT - LINZ POSTHOF 23.10. AT - GRAZ ORPHEUM · 24.10. AT - WIEN GASOMETER · 06.11. ERLANGEN STADTHALLE 07.11. DRESDEN ALTER SCHLACHTHOF · 08.11. GÖTTINGEN STADTHALLE 09.11. SIEGEN SIEGERLANDHALLE · 11.11. L-ESCH/ALZETTE ROCKHAL 12.11. DÜSSELDORF MITSUBISHI ELECTRIC HALLE · 13.11. LINGEN EMSLANDARENA 14.11. KIEL SPARKASSEN-ARENA · 16.11. MANNHEIM MAIMARKTCLUB 17.11. MÜNCHEN ZENITH · 18.11. SAARBRÜCKEN E-WERK · 20.11. LEIPZIG HAUS AUENSEE 21.11. WIESBADEN SCHLACHTHOF · 22.11. BREMEN PIER 2 · 24.11. BERLIN TEMPODROM 25.11. MÜNSTER MCC HALLE MÜNSTERLAND · 26.11. STUTTGART PORSCHE ARENA 27.11. BRAUNSCHWEIG STADTHALLE

Man nehme: einen basslastigen Kopfhörer, einen Musikkritiker und Ricardo Tobars »Collection«. Heraus kommt: eine Stunde Musikdenksport. Manche Genres sind einfach für ein bestimmtes Medium gemacht. Techno hört sich nur im Club richtig an, für Rock braucht es Schweiß- und Biergeruch und für »Electronic Listening«, wie Ricardo Tobar seine Musik bezeichnet, ein Paar gute Kopfhörer. Der in Frankreich lebende Chilene baut komplexe Tracks mit Stereospielereien, vorsichtigen Soundverschiebungen und sanften Vocal-Samples, die eben nur so richtig zur Geltung kommen. Vor allem aber ist seine Musik Kopfsache, die zum Mitdenken und Sich-Versenken einlädt. Und das macht man besser alleine, abseits des Rests der Welt. Tobar hat verstanden, dass es nur einer einzigen Idee pro Song bedarf, die dann jedoch perfekt zu Ende gedacht werden muss: der Bassrhythmus in »Brittle«, der Drop in »Invierno«, das hölzerne Güiro-Sample auf »Angora«, um nur die ersten paar Tracks aufzuzählen. Natürlich wird dann soundtechnisch aufgefüllt, aber nie wirkt etwas überladen oder gar chaotisch. Das Einzige, was man dem Album vorwerfen kann, ist mangelnder innerer Zusammenhang. Aber es ist ja auch eine »Collection«, eine Sammlung. Henje Richter

Garage-Rock schien tot. Dann kamen die Total Babes mit ihren »Heydays« um die Ecke. Lang lebe Garage-Rock! Was dem Namen nach zunächst wie die Suchanfrage Pubertierender für eine zweifelhafte, aber sehr natürliche Freizeitbeschäftigung anmutet, entpuppt sich als das Album eines ziemlich vielversprechenden Garage-Rock-Exports aus Cleveland. Total Babes’ Gründervater Jayson Gerycz kennt man als knüppelnden Berserker am Schlagzeug der Cloud Nothings. Obwohl beide Bands in Cleveland beheimatet sind, teilen sie sich sonst nur ihre rotzige Attitude. Der Sound von Total Babes ist dreckig und markant, und selbst im brackigen Fahrwasser der Lo-Fi-Wave-Rock-IrgendwasKlon-Bands (Wavves, Vivian Girls, Beach Fossils) geht ihr kleines Ruderboot nicht unter. Bis zum Ufer schaffen sie es mit ihrem USP: Synthesizern. Der Herr an den Tasten heißt John Elliott und gibt Total Babes einen an The Cure erinnernden Einschlag. Wave trifft auf räudige HinterhofAttitüde. Doch die popkulturelle Verortung der Band reicht mit Noise- und Twee-Versatzstücken noch weiter. Genau das ist es, was »Heydays« so spannend macht: all die eingestreuten Überraschungsmomente. Immer, wenn man denkt, das Genre Garage-Rock sei in seiner Gänze ausgelotet, kommt aus irgendeinem Kaff in den USA ein Haufen College-Boys daher und belebt die müde Szene. Holger Wendt

TICKETS UNTER WWW.FETTESBROT.TICKETS.DE

02.06. + 03.06. BERLIN C-CLUB · 05. – 07.06. ROCK IM PARK 05. – 07.06. ROCK AM RING · 11.06. STUTTGART SCHOCKEN 26.06. KOSMONAUT FESTIVAL · 04.07. GRENZENLOS VERROCKT 11.07. HAPPINESS FESTIVAL · 17.07. BREMINALE · 25.07. TEICHROCK 31.07. ROCKEN AM BROCKEN · 01.08. MINI ROCK FESTIVAL 02.08. TREBUR OPEN AIR · 06.08. OPEN FLAIR FESTIVAL 07.08. ROCCO DEL SCHLACKO · 08.08. TAUBERTAL FESTIVAL 16.08. SERENGETI FESTIVAL · 04.09. ROCK AM SEE · 16.10. AT - WIEN B72 17.10. AT - STEYR RÖDA · 21.10. BIELEFELD FORUM · 22.10. MÜNSTER GLEIS 22 23.10. BREMEN LAGERHAUS · 24.10. HAMBURG ROCK CAFE ST. PAULI 29.10. CH - SOLOTHURN KULTURFABRIK KOFMEHL · 30.10. CH - AARAU KIFF 31.10. CH - WINTERTHUR GASWERK · 05.11. AUGSBURG KANTINE 06.11. KONSTANZ KULTURLADEN · 12.11. WIESBADEN SCHLACHTHOF 13.11. KÖLN UNDERGROUND · 14.11. ULM CLUB SCHILLI 04.12. BERLIN MAGNET · 05.12. LEIPZIG MORITZBASTEI WWW.SCHMUTZKI.DE

AUSSERDEM AUF TOUR ACOLLECTIVE · ANTILOPEN GANG · DEINE FREUNDE · DEINE LAKAIEN · DIE TOTEN HOSEN DONOTS · DŸSE · EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN · MOUNTAIN WITCH · MOUSE ON MARS · NIELS FREVERT · OHRBOOTEN PASCOW · THE BABOON SHOW · RHONDA · ROYAL REPUBLIC · TURBOSTAAT · UNCLE ACID&THE DEADBEATS

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Tyler, The Creator Cherry Bomb Torres Sprinter Partisan / PIAS / Rough Trade

Bristol statt Nashville. Torres tut gut daran, den emotional wuchtigen Indie-Rock ihres zweiten Albums ins PJ-Harvey-Umfeld zu verlagern. Vergleiche junger, wuchtiger Indie-Singer/Songwriterinnen mit PJ Harvey sind müßig, bei Torres aber unumgänglich. Denn die raue, unverputzte Stimme der 24-jährigen Mackenzie Scott alias Torres erinnert genauso an die doppelte Mercury-Prize-Gewinnerin wie ihr emotionales SongWechselspiel zwischen Andacht und Furor. Wenn Torres im Opener »Strange Hellos« bedächtig in die ersten Zeilen einsteigt, sitzt einem die Gewissheit im Nacken, dass gleich das Soundgewitter hervorbricht. Und jenes reicht bei der

Columbia / Sony

Er wäre am liebsten schon zu Lebzeiten eine Legende. Bis es soweit ist, legt Tyler, The Creator sein grandioses viertes Album vor. Wobei ihm niemand den dazu passenden Altar bauen muss - das macht er am liebsten selbst. »Don’t read reviews and all that shit, be a free thinker, and listen for yourself. You prolly can’t do that tho... fucking followers«, tweetete Tyler, The Creator am Vorabend der überraschenden Veröffentlichung seines neuen Albums »Cherry Bomb«. Wir raten euch: hört auf ihn. Lest diese Review nicht, denn für seine Platte ist sowieso nur ein intaktes Bauchgefühl und eine Affini ät zu lauter Musik erforderlich. Als Kopf der wildgewordenen Odd Future-Gang rebelliert der Rapper aus L.A. auch auf seiner vierten Veröffentlichung gegen die Verhaltensaufl gen für »erwachsene« Musiker und erzeugt dabei


#Review Bilder, die es vorher einfach nicht gab: »Tyler, The Creator fuckin’ kill you with a popsticle«. Letztlich steckt in diesem Vers die Quintessenz von allem, was »Cherry Bomb« zu sein scheint. Der Track zeigt, wie mit tiefen, angsteinflö enden Bässen Schäden im Gehörgang verursacht werden - ohne jegliche Vorwarnung. Ein Déjà-vu später erinnert man sich an den positiven Schmerz zurück, den die Neptunes einst verursachten. Aber auch Tyler ist dazu in der Lage, auch ohne Tracks mit Neo-Soul-Elementen und Gitarrenriff . Ob die Feature-Gäste Kanye West, Lil Wayne und Beat-Vater Pharrell Williams nun Einfluss auf den Rapper im Ringelshirt hatten oder vielleicht doch eher andersherum? In punkto Selbstbewusstsein ist er ihnen jedenfalls ebenbürtig – mindestens. Sermin Usta

Es sind Tracks wie dieser, die den neuen Weg der Vaccines unterstreichen, sich dem Zeitgeist fügen, uns aber vielleicht auch noch in zehn Jahren gefallen könnten. Nadja Neqqache

The Weather Station Loyalty Paradise Of Bachelors / Cargo

Unknown Mortal Orchestra Multi-Love Jagjaguwar / Cargo

Für den Nachfolger zu »II« vertont das UMO dekonstruierte Beatles-Harmonien auf reparierten alten Synthies – nicht ohne einen ordentlichen Schuss Psychedelic-Funk. Genug gelitten. Nachdem sich der Multiinstrumentalist Ruban Nielson auf »II« noch ausgiebig im Schmerz des Alleinseins gesuhlt hatte, seziert er nun die unterschiedlichen Stadien von Liebesbeziehungen. Dabei kickt die nunmehr dritte LP einen ziemlich funky Groove. Fixpunkt in Nielsons Klanguniversum ist die neu entdeckte Liebe zu futuristischen Synthie-Sounds und Breakbeats im Gewand der 1960er und 1970er. Diese Fusion stellt für ihn keineswegs einen Gegensatz dar, vielmehr fungiert »Multi-Love« als wohlwollend retrospektive Betrachtung vergangener Bindungen. Gutes wird wieder in Erinnerung gerufen, manches in völlig anderem Licht gesehen. Eine Parabel auf die Dynamik des Lebens, fernab trauriger Nostalgie. »Extreme Wealth And Casual Cruelty« atmet förmlich 1970er-Soul, dennoch bleibt im Gesamtkonzept neben einer Prince-Hommage wie »The World Is Crowded« immer auch Raum für das klassische Gitarre/Bass/Drum-Schema. So könnte »Multi-Love« nicht nur bei der Retro-Fraktion zu einem Pflich album avancieren. Thorsten Streck

The Vaccines English Graffi i Columbia / Sony

Als The Vaccines starteten, passte ihre Musik prima zu den Haarbändern der Indie-Kids. Das soll sich mit »English Graffi i« ändern. Zumindest, wenn es nach der Band geht. Mit ihrem Debüt hatten The Vaccines schnell den Ruf eines einfachen, zeitlosen Rock’n’Roll-Ablegers weg. Vom NME wurden sie gar als »die Rückkehr der großen britischen Gitarrenmusik« gepriesen. Keine schlechte Sache, hätte sich die Band nur nicht plötzlich auf die Fahnen geschrieben, gar nicht mehr zeitlos sein zu wollen, sondern einfach nur 2015. Ein Album sollte es werden, das »jetzt unglaublich klingt und in zehn Jahren als wahrer Trash gilt«, hatte Frontmann Justin Young angekündigt. Inspiriert von den kühnen und vorlauten Ambitionen des HipHop, baut sich »English Graffi i« um diesen Kern auf. Gemeinsam mit Flaming-Lips-Produzent Dave Fridmann ließ die Band ein Großteil des mitgebrachten Materials wieder fallen – das Album konnte so wachsen und den Weg in Richtung Zeitgeist finden. The Vaccines haben nun zwar ihre adretten Rock’n’Roll-Klamotten und die quälende »teenage angst« abgelegt, diesen Schritt aber nur so groß gewählt, dass keine Sehne überspannt. Es ist kitschiger, bunter, blickt flüch ig in andere Genre-Schubladen und ist hochglanzpoliert. Der Track »20/20« speist sich aus dem hedonistischen Rock’n’Roll der Beach Boys und der IndieEssenz des Teenage Fanclub. »I Want You So Bad« ist viel hypnotischer, grooviger und Youngs »bester Versuch, sexy zu klingen«. Daneben gibt es Stücke wie »Radio Bikini«, das – getarnt als Sommersong – die Atombomben-Testreihen im Bikini Atoll nach dem Zweiten Weltkrieg thematisiert.

Der Folk auf The Weather Stations drittem Album »Loyalty« blinkt nicht mit aufsehenerregenden Reizen, weiß aber um die reiche Historie seines Stils. Selbst im überbesetzten Genre des von Frauen gesungenen Folk sticht die Kanadierin Tamara Lindeman alias The Weather Station mit ihrem dritten Album »Loyalty« heraus. Und zwar mit einem Sound, der die peppigen Arien Feists mit den klassischen Mitteln von Simon & Garfunkel, Nick Drake oder Joni Mitchell verknüpft. Die elf Songs haben Anmutungen von traditionellem Songwriting, moderne elektronische Sounds finden sich auf ihnen nicht. Trotzdem neigen The Weather Station in Momenten zu der surreal verbrämten Psychedelic, die auch Marissa Nadler, Will Oldham oder Vashti Bunyan so einzigartig machten. Perlende Sing-alongs besitzt »Loyalty« nicht, die Geschichten, Lindemans feingliedrige, wie in Gedanken vertieft klingende Folk-Stimme und ihre behände durch die Tonleiter hüpfenden Gesangsmelodien stehen im Mittelpunkt. Das reicht auch vollkommen, um Fans von zurückhaltendem Folk zärtliche Abende zu bescheren. Christian Steinbrink

Weekend Für immer Wochenende Chimperator / Groove Attack

In einer fantastischen Rap-Welt, wo sich alles um ihn dreht, ergreift Weekend mit seinem zweiten Album die Flucht nach vorn und ruft das ewige Wochenende aus. Nimmt man für eine bizarre Sekunde an, das Leben bestünde aus einem langen Wochenende, dann wäre es tatsächlich wie eine niemals endende »Klassenfahrt«: extrem zufriedenstellend, lustig, wenn auch etwas eintönig. Ähnlich verhält es sich mit dem neuen Album von Rapper Weekend. Mit »Für immer Wochenende« schlägt er seine Wurzeln zehn Meter tiefer in den Boden der deutschen HipHop-Szene als noch 2013 mit seinem Debüt »Am Wochenende Rapper«. Produziert von Bennett On (Hausproduzent von Lance Butters) und Peet Beats, rappt sich der Gelsenkirchener schelmisch, verschmitzt und in der einen oder anderen Line fast satirisch an seinem eigenen Märchen ab. Darunter Titel mit Klassiker-Potenzial: »Loser« oder »Für immer Kind« lauten zwei der 14 Tracks, mit denen er sich problemlos von seiner Video-Battle-Karriere emanzipiert. Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung von seinen Fans mit Freuden aufgenommen wird. Schließlich tritt der Rapper nun 24/7 zum Dienst an und ist nicht mehr nur »An Sonn- und Feiertagen real«. Sermin Usta

White Arrows In Bardo Votiv / Caroline / Universal

Die White Arrows haben bei den großen Indie-Acts der vergangenen Jahre gut zugehört, aber dabei leider nicht deren Magie und Substanz entdeckt. »Only the young die young.« Was für eine Erkenntnis! Die White Arrows sind offensichtlich nachdenkliche Typen, und Songtitel wie »Nobody Cares« oder »Leave It Alone« lassen zudem auf eine hohe Empfindsam eit schließen. Ihre Musik

dagegen weist eher auf Empfänglichkeit hin, nämlich auf die Einflüsse jener Bands, die in den letzten Jahren populär wurden. MGMT, Vampire Weekend oder Arcade Fire sind nur ein paar der Einflüsse, die man auf »In Bardo« etwas zu penetrant heraushört. Die White Arrows fügen dem Ganzen noch einen verwaschenen Psych-Pop-Sound hinzu, biegen hier mal in Richtung verträumt ab (»Get By«) und versuchen sich dort an der ganz großen Euphorie, etwa in »We Can’t Ever Die« oder dem hoffnun slos überladenen »Can’t Stop Now«. Dabei gelingt es ihnen zwar hervorragend, die angestrebten Stimmungen technisch zu erzeugen, die Songs klingen aber gleichzeitig so hohl und vorhersehbar, dass man sie nach wenigen Sekunden wieder vergessen hat. Die White Arrows sind ein gutes Beispiel für eine Band, die weiß, was sie kann. Aber nicht, was sie damit anfangen soll. Martin Riemann

White Hills Walks For Motorists Thrill Jockey / Rough Trade

Das nimmermüde Space-Rock-Power-Duo White Hills setzt verstärkt auf Synthesizer-Sounds und erschafft so die anziehendsten Songs seiner Geschichte. Die White Hills aus New York sind eine der fleißi sten Psychedelic-Rock-Bands unserer Zeit. Über 40 Releases seit 2005 und unendliche Touren durch die USA und Europa dienen als Beleg. Mit ihrem bleischweren, stark von Hawkwind beeinfluss en Heavy-Psych-Sound bilden sie einen Gegenpol zum verspielten und eher kantenlosen Psych-Pop, der im Moment recht hip ist. Darin dürfte auch der Grund liegen, warum sie trotz ihres hohen Outputs für die Masse der Rockfans ein eher unbeschriebenes Blatt sind, jedoch von vielen anderen Künstlern geschätzt werden. Unter denen ist Regisseur Jim Jarmusch vielleicht der berühmteste, der die Band für einen Auftritt in seinem letzten Film »Only Lovers Left Alive« verpflich ete. Ihr neues Werk haben Dave W. und Ego Sensation nun erstmals in Europa aufgenommen, genauer gesagt in Wales und nicht wie bisher in New York. Zusammen mit Produzent David Wrench hat die Band ihr klangliches Profi etwas variiert. Neben den bekannten Stoner-Riffs nehmen elektronische Synthesizer-Sounds in ihren Songs diesmal sehr viel Raum ein. File under: krautiger Trance-Rock. Der repetitive Groove, der die letzten drei Tracks antreibt und auszeichnet, könnte auch von ihren Labelkollegen Trans Am kommen. Dabei klingt auch der Gesang so sexy und fokussiert wie noch nie. Mit »Walks For Motorists« könnten die White Hills ihre Fanschar über Kult-Regisseure hinaus erweitern. Timo Weber

Zhala Zhala Konichiwa / Caroline / Universal

»Cosmic Pop« nennt Zhala ihren Dance-Sound, der Nerven wie Tanzbeine strapaziert. Schlecht ist das nicht. Aufmerksamkeit ist Zhala sicher. Nicht nur, weil die Schwedin ihre Rückenansicht auf dem Cover ihres Debütalbums so (un-)gekonnt in Szene setzt. Zhala ist die erste Künstlerin auf Robyns Label Konichiwa, ihre 2014 erschienene EP »Prophet« war ein Warm-up fürs selbstbetitelte Debüt. Jenes nun beginnt noch ganz harmonisch mit einer Pianokaskade, gefolgt von stampfenden und stolpernden Beats und Claps, bevor Zhalas Mickey-Mouse-Stimme einsetzt. Ihre Musik beruhe auf körperlichen Reaktionen, sagt die Stockholmerin mit kurdischen Wurzeln über ihren Sound, der jedem Zitteraal Freude bereiten dürfte. Minimal-Techno-Beats mit exotisch-folkloristischen Klangcollagen, Acid-House-Wänden und unvermittelten Stop&Go-Breaks könnten dagegen manches Tanzbein überstrapazieren. Andererseits: Eine zahme Kopie von Robyn braucht niemand. Wo diese pralle Beats mit Leichtigkeit knallen lässt, wirkt Zhala angestrengt, wenn nicht gar arrogant, aber auch faszinierend unvorhersehbar. Ein ungestümes Debütalbum, das sich durch Immer-wiederHören zähmen lässt. Verena Reygers

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19.–21.6.2015

FESTIVAL AM HOCHOFEN

#Intro präsentiert #Termine

INTRO PRÄSENTIERT Für alle von uns präsentierten Touren verlosen wir jeweils 3×2 Tickets. Mail an tickets@intro.de. Mehr Tour-Präsentationen unter intro.de/termine #intropräsentiert

Wesseltoft, Schwarz, Berglund

Austra

LANDSCHAFTSPARK DUISBURG NORD

CALEXICO / OLLI SCHULZ & BAND / WANDA / LAING / TALISCO / L’AUPAIRE / TEITUR / BANDA SENDEROS / LINGBY / PAPERSTREET EMPIRE / EASY SNAPPERS / MAGGIE BJORKLUND / U.A. SOPHIE HUNGER / BILDERBUCH / JORIS / KÄPTN PENG & DIE TENTAKEL VON DELPHI / ZOOT WOMAN / NIELS FREVERT & BAND / PHILIPP DITTBERNER & BAND / HEISSKALT / JOSEF SALVAT / OK KID / KAI SCHUMACHER / KÄPT’N MOBY / U.A. BRANDT BRAUER FRICK ENSEMBLE / DOTAN / BALTHAZAR / LESLIE CLIO / BENJAMIN CLEMENTINE / KENSINGTON / KOVACS / EAST CAMERON FOLKCORE / MINE / THE MAJORITY SAYS / THE ATRIUM / MKS-BIGBAND / U.A.

Katie Stelmanis wollte eigentlich Opernsängerin werden, doch es kam anders: Heute füllt sie mit Austra und ihren dramatischen Performances zwar keine Opernhäuser, dafür aber Konzerthallen. 10.06. Berlin — 11.06. Hannover — 12.06. Heidelberg

Schon seit 2011 arbeiten sich Electro-Produzent Henrik Schwarz und die skandinavischen Jazz-Koryphäen Bugge Wesseltoft und Dan Berglund an Vereinigungen beider Stile ab. Das zu verfolgen ist live ähnlich packend wie auf Tonträger. 16.06. Köln

We Are The City

Wu-Tang Clan

Schon seit 2008 sind We Are The City aktiv, es dauerte aber bis zum letzten Jahr, dass mit dem Berliner Label Sinnbus endlich eine deutsche Plattenfirma auf sie aufmerksam wurde. Sinnbus verliebten sich in den fein ziselierten Indie-Sound der Kanadier und veröffentlichten unlängst deren letztes Album »Violent«.

Vergangen, vergessen, vorüber? Von wegen! Wu-Tang F orever war kein bloßes Geschwätz, sondern ein Schwur für die Ewigkeit. Nach langer Schaffenspause und ihrem 2014er-Album »Once Upon A Time In Shaolin« stehen RZA, GZA und der Rest des Clans endlich wieder gemeinsam auf der Bühne.

03.06. Nürnberg — 04.06. München — 08.06. Leipzig — 09.06. Rostock — 10.06. Berlin — 11.06. Jena — 13.06. Aachen — 25.06. Göttingen — 28.06. Lärz — Geht weiter!

09.06. Hamburg — 15.06. München — 17.06. Offenbach — 23.06. Leipzig — 24.06. Berlin

Da gehen wir hin – Tipps der Redaktion #233 Und wo geht ihr hin? intro.de #konzerte

INFOS ZU PROGRAMM, TICKETS UND CAMPING: WWW.TRAUMZEIT-FESTIVAL.DE WWW.FACEBOOK.COM/TRAUMZEITFESTIVAL VERANSTALTER

gefördert von

HAUPTSPONSOREN

PRÄSENTIERT VON

Thomas Lorber

Jörn Osenberg

Frederike Wetzels

Faith No More Hurricane Festival Joy Wellboy Lisa Mitchell Sleaford Mods

Lamb Of God New York Painting (Ausstellung) Primus Sleaford Mods Sónar Festival

Fusion Festival Jaakko Eino Kalevi Einstürzende Neubauten Isolation Berlin The Notwist


TOURD ATEN AC/DC

Caribou

Afrob

Casper »Castivals« mit Casper, K.I.Z.*, Prinz Porno**

19.06. K öln 21.06. Hannover 25.06. Berlin Geht weiter!

27.06. Hannover

Alabama Shakes 30.06. Leipzig Geht weiter!

Präsentiert von Intro

Alin Coen Band 26.06. Leipzig

And The Golden Choir

29.06. A-Wien Geht weiter!

05.06. Hannover* 13.06. B erlin** Geht weiter!

Charlie Cunningham 24.06. Köln

Chilly Gonzales & Kaiser Quartett 21.06. München 29.06. Hamburg Geht weiter!

17.06. H eidelberg 23.06. Köln 27.06. Hamburg Geht weiter!

Chuckamuck

Angus & Julia Stone

Circa Survive

24.06. Bonn

AnnenMayKantereit 04.06. Augsburg 25.06. Bielefeld Geht weiter!

Asaf Avidan

08.06. München

Astronautalis 09.06. A-Wien 17.06. K iel 27.06. Lärz

Bad Religion mit Schmutzki 02.–03.06. Berlin

Barbarossa 16.06. B erlin

Bernd Begemann 13.06. F rankfurt a. M. 19.06. Gö ttingen Geht weiter!

Bob Dylan

20.06. Mainz 21.06. T übingen 23.06. Bamberg Geht weiter!

Børns

27.06. Köln 30.06. Berlin

Brandon Flowers 03.06. Köln

Buke And Gase 06.06. Dresden 11.06. A -Wien 13.06. B erlin

The Burning Hell 05.06. Augsburg 29.06. Tübingen 30.06. Nürnberg

Calexico

05.06. Gelsenkirchen 06.06. Augsburg Geht weiter!

01.06. B erlin 02.06. München 04.06. Köln 05.06. Dortmund

Circuit Des Yeux mit Jenny Hval 20.06. Köln 22.06. Berlin 23.06. Hamburg

Dan Deacon 04.06. Leipzig

Dead Kennedys mit Sonny Vincent 15.06. München 16.06. B erlin 17.06. Hambur g

Dear Reader

23.06. Hamburg Geht weiter!

Death From Above 1979 mit Demob Happy* 20.06. Dresden* 22.06. Köln* 23.06. Wiesbaden*

DENA

12.06. Leip zig

Die Höchste Eisenbahn

12.06. Hambur g 13.06. E lsterwerda 21.06. W orms Geht weiter!

Die Nerven

03.06. Paderborn 17.06. Mannheim Geht weiter!

Die Orsons 04.06. Essen 13.06. Ulm Geht weiter!

17.06. H eidelberg 18.06. Ulm 19.06. Duis burg

Die Sterne

Captain Capa

Dillon

04.06. Frankfurt a. M. 06.06. Annaberg-Buchholz 13.06. Karlsr uhe

23.06. Kiel Geht weiter!

12.06. Leip zig 13.06. München Geht weiter!

Doldrums

02.06. Köln 03.06. Hamburg 04.06. Berlin

Drunken Masters mit Eskei83 06.06. Offenburg 06.06. Saarbrücken 13.06. K öln 20.06. Osterwieck 25.06. Bielefeld Geht weiter!

Eagles Of Death Metal 06.06. Hamburg 29.06. Berlin

East Cameron Folkcore

01.06. Jena 02.06. Dresden 03.06. Leipzig 04.06. Erlangen 05.06. A-Wien 07.06. München 16.06. K öln 17.06. T rier 18.06. W iesbaden

Präsentiert von Intro

Egotronic 03.06. Paderborn 05.06. Tübingen 13.06. H of 27.06. Chemnitz Geht weiter!

Präsentiert von Intro

Einar Stray Orchestra 18.06. Mannheim 24.06. Berlin

Einstürzende Neubauten 27.06. München Geht weiter!

Enno Bunger

13.06. Hambur g Geht weiter!

Eric Pfeil

05.06. Hamburg 06.06. Berlin 10.06. Düsseldor f 16.06. München 18.06. B ielefeld 19.06. R ees-Haldern 20.06. Karlsruhe Geht weiter!

Everything Everything 11.06. Münst er

Faith No More 06.06. Berlin 26.06. Hamburg

Farin Urlaub Racing Team 02.06. Münster 03.06. Frankfurt a. M. 05.06. A-Wien 08.06. München 11.06. Düsseldor f 12.06. Stut tgart Geht weiter!

MIT WARSTEINER DURCH DEN FESTIVALSOMMER Warsteiner ist auch in diesem Jahr wieder auf einigen der schönsten Open Airs des Sommers unterwegs. Der Startschuss fiel bereits beim Berlin Festival, weiter geht’s im Juli beim Melt! Festival: Warsteiner bringt unter anderem das bunte Coachella-Gefühl nach Ferropolis und beim Parookaville lässt die Biermarke die Glocken läuten, denn in der Warsteiner Kirche kann man die große Liebe zumindest für ein Wochenende heiraten oder Festivaldummheiten beichten. Warsteiner ist also immer vor Ort, um den Festivalsommer ein bisschen bunter zu machen. #Musikdurstig geworden? Warsteiner verlost Festivaltickets unter Warsteiner.de/musik!

Präsentiert von Intro

Feine Sahne Fischfi et 02.06. Frankfurt a. d. O. Geht weiter!

Ferris MC

03.06. Berlin 27.06. Hannover

WARSTEINER FINDET IHR U.A. AUF FOLGENDEN FESTIVALS: 17.7. – 19.7. Melt! Festival 17.7. – 19.7. Parookaville 23.7. – 26.7. Helene Beach 31.7. – 01.8. Big Day Out

14.8. – 16.8. Serengeti Festival 19.8. – 23.8. c/o pop Festival 10.9. – 12.9. SWR3 New Pop


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#Termine

TOURD ATEN Fleetwood Mac 04.06. Köln

Fuck Art, Let‘s Dance! 05.06. Ellerdorf 13.06. W olfenbüttel 18.06. S cheeßel 20.06. Magdeburg 27.06. Hamburg Geht weiter!

The Gaslight Anthem 18.06. B erlin 22.06. Rostock

Giant Sand

25.06. Dortmund

Hauschka

Jeff ey Lewis & The Jrams

23.06. Aachen 24.06. Darmstadt 25.06. Nürnberg 26.06. Berlin Geht weiter!

Jens Friebe 13.06. B erlin

Joey Bada$$ 30.06. A-Wien

Joris

10.06. Dresden 13.06. K onstanz 19.06. W ürzburg

27.06. Leipzig Geht weiter!

Präsentiert von Intro

Herbert Grönemeyer mit Balbina

01.06. Düsseldor f 02.06. Mainz 03.06. Würzburg 04.06. A-Wien 05.06. Berlin 12.06. Ma gdeburg 13.06. R ostock Geht weiter!

03.06. Bocholt 04.06. Freiburg 06.06. Braunschweig 07.06. Hofgeismar 09.06. Rostock 10.06. H eide 12.06. B erlin 13.06. Leip zig 16.06. A -Wien 19.-20.06. Bochum 21.06. B erlin

Herrenmagazin 06.06. Lüneburg 23.06. Hamburg

Human Abfall 11.06. Jena 12.06. Leip zig 13.06. B erlin 25.06. Wetzlar 26.06. Hannover

ILoveMakonnen

29.06. Frankfurt a. M. 30.06. Berlin

Intergalactic Lovers 01.06. Hannover 02.06. Hamburg 04.06. Berlin 05.06. Homberg 06.06. Lüneburg Geht weiter!

Interpol

08.06. Bremen Geht weiter!

Isolation Berlin 12.06. Dr esden Geht weiter!

Joy Wellboy

Kat Frankie

27.06. Hamburg

Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen 24.06. Kiel

Kill It Kid

01.06. München 02.06. Konstanz

King Rocko Schamoni & L‘Orchestre Mirage 16.06. F rankfurt a. M. 18.06. B erlin

Kiss

02.06. Hamburg 03.06. Berlin 04.06. Leipzig

The KVB

17.06. B erlin

Laetitia Sadier 04.06. Hannover 05.06. Stuttgart 06.06. Aachen

Laing

19.06. Duis burg 23.06. Kiel

La Dispute

04.06. Berlin Geht weiter!

01.06. Leip zig 02.06. Bremen 03.06. Hamburg 08.06. Berlin

Präsentiert von Intro

The Leisure Society

Jaakko Eino Kalevi

Jan Delay & Disko No.1 05.06. Aarberg 19.06. W orms Geht weiter!

Jay-Jay Johanson 17.06. B erlin

Ja, Panik

12.06. Mannheim 19.06. B erlin

02.06. Berlin 03.06. Hamburg

Leslie Clio

02.06. München 03.06. A-Wien 04.06. Würzburg

Limp Bizkit

01.06. Leip zig 02.06. Berlin 03.06. Hamburg 04.06. A-Wien

Lisa Mitchell

Präsentiert von Intro

Liturgy

16.06. Main z 17.06. Gö ttingen 19.06. Dar mstadt 21.06. B erlin Geht weiter!

17.06. B erlin

01.06. A-Wien 02.06. München 03.06. Köln 05.06. Schorndorf

Lùisa

03.06. Lüneburg 05.06. Wiesbaden 20.06. Darmstadt Geht weiter!

Manu Chao

08.06. Köln 10.06. Hamburg 12.06. Dr esden 14.06. B erlin

Matula

12.06. Hannover

Max Herre & Kahedi Radio Orchestra 18.06. Hambur g 19.06. B onn 20.06. Weinheim 21.06. Dr esden Geht weiter!

Mdou Moctar 17.06. B erlin 18.06. Leip zig

Megaloh

27.06. Hannover Geht weiter!

Metz

22.06. Leipzig 24.06. Berlin 25.06. Köln Geht weiter!

Mikal Cronin 08.06. Berlin 09.06. Köln

Präsentiert von Intro

Mile Me Deaf 12.06. Dr esden 13.06. B erlin

Modest Mouse 30.06. Berlin

Motorpsycho

Pool

17.06. Hambur g 20.06. Köln 21.06. B erlin

Rae Morris

08.06. Köln 09.06. Hamburg 10.06. B erlin Geht weiter!

The Robocop Kraus 12.06. K öln 13.06. Dor tmund

Rocky Votolato 04.06. Leipzig 05.06. Dresden 06.06. A-Wien

Schafe & Wölfe 12.06. Leip zig 20.06. Bad Aibling Geht weiter!

See Through Dresses 01.06. Marburg 02.06. Jena 04.06. Hamburg

Sizarr

06.06. Augsburg Geht weiter!

Sleaford Mods 19.06. B erlin 20.06. Leipzig 22.06. Bremen 23.06. Münster

Sophie Hunger 18.06. B erlin 19.06. Duis burg Geht weiter!

Teesy

Off!

30.06. Berlin

Oh Land

10.06. B erlin

Präsentiert von Intro

Other Lives 29.06. Stuttgart Geht weiter!

Ought

02.06. Heidelberg

Patti Smith & Her Band

22.06. Frankfurt a. M. 23.06. Köln 24.06. München

— 10.07.-25.11. Dortmund — Still Parade, Intergalactic Lovers, Joy Wellboy, Never Sol, Moonlight Breakfast, Wanda

Präsentiert von Intro

Natalie Prass

19.06. St olberg Geht weiter!

Das Dortmunder FZW ist als einziger Club Teil der gesamteuropäischen Initiative Liveurope, über die sich verschiedenste Spielstätten vernetzt haben. Die Clubs selbst empfehlen Nachwuchsbands aus ihren jeweiligen Ländern, und diese können von den anderen Teilnehmern des Netzwerks dann in ihr jeweiliges Programm aufgenommen werden. Damit unterstützen die Clubs junge Talente, denn Live-Auftritte stellen für jene die Haupteinnahmequelle dar, ohne die eine Karriere gar nicht mehr denkbar wäre. Die Clubs sehen dieses Prinzip zu Recht als eine Investition in die kulturelle Vielfalt Europas und betreiben das Liveurope-Programm mit entsprechend viel Herzblut. Fördergelder hin oder her – an speziell dieser Stelle ist das Steuergeld mal richtig gut aufgehoben. Nicht nur, weil junge Bands den Kontinent bereisen können – auch das Publikum profi iert davon.

02.06. Berlin

Taylor Swift mit James Bay

The Notwist

Liveurope FZW

Princess Chelsea

25.06. Düsseldorf 27.06. Hamburg Geht weiter!

15.06. B erlin 16.06. K öln

Wanda

Primus

20.06. Köln

10.06. Dresden 28.06. Mainz Geht weiter!

Thees Uhlmann & Band 24.06. Halle 25.06. Bielefeld 26.06. Chemnitz 27.06. A-Wien Geht weiter!

Präsentiert von Intro

Tortuga Bar 13.06. Dor tmund 27.06. Berlin Geht weiter!

Tune-Yards

02.06. Heidelberg 03.06. Berlin

The War On Drugs 29.06. Köln

Waxahatchee mit Pinkwash 01.06. Münst er 03.06. Hamburg 07.06. Berlin 08.06. Köln

Xavier Rudd & The United Nations 30.06. Hamburg Geht weiter!

Young Fathers 14.06. B erlin Geht weiter!

This Is The Kit 04.06. Hamburg 05.06. Berlin 06.06. Dresden

Tiefschwarz

12.06. B erlin 13.06. N eustadt a. d. Weinstraße Geht weiter!

Torres

03.06. Berlin

Die kommen, die Touren Cypress Hill (13.–15.07.) Jungle (15.08.) Maribou State (23.–25.07.) Marteria (15.–21.08.) Other Lives (29.06.–17.07.) Tiger Lou (09.–11.07.) Timber Timbre (14.07.) William Fitzsimmons (16.07.–23.08.)

Die kommen, die Festivals Alínæ Lumr (21.–23.08.) Appletree Garden (23.–25.07.) c/o pop (19.–23.08.) Chiemsee Summer (19.–23.08.) Dour (15.–19.07.) Flow Festival (Helsinki) (14.–16.08.) Folk im Park (26.07.) Fuchsbau (14.–16.08.) Haldern Pop (13.–15.08.) Highfiel (14.–16.08.) Jenseits von Millionen (07.–08.08.) Melt! (17.–19.07.) Mini-Rock (31.07.–01.08.) Müssen Alle Mit (11.07.) Nature One (31.07.–02.08.) Obstwiesenfestival (20.–22.08.) OFF Festival (07.–09.08.) Open Source (27.06.) Puch Open Air (18.07.) Reading/Leeds (27.–30.08.) Rocco del Schlacko (06.–08.08.) Rock’n’Heim (23.08.) Rubys Festival (08.08.) Ruhrtriennale (14.08.–26.09.) Soul im Hafen/Brunnen (29.08. & 30.08.) Spack! (21.–22.08.) Splash! (10.–12.07.) Sziget (10.–17.08.) Taubertal (06.–09.08.) Utopia Island (13.–15.08.) Wassermusik (17.07.–09.08.)


#Termine

machst) u d s a w m e ll a i e ik da sein (b s u M r e m im te s s Es mü

kt a p m o k r u t l u Popk

VOL.3 ad 2CD & Downlo

Alles drauf, was Spaß macht!

James Bay, Hozier, Beatsteaks, Metronomy, Bilderbuch, Deichkind, Chet Faker, Kim Churchill, Caribou und viele weitere Hits jenseits des Mainstream

fluxfm.de | facebook.com/fluxfm | twitter.com/fluxfm | Jetzt einschalten! Berlin UKW 100,6 | Stuttgart UKW 97,2 Cover/Motiv: “DUALITY III” by Various & Gould

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#Live #Festival

auf ihrer Festival-Liste: »Als wir das erste Mal hier spielten und die Bühne betraten, wurden wir von der Reaktion der Leute regelrecht ausgeknockt: Eine Wall of Sound, ein Meer aus Armen und eine bis in die Haarspitzen partybereite Menge. Wir waren vorher nie derartig empfangen worden. Menschen, so weit das Auge reichte, eine super Energie – eine wirklich verrückte Erfahrung. Seitdem hat sich das Southside auf meiner Netzhaut eingebrannt.« Egal, ob im Norden oder im Süden: Die Festival-zwillinge Hurricane und Southside machen ihre Besucher Jahr für Jahr aufs Neue glücklich. Und die ewigen Vorabdiskussionen über die Qualität der Headliner tun dieser Liebe ganz sicher keinen Abbruch, im Gegenteil, sie heizen sie an.

HURRICANE & SOUTHSIDE D

... ihr ach so gegensätzlichen Zwillinge, ihr Riesen in der deutschen Festivallandschaft, die es schaffen, noch immer der gute Kumpel zu sein: Bald ist es wieder so weit und wir dürfen euch besuchen. as Hurricane Festival und die Menschen in Norddeutschland verbindet eine tiefe, innige Liebe. Eine Liebe, die Sturm und Staub übersteht, die Regen und Sonne trotzt und die Liebende Jahr für Jahr aufs Neue auf dem Eichenring in Scheeßel vereint. Eines dieser Nordlichter ist Thees Uhlmann, festivalerfahren und ebenfalls ein bisschen verliebt. Im vergangenen Jahr fasste er seine Zuneigung in einem Video-Diary der Kollegen vom Festivalguide folgendermaßen zusammen: »Wenn die Sportfreunde Stiller immer sagen, dass Rock am Ring

ihr Wohnzimmer ist, dann würde ich gerne den Antrag stellen, ob ich beim Hurricane zumindest einziehen darf.« Ein schöneres Kompliment kann man sich als Festival nicht wünschen. Über die Wetterkapriolen im Norden können die Fans in Neuhausen ob Eck derweil nur lachen, denn die wissen längst, dass bei ihnen meistens die Sonne scheint. Ansonsten gibt’s dort aber den gleichen Festivalkomfort wie in Scheeßel. Und auch das Southside hat prominente Fans: Solveig Heilo von Katzenjammer hat das Indie- und Rockspektakel ganz oben

— 19.-21.06. Scheeßel/Neuhausen ob Eck — 257ers, Adam Angst, Alle Farben, Alligatoah, alt-J, Angus & Julia Stone, Band Of Skulls, Ben Howard, Black Rebel Motorcycle Club, Chet Faker, Counting Crows, Cro, Danko Jones, Deadmau5, Death Cab For Cutie, Death From Above 1979, Die Antwoord, Eagulls, East Cameron Folkcore, Eljot Quent, Farin Urlaub Racing Team, Fidlar, First Aid Kit, Florence + The Machine, Frittenbude, Fuck Art Let’s Dance!, Future Islands, George Ezra, Jan Delay & Disko No. 1, Jupiter Jones, Katzenjammer, Kodaline, Kontra K, Lagwagon, Marteria, Metz, Milky Chance, Millencolin, Mø, NoFX, Noel Gallagher’s High Flying Birds, Of Monsters And Men, Olli Schulz, Parov Stelar Band, Paul Kalkbrenner, Placebo, SDP, Skinny Lister, St. Paul & The Broken Bones, Supershirt, The Districts, The Dø, The Gaslight Anthem, The Notwist, The Tallest Man On Earth, Turbowolf, WhoMadeWho u. v. a.

Patrice über das Summerjam Zum 30. Mal bringt das Summerjam die Karibik an den Fühlinger See in Köln. Patrice feiert dort in diesem Jahr ebenfalls ein kleines Jubiläum.

»Auf das Summerjam bin ich schon als Jugendlicher gegangen. Ich bin ja teilweise in Köln aufgewachsen, und da war das immer ein großes Happening. Ich habe dort viele Acts gesehen, die mich nachhaltig beeindruckt haben. Früher spielten dort ja keine Künstler aus Deutschland. Ich hätte deshalb nie gedacht, dass ich da selbst mal auf der Bühne stehen und das Festival von oben sehen könnte. Dort angekommen, bekam ich schon das Gefühl, es ›geschaff ‹ zu haben. Ich durfte dann auch erstmals hinter die Kulissen des Festivals schauen. Der Summerjam-Termin lag auch meistens nahe an meinem Geburtstag,

das markiert für mich immer einen besonderen Punkt: Ich werde ein Jahr älter und treffe meine Freunde beim Festival. Die versuchen dann immer, reinzukommen, früher teilweise auch ohne Ticket. Die meisten haben das nicht geschafft. Aber auch deshalb verbinde ich viel mit dem Summerjam. In diesem Jahr fallen bei uns die Jubiläen zusammen: Ich werde 35, das Summerjam 30. Man kommt sich dort ein bisschen so vor, als wäre man für ein Wochenende in der Karibik. Die Location am See ist einfach sehr schön.« (Aus unserem neuen Festivalguide Magazin) — 03.-05.07. Köln — 257ers, Antilopen Gang, Cali P, Cham, Cro, Damian Marley, Danakil, Die Rakede, Groundation, Hoffm estro, Kontra K, Kwabs, Mono & Nikitaman, Nasou, Nneka, Ohrbooten, Passafi e, Patrice, Protoje & Romain Virgo, Samy Deluxe, Wyclef Jean, Y’akoto u. v. a.


#Live #Festival

Rock am Ring & Rock im Park Ein doppelter runder Geburtstag erwartet die deutsche Festivallandschaft in diesem Jahr: Rock am Ring wird 30, Rock im Park feiert sein 20. Jubiläum. Den beiden geht’s gut, sie haben weiter reichlich Besuch, nur der Ältere musste von zu Hause ausziehen. 30 Jahre gibt es Rock am Ring nun schon, doch in diesem Jahr musste es den namensgebenden Nürburgring verlassen. Die Fans scheint der Umzug in die Vulkaneifel-Gemeinde Mendig allerdings nicht zu stören: Das Festival ist bereits ausverkauft. Knapp 90.000 Fans werden kommen, wie Veranstalter Lieberberg meldet. Und das ist Balsam auf seine Seele, denn der Streit um den Nürburgring, den ein Konkurrent zunächst gewann, hinterließ eine schmerzende Wunde und die bange Sorge, wohin es die Fans nun ziehen würde. Doch schon Ende des vergangenen Jahres sah der Vorverkauf derart gut aus, dass ein Desaster ausgeschlossen werden konnte. Jetzt heißt es also wieder: Zelt einpacken und ab in die Eifel, der Rock wartet. Für ältere Stammgäste wird sogar ein »Experience Camping« mit W-Lan, Gastronomie, befestigten Wegen und einer 24-Stunden-Rezeption angeboten. Mit dem Alter steigen schließlich die Ansprüche. Beim Rock im Park gibt es das noch nicht, der einstmals kleine Racker ist zwar mit 75.000 Besuchern ganz schön groß geworden, aber die Luxus-Variante für den Campingplatz muss noch ein wenig warten. Man feiert schließlich »erst« 20 Jahre in Nürnberg. Und das Line-up? Es wird schon eine Menge gekostet haben, diese Bands zu buchen, zumal die Konkurrenz natürlich ebenfalls um Top-Acts buhlt und die Gagen darüber in die Höhe getrieben werden. Und zwischen all den Hosen, Foo Fighters und Prodigys dieser Welt werden sich Bands wie Feine Sahne Fischfile , AnnenMayKantereit und Bilderbuch vielleicht ein wenig merkwürdig fühlen, aber das werden sie uns anschließend dann mal selber erzählen. — 05.-07.06. Mendig/Nürnberg — AnnenMayKantereit, Antilopen Gang, Bad Religion, Beatsteaks, Bilderbuch, Body Count, Clueso, Deichkind, Die Toten Hosen, Donots, Feine Sahne Fischfile , Foo Fighters, Frank Turner & The Sleeping Souls, Hozier, Interpol, K.I.Z, Kraftklub, Marsimoto, Mighty Oaks, Motörhead, Papa Roach, Slipknot, The Prodigy, Tocotronic, Turbostaat, TÜSN u. v. a.

Hozier

Open Source

Metronomy

Die Galopper bleiben im Stall, wenn das Open Source die Rennbahn Grafenberg für einen entspannten Festivalsamstag in Beschlag nimmt.

möchte, ist mit der Young Talent Bühne gut beraten. Zum Open Source gehören außerdem die Open Squares, wo Künstler aus NRW ihre Arbeit ausstellen. Seit dem letzten Jahr gibt’s Den Rest des Jahres über wird dort, wo das auf dem Open Source übrigens eine Zugabe: Open Source seit einigen Jahren über die Büh- Auf allen drei Bühnen geht das Programm ne geht, auf Pferderennen gewettet. Aber einen nun bis 24 Uhr. Tag im Sommer ist die Galopprennbahn Gra— 27.06. Düsseldorf — Death Cab For Cutie, Future fenberg die Heimat von Indie und Electro. Die Brown, Harmonious Thelonious & The Cuban NightHauptbühne des Open Source wird von den mare Band, Honig, Kakkmaddafakka, Laurel Halo, Metronomy, Tolouse Low Trax u. v. a. gitarrenlastigen Bands in Beschlag genommen, die Nebenbühne ist die Anlaufstelle für Fans elektronischer Musik. Wer sich auf die Suche nach neuen, unentdeckten Bands begeben

Castivals Unzufriedenheit mit der deutschen Festivallandschaft sollte man Casper vielleicht nicht direkt nachsagen. Trotzdem veranstaltet der Rapper jetzt mit guten Freunden seine eigenen Festivals.

»Wenn du ein Festival veranstalten dürftest, egal wie groß: Welche Acts würdest du einladen? Wer müsste unbedingt dabei sein?« Wie oft wurden diese Fragen schon bei Partys oder unterm Pavillon auf dem Festivalcampingplatz diskutiert? Für die normalen Festivalbesucher ein schöner, wenn auch weit entfernter Traum, für Casper in diesem Jahr Wirklichkeit. Nach einigen Headliner-Slots bei großen Open Airs veranstaltet er diesmal sein eigenes Festival, oder besser noch seine eigene Festival-Tour: die Castivals. Eingeladen sind viele gute Freunde. Die kommen nicht alle aus dem HipHop, auch wenn es sicherlich spannend wäre, eine Band wie AnnenMayKantereit oder auch Thees Uhlmann mal rappen zu hören. Mit den Castivals will Casper die Tour zu seinem Album »Hinterland« im familiären Rahmen ausklingen lassen. So familiär, wie es in Venues wie dem Westfalenpark in Dortmund oder der Berliner Wuhlheide eben möglich ist. Sechs Städten stattet er in Begleitung zweier

unterschiedlicher Acts einen Besuch ab. Neben der Musik wird es noch andere Programmpunkte geben. Wie genau die aussehen, hat Casper aber noch nicht verraten. — 05.06. Hannover: K.I.Z — 13.06. Berlin: Prinz Porno — 04.07. Dresden: Bosse, Wanda — 31.07. Ludwigsburg: Bosse, Zugezogen Maskulin — 21.08. Hamburg: Haftbefehl — 22.08. Dortmund: Bosse, AnnenMayKantereit

Casper

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#Live #Festival

Kapelsky & Marina über das TFF Rudolstadt Beim letztjährigen TFF Rudolstadt haben Kapelsky & Marina den Creole Award gewonnen. 2015 kommen sie wieder, diesmal für ein längeres Konzert. Gitarrist Gregor Hengesbach hegt schöne Erinnerungen. »Beim TFF Rudolstadt spürt man direkt eine charmante Atmosphäre. Trotz der vielen Besucher ist es dort sehr entspannt. Wir traten letztes Jahr im Rahmen des Creole Global Music Contests auf. Es war an dem Tag brüllheiß. Wir trugen schwarze Anzüge, das hätte unpassender nicht sein können. Da passierte es: Ich bückte mich und meine Hose riss. Mit einer Sicherheitsnadel haben wir das notdürftig repariert. Unser Stil, eine Mischung aus Balkan, Klezmer, osteuropäischer Folklore und Jazz, wurde aber tüchtig beklatscht – vor allem die russische Polka-Version von »Oops! ... I Did It Again«. Danach latschte ich mit gähnendem Hosenbund über die Bühne; Anspannung und Sicherheitsnadel waren längst abgefallen. Riesengroß dann die Freude, als klar war, dass wir gewonnen hatten.« — 02.-05.07. Rudolstadt — Alin Coen Band, Funny van Dannen, Germán Díaz, Kalàscima, Les Ambassadeurs u. v. a.

Angus & Julia Stone

Kunst!Rasen Bonn Die schickste Open-Air-Location in NRW: Mitten in der grünen Rheinaue geht der Kunst!Rasen über die Bühne, allen Klagen über Lärmbelästigung zum Trotz. Noch vor Kurzem hing die Zukunft des Kunst!Rasen Bonn an einem seidenen Faden: Ein Nachbar hatte hartnäckig gegen die angebliche Lärmbelästigung geklagt, dann brannte auch noch der Biergarten direkt nebenan nieder. Die Klage wurde abgewiesen, der Biergarten wieder aufgebaut, so kann es in dieser Open-Air-Saison ohne Einschränkungen weitergehen. Zwischen Linden und Bötchensee kann man vom Sommer-Picknick direkt zu einem der an mehreren Abenden stattfindenden Konzerte prominenter Acts aus allen möglichen Genres überwechseln. Und zwar in eine Location, die sogar völlig ohne Konzert einen Besuch lohnt. Aber wer könnte das schon wollen, wenn man dort Bands wie Angus & Julia Stone, Joan Baez oder Max Herre sehen kann? — 08.06.-09.07. Bonn — Alice Cooper, Angus & Julia Stone, Dream Theater, Hubert Von Goisern, Joan Baez, Max Herre & Kahedi Radio Orchestra, Passenger, Rea Garvey, Revolverheld, Status Quo, Stu Larsen, Zaz u. v. a.

Die Nerven

DIE NERVEN ÜBER RO SKILDE Roskilde gehört zu den bekanntesten Festivals Europas: Riesen-Line-up, eine Woche Ausnahmezustand und trotzdem wirkt alles ziemlich entspannt. Letztes Jahr waren Die Nerven Teil des Ganzen und davon sehr beeindruckt, wie Sänger Julian Knoth erzählt.

»Als Band ohne viel Festivalerfahrung war allein schon der Gedanke, auf dem Roskilde spielen zu dürfen, überwältigend. Es ist beeindruckend, mit welcher Sorgfalt dort Bands ausgewählt werden und wie bunt das Programm ist. Trotz der vielen Besucher ist alles mit viel Liebe zum Detail gemacht, seien es Cheeseburger, das Künstlerdorf oder der Zeitplan. Letzterem haben wir den für uns größten Moment unserer jungen ›Karriere‹ zu verdanken. Während Bands unserer Größenordnung in Deutschland gar nicht oder sehr früh auf größeren Festivals spielen, hatten wir

hier einen tollen Slot auf einer kleinen Bühne um 21 Uhr – ohne gitarrenlastige Konkurrenz. Da das Publikum in Roskilde extrem offen und neugierig ist, standen plötzlich 2000 Menschen vor uns, die trotz Sprachbarriere versuchten, mitzusingen. Neben Pogo und Moshpit wurde sogar im Takt mitgeklatscht, was uns eigentlich eher suspekt ist. Aber in Roskilde, dieser orangenen Großstadt aus Polyurethan, Holz und Aluminium, da geht das.« — 27.06.-04.07. DK-Roskilde — Alice Boman, Av Av Av, Benjamin Booker, Die Antwoord, Disclosure, Dixon, Drenge, Einstürzende Neubauten, Ezra Furman, Farao, Father John Misty, First Aid Kit, Florence + The Machine, Hot Chip, Jamie xx, Jungle, Kate Tempest, Kendrick Lamar, Kwabs, Mew, Muse, Nicki Minaj, Nils Frahm, Noel Gallagher’s High Flying Birds, Pallbearer, Paul McCartney, Perfume Genius, Rangleklods, Ratking, Run The Jewels, Ryan Adams, Soak, St. Vincent, Steve Gunn, The Tallest Man On Earth, The War On Drugs, WhoMadeWho, Young Fathers u. v. a.

Kosmonaut Indie-Pop von den Local Heroes Kraftklub geplant, versammelt das Kosmonaut seit 2013 verlässlich einige der Höhepunkte des Musikjahres. Für die Schirmherren war es von Beginn an ein Herzenswunsch, die Festivallücke im Osten auszufüllen und befreundete Künstler in ihre Heimat einzuladen. Frei nach dem Motto »Never change a winning team« bleiben sie auch mit der dritten Ausgabe ihrem Erfolgskonzept treu und schmücken das Line-up mit Adam Angst Acts wie Talking To Turtles, K.I.Z und Haftbefehl. Obendrein gibt es wieder einen geheimen Am Stausee Rabenstein bei Chemnitz findet Headliner, auf dessen Identität sogar noch im Juli der Kongress der Kosmonauten statt. auf dem Festival selbst gewettet werden darf. Die entscheidende Frage auf der Agenda lautet: Wie viel unzensierte Party geht?

Als lockeres Heimspiel zwischen Ostromantik und Moderne, HipHop und

— 26.-27.06. Chemnitz — Adam Angst, AnnenMayKantereit, Antilopen Gang, Beatsteaks, Egotronic, Haftbefehl, K.I.Z, Kraftklub, Talking To Turtles, Thees Uhlmann, Trümmer, Wanda, Zugezogen Maskulin u.v.a.


#Live #Festival

Ruhr-in-Love Komm, wir fahren in den Pott! Bei der Ruhrin-Love trifft sich die Techno-Szene des Westens. DJ Felix Kröcher freut sich riesig auf Vollgas-Veranstaltungen beim elektronischen Familienfest. Allein schon das Line-up der Ruhr-in-Love ist überwältigend: 400 Künstler spielen auf 40 Floors – und das an einem einzigen Samstag! Das Festival bezeichnet sich selbst als Familienfeier ohne nervige Tanten und Kaffeekränzchen, dafür mit Acid, House und Bottroper Hardcore. Felix Kröcher ist in diesem Jahr auch wieder dabei: »Gude, meine Lieben. Die Ruhr-in-Love ist das größte Familienfest im Ruhrgebiet! Und ich bin ein Teil davon, wow! Ich freue mich riesig, wieder dabei zu sein. Bei Wind und Wetter ist die Ruhr-in-Love seit vielen Jahren mein Festival-Highlight. Ob klarer Himmel und Sonnenschein, Sturmböen, Unwetter oder Platzregen – nichts davon konnte uns jemals aufhalten. Getreu dem Motto: Läuft. (Trotzdem) Weiter! Ich fühle mich hier immer sauwohl. So wie bei meinem unvergessenen Bad in der Menge im Jahr 2013. Apropos: Wir sollten nicht vergessen, dass die Ruhr-in-Love nicht nur musikalisch einiges zu bieten hat, sondern auch kulinarisch. Danke an alle Helferlein! Ich verspreche euch auch in diesem Jahr ein Familienfest der Superlative und freue mich, mit euch Vollgas zu geben! Auf der Bühne, auf dem Pult oder in der Menge – wir sehen uns! Euer Felix.«

Out4Fame Das Out4Fame Festival holt die internationale Elite aus Rap und HipHop nach NRW. Das Motto gibt die Stoßrichtung vor: »More Real Rap!«

Hünxe mausert sich zur Festival-Hauptstadt des Westens: Neben dem Ruhrpott Rodeo steigt dort seit letztem Jahr auch das Out4Fame. Schon die Premiere war mit 7000 Besuchern sowie einem Line-up aus internationalen HipHop-Acts ein voller Erfolg. Da heißt es, in diesem Jahr nachzulegen: Neben einem breit gefächerten Line-up auf zwei Bühnen wird das Programm durch Graffi - und Battlerap-Events ergänzt. Der »1on1-FreestyleSuperbattle«, der hier ausgetragen wird, ist das höchstdotierte Battle-Rap-Event Deutschlands: Dem besten Freestyle-Rapper winken 2500 Euro Preisgeld.

Wu-Tang Clan — 12.-13.06. Hünxe — 187 Strassenbande, Afrob, Azad, Bessunger Hills, Busta Rhymes, CR7Z, Celo & Abdi, Curse, DCVDNS, Dead Prez, Disarstar, EPMD, Eko Fresh, Eljot Quent, Favorite, Foxy Brown, Greeen, HDBeenDope, Kex Kuhl & Andi Tablez, Leroy, Lino/Ärsenik, Mobb Deep, Mobb Fu, Peti Free, Projekt Gummizelle, RA The Rugged Man, Samy Deluxe, Snaga, Summer Cem, Wu-Tang Clan, Yasiin Bey a.k.a. Mos Def u. v. a.

Torstraßen-Festival

— 27.06. Oberhausen — Aka Aka feat. Thalstroem, BMG a.k.a. Brachiale Musikgestalter, Critical Mass, Da Hool, DBN, DJ Quicksilver, East & Young, Felix Kröcher, Gestört Aber Geil, KlangTherapeuten, Klaudia Gawlas, Man At Arms, Oliver Heldens, P.A.C.O., Phil Fuldner, Sorgenkint, Stefan Dabruck, Torsten Kanzler u. v. a.

Das Nachbarschaftsfest in Berlin-Mitte feiert in diesem Jahr seinen fünften Geburtstag und hängt einen Tag dran.

Wer keinen Bock auf die Strapazen der großen Open Airs hat, ist auf dem Festival rund um die Torstraße in Berlin-Mitte bestens aufgehoben. Hier setzt sich das Programm seit fünf Jahren aus Indie-Perlen zusammen, die man in den vielen kleinen Clubs am Rande der Straße dann hautnah erleben kann. Da das Torstraßenfestival aber nicht nur Club-Event, sondern auch Straßenfest ist, kann man auch einfach nur die Meile entlanglaufen und mitnehmen, was die Torstraße an Ständen und Lädchen sonst noch so zu bieten hat. Young Fathers

— 13.-14.06. Berlin — Biblo, Buke And Gase, Godmother, Human Abfall, Isolation Berlin, James K, Jens Friebe, Keøma, Warm Graves, Young Fathers, Zucker u. v. a.

Organic Dance Music Festival Endlich mal nicht so weit in den Norden fahren müssen: Das ODMF holt die ElectroSzene nach München.

Felix Kröcher

Als süddeutscher Electro-Fan kann man schon mal neidisch werden: Die meisten der großen Events der elektronischen Musik fi den immer noch in nördlicheren Regionen der Republik statt. Das Organic Dance Music Festival versucht dieser Dominanz ein Gegengewicht entgegenzusetzen. Bei der Premiere im letzten Jahr hat das mit über 5000 Dillon Besuchern auch gut geklappt. Im Vergleich zum Debüt ist diesmal alles noch ein biss- Kesselhaus, die mit ihrem Industrie-Charme chen größer aufgezogen: Die Zahl der Bühnen die perfekte Kulisse für die größte Club-Nacht wurde aufgestockt, es gibt nun ganze fünf im Süden bieten. Floors. Neben den Outdoor-Stages am Tage — 13.06. München — Andrea, Austra, Baal, Christian geht es in der Nacht in diversen Clubs der Prommer, Dillon, Dixon, Job Jobse, Kindness, Locked Stadt weiter. Unter anderem im Zenith und Groove, Marcel Fengler, Shed, Staab, Tale Of Us u. v. a.

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#Live #Festival

Moritz von Oswald Trio

Denovali Festival Berlin

Death Cab For Cutie

BEST KEPT SECRET Das Best Kept Secret trotzt seinem Namen: Ein Geheimtipp ist das niederländische Festival mit dem kenntnisreich gebuchten Line-up schon etwas länger nicht mehr.

Jahr für Jahr blicken wir neidisch auf die Dichte an großartigen Festivals in unserem Nachbarland. Das Best Kept Secret hat das Fass seit seiner Gründung vor wenigen Jahren zum Überlaufen gebracht: Was dort Ausgabe für Ausgabe auf dem Konzertplan steht, ist kaum zu fassen. Und das betrifft nicht nur ein Genre, sondern von Rap über Electro bis hin zu Indie und Rock gleich fast alle. Dazu ist auch der Rahmen des in einem Safaripark beheimateten Festivals hochklassig: FoodStände mit Spezialitäten aus aller Herren

Länder, Abkühlung durch Pools und Seen, und Selfie-Sticks sind dort dankenswerterweise auch noch verboten. — 19.-21.06. NL-Hilvarenbeek — A$AP Rocky, Afterpartees, alt-J, Alvvays, Ariel Pink, BadBadNotGood, Balthazar, Boxed In, Cashmere Cat, Chet Faker, Circa Waves, Dan Deacon, Daniel Norgren, Death Cab For Cutie, Drenge, Eagulls, Earl Sweatshirt, Evian Christ, Fickle Friends, Fidlar, First Aid Kit, Future Islands, Gengahr, Hinds, John Coffey, Kate Tempest, Kiasmos, Kindness, Kuenta I Tambu, Little May, Marmozets, Matthew E. White, Metz, Mew, Noel Gallagher’s High Flying Birds, Of Monsters And Men, Off!, Pretty Vicious, Reigning Sound, Rhodes, Ride, Royal Blood, S O H N, St. Paul & The Broken Bones, Steve Gunn, Sunset Sons, Temples, The Jesus And Mary Chain, The Libertines, The Tallest Man On Earth, The Vaccines, Vessels, Waxahatchee, Wolf Alice, Yung Lean & Sad Boys u. v. a.

Für Fans von neuer Klassik, Ambient, Drones und Postrock ist das Label Denovali unerlässlich. Das hat mittlerweile auch Berlin erkannt. Mit Energie und Leidenschaft hat sich das Ruhrgebietslabel Denovali ein kleines Biotop erschaffen. Die Macher versammeln randständige Künstler aus experimenteller und neuer Musik, Ambient und Postrock, die nach und nach ein immer größeres und internationaleres Publikum erreichen. Dazu gehören seit einigen Jahren auch die LiveEvents des Labels, die nach dem Start im heimischen Essen nun auch in London und Berlin etabliert sind. Letztere ist im Juni wieder an der Reihe und bekommt an zwei Tagen ein breit gefächertes Line-up aus labeleigenen und befreundeten Künstlern. Bei denen sind die Denovali Festivals auch deshalb so beliebt, weil sie hier nicht im Halbstundentakt auf die und von der Bühne getrieben werden. Denovali achtet und respektiert seine Künstler, deshalb spielen sie fast alle volle Sets. — 13.-14.06. Berlin — Ah! Kosmos, Floex, Forest Swords, Hidden Orchestra, Ricardo Donoso, Moritz von Oswald

Friedemann Weise

Traumzeit

10 Jahre Lagerfeuer Deluxe

A perfect match: Das Traumzeit bietet Geschmackssicheres aus Indie, Folk und Pop auf den schönsten Bühnen des Westens.

Schon lange ist Lagerfeuer Deluxe als Konzertreihe der anderen Art in Köln etabliert. Jetzt feiern die Veranstalter Jubiläum. Bei Lagerfeuer-Deluxe-Shows gibt es klare Regeln: Die Musiker spielen tatsächlich unplugged – keine elektrisch verstärkten Instrumente, keine Drums, keine Effekte. Jeder Auftritt darf nur 20 Minuten dauern – denn wenn eine Folge der »Simpsons« in 20 Minuten perfekt unterhalten kann, muss das für einen Künstler auch reichen. Nun feiert die Reihe gleich zwei Jubiläen auf einmal: zehn Jahre Lagerfeuer Deluxe und die hundertste Show. Zu diesem Anlass wird alles ein bisschen größer aufgezogen. Das »100th Anniversary Festival« bespielt alle drei Bühnen des Kölner Stadtgartens, und das von Indie über HipHop bis Reggae sehr breit aufgestellte Line-up muss sich natürlich auch den Lagerfeuerregeln unterwerfen. Nur die Spielzeit wird ausnahmsweise auf 30 Minuten erhöht.

Wie man die Hinterlassenschaften von Kohle und Stahl für stimmungsvolle Spielstätten nutzen kann, zeigt der Duisburger Landschaftspark Nord wie kaum ein anderer Ort im tiefen Westen. Die Besucher des Traumzeit Festivals schätzen sich seit einigen Jahren glücklich, Acts wie Calexico, Bilderbuch und Olli Schulz in der beeindruckenden Umgebung der ausgebrannten Stahlöfen sehen zu können. — 19.-21.06. Duisburg — Benjamin Clementine, Bilderbuch, Calexico, Dotan, East Cameron Folkcore, Heisskalt, Joris, Josef Salvat, Kensington, Kovacs, Käpt’n Moby, Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi, L’Aupaire, Laing, Leslie Clio, Maggie Bjorklund, Mine, Niels Frevert, OK Kid, Olli Schulz, Philipp Dittberner, Sophie Hunger, Talisco, Teitur, The Atrium, The Majority Says, Wanda, Zoot Woman u. v. a. Texte: Julia Brummert, Dominik Bruns, Carsten Schumacher, Christian Steinbrink, Stefanie Thomas, Sermin Usta

Talisco

— 26.06. Köln — Flo Mega, Simon & Jan, Celina Bostic, Friedemann Weise, Sons Of The Lighthouse, JJ & The Acoustic Machine, Sofia S ark u. v. a.


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21.05.15 14:55


OPEN AIR 2015 REVOLVERHELD 18.06.2015 MAX HERRE & KAHEDI RADIO ORCHESTRA 19.06.2015 REA GARVEY & MARK FORSTER 21.06.2015 ANGUS & JULIA STONE 24.06.2015 ALICE COOPER/STATUS QUO 25.06.2015 KLASSIK!PICKNICK 02.07.2015 PASSENGER 03.07.2015 ZAZ 05.07.2015 HUBERT VON GROISERN 06.07.2015 JOAN BAEZ 08.07.2015 DREAM THEATER 09.07.2015 Horses 1975 – 2015

JUN JUN I I 15 15

LIVE

Blind Willies SA 06 Logan & Lucille MI 10 From Indian Lakes FR 12 Annabelle Chvostek SO 14 Earnest And Without You SA 20 LIV SO 21 The Lancaster Orchestra SA 27 Kirbanu OPEN AIR KINO DO 04 Eine Taube sitzt auf einem Zweig FR 05 Das Zimmermädchen Lynn SA 06 Das Salz der Erde FR 12 Winterschlaf SA 13 Fremd FR 19 Abrir puertas y ventanas SA 20 Ruined Heart FR 05

Berthold Seliger präsentiert:

Patti Smith and her band perform Horses 23.06. KöLN TANZBRUNNEN Ticket-Hotline: 01806 – 999 0000 Mo-Fr 8-22 Uhr/Sa, So & feiertags 9-20 Uhr (0,20 €/Anruf aus dt. Festnetz/max. 0,60 €/Anruf aus dt. Mobilfunknetz)

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10. INTERNATIONALER MUSIKSOMMER

#Preview

01.06. 04.06. 09.06. 18.06. 20.06. 24.06. 25.06. U.V.M.

JOY WELLBOY BED RUGS JARABE DE PALO ST. PAUL & THE BROKEN BONES RAMY ESSAM & ARABIAN KNIGHTZ LAGWAGON & STRUNG OUT MOTORPSYCHO IM JULI & AUGUST

INFOS & TICKETS: ZAKK.DE

K ampnagel.de

Ar i s ta Rec or ds

128

22.06. 23.06. 12.07. 13.07. 16.07. 07.08. 08.08. 11.08.

juni15

Frankfurt a.M., Alte Oper Köln, Tanzbrunnen Lörrach, Stimmen Festival München, Tollwood Festival Singen, Hohentwiel Festival 19:00 Uhr Luhmühlen, A Summer‘s Tale Festival Dresden, Junge Garde Berlin, Tempodrom

SCHLACHTHOF WIESBADEN MURNAUSTR.1 65189 WIESBADEN

Mi. 03.06.

CONVERGE Mit: TRAP THEM, HARMS WAY, YOUNG AND IN THE WAY

04.06. DO

COAL CHAMBER / SOIL / DIABLO BLVD

Do. 04.06. 20:00 Uhr

12.06. FR

SPACEMAN SPIFF (MIT BAND)

14.06. SO

GABRIEL RIOS / GOLDMUND & TAUTRINKER

16.06. DI

ST. PAUL & THE BROKEN BONES

17.06. MI

LAGWAGON / STRUNG OUT / AUTHORITY ZERO

Steve Gunn

17.06. MI

GÖTZ WIDMANN / SUPPORT: FALK

di 02.06.15

18.06. DO

EAST CAMERON FOLKCORE

23.06. DI

DEATH FROM ABOVE 1979 / DEMOB HAPPY

di 23.06.15

24.06. MI

THE WORLD/INFERNO FRIENDSHIP SOCIETY

Mi 08.07.15

05.07. SO

JOHN GARCIA / WHITE MILES

sa 25.07.15

10.07. FR

TESS PARKS & ANTON NEWCOMBE

enDLeSS Summer

14.07. DI

BLUES PILLS

di 22.09.15

23.07. DO

RADIO MOSCOW

24.08. MO

CHUCK RAGAN & THE CAMARADERIE

25.08. DI

INTERPOL

28.- FR 30.08. SO

FOLKLORE NULLFÜNFZEHN FEAT. PRINZ PI / ELEMENT OF CRIME / SIRIUSMODESELEKTOR LIVE / FÜNF STERNE DELUXE / ANNENMAYKANTEREIT / ANTILOPEN GANG

06.10. DI

BOYSETSFIRE / SILVERSTEIN

yOunG FAtherS

20.10. DI

THE CAT EMPIRE

Fr 09.10.15

12.11. DO

TOCOTRONIC

29.11. SO

GREGOR MEYLE

CRIPPLED BLACK PHOENIX Di. 09.06. 19:00 Uhr

HELLYEAH

Tune-yards Support: GUS G.

Do. 18.06. 20:00 Uhr

THE HOOTERS Do. 16.07. 19:00 Uhr

FEAR FACTORY Support: BUTCHER BABIES

NEW NOISE FEST 10 So. 23.08. 19:00 Uhr

CHUCK RAGAN & THE CAMARADERIE Support: NORTHCOTE

Mi. 16.09. 20:00 Uhr

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w/ PhiliPP diTTberner

Mit: THE STORY SO FAR, LIONHEART, JOY BECAME CLEAR, GRIZZLY und weiteren Bands

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Sa. 22.08. 13:00 Uhr

Alter

Mo 01.06.15

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ChAkuzA

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ODDiSee & SunSet SOnS

Mo 28.09.15

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Unser komplettes Programm findet ihr im Internet unter

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#Preview

U

14.06. BrotfaBrik 20:00 moriarTy

TERMINE AB JUNI 2015

16.06. mousonturm 21:00 rocko schamoni & miragE 29.06. Zoom 21:00 iLovEmakonnEn 28.07. Palmengarten 19:00 vincEnT mcmorrow

10.07. Intergalactic Lovers

31/05 ROCKY VOTOLATO 05/06 CIRCA SURVIVE 10/06 TESTAMENT 12/06 SASHA 21/06 DONKEY GAMING - PUBLIC VIEWING 25/06 YOUTH BRIGADE FESTIVAL 2015 MIT THE WORLD INFERNO FRIENDSHIP SOCIETY U.V.A. 08/07 REVEREND HORTON HEAT 10/07 INTERGALACTIC LOVERS 31/07 15 JAHRE BIERSCHINKEN 17/08 INTERPOL 26/08 CHUCK RAGAN & THE CAMARADERIE 01/09 WIRTZ 06/09 DIE KRUPPS 16/09 DIE ORSONS 17/09 TERRORGRUPPE, SCHROTTGRENZE, U.V.M. 22/09 DAN MANGAN 27/09 DAS HÖCHSTE DER GEFÜHLE FESTIVAL: STILL PARADE, JOY WELLBOY, NEVER SOL, U.V.A.

28/09 PHILIPP DITTBERNER & BAND 29/09 ULI JON ROTH *SCORPIONS REVISITED 30/09 BOLLMER 01/10 MAYBEBOP - DAS DARF MAN NICHT 01/10 MAYBEBOP - BEST OF MAYBEBOP 15/10 TOCOTRONIC 16/10 IRIE REVOLTES 18/10 LANCE BUTTERS 22/10 CULCHA CANDELA 24/10 MOONLIGHT BREAKFAST 31/10 TONBANDGERÄT INFOS & TICKETS WWW.FZW.DE

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P

D

A

T

special guest: Joe Pug Sa. 13.06.2015 | Studio 672, Köln

LIONS HEAD Mo. 15.06.2015 | Luxor, Köln

CAVALERA CONSPIRACY special guest: Dew-Scented Di. 16.06.2015 | Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln

NATALIE PRASS

07.07. Zoom 21:00 Travis scoTT

Sa. 20.06.2015 | Live Music Hall, Köln

04.08. Palmengarten 19:00 TigEr LiLLiEs

DEATH FROM ABOVE 1979

09.08. Zoom 21:00 waxahaTchEE

Do. 25.06.2015 | Luxor, Köln

11.08. Palmengarten 19:00 hauschka 14.08. Zoom 20:00 Low roar 18.08. Palmengarten 19:00 nnEka

PRIMUS

Mo. 22.06.2015 | Gloria, Köln

RIVAL SONS Fr. 27.06.2015 | YUCA, Köln

BØRNS

Di. 30.06.2015 | Stadtgarten, Köln

LEON BRIDGES Di. 30.06.2015 | Blue Shell, Köln

ROBERT DELONG Mi. 01.07.2015 | E-Werk, Köln

18.08. Zoom 21:00 hiLLTop hoods

special guest: VANT

25.08. Palmengarten 19:00 owEn paLLETT

ALABAMA SHAKES

19.09. giBson 19:00 marc aLmond 22.09. BatschkaPP 20:00 gEnETikk 27.09. caPitol 19:00 LionT 05.10. BrotfaBrik 20:00 sophiE ZELmani 08.10. BrotfaBrik 20:00 hELgE TimmErbErg 08.10. Zoom 21:00 young faThErs 17.10. mousonturm 21:00 sTudio braun 21.10. BatschkaPP 20:00 iriE révoLTés

Mo. 06.07.2015 | Live Music Hall, Köln

Mi. 08.07.2015 | Luxor, Köln

TESS PARKS & ANTON NEWCOMBE Sa. 18.07.2015 | Kulturfabrik, Krefeld

THEES UHLMANN Mi. 12.08.2015 | Palladium, Köln

Sa. 15.08.2015 | Gloria, Köln

JUNGLE

Mi. 19.08.2015 | Essigfabrik, Köln

COHEED AND CAMBRIA performing „IN KEEPING SECRETS OF SILENT EARTH:3“ in its entirety Mi. 02.09.2015 | Gloria, Köln

MY MORNING JACKET special guest: Dawes Do. 17.09.2015 | Bürgerh. Stollwerck, Köln

MARC ALMOND

25.10. elfer cluB 20:30 mETZ

Sa. 19.09.2015 | Live Music Hall, Köln

10.11. stadthalle of 20:00 EdiTors

Di. 29.09.2015 | Turbinenhalle 2, Oberhausen

06.12. giBson 20:00 biLdErbuch 07.12. BatschkaPP 20:00 raE srEmmurd 22.12. mousonturm 20:00 max goLdT 23.12. mousonturm 20:00 max goLdT 08.01. mousonturm 20:00 hEnry roLLins

E

Mi. 03.06.2015 | E-Werk, Köln

Mi. 07.10.2015 | Palladium, Köln (Verlegt aus dem E-Werk)

So. 11.10.2015 | König-Pilsener-Arena, Oberhausen

Di. 13.10.2015 | Westfalenhalle, Dortmund

Do. 15.10.2015 | FZW, Dortmund Mi. 11.11.2015 | E-Werk, Köln

Mo. 02.11.2015 | Palladium, Köln

+ Support Do. 12.11.2015 | Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf

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Demnächst: Intro No. 234 — 29.06.2015

Wolf Alice, K.I.Z, Lianne La Havas, Tame Impala, Leon Bridges, Muse, Games: Tom Clancy’s The Division, Flo Morrissey, Reportage: Mit den Preppers gegen den Weltuntergang ...


Der bigFM Festival Summer 2015 SONNE MOND STERNE ROCK A FIELD SOUTHSIDE FESTIVAL TAUBERTAL FESTIVAL ROCK AM SEE NATURE ONE GLASTONBURY ROCK´N´HEIM SPA CK! FES FESTIVAL TIVAL SEA YOU FESTIVAL SPACK! KOSMONAUT FESTIVAL RUHR IN LOVE HIP HOP OPEN OPENAIR FRAUENFELD ROCK AM RING ROCK IM PARK SPLASH TOMORROWLAND SUMMERJAM HURRICANE LOVE FAMILY PARK

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