Intro 249

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#Pop Choose life. Choose Facebook, #Kultur #Life Twitter, Instagram and hope that #Style someone, somewhere cares. Choose looking up old flames, wishing you’d done it all differently. And choose watching history repeat itself. Choose your future. Choose reality TV, slut shaming, revenge porn. Choose a zero hour contract, a two hour journey to work. And choose the same for your kids, only worse, and smother the pain with an unknown dose of an unknown drug made in somebody’s kitchen. And then… take a deep breath. You’re an addict, so be addicted. Just be addicted to something else. Choose the ones you love. Choose your future. Choose life. Was uns Trainspotting 2017 noch zu erzählen hat. Antilopen Gang — The xx — Lesercharts 2016 — Paul Verhoeven über »Elle« — Sohn

— Dua Lipa — Style: »A Cure For Wellness« — Bonobo — Pharrell Willams — Schnipo Schranke — Austra

#249 Februar 2017 gratis www.intro.de


P 017 CHO ebruar 2 B M F . LA HAM g, 17 ING 7 a t i N e r N F CU ärz 201 RLIE M CHA ag, 25. TWO st m THE a S D N RT A 7 EWE GONS Juni 201 . A 7 R 1 D stag, Sam

www.pop-abo.de AKUSTIK-POP IM KONZERTHAUS DORTMUND


#Intro Editorial

#Intro Die »Trainspotting«-Verfilmung von Danny Boyle hat mich 1996 dazu gebracht, meinen ersten Roman auf »Englisch« zu lesen. Ich hatte in dem Schulfach eine 2+, was sollte also schiefgehen. Dementsprechend irritiert las ich auf der ersten Seite des Buches: »The sweat wis lashing oafay Sick Boy; he wis trembling. Ah wis jist sitting thair, focusing oan the telly, tryin no tae notice the cunt.« Tja, so kam es also, dass ich durch Irvine Welsh auch noch Schottisch lernte. Deshalb ist die Vorfreude auf »T2 Trainspotting« groß, der am 16. Februar in den deutschen Kinos startet. Und wenn ausgerechnet in unserem Jubiläumsjahr alle Original-Schauspieler plus Regisseur ein Wiedersehen feiern, sind wir natürlich dabei. Deshalb erinnert unser Cover an das Poster, das jahrelang die Wände vieler Jugendzimmer und WGs geziert hat. Auch sonst begrüßen wir viele alte Bekannte: The xx sind zurück, genau wie Bonobo, Schnipo Schranke, SOHN, Gore Verbinski, der jetzt auf Psycho-Horror setzt, und Pharrell Williams, der mit »Hidden Figures« einen Oscar-Anwärter produziert hat. So viel gute Popkultur ist dann auch so ziemlich das Einzige, was uns momentan einigermaßen erfolgreich von all den Hitler-Höckes und Trompeten-Trumps da draußen ablenken kann ...

Spinne auf Speed

Daniel Koch (im Namen der Redaktion)

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Das Leben der Anderen

DAS LEBEN DER ANDEREN

Wenn unser Autor Christian Schlodder ins Ausland reist, muss man mit allem rechnen. In seinem Südkorea-Urlaub lernte er beim Biertrinken einen jungen Mann kennen, der sich beinahe von der Mapo-Brücke in Seoul gestürzt hätte – und den, der ihm die Suizidgedanken ausgeredet hat. Hier sieht man Christian (rechts im Bild) gerade im Niemandsland zwischen Nord- und Südkorea. Diesen Ausflug gönnte er sich, nachdem er das Material für unsere Reportage auf Seite 76 zusammenhatte.

So was erreicht uns auch nicht alle Tage: ein handgeschriebener Brief von Frau del Fabro, 71. Sie hatte im Radio ein Interview mit unserem Herausgeber gehört, beim Spaziergang dann unser Heft gefunden und uns ihr Fazit geschickt: »Aufmachung gut = nicht so übermäßig knallbunt + großprotzig. Dann später, zwei-drei Texte gelesen – sehr gut, Donnerwetter! Also – bitte unbedingt weiter so!« Zu den netten Worten gab es dann sogar noch fünf Euro für die Kaffee- oder Kölschkasse. Donnerwetter! Von uns ein besonders herzliches »Dankeschön!« an Frau del Fabro – falls sie uns als neue Leserin treu bleibt und diese Worte liest.

Spinnen die jetzt völlig? Sorry, aber diese Frage muss beim Anblick auf unsere Ressortseiten einfach erlaubt sein. Es sind allerdings nicht einfach nur Spinnereien, sondern die Ergebnisse eines Experiments aus dem Jahr 1948. Damals verabreichte der Pharmakologe Peter Witt Spinnen diverse Drogen und Aufputschmittel und stellte fest, dass sich dadurch die Webaktivitäten der Tiere veränderten. Die spinnen ihre Netze normalerweise um vier Uhr morgens – sehr zum Unmut von Wissenschaftlern. Tja, an der Uhrzeit änderte sich leider nix, aber dafür ging das Krabbelvieh in Sachen Architektur ziemlich steil. Interessante Erkenntnis am Rande: Koffein zerschießt den Netzbau völlig, während LSD zu klaren, wundervollen Formen führt. Vielleicht sollten wir uns das mal zu Herzen nehmen?

Nüchterne Spinne

Aus der Redaktion

Die beiden muss man hier einfach mal vorstellen: Das sind Hannah und Jakob, die gemeinsam als Fotografenduo Jakob & Hannah arbeiten – und zwar immer wieder auch für uns. Für diese Ausgabe shooteten sie im Berliner Stadtbad Oderberger unsere Modestrecke zum Film »A Cure For Wellness« und sorgen damit für ein wenig VogueFlair im #Style-Teil.

Wolfgang: »Es gibt neben uns auch andere verrückte Unternehmen – Gefängnisse zum Beispiel.« Martin: »Pah, dann rauche ich eben mein Mittagessen!« Carsten: »Was willst du mit Fanatismus, wenn du einen Rolls-Royce haben kannst?« Senta: »Es ist schon wieder so stickig hier.« Wolfgang: »Aber echt – wir sollten uns mit dem Atmen abwechseln.«


Inhalt

INHALT #Intro

#Pop

Bilder von: Thomas Mailaender,

Schlägt sich so durch: Dua Lipa

Matt Lambert, Harley Weir 8

Bonobo: Der ewig Getriebene 38

Checken keine 148 Mails: Der Ringer 12

Optimismus ohne Ende: Austra 40

Wieder höchst lebendig: Schrottgrenze 14

Cover-Welten: Toiletten 42

Sampha: Unter Großkalibern 16

Antilopen Gang: Deutschlands Bademeister 44

Auftakt mit: The Flaming Lips, Kratzen & Beißen,

Talisco schreibt Pop mit Haken 46

Cherry Glazerr, Leserpoll, Sinkane, Frank Carter &

Mehr als lustig ficken: Schnipo Schranke

The Rattlesnakes, Wanda, Beastie Boys, Catherine

Japandroids: Imaginärer Moshpit 50

Meurisse, Top 7 Archivschätze, Foxygen 18

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Ein netter Bub namens SOHN 52 The xx: Spieglein, Spieglein an der Wand 54

#Kultur Titelstory: »Trainspotting« gestern und heute 58 Paul Verhoeven über »Elle« 64 Gore Verbinski über »A Cure For Wellness« 66 Neu im Kino: »Volt«, »The Girl With All The Gifts« 68 Neu auf DVD: »Genius«, »Mr. Robot«, »Nerve« 70 Neue Games: »The Last Guardian«, »Dishonored 2« 74

#Life Reportage: Die Brücke der Ausweglosen 78 Der vegetarische Metzger 84 Popküche: Thanksgiving Trifle aus »Friends« 86

#Style Modestrecke: Kaltes, klares Wasser 88

#Review Platten vor Gericht 100

Foto: Jakob & Hannah

Neue Platten: Charlie Cunningham, Cloud Nothings, Elbow, Kreator, LGoony, Mile Me Deaf, Philipp Poisel, Der Ringer, Run The Jewels, Sampha, Schnipo Schranke, Ty Segall, Sinkane, SOHN, Talisco, Tinariwen, Vermont, The Weeknd, The xx und viele mehr 102 Impressum / Dein Intro 6 Abo 15 Katz & Goldt / Demnächst 130

#Preview Intro empfiehlt 122 Kalender 124

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#Intro Dein Intro

DEIN INTRO Und wo warst du im Februar 2007? Intro #146

IMPRESSUM Verlag Intro GmbH & Co. KG, Oppenheimstraße 7, 50668 Köln Fon +49 221 94993-0, Fax +49 221 94993-99 verlag@intro.de, vorname.nachname@intro.de, www.intro.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann Chefredakteur Daniel Koch (V.i.S.d.P.) Stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Frömberg Projektleitung Martin Lippert Artdirektor Holger Risse Stellvertretende Artdirektorin Frederike Wetzels

Covergeschichte: Sagt dir die Band Anajo noch was?

Egal – die Polizei in Bayern kennt sie auch nicht. Anajo kommen aus Augsburg. Dorthin fährt Linus Volkmann zum Interview. Im Vorspann beschreibt er seine Angst vor bayrischen Polizisten – schließlich hat er ein paar Stunden vor der Zugabfahrt erst seine »letzte Miniaturflasche Kräuterschnaps ... abgesetzt« – und für Alk-Fahnen drohen hier sicher zwei bis drei Jahre Haft. Schon will ein »blöder Bulle« wissen, wohin er fährt. Die Antwort »zu Anajo« stimmt ihn nicht zufrieden. Storys: Navel, Karpatenhund, Polarkreis 18, The Shins, Goldrush, Cold War Kids, The Decemberists, Jamie T, Jarvis Cocker, Clap Your Hands Say Yeah, 2raumwohnung Wichtige Alben: Clap Your Hands Say Yeah »Some Loud Thunder«, Cold War Kids »Robbers And Cowards«, Deerhoof »Friend Opportunity«, Ghostface Killah »More Fish«, The Shins »Wincing The Night Away«, Pantha Du Prince »This Bliss« Platten vor Gericht: Sieger: Plus/Minus – 7,52 / Letzter: Anajo – 4,44 Besondere Vorkommnisse: Die Redaktion hat ein Spezial aus Melbourne zusammengestellt. Damit sich die weite Reise auch gelohnt hat und aus dem Intro-Rahmen fällt – und weil man sich im Journalismus damals offensichtlich noch einiges erlauben konnte –, wurden die Themenseiten falsch herum gedruckt. Schlagzeile des Monats: Anna Nicole Smith stirbt in einem Hotelzimmer +++ Auf dem Nichtraucher-Gipfel einigt man sich auf ein Rauchverbot in Diskotheken und Gaststätten

Redaktion Senta Best (Textchefin), Frederike Ebert (#Style), Kristina Engel (Lektorat), Wolfgang Frömberg (#Kultur), Daniel Koch (#Pop), Christian Steinbrink (CvD, #Review), Şermin Usta, Frederike Wetzels (Foto) Redaktionsassistenz Alexandra Heckel Live-Redaktion Thomas Lorber, Henrike Schröder (Volontariat), Carsten Schumacher Layout Jörn C. Osenberg (osi) Online- & News-Redaktion (news@intro.de) Julia Brummert, Philip Fassing (Leitung Produktentwicklung), Bastian Küllenberg (Leitung Social Media) Terminredaktion termine@intro.de Texte Lena Ackermann, Aida Baghernejad, Hannah Bahl, Emanuel Bergmann, Kristof Beuthner, Fionn Birr, Jan Bojaryn, Annett Bonkowski, Andreas Brüning, Dominik Bruns, Cay Clasen, Dominik Djialeu, Sascha Ehlert, Carlotta Eisele, Rami Eiserfey, Valentin Erning, Lars Fleischmann, Lisa Forster, Nina Gierth, Steffen Greiner, Claudius Grigat, Elisabeth Haefs, Henrik Hamelmann, Nils Herrmann, Mark Heywinkel, Salwa Houmsi, Ulf Imwiehe, Paula Irmschler, Sebastian Jegorow, Madleen Kamrath, Kerstin Kratochwill, Mario Lasar, Julia Maehner, Konstantin Maier, Catherine Meurisse, Nadja Neqqache, Sarah Neuhaus, Laura Nürnberger, Katja Peglow, Olaf Radow, Verena Reygers, Henje Richter, Felix Scharlau, Christian Schlodder, Simone Schlosser, Kira Schneider, Leonie Scholl, Michael Schütz, Hanno Stecher, Christian Steigels, Till Stoppenhagen, Thorsten Streck, Gabriele Summen, Karola Szopinski, Klaas Tigchelaar, Tobias Tißen, Stephan Uersfeld, Nisaar Ulama, Daniel Voigt, Timo Weber, Jan Wehn, Liz Weidinger, Michael Weiland, Holger Wendt, Kai Wichelmann, Katrin Wiegand, Gregor Wildermann, Fabian Wolff, Marius Wurth, Louisa Zimmer, Menachim Zwartmann Fotos Tim Bruening, Carmen Catuti, Jakob & Hannah, Robin Hinsch, Jonas Holthaus, Less Taekyun Kim, Niren Mahajan, Jenny Schäfer, Svenja Trierscheid, Nathanael Turner, Jan Philip Welchering, Getty Images und Pressebildfreigaben Cover Holger Risse (hello@everythingis.de) Illustrationen Peter Hoffmann, Linda Remmlinger, Alexandra Ruppert Personal & Organisation Rebecca Wast (Leitung), Anika Winter PraktikantInnen Linda Remmlinger, Philipp Röttgers, Alena Struzh, Caroline Wiederkehr, Celia Woitas Vertrieb Dominik Raulf (Leitung – Fon +49 221 94993-41) Abo Moritz Tontsch (abo@intro.de) Brandmanagement Eike Wohlgemuth Director Sales & Marketing Oliver Bresch (Fon +49 221 94993-13) (Media & Marken) Head of Sales Intro Martin Lippert (Fon +49 221 94993-17) (Musik, Film, Marken) Büro Köln Fon +49 221 94993-Durchwahl: David Winter -63 (Head of Digital Sales / Marken & Media), Sabrina Esser -33 (Marken & Media), Kathrin Marion Fischer -75 (Digital Sales), Geraldine Schleder -19 Büro Berlin Fon +49 30 4036705-Durchwahl: Sebastian F. Dudey -11 (Live Entertainment & Kleinanzeigen), Frank Straessner -20 (Marken, Media & Musik) Aktuelle Anzeigenpreisliste Mediadaten 2017 (Nr. 27 aus 11/2016) Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G., BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900 Termine für Nr. 250 / März 2017: Redaktionsschluss: 03.02.2017; Termin- & Anzeigenschluss: 10.02.2017; Druckunterlagenschluss: 14.02.2017; Erscheinungstermin: 27.02.2017 Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen

Zum 25. Jubiläum haben wir auf intro.de eine neue Reihe gestartet. Unter »Dinge deines Lebens« schauen wir in multimedial aufbereiteten Essays auf Gegenstände, die Popkulturgeschichte geschrieben haben. Zum Beispiel die Audiokassette, der Fernseher, der Pizzakarton und das Festivalbändchen. Weitere folgen in den nächsten Wochen.

Wir sollten mal wieder auf unseren Videokanal youtube.com/intromagazin verweisen. Statt Winterpause gibt es da jeden Monat neue, spannende Beiträge. So verbrachten wir einen Tag mit MoTrip (Foto), an dem er seine Musik mit Jimek und einem Orchester präsentierte. Und wir trafen Bela B. und Oliver Rohrbeck von »Die Drei ???« zum Interview.

IVW-geprüfte Auflage & Verbreitung IV. Quartal 2016 Druckauflage: 79.558 / verbreitete Auflage: 77.730 (Durchschnittszahlen) Bezugsquellen Erhältlich an 1.203 Auslagestellen im gesamten Bundesgebiet sowie im Abonnement Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, 100% Altpapier. Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos! Proud Member of the Hörstmann Unternehmensgruppe


#Intro #Abo

Abonnier uns: 10 × Intro, 1 × Festivalguide und eine Prämie. Für nur 30,– Euro.* www.intro.de/abo

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Die Abo-Prämien, empfohlen von Intro ––––– Die Sterne »Mach’s Besser: 25 Jahre Die Sterne« 2LP+CD – Materie / Rough Trade ––––– Diverse »O.S.T. T2 Trainspotting« CD – Polydor / Universal ––––– Foxygen »Hang« LP – Jagjaguwar / Cargo ––––– Irvine Welsh »Porno« Buch – Heyne Hardcore ––––– Irvine Welsh »Trainspotting« Buch – Heyne Hardcore ––––– Michael Grandage »Genius« BD – Wild Bunch / Universum

*Abo-Preise: Inland 30 € (inkl. Prämie), Ausland 35 € (exkl. Prämie), Ausland 42 € (inkl. Prämie). Abo-Dauer: ein Jahr, danach automatische Verlängerung. Das Prämien-Kontingent ist begrenzt – keine garantierte Lieferung der Wunschprämie. Prämienversand erst nach VÖ-Termin der Prämie und Zahlungseingang. Vorzeitige Abo-Kündigung berechtigt nicht zur Erstattung etwaiger Restbeträge. Bestellwiderruf bis vierzehn Tage nach Bestelldatum möglich. Alle Details: siehe intro.de/abo.

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Alles nur Fun? Der französische Künstler Thomas ­Mailaender arbeitet sich an den Schnittstellen von Alltags- und Hochkultur ab. Aus einer Sammlung von bizarren, komischen oder oft auch missglückten Bildern und Objekten »recycelt« er Kunstwerke. Dabei nutzt er Medien jeglicher Couleur. Seine Ausstellung »The Fun Archive« ist noch bis zum 30. April im NRW-Forum Düsseldorf zu sehen.


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Grindr goes Buchverlag: »Home« heißt das dort publizierte Werk des Fotografen Matt Lambert. Die Modelle für seine Bilder fand der Berliner über die Dating-App, aber auch in anderen sozialen Netzwerken. Der Band wirft außerdem die Frage auf, wo und ob in der heutigen Zeit noch »sichere Orte« für LGBT-Menschen existieren. Für das Vorwort gewann Lambert den Regisseur Bruce LaBruce.


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Die britische Künstlerin Harley Weir gehört mit ihren 27 Jahren zu den Shooting-Stars der zeitgenössischen Fotoszene. Ihre Werke erschienen bereits in diversen internationalen Magazinen, nun richtet sie im Amsterdamer Foam Fotografiemuseum ihre erste Soloausstellung namens »Boundaries« aus, die noch bis zum 19. Februar läuft.


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#Pop #Der Ringer

Der Ringer

ROBOTER MIT ALKOHOL­ PROBLEM E #Pop — Der Ringer aus Hamburg sind trotz mehrjährigem Bestehen noch immer ein Geheimtipp. Die Gründe sind erst einmal nicht nachvollziehbar: Das Songwriting ist großer Pop, der Einsatz von AutoTune gekonnt und so in Deutschland selten zu finden, die Internetpräsenz ein Brüller – alles wirkt superfresh und topmodern. Wer’s nicht glaubt, der höre ihr Debütalbum »Soft Kill«. Text: Lars Fleischmann, Foto: Jenny Schäfer

Möglichkeiten von Auto-Tunes nutzen die fünf zum Beispiel sehr gerne. Und kombinieren es mit ihrem wavigen Gitarrensound, der an The Cure erinnert. »Wobei das auch ein Missverständnis ist. Wir machen keine Achtziger-Musik, sondern sind an aktueller Musik interessiert, versuchen aber, die mit allen aktuellen Möglichkeiten für uns zu übersetzen«, stellt Schneider klar. Daraufhin tanzen wir zu »In Da Club« – per Kinect in 3D-Avatare verwandelt. Das obligatorische Messen in »SingStar« bleibt auch nicht aus. Digitale Themen scheinen der Band wichtig, doch Schneider stellt klar: »Wir sind keine Tim Bendzkos, die noch eben 148 Mails checken. Der Backlash nervt. Vielmehr schauen wir uns die Welt an, wie sie gerade tatsächlich ist, und schreiben so unsere Texte. Digital ist da genauso viel wert wie menschlich.« Alles ist gleichwertig? Klingt nach dekonstruktivistischer Schreibe. »Oder nach Kanye West.« So spielerisch wie der Nachmittag und dennoch äußerst durchdacht wie die Jungs im Gespräch kommt das Debütalbum »Soft Kill« in Gänze daher, was sich schon beim Albumtitel zeigt: »Erst einmal klingt das sehr gut – gegensätzlich und dennoch ohne Wider-

ine Band wie Der Ringer interviewt man natürlich nicht in einem Café, sondern in einem Computerspiel. Na ja, fast: in der »Game Masters«-Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Das Treffen mit Jannik Schneider, Benito Pflüger und Jakob Hersch findet also zwischen Arcade-Automaten aus den Siebzigern, einer Menge Konsolen, einer Tanzfläche, Plastik-Instrumenten und vielen Screens statt. »Blizzard-Games wie ›World Of Warcraft‹ waren wirklich mal unser Ding«, erzählt Pflüger. Es verspricht ein »Wir mussten nur die Roboter-Darsteller witziger Nachmittag mehrmals austauschen, da sie immer ein zu werden. Am Stand eklatantes Alkohol-Problem entwickelt haben.« von Peter Molyneux, einer Ikone des Gamedesigns, erzählen sie, dass ihr Video zur Single spruch. Sanfte Waffen passen zu uns, schließ»Apparat« innerhalb des Spiels »The Movies« lich spielen wir ja ›Soft Punk‹, was auch immer gedreht worden sei. Wie macht man denn so das sein soll«, kommentiert Hersch grinsend. was? »Lange spielen und Achievements frei- »Große Emotionen, so groß wie nur möglich«, schalten, ganz einfach. Wir mussten nur die möchte Schneider mit diesem Sound erzeuRoboter-Darsteller mehrmals austauschen, da gen. Genregrenzen stehen da nur im Weg. Am sie immer ein eklatantes Alkohol-Problem ent- Ende des Interviews kommt ein Typ zu uns wickelt haben.« Und wieder einmal freut man und fragt, was wir studieren – er hatte unsere sich darüber, dass die Jungs so etwas machen Gespräche mitbekommen. Seltsam, schließlich wie PC-Spiele nutzen, um Videos zu drehen. sollte man mit einem Spielecontroller in der Im Hause Ringer geht man die Sachen nicht Hand doch eigentlich alles andere als verkopft nach Konventionen an, sondern nach den rüberkommen ... Möglichkeiten. »Ich raffe nicht, wie man sich selbst limitieren kann, nur weil alle es so ma- — Der Ringer »Soft Kill« (Staatsakt / Universal) chen«, sagt Pflüger sauer. Die technischen — Auf Tour vom 15. bis 24.02.


A NTI LO P E N G A N G Anarc h i e u n d Alltag CD | VINYL | DIGITAL | 20.01.2017 AUCH ERHÄLTLICH ALS 2- CD ODER 3-LP MIT PUNKROCK-BONUSALBUM „ATOMBOMBE AUF DEUTSCHLAND“

„ANARCHIE UND ALLTAG“-TOUR 24.02. CH-ZÜRICH – DYNAMO (SAAL) • 25.02. WIESBADEN – SCHLACHTHOF 26.02. STUTTGART – IM WIZEMANN • 28.02. AT-SALZBURG – ROCKHOUSE • 01.03. AT-WIEN – FLEX KAUFTWELT 02.03. DRESDEN – ALTER SCHLACHTHOF • 03.03. BERLIN – HUXLEYS NEUE AUSVER 04.03. JENA – KASSABLANCA • 06.03. MARBURG – KFZ • 07.03. ERLANGEN – E-WERK 08.03. KÖLN – LIVE MUSIC HALL • 10.03. HAMBURG – GROSSE FREIHEIT 36 11.03. MÜNCHEN – TECHNIKUM • 14.12. BERLIN – COLUMBIAHALLE ZUSATZKONZERT


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#Pop #Schrottgrenze

Schrottgrenze

FÜR ALLE MIT STERNCHEN #Pop — Sechs Jahre nach ihrer Auflösung sind Schrottgrenze wieder höchst lebendig. Auf ihrem neuen Album »Glitzer auf Beton« widmen sie sich G ­ ender-Theorien und Queerness. Bastian Küllenberg sprach mit Sänger Alex ­Tsitsigias über den Wunsch nach einer offenen Gesellschaft. Foto: Tim Bruening

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eil Geschlechter konstruiert sind und ich nicht an sie glaub’«, lautet eine zentrale These von »Glitzer auf Beton«, dem ersten Schrottgrenze-Album seit 2010. Sie stammt aus »Sterne«, der Vorabsingle e­ iner Platte, die einen thematischen Schwerpunkt bei Fragen der Geschlechterdefinition setzt. »Für manche Menschen ist es bereits ein Angriff, die gesellschaftlichen Geschlechterrollen infrage zu stellen«, kommentiert Alex Tsitsigias. »Denen wünsche ich ganz viele erhellende Momente mit dem Album.« Der Sänger ist zwar für alle oft sehr persönlichen Texte verantwortlich, »wir diskutieren aber immer darüber. Wir sprechen generell viel über Gender-Theorien und solche Thematiken. Es war also eine Idee, die eher aus unserer Mitte geboren wurde. Wenn ich ›Lashes To Lashes‹ aus Sicht einer Dragqueen schreibe, dann ist es in der Band schon ein sehr bekanntes Thema, da die Jungs ja auch bei Veranstaltungen dabei sind, bei denen ich als Drag unterwegs bin.« Im ersten Video zum Album sieht man Tsitsigias ebenfalls als Drag, während er im Chorus das Lied »boys and girls und allen inbetween« widmet. »Es war im Nachhinein eine gute Verfahrensweise, einfach den Song zu bringen, statt vorher mit einer Pressemitteilung rauszugehen. Das Lied hat bei den meisten Leuten sehr positiv die Gehörgänge geöffnet.« Die Botschaft funktioniert, auch wenn man keinen direkten Bezug zur Perspektive oder zum konkreten Erfahrungshorizont hat, aus dem es geschrieben wurde. »Für jemanden, der heterosexuell ist, besteht aber nur scheinbar kein direkter Bezug. Auf den zweiten Blick

gibt es doch einen sehr direkten Bezug, da ja jeder in einer freien, offenen und solidarischen Gesellschaft leben will. Und nicht in einer Gesellschaft, in der Themen tabuisiert werden, weil sie nicht der Norm entsprechen. Das ist eine Grundhaltung. Da geht es weniger um sexuelle Feinheiten.« Schrottgrenze behandeln Themen, weil sie ihnen wichtig sind. »Natürlich kannst du Leuten damit vor den Kopf stoßen, aber diese Platte ist unser Raum, den können wir so gestalten,

wie wir es für richtig halten.« Dabei fühlen sie sich auch von musikalischen Vorbildern wie Hüsker Dü oder Against Me! verstanden. Missionieren liegt der Band jedoch ebenso fern wie eine Strategie. »Wir wissen sowieso nicht so richtig, wen und was wir mit unserer Musik erreichen, da wir eine Band sind, die gegenwärtig eher sporadisch operiert und auch nicht besonders aktiv in den sozialen Netzwerken ist. Als Strategie könnte man höchstens die Idee bezeichnen, queere Inhalte mit deutschem Punkrock zu verbinden. Schließlich ist es doof und langweilig, dass es sonst in der Form fast nichts gibt. Oder zumindest nichts präsent ist.« — Schrottgrenze »Glitzer auf Beton« (Tapete / Indigo) — Auf Tour vom 23.02. bis 18.03. — Ein ausführliches Interview mit Alex Tsitsigias und dem neuen Schrottgrenze-Bassisten Hauke Röh findet ihr auf intro.de.

»Natürlich kannst du Leuten damit vor den Kopf stoßen, aber diese Platte ist unser Raum, den können wir so gestalten, wie wir es für richtig halten.«


Der Soundtrack deines Lebens 25 JAHRE × 25 SONGS × 25 COVERVERSIONEN

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Für jedes Jahr von 1992 bis 2016 eine Coverversion von einem wichtigen Song aus dem jeweiligen Jahr. Inklusive sechs neuen, exklusiv für diese Doppel-CD eingespielten Tracks von Abay, Die Sterne, Lambert, Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, Die Türen, Love A Plus vier erstmals auf Tonträger veröffentlichten Tracks von AnnenMayKantereit, Friendly Fires, The Kills und Fehlfarben.

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1992: 1993: 1994: 1995: 1996: 1997: 1998: 1999: 2000: 2001: 2002: 2003: 2004: 2005: 2006: 2007: 2008: 2009: 2010: 2011: 2012: 2013: 2014: 2015: 2016:

The Polyphonic Spree »Lithium« Beatsteaks vs. Dirk von Lowtzow »French Disko« The Go! Team »Bull In The Heather« William Shatner »Common People« Tocotronic »Sailor Man« Earl Zinger »Song 2wo« José González »Teardrop« The Walkabouts »That‘s How I Live« Bart Davenport »Come On Let’s Go« Die Sterne »Madame Hollywood« WhoMadeWho »Satisfaction« Nostalgia 77 »Seven Nation Army« AnnenMayKantereit »Hand In Hand« Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen feat. Andreas Dorau »Gegen den Strich« Die Türen »Remmidemmi (Rock-A-Billy-Version)« Franz Ferdinand »All My Friends« Friendly Fires »I’m Good I’m Gone« Birdy »1901« Fehlfarben »Nach fest kommt lose« Jochen Distelmeyer »Video Games« Abay »Angels« Anna Calvi »Papi Pacify« Lambert »Pisse« Love A »Love Yourself« The Kills »Desperado«


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#Pop #Sampha

Sampha

EIN SANFTES WESEN #Pop — Auch wenn das Wort bei einem Künstler wie ihm fast eine Beleidigung ist: Sampha gilt als heiß gehandelter Newcomer. Obwohl er als Produzent und Sänger schon mit Großkalibern wie Drake, Solange, Kanye West, Jessie Ware, Frank Ocean und SBTRKT zusammengearbeitet hat. Nun tritt Sampha mit seinem Debüt »Process« alleine auf die Bühne, und trotz aller Kollaborationen definiert er mit viel Piano und Stimme seinen ganz eigenen Sound. Text: Annett Bonkowski, Foto: Carmen Catuti

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ange Zeit hielt sich Sampha im Hintergrund seiner hochkarätigen Kollaborationspartner auf. Die arbeiteten nur zu gerne mit ihm. Als jüngster von fünf Brüdern lernte Sampha schon früh, was es heißt, miteinander zu agieren. Mit sieben Jahren begann er Piano zu spielen, später schmiss er sein Studium der Musikproduktion hin und ging zwischen seinen EPs »Sundanza« und »Dual« mit SBTRKT auf Tour. Die diversen Umwege haben sich gelohnt, betont der Londoner im Hinblick auf seine Lehrjahre: »Die Zusammenarbeit mit all diesen Künstlern hat mir gezeigt, dass ich mich nicht schuldig fühlen muss, meine musikalischen Wünsche vollkommen durchzuziehen. Ich bin oft viel zu höflich und nett, aber ich habe gelernt, entschlossen zu sein, wenn es nötig ist.«

Sein sanftes Wesen bestimmt dagegen unser Gespräch. Ohne mit der Wimper zu zucken, traut man dem jungen Mann mit Wurzeln in Sierra Leone zu, erst ein Hundewelpen zu retten, dann geduldig einer alten Dame über die Straße zu helfen, um anschließend bei Rick Rubin in L.A. gemeinsam mit Kanye West an ein paar Songideen zu feilen. Zumindest Letzteres ist bestätigt. Egotrip? Fehlanzeige. Sein emotionales Päckchen öffnet Sampha lieber behutsam mithilfe seiner feinfühligen, elektronisch geprägten R’n’B-Songs, in denen das Piano viel von verarbeiteter Trauer, Angst, aber auch Liebe zum Ausdruck bringt, die »Process« so aufrichtig und innig erscheinen lassen. Leidenschaftlich spricht Sampha von »seinem« Instrument: »Das Piano erweckt einen

ganz besonderen Teil in mir. Es ist wie ein Werkzeug, das meinem Gehirn erlaubt, sich ständig zu wandeln. Ich bin sehr dankbar, mein Innenleben durch dieses Instrument offenbaren zu können.« Das Gewicht seiner Gefühlswelt könnte dabei nicht schwerer auf ihm lasten: Bereits im Kindesalter verlor er seinen Vater und vor Kurzem seine Mutter »Kein Arzt durch Krebs. Das The- konnte mir ma Sterblichkeit und bisher eine die damit verbundene Angst ist dennoch klare Diagnose oder gerade deshalb geben.« kein Tabu für ihn. Im Song »Plastic 100°C« besingt er gar einen spürbaren Knoten in seinem Hals, der ihm seit mehreren Jahren zu schaffen macht, wie er nachdenklich sagt: »Ich spüre ihn die ganze Zeit und mache mir Sorgen deswegen. Kein Arzt konnte mir bisher eine klare Diagnose geben. Es erfordert viel Mut, all dem auf den Grund zu gehen.« Dass Sampha sowohl musikalisch als auch charakterlich stark ist, beweist er derweil mit diesem Debüt – viel besser kann eine Solokarriere nicht starten. — Sampha »Process« (XL / Beggars / Indigo / VÖ 03.02.17) — Auf Tour vom 13. bis 18.03.


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#Pop #Life

Mein Song und seine Geschichte

THE FLAMING LIPS »DO YOU REALIZE??«

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s wäre uns nie in den Sinn gekommen, dass dieser Song bis heute für den Sound der Flaming Lips steht. Als wir »Do you Realize??« aufnahmen, wussten wir zwar, dass er schon sehr catchy ist, aber wir waren bei der Albumproduktion zu sehr in Eile, um die Konsequenzen zu erahnen. So richtig wurde uns die Bedeutung des Songs erst bewusst, als er in verschiedenen Werbeclips genutzt und 2009 sogar vom Gouverneur von Oklahoma zum »State Rock Song« erklärt wurde – nach einer offiziellen Wahl. Allerdings legten die Republikaner später ein Veto dagegen ein, weil wir ihnen zu progressiv erschienen. Das war schon sehr absurd. Für mich sagt dieses Lied, man solle die schönen alltäglichen Dinge im Leben mehr zu schätzen wissen. Vor einigen Jahren sind meine Eltern beide an Krebs verstorben. Ich lernte, dass die Welt plötzlich sehr klein wird, wenn geliebten Menschen so etwas wie diese schreckliche Krankheit zustößt. Ich kann mich noch an den Moment erinnern, in dem ich realisiert habe, dass ich keine Ahnung hatte, wer gerade Präsident war, weil es einfach in dem Moment nicht mehr wichtig war. In »Do You Realize??« geht es darum, im Hier und Jetzt zu sein. Das ist vielleicht die schwierigste Aufgabe von allen – deshalb nehmen wir ja Drogen oder machen Yoga oder meditieren. Man muss sich auf die schönen Dinge und die Welt einlassen. Bis heute ist »Do You Realize??« immer der letzte Song auf unseren Konzerten. Wenn ich

The Flaming Lips »Do You Realize??« Do you realize – that you have the most beautiful face Do you realize – we’re floating in space Do you realize – that happiness makes you cry Do you realize – that everyone you know someday will die And instead of saying all of your goodbyes – let them know You realize that life goes fast It’s hard to make the good things last You realize the sun doesn’t go down It’s just an illusion caused by the world spinning round Do you realize – oh – oh – oh Do you realize – that everyone you know Someday will die And instead of saying all of your goodbyes – let them know You realize that life goes fast It’s hard to make the good things last You realize the sun doesn’t go down It’s just an illusion caused by the world spinning round Do you realize – that you have the most beautiful face Do you realize

singe »… life goes fast, it’s hard to make the good things last«, ist das für mich eine wichtige Zeile, auch wenn man das sowieso schon weiß. Für mich liegt die Schönheit des Songs in seiner Einfachheit. Bei »Do You Realize??« ist nichts durchdacht, sondern wir haben einfach mal gemacht – und genau deshalb funktioniert der Song. Aufgezeichnet von Hannah Bahl — The Flaming Lips »Oczy Mlody« (Bella Union / Coop / PIAS / Rough Trade)

Foto: Wendy Redfern / Redferns / Getty Images

#Pop — Mit 1, 2, 3, 4 zählt Sänger Wayne Coyne diesen Song vom 2002er-Album »Yoshimi Battles The Pink Robots« ein und singt dann mit hoher Stimme: »Do you realize that you have the most beautiful face?« Ein trügerischer Einstieg, schließlich folgen darauf die wirklich deepen Sinnfragen des Lebens und Sterbens. Wayne Coyne erzählt uns, wie dieses Lied entstand, das wie kein anderes zeigt, wie gut die Flaming Lips Leichtigkeit und Schwere verbinden können. Und damit schließt es irgendwie perfekt an den Sound des neuen Albums »Oczy Mlody« an, das ebenso zwischen diesen Polen oszilliert.


#Kratzen & Beißen

Gegen ValentinstagHasser

Illustration: Alexandra Ruppert

#Life — Alljährlich kramt der durch­­schnittliche Miesepeter am ­Valentinstag lauthals seine selbstgefällige Kapitalismuskritik hervor. Unser Autor Fionn Birr hält von Gemecker in der Liebe aber so viel wie Schalke-Fans von einem Bierverbot im Stadion und meint: Schluss mit dem Hass auf den Valentinstag! Was habt ihr eigentlich gegen Blumenläden? Ja, jene duftenden Ruheoasen am Bahnhof eurer Wahl, die ihr spätestens am Valentinstag zum Paradebeispiel der emotionalen Kommerzialisierung stigmatisiert. Der Florist, nur ein skrupelloser Dealer, der in eurer Liebe nichts als ein Profit bringendes Geschäftsmodell sieht. Wo kleine Geschenke einst die Freundschaft erhielten, ist der Tag der Liebenden für den politisch bewussten Berufsnörgler nur noch Romantik-Sell-out – eine ökonomische Erfindung von Fleurop, Tausende Herzen in den Konsum zu stürzen. Der Blumenstrauß, auch er wurde zur diabolischen Sünde erklärt. Doch der Valentinstag gehöre nicht nur wegen des Ausverkaufs of Love getadelt – er würde die Liebe geradezu exhibitionieren. Ein Valentinstag-Geschenk? Nur ein Statussymbol, ausgesucht nach gesellschaftlicher Wettbewerbstauglichkeit. Der prestigeträchtige Wochenendtrip nach Paris ist etwa der faden Pralinenschachtel jederzeit vorzuziehen. Die Liebe am Valentinstag, sie muss konkurrenzfähig sein. So weit, so säuberlich analysiert, so bequem. Doch Amors Pfeil zielt nicht auf eure konsumkritischen Dickschädel, sondern wird heimtückisch eurem liebsten Gegenüber eine euphorisierte Erwartungshaltung einbläuen. Denn flimmernde Herzen und feurige Blicke erlischt man nicht mit Vorträgen über die »Cocacolonization«. Wie sagte einst OutKasts André 3000 auf dem ikonischen »Happy Valentine’s Day«? »... Love will rule supreme.« Und jetzt schenkt eurem Lieblingsmenschen eine verdammte Rose, ihr Geizkragen!

.. . 20.03. MUNCHEN 22.03. MANNH EIM .. . 23.03. KOLN 26.03. HAMBURG . 27.03. BERLIN VORVERKAUFSSTART 02. FEBRUAR EDSHEERAN.COM

PLUS GUESTS

AUSVERK AUFT

AUSVERK AUFT

AUSVERK AUFT

WILLIAM McCARTHY OF

AUGUSTINES

MUSIC FOR THE PEOPLE TOUR

06.03. HAMBURG 07.03. BERLIN 08.03. MÜNCHEN 09.03. KÖLN

2017


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#Pop

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Cherry Glazerr

FEMINISMUS STATT KÄSETOAST #Pop — Das dritte Album von Cherry Glazerr heißt »Apocalipstick« und handelt von weiblicher Solidarität. Beim Interview in Berlin traf Louisa Zimmer das rundum erneuerte kalifornische Glam-Indie-Trio und fand heraus, dass hinter der albernen Fassade ein ernster Kern steckt.

ir haben uns auf einer Swinger-Party in West Hollywood kennengelernt. Jeder von uns kannte einen Freund eines Freundes des Gastgebers«, lautet Clementine Creevys Antwort auf die wohl ödeste Frage seit der Erfindung des Bandinterviews. Nach einem solchen Einstieg ist der Satz »Wir haben uns dann dadurch getroffen, weil wir alle Sex mit verschiedenen Leuten hatten« schon weniger verwunderlich für das Trio Cherry Glazerr, dessen Bandname an die KWRCRadiomoderation Chery Glaser angelehnt ist. Denn obwohl einzig Sängerin und Bandgründerin Creevy von der Originalbesetzung aus dem Jahr 2012 übrig geblieben ist, wirken die »Neuen« – Bassist Tabor Allen und Multiinstrumentalistin Sasami Ashworth – mindestens genauso durchgeknallt wie ihre 19-jährige Anführerin. So eröffnet Ashworth beispielsweise auf dem Horn das Konzert der Musikschüler von Creevys Mutter, die als Cellolehrerin arbeitet. Allen hingegen bezeichnet sich als bärtigen »Supersenior«, der niemals die Highschool verlassen will. Über leer gefutterten Tellern Kürbis-Rucola-Salat feixen die drei im Berliner Michelberger Hotel über ihre angebliche Gründungsgeschichte und Highschool-Zeiten. Bis vor Kurzem besuchte Creevy noch eine EliteHighschool in Los Angeles, für die sie selbst auf Tour Hausaufgaben machen musste. Noch während ihrer Schulzeit wurden Creevys Songs für eine Yves-Saint-LaurentKampagne und den Trailer des Horrorfilms »Insidious: Chapter 3« benutzt. Und als ob das nicht genug Name-Dropping wäre: Ganz nebenbei spielte Creevy in der Amazon-Transgender-Serie »Transparent« mit und sang schon für Tracks von Tyler The Creator und Death Grips. Vor ihrem Indie-It-Girl-Status war Creevy dafür bekannt, ein leidenschaftlicher SandwichmakerKäsetoast-Fan zu sein. Während den Toasts auf dem Debütalbum »Haxel Princess« noch ein eigener Track gewidmet war, hat sie den Appetit darauf mittlerweile verloren. Stattdessen kann sich die Band nun auf einen vollkommen neuen Konsens einigen: den

Feminismus. Die erste Single des dritten und eher postpunkigen Albums »Apocalipstick« heißt »Told You I’d Be With The Guys« und soll symbolisch für den Inhalt des gesamten Albums stehen. »Es handelt von weiblicher Solidarität. Von der Wichtigkeit, dass Frauen anderen Frauen zuhören. Davon, dass wir einen Safe Space für Frauen entwickeln, der nach mehr Gleichberechtigung ruft«, so Creevy. »Feminismus ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens und somit auch unserer Musik. Alle meine Songs haben feministische Themen«, so Creevy. Mit Ashworth und Allen entfacht sich eine leidenschaftliche Debatte über Empowerment und manifestierte Machtstrukturen. Zwei Tage nach unserem Treffen wird Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Während das – übrigens sehr empfehlenswerte – Instagram-Profil der Band sonst bunte Einblicke in das Leben der verrückten drei bietet, postet Creevy ein Statement über White Supremacy und die Rechte von Frauen, People Of Color und der LGBTQI-Community. »Musik wird mein Leben retten, es ist die einzig konstante Sache in meinem Leben, der ich mit meinem ganzen Herzen vertrauen kann«, heißt es am Ende des Textes. Und wir brauchen Bands wie Cherry Glazerr, die jungen Menschen in dieser ungewissen Zeit ihre Stimme leihen. — Cherry Glazerr »Apocalipstick« (Secretly Canadian / Cargo)


#Style

#App des Monats

Llama or Duck

#Style — In unserer schnelllebigen Welt, in der wir täglich gegen die Reizüberflutung ankämpfen, mit hohen Erwartungen ringen und immer und immer wieder Menschen treffen, die etwas von uns wollen, in der wir funktionieren müssen, man uns keine Ruhe lässt, in der wir so dermaßen hochtourig drehen, dass wir nicht mal mehr beim Schreiben eines Textes die Zeit für einen zweiten Satz finden – in diesen Zeiten also braucht es wirklich, dringlich und unbedingt eine Möglichkeit zur Kontemplation, zur Besinnung, zum Runterdimmen, zum Konzentrieren auf das Wesentliche. Diese App hilft dabei. Sie heißt Llama or Duck, kommt in neuer Version sogar mit größeren Knöpfen daher – und zwingt euch beim Blick auf fellige oder fedrige Fotos, eine klare Entscheidung zu treffen: Siehst du ein Lama? Oder eine Ente? Oder ein Lama? Oder eine Ente … Gibt’s im App- und im Google-­Play-Store.

#Redaktionstipp

How To ... Angst ist kein guter Ratgeber. Das weiß man längst, und so steht es auch im hammerharten A–Z von »How To … Make (Art) Books«. Zugegeben, Ratgeberliteratur ist eine Geißel der Menschheit, aber im schönen Verlag Strzelecki Books erscheinen offenbar Bücher, die für Literatur zu kunstvoll und für Kunstbücher zu literarisch sind. Angst vor aufregenden Grenzüberschreitungen hat das Kölner Haus des besonderen Geschmacks, das auch für seine wilden Partys in der Dynamite Bar bekannt ist, jedenfalls nicht. Die neue »How To …«-Reihe fügt sich nahtlos ein ins Gesamtwerk. Das handliche Format macht Titel wie »How To … Disappoint« oder »How To … Write A Short Story« zu diskreten Coffee Table Books, die den Sinn und Zweck herkömmlicher Ratgeber aufs Schönste unterwandern. Die gehören unter jedes Kopfkissen. Wolfgang Frömberg (Stellvertretender Chefredakteur)

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#Pop

Frank Carter & The Rattlesnakes

ENGLAND IST GRAUER DENN JE #Pop — Auch wenn Frank Carter heute nicht mehr so wütend klingt wie zu Gallows-Zeiten, in Sachen Unzufriedenheit ziehen die Songs seiner aktuellen Band The Rattlesnakes gut mit. Lena Willems sprach mit ihm über das neue Album »Modern Ruin«, seine Familie und den Brexit – zu dem er mit dem GallowsAlbum »Grey Britain« schon vor Jahren den passenden Soundtrack schrieb.

W

orum geht es dir in »Modern Ruin«?

»Neuzeit-Ruine«, wie du es nennst.

Eine Ruine gehört ja eigentlich zu der Idee von alten Zivilisationen. »Modern Ruin« ist ein Oxymoron. Es passiert so viel altertümliches Denken in den Köpfen derer, die über unser Leben entscheiden dürfen. Der Titel steht aber auch für etwas ganz anderes: Dass, wenn zwei Liebende miteinander wachsen und sich entwickeln, deren Leben zu einem Gebäude wird, das mit der Zeit verwittert, aber immer echter und reiner wird. Es ist nicht die perfekte Fassade, die zählt. Die Schönheit bleibt am Ende übrig – wenn man es bis dahin schafft.

Ich wollte darüber schreiben, welchen Effekt unser Verhalten auf unser Zusammenleben hat. Die Gesellschaft ist unfassbar narzisstisch momentan. Dem muss man etwas entgegensetzen, und das will ich mit diesem Album tun. Entweder mache ich es damit besser, schlechter, oder Du arbeitest auch als Künstler und hast das ich habe gar keinen Einfluss. Und das wäre Cover-Artwork auf eurem ersten Album das Schlimmste. »Blossom« gestaltet. Und diesmal? In den Texten von »Acid Veins« oder »Thun- Diesmal wollte ich ein Foto für das Cover. der« geht es um die Abgestumpftheit und Unser Gitarrist Dean fand das nicht magisch die Suche nach Intensität. Darin steckt genug. Ich sagte, er solle die Magie darin finfür mich am stärksten das Gefühl einer den, also hat er das Foto in einen Textfile

konvertiert, unsere Lyrics dazwischengetippt und diese ganzen einzigartigen Zeilen und Zahlen wieder zurückverwandelt. Wenn wir mit Dingen interagieren, können wir sie komplett ruinieren – oder wir machen sie noch schöner. Ich finde, beim Cover von »Modern Ruin« ist uns Letzteres gelungen.Am Tag nach dem Brexit-Referendum hast du »Grey Britain« gepostet, eine alte Scheibe deiner früheren Band Gallows. Sind die Songs nach sieben Jahren immer noch relevant?

Ich finde es extrem enttäuschend, dass »Grey Britain« heute noch gilt. Damals dachte ich, es könne nicht schlimmer werden. Wir versinken in einem verdammt tiefen Loch aus Angst und Hass, Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Das sind wahnsinnige, böse Zeiten. Wir haben ein Sprichwort in England: »To cut your nose off to spite your face.« Das haben wir gemacht. — Frank Carter & The Rattlesnakes »Modern Ruin« (International Death Cult / Kobalt / Rough Trade)


#Pop

25 Jahre Die Sterne

Jubiläumsheft mit Frank Spilker sprachen, fragten wir ihn übrigens gleich, was wir in 25 Jahren in der Titelstory zum 50. Bandjubiläum schreiben sollten außer »Mach’s besser«. Seine Antwort: »Hm, vielleicht ›Immer noch geil‹ oder ›Erstaunlicherweise immer noch nicht abgekratzt‹. Auch gut: ›Schon wieder ein neues Album‹.« Legen wir uns genau so auf Termin, Frank!

MACH’S BESSER! #Pop — Schon in unserer letzten Ausgabe war es eine gute Kombination: Intro und Die Sterne werden 25. Zum Jubiläum haben Frank Spilker und seine Kollegen ein ganz besonderes Best-of aufgenommen, darauf covern beispielsweise Isolation Berlin und Stereo Total Sterne-Hits. Dazu gibt es eine ausgiebige Tour, bei der, so Spilker, »sicher der eine oder andere Stargast wohl auch dabei sein« wird.

— Intro empfiehlt: Diverse »Mach’s besser: 25 Jahre Die Sterne« (Materie / GoodToGo / VÖ 10.02.17) — Die Sterne auf Tour vom 09.02. bis 02.03.

»Isch möscht mich in die Ecke verkriechen, aber hilft nischt. Isch könnt den ganzen Tag nur noch schreien ...«, französelt die fabulöse Françoise Cactus in der Stereo-Total-Interpretation von »Wenn dir St. Pauli auf den Geist fällt«. Da den Sternen ein schnödes Best-of-Album zu langweilig war, haben sie einfach zu alten und neuen Wegbegleitern gesagt: »Mach’s besser!« Dieser charmanten Aufforderung sind neben den genannten Acts auch Björn Beton, Family 5, Egotronic, Fehlfarben und Pollyester gefolgt. Als wir für unser

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#Redaktionstipp

The Atavist Magazine Wie konnte ich mich denn bisher Journalist schimpfen, ohne das wundervolle Atavist Magazine zu kennen? Anyway ... Beim Atavist gibt es pro Monat nur ein neues, laaaanges Lesestück. Drei Artikel kann man for free lesen – was ungefähr einer Lesezeit von drei Stunden entspricht. Ironischerweise ist das Atavist angetreten, Erzählund Darstellungsformen für lange Online-Lesestücke zu konzipieren. Da die Texte aber so dermaßen saugut sind, gibt es sie nicht nur auf magazine.atavist.com, sondern inzwischen auch in dem Buch »Love And Ruin«. Daniel Koch (Chefredakteur)

Choose reading books! Die Trainspotting-Romane von Irvine Welsh bei Heyne Hardcore.

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#Pop

Leserpoll 2016 Im vergangenen Jahr lagen wir mit unseren Redaktionscharts in vielen Punkten auf der gleichen Wellenlänge wie ihr mit euren Votes. Zum Beispiel haben es gleich vier unserer Titelacts in eure Top-25-Alben geschafft und unser Filmthema »Tschick« sogar bis in die Top 10. Vielen Dank für eure rege Teilnahme!

Bestes Album

Radiohead A Moon Shaped Pool 01

Beginner Advanced Chemistry 02 Bester Song Bon Iver 22, A Million 03 Beyoncé Lemonade 04 01 David Bowie Blackstar 05 David Bowie Lazarus 02 Roosevelt Roosevelt 06 A Tribe Called Quest We Got It From Here ... Thank You 4 Your Service Radiohead Burn The Witch 03 07 Nick Cave & The Bad Seeds Skeleton Casper Tree 08 Lang lebe der Tod 04 AnnenMayKantereit Alles nix Konkretes Leonard Cohen You Want It Darker 05 09 Metallica Hardwired ... To Self-Destruct Radiohead Daydreaming 06 10 Leonard Cohen You Want It Darker The Weeknd Starboy 07 11 Kate Tempest Let Them Eat Chaos Von Wegen Lisbeth Wenn du tanzt 08 12 M.I.A. Borders 09 Drangsal Harieschaim 13 The xx On Hold 10 Turbostaat Abalonia 14 Whitney No Woman 11 Von Wegen Lisbeth Grande 15 David Bowie Blackstar 12 Die Höchste Eisenbahn Was bringt mich jetzt zu den anderen 16 Paroli 13 Touché Amoré Stage Fjørt Four 17 Kate Tempest Europe Is Lost 14 Anohni Hopelessness 18 III 19 Nicolas Jaar No 15 Moderat Bonez MC & RAF Camora Ohne mein Team 16 Bonez MC & RAF Camora Palmen aus Plastik 20 AnnenMayKantereit Pocahontas 17 Red Hot Chili Peppers The Getaway 21 Justin Timberlake Can’t Stop The Feeling 18 Whitney Light Upon The Lake 22 Sia Cheap Thrills 19 The Slow Show Dream Darling 23 Clueso Neuanfang 20 Frank Ocean Blonde 24 Drangsal Will ich nur dich 21 Kanye West The Life Of Pablo 25 Drangsal Allan Align 22 Rag’n’Bone Man Human 23 Isolation Berlin Fahr weg 24 Nick Cave & The Bad Seeds I Need You 25

Beginner Ahnma


#Pop #Kultur #Life #Style

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Schlechtestes Album

Beginner Advanced Chemistry 01 Lady Gaga Joanne 02 Bester Film Metallica Hardwired ... To Self Destruct 03 Toni Erdmann 01 Kanye West Life Of Pablo 04 Rogue One 02 AnnenMayKantereit Alles nix Konkretes 05 Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind 03 257ers Mikrokosmos 06 04 Mark Forster Deadpool Tape 07 05 Kings Of Leon Arrival Walls 08 06 Sportfreunde Stiller Sturm & Paterson Stille 09 Tschick 07 Sido Das goldene Album 10 Doctor Strange 08 The Revenant 09 Schlechtester Song Findet Dorie 10

257ers Holz 01 Justin Timberlake Can’t Stop The Feeling 02 Stereoact feat. Kerstin Ott Die immer lacht 03 Beginner Ahnma 04 Sportfreunde Stiller Das Geschenk 05 Max Giesinger Can’t Stop The Feeling 06 Rihanna Work 07 Tim Bendzko Keine Maschine 08 Mark Forster Chöre 09 Mike Posner I Took A Pill In Ibiza 10

Bestes Konzert

Bestes Buch

J.K. Rowling Harry Potter und das verwunschene Kind 01 Heinz Strunk Der goldene Handschuh 02 Benjamin von Stuckrad-Barre Panikherz 03 Sebastian Fitzek Das Paket 04 Bruce Springsteen Born To Run 05 Kate Tempest Worauf du dich verlassen kannst 06 Benedict Wells Vom Ende der Einsamkeit 07 Thees Uhlmann Sophia, der Tod und ich 08 Philipp Winkler Hool 09 Martin Walser Ein sterbender Mann 10

The Cure 01 Beginner 02 Moderat 03 Radiohead 04 Bestes Game K.I.Z 05 Chili Peppers 06 FIFA 17 01 Red Hot Pokémon Go 02 Deichkind 07 Battlefield 1 03 Bruce Springsteen 08 Uncharted 4 04 Die Höchste Eisenbahn 09 Doom 05 Drangsal 10 Mafia III 06 Overwatch 07 Super Mario Run 08 Final Fantasy XV 09 Bester Club Dishonored II 10 Gleis 22, Münster 01 Schlachthof, Wiesbaden 02 Halle 02, Heidelberg 03 Bestes Modelabel Molotow, Hamburg 04 Karlstorbahnhof, Heidelberg 05 Armedangels 01 Uebel & Gefährlich, Hamburg 06 Adidas 02 Berghain, Berlin 07 Carharrt 03 Bestes Festival Gebäude 9, Köln 08 H&M 04 Musik und Melt! Frieden, Berlin 09 Vans 01 05 Lido, Berlin 10 Nike 06 Maifeld Derby 02 Pop 03 Fred Perry 07 Haldern Levi’s 08 Fusion 04 Naketano 09 Lollapalooza 05 Asos 10 Dockville 06 Hurricane 07 Primavera Sound 08 Southside 09 Appletree Garden 10


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#Pop

#Pop #Wer wir sind

LISA WHO

TOP 7

Herkunft Berlin Genre deutschsprachiger Sphären-Pop Mitglieder 1 Besondere Vorkommnisse Lisa spielt schon

Archivschätze

#Pop — Bis zu unseren Events Ende März feiern wir unser 25. Jubiläum mindestens noch. Dabei gönnen wir uns ­natürlich auch ein wenig Nostalgie. Zum Beispiel, indem wir in unserem Archiv kramen und in nicht wertender Reihen­folge sieben ­Storys herausziehen, auf die wir aus Gründen stolz sind. In voller Länge nachzulesen auf intro.de/25.

01 Kochen mit den Beastie Boys Zweifelsohne ein Highlight in der Historie der Mutter aller Foodblogs: Ex-Chefredakteur und Vegetarier Thomas Venker trifft im Spätsommer 2009 die Beastie Boys, fachsimpelt mit Weinkenner Mike D über einen »französischen Rotwein aus dem Hause Château GruaudLarose von 1995«, bevor man gemeinsam Maultaschen Southern Style kreiert. Adam Yauchs Urteil: »Oh Mann, ist das gut. Wie hast du den Sud gemacht? Mit Hühnchen?« Spoiler: Natürlich nicht.

02 Blumfeld im Interview mit dem Herausgeber Intro-Herausgeber Matthias Hörstmann war vor Jahren noch im Allround-Einsatz und ließ es sich nicht nehmen, Jochen Distelmeyer 1994 gleich selbst zu interviewen. Ein Gespräch wie ein Mexican Standoff mit zwei Uzis. »Die Texte sind doch im Endeffekt ausschließlich von dir, oder nicht?« – »Ja!« – »Bei Texten gibt’s doch keine Kompromisse, oder?« – »Doch!« – »Echt?« – »Ja, wenn die beiden sagen, der ist scheiße ...«

03 Daft Punk ohne Helm Intro-Autor Jochen Bonz war mit seinem DaftPunk-Interview recht früh dran – Anfang 1997, kurz vor dem Release von »Homework«. Im damals noch helmfreien Gespräch (man trug eher billige Plastikmasken) gestehen die beiden freimütig, eher Thekensteher als Tänzer zu sein. Obwohl: »Manchmal gehen wir schon tanzen. Weißt du, in so kleinen, abgeschlossenen Kabinen, wo gerade mal einer reinpaßt [sic]. Das gefällt uns.«

04 Tokio Hotel treffen die Grether-Schwestern Skandal im Oktober 2009! Tokio Hotel auf dem Intro-Cover der Themenausgabe »Horror«, gezeichnet von Ertugrul Edirne, sonst für die »Geistergeschichten« tätig. Auch der Artikel ist wundervoll: Die Zwillinge Kerstin und Sandra Grether, seit Jahren große Stimmen im Musikjournalismus, fühlen den Kaulitz-Zwillingen auf den Zahn und machen sich kluge Gedanken zum Gender-Bending des Tokio-Hotel-Sängers.

05 Anajo auf dem Cover Wenn Linus Volkmann eine Band liebt, dann liebt er sie richtig. Und bringt sie, geschehen im Februar 2007, aufs Cover, auch wenn der Rest der Redaktion mit roher Gewalt überzeugt werden muss. Linus schrieb dazu später einmal: »Die beleidigten Fressen allerorts hätten kaum länger sein können. Warum die? Wie bescheuert bist du eigentlich? Wie viel hat Tapete euch dafür gezahlt? Fragen, die ich als Befürworter seinerzeit oft hörte.« Aber hey, Anajo kann man ruhig mal wieder hören! Bei »Platten vor Gericht« landeten sie in derselben Ausgabe auf dem letzten Platz.

06 Thees Uhlmann trifft Oasis Lange, bevor Thees Uhlmann als BestsellerAutor die Spiegel-Charts enterte, erkannte Intro das schreiberische Potenzial des Tomte-Chefs. Hüstel. Schönstes Ergebnis ist der Artikel »Die Stellen, um die es geht«, für die Intro Thees Uhlmann nach London schickte, damit dieser circa vier O-Töne der Gallaghers mitbrachte, die er dann in seiner wundervollen Fan-vernarrten Wortflut ertränkte, aus der man gleich zehn Tomte-Platten hätte destillieren können. Dazu gab es Überschriften à la »Mario Kart Riot After The Storm« und »Die Welt der eigenen Schuld und Depression«.

07 Feministisch Ficken Der auf intro.de mit Abstand meistgeklickte Artikel, der möglicherweise auch die deutsche Vice inspiriert hat, ihre komplette OnlineBerichterstattung fortan unter dieses Motto zu stellen, trägt die Überschrift »Ein Tag am Pornoset von ›Cabaret Desire‹«. Verena Reygers verbrachte dafür einen Tag am Filmset von Erika Lust. Müssen wir wirklich noch mal erzählen, was dort passierte? Mit Sicherheit nicht: Ihr habt’s doch eh längst gelesen ...

ebenso lange das Keyboard für Madsen, wie sie als Solokünstlerin unterwegs ist. Aktuelles Album »Sehnsucht« (Arising Empire / Nuclear Blast / Warner) Mir gefällt der Opener »Alles ist gut« sehr, obwohl ich diesen Optimismus nicht immer teile. Warum dieses Stück, wo doch die Zeitungen gerade das Gegenteil behaupten?

»Alles ist gut« ist eine Momentaufnahme. Das Lied beschreibt einen Augenblick, in dem alles perfekt erscheint. In dem man überwältigt ist von etwas unfassbar Schönem. Das kann die Natur sein oder die Liebe. Oder einfach eine Minute der Zufriedenheit mit sich selbst – ohne Einfluss von außen. Diese Momente sind unfassbar wichtig und geben Kraft für die Realität, denn du hast natürlich vollkommen recht: Die Aussage »Alles ist gut« trifft nun wirklich nicht auf unsere derzeitige Welt zu. Jeder Einzelne von uns muss versuchen, sie zu einer besseren zu machen. Kleine Inseln des Optimismus helfen dabei. Du schreibst auch Songs für andere Musiker. Wie spürst du, welche Songs dir gehören?

Ich schreibe für mich selbst ganz anders als für andere Künstler. Wenn ich mich ans Klavier setze, die Gitarre oder den Stift in die Hand nehme, um für Lisa Who zu schreiben, bin ich sehr kritisch. Überkritisch schon fast. Beim Fremdschreiben ist mir schneller klar, was gesagt werden soll. Ich bin unbefangener. Du veröffentlichst auf dem Label des NuclearBlast-Chefs. Wie kam das zustande?

Ich habe ihn zufällig auf einem Madsen-Konzert kennengelernt und ihnen meine Musik geschickt. Sie waren sehr interessiert. Hier wird meine Musik verstanden, wie ich sie verstanden haben will, und hier darf sie so sein, wie sie ist. Und deswegen ist Nuclear Blast der richtige Ort. Ich bin sehr glücklich mit der Entscheidung. Interview: Daniel Koch


Mit Volkswagen Garage Sound in Paris Am 25. November präsentierte Volkswagen Garage Sound mit Charli XCX und AlunaGeorge ein absolutes Live-Highlight im Pariser Élysée Montmartre.

Stylishe Outfits, zwei Top-Acts und eine unvergessliche Location: Ende November sorgte Volkswagen Garage Sound wieder für staunende Gesichter und glänzende Augen – denn bereits die Konzert-Location spiegelte das Besondere der Veranstaltung wider. 1807 von Gustave Eiffel errichtet, kann das Élysée Montmartre auf eine beeindruckende Geschichte zurückblicken und gilt seit jeher als eine der charakteristischsten Konzert-Locations in Paris. Hier standen bereits David Bowie, Wu-Tang Clan, Beastie Boys und Ramones auf der Bühne. Im Rahmen von Volkswagen Garage Sound wurde die Historie Ende November um zwei weitere Namen ergänzt.

Während die Britin Charli XCX vor allem mit ihrem frechen Charme und bunten Konfetti-Einlagen punktete, begeisterten AlunaGeorge mit einer anziehenden Verbindung aus R’n’B, 2Step und dem seidenen Timbre von Sängerin Aluna Francis. Beide Acts überzeugten mit ihrer charismatischen Bühnenpräsenz, die in Kombination mit starken Songs die Stimmung überkochen ließ. Vor allem Charli XCXs kraftvolle Dance-Stücke und ihre reizende Präsenz schufen eine einmalige Atmosphäre. So stand bei Hits wie »Boom Clap« und »Break The Rules« niemand mehr still.


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#Pop

Foxygen

»BANDS SIND SCHEISSE« #Pop — Jonathan Rado und Sam France landen mit ihrem fünften Album »Hang« erneut einen genreübergreifenden Geniestreich, mit dem sie ihr breit gefächertes musikalisches Können eindrucksvoll belegen. Mihaela Gladovic hat sie in Berlin getroffen.

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ie breite Wahrnehmung des amerikanischen Duos Foxygen reicht von subversiven Enfants terribles des von der Sonne geküssten kalifornischen Indie-Rock bis zu infantilen Wahnsinnigen. Jedes ihrer Alben trägt das Markenzeichen »angekiffter, dreamy Surf-Pop«, der immer genug Platz für verrückte Spielereien von soundverliebten Geschichtenerzählern lässt. Von Album zu Album peitschen Rado und France wie Fuchsteufelswilde ihre Hörer durch jegliche Genres und die dazugehörigen Historien. Das alles ist weder glorifizierend gemeint noch ironisch. Es klingt wie schon 1000 Mal gehört, aber gleichzeitig innovativ und frisch. Kennengelernt haben sich die beiden mit 15 Jahren an der Highschool. Schnell merkten sie, dass ihre Egos miteinander, aber mit keinem sonst können. »Der Sänger meiner damaligen Band dachte, er sei Jim Morrison«, erzählt Rado. »Wir haben ihn dann gegen Sam ausgetauscht. Nach ein paar Aufnahmen fanden alle außer Sam und mir die Musik scheiße.« Auch für Sam war klar, dass sie ihr eigenes Ding machen mussten: »Bands sind scheiße. Da gibt es zu viele Egos!« Aufgrund solcher Attitüden wird den beiden nur allzu schnell der »arrogantes Arschloch«-Stempel aufgedrückt. Quatscht man aber mit den Jungs in

einem kleinen Hotelzimmer, merkt man, dass es schlicht darum geht, dass sie wissen, was sie können und was nicht – und damit entwaffnend ehrlich sind: Rado erklärt Sam zum »besten Lyriker mit einer beeindruckenden Stimme«, und Sam kennt niemanden »mit so einer unerschöpflich kreativen und intuitiven Musikalität«. Damit gehen sie gerne an

Grenzen und loten Extreme aus. »Ich empfinde uns als unglaublich hart arbeitende und disziplinierte Musiker«, so Rado, »die viel Zeit damit verbringen, an ihrem Handwerk zu feilen. Wir machen keine halben Sachen.« — Foxygen »Hang« (Jagjaguwar / Cargo) — Intro empfiehlt die Tour am 23.02.

#Redaktionstipp

»Cinemetal«-T-Shirts Ihr wisst es längst: Mit der richtigen Klamotte kann man seine Leidenschaft in die Welt tragen – ob mit Bandlogos oder Motiven bekannter Filme. Von »Cinemetal« gibt es dazu das passende zwei in eins: Shirts, die bekannte Regisseure mit Band-Logos kombinieren. Wie der Name der Seite bereits verlauten lässt, kommen die Embleme vor allem aus der Rock- und Metalsparte, aber nicht ausschließlich. Neben »Shutter Island«-Regisseur Martin Scorsese im metallischen Scorpions-Logoschafft es auch »Shining«-Schöpfer Stanley Kubrick im Kraftwerk-Look aufs Shirt. Eine gelungene Abwechslung für Statement-Träger, denen 08/15 einfach zu ausgelutscht ist. Gibt’s auf cinemetaltshirts.com. Celia Woitas (Praktikantin Online-Redaktion)


#Pop

#Pop #Wer wir sind

JULIAN STETTER

Sinkane

LEBEN UND DAS LEBEN LASSEN #Pop — Sich sicher fühlen. Neue Hoffnung schöpfen. Vertrauen fassen. Angesichts der politischen Entwicklungen – vor allem des letzten Jahres – fällt all das zunehmend schwerer. Diese Erkenntnis findet sich auch in aktuellen Arbeiten vieler Künstler wieder. Sinkane ist einer von ihnen – und schafft mit seinem neuen Album »Life & Livin’ It« dennoch eine Hommage an das Leben. Text: Annett Bonkowski

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it seinem dritten Album »Life & Livin’ It« poltert Sinkane alias Ahmed Gallab nicht wütend gegen die vorherrschenden Missstände, sondern begegnet ihnen mit einer positiv geprägten Grundhaltung, die sich keineswegs vor der Wahrheit verschließt. Die neuen tief im Pop, Funk und Soul verankerten Songs zelebrieren das Leben und das gemeinschaftliche Miteinander. Allen negativen Wellen zum Trotz. Die für die Umsetzung nötige Sensibilität und den Mut, sich verletzlich zu zeigen, bekam Ahmed Gallab von seinem Vater mit auf den Lebensweg: »Er hat mir beigebracht, dass es okay ist, als Mann empfindsam zu sein.« Zudem hat der aus dem Sudan stammende Gallab über die Jahre hinweg seine eigene Strategie entwickelt, in schwierigen Zeiten nicht zu verzweifeln: »Ich habe akzeptiert, dass die Welt sich in einem furchtbaren Zustand befindet und viele Menschen damit zu kämpfen haben. Weder unterschätze noch ignoriere ich diese Tatsache. Das politische Klima ist

derzeit überall auf der Welt angespannt. Ich versuche, all dem damit zu begegnen, dass ich mit Menschen zusammenkomme, die ich liebe und deren Vertrauen mir Hoffnung gibt. Sinkane ist für mich ein Ort, an den ich gehe, wenn ich das Gefühl habe, alle sind gegen mich.« Im Song »U’Huh« verwandelt er den Schmerz in ein ansteckendes, hoffnungsvolles Gefühl und singt: »To my sisters who ache, my brothers losing strength: we don’t need to be saved (...) as long as we try we’re all going to be alright!« Wenn wir es doch nur wollen. »Life & Livin’ It« kann uns dabei helfen – das Album ist eine lebensbejahende Perspektive, an der man sich nur allzu gerne festhalten möchte. — Sinkane »Life & Livin’ It« (City Slang / Universal / VÖ 10.02.17) — Auf Tour vom 02. bis 06.04.

Herkunft Köln Genre Instrumentalelectronica Mitglieder 1 Besondere Vorkommnisse Vor einigen Jahren

konnte man Julians Stimme hören, wenn man in unserer Redaktion anrief. Dort absolvierte er ein Praktikum. Aktuelles Album »Insides EP« (PNN) Das Debüt deiner Band Vimes ist noch gar nicht so alt. Wie kam es zur Solo-EP – und müssen wir uns um Vimes sorgen?

Ganz im Gegenteil – Vimes und Julian Stetter sind zwei unterschiedliche Projekte, die keineswegs in Konkurrenz zueinander stehen. Meine alleinigen Produktionen dienen mitunter als Vehikel für mein Dasein als DJ. Ich mag die Anonymität der Clubkultur; und die Entscheidung, Musik unter meinem Eigennamen zu veröffentlichen, ist in erster Linie der Tatsache geschuldet, dass ich mir eine möglichst hohe Wechselwirkung zwischen den beiden Projekten erhoffe. Wie bist du zur elektronischen Musikproduktion gelangt?

Schlussendlich einfach durch das Machen. Elektronische Musik und Clubkultur spielen schon lange eine wichtige Rolle für mich; und dass ich Teil dieser Kultur sein will, war auch immer klar. Musik zu produzieren und aufzulegen war sehr lange ein großes Thema für mich, nur dachte ich anfänglich, dass die Welt nicht noch einen DJ/Produzenten braucht. An einem gewissen Punkt kam dann die Erkenntnis, dass mir meine eigene Entwicklung wichtiger ist als das, was die Welt zu brauchen scheint. Also habe ich angefangen, nach außen zu tragen, was hinter verschlossener Tür sowieso schon lange Teil meines Lebens war. Wie geht es denn jetzt weiter? Ist ein Album geplant? Ein Labelsigning?

Mal sehen, was kommt – ich bin für alles offen. Ich werde weiterhin möglichst viel spielen und versuchen, den Output hochzuhalten. Daniel Koch

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#Style #Life

#Tech-Talk

BEASTIE BOYS ÜBER DEN ROLAND 808

#Style — Die Drum Machine mit der Modellnummer 808 hat Musikgeschichte geschrieben. Da macht es Sinn, ihren Einfluss in einer Dokumentation nachzuzeichnen. »808« ist bereits digital erhältlich, der Soundtrack mit allen 808-Classics ist bei Warner erschienen. Hier erfahrt ihr, was Mike D und AdRock von der Wundermaschine halten. Ad-Rock: »Ich bin sicher, dass jeder ernst zu

nehmende HipHop-Produzent so ein Gerät besitzt. Das ist genauso selbstverständlich, wie immer ein Glas Marmelade im Kühlschrank zu haben. Unseren ersten 808 habe ich gekauft. Wir hatten damals durch einen Gerichtsprozess etwas Geld bekommen, weil eine Marke unseren Song ›Cookie Puss‹ ohne Erlaubnis verwendet hatte. Ich wollte mir davon eine Gitarre kaufen, wie sie Paul Weller hatte: eine Rickenbacker. Und dann sah ich einen 808. Ich hatte schon davon gehört und brauchte eh einen Drumcomputer. Ich deponierte ihn in den Chung King Studios, in denen wir derzeit arbeiteten. Man hört meinen 808 nicht nur bei unseren Aufnahmen, sondern auch auf den ersten Alben von LL Cool J und Run DMC.« Mike D: »Wir waren nachweislich die Ersten, die einen 808 rückwärts gesamplet haben – in unserem Song ›Paul Revere‹. Die Idee kam uns, als wir mit Run DMC im Studio waren und darüber sprachen, dass Jimi Hendrix Instrumente oft rückwärts aufgenommen hat. Es war eine von diesen verrückten Eingebungen, bei denen man nie gedacht hätte, dass dieser Effekt mal auf der ganze Welt die Scheiben zum Wackeln bringen würde.« — »808: The Movie« (USA 2015; R: Alex Dunn; iTunes) / Diverse »808: The Music« (Atlantic / Warner)

Mach’s dir selbst #8??? Rauchbarer R2-D2 #Life — Weil eine E-Zigarette gewisse Ähnlichkeiten mit einem Roboter-Pimmel hat und manche Mülleimer einem gewissen Roboter aus »Star Wars« ähneln, verbindet diese Folge »Mach’s dir selbst« das Offensichtliche mit dem Angenehmen. Mit der Bauanleitung schaffst du es in den Nikotin-Himmel: Statt an einer Kippe kannst du ab jetzt an einem Roboterpimmel ziehen. Nächstes Wochenende wolltest du doch sowieso aufhören. Oder? Illustration: Peter Hoffmann


#Pop

#Pop #Wer wir sind

BLACKFIELD Herkunft Israel und England Genre Progrockiger Pop-Prog Mitglieder 2 Besondere Vorkommnisse Blackfield ist die

mittlerweile eingespielte kreative Liaison zwischen Israels Popstar Aviv Geffen und Porcupine-Tree-Mastermind Steven Wilson. Aktuelles Album »Blackfield V« (KScope / Edel / VÖ 10.02.17)

Wanda plays Nirvana

»AUFTRAG HÖHERER ART« #Pop — Am 31.03. und 01.04. spielen Wanda im Kölner E-Werk und im Berliner Huxley’s an unseren »25 Jahre Intro«-Abenden ein Set aus Nirvana-Songs und ein paar eigenen Hits. Was sich wie ein gewagtes Experiment liest, ist in Wahrheit ein perfektes Match und für Wanda keine völlig neue Erfahrung. Daniel Koch befragte Marco Michael Wanda, was Nirvana für die Band bedeutet.

A

ls mir mein Kumpel Basti damals im Schulbus »Smells Like Teen Spirit« vorspielte, war es um mich geschehen. Ich glaube, jeder Fan dieser Band hatte ein Nirvana-Erweckungserlebnis. Wie war es bei euch?

Wie bei dir, love at first listen. Diese Songs haben all die Dinge beim Namen genannt, die vorher und bis heute für mich keinen Namen hatten und haben, und sie haben etwas in meinem Leben aufgezeigt, das immer da war. Dinge, die gefährlich sind, Gefühle des Widerspruchs, so wie sich Schönheit immer in gefährlicher Nähe zu ihrer Zerstörung bewegt. Und diese Songs sind schön. Oje, so schön.

Nein. Weder damals noch heute, weder vor noch während des Auftritts. Wir waren nüchtern, ergriffen und konzentriert. Nirvana zu spielen sehen wir als Auftrag höherer Art. Es geht darum, ein musikalisches und geistiges Erbe aufrechtzuerhalten. Wir haben Nirvana gespielt, wie klassische Musiker Schubert interpretieren. Mit Ernst und Ehrfurcht. Danach waren wir glücklich und sind schlafen gegangen. Wenn man eurem Facebook-Kommentar glauben darf, spielt ihr an den IntroAbenden nur Songs aus »Bleach« und »Incesticide«: Welches ist in euren Augen das beste Nirvana-Album?

Schwierig. Selektion führt zu Nostalgie, und Nostalgie führt zu gefährlichen Dingen, die beim Namen zu nennen ich mir aus abergläubischen Gründen nicht gestatte. Wir mögen eigentlich alle Songs. Obwohl wir zu dieser Zeit schon etwas Und die Hits spielen wir nicht, weil Nirbekannter waren, waren wir sehr aufge- vana selbst ihre Hits heute auch nicht regt – dieser Abend war uns heilig. Sicher mehr spielen würden. freut sich jeder Rockmusiker, diese immer Zuletzt kam euer Live-Album heraus. und für alle Zeit größten Songs zu spielen. Arbeitet ihr bereits an neuem Material? Wir freuen uns jetzt, diesen Spaß wieder- Wir werden noch in diesem Jahr ein Alholen zu dürfen und sogar ein paar mehr bum vorlegen. Songs zu spielen als damals. Ihr habt als »Unbekannte Tschuxln Schonmal« in Wien im Weberknecht bereits Nirvana-Songs gecovert. Wie war der Abend?

Wie kam es damals dazu?

Daran erinnere ich mich nicht, aber wir wollten den Geist dieser Band fühlen. Man kann keine guten Rocksongs schreiben, ohne Nirvana erlebt zu haben. Und die Idee, den Abend zu wiederholen? War Schnaps im Spiel?

— Wanda »Amore meine Stadt – Live« (CD+DVD / Vertigo / Universal) — Auf Tour vom 10. bis 26.03.

Aviv, vielen unserer Leser ist Blackfield wahrscheinlich kein Begriff. Wie kam das Projekt zustande, und was ist seitdem passiert?

Vor zehn Jahren schrieb ich Steve Wilson eine Mail und schickte ihm ein paar von meinen Demos. Er war total begeistert und fragte, ob wir nicht eine Band starten sollen. Mittlerweile sind wir beim fünften Album angelangt und haben eine ziemlich große Fanbase in Europa, vor allem in Deutschland.

In deiner Heimat bist du politisch sehr engagiert und seit Jahren für viele Israelis eine Art Friedenssymbol. Brauchst du manchmal eine Pause von all dem?

Bei diesem Projekt geht es tatsächlich nur um Musik. Blackfield ist mein Kissen, auf dem ich mich ausheulen kann. Ich würde aber nicht sagen, dass ich eine Pause von der Politik brauche, im Gegenteil. Heutzutage gibt es doch gar keine Künstler mehr, die gegen ihre Regierung vorgehen. Dazu haben sie gar nicht die Eier, oder es interessiert sie nicht. In der Pop-Industrie ist alles sehr cheesy und oberflächlich. Mittlerweile sitzt du bereits zum vierten Mal in der Jury von »The Voice Israel«. Widerspricht das nicht dem, was du gerade über heutige Popstars gesagt hast?

Ich nutze »The Voice« vor allem, um zur besten Sendezeit über meine Agenda zu reden. Mit den Produzenten traf ich die Vereinbarung, dass ich während der Sendung alles sagen kann, was ich will. Dadurch habe ich mir natürlich auch viele Feinde gemacht und immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich auf der Bühne stehe. Das ist aber ein Preis, den ich gerne zahle. Ohne das wäre ich nur ein beliebiger Popstar. Interview: Madeleine Schrader

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#Kultur

Catherine Meurisse

ÜBER ZEIT UND LEICHTIGKEIT #Kultur — Insgesamt zwölf Menschen fielen dem Anschlag auf »Charlie Hebdo« am 7. Januar 2015 zum Opfer, viele weitere wurden verletzt. Zeichnerin und »Charlie«-Redaktionsmitglied Catherine Meurisse kam an diesem Tag durch einen Zufall zu spät zur Arbeit. Sie konnte sich verstecken und überlebte. »Die Leichtigkeit« handelt von diesem Tag und dem Versuch, das Trauma, den Schock und die Trauer zu überwinden. Interview: Julia Brummert

I

n Frankreich ist »Die Leichtigkeit« bereits im April 2016 erschienen, seither haben Sie viele Interviews gegeben. Wie gehen Sie damit um, dass Sie die Geschehnisse des 7. Januar 2015 immer wieder durchleben müssen?

»Die Leichtigkeit« zu schreiben und zu zeichnen, »Die Leichtigkeit« zu veröffentlichen, »Die Leichtigkeit« zu teilen und darüber zu sprechen, das hat dazu beigetragen, dass es mir besser geht. Es musste immer über eine künstlerische Verarbeitung nachgedacht werden, um das durch den 7. Januar verursachten Trauma zu überwinden. Das habe ich mit diesem Buch getan. Nach dem Anschlag auf »Charlie Hebdo« gab es eine internationale Welle der Solidarität. In Ihrem Buch liest es sich so, als

stünden Sie dieser Anteilnahme kritisch gegenüber.

Sie haben die Redaktion von »Charlie Hebdo« verlassen. Was haben Sie nun vor?

»Kritisch« ist nicht das richtige Wort. Der Schock des Anschlags hat uns wie auf einen fremden Stern geschleudert. Alles, was sich von da an um uns herum zutrug – Solidarität, Vereinnahmung, Reaktionen vonseiten der Politik und so weiter – erschien uns surreal. Es entzog sich unserem Verständnis. Sicherlich war ich überwältigt von der Solidarität, die sich um uns herum zeigte, und das beschreibe ich auch im Buch. Aber ich halte mich nicht mit diesen Geschehnissen auf, sondern konzentriere mich weiter auf den persönlichen Belang des Ereignisses. Die nationale und internationale Bedeutung hat mich nicht berührt, mein überlastetes Gehirn im Schockzustand konnte nichts damit anfangen.

Ich widme mich jetzt dem erzählenden Comic. Die Pressezeichnung kümmert sich ausschließlich mit scheußlichen Dingen und entsteht immer unter Zeitdruck, sie kann mir nicht behilflich dabei sein, zu gesunden. Im Gegenteil: Nur die Zeit kann mir dabei helfen, meinen Kummer zu mildern und nach und nach die Narbe des 7. Januar verschwinden zu lassen. — Catherine Meurisse »Die Leichtigkeit« (Carlsen, 144 S.,19,99 Euro) — Das ganze Interview auf intro.de unter #Die Leichtigkeit

#Redaktionstipp

BettyBag: Aus Jacke wird Beutel Hängt in deinem Schrank noch diese eine Jacke, die du zwar seit Jahren nicht mehr trägst, aber trotzdem nicht wegwerfen willst? Wie wäre es, wenn du einen neuen Beutel daraus machen lässt? BettyBag produziert aus alten Klamotten Taschen. Wer keine Lieblingssachen mehr im Schrank hat, kann sich auch aus Stoffresten sein ganz persönliches BettyBag-Unikat nähen lassen. Alles »Made in Switzerland« und zu finden auf bettybag.ch. Caroline Wiederkehr (Praktikantin Fotoredaktion)


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#Promotion

jeden Monat neu: Teilnahme unter intro.de/Quiz

DAS QUIZ #249 Das Titelthema des Heftes ist gleichzeitig immer auch Hauptthema unseres monatlichen Quiz-Spaßes. Diesmal dreht sich natürlich alles um das Trainspotting-Sequel. Los geht’s… 1. Welchen Namenszusatz hat das Sequel erhalten?

3. Wie hieß das TrainspottingSequel als Buch?

F Spottwo

V Cat-Content

S T2

U Porno

J Traspotwo

B Emoticon

2. Wer hatte die Abkürzung vorher? 4. Welche Band ist gleich mehrfach auf dem Soundtrack? A Thor: Ragnarok

T Turbo: A Power Rangers Movie P Terminator 2

D Young Fathers T Mothers Of Invention M Sons And Daughters

Die Gewinne

»Trainspotting« × Steelbook Blu-ray

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Kittball Records »Merch-Paket«

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Schnell noch mal auffrischen, was am Ende des ersten Teils aus Renton, Sick Boy, Spud, Begbie und Diane wurde? Intro hilft. Danny Boyle’s »Trainspotting« von 1996 verlosen wir fünf Mal in der frisch neu aufgelegten SteelbookVersion auf Blu-ray.

holyshit.shop, der kuratierte Online-Store der Veranstalter vom Holy Shit Shopping präsentiert limitierte Produkte oder gar Unikate aus Kunst und Design – alle paar Wochen gibt es eine neue Auswahl. Zum Launch verlosen wir einen 50 EUR-Gutschein.

Lebende Piranhas, Internet-Meme, Amateurfotogrtafie: Thomas Mailaenders »Fun Archive« ist ein Angriff auf den guten Geschmack. Das NRW-Forum präsentiert die erste große Retroperspektive des Künstlers. Wir verlosen Freitickets, Poster und eine Jutetasche!

Alles was du brauchst an einer Stelle: Die Hip Bag macht es greifbar. Dieser Lebensretter bietet Platz für die wichtigsten Dinge wie Flaschenöffner oder Stadtplan. Der verstellbare Hüftgurt sorgt für Halt und Komfort. Wir verlosen ein schickes Hip Bag.

Wir verlosen zwei Merchandise Pakete des Musik Labels Kittball. Im Paket enthalten sind Shirt, Jutebeutel, Fächer, Sticker und Feuerzeug sowie das letzte Tube & Berger Album »Introlution« wie auch die Vinyl Part 1&2. Der Festivalsommer 2017 kann kommen.

Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben das Lösungswort, das ihr bitte mit dem Betreff »Das Quiz« an verlosung@intro.de schickt. Teilnahme ab 18 Jahren, Einsendeschluss ist der 26.2.2017. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


#Pop

#Pop

Spinne auf LSD

Erstaunlich, wie aufgeräumt eine Spinne auf LSD ihr Werk verrichtet. Sie scheint dabei ähnlich präzise vorzugehen wie The xx, auf deren Album »I See You« mal wieder jeder Ton an der richtigen Stelle sitzt. Gleiches gilt für den neuen Output von Bonobo und SOHN. Und weil es so gut in die heutige Zeit passt, wird es bei der Antilopen Gang und Schnipo Schranke hochpolitisch und düster.

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#Pop #Dua Lipa

Dua Lipa

DER TROTZKOPF Sie weiß, was sie will und sie bekommt es auch: Die Londoner Sängerin Dua Lipa schlägt sich seit ihrem 15. Lebensjahr praktisch auf eigene Faust durch Englands Hauptstadt, um sich ihren Traum vom Leben als Musikerin zu erfüllen. Dua ist keineswegs ein rebellischer Teenager – sie läuft bloß bestimmt, aber sanftmütig auf ihr Ziel zu. Kira Schneider traf die heiß gehandelte Newcomerin in Köln. Foto: Frederike Wetzels


#Pop #Dua Lipa

D

amals habe ich mich echt oft gefragt: Gehe ich das wirklich richtig an? Ich war so jung. Aber ich wusste einfach nicht, was ich außer Musik machen soll.« Was klingt wie die müßigen Rückblicke eines alten Hasen im Musikbusiness, kommt aus dem Munde einer noch sehr jungen Frau, deren Karriere gerade erst beginnt. Dua Lipa, 21 Jahre alt und in den internationalen Charts mit »Be The One« und »Hotter Than Hell« gut vertreten, steuert ihr Leben selbst und jagt ihren Traum, seit sie 15 ist. Als ihre Eltern, die aus dem Kosovo stammen, aus beruflichen Gründen dorthin zurückkehrten, sah Dua ihre Chancen in London – und stieg ein paar Jahre später alleine in einen Flieger zurück in die englische Hauptstadt. So aufmüpfig wie es klingt, war ihr Vorhaben allerdings nicht: Zu ihren Eltern hat die Sängerin nicht nur in Haushaltsfragen und in Sachen Überlebensstrategien als alleinstehender Teenie einen guten Draht. »Immer wenn ich dachte ›Was zur Hölle geht ab in meinem Leben?‹, hab ich sie einfach angerufen.« So schauen sie aus, die zwei Seiten der Dua Lipa: Zum einen ist da dieses wunderschöne Mädchen mit den dunklen Haaren, der rauchigen Stimme, den Choker-Ketten und den gewagten Outfits – ein Mädchen, das dir eines kühlen Abends mit einem Glitzern des Highlighters auf ihren Wangenknochen das Herz brechen könnte, wenn ihr danach wär. Zum anderen ist da Dua, die versucht, in dieser Millionenmetropole auf sich allein gestellt so wenig Mist wie möglich zu bauen, damit ihre Eltern sich keine Sorgen machen. Dua, die ihr Herz auf der Zunge trägt und ihre Demos raus in die Welt schickte, um das tun zu können, was sie am meisten liebt: singen. »Ich habe Cover gepostet, habe Leute angesprochen, ihnen gesagt: Hör dir meine Aufnahme an, wir könnten zusammenarbeiten«, erzählt sie. »Irgendwann hat mich jemand meinem jetzigen Manager vorgestellt.« Das Management teilt sie sich zufälligerweise mit Lana Del Rey. Einschüchternd? Nicht für Dua. »Vergleiche sind irgendwie scheiße – als mehr meiner Songs draußen waren, war auch völlig klar, wie verschieden wir sind. Es ist natürlich ein Riesenkompliment, aber du willst ja zeigen, was du kannst und wer du bist, statt vor jemandes Hintergrund betrachtet zu werden.« Vergleiche erübrigen sich tatsächlich, denn außer einer tiefen Stimme und einem sinnlichen Äußeren verbindet Lana und Dua wenig. Dua Lipas Songs sind um vieles Club-tauglicher und synthetischer als die berüchtigte Vintage-Melancholie der Lana Del Rey und ihre Lyrics unverblümt unmädchenhaft. Mit »Hotter Than Hell« zum Beispiel wischt Dua

einer verflossenen Beziehung eins aus: Damals fühlte sie sich klein und austauschbar, aber in ihrem Lied dreht sie den Spieß um und verarbeitet so die Erfahrung. »Ohne meine Erlebnisse hätte ich wohl nichts zu sagen«, stellt sie fest, »mittlerweile glaube ich auch, ich bin früher erwachsen geworden, als ich sollte.« Tatsächlich – es gibt 30-Jährige, die ihre Existenz nicht so im Griff haben, wie Dua es schon mit 18 oder 19 hatte. Paradoxerweise behält sie den selbstironischen, sorglosen Teenage-Esprit einer Tumblr-Userin im Highschool-Alter völlig mühelos bei. Lana-Memes kennen wir schon – wie sie sich Dua-LipaMemes vorstellt, frage ich sie. »Oh Gott«, lautet die Antwort nach einer kleinen Pause, »wahrscheinlich irgendwas mit Glitzerlidschatten, Chokern und Schlabber-Shirts. Das Standard-Teenie-Mädchen aus London halt.« Für Mädchen sei es gerade eine gute Zeit, findet Dua. »Es gibt mehr weibliche Newcomer, mehr Girl Power im Radio.« Das ist nicht zuletzt den sozialen Medien geschuldet, und auch Dua ist natürlich ein Kind des Internets: »Ohne Social Media wäre ich niemals da, wo ich jetzt bin, weil ich die richtigen Leute nie kennen- Cover gelernt hätte.« Als sie von Gruppenchats mit Ihre früh geposteten Fans erzählt, blüht Dua trotz des langen, mit Coverversionen sind leider im Netz nicht mehr zu Terminen vollgepackten Tages richtig auf. »Es finden, dennoch verneigt ist ziemlich verrückt: Erst finden Leute durch sich Dua Lipa noch immer Musiker zueinander, dann reden sie über Din- in schöner Regelmäßigkeit vor den Künstlern, die sie ge aus dem echten Leben, kommen aus sich inspirieren. Aktuell findet heraus und finden vielleicht zum ersten Mal man auf ihrem YoutubeVerbündete.« Ehrlichkeit und Zugänglichkeit Kanal zum Beispiel Cover von Jamie xx, Alessia Cara scheinen für den Moment die zwei Gebote und The Weeknd. für Dua zu sein. Für einen jungen Menschen, der gerade einen ein Jahr lang andauernden Höhenflug erfährt, mit ausverkauften Shows Höhenflug weltweit und einem Jetlag so gewaltig, dass Seit unserem Gespräch hat man nicht drüber nachdenken mag, zeigt sie sich der Höhenflug eher noch beschleunigt. Dua bemerkenswerte Bodenhaftung. »Wenn ich Lipa zierte im November jemandem helfen kann, der an einem Punkt zum Beispiel das Cover der ist, an dem ich vielleicht vor Kurzem selbst britischen Vogue, ihre Videos laufen momentan auf war, dann mache ich das. Ich weiß, wie es sich den wenigen verbleibenden anfühlt, wenn du gestrandet bist und dich Musikfernsehsendern in hoher Rotation. Ihr Albumdann jemand wieder hochzieht.« Release wurde allerdings in Ein bisschen eifert sie ihren Vorbildern nach. dieser Zeit gleich mehrfach Dua schwärmt davon, wie Rapper J. Cole mal verschoben und soll Fans in sein Elternhaus eingeladen hat. »Ich nun endlich Anfang Juni erfolgen. liebe es, dass man durch seine Musik echte Einblicke in sein Leben bekommt. So was bringt Künstler und Fans einander näher. Ich bewundere das sehr.« Ihre Idole seit Kindertagen verteidigt sie eisern: Nelly Furtado und Pink. »Die nehmen kein Blatt vor den Mund und machen dabei geile Popmusik«, sagt sie völlig unprätentiös. In ihrer eigenen Rolle als kommerziell erfolgreicher Popstar fühlt sie sich offensichtlich pudelwohl, solange man sie nur machen lässt. »Am Anfang bin ich ins Studio und sagte, ich will klingen wie Nelly Furtado und Kendrick Lamar und Outkast, und alle dachten, was zur Hölle will dieses Mädchen? Als ich dann angefangen habe, mehr Songs zu schreiben, bekam ich langsam den Dreh raus, wie mein Sound werden sollte.« Lang dauert es nun nicht mehr bis zu ihrem Album-Release. »Keep your eyes on the price … just be nice along the way«, wirft Dua gutmütig ein. Rebellisch? Nur ein bisschen. »Ich mache nichts kaputt oder so, und bin supernett zu deinen Eltern. Aber verbiegen lasse ich mich halt nicht.« — Dua Lipa »Dua Lipa« (VÖ geschoben auf Juni / Warner)

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#Pop #Bonobo

Bonobo

DIE SACHE MIT DEM ZWERGSCHIM­­PANSEN


#Pop #Bonobo

Simon Green a.k.a. Bonobo behauptet, dass er mit Politik wenig zu schaffen hat – obwohl sein sechstes Album »Migration« heißt. Und dann hat er doch eine klare Meinung zu Trump, der Spaltung der USGesellschaft und den »plastic people«, die London zu Tode gentrifizieren. Annette Walter erwischte den rastlosen Soundsammler am Telefon seines gerade aktuellen Hauptwohn­sitzes Los Angeles. Fotos: Nathanael Turner

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as die Musik von Bonobo mit einem Zwergschimpansen gemeinsam hat, wird wohl immer Simon Greens Geheimnis bleiben. Mit der Tierwelt hat das Projekt des Briten jedenfalls wenig zu tun – trotz des Namens. Bonobo ist seit vielen Jahren eine Konstante der elektronischen Musik. Ihn in seiner Wahlheimat Los Angeles am Telefon zu erwischen, ist fast schon Glückssache: Simon Green ist ein rastloser Künstler, der es nie lange an einem Ort aushält. Seine Heimat London hat er verlassen. Nach einem Intermezzo in New York lebt er mittlerweile in Echo Park. Nach L.A. hat ihn nicht die Nähe zu Hollywood verschlagen, sondern die Ruhe, wie er begeistert erzählt: »Ich lebe mitten in den Hügeln. Dort ist alles sehr friedlich.« Das inspiriere ihn beim Musikmachen: »Während der Aufnahmen habe ich die Tapes mit ins Auto genommen, bin in die Berge gefahren und habe die Musik dort angehört.« Die Arbeit an »Migration« begann bereits 2015 während der Tour zum letzten Album. Green fühlte sich selbst als Getriebener, immer auf dem Sprung, nirgendwo zu Hause. So komponierte er erste Entwürfe der Songs weltweit – in Hotelzimmern, Flugzeugen und Tourbussen, vornehmlich mit Kopfhörern auf dem Laptop. Für ihn ein ganz besonderer Prozess: »Wenn ich an einem Sonntagmorgen irgendwo in der Welt an einem Flughafen saß, war das ein einzigartiger Raum. Manche Musiker brauchen bestimmte Rituale, wenn sie arbeiten, aber für mich gilt das nicht. Ich stürze mich ganz in eine Situation, in der ich mental und physisch an einem fernen Ort bin.« Dieser nomadische Lebensstil hat eine große Rolle bei der Platte gespielt, auch wenn Green den Titel »Migration« nicht als politisches Statement versteht: »Natürlich gewann das Wort in letzter Zeit an Bedeutung. Mir geht es aber um etwas anderes: die Bewegung von Menschen und Kultur über einen gewissen Zeitraum.« Bei der Frage, ob ihn Politik interessiere, seufzt er: »Ach, weißt du, die Menschen wollen immer über Politik und nicht über Musik sprechen. Ich bin aber kein Songwriter, der tiefgründige Botschaften in seinen Songs vermittelt. Mit instrumentaler Musik ist es ohnehin schwer, Statements abzugeben.« Dennoch treibt ihn die gegenwärtige politische Situation in seiner Wahlheimat um. Auf die Präsidentschaft von Donald Trump angesprochen, findet er deutliche Worte: »Fuck, er ist verrückt. Es ist deprimierend. Ich habe in der Woche nach seiner Wahl kaum geschlafen.« Die Spaltung, die es nun zwischen verschiedenen Schichten

der Bevölkerung in der amerikanischen Gesellschaft gebe, findet er schrecklich: »Die Leute realisieren nicht, dass es keinen Sinn macht, dass sie für ihre Probleme andere Menschen als Sündenböcke suchen. Das beeinflusst natürlich auch mein Leben. Alles ist ungewiss. Ich habe das Gefühl, dass sich die Haltung der Menschen verändert hat. Wenn ich hier in L.A. herumlaufe, nehme ich eine andere Stimmung wahr als früher. Die Leute können sich nicht in die Augen sehen. Trump legitimiert Rassismus, Homophobie und Sexismus. Viele Amerikaner denken nun, dass es okay ist, diffamierende Haltungen zu vertreten.« Okay, sprechen wir über Musik: Green ist ein Soundtüftler, besonders gut ist das beim Titeltrack zu hören. Den hat er auf unkonventionelle Weise aufgenommen – was für ihn selbst eine Premiere war. »Ich habe einen zufälligen Algorithmus mit Loops programmiert. Der Computer hat aus diesem Algorithmus immer wieder einen Loop getriggert. Der ganze Song wurde quasi vom Computer improvisiert.« Darüber wurden dann die Aufnahmen von Jon Hopkins und seiner Band gelegt, die in Pasadena eingespielt wurden. Green macht seine Vorgehensweise mit dem Algorithmus hörbar stolz: »Das war für mich die größte Errungenschaft des Albums: die Idee, dass sich ein Song quasi von selbst schreibt.« Aber auch Weltmusik floss in »Migration« ein. Die marokkanische Band InnovGnawa aus New York ließ er die Vocals zum housigen »Bambro Koyo Ganda« einsingen: »Für mich gab es immer einen Dialog zwischen Dancemusic und InnovGnawa arabischer Musik, was sich beim Diese in New York ansässige Band ist jede Rhythmus bemerkbar macht.« Empfehlung wert. Der Zu Marokko hat er eine be- perkussive Folk der Maroksondere Beziehung: »Ich war kaner zeigt viele Parallelen dort zum Klettern, habe in ein- zu diversen elektronischen Musikspielarten westlicher fachen Behausungen in Berber- Prägung. Die Bandmitgliedörfen auf dem Boden geschlafen. der zählen zur ethnischen Wenn ich auf dem Gipfel stand, Minderheit der Gnawa, die als Nachfahren von Sklaven konnte ich die Sahara sehen.« aus dem westlichen Afrika Auf mehreren Songs des Albums – dem ehemaligen Reich hat er außerdem Field Recordings von Ghana – gelten. seiner Reisen benutzt, etwa Motorengeräusche und Regen: »Ich Corsica Studios sammle Sounds, die ich immer und der Hydra auf einem kleinen Rekorder auf- Warehouse Space nehme. Ich finde in abstrakten Die Corsica Studios Sounds Melodien und Rhythmen befinden sich in der 4/5 Elephant Road im Südosund versuche sie in meine Musik ten Londons. Im Falle des zu integrieren.« Hydra ist die NamensgeAuch wenn ihn die gegenwärti- bung etwas verwirrend: Unter dem Namen »The ge Entwicklung Londons sichtlich Hydra« finden regelmäßig nervt, kann Green sich vorstellen, Clubnächte, Konzerte und irgendwann wieder zurückzuge- Partys in den Räumen des Studio Spaces E1 statt – hen. »Leider mussten mittlerweile einem weiträumigen Fotoviele Clubs wegen der Gentrifizie- studio in der 11 Pennington rung schließen.« Zwei der wenigen Street. guten Clubs, die noch übrig sind und in die er selbst gern geht, sind die Corsica Studios und der Hydra Warehouse Space in Wapping. Für Club-Besuche wird Simon Green in der nächsten Zeit aber sowieso zu beschäftigt sein. Mit »Migration« plant er eine ausgedehnte Tour, auf die er sich momentan in L.A. vorbereitet. 2017 wird also ein weiteres rastloses Jahr für Bonobo. — Bonobo »Migration« (Ninja Tune / Rough Trade) — Intro empfiehlt die Tour vom 15. bis 18.02.

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#Pop #Austra

Austra

EINE BESSERE WELT IST MÖGLICH Während das Weltgeschehen dieser Tage eher wirkt wie die ersten Kapitel eines dystopischen Zukunftsromans, werben Austra auf »Future Politics« für konstruktiven Optimismus und den Mut, Utopien zu denken. Bandleaderin Katie Stelmanis verrät im Interview mit Daniel Koch ihren Antrieb und ihre Inspiration und erklärt, warum ausgerechnet die Garanten für hochdramatische Popmusik nun auf diesen Wegen wandeln. Foto: Svenja Trierscheid

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ereust du es bereits, dem Album einen programmatischen Titel wie »Future Politics« verpasst zu haben?

Nein. Ich rede sogar lieber über Politik als über Musik. Allerdings nur, wenn ich nicht zum x-ten Mal die Wahl von Trump kommentieren soll. Ich will die Menschen mit diesem Album motivieren, in Zukunft völlig neue Wege des Zusammenlebens zu gehen. Darüber den ganzen Tag zu reden und für diese Idee zu werben, macht mir Riesenspaß. Popmusik und Politik zu verbinden, ist ein schmaler Grat, der nur wenigen gelingt. Für mich funktioniert es bei euch, weil ihr nicht bloß Parolen vorbetet, sondern eigene Emotionen und Ängste als Ausgangspunkt nehmt – und dabei geradezu optimistisch klingt. Wie kam es zu dieser eher ungewöhnlichen Zusammensetzung?

für meine Überlegungen zu nehmen. So wird das Thema zugänglicher. Die Idee kam mir, als ich auf einem Festival in Belgien zum ersten Mal eine Show von Massive Attack sah. Ich liebe es, wie sie die Bühne nutzen. Die Musik ist hochemotional, und gleichzeitig flimmern auf großen LED-Screens Slogans, Textfetzen, manchmal Schlagzeilen, die mich noch Tage später beschäftigt haben. Man spürt durch diese Verbindung, wie sehr Massive Attack die Themen am Herzen liegen. Dein Song »Utopia« funktioniert auf diese Weise: Am Anfang stehen Einsamkeit und Verzweiflung in einer »city full of people I don’t know«, aber dann singst du: »I can picture a place / Where everybody feels it too / It might be fiction but I see it ahead / There’s nothing I wouldn’t do / Utopia.« Woher der Optimismus? Den fand man zuvor bei Austra ja eher selten.

Du hast recht. Anfangs dachte ich auch, ich schreibe einfach wieder ein trauriges Album. Mir kam alles so hoffnungslos vor. Es ist verdammt frustrierend zu sehen, wie vieles auf der Welt einfach nicht zu funktionieren scheint. Während des Schreibprozesses wuchs aber die Erkenntnis, dass Optimismus als treibende Kraft wichtig ist. Wie soll sich denn jemals etwas ändern, wenn man ständig frustriert ist? Und um Optimismus zu wecken, muss man Lösungen präsentieren. Es müssen ja nicht die richtigen sein, aber immerhin zeigen sie einen Ausweg. Für mich ist Science-Fiction eine sehr treibende kulturelle Kraft. Sie zwingt dich mit ihren Szenarien auf unterhaltsame Weise zu einem Paradigmenwechsel und liefert manchmal zwar abgefahrene, aber vielleicht gar nicht unbedingt abwegige Lösungen. Wobei viele Szenarien in erfolgreichen Science-FictionFilmen oder -Büchern ja eher dystopisch sind ...

Das gilt aber nur für die Jetztzeit und die jüngere Vergangenheit. Natürlich zeigen Phänomene wie die »Hunger Games«-Reihe eine Freude an tristen Zukunftsvisionen, aber schau dir mal die Science-Fiction-Literatur der Siebziger an – das war die Hochphase für utopische Sci-Fi. Das klingt, als hättest du dich ausgiebig in das Thema eingelesen. Welche Bücher haben dich inspiriert?

Das waren eher Sachbücher: Es begann mit Naomi Kleins »No Logo«. Obwohl es schon 2000 erschien, ist es immer noch das zugänglichste Buch über die Risiken und Nebenwirkungen des Kapitalismus. Ich finde, es ist heute aktueller denn je. Der Kapitalismus ist treibende Kraft vieler Ungerechtigkeiten, und er wird diesen Planeten früher oder später zugrunde richten. Die Frage, wie man ihn überwinden und vor allem durch ein anderes System Show von Massive ersetzen kann, ließ mich nicht los. Ich wollte möglichst Attack viele unterschiedliche Meinungen dazu lesen. Ein Freund Wie der Autor dieser Zeilen empfahl mir »Kleine Geschichte des Neoliberalismus« von weiß – weil er der Band bei ihrem Melt!-Gig 2000 David Harvey, der sehr kritisch, zugleich aber zugänglich redaktionell zur Seite schreibt, obwohl er ein hochdotierter New Yorker Professor stand –, sammeln Massive ist. Außerdem recherchierte ich viel im Internet und fand Attack tatsächlich Schlagzeilen und Statements aus so »Inventing The Future« von Nick Srnicek und Alex den Ländern und Städten, Williams. Die beiden formulieren das sogenannte »#AC- in denen sie auftreten, und CELERATE MANIFESTO«. Im Grunde geht es um die Idee, fügen diese in ihre Shows ein. Gemeinsam mit dem dass uns Technologie vollständig von Arbeit und Kapital Regisseur der Lightshow befreien wird. Niemand wird mehr arbeiten müssen, und werden sie im Vorfeld wer Hunger oder Durst hat, nutzt eine Maschine wie den gesetzt – wobei gleichzeitig der jeweilige politische Replikator aus »Star Trek«. Das mag unrealistisch oder Kontext der Schlagzeile hoffnungslos optimistisch klingen, aber es löste bei mir geklärt wird. all diese Gedanken über mögliche Zukunftsvisionen aus.

Politik mag manchmal abstrakt und elitär wirken, aber sie hat direkte Auswirkungen auf die Leben der Menschen. Momentan passieren viele Dinge, die mich zutiefst ver- Wie gehst du mit der Tatsache um, dass du als Musikerin unsichern, deshalb war es schlüssig, diese Ängste als Basis ja auch aktiver Teil des Kapitalismus bist?


#Pop #Austra

Replikator aus »Star Trek« In der Welt des Gene Roddenberry gehören Replikatoren ab dem 24. Jahrhundert zur Grundausstattung eines Sternenflotten-Raumschiffs. Wie das Fan-Wiki Memory Alpha weiß, »arbeitet ein Replikator mit replizierten Proteinmolekülen und texturierten Kohlenhydraten, die der Computer je nach programmierter Speise so anordnet, dass sie das gewünschte Mahl nachahmen«.

Das ist ein Totschlagargument, das einen nicht weiterbringt. Und trotzdem erstickt es immer wieder viele gute Impulse. Was ist denn die Alternative? Du kannst versuchen, außerhalb des Systems zu leben, aber dann wird dich erst recht keiner mehr hören. Außerdem finde ich es heutzutage vermessen, ausgerechnet Musikerinnen und Musiker Kapitalisten zu nennen. Wenn du nicht gerade Katy Perry oder Justin Bieber bist, ist dein Einkommen überschaubar, weil Musik heute gratis rausgeschleudert wird. Im Grunde ist das super – Musik sollte für alle da sein –, aber es kann nicht angehen, dass wir für unsere Kunst nur ein paar Cent verdienen, während ein paar große Firmen damit reich werden. Aber das Fass will ich jetzt gar nicht erst aufmachen ... Ein Großteil des Albums entstand in Mexiko. Warum nicht in deiner Heimat Kanada?

Mexiko war reiner Zufall. Ich hatte mir ein paar Monate zum Schreiben freigenommen. Es war Winter, und den wollte ich nicht in Montreal verbringen. Also kaufte ich ein One-Way-Ticket nach Mexico City und kam bei Freunden

von Freunden unter. So hatte ich gleich meine eigene Crew und war viel in der Szene unterwegs. Ich entdeckte sogar eine Musikrichtung, die mir bisher völlig unbekannt war: Elektro Kumbia. Dieses Genre ist faszinierend und wahnsinnig energetisch. Meine erste Elektro-KumbiaParty hat mich regelrecht umgehauen. Im Grunde ist es eine Mischung aus indigener lateinamerikanischer Musik und modernen elektronischen Beats. Der Stil ist hochpolitisch aufgeladen, weil die Produzentinnen und Produzenten damit sagen wollen: »Fuck America!« Es ist antikapitalistische, antikolonialistische Musik. In Kanada gibt es gerade eine ähnliche Strömung: A Tribe Called Red zum Beispiel, die indigene Musik mit EDM verbinden und damit wahnsinnig erfolgreich sind. Das ist sehr spannend.« — Austra »Future Politics« (Domino / GoodToGo) — Intro empfiehlt die Tour vom 06. bis 18.03.

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#Pop #Cover-Welten

Cover-Welten

TOILETTEN Es gibt viele verstörende Szenen in »Trainspotting – Neue Helden«. Doch keine davon – nicht einmal Mark Rentons Entzugsfilm, in dem das Baby mit verdrehtem Kopf an der Decke entlangkrabbelt – verstört mehr als die Sequenz mit der dreckigsten Toilette der Welt. Auch in der bunten Welt der Plattencover finden sich etliche Abbildungen von Toiletten – aber selbst das rotzigste aller Punkband-Artworks macht dem stillen »Trainspotting«Örtchen in Sachen Ekelfaktor keine Konkurrenz.


#Pop #Cover-Welten

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#Pop #Antilopen Gang

Antilopen Gang

DEUTSCHLAND, DEINE BADEMEISTER »Jeder Revolutionär braucht nur Pizza und Gewehr.« Eine von vielen Weisheiten, die Danger Dan, Koljah und Panik Panzer auf »Anarchie und Alltag« parat haben. Die hohen Erwartungen in ihre politische Schlagkraft sabotieren sie immer wieder auf sehr amüsante Weise – und wahren trotzdem Haltung. Lars Fleischmann traf die Antilopen Gang für uns in Düsseldorf. Foto: Niren Mahajan


#Pop #Antilopen Gang K: Das hat weniger mit Zeitgeist zu tun. Wir machen einfach die

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Platte, die wir machen wollen. Und wenn die punkig ist, dann ist das egal – oder sogar geil. Die Zuschreibung »Die Punk-Rapper« kommt ja von außen, wir sehen uns so nicht. DD: Für mich gibt es eh nicht DIE HipHop-Szene und DIE PunkSzene, die man gegeneinander ausspielen könnte. Es gibt ja bei den HipHoppern so eine große Bandbreite ... an ordnet euch inzwischen ja der Speerspitze der die bringt dann sogar so ’nen Schrott wie Die Bandbreite deutschsprachigen politischen Bands zu. Dazu gehöDie Die Bandbreite hervor. Das Gleiche Schon der Name wirkt wie gilt beim Punk. Das ist alles so heterogen. ein platter Euphemismus ren unter anderem noch Die Goldenen Zitronen oder Feine Sahne Fischfilet. Aber habt ihr in der Richtung eigentlich eine klare Agenda? Koljah: Generell machen wir Songs und Musik nicht, um

sie als politisches Vehikel zu benutzen. Wir schreiben über die Sachen, die uns durch den Kopf gehen, interessieren und bewegen. Und da wir auch Interesse an Politik haben, wird das dann gleichgesetzt und nahezu falsch verstanden. Wir selbst verstehen uns nicht als Agitprop-Band. Normale »Politikmusik« ist ja krass langweilig. Danger Dan: Ich würde schon sagen, dass wir uns politische Ziele gesteckt haben. Wir wollen die Fläche, die heute von Deutschland benutzt wird, umbauen in einen Riesen-Baggersee und so ein Naherholungsgebiet für die umliegenden Länder initiieren. Mitte/Ende 2017 sollten die ersten Schritte eingeleitet sein. Wir sehen uns da als Bademeister. K: Von Deutschland ist, geschichtlich betrachtet, noch nie etwas Gutes ausgegangen. Wir würden der Welt gerne einen Gefallen tun – und das auf diese Weise ändern. Ihr seid mittlerweile in der Position, mit solchen Aussagen auch gehört zu werden. Aber werden diese immer richtig interpretiert? DD: Das schaffen wir noch nicht mal intern. Man weiß ja manchmal gar

nicht, was die anderen Bandmitglieder schon wieder für Wendungen und Referenzen in die Texte bauen. K: Bei »Beate Zschäpe hört U2« waren wir mal ziemlich direkt und klar. Das verfolgt uns bis heute. Uneindeutigkeit und Doppelbödigkeit finde ich viel interessanter. Die Gefahr, dass man missverstanden und von den »falschen« Leuten abgefeiert wird, besteht ja immer. DD: Vielleicht müssen wir damit leben, dass uns eh alle falsch verste-

hen. Das ist aber auch okay.

Habt ihr denn die Hoffnung, mit genügend Geduld Leute zum Umdenken zu bewegen? K: Ich bin da leidenschaftslos. Aber klar ist das eine schöne Vorstel-

lung: zu hoffen, dass irgendjemand von uns vielleicht den richtigen Denkanstoß bekommt. Bei mir war es in meiner Jugend eigentlich auch nicht anders. DD: Es wär ja noch doofer, sich selbst zu zensieren, damit man bloß niemanden »agitiert«. Panik Panzer: Wir sind halt ’ne Rap-Crew, die genauso über Politik redet wie über Depression.

Der Albumtitel ist eine Referenz an »Monarchie & Alltag« von Fehlfarben. Wie kam es dazu? K: Das ist einfach ein super Album und ein geiler Titel. Und wir haben

jetzt auch ’nen geilen Titel. PP: Mit dieser Referenz tüten wir ganz einfach das Feuilleton und die alten Spex-Leser ein. Und die Intro-Leser nehmen wir auch gleich mit. Also alles nur Moves, um an möglichst viel Knete zu kommen? DD: Wir sind wie alle aus dem HipHop-Biz: Es geht immer nur um

Soundmäßig seid ihr noch mal fetter geworden, zum Beispiel gibt es mehr Bass als früher. Hattet ihr euch das so vorgenommen? PP: Ich versuche, vor jeder Platte musikali-

für das Themenspektrum, das von dieser Duisburger Band bedient wird. Sie haben die »inoffizielle Hymne« ihrer Stadt geschrieben (»Dat is Duisburg«), spielten auf linken wie rechten Veranstaltungen und sind große Fans diverser Verschwörungstheorien, die sie in ihrem Oeuvre vielfältig in Szene setzen. Wer sich auf Spurensuche begibt, findet viele Diskussionen über die Band, bei denen ein Punkt aber immer ein wenig zu kurz kommt: Ihre Musik ist ziemlich kacke.

Und die Idee, mit einem geilen Feature schnell noch auf den Cloud-Rap-Zug aufzuspringen? Hat’s da nicht gekribbelt? DD: Wir finden das toll. Also, wir feiern die

und Olli Banjo und saß bei Genre-Klassikern wie »King Of Rap« (Kool Savas feat. Plattenpapzt), »Spüre diesen Groove« (MC René) oder »Fuffies im Club« (Sido feat. Harris) an den Reglern.

sche Regeln aufzustellen, und fange dann an, die Beats zu bauen. Das ist der Moment, in dem ich die Regeln wieder über Bord werfe. Ich hab versucht, ein Trap-Verbot auszusprechen, und am Ende hat man doch Bock, Auto-Tune und Sub-Bässe einzupflegen, die einem vorher »zu modern« waren. DD: Wir sind aber auf eine sehr angenehme Art und Weise limitiert in dem, was wir machen können. Roe Beardie PP: Das ist ja das Geile. Das macht AntiloRoman Preylowksi alias Roe pen aus. Roe ­Beardie, der das Album ko- Beardie ist Produzent und produziert hat, hat auch noch mal Hand Mitbegründer des Labels angelegt. Dadurch klingt’s nicht modern Headrush. Die Kollegen von All Good nannten ihn mal oder oldschool, sondern wie wir uns eben »einen der signifikantesten gerade anhören wollen. Deutschrap-Produzenten K: So ’ne gepimpte Hochglanz-Produktion der vergangenen 20 Jahre«. Beardie arbeitete zum passt halt gar nicht zu uns. Beispiel mit Walkin’ Large

Musik von LGoony. Aber wenn wir jetzt mit so ’nem Scheiß anfangen, dann wär das a) peinlich, weil wir das gar nicht können, und b) Trittbrettfahrerei, die alles andere als authentisch wäre. Wenn das, wie es gerade passiert ist, alte Rapper versuchen, dann ist das eher ’ne große Blamage. Ich werde euch jetzt so HipHop-mäßig einen Diss gegen Ferris MC abringen wollen. K: Den kennen wir nicht. PP: Stell dir mal vor, wir hätten uns wirklich im Cloud-

Rap versucht und wären mit einer Roland-808-Unterlage dahergekommen. Da hätten uns die Leute doch ’nen Vogel gezeigt. Gleichzeitig bin ich persönlich in der Band der Genre-Affinste. Für mich ist Cloud-Rap und Ähnliches musikalisch der größte Einfluss. Für mich ist das Highlight auf der Platte »RAF Rentner«. Was haben die eigentlich falsch gemacht? K: Alles. Das ist aber ein mitfühlendes Lied. Das muss

man sich mal vorstellen. Die werden nie wieder ’ne Krankenversicherung haben und keine Beerdigung Obwohl ihr im Rap-Game seid, kuschelt ihr – ähnlich wie Tarek von bekommen. K.I.Z mit der Terrorgruppe – vermehrt mit Punkern. Sind Punks und DD: Da gibt’s so ’nen Typen, Garweg, der ist der RAF Rapper in letzter Zeit näher gerückt? mit 20 beigetreten. Voll idealistisch. Und dann lösen die sich auf und verschwinden im Untergrund. Der ist jetzt fast 50, hängt in einer Scheune ab oder so was und hat nicht mal Facebook. Das ist ’ne Tragödie, wenn man sich das mal vor Augen hält. Und bietet Stoff für ein gutes Lied.

Goldketten und tiefergelegte Autos.

— Antilopen Gang »Anarchie und Alltag« (JKP / Warner) — Auf Tour vom 24.02. bis 14.12.

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»DIE ANGST MUSS RAUSSEN BLEIBEN«

#Pop #Talisco

Talisco

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Jérôme Amandi alias Talisco hatte schon mit seinem Debüt »Run« und der Radiosingle »Your Wish« einen guten Start hingelegt. Nach zwei »verrückten Wanderjahren«, wie er es nennt, erscheint nun mit »Capitol Vision« groß klingender Pop, der gerne Haken schlägt. Daniel Koch sprach mit Talisco über dessen angeschlagene Heimatstadt Paris, Musik als Eskapismus und das gar nicht mal so harte Leben eines Künstlers. Foto: Jonas Holthaus


#Pop #Talisco

in regnerischer Novemberabend in Paris. Auf dem Boulevard de Rochechouart in der Nähe des Place Pigalle warten Hunderte Fans vor dem La Cigale, einem alten Theater, das seit 1887 existiert. Talisco wird hier sein neues Album vorstellen, rund drei Monate vor der regulären Veröffentlichung. Das Konzert ist zugleich Testlauf und Verneigung vor seiner Heimatstadt, die ihn jedes Mal feiert, wenn er ein Heimspiel gibt. »La Cigale ist ein wunderschöner Ort. So ziemlich jeder Künstler will hier spielen. Man spürt die Geschichte, die Seele dieses Gebäudes«, schwärmt er später. Wer bei Talisco einen typischen Songwriter erwartet, der sich mit Gitarre und unscheinbarer Band an der Seite durch den Abend klampft, der hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Im La Cigale ist er in dieser Nacht ein großer Sänger, ein mal verbissener, mal strahlend lachender Entertainer, dessen Songs manchmal sogar mit zwei Drummern im Rücken aufbereitet werden. Seine zwei Mitmusiker sind Allrounder wie er und können ebenso Gitarre spielen wie Bass und Keyboard. Die bekannten Hits »The Keys« und »Run« in der Zugabe treiben das Theater vollends in Ekstase, aber auch die schon bekannten neuen Singles »Stay (Before The Pictures Fade)« und »A Kiss From L.A.« sorgen für Coldplay’eskes Mitsingen und -klatschen. Beim Gespräch in Berlin ist Talisco dann ganz bei sich und seinem Schaffen. Während er zum Debüt noch oft mit einem Dolmetscher arbeitete, gibt er die Interviews nun ganz locker in französisch-weichem Englisch-Singsang. Im Rausch einer mehrtägigen Promotiontour ist er ein wenig müde, aber kaum zählt er seine langen Nächte in diversen Städten auf, lacht er und sagt: »Ich habe schon ein hartes Leben.« Es kommt nicht von ungefähr, dass Talisco seine Karriere mit großer Dankbarkeit betrachtet. Zwar macht er Musik, seit er elf ist, beschloss aber mit Anfang 20, die Vernunft siegen zu lassen und zehn Jahre lang im Bereich Marketing und Kommunikation zu arbeiten. »Im Rückblick war das ein guter Weg. Ich bereue nichts. Zwar habe ich normale und bisweilen langweilige Jobs gehabt. Aber genau deshalb weiß ich mein jetziges Leben zu schätzen und bin jeden Tag dankbar dafür, dass ich von meiner Musik leben kann. Und ich bin an einem Punkt, an dem ich mit mir selbst im Reinen bin. Ich weiß, was ich will. Ich weiß, was ich kann. Ich weiß, dass mir meine Musik heilig ist. Da wird mir nie jemand reinreden. Das wäre sicher anders, wenn ich gleich mit Anfang 20 losgelegt hätte.« So verwundert es nicht, dass man von Talisco keine Klagen über lange Tourneen auf der ganzen Welt hört. Im Gegenteil: »Die letzten zwei Jahre waren verrückt. Einfach nur verrückt. Ich habe so viele spannende Orte gesehen, tolle Menschen kennengelernt, mich auf seltsamen

Wüstenpartys wiedergefunden und eine Weile eine Weile in L.A. in L.A. gelebt. Diese Euphorie wollte ich teilen, In dieser Zeit hat Talisco deshalb war für mich klar: Mein zweites Album vor allem »Capitol Vision« mixen lassen – und zwar wird 100% Talisco sein. Die Songs sollen aus- von Jaycen Joshua. Eine drücken, wie ich diese Jahre empfunden habe.« ungewöhnliche Wahl, da Auf »Capitol Vision« ist aber auch nicht alles der mit mehreren Grammys geehrte Joshua sonst eher eitel Sonnenschein. Das beginnt schon beim Weltstars wie Beyoncé, Opener »A Kiss From L.A.«. Es ist zwar eine Mariah Carey und Rihanna hymnische Popsingle, die sich gut im Radio abmischt. »Aber«, klärt Talisco auf, »er arbeitet macht, aber nicht von blinder L.A.-Abfeierei nebenbei immer wieder mit kündet, sondern – ausgerechnet – von Ruhe Indie-Künstlern zusammen, und Einkehr. »L.A. ist ein Klischee. Aber ich weil er dabei mehr kreative Freiheiten hat.« liebe es dort, also fuck it! Ich lebe die meiste Zeit in Paris. Dort ist es voll und eng. Ich liebe diese Stadt, aber manchmal ist sie anstrengend. L.A. hingegen ist riesig. Dort kam ich zur Ruhe und konnte frei atmen. Manchmal habe ich mir einen Kaffee gekauft und bin stundenlang durch die Straßen und am Strand spazieren gegangen.« Ein Schlüsselmoment auf der Platte ist für Talisco die Ballade »Before The Dawn«, die er ebenfalls in L.A. geschrieben hat. »Eines Tages rief meine Mutter an, um mir zu sagen, dass mein Onkel gestorben sei. Er hat mich damals dazu ermuntert, Musiker zu werden. Wir waren uns sehr nahe. Deshalb schmerzte es besonders, dass ich ihm nicht beistehen konnte, weil ich am anderen Ende der Welt war.« In Momenten wie diesen flüchtet Talisco sich in die Musik. Er stürzt sich in intensive Arbeitsphasen, in denen er sich ganz von seiner Intuition leiten lässt. Dabei schreibt er alles alleine und spielt auch die meisten Instrumente selbst ein. »Ich brauche selten länger als drei oder vier Stunden für einen Song. Wenn ich dann nicht zufrieden bin oder er zu sehr nach einem anderen Künstler klingt, schmeiß ich ihn in den Müll. Ich bin da eher extrem. Für mich gibt es nur Einsen oder Nullen. Sobald ich denke: ›Schon ganz gut, aber hier müsste die Melodie ein wenig anders‹, lasse ich es. Ich will authentisch sein – das geht nur auf diese Weise.« Zurück in Paris. Die letzten Applauswellen sind verklungen. Talisco und sein Team laden zur Aftershowparty in die Bar à Bulles in der Nähe Bar à Bulles des Moulin Rouge ein. Während man auf dem Kleiner Ausgehtipp am Weg dahin an Touristen und Prostituierten Rande: Diese wunderschön eingerichtete Bar liegt vorbei dem Boulevard de Clichy folgt, kann direkt neben dem Moulin man sich trotz allem nicht dagegen wehren, Rouge. Wer in der eher touan die Anschläge vom 13. November 2015 zu ristenverseuchten Gegend also mal Menschen treffen denken. Und hier fällt auf, was trotz all der will, die tatsächlich in Selbstreflexion der letzten Jahre in Taliscos Paris leben, wird hier relativ Musik nicht zu finden ist: genau dieses Thema. sicher fündig. Und nicht erschrecken: Die schmale Präsent ist es natürlich trotzdem. »Ich woh- Gasse dorthin sieht nur so ne unweit vom Bataclan und war an diesem aus, als würde man euch Abend zu Hause«, erinnert sich Talisco anfangs dort abziehen. eher widerwillig. »Ein Freund von mir starb an dem Abend. Die Tage danach waren schrecklich. Paris war wie tot. Unter Schock. Seitdem schleppen wir alle diese Angst mit uns rum. Aber wir zeigen sie nicht. Nur manchmal spürt man sie, wenn zum Beispiel jemand in der Metro plötzlich zu weinen beginnt. Ich selbst verdränge diese Gedanken. Wie soll man das alles auch verstehen?« Dieses Trauma hat in seiner Musik nichts zu suchen. Und wer sollte es ihm verübeln? »Musik ist für mich Weltflucht. Meine Fantasiewelt. Ein positiver Ort, auch wenn ich dort mal melancholische Gedanken verarbeite. Aber Angst und Wut müssen draußen bleiben, sonst würde ich mir diese Welt vergiften.« — Talisco »Capitol Vision« (Virgin / Universal) — Intro empfiehlt die Tour vom 10. bis 13.04.

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#Pop #Schnipo Schranke

Schnipo Schranke

Es muss ein bisschen wehtun

Schluss mit lustig? Nicht ganz. Aber statt Fäkalwitze zu reißen, schneiden Schnipo Schranke auf ihrem zweiten Album »Rare« hemmungslos die wirklich mutigen Themen an: Versagensängste, Depressionen, Psychosen. Offen bis in die abgekauten Fingernagelspitzen erklären sie Verena Reygers die Motivation hinter dem Schmerz. Fotos: Robin Hinsch

D

aniela Reis und Fritzi Ernst haben es geschafft. Formulierten sie auf ihrem vor zwei Jahren erschienenen Debüt »Satt« ihren Berufswunsch noch als »irgendwas mit Fame«, können sie sich nun zu ebendiesem beglückwünschen. Ihr Übersong »Pisse« flutete erst Indiekeller, bevor er den Mainstream und sogar das glücklich johlende Publikum bei Rock im Park einnässte. Während der Festivalauftritt Fritzi Ernst vor Augen führte, in welchem Rahmen ihr Zoten-Chansonpop auch funktionieren kann, genießt Daniela Reis den Starruhm lieber in kleinen Dosen: »Es gibt mir ein gutes Gefühl«, sagt sie und greift zu einem der Kekse, die im Konferenzraum ihres Hamburger Labels Buback auf dem Teller liegen, »wenn ich nur schnell beim Aldi eine Milch kaufen will und jemand hinter mir sagt: ›Wow, ich kenne dich und finde es voll toll, was du machst.‹« Wie wichtig diese Anerkennung für die beiden Musikerinnen ist, lässt ihr zweites Album »Rare« erahnen, das Schnipo Schranke nur anderthalb Jahre nach ihrem Debüt abliefern. Klar, die explizite Wortwahl ist geblieben, auch der gängelnd monotone Sound aus Klavier, Drums und Analogsynthies sowie der Humor, der einem beim Lachen im Hals stecken bleibt. Wer beim Debütalbum genau hingehört hat, weiß längst, dass Lustig-Ficken bei Schnipo Schranke eigentlich Nebensache ist. Vielmehr wetteifern in den tragikomischen Liebesliedern des Duos Demütigung, Abhängigkeit und Unterwerfung um Aufmerksamkeit. Und auch wenn die Schnipos auf »Rare« durch »Pipi, Sperma und knöcheltiefen Eiter« reiten oder als »Haschproleten« das Nonstop-Kiffen auf Tour feiern, hat dieses Album eine Roughness, die sehr viel tiefer ritzt als das Debüt. »Seit sie ’nen andern bumst / Ist Mama endlich trocken / Selbst wenn sie ’nen Rückfall hätte / Papi würd’s nicht schocken«, heißt es etwa in »Dope«, einem Song, der aus Teenagersicht Verwahrlosung und Vernachlässigung in der Familie beschreibt. Zwar heißt es vonseiten der


#Pop #Schnipo Schranke

Band, dieser Song sei die große Ausnahme, weil er betroffen mache, obwohl man Betroffenheit vermeiden wolle, aber auf »Rare« geht es immer wieder ans Eingemachte. Vor zwei Jahren bezeichneten Presse und Fans Schnipo Schranke aufgrund ihres expliziten Sprachgebrauchs als mutig – doch jetzt verdienen sie tatsächlich die Tapferkeitsmedaille. Nicht aufgrund dreckiger Wörter, sondern wegen der von ihnen besungenen brutalen Wahrheiten. Daniela Reis sieht das genauso: »Ich finde es durchaus gerechtfertigt, wenn man uns dafür bewundert. Es ist auch für uns ein Kraftaufwand, über solche Dinge zu singen. Das erfordert Mut.« Es geht aber nicht nur darum, Ängste und Sound Depressionen zu thematisierten, sondern auch Wie schon beim Debüt um das für viele nachvollziehbare Gefühl, den machen die Schnipos Herausforderungen des Lebens nicht gewachauf Album Nummer zwei wieder gemeinsame Sache sen zu sein. »Ich war früher sehr still und mit der Goldenen Zitrone schüchtern und habe mich oft extrem zurückTed Gaier als Produzenten. gezogen«, erzählt Fritzi Ernst und spielt daMehr Mühe gegeben habe man sich außerdem. mit auf den Titel »Murmelbahn« an, der sehr

konkret das Unwohlsein in bestimmten Situationen oder in einem gewissen Umfeld thematisiert. »Die Murmelbahn ist sozusagen der Panic Room im Kopf«, bringt Ernst die Aussage des Songs auf den Punkt. Die beiden Musikerinnen handeln solche Themen nicht etwa ab, weil sie was hermachen oder gerade Mode sind. »Ich würde nicht wagen, darüber zu singen, wenn ich nicht selbst unter Dingen wie diesen gelitten hätte«, betont Reis. Inwieweit die Songtexte biografisch geprägt sind, spiele keine Rolle, wichtig sei, zu wissen, wovon man spricht. »Das soll keine Show sein«, betont Reis. »Ich will nicht mit irgendwelchen psychischen Krankheiten kokettieren.« Aber offen drüber reden wollen Schnipo Schranke – weil sie in der eigenen Biografie eben doch eine Rolle spielen. Sie selbst, erzählt Reis, habe sich seit frühester Kindheit komisch gefühlt und immer Angst gehabt, sich nicht selbst versorgen zu können, weil sie nicht funktioniere, wie es gesellschaftlich verlangt wird. Zu jobben, kellnern oder den er- Erlernter Beruf lernten Beruf auszuüben, schien Fritzi Ernst hat Blockflöte der 28-Jährigen nahezu unmög- studiert, Daniela Reis Cello. Aber die beiden wollten lich. Erst ein Klinikaufenthalt mit ihre Karriereleiter weder entsprechender Diagnose verhalf im Orchestergraben noch ihr zur gedanklichen Kehrtwende: als Musiklehrerinnen aufstellen. »Zu erkennen, dass man in den vorgegebenen Sachen vielleicht wegen einer psychischen Krankheit nicht funktioniert und nicht, weil man nicht will – denn das wird einem ja unterstellt, dass man sich nicht genügend Mühe gibt.« Unabhängig davon, welcher Art genau Reis’ psychische Beschwerden sind, ihr offener Umgang damit erklärt, warum die Anerkennung für Schnipo Schranke mehr ist als bloßer Fame – ob an der Aldi-Kasse oder auf der Festivalbühne. »Ich fühle mich endlich mal, als hätte ich einen Platz in der Gesellschaft«, gesteht Reis. Einen Platz, den sich Schnipo Schranke hart erkämpft haben. Statt sich in vorgegebene Strukturen zu zwingen, haben sie ihren eigenen Weg gesucht: weg von Frankfurt und ihrem Klassikstudium, hin nach Hamburg und zum selbstbestimmten Künstlerdasein. »Mir hat es im Leben immer sehr geholfen, wenn andere Künstler ehrlich mit ihren Gefühlen umgegangen sind«, erzählt Reis. »Wenn in einem selbst viel Negatives abgeht, ist man ja prädestiniert dazu, darüber zu singen. Täte ich das nicht, hätte ich das Gefühl, nicht alles zu geben. Dann wäre es so, als lieferte ich Halbgares ab. Und das möchte ich nicht. Es muss auch ein bisschen wehtun.« Und das tut es! Auch wenn bei Schnipo Schranke niemand mit glatten Melodiekaskaden gerechnet hätte – auf »Rare« schneidet der Synthesizer noch tiefer und der Pianoakkord sticht noch unverhohlener zu. »Aber nicht so, dass man ausmachen will«, gibt Ernst noch Entwarnung. »Wir legen nach wie vor Wert darauf, dass man auch drüber lachen darf.« — Schnipo Schranke »Rare« (Buback / Indigo) — Auf Tour vom 08.03. bis 23.07.

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#Pop #Japandroids

Japandroids

DIE WOLLEN NUR SPIELEN

Zwischen 2012 und 2013 haben Japandroids über 200 Shows in über 40 Ländern gespielt. Diesen Marathon beendeten sie mit einer Danksagung an alle, die mit ihnen »getrunken, geraucht, geschwitzt, geblutet, gekotzt, gevögelt, getanzt, geschrien, gesungen und am wichtigsten: gerockt haben«. Das fasst ihre Attitüde wahrscheinlich am besten zusammen – und erklärt, warum ihr neues Album »Near To The Wild Heart Of Life« heißt. Mihaela Gladovic traf das Duo in Berlin. Foto: Jan Philip Welchering


#Pop #Japandroids

V

iereinhalb Jahre hat es gedauert, bis sich das kanadische Duo Japandroids endlich mit einem neuen Album zurückmeldet. Ende Oktober knallte es uns die raue, schweißtreibende Gitarrenmusik eines vor Energie strotzenden Teasers zum dritten Longplayer vor die Nase. Passenderweise trägt das Album den Titel »Near To The Wild Heart Of Life«. Am 27. Januar erschien es bei Anti- – zwar nur acht Songs lang, aber viel mehr hätte man eh nicht ausgehalten: Gitarrist Brian King und Drummer Dave Prowse katapultieren ihre Hörer von der ersten Sekunde an in einen imaginären Moshpit. Man sagt ja, dass eine Band sich mit ihrem dritten Album endgültig im Musikbusiness etabliert, jedenfalls, wenn sie mehr ist als das Produkt einer Hypemaschine. Gefühlt haben Japandroids das schon mit ihrem 2012 erschienenen zweiten Album »Celebration Rock« abgehakt. Wahrscheinlich haben sie das einer Verquickung aus Zur-richtigen-Zeit-am-richtigen-Ort-Momenten, einer Menge harter Arbeit und sicherlich auch dem PitchforkPush zu verdanken. Denn eigentlich ist der Umstand der Band schon ein ziemlich ungewöhnlicher: Kennengelernt haben sich die beiden an der Uni im kanadischen Victoria, wo King Geowissenschaften und Prowse Anthropologie studierte. Erst zu diesem Zeitpunkt – also irgendwann mit Anfang 20 – fingen die beiden überhaupt an, Musik in einer Band zu machen. In einem Alter, in dem andere Kids ihren Traum vom Rockstar-Leben schon mit mindestens drei verschiedenen Bands gegen die Wand gefahren haben, setzte Prowse sich das erste Mal in seinem Leben hinter ein Drumkit. »Wir beide hatten schon immer ein großes Interesse an Musik. Vor allem an Livemusik«, erzählt Gitarrist Brian. »Erst, als wir die Szene in Victoria und Vancouver kennenlernten, haben wir gesehen, dass man kein großer Rockstar sein muss, um auf einer Bühne zu stehen. Das waren Menschen wie du und ich, die einfach ein Instrument in die Hand genommen und geile Liveshows gespielt haben. Dann dachten wir, das können wir auch.« Gedacht, getan. Und schnell erspielten sie sich im heimischen Kanada eine kleine Fanbase. Dass sie stets mehr Schweiß und Herzblut in ihr Musikprojekt gesteckt haben als die meisten in ihrem Umfeld, zahlte sich plötzlich beim Pop Montreal Festival aus. Hier kam Greg Ipp auf sie zu und war ganz versessen darauf, die Zwei-Mann-Combo mit völliger kreativer Freiheit auf seinem Independentlabel Unfamiliar Records unterzubringen. Hinzu kam ein Musikjournalist von Pitchfork, der ihren Gig euphorisch zu einem der besten des Festivals erklärte. Nach ihren unabhängig produzierten und ohne Label vertriebenen EPs »All Lies« von 2007 und »Lullaby Death Jams« von 2008 schien der unaufhaltsame Stein ins Rollen zu kommen. »Das war, nachdem wir eigentlich beschlossen hatten, als Band aufzuhören. Es erschien uns einfach verrückt, dass wir das mit unserer ersten Band schaffen könnten«, erinnert sich Dave. Seither haben Japandroids zwei umjubelte Alben mit leicht zu verdauendem, aber ordentlich krawalligem Noiserock veröffentlicht: das 2009 erschienene Coming-of-age-Album »Post Nothing«, auf dem Brian und Dave sowohl textlich als auch musikalisch die Nachwehen der erst kürzlich zurückliegenden Pubertät auf ihren Instrumenten zügellos aus sich rausprügelten und -schrien, sowie das Nachfolgealbum »Celebration Rock« (2012), das schon mit dem ungestümen Introtrack »The Nights Of Wine And Roses« versprach, an die Energie und den Erfolg des Erstlings anzuknüpfen. Schon in der

vorab erschienenen Hitsingle »Younger Us« heißt es: »Remember that night you were already in bed / Said fuck it, and got up to drink with me instead.« Nach unzähligen kompromisslosen Liveshows rund um den Globus brauchten Dave und Brian im Anschluss an ihre letzte Show im November 2013 allerdings eine kreative Pause, bevor es wieder ins Studio ging. »Nachdem wir ›Celebration Rock‹ veröffentlicht hatten, wurde uns klar, dass all diese Platten Dokumente sein werden, die noch lange nach der Band existieren würden. Ich glaube, das hat unsere Art und Weise der Studioproduktion verändert.« Japandroids gehören zu den Bands, die einfach nur auf die Bühne wollen: Rock’n’Roll leben und erleben; einfach die Instrumente in die Hand nehmen und ohne viel Umschweife Schrammelriffs und schnelle Drums live umsetzen, ohne viel über Sound- und Klanglandschaften nachzudenken. Fuck it, and play instead! »Wir wollten immer nur spielen. Wenn eine Band uns beeinflusste, dann dachten wir: ›Wir wollen nicht so klingen wie deren Album, sondern wie die Show.‹« Das Studio, ergänzt Brian seinen Bandkollegen, habe den beiden immer eher Angst gemacht. »Wir sind hingegangen, haben unser Live-Set aufgebaut und einfach gespielt, wie wir es auch auf der Bühne tun. All diese Knöpfe, die Technik, die Instrumente und die zahllosen Möglichkeiten haben uns eingeschüchtert. Aber jetzt haben wir unsere Regeln über Bord geworfen und nutzen das Studio endlich so, wie es genutzt werden sollte.« Für beide hat es sich wieder so angefühlt, als würden sie ihr erstes Album produzieren. Was ihnen dabei und bei der Weiterentwicklung ihres Sounds maßgeblich half, war die nicht gesetzte Deadline zur Fertigstellung ihres dritten Longplayers. Neu erfunden haben sich Japandroids dabei Anti-Records zwar nicht, aber ihnen ist mit »Near To The Regelmäßigen Leserinnen Wild Heart Of Life« erstmals gelungen, so zu und Lesern ist das Label zwar sicherlich schon ein klingen, wie in ihrer 2012 von Brian geschriebe- Begriff, dennoch kann man nen semi-sachgerechten Bandbiografie selbst hier noch mal erwähnen, beschrieben: wie eine zweiköpfige Band, die dass das als Ableger von Epitaph gegründete Antiwie eine fünfköpfige klingt. »Near To The extrem geschmackssicher Wild Heart Of Life« büßt für mehr melodiöse ist und klangvolle Namen Vocals, mehr Effekte und einen vielseitigeren wie Kate Bush, Nick Cave, Elliott Smith, Tinariwen und Sound etwas von dem Noise der ursprüngli- Tom Waits im Roster hat. chen Japandroids ein. Allerdings bringt einen das Album selbst beim heimischen Hören nicht Greg Ipp weniger zum Beben als die Vorgänger. Wie das Mitgründer des live endet, lässt sich im April nachprüfen, dann Independent-Labels sind Japandroids auf Europatour. Unfamiliar Records und in — Japandroids »Near To The Wild Heart Of Life« (Anti- / Indigo) — Auf Tour vom 19. bis 23.04.

Kanadas Musikwelt eine wichtige Stimme, seit er 2009 über die Musiknachrichten-Plattform The Daily Swarm einen offenen Brief an Kanadas Musikindustrie schrieb. Darin beschwerte er sich, dass bereits etablierte Bands wie Metric und MSTRKFT und »subventionierte Mittelmäßigkeit« gefördert würden, während Newcomer leer ausgingen.

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#Pop #SOHN

SOHN

NACH DER SELBSTZERFETZUNG


#Pop #SOHN

Gefällige Electro-Soul-Pop-Melancholie machte SOHN 2014 zur großen Nummer. Seitdem bewegte er sich stetig raus aus seiner Komfortzone. Seinem zweiten Album »Rennen« hat das sehr gut getan. Steffen Greiner traf einen sehr erwachsenen netten Jungen mit korrekten Ansichten übers Musikmachen. Foto: Jakob & Hannah

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ette Jungs, überall nur nette Jungs. Immer wieder treffe ich den gleichen Typ »netter Junge«, der breitenwirksame elektronische Musik macht. Und von allen netten Electro-Boys ist SOHN der allernetteste. Das klingt natürlich gehässig, denn Christopher Taylor ist nicht bloß nett, sondern auf eine entwaffnende Art sympathisch und weise. Kräutertee trinkt er, weil auch er in diesem verregneten Winter erkältet ist. Und wirkt trotz Rotz und seines Interview-Marathons entspannt. Zumindest nicht wie ein Mensch, der ein Album über das Abhetzen gemacht hat: »Rennen« heißt es und bezieht sich auf den »lifestyle of sprinting«. Darin verpackt er seine Erfahrung, seit seinem Debüt »Tremors« »zehn Leben innerhalb von zwei Jahren zu leben«. Ein Album voller Songs, die ihn in Rankings melancholisch-souligen Electro-Pops ganz nach oben katapultiert haben. Tatsächlich ist in dieser Zeit einiges passiert. Entstand »Tremors« noch nach Jahren der Expat-Isolation in Wien, ist er nun in die Musikbiz-Kapitole Los Angeles gezogen, wurde dort für immer mehr Produzentenjobs angefragt, traf seine jetzige Lebensgefährtin und ist seit einigen Wochen Vater. »Rennen« entstand mit einer Menge Erfahrung im Business und nicht in jenem Exil, in dem er seinen Sound ursprünglich entwickelt hat. Als Taylor das Album konzipierte und bemerkte, dass er dafür wieder ein wenig aus dem Musikzirkus aussteigen müsse, landete er dennoch eben nicht in einer verwunschenen Waldhütte im Burgenland, sondern in jener kalifornischen Waldhütte, in der eine Woche zuvor Kanye West an »The Life Of Pablo« gearbeitet hatte: »Der einzige Einfluss, den das auf mich hatte, war, dass der Kühlschrank voller Jack Daniel’s und Hühnchen war. Überall war Fleisch!« Natürlich hat er es nicht gegessen, der nette Bub. Stattdessen hat er mit Synthesizern experimentiert, Sounds und Rhythmen gefunden und ein Album aufgenommen, das zwischen den Polen altbekannter Melancholie und neuen, fast tanzbaren Polit-Beats stattfindet. Für seine Verhältnisse beinahe hart sind Songs wie »Primary« oder »Conrad«. »Proof« ist Thom Yorkes Solo-Werk mit R’n’BBeilage, »Still Waters« hingegen ein Himmel erweiternder Gospelsong: Entstanden ist er ursprünglich während der Zusammenarbeit mit dem Londoner Soul-Sänger Kwabs, der bei Pflegeeltern aufwuchs. Dementsprechend beschäftigt der Song sich mit dem Wunsch einer Mutter, das eigene Kind sicher in die Welt zu entlassen: »Als ich dann erfuhr, dass ich einen Sohn bekommen würde, spürte ich, dass der Song von mir handelt, also habe ich ihn selbst verwendet.« Eine wiederkehrende Geschichte dieses Albums: Songs, die für andere Stimmen geschrieben wurden, verwendete SOHN schließlich selbst, weil sie doch noch Reste der eigenen Stimme beinhalteten. SOHN wurde für Musik bekannt, die so klingt, wie Musik klingen muss, wenn sie im Hintergrund eines Films läuft, in dem Menschen in einem Café sitzen, Kakao trinken und darüber reden, dass gerade jemand gestorben ist – ein wenig wie ein ausgeliehenes Gefühl. »Ich wollte diesmal weniger dramatisch, dafür aber unmittelbarer sein. Und

auf persönlicher Ebene weniger involviert.« Sein Debüt sei von falschen Idealen angetrieben gewesen, analysiert er heute: »Es gibt in der Musik diese Vorstellung, dass man ein leidender Künstler sein muss, um als authentisch und intelligent wahrgenommen zu werden. Aber heute glaube ich nicht mehr, dass man sich selbst zerfetzen muss, um große Musik zu produzieren. Heute folge ich meinen Instinkten und Einflüssen.« Die neuen Stücke klingen nicht so, wie sie zuvor konstruiert wurden; man hört nicht das Design, sondern Taylors Reaktion auf den tatsächlichen Klang seiner Ideen. »Ich will die Musik nicht ersticken, indem ich immer schreie: Das bin ich!«, sagt er. Sicher gibt es auf »Rennen« noch immer viel Musik, die dem Hörer nicht genug Freiheit lässt, sie im Kopf selbst aktiv fertig zu bauen. Und es gibt genug Tracks, die nach nachgebauter Gefühligkeit klingen. Nicht, dass ich gerne einen solchen Authentizitätsdiskurs reiten würde, aber der von realen Ereignissen in Taylors Umfeld inspirierte Versuch, ein Lied zu schreiben, das beschreibt, wie ein Sohn seinen Eltern erklärt, dass er Fleisch gedenkt, sich umzubringen, klingt in seiner Fleischfan West war Fadheit doch ein wenig unangemessen. Aber 2014 selbst als Rohstoff für Wurstproduktion im was soll’s, denkt sich SOHN, und man stimmt Gespräch: Eine vorgebliche ihm zu: »Wenn man ein Debüt macht, denkt Bio-Tech-Firma behauptete man sich immer: ›Das muss mich jetzt ganz damals, Prominente dazu bewegen zu wollen, Bioexakt widerspiegeln, jeder muss genau hören, Samples abzugeben, um was ich erreichen möchte.‹ Diesmal war es eher daraus in Klon-Labors so: ›Das ist jetzt eben das zweite Album von Fleisch zu produzieren – die Kanye-West-Salami sollte vielleicht zehn, die ich machen werde. Das ist 30 % Kanye, 40 % tierinur mein kreativer Output zum jetzigen Zeit- sches Klonfleisch und dazu punkt und definiert nicht, wer ich als Mensch noch Jalapeños und Paprika beinhalten und bestens zu bin. Dadurch konnte ich wirklich genießen, es kräftigem Bourbon passen. aufzunehmen.‹« Entstanden ist eine bunte Sammlung, ein Kwabs Panorama des Könnens Christopher Taylors Der Brite zierte im Sepmit einigen Höhepunkten. Brillant produ- tember 2015 zum Release ziert ist »Rennen« übrigens auch, sehr fein seines Debüts »Love und vielschichtig arrangiert und, immer noch + War« das Cover von Intro #235. Während dieses erstaunlich: wie perfekt seine Soul-Stimme durch Formatradio-Hits wie sich in diese Arrangements einbettet. Dass der »Walk« eher zugänglich und Mann insgeheim längst weiß, wie der perfekte auf die Pop-Charts zielend klang, pflegte Kwabs Song geht, er ihn aber noch nicht schreiben auf der zuvor mit SOHN wollte, verwundert kaum: »Es ist alles nicht aufgenommenen »Wrong so kompliziert, wie einem der Intellekt immer Or Right«-EP noch einen deutlich kühleren und auch einreden will.« Er hebt ihn ja bloß auf für Al- ein wenig cooleren Sound. bum acht, der nette Junge. Fürs Kwabs-Debütalbum — SOHN »Rennen« (4AD / Beggars / Indigo) — Auf Tour vom 14. bis 23.02.

steuerte SOHN beispielsweise den Track »Look Over Your Shoulder« bei.

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an wird noch ein paar Jahre darauf warten müs- mit den Adjektiven »schüchtern« und »minimalistisch« sen, bis The xx endlich mal einen Fehler machen. spielen), ist es schwierig, neue Seiten oder tiefere Einblicke Vermutlich wird es nie passieren. Jedes Album, unter der diesmal so schick verspiegelten Oberfläche jede Single, jeder Karriere-Move, jede Tour, jeder hervorzukratzen. Ausritt in andere Projekte – bei dieser Band wirkt einfach alles makellos. Das gilt natürlich auch für das neue Kapitel: »I See You« ist ihr drittes, handliche zehn Songs I See You (Again) langes Album, das sie mit den großartigen Vorabtracks »On Hold« und »Say Something Loving« angetriggert haben. Wir haben immerhin den Vorteil, dass wir die Band schon Oliver Sim, Romy Madley Croft und Jamie Smith liefern eine ganze Weile im Blick haben. Der Autor dieser Zeilen damit ein schlüssiges Update ihres Sounds, das man sich traf The xx für Intro zum ersten Mal 2009, als sie im alten als aufmerksamer Beobachter ungefähr hatte ausrechnen Berliner Magnet an der Greifswalder Straße einen ihrer können: mehr Jamie, mehr Elektronik, mehr Pop. Durch die ersten Deutschlandgigs spielten. Da waren The xx mit prominente Verwendung eines Alessie-Brothers- und eines Schulfreundin Baria Qureshi noch zu viert, gaben im EssHall-&-Oates-Samples wiederum brachte die Band auch raum einer Jugendherberge – wie passend – Interviews und die Altherren-Musikpresse auf ihre Seite – die freute sich hatten für die Frage nach Vorbildern und Einflüssen diedarüber, dass ein paar se tolle Mischung parat: Twenty-Somethings »CocoRosie« (Romy), ihre Hausaufgaben ge»Mitte-90er-R’n’B: Aamacht hatten. Und dann liyah, Ginuwine usw.« wären da natürlich noch (Oliver), »Distillers« das Artwork und der Ti(Baria) und »RJD2« (Jatel: Spiegelfläche mit x mie). Mit den Distillers plus »I See You«. Verwurde Baria übrigens dammt. Das ist so einvon Romy angefixt. Die fach. Das ist so gut. Punkband um Sängerin Selbst private EntBrody Dalle inspirierte wicklungen im Hause Romy gar dazu, MusikeThe xx, die ganz selten rin zu werden. Sie kaufte in die Öffentlichkeit sich eine E-Gitarre plus gelangen, tragen diese Verstärker, schrubbte Aura des perfekt Gedarauf aggressive Mesetzten. Zum Beispiel, lodien und versuchte als die Modedesignerin wie Brody zu klingen. und Künstlerin Hannah »Ich habe ungefähr eiMarshall Anfang Januar nen Tag gebraucht, bis via Instagram verkündeich merkte, dass ich so Perfekter Sound, perfekter Titel, perfekte te, dass sie um die Hand nicht singen kann. Ich Verpackung: Mit ihrem dritten Album von Sängerin und Gibin nicht Brody, ich bin tarristin Romy Madley nicht Kurt Cobain«, sag»I See You« machen The xx schon wieder Croft angehalten habe. te sie dem Magazin New alles richtig. Ein Grund zum Gähnen ist Der Post ist ein schwarzYorker einmal. das für Daniel Koch aber noch lange nicht. weiß abfotografiertes Als wir Jamie 2015 Im Gespräch mit Jamie xx und Oliver Sim Polaroid, das Hannah zum Gespräch über sein Soloalbum trafen, und Romy bei einem versucht er hinter die schön schillernde das bei uns zu Recht »Alzärtlichen Kuss zeigt, Oberfläche zu blicken. bum des Jahres« wurde, darunter die Worte: Foto: Francesca Allen »SHE SAID YES!« plus ging es natürlich auch Ring-Emoji. Romy selbst um The xx. »Ich brauchpostete einen farbigen Knutsch-Schnappschuss mit der te diese Arbeit, um wieder Freude an The xx zu finden«, Botschaft: »Last night, a very special person erzählte Jamie. »So war es schon immer bei mir: Die Musik, Hannah Marshall asked me a very beautiful question ... I said die ich für mich allein mache, hat mich stets weitergeDie Londonerin machte yes!« Cooler kann man der Klatschpresse nicht bracht, mir neue Ideen und neue Motivation für die Band sich schon als Modedesizuvorkommen, seiner online-affinen Fan-Schar geliefert. Ich denke, mein Album hilft uns dabei, noch gnerin einen Namen und Anlass für Tausende »Awwwww«-Postings lie- diverser zu klingen. Das spüren wir schon jetzt, wenn wir entwarf zum Beispiel fern und gleichzeitig noch ein tolles, weil völlig gemeinsam daran arbeiten.« Outfits für Florence Welch, Janet Jackson oder die selbstverständliches Statement für gleichgeSavages. Mittlerweile schlechtliche Liebe setzen, das weiter strahlt arbeitet sie eher als visuelle »Wir haben es uns unbequem gemacht.« als jedes Pamphlet. Künstlerin und hat dabei eine ebenso strenge wie Der scheinbar mühelose Werdegang und schöne Schwarz-Weißihr lupenreiner Sound bieten also wenig An- Zurück in die Jetztzeit: Beim Pressetag im Berliner Soho Ästhetik etabliert, die griffsfläche, was erfahrungsgemäß ebenso viele House empfangen uns leider nur Oliver und Jamie. Romy sicher auch Bands wie The xx gefällt. Einen guten Fans wie Hater auf den Plan ruft. Da The xx sei bereits auf dem Weg in die Staaten, um die VorbereiÜberblick verschafft ihr zudem sehr bedachte Interviewpartner sind tungen für ihren Auftritt bei »Saturday Night Live« zu Instagram-Account. (die unter dem Tisch sicher Bullshit-Bingo treffen. Jamie schleppt sich regelrecht in den Raum, ihn

The xx

HINTER DEN SPIEGELN


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plagt eine schwere Erkältung. Als er aus seinem schwarzen Mehr als ein perfekter Lauf Hoodie ein »Hallo« haucht, feixt Oliver: »Hier kommt Darth Vader.« Jamie ist es wichtig, festzuhalten, dass »es im Kern auch Oliver Sims ist gut gebrieft, er erinnert sich sowohl an darum ging, unsere Freundschaft wiederzubeleben. Wir uns als auch an seinen ersten Berlin-Trip: »Oh Gott, wir waren oft getrennt, hatten alle eine Weile unser eigenes waren in diesem verrückten Kunsthaus [dem Tacheles] Ding gemacht. Das hat seinen Preis gefordert.« Also überund später in der Bar 25. Das war weird. Aber schön.« legte man sich auch hier entsprechende Maßnahmen: »Wir Mittlerweile kennt die Band die Stadt natürlich besser, machten einen Roadtrip von Seattle nach L.A.«, erzählt veranstaltete 2013 sogar im alten Spreepark Jamie. »Tagelang haben wir nur geredet und Night + Day das eigene Festival Night + Day. uns Musik vorgespielt. Als wir dann in L.A. Studio Die Ein-Tages-Festivals Mal eben ein eigenes, extrem geschmacks- ein Haus mit einem Studio gemietet hatten, Spätestens, als The xx die fanden in Lissabon, London sicher gebuchtes Festival in einer fast unbe- stürmten wir es wie aufgeregte Kinder. Diese ersten Klänge ihres neuen und Berlin statt, jeweils Albums in der Spotifyspielbaren Location hochzuziehen, ist ein ty- Tage waren mein Highlight. So etwas hat- Playlist versteckten, hatte an besonderen Orten und mit einem von der Band pischer The-xx-Move. Im März 2014 lieferten ten wir noch nie gemacht.« Auch später im jeder Musiknerd diese Liste handverlesenen Line-up. In auf dem Schirm. Hier sie einen weiteren: Sie spielten zehn Nächte Studio – ein Großteil des Albums entstand Berlin bespielte man den versammelt die Band nicht hintereinander in einem alten Militärkomim texanischen Malfa – nahm die Band sich verlassenen Spreepark. nur persönliche Favoriten plex in New York – der Park Avenue Armory immer wieder Zeit für gemeinsame ListeningDer örtliche Veranstalter – auch die Songs, aus meldete übrigens wenige – vor rund 50 Menschen in einem Raum mit Sessions und gab via Spotify-Playlist Einblicke denen die Band Samples Monate später Insolvenz an verwendete, mischten sie niedrigen Decken und gerade genug Platz für in den natürlich ebenso eklektischen wie sauund verließ Hals über Kopf schon frühzeitig unter. Band, Equipment und Publikum. Damit sind guten Musikgeschmack. Wer sich durch die 55 das Land. wir schon mitten in der Entstehung von »I See Lieder von »The xx: In The Studio« hört, spürt, You«, denn die drei prodass hier eben nicht bierten dort bereits neue drei perfekt abliefernde Songs aus. »Bei ›CoHitmaschinen, sondern exist‹ waren wir viel zu junge Fans am Werke verschlossen«, gesteht waren – was heutzutage Oliver. »Wir haben erst gar nicht mehr so selbstsehr spät Label, Freunverständlich ist. »Es ist den und Management natürlich schockiedie Songs gezeigt. Das rend, dass du das sagst«, war im Rückblick unmeint Oliver, »aber ich gesund. Diesmal hatten weiß SO genau, was wir alle neues Material du meinst. Wenn wir und wollten es unbejemals spüren sollten, dingt live ausprobieren, Musik nicht mehr so zu lieben wie jetzt gerade, um zu sehen, was funktioniert und was nicht.« wird das ein schlimmer, Das kleine Publikum trauriger Tag sein. Und lieferte den passender Tag, an dem wir unden, wenn auch Furcht sere Karriere beenden.« einflößenden Rahmen Wenn es mit The xx Oliver Sim (The xx) dazu: »Wir haben hart so smooth weitergeht, daran gearbeitet, auf werden wir auf diesen immer größeren Bühnen trotzdem eine Verbindung zum Tag zum Glück noch ein paar Jahre warten müssen. TrotzPublikum zu bekommen und dabei zu vergessen, wie es dem merkt man im Gespräch schnell, dass es eben doch sich in einem kleinen Raum mit Blickkontakt und körper- nachlässig ist, zu behaupten, The xx hätten schlichtweg lich spürbarer Nähe anfühlt.« Dass geschätzte Heldinnen einen perfekten Lauf. Dahinter stecken harte, präzise Arund Helden wie Madonna, Beyoncé, Kanye West oder Wes beit, großes Talent, eine tiefe Liebe zu ihrem Schaffen und Anderson anwesend waren, half auch nicht gerade. »Ka- vor allem die solide Basis einer langjährigen Freundschaft. nye kennenzulernen war eine schräge Erfahrung«, lacht Die war es auch, die The xx nach dem Wurf ins Haifischbecken des internationalen Erfolgs gerettet hat. »Wir haben Oliver – leider, ohne Details auszuplaudern. Diese Abende, die The xx vor neue Herausforderun- viel erreicht, aber ich versuche trotzdem, das nicht als gen stellten, inspirierten die drei dazu, weitere Ausflüge Normalität anzusehen«, sagt Jamie. »Schon gar nicht die jenseits der Komfortzone anzugehen und sich nicht wie Tatsache, dass wir noch immer so gut befreundet sind.« bei »Coexist« einzuigeln. »Wir wollten es uns diesmal Und Oliver ergänzt abschließend: »Viele Erfahrungen aus so unbequem wie möglich machen«, sagt Oliver. »Wir diesen schnellen Jahren fühlen sich heute an, als hätte ich waren es gewohnt, zusammen in einem Raum in London sie gar nicht erlebt. Manchmal schaue ich zurück und frage zu arbeiten, diesmal wollten wir raus. Es hat uns wahn- mich: ›Wie haben wir das eigentlich geschafft?‹ Wir waren sinnig viel Überwindung gekostet, unfertiges Material mit nie besonders schüchtern, wir waren einfach normale anderen zu teilen. Das sind Einblicke, die wir nie geben junge Menschen, nicht für große Bühnen gemacht. Wir wollten. Und trotzdem passieren spannendere Dinge, wenn mussten uns den Weg dahin erkämpfen. Und das haben man die gewohnten Pfade verlässt. Romy hat sogar ein wir geschafft. Gemeinsam.« Songwriting-Camp in L.A. besucht, eines dieser Dinger, wo man dann mit 15 Leuten eine Rihanna-Single schreibt. — The xx »I See You« (Young Turks / XL / Beggars / Indigo) Sie hat es gehasst, aber trotzdem viel gelernt.« — Intro empfiehlt die Tour vom 12. bis 28.02.

»Wenn wir jemals spüren sollten, Musik nicht mehr so zu lieben wie jetzt gerade, wird das ein schlimmer, trauriger Tag sein. Und der Tag, an dem wir unsere Karriere beenden.«


#Kultur

#Kultur

Spinne auf Koffein

Dieses Spinnennetz ist unter dem Einfluss von Koffein entstanden, eine der wenigen Drogen, die in »Trainspotting« eher eine Nebenrolle spielen. Sieht aber trotzdem ähnlich zerschossen aus wie Renton und seine Kumpels, die sich für »T2 Trainspotting« wieder zusammengefunden haben. Zeit für eine Titelstory, fanden wir. Auch der Rest des #Kultur-Teils ist top besetzt mit »Starship Troopers«-Regisseur Paul Verhoeven, Pharrell Williams und Gore Verbinski.

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#Kultur #Kino #Trainspotting

»Trainspotting« gestern und heute

Der Sound einer neuen Gesellschaft

Danny Boyles »Trainspotting – Neue Helden« ist neben Tarantinos »Pulp Fiction« der stilbildende Film der 1990er-Jahre. Nicht nur der »Choose life«-Rant wurde einer ganzen Generation von Kinogängern ins Herz tätowiert. Noch 20 Jahre später ist die Irvine-Welsh-Verfilmung ästhetisches Zeugnis sozialer Aufund Umbrüche. Lars Fleischmann über Coolness in Zeiten des Neoliberalismus und die Hoffnung auf ein neues »Born Slippy« in der Fortsetzung »T2 Trainspotting«.


#Kultur #Kino #Trainspotting

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ark Renton (Ewan McGregor) sitzt zwischen seinen Eltern im Taxi. Er wurde gerade nach einer Überdosis wieder ins Leben zurückgeholt. Zu Hause muss er ins Bett, die Eltern schließen die Türen ab, Underworlds »Dark And Long« beginnt. Die Momente zwischen Marks Turkey-Träumen und dem Techno-Track bilden eine der Kernszenen von »Trainspotting« aus dem Jahr 1996 – nicht nur wegen des Gruselbabys, das er sich während seines Entzugs zurechtfantasiert. Wenig später liegt er neben seiner viel zu jungen Liebhaberin. Diane erklärt ihm, dass er nicht den ganzen Tag abhängen und Heroin und »Ziggy Pop« sein Leben bestimmen lassen könne. Mark: »Es heißt Iggy Pop.« Doch Diane lebt nicht im gleichen Schottland, nicht auf derselben Insel wie er. Für sie ist Iggy Pop tot – obwohl er in Wirklichkeit heute noch lebt.

Ein Haufen Scheiße Regisseur Danny Boyle spürt in »Trainspot-

ting« solchen Rissen in den Lebenswelten seiner Figuren nach, die schon in Irvine Welshs gleichnamiger Romanvorlage angelegt sind.

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#Kultur #Kino #Trainspotting

Mark zieht seine Schlüsse aus dem Gespräch mit Diane und sucht ein neues Leben in London. Während sich das Zentrum von Englands Hauptstadt spätestens Mitte der 1990er extrem modernisierte, wurden die Arbeitergegenden in London und in anderen britischen Städten immer weiter abgehängt. Dahinter steckte gezielte Politik, die sich auf das gesamte Königreich auswirkte. Edinburgh, eine der alten Metropolen Schottlands, und eine große Zahl weiterer Städte wie Manchester oder Blackburn waren durch den (ausgebliebenen) Strukturwandel ausgezehrt. Vielen jungen Menschen blieben die Arbeitslosigkeit, das Feiern und die Drogen – vor allen Dingen Heroin und andere Opiate erfreuten sich großer Beliebtheit. Das ist die Grundkonstellation von »Trainspotting«: Die Elterngeneration glaubt noch an die Zukunft, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehen nur einen »pile of shiat«, einen Haufen Scheiße. Mark Renton und seine Freunde Spud, Sick Boy und Tommy verkörpern diese Generation. Sie tragen Chucks und Skinny-Jeans, die Oberteile legen noch Zeugnis ab vom drogeninduzierten »Summer of Love 88«. Dessen Sound waren House und Madchester Rave à la Happy Mondays und Stone Roses. Die musikalische Sozialisation der Gruppe findet ihre Entsprechung im Soundtrack des Films: New Order, Primal Scream, Iggy Pop – Ikonen der alten Lust seit den Punk-Zeiten Ende der 1970er-Jahre. Kurz vor der eingangs beschriebenen Szene im eigenen Jugendzimmer ertönt Lou Reeds »Perfect Day«.

Neue Arbeit, neues Geld Doch der Soundtrack

beschreibt einen Bruch: Nach und nach übernehmen das moderne »Cool Britannia« und Britpop den Film, schließlich zeigte sich neben Underworld Damon Albarn mitverantwortlich für die musikalische Gestaltung. Die Songs von Blur, Pulp und Elastica stehen für geänderte Vorzeichen in der Gesellschaft. Außerhalb des Kinosaals übernahm die Labour Party um den zukünftigen Premierminister Blair das Label Cool Britannia. Frischer Wind sollte die bösen 1980er-Jahre aus dem kollektiven Bewusstsein vertreiben. Während Margaret Thatcher durch das »Verhungern lassen« der strukturschwachen Gebiete und Kürzungen in den Sozialleistungen das Königreich finanziell zusammenhalten wollte, versprach New Labour neues Wachstum, neue Arbeit, neues Geld. Der Strukturwandel als glamouröses Abenteuer: Aus Arbeitern sollten Angestellte, Dienstleister oder gar Kulturschaffende werden. Dass es so einfach nicht werden würde, war schon 1996 klar. Techno und Rave – diesmal in seiner elektronischen Spielart – wurden groß. Das war kein reiner Hedonismus. Flächige Musik und 4/4-Getriebenheit sollten zeigen, dass die immer schneller werdende Welt neue Abgehängte produzierte. Heroin wurde teils von den Partydrogen MDMA und Speed zurückgedrängt. Nicht nur »Trainspotting« erzählt von diesem Wandel. Es gab weitere Filme, wie zum Beispiel »Human Traffic«, der in einer strukturschwachen Gegend in Wales spielt.

Cooler Showdown Das »Cool« in »Cool Britannia« bedeutete nicht nur »sexy« oder »locker«, sondern auch »kühl«. Die 1997 gewählte Labour-Regierung war vom Neoliberalismus überzeugt, von nun an war jeder »seines eigenen Glückes Schmied«. So kühl wie Banken und Firmen daraufhin agierten, was sich schnell im Stadtbild Londons auswirken sollte, so kühl verhält sich auch Mark Renton am Ende des Films: Während die Gruppe einen erfolgreichen Deal feiert und eigentlich genug Geld für jeden da ist, um sein Leben zu ordnen (oder eben neues Heroin zu kaufen), krallt sich Renton die gesamte Knete. An dieser Stelle setzt das legendäre Cool Britannia Underworld-Stück »Born Slippy (Nuxx)« ein Die Wortspielerei mit und untermalt seine Flucht durch die Gassen dem imperialistischen Slogan »Rule, Britannia!« und Straßen der Hauptstadt, während Boyle machte durch New Labour die Wut und Verzweiflung der abgezogenen politische Karriere. Tony Blair gewann BritpopKumpel dazwischenschneidet. 20 Jahre später »T2 Trainspotting«

Ikonen wie Blur und Oasis für seine Kampagne, die den Abschied von Margaret Thatchers eiserner Hand symbolisierte, letztlich aber nicht für eine sozialere Politik stehen sollte.

spielt 20 Jahre nach diesen letzten Szenen im Jahr 2016. Die Jungs sind älter geworden, der Fortschritt hat sich nicht wie erhofft eingestellt. Zwar hat selbst ein steifer Tory wie ExPremier David Cameron von Blair gelernt, 2011er-Protest wie man sich verkauft. Aber Schottland wollte Die Unruhen begannen sich trotzdem abspalten, und das Vereinigte im Londoner Stadtteil Tottenham, nachdem eine Königreich stimmte für den Brexit. Die neue friedliche Demonstration Regierungschefin Theresa May steht folglich nach der Ermordung des für den Sprung zurück in die 1980er. Welche 29-jährigen Mark Duggan durch die Polizei eskaliert Auswirkungen hat das auf den Soundtrack war. Viele People of Colour, von »T2 Trainspotting«? Auf der Playlist fin- vor allem Jugendliche, det sich weder Dubstep noch Grime, obwohl demonstrierten daraufhin in verschiedenen englischen diese und andere Formen der Bassmusik in Städten gegen gesellden letzten Jahren wichtig für den sozialen schaftliche BenachteiliUnderground im UK waren. Zum Beispiel für gung. die abgehängten Kids, die 2011 ihren Protest in den Straßen kundtaten. Stattdessen findet man neben Underworld und einigen aktuelleren Pop-Bands wie Young Fathers »Only God Knows« und Fat White Family vornehmlich Musik aus den 1980ern: Blondie, Run DMC, The Clash und Queen (eine Rezension dazu gibt’s auf Seite 104). Das klingt nicht nach Zukunftsutopien. Aber vielleicht werden wir endlich erlöst. Auf dass der neue Closer »Slow Slippy« der Song einer neuen, besseren Gesellschaft werde – und nicht nur der eines neuen »Trainspotting«. — »T2 Trainspotting« (GB 2017; R: Danny Boyle; D: Ewan McGregor, Kelly Macdonald, Jonny Lee Miller; Kinostart: 16.02.17; Sony)


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Jonny Lee Miller über »T2 Trainspotting«

Anderer (Haar-)Ansatz

Der 1972 geborene Sick-Boy-Darsteller Jonny Lee Miller spielte in den vergangenen Jahren in vielen Filmen und TV-Serien. »Trainspotting« bleibt jedoch sein Karriere-Highlight. Patrick Heidmann sprach mit ihm über die Offenbarung eines überraschenden Drehbuchs und die Freude über das Wiedersehen mit Danny Boyle und Ewan McGregor.

Meine ist es nicht mehr – und das ist auch gut und wichtig so. Sick Boy möchte nicht mehr Sick Boy sein, sondern Simon. So wirklich will ihm das allerdings nicht gelingen. Er steckt fest. Zwar ist er immer noch blond gefärbt, doch sagen wir es mal so: Der Haaransatz ist dieses Mal ziemlich sichtbar. Es ist unübersehbar, dass man 20 Jahre später »Trainspotting – Neue Helden« liegt über 20 Jahre zu- nicht noch genauso leben kann wie in der Vergangenheit. rück. Ist es nicht zu spät für eine Fortsetzung? Aber ich verspreche nicht zu viel, wenn ich sage, dass auch Im Gegenteil. Nur so ergibt es für mich Sinn. Was soll der neue Film seine ganz eigene Coolness besitzt. eine Fortsetzung, wenn seit dem ersten Teil keine Zeit Was war der Höhepunkt beim Wiedersehen mit den alvergangen ist? Interessant wird es doch erst, wenn die ten Weggefährten? Figuren sich verändert haben und man gar nicht anders Das ganze Ding war eine starke Nummer. Und es war vor kann, als etwas vollkommen anderes zu erzählen als beim allem klasse, dass es nicht einfach eine Reunion war, sonersten Mal. Natürlich spielt Nostalgie eine Rolle bei »T2 dern dass wir alle zusammen an etwas Neuem gearbeitet Trainspotting«, auch hinter den Kulissen. Aber für mich haben. Das Wiedersehen mit Ewan McGregor war etwas Besonderes. Wir haben gefühlt direkt dort weitergemacht, war es wichtig, dass es eine neue Geschichte gibt. Wenige Filme der 1990er-Jahre werden so verehrt wie wo wir damals aufgehört hatten. Ein ungewöhnlich gro»Trainspotting«. Wie hast du die damalige Zeit erlebt? ßer Spaß. Ehrlich gesagt habe ich 1996 versucht, so großen Abstand Hat Regisseur Danny Boyle sich seit 1996 verändert? wie möglich zu der Sache zu haben. Nicht bewusst, aber Kaum. Wir haben uns allerdings zwischendurch auch gevieles von dem Kult ging an mir vorbei, was sicher auch sehen und zusammen gearbeitet. Vor fünf Jahren spielte nicht schlecht war. Allgemein waren diese letzten Jahre ich in London eine der Hauptrollen in seiner Inszenierung von »Frankenstein«. Sowohl im Kino als auch am Theader 1990er ein großer Spaß. Vor allem die Musik. Hast du über die Jahre den Kontakt zu den Kollegen aus ter war Danny Boyle für die besten Erfahrungen meiner dem Ensemble gehalten? Karriere verantwortlich. Für eine Weile ja. Aber das verlief sich auch wieder. Mit Was macht ihn als Regisseur so außergewöhnlich? Robert Carlyle, der Begbie spielt, habe ich mich öfter Danny Boyle ist besessen von der Wahrhaftigkeit seiner ausgetauscht. Aber auch den hatte ich zuletzt zehn Jahre Geschichte und ihrer Figuren. Er ist enorm gewissenhaft nicht mehr gesehen. in der Vorbereitung und den Proben. Und seine Energie Stand es von Anfang an fest, dass es die Fortsetzung ist unerschöpflich. Anders als damals beim ersten Teil oder nur mit allen Darstellern des ersten Teils geben würde? bei unserer Theaterarbeit setzte er sich bei »Trainspotting Für mich war das ausgemachte Sache. Als es konkret wurde, 2« zwar ab und zu auch mal hin, aber im Grunde ist er war uns allen wichtig, was die anderen von dem Drehbuch rastlos, wenn er an einem Projekt arbeitet. halten. Kaum jemand hatte die Telefonnummern, deswe- Bat er euch, »Trainspotting – Neue Helden« zur Vorbegen schrieben wir uns auf Twitter an. reitung noch einmal anzuschauen? Gab es im neuen Drehbuch Überraschungen? Ich erinnere mich nicht daran, dass er uns dazu aufgeforOh ja, ziemlich viele. Was ich richtig großartig fand, schließ- dert hätte. Aber das verstand sich von selbst. lich erhoffte ich mir genau das von dem Film. Natürlich Und wie fandest du es, den Film wieder zu sehen? hatte ich mir im Vorfeld überlegt, was mich wohl erwarten Ich war stolz. Und bin es noch. Gar nicht so sehr auf meine würde. Aber das Skript war viel cooler als alles, was ich mir eigene Leistung. Sondern darauf, Teil eines derart besonhätte ausmalen können. deren Films zu sein, der – wie alle guten Kunstwerke – bis Sind die Figuren denn noch so cool wie damals? heute nichts von seiner Kraft eingebüßt hat.

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#Kultur #Kino #Trainspotting

Danny Boyle

Die Reste von Thatcher weggefegt Patrick Heidmann fragte Danny Boyle, warum es 20 Jahre gedauert hat, um »Trainspotting – Neue Helden« fortzusetzen. Der mittlerweile Oscar-prämierte Regisseur verriet, warum er trotz Schwierigkeiten nie Zweifel daran hegte, dass es zu einem zweiten Teil mit der Originalbesetzung kommen würde.

»Trainspotting« bedeutete 1996 nicht nur für Ewan McGregor und Underworld den großen Durchbruch, sondern auch für Danny Boyle. Nicht dass der Regisseur vorher ein unbeschriebenes Blatt gewesen wäre: Schon Porno in den 1980ern hatte er in London das Royal Knapp zehn Jahre nach Court Theater geleitet. Sein erster Kinofilm der Veröffentlichung des »Kleine Morde unter Freunden« (1994) war Romans »Trainspotting«, schrieb Irvine Welsh die schon ein Überraschungserfolg, doch seine Fortsetzung mit dem Titel Verfilmung des Romans von Irvine Welsh eine »Porno« (2002), die jetzt ganz andere Nummer. »Das allgemeine Klima neu aufgelegt wird. der gesellschaftlichen Veränderung kam uns damals entgegen«, erinnerte sich Boyle vor anderthalb Jahren in einem Interview anlässlich des Kinostarts seines Films »Steve Jobs«. »Die Popkultur fegte die Reste der Thatcher-Ära weg – mit House, Britpop und dem Mainstream-Erfolg unseres Films. Dass der durch und durch britisch war und nicht die geringsten Zugeständnisse an US-Kultur machte, hatte damit zu tun, dass ›Trainspotting‹ so gut ankam.« In all den Jahren danach hat dieser Ausnahme-Film Boyle nie losgelassen, auch wenn er mit »28 Days Later« oder »127 Hours« weitere Erfolge feierte, für die Kino-Sensation »Slumdog Millionaire« sogar den Oscar gewann und sich neben dem Theater der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London widmete. »Ich musste in meiner Karriere oft kämpfen, meine Filme auf die Leinwand bringen zu dürfen. Aber dass ich jederzeit

eine ›Trainspotting‹-Fortsetzung drehen könnte, stand immer außer Frage. Wenn es darum ging, rieben sich alle die Hände«, berichtet der heute 60-Jährige. Interesse daran hatte er immer, auch unabhängig von Welshs Nachfolgeroman »Porno«. Dass Teil zwei nicht früher zustande gekommen ist, lag an Boyles Zerwürfnis mit McGregor. Der war sauer darüber, dass sein Lieblingsregisseur ihm nach drei gemeinsamen Filmen nicht wie versprochen die Hauptrolle in »The Beach« gegeben hatte, sondern Leonardo DiCaprio. Über zehn Jahre hatten die beiden kein Wort miteinander gesprochen. Doch nach der Versöhnung stand »T2 Trainspotting« nichts mehr im Weg. »Letztlich war es eine logistische Herausforderung. Ich wollte den Film nur drehen, wenn alle Schauspieler von damals mit an Bord wären. Aber weil zwei von ihnen in US-TV-Serien mitspielen und dauernd drehen, war es lange Zeit richtig kompliziert«, gab Boyle zu Protokoll. Generell infrage gestellt hat er die Fortsetzung allerdings nie: »Schon alleine, weil ich es unglaublich finde, wie viele Menschen noch immer von ›Trainspotting‹ schwärmen, mich darauf ansprechen oder irgendwie das Gefühl haben, Sick Boy, Begbie und die anderen seien Teil ihres Lebens.«


DAS NEUE ALBUM ÜBERALL ERHÄLTLICH AB DEM

27.01.2017


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#Kultur #Kino # Paul Verhoeven #Elle

Paul Verhoeven über »Elle«

DAS LEBEN IST KEIN GENREFILM


#Kultur #Kino # Paul Verhoeven #Elle

Paul Verhoeven hat Blockbuster wie »Robocop« und »Basic Instinct« und Flops wie »Showgirls« und »Starship Troopers« gedreht. In seinem neuen Film »Elle« mit Isabelle Huppert in der Hauptrolle geht es mal wieder um Sex und Gewalt. Simone Schlosser sprach mit dem diesjährigen Mitglied der Berlinale-Jury über Missverständnisse und Kopfschmerzen.

E

ine Frau wird in ihrer Pariser Vorstadtvilla von einem maskierten Mann überfallen und vergewaltigt. Doch statt ihren Angreifer bei der Polizei anzuzeigen, lässt sie sich auf eine Beziehung mit ihm ein. So weit die Story von Paul Verhoevens neuem Film »Elle«, für den er und Hauptdarstellerin Isabelle Huppert bei den Golden Globes ausgezeichnet wurden. Ein Film, der wie die meisten seiner Werke polarisiert: Für die einen ist »Elle« ein provokanter Rachethriller, für die anderen eine lüsterne Vergewaltigungskomödie. Verhoeven selbst räumt beim Gespräch im Dezember letzten Jahres in Berlin ein, dass sein Film provokant sei, da er sich bewusst einer klaren Einordnung entziehe: »Ein guter Film hat kein Genre, genauso wenig wie das echte Leben. Im einen Moment ist es eine Komödie, im nächsten eine Tragödie.« Das Spiel mit Genre-Konventionen ist ein Merkmal, das den Reiz der Filme des niederländischen Regisseurs ausmacht – nehmen wir zum Beispiel »Robocop« oder »Total Recall«: düstere Dystopien, deren ausgestellte Gewalt und splatterhafte Effekte Teil der unterschwelligen Gesellschaftskritik sind. Doch im Laufe seiner Karriere hat dieser Stilmix immer

wieder zu Missverständnissen geführt, wie Showgirls zwei seiner wohl größten Misserfolge zeigen: Der Film aus dem Jahr »Starship Troopers« und »Showgirls« wurden 1995 floppte im Kino, spielte jedoch als Homevon der Kritik verrissen und floppten an den Entertainment-Release Kinokassen. Mit dem Abstand von 20 Jahren eine beträchtliche Summe erscheinen die Filme jedoch in einem anderen ein; die Diskussionen um die Sex- und GewaltdarLicht, verbergen sich doch hinter dem über- stellungen dürften dazu drehten Spiel der Schauspieler und den grellen beigetragen haben. Die Effekten bissige Gesellschaftssatiren. Das gilt Geschichte handelt von der Tänzerin Nomi Malone insbesondere für den mockumentaryhaften (Elizabeth Berkley), die sich Science-Fiction-Film »Starship Troopers«, in in Las Vegas als Stripperin dem ein Militärregime seine Jugend im Kampf durchschlägt. gegen ausländische Riesenkäfer verheizt. Der mit sechs Goldenen Himbeeren aus- Basic Instinct gezeichnete »Showgirls« verlangt da schon Kaum eine Genrebeein bisschen mehr guten Willen, um hinter zeichnung müffelt so nach billigem Parfüm der nackten Haut und den plumpen Dialogen wie der »Erotikthriller«. (»Ich habe meine Tage.« – »Klar.« – »Schau In diese Schublade passt doch nach.«) die intendierte Kritik am ameri- Verhoevens Riesenerfolg von 1992, der Sharon Stone kanischen Traum zu erkennen. »Ich wollte die- den Durchbruch brachte. sen übertriebenen Stil«, sagt Paul Verhoeven Allerdings hatten Kolleheute über seinen Film, der das Ende seiner ginnen wie Kim Basinger, Ellen Barkin und Michelle Hollywood-Karriere bedeutete. »›Showgirls‹ Pfeiffer zuvor dankend sollte eine überdrehte Version von Las Vegas auf die Hauptrolle in dem zeigen. Ich finde den Film perfekt. Ansonsten kalkulierten »Skandalfilm« verzichtet. hätte ich ihn anders gemacht.« Im Laufe seiner Karriere hat Paul Verhoeven die Grenzen der Darstellung von Gewalt und Sex immer wieder neu ausgelotet und damit ebenso viele Leute unterhalten wie vor den Kopf gestoßen. Das Polizeiverhör mit Sharon Stone in »Basic Instinct« hat ihm den Ruf des sexbesessenen Frauenhassers eingebracht. Eine Bezeichnung, die weder zu seinen von starken Frauenfiguren geprägten Filmen passt noch zu dem freundlichen Gesprächspartner, der in Berlin so offen und leidenschaftlich über sein Werk spricht. Ob er sich als Filmemacher missverstanden fühlt? »Natürlich.« Paul Verhoeven lacht. »Aber daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt.« Entsprechend groß war wohl seine Überraschung über den Golden Globe für »Elle« in der Kategorie »Bester fremdsprachiger Film«. Zumal ursprünglich geplant war, den Film in den USA zu drehen, aber keine Schauspielerin die Hauptrolle übernehmen wollte und ein Studio nach dem anderen das Projekt ablehnte. Also entschieden sich Paul Verhoeven und sein Produzent Saïd Ben Saïd (»Der Gott des Gemetzels«) für Frankreich, den Originalschauplatz der französischen Romanvorlage »Oh ...« von Philippe Djian. Im Nachhinein ein Glücksfall, wie Paul Verhoeven inzwischen klar ist: »Das hat den Film gerettet.« Auch wenn er zunächst monatelang von Kopfschmerzen geplagt wurde. »Ich war bei mehreren Ärzten, aber niemand konnte etwas finden.« Heute nennt er Angst als Erklärung. »Als der Dreh losging, waren die Kopfschmerzen weg.« Jüngst hat Paul Verhoeven Hollywood für seine fehlende Innovationsbereitschaft kritisiert. Wohl wissend, dass die Zeiten für die liberale Filmindustrie in den USA nicht besser werden. Er selbst wird seine nächsten Filmprojekte in Europa realisieren. Einer Rückkehr in die USA ist er zwar nicht abgeneigt, aber die Wahl Donald Trumps bereitet ihm Sorgen: »Aktuell bin ich nicht besonders hoffnungsvoll, was die Meinungsfreiheit in den USA angeht.« — »Elle« (F 2016; R: Paul Verhoeven; D: Isabelle Huppert, Laurent Lafitte; Kinostart: 16.02.17; MFA)

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#Kultur #Kino #Gore Verbinski #A Cure For Wellness

Die vermissen in dieser Gleichung den Platz für das eigentliche Leben. Ist »A Cure For Wellness« nach Filmen wie »Pirates Of The Caribbean« und »Lone Ranger« deine bisher persönlichste Arbeit?

Gore Verbinski über »A Cure For Wellness«

ALPENTRÄUME Der »Pirates Of The Caribbean«-Regisseur Gore Verbinski ließ sich von Thomas Mann und den Beelitzer Heilstätten zu einer Art Schauermärchen inspirieren. Nach dem Motto: Weniger Budget ist manchmal mehr.

W

as war die ausschlaggebende Idee für »A Cure For Wellness«?

Art moderne Schauergeschichte. Das erschien mir passend für unsere Zeit. Es lässt sich kaum Gemeinsam mit Drehbuchautor leugnen, dass es uns als Gesellschaft ebenfalls Justin Haythe, der schon bei »Lone nicht gut geht – und wir kurz vor einem groRanger« mein Partner war, unter- ßen Knall stehen. nahmen wir lange Wanderungen in den Sierra Wie ist das zu verstehen? Madre Mountains. Es stellte sich heraus, dass Das lässt sich auf viele Bereiche beziehen, von wir beide Fans von Thomas Manns »Der Zau- der Politik über die Pharmaindustrie bis hin berberg« sind. Uns gefiel der Gedanke dieses zur Filmbranche. Überall geht es um die Frage, Lebens über den Wolken, wo man sich an sei- welcher Sinn noch hinter dem Kreislauf aus ner Krankheit festklammert. Manns Figuren Geburt, Schule, Arbeit und Tod steckt. Meine bekommen ja von der Realität der übrigen beiden Söhne sind 17 und 20 Jahre alt, und die Welt, also dem bevorstehenden Ausbruch des wollen sich diesen Algorithmus, den wir ihnen Krieges, nichts mit. So entwickelten wir eine vererbt haben, nicht weiter aufzwängen lassen.

Das weiß ich nicht. Aber tatsächlich habe ich es als geradezu therapeutisch empfunden, mal ein Projekt anzugehen, das etliche Nummern kleiner ist. Raus aus dem HollywoodStudiosystem und ab nach Deutschland, wo ich überall anklopfte und sagte: »Hi, mein Name ist Gore Verbinski, wollen wir einen Film zusammen drehen?« Wir hatten nicht viel Geld, aber Autonomie – und das war eine fantastische Erfahrung. Eine deutsche Produktion ist der Film aber nicht?

Nein, die Hauptfinanzierung kam aus den USA. Aber es gab ein paar nette steuerliche Anreize, nach Deutschland zu kommen. Und außer meinem Kameramann und den Hauptdarstellern hatte ich auch kein Team im Schlepptau. Wir haben uns unsere Mitstreiter überwiegend vor Ort gesucht. Gab es noch andere Gründe für Deutschland als steuerliche Anreize?

Das Skript spielt in den Schweizer Alpen, wegen Thomas Mann. Da wir es uns nicht leisten konnten, dort zu drehen, sahen wir uns anderweitig um. Wir haben auch in Tschechien und Rumänien nach Locations gesucht – einfach überall, wo es alte Schlösser und Burgen gibt. Weil wir aber auch die Studios in Babelsberg nutzen wollten, machte Deutschland einfach Sinn. Und als wir dann solche unglaublich fantastischen Drehorte wie die Burg Hohenzollern und die Beelitzer Heilstätten entdeckten, war alles klar. Patrick Heidmann — »A Cure For Wellness« (USA 2016; R: Gore Verbinski; D: Jason Isaacs, Dane DeHaan, Mia Goth; Kinostart: 23.02.17; Fox)


#Kultur #Kino #Pharrell Williams #Hidden Figures

Pharrell Williams über »Hidden Figures«

MENSCHHEITSSCHRITTE Die wahren Begebenheiten hinter dem Film über drei afroamerikanische NASAWissenschaftlerinnen trafen Pharrell Williams’ feministischen Nerv. Er produzierte den Oscar-Anwärter und sorgte für die Filmmusik.

H

idden Figures« ist der erste Film, den du produziert hast. Wie kam es dazu?

Warst du mit der realen Geschichte der drei Frauen vertraut?

Bei diesem Film kam so viel zusammen, wozu ich einen Bezug hatte und was mich interessierte. Zunächst einmal die Tatsache, dass drei Afroamerikanerinnen im Mittelpunkt stehen. Wann kommt es schon mal vor, dass ein Hollywood-Film von drei Frauen erzählt, noch dazu von schwarzen Frauen? Außerdem arbeiteten die drei bei der NASA – und ich bin schon seit meiner Kindheit fasziniert von Raumfahrt und vom Weltall. Schließlich ereignete sich diese wahre Geschichte auch noch genau in dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin: Hampton Roads in Virginia.

Ich hatte die echte Katherine Johnson, die im Film von Taraji P. Henson gespielt wird, vor etlichen Jahren kurz bei einer NASA-Wohltätigkeitsveranstaltung getroffen. Doch eigentlich wusste ich damals nichts über sie. Als ich nun meiner Mutter aufgeregt erzählte, an welchem spannenden Filmprojekt ich beteiligt sei, meinte sie nur: »Katherine Johnson? Das ist doch die nette Dame, die du damals kennengelernt hast!« Es muss eine besonders schöne Fügung des Universums sein, die mir diesen Film in die Hände gespielt hat.

Natürlich gab es seither beträchtliche Veränderungen und Verbesserungen für afroamerikanische Frauen. Und ganz allgemein, was die Gleichberechtigung aller Frauen angeht. Aber man darf sich keine Illusionen darüber Hattest du als Kind mal Ambitionen, Wis- machen, dass immer noch ein langer Weg vor senschaftler zu werden? uns liegt. Als Frau auf die Welt zu kommen ist Wissenschaft war in unseren Schulbüchern auch heute noch eine Benachteiligung. sterbenslangweilig. Jenseits einer Faszination Als schwarzer Mann dürftest du ebenfalls fürs All wurde mein Interesse für Forschung Erfahrungen mit Diskriminierung haben … und Wissenschaft erst in den letzten zehn Als Mann benachteiligt zu werden ist nicht anbis zwölf Jahren geweckt. Und zwar dank des nähernd das Gleiche wie als Frau, egal, welche Senders Science Channel, der echt verdammt Hautfarbe man hat. Klar habe ich Rassismus gut darin ist, auch die kompliziertesten Sachen erlebt. Aber wenn ich etwas gut gemacht habe, zu erklären. Hätte es all diese Sendungen und dann wurde ich dafür immer gebührend gedie iPads damals schon gegeben … lobt. Erfolgreiche Frauen bekommen dagegen »Hidden Figures« spielt in den 1960er-Jah- selten den Respekt, der Männern auf dem ren. Wie groß sind die gesellschaftlichen gleichen Level entgegengebracht wird. Wenn Fortschritte, die seitdem erreicht wurden? weibliche Erfolgsgeschichten erzählt werden, dann leider fast immer auf einem für Chauvis zurechtgestutzten Niveau. Patrick Heidmann — »Hidden Figures: Unerkannte Heldinnen« (USA 2016; R: Theodore Melfi; D: Taraji P. Henson, Octavia Spencer, Kevin Costner; Kinostart: 02.02.17; Fox)

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#Kultur #Kino

Volt

LEBEN IN DER TRANSITZONE D In einem Niemandsland in Deutschland kämpfen Polizisten und Flüchtlinge jeden Tag gegeneinander. Benno Fürmann spielt die Hauptrolle in Tarek Ehlails Horrorszenario.

ie Diskussion um diejenigen, die in den letzten Jahren vor Krieg und Verfolgung nach Europa flüchteten, hält an. Autor und Regisseur Tarek Ehlail weiß um ihre zeitgeschichtliche Bedeutung und hat sich für seinen Spielfilm »Volt« ein Thema aus der hiesigen Debatte gepickt: die Transitzonen. Rechte und konservative Parteien fordern sie tatsächlich. Extraterritoriale Bereiche an der Grenze, in denen Flüchtlinge so lange isoliert werden, bis ihr Antrag bearbeitet wurde. Dort wären die Refugees sich selbst überlassen und würden hilflos auf lebensverändernde Entscheidungen warten. Einbürgerung oder Rücktransport? Heute, morgen oder vielleicht nie? Eine Vorstellung, die hoffentlich niemals der Wirklichkeit entsprechen wird. Tarek Ehlail macht aus dieser Vorstellung einen Genremix aus Thriller, Drama und Gesellschafts-Dystopie – mit AlecEmpire-Score und Genetikk-Cameo. Im Film leben die Menschen in den Transitgebieten wie eingepferchte Tiere unter unmenschlichen Bedingungen. Die Politik überlässt der Polizei die Kontrolle. Die Hauptfigur Volt, gespielt von Benno Fürmann, ebenfalls Teil des Polizeikorps, hat das Gefühl für Recht und Unrecht verloren. Für seine Kollegen und ihn haben die Menschen in den Zonen weder Namen noch Herkunft. Sie heißen nur noch »Blackys« und »Kanaken«, denn mehr als ein Schimpfwort braucht es nicht, um den Feind zu unterscheiden. Doch selbst wenn unsere Gesellschaft nur noch aus AfD-Wählern bestünde und die staatliche Polizei von PegidaIdioten gestellt würde – wäre der vulgäre bis

rassistische Sprachgebrauch im Film tatsächlich vorstellbar? Unausgeschlafen und betrunken schreiten die Polizisten jeden Morgen zur Tat. Der extreme und beinahe schon störende Graufilter der Bilder unterstreicht die Tristesse ihres Daseins und die Gewalt, die den Film prägt. Als Volt während eines Einsatzes den Geflüchteten Hesham zu Tode würgt, beginnt der Protagonist seine Entwicklung vom versoffenen Neandertaler zum Menschen mit Gewissen. Die schicksalhafte Begegnung zwischen den Welten bleibt zeugenlos. Aus diesem Grund soll eine Untersuchungskommission herausfinden, was in der Nacht passiert ist. Routine, Macht und der Kampf mit der inneren Schuld bringen die Welt des Antihelden ins Wanken. Eine Welt, die ungerechter nicht sein könnte. Mit der Wahl dieses Polizisten als Hauptfigur habe ihn die Perspektive eines Schuldigen interessiert, so der Regisseur. Und die ist ihm gelungen: Auch wenn dieser Volt sicher nicht die herausragendste Darbietung Fürmanns ist, so bekommt man doch eine Ahnung von dem, was ein Mann empfinden muss, wenn er an einem solchen Ort lebt und liebt. Nämlich nichts. Sermin Usta — »Volt« (D/F 2016; R: Tarek Ehlail; D: Benno Fürmann, Stipe Erceg, Ayo; Kinostart: 02.02.17; Farbfilm)


#Kultur #Kino

The Girl With All The Gifts

GIBST DU IHR DEN KLEINEN FINGER ... Melanie ist ein außergewöhnliches Mädchen. Ein Zombie mit hoher Intelligenz und der Fähig­ keit zur Empathie. Gerade deswegen ist sie eine Bedrohung für die Gesellschaft.

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ie Geschichte beginnt mit einem sinnbildlich anmutenden Szenario: Kinder werden von Soldaten aus Zellen geholt und gefesselt zum Schulunterricht gebracht. Der Drill ist tägliche Routine, die Kids werden offensichtlich als Gefahr für eine Gesellschaft angesehen, die sich im Ausnahmezustand befindet. Regisseur Colm McCarthy inszeniert seinen Zombie-Film als Thriller, dessen sozialpolitische Neigung der Spannung keinen Abbruch tut. Im Gegenteil. Jede Szene der Adaption von Mike Careys gleichnamigem Roman handelt nicht nur von der Flucht einer Gruppe Verdammter durch eine Welt voller »Hungries«. Es geht um das Selbstbewusstsein des jungen, überdurchschnittlich talentierten

untoten Mädchens Melanie – und um ihre Auseinandersetzung mit den lebenden Erwachsenen. Die verschwenden keine Idee an eine mögliche andere Zukunft, sondern interessieren sich einzig dafür, ihren Status quo zu erhalten – sind also auch irgendwie Untote. Sennia Nanua spielt Melanie als undurchschaubares, liebenswürdiges Wesen. Dabei stellt die Figur eine permanente latente Gefahr für die Gefährten dar, mit denen sie ihre Abenteuer erlebt. Das Zombie-Virus scheint nicht zu stoppen, alle Kinder sind davon infiziert. Doch Melanie ist ein spezieller Fall: Trotz Infektion verliert sie weder ihre kognitiven Fähigkeiten, noch erscheint sie als gefühllose Bestie. Die Lehrerin Helen Justineau (Gemma Arterton)

entwickelt mütterliche Gefühle, während die Wissenschaftlerin Dr. Caldwell (Glenn Close) sie opfern möchte, um den Rest der Welt zu retten. Sgt. Eddie Parks (Paddy Considine) sieht die Sache pragmatisch: Melanie ist stark, und sie ist die Einzige, die es mit den anderen Hungries aufnehmen kann. Das Ende dürfte für alle eine echte Überraschung sein, selbst für eingefleischte Genre-Fans. Wolfgang Frömberg — »The Girl With All The Gifts« (GB/USA 2016; R: Colm McCarthy; D: Sennia Nanua, Gemma Arterton, Glenn Close; Kinostart: 09.02.17; Universum)

Ben Affleck ist nicht nur der Typ aus dem »Jenny From The Block«-Video, der Oscar-prämierte Autor von »Good Will Hunting« oder der x-fache Gewinner der Goldenen Himbeere für miese schauspielerische Leistungen. Er ist nicht nur der Bruder von Casey Affleck und der Kumpel von Matt Damon, der Ex von Jennifer Lopez und Gwyneth Paltrow – und auch nicht bloß derjenige, der in den kommenden Jahren auf die Rolle des Batman abonniert sein wird. Affleck ist und bleibt einer der ehrgeizigsten Regisseure Hollywoods. Mit »Live By Night« verfilmt er den gleichnamigen Roman von Dennis Lehane (»Mystic River«). In dem Gangsterstreifen, übernimmt Affleck auch die Hauptrolle neben Sienna Miller. — »Live By Night« (USA 2016; R: Ben Affleck; D: Elle Fanning, Sienna Miller; Kinostart: 02.02.17; Warner)

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#Kultur #DVD

Genius

DER WOLFE IM WOLFSPELZ Ist Bücherschreiben sexy? Michael Grandages »Genius« handelt vom Kampf des US-Literaturidols Thomas Wolfe mit der Kreativität und seinem Verleger.

Tribute: Louis Malle Fünf wichtige Filme von einem der prominentesten europäischen Regisseure erscheinen erstmals auf Blu-ray.

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egisseur Michael Grandage zeigt dem Publikum alles, was es sich von Bilderstürmerei, Selbstzerstörung und hartholziger Männerfreundschaft verspricht. Der junge Thomas Wolfe (Jude Law) hat einen Roman geschrieben, der bisher von jedem Verlagshaus abgewiesen worden ist. Das mag am sperrigen Titel »The Building Of A Wall« liegen, vielleicht aber auch am ungewöhnlichen Umfang von etwa 1.000 Manuskriptseiten. Höchstwahrscheinlich hat es aber etwas mit dem überbordenden Sprachstil zu tun, mit dem der Newcomer die »seltsame und bittere Magie des Lebens« einzufangen gedenkt. Nichts weniger als die schwer fassbare »Great American Novel« schwebt ihm vor, doch leider glaubt außer der eigenen Schwester niemand an sein Talent. Das ändert sich, als er in Max Perkins (Colin Firth) einen prominenten Fürsprecher findet. Der Lektor ist bei Scribner & Sons beschäftigt und gilt als Entdecker von Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald. Außerdem ist er ein Freund des Rotstifts: Zusammen mit Wolfe kürzt er dessen Mammutwerk auf fast die Hälfte, wobei die beiden um jede Formulierung ringen, und verpasst ihm den klassischen Titel »Schau heimwärts, Engel«. Gleichzeitig entwickelt sich eine symbiotische

Männerfreundschaft. Der ausgeglichene Perkins ist in der Lage, seinen unsteten, arroganten und überspannten Autor zumindest zeitweise auf Linie zu bringen. Wie soll man die Gefühle, die Tausende Seiten in einem auslösen, in 90 Minuten rüberbringen? Zum Glück war Ende der 1920er-Jahre die Ausrüstung fotogen: Nichts sagt »Genie am Werk« deutlicher als eine schwarz glänzende Schreibmaschine, eine ordentlich gebügelte Weste und Rauchschwaden an der Decke eines dunklen New Yorker Büros. »Genius« ist voll von Momenten, die den schöpferischen Kampf dem Publikum zuliebe in historisierendes Geschenkpapier einwickeln. Die Gesichter von Firth und Law passen ideal zu diesem Look. Der Film bietet ein gepflegtes, bernsteinfarbenes Stück Erzählkino, dessen Disziplin Thomas Wolfes Mangel daran erträglich erscheinen lässt – bis man eins seiner Bücher in die Finger kriegt. Alexander Dahas — Intro empfiehlt: »Genius« (USA/GB 2016; R: Michael Grandage; D: Colin Firth, Jude Law, Nicole Kidman; VÖ 06.01.17; Universum)

Louis Malle wäre vermutlich der Erste gewesen, der zugegeben hätte, dass es ganz hilfreich ist, der Bourgeoisie anzugehören, wenn man etwas über deren sittlichen Verfall auszusagen hat. Der Sohn eines Industriellen lebte nicht in Paris, schrieb nicht für die Cahiers Du Cinéma und interviewte auch keinen Alfred Hitchcock. Ästhetik und Moral der Nouvelle Vague nahm er trotzdem vorweg – und zwar gleich in seinem ersten Film »Fahrstuhl zum Schafott«. Ein Jahr nach Orson Welles’ »Im Zeichen des Bösen« verpflanzt er das Noir-Genre auf europäischen Boden und düngt mit Zynismus nach. Die Geschichte um zwei kriminelle Pärchen, die am perfekten Verbrechen vorbeischlampen, ist so cool, dass selbst Miles Davis’ kongenial improvisierter Soundtrack kaum mithalten kann. Auch Malles folgende Filme richteten ein Schlaglicht auf die anstehenden sozialen Umbrüche. In »Die Liebenden« zerschellen zwei ebensolche an den oberflächlichen Normvorstellungen einer restriktiven Gesellschaft, in »Zazie in der Metro« nach Raymond Queneaus surrealanarchistischem Roman kommt die Wahrheit aus dem ungewaschenen Mund einer vorlauten Göre. »Das Irrlicht« nähert sich dem Thema Suizid aus philosophisch-hedonistischer Perspektive – und »Mein Essen mit André« aus Malles späterer amerikanischer Periode stellt die Frage nach einer Bilanz der gelebten Träume. Alle fünf Filme sind gut gealtert. Alexander Dahas — »Fahrstuhl zum Schafott« & »Die Liebenden« & »Zazie« & »Das Irrlicht« & »Mein Essen mit André« (F 1958-1981; R: Louis Malle; D: Jeanne Moreau, Lino Ventura, Maurice Ronet; StudioCanal; VÖ 26.01.17)


#Kultur #DVD

Mr. Robot – 2. Staffel

FRISCHE PORTION GEHACKTES Im Internet herrscht die Konterrevolution. Diese ungewöhnliche Prämisse der ersten Staffel von »Mr. Robot« wurde spannend weitergedacht.

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eil sich globale Auseinandersetzungen von realen Schauplätzen ins Internet verlagern, sehen auch die Akteure in der zweiten Staffel von »Mr. Robot« nicht mehr aus wie James Bond oder George Smiley. Sondern eher so wie Elliott Alderson (Rami Malek), der einzelgängerische Hacktivist. Alderson leidet an einer dissoziativen Störung, die ihn aber nicht davon abhält, in den Weiten des Webs auf sich aufmerksam zu machen. Die latent umstürzlerischen Ambitionen, die er mit verschiedenen Gleichgesinnten teilt, weckten in Staffel 1 das Interesse von Mr. Robot, einem dubiosen Unbekannten, der offenbar davon träumt, das globale Finanzsystem zum Einsturz zu bringen, indem er das virtuelle

Wer »Blair Witch Project« gesehen hatte, wagte sich kaum noch allein ins Bett. Der Found-Footage-Horror verströmte vor 20 Jahren unerhörten Grusel. Die Filmemacher Daniel Myrick und Eduardo Sanchez triggerten unsere Ur-Angst, hoffnungslos im Wald verloren zu gehen, und kombinierten übersinnlichen Horror mit realistischer Amateurfilmästhetik. In Adam Wingards »Blair Witch« macht sich nun James, der Bruder Heather Donahues, gemeinsam mit seinen Freunden in den Black-Hills-Wäldern auf die Suche nach den Vermissten. Selbst Einheimische mit Ortskenntnissen können die böse Hexe von Blair nicht im Zaum halten. Doch gibt es die wirklich? Gut, dass unsere Freunde die Kamera dabeihaben! — »Blair Witch« (USA 2016; R: Adam Wingard; D: Corbin Reid, Brandon Scott; VÖ 09.02.17; StudioCanal)

Gesamtvermögen des weltgrößten Konzerns vernichtet. Die Revolution, das wusste schon Gil Scott-Heron, darf nicht im Fernsehprogramm erwartet werden. Die zweite Staffel von »Mr. Robot« basiert auf dem zunehmend unangenehmeren Gedanken, dass sie sich womöglich auch nicht über das Internet einstellt. In einer ungleich düstereren Realität müssen sich die Damen und Herren Hacker mit der Frage auseinandersetzen, was sie da eigentlich angerichtet haben – und wem ihr Werk mittelfristig in die Karten spielt. Alexander Dahas — »Mr. Robot – 2. Staffel« (USA 2016; D: Rami Malek, Christian Slater; VÖ 02.02.17; Universal)

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#Kultur #DVD

Nerve

POKÉMON GO WAR NUR DER ANFANG In »Nerve« gerät ein SocialMedia-Spiel außer Kontrolle, und die virtuelle Realität verwandelt sich in die echte. »Running Man« für die Facebook-Generation.

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st es ein Zeichen narzisstischer Störung oder doch nur der alte Wunsch dazuzugehören, der vor allem Teenager dazu anstiftet, sich im Internet in mehrfacher Hinsicht nackt zu machen? Jeanne Ryan, auf deren gleichnamigem Roman dieser Film basiert, möchte sich nicht festlegen, warnt aber vor Peer Pressure und Mob-Mentalität – und zwar so, dass es auch die abgeklärtesten Kids verstehen. Im fiktiven illegalen Spiel »Nerve« werden die

Teilnehmer zu Watchern und Playern: Die Watcher denken sich Mutproben aus und bezahlen anschließend für das Privileg, den Playern per Smartphone bei deren Bestehen zuzusehen. Das kann zwar sehr populär und ziemlich reich machen, ist aber auch nicht ungefährlich. Vor allem, weil niemand weiß, wie das Ende eines Spiels aussieht, das nur die Eskalation kennt. »Nerve« hüllt sich genüsslich in die oberflächlich-glamouröse Ästhetik eines

slicken Teenie-Abenteuers, um mal ein paar unangenehme Wahrheiten anzusprechen. Wir lernen: Verantwortungsgefühl kann man sich nicht als Klingelton runterladen. Alexander Dahas — »Nerve« (USA 2016; R: Henry Joost, Ariel Schulman; D: Emma Roberts, Dave Franco; VÖ 19.01.17; StudioCanal)

Die Insel der besonderen Kinder

HARRY POTTER TRIFFT X-MEN Tim Burton verfilmt einen Bestseller, dessen Story von Fotos inspiriert wurde, die der Autor Ransom Riggs auf Flohmärkten gesammelt hatte. Klingt perfekt, oder?

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atürlich ist es ein perfect match, wenn sich ausgerechnet Tim Burton den Harry-Potter-meets-X-MenStoff des Bestsellers »Die Insel der besonderen Kinder« vornimmt. Begrüßenswert, dass Burton der eher angenehm versponnenen Erzählung von Ransom Riggs HollywoodKonzessionen aufzwingt. Mit der gewohnt brillanten Ausstattung – allein die gruselig bizarren Hollowgasts lohnen das Ansehen – pleased Burton seine Fans, die es ja eher gemütlich mögen. Auf der anderen Seite injiziert er der Story bisweilen Slapstick-artige Action-Szenen, die trotzdem Überhaupt, die bösen Details: Gemeinsam kein seelenloses CGI-Geballer sind, weil seine mit Drehbuchautorin Jane Goldman baut er Liebe zum bösen Detail zum Tragen kommt. wundervoll boshafte Spitzen ein und liefert

mit Samuel L. Jackson als Mr. Barron den Antagonisten, der im Buch fehlt. Hier hätte man den Film ruhig noch schwarzhumoriger gestalten können. Vielleicht wäre das ja der richtige Weg für die Fortsetzung: den Humor grimmiger, bei der Handlung nicht immer aus dem Stand losgaloppieren – und dann hätten wir mit »Die Stadt der besonderen Kinder« (so heißt der zweite Roman der Reihe) das Meisterwerk, das »Die Insel ...« noch nicht ganz ist. Daniel Koch — »Die Insel der besonderen Kinder« (USA 2016; R: Tim Burton; D: Eva Green, Asa Butterfield; VÖ 09.02.17; Fox)


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The Last Guardian

DRAMA, BABY Wie verändert Erwartungsdruck den Blick auf etwas, das völlig entschleunigt daherkommt? Eine Frage, die sich mit »The Last Guardian« aufdrängt – dem lange erwarteten Spiel eines Japaners, der Kunst studiert hat, sich aber weigert, seine Titel als Kunst zu beschreiben.

E

s mag nicht besonders einladend wirken, wenn man zur Einordnung eines Spiels erst mal alles aufzählt, was es nicht gibt. Ähnlich wie bei einem realen Abenteuer gibt es in »The Last Guardian« keine wegweisenden Pfeile, es gibt keine Gesundheitsanzeige und auch kein unendliches Arsenal an Waffen oder Gimmicks. Wenn konventionelle Spiele einer Kreuzfahrt gleichen, dann ist das hier ein Klosteraufenthalt. Hier gibt es nur einen kleinen Jungen und ein Wesen, das man in »Brehms Tierleben« vergeblich sucht. Trico ist eine Art groß gewachsene Katzen-Vogel-Chimäre. Das Vieh schläft, schnaubt, springt und hadert. Die Augen verändern je nach Stimmung ihre Farbe, und im Verlauf des Spiels lernt man, wie man die Gestik liest. Und genau diese

Eigenart ist es, die der Spielidee von Fumito Ueda und seinem Team im wahrsten Sinne des Wortes Charakter verleiht. »The Last Guardian« ist ein Freundschaftsdrama, das wir mit dem Controller begleiten. Ueda selbst sagt, ihm wäre es um ein »product that can communicate« gegangen. Die Geschichte nimmt in einem Vulkankrater ihren Lauf. Ein kleiner Junge wacht auf, und wir lernen, was Kommunikation in Uedas Universum bedeutet. Wo befinden wir uns, und welchen Weg schlagen wir ein? Trico und sein kleiner Gefährte stellen sich gemeinsam der Suche nach einem Ausweg aus einem vertrackten Ruinengebilde. Das Ziel bleibt lange unklar. Dennoch gilt es Wagnisse einzugehen, regelmäßig zu scheitern; und je nachdem, wie die Kamera steht, hat man manchmal auch das Gefühl, nicht selbst schuld daran zu sein. So ruft man Freunde an oder sucht bei YouTube nach Lösungsvideos – nur um festzustellen, dass die Lösung des jeweiligen Rätsels eigentlich ganz einfach war. Hier wird nicht die Welt gerettet – man rettet vielmehr sich selbst. Und das ist das Beste, was ein Spiel leisten kann. Gregor Wildermann — »The Last Guardian« für PlayStation 4

(Sony / genDESIGN)

ishonored« war einer der Dishonored 2 größten Geheimtipps der letzten Jahre. Ein heiserer Leibwächter rächte den Mord an seiner Königin und schlich dafür durch die dunklen Gassen einer Die Welt von »Dishonored 2« ist schwül. Blutfliegen schlüpfen aus klammen, rattengeplagten Welt. aufgedunsenen Leichen. Verschwitzte Aufseher starren ängstlich durch Denn nicht der Leibwächter, die ihre Gesichtsmasken. Einer der besten Videospiel-Schauplätze der Königin oder ihre gemeinsame letzten Jahre ist vermutlich auch der widerlichste. Tochter waren interessant, sondern die Gassen. Der wirre Mix aus Industrialisierung, Walfang, Inquisition, eigene Krone zurückzuerobern, Magie und trübem Schlamm wirkte merkwür- müssen sie sich durch die Schichdig würdevoll, wenn das impressionistische ten einer Verschwörung schneiLicht der späten Sonne durch die Häuser- den. Theoretisch ist das möglich, schluchten fiel. Bewohnt wurde die Welt von ohne je gesehen zu werden, ohne zerfurchten Karikaturen. Wohl fühlte sich hier je einem Menschen den Dolch in niemand. Aber der Trip blieb im Gedächtnis. den Hals zu rammen. Aber die Mutig wechselt »Dishonored 2« den Schau- meisten werden sich auf einem platz. Aber das mediterrane Paradies stinkt von zwei Pfaden wiederfinden: schon von Weitem nach Fisch und Verwesung. Entweder sie tränken den ParUnd wie im ersten Teil reisen Spieler als Leib- kettfußboden im Blut der elegant wächter (oder als seine Tochter, die Kaiserin) ermordeten Schergen, oder sie an, um sich die Hände schmutzig zu machen. betäuben, würgen und täuschen Wieder ist das Spiel nicht angenehm, aber es sich durch die Ränge und hinbleibt im Gedächtnis. Etwa der Anblick einer terlassen statt Toten nur Traumatisierte. So — »Dishonored 2« für PC, PS4 und Xbox One Leiche, die von fußballdicken, Eier legenden oder so will man sich nach jeder Sitzung mit (Bethesda Softworks / Arkane Studios) Kernseife abschrubben. Aber die Erinnerung Blutfliegen hin- und hergerissen wird. Und je nach Spielstil bescheren sich Spieler an diesen stressigen Trip in eine intelligente, die Albträume als mordende Psychopathen gefährliche Welt ist nicht abwaschbar. auch selbst. Um als geprellte Monarchen die Jan Bojaryn

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EDLER EKEL


#Kultur #Games

Keine Skills am Controller aber La Paloma pfeifen

Illustration: Alexandra Ruppert

Vor fünf Jahren ließ uns Sony mit »Gravity Rush« unterhaltsam der Schwerkraft trotzen – nun bekommt das Action-Adventure einen Nachfolger. Videospiel-Analphabet Carsten Schumacher hat schon bei gewöhnlichen Gravitationsverhältnissen mit dem Controller zu kämpfen und torkelt »wie der Dorfsäufer in einem frühen irischen Roman« (Hunter S. Thompson) um die Laternen dieser märchenhaften Videospiel-Stadt. Ein Protokoll.

Kopffüßler (die TentakelVersion von Kubricks egozentrischem Boardcomputer HAL). Leider ist mein Oben jedoch deren Unten, von rechts und links ganz zu schweigen – heiliger Newton, wenn doch nur endlich ein Taxi vorbeikäme! Die Stadtplanung als ärgster Feind, damit kann ich mich als Kölner natürlich gut identifizieren. Nur dass ich in echt eher selten beim sorglosen Umherdriften mit dem Unterkiefer in Regenrinnen und Dachstühlen stecken bleibe. Nichtsdestotrotz: Die Idee hinter diesem Achsen-Chaos ist natürlich super, erst recht vor dieser hübsch gezeichneten Yoko-Tsuno-Kulisse. Sofern man diesen Teil vom (PS Vita-)Vorgänger sinnhaft entkoppelt spielen kann, könnte das wirklich ein großes Ding werden. Wertungs-Tendenz: acht von zehn frei fliegenden Kratzbäumen!

Per Knopfdruck das eigene Gravitationsfeld manipulieren – als ich jung war, hat man dafür noch zu Äther, Eau de Cologne oder Putzmitteln gegriffen (wobei die Unterscheidung bei den beiden Letztgenannten manchmal schwerfiel)! Derartiger Hedonismus ist hier aber fehl am Platz, mein Sidekick ist schließlich ein kleines Kätzchen, und damit geht Verantwortung einher. Einmal Cat Lady sein! Wie lautet der Cheat-Code für unendlich viel Thunfisch? Gut, vielleicht sollte ich erst mal meine Motorik unter Kontrolle kriegen, sonst komme ich nie zum Ausnüchtern ins heimische Bett. Ich selbst bin jedenfalls eine heiß daherfloaten- — »Gravity Rush 2« für Playstation 4 (Sony / Project Siren) 01001010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011010101101000101011101 de Anime-Lady im Kampf gegen organisch wirbelnde 00101011010001010111110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011010101101000101011101 00101011010001010101001010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011010 10110100010101110100101011010001010111110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011010 10110100010101110100101011010001010101001010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010 10110100010101101010110100010101110100101011010001010111110100101011010001010110101011010001010111010010 10110100010101101010110100010101110100101011010001010101001010110100010101110100101011010001010110101011 01000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010111110100101011010001010110101011 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MÄRZ 2017 | COMMA, GERA 20. APRIL 2017 | COMMA, GERA 10101101000101011101001010110100010101111101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010110 10101101000101011101001010110100010101010010101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100 10101101000101011010101101000101011101001010110100010101111101001010110100010101101010110100010101110100 10101101000101011010101101000101011101001010110100010101010010101101000101011101001010110100010101101010 11010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101111101001010110100010101101010 11010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101010010101101000101011101001010 11010001010110101011010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101111101001010 11010001010110101011010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101010010101101 00010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100 Außerdem live bei den SONGTAGEN in Gera: 01010111110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100 01010101001010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011010101101000101 01110100101011010001010111110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011010101101000101 01110100101011010001010101001010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101 01101010110100010101110100101011010001010111110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101 01101010110100010101110100101011010001010101001010110100010101110100101011010001010110101011010001010111 01001010110100010101101010110100010101110100101011010001010111110100101011010001010110101011010001010111 01001010110100010101101010110100010101110100101011010001010101001010110100010101110100101011010001010110 10101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010111110100101011010001010110 10101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010101001010110100010101110100 10101101000101011010101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010111110100 10101101000101011010101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010101001010 11010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011 01000101011111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011 01000101010100101011010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101101010110100 01010111010010101101000101011111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101101010110100 01010111010010101101000101010100101011010001010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100 01010110101011010001010111010010101101000101011111010010101101000101011010101101000101011101001010110100 01010110101011010001010111010010101101000101010100101011010001010111010010101101000101011010101101000101 01110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011111010010101101000101011010101101000101 01110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101010100101011010001010111010010101101000101 01101010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011111010010101101000101 01101010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101010100101011010001010111 01001010110100010101101010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101011111 01001010110100010101101010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010101101000101010100 10101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010 10110100010101111101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010110101011010001010111010010 10110100010101010010101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010110101011 01000101011101001010110100010101111101001010110100010101101010110100010101110100101011010001010110101011 01000101011101001010110100010101010010101101000101011101001010110100010101101010110100010101110100101011 TICKETS UND INFOS 01000101011010101101000101011101001010110100010101111101001010110100010101101010110100010101110100101011 01000101011010101101000101011101001010110100010101010010101101000101011101001010110100010101101010110100 01010111010010101101000101011010101101000101011101001010110100010101111101001010110100010101101010110100 w w w. s o n g t a g e - 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DIE ZEHNTEN.

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FIRST ANNOUNCEMENT FOR 2017 ÂME B2B RØDHÅD ◊ AURORA HALAL LIVE BARKER & BAUMECKER BONOBO LIVE CLAPTONE COURTESY DANIEL AVERY DIE ANTWOORD DIXON ELLEN ALLIEN GLASS ANIMALS ◊ GUSGUS ∞ HONNE × JOB JOBSE ∞ JON HOPKINS DJ JULIA GOVOR KATE TEMPEST KÖLSCH DJ LAKUTI ◊ MARCEL DETTMANN MICHAEL MAYER ∞ MØ MUTINY ON THE BOUNTY NAO PHOENIX RECONDITE LIVE RED AXES RROXYMORE SONJA MOONEAR THE KILLS TIJANA T TONY HUMPHRIES VOLVOX VON WEGEN LISBETH WARPAINT AND MANY MORE

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Spinne auf Schlaftablette

Während Spinnen unter dem Einfluss von Schlaftabletten extrem löchrige Netze knüpfen, denkt man beim Wort »Schlaftablette« an Suizid. Einer der Protagonisten unserer Reportage läuft regelmäßig über die Mapo-Brücke in Seoul, um Leute genau davon abzuhalten. Denn leider ist der Sprung in den Tod für viele Südkoreaner der einzige Ausweg. Und während die Jungs vom vegetarischen Metzger einen Ausweg aus dem ewigen Fleischkonsum suchen, zaubert Rachel in der Popküche eine Süßspeise mit Schlagsahne und Hack.

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#Life #Reportage #Die Brücke der Ausweglosen

Die Brücke der Ausweglosen

»ICH HABE HEUTE MEINEN LETZTEN SONNENUNTERGANG GESEHEN« Südkorea ist das Land mit der zweithöchsten Suizidrate der Welt. Allein von der Mapo-Brücke in der Hauptstadt Seoul stürzen sich fast jedes Jahr bis zu hundert Menschen in den Tod. Für Christopher Lofland und Yu Tae-gang wurde diese Brücke zu einer besonderen Begegnung irgendwo zwischen dem Wunsch zu leben und zu sterben. Text: Christian Schlodder. Fotos: Less Taekyun Kim

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ie viel Zeit vergeht zwischen dem Wunsch zu leben und zu sterben? Yu Tae-gang hatte über zwei Stunden Zeit, als er sein Kinderzimmer verließ und den Zug Richtung Seoul nahm. Er hörte von dieser Brücke, von der jedes Jahr viele Koreaner in den Tod springen. Diese Brücke, die für die einen die letzte Hoffnung und für die anderen der letzte Ausweg ist. Doch was sollte es für ihn werden? Tae-gang wusste es nicht. Also fuhr er an einem späten Donnerstagabend aus der Millionenstadt Daejeon in Richtung Seoul. Mit nur einem Ziel: die Mapo-Brücke. »Ich habe oft über Suizid nachgedacht«, sagt der heute 18-Jährige. Seine rechte Augenbraue zuckt dreimal, als er diese Worte sagt. Auf seinen jugendlichen Wangen sprießt noch immer eine leichte Akne. Schauspieler wollte er werden. Davon träumte er schon lange. Seine Eltern waren dagegen. Dazu kamen ein paar weitere Unsicherheiten, wie er sie heute nennt. Was banal klingt, wurde zu einer Sinn- und Identitätskrise. Eine von vielen im Land, über die man in Südkorea aber partout nicht spricht – nicht einmal mit Freunden. Weil sie ein Zeichen von Schwäche sind; in einer Gesellschaft, die Schwäche nicht kennen und zulassen will. Das führt dazu, dass Südkorea das Industrieland mit Industrieland der höchsten Suizidrate der Welt ist. Die Mapo-Brücke mit der höchsten war bisher so etwas wie das inoffizielle Symbol für diesen Suizidrate besorgniserregenden Zustand. Für Tae-gang wurde sie zu Südkorea ist eine supermoderne Industrienation mit einem Neustart. Die Brücke selbst sieht recht unspektakulär aus. Sie ist sehr schnellem Internet, neusten Technologien, eine von 25 Stadtbrücken Seouls, die auf einer Strecke von einem der besten Bildungssysteme und einem knapp anderthalb Kilometern den Fluss Hangang überder weltweit führenden spannt. Sechs Fahrbahnen auf jeder Seite. 18 Meter hoch. Gesundheitssysteme. Doch mit der Zeit avancierte sie zu einem »Wallfahrtsort« Dementsprechend hoch ist die Lebensqualität der für all jene, die des Lebens überdrüssig sind und in einem Südkoreaner. Doch mit die- letzten Sprung den finalen Ausweg aus ihren großen und sem schnellen Aufstieg und kleinen Problemen sehen. Dafür ist sie hinter vorgehalteErfolg schlichen sich Probleme in den Familien und ner Hand landesweit bekannt. Und auch Tae-gang fühlte der Gesellschaft allgemein sich in seinen schwersten Stunden nahezu magisch von ihr ein. Auf 100.000 Einwohner angezogen – auch wenn er heute sagt, dass er die Brücke kommen etwa 29 Suizide. Die Suizidrate liegt damit in dieser schicksalhaften Donnerstagnacht in erster Linie ungefähr dreimal höher als deshalb sehen musste, um noch einmal neuen Lebensmut hierzulande. Seinem Leben zu schöpfen. Ein Rückfahrticket hatte er dennoch nicht selbst ein Ende zu setzen ist die Haupttodesursache gekauft. für Koreaner unter 39 Jahren.

Lebensretter mit holprigem Koreanisch

»Für einen Koreaner ist es wahrscheinlich ziemlich schwer, nicht an Suizid zu denken, wenn er über diese Brücke läuft«, sagt Christopher Lofland. Er fährt sich kurz durch seinen rotblonden 16-Tage-Bart, als er sich an den 25. September 2015 erinnert – den Tag, an dem Tae-gang die Mapo-Brücke gegen 23:00 Uhr betrat. Erst einen Monat zuvor kam der heute 23-jährige Lofland mit zwei Freunden nach Seoul – auch er wegen der Mapo-Brücke. Seine Mission sollte es fortan werden, Hoffnung und Lebensmut Etwas zu tun zu spenden. Christopher verstand nicht, wie ein Land sein Gemeinsam mit zwei Suizidproblem so konsequent unter den Teppich kehren Freunden hat Christopher kann, wenn es doch so allgegenwärtig ist, dass selbst er im das Projekt »Lifeguard« ins Leben gerufen. Per fernen Kansas davon aufgeschreckt wurde. Christopher Crowdfunding und mithilfe beschloss, etwas zu tun auf der Mapo-Brücke – auch weil des Missionswerks ihrer sie ein Symbol all dessen war. Kirchengemeinde haben sie Er sammelte Geld, lernte Koreanisch und flog nach Seoul. Spendengelder dafür gesammelt. Mehr Informatio- Und er lernte die Anzeichen eines drohenden Freitods zu nen zum Projekt findet ihr lesen, suchte nach Menschen, die spät nachts alleine und unter www.lifeguard.live. langsam auf der Brücke wandern, den Blick zum Boden

gesenkt, oder die am Geländer stehend inhaltsleer in den Fluss starren. Diese Menschen gilt es anzusprechen, zu fragen, ob alles in Ordnung ist, ob sie Hilfe brauchen. Als er Tae-gang allein auf einer Bank sitzen sah, schrillten seine Alarmglocken. »Ich war mir sicher, dass der Junge über Suizid nachdachte – oder sogar zu springen vorhatte«, sagt er. Tae-gang kann sich nicht mehr erinnern, woran er dachte, als er auf die Gruppe um Christopher traf. Kurios war es für ihn dennoch. »Ich habe mich gewundert, wer diese Fremden mit dem holprigen Koreanisch waren, das ich kaum verstand – und was sie überhaupt von mir wollten«, sagt er heute mit einem Grinsen. Dabei war ihm damals gar nicht zum Lachen zumute. Sie kamen ins Gespräch, redeten über seine Träume, den Streit mit den Eltern, all die anderen kleinen Probleme und dass es niemanden gab, der ihm ansatzweise zuhören wollte. »Von diesen drei Jungs um Christopher fühlte ich mich zum ersten Mal verstanden«, sagt Tae-gang. Christopher lud ihn ein, die Nacht bei ihnen zu verbringen und am nächsten Morgen den Zug zurück nach Daejeon zu nehmen. Weg von der Brücke. Sie redeten viel, hörten einander zu und waren auf einmal etwas, was es in Korea selten gibt: in schweren Stunden füreinander da. Seitdem sind sie gute Freunde. »Ich bin immer noch dankbar für das, was sie


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»Ich bin immer noch dankbar für das, was sie getan haben. Ich wusste bis dahin nicht, dass es Menschen gibt, die Verständnis für meine Situation haben würden.« Tae-gang

getan haben. Ich wusste bis dahin nicht, dass es Menschen gibt, die Verständnis für meine Situation haben würden«, sagt Tae-gang. »Dass ich Christopher an diesem Abend auf der Brücke traf, war die größte Hilfe in meiner Situation.«

Letzte handgeschriebene Hilfeschreie Auch für Christopher wurde die Begegnung mit Taegang zu einer alles verändernden Mission. Eine Mission, die ziemlich unscheinbar im elterlichen Keller begann, als er gerade mal 15 war. Er hörte Musik der christlichen Metalband Underoath und erkannte, dass die Welt nur besser werden würde, wenn man denen hilft, die Hilfe am dringendsten benötigen. »Das war eine Art Erweckungserlebnis«, sagt er heute. Das Bandsymbol trägt er als Tattoo auf seinem linken Arm. Und tatsächlich, nur wenige Jahre nach der Metal-Session im Keller kann er auf der MapoBrücke etwas bewirken. Hier kann er helfen und sogar Menschen vor einem sinnlosen Tod bewahren. Das wurde sein Antrieb. Er wurde routinierter, erkannte neue Muster. Um zwei Uhr nachts zum Beispiel, sagt Christopher, sei die Rush-Hour für Sprünge von der Mapo-Brücke. Er kennt die hochfrequentierten Stellen und weiß, was zu tun ist. Er nimmt stets den gleichen Weg über die Brücke, patrouilliert jeweils zweimal auf jeder Seite entlang. Das dauert mehrere Stunden. Wenn sich viele freiwillige Brückenläufer gesammelt haben, starten sie an mehreren Stellen, um die weitläufige Brücke besser abdecken zu können. Dabei passiert Christopher auch regelmäßig die von der Stadt installierten Notruftelefone für Suizidgefährdete. Sie haben lediglich zwei Knöpfe: Drückt man den grünen, wird man mit einer Beratungshotline verbunden; drückt man den roten, wird sofort die Feuerwehr alarmiert. »Wann kommt ihr endlich?« hat jemand neben den roten Knopf geschrieben. Auf dem schmalen Display des Telefons steht »Idle«. Das kann man mit »außer Betrieb« übersetzen – oder »nutzlos«. So nutzlos wie nahezu alle

Installationen, die im September 2012 von der Stadt auf der Brücke errichtet wurden, um des Suizidproblems wenigstens hier Herr zu werden. »Brücke des Lebens« wurde das Gesamtkonzept Mapo-Brücke offiziell genannt. »Brücke des Todes« nennen sie viele Koreaner. Man brachte beleuchtete Handläufe an, versehen mit scheinbar motivierenden Botschaften: »Denk an deine Großeltern« oder »Du kannst alles schaffen« kann man beispielsweise lesen. »Du bist ein wunderschöner Mensch« steht auf dem Handlauf, in dessen Nähe Christopher und Tae-gang aufeinandertrafen. Zudem wurde eine kleine Bronzestatue aufgestellt, die zwei sich helfende Freunde zeigt. »Fang an, dich wieder zu lieben«, fordert die Botschaft dahinter am Handlauf. An dieser Stelle werden mittlerweile die meisten Sprünge verzeichnet. Die Idee mit den lebensbejahenden Botschaften an Handläufen, so scheint es, ging mächtig nach hinten los. Auch Tae-gang sagt heute, dass er zwar ebenso wegen dieser Botschaften auf die Brücke gekommen sei – doch dass sie ihm nicht weitergeholfen hätten. Da es vielen anderen ähnlich ging, findet man zwischen all diesen vergeblichen Motivationshilfen nicht nur die naiv-romantischen Botschaften Frischverliebter, sondern vor allem die Hilfeschreie der Hoffnungslosen. Christopher sucht die Handläufe bei jedem seiner Brückengänge gezielt danach ab, hofft auf Namen und niedergeschriebene Handynummern, die einfach nur angerufen werden wollen, weil ihnen sonst niemand zuhört. Meistens sind diese kleinen Botschaften zwischen den großen offiziellen allerdings nur die letzten handgeschriebenen Hilfeschreie derer, die für immer aufgehört haben, das Leben zu lieben. »Ich habe heute meinen letzten Sonnenuntergang gesehen«, hat jemand an den Handlauf geschrieben. Es sind vor allem diese Botschaften, die ein subjektives Gefühl der hier herrschenden Ausweglosigkeit vermitteln. Das andere ist die kühle Behördenstatistik. Ein Jahr nach Abschluss der Maßnahmen wurden 93 Suizide auf der »Brücke des Lebens« erfasst – sechsmal so viele wie vor dem Umbau.

Soll ich sterben? Seitdem sind Daten schwer zu bekommen. Die Seouler Wasserschutzpolizei spricht von insgesamt etwa 600 Selbsttötungsversuchen im Hangang pro Jahr, von denen aber nicht alle auf der Mapo-Brücke passieren. 60 % davon seien erfolgreich – wenn man einen Suizidversuch überhaupt mit einem positiven Wort wie »erfolgreich« besetzen darf. Um diese Zahl so klein wie möglich zu halten, patrouilliert Christopher manchmal allein, manchmal mit freiwilligen Unterstützern über die Mapo-Brücke – immer auf der Suche nach Menschen wie Tae-gang. Insgesamt habe er schon acht Menschen vom Freitod abgehalten, sagt er. Das seien all die, die einen Suizidversuch zugegeben hätten, nachdem sie von ihm angesprochen worden seien. Hinzu kommt die Dunkelziffer all derer, die ins Raster passen und die Brücke geräuschlos wieder verlassen, nachdem sie in ein Gespräch verwickelt worden sind. Vor allem rund um die großen Prüfungszeiten im November hält Christopher sich verstärkt auf der Brücke auf. Der gesellschaftliche

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#Life #Reportage #Die Brücke der Ausweglosen

Teil des Problems In Korea ist es häufig normal, bis zu 60 Stunden pro Woche zu arbeiten. Wer sogar 80 Stunden schafft, ist gemeinhin hoch angesehen. Es ist auch dieser nahezu verrückte Arbeitsrhythmus, der die Suizidrate befeuert.

»Wer d ­ ennoch e ­ inen Psycho­ logen aufsucht, r­ iskiert, in seiner medizinischen Akte als verrückt eingestuft zu werden. Das ist das Ende jeder beruflichen Karriere, öffentlicher Gesichtsverlust inklusive.« Christopher

Druck, in den nicht wiederholbaren Abschlussprüfungen der Highschools und Universitäten zu versagen und damit aus koreanischer Perspektive sein Leben quasi verschenkt zu haben, treibt viele zum Äußersten. Auch sonst hat Südkoreas Gesellschaft massive Probleme. Innerhalb von 60 Jahren stieg das Land von einem Entwicklungsstaat zur Industrienation auf. Damit einher geht ein komplett veränderter Lebensstil, der auf traditionelle Wertvorstellungen trifft, die kaum jemand erfüllen kann und die in Anbetracht dessen entrückt wirken. Traditionelle Familienvorstellungen ziehen sich durch alle Generationen und treffen auf veränderte Realitäten. Viele ältere Menschen auf dem Land beenden ihr Leben selbst, bevor sie ihren Kindern, die in die Millionenstädte ziehen, zur Last zu fallen drohen. Soziale Auffangnetze gibt es in Südkorea kaum. Hinzu kommen fast schon fanatisch wirkende Schönheitsideale und der zunehmende Alkoholismus. Thematisiert wird all das nicht. Die Konvention des gesellschaftlichen Gesichtsverlusts wirkt immer noch stark, auch wenn das in Seoul zwischen all den internationalen Shopping- und Fastfood-Ketten manchmal schwer zu glauben fällt. Also reden sich viele Koreaner ein, dass alles in Ordnung sei. So lange, bis es nicht mehr geht und sie im besten Fall von Christopher auf der Brücke gestoppt, im schlimmsten von der Wasserschutzpolizei nach ein paar Tagen leblos aus dem Hangang gefischt werden. Doch manchmal kommt Christopher zu spät. Dann bleibt nur der rote Knopf der Notruftelefone. Christopher erzählt all das mit einer abgeklärten, fast beklemmend wirkenden Ruhe. »Man sieht hier vieles, das an die Substanz geht«, sagt er, der älter erscheint als 23. »Man spürt jedes Mal die Dunkelheit dieses Ortes, wenn man die Brücke betritt.« Dabei wirkt das nächtliche Stadtpanorama von der Mapo-Brücke aus sehr friedlich. Langsam fließt der Hangang unter ihr hindurch, an den Ufern eingerahmt von unzähligen Bürogebäuden, die von Moderne und Aufbruch zeugen sollen – und auch Teil des Problems sind. Noch weit nach Mitternacht kann man sehen, wie in einzelnen

Fenstern die Lichter ausgehen. Alles ist auf Karriere und Erfolg im Job konzentriert. Dort hat man einfach zu funktionieren. Wer aus diesem Raster fällt, wird als nutzlos angesehen. Wenn sich der Druck und die Probleme potenzieren und zur Depression zu werden drohen, wird es nur noch schlimmer. »Psychologische Hilfe gibt es in Korea nicht«, sagt Christopher. »Wer dennoch einen Psychologen aufsucht, riskiert, in seiner medizinischen Akte als verrückt eingestuft zu werden. Das ist das Ende jeder beruflichen Karriere, öffentlicher Gesichtsverlust inklusive.« Gegen drei Uhr nachts, nach knapp vier Stunden ihrer typischen Runde, verlassen Christopher und seine freiwilligen Begleiter die Brücke. Diesmal gab es niemanden, der ihre Hilfe benötigt hätte. Manchmal vergehen anderthalb Monate ohne nennenswerte Ereignisse, doch dann gäbe es diese Nächte, wo man gleich drei potenzielle Selbstmörder trifft, sagt Christopher. Noch immer donnert der Verkehrslärm auf der Brücke. »Was wirst du jetzt tun?« steht auf einem der Handläufe kurz vor dem einen Ende der Brücke. »Ich habe kein Geld. Soll ich sterben?« hat jemand mit zarten koreanischen Lettern daneben geschrieben. Die Botschaft sei neu, sagt er. Christopher steigt aufs Geländer, hängt seinen Kopf hinüber und schaut die 18 Meter hinab in das dunkle Wasser des Hangang – so wie es vermutlich auch all jene taten, die er vor ihrem Sprung bewahren wollte. Er grübelt. Ist er diesmal vielleicht zu spät gekommen? »Manchmal ist es sehr frustrierend, diese Runde zu laufen und sich solche Fragen zu stellen«, sagt er, nachdem er wieder vom Geländer geklettert ist. Bald wird er sich sowieso andere Fragen stellen müssen. Die Stadt Seoul hat ihr Konzept der Brücke des Lebens quasi verloren gegeben. Die Installationen werden nach und nach abgebaut. Stattdessen wird aktuell ein zweieinhalb Meter hoher Zaun errichtet, der das Problem lösen soll. Selbstmordgefährdete werden einen neuen Ort finden, um dem Leben abzuschwören – und Christopher muss einen neuen Weg finden, wie er Südkoreaner auch in deren schwersten Stunden von der Schönheit des Lebens überzeugen kann. »Um wirklich helfen zu können, muss sich die gesamte Gesellschaft von Grund auf ändern und verstehen, dass etwas mächtig schiefläuft«, sagt er. »Bis dahin würden mir schon höhere Geländer reichen.« Auch Taegang glaubt nicht an den großen Erfolg. »Dann werden die Menschen eben andere Brücken, Hochhäuser oder Mittel finden, sich umzubringen. Wir müssen endlich eine öffentliche Debatte über unsere Probleme führen«, sagt er. In seiner Stimme schwingt Resignation mit. Sein Schauspielstudium, das ihm seine Eltern nach einer Aussprache schließlich doch erlaubt haben, beginnt im Februar. Auf der Mapo-Brücke werden dann bereits hohe Zäune vergessen machen, dass hier noch vor Kurzem Menschen die schwere Entscheidung trafen, ob sie leben oder sterben wollen – und dass es Freiwillige gab, die ihnen diese Entscheidung abzunehmen versuchten. Finale Entscheidungen irgendwo zwischen dem Wunsch zu leben und zu sterben. »Doch was ändert das schon?« fragt Tae-gang. Für ihn wurde der Ort dank einer Handvoll Freiwilliger tatsächlich zur Brücke des Lebens. Die Brücke des Todes wird allerdings wohl schon bald eine andere sein.


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#Life #Reportage #Vegetarischer Metzger

Der vegetarische Metzger

Nicht vom Fleisch fallen In Berlin hat kürzlich Deutschlands erster vegetarischer Metzger eröffnet. Was für viele erst mal nach Widerspruch klingt, finden wir in zehn Jahren hoffentlich einigermaßen normal. Vegetarierin Julia Brummert hat sich im Laden umgesehen – und eine Menge probiert. Fotos: Carmen Catuti


#Life #Reportage #Vegetarischer Metzger

I

ch möchte es fast wieder ausspucken. »Das ist kein Fleisch, das ist kein Fleisch«, wiederhole ich immer wieder in Gedanken. Seit knapp zehn Jahren habe ich kein Stück Fleisch mehr gegessen. Jetzt kaue ich auf etwas herum, das so schmeckt, wie ich Hähnchen in Erinnerung habe. Auch die Konsistenz stimmt, inklusive der knusprigen Haut. »Das ist kein Fleisch, das ist kein Fleisch …«. Aber irgendwie ist es lecker. Wir stehen in Berlin-Kreuzberg beim kürzlich neu eröffneten vegetarischen Metzger. Zwei der drei Chefs, David Meyer und Florian Tenfelde stellen uns nicht nur eine »Schlachterplatte« mit allen möglichen Wurstsorten vor die Nase, sondern lassen uns auch von allen warmen Gerichten probieren, die sie hier täglich anbieten. Oje, nach dem Termin werden wir wohl nach Hause rollen. Intro-Fotografin Carmen Catuti ist zwar Fleischesserin, aber trotzdem überrascht. Die bekommen das hier ziemlich gut hin mit dem nach Fleisch schmeckenden Fleischersatz. Und bedienen damit einen derzeit boomenden Markt. Laut Vegetarierbund ernähren sich rund 10 Prozent der Deutschen vegetarisch, etwa 1,1 Prozent lebt vegan (Stand Anfang 2015). Tendenz steigend. Im Rahmen eines Tests von Fleischersatzprodukten schreibt Stiftung Warentest, dass der Umsatz beim Verkauf von vegetarischen Fleischnachahmungen im vergangenen Jahr um gut 30 Prozent gestiegen ist. Die Rügenwalder Mühle, ein sehr traditioneller Fleischbetrieb, hat 2015 etwa 20 Prozent der Einnahmen über fleischlose Alternativen gewonnen. Diese Entwicklungen bedeuten aber leider nicht, dass weniger Fleisch verkauft und damit weniger Tiere geschlachtet werden. Der Umsatz durch Fleisch steigt nämlich ebenfalls weiter, wenn auch nicht in einem so großen Maße. Vegetarische Würstchen gibt es schon lange nicht mehr nur im Biomarkt. Ob die alle so lecker sind, dass man sie wirklich kaufen muss, sei dahingestellt. Trotzdem ist es ja nicht verwerflich, weniger bis gar kein Fleisch essen zu wollen und zugleich Appetit auf Currywurst zu haben. Das sieht auch Meyer von »Der vegetarische Metzger« so: »Früher gab es den Sonntagsbraten und es war etwas besonderes, Fleisch zu essen. Heute essen die Leute dreimal am Tag Fleisch. Oft ist das sogar viel billiger als vegetarische Ersatzprodukte. Das kann eigentlich gar nicht sein. Wir wollen genau die erreichen, die weiterhin Appetit auf Fleisch haben. Wenn man seit zehn Jahren Vegetarierin ist, hat man den vielleicht nicht mehr. Anders als die sogenannten Flexitarier und Noch-Fleischesser.« Besucht man den vegetarischen Metzger in Kreuzberg, ist man vielleicht erst mal enttäuscht. Die Einrichtung ist zwar hübsch, die Frischetheke aber ziemlich klein. Die meisten Produkte liegen eingefroren und verpackt in großen Kühltruhen. Florian Tenfelde erklärt: »Der Name ›Der vegetarische Metzger‹ soll zum Nachdenken über unseren hohen Fleischkonsum anregen. Generell muss die Sache mit der vegetarischen Wurst und der Frischetheke erst mal anlaufen. Das wird sich in den nächsten Monaten und Jahren sicher auch noch erweitern. Dann wird es eine größere Theke geben. Für kleine Kinder könnte es in zehn Jahren völlig normal sein, zum vegetarischen Metzger zu gehen.« Der Laden in Kreuzberg ist erst mal auch eher als Schnittstelle zum Endverbraucher gedacht. Tenfelde und Meyer wollen versuchen, die Produkte in die Supermärkte und zu echten Metzgern zu bringen. So wie in den Niederlanden – daher stammt auch das Konzept. Jaap Korteweg, der Gründer des »De vegetarische Slager«, ist Landwirt in neunter Generation. Infolge des Rinderwahns musste er sein Vieh notschlachten und beschloss, auf biologische Landwirtschaft umzustellen.

Blöd nur, dass am Ende trotzdem der Schlachter auf die Tiere wartete, denn es ist egal, ob sie in biologischer oder konventioneller Landwirtschaft gehalten wurden, das Schlacht-Prozedere bleibt gleich. Also sattelte Korteweg komplett um und tüftelt jetzt seit mittlerweile zehn Jahren an Fleischersatzprodukten. Denn auch er wollte zwar auf Fleisch, nicht aber auf den Geschmack und die Konsistenz verzichten. Bis heute werden die fleischfreien Varianten der Burger, Würstchen, des Hühnchens und so weiter in den Niederlanden hergestellt. In Den Haag gibt es einen ähnlichen Konzeptstore wie nun in Berlin, außerdem beliefert Korteweg rund 3.000 Supermärkte und andere Geschäfte. Die Zutatenlisten der Produkte sind relativ übersichtlich, es gibt vegane Varianten und vegetarische, in denen Ei verarbeitet wurde. Tenfelde erklärt: »Bei den Eiern geht es um Wirtschaftlichkeit. Unsere Eier sind nicht bio, kommen aber aus Freilandhaltung, ähnlich ist es mit dem Soja. Das ist GMO-frei und kommt aus Kanada und Europa. Die Hersteller achten darauf, dass 90 Prozent der Inhaltsstoffe biologisch und nachhaltig sind.« Korteweg baut in Holland gerade eine größere Fabrik und entwickelt gemeinsam mit der Uni Utrecht ein Gerät, mit dem vegetarisches Hühnchenfleisch auch außerhalb der großen Fabrik hergestellt werden kann. »Der vegetarische Metzger« ist nicht der einzige, der gerade Geld mit solchen Produkten verdient – aber seine sind schon außergewöhnlich lecker. Und wenn man hier einkauft, unterstützt man immerhin kein riesiges Unternehmen, das seine Umsätze wiederum in die Fleischindustrie steckt. Das sieht auch Meyer so: »Grundsätzlich sagen wir nichts dagegen, wir wollen niemanden bashen oder belehren. Trotzdem frage ich mich als Privatperson schon, was so eine Firma macht, ob die vegetarischen Produkte in GMO-frei der gleichen Fabrik wie das Fleisch GMO bedeutet »genetically modified organism« verarbeitet werden, zum Beispiel.« beziehungsweise auf Deutsch GVO »gentechnisch veränderte Organismen«. Dabei handelt es sich um Ja, werden sie. Allerdings nicht mit Organismen, deren Erbgut durch gentechnische den gleichen Maschinen, schreibt Eingriffe manipuliert wurde – entweder durch das die Rügenwalder Mühle in einer gezielte Abschalten einzelner Gene oder durch den Einbau artfremder oder arteigener Gene. Erklärung: »Damit es während des Herstellungsprozesses nicht zu einer Berührung von fleischhaltigen und fleischfreien Produkten kommt, haben wir aufwendige Maßnahmen ergriffen (z. B. eigener Produktionsbereich mit chipgesteuerter Zutrittsschleuse).« Am Ende kann man auch einfach mehr Gemüse kochen und weniger Fleisch essen. Oder aber, man probiert vegetarische Metzgereiprodukte einfach mal aus. Und vielleicht reicht es auch schon, mal kurz innezuhalten und zu überlegen, in was für einer seltsamen Welt wir leben, wenn erst ein Laden namens »Der vegetarische Metzger« eröffnen muss, damit wir verstehen, dass Essen ohne Fleisch lecker sein kann. Knoten im Kopf? Darauf eine Currywurst. Aber ohne Tier.

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#Life #Rezepte der Popküche

Rezepte der Popküche: »Friends«

Rachels Thanksgiving Trifle »I’ll be there for you«, heißt es im Titelsong zur Serie »Friends«. Passend zur Frienaissance auf Netflix holen wir uns die New Yorker auf den Küchentisch – und testen, ob Rachels »tra­­ditioneller Thanksgiving Trifle« tatsächlich nach Füßen schmeckt. Wer braucht schon »Gilmore Girls« oder »Stranger Things«, wenn man stattdessen wahre Freunde an seiner Seite haben kann? Schließlich haben uns Rachel, Monica, Phoebe, Ross, Chandler und Joey ganze zehn Jahre lang durch die modischen Höhen und Tiefen der 1990er begleitet. Dabei haben sie uns beispielsweise gelehrt, dass man nie den falschen Namen am Altar sagen sollte, Enten und Hühner sich sehr wohl als Haustiere eignen und der »Rachel Haircut« früher oder später dann doch aus der Mode kommt. Dank Netflix gibt es nun endlich ein Wiedersehen mit den sechs Freunden: Mit insgesamt zehn Staffeln und 236 Episoden können »Friends«-Freunde ganze 90 Stunden ihrer Lieblingstätigkeit nachgehen. Oh. My. God. (Ja, auch wir haben Janice vermisst.) Von 1994 bis 2004 lief die US-Sitcom auf NBC und bedeutete den Durchbruch für die sechs Darsteller. Die an Papas Kreditkarten ge- und verwöhnte Rachel alias Jennifer Aniston flieht vor ihrem privilegierten Leben und findet sich in der New Yorker Wohnung ihrer

Schulfreundin Monica, gespielt von Courtney Cox, wieder, wo sie einen Neuanfang wagt. Auch Kochen »lernt« sie hier – klar, dass ihre Freunde unter den nicht immer schmackhaften Gerichten leiden müssen. Anlässe gibt es auch außerhalb offizieller Feiertage. Friendsgiving beispielsweise. Und was würde sich dafür besser eignen als Rachels nicht ganz traditioneller »traditioneller English Trifle«? Aufgrund zweier zusammengeklebter Seiten im Kochbuch kreiert sie versehentlich eine Mischung aus English Trifle und Shepherd’s Pie. Doch was soll’s – beides ist essbar, beides sind Schichtspeisen. English Trifle ist allerdings eine sehr süße englische Nachspeise aus Obst, Biskuit, Pudding, Marmelade und Schlagsahne und Shepherd’s Pie ein traditionelles irisches Gericht aus Hackfleisch, Zwiebeln und Erbsen. Das verklebte Kochbuch und Rachels beeindruckende Naivität führen zu einer interessanten Kombination an Schichten. Joey schmeckt’s. Laura Nürnberger

Das Rezept Zutaten für sechs beste Freunde: 1 Packung Löffelbiskuit 1 Glas Himbeermarmelade 450 g Vanillepudding 150 g frische Himbeeren 300 g Hackfleisch 1 Dose Erbsen 1 kleine gelbe Zwiebel, gehackt 1 reife Banane, in Scheiben geschnitten Schlagsahne (nach Belieben) Und so geht’s: Das Hackfleisch mit den Erbsen und der Zwiebel anbraten. Den Boden einer hohen Glasschüssel mit Löffelbiskuit auslegen, dann eine Schicht Himbeermarmelade über die Kekse geben, bis diese komplett bedeckt sind. Die Hälfte des Vanillepuddings darüber schichten und mit frischen Himbeeren bedecken. Es folgt eine weitere Schicht Löffelbiskuit, darüber die zerstörerische Hackfleisch-Mischung, der restliche Pudding, eine Schicht Bananenscheiben und abschließend eine Schicht Schlagsahne. Wer jetzt keine passende Ausrede parat hat, muss ran an den Trifle.

Illustration: Alexandra Ruppert

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#Style

#Style

Spinne auf THC

Sieht fast aus wie ein ganz normales Spinnennetz. Doch dieses Gebilde entstand unter dem Einfluss von THC. Während ein Joint für viele das perfekte Entspannungs- und Heilmittel darstellt, landen andere nach dem Konsum von (zu viel) THC im Sanatorium. An einem solchen Ort spielt auch der Film »A Cure For Wellness«, der für unsere Modestrecke Pate stand.

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#Style #A Cure For Wellness

Ein Mittel gegen Wohlbefinden

KALTES, KLARES WASSER Ein ominöses Sanatorium in den Schweizer Alpen, ein junger Amerikaner und eine bildschöne Langzeitpatientin: Der Film »A Cure For Wellness« kommt am 23. Februar in die deutschen Kinos. Doch Vorsicht – das therapeutische Spa im Nirgendwo wirkt nur auf den ersten Blick wie ein Tempel der Entspannung. Fotos: Jakob & Hannah Styling: Frederike Ebert, Sebastian Schwarz Hair & Make-up: Maria Ehrlich Models: Lucas Ernst @PMA, Sophie Heuvels @Izaio Location: Stadtbad im Hotel Oderberger, Berlin

Neckpiece: Marina Hoermanseder, Trenchjacke: Klaesi Holdener, Hemd: Vintage Raf Simons, Boxershorts: Weekday, Socken: Item M6

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Shirt: Weekday, BH: Marie Yat, Slip: Petit Bateau, Legpiece: Marina Hoermanseder, Socken: Marie Yat

#Style #A Cure For Wellness 89


Latexjacke: Hanger Inc, Tanktop: William Fan

90 #Style #A Cure For Wellness


Longsleeve: UY, Shirt: Barre Noire

#Style #A Cure For Wellness 91


Turtleneck: UY, Hemd: Libertine-Libertine, Boxershorts: Klaesi Holdener

92 #Style #A Cure For Wellness


Shirt: Weekday, BH: Marie Yat, Slip: Petit Bateau, Legpiece: Marina Hoermanseder, Socken: Marie Yat

#Style #A Cure For Wellness 93


FÜHLEN SIE SICH WOHL?

KOSTÜME

MUSIK

PRODUKTION IN KO-PRODUKTION MIT STUDIO BABELSBERG EIN PRODUKTIONSKAMERA DESIGN KOPRODUZENTEN CHRISTOPH FISSER HENNING MOLFENTER CHARLIE WOEBCKEN STORY

PRÄSENTIERT EINE SCHNITT

AUSFÜHRENDE PRODUZENTEN

FILM

CASTING DREHBUCH

PRODUZENTEN REGIE

MIT UNTERSTÜTZUNG VON

#CureForWellness

/FoxKino

CureForWellness-Film.de

/foxkino

/20thCenturyFoxGermany

AB DONNERSTAG, 23. FEBRUAR NUR IM KINO


#Style #Technik

Ember Smart Mug

Amazon Echo

Wann hört es endlich auf zu regnen? Wann muss ich morgen raus? Und was passiert eigentlich gerade so da draußen in der Welt? Es gibt einige Fragen, die einem während des gepflegten Müßigganges durch den Kopf gehen können. Amazon Echo beantwortet sie fast alle. Die unscheinbare Kreuzung aus Smart-Hub und Bluetooth-Lautsprecher ist in den eigenen vier Wänden ein mächtiger Verbündeter und regelt per Sprachbefehl sogar Heizung oder Wohnzimmerlicht, sofern die entsprechenden Schnittstellen vorhanden sind.

Die Zeitspanne, in der ein Heißgetränk die ideale Temperatur hat, ist eine Wissenschaft für sich. In der Regel verbrennt man sich erst den Mund, um dann schon wenig später festzustellen, dass lauwarmer Tee nur noch bedingt seinen Zweck erfüllt. Der Ember Smart Mug schafft hier Abhilfe, in dem er Getränke per einfacher Justierung auf der gewünschten Temperatur hält – und dabei noch verdammt gut aussieht. Exzentrisch? Absolut. Erst recht, wenn man mit der dazugehörigen App verschiedene Presets speichert und seinem Becher einen Namen gibt. — Ember Smart Mug, ca. 135 €, embertech.com

— Amazon Echo, 179,99 €, amazon.de/echo

Gadgets für den Winterschlaf

SMARTES FÜR FAULE Zwar ist der Winter bald überstanden, trotzdem bleiben uns noch einige Stunden auf dem Sofa – samt hochgedrehter Heizung, Netflix und dicken Socken. Wer die restlichen ungemütlichen Wintermonate besonders smart überstehen möchte, ist mit den folgenden Gadgets gut beraten.

Nvidia Shield Android TV

Es gibt inzwischen unzählige StreamingBoxen, mit denen sich Netflix und Co auf den Fernseher holen lässt – die eigene Wahl hängt dementsprechend von persönlichen Präferenzen ab. Nvidia Shield TV hebt sich in einigen Punkten deutlich von der Konkurrenz ab: Neben der hohen Auflösung und dem schnellen Prozessor bietet das Gerät ein umfangreiches Games-Angebot, das man sonst vergeblich sucht. Ein Alleinstellungsmerkmal, das seinen Preis hat – bei entsprechender Nutzung aber jeden Cent wert ist. — Nvidia Shield Android TV, ab 199 €, shield.nvidia.de/ android-tv

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Promotion

New Balance 247 Sport Pack All day and all night, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche – nach diesem Leitfaden richtet sich das Leben vieler Menschen. Keine Pause – wer nicht mitmacht, der verpasst was. Das weiß auch New Balance, und hat eigens ein Modell für dieses Lifestyle entwickelt: MRL247. Am 7. Januar kam die neue Silhouette zunächst in ihrer Variante als Luxe-Pack in die Stores, ab dem 4. Februar wird das Modell als Sport Pack releast. Mit einer Kombination aus technischem Mesh-Obermaterial und einem Sockenkonstrukt aus Neopren trifft der MRL 247 den Look der Zeit. Brian Lynn, Product Manager bei New Balance, zeichnet für den »neuen Look, Feel und Fit« des MRL 247, der von verschiedenen NB-Klassikern inspiriert wurde, verantwortlich. Stilistische Zitate aus altbekannten Modellen sorgen trotz der neuen Optik dafür, dass der 247 in der Marken-DNA verankert bleibt. Perforationen im Zehenbereich und reflektierenden Orna-

mente in Form des geschweißten »N«-Logos so wie Einsätzen im Bereich des Mittelfußes oder das Logobranding auf der Zunge sind klare Kennzeichen der »Performance Running«-Linie. All diese Attribute kombiniert mit vier neuen, kräftigen Colourways ergeben einen Schuh, der sich nicht zu schade ist, Blicke einzufangen und zu halten. Ideal für die, die auf ihrem Arbeitsweg, während der Mittagspause oder aber abends in der Bar des Vertrauens ein visuelles Statement abgeben wollen, ohne zu aufdringlich zu sein, ist der 247 mit seinem schlanken Look der perfekte Treter. Vielseitig kombinierbar und trotzdem sportlich, hat New Balance ein tolles Modell gefertigt.


N– 0 4 out now

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#Review

# Review Spalter Charlie Cunningham Lines Dumont Dumont / Rough Trade

Wie grell müssen die Reize von Popmusik blinken, damit ihren Hörern nicht die Augen zufallen? »Lines«, das Albumdebüt von Charlie Cunningham, zeigt sich eher sacht und introvertiert. Aber ist »Langeweile« für diesen Folk die richtige oder die fahrlässige Bewertung? Noch mehr battle unter: www.intro.de/spezial/spalter

Unsere liebsten Platten 01 The xx I See You 02 Antilopen Gang Anarchie und Alltag 03 SOHN Rennen 04 Japandroids Near To The Wild Heart Of Life 05 Bonobo Migration 06 Sampha Process

Eines kann man dem Londoner Charlie Cunningham nicht zum Vorwurf machen: Dass seine Musik per se auf Eingängigkeit setzt. Tatsächlich ignoriert er das Strophe/RefrainSchema ein ums andere Mal. Das Problem ist vielmehr, dass er seine Stimme wie ein Leierkasten über in der Summe langweilige, da ereignislose Soundkulissen legt. Synthie-Flächen deuten immerhin an, dass hier eine zumindest nicht allzu vorhersehbare Version von Folkmusik hätte entstehen können. Doch es hilft nichts. Die eine oder andere schöne Melodie wie in »Lights Off« oder »Breather« kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier einfach zu wenig passiert. Der Hörer wird zum Wartenden degradiert. Und wie das mit dem Warten so ist: Irgendwann wird es langweilig. Richtig wütend wird man allerdings Was haben diese abgefeimten Popkritiker nur nicht, denn dafür ist die Musik des für ein Problem mit reduziert instrumentierter, Briten dann doch zu geschmackvoll. atmosphärisch eingängiger Musik? Was ist falsch Kai Wichelmann an »Gefühligkeit«, Introvertiertheit und Aufrichtigkeit gegenüber eigenen Emotionen? Die Phrasen, mit denen Alben wie das von Charlie Cunningham immer wieder in Bausch und Bogen abgewatscht werden, sind zumeist nicht mehr als das und überdies reichlich einfältig. Tatsächlich beweist diese lang erwartete LP nach drei herausragenden EPs und ausverkauften Shows den britischen Songwriter als ein Talent in Sphären eines José González, auf dessen Label »Lines« auch erscheint. Es ist zwar wahr, dass Cunningham auf diesem Album ein wenig eingängiger geworden ist, und man vermisst die instrumentalen Ausflüge seiner Konzerte, etwa in Richtung des Flamenco. Allerdings hat er in seiner ganzen stilistischen Spannbreite immer noch weit mehr zu bieten als die gängigen Charts-Songwriter, er rekurriert sowohl auf alte Folker wie Cat Stevens als auch auf forschende Spezialisten wie Matt Elliott oder Alexi Murdoch. Darüber hinaus arrangiert er gerade die bereits von den EPs bekannten Songs sehr gekonnt um und denkt sie sacht und betulich, aber keineswegs unspektakulär weiter. Daraus folgt aber auch der einzige Kritikpunkt, den ich gegenüber »Lines« vorbringen kann: Das Album hätte weniger bekannte und mehr neue Songs haben dürfen. Das ist aber auch schon alles. Christian Steinbrink

07 Austra Future Politics 08 Der Ringer Soft Kill 09 Schnipo Schranke Rare 10 Diverse Mach’s besser: 25 Jahre Die Sterne

Eure liebsten Platten 01 A Tribe Called Quest We Got It From Here … Thank You 4 Your Service 02 Nicolas Jaar Sirens 03 Touché Amoré Stage Four 04 Peter Doherty Hamburg Demonstrations 05 Leonard Cohen You Want It Darker 06 Metallica Hardwired … To Self-Destruct 07 Bon Iver 22, A Million 08 Sido Das goldene Album 09 Nick Cave And The Bad Seeds Skeleton Tree 10 The Slow Show Dream Darling

Schickt eure Top 10 an charts@intro.de. Alle Einsender nehmen an unseren Ver­losungen teil!

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#Review #Platten vor Gericht

Platten vor Gericht Intro-Leserinnen und -Leser: Mittippen und via intro.de Juror werden!

Antilopen Gang

Schrottgrenze Candelilla

Tosca

Alex, Timo, Hauke, Benni

Rita

Rupert Huber, Richard

Ø 5,10

Ø 5,60

Ø 4, 20

Ø 6, 20

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SD Dirrrty

Current 93 Thunder Perfect Mind

PJ Harvey Dry

Can Tago Mago

Knochenfabrik Ameisenstadt

Hüsker Dü Candy Apple Grey

Uri Caine Ensemble Mahler live in Toblach

Pink Floyd Dark Side Of The Moon

Die Toten Hosen Bis zum bitteren Ende ... live

Rosenstolz Ich geh in Flammen auf

F.M. Einheit feat. Gry Public Recording

Talking Heads Remain In Light

Koljah, Panik Panzer

1

Tycho Epoch Ghostly International / Cargo

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Peter Doherty Hamburg Demonstrations Clouds Hill / Rough Trade

3

SOHN Rennen 4AD / Beggars / Indigo

4

Sinkane Life & Livin‘ It City Slang / Universal

5

Justice Woman Because / Warner

6

Schnipo Schranke Rare Buback / Indigo

7

Metallica Hardwired... To Self-Destruct Vertigo / Universal

8

Charlie Cunningham Lines Dumont Dumont / Rough Trade

9

Austra Future Politics Domino / GoodToGo

10

Sido Das goldene Album Urban / Universal

All Time Faves

P: Da fällt mir nichts mehr ein. K: Reine Instrumentalmusik rauscht immer an mir vorbei. Aber bestimmt gut zum Einschlafen auf Kopfhörern im Tourbus. P: Ich hab mal ne Nacht in seiner Künstlerwohnung verbracht. War langweiliger, als ich dachte. So wie das Album. Nochmal höre ich es nicht. K: Werd ich mir kaufen. P: Die Melancholie ist angenehm und das Vertrackte nicht anstrengend. Gefällt mir, wie vielen meiner Facebook-Freunde. K: Mir nicht. Aber hat auch was. P: Volle Punktzahl für die Kopfstimme, aber maximaler Punkteabzug für die Fingerschmerzen vom Skippen. K: Hat was.

K: Ohne kontroverses, reißerisches Musikvideo verliere ich schnell die Konzentration. P: Justice machen ihr Ding. Stabil, aber irgendwie egal. P: Volle Sympathie und sehr guter Albumtitel. »Ich wünsch' mich in den Knast, mein Papi ist ein Spast.« K: Super.

K: Höre ich gerne. Meine Sympathien haben Metallica. Das mit den Gitarrensoli muss wohl so sein. P: Man wartet vergeblich auf die eine Ballade. Starkes Cover! P: Charlies Fans verzichten abends auf Kohlenhydrate. Er ist wie ich sicher auch traurig, weil er so eine leicht froschige Stimme hat. K: Lässt mich kalt. P: Austra sind irgendwie Florence Welch in Kirmes. Hat aber durchaus gute Momente. K: Ist okay. Aber zu nervig, um mir das ernsthaft geben zu können.

P: Ich schwanke zwischen Kopfnicken und an den Kopf greifen. K: Gute Beats, insgesamt stimmig, aber textlich oft etwas lieblos.

Dorfmeister

T: Geile Ambient-Mucke, geht ab, macht gute Laune, ist organisch und enthält coole Gitarren.

B: Wärmend, nah und brüchig. Berührt mich!

H: Soul-Gesang auf Electro-Beats, clever gemacht. Holt mich aber nicht wirklich ab.

T: Krautrock, Free Jazz, Funk-Rock — dachte, hier geht’s mehr ab. Mir zu glatt und zu lahm.

H: Tolle Disco-Grooves und 1980er-Wave-PopMelodien. Mag ich trotzdem.

A: Pipi, Sperma, Ha­schischlulle und wunderschöne Melodien. Gefällt mir sehr.

A: Die neue Running Wild ist besser! Ein Punkt für den Promo-Track »Hey It’s James« auf Spotify.

A&H: Gut gemacht, erzeugt aber schlechte Laune.

T: Synthie-Pop mit guter Message, manchmal etwas langatmig.

A: Steindoofer Goldrap. Nach »Sintflows« kam von ihm nichts Hörenswertes mehr.

Die mainstreamigere Variante von Mount Kimbie. Leider harmonisch und in den Steigerungsstrukturen dementsprechend vorhersehbar.

Die dem englischen Drama entliehene Romantik und der frühere Punk heben ihn ein wenig heraus aus den sonst so seufzenden Akustikgitarristen.

Vergangene Popstrukturen und -harmonien treffen auf interessante Sounds, Orgeln und Zerrissenheit. Schön.

Elegant auf die Musik fokussiert wie eh und je. Quasi die musikalisch eloquentere Variante von Justice’ Electro-Funk-Versuchen.

Die Brunftigkeit der Vorgänger ist hier gut gemachtem, funky ElectroPop gewichen. Ein bisschen langweilig.

Mehr Drama, Zirkus und Musik als das Debüt. Allerdings immer noch aus der selbst gewählten postironischen Riesenbaby-Perspektive. Speziell subversiv. Schnalzende Kick-Drums und Speed-Gitarren. »We’re all so fucked«, singt Hetfield. Ja, und das, seit es Metallica gibt. Das kann dennoch Spaß machen. Männer-Folk, glatt gestrichen für Latte-Macchiato-Bars. Das will sehr berühren und tut es überhaupt nicht.

An die pathetische Unterkühlung ihres DebütSongs »The Beat And The Pulse« sind sie nie wieder rangekommen. Klassik-Pathos im nervöseren Sound-Gerüst. Nachdem der in Sachen Ironie oder Distinktion eh nichts zu verlieren hat, wagt er sich an Politik, was etwas Erfrischendes hat.

H: Wie gewohnt atmosphärische Beats mit verträumtem Off-Ansatz. Man merkt die Liebe zur Gitarre. D: Würde ich kaufen.

H: Gegen die Stimme kann man einfach nichts sagen. Eine lebende Legende. D: Ohne sein Image wär’s leichter, die gar nicht schlechten Songs zu genießen. H: Eigenwillig. Mit Pop und schönen Instrumental-Tracks will man scheinbar auf zwei Partys tanzen. D: Gut gemachter Industrie-Pop mit Ansätzen von Gefühl. H: Entspannt, kommerziell, livetauglich. D: Alles gut, gute Stimme, ausgewogene Musik, guter Sound, würde ich gerne im Radio hören. H: Die erste Nummer geht als Pop-Versuch noch durch, sonst ist mir das alles viel zu effektversessen. D: Super Musik für den Wetterbericht vom 08.04.1991. H: Eine Band mit Tracknamen wie »Haschproleten« kann nicht ganz schlecht sein. D: Coole Texte, die ich lieber live als auf Tonträger hören möchte. H: Unantastbar! Klartext mit cleveren Details und kleinen Breaks! D: Klassisch, schnörkellos. Literaturnobelpreis für die Textzeile: »We’re so fucked«! D: Reinhard Mey für Millennials, ob zum Zuhören, Schmusen oder beim Frühstück in der Hotellobby. RealLife-Filmmusik, so sensibel produziert wie gemeint. H: Schmalzig, zu dick aufgetragen. Indie mit schönen Ansätzen. D: Typische Pop-Frauenstimme, enervierende Texte und bedeutungsschwere Disco-Versuche. D: Lästig, wenn ich von besoffenen Jugendlichen angeredet werde, und peinlich, von einem nicht besoffenen Nichtjugendlichen Ähnliches hören zu müssen.


#Review #Platten vor Gericht

Dear Reader

Kreator

Die Sterne

Cheri

Mille

Frank, Christoph

Ø 6,40

Ø 7,10

Ø 5,40

7

7

6

7

7

8

8

7

8

101

Jan van Weegen

Deborah Wißkirchen

Christian Hedel

Gebäude 9, Köln

Leserin

Fotograf Intro

Ø 7,00

Ø 4, 20

Ø 4,40

6,5

8

7

7

6,75

8,5

7

8

2

6,55

Geil! Kannte die Singles aus dem Radio.

7

8

6

1

6,05

Ein schönes Album. Kannte ich noch nicht.

6

7

6

2

5,80

8

4,5

5

5

9

5,75

6

6

8

7

0

Das braucht kein Mensch. Ehrlich.

0

3

8

6

7

3

Man hört sofort, dass das Metallica sind.

7

6

1

8

5

9

4

7

5

Paul Simon Graceland

Kind of Math-Rock meets House. Enjoyable but at times a bit cheesy. I could imagine enjoying jogging to some of the songs that have faster beats. It feels a little »put-on«. And I don’t like how he seemingly purposefully sings out of tune. But there’s something nostalgic about it that I do like. Super soulful. He has a great voice. It’s very listenable. Just when it starts to feel overly-emotional, »Falling« kicks in and stirs things up a bit. This album has the trademark sunny style I know and love, but with a melancholy undercurrent that makes it a bit weightier. Such good vibe music. This has such a rich soundscape. I love how it isn’t self-serious. It’s epic and melodramatic and a bit silly. I only wish it wasn’t quite so retro.

Gut, kann man mal machen.

Irgendwie ganz geil. Finde aber auch alles gut, was der macht. Pluspunkt für die Texte.

Kann man machen. Singles sind sehr stark. Auch hier Fanboy-Bonus.

F: Finde ich gut, stehe dem Ganzen, wie so oft bei Electronica, aber recht sprachlos gegenüber. C: Extrem liebevoll programmiert. F: Abgesehen von dem wirklich großartigen Sound ist es vor allem einfach ein Doherty-Album. Nicht mehr und nicht weniger.

F+C: Dieses GospelFeeling zusammen mit den elektronischen Sounds haben wir so woanders noch nicht gehört. Interessant.

F+C: Folk Music vom afrikanischen Kontinent beeinflusst dieses Album: rhythmisch gesetzte Bläser und polyrhythmische Percussions. So mögen wir das. F: Die letzen LPs hab ich wohl verpasst, und das ist wegen diesem hier auch nachvollziehbar. C: An dem Disco-Sound der späten 1970er hängen geblieben.

Prägnante EinwortSongtitel, rhythmisch und sphärisch aufgeladen. Hier darf auch Schweinchen Schlau mittanzen.

Je erwachsener, desto vielschichtiger. Der Hamburg-Aufenthalt scheint den Peter nachdenklich gemacht zu haben. Steht ihm gut.

Kurz bevor Christopher Taylor sich mit seinem rastlosen Ideenreichtum selbst auszutricksen droht, kriegt er noch rechtzeitig die songdienliche Kurve. Cleveres Style-Hopping in den verschwitzten Gefilden von Electronica, Soul, Funk und Afrobeat. Aber alle Songs auf den Punkt gebracht. Justice jetzt im Disco/ Funk-Gewand wie schon andere französische ElectroDuos vorher. Mir gefiel die Metal-Attitüde besser.

Hier ist Tycho etwas schneller unterwegs als üblich, klingt aber immer noch nach ihm. Lasse ich trotzdem beim Lesen im Hintergrund laufen. Solo nicht so meins, aber das hier ist ein schönes Album, ziemlich romantisch. Die Hommage an Amy gefällt mir sehr gut. Hamburg hat ihm wohl gut getan. Die poppigere Version von James Blake. Das Album hat ein paar überraschend gute Momente.

Ich habe etwas Jazzigeres erwartet. Trotzdem bringt es Stimmung, und ich überlege, ob ich es meiner Mutter zum Geburtstag schenke.

Dafür, dass »Safe And Sound« und »Stop« die Höhepunkte des Albums sind, sind die Songs eher langweilig. »Woman« macht Lust auf frühere Produktionen.

Hat mich zuerst an das Album von Austra erinnert, nur frischer. Und er hat nicht den Fehler gemacht und gesungen.

Ein Booze-Album, wenn es dieses Genre gibt. Pete auf zwei Flaschen Wilthener Goldkrone (stimmt wahrscheinlich).

Ein Album, das man unbedingt gehört haben muss, um mitreden zu können. Ich hab es leider nur bis zur Hälfte geschafft. Holt mich nicht ab.

Wie ‘ne CD von einer Panflöten-Combo vor dem Karstadt. Der Vibe kommt nicht mit nach Hause. 2 Punkte, weil nicht ganz so mies wie Schnipo Schranke. Ein Justice-Album, das nach Justice klingt. Musikjournalisten würden das wahrscheinlich anpöbeln. Vor allem »Alakazam« zieht mir die Discoschuhe an. Hat was von Nena vs. Nina Hagen. Ach, Scheiße.

5,50

7

Hab ich mir extra bis zum Schluss aufgehoben. Mein erstes komplett gehörtes Metallica-Album hört sich genau so an, wie ich es mir vorgestellt habe.

5,45

4

5

4,75

5

2

3

4,60

2,5

8

1

8

4,40

Misfits Walk Among Us

Sly Stone There’s A Riot Going On

Talk Talk Spirit Of Eden

Pavement Brighten The Corners

Oasis (What’s The Story) Morning Glory?

Joni Mitchell Hits

Iron Maiden Killers

Parliament Osmium (Rhenium)

The Organ Grab That Gun

The Brian Jonestown Massacre Pol Pot’s …

Radiohead Kid A

Laura Veirs Saltbreakers

Judas Priest Defenders Of The Faith

Talking Heads Remain In Light

Sonic Youth Dirty

Chelsea Wolfe The Grime And The Glow

Beginner Bambule

Comedy and music rolled into one. Not sure in when I would ever listen to this, but it would be super fun to see live. »Herr Schulz« is a cool track. Tried to keep an open mind, but this is really not my thing. I hate the singing style and the clippy kick drum. It all just sounds really dated to me. He has a lovely voice. I like how stripped down it is. It’s emotive and tender, though maybe a little too sentimental. Overkill on the reverb! The first half is strong and then it loses momentum. After a while the excessive vibrato in her voice grates the nerves. Overall a bit colourless. I like how candid this is. Though I must admit I don’t always buy it. But the stories are evocative and it definitely made me feel things.

Eher was für Kay Shanghai. Der wollte mich schon vom vorigen Album überzeugen. Muss man wollen.

Geil, aber etwas lang. Fanboy-Bonus.

Gut zum Entspannen oder Füße-einschlafen-Lassen. Leider zu wenig aufregend für meinen Geschmack.

Genial, ich liebte Austra schon immer!

Ich habe oft versucht, den gut zu finden. Im Quatschradio kann man das mal aufdrehen, aber auf Albumlänge geht das für mich nicht klar.

F: Sie haben die »falsche Fährte« als Reimstilmittel wiederentdeckt. Dafür gebührt ihnen ewiger Ruhm. C: Habe etwas die bissigen Wendungen vermisst. F: Das ist zu Tode produzierte Mittelstufen-Arithmetik. Muss man das Album kennen? Nö. C: Dafür aber die Motorradfahrer, die das Album ausgeliefert haben. F: Er besitzt angeblich das Talent: »starke und zugleich zarte und ehrliche Musik zu schreiben«. Darüber hinaus auch die Fähigkeit, aufs Äußerste zu langweilen. F+C: Monsterstimme und interessante Harmonien der zweiten und dritten Stimmen. Auf die Dauer ermüdend und etwas zu »gefühlig«.

F: Nichts für mich. Vieles ist gut gemeint, aber zum Tapete-vonder-Wand-Abnagen falsch. C: Ich wollte aber die ganze Zeit hören, was er zu sagen hat.

In Haltung und Gesamtästhetik einzigartig cutting edge.

Mein Freund der Friese sagt, die Platte sei zu lang geraten, beinhaltet mit »Spit Out The Bone« aber den besten Metallica-Song seit fast 30 Jahren. Nicht einfach, einer alten Konzertgitarre neue Klangaspekte abzutrotzen. Charlie schafft das mit seinem virtuos-perkussiven Stil locker. Die Austra-Formel scheint inzwischen leicht aus der Zeit gefallen zu sein.

Ein straightes Rap-Album mit einem durchgehend kohärenten Beat. Trägt den Albumtitel zu Recht.

Leute, die auf melancholisches Singer/Songwriter-Folk-Gedöns stehen, sollten sich diese Platte zulegen.

Eigentlich ganz nett. Eben ein sauberes Synthie-Pop-Album mit weiblicher Stimme. Stellenweise klingt es wie gewollt und nicht gekonnt. Mir gefallen die Titel. Dafür gibt’s einen Punkt.

Wenn man mal traurig ist, kann man das Album sicher anhören und sich in dem einen oder anderen Song wiederfinden.

Beim ersten Song noch begeistert. Klingt dann aber durchweg wie Depeche Mode in den 1980ern. Es würde dem Album helfen, wenn sie nicht singen würde. Ein bisschen Gesellschaftskritik, ein bisschen Pimmelgeprotze und super Beats. Läuft bei Sido. Männaz mit Vaginaz — Poesie fürs Volk.


102

#Review

Spektakel der Ausgabe

SOHN Rennen 4AD / Beggars / Indigo

Leuchten da jetzt die Sterne – oder ist es eine Discokugel? Auch das zweite Album von SOHN findet die perfekte Mitte aus Soul und nachttiefem Electro-Pop.

Christopher Taylor ist weggezogen aus Wien. Er lebt jetzt in Los Angeles. Wärme, Glam, Hollyweed, äh, -wood. Es gibt schlechtere Orte, um sich für ohnehin schon warmherzige, feinfühlig-soulige Electronica inspirieren zu lassen. »Rennen«, das der Soundtüftler innerhalb eines Monats vorzugsweise nachts schrieb, vermittelt tatsächlich noch mehr Wärme und Brillanz als sein umjubelter Vorgänger »Tremors«, zeigt aber eine deutliche Weiterentwicklung im Songwriting Taylors. Schon die Single »Conrad« ist ein toller, pulsierender Nachtmusiktraum; Stücke wie das edle »Signal« erinnern an den frühen Jamie Woon. Und die Idee, nicht allzu ambitioniert mit der Effektmaschine zu spielen, sondern lieber Stimme, Melodie und Rhythmus in den Vordergrund zu stellen, lässt die zehn neuen SOHN-Stücke sehr unmittelbar und deep wirken. Die Seele in Taylors Electro-Soul verdient ihren Namen nun noch mehr (der Titeltrack ist ein überaus berührend schönes Stück); »Rennen« ist ein großes, schwermütiges und feinfühliges Album, das dafür sorgt, dass SOHN nun endgültig keinen Vergleich mehr scheuen muss. Kristof Beuthner

Antilopen Gang Anarchie und Alltag JKP / Warner

»Anarchie und Alltag«, das zweite Album der Antilopen Gang, ist mit der Erfüllung aller Erwartungshaltungen durchweg vorhersehbar – und damit der perfektionierte Querschnitt ihrer gesamten Diskografie. Zwei Jahre nach ihrem Durchbruchsalbum »Aversion« haben sich die Antilopen dank KenFM-Rant und Festival-Sommer zu einer Art Steineschmeißer-Pendant zu Fettes Brot entwickelt – ein bisschen zu frech für den Bundestag, aber angepasst genug für einen »Tagesschau«-Beitrag. Entsprechend ist auch »Anarchie und Alltag« wieder ein Balanceakt aus Sprücheklopfer-Rap zwischen Fehlfarben-Referenz und ironischer Hintertür, um Nachwuchs-Punks wie KuWi-Erstis ein Auskennerlächeln zu entlocken. Polit-Rap für Außenseiter oder solche, die es gerne wären.

Die titelgebende Anarchie ist hier allerdings nicht Alltag, sondern wird im Alltäglichen gesucht: »Ich bestelle ein Doppel-WhopperMenü bei McDonald’s« – oi oi oi. Die Gang spielt weiterhin ihren liebenswert pöbelnden Rotzlöffel-Soundtrack aus der fatalistischen Sicht einer post-revolutionären Mittelschicht, dessen alter Home-Recording-Charme mithilfe von Roe Beardie differenzierter, großflächiger, aber auch braver geworden ist. »Anarchie und Alltag« ist verkopft, verspielt, ja, im Antilopen-Kosmos vorhersehbar – und genau deswegen das beste Album ihrer Diskografie. Nur ein Niemand peilt die Gang (nicht). Fionn Birr

Beachheads Beachheads Fysisk Format / Cargo / VÖ 03.02.17

Eine Hälfte der norwegischen Metaller Kvelertak lässt mit einem Nebenprojekt ihr Powerpop-Herz ungebremst schlagen.

Würgegriff klingt erst mal wenig nach Pop. Doch eine Vorliebe für eingängige Melodien und Songwriting ist den norwegischen Punkrock-Metallern Kvelertak (norwegisch für Würgegriff) bei vielen ihrer Songs gleich unter der Oberfläche anzumerken. Auf dem Debütalbum ihres Nebenprojektes Beachheads lassen Gitarrist Vidar Landa und Bassist Marvin Nygard ihr großes Powerpop-Herz nun ungebremst schlagen. Ursprünglich nur als spaßiges Freizeitvergnügen geplant, entschloss man sich nach dem Erfolg einiger Singles zu einer LP. Fröhlich und gekonnt fuzzen sich die beiden Kvelertaks gemeinsam mit Sänger Børild Haughom und Drummer Espen Kvaløy durch die jüngere Indie-PopGeschichte. Der Opener »Moment Of Truth« changiert irgendwo zwischen Babyshambles und The La’s, »Despair« ist eine sehr direkte Hommage an die Hives, »Una« bedient sich einer J-Mascis-Gitarre. Aus all diesen Zitaten und einem gerüttelt Maß an cleverem und eingängigem Songwriting entstehen Popinseln wie der unbedingt noch mal zu erwähnende Opener, »Your Highness« oder der von Bläsern getragene Schlussakkord »It Feels Alright«. »I never asked for the truth, but you owe me«, singen sie gegen Ende der Platte. Und jeder Mensch weiß: Wer Guided By Voices zitiert, kann keine verkehrte Band sein. Christian Steigels

Brutus Burst Hassle / Soulfood / VÖ 03.02.17

Mehr Rockbands mit Frauen in der PolePosition? Can do! Hier kommt ein Trio aus dem belgischen Leuven, bei dem die Sängerin gleichzeitig die Drummerin und das Kraftwerk der Band ist. Vor dem inneren Auge steht Stefanie Mannaerts eigentlich ständig mit zum Himmel gereckter Faust auf den rauchenden Trümmern ihres Kits. Eigentlich hatte sie bei den beiden anderen Musikern ihrer Band zwecks Gründung einer Refused-Coverband vorgespielt. »The Shape Of Punk To Come« hatte sie dementsprechend auch perfekt drauf, doch dann kam dem Trio die höchst unwahrscheinliche Reunion von Refused in die Quere, und plötzlich mussten sie ihren eigenen Sound finden. »Burst« ist nun nach drei 7“-Veröffentlichungen das Debüt auf Albumlänge, und sofort wird klar: Während Mannaerts gern wie im Black Metal auf full speed unterwegs ist, kommt Gitarrist Stijn Vanhoegaerden doch deutlich aus dem Postrock, bleibt trotz hoher Anschlagsgeschwindigkeit gern länger auf den Tönen und zieht die Band mit sich in den Hallraum, während Stefanie mit klarem Gesang über allem schwebt. Eine ungewöhnliche Kombination, die jeden kleinen Rockclub unter Dampf setzt und gleichzeitig zur Kathedrale werden lässt. Einzig die Punchlines sind ein wenig rar, die Songs noch etwas zu statisch geraten. Im Moment zählen bei dieser Band noch Energie und Dynamik. Carsten Schumacher

Bonobo Migration Ninja Tune / Rough Trade

Die Welt ist Klang. Zumindest die von Produzent und Beat-Künstler Bonobo alias Simon Green. Auf seinem sechsten Album »Migration« gibt es daher wenig Kratzen, kaum Knistern, aber dafür viel tanzbare Eleganz. Über Musik herrschen ein paar hartnäckige Irrtümer. Viele glauben, dass sie stets harmonisch sein müsse und dass ihr eine rhythmische Struktur zugrunde liegen sollte. Das mag sein, aber in erster Linie sollte Musik Emotionen vermitteln, und das tut Bonobos Kunst trotz reduzierter Vocals und sphärischer, vertrackter Beats seit jeher. Dennoch spielt in der Welt von Simon Green die Suche nach der inneren und musikalischen Harmonie auch nach 16 Jahren eine große Rolle. Nachdem er 2013 seine Wohnung in Brooklyn gekündigt hatte, um mit seinem fünften Album »The North Borders« 18 Monate um die Welt zu touren, verschlug es den heute 40-Jährigen kurzerhand und mit nur wenig Habseligkeiten nach Los Angeles. Diese räumliche Veränderung liegt seinem neuesten Werk »Migration« nicht nur im Titel, sondern auch klanglich zugrunde. Denn hört man genauer hin, spürt man regelrecht die kalifornische Hitze seiner Wahlheimat, die leichtfüßig, sphärisch, funkelnd und doch schwermütig in den neuen Songs ihren Raum findet. Um die Eindrücke seiner Reise festzuhalten, ließ Green auf beeindruckende Weise Außenaufnahmen wie einen Fahrstuhl in Hongkong, Regen in Seattle und einen Wäschetrockner in Atlanta in seine Produktionen einfließen. Stimmlich bekam er dabei Unterstützung von Gästen wie Michael Milosh (Rhye), Nick Murphy (Chet Faker) und Nicole Miglis (Hundred Waters). Hypnotisch und eingängig tragen Tracks wie »Kerala« und »Break Apart« zur Rätselhaftigkeit des Gesamtkunstwerks Bonobo bei. Bonobo zu hören heißt eben, geduldig zu sein. Sermin Usta

Blackfield V Kscope / Edel / VÖ 10.02.17

Easy-Listening-Nachschlag für SoundGourmets: Das fünfte Album der wiedervereinten Kongenial-Combo Blackfield hat Klasse, Pathos und Parsons. Alan Parsons. Der eine stellt quasi aus Versehen die Charts auf den Kopf, dem anderen ist in seiner israelischen Heimat ein Platz auf dem »The Voice«-Drehsessel zugefallen. An die große Molkerei haben sich Aviv Geffen und Steven Wilson aber trotzdem nicht verkauft. Für »V« stand Letztgenannter wieder mit beiden Beinen im Studio. Gut möglich, dass er und Alan Parsons das Projekt nach zwei bestenfalls durchwachsenen Alben vor dem Kentern bewahrt haben – das Wiedersehen mit dem Apothekerglas vom Cover des famosen ersten Blackfield-Albums hat also Symbolwert. Wie üblich wird auf allzu verkopfte Soli, Jazz-Einschübe oder unvermittelte Dresche verzichtet. Eingefleischte Partitur-Apostel könnte das unterfordern; andererseits ruft »V« zugleich in Erinnerung, dass Blackfield mehr ist als lediglich Wilsons Feriendomizil. Das Album präsentiert sich offensiv eingängig, schöngeistig und feierlich herausgeputzt. Man beachte nur die schwülstigen PianoWogen, auf denen sich Wilson durch das musicalreife »October« treiben lässt, den warmen Riff-Bumerang in »The Jackal« oder auch die ungehemmt märchenhaften Streich-Arrangements von »Salt Water«. Sehr sporadisch blitzt der grimmige Geist von Porcupine Tree auf, weitaus öfter aber eine Schmierigkeit, wie man sie vom akribischen


#Review Wilson andernorts selten zu hören bekommt. Das macht Blackfields Fünfte – unter dem richtigen Blickwinkel – zu einem besonders exquisiten Kuschelrock-Erlebnis. Und seid gewarnt: Jedes Mal, wenn ihr dieses Album über Laptop-Speaker hört, verreckt irgendwo ein Mischpult. Wirklich wahr. Valentin Erning

Cairobi Cairobi Week Of Wonders / Indigo

Cairobi aus Mexiko und Italien spielen eine modern pluckernde und zirpende Variante von Psychedelic. Gab es eigentlich schon mal ein »CoverWelten«-Spezial von Intro zu Kröten und Fröschen? Wenn nicht, sollte man das mal nachholen und das Cover des Debütalbums von Cairobi mit aufnehmen. Die vier kleinen Sweeties passen auch musikalisch, denn die Jungs aus Mexiko und Italien bespielen eine moderne Variante von Psychedelic und Krautrock. Ein wenig des Krötengifts Bufotenin dürfte den Effekt beim Hörer noch verstärken. Als omnipräsente Referenz bieten sich natürlich zuvorderst die Psychedelic-Monopolisten Flaming Lips an, aber eben nicht nur. Dem eingängigen »Gristly Words« haftet etwas Math-Rockiges an, man denke an frühe Foals oder auch an Q And Not U. In »Systems Of Mutual Doubt« hätte auch Sufjan Stevens seine Finger im Spiel haben können, und bei »Saint« mischt die Band noch ein wenig Desert-Rock rein. Ansonsten pluckert und zirpt es ordentlich vor sich hin, die warme, teilweise ins Knödelnde kippende Stimme hält das eklektische Tripping wahlweise zusammen oder verstärkt den hypnotischen Effekt. Am Ende kommt mit »No Better Ending« noch ein elegisches Hymnen-Kleinod, das hält, was der Titel verspricht. Christian Steigels

Loyle Carner Yesterday’s Gone Caroline / Universal

Sensationell entspannter und poetischer Eastcoast-HipHop vom Newcomer und Kate-Tempest-Buddy aus Südlondon. BritHop führt wieder, auch jenseits von Grime. In »Sun Of Jean«, dem letzten Track von »Yesterday’s Gone«, kommen Loyle Carners Eltern zu Wort. Das ist in der Tracklist auch so ausgewiesen: »... feat. Mum and Dad« steht da. Die Familie scheint für den 22-Jährigen eine große Rolle zu spielen, genauso wie die Nachbarn, das Viertel, die Hood eben. Nicht als urbaner Erlebnisraum und Crime Scene, sondern als Handlungsrahmen für Gedanken, Emotionen und Beziehungen. So ist auch das Cover eine Variation des genialen Artworks von Kendrick Lamars »To Pimp A Butterfly«. Wo bei Lamar aber Afro-American Males vor dem Weißen Haus eine neue emanzipative Definition von Körperlichkeit präsentieren, sieht man bei Loyle Carner hingegen Familie, Freunde, Nachbarn unterschiedlicher Generationen, brav aufgestellt, offenbar vor einem durchschnittlichen Wohnhaus

im heimatlichen Croydon. Und nun erzählt Carners Mutter also von früher, als der kleine Benjamin Coyle-Larner Rückwärtssalti ins Schwimmbecken machte, auf dem Kopf stehend fernsah und im Café den Inhalt der Zuckerpäckchen auf dem Tisch verteilte, um darin Bilder zu malen. Das Gleiche tue er heute auch noch – nur mit Worten, so Mum weiter. Und das lässt sich nur bestätigen: Ähnlich wie Croydon-Nachbarin und KollaboPartnerin Kate Tempest malt der Ex-Schauspielschüler Carner in poetischen Worten Geschichten und Figuren in einem lässigen, perlenden Flow. Seine Dyslexie hat ihn dazu gebracht, sich Gedichte, wenn möglich, anzuhören statt zu lesen: Der erste Schritt hin zu seiner Rap-Leidenschaft. Tatsächlich gibt es zurzeit kaum HipHop, der so entspannt, gelassen und sensitiv daherkommt. Gitarren-Licks, Fender Rhodes, Miles-Davis-Trompete und Sax, dazu Rimshots und Knack-Bassdrum, Butterbässe und Gospel-Samples. Zudem klingt Carner, der bereits mit Joey Badass und Nas performt hat, wie der junge Kanye und droppt Jay Z und Mos Def. Die Mischung stimmt. In einer gerechten Welt sollte er im Frühling 2017 die Definition von Cool sein. Claudius Grigat

Frank Carter & The Rattlesnakes Modern Ruin International Death Cult / Kobalt / Rough Trade

Nach den Stadion-Avancen des Nebenprojekts Pure Love und dem feurigen Rattlesnakes-Debüt »Blossom« trifft Frank Carter mit »Modern Ruin« die goldene Mitte – auch wenn die in diesem Fall natürlich immer noch pechschwarz bleibt. Verblüffend ist zunächst, wie gut die großen Gesten von Pure Love und der Hardcore, für den Carter bereits seit seiner Erstband Gallows bekannt ist, doch zusammenpassen. Hat ja schließlich nie jemand gesagt, dass kratzige Gitarrenriffs nicht glasklar gemastert sein oder Ohrwurmmelodien nicht geschrien werden dürfen. Zumindest wird das nach Songs wie »God Is My Friend« keiner mehr sagen. Zu einem Song wie »Wild Flowers« kann sogar richtig getanzt werden – und nein, damit ist nicht die Art von Tanz gemeint, die in autonomen Jugendzentren gerne »Violent Dancing« genannt wird. Diese Offenheit für neue Stile ist auch das, was »Modern Ruin« zu mehr als einem Frank-Carter-Best-of macht: »Acid Veins« atmet so viel Blues, wie es Wüstenstaub wieder ausspuckt; »Thunder« wiederum ist eine Powerballade für alle PowerballadenHasser. Dementsprechend schwanken auch Carters Vocals zwischen Geschrei, Gesang und – auf »Neon Rust« – einem Croonen, das die düstere Dystopie des Textes geradezu attraktiv wirken lässt. Als wichtigste Bezugspunkte für »Modern Ruin« nennt der Brite Referenzalben von Bands wie Glassjaw oder Deftones – passt. Die haben es zwar auch nie in die ganz großen Arenen geschafft, aber will denn wirklich jemand ein Stadion voller Hardcorepunks sehen? Jan Martens

Brent Cash The New High Marina / Indigo

Musik aus einer vergangenen Zeit und einem versunkenen Land: 1960er/1970erRetro-Sunshine-Pop aus einem Kalifornien der Prä-Trump-Ära. Wenn die beiden Vorgänger-Alben schon perfekt waren, was ist dann das hier? Eine Offenbarung. Der aus Georgia stammende Brent Cash war zwar nie in Kalifornien, und das Brill Building steht schon lange in der BeginnerHeimat Eimsbush. Und genau dort lanciert das Label Marina seit einer Ewigkeit Musik von Acts wie Ashby oder den Pearlfishers – immer auf der Suche nach dem ewigen Popsong. Brent Cash hat dabei die Rolle des Sheldon Lee Cooper unter den Songwritern inne: Er macht prinzipiell alles allein und ist dabei schlicht brillant. Auf dem vorliegenden Album heißt das: Musik, Texte, Arrangements, Gesang und bis auf die Streicher alle Instrumente – und das sind nicht wenige. Da sitzt jede Note, jeder Hall einer Gitarrenseite oder Anschlag eines Glockenspiels. Und natürlich ist hier mehr mehr! Cash ist ein waschechter Nerd. Denn er macht seine Musik, weil er es liebt und weil er es kann. Von einer Tante mit einem Erbe bedacht, konnte er sich seinen Instrumentenpark leisten; ein Brotjob finanziert ihm das tägliche Auskommen. Musik ist eben doch wie Astrophysik, zumindest diese: sophisticated, faszinierend und reiner Selbstzweck. Hier trinken die Beach Boys und The Free Design zusammen Gin Tonic, während Burt Bacharach mit den Carpenters die nächste Welle nimmt und America mit den Beatles Frisbee spielen: »They don’t do music like this anymore.« Stimmt, weil kein Mensch sie braucht. Aber gerade das macht sie so toll! Sie ist reiner Hedonismus, ein einziger Widerstand gegen Funktionalität und Hintergrunddudelei. Sie ist Verschwendung und Sonne satt und dabei streng, hermetisch und melancholisch. Sie ist ein Statement gegen jede Verwertungslogik. Wer sie »nostalgisch« nennt, hat nicht begriffen, dass sie die Vision einer besseren Welt versprüht, so wie die Gischt an der Küste von Santa Barbara. Wie eine Offenbarung eben. Claudius Grigat

Cherry Glazerr Apocalipstick

Durch all das zieht sich Creevys Stimme wie das verbindende Glied zwischen dem Erstund dem Zweitwerk. Sie singt nicht mehr von Käsetoast, Proms und zehn Dollar, sondern von den Makeln der Zivilisation – von Politik, Sexismus, den Fallstricken der Jugend. Dabei gelingt es Clem und ihren zwei neuen Mitstreitern Tabor Allen und Sasami Ashworth – ja, Cherry Glazerr haben zwischendurch auch noch einen erfolgreichen Besetzungswechsel überstanden –, sich sowohl technisch versiert zu präsentieren, als auch frisch und dem Grundton des Bandprojekts treu zu bleiben. Ganz wie ein Fächer, der sich nun geöffnet hat. Definitiv eine der jungen Bands, die es mit Spannung zu beobachten gilt. Kira Schneider

Cloud Nothings Life Without Sound Wichita / PIAS / Rough Trade

Glücklicherweise ist das Noise-RockBündel von Dylan Baldi immer für Überraschungen gut. Diesmal tendiert das KrachPendel heftiger in Richtung harmonische Versöhnung. Es beginnt mit einem Klavier und endet in einem unkontrollierten Feedback-Schlagzeug-Taifun. Aber zwischendrin hat die Band aus Cleveland eine Menge schaurig-schöner Pop-Momente versteckt. Obwohl das von Steve Albini produzierte Album »Attack On Memory« von 2012 als die Durchbruch-Platte der Cloud Nothings gilt, schafft es Baldis (mittlerweile mit Chris Brown erneut zum Quartett gewachsene) Band weiterhin, die Extreme zwischen brutalem InstrumentalWutausbruch, schreiender Unzufriedenheit und zauberhafter Gitarrenwand-Glückseligkeit stets wieder frisch abzustecken. »Life Without A Sound« ist dabei keineswegs ein leises Album geworden, hält aber in den intensivsten Momenten lieber für einen kurzen Augenblick inne. Wo zuvor anschwellender Krach in mitreißendem Chaos ertränkt wurde, löst die Band nun öfter die Melodie-Versöhnung aus, ohne etwas von ihrem groovigen Krachmacher-Charme einzubüßen. Und mit »Modern Act« ist ihnen gar eine Hitsingle gelungen, grob Richtung Dinosaur Jr. ohne Knarzstimme und Gitarrensolo. Fantastisches Album, das dafür sorgt, dass die Schublade »Indierock« auch 2017 geöffnet bleiben darf. Klaas Tigchelaar

Secretly Canadian / Cargo

Die Tumblr-Kids entdecken das echte Leben: Cherry Glazerr zeigen sich auf »Apocalipstick« weniger traumverloren und romantisch, aber weiterhin frech und faszinierend. Als Clementine Creevy, kurz Clem, vor circa zwei Jahren auf dem Newcomer-Radar auftauchte, war sie noch das schlaksige L.A.Mädchen mit dem platinblonden Bob und der zarten, hohen Stimme, die sich nahtlos in ihren süchtig machenden Tumblr-SpacePop aus dem Mädchenzimmer-Think-Tank einfügte: entdeckt und engagiert von – natürlich – Hedi Slimane für eine Show von Yves Saint Laurent. Aber das war einmal: Clems Band Cherry Glazerr ist aus dem TeenieTraum erwacht, hat sich geräkelt und blickt mit »Apocalipstick« nun auf die reale Welt. Die minimalistischen, niedlichen HighschoolKlangwelten, noch warm und flirrend aus der brütenden Mittagshitze von Los Angeles, weichen auf dem zweiten Album ausgeklügelten Prog-Rock-Fantasien, Bässen und Synthies der 1980er und reichlich verzerrten Gitarren.

Communions Blue Fat Possum / PIAS / Rough Trade / VÖ 03.02.17

So jung und schon so gut: Auf Communions’ »Blue« erblüht genau das kleine Musikwunder, das sich im Laufe der zwei EPs der Dänen schon abgezeichnet hatte. Martin Rehof wollte eine Band gründen und wusste sich zu helfen: ein paar Melodien im Ohr, zwei musikalische Kumpel, die das mit dem Proberaum regeln, und noch ein gefügiger Bruder, dem man den E-Bass umhängen konnte – et voilà! Der Grad an Aufmerksamkeit, der den dänischen Communions schon nach kurzer Zeit zuteil wurde, zeigt, dass die Branche noch immer für das eine oder andere Märchen gut ist. Das US-Label Fat

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#Review Possum hat zur rechten Zeit die Tentakel ausgefahren und die Grünschnäbel für ihren LP-Einstand unter Vertrag genommen. Nach zwei Aufwärm-EPs haben Communions nun zwar keinen Kurswechsel im Sinn, aber doch den Kompass nachjustiert: Der Hall, mit dem man sich auf der Selbstbetitelten Raum verschaffte, ist weitestgehend abgedreht, und so splissig wie auf »Cobblestones« schrammelte das Quartett zuletzt sowieso kaum mehr. Ein paar launige »C’mon«s allerdings sind Grundausstattung. Herzallerliebste Poprock-Hooks tummeln sich zuhauf, und das Organ von Sänger Rehof ist nur ein paar Schliffe vom Trademark-Status entfernt. Sowieso klingt »Blue« weniger bedrückend, als Titel und Cover erwarten ließen. Als ordentliches Stück Musik, in dem sich Verspieltheit und Ambition die Waage halten, lässt es den Einstand auf ganzer Linie glücken. Einfach nur vier Jungs, die zusammen Musik machen – manchmal braucht es sie eben doch. Valentin Erning

Allison Crutchfield Tourist In This Town Merge / Cargo

Die kleine Indie-Größe Allison Crutchfield präsentiert ein Album, das Spaß und Lust auf mehr macht, aber auch ein wenig anbiedernd klingt. Vielleicht ist der Begriff »Solodebüt« für »Tourist In This Town« etwas hochgegriffen, schließlich dürfte der Name Allison Crutchfield – und auch der ihrer aktuellen Band Swearin’ – nur der Indie-In-Crowd bekannt sein. Im Gegensatz zu dem ihrer Zwillingsschwester Katie Crutchfield alias Waxahatchee, in deren Band Allison ebenfalls spielt und mit der sie vor zehn Jahren die DIY-PopPunk-Geheimtipp gebliebenen Gruppen P.S. Eliot und Bad Banana gründete. Mit den bislang zwei Alben ihrer Band Swearin’ erreichte sie dann in den letzten Jahren etwas Bekanntheit bei Fans von harschem 1990er-Indie und melodiösem Garage-Punk. Und auch dieses Debüt unter eigenem Namen klingt, wie gute Alben auf dem Label Merge eben klingen: nach Melodien und Garagen und ein wenig Riot. Außerdem spielt sich Crutchfield mit hörbarem Spaß an neu entdeckten synthetischen Harmonien, Texturen und Räumen durch die Synthie-Sammlung ihres Produzenten Jeff Zeigler. Leider streben die Songs zu früh in der Album-Dramaturgie in Richtung der Abspänne populärer Serien, in denen sie sicher noch Gebrauch finden werden. Ewiges Finale grande statt quirlig sprudelnder Pop: Es hätte »Tourist In This Town« gutgetan, wäre es ein großes kleines Album geworden, kein kleines großes. Steffen Greiner

Songs – man dachte es sich ja bereits – haben eine derart mächtige Substanz, dass sie auch bei den unterschiedlichsten Herangehensweisen einfach nur anders glänzend funkeln und nicht ermatten. Ausnahme: das irritierend müde »Irrlicht« von Isolation Berlin. Ansonsten klopft das Vierteljahrhundert deutsche Indie-Pop-Geschichte (so viel Pathos darf ruhig mal sein) angenehm uneitel und mit merklichem Herzblut ans Fenster: »Bis neun bist du O.K.« bringen Naked Lunch auf Deutsch (!) aufs Tapet, Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen verwandeln »Widerschein« in eine kämpferische Bläserbrigade, und das bis auf die Knochen ausgezogene »Klebrig vermutlich« von Der Mann ist so sexy wie Spilkers 1970er-Schnurrbart. Als verlässliche Hitmaschine erweist sich PeterLicht, der »Universal Tellerwäscher« zu einem anrührenden Tränenzieher umdeutet. Raritäten und Remixes gibt’s obendrauf. Mit Schleifchen drum herum gemahnt »Mach’s besser ...« daran, was war, was ist und sein wird. Bestenfalls: Die Sterne. Marco Fuchs

Myra Davies Sirens Moabit / Morr / Indigo

Politische, dennoch poetische Wort-Kaskaden fesseln auf diesem Spoken-WordAlbum. Vielleicht findet nach Kate Tempest so was endlich ein größeres Publikum? Es wäre vermutlich etwas überinterpretiert, in diese Musik einen Trend hineinzulesen. Aber interessant ist es schon, dass in den letzten Monaten – einer Zeit, in der die Parole oft wichtiger war als gute Argumentation – einige großartige Spoken-WordAlben erschienen sind, die mit Sprechgesang jenseits von Rap-Ästhetik und Poetry Slam zum konzentrierten Hören einluden. Kate Tempest ist hier zu nennen oder der US-Poet Kenneth Goldsmith. Nun legt Myra Davies ein elektronisch befeuertes Poesie-Album vor. Sicher, ganz neu ist das nicht: Rainald Goetz machte 1994 ein Techno-Album; und falls es in den 1980ern schon Vergleichbares gegeben haben sollte, darf man sicher sein, dass Gudrun Gut und Beate Bartel zwei Westberliner Häuser weiter gelebt haben. Beide sind Gründungsmitglieder der genrebrechenden Untergrundgruppen Mania D und Einstürzende Neubauten, beide legen hier einen perfekt gewebten Soundteppich unter Davies’ Vortrag – die wiederum mit Gudrun Gut seit fast drei Jahrzehnten das ästhetisch ähnlich gelagerte Projekt Miasma unterhält. Ein eingespieltes Team also, das hier zusammenkommt – und man hört vielleicht deshalb so überaus gerne zu, wenn Davies ihre Kurzgeschichten, Meta-Polit-Analysen und poetischen Reportagen spricht. Selbst wenn sie Wagners »Götterdämmerung« als Dreiteiler nacherzählt: »Girl kills all and then herself. Another high school massacre?« Krasser Stoff, man sollte hinhören. Steffen Greiner

Diverse Mach’s besser: 25 Jahre Die Sterne Materie / GoodToGo / VÖ 10.02.17

Zum 25. gibt’s für die Sterne fremde Interpretationen in eigener Sache. Freunde, Weggefährten und Nachfolger verneigen sich tief vor dem lakonischen Riesen Frank Spilker und seinen Sternen. Deren

Für Fans eine Enttäuschung, für alle anderen auch: Das neue Album der kanadischen Pathos-Rocker erinnert in den schlimmsten Momenten an Evanescence. Gibt’s nicht noch irgendwas zu tun in der Abteilung Life-Orga? Rechnungen schreiben, Hemden bügeln oder den Abwasch vom vergangenen Wochenende? Hätte ich jetzt irgendwie Lust drauf, macht sicher mehr Spaß als das sechste Album der kanadischen IndieNoir-Band The Dears. »I never wanted to do this alone«, singt Sänger und Mastermind Murray Lightburn im Opener. Musstest du ja auch nicht, Junge, hilft aber nichts. Bisschen weniger wäre vielleicht sogar ratsam gewesen bei diesem orchestralen PathosIndie-Rock, der nicht erst mit zunehmender Dauer einigermaßen auf die Nerven geht. It’s the production, stupid. Durchaus annehmbare, weil weniger aufdringliche Songs wie »Lost In The Plot« vom 2003er-Album »No Cities Left« sucht man vergeblich. Ein einsamer Höhepunkt ist noch das Smiths’eske »One Day All Will Be Yours«. Das kann den Gesamteindruck aber nicht retten, in den schlechteren Momenten fühlt man sich halt gar an Evanescene erinnert. Auch lyrisch ist das Land eher flach: Lightburn ist mit Keyboarderin Natalia Yanchak verheiratet, dem Vernehmen nach war und ist die Beziehung nicht immer leicht. Okay, aber da muss man doch nicht so texten: »Oh I can change. Give me another chance to show, cause I have got nobody left but you, ouh ouh ouh.« Enttäuschend. Christian Steigels

The Dears Times Infinity Volume One Dangerbird / The Orchard / VÖ 03.02.17

Mark Eitzel Hey Mr. Ferryman Decor / Indigo

Mark Eitzels zehntes Soloalbum ist eine gemischte Tüte aus herausragendem Songwriting und einer zähflüssigen Verpackung. Entgegen seinen ursprünglichen Plänen, aus Finanzgründen ein reines Wandergitarrenalbum zu veröffentlichen, hat Mark Eitzel die Stücke seines zehnten Albums mit Bernard Butler (Suede) hinter den Reglern und so manch einem bereichernden Gitarrenschnörkel neu aufgenommen. Das eingängige Eröffnungsstück »The Last Ten Years« hat er einst für seinen American Music Club geschrieben, und es tritt schnell in die Fußstapfen so starker Eitzel-Opener wie »I Love You But You’re Dead« oder »My Pet Rat St. Michael«. Doch auf »Hey Mr. Ferryman« finden Form und Inhalt nicht durchweg so gut zusammen. Während »The Road« noch mit einem spannenden Songaufbau packt, »Nothing And Everything« an Tim Buckley erinnert und »Sleep From My Eyes« als Liebeslied aus der Sicht eines Koma-Patienten einen wundervollen Abschluss bildet, verliert Eitzel im Laufe des Albums immer mal wieder den Faden und presst seine Texte in unpointierte Songs. Schade, denn zumindest die Texte, die deutlich mehr als ein emotionaler Kassensturz sind, werden seinem Ruf als begnadeter Songwriter und kreativer Kopf gerecht. Sebastian Jegorow

Diverse T2 Trainspotting – OST Polydor / Universal

Der Soundtrack zum »Trainspotting«Sequel erfüllt seine Aufgabe und verbindet die musikalischen Lebenswelten der 1990er mit der Moderne. Kein Zweifel: Neben dem Film selbst gehört auch der »Trainspotting«-Soundtrack zu den ikonischen Referenzwerken der Pop- und Underground-Kultur. Acts wie Underworld und Pulp, sogar Stars wie Lou Reed oder Brian Eno steigerten ihre Popularität durch die Bereitstellung ihrer Songs beträchtlich, zumindest für die Generation der rund um das Jahr 1980 Geborenen. Sein Reiz wurde auch dadurch nicht verbrämt, dass er sich millionenfach verkaufte und um ein eigenes, zwar nicht schlechtes, aber durchaus verzichtbares Sequel erweitert wurde. Dementsprechend groß war die Herausforderung an die Song-Zusammenstellung für den zweiten Teil des Films – sicher ebenso groß wie an den Film selbst. Und tatsächlich hat es das Team um Regisseur Danny Boyle geschafft, die Stimmung der Jahre des ersten Teils des Films mit der Moderne zu verbinden: Der Opener, Iggy Pops »Lust For Life«, bekam einen The-Prodigy-Remix verpasst, jüngere Acts wie Wolf Alice oder Young Fathers stehen in einem reizenden Bezug zu Hits von Altvorderen wie Frankie Goes To Hollywood oder Blondie, und auch Underworld haben ihrem »Born Slippy« ein »Slow Slippy« entgegengesetzt. Boyle und Co. waren einfach zu smart, um nur auf zeitgenössische Stars zu setzen und sie Rent Boy, Spud und den anderen überzustülpen. Ob ihre Auswahl allerdings eine ähnliche Wirkung erzielen wird wie die Zusammenstellung von vor 21 Jahren? Man kann es sich kaum vorstellen, auszuschließen ist es aber nicht. Henrik Hamelmann

Elbow Little Fictions Polydor / Universal / VÖ 03.02.17

Während die Welt untergeht, wirken Elbow aufgescheucht und verbreiten aktuell als die vermutlich Einzigen ehrlichen Optimismus. Zur allgemeinen Friedenswerdung schlug die Antilopen Gang unlängst Pizzaessen vor, Friedensaktivisten bleiben bei unpolitischem Quatsch – und akut wirksam empfehlen sich Elbow. Man kann niemandem so hart glauben wie Guy Garvey, wenn er im Opener singt: »It’s all gonna be magnificent.« Damit kann er nicht nur das siebte Elbow-Album »Little Fictions« meinen – selbst wenn das zutreffend wäre –, damit meint er alles. Elbow, die zuletzt in erster Linie schlimm melancholisch klangen, haben den Optmismus, für den ihr 2008er-Hit »One Day Like This« exemplarisch steht, wieder angestellt und diesmal perfektioniert. »I found peace«, erklärt Garvey im in-Trance-versetzenden »Gentle Storm« und scheint geheilt von vergangenem Liebeskummer und anderen Downern: »Fall in love with me.« – Ja, okay! Alles frisch und alles gut. Verspielt, erzählverliebt, soulig sowie loop- und temporeich sind die zehn neuesten Songs der Band aus Manchester. Die zweite Single »All Disco« könnte als Uptempo-Nummer sogar für die Charts funktionieren. Muss sie aber nicht, weiß Garvey: »What does it prove if you die for a tune? Everything.« Alles wird großartig. Paula Irmschler


»Mach’s Besser« 25 Jahre Die Sterne

09.02. BREMEN

Lagerhaus mit Isolation Berlin

10.02. HANNOVER

Chez Heinz mit Isolation Berlin

11.02. BERLIN

Columbiatheater mit Blood Arm

12.02. LEIPZIG

Conne Island mit Egotronic

13.02. DRESDEN

Beatpol mit Egotronic

15.02. KÖLN

Kulturkirche mit Locas in Love

16.02. HEIDELBERG

Hallo 02 mit Nicolas Sturm

17.02. STUTTGART

im Wizemann mit Yum Yum Club

18.02. ZÜRICH

Stall 6 Support tbc

20.02. WIEN

Grelle Forelle mit Kiesgroup

21.02. MÜNCHEN Strom mit Kiesgroup

02.03. HAMBURG

Uebel & Gefährlich mit Lafote

Vorverkauf: www.dq-agency.com www.diesterne.de Ab dem 10.02.2017 erhältlich als

LTD BOX / CD / 2LP+CD / DIGITAL, exklusiv interpretiert von:

FEHLFARBEN, BJÖRN BETON, ISOLATION BERLIN, EGOTRONIC, LAMBERT, PETER LICHT, STEREO TOTAL, NAKED LUNCH, MAX MÜLLER, KREISKY, FAMILY 5, NICOLAS STURM, DIE ZIMMERMÄNNER, DIE AERONAUTEN, THE BLOOD ARM, UVM. Limitiertes Box Set enthält: Exklusives Poster, 12“ Vinyl Single „Die Sterne und Erobique vs Pollyester“, 7“ Single „Sturm über der Hallig“ mit bisher unveröffentlichten Originalaufnahmen aus dem Gründungsjahr der Band.


Fenech-Soler Zilla So Recordings / Rough Trade / VÖ 03.02.17

Fenech-Soler machen auf »Zilla« ihr Ding konsequent, überzeugt und deswegen gut. Man muss dieses Ding nicht teilen, um das anzuerkennen. Electro-Pop kann eine schwierige Angelegenheit sein. Oft bis zum Kotzreiz überproduziert, liegt kategorische Ablehnung nahe. Fenech-Soler machen diese Art Musik, und zwar in ihrer kitschigsten, glattesten und schmalzigsten Ausprägung. Die Brüder Ross und Bob Duffy sind Musterschüler in ihrem Fach, wie das dritte Album »Zilla« endgültig beweist. Sie kreieren ordentlich knallende Ohrwürmer (»Be Someone«), schönen Pop (»Kaleidoscope«), Disco-Tracks (»On Top«), selbstverständlich einige Synthie-Nummern (»Grace«), haben im Studio offenbar einiges ausprobiert (»From Afar«) und auf den Punkt gebracht (»Cold Light«). Jedes Arrangement auf der Platte stimmt, nichts stört, das sind zwölf Tracks Perfektion. Nachdem sie als Vorband von Kelis und Robyn touren durften, haben Fenech-Soler für dieses Album einiges an Zeit und Energie investiert und das meiste selbst produziert. Dass sie keine abzuwinkenden Pophanseln sind, ist spätestens bei den Outros »Zilla-I« und »Zilla-II« bewiesen, bei denen noch mal alles feuerwerkartig aufgefahren wird, was musikalisch bei der Band drin ist. Vielleicht ist das Zeugnis »technisch gut gemacht« sonst keine besonders attraktive Kategorie, soll jedoch in diesem Fall in der besten Absicht ausgestellt verstanden werden. Paula Irmschler

HAPPY FOLK ODER WUTBÜRGER ?

Half Japanese Hear The Lions Roar Fire / Cargo

Experimentelle Phase! Breitwand-Pop! Perfektionismus! Da schmunzelt Jad Fair nur leicht, richtet sich die Brille und schrammelt einen Song von diesem jugendlichen Spätwerk der ewigen Dilettanten aus Texas.​ Im Konjunktiv sind Half Japanese wahre Könige. De facto sind sie jedoch seit vier Jahrzehnten ein Geheimnis, das leider zu gut gehütet wurde und die Musikgeschichte aus dem Untergrund immer mal wieder angeschubst hat. Die Band hat bereits mit Sonic Youth, Daniel Johnston und Moe Tucker musiziert, und natürlich hat Jad Fair auch ohne die alte Peter-Bursch-Gitarrenschule längst herausbekommen, welche Saiten er anschlagen muss, um den Hörer zum Lächeln zu bringen. Doch schaffen es Half Japanese auch auf ihrem neuen Album zu klingen, als hätten sie ihre Instrumente gerade erst entdeckt. Um die Spannung auch 40 Jahre nach Gründung zu halten, hat die Band diesmal beispielsweise eine Cellistin ins Studio geladen. All das sorgt jedoch höchstens an den Rändern für eine Ergänzung der melodiösen Noise-Tiraden. Sonst bleibt alles beim Alten: riesige Blutegel, die für B-Movie-Flair sorgen, unsaubere Gitarren, einige äußerst eingängige Melodien und der nasale Gesang. Wirklich bemerkenswert ist neben der Beständigkeit das langsam wachsende »Preventers« und »This Is What I Know«, in dem Fair »Let’s make history« proklamiert. Hat er doch schon längst. Sebastian Jegorow

Gabriel Garzón-Montano Jardin

HGich.T Therapie wirkt

Stones Throw / Groove Attack

Tapete / Indigo / VÖ 03.02.17

Positive Vibes: Auf Gabriel GarzónMontanos Debüt trifft hippieske Attitüde auf Pop und Rap-Beats im Westcoast-Style. Stones Throw Records durchbricht seit seiner Gründung festgesetzte Genregrenzen. Es ist deshalb auch nicht überraschend, dass Gabriel Garzón-Montanos Album eher gegen den als mit dem Strom schwimmt. Nonchalant ignoriert der New Yorker jegliche musikalische Norm und sorgt dadurch dafür, dass »Jardin« schon von Beginn an in durchgehend positiver Art und Weise überrascht. Das Debütalbum des Musikers ist eine Fusion verschiedener Klangwelten: HipHop-Beats sowie emotionale Pop-Melodien sind genauso vorzufinden wie wohlklingender Soul. Die Verwendung des Begriffs »FeelgoodAlbum« mutet zwar in jeder Lebenslage falsch an, jedoch ist es kaum möglich, für »Jardin« eine treffendere Beschreibung als diese zu finden. Dominiert von positiven Songs wie »My Ballon« und »Fruitflies« und Texten, die von sauren Mangos und Fruchtfliegen handeln, ist es aber auch schwer, einen negativen Eindruck zu erhalten. Das Resultat klingt wie eine Symbiose aus D’Angelo und Prince. Womöglich das einzige Sommeralbum, das diesen Winter veröffentlicht wird. Nils Herrmann

Ein Witz wird nicht lustiger, wenn man ihn immer wieder erzählt. Aber Gott sei Dank sind HGich.T kein Witz, sondern Kunst. Oder Dadaismus. Oder Hackauflauf. Ach, was weiß denn ich. (Ent-)Warnung vorweg: Wem vor Jahren schon die HGich.T-Smasher »Hauptschuhle« oder »Tutenchamun« auf den Zeiger gingen, der möge weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen. Wer aber nach mittlerweile vier HGich.T-Alben immer noch nicht genug hat, dem sei nicht nur zur erfolgreichen Lobotomie gratuliert – der bekommt auch den gewohnten Fix: stumpfe Gaga-Beats mit gelegentlichen Oriental-Vibes und dazu Texte, die auf einem rosa Einhorn rückwärts auf der Grenze zwischen Debilität und Weisheit herumkullern. Oder so. Zugegeben: Irgendwie ist es schon ganz witzig, wie die Hamburger entweder Themen wie Probleme in der Entzugsklinik ins Lächerliche ziehen oder aber absurde Inhalte mit vollkommenem Ernst behandeln, wie etwa die Unvereinbarkeit, gleichzeitig mit Playmobil- und He-Man-Figuren zu spielen. Man will nicht lachen, muss es aber doch – als würde ein schlechter Mann die Treppe herunterfallen. Und wer das Ganze für voll nimmt, kann auch musikalische Weiterentwicklung erkennen, wenn Metal-Gitarren


BUBACK.DE BUBACK.DE/SHOP BUBACK.DE/KONZERTE INFO@BUBACK.DE TICKETS: BUBACK.EVENTECHO.DE

IMMER NOCH INDIE? MIT CHRISTIAN STEINBRINK

Diese Auswahl beweist: Indie meint heute alles und nichts. Was nicht schlimm ist. Diesen Platten ist nur noch gemein, dass sie nischig, hochklassig und vernachlässigt sind.

Starten wir das Jahr aber mit einem Newcomer, der in den kommenden Monaten noch für Aufmerksamkeit sorgen dürfte: Die in Berlin residierenden Australier Parcels geben mit der EP »Hideout« (Kitsuné) ihr Debüt und platzieren sich unverschämt elegant zwischen Acts aus dem Umfeld ihres Labels wie Phoenix und Daft Punk auf der einen und der vornehmen Smoothness der Whitest Boy Alive auf der anderen Seite. Und da auch das Songwriting dieser fünf Songs ein hohes Niveau offenbart, kann man nur empfehlen: Behaltet diesen Namen! Ebenfalls aus den Untiefen der internationalen Berliner Subkultur heraus, aber mit deutlich weniger Masterplan agieren die Apples In Space. Ihr sinnlich-süßes Album »The Shame Song« (Nick & Nora) ist ein Lo-Fi-Folk-Kleinod, das in rasanteren Momenten sogar an die Moldy Peaches oder Herman Dune zu erinnern vermag. Element Of Crime haben die Band in Kaschemmen ihrer Stadt aufgetan und auch schon mit auf Tour genommen. Ein komfortabler Anker, den man der Band nur gönnen kann. Ihren vollen Namen Sons Of Noel And Adrian haben die Briten SONAA wohl vor allem deshalb abgekürzt, weil sie nicht mehr ignorieren konnten, dass auch Girls fest zu ihrem zehnköpfigen Ensemble gehören. Musikalisch erinnert »Turquoise Purple Pink« (K&F), ihr drittes Album in acht Jahren, an einen avancierten Mittelweg zwischen Montreals Szene rund um das Constellation-Label und Chicago-Postrock, angereichert um den sachten Folk des britischen Südens. Das klingt ambitioniert und manchmal auch verwegen, gibt in den sechs ausladenden Songs aber auch enorm viel. Nicht jedes Cover-Album ist wirklich die Anschaffung wert – »Other People’s Songs: Volume One« (Secretly Canadian) von Damien Jurado & Richard Swift aber ohne jeden Zweifel. Fans dieser Künstler wissen sowieso um die verlässliche Klasse beider, die sich auch auf dieser neun Songs umfassenden Zusammenstellung fortsetzt. Wie nicht anders zu erwarten covert sich das Duo formvollendet durch die Popgeschichte und nimmt sich dabei unter anderem Bill Fay, John Denver, Yes und sogar Kraftwerk vor. Die vom Albumtitel angekündigte Fortsetzung darf gern kommen. Ähnlich stilvoll agieren nur noch Dakota Suite & Quentin Sirjacq auf ihrem hübsch aufgemachten Themenalbum »Wintersong« (Schole). Der britische Songwriter und der französische Pianist spielten in der Vergangenheit schon des Öfteren zusammen, unter anderem unterstützte Sirjacq (zuletzt mit tollem Soloalbum auf Karaoke Kalk zu hören) Dakota Suite auch live. In dieser Zeit entstanden die sacht arrangierten Neuinterpretationen älterer DS-Songs, die auf diesem Album zusammengefasst werden. Die typische Getragenheit der Stücke bleibt dabei erhalten, die Piano-Arrangements helfen ihnen

aber, ihre ohnehin schon starke Stimmung noch zu intensivieren. Das dritte Duo in dieser Reihe ist vor allem dafür da, um seine Hörer zu überwältigen: Mica Levi & Oliver Coates widmen sich auf »Remain Calm« (Slip) auf sehr anregende Art und Weise freien und abstrakten Hörstücken, die nur noch entfernt etwas mit Levis poppigeren Arbeiten als Micachu gemein haben. Niemand darf erwarten, dass die 13 Kompositionen dieses Albums leicht sind – sie besitzen aber genügend Atmosphäre, um als von Electro und Dub angereicherte freie Musik in an Filmmusiken erinnernden Kontexten zu wirken. »Close Your Eyes« (Wild Combinations) ist ein weiteres Album, das fast ausschließlich aus Coverversionen besteht. Seine Interpretin Bic Runga ist in ihrer Heimat Neuseeland ein Popstar und wäre es in einer gerechten Welt überall. Die Songs, im Original unter anderem von Nick Drake, Love, Kanye West und Roberta Flack, atmen bei allem Pop-Appeal einen sanft groovenden Lo-Fi-Vibe und erinnern damit an Zeiten in den 1990ern, in denen Acts wie Luscious Jackson oder Cibo Matto populär waren. Heute klingen höchstens noch Danger-MouseProduktionen ähnlich warm und reizend. Mit den Foreign Diplomats markiert sich auch Montreal mal wieder auf der Landkarte des verheißungsvollen Indie-Pop. Deren Debütalbum »Princess Flash« (Revolver) versammelt all die Attribute, die schon Bands wie Clap Your Hands Say Yeah, Architecture In Helsinki oder Arcade Fire stark gemacht haben. Das sind leichtfüßige, enthusiastische und kreativ arrangierte Songs, die in vielen Fällen auch in Diskotheken gut funktionieren dürften. »Lassen Sie es sein«, übersetzt der Computer mir Banausen »Laisse ça être« (Crammed Discs), das Debütalbum der Südfranzosen Aquaserge nach diversen Kleinveröffentlichungen. Das Album ist mit seinen Anleihen an Psych und Kraut, Beat, Surf und Funk eine kratzige, aber äußerst stimmungsvolle Angelegenheit, die Substanz und Klischees auf eine Art zusammenbringt, die man gerne auch mal live sehen würde. Hittig ist hier zwar wenig, dafür aber verdammt charmant. »1000 Years« (Allman Brown Production), das Debütalbum des Singer/Songwriters Allman Brown, könnte dagegen tatsächlich zum Hit werden. Denn der Brite verbindet in seinen Stücken ein komplexes, ansehnliches Songwriting mit einer tief sitzenden Emotionalität. Das schneidet sich manchmal an der Kante zur Cheesiness, erinnert auf der anderen Seite aber oft an James Vincent McMorrow oder sogar an die ruhigeren Stücke eines Sufjan Stevens. Bis zu dessen Klasse ist es für Brown zwar noch ein Stück Wegstrecke, aber der Anfang ist mit diesem Album gemacht.

MÄRZTOUR 2017 08.03. OBERHAUSEN – DRUCKLUFT 09.03. KÖLN – GEBÄUDE 9 10.03. FRANKFURT – ZOOM 11.03. STUTTGART – IM WIZEMANN 13.03. MÜNCHEN – FEIERWERK 14.03. ERLANGEN – E-WERK 15.03. LEIPZIG – CONNE ISLAND 16.03. DRESDEN – BEATPOL 17.03. BERLIN – SO36 18.03. HAMBURG – UEBEL & GEFÄHRLICH DAS NEUE ALBUM „RARE“ ab dem 27.01.17

SOO K E E

(Booking: KKT)

AUF TOUR: März – Mai und Oktober – November 2017 DAS NEUE ALBUM “MORTEM & MAKEUP” ab dem 17.03.17!

DEICHKIND NIVEAU WESHALB WARUM LIVE 2017

2 7.0 5. H a n n ove r 0 4.0 6 . Fr a n k f u r t 16.0 6 . C h e m n i t z 17. 0 6 . M ü n c h e n 28.07. D re s d e n 2 9.07. B e rl i n 0 5.0 8. M ö n c h e n g l a d b a c h A l l e s w e i te re a u f d e i c h k i n d .d e


#Review eingestreut werden oder »Skeletor« auf einem Powerballaden-Riff endet. Bleibt halt nur die Frage, wer HGich.T wirklich für voll nimmt. Fans? Label? HGich.T selbst? Dreimal nein? Na dann. Und könnten jetzt mal endlich bitte alle weitergehen? Jan Martens

BLACKFIELD

ERHÄLTLICH AB 10.02

Mit Blackfield V kehren AVIV GEFFEN und STEVEN WILSON zu ihrer vollen Zusammenarbeit zurück. “Jeder der 13 Songs besitzt enorme Klasse, eine Ohrwurmmelodie folgt der nächsten und alle sind sie glänzend in Szene gesetzt.”

CD+BLU-RAY/2LP/CD/DL

Jesca Hoop Memories Are Now

Richard Barbieri

Planets + Persona

Das neue Studio Album des JAPAN und PORCUPINE TREE Keyboarders. Sein bis dato opulentestes Werk mit einer Vielzahl von Gästen.

Jesca Hoop bedient sich für ihr fünftes Soloalbum bei Kate Bush und findet zu einer neuen Harmonik, die sie endlich auch weltweit auf die Landkarte des Folk katapultieren könnte. Als Jesca Hoop auf Iron And Wines Sam Beam traf, schien ihre jahrelange Suche nach einer musikalischen Heimat beendet zu sein. Nachdem die US-Singer/Songwriterin ihre so hochklassigen wie kratzigen Alben zehn Jahre lang auf immer neuen Labels veröffentlichen musste, lotste sie Beam für die gemeinsame Kollabo-LP »Love Letter For Fire« zum Traditions-Indie Sub Pop. Genau dort ist sie jetzt auch für ihr fünftes Soloalbum geblieben. Und nicht nur das: Nach langer Zeit des Widerstands hat sie sich nach der Zeit mit Beam auch für warmherzige und klassisch sinnlichere Ausformungen des Folk geöffnet. Zwar klingen ihre neun neuen Stücke oft immer noch fragil und reduziert, allerdings hat sie genau die erhebend-artifizielle Harmonik für sich entdeckt, die Kate Bush einst aus der Taufe hob und die danach von Acts wie Joanna Newsom verfeinert wurde. Sicher hätte es diese Entwicklung gar nicht wirklich gebraucht, schließlich ist Hoop nach wie vor eine große, oft an Cat Power erinnernde Stilistin und eines der größten Talente des US-Folk. Allerdings eröffnet ihr dieses so offenherzige wie seelenvolle Album die Möglichkeit, endlich auch weltweit den Popularitätssprung zu tun, den sie schon so lange verdient hat. Dafür wird Sam Beam dann aber höchstens noch indirekt verantwortlich sein. Christian Steinbrink

ERHÄLTLICH AB 03.03

CD, 180G 2LP + MP3 DL CODE / DL

Porcupine Tree

The Delerium Years 1991-1993 EIN BOX-SET MIT 9 LPS AUF 180G VINYL REMASTERED VON STEVEN WILSON

Die Box beinhaltet “On the Sunday of Life...”, “Up The Downstair”, “The Staircase Infinities” Mini Album, das Compilation Album “Yellow Hedgerow Dreamscape” und “Voyage 34: The Complete Trip”. Außerdem beigefügt ein 40seitiges Buch mit seltenem und ungesehenem Material plus umfangreiche biographische liner notes von Stephen Humphries.

www.kscopemusic.com

W EINZIGESENNR OP AIR

W EINZIGESENNR OP AIR

24.06.2017 24.6. MÖNCHENGLADBACH SPARKASSENPARK M‘GLADBACH SPARKASSENPARK SAMSTAG

BRYANADAMS GET UP

ein nachvollziehbares Zwinkern in Richtung der Alternative-Radiostationen ist, sollte der Midtempo-Stampfer »True Love And A Free Life Of Free Will« vor allem diejenigen zufriedenstellen, die knapp 20 Jahre nach Bon Jovi mal wieder mit einem Feuerzeug in der Hand »Aaaaalways« grölen wollen. So ist »Near To The Wild Heart Of Life« im Ganzen mehr auf Ausdauer als auf Tempo getrimmt – wie bei den großen amerikanischen Vorbildern im Rock eben auch. Denen kommen Japandroids immer näher, im Guten wie im Schlechten. Und da ist es auch nur verständlich, wenn die beiden Kanadier gegen Ende des Albums doch noch mal das Heimweh packt. Geht uns ja teilweise ähnlich – besonders dann, wenn die ersten zwei Japandroids-Alben noch zu Hause laufen. Jan Martens

Sub Pop / Cargo / VÖ 10.02.17

28.08.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

W EINZIGESENNR OP AIR

29.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

TICKETS: TICKETMASTER.DE | EVENTIM.DE

PROMOTED BY LIVE NATION GLOBAL TOURING, PRODUCED BY R ZO ENTERTAINMENT, PRESENTED BY LIVE NATION

Rebekka Karijord Mother Tongue Control Freak Kitten / Cargo

Mutterfreuden, Mutterleiden: Die Norwegerin Rebekka Karijord gießt ihre Gefühlsachterbahn in ein eindringliches Konzeptwerk. Meist komponiert und musiziert Rebekka Karijord für Film, Theater und Tanzperformances. Das schlägt sich auch im Solo-Werk der Skandinavierin nieder. Präpariertes Klavier, chorische Gesangsarrangements, TribalPercussions, Streicher? Hier entlang. Besonderes Gewicht erhält das dritte Album Karijords durch die verarbeiteten Erfahrungen und Emotionen, die ihre Schwangerschaft, Mutterwerdung und das auf der Kippe stehende Leben ihres zu früh geborenen ersten Kindes mit sich brachten. Das Staunen, die Dankbarkeit, die Verbundenheit, aber auch der Schmerz und die Ängste – all das vertont Karijord auf »Mother Tongue« in einem um elektronische Elemente ergänzten Wechselspiel aus Minimalismus und Opulenz, Andacht und Ausgelassenheit, Schönklang und Befremden. Wenn die 40-Jährige, deren charismatische Stimme das Geschehen stets dominiert, in »Six Careful Hands« davon singt, wie sie ihr an Beatmungsschläuche angeschlossenes, federleichtes Baby hält, so hört man ihre unsichere Freude und ihre Ungläubigkeit genau heraus. Ein berührender, bedrückender Klang- und Gefühlstrip, vor allem für Eltern. Nina Gierth

Japandroids Near To The Wild Heart Of Life Anti- / Indigo W EINZIGESENNR OP AIR

W 09.06.2017 EINZIGESENNR OP AIR FREIGELÄNDE ARENA OBERHAUSEN 30.08.2017 10.06.2017 6.8.2017 06.08.2017 MÖNCHENGLADBACH DAS NEUE ALBUM SPARKASSENPARK M‘GLADBACH SPARKASSENPARK M‘GLADBACH WESTERNHAGEN SPARKASSENPARK M‘GLADBACH MTV-UNPLUGGED

SPARKASSENPARK

W W W.W E S T E R N H A G E N . D E / P R K N E T. D E

05/09 BERLIN WALDBÜHNE

BEGINN: 20.00 UHR

TICKETMASTER: 01806 - 999 00 00* · www.ticketmaster.de EVENTIM Tickethotline: 01806 - 57 00 00* · www.eventim.de sowie bei den bekannten Vorverkaufsstellen.

BRYANADAMS.COM

*

0,20 EUR/Anruf aus dem dt. Festnetz / max. 0,60 EUR/Anruf aus dem dt. Mobilfunknetz.

INFOS: WWW.SEMMEL.DE

DAS ALBUM „GET UP“ IM HANDEL

BEGINNER ADVANCED CHEMISTRY TOUR 2017

20.03.2017 LANXESS ARENA KÖLN 24.03.2017 AUSVERKAUFT! MITSUBISHI HALLE D‘DORF

W EINZIGESENNR OP AIR

06.06.2017 LANXESS ARENA KÖLN

08.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

TICKETS UNTER: SPARKASSENPARK.DE

© Jörg Steinmetz

108

Es gibt Fälle, da werden Garagen einfach zu klein für die ganz großen Rock-Gesten. Japandroids reißen daher das Tor auf und starten gleich den Roadtrip ins nächste Stadion. Vom Kerouac’schen Fernweh kommen die Japandroids auf »Near To The Wild Heart Of Life« erst mal nicht weg: Der Titeltrack und Opener thematisiert die Hummeln im Arsch vor der Tour, »North East South West« führt die Rastlosigkeit unterwegs weiter – quasi wie Springfield und »Born To Run« damals, nur mit mehr Ahornsirup im Tourbus. Dementsprechend legen die zwei Songs auch noch vergleichsweise straight und energiegeladen den Booster ein, wie man es von Japandroids kennt, während ihnen im weiteren Verlauf von »Near To The Wild Heart Of Life« immer öfter der Sprit ausgeht: Wo das zahme, aber simpel-eingängige »Midnight To Morning« noch

Klangstof Close Eyes To Exit Mind Of A Genius / Warner

Der Sound des jungen Holländers Klangstof ist ein gutes Beispiel dafür, was Lieblingsplatten mit dem musikalischen Bewusstsein anstellen können. »OK Computer« von Radiohead gehört zu den fraglos inspirierendsten Alben der letzten Jahrzehnte. Findet auch Koen van de Wardt, der die Platte im Alter von 14 Jahren entdeckte und sie tief in Herz und Bewusstsein schloss. Das Baby dieser großen Liebe heißt »Close Eyes To Exit« und van de Wardt inzwischen Klangstof. Das bedeutet so viel wie


NOSOYO

LOVE ATTACK MIT SERMIN USTA

»Love Attack« startet das neue Jahr mit amerikanischen Vorstadt-Rassisten, Rostocker Rappern mit Haltung und der Rap-Avantgarde aus Mainz.

Es war ein Überraschungsmoment im auslaufenden Jahr, als J. Cole im Dezember sein viertes Album »4 Your Eyez Only« (Dreamville) veröffentlichte. Nach seinem großen Wurf »Forrest Hills Drive« im Jahr 2014 überzeugt der Nachfolger erneut ohne Feature-Gäste, dafür aber mit persönlichen Episoden und Zwiegesprächen aus Coles Leben und dem seiner Mitmenschen. Neben selbstbewussten Genre-Ausflügen trifft er damit vor allem inhaltlich einen Nerv. »Neighbours«, einer der neuen Tracks, wurde von einem Ereignis inspiriert, wie es nur in amerikanischen Vorstädten passiert: Coles Nachbarn riefen in seiner Abwesenheit die Polizei, weil sie den Verdacht hatten, dass er in seinem Heimstudio eine Drogenzelle eingerichtet habe. Haltlose Anschuldigungen, die in einem Großeinsatz der Polizei endeten, was in den USA so viel bedeutet wie: Helikopter über dem Grundstück und SWAT-Einheiten im Vorgarten. Damit lieferten die VorstadtRassisten aus North Carolina Cole den Stoff für einen ausgezeichneten Song auf einem ebenso großen Album.

02.03.17 04.03.17 08.03.17 09.03.17 10.03.17 11.03.17 12.03.17 16.03.17

Mit knapp 90 Minuten Spielzeit ist »Passion, Pain & Demon Slayin« (Republic) von Kid Cudi alias Scott Mescudi nicht nur ein enorm langes Alben – es zählt auch zu den belanglosesten. Wer nach Songs wie »Releaser« mit seiner düsteren TripHop-Stimmung und den hallenden Vocals denkt, dass seelisch wie moralisch etwas Großes auf ihn zurollt, wird von den folgenden 16 Tracks enttäuscht. Und auch Cudis Weltanschauung ist diesem Eindruck nicht gerade dienlich. Wer pausenlos in Selbstmitleid zerfließt, nervt. Was auch auf diese LP zutrifft. Dieses Debüt sollte ein Wendepunkt für Hodgy werden, seine Entwicklung zum gereiften Künstler unterstreichen. Und wir hätten es dem Odd-Future-Mitglied beinahe geglaubt. Also, das mit dem Erwachsenwerden. »Fireplace: TheNotTheOtherSide« (Columbia) beginnt verheißungsvoll mit Songs wie »Kundalini«, dessen Beat aus der Feder Ruban Nielsons (Unknown Mortal Orchestra) stammt. Dann »Glory«, ein Track, der selbstbewusst und positiv aufgebläht Johann Sebastian Bach sampelt. Am Ende ist es jedoch ein Album, das anders und immer noch kindlich verspielt klingt, aber sicher keinen Meilenstein setzt. Nun zur aufstrebenden Avantgarde des Deutschrap: Ich erinnere mich noch an den Abend, als ich Negroman das erste Mal im Mainzer JUZ auf der Bühne sah. Schon damals fragte ich mich: Wie kann man nach ganz alter Schule klingen und dabei der mit Abstand Jüngste in der Runde sein? Unaufgeregt wie bescheiden wirken, wenn einem doch jeder bestätigt, wie gut man bereits ist? Acht Jahre ist das her, und die Fragen sind noch immer offen. Was mit Luk&Fil erstklassig begann, mündete in großartigen Feature-Beiträgen und Kollabos und erreicht heute, mit dem Solodebüt

»Negroman« (Sichtexot), die Krönung. Auch Jahre nach dem Auftritt wirken die Eckpfeiler seiner Musik, Gelassenheit plus Zorn, nur wie ein bescheidenes Lächeln auf die Beats von Knowsum. Schon »Pornointro«, eines der Auftaktstücke, gibt die Güte seiner Kunst auf außergewöhnliche Weise wieder.

Viele haben die brennende Asylunterkunft in Lichtenhagen, Nazis, vielleicht auch die Ostsee oder aber Mike Werners Panini-Matte im Kopf, wenn sie an Rostock denken. Ich denke zunächst an Marteria und künftig auch an Waving The Guns. Mit »Eine Hand bricht die andere« (Audiolith) üben Dr. Damage und Milli Dance nicht nur Kritik am Establishment – sie gehen auch verbal und mit genügend Battle-Euphorie gegen große Teile unserer Gesellschaft vor. Mit Selbstironie, steilen Thesen, stumpfen Parolen und der Liebe zur gesprochenen Gewalt ist diese Platte mit ihren 13 Tracks eine große Freude.

Seien wir ehrlich: Seit Jahren warten MetalHeads, Label-Analysten und unsere Großeltern darauf, dass die HipHop-Blase endlich platzt. Aber nichts dergleichen, im Gegenteil: Während die Musikbranche an rückläufigen Plattenverkäufen schier verzweifelt, bleibt Rap weiterhin lukrativ. Die Doku »Wenn der Vorhang fällt« (Vindig) beleuchtet das Kultur-Revival hierzulande. Im Vordergrund stehen dabei die Künstler und deren persönliche Entwicklung – was kein schlechter Ansatz ist. Denn wie lukrativ ist eigentlich lukrativ? Und was ist aus all den Rap-Veteranen geworden, denen wir Hooks zu verdanken haben wie »Wenn der Vorhang fällt, sieh hinter die Kulissen / Die Bösen sind oft gut und die Guten sind gerissen / Geblendet vom Szenario erkennt man nicht / Die wahren Dramen spielen nicht im Rampenlicht«? Wer es nicht abwarten kann, sich die Pioniere des Deutschrap auf einen Schlag auf der Leinwand zu geben, kann sich schon mal mit dem Soundtrack einstimmen. Neben Klassikern wie dem Titeltrack von Freundeskreis gibt es selbstverständlich auch exklusive Songs und Remixe von Veteranen wie Toni L, Stieber Twins, Roger & Schu, Main Concept, Don Philippe, DJ Friction, MC Rene und Marsimoto.

Und als würde auf Stuttgarts Antwort auf Deutschrap historisch zwingend eine Ansage folgen, geht es weiter mit Sidos Zögling Estikay, der auf seinem Debüt »Auf entspannt« (Four) macht. Was Politik und Feuilleton seit Jahren als Alleinstellungsmerkmal einer ganzen Generation thematisieren, präsentiert sich bei dem Hamburger Hedonisten stolz wie eine wohlklingende und anstandslos gerappte Sozialstudie auf Albumlänge: Euphorie, Sonne, Drinks, Girls, ach, das Leben leben eben. Ohne Druck, Angst, Orientierung. Hauptsache, sich mit den Jungs die Nächte um die Ohren schlagen, aber immer auf der Gästeliste plus drei. Was Cro vor Jahren begann, bringt Estikay mit »Auf entspannt« erfolgreich zu Ende.

LEA

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ERFURT LEIPZIG HAMBURG BERLIN KÖLN STUTTGART MÜNCHEN FREIBURG

HEIDELBERG MARBURG HANNOVER LEIPZIG DRESDEN MICHELSTADT DÜSSELDORF

SERAFYN 02.03.17 03.03.17 04.03.17 20.04.17 21.04.17 22.04.17

HAMBURG BERLIN MÜNCHEN FRANKFURT LEIPZIG KÖLN

BALBINA 28.03.17 29.03.17 30.03.17 31.03.17 02.04.17 03.04.17 05.04.17 06.04.17 07.04.17 08.04.17 10.04.17 11.04.17 12.04.17 13.04.17

LEIPZIG DRESDEN ERLANGEN STUTTGART MÜNCHEN WIEN (AT) HEIDELBERG DARMSTADT KÖLN MÜNSTER HANNOVER DORTMUND HAMBURG BERLIN

DAMIAN LYNN 17.04.17 18.04.17 19.04.17 20.04.17 21.04.17 22.04.17 24.04.17 25.04.17 26.04.17 24.06.17

LEIPZIG BERLIN HAMBURG HANNOVER KÖLN HEIDELBERG FRANKFURT STUTTGART MÜNCHEN BONFELD

JONATHAN KLUTH 28.03.17 29.03.17 30.03.17 31.03.17 01.04.17 02.04.17 04.04.17 05.04.17 06.04.17 07.04.17 08.04.17 11.04.17 12.04.17 13.04.17

MÜNCHEN DRESDEN ERFURT HEIDELBERG OLDENBURG MÜNSTER HAMBURG HANNOVER DÜSSELDORF STUTTGART BIBERACH FREIBURG MAINZ BERLIN

TOM SCHILLING & THE JAZZ KIDS 02.05.17 03.05.17 04.05.17 05.05.17 07.05.17 08.05.17 09.05.17 10.05.17 11.05.17 12.05.17

HANNOVER MÜNSTER LEIPZIG GERA MÜNCHEN HEIDELBERG FRANKFURT KÖLN HAMBURG BERLIN

HEIN COOPER 08.05.17 09.05.17 10.05.17 11.05.17 12.05.17 13.05.17 14.05.17

HAMBURG HANNOVER DÜSSELDORF FRANKFURT STUTTGART ERLANGEN MÜNCHEN

HELGI JONSSON 26.04.17 27.04.17 28.04.17 29.04.17 19.05.17 20.05.17 21.05.17

HAMBURG LEIPZIG WIESBADEN KARLSRUHE KÖLN HEIDELBERG LUDWIGSBURG

MESSER 31.03.17 01.04.17 02.04.17 03.04.17 04.04.17 05.04.17 06.04.17 07.04.17 08.04.17

RHEINE WUPPERTHAL LUDWIGSHAFEN TRIER KARLSRUHE ZÜRICH BERN FREIBURG DARMSTADT

NISSE 18.05.17 KÖLN 19.05.17 HAMBURG 20.05.17 BERLIN

SELECTIVE ARTISTS WWW.SELECTIVEARTISTS.DE


AUSTRA

06.03. Hamburg, Uebel & Gefährlich 08.03. Berlin, Astra Kulturhaus 09.03. München, Ampere 10.03. Leipzig, Conne Island 18.03. Köln, Gloria

SLEIGH BELLS

13.02. Hamburg, Uebel & Gefährlich

GABRIEL GARZON-MONTANO 15.02. Berlin, Kantine am Berghain

THE ORWELLS

20.02. München Strom 21.02. Berlin Musik & Frieden 22.02. Köln Luxor

KHALID

21.02. Berlin, Kantine am Berghain

MIC LOWRY

23.02. Berlin, Prince Charles 24.02. Frankfurt, Zoom

CAIROBI

28.02. Hamburg, Häkken 01.03. Berlin, Auster Club

THE SUFFERS

FLUME

09.11. Berlin, Columbiahalle 11.11. Köln, Palladium 12.11. München, Zenith

EMMY THE GREAT

Support: CHLOE CHARLES 24.03. Köln, Theater Wohngemeinschaft 26.03. Hamburg, Club Häkken 28.03. Berlin, Auster Club 30.03. Frankfurt, Zoom

25 JAHRE INTRO SOULWAX, WANDA

31.03. Köln, E-Werk 01.04. Berlin, Heimathafen Neukölln

CLOCK OPERA

06.04. Dortmund, Sissikingkong 07.04. Lörrach, Between The Beats Festival 08.04. Frankfurt, Zoom 09.04. München, Milla 10.04. Hamburg, Prinzenbar 11.04. Berlin, Kantine am Berghain 12.04. Köln, Yuca

TEMPLES

05.03. Berlin, Kantine am Berghain 07.03. Köln, Yuca

07.04. Köln, Gebäude 9 08.04. München, Strom 10.04. Berlin, Festsaal Kreuzberg

FENECH-SOLER

ISAIAH RASHAD

JENNIE ABRAHAMSON

MIGHTY OAKS

06.03. Köln, Yuca 07.03. München, Milla 08.03. Berlin, Musik & Frieden 09.03. Hamburg, Prinzenbar

08.03. Berlin, Auster Club 09.03. Hamburg, Kukuun Club

JAGWAR MA

10.03. Berlin, Kantine am Berghain

JOY WELLBOY 11.03. 12.03. 13.03. 17.03. 18.03. 02.04. 16.04.

Hamburg, Turmzimmer Berlin, Privatclub Leipzig, Neues Schauspiel München, Milla Frankfurt, Mousonturm Studio Köln, Blue Shell Aachen, Musikbunker

WILD CHILD

14.03. Köln, Blue Shell 18.03. Berlin, Auster Club

ROOSEVELT

23.03. Bremen, Tower 24.03. Köln, Gloria 25.03. Dortmund, Junkyard 04.04. München, Technikum 05.04. Nürnberg, Club Stereo 06.04. Ulm, Roxy 08.04. Stuttgart, clubCANN 09.04. Mannheim, Alte Feuerwache 17.04. Leipzig, UT Connewitz 18.04. Hannover, LUX 19.04. Dresden, Scheune 20.04. Berlin, Kesselhaus 21.04. Hamburg, Mojo

SKOTT

03.04. Berlin, Auster Club

meltbooking.com facebook.com/wearemeltbooking

»Echo-Staub«, und das beschreibt die Musik von Klangstof eigentlich auch schon hinreichend und umfassend. Pluckernde Beats, sphärische Synthie-Flächen, verschleppte Drums und eine ganze Menge verspielte und darin äußerst interessante Loops illustrieren van de Wardts eindringlichen Gesang; und es ist eine Wonne, seinen elf Stücken Idee für Idee zu folgen. Vom postrockigen Opener »Doolhof« wird man unmittelbar in den unwiderstehlichen Synthie-Pop von »Sleaze« gezogen; das wehmütige »Hostage« und »Seasons« sind zwingende Hits. Und auch wenn »Close Eyes To Exit« gegen Ende etwas die Luft ausgeht, hat man bis dahin einige wahrhaft magische Popmomente genossen. Radiohead, die hier tatsächlich an vielen Stellen merklich Pate standen, sei Dank. Kristof Beuthner

09.04. München, Ampere 11.04. Köln, CBE 15.04. Frankfurt, Zoom 16.04. Berlin, Lido

12.04. Hamburg, Große Freiheit 36 25.04. München, Muffathalle 28.04. Frankfurt, Batschkapp 29.04. Köln, Live Music Hall 30.04. Stuttgart, Wizemann 02.05. Leipzig, Felsenkeller 03.05. Berlin, Astra Kulturhaus

MELT! KLUB

Gary Cooper, Gucci Mane, Cinderella, Lil B, Gullivers Reisen, The Last Airbender, Proxima Centauri, Lil Uzi Vert, Battlestar Galactica, Rio Reiser. Gegen dieses postmoderne Potpourri wirkt ein Yung Hurn – der mit seinem dreiminütigen Figaro-Liebeslied zwar auch seine Berechtigung hat – ein wenig unterambitioniert, von Money Boy ganz zu schweigen. Fehlende Ambition kann man LGoony jedenfalls nicht vorwerfen: »Intergalactica« ist das vierte Release in zwei Jahren. Diese Geschwindigkeit hört man den Tracks zuweilen an. Eine ordentliche Produktion hätte dem sympathischen DIY-Style vielleicht den Garaus gemacht, den meisten Tracks für sich genommen aber geholfen. Dennoch lässt sich festhalten, dass es schon jetzt ziemlich nah an der Wahrheit liegt, wenn LGoony auf »Verlieren« mit einem wunderschönen Anglizismus rappt: »Heute renne ich das Spiel von ganz allein.« Marius Wurth

Kreator Gods Of Violence Nuclear Blast / Warner

Seit »Violent Revolution« von 2001 bedienen Kreator wieder zuverlässig die Thrash-Metal-Sehnsüchte der Fans. Die stets unterschwellig transportierte Sozialkritik ist diesmal allerdings in besorgten Großbuchstaben zu lesen. Um ein neues Album zu vermarkten, wird üblicherweise eine mehr oder minder aufreibende Geschichte drum herum gestrickt, gelebte Schlüsselmomente oder ungekannte Motivationsgründe bilden den Grundstein. Kreator aus Essen, seit über 30 Jahren mit flinken Gitarrenfingern, keifenden Vocals und übermächtigem Thrash-Sound gesegnet, müssen nichts mehr erzählen oder beweisen. Dennoch fühlte sich Bandkopf Mille Petrozza dazu verpflichtet, die aktuelle Nachrichtenlage, auch die Terroranschläge von Paris, in nachdenkliche Texte rund um die Glaubensfrage zu verdichten, die das lobenswerte Rückgrat des 14. Albums bilden. Drum herum ist glücklicherweise alles in bester Ordnung: Pfeilschnelle Metalgitarren, fidele Soli, präzise Rhythmen und Petrozzas kläffendes Gesangsorgan, das in Songs wie »World War Now« oder »Satan Is Real« bezeugt, dass sich auch Metaller mit schüttelnden Haarmähnen und Pommesgabel-Ritualen mit der verändernden Gemengelage auseinandersetzen sollten. Klaas Tigchelaar

w/ SUPERPOZE & AV AV AV 20.04. Berlin, Prince Chales

SUPERPOZE 21.04. Köln, Yuca

Lowly Heba Bella Union / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 10.02.17

Und das soll Noise-Pop sein? Die Selbstbeschreibung des dänischen Quintetts führt zu falschen Erwartungen. »Heba« ist Pop in Rein- und vor allem Bestform. Musiker haben bisweilen verquere Wahrnehmungen gegenüber sich selbst und ihren Erzeugnissen (Musikjournalisten übrigens auch). Bisweilen nimmt das krude Formen an, wie etwa bei Kanye West, der sich für Gott oder wenigstens den Messias hält. In ähnlicher Weise, wenn auch um einige Welten bescheidener, geschieht eine solche Fehlwahrnehmung auch bei Lowly. Die fünf Dänen kategorisieren ihre Musik als Noise-Pop. Das kann dreierlei Gründe haben: ablehnende Koketterie gegenüber Genrezuschreibungen; ein Verständnis von Noise, das ausschließlich mit der ursprünglichen Bedeutung »Geräusch« zu tun hat (Musik ist nun mal geordnetes Geräusch); oder gewaltige Gehörprobleme. Von Drittem sollte man nicht ausgehen, denn das Quintett hat sich auf der Staatlichen Musikhochschule Aarhus kennengelernt und mit »Heba« ein fantastisches (Electro-)PopAlbum aufgenommen: »Deer Eyes« präsentiert den besten Refrain, den Chairlift nie geschrieben haben, »Mornings« erinnert an Warpaint und Chvrches zugleich, und »Word« ist traurig-tanzbarer Electro-Pop der schönsten Kategorie. Der Closer »Not So Great After All« ist zwar der schwächste Track des Albums, der Titel könnte als Fazit des Albums jedoch falscher nicht sein. Marius Wurth

NICK HAKIM

22.04. Köln, Studio 672 25.04. Berlin, Kantine am Berghain

GLASS ANIMALS

27.04. Berlin, Astra Kulturhaus 28.04. München, Muffathalle 29.04. Köln, Gloria

THE JAPANESE HOUSE 02.05. Hamburg, Prinzenbar 03.05. Berlin, Privatclub

THE 1975

21.06. Köln, Palladium 22.06. Hamburg, Mehr! Theater 24.06. München, Tonhalle 25.06. Offenbach, Stadthalle

LGoony Intergalactica Airforce Luna

Cloud-Rap ist weiter auf dem Siegeszug. Und während Kool Savas deswegen weiter auf Facebook trauert, legt LGoony mit »Intergalactica« das bislang beste deutsche Cloud-Rap-Album vor. Das Rezept ist hinlänglich bekannt: langsame Trap-Beats, melodiöse Synthie-Flächen, dazu von Auto-Tune geschwängerte Ohrwurm-Hyperbeln über Money, Bitches, Fame undsoweiter. Was LGoony dabei von den Genre-Kollegen Hustensaft Jüngling, Yung Hurn, Money Boy und (der technisch guten, aber lyrisch schwachen Rapperin) Haiyti hauptsächlich unterscheidet, ist der kulturelle Seitenblick seiner Texte. Eine unvollständige Referenz-Liste von »Intergalactica«:

The Menzingers After The Party Epitaph / Indigo / VÖ 03.02.17

30 Jahre alt werden, und die Party ist vorbei? Kein Thema bei den Menzingers, Albumtitel hin oder her. So nostalgisch und so gut wie auf ihrem Fünftwerk war deren sowieso schon latent melancholischer Punkrock allerdings selten. Hach, die hübschen Mädchen damals in Jersey – Thema in »Lookers«. Ach ja, in


24.-27. MAI 2017

PRASENTIERT VON:

MASCHINENRAUM MIT PHILIP FASSING

Ein Kauz ist, wer kauzige Dinge macht. Gleich mehrere solcher Gestalten kommen mit neuen Veröffentlichungen, die wie gewohnt auf ihre Qualität abgeklopft werden.

Kosmische Ambient-Panoramen und treibende House-Reminiszenzen – viel mehr braucht Fred Sheperd alias No Moon nicht, um auch auf seiner zweiten EP wundervolle entrückte ClubUtopien zu kreieren. Bemerkenswert ist dabei vor allem die Art und Weise, mit der Sheperd fast schon nonchalant demonstriert, dass sich das aktuell mal wieder hoch im Kurs stehende Lo-Fi-Etikett nicht nur in reiner ÄsthetikHuberei erschöpfen muss. Denn so sehr der Schleier der akustischen Vergänglichkeit auch seinen Reiz ausübt – kaschiert werden muss hier wirklich gar nichts. Wenn man der Annahme folgt, dass die brutalistische Architektur derzeit ein Comeback erfährt, dann liefern Unknown Archetype den Soundtrack zum Revival dieses harschen Baustils. Die Debüt-EP des britisch-niederländischen Duos schmeckt über weite Strecken nach Stahl und Beton, was nicht zuletzt an der ungewöhnlichen Materialmischung von Roxy Tripp und Oliver Kucera liegen dürfte. Auf »Tripp« (R&S) verschrauben die beiden souverän luftige Dub-Texturen mit schroffen EBM-Insignien und setzen das Ganze so lange stoischen Beat-Mustern aus, bis sich bei aller Härte fast schon wieder eine kontemplative Grundstimmung einstellt.

Bodhi sorgten noch vor wenigen Jahren mit ihrer beseelten und ausgesprochen britischen Idee von Deep House für Aufmerksamkeit – ein Ansatz, der sich heute zwar noch gut erahnen lässt, nun aber mehr und mehr dem Hang zur technoiden Ausgestaltung ihrer brutal groovenden Instant-Hits weichen muss. So pendelt auch die EP »Outlook« (No Idea’s Original) mit ihren vier Titeln selbstbewusst zwischen spröden Acid-Referenzen und ruppigen HouseVariationen, die manchmal zwar ein wenig funktional anmuten, sich dabei aber nie als reines Tool verstehen. Julian Stetter kennt man entweder als eine Hälfte des Synthie-Pop-Duos Vimes oder aber als Resident der zum Jahreswechsel dicht gemachten Kölner Club-Institution JackWho. Dass die erste Solo-Veröffentlichung eigentlich nur wie eine Schnittmenge dieser beiden Welten klingen konnte, war dementsprechend irgendwie absehbar. Überraschend ist an »Emily« (PNN) aber vor allem die Balance, mit der Stetter diese beiden Pole in Einklang bringt und so den Gegensatz aus Funktionalität und emotionaler Tiefe fast gänzlich auflöst. Es braucht eine Weile, bis sich daraus auch die verspulte Melancholie entwickelt, mit der diese drei Titel letztlich überzeugen können – spätestens dann muss man allerdings den Hut ziehen.

Wer schon mal über ein Interview mit Clarian North gestolpert ist, weiß, wie wenig der kanadische Produzent von der Realität hält. Mal gibt er zu Protokoll, eigentlich aus einem weit entfernten Zoo zu stammen, dann behauptet

er, zurzeit in einem außerirdischen Hologramm zu leben. Ähnlich kurios liest sich auch die Hintergrundgeschichte zu seiner EP »Ankh« (Kompakt), die ihr schrulliges Äquivalent vor allem im Klangdesign dieser drei atmosphärischen Tracks findet.

Zwei Jahre ist es nun schon wieder her, dass Von Spar mit »Streetlife« ihr viertes Album veröffentlicht haben – eine Platte, die in dieser Zeit kein Stück gealtert ist und nun mit einer Reihe von Neuinterpretationen trotzdem ein reizvolles Update erfährt. »Streetlife Remixes Pt. 2« (Italic) versammelt mit Portable und The Maghreban gleich zwei höchst interessante Persönlichkeiten, um wiederum zwei Titel des Albums neu zu deuten. Dass sich sowohl »Try Though We Might« als auch »Ahnherr der Schwätzer« hervorragend eignen, um für den Dancefloor auf links gedreht zu werden, wird hier noch einmal eindrucksvoll bewiesen. Mit »Lonely Planet« (Running Back) von Tornado Wallace gelingt es dem Label-Macher Gerd Janson einmal mehr, einen ausgemachten Querkopf für sich zu verpflichten. Der bedankt sich wiederum mit einem Album, das mit ClubMusik nur noch am Rande zu tun hat, dafür aber interessante Rückschlüsse auf die musikalische Sozialisation seines Schöpfers zulässt. Yachtund Krautrock, New Age, Ambient – all das kommt hier derart homogen zusammen, dass man sich am liebsten sofort an der Plattensammlung des in Berlin lebenden Australiers zu schaffen machen würde. Dave Aju ist vor allem dafür bekannt, sich selbst zu samplen. Nicht etwa alte Aufnahmen neu zu interpretieren, nein, tatsächlich die entsprechenden Klänge mit der eigenen Stimme zu imitieren und dann zu schmeichelnden wie schrulligen House-Collagen zu verknoten. Ihn nur auf diese Gabe zu reduzieren würde allerdings zu kurz greifen, wie auch seine jüngste EP erneut beweist. Auf »10101« (Circus Company) wird die unverkennbare Stimme des US-Produzenten von einem bewusst reduzierten Hardware-Set-up unterstützt, das gerade in seiner einschränkenden Wirkung interessante Ergebnisse zutage fördert. Es ist kein Geheimnis, dass CVbox ein ausgeprägtes Faible für analoge Maschinen pflegt. In Anbetracht seines Debütalbums »So ist es im Nadelwald« (Uncanny Valley) braucht man dieses Vorwissen allerdings nicht einmal, um die Liebe zur Haptik herauszuhören. So sind die elf Titel vor allem von Ecken und Kanten, von Wärme und Groove geprägt – so, wie DubTechno eben klingen sollte. Eine Feststellung, die allerdings nicht nahelegen soll, dass hier ausschließlich die Formeln vergangener Zeiten bemüht werden. Im Gegenteil: Die Pfade, die hier eingeschlagen werden, wissen erstaunlich oft zu überraschen.

24. MAI 2017

DILLON SANKT PETER // BEGINN 20:00 UHR

25. MAI 2017

24. MAI 2017

ALEXA FESER

ALTE OPER // BEGINN 20:30

AKUSTIK KONZERT MIT STREICHERN

ALTE OPER // BEGINN 21:30

25. MAI 2017

26. MAI 2017

AGNES OBEL IMANY ALTE OPER // BEGINN 19:00

GIBSON // BEGINN 20:00

24. MAI 2017 ALTE OPER // BEGINN 19:00 UHR

MARTINA SCHWARZMANN + CLAUDIA KORECK

24. MAI 2017 ALTE OPER // BEGINN 21:45UHR

UTE LEMPER

25. MAI 2017 KURTHEATER BAD HOMBURG // BEGINN 20:00 UHR

REBEKKA BAKKEN

26. MAI 2017 SPEICHER BAD HOMBURG // BEGINN 20:00 UHR

LEONA BERLIN

WEITERE ACTS IN KÜRZE!

TICKETS UNTER: WWW.FRANKFURT-TICKET.DE WWW.W-FESTIVAL.DE


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#Review Erinnerungen schwelgen an die erste landesweite Tour – Grundlage für »Midwestern States«. Nicht dass die rosarote Vergangenheitsbrille den Menzingers auf Albumlänge die Sicht vernebeln würde: Wenn sie im Opener fragen: »What’re we gonna do now that our 20s are over?«, dann mit zwinkerndem statt weinendem Auge. Und auf dem Titeltrack ist nach der Party auch keine Trübsal, sondern Zeit für die Liebe zur Musik angesagt. Aber manchmal hinterlässt die Vergangenheit eben auch auf ganz andere Art und Weise Spuren: Dass den Menzingers auf »After The Party« ein paar der eingängigsten Songs ihrer Geschichte gelungen sind, liegt sicher nicht zuletzt daran, dass die Band auf ihrer letzten Tour einer Meat-Loaf-Dauerbeschallung durch ihren Busfahrer ausgesetzt war. Das hallende Klagelied »Black Mass« lässt sich damit natürlich nicht erklären, und der – ja, das gibt’s – Trinkliedwalzer »The Bars« schon gar nicht. Diese Songs weisen vielmehr hin auf eine Antwort auf die Frage »What’re we gonna do now that our 20s are over?«: ohne Qualitätsverlust abwechslungsreichere Songs schreiben als je zuvor. Ist doch mal eine Ansage. Jan Martens

Tift Merritt Stitch Of The World Yep Roc / H’art

Traumhaft! Das neue Tift-Merritt-Album ist wie eine US-Serie: manchmal bittersüß und voller Pathos, und in den dunklen Momenten berührt es. Tift Merritt sah ich zum ersten Mal an einem März-Tag im Jahr 2007. Sie stand auf einer eilig gezimmerten Holzbühne auf dem Parkplatz eines Hotels unweit des großen Cowboystiefels auf der South Congress Avenue in Austin, Texas. The year Amy Winehouse broke und the year old, white men loved her. Ihr Auftritt war erinnernswert: Die Sonne ging unter, das Bier war dünn und billig, und Merritt bot formidable Unterhaltung. Irgendwann spielte sie »Woodstock«, und die alten Männer waren angekommen. Ich trank noch ein Bier und ging in die Nacht. Zehn Jahre später veröffentlicht Merritt ihr sechstes Studioalbum. Es wirkt wie der Soundtrack zur wahrscheinlich vergessenen »Nashville«-Serie, in der sich zwei Diven, eine alt und eine jung, einen erbitterten Kampf um die Krone der Countrymusik liefern. Manchmal ist es seicht, schwer zu ertragen, und manchmal eben gute Unterhaltung mit guter Musik. Merritt wählt eine recht düstere Variante und sucht sich Unterstützung bei Sam Beam, dem bärtigen Iron-And-WineBoss. Pro-Tipp für Intro-Leser: Kaufen Sie sich das Titellied im Internet. Es ist immer noch Country. Muss man mögen. Stephan Uersfeld

Mit Punkrock als musikalischem Genre hat das neue Moiré-Album trotz des Titels »No Future« garantiert nichts zu tun. Der Londoner Producer bezieht inhaltlich damit Stellung zum derzeitigen Aufblühen hasserfüllter rechtsextremer Politik weltweit und fordert dazu auf, auf diese Situation gezielt zu reagieren. Ähnlich sieht er seine Position im Musik-Business, wo er sich nur durch stetige experimentierfreudige Entwicklung behaupten kann. Musikalisch bewegen sich Moirés minimalistische Tracks irgendwo zwischen Techno und Maschinen-Funk, angereichert mit retrofuturistischen Electro-Elementen, Industrial-Sounds und kryptisch entmenschlichten Vokal-Schnipseln. Die Arrangements und Sounds klingen frisch, roh und rau und sind bis auf den drohend schabenden Ambient-Schlusstrack stets groovy und tanzbar. Unterstützt wird Moiré dabei von LTJ Bukems Mitarbeiter MC DRS und Post-Grime-Poet James Massiah, die die von den dystopischen Geschichten Philip K. Dicks und den verwirrenden Bildern M.C. Eschers beeinflussten Tracks in die richtigen Worte fassen. Andreas Brüning

White und Morrissey suchten für ihr erstes gemeinsames Album ein Dutzend Klassiker und kontemporäre Lieblinge zusammen, um sie im Spacebomb-Gewand zu präsentieren. Und bereits im eröffnenden Little-WingsCover, in dem White das Mikro mit einem kurzen »Flo« und einem Jubel-Sample an seine Partnerin überreicht, harmonieren die beiden perfekt. Flo Morrisseys Stimme gesellt sich zu Whites warmem Flüstergesang und ergänzt die Klang-Farbpalette, während im Hintergrund wohldosierter Retro-Kram für Stimmung sorgt. Vielleicht ist es der unverbrauchte Aspekt der Vorlagen, doch die Cover der neueren Stücke überzeugen hier mehr als die leicht entzauberten Interpretationen von Leonard Cohens »Suzanne« oder Lou Reeds »Sunday Morning«. In ihrer Fassung von Frank Oceans »Thinking Bout You« bauen die beiden Musiker genug Distanz zur Vorlage auf, James Blakes verkopftspannendes »The Colour In Anything« wird zu Flo Morrisseys verträumtem Solostück, und »Heaven Can Wait« wirkt noch lasziver als bei Beck/Gainsbourg. Selbst Barry Gibbs »Grease« gewinnt als Spacebomb-Nummer all die ursprüngliche Coolness wieder, an der die Zeit über die Jahre genagt hat. Mit Flo Morrissey hat White scheinbar seinen perfekten Gegenpart gefunden. Gut für das Duo, gut für uns. Sebastian Jegorow

Moon Duo Occult Architecture, Vol. 1

Das noch junge Jahr 2017 hat schon jetzt einen Anwärter auf die vorderen Ränge der Jahresbestenlisten. So sind wir beim Intro, da wird das Jahr sofort vom Ende her gedacht. An das Ende denkt auch Wolfgang Möstl, der Kopf hinter Mile Me Deaf. Hier geht es aber um nichts anderes als das Ende der Menschheit. Die post-humanistische Denke Möstls prägt das gesamte Album: Wir sind ganz sicher nicht die Krone der Schöpfung und werden uns bald aufgefressen haben. Die Aliens werden bald aufräumen, und uns bleibt nichts anderes als der Tod. Wer es genauer wissen möchte, wird wohl mit der Nase aufs Plattencover stoßen müssen, denn hier verbirgt sich eine Stereoskopie. Aber nicht nur mit dem 3D-Effekt des Covers, sondern auch musikalisch bleiben Mile Me Deaf vor der Jahrtausendwende. Der ehemalige IndieRocker Möstl hat sich einen MPC zugelegt und ist im Sample-Labyrinth gelandet. Wie grandios hier alles zusammengeschustert ist, erschließt sich aber erst beim zweiten Durchlauf. Dann hört man plötzlich The Avalanches, »Underwater Love«, Psych-Pop erster Güte, die Flaming Lips und das Go-Team. Getragen wird das Album trotz allem von einem Post-Hippie-Funk, der sich manchmal in Kraut-Wirbeln äußert, manchmal aber auch extrem getragen daherkommt. Neben dem MPC-Sampler ist immer noch Delay der wichtigste Effekt. Dass Möstl das alles alleine aufgenommen hat und nur beim MaschinenFunk »Shibuya+« das Mikro an seine SexJams-Kollegin Katarina Trenk weiterreicht, zeigt, was für ein Genie er ist. Scheiß auf Tame Impala, hier kommt Mile Me Deaf – ganz hart, ganz geil! Lars Fleischmann

Sacred Bones / Cargo / VÖ 03.02.17

Auftakt zu einem mitreißenden Klangkosmos-Doppel: Das vierte Album des Duos aus Portland ist ein treibendes, betörend düsteres Sound-Faszinosum. Die Gegensätze von hell und dunkel, von Tag und Nacht, von Licht und Schatten bilden seit jeher faszinierenden Stoff für spannende Kunst. Für die Musik von Moon Duo aus Portland steht diese Gegensätzlichkeit konkret für ein Doppelalbum, dessen erste Hälfte »Occult Architecture, Vol. 1« im Dunkeln beginnt. Inspiriert von der chinesischen Theorie des Yin und Yang und esoterischer Literatur, spielen Ripley Johnson und Sanae Yamada auf ihrem vierten Album eine ganze Reihe klanglicher Facetten ihres bisherigen Schaffens in allen dunkel schimmernden Nuancen von Kraut, Fuzz, Postrock und dunklem Synthie-Pop aus: Die mäandernden Flächen und repetitiven Muster in diesem wabernden, aber stetig treibenden Hybriden klingen bedrohlich und brodelnd angriffslustig; es schwelt eine Aura des Unbegreiflichen durch die selten unter fünf Minuten angelegten Mini-Epen, deren Abschluss »White Rose« einen malerischen Höhepunkt darstellt. Ein strikt inszeniertes, ausuferndes Prachtstück, das einen unglaublichen Sog entfaltet: Auf den zweiten Teil, die »helle Seite«, darf man jetzt schon begierig warten. Kristof Beuthner

Moiré No Future

Flo Morrissey & Matthew E. White Gentlewoman, Ruby Man

Ghostly International / Cargo / VÖ 17.02.17

Caroline / Universal

Moirés elektronische Musik fordert eine Stellungnahme zum weltweiten politischen Rechtsruck und funktioniert dabei exzellent auf dem Dancefloor.

Gestärkt durch den Reputationsboost für seine Soul-Alben, macht sich der Zauberer Matthew E. White im Team mit Flo Morrissey einige fremde Hits zu eigen.​

Piano Magic Closure Second Language / H’art

Mit barockem Art-Pop erklären Piano Magic ihren Rücktritt. Das ist traurig, denn »Closure« zeigt die Band mit elektronischen Experimenten und einer Rückkehr zur Reduktion in Bestform. Leise tröpfelnde Sounds, nur eine verwaschene Gitarre und Lo-Fi-Drums reichen beim Titelsong von Piano Magics Abschiedsalbum »Closure«, um unter die Haut zu gehen. Eine einsame Stimme haucht Besinnliches ins Leere, und nur zaudernd traut sich jemand, sie zu stören. Die LP klingt wie kalter Rauch in einem dunklen Raum: voller Melancholie, Weltschmerz, Romantik und Eskapismus. Mastermind Glen Johnson hat in seiner Karriere schon mehrere Labels und Mitmusiker verschlissen. Ohne Streicher kamen Piano Magic natürlich nie aus, Johnson schraubt sie nun aber auf ein Level zurück, das die Welt nicht mehr unter ihrer Schmerzhaftigkeit erdrückt. Der Song selbst rückt auf »Closure« wieder deutlich in den Vordergrund, was aber nicht heißt, dass instrumentale Ausflüge ausbleiben. Sie stehen nur stets im Dienste des Liedes, des Gefühls, des Ausdrucks und verkapseln sich nie in Muckertum. Wenn man sich tragen lässt, dann trägt einen »Closure« wunderbar davon, hinaus ins tiefe blaue Meer. Eine Platte zwischen wunderbar traurig und heiter depressiv. Konstantin Maier

Mile Me Deaf Alien Age Siluh / Cargo / VÖ 03.02.17

Der Kevin Parker von Österreich? Was der Tame-Impala-Frontmann kann, kann Wolfgang Möstl schon lange.

Philipp Poisel Mein Amerika Grönland / Rough Trade / VÖ 17.02.17

Obwohl Amerika gerade den Bach runtergeht, nennt Philipp Poisel sein neues Album »Mein Amerika«. Klingt unpassend, funktioniert aber, indem es an den Sehnsuchtsort erinnert, den wir seit Kerouac und Springsteen im Herzen tragen. Natürlich wäre er ein leichtes Ziel. Als Philipp Poisel auf dem Lollapalooza Festival ein Lied nur unter Tränen zu Ende brachte, las man am Tag darauf die eine oder andere gehässige Zeile ob dieser unerhörten Sentimentalität. Auch seine lyrischen Sinnsuchen werden vom Pop-Feuilleton gerne in den Befindlichkeits-Radio-Pop-Topf gerührt. Beim Lolla-Konzert wusste ein Hater auch gleich, dass Poisel einen Song namens »Wie soll ein Mensch das ertragen« im Oeuvre hat. »Hö hö, wie passend«, geierte er. Jetzt hat Poisel sechs Jahre nach seinem letzten Studioalbum eine neue Songsammlung fertig und nennt diese – ausgerechnet zu Beginn der TrumpÄra – »Mein Amerika«. Aber wenn jemand diesen Sehnsuchtsort im Herzen trägt, seitdem er in jungen Jahren mit Bruce Springsteen angefixt wurde, dort hinreist, ein Studio in Nashville bezieht und mit solch starken Songs herauskommt, dann geht das absolut klar – und ist eigentlich eine schöne Umkehr von »Make America great again«. Wenn das reale Amerika gerade kacke ist, sinnieren wir uns einfach unser eigenes herbei. Dabei bleiben Liebe, Sehnsucht, Vergänglichkeit und Melancholie die Leitmotive. Und gerade dieses stoische Beharren auf den großen Themen, die von vielen Kollegen mit weniger Talent in die Untiefen der Privatradios gezogen wurden, macht seine Stärke und seinen Erfolg aus. Klar bewegt


ZIEGENBLUT & MÖTÖRÖL MIT CARSTEN SCHUMACHER

Eine Rock-Oper im Ural, eine Brücke von Nietzsche zur Kabbala und italienischer Black Metal mit mittelasiatischer Mythologie – mehr Überblick geht nicht.

Retten wir uns gleich zu Beginn mit einem Sprung ins Abstrakte: Hier lässt sich die Welt noch ertragen. Richard Pinhas ist hierher geflüchtet, als sein Leben ins absolute Chaos versank. Als Kopf der französischen SpaceRock-Band Heldon hatte er in den 1970ern zu beeindrucken gewusst, doch jetzt versucht der promovierte Philosoph, über Drone und experimentellen Noise die Verbindung zwischen Nietzsche, Hendrix und der Kabbala zu finden. Der ewig umtriebige Sunn-O)))-Intimus Oren Ambarchi stand ihm dafür zur Seite, als er sein neues Album »Reverse« (Bureau B) zur spirituellen Sinnsuche nutzte, aus der er nun erfrischt und runderneuert wieder aufgetaucht ist. Jedenfalls sagen das die Tarotkarten.

Gute Resozialisierungsprognosen auch für John Garcia: Der Kyuss-Sänger hat auf seinem zweiten Soloalbum »The Coyote Who Spoke In Tongues« (Napalm) den Verzerrer im Schrank gelassen und das meiste akustisch aufgenommen. Und zwar eigene Songs genauso wie Kyuss-Klassiker: »Green Machine«, »Space Cadet« oder »Gardenia«. Geldschneiderei? Mag sein, aber nicht zum Nachteil der Songs. Jetzt aber wieder bodenlose Finsternis: Die portugiesische Death-Metal-Band The Ominous Circle rahmt auf ihrem fantastischen Debüt »Appaling Ascension« (Osmose) wunderschöne Blast-Attacken in Sequenzen aus rabenschwarzem Ambient/Doom-Gegrunze, was an sich nicht neu wäre, in diesem Fall aber so eigen wie kompromisslos in Szene gesetzt wird und trotz gelegentlicher Melodien an keiner Stelle Licht reinlässt. Räudiger, schärfer, dissonanter: Lorn erfuhren zwar nicht die Gnade einer wohlklingenden Aufnahme, sind dafür aber aus anderen Gründen interessant: Ihr zweites Album »Arrayed Claws« (I, Voidhanger) ist eine Zierde des italienischen Black Metal. Das Duo prügelt nicht nur Norwegen nach, sondern fährt einen ziemlich eigenen Film mit ins Psychedelische driftenden Synthie-Sequenzen und geht im Vorbeigehen auch noch textlich auf die Mythologie mittelasiatischer Hochgebirgsvölker ein. Doch kommen wir nun endlich auf Kairon; IRSE! und Progressive Shoegazing in seiner finnischen Form zu sprechen (und hier muss ich ausnahmsweise mal aus dem Begleitschreiben zitieren): »Ein unwiderruflich mental instabiler Gentle Giant und ein ernstlich alkoholkranker Todd Rundgren haben ein uneheliches Kind, das sich, nachdem es von Russen adoptiert wurde, bei der Aufführung einer Rockoper im Ural-Gebirge ertappt.« Klingt »Ruination« (Svart) wirklich so? Minus Ural plus Massagesessel, würde ich sagen. In jedem Song stecken mindestens zehn weitere, aber eben in Form des experimentellen Pop der 1960er und 1970er und nicht als nervtötende Leistungsschau.

Kurzes Mode-Special: Die schwedische RetroBand Horisont kultiviert auf »About Time« (Century Media) nicht nur wie immer gekonnt einen Proto-Metal-Sound irgendwo zwischen Yes, Thin Lizzy, Purple und (frühen) Priest, sondern hat auch ihren Look derart perfektioniert, dass die fünf mehr 1979 ausstrahlen, als es irgendjemand in jenem Jahr jemals gekonnt hätte. Post-Metal-Debüt Teil eins: Mit ihrer EP »Yearwalker« hatte die schwedische Band Gloson bereits vor zwei Jahren mitreißend finster angesludgeten Post-Metal präsentiert, nun folgt mit »Grimen« (Art Of Propaganda) das erste Album. Atmosphärisch dichter ist es leider nicht geworden, der Sound klingt eher ein wenig beliebiger. In dem Ansinnen, die Platte zu pimpen, greifen sie zu allerlei Zusätzen und lachen sich in einem Song sogar ein Didgeridoo an. Post-Metal-Debüt Teil zwei: Cranial aus Würzburg sind eine weitere Band aus der Asche der 2014 aufgelösten Omega Massif, die ihrem Debütalbum »Dark Towers / Bright Lights« (Moment Of Collapse) genau wie Gloson eine EP vorausgeschickt haben. Lustigerweise hieß die zwar »Dead Ends«, ließ aber noch Luft nach oben, weshalb das Album jetzt eben nicht doof dasteht. Der Mix aus Post-Metal, Doom und Sludge zeigt zwar mitunter Längen, rappelt sich aber regelmäßig wieder auf und hat einen schön brachialen, naturalistischen und an den richtigen Stellen transparenten Sound. So können sich die Riffs gut entfalten und lassen erkennen, dass die Saat von Neurosis hier auf fruchtbaren metallastigen Boden fiel.

Und noch eine Band aus der Asche einer anderen: Dool beherbergen zwar die RhythmusSektion von The Devil’s Blood, können auf ihrem Debüt »Now Here, There Then« (Prophecy) allerdings keinerlei Erinnerung daran wachrufen. Die Band versucht mit ihrer Sängerin Ryanne van Dorst zwar, daran anzuknüpfen, und klingt an versprengten Stellen sogar wie weichgespülte Ghost, bleibt aber fast durchgängig an völlig belanglosem Rock kleben, für den sich wirklich niemand einen Eimer Schweineblut über den Kopf kippen würde. Nun aber endlich zur abschließenden Frage: Wann schafft es die Wissenschaft endlich, (Post-)Rock mit Flamenco zu kreuzen? In Spanien ist ein solches Experiment durch die Fusion der Band Toundra mit dem Sänger Niño de Elche gelungen. Die daraus ins Leben getretene Band Exquirla hat mit ihrem Debüt »Para Quienes Aún Viven« (Superball) in ihrem Heimatland erst mal die Kinnladen mit dem Erdboden bekannt gemacht. De Elche heizt den Emotionsofen derart an, dass der Rest kaum noch mit Holzholen nachkommt – quasi Fernwärme von der anderen Seite der Pyrenäen. Und wer kreuzt dann mal Black Metal mit Fado?

02.02.17 DROPKICK MURPHYS 25.02.17 INA MÜLLER 10.03.17 BEGINNER 16.03.17 BOSSE 19.03.17 AMY MACDONALD 27.03.17 PHILIPP POISEL 12.04.17 BOB DYLAN 28.04.17 LUKE MOCKRIDGE 03.05.17 TIM BENDZKO 04.05.17 DJ BOBO 20.10.17 SCHILLER 07.11.17 ADEL TAWIL

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#Review sich eine Ballade wie »Wir verbrennen unsere Träume« nahe am Kitsch, aber die filigrane Instrumentierung, der starke Refrain und Poisels Stimme machen den Song zu großem Kino. Gleiches gilt für »Wenn die Tage am dunkelsten sind«, das die Hörer eben nicht in schwarze Gedanken zieht, sondern den Ausweg daraus aufzeigt. Schön ist auch das Feiern der Jugend und der Dinge, die man in dieser Zeit nur einmal erlebt: »Zum ersten Mal Nintendo«, das trotz des positiven Titels zutiefst melancholisch geraten ist. Bei all dem gekonnten Streifen durch seine Lieblingsthemen hat Poisels Sound ein stärkeres Rückgrat bekommen, das seinen Worten sehr gut steht. Überhaupt: Rückgrat. Mag Poisel auch mal zu Tränen gerührt sein, wenn ihm 40.000 Menschen zujubeln – das schafft man eben nur, wenn man wirklich an das glaubt, was man tut. Und das ist vielleicht auch der Grund, warum er kein leichtes Ziel, sondern einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Songwriter dieser Zeit ist. Dieses Album wird daran nichts ändern. Eher im Gegenteil. Daniel Koch

Der Ringer Soft Kill Staatsakt / Caroline / Universal

Irgendwo zwischen kosmischer Bedeutsamkeit und transparenten Fingerübungen haben Der Ringer sich selbst vergessen. Das ist schade, denn die Idee ist gut, nur die Band noch nicht bereit. »Millionen süßer Zungen wollen mich verführen, doch ich gehöre nur mir allein«, hieß es neulich erst beim gemeinsamen Song von Der Ringer mit den Wahlverwandten Isolation Berlin. »Wer gab mir den Befehl, mich ständig um mich zu drehen? Ich will die Route selber wählen«, lautet nun das Mantra auf dem Opener von »Soft Kill«, dem RockAnti-Rockalbum der Hamburger Band. Dem großen Thema »selbstbestimmter Künstler vs. die Welt« gilt es schließlich immer etwas Neues hinzuzufügen, denn wenn auch der Mensch gleich bleibt, verschiebt sich doch das Drumherum. Bei »Soft Kill« zum Beispiel ins Digitale. Ein Umstand, dem die schwebenden Stücke Rechnung tragen, die

Minuten der Stilverschmelzungen, des progrockigen Gestus’, des wavigen Basses. Starke Momente sind das, die im Kontrast zu der DNA-, Chromosom- und Laserschwert-Lyrik stehen, den Verabredungen »im nächsten Level« und dem überflüssigen Verfremden des Gesangs. Das ist dann einfach zu viel der NDW-Deutlichkeit, des an der Moderne leidenden Rebellen in eigener Sache. So steht die Karikatur ratlos neben der guten Idee. Marco Fuchs

Pictures Promise Virgin / Universal / VÖ 03.02.17

Die Bandmitglieder der Pictures kennen sich seit Ewigkeiten. Jetzt kommt eine – im besten Sinn – zeitlose Pop-Platte mit allem, was das musikfühlende Herz begehrt. Wer sich noch an die wichtige GrungeBand Union Youth vom Anfang der 2000er erinnert, wird hier zwei Gesichter wiedererkennen. Maze Exler singt und spielt erneut Gitarre, Michael Borwitzky sitzt wieder am Schlagzeug. Ole Fries (Gitarre) und Markus Krieg (Bass) tauchten damals auch schon im Dunstkreis von Union Youth auf. Die nun gemeinsam veröffentlichte Single »Down Under The Hill« ist eigentlich bereits fünf Jahre alt. Jetzt nennen die vier Musiker sich Pictures und haben mit »Promise« eine Platte aufgenommen, die zum Reinlegen und Genießen gemacht wurde. Die Kombination von derart unauffälligen Band- und Albumnamen bringt manche Suchmaschine an ihre Grenzen. Das muss symptomatisch für die scheinbare Konventionalität der Musik sein, die aber vor überzeugender Emotionalität und Originalität strotzt: Diese Platte ist für die ungehemmten Melodiegenießer gemacht. In »See The Sun« klimpert und klingelt es magisch im Hintergrund, »Fall« ist wie ein steter Fluss und »Let The Music Shine« schon fast etwas zu radiotauglich. Herzstück ist das romantische »Emily«, in dem Exlers manchmal brüchige Stimme wunderbar im Vordergrund schwebt. Hier kratzt und juckt nichts, das Album ist leicht verdaulich, aber trotzdem vielschichtig, und es stimmt alles, ohne öde zu sein. Elisabeth Haefs

Awa Poulo Poulo Warali Awesome Tapes From Africa / Cargo

Von Afrika nach Brooklyn und in die ganze Welt: Die neue Platte des ATFA-Labels ist mal wieder ein Highlight. Dankbar darf man sein, diese Musik hören zu dürfen. Es kann ein wenig anbiedernd wirken, wenn man Label-Chefs abfeiert. Beim New Yorker Brian Shimkovitz, der erst mit seinem Blog Awesome Tapes From Africa bekannt wurde und daraufhin das gleichnamige Label gründete, ist das aber vollkommen berechtigt. Der Kulturethnologe hat in den letzten Jahren so viele vergessene Tapes und Platten aus Afrika in die weite Welt getragen, dass seine Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die Arbeit seines Labels ist also eine Repress-Maschine von großem Wert, die glücklicherweise nicht stillsteht. Awa Poulo, eine Künstlerin aus der DillyGemeinde an der Grenze zwischen Mali und Mauretanien, ist solch ein schimmernder Edelstein. Als Peulh-Sprecherin, die zwar als Bevölkerungsgruppe nur zehn Prozent der malischen Bevölkerung ausmachen, aber eine ganz wichtige Rolle in ihrer Kulturlandschaft ausfüllen, stellt sie eine Besonderheit dar. Ihr Album ist eine wunderbare Sammlung folkloristisch geprägter Popmusik. Hier werden verzerrte Gitarren mit synkopierenden Percussions und Flöten mit einer wunderbaren Stimme gepaart. Hier ist so viel Soul versteckt, so viel Spannung zwischen den übereinandergelegten Schichten spürbar. Wer sich darauf einlässt, wird in Trance versetzt. Dafür noch mal danke, Brian Shimkovitz. Lars Fleischmann

Hat hier Ian Curtis via Ouijabrett mitgewirkt? Das zweite Album von A Projection begibt sich wie auch sein Vorgänger auf die Pfade des geplagten Künstlers. Die 1980er winken uns derzeit aus vielen Ecken der Musikszene enthusiastisch zu. Aber im Gegensatz zu Bands, die sich auf das Herauskramen und Abstauben einzelner Elemente beschränken, jagen die PostpunkSchweden A Projection die Zeitmaschine kompromisslos dreieinhalb Jahrzehnte zurück. Ab der ersten Minute von »Framework« schwirrt das Stichwort Joy Division hartnäckig im Kopf herum, und The Cure, auch ein bisschen Depeche Mode, aber in erster Linie scheinen A Projection Ian Curtis und seine drei Mitstreiter zum Maß aller musikalischen Dinge erklärt zu haben: Viele Songs, wie beispielsweise »Hands« oder »No Light«, sind in Form und Farbe derart an den typischen Joy-Division-Sound assimiliert, dass man allein für diese Akribie anerkennend nicken muss. »Framework« sind rasselnde Drums, Uhrwerkriffs, symphonische Synthesizer und monotone, finstere Vocals, zwischen denen nur hin und wieder moderner wirkende Electro- und Indie-Bisschen wie Sonnenstrahlen aus der dunklen New-WaveGewitterwolke der vier Curtis-Jünger hervorblitzen. Dass dieses Album nicht sonderlich zu überraschen vermag, ist da offensichtlich, geschweige denn, dass es nie zuvor gehörte Sounds birgt. Wer aber in Erinnerungen an sein erstes Hörerlebnis von »Unknown Pleasures« schwelgen möchte, dürfte mit »Framework« gut bedient sein. Simulacrum hin oder her – gut umgesetzt ist es allemal. Kira Schneider

Run The Jewels 3 Run The Jewels / Cooking Vinyl / Sony

A Projection Framework Tapete / Indigo

In den letzten zwei Jahren haben es Run The Jewels in die erste Liga des US-Rap geschafft. Ihr drittes Album ist die logische Entsprechung dieses neuen Status’. Einen besonderen Zickzack-Kurs leisteten sich Run The Jewels für ihr drittes Album, das erste nach dem weltweiten Durchbruch aus den Underground-Rap-Sphären hinein

S O H N

R E N N E N

NEUES ALBUM JETZT IM HANDEL

LIVE: 13.03. Köln, 15.03. Hamburg, 18.03. Berlin

LIVE 2017: 13.02. Wien, 14.02. München, 16.02. Graz, 17.02. Berlin, 18.02. Köln, 23.02. Hamburg


HEIMSPIEL MIT KRISTOF BEUTHNER

Happy new year, liebe »Heimspiel«-Freunde. Möge 2017 ein gutes Jahr werden. Lest hier von zehn Gründen, warum ich sagen darf, dass es sich auf einem guten Weg befindet.

Für eine tolle Idee und große Qualität stehen seit ein paar Jahren Jens Pfeifer und seine Hamburger Küchensessions, bei denen Bands und Künstler, vorwiegend aus der sanften Indie-, Folk- oder Singer/Songwriter-Ecke, in einer gemütlichen Küche in Hamburg-Altona reduzierte Versionen ihrer Songs darbieten. Ansehen kann man sich das bei YouTube, seit vier Jahren erscheint begleitend ein Sampler, der nunmehr wieder auf zwei CDs ausgedehnt wurde. Auf »Hamburger Küchensessions Vol. 4« (Kombüse Schallerzeugnisse) treffen wir gute Bekannte wie Die Höchste Eisenbahn, Enno Bunger und East Cameron Folkcore, im Kleinen Liebgewonnene wie Marius Ziska, Last Days Of April und Der Herr Polaris und echte Geheimtipps wie Sion Russel Jones, The Lake Poets und Tipps Für Wilhelm. 40 Songs, viel Intimität, praktisch keine Ausfälle: So pur und wunderschön klingt Musik, die man nicht mehr hergeben mag.

Auf diesem Sampler findet sich auch eine junge Dame namens Fee Badenius, die uns zeitgleich ihr neues Album namens »Feederleicht« (Reimkultur) hat zukommen lassen, das übrigens nach »Feelosophie« und »Feemannsgarn« quasi eine Art Trilogie abschließt. Dieser äußerst verspielte Chanson-Pop klingt wie ein Musik gewordener Poetry Slam, textlich äußerst feinsinnig und manchmal sogar richtiggehend brillant. Marcel Brell wäre bei den Küchensessions auch gut aufgehoben. Der war gerade als »Botschafter der deutschen Sprache« für das Goethe-Institut im Ausland, und die farbenfrohe Lyrik auf »Sprechendes Tier« (Conrad­ strasse) rechtfertigt das in jeder Hinsicht. Toller, mitreißend dargebotener Songwriter-Pop, der sich nicht ernst genug nimmt, um sich zu sehr in Gefühligem zu verlieren, und bei dem man ab dem ersten Stück mitsingen will. Schon deutlich ernsthafter – dabei aber gar nicht so traurig, wie man denken mag – geht es bei Robin Tom Rink zu. Der singt auf »The Small Hours« (Make My Day) mit sanfter Stimme und herrlich deutschem Akzent von den allzu menschlichen Abgründen und der stets drohenden Dunkelheit. Doch die 15 Songs klingen gar nicht düster, sondern schauen der Tristesse ernst ins Gesicht, nehmen den Tod in den Arm und schunkeln. Kreismusik ist das Label eines gewissen Käptn Peng, und wer das weiß, darf vom weiteren Output aus diesem Hause einiges erwarten. Pavlidis ist das Projekt von Ohrbooten-Ben und Shaban, der mit seinem Chef bisher immer stark abgeliefert hat. Zusammen spielen beide »Identitetris« (Kreismusik), und stilistisch steht die Platte denen von Peng recht nahe. Will sagen: von elektronischen Beats getragener, clever getexteter und von klugen Gedanken berauschter Rap.

Widmen wir uns ein paar EPs und beginnen mit Martin Herzberg, dessen fünf Songs starkes »Etwas bleibt« (Cloudbreak) cineastische Soundtrack-Synthie-Pop-Poesie mitbringt. Wenn Herzberg singt, tut er das auf eine herrlich unprätentiöse Weise. Aber er ist eben auch Pianist, und so kommen Songs wie »Alles wie gemalt« auch ganz ohne Stimme aus. Zum Glück ist das nie kitschig, zum Glück ist das tatsächlich einfach sehr schön. Der fluffig-leichte Sommerpop von Nelio aus Salzburg will hingegen gar nicht so recht in die Winterkälte passen. »Wolken schaun« (Problembär) spielt fünf Songs lang mit herrlicher Catchiness die besten Karten aus Folk, Latin Pop und Funk aus; dazu singt Manuel Goditsch mit unwiderstehlichem Schmäh über die Liebe und das Schöne am Leben, auch wenn’s mal nicht so läuft. Die EP strotzt vor Spielfreude und Positivität und macht richtig Spaß. Ganz ähnlich verhält es sich mit Drive Darling aus Heilbronn, deren Kooks-naher Pop auf der EP »Mountains« (Lindström) einen förmlich in den Bulli, auf die Straßen, durch die Landschaft, ab zum Strand zieht. Mit den Kumpels, den besten. Schmeckt schon nach kaltem Bier und Grillgut, wie? Klingt auch danach. Eingängig, aber präzise; melodisch und groovy. Vielleicht kein reinrassiger Sommerpop, definitiv aber eine gute Wahl für den Sommeranfang. Aber wir haben Winter, da liegt der Griff zu den Tents und ihrer EP »Under My Wings« (Numavi) schon näher. Gerade dann, wenn es draußen nur dunkel ist, funktionieren solche düstergetragenen Postpunk-Songs ganz vortrefflich. Ja, die großen Genre-Epigonen, sie standen alle Pate – na und? So schön theatralisch, wie diese Band hier am eigenen Dasein leidet, wird diese Musik halt auch nicht langweilig. Schließen wir dieses Winter-»Heimspiel« mit einer absolut innigen Symbiose aus dem virtuosen Klavierspiel von Carlos Cipa und den flirrend-rauschenden Elektronikkaskaden von Occupanther. Die beiden haben sich für eine EP namens »Trow« (Spinnup) zusammengetan. Das Ergebnis ist ein sehnsüchtiger, mäandernder Trip durch die Nacht, der an das wundervolle Zusammenspiel von Größen wie Nils Frahm und Ólafur Arnalds erinnert und seine Hörer müde, aber glücklich in den Lieblingssessel zurückfallen lässt.

The Radio Dept.

02.02.17 Köln, Gebäude 9

Biffy Clyro

09.02.17 Bochum, RuhrCongress

The Handsome Family 10.02.17 Hamburg, Knust 12.02.17 München, Ampere 13.02.17 Köln, Blue Shell

Lambchop

05.02. - 01.03.17 Erlangen / Mainz München / Dortmund Berlin / Hannover Köln / Hamburg Leipzig / Mannheim

Ed Harcourt

11.02.17 Hamburg, Häkken 17.02.17 Berlin, Silent Green

The Amazons

21.02.17 München, Unter Deck 24.02.17 Haldern, Popbar 25.02.17 Berlin, Musik & Frieden

The Dandy Warhols

23.02.17 Dresden, Beatpol 24.02.17 B, Festsaal Kreuzberg

Tycho

22.02.17 Köln 03.03.17 Hamburg 05.03.17 Leipzig 07.03.17 Berlin

Strand Of Oaks

25.02.17 Berlin, Privatclub

Alpines

02.03.17 Hamburg, Häkken 03.03.17 B, Kantine am Berghain 04.03.17 München, Milla

Gregory Alan Isakov 11.03.17 12.03.17 19.03.17 20.03.17

HH, Uebel & Gefährlich Berlin, Lido München, Strom Köln, Kulturkirche

Oddisee

& Good Compny

13.03. - 19.03.17 München / Erfurt Berlin / Hamburg Köln / Stuttgart Frankfurt

BirdPen 20.03.17 23.03.17 24.03.17 25.03.17 26.03.17 29.03.17 30.03.17 02.04.17

München, Ampere Haldern, Pop Bar Weinheim, Café Central Schorndorf, Manufaktur Köln, Artheater Berlin, Privatclub Hamburg, Molotow Leipzig, Naumanns

Charlie Cunningham 24.03.17 25.03.17 26.03.17 27.03.17 29.03.17 30.03.17 01.04.17 02.04.17 03.04.17 09.04.17

Neustadt, Schloss Dortmund, Konzerthaus Hamburg, Kampnagel B, Kammermusiksaal MS, Jugendkirche effata(!) Köln, Kulturkirche F, Heilig-Geist-Kirche Mannheim, Atlantis M, Carl-Orff-Saal Stuttgart, Theaterhaus

Lucy Spraggan

27.03.17 Berlin, Grüner Salon

Hurray For The Riff Raff 29.03.17 30.03.17 31.03.17 02.04.17

Moddi

27.03.17 Dresden 28.03.17 Erlangen 29.03.17 Frankfurt 30.03.17 Köln

dePresno

27.03.17 Hamburg 28.03.17 Berlin 29.03.17 Köln 30.03.17 München

Hamburg, Häkken Berlin, Grüner Salon München, Milla Münster, Pumpenhaus

Devendra Banhart

04.04.17 München, Muffathalle

Japandroids 19.04.17 20.04.17 22.04.17 23.04.17

HH, Uebel und Gefährlich Köln, Gebäude 9 Berlin, Columbia Theater Frankfurt, Zoom

Alex Vargas

08.04.17 Berlin 09.04.17 Hamburg 10.04.17 Köln 11.04.17 München

Esben And The Witch 19.04.17 22.04.17 23.04.17 24.04.17 25.04.17 26.04.17 27.04.17

Münster, Gleis 22 Köln, Artheater Wiesbaden, Schlachthof München, Milla Nürnberg, Club Stereo Berlin, Bi Nuu Hamburg, Molotow

Loïc Nottet

09.05.17 Köln, Stadtgarten 11.05.17 Berlin, Frannz Club

Talisco

10.04.17 München 11.04.17 Frankfurt 12.04.17 Berlin 13.04.17 Hamburg

Tickets & Infos: www.schoneberg.de


116

#Review in den Pop: Die Veröffentlichung der LP verzögerte sich nicht etwa, sondern wurde von der Band digital kurz entschlossen um drei Wochen vorgezogen – »weil es sich einfach richtig anfühlte«, so zumindest die eigene Begründung. Tatsächlich ist diese Vorfreude angesichts von »3« berechtigt, denn das US-Duo macht mit diesem Werk einen weiteren Schritt und etabliert sich mehr denn je im Zentrum des HipHop. In dieser Szene gibt es nur Wenige, die Traditionen, Moderne und Underground des Stils ähnlich ansehnlich zusammenbringen und dabei auch noch vergleichsweise smart wirken. Viele der 14 Tracks klingen musikalisch versierter denn je und haben mit Kamasi Washington, TV On The Radios Tunde Adebimpe und Boots auch genreübergreifende Gäste zu bieten. Das bringt es mit sich, dass sich El-P und Killer Mike stilistisch langsam aus der forschenden Avantgarde des HipHop verabschieden. Aber dieser Weg ist für eine Band wie sie der einzig gangbare und angesichts der Klasse von »3« die richtig gewählte Entscheidung. Christian Steinbrink

Wer Rachel Aggs und Eilidh Rodgers alias Sacred Paws durch das Video zur Single »Everyday« spielen sieht, kann gar nicht anders, als sich von der ungezähmten, kindlichen Fröhlichkeit anstecken zu lassen, der UpbeatP!O!P!-Melodie und den wundervollen TweeHarmonien. Vor ihrem Projekt Sacred Paws spielten die beiden in der schottischen IndiePop-Gruppe Golden Grrrls. Gitarristin Aggs zog bald nach London, heute trennen das Duo 600 Kilometer, und wer weiß, vielleicht ja demnächst gar eine EU-Außengrenze. Umso erstaunlicher ist das schlafwandlerische, in seiner notwendigen Zerdeppertheit sichere Zusammenspiel der beiden. Wenn etwas auf »Strike A Match«, dem Debüt auf dem Mogwai-Label Rock Action, nach Weite klingt, dann das Netz der Einflüsse, zu denen Postpunk und Riot-Grrrlismen gehören, vor allem aber Highlife-Gitarren und der Sound der C86-Generation: Tallulah Gosh und The Raincoats und freilich auch die frühen Vampire Weekend. In seiner Buntheit und Wärme ist das hier ein echtes Feelgood-Album, auch wenn es nach einer Weile etwas gleichförmig wird. Eigentlich gehört diese Musik sowieso auf 7“-Singles. Man darf sicher sein, dass das hier live zu den Dingen gehören wird, auf die man sich im Jahr 2017 freuen sollte. Steffen Greiner

Nach seinen vielschichtigen Hybrid-PopProduktionen für Drake, Jessie Ware oder Solange definiert das Debüt »Process« Sampha als König der elektronischen Singer/Songwriter mit Außenseiter-Aura. »You touch down in the base of my fears. Houston, can you hear« – schon der Opener »Plastic 100 C«, ein nachtblaues SynthieWindspiel aus 1980er-R’n’B, der Renitenz britischer Rave-Kultur und organischem HipHop-Fundamentalismus, stellt klar: Sampha macht Musik für Einsiedler. Die erste LP des Londoner Entrepreneurs mit der Schüchterling-Stimme ist ein weiträumig synthetisierter und augenverschlossener Moment des Verharrens, Zweifelns, ja, des Kampfes gegen eigene Dämonen. Es geht um jene Verletzlichkeit, die himmelhoch jauchzt, doch dann zu Tode betrübt der Einsamkeit frönt. »No one knows me like the piano«, heißt es etwa auf der gleichnamigen Nicht-Single. Dieses Album ist der Verlauf depressiver Episoden auf den Schultern von Teddy Riley, Kanye West und vor allem von Samphas an Krebs verstorbener Mutter. »Process« fusioniert ein neo-klassizistisches Synthie-Soul-Manifest aus Frank Oceans Emotionalität, The Weeknds Ohrwurm-Potenzial und Yeezys Zukunftsmusik – Proberaum-Pop trifft SchlafzimmerSoul. Achterbahn, Gefühle, ihr wisst schon. Fionn Birr

Sacred Paws Strike A Match Rock Action / PIAS / Rough Trade

Feelgood-Jingle-Jangle mit ein wenig Grrrl und viel P!O!P! – die London/GlasgowConnection Sacred Paws trifft mit HighlifeGitarre, Harmoniegesang und Twee-PunkBeat mitten ins Herz.

Sampha Process

Schnipo Schranke Rare

XL / Beggars / Indigo / VÖ 03.02.17

Buback / Indigo

Scheinehen. Racheporno. Völkischer Schnupfen. Mutti-Blogs. Generation arm. Turnschuh-Mädels. Dirty Talk. Jetzt im Handel

W W W. MI SSY- M AGA Z I N E . DE

Eine neue Ladung Obszönit ätenChansons? Ja, gerne. Diesmal lassen uns Daniela Reis und Friederike Ernst noch näher an sich heran. In der sehr sehenswerten arte-Reihe »Durch die Nacht mit ...« gab es vor einigen Jahren eine sehr ungleiche Zusammenkunft: Moritz Bleibtreu traf Oliver Pocher. Als Pocher den an Tiefsinn interessierten Schauspieler enttäuschte und diesem dessen Albernheiten zunehmend auf den Zeiger gingen, sagte er folgenden Satz: »Olli, Provokation um der Provokation willen ist nichts wert. Damit kannst du vielleicht mal ein paar Idioten begeistern, aber das war’s.« Diese tendenziell oberlehrerhafte Haltung bringt die Attitüde auf den Punkt, mit der sich Schnipo Schranke von Teilen der schreibenden Zunft von Anfang an konfrontiert sahen. Zwei Frauen mit glühenden Punkherzen sangen über Sex und stellten auch mal ungeniert Begriffe wie »Pisse« und »Sperma« in den Raum. Während die einen feierten, rümpften die anderen die Nase. Die Verklemmten dachten sich: Was erlauben die sich? Zwei Frauen, die an Piano-Stücken entlang vermeintlich vulgär werden – muss das sein? Ja, es muss, denn wir sprechen hier einerseits von einer sympathisch freien Herangehensweise, andererseits aber von dem offenbar immer noch notwendigen und wichtigen Einreißen von Emanzipationsbarrieren. Die freie, gerne auch humorvolle Haltung ist jedenfalls auch auf Album Nummer zwei wieder Mittel. Wir hören ein gesundes Maß an Kulturpessimismus heraus, eine Abrechnung mit einer »allzeit Like-bereiten«-Generation. Man erfährt mehr über tote Katzen, die Zeit nach einer Trennung und Wissenswertes über den toten Herrn Schulz. Die Erzählungen und Geschichten sind genauso charmant, eigensinnig, derbe und oft noch pointierter als auf dem schon famosen Debüt. In der ersten Single »Murmelbahn« vermag man die Überforderung herauszuhören, die das Duo


INFORMATIONEN UND TICKETS UNTER FOURARTISTS.COM aufgrund des respektablen Fames zeitweilig wohl empfinden musste. So ist die Platte an einigen Stellen düsterer, direkter und eine Spur melancholischer. Und in der StalkerHymne »Geist« sogar maximal anrührend. Kai Wichelmann

Talisco Capital Vision Virgin / Universal

Ty Segall Ty Segall Drag City / Rough Trade

Der Garagen-Teufel Ty Segall lässt es wieder krachen, aber erst die soften Zwischentöne seines neuen Albums rechtfertigen das Prädikat Meisterwerk. Mal wieder. Was tun in einer chaotischen Welt voller »fake news«? Am besten macht man sich auf die Suche nach wenigstens innerer Wahrhaftigkeit. Ty Segall, der umtriebige Kalifornier, dessen musikalischer Output wohl jeden Akkordarbeiter am Fließband erblassen lässt, betitelt daher sein zehntes Studioalbum seit 2008 (Kollaborationen exklusive) schlicht: »Ty Segall«. Musikalisch wirkt das wie ein überquellendes Kompendium seines bisherigen Schaffens. Es scheppert gewaltig im bekannten Referenzrahmen aus Garagenrock, Psychedelic und fuzzigem Noise-Wahnsinn. »Thank You Mr. K« verbrät alles zwischen Stooges und Led Zeppelin, garniert mit typisch hingerotzten Gitarrensoli. Introvertierte Stücke wie die Roots-Rock-Ballade »Talkin’« oder das Bowie’eske Liebeslied »Orange Color Queen« erinnern dabei eher an das 2013erAkustikalbum »Sleepers«. »Take Care« steht zum Abschluss noch mal stellvertretend für das ausgewogene Zusammenspiel aus Westcoast-Harmonie und Krach. Wer Ty Segall bisher noch nicht auf dem Schirm hatte, findet hier den perfekten Einstieg. Aber Beeilung, die nächste Platte ist bestimmt schon in der Mache! Thorsten Streck

Mehr Wumms und Liveband-Feeling hat sich Jérôme Amandi für sein aktuelles Album gewünscht. Nebenbei zeigte dieser Wunsch auch eine reinigende Wirkung: Elegische Elektronik tritt hinter pointiertem Gitarrenspiel zurück. Ist doch super, wenn man sich nicht festlegen muss. Und als rastloser Franzose, der Jérôme Amandi alias Talisco nun mal ist, geht es im selbst gewählten Exil des Musikmachens ohnehin darum, sich möglichst unbeschränkt inspirieren zu lassen, anstatt ewig die Labels des Electro-Folk oder Dream-Pop zu bedienen. Wenn dann nebenbei die Begleitmusik für eine Handywerbung herausspringt (»Your Wish« vom Album »Red« aus dem Jahr 2015) – auch kein Problem. Wichtiger ist, die Kontrolle zu behalten. Diesmal sollte alles brachialer und rauer klingen, der Fokus liegt dementsprechend eher auf dem Song als auf einer möglichst mehrheitsfähigen Klangkonzeption. Mit »Thousand Suns« ist zwar auch wieder eine potenzielle partytaugliche UpbeatSingle dabei, doch der Wunsch nach mehr Lebendigkeit und Wumms holt diese Platte schlussendlich deutlich aus dem nebligen »Ganz nett«-Gleichschaltungsstigma der bisherigen Veröffentlichungen raus. Jeder Song schreit um Aufmerksamkeit. Tanzbar, folkig oder nachdenklich-leise kommt Talisco hier schnell zum Punkt – was Popmusik bekanntlich immer gut tut. Klaas Tigchelaar

01.03. BERLIN - GRETCHEN 02.03. KÖLN - CBE 03.03. MÜNCHEN - AMPERE

27.04. FRANKFURT A.M. • 28.04. KÖLN 29.04. DRESDEN • 01.05. LEIPZIG 02.05. HAMBURG • 03.05. BERLIN 05.05. MÜNCHEN • 06.05. STUTTGART 08.05. NÜRNBERG • 09.05. WIEN 10.05. SALZBURG • 11.05. MANNHEIM 12.05. REGENSBURG

09.03. GRAZ • 10.03. WIEN 11.03. DÜDINGEN • 12.03. LUZERN 14.03. KONSTANZ • 15.03. FREIBURG 16.03. MANNHEIM • 17.03. ERFURT 18.03. DÜSSELDORF • 19.03. WIESBADEN 21.03. OSNABRÜCK • 22.03. BERLIN 23.03. ERLANGEN • 24.03. LEIPZIG

07.03. HAMBURG - MOLOTOW 08.03. BERLIN - MUSIK & FRIEDEN 10.03. MÜNCHEN - AMPERE

15.02. WIESBADEN - SCHLACHTHOF 16.02. KÖLN - YUCA 18.02. MÜNCHEN - MILLA 20.02. BERLIN - PRIVATCLUB 21.02. HAMBURG - MOLOTOW

Matteo Vallicelli Primo Captured Tracks / Cargo / VÖ 03.02.17

Sinkane Life & Livin’ It City Slang / Universal / VÖ 10.02.17

Sinkane hat sein bisher kraftvollstes Album aufgenommen. Eine Feelgood-Platte, die das Leben feiert. Der Londoner Ahmed Gallab alias Sinkane stellt sich der Tristesse und den allgemein angespannten Zeiten mit Schmiss und Seele. Die Botschaften sind dabei maximal einfach: Es geht um Lieblingslieder und um die Aussicht, sich in Zukunft besser zu fühlen. Im Gegensatz zum sehr guten Vorgänger »Mean Love« spielt Sinkane wieder vermehrt die Tanzkarte aus. Vor allem in der ersten Hälfte sorgen Tribal-Drums, Trompeten und panafrikanische Elemente für beseelte Tanzmusik, die durch ihre durchaus moderne Ausrichtung frei von Ethno-Klischees ist. Die einfachen Botschaften wirken zu keiner Zeit deplatziert, denn hier geht es um den Groove und um die spirituelle Ansprache des Körpers. War Sinkane auf seinen vorigen Alben als Eklektiker zu bestaunen, so ist sein Sound nun repetitiver und dadurch auch dringlicher. Dass diese Entwicklung auf Kosten der Abwechslung geht, stellt kein Problem dar, denn diese Platte wirkt wie ein ewig währender Song, der die früh gefundene Hitformel minimal, aber effektiv variiert. Kai Wichelmann

Der Tour-Drummer von The Soft Moon debütiert mit unterkühlten ElectroAmbient-Soundscapes, die an die Synthesizer-Musik italienischer HorrorfilmSoundtracks erinnern. Moment mal! Der goldene Handschuh? Das Motiv auf dem Plattencover von Matteo Vallicellis Debüt, auf dem uns der Schlagzeuger nun elf überwiegend beatfreie DarkAmbient-Tracks präsentiert, weckt vermutlich unbeabsichtigt Assoziationen zu Heinz Strunks Erfolgsroman. Doch sollte eines Tages nicht – wie bereits angekündigt – Fatih Akin Strunks düstere Milieustudie über den mehrfachen Frauenmörder Fritz Honka verfilmen, sondern – sagen wir mal – Dario Argento, der das ganze Geschehen auch noch von St. Pauli nach Italien verlagern würde – den Soundtrack dazu gäbe es bereits hier: Die Synthies auf »Primo« mäandern wie in den Scores einiger italienischer Horror- und Splatter-Filme schwer und bewegungslos vor sich hin. Bassdrums und Snare gibt es nur im fast tanzbaren »Giungla Elettrica« zu hören. Bei Stücken wie »Lausitzer Platz« dagegen wird man eher an die krautig-verspielten Klangexperimente von Cluster erinnert. Vallicelli, 2013 aus Rom nach Berlin gezogen, war als Trommler in diversen italienischen Punk- und amerikanischen Industrial-Bands zuvor eher die harte Gangart gewohnt. Nun hat er in der hippen deutschen Hauptstadt das Schlagwerk beiseitegelegt und spielt

25.01. LUXEMBURG 26.01. DÜSSELDORF 10.02. LINGEN 11.02. HEIDELBERG 12.02. HANNOVER 16.02. HAMBURG 17.02. BERLIN 18.02. MÜNSTER 19.02. WIESBADEN

24.02. BREMEN 06.04. STUTTGART 07.04. ZÜRICH 08.04. MÜNCHEN 09.04. WIEN 10.04. LEIPZIG 11.04. BOCHUM 12.04. KÖLN

10.02. KÖLN - YUCA 13.02. HAMBURG - MOLOTOW SKY BAR 16.02. BERLIN - GRÜNER SALON 17.02. MÜNCHEN - MILLA

GENETIKK LIVE

10.03. KÖLN / 11.03. LUXEMBURG 12.03. OFFENBACH / 13.03. HAMBURG 15.03. OBERHAUSEN / 17.03. LEIPZIG 18.03. BERLIN / 19.03. HANNOVER 20.03. MÜNCHEN / 22.03. WIEN 23.03. GRAZ / 24.03. LINZ 25.03. ZÜRICH / 27.03. STUTTGART 29.03. KARLSRUHE 30.03. SAARBRÜCKEN


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auf seinem Synthesizer instrumentale Gerippe von düsteren Technotracks, denen er zuvor sämtliche perkussiven Elemente entnommen hat. Schon etwas gruselig, das Ganze, und irgendwie schade, dass die beiden goldenen Handschuhe in Wahrheit nicht zusammengehören. Timo Weber

„nO sleeP´til hariesChaiM“ tOur 03.03. 09.03. 10.03. 11.03.

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24.02.17 25.02.17 26.02.17 28.02.17 01.03.17 02.03.17 03.03.17 04.03.17 06.03.17 07.03.17 08.03.17 10.03.17 11.03.17 14.12.17

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Wedge / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 10.02.17

Ten Fé Hit The Light Some Kinda Love / PIAS / Rough Trade / VÖ 03.02.17

Zarte Feelgood-Vibes aus London: Ten Fé präsentieren sich auf ihrem Debüt »Hit The Light« durchweg wohlig und kaum aufmüpfig. Dass allein die ersten Singles aus »Hit The Light«, dem ersten Album von Ben Moorhouse und Leo Duncan alias Ten Fé, über den Sommer mehrere Millionen Spotify-Streams angehortet haben, weckt den Verdacht auf eine Sound-of-the-summer-Band. Und tatsächlich klingen die zwei in etwa wie ein versonnenes Mash-up von The Drums mit The Cure und Bruce Springsteen, mit gleichermaßen fluffigen Synthies, Gitarren und Drums, die harmonisch Hand in Hand gehen und zusammen ein watteweiches Indie-PopBett bauen. Das ist natürlich gesäumt von »Huuh-huuh«-Backings und abwechselnden Lead-Vocals mit viel Hall drauf. Das Paradebeispiel: »Elodie«, meistgestreamt, bittersüß und locker, eine schwelgerische Hymne auf eine verflossene Liebe. Wer nach Dramatik und Spannung sucht, wird auf »Hit The Light« wahrscheinlich nicht fündig. Einzig die etwas kantigeren, atonalen Synthies in »Twist Your Arm« lugen ein bisschen aus dem flaumigen Sound hervor, aber sonst ist das Motto kompromisslos »feel good«. Das Festivalzelt baut sich im Hintergrund schon fast von alleine auf. Kira Schneider

Das Tuareg-Kollektiv Tinariwen produziert auch 15 Jahre nach seinem internationalen Durchbruch weiterhin traditionell nordafrikanisch mit leichten westlichen Einflüssen. Manchmal kommt man schon allein wegen der Umstände nicht drum herum, politisch zu sein. In Nordafrika ist dies seit dem arabischen Frühling so, es war vermutlich aber auch schon vor 2011 der Fall. Länder wie Libyen, Algerien und Mali, die das TuaregHerkunftsgebiet bilden, sind für Tinariwen nicht mehr sicher, da sie wegen ihrer Musik und ihres Erfolges zum Teil gezielt verfolgt werden. Von den einen, weil sie den aufständischen Tuareg angehören, von den anderen, weil sie zu unislamisch sein sollen. So ist das Kollektiv nun ins Exil nach Marokko und auch in die USA gegangen, und ihr neues Album soll von der Sehnsucht nach ihrer Heimat berichten. So liest man zumindest, überprüfen lässt sich das schwer, denn wie immer, wenn man als »Westler« auf die Musik anderer Kulturen schaut, stehen Sprachbarrieren ebenso im Weg wie das Fehlen eines tieferen Verständnisses des kulturellen Kontextes. »Elwan« klingt jedenfalls nach Melancholie, nach Gemeinschaft und ein wenig auch nach Klagegesang. An der einen Stelle, an der sie ins Englische wechseln, heißt es: »I am through sleepwalking. Don’t keep me apart.« Wird also schon stimmen. Henje Richter

Vermont II

20.03.17 haMburg MolotoW 21.03.17 Köln stuDio 672 23.03.17 berlin liDo 22.07.17 Watt en sChliCK Fest

Thievery Corporation The Temple Of I & I

WWW.ParcelsMusic.coM

02.02.17 03.02.17 04.02.17 16.02.17 17.02.17 09.03.17 17.03.17 18.03.17

ESL / Rough Trade / VÖ 10.02.17

Marburg kFZ ulM roxy Freiburg JaZZHaus breMen laGerHaus Flensburg volksbaD regensburg alte MälZerei stuttgart universuM stuttgart universuM WWW.scHMutZki.De

gr-athen GaZi Music Hall at-KreMs DonauFestivall Köln PHilHarMonie gb-lOnDOn tHe o2 ForuM DK-KOPenhagen koncertHuset

08.06.17 09.06.17 01.07.17 17.07.17 18.07.17

CZ-Prag arcHa tHeatre leiPZig ParkbüHne nl-aMsterDaM ParaDiso it-rOM rock in roMa it-COllegnO FloWers Festival

Ausserdem Auf Tour Deine FreunDe · Deine lakaien · Donots · Fatoni · Funny van Dannen · Mountain WitcH · Mouse on Mars · Mutter · PascoW sookee · tHe baboon sHoW KIKIs KLeINer TourNeeserVICe kkt GMbH WWW.KKT.BerLIN

Tinariwen Elwan

WWW.royalrePublic.net

Greatest Hits

11.02.17 01.05.17 03.05.17 04.05.17 13.05.17

»Letter To The Editor« und der großartigen Racquel Jones am Mikrofon zudem einen richtig fetten Hit. Andreas Brüning

PHONE + 49.30 .695.80 .880 Portokasse@kkt.berlin

Passend zum Downbeat-Revival überzeugen die Veteranen aus Washington nicht nur durch die Wahl ganz ausgezeichneter Vokalisten. Seit 1995 verarbeiten Rob Garza und Eric Hilton aus Washington ihre Wurzeln in Garage-Punk und Bedroom-Electronics sowie die gemeinsame Vorliebe für Bossa Nova, Dub, orientalische Musik und Jazz zu ganz eigener Musik zwischen Reggae, elektronischer Tanzmusik, HipHop, Ambient und TripHop. »The Temple Of I & I« schließt nahtlos an ihre frühen Alben an und passt dadurch bestens zum derzeitigen Downbeat-Revival. Die beiden Produzenten kombinieren perlende Keyboards, Trio-Casio-Beats, dicke Bässe, fette Bläser-Sätze, sonnige Synthesizer-Flächen mit UB40-Anklängen, Einflüssen aus Pop, Chanson und Easy Listening in mächtigen Hall-Räumen mit einer Handvoll richtig guter Gastsänger, Rapper und Toaster. Fertig ist ihre mächtig groovende Entspannungsmusik. Das klingt zwar, als wäre die Zeit stehen geblieben, und macht auch garantiert nichts kaputt, wirkt aber wieder recht frisch, unterhält meistens wirklich gut und enthält mit

Kompakt / Rough Trade / VÖ 10.02.17

Chips wie Gebirge, Platinen wie Landschaften. Vermonts Ambient-Ästhetik wandert da, wo andere noch tanzen. Was für eine außergewöhnliche und unerwartete Platte. Obwohl sich das ungleiche Produzentenduo aus Danilo Plessow alias Motor City Drum Ensemble und Marcus Worgull schon zum zweiten Mal für eine LP zusammenfindet, ist man immer noch überrascht, wie gut sie miteinander harmonieren. Auf der einen Seite ist da Plessow, deutsche Deep-House-Ikone, der nicht nur als Motor City Drum Ensemble, sondern auch mit seinem Projekt Inverse Cinematics für von Jazz und Soul gespeisten House bekannt ist; auf der anderen Seite Worgull, der als Teil der Innervisions-Crew und Party-Host in Köln eher für technoiden House steht. Vielleicht trifft man sich gerade deswegen nun auf einem unwahrscheinlichen Gelände wieder. »II« ist wie sein Vorgänger »Vermont« ein Ausflug in Ambient und einen House, der Beats missen lässt, in Landschaften aus Synthesizern. Die wunderbaren Stücke mäandern, klingen manchmal nach Cluster und anderen Krautikonen, dann wiederum nach Wave oder gar topaktuell. »Norderney«, »Gebirge« oder »Wenik« verdichten die Vermutung, dass es hier um die Divergenz zwischen Natur und Kultur geht. Dem sublimen Natürlichen wird


#Review eine manchmal leicht zappelige, manchmal campe Ästhetik entgegengesetzt. Das ist ganz wunderbar und tappst nicht in die Falle, eine Naturlandschaft abbilden und eine neue deutsche Romantik ausrufen zu wollen. Das Handwerk ist hier jederzeit zu spüren. Und das lässt »II« mehr als angenehm wirken. Lars Fleischmann

Tosca Going Going Going !K7 / Indigo / VÖ 10.02.17

The Weeknd Starboy Republic / Universal

Mit seinem dritten Album »Starboy« markiert The Weeknd wieder den Stand der Dinge des elektronischen R’n’B und bleibt bei seinen bewährten Themen: dem Schmerz und den Frauen. The Weeknds erste Single-Auskopplung »Starboy« aus dem gleichnamigen Album läuft schon seit einigen Wochen im Loop auf vielen Formatradiosendern. Jetzt hat Abel Tesfaye endlich auch den Rest seines neuen Materials nachgeschoben, und eines fällt sehr schnell auf: Auch wenn der R’n’B-Megastar noch immer den gesamten Schmerz der Welt auf seiner Stimme zu tragen scheint, ist er in seinen Texten selbstbewusster und aggressiver geworden. Und doch ist er immer noch der The Weeknd, den wir nach seiner noch recht abweichenden EP-Trilogie mit seinen beiden Vorgängeralben »Kiss Land« und »Beauty Behind The Masses« kennengelernt haben. Deshalb sind wieder die Frauen der thematische Schwerpunkt seiner dritten LP. Nach wie vor kann ein Mainstream-Album nicht besser am Puls der Zeit verortet sein als »Starboy«: irgendwo zwischen R’n’B und Pop und mit starken elektronischen Einflüssen. Und natürlich ist für jeden Geschmack etwas dabei: sowohl absolute Clubbanger wie »False Alarm« oder »Rockin’« als auch entspannte Tracks wie »Sidewalks« mit HipHopMegastar Kendrick Lamar. The Weeknd zeigt sich dabei unverkennbar von Künstlern wie Usher und Michael Jackson inspiriert und landet wieder genau dort, wo sich R’n’B Ende 2016 aufhält. Seine Erfolgssträhne wird damit sicher nicht reißen. Dominik Djialeu

Toscas Audio-Massage entspannt auch nach 20 Jahren zuverlässig mit gewohnt geschmeidiger Hintergrundbeschallung. »Going Going Going« heißt das aktuelle Werk von Richard Dorfmeister und Rupert Huber aus Wien. Seit 1994 hat das Duo ein gutes Dutzend Alben veröffentlicht. »Downbeat« nannte man ihre Musik damals; sie selbst bezeichneten sie als »Audio Massage«, Kritiker und Hörer fanden mehr oder weniger freundliche Bezeichnungen wie »Kaffeehausmusik«, »Wiener Electro« oder »Fahrstuhlmusik«. Wie in den Anfangstagen kombinieren die Österreicher warm fließende KontrabassLäufe, dezent pulsierendes Schlagzeug, Hawaii-Gitarren und sahnige KeyboardSounds mit stimmungsvollen Stimmfetzen und nostalgischen Elektronik-Elementen zu äußerst professioneller Entspannungsmusik zwischen Ambient, Funk, Dub, House, Easy Listening und TripHop. Zudem besinnen sich Tosca auf ihre Wurzeln und verzichten meist auf Songstrukturen oder Gastsänger. Perfekte Hintergrundmusik für eine unbeschwerte und sonnige Autobahnfahrt, schwebend, lässig und elegant und geschmeidig. Musik ohne scharfe Kanten oder eben Musik, die man hören kann, ohne hinzuhören, wie Richard Dorfmeister mal treffend sagte. Andreas Brüning

seines neuen Films. Die Stücke sind stark genug, um auch ohne Bilder zu bestehen. Für Fortgeschrittene: Einen Soundtrack immer anhören, bevor man den Film dazu sieht. So wird die Kraft der Musik nicht von der Wucht der Bilder angereichert oder gar überlagert, und der Fokus bleibt auf den Songs. In diesem Falle auf den mit einem 40-köpfigen Orchester im Magyar Radio in Budapest aufgenommenen Soundlandschaften von Adam Bryanbaum Wiltzie und Dustin O’Halloran, deren drittes Album gleichzeitig die musikalische Begleitung von Jalil Lesperts »Iris« ist. Während die beiden immer wieder mit neuen Szenen des Streifens gefüttert wurden, entstand der elektronische Hintergrund zu »Iris« im Gleichschritt mit den Filmaufnahmen. Die Stücke wurden mit modularen Synthesizern entworfen und über Monate hinweg bis hin zu den finalen Orchestersessions immer wieder überarbeitet. Atmosphärisch dicht provozieren die Tracks zu den noch nicht gesehenen Sequenzen eigene Bilder und Gefühle, die von Liebe und Verrat, Schmerz und Hoffnung künden. Mit leichter Hand wird »Iris« an den Sümpfen des unangenehmen Pathos vorbeigeführt, schwelgt und leidet in unvertrauten Höhen und Ehrfurcht gebietenden Tiefen. Marco Fuchs

Erased Tapes / Indigo

Der französische Regisseur Jalil Lespert wünschte sich A Winged Victory For The Sullen als Komponisten für den Soundtrack

im vollen Bewusstsein, dass dies für The xx ungewohntes Terrain ist. Danach wird mit »Say Something Loving« zwar etwas zurückgerudert, doch auch hier ist das Experiment am Werk, das Pop-Experiment. Süßlich, voll und fast schon kitschig klingen die GitarrenArpeggien und die Klopfer-Percussion. In der Folge ist nicht jeder Song eine neue Klangfarbe; es wird auch mal ein wenig Grundierung aufgetragen. Die Songansätze bleiben aber vielfältig und stets interessant. Das Selbstbewusstsein und die neue Direktheit lassen sich auch in den Songtiteln finden, in denen erstmals – und des Öfteren – »I«, »You« und »Me« vorkommen. Wie ein allzu schüchternes Wesen, von stetem Zuspruch und Zuwendung gepäppelt, kommen The xx endlich aus sich heraus, können ihrem Gegenüber in die Augen sehen und es ansprechen: »I See You«. Und erstmals klingen sie so, als hätten sie Spaß an ihrem Tun. Henje Richter

Brian Eno Reflection Warp / Rough Trade

The xx I See You Young Turks / Beggars / Indigo

A Winged Victory For The Sullen Iris

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Nach seinem Solodebüt kehrt Jamie xx zu seiner Band zurück. Obwohl unverkennbar ein Bandprodukt, hat es von seinem Soloausflug profitiert. Fanfarenstöße! The xx, die für ihre Zurückhaltung und Mäßigung bekannte englische Band von Romy Madley Croft, Oliver Sim und Jamie Smith (alias Jamie xx), starten mit einem Knall ins neue Album. Nach dem fast schon legendären selbstbetitelten Debüt und dem leider ziemlich ideenlosen »Coexist« von 2012 hört sich schon der Beginn ungewohnt forsch und direkt an. Und dann setzt auch noch ein harter Step-Beat ein: »Dangerous«, indeed. »I couldn’t care less, if they call us reckless«, singt Oliver Sims, wohl

CHARLIE CUNNINGHAM

»Reflection«, das neue Album von Brian Eno, ist laut eigener Aussage sein anspruchvollstes. Das ist angesichts seiner reichhaltigen Diskografie eine vollmundige Ansage, aber sicher nicht völlig abwegig. Brian Eno war einst Teil von Roxy Music und war als Produzent für U2 und Coldplay tätig. Auf »Reflection« greift er aber nicht auf sein popmusikalisches Verständnis vergangener Tage zurück, sondern fokussiert sich auf eigene Interpretationen von Zukunft: Er wagt sich abermals in Gefilde von Ambient, um unendliche Musik zu erschaffen. Diese Abwendung von der Norm sorgt dafür, dass »Reflection« kein klassisches Musikalbum ist. Es gibt nicht die Singles, die sich sonst zuhauf in Enos Diskografie finden. Stattdessen setzt er ganz auf Experimente und Minimalismus. Das Album ist mehr Soundinstallation als Pop und schließt damit nahtlos an frühere Werke wie »Ambient 1: Music For Airports« an. Ein ambitioniertes Projekt, das faszinierend gut gelingt. Nils Herrmann

special guest:

FENNE LILY

„Charlie Cunningham zeigt (...), dass er mehr ist und kann als all die Wohlfühl-Songwriter aus dem UK, die gerade europaweit an die Spitzen der Charts stürmen.“ (Festivalguide)

24.03. NEUSTADT

25.03. DORTMUND

26.03. HAMBURG

27.03. BERLIN

29.03. MÜNSTER

30.03. KÖLN

01.04. FRANKFURT

02.04. MANNHEIM

03.04. MÜNCHEN

09.04. STUTTGART

SCHLOSS LANDESTROST KAMPNAGEL

JUGENDKIRCHE EFFATA (!) HEILIG-GEIST-KIRCHE

CARL-ORFF-SAAL (GASTEIG)

KONZERTHAUS

KAMMERMUSIKSAAL DER PHILHARMONIE KULTURKIRCHE ATLANTIS

THEATERHAUS

CHARLIECUNNINGHAMMUSIC - TICKETS & INFOS: SCHONEBERG.DE

DAS DEBUTALBUM LINES ALS CD, VINYL & DOWNLOAD AB SOFORT ÜBERALL ERHÄLTLICH


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#Review

Duke Garwood Garden Of Ashes Heavenly / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 03.02.17

Nur ein Jahr nach seiner letzten Platte »Heavy Love« kehrt Duke Garwood mit »Garden Of Ashes« zurück und zeigt, wie sehnsüchtig-schön sich Blues anno 2017 anhören kann. Nur leider schleicht sich viel zu schnell eine entzaubernde Monotonie ein. Duke Garwood selbst sagt über sein neues, sechstes Studioalbum »Garden Of Ashes«, dass es »beautiful apocalypse love music« sei – und trifft damit so ziemlich den Punkt. Schnell wecken bereits die Klänge des Openers »Coldblooded« Assoziationen vom apokalyptischen Wasteland, in dem nichts mehr lebt außer dem allgegenwärtigen Blues Garwoods, der sich zu einem letzten Liebeslied an das erhebt, was die Welt einmal ausgemacht hat. Dezent und stilsicher erklingen Gitarre und Percussions, im zweiten Song »Sonny Boogie« erhebt sich dazu ein hypnotischer Chor – und über alles legt sich die markante baritonlastige Stimme Garwoods, die es sich irgendwo in den morbidesten Gefilden zwischen Nick Cave und Bill Callahan gemütlich gemacht hat. »Garden Of Ashes« scheint die Apokalypse in diesem Moment wie einen Garten Eden aussehen zu lassen. Doch im Laufe der elf Songs stellt sich nach und nach die Gewissheit ein, dass die Musik kein Allheilmittel ist, sondern nur die schöne Begleitmusik zum Ende der Welt. Spätestens zur Hälfte hat sich eine Monotonie breitgemacht, die nicht mehr positivhypnotisch, sondern vielmehr erdrückend wirkt: Man merkt, wie die Gedanken sich wieder der eigentlichen Umwelt zuwenden und Garwoods allgegenwärtiger Sound im Hintergrund verschwindet. Damit verbleibt »Garden Of Ashes« als gutes, in seinen besten Momenten sogar großartiges Blues-Album – bei dem man jedoch am besten zur Halbzeit den Pause-Knopf drückt und am nächsten Tag weiterhört, damit sich die drückende Monotonie gar nicht erst einschleichen und den Hörgenuss verderben kann. Tobias Tißen

Horse Thief Trials & Truths

Youth« und »Difference«, sind ziemlich fad. Weder Lyrics noch musikalische Untermalung wirken außerordentlich. Die Songs klingen eher nach abermals aufgewärmtem Radiofraß, und so geht es weiter. Nur »Empire« und »Million Dollars« bilden kleine Ausnahmen und scheinen ein wenig ausgeklügelter. Irgendwie erinnern aber sogar diese beiden Songs an alte Schinken von Helden wie Neil Young. Es wäre besser gewesen, wenn die Jungs sich an ihren Anfangszeiten orientiert hätten. Gerade im Vergleich zu ihrer DebütEP »Grow Deep, Grow Wild« ist das hier nämlich nichts. Madeleine Schrader

Nina Kraviz Fabric 91 Fabric / Rough Trade

Passend zur Fabric-Rettung präsentiert das clubeigene Label den Mix eines Shooting-Stars: Nina Kraviz verschweißt »was mich gerade grooven lässt« mit Expertise, Attitüde und Fingerspitzengefühl. Das Release von »Fabric 91« fällt in eine bewegte Zeit. Nachdem der Londoner Electro-Tempel Fabric im Herbst zunächst seine Pforten schließen musste, darf Nina Kraviz’ Beitrag zum Mix-Zyklus des clubeigenen Labels als Rettungs-Soundtrack gelten: Die Behörden hatten nach scharfem Gegenwind aus der Community eingelenkt. Kraviz, die längst zu den gefragtesten DJs des Globus zählt, hat hier alte Schätzchen mit archäologischer Präzision freigelegt, bündig arrangiert und mittels Szene-Nuggets und frischer Eigenzüchtungen in einen neuen Kontext gebettet. Den Mix umwittert ein mystisch-unterkühlter, aber doch auf eigenartige Weise einladender Vibe. Allgegenwärtig sind behutsam nuancierte Verfremdungen und ein beharrlicher, aber kaum jemals auskeilender Puls, die von der musikalischen Abgeklärtheit Kraviz’ zeugen. Dabei ist das hier auch und vor allem das Werk einer akribischen Archivarin: »Fabric 91« trägt den Fingerabdruck einer Produzentin, die ihre Inspiration exzellent zu kanalisieren versteht. Ihr gelingt es, eine unbedingte Ruhe auszustrahlen, während sie Ansprüche scheinbar im Vorbeigehen bedient. Die stilistische Hanglage des Parcours wird erst beim Blick in den Rückspiegel sichtbar. Sogar die computergesprochene Kenntlichmachung als »promotional copy« könnte eine Ausstülpung ihrer Kunst sein. Und mit »Fork Rave« gipfelt der Mix doch tatsächlich in einen Track aus Aphex Twins SoundCloud-Schwemme im vorletzten Jahr. Eine wunderbare Reise – ganz ohne Wildgänse, dafür mit fliegendem Fisch. Valentin Erning

Bella Union / PIAS / Rough Trade

»Trials & Truths« heißt das zweite Album der amerikanischen Indie-Folk-Band Horse Thief. Ihr Debüt wurde hochgelobt, doch bei diesem Zweitwerk fragt man sich, ob man nicht doch lieber Mumford & Sons anmachen soll. Horse Thief aus Oklahoma wirken wie ein Haufen lieber Kerle: Fünf Vollblut-Musiker, die ihr Herz auf der Zunge tragen. »Die machen bestimmt richtig schönen Indie«, denkt man. Leider merkt man auf ihrem neuen Album davon nicht viel. Auch wenn Sänger Neal wirklich fantastisch singt und der Rest der Band instrumentale Fähigkeiten besitzt – bei »Trials & Truths« kommt einfach nichts rüber. Worüber auch die Zusammen-Pferdestehlen-Attitüde der Band kaum hinweghilft. Bereits die beiden Eingangsstücke, »Another

die neuesten Platten. Mit äußerster Sorgfalt stellte sich der Herr im grauen Anzug seine Reiseroute zusammen. Nicht jedes Lied, nicht jede Band passte in die Kneipe, in den Club, in die Bar. Heutzutage, denn alles ist schlimmer, findet man kaum noch Kneipen mit einer Jukebox; und wenn man doch einmal auf einen dieser vergessenen Orte stößt, findet sich darin meist der übliche Schlager- und Charts-Rotz, mit etwas Glück mal CCR oder sogar Ton Steine Scherben. Magnet School findet man dort nicht und wird man niemals finden. Dabei ist diese Band aus Austin, Texas äußerst Jukeboxkompatibel. »The Art Of Telling The Truth« beginnt konventionell, langweilig und wird danach immer besser. Spätestens bei »Irresistible Lie«, dem besten Trail-Of-Dead-Lied seit »The Rest Will Follow«, ist das vergessen. Laute Gitarren, Shoegaze, Melancholie. Explosionen. Noch ein Bier, Schill! Ich drücke noch einmal »Fare Thee Well«. Es gibt keine Jukebox-Bestücker mehr. Dafür nach acht Jahren ein neues Magnet-School-Album. Das ist die Wahrheit. Stephan Uersfeld

The Naked And Famous Simple Forms Somewhat Damaged / Rough Trade / VÖ 03.02.17

Nacksch Und Berühmt hätten sich vor dieser dritten Platte fast aufgelöst. Geil! Aber nun geht es mit »Simple Forms« doch noch weiter. »Multiple« heißt das, was unter anderem Andy Warhol gemacht hat, als er Pop- und Konsumdinge (Müll) vervielfältigend dargestellt hat. So ähnlich machen es The Naked And Famous mit ihren Songs seit 2010, nur ohne Message. Kürzlich erschien »Higher«, ein Eigencover ihres Hits »Young Blood«. Auf dem dazugehörigen neuen Album folgt dann noch mal der gleiche Song, diesmal mit »The Water Beneath You« betitelt, und so geht es grob weiter. »My Energy« hat Nuancen, die an Owl City oder etwas von DJ Sammy und Silver erinnern. Like, wer noch kennt. Das bisschen Schrulligkeit, das TNAF bei ihrem Auftauchen hatten, ist knallharter Produktionskalkulation gewichen. Alles auf der Platte mit dem verräterischen Namen »Simple Forms« ist darauf abgestimmt, bald schon wieder vergessen zu werden. Man ahnt bei leicht entschleunigten Songs wie »Losing Our Control«, »Backslide« oder »Rotten«, wie es klingen könnte, wenn auf den Überproduktionsexzess verzichtet worden wäre. Denn TNAF sind eine Band, die mit Alisa Xayalith und Thom Powers zwei ordentliche Leadsänger hat – und das Potenzial verkloppt. Dass es ihnen um Texte oder Botschaften nicht gehe, räumt Powers selbst ein, und man kann diese tatsächlich getrost vergessen. Und das Album auch. Und die Band gleich mit. Paula Irmschler

Hause Andi Otto: darunter viel Gutes und wenig Anstrengendes. Indien – du Sehnsuchtsort ganzer Musikergenerationen, seit sich John, Paul, George und Ringo in die Sitar und chemische Drogen verliebten. Auch Andi Otto – der früher Springintgut hieß und aufregend-sperrige Electronica fabrizierte – hegt ein Faible für das Land. Indische Einflüsse sind auf »Via« deswegen prominent zu hören: In »Bandini Beach« zirpt etwas vor sich hin, das zumindest ähnlich tönt wie eine Sitar. »Zindagi Club High« klingt wie eine Mischung aus QawwaliMusik und deutscher Technokälte. Entstanden ist das Ganze durch Microsampling von obskuren Vinyl-Fundstücken auf Flohmärkten in Bangalore; so viel also zur Indie-Credibility. Diese Fleißarbeit hört man aber auch raus. Zuweilen wirkt das anstrengend, weil zu gewollt, wie in »Dharti Cash Puke«. Größtenteils schafft es »Via« jedoch, eingängige technoide Beats mit Mini-Samplings aus indischer Musik sinnvoll, leidenschaftlich und spannend zu einem aufregend neuen Sound zu verzahnen (toll: »Bangalore Whispers«). Des Öfteren erwischt man sich sogar, wie man mit dem Kopf im Takt wippt. Marius Wurth

Rantanplan Licht und Schatten Drakkar / Soulfood

Auf »Licht und Schatten« sind Rantanplan immer dann am besten, wenn sie das Tempo aus ihrem Ska nehmen. Rantanplan verabschieden sich nach eigener Aussage vom Hochgeschwindigkeits-Ska. Also zumindest ein bisschen. Die neue Platte »Licht und Schatten« geht dementsprechend für Ska-Verhältnisse auch zurückgenommen los. »D.« und »Schattenmensch« sind kraftvoll und voller politischer Wut, aber auch innovativer als die altbekannten Ska-Standards. Leider begibt sich die Platte danach doch wieder zu oft auf ausgetretene Pfade mit typischen Ufta-Ufta-Rhythmen und zu vertraut klingenden Bläsern. Auch nach dem zehnten Hören bleibt die Frage, ob man da irgendeine zweite Ebene übersieht, wenn in »Revolution (Emma G.)« Revoluzzer-Sprüche wie »Wenn die Revolution nicht tanzbar ist, sind wir nicht mit dabei« aneinandergereiht werden, die man schon vor 20 Jahren auf Klo-Wänden gelesen hat. Und auch Songs wie »Hörbie« klingen eher nach Fingerübungen. Einen der besten Momente des Albums liefert das Finale »Zur Liebe zu Fuß«, das zu zurückgenommener Instrumentierung die kleine romantische Geschichte einer Fernbeziehung erzählt. Rantanplan erfinden sich auf »Licht und Schatten« nicht radikal neu, aber gehen einige Schritte in eine neue, interessante Richtung. Dominik Bruns

Magnet School The Art Of Telling The Truth Shifting Sounds / Cargo

Musik für eine verrauchte Bar an einem verregneten Frühlingstag. Magnet School scheren sich einen Dreck um Innovationen. Das macht sie ganz wunderbar. Früher, als alles besser war, gab es den wunderbaren Beruf des Jukebox-Bestückers. Der zog übers Land, schneite mal hier und mal dort in eine Bar. Aus seinem Koffer zog er

Andi Otto Via

Rose Elinor Dougall Stellular

Pingipung / Rough Trade

Vermillion / Rough Trade

Den Künstlernamen abgelegt, den Sound eingängiger gestaltet, neue Gestaltungsweisen ausprobiert. Viel Neues also im

Die ehemalige The-Pipettes-Sängerin versieht ihr zweites Soloalbum mit reflektiertem Songwriting und lässig kontrollierter


#Review Stimme. Das großartige Ergebnis klingt reduziert, aber nicht leise. Im Video zu »Stellular« sind Rose Elinor Dougalls Augen von außerirdischem Licht erleuchtet. Der Text handelt von jugendlicher Verlorenheit in der zunehmend feindlichen Umgebung namens London, vermittelt aber Hoffnung in Form von astronomischen Lichtvokabeln. Musikalisch erinnert das ein wenig an die Smiths und endet mit einem zwirbeligen Gepiepe, das Science-FictionAssoziationen weckt. Dieser Sound kollidiert schön mit der Klarheit und der Geradlinigkeit, die sich durch das restliche Album ziehen. Die Instrumentierung besteht aus E-Gitarre, Bass und sorgfältig eingesetzten Synthies, die besonders beim Opener »Colour Of Water« ihre volle hymnische Kraft entfalten. Von den thematisch etwas seichteren Tönen, die bei den bezaubernden Pipettes vorherrschten, ist hier nicht mehr viel zu vernehmen. Die Platte wurde mit Produzent Oli Bayston (Boxed In) geschaffen, der auch einmal mitsingen darf (»Dive«). Gegen dieses fließende und verträumte Duett steht das gelassene und dabei appetitlich hormonbefeuerte »All At Once« – eine Kollaboration zwischen Dougall und dem leicht verrückten Sean Nicholas Savage: »Sentence me to heaven, blood and tears and dreams.« Dass Dougall vor der Produktion dieses Albums zweieinhalb Jahre mit Mark Ronson auf Tour war und als Teil des Innerspace Orchestra ein eindrucksvolles ManfredMann-Cover veröffentlicht hat, ist angesichts von »Stellular« kaum überraschend. Elisabeth Haefs

Post Malone Stoney

anknüpfen kann, scheint dabei gar nicht so wichtig. Vielmehr wirkt es so, als hätte er sich selbst etwas zu beweisen gehabt. Christian Steinbrink

Sofia Härdig And The Street Light Leads To The Sea Solaris Empire / Broken Silence

Wut und Sehnsucht teilen sich den Gefühlskosmos der schwedischen Multiinstrumentalistin Sofia Härdig. Was dabei künstlerisch entsteht, gärt nun schon einige Alben lang. Für den großen Wurf reicht es nach wie vor nicht aus. Die Liste der Bands, mit denen Härdig in den vergangenen Jahren die Bühne geteilt hat (Free Kitten, Boredoms, Lydia Lunch, Hellacopters, Cardigans) ist so eindrucksvoll wie die Tatsache, in wie vielen Bands und Projekten sie mitwirkt. Ein selbstbewusstambitioniertes Arbeitspensum scheint auch diesem neuen Soloalbum zugrunde zu liegen, das die Musikerin und Sängerin mit Gitarren, Electronica, Kassetten, Keyboards, dem Laptop und einigen Gastmusikern im renommierten Tambourine Studio in Malmö eingespielt hat. Im Strudel der monatlichen Veröffentlichungen laufen die Songs aber eher unbemerkt durch, wirken stellenweise im Bestreben, sich Gehör zu verschaffen, verbissen-engagiert. Über allem hängen der trübe Gedanke an eine gute PJ-Harvey-Kopie mit etwas Lo-Fi-Selbstoptimierung sowie die Tatsache, dass ausuferndes Engagement und viel Fleiß nicht zwangsläufig große Kunst hervorbringen. Hektische Gitarren, Wave-Beats und gurgelnde Aufregung erzeugen innere Unruhe, aber nicht die Gewissheit, dass Sofia Härdigs Output die Coolness besitzt, die sie so vehement ausstrahlen möchte. Klaas Tigchelaar

Tkay Maidza Tkay Kitsuné / Cooking Vinyl / Sony

Auf ihrem Debütalbum vereint Tkay Maidza Dance mit Pop und Rap und erinnert damit stark an erfolgreiche Kolleginnen. Tkay Maidza wurde in Zimbabwe geboren, mit fünf Jahren zog sie nach Australien um. Mit 17 veröffentlichte sie ihre Debütsingle, ein Jahr später dann das erste Mixtape »Switch Tape« mit dem von SBTRKT produzierten Song »Everybody Knows«. Drei Jahre später legt die nun 20-Jährige mit »Tkay« ihr Debütalbum vor, das in Australien bereits im Oktober vergangenen Jahres erschien. Auf 14 Songs erschafft Maidza ihren aggressiv-energetischen Hybriden aus Dance, Pop, Trap und Rap. Während der Track »Simulation« stark an Charli XCX (vor deren Transfer zum Label PC-Music) erinnert, klingt das darauffolgende »Tennies« stark nach Santigold, während »House Of Cards« hingegen Assoziationen an die Anfangsphase von Katy B weckt. Bei diesem Potpourri aus verschiedenen Genres und Ähnlichkeiten zu anderen Künstlerinnen wirkt »Tkay« oft überladen. Den einzigen eigenwilligen Hit des Albums stellt »Carry On« mit einem Killer-Mike-Feature dar. Insgesamt ist »Tkay« ein durchaus hörenswertes Album, das jedoch ohne Innovationskraft daherkommt. Louisa Zimmer

Republic / Universal

Nach seinem viralen Erfolg mit »White Iverson« durfte man auf Post Malones »großen Wurf« per Album gespannt sein. Diese Erwartung erfüllt »Stoney« leider nicht, es handelt sich dabei eher um einen ins Leere laufenden Fehlpass. Manchmal hat man einfach Glück, manchmal passt eine Stimmung perfekt in eine Zeit, manchmal greift man als Musiker an die richtigen Regler. Und manchmal sollte man es dabei auch belassen. Schon als bekannt wurde, dass Post Malone, der ein wirklich entspannter Dude ist, nach seinem Internet-Hit bei Republic Records unterschrieb, war ein kommerzieller Sound zu erwarten. Dass die Platte letztlich so blutleer und glattproduziert ausfallen würde, hatte man hingegen nicht kommen sehen. Ein bisschen steht Post Malone zwischen den Stühlen, zumindest, wenn man sich seine Videos mit Akustik-Versionen von Bob-Dylan-Songs anschaut, in denen er abschließend mit schwarzen Vans durch die Wüste brettert. Dafür musste sich der White Boy von seinen farbigen Kollegen so einiges anhören, die sich von ihm verarscht fühlten. Jetzt wirkt es so, als würde er ihnen nur zu gerne zustimmen, indem er mit Justin Bieber auf Tour geht und sogar Tracks wie »Deja Vu« auf seinem Album unterbringt. Von Street Credibility zeugt das nicht gerade. Auch wenn die Hooks ziemlich ausladend geraten sind, hält seine dünne Stimme dem selten stand. Ganz abgesehen davon, dass es sich dabei oft um nicht mehr als eine Aneinanderreihung von Klischees handelt. Post Malone trinkt manchmal zu viel, hat Beziehungs- und ein kleines Drogenproblem. Aber anstatt hierzu wirklich etwas zu sagen, reicht es ihm, all diese Dinge bloß aufzuzählen. Auch musikalisch geht es bei ihm wirr bis willkürlich zu. Eine Platte, die man getrost liegen lassen kann. Konstantin Maier

You Me At Six Night People Infectious / Coop / PIAS / Rough Trade

Das fünfte Album der Briten You Me At Six lässt keinen Zweifel zu: Sie wollen allen zeigen, wie groß sie sind. You Me At Six’ klares Ziel »große Bühne for ever« scheint nah. Zumindest das »for ever«, denn die große Bühne hat sich die Band um Josh Franceschi ohnehin schon erarbeitet, nicht, ohne den dabei fast zwangsläufigen Qualitätseinbußen anheimgefallen zu sein. Fürs Stadion reicht eben keine kleine Geste mehr, da muss geklotzt werden, da muss Bombast her, noch dickere Riffs (es muss ja zur Gigantomanie der Lightshow passen), immer weiter ausgebreitete Arme und MitsingChöre. Vorhang auf für »Night People«, auf dem das Quintett noch eine Schippe drauflegt: die große Rocknummer mit stampfenden Drums und Desert-Dreck à la Kings Of Leon auf dem Titeltrack, Verweisen auf die EmoRock-Vergangenheit der Band in Stücken wie »Plus One«. Balladen beherrschen You Me At Six, und mit Jacquire King und Andrew Sheps als Produzent respektive Mischer hat man sich Leute geholt, die aus ihrer Arbeit mit Black Sabbath oder James Bay wissen, wie sie’s klingen lassen müssen. Dass »Night People« der großen Geste Vorzug vor richtig starken Songs gewährt, ist das einzig Bedauerliche an diesem massiven Auftritt. Kristof Beuthner

Toothless The Pace Of The Passing Island / Caroline / Universal

Delicate Steve This Is Steve Anti- / Indigo

Steve Marions drittes Album als Delicate Steve ist wie seine Vorgänger auch schon ein rein instrumentales, sehr eigenes und verspieltes Stückwerk aus Gitarrenriffs. Der Satz »This Is Steve« klingt erst mal groß. Wie eine Art Statement, wie eine Offenbarung, und so ist das auch gemeint. Die Musik des Kollaborations-Tausendsassas und Universalmusikers ist jedoch ganz das Gegenteil von pompös oder ernsthaft, und so kommt auf diese Weise konzeptuell nicht viel zusammen. Besser ist es, man versteht den Titel so, als würde man Steve jederzeit anrufen können, und er würde sagen: »Hi, this is Steve!« – um dann spontan mal ein paar Klänge durchs Telefon zu schicken. Er würde nebenbei nonchalant und ein wenig unausgereift was vor sich hin zupfen, klimpern, klopfen, und allein durch seine entspannte Art würden sich Akkorde formen und Melodien bilden. Nach unter 30 Minuten wäre dann auch schon wieder Schluss, würde man auflegen, ganz, ohne dass irgendwas Wichtiges geschehen wäre. Was dann aber auch nicht so schlimm wäre, denn nett war’s schon. Und der Steve ist ein so entspannter Typ, den ruft man gerne wieder an. Wer dieser Steve eigentlich ist? Keine Ahnung. Wieso fragst du? Henje Richter

Ein Jahr nach dem Ende des Bombay Bicycle Club kommt ausgerechnet ihr Bassist mit einem respektablen Solodebüt zurück. Als Bombay Bicycle Club vor einem Jahr die klassische »Auszeit auf unbestimmte Zeit« ankündigten, schien es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis eines der Mitglieder mit einem Soloalbum um die Ecke kommen würde. Doch wer? Jack Steadman, Frontmann und Mastermind? Oder der kongeniale Gitarrist Jamie MacColl? Nein, keiner von beiden, sondern ausgerechnet der Bassist: Ed Nash. Und sein Solodebüt »The Pace Of The Passing« ist von so formvollendeter Musikalität, dass man die ewig angenommene Rollenverteilung der britischen Ex-Indie-Stars im Nachhinein vielleicht noch mal überdenken muss. Stilistisch ist die LP altersgemäß etwas ruhiger als die Band-Alben, sie erinnert in ihrer Harmonik des Öfteren an Elbow, ist aber ähnlich vollmundig arrangiert, wie man es auch vom Bombay Bicycle Club kannte. Die Stimmung von Nashs Songs changiert zwischen Träumerei und schüchterner Sinnlichkeit, die nur selten etwas zu verstiegen wirkt. Man hört deutlich heraus, dass Nash sich viel vorgenommen und sehr detailversessen gearbeitet hat. Dazu passen auch musikalische Gäste wie Marika Hackman, The Staves oder Wild-Beasts-Bassist Tom Fleming, deren Einsätze allesamt so wirken, als hätte sich Nash bei seinen Anfragen wirklich etwas gedacht. Überhaupt überzeugt »The Pace ...« nicht zuletzt durch seine Vielseitigkeit, die in Momenten sogar an Radiohead zu »OK Computer«-Zeiten erinnert. Ob Ed Nash damit an den Erfolg seiner Ex-Band

Yuksek Nous Horizon Partyfine / Word & Sound

Im Sommer gab’s den EP-Vorgeschmack, jetzt präsentiert Yuksek mit »Nous Horizon« Album Numero drei und beweist: Mehr ist nicht gleich mehr. Wie man in der Weihnachtszeit vorfreudig auf das Adventskalendertürchen lauert, so hofft man auf dem neuen Album des französischen Electro-Spezialisten auch hinter jeder Song-Tür auf die leckere Nascherei. Pustekuchen, denn was in den ersten Sekunden des Openers »Golden Hands« noch angenehm clean blubbert, reduziert sich schnell zu einer sämigen Pampe. Der Gaumen kennt’s und ist ergo wenig überrascht, wenn sich zu eintönigen Electro-Beats die glattgebügelte Auto-Tune-Stimme mischt. Wie ein Bacardi-Pelz auf die Zunge legt sich »Sunshine« unangenehm in die Ohrmuschel, sobald die spanische Gitarre angeschlagen wird. Wenn doch nur nie mehr Sommer wäre! Durchaus tanzbar gebärdet sich »Nous Horizon« schon, bleibt dabei aber so gefällig, dass man weiter unbefriedigt nach der Innovation giert, die nach fünf Jahren Album-Abstinenz eigentlich angesagt gewesen wäre. Yuksek entscheidet sich für die dröge Nummer sicher und leimt Disco-Pop-Gedudel an Disco-Pop-Gedudel. Da helfen auch Duett-Partner wie etwa das französische Duo Her wenig. Carlotta Eisele

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#Intro empfiehlt

Dan Owen

Izzy Bizu

Hier kommt etwas Großes auf uns zu: Dan Owen ist durch hunderte Auftritte in britischen Pubs gestählt, besticht aber gleichzeitig durch eine seelenvolle Stimme und stilvolle Arrangements. Jetzt ist er auf dem Sprung in PopstarSphären. Diese Tour dürfte seine letzte durch kleine Clubs werden.

Sie ist bekannt für ihre poppigen Melodien gemischt mit Jazzund Soul-Elementen. Auf ihrem Debüt glänzt Izzy Bizu jedoch vor allem mit ihrem gesanglichen Talent. Das bewies die Londonerin schon 2013 bei einem Open-MicWettbewerb, der sie berühmt machte.

— 03.03. Rees-Haldern — 05.03. Hamburg — 06.03. Berlin — 09.03. München

— 20.02. Köln — 21.02. Hamburg — 22.02. Berlin

The Black Box Revelation

Karl Blau

Bei ihrer Gründung 2005 waren The Black Box Revelation nicht mal volljährig. Während sie damals ihren puristischen LederjackenGarage-Sound als Support von dEUS und den Eagles Of Death Metal spielten, füllen sie die Hallen mittlerweile auch alleine.

Nach über 20 Jahren, zig Alben und unzähligen Live-Auftritten gilt Karl Blau als Ikone des amerikanischen Indie. Nun kommt der Multiinstrumentalist und DIY-Tüftler mit seinem aktuellen Album »Introducing Karl Blau« auf Tour.

— 15.02. Wiesbaden — 16.02. Köln — 18.02. München — 20.02. Berlin — 21.02. Hamburg

— 02.03. Berlin — 03.03. Schorndorf — 04.03. München

Milky Chance

Klangstof

INTRO EMPFIEHLT Einige Monate nach der Veröffentlichung in den heimischen Niederlanden erscheint ihr großartiges Debütalbum »Close Eyes To Exit« auch hierzulande. Dass Klangstof mit ihrem Stil zwischen Radiohead und Elbow für Größeres bestimmt sind, war uns aber schon früher klar. Nun zeigt die Band ihre Qualitäten auch in deutschen Clubs.

Für alle von uns empfohlenen Touren verlosen wir jeweils 3×2 Tickets. Mail an tickets@intro.de Mehr Tour-Präsentationen unter intro.de/termine #intro empfiehlt

— 21.02. Köln — 24.02. Berlin

»Stolen Dance« lautete das Zauberwort, mit dem sich 2013 alle Türen öffnen ließen. Zumindest schien das bei Clemens Rehbein und Philipp Dausch der Fall. Die gebürtigen Kasseler, die mit ihrem Debüt »Sadnecessary« in den darauffolgenden Monaten über alle Kontinente tourten, versuchen es heute mit neuer Formel. — 20.02. Berlin — 24.02. A-Wien

Saint Motel

Andy Shauf

Die Sterne

Ten Fé

In den USA haben sie das Publikum schon als Support der Arctic Monkeys überzeugt, aber auch hierzulande scheint der eigenwillige, gut gelaunte Pop der Kalifornier viele Anhänger zu finden. Ihr neues Album »Saintmotelevision« verschlägt die Indie-Formation aus L.A. nun auch live nach Europa.

Auf »The Bearer Of Bad News« klang Andy Shauf noch recht depressiv. Im Gegensatz dazu ist sein aktuelles Werk »The Party« vergleichsweise fröhlich geraten. Dem abwechslungsreichen, schwarzhumorigen Folk-Pop des Kanadiers kann man sich besonders live schlecht entziehen.

Zum 25-jährigen Jubiläum versammeln die Sterne nicht nur 25 Künstler, um ihre größten Songs zu covern, sondern künden gleichzeitig eine ausgiebige Tour an.

Das Londoner Duo Ten Fé hat im letzten Jahr im Rahmen eines internationalen Musikförderprogramms intensiv an ihrer Karriere gefeilt. Trotz dieses Trubels kommen sie mit ihrem eingängigen Indie-Pop nun auch hierzulande auf Tour.

— 16.02. Berlin — 18.02. Hamburg

— 13.02. Köln — 27.02. München

— 09.02. Bremen — 10.02. Hannover — 11.02. Berlin — 12.02. Leipzig — 13.02. Dresden — 15.02. Köln — 16.02. Heidelberg — 17.02. Stuttgart — 20.02. A-Wien — 21.02. München — Geht weiter!

— 03.03. Hamburg — 04.03. Berlin — 05.03. Köln


#Intro empfiehlt

Blossoms

Bonobo

Foxygen

Kat Frankie & Band

Die BBC erhob die britische IndiePop-Band mit einem Platz auf der »Sound of 2016«-Liste bereits zu einem der wichtigsten Newcomer des letzten Jahres. Grund genug, sich von ihrem Können live zu überzeugen.

Als DJ sorgt der britische Klangkünstler Bonobo allein mit seinen Turntables für euphorische Stimmung. Ab Februar wird er im Rahmen seiner Europa-Tour mit einem Live-Set auf der Bühne stehen und das Publikum – wie zuletzt mit einem ganzen Orchester – begeistern.

Die Kalifornier sind inzwischen berühmt dafür, den Rock’n’Roll zu zelebrieren und auf der Bühne ihre Spielwut mit Wahnsinn und Nostalgie zu vereinen. Mit einer Mischung aus Fuck-you-Attitüde und Broadway-Nummer werden sie sicher auch das Berliner Publikum mitreißen.

Ihr letztes Album »Please Don’t Give Me What I Want« erschien 2012. In der Zwischenzeit hat Kat Frankie unzählige Shows gespielt, Musik mit Get Well Soon gemacht, ein Duett mit Clueso gesungen und Keøma gegründet.

— 15.02. Hamburg — 16.02. Berlin — 17.02. Köln — 18.02. Frankfurt a. M.

— 23.02. Berlin

— 02.03. Potsdam — 03.03. Kassel — 04.03. Leipzig — 05.03. Wiesbaden — 07.03. Heidelberg — 08.03. Bayreuth — 09.03. Osnabrück — 10.03. Stade

Mitski

Muso

Odd Couple

The Radio Dept.

Auf ihrem letzten Album besang Mitski nicht nur unser aller Lieblingshorrorfilm Pubertät, sie schuf damit auch ein zeitloses, überlebensgroßes Indie-RockAlbum, das ihre Hörer von Cat Power über tUnE-yArDs bis hin zu Deerhoof führt. Ihre Shows sind dabei ein ebenso großes Ereignis wie die Platte.

Eigentlich schon etikettiert und in die Hipster-Rap-Schublade einsortiert, sieht sich der Wahlheidelberger Muso mit seinen oftmals sperrigen Texten eher als Antithese zu Cro und Co. Wer den Vergleich überprüfen möchte, kann Muso nun auch live erleben.

Rotzige Gitarren, schweißgetränkte Shirts und jede Menge Haare: Odd Couple gelingt es mit Rock, Blues und Grunge, jede Halle in eine dreckige Hinterhof-Garage zu verwandeln. Daher solltet ihr das seltsame Pärchen auf keinen Fall bei ihrer »Haste Strom haste Licht«-Tour verpassen.

The Radio Dept. haben in den letzten Jahren eine wirkliche Metamorphose vollzogen. Von einer Heldenband des Twee entwickelten sich die Schweden zu einem astreinen Electro-Pop-Act. In beiden Spielfeldern sind sie so außerordentlich gut, dass man ihre seltenen Tourneen nur zu gerne empfiehlt.

— 13.02. München — 15.02. Berlin — 27.02. Hamburg — 28.02. Köln

— 25.02. München — 28.02. Berlin

— 07.02. München — 08.02. Köln — 09.02. Berlin — 10.02. Hamburg — 11.02. Stuttgart

— 16.02. Kassel — 17.02. Münster — 19.02. Hannover — Geht weiter!

— 02.02. Köln — 03.02. Berlin

Two Door Cinema Club Tycho

Von Wegen Lisbeth

The xx

Ihr neues Album »Gameshow« klingt zweifellos anders als seine Vorgänger. Eins steht dennoch fest: Mit Songs wie »What You Know« und »Something Good Can Work« machen Two Door Cinema Club auf der Bühne richtig Laune.

Dem Grafikdesigner und Musiker Scott Hanson gelingt es mit einer Mischung aus Ambient und Downbeat-Electro, die Grenzen zwischen meditativ und tanzbar auszuloten. Live erwarten die Konzertbesucher abstrakte Visuals sowie eine dreiköpfige Band.

Ihre gesamte Schulzeit hatten Von Wegen Lisbeth Zeit, ihre Fähigkeiten als Band zu verfeinern. Zehn Jahre Lernzeit kulminierten 2016 in ihrem Debütalbum »Grande«.

Nach vier Jahren hauten The xx im Januar endlich ihr drittes Album »I See You« raus und gehen auch gleich mit dem neuen Teil auf Tour. Das Indie-Trio aus England kommt für fünf Termine nach Deutschland. Wer noch Chancen auf Tickets hat: ran da!

— 18.02. Stuttgart — 23.02. München — 25.02. Berlin — Geht weiter!

— 22.02. Köln — 03.03. Hamburg — 05.03. Leipzig — 07.03. Berlin

— 01.02. Berlin — 02.02. Hamburg — 03.02. Hannover — 04.02. Göttingen — 05.02. Magdeburg — 08.02. Bielefeld — 09.02. Wiesbaden — 10.02. Tübingen — 11.02. Konstanz — 19.02. Regensburg — 22.02. Chemnitz — 23.02. Jena — 24.02. Halle — 25.02. Cottbus

— 12.02. Hamburg — 24.02. München — 25.02. Berlin — 26.02. Frankfurt a. M. — 28.02. Düsseldorf

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#Termine

TOURDATEN Empfohlen von Intro

AnnenMay­ Kantereit 30.01. Stuttgart 02.02. Erlangen 12.02. Magdeburg 14.02. Hannover 16.02. Hamburg 17.02. Hamburg 19.02. Rostock 21.02. Osnabrück Geht weiter!

Antilopen Gang 25.02. Wiesbaden 26.02. Stuttgart Geht weiter!

Astronautalis

01.02. Koblenz 04.02. Schorndorf 08.02. Neunkirchen 09.02. München

A Projection

04.02. Bielefeld Geht weiter!

Balance And Composure

30.01. Berlin 31.01. Hamburg 01.02. Karlsruhe 02.02. Köln 04.02. Essen

Banks

25.02. Hamburg

Beach Slang

31.01. Köln 10.02. München 19.02. Berlin 20.02. Hannover 21.02. Münster 22.02. Hamburg 23.02. Leipzig

Biffy Clyro

03.02. Stuttgart 09.02. Bochum 11.02. Hannover

Black Oak

28.02. Leipzig

Brandt Brauer Frick 15.02. München

Cairobi

28.02. Hamburg

The Chainsmokers 16.02. Köln

Christian Kjellvander 22.02. Hamburg 23.02. Berlin 24.02. Bielefeld 25.02. Aachen 26.02. Münster

Clueso

01.02. A-Wien 02.02. München 03.02. Stuttgart 05.02. Berlin 06.02. Hamburg 08.02. Leipzig 09.02. Köln 13.–14.02. Erfurt

Empfohlen von Intro

Coma

10.02. Berlin

Cymbals Eat Guitars 12.02. Köln 13.02. Berlin 18.02. Hamburg

The Dandy Warhols 23.02. Dresden 24.02. Berlin

Dear Reader

02.02. Hamburg 24.02. Berlin Geht weiter!

The Dears

16.02. Berlin 17.02. Hamburg

Empfohlen von Intro

Der Herr Polaris

10.02. Sankt Peter-Ording

Der Ringer

15.02. Hamburg 16.02. Mainz 17.02. Stuttgart 18.02. München 19.02. A-Wien 21.02. Düsseldorf 22.02. Leipzig 24.02. Berlin

Devin Townsend Project 09.02. Stuttgart 10.02. München 17.02. Leipzig 21.02. Hamburg Geht weiter!

De Staat

03.02. Augsburg 10.02. Köln 11.02. Osnabrück

Die Heiterkeit

02.02. Nürnberg 03.02. Augsburg 04.02. Konstanz 06.02. Freiburg 07.02. Oberhausen 08.02. Hamburg Geht weiter!

Die Höchste Eisenbahn

15.02. Berlin 16.02. Marburg 17.02. Kaiserslautern 18.02. Köln 19.02. Hamburg Geht weiter!

The Dillinger Escape Plan

30.01. Hamburg 10.02. Berlin 14.02. Leipzig 20.02. München Geht weiter!

The Divine Comedy

13.02. Berlin 18.02. Hamburg

Drake

25.02. Oberhausen Geht weiter!

Dropkick Murphys

Goldroger

02.02. Hamburg 03.02. Bremen 04.02. Hannover 10.02. Leipzig 11.02. Aachen 16.02. München 17.02. Augsburg 18.02. Nürnberg 23.02. Karlsruhe 24.02. Würzburg 25.02. Dortmund Geht weiter!

30.01. Hamburg 01.02. Hannover 02.02. Lingen 03.02. Düsseldorf 05.02. Offenbach

Empfohlen von Intro

Eau Rouge

Green Day

01.02. Tübingen 07.02. Unna 08.02. Ludwigshafen 10.02. Hamburg 11.02. Wuppertal

Ed Harcourt

11.02. Hamburg 17.02. Berlin

Emiliana Torrini & The Colorist

12.02. Hamburg 14.02. Leipzig 16.02. Ulm 21.02. Frankfurt a. M.

Fatoni Lesereise 31.01. Regensburg 02.02. Würzburg 07.02. Passau 09.02. Nürnberg 16.02. München

The Felice Brothers mit Horse Thief 03.02. Köln 04.02. Hamburg 05.02. Berlin

Foreign Diplomats 01.02. Nürnberg 06.02. Dresden 10.02. Bensheim 11.02. Hamburg

Friends Of Gas 14.02. Chemnitz 15.02. Dresden 16.02. Berlin 17.02. Hamburg 18.02. Bremen 19.02. Bonn 21.02. Jena 22.02. Würzburg 23.02. Darmstadt 24.02. Schorndorf 25.02. Karlsruhe

Funny van Dannen 09.02. Bremen 10.02. Kiel 11.02. Münster 16.02. Erlangen 17.02. Freiburg 18.02. Heidelberg

Gabriel Garzón-Montano 15.02. Berlin

Giant Rooks

10.02. Lingen 11.02. Heidelberg 12.02. Hannover 16.02. Hamburg 17.02. Berlin 18.02. Münster 19.02. Wiesbaden 24.02. Bremen

Graham Candy 25.02. Berlin

30.01. Köln

Grossstadtgeflüster 15.02. Oberhausen 16.02. Hannover 17.02. Köln Geht weiter!

Empfohlen von Intro

Gurr

30.01. Tübingen 31.01. Karlsruhe 01.02. München 03.02. Mainz 04.02. Jena 20.02. Berlin 23.02. A-Wien

Haiyti & Trettmann

Empfohlen von Intro

I Heart Sharks mit Baru*

09.02. Leipzig* 10.02. Chemnitz* 11.02. Berlin

Jennifer Rostock

31.01. Saarbrücken 02.02. Frankfurt a. M. 03.02. Köln 04.02. Nürnberg 09.02. Stuttgart 10.02. München 11.02. A-Wien 15.02. Hamburg 17.02. Dresden 18.02. Erfurt 19.02. Berlin 23.02. Hannover 24.02. Leipzig 25.02. Rostock Geht weiter!

Jenny Hval

02.02. Berlin 04.02. München Geht weiter!

Jochen Distelmeyer 11.02. Berlin

Joe Volk

30.01. Hamburg 31.01. Düsseldorf 01.02. Rees-Haldern

Johnnyswim 10.02. Berlin

10.02. Köln 11.02. München 16.02. Hamburg 18.02. Frankfurt a. M. 19.02. Berlin 23.02. Leipzig 24.02. Nürnberg

Joseph mit Old Sea Brigade

The Handsome Family mit Joana Serrat

30.01. München 31.01. Berlin Geht weiter!

10.02. Hamburg 11.02. Berlin 12.02. München 13.02. Köln

Hauschka

18.02. Duisburg Geht weiter!

11.02. Hamburg 12.02. Berlin 14.02. Köln

José González & The String Theory

Julia Jacklin

10.02. Köln 13.02. Hamburg 16.02. Berlin 17.02. München

Júníus Meyvant

05.02. Berlin 08.02. Dresden 09.02. Frankfurt a. M. 10.02. Erfurt 11.02. Hamburg

Kakkmaddafakka 03.02. Marburg 04.02. Erfurt 05.02. Köln 07.02. Frankfurt a. M. 14.02. München 15.02. Bremen 16.02. Berlin 17.02. Münster 18.02. Hamburg

Kensington

13.02. Köln 14.02. Hamburg 15.02. Berlin

Kings Of Leon 15.02. Köln 16.02. Hamburg

Empfohlen von Intro

K.I.Z

03.02. Zwickau 04.02. Regensburg 09.02. Neu-Ulm

Konni Kass

31.01. Hamburg 01.02. Köln 02.02. Frankfurt a. M. 03.02. München 04.02. Berlin

Kreator

04.02. Hamburg 18.02. Berlin

The KVB

03.02. Leipzig

Lambchop

05.02. Erlangen 12.02. Mainz 15.02. München 17.02. Dortmund 18.02. Berlin 20.02. Hannover 21.02. Köln 22.02. Hamburg 28.02. Leipzig

Helmet

07.02. Köln Geht weiter!

HGich.T

09.02. Göttingen 10.02. Berlin 24.02. Reutlingen Geht weiter!

Empfohlen von Intro

The Hotelier mit Crying

31.01. Leipzig 01.02. Berlin 02.02. München

Hotel Schneider 02.02. Münster 03.02. Hannover

Immanu El

19.02. Dresden 20.02. Berlin 21.02. Hamburg 22.02. Köln 23.02. München 27.02. A-Wien

Jacob Sartorius 12.02. Köln

Da gehen wir hin Tipps der Redaktion#249

Und wo geht ihr hin? intro.de #konzerte

Philip Fassing The Radio Dept. Bonobo Muso Trettmann & Haiyti Omar Souleyman

Martin Lippert Chris Brokaw Die Sterne Lambchop Tycho Omar Souleyman

Sermin Usta The xx Oum Shatt Andy Shauf Pascal Pinon SOHN


#Termine Lemaitre

02.02. Berlin 07.02. München

Empfohlen von Intro

Malky

30.01. Frankfurt a. M. 01.02. Dresden 03.02. Magdeburg 12.02. Berlin

Manu Delago Handmade

02.02. Karlsruhe 03.02. Hamburg 04.02. Dresden 07.02. München 08.02. Köln 09.02. Jena 10.02. Berlin

Maria Taylor

17.02. Hamburg 18.02. Bremen 19.02. Köln 20.02. Essen 21.02. Erlangen 22.02. Berlin 23.02. Leipzig 24.02. Hannover 25.02. Dresden

Matthew And The Atlas

26.02. Hamburg 27.02. Berlin 28.02. Wiesbaden

Matze Rossi

01.02. Bamberg 02.02. Freiburg 03.02. Trier 04.02. Westerstede 05.02. Rees-Haldern 06.02. Osnabrück 10.02. Sankt Peter-Ording

Me + Marie

17.02. Saarbrücken Geht weiter!

MiC LOWRY

23.02. Berlin 24.02. Frankfurt a. M.

Modern Baseball 30.01. München 03.02. Berlin 07.02. Hamburg 10.02. Köln

Motorama

10.02. Heidelberg 11.02. Wiesbaden 12.02. Köln 13.02. Dortmund 15.02. Hamburg 16.02. Berlin 18.02. Dresden

The Naked And Famous 30.01. Hamburg 31.01. Berlin 03.02. A-Wien 07.02. Köln

Nick Waterhouse 30.01. Köln 01.02. München 02.02. Erlangen 12.02. Dresden 14.02. Berlin 15.02. Hamburg

Nothington

24.02. Münster 25.02. Mönchengladbach 26.02. Trier 27.02. Göttingen

The Notwist

12.02. Berlin 13.02. Leipzig 14.02. Hamburg 18.02. Reutlingen 19.02. Frankfurt a. M.

Omni

01.02. Leipzig 02.02. Berlin 03.02. Köln 04.02. Hannover 05.02. Hamburg 07.02. Mainz

The Orwells

20.02. München 21.02. Berlin 22.02. Köln

Oum Shatt

09.02. Chemnitz 11.02. Würzburg 22.02. Leipzig 23.02. Augsburg 24.02. Stuttgart 25.02. Ulm 26.02. Berlin 28.02. Heidelberg Geht weiter!

Peter Doherty

20.02. Frankfurt a. M. 21.02. München 22.02. Köln 24.02. Hamburg 25.02. Berlin

Pick A Piper 24.02. Berlin

Pictures mit Milwakie

10.02. Berlin 12.02. Dresden 13.02. München 14.02. Stuttgart 15.02. Köln 16.02. Münster 18.02. Hamburg

Post Malone

07.02. Frankfurt a. M. 19.02. Berlin

The Pretty Reckless 30.01. Köln 31.01. Hamburg 02.02. Berlin 03.02. München

The Proper Ornaments

02.02. Heidelberg 03.02. Berlin 05.02. Hamburg

Rae Sremmurd 05.02. Berlin 07.02. Hamburg

Rainer von Vielen 02.02. Köln 03.02. Holten 04.02. Trier 09.02. Hamburg 10.02. Flensburg 11.02. Kiel 22.02. Nürnberg 23.02. Würzburg 24.02. Kassel 25.02. Augsburg Geht weiter!

Rap4Good mit Kool Savas, Sammy Deluxe, Azad 03.02. Hamburg

Riders Connection 03.02. Hamburg

Rival Sons

16.02. München 20.02. Berlin 21.02. Köln 22.02. Frankfurt a. M. 26.02. Hamburg

Roo Panes

07.02. Köln 08.02. Essen 09.02. Hamburg 10.02. Hannover 11.02. Mainz 13.02. Stuttgart 14.02. Erlangen 15.02. München 16.02. Berlin

Royal Canoe

04.02. Freiburg 07.02. A-Wien 08.02. Nürnberg 09.02. Dortmund 10.02. Dresden 11.02. Berlin

Russian Circles 19.02. Köln 20.02. Hamburg 24.02. Bielefeld 25.02. Karlsruhe 26.02. München

Schrottgrenze 23.02. Hannover 24.02. Essen 25.02. Münster

Sido

Teenage Fanclub 08.02. Berlin 09.02. Hamburg 17.02. Köln

Teesy

23.02. Kiel 24.02. Hamburg 25.02. Bremen 27.02. Frankfurt a. M. 28.02. Hannover Geht weiter!

John Talabot

Telekom Electronic Beats Clubnight

Empfohlen von Intro

Tegan And Sara

Die Electronic Beats schlagen 2017 ein neues Kapitel auf und starten gemeinsam mit mehreren Szeneclubs der elektronischen Musik eine Clubnight. Damit rückt der Dancefloor wieder mehr in den Vordergrund und die Bühne in den Hintergrund. Gleichzeitig werden Clubkultur und die lokalen Szenen unterstützt. Die Events werden auf electronicbeats.net und den Social-Media-Kanälen begleitet: Ausgewählte Performances werden auf dem YouTube-Kanal electronicbeats.tv zu sehen und einzelne Mixe auf Mixcloud zu hören sein.

mit Ria Mae

01.02. Berlin 06.02. München 09.02. Köln 10.02. Hamburg

Thees Uhlmann

10.02. Sankt Peter-Ording

Empfohlen von Intro The Temper Trap 30.01. Hamburg 31.01. Berlin 10.02. München

— 04.02. Essen — Roman Flügel 10.02. Köln — Kaspar Björk, Sexy Lazer 18.02. Dresden — Mathias Kaden, Daniel Stefanik 24.02. München — Silent Servant, Sigha, Oscar Mulero 22.04. Leipzig — John Talabot, Axel Boman

Thievery Corporation 24.02. Berlin 28.02. Frankfurt a. M.

Thomas Azier 08.02. Berlin

30.01. Stuttgart 01.02. Hannover 02.02. Köln 03.02. Bremen 05.02. Dortmund 06.02. Düsseldorf 07.02. Münster 08.02. Frankfurt a. M. 10.02. Rostock 11.02. Hamburg

Tinpan Orange

21.02. Berlin

10.02. Saarbrücken 11.02. Osnabrück 17.02. Braunschweig 18.02. Mainz 24.02. Chemnitz 25.02. Erfurt Geht weiter!

Skunk Anansie

Tonstartssbandht

Virginia Wing

Sleigh Bells

Torpus & The Art Directors

17.02. München 25.02. Berlin

13.02. Hamburg

SONAA (Sons Of Noel And Adrian) 14.02. Wetzlar 15.02. Berlin 16.02. Hannover 17.02. Dresden 18.02. Freiburg

Sookee

14.02. Darmstadt

Empfohlen von Intro

The Stanfields

mit Like A Motorcylce 30.01. München 31.01. Dresden 01.02. Berlin

SOHN

14.02. München 17.02. Berlin 18.02. Köln 23.02. Hamburg

SURVIVE 25.02. Berlin

Taking Back Sunday 20.02. Köln 21.02. Berlin 23.02. München 24.02. Stuttgart

20.02. Rees-Haldern 21.02. Hamburg 22.02. Köln 25.02. Offenbach 26.02. Dresden 27.02. Berlin

Tom Walker

14.02. Berlin 15.02. München

10.02. Sankt Peter-Ording 17.02. Bielefeld

Torsun

01.02. Flensburg 02.02. Hamburg 03.02. Rostock 04.02. Leipzig 06.02. Dresden 07.02. Mainz 08.02. Köln 09.02. Oberhausen 10.02. Nürnberg

Touché Amoré 02.02. Leipzig 06.02. München

Empfohlen von Intro

Trentemøller mit Tom And His Computer 01.02. Köln 04.02. Berlin 22.02. München 23.02. Hamburg

Empfohlen von Intro

Turbostaat 16.–18.02. Berlin Geht weiter!

Tyga

27.02. Neu-Isenburg

Umse

20.02. Hamburg 21.02. Berlin 22.02. Regensburg

Wallis Bird mit Sam Vance-Law* 01.02. Berlin* 02.02. Köln* 03.02. Frankfurt a. M. 04.02. Mannheim 06.02. Stuttgart 07.02. Erlangen 08.02. München* 13.02. A-Wien

Waving The Guns 03.02. Jena 04.02. Hamburg 10.02. Hannover 11.02. Würzburg 18.02. Leipzig 24.02. Oberhausen 25.02. Saarbrücken Geht weiter!

Wolf People

14.02. Hamburg 15.02. Leipzig 16.02. Berlin 17.02. Köln

The Wonder Years mit Tiny Moving Parts 10.02. Essen 12.02. München

The Wooden Sky 22.02. Offenbach 23.02. Berlin 25.02. Hamburg

Yalta Club

31.01. Mainz 01.02. Münster 02.02. Berlin 03.02. Lüneburg 04.02. Heidelberg

Young Chinese Dogs 01.02. Regensburg 02.02. Leipzig 03.02. Oberhausen 04.02. Bayreuth

Die kommen, die Touren 25 Jahre Intro Live (31.03.–01.04.) Akua Naru (14.03.–02.04.) Allman Brown (01.–02.03.) Austra (06.–18.03.) Balbina (28.03.–12.04.) Bergfilm (10.03.–21.05.) Chain Wallet (22.–24.03.) Charlie Cunningham (24.03.–09.04.) Dan Owen (03.–09.03.) Ed Sheeran (20.–27.03.) Fatoni (29.03.–13.05.) The Garden (08.–25.03.) GOLF (24.03.–04.04.) Jonwayne (07.–10.03.) Joy Wellboy (11.–18.03.) Karies (22.–31.03.) Leoniden (11.03.–09.04.) Mile Me Deaf (03.03.–13.05.) Oddisee & Good Compny (13.03.–10.04.) Philipp Poisel (27.03.–12.04.) Pop-Abo Charlie Cunningham (25.03.) Rodrigo Leão & Scott Matthew (14.–22.03.) Romare (31.03.–02.04.) Roosevelt (23.03.–22.04.) The Selecter (14.–19.03.)

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#Live #Festival

Beach Motel van Cleef

Bühne 36 / Lesedüne

Eisstockschießen bei Stockbrot und Glüh-Gin am Strand des Surfer-Örtchens Sankt PeterOrding im Kreise deiner liebsten Singer/Songwriter? Das Grand Hotel van Cleef macht’s möglich und ist dabei für jeden Geldbeutel gemacht.

Für Hamburg ist es ein Naherholungsgebiet, für den südlichen Rest der Republik ein Drehort für Vorabend-Serien. Aber Sankt Peter-Ording soll jetzt auch popkulturell erschlossen werden, und da baut uns das Label Grand Hotel van Cleef goldene Brücken. Denn trotz Suiten, Spa und Wellness-Paketen gibt es auch die Möglichkeit, für einzelne Tage oder im Bulli für kleines Geld anzureisen. Vom Familienurlaub bis zum romantischen Studi-Strandurlaub ist also alles möglich und kombinierbar. Zwei Tage, zwei Bühnen, dazu der Strand und ein Trockenraum für die Neos, wie die Neoprenanzüge hier im Surfer-Jargon genannt werden. Statt Jack Johnson spielt dann allerdings Thees Uhlmann – nur als Entwarnung an alle Nicht-Surfer. Carsten Schumacher — 10.–11.02. Sankt Peter-Ording — Der Herr Polaris, Martin Kelly, Matt Wilde & Sönke Torpus, Matze Rossi, Patrick Richardt, Spaceman Spiff, Thees Uhlmann, Tom Liwa & Flowerpornoes, Torpus & The Art Directors u. a.

Mark-Uwe Kling, Julius Fischer, Sebastian Lehmann und Maik Martschinkowsky bringen ihren systemrelevanten Humor im Februar auf Deutschlandtournee.

Lambchop

POP-ABO Als deutschlandweit einzigartiges Modell kann man im Konzerthaus Dortmund Popkonzerte im Abonnement genießen – ganz traditionell mit Sitzplatzreservierung für die gesamte Spielzeit. Beim anstehenden Konzert von Lambchop schart sich Mitte Februar eine 18-köpfige Alternative-Country-Band um Sänger Kurt Wagner.

Neben jährlich über 100 weiteren Veranstaltungen in den Bereichen Klassik, Jazz und World Music veranstaltet das Konzerthaus Dortmund nun bereits im elften Jahr auch Popkonzerte und schafft es damit, zwei scheinbar unvereinbare Komponenten zu einer ganz besonderen Erfahrung zu verknüpfen. Popmusik trifft auf einen großen klassischen Konzertsaal mit bester Akustik und ein System, das man ansonsten eher nicht mit Pop in Verbindung bringt: Abonnements. Das Pop-Abo funktioniert ganz klassisch: Man wählt zwischen verschiedenen Preiskategorien, sucht sich einen Platz aus, und schon hat man seinen Stammplatz für die komplette Spielzeit. So wird an fünf Abenden der Saison 2016/17 das Symphonieorchester gegen die nächste Pop-Hoffnung, den melancholischen Singer/Songwriter oder »Nashville’s most fucked-up country band« – Lambchop – eingetauscht. Letztere steht Mitte Februar nicht das erste Mal auf der Bühne des Konzerthauses. Die teilweise 18-köpfige Band sammelt sich um Texter und Musiker Kurt Wagner, dessen ruhige, leicht rauchige Stimme die einzige Konstante in der abwechslungsreichen, jedoch sparsam instrumentierten Musik bildet. Schon vor neun Jahren konnten Lambchop mit ihrem sehr entspannten, aber facettenreichen Alternative-Country-Sound im Rahmen des Pop-Abos überzeugen und kehren nun Mitte Februar auf die Bühne des Dortmunder Konzerthauses zurück.

Mark-Uwe Kling ist durch die Mitschriften über ein kommunistisches Känguru deutschlandweit bekannt geworden. Julius Fischer hat mit seiner Satire »Die schönsten Wanderwege der Wanderhure« zwar keine Staatsaffäre, aber immerhin einen Gerichtsstreit ausgelöst. Sebastian Lehmann erforscht in seinen Romanen gerne Hipsterkulturen und Elche. Maik Martschinkowsky versammelt in seinem ersten Buch »Von nichts kommt was« satirische Kurzgeschichten. Die vier Autoren kommen seit elf Jahren alle zwei Wochen im Berliner SO36 im Rahmen ihrer Lesebühne »Lesedüne« zusammen und stellen neue Texte mit vielen Überraschungen vor. Im Februar geht das Ensemble mit seinem zweiten Buch »Über Arbeiten und Fertigsein: Real existierender Humor« im besonderen Format der »Bühne 36« auf kurze Deutschlandtour. Wer die fast ausverkauften Auftritte nicht miterleben kann: Vier Folgen der »Bühne 36« sind auch auf Netflix streambar. Alena Struzh — 12.02. Düsseldorf — Boris The Beast, Julius Fischer, Marc-Uwe Kling, Maik Martschinkowsky, Sebastian Lehmann

Henrike Schröder Der Herr Polaris

— 17.02. Dortmund — Lambchop

Marc-Uwe Kling


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CLUB CULTURE / SLAMS KONZERTE / WORT+

U

P

D

A

T

E

Mi. 01.02.2017 | YUCA, Köln

KONNI KASS Di. 07.02.2017 | MTC, Köln

THE KING BLUES Di. 07.02.2017 | Artheater, Köln

ROO PANES

Mi. 08.02.2017 | Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln

AFROB special guest: Sero

Fr. 10.02.2017 | YUCA, Köln

JULIA JACKLIN Mo. 13.02.2017 | YUCA, Köln

ANDY SHAUF special guest: Tasseomancy Di. 14.02.2017 | YUCA, Köln

JOSEPH special guest: Old Sea Brigade Di. 14.02.2017 | Blue Shell, Köln

FEWS

Mi. 15.02.2017 | Blue Shell, Köln

PICTURES

Do. 16.02.2017 | Die Kantine, Köln

HOPSIN special guest: Token

Do. 16.02.2017 | Luxor, Köln

BUSY SIGNAL & THE FIRE WORKS Fr. 17.02.2017 | Luxor, Köln

TEENAGE FANCLUB Tickets und Infos: www.waschhaus.de

Sa. 18.02.2017 | Luxor, Köln

D.R.A.M.

Sa. 18.02.2017 | Studio 672, Köln SCHLACHTHOF WIESBADEN MURNAUSTR.1 65189 WIESBADEN

SARAH FERRI So. 19.02.2017 | Artheater, Köln

MARIA TAYLOR special guest: Louis Schefano Mo. 20.02.2017 | Blue Shell, Köln

DUKE GARWOOD

08.02. MI

MOVITS!

11.02. SA

MOTORAMA

15.02. MI

BLACK BOX REVELATION

19.02. SO

GIANT ROOKS

22.02. MI

LEMUR (EX-HERR VON GRAU)

25.02. SA

ANTILOPEN GANG / SUPPORT: JUSE JU

25.02. SA

LEBANON HANOVER / LEA PORCELAIN

28.02. DI

MATTHEW AND THE ATLAS

And The Mermaid

02.03. DO

MILLIARDEN

Sa. 04.03.2017 | Gloria, Köln

02.03. DO

STUDIO BRAUN: „DREI FARBEN BRAUN“

03.03. FR

THE MYSTERY LIGHTS

THE DILLINGER ESCAPE PLAN

05.03. SO

KAT FRANKIE & BAND

Do. 09.03.2017 | Luxor, Köln

07.03. DI

PINEGROVE

13.03. MO

JOSHUA RADIN (RINGKIRCHE WIESBADEN)

CLOUD NOTHINGS

Mo. 13.03.2017 | Gloria, Köln

15.03. MI

TIM KASHER (WALHALLA SPIEGELSAAL)

19.03. SO

HUNDREDS / ODD BEHOLDER

21.03. DI

COLD CAVE / DRAB MAJESTY

26.03. SO

FOXING / FOG LAKE

30.03. DO

AUDIO88 & YASSIN

31.03. FR

LEONIDEN

31.03. FR

ALA.NI (WALHALLA SPIEGELSAAL)

05.04. MI

DISCO ENSEMBLE

28.04. FR

HELGI JONSSON WITH TINA DICO, MARIANNE LEWANDOWSKI & DENNIS AHLGREN (RINGKIRCHE WIESBADEN)

14.05. SO

SLEAFORD MODS

25.05. DO

JOHN K. SAMSON & THE WINTER WHEAT

24.05. MI

KÄPTN PENG & DIE TENTAKEL VON DELPHI

26.05. FR

SOOKEE

Unser komplettes Programm findet ihr im Internet unter

schlachthof-wiesbaden.de

Mi. 22.02.2017 | Luxor, Köln

THE ORWELLS Mi. 01.03.2017 | Gloria, Köln

DAVE HAUSE

SAMPHA

Di. 14.03.2017 | Bh. Stollwerck, Köln

TOM CHAPLIN Sa. 25.03.2017 | Luxor, Köln

MILLIARDEN Sa. 01.04.2017 | Luxor, Köln

DISCO ENSEMBLE

Sa. 01.04.2017 | Gebäude 9, Köln

VITALIC

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128

www.hafen2.net

Fr. 03.02. 20:00 Uhr

F E F E B B 20

17

BOPPIN’B. Sa. 04.02. 20:00 Uhr

CHE SUDAKA Fr. 10.02. 19:00 Uhr

HAFEN 2

DJANGO 3000 Support: PHILIP BÖLTER

LIVE FR 03 Gemma Ray SO 05 The American West, Maita, Margo Cilker & Field Heat SA 11 Mélanie Pain, Marie Reiter SO 12 Anders Enda Barnet MI 15 Desoto Caucus MI 22 The Wooden Sky SA 25 Tinpan Orange SO 26 Nic Demasow KINO FR 03 Baden Baden FR 10 Nocturnal Animals DO 16 The Old, the Young and the Sea FR 17 Personal Shopper SA 18 Hell or High Water DO 23 Worlds Apart FR 24 Die feine Gesellschaft

Fr. 24.02. 20:00 Uhr

BLEU ROI

Im Substage Café

Do. 16.03. 19:00 Uhr

NEW MODEL ARMY

& Special guests

Fr. 24.03. 20:00 Uhr

POTHEAD

Do. 06.04. 19:30 Uhr

STIFF LITTLE FINGERS Do. 13.04. 19:00 Uhr

ASP

Di. 25.04. 19:00 Uhr

ANTI-FLAG & Special guest

DO 09.02| Zärtlichkeiten mit Freunden FR 10.02| The Wonder Years FR 17.02| Michael Hatzius FR 24.02| Schrottgrenze SA 25.02| Danju MI 15.03| Tiger Army SA 18.03| Patrick Salmen DI 21.03| Marcel Brell MI 22.03| Bill Laurance Group DO 23.03| Nico Semsrott DO 23.03| Andreas Kümmert SA 25.03| Melting Sounds Festival Vol. III SO 09.04| Bembers DO 20.04| Jan Pilipp Zymny DO 27.04| FIL DO 27.04| David Pfeffer

Mi. 26.04. 19:00 Uhr

ELÄKELÄISET Support: STAM1NA

Alter Schlachthof 19

76131 Karlsruhe

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15.02.2017 / MI

Che Sudaka

15 Jahre Che Sudaka World Tour

21.02.2017 / DI

Lemur

"Die Rache der Tiere"-Tour

01.03.2017 / MI

Wallis Bird "Home"-Tour 2017

23.03.2017 / DO

Simon & Jan "Halleluja"-Tour

28.03.2017 / DI

Bukahara

Support: Duncan Townsend Trio

29.03.2017 / MI

Akua Naru

"The Miner's Canary"-Tour

OPEN AIR 2017 PASSENGER 22.06.2017 BRINGS 23.06.2017 257ers 24.06.2017 ANDREAS BOURANI 30.06.2017 KLASSIK!PICKNICK 02.07.2017 SARAH CONNOR + WINCENT WEISS

06.07.2017 ZUCCHERO 13.07.2017 AMY MACDONALD 25.07.2017

11.04.2017 / DI 20.04.2017 / DO

Do 02.02.17

The ProPer ornamenTs

Fr 03.02.17

amarena ready

Di 07.02.17

Klima

Fr 10.02.

The BusTers

Sa 11.02.17

Princess noKia

Sa 11.02.17

againsT The currenT

Sa 18.02.17

Giant Rooks

"New Estate"-Tour 2017

11.01.17 20:16

30.03. KÖLN GLORIA

Funny van dannen

Fr 24.02.17

aFroB

Sookee

Sa 25.02.17

"Mortem & MakeUp" Tour

01.06. KÖLN E-WERK Ticket-Hotline: 01806 – 999 0000 Mo-Fr 8-22 Uhr/Sa, So & feiertags 9-20 Uhr (0,20 €/Anruf aus dt. Festnetz/max. 0,60 €/Anruf aus dt. Mobilfunknetz)

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02.02. BONN HARMONIE 09.02. MÜNSTER HOT JAZZ CLUB

09.02. BROTFABRIK 20.00 JÚNÍUS MEYVANT

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DIE HÖCHSTE EISENBAHN

WER BRINGT MICH JETZT ZU DEN ANDEREN – TOUR 2017 18.02. KÖLN GLORIA

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ANDREAS KÜMMERT AKUSTIK-DUO TOUR 2017 07.03. BONN HARMONIE 18.03. AACHEN FRANZ 23.03. ESSEN ZECHE CARL 25.03. MÜNSTER HOTKAU JAZZFTCLUB AUSVER ZUSATZTZTERMIN:

26.03. MÜNSTER HOT JAZZ CLUB

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13.03. KÖLN BLUE SHELL

BOSSE

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JAKOB HANSONIS BAND PLAYS DAVID BOWIE

18.03. BERLIN PRIVATCLUB

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MARCEL BRELL 23.03. MÜNSTER HOT JAZZ CLUB

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MADISON VIOLET 28.03. DÜSSELDORF PITCHER

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JONATHAN KLUTH 06.04. DÜSSELDORF PITCHER

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PHILIPP POISEL TOUR 2017

11.04. OBERHAUSEN KÖNIG-PILSENER-ARENA

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LUPID 21.04. KÖLN TSUNAMI

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SERAFYN 22.04. KÖLN DIE WOHNGEMEINSCHAFT

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EMMA6

WIR WAREN NOCH NIE HIER - TOUR 2017 22.04. DORTMUND FZW

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TIM BENDZKO

IMMER NOCH MENSCH – TOUR 2017 04.05. MÜNSTER MESSE + CONGRESS HALLE

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POHLMANN WEGGEFÄHRTEN TOUR 2017 06.05. KÖLN GLORIA

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SILBERMOND LEICHTES GEPÄCK TOUR 2017 18.05. KÖLN PALLADIUM

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<<Konzerte Im FZW>> 01/02 FZW POETRY SLAM 02/02 OLEXESH 04/02 30 JAHRE IDIOTS RECORDS ! SOLD OUT SIDO 05/02 06/02 MOVITS! 07/02 AFROB 09/02 ROYAL CANOE 13/02 MOTORAMA & WHISPERING SONS 16/02 MAYBEBOP 17/02 KAYEF 19/02 DIRK STEFFENS LIVING PLANET TOUR 01/03 FZW POETRY SLAM ! 06/03 SOLD OUT WALKING ON CARS 07/03 TEESY 08/03 DEVIN TOWNSEND PROJECT, LEPROUS,... 10/03 WHO KILLED BRUCE LEE 11/03 JULY TALK 14/03 SPIDERGAWD 18/03 NEW MODEL ARMY ! 19/03 SOLD OUT KC REBELL ZUSATZSHOW AM 18.04. 20/03 WINCENT WEISS 21/03 FZW INDIE NIGHT: MIDDLEMIST RED, BONFIRE NIGHTS 22/03 SMILE AND BURN 24/03 NAVARONE ! 25/03 SOLD OUT DIETER THOMAS KUHN 26/03 ESTIKAY 28/03 LIONS HEAD 29/03 SWANS ABSCHIEDSTOUR 30/03 KISSIN´ DYNAMITE 31/03 DIE KASSIERER 02/04 DAT ADAM 07/04 LUKAS RIEGER 09/04 BLUTENGEL 11/04 BALBINA 12/04 CHRISTINA STÜRMER 18/04 KC REBELL 20/04 MIKE SINGER 21/04 SAM 22/04 EMMA 6 28/04 BRINGS 29/04 MILOW 02/05 B-TIGHT 06/05 LIVEUROPE DAY 2017: BOUNTY ISLAND, THE AWESOME WELLES, CAMP CLAUDE, NEWMOON

So. 05.02.2017 | Live Music Hall, Köln

Mo. 20.03.2017 | Live Music Hall, Köln

Di. 07.02.2017 | Die Kantine, Köln

Di. 21.03.2017 | Live Music Hall, Köln Fr. 31.03.2017 | Matrix, Bochum

KAKKMADDAFAKKA THE NAKED AND FAMOUS

YOU ME AT SIX DANKO JONES OK KID

Mi. 22.02.2017 | Live Music Hall, Köln

DAT ADAM

Mo. 06.03.2017 | Essigfabrik, Köln

SCOTT BRADLEE´S POSTMODERN JUKEBOX

21.02. MOUSONTURM 20.00 EMILIANA TORRINI & THE COLORIST

26.02 JAHRHUNDERTHALLE 20.00 The xx 06.03. MOUSONTURM 20.00 SVEN HELBIG

Do. 09.02.2017 | Live Music Hall, Köln

TEGAN & SARA special guest: Ria Mae RIVAL SONS

PETER DOHERTY

JOHNOSSI

Mi. 08.03.2017 | Live Music Hall, Köln

ANTILOPEN GANG

Fr. 24.03.2017 | Gloria, Köln

ROOSEVELT

Mo. 27.03.2017 | Gloria, Köln Sa. 01.04.2017 | Live Music Hall, Köln Fr. 07.04.2017 | E-Werk, Köln

Do. 13.04.2017 | Bürgerh. Stollwerck, Köln

COUNTERFEIT

Di. 25.04.2017 | Live Music Hall, Köln

TOVE LO

THE JESUS AND MARY CHAIN

Sa. 18.03.2017 | Gloria, Köln

Sa. 29.04.2017 | Gloria, Köln

Fr. 10.03.2017 | Live Music Hall, Köln

AUSTRA

GLASS ANIMALS

Di. 28.02.2017 | Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf

The xx Mi. 01.03.2017 | Palladium, Köln

10.03. ZOOM 20:00 SCHNIPO SCHRANKE 12.03. STADTHALLE OFFENBACH 20.00 GENETIKK 18.03. MOUSONTURM / STUDIO 21.00 JOY WELLBOY 27.03. CAPITOL OFFENBACH 20.00 BILDERBUCH 03. + MOUSONTURM 20:00 04.04. THE TIGER LILLIES 05.04. JAHRHUNDERTHALLE 20:00 SCOTT BRADLEE´S POSTMODERN JUKEBOX

special guests: Parcels, Blaenavon Mo. 13.03.2017 | Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf

Sa. 18.03.2017 | Palladium, Köln

special guest: HHRSN Sa. 25.03.2017 | Lanxess Arena, Köln

special guest: Tiger Army Di. 28.03.2017 | Palladium, Köln

06.04. BROTFABRIK 20.00 CHRISTIANE RÖSINGER

Di. 04.04.2017 | Palladium, Köln

08.04. ZOOM 20:00 CLOCK OPERA

Mo. 01.05.2017 | Palladium, Köln

15.04. ZOOM 20:00 ISAIAH RASHAD 22.04. GIBSON 19:00 JOY DENALANE

INFOS & TICKETS WWW.FZW.DE

INFOS BROTFABRIK: WWW.BROTFABRIK.INFO

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Di. 21.02.2017 | Live Music Hall, Köln

28.04. BATSCHKAPP 19.30 MIGHTY OAKS

FZW | RITTERSTR. 20 | 44137 DORTMUND

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19.02. BATSCHKAPP 20.00 THE NOTWIST

13/05 THE PHUNKGUERILLA & COSMO KLEIN ! SOLD OUT SÖHNE MANNHEIMS 16/05 23/05 APECRIME 26/05 D A F 09/10 SXTN 10/10 IRIE RÉVOLTÉS 11/10 GUANO APES 13/10 BAMBULE 2017 18/10 VON WEGEN LISBETH 05/11 FAISAL KAWUSI 10/11 JOHANNES OERDING 16/11 SDP 21/11 DELAYED NIGHTSHOW: PATRICK SALMEN & QUICHOTTE

A

special guest: Shells

24.02. ZOOM 20.00 MIC LOWRY

............................

D

18.02. ZOOM 20.00 HAIYTI & TRETTMANN

20.02. ZOOM 21.00 ALEX CLARE

EMILY BARKER ENGTANZ – TOUR 2017 15.03. DÜSSELDORF STAHLWERK

17.02. STADTHALLE OFFENBACH 20.00 THE 1975

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Do. 25.05.2017 | Palladium, Köln (verlegt vom E-Werk)

Di. 13.06.2017 | König-Pilsener-Arena, Oberhausen

Mo. 07.08.2017 | Westfalenhalle 1, Dortmund

30.04. MOUSONTURM 22:00 WOLFGANG VOIGT – GAS LIVE 08.05. MOUSONTURM 20.00 HEINZ STRUNK TICKETS MOUSONTURM: TEL 069.405.895-20 WWW.MOUSONTURM.DE

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Demnächst: Intro No. 250 — 27.02.2017

Ryan Adams, Balbina, Temples, Lucas Gregorowicz und Moritz Bleibtreu über »Lommbock«, Fatma Aydemir, Sleaford Mods, Joy Denalane, Ed Sheeran, August Diehl über »Der junge Karl Marx«



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