Intro #250

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März 2017 gratis www.intro.de

Jarvis Cocker Chilly Gonzales über Leben in der Überdosis

Dirty Projectors — Lommbock — Bilderbuch — Ed Sheeran — Samuel L. Jackson

— Fatma Aydemir — August Diehl — Joy Denalane — Die Chemie der Liebe — Balbina — Kreator

#Pop #Kultur #Life #Style


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#Intro Editorial

#Intro

Foto: Todd Hido

Man hätte es sich nicht besser ausdenken können: Gerade im Monat unserer 250. Jubiläumsausgabe setzen sich zwei Säulenheilige aus dem Intro-Kosmos als Crooner ans Klavier und nehmen eine Platte über das wilde Leben, die Melancholie und die Vergänglichkeit auf. Themen, die man ausnahmsweise mal ansprechen kann, wenn man ein Vierteljahrhundert Popkultur Revue passieren lässt. Dabei haben Chilly Gonzales und Jarvis Cocker keinen Deut an Relevanz verloren. Selbst wenn sie jetzt auf dem Klassiklabel Deutsche Grammophon veröffentlichen und eher bedächtig musizieren, tun sie das immer noch sehr treffsicher. Und gerade ist doch auch eine gute Zeit, um mal wieder Jarvis’ »Cunts Are Still Running The World« aufzulegen. Als Gegenpol dazu stellen wir einen ganzen Haufen frischer Künstlerinnen und Künstler vor, die am Anfang ihrer Karriere stehen – zum Beispiel Wildes, Bonzai und Let’s Eat Grandma. Und dann hofft natürlich das gesamte Intro-Team, viele von euch am 31. März und 1. April bei den »25 Jahre Intro live«-Abenden in Köln und Berlin begrüßen zu dürfen. Es spielen Soulwax, Drangsal, Wanda und viele andere. Wir freuen uns auf euch! Daniel Koch (im Namen der Redaktion)

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Das Leben der Anderen

DAS LEBEN DER ANDEREN

Die melancholischen Fotoarbeiten von Todd Hido waren unter anderem in Bänden bei Nazraeli und Kehrer sowie Ausstellungen im FOAM Museum, NRW Forum und der Paris Photo zu sehen – da reiht sich Intro doch perfekt ein. Hido fotografiert in seinen »Interiors« oft Räume, die er selbst eine Weile bewohnt hat: das Haus, in dem er aufwuchs in Kent, Ohio zum Beispiel oder Motel Rooms, in denen er übernachtet hat. Seinen Antrieb beschreibt er sehr treffend: »Ich interessiere mich sehr für den Verlust, der in diesen Räumen spürbar wird. Wände haben Geschichten zu erzählen.« Das entspricht genau der These, die unsere Titelmusiker Jarvis Cocker und Chilly Gonzales mit ihrem Album »Room 29« aufstellen. Zur 250. Ausgabe haben wir Weggefährten und KollegInnen aus der Gegenwart und Vergangenheit versammelt, die das hohe Amt der »Platten vor Gericht«-Juroren besetzen. Wir freuen uns sehr über die harten Urteile von Linus Volkmann, Sonja Eismann, Stephan Glietsch, Stefan Lehmkuhl, Matthias Fricke, Felix Scharlau, Kristina Engel, Armin Bauer, Boris Fust, Oliver Bresch und Herausgeber Matthias Hörstmann.

Aus der Redaktion Wolfgang (völlig empört): »Dass bei der Schlussproduktion keiner mit mir ›Dschungel­camp‹ gucken will, ist das Ende des Donnerstagabendlandes as we know it.«

Diese Tradition versteht wahrscheinlich nur, wer einmal das Eurosonic Festival in Groningen besucht hat. Wenn sich dort Hunderte Bookerinnen und Booker und die versammelte Musikjournaille um neue Talente kloppen, gehört es zum guten Ton, mindestens ein Mal an der Heißen Wand zu stoppen. Dieses notdürftig vermummte Redaktionsmitglied traut sich beispielsweise an einen Eierballen – ein in Senfsauce eingelegtes, frittiertes, hartgekochtes Ei.

Lutz: »Dänemark, oh nee, da hab ich Hausverbot.«

Oft präsentieren wir an dieser Stelle knallharte ActionSchnappschüsse von aufwendigen Modeshootings. Diesmal waren dafür kaum mehr als ein paar zeitgemäße Brillengestelle nötig – und die Bücher des Pogobooks-Verlags aus Berlin. Auch der findet, dass bedrucktes Papier eine schöne Sache ist. Auf pogobooks.de kann man die guten Stücke en detail anschauen.

Linda (schimpft über »La La Land«): »Und überhaupt sollte in Filmen außer Harry Potter und Mary Poppins niemand fliegen dürfen!« Daniel: »Wir müssen auch irgendwas an die Joy-Division-Nudeln schreiben, sonst schnallt das keiner.«


Inhalt

INHALT #Intro

#Pop

Bilder von: Ren Hang, Miron Zownir,

Jarvis Cocker Chilly Gonzales: Zwei Sterne deluxe 34

Lina Scheynius 8

Bilderbuch: Krass gemacht 38

Leoniden: Real in Kiel 12

Polarisiert: Balbina 40

Fatma Aydemir: Zeitgeschichte trifft auf Ellbogen 14 Therapie mit den Zehn Geboten: Temples 16 Auftakt mit: Rag’n’Bone Man, Kratzen & Beißen, 25 Jahre Intro, Kreator, The Shins, Ryan Adams, Strand Of Oaks, Top 7 Podcasts 18

Dirty Projectors: Anfang vom Ende 42 Joy Denalane: Schluss mit Retro 46 Eurosonic: Asse, Handwerker, Scheiß-Leute 48 Philipp Poisel mag Banalität 54 From Witthüs to Wembley: Ed Sheeran

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#Kultur August Diehl über »Der junge Karl Marx« 60 Samuel L. Jackson über »Kong: Skull Island« 62 Bleibtreu und Gregorowicz über »Lommbock« 64 Kelly Reichardt: »Certain Women« 66 Neu im Kino 68 Neu auf DVD 70 Neue Games 74

#Life Reportage: Die Chemie der Liebe 78 Kurzbesuch auf Kuba 82 Popküche: Spareribs aus »House Of Cards« 84 Ich möchte Teil einer Bewegung sein 86

#Style Modestrecke: Schöne Aussichten 88

#Review Platten vor Gericht 98

Foto: Frederike Wetzels

Neue Platten: Bilderbuch, Nathan Fake, Johnossi, Jens Lekman, Leoniden, Laura Marling, Minus The Bear, The Magnetic Fields, Sleaford Mods, Tokio Hotel, Why? und viele mehr 100 Impressum / Dein Intro 6 Abo 7 Katz & Goldt / Demnächst 130

#Preview Intro empfiehlt 120 Kalender 122

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#Intro Dein Intro

DEIN INTRO Und wo warst du im März 2007? Intro #147

IMPRESSUM Verlag Intro GmbH & Co. KG, Oppenheimstraße 7, 50668 Köln Fon +49 221 949930, Fax +49 221 9499399 verlag@intro.de, vorname.nachname@intro.de, www.intro.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann Chefredakteur Daniel Koch (V.i.S.d.P.) Stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Frömberg Artdirektor Holger Risse Stellvertretende Artdirektorin Frederike Wetzels Projektleitung Martin Lippert

Covergeschichte: Kurz bevor Jutebeutel und Club Mate

in Deutschland zu ikonischen Symbolen werden, berichtet Intro aus der Hauptstadt der Hipness. In New York trifft man neben dem Dance-Kollektiv !!! den Daddy aller Hipster: James Murphy von LCD Soundsystem. Der Mann, der sich selbst als »fat guy in a T-shirt doing all the singing« beschreibt, gibt interessante Einblicke in seine musikalische Detailverliebtheit und freut sich, dass er neben dem hipsten Label New Yorks inzwischen auch einen Hund und eine Freundin hat. Storys: Blumfeld, The Hold Steady, Explosions In The Sky, Bodi Bill, Arcade Fire, Kaiser Chiefs, Air, Malcolm Middleton, Herman Dune, Thunderbirds Are Now!, Die Zimmermänner Wichtige Alben: Air »Pocket Symphony«, Blumfeld »Ein Lied mehr«, !!! »Myth Takes«, Arcade Fire »Neon Bible«, LCD Soundsystem »Sound Of Silver«, Bodi Bill »No More Wars«, Bloc Party »A Weekend In The City« Platten vor Gericht: Sieger: !!! – 7,56 / Letzter: Belasco – 4,83 Besondere Vorkommnisse: Endlich wurde ein Weg gefunden, H.P. Baxxter und Scooter ins Intro zu bringen. Die Brücke zu den »Fantastischen Vier des Techno« (Zitat H.P.) schlägt wie so oft ein Koch-Date. Gemeinsam mit Scooter wurden herzhafte dänische Hamburger mit ordentlich Soße zubereitet. Schlagzeile des Monats: Totale Mondfinsternis über ganz Deutschland +++ Die EU verpflichtet sich zur Treibhausgas-Verringerung um ein Fünftel bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 +++

Redaktion Senta Best (Textchefin, #Life), Frederike Ebert (#Style), Kristina Engel (Lektorat), Wolfgang Frömberg (#Kultur), Daniel Koch (#Pop), Christian Steinbrink (CvD, #Review), Sermin Usta (Volontariat), Frederike Wetzels (Foto) Redaktionsassistenz Alexandra Heckel Live-Redaktion Thomas Lorber, Henrike Schröder (Volontariat), Carsten Schumacher Layout Jörn C. Osenberg (osi) Online- & News-Redaktion (news@intro.de) Julia Brummert, Philip Fassing (Leitung Produktentwicklung), Bastian Küllenberg (Leitung Social Media) Terminredaktion termine@intro.de Texte Lena Ackermann, Aida Baghernejad, Hannah Bahl, Emanuel Bergmann, Kristof Beuthner, Fionn Birr, Jan Bojaryn, Annett Bonkowski, Andreas Brüning, Dominik Bruns, Cay Clasen, Dominik Djialeu, Sascha Ehlert, Carlotta Eisele, Rami Eiserfey, Valentin Erning, Lars Fleischmann, Lisa Forster, Marco Fuchs, Nina Gierth, Steffen Greiner, Claudius Grigat, Elisabeth Haefs, Henrik Hamelmann, Nils Herrmann, Mark Heywinkel, André Hörmeyer, Salwa Houmsi, Ulf Imwiehe, Paula Irmschler, Sebastian Jegorow, Madleen Kamrath, Franziska Knupper, Kerstin Kratochwill, Mario Lasar, Julia Maehner, Konstantin Maier, Nadja Neqqache, Sarah Neuhaus, Laura Nürnberger, Katja Peglow, Olaf Radow, Verena Reygers, Henje Richter, Felix Scharlau, Christian Schlodder, Simone Schlosser, Kira Schneider, Leonie Scholl, Michael Schütz, Hanno Stecher, Christian Steigels, Till Stoppenhagen, Thorsten Streck, Gabriele Summen, Karola Szopinski, Klaas Tigchelaar, Tobias Tißen, Stephan Uersfeld, Nisaar Ulama, Benjamin Walter, Timo Weber, Jan Wehn, Liz Weidinger, Michael Weiland, Holger Wendt, Kai Wichelmann, Katrin Wiegand, Gregor Wildermann, Fabian Wolff, Marius Wurth, Louisa Zimmer, Menachim Zwartmann Coverfoto Jonas Holthaus Illustrationen Peter Hoffmann, Alexandra Ruppert Fotos Mustafah Abdulaziz, Tim Bruening, Carmen Catuti, Patrick Desbrosses, Todd Hido, Robin Hinsch, Jonas Holthaus, Jakob&Hannah, Peter Kaaden, Joseph Wolfgang Ohlert, Marija Strajnic und Pressebildfreigaben Personal & Organisation Rebecca Wast (Leitung), Anika Winter PraktikantInnen Linda Remmlinger, Philipp Röttgers, Alena Struzh, Caroline Wiederkehr, Celia Woitas Vertrieb Dominik Raulf (Leitung – Fon +49 221 94993-41) Abo Moritz Tontsch (abo@intro.de) Brandmanagement Eike Wohlgemuth Vermarktung Director Sales & Marketing Oliver Bresch (Fon +49 221 94993-13) (Media & Marken) Head of Sales Intro Martin Lippert (Fon +49 221 94993-17) (Musik, Film, Marken) Büro Köln Fon +49 221 94993-Durchwahl: David Winter -63 (Head of Digital Sales / Marken & Media), Sabrina Esser -33 (Marken & Media), Kathrin Marion Fischer -75 (Digital Sales), Geraldine Schleder -19 Büro Berlin Fon +49 30 4036705-Durchwahl: Sebastian F. Dudey -11 (Live Entertainment & Kleinanzeigen), Frank Straessner -20 (Marken, Media & Musik) Auftragsannahme & Administration Eva Sieger (Leitung) -14, Florian Schuster -16 Fax +49 221 94993-88 Aktuelle Anzeigenpreisliste Mediadaten 2017 (Nr. 27 aus 11/2016) Download Mediaunterlagen hoerstmann.de/mediadaten Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G., BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900

Dieses Foto erreichte uns auf digitalem Wege. Schön, dass unsere letzte Ausgabe zu einem Nachmittag mit Schere, Papier und großen Buchstaben angeregt hat. Wer auch gebastelt hat, ist jederzeit eingeladen, die Fotos bei Instagram mit unserem Hashtag #intromagazin zu versehen. Und mit ein wenig Glück werden wir es an dieser Stelle mit Grußwort vorstellen.

Wieder so ein Monat, in dem mehr gute Musik herauskommt, als in diese Heft passt. Zum Glück haben wir intro.de. Dort findet ihr zum Beispiel ein Gespräch mit dem Sänger Rag’n’Bone Man (siehe Foto) und ein melancholisches Sinnieren mit Jens Lekman. Übrigens gibt’s unsere ausführlichen Bandfeatures immer schon in der Woche der Veröffentlichung auf intro.de.

Termine für Nr. 251 / April 2017: Redaktionsschluss: 03.03.2017; Termin- & Anzeigenschluss: 10.03.2017; Druckunterlagenschluss: 14.03.2017; Erscheinungstermin: 27.03.2017 Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen IVW-geprüfte Auflage & Verbreitung IV. Quartal 2016 Druckauflage: 79.558 / verbreitete Auflage: 77.730 (Durchschnittszahlen) Bezugsquellen Erhältlich an 1.203 Auslagestellen im gesamten Bundesgebiet sowie im Abonnement Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, 100% Altpapier. Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos! Proud member of Hörstmann Unternehmensgruppe


REFUSE SINGLE-USE


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Nackte Männer und Frauen, Schwäne, Fische, Pfauen, Kirschen, Äpfel, Blumen und Schlangen: Das sind die bevorzugten Motive des jungen chinesischen Fotokünstlers Ren Hang. Noch bis zum 12. März kann man im Foam in Amsterdam die Ausstellung »Naked / Nude« sehen.


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Miron Zownir gilt mit seinem unverstellten Blick auf das wilde Leben Berlins als einer der radikalsten Fotokünstler der Gegenwart. Ab dem 25. März kann man in der Kölner Hardhitta Gallery viele seiner Arbeiten aus den Jahren 1978 bis 2006 sehen, die er kürzlich für sein Buch »Berlin Noir« zusammengestellt hat.


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Die 1981 in Schweden geborene Fotografin Lina Scheynius verwischt in ihren Arbeiten die Grenzen zwischen Fotografie und den Geschichten hinter den Objekten. Ihre Bilder sind wie Kurzgeschichten, geprägt durch ihren Blick, ihre Gefühle und ihre Motivwahl. Die Züricher Christophe Guye Galerie, die uns dieses Foto namens »London Summer« zur Verfügung gestellt hat, zeigt noch bis zum 15. April Lina Scheynius’ »Exhibition 04«.


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#Pop #Leoniden

Leoniden

THE KIEL DEAL #Pop — Während andere Musiker und Bands den kulturellen Zentralismen frönen und in Hamburg, Köln oder vor allem Berlin ein Zuhause suchen, liegt den Leoniden nichts daran, Teil einer Metropol-Szene zu sein. Von Kiel aus kann man schließlich ine mysteriöse Zurückhaltung umgibt die auch die Welt erobern. Lars Band Leoniden. Das fällt auf, wenn man JaFleischmann besuchte sie kob Amr, Lennart Eicke und seinen Bruder genau dort. Foto: Robin Hinsch Felix, JP Neumann und Djamin Izadi in einem

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Backstage-Bereich erlebt, und wird noch offenkundiger, wenn man die beiden Erstgenannten zum Interview trifft. In Lennarts Wohnung in Kiel-Ravensberg gibt es verdammt guten Kaffee. Ansonsten ist alles recht unaufgeregt in dieser Hansestadt; das kennt man aus der Metropole 100 Kilometer weiter südlich ganz

anders. Von dort aus ist Jakob kürzlich nach Kiel gezogen, während die vier anderen seit Schulzeiten schon zusammenspielen. »Die Stadt hinter sich zu lassen ist schon ein Thema in unseren Texten. Das hat viel mit meinem Umzug zu tun, da ich generell from the bottom of my heart schreibe«, bestätigt Jakob. Der Rückzug, der keine Flucht ist, sondern eher mit Bodenständigkeit und Zurückhaltung zu tun hat, wird bei Leoniden großgeschrieben. Permanent beschleicht einen das Gefühl, hier mit einer erwachsenen, in sich ruhenden Crew zu sitzen. Kein falscher, kein jugendlich-devianter, kein überbordender Satz fällt – ist das etwa typisch norddeutsch oder gespielt? Auf den Mund gefallen sind die beiden jedenfalls nicht. Bereitwillig antworten sie auf alle Fragen, gerne auch mal länger, aber immer wohltemperiert, konzentriert und auf den Punkt. Das alles kann man auch über die selbstbetitelte Debütplatte sagen – allerdings sollte man sich immer wieder daran erinnern, dass hier keine Veteranen, sondern »Frischlinge« »Wir sind da am Werk sind. Ernst- immer noch haftigkeit steht im in unserer Vordergrund der Arbeit. 18 Monate lang Sozialisierung hat man sich teils 40 gesettelt. Stunden in der Wo- Wenn wir che im Proberaum uns dafür eingeschlossen und nahezu manisch ge- ver­biegen arbeitet. Das Ergeb- müssten, nis lässt sich sehen be- pfeifen wir auf ziehungsweise hören: einen MajorAuf der einen Seite beruft man sich auf ei- Vertrag« nen Hardcore/PunkBackground, auf der anderen Seite scheut man sich nicht, poppig zu sein. Vorbilder? »Haben wir so gesehen keine, eher Einflüsse. Und da orientieren wir uns weniger an Deutschland, abgesehen von The Notwist, sondern mehr an den Vereinigten Staaten. Da muss man natürlich At The Drive-In nennen«, so Jakob. Nach einer deutschen Produktion klingt bei Leoniden tatsächlich wenig: Die Platte schielt eindeutig auf den internationalen Markt. Dennoch meint Lennart: »Auf Englisch zu singen war aber kein Move, sondern hat sich ehrlicher angefühlt.« Neue Weltstars in der Mache? Ein leises Lachen. »Eher nicht. Unsere Strukturen sind selbst gewählt DIY. Wir sind da immer noch in unserer Sozialisierung gesettelt. Wenn wir uns dafür verbiegen müssten, pfeifen wir auf einen Major-Vertrag«, erzählt Lennart. Jakob nickt – beide ernst, aber zufrieden. Kein Zufall, dass real und Kiel sich reimen. — Leoniden »Leoniden« (Two Peace Signs / GoodToGo) — Intro empfiehlt die Tour vom 11.03. bis 09.04.


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Abonnier uns: 10 × Intro, 1 × Festivalguide und eine Prämie. Für nur 30 Euro.* Die Abo-Prämien, empfohlen von Intro Andrea Arnold American Honey BD – UPHE

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#Kultur #Fatma Aydemir #Ellbogen

Fatma Aydemir über »Ellbogen«

»NAZIS KÖNNEN SICH INS KNIE FICKEN« #Kultur — Fatma Aydemirs Debütroman »Ellbogen« erzählt von der Türkin Hazal, die unglücklich in zwei völlig verschiedenen Welten lebt – bis sie eine brutale Straftat begeht und flieht. Sermin Usta traf die Schriftstellerin, um mit ihr über Berlin, Istanbul und ihren Sound zu sprechen. Foto: Carmen Catuti

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ch sitze im Südblock am Berliner Kotti. Gerade habe ich mir eine Schachtel Zigaretten gekauft. Neun Wochen ging es ohne, dann kam ein Treffen mit Fatma Aydemir dazwischen. Gute Literaten rauchen eben (viel). ­Einige Stunden zuvor hatte ich das letzte Kapitel ihres Romans »Ellbogen« fertiggelesen, der fast beiläufig türkische Zeitgeschichte festhält. Eine außerordentliche Geschichte, in der es um das Verhältnis von Türken zu Deutschen, Kurden zu Türken, Männern zu Frauen und Kindern zu ihren Eltern geht. Hazal ist 17 Jahre alt und lebt gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder in Wedding. Sie kifft, trinkt und vermöbelt auf offener Straße glotzende Mädchen. Zu Hause spielt sie weitestgehend die tüchtige türkische Tochter. Als sie und ihre Freundinnen an ihrem 18. Geburtstag vor einem Club grundlos abgewiesen werden, entlädt sich die Wut über den ruinierten Abend, für den die Mädchen zu Hause einige Lügen auftischen mussten, in roher Gewalt. Eine Eskalation, die tödlich endet. Ihre ersten beiden Romanentwürfe habe sie verworfen, so Aydemir. »Die klangen journalistisch.« Nun habe sie ihren Sound gefunden. Einen rohen und aggressiven Ton, der ihrer eigenen Sprache nahekomme, so die 31-Jährige: »Natürlich ist es wichtig, dass die Handlung und die Sprache plausibel klingen. Aber es geht nicht darum, ein Milieu zu dokumentieren, sondern darum, eine Geschichte zu erzählen.« Reale Schauplätze Berlins sind dennoch Teil der Handlung – so wie die jüngsten politischen Ereignisse in der Türkei. Während des

Putschversuchs gegen die AKP-Regierung am 15. Juli 2016 befand sich Aydemir in Istanbul: »Ich kam gerade aus der Bibliothek, als ich Jets und Schüsse hörte. Wir wohnten damals mitten in der Barstraße, die in wenigen Minuten komplett leer war.« Fatma Aydemir wurde in Karlsruhe geboren. Sie studierte Germanistik und Amerikanistik in Frankfurt am Main und zog 2012 nach Berlin, um als Journalistin für die Taz zu arbeiten.

Im Gegensatz zu ihr träumt Hazal von einem Leben in Istanbul. Dass dieses Leben kein besseres, nur ein anderes ist, stellt die Autorin im Buch deutlich heraus. Sie wollte Hazal im Roman mit der idealisierten Heimat konfrontieren und damit einen Gegenpol zu deren Berliner Migranten-Dasein schaffen. Das ist ihr gelungen. Ob sie die Befürchtung habe, dass sich die Geschichte von rechts instrumentalisieren lassen könnte? Fatma Aydemir zündet sich erst mal noch eine Zigarette an, bevor sie antwortet: »In einer Zeit, in der eine Partei wie die AfD höchstwahrscheinlich ins Parlament einziehen wird, ist das Letzte, was ich machen werde, mich anzubiedern und die Geschichte der netten Türkin aufzuschreiben. Nazis können sich ins Knie ficken.« — Fatma Aydemir »Ellbogen« (Carl Hanser Verlag, 272 S., € 20)

»In einer Zeit, in der eine Partei wie die AfD höchstwahr­ scheinlich ins Parlament einziehen wird, ist das Letzte, was ich machen werde, mich anzubiedern und die Geschichte der netten Türkin aufzuschreiben.«


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Freitag, 31. März 2017 Köln, E-Werk Samstag, 1. April 2017 Berlin, Huxleys Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen und unter: www.tixforgigs.com Soulwax: neues Album »From Deewee« ab 24.3. erhältlich.

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#Pop #Temples

Temples

NACH DER THERAPIE #Pop — Während Temples auf ihrem Debütalbum vor drei Jahren noch introvertierten, psychedelischen Pop vorlegten, offenbart das zweite Album »Volcano« eine Art Therapie-Sitzung. Die Band aus Mittelengland stellt sich den großen Fragen des Lebens und befasst sich sogar mit den Zehn Geboten. Louisa Zimmer hat zwei Mitglieder des Quartetts in Berlin getroffen.

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versichert Tom dann auch lachend. »Das sind Anspielungen auf die Zehn Gebote, die als roter Faden durch das Album führen. Sie geben jeweils das Thema vor und stellen Fragen, die wir mit unseren Songs beantworten wollen.« Die Musik wurde im Studio aus den Skizzen aller Bandmitglieder destilliert. Tom erzählt: »Auf ›Sun Structures‹ waren die Lyrics nur eine weitere Textur. Was die Songinhalte betrifft, sind wir mittlerweile direkter geworden. Du bekommst schon beim ersten Hören einen Eindruck davon, worum es geht.« Die neue Direktheit steht ihnen gut. Und wenn man bedenkt, wie sehr ihr Debüt zumindest ihr Heimatland aufgemischt hatte, stehen die Chancen nicht schlecht, dass Temples ihr Publikum noch einmal gehörig vergrößern

od, Angst, Paranoia, Sucht, Desinteresse, Eitelkeit, Schwierigkeit, Panik.« Mit e­ inem leichten Seufzer zählt Tom Walmsey die Themen des zweiten Albums »Volcano« auf. Der Bassist von Temples sitzt mit seinem Bandkollegen, dem Keyboarder und Gitarristen Adam Smith, und einem Bier in der Hand im Büro ihres Plattenlabels in Berlin-Mitte. Sänger James Bagshaw musste das Treffen aus Ge- »Das sind Anspielungen auf die Zehn Gebote, sundheitsgründen die als roter Faden durch das Album führen.« kurzfristig absagen, auch Drummer Samuel Toms ist abwesend. könnten. Überhaupt findet Tom, dass »made Für Walmsey und Smith ist es das letzte In- in UK« gerade in Rockdingen ein Gütesiegel terview an diesem Tag, bevor es in den Flieger sei: »Britischer Musik geht es großartig. Bezurück nach London geht. sonders Gitarren-Rock funktioniert gut als Mit »Sun Structures« hatten die Briten vor alternative Wahl. Viele entscheiden sich dafür, zwei Jahren ein Debütalbum vorgelegt, das lieber der Underdog zu sein und die Gitarren stark an den Psychedelic-Sound der 60er-Jahre dem Mainstream-Pop vorzuziehen.« erinnerte. Metaphorisch gesehen folgt nach dem Sonnenschein nun der Vulkanausbruch — Temples »Volcano« (Heavenly / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 03.03.17) der Gefühle. Bei »Volcano« handele es sich um — Intro empfiehlt die Tour vom 07. bis 11.04. ein Therapie-Album, so Adam. Dafür sind die Bandmitglieder diesmal nicht wie noch beim Vorgänger in ihre Heimatstadt Kettering gefahren, sondern in den benachbarten Ort Market Harborough. Hier nahmen sie die Songs in Eigenregie in James’ Homestudio auf. Das erklärt aber noch nicht die eingangs aufgezählten Heimsuchungen. »Uns als Band geht es gut«,


TOUR 2017 27. 3. Lingen · 28. 3. Hannover · 29. 3. Hamburg · 31. 3. München · 1. 4. Stuttgart · 3. 4. Berlin · 4. 4. Leipzig · 5. 4. Wien 7. 4. Bamberg · 8. 4. Köln · 9. 4. Bielefeld · 11. 4. Oberhausen · 12. 4. Frankfurt ZUSATZTERMINE: 30. 6. Bad Mergentheim · 1. 7. Bluetone Festival · 2. 7. Mainz · 13. 7. Graz · 14. 7. Linz · 20. 7. Emmendingen · 21. 7. Ulm 29. 7. Mönchengladbach · 6. 8. Schwetzingen · 18. 8. Braunschweig · 24. 8. Dresden · 26. 8. Magdeburg · 2. 9. Berlin

MEIN AMERIKA – Das neue Album!

LENA TOUR 2017

13/12 H A N N O V E R 17/12 H A M B U R G

14/12 B E R L I N 15/12 S T U T T G A R T 18/12 F R A N K F U R T 19/12 K Ö L N

SEVEN Live Tour 2017

6.11. Stuttgart / 7.11. Darmstadt / 8.11. Münster / 9.11. Hannover / 10.11. Köln / 12.11. Nürnberg 13.11. München / 14.11. Aschaffenburg / 15.11. Berlin / 16.11. Bremen / 18.11. Kiel 19.11. Hamburg / 20.11. Jena / 21.11. Freiburg A L L E S W A S I C H H A B T O U R 2 0 17 07. 09. Münster · 09. 09. Mainz · 10. 09. Karlsruhe · 12. 09. Freiburg 13. 09. Aschaffenburg · 16. 09. Leipzig · 17. 09. Wien 18. 09. Reutlingen · 20. 09. Bremen · 21. 09. Rostock 22. 09. Magdeburg · 23. 09. Potsdam

NIKKI LANE H I G H W A Y

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25. 5. Köln 28. 5. München 30. 5. Stuttgart 12. 6. Berlin 13. 6. Hamburg

VALE NTI NA MER ALI CE M E RTO N LIVE 2017

22/3 BERLI N

23/3 KÖLN

24/3 HAM BURG

08.10. KOBLENZ - 09.10. LEIPZIG - 10.10. BERLIN 11.10. HAMBURG - 12.10. BREMEN - 13.10. BIELEFELD 15.10. HANNOVER - 16.10. DORTMUND 17.10. KREFELD - 18.10. KARLSRUHE 20.10. STUTTGART - 21.10. WIEN - 22.10. MÜNCHEN 23.10. ZÜRICH - 24.10. SAARBRÜCKEN - 27.11. AACHEN 28.11. FRANKFURT - 29.11. FREIBURG 30.11. BERGISCH GLADBACH W W W . P R K N E T. D E THE SERIOUS ART OF PROMOTION


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#Pop #Life

Tim Darcy

EINE BRÜCKE IN DER DUNKELHEIT #Pop — Während in Berlin im Januar-Schneesturm die Welt unterzugehen scheint, sitzt Tim Darcy entspannt im Hotel. Damit verkörpert er perfekt die Stimmung seines Albums »Saturday Night«. Der Sänger ist ohne seine Band Ought unterwegs und scheint trotz Wetter und Chaos vollkommen in sich zu ruhen. Text: Hannah Bahl

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im Darcys erstes Soloalbum benimmt sich wie eine Katze: Mal schmiegt es sich an und ist dann plötzlich so eigenwillig kratzig, dass man froh ist über eine gewisse Distanz zwischen sich und den Songs. Auf »Saturday Night« geht es um die wirklich existenziellen Dinge des Lebens. Um Liebe und Sterben und darum, ob man sich doch noch mal dazu aufraffen kann, weiterzumachen. Der Sound erinnert deshalb zwischendurch an Joy Division, im Gegensatz zu Ian Curtis findet Darcy allerdings immer wieder aus der Dunkelheit. Um dieses Thema geht es auch im Song »You Felt Comfort«. Den hat Darcy für einen Freund geschrieben, der versucht hat, sein Leben zu beenden. Mit der Songzeile »There is a place where the dark is so complete you wouldn’t believe« findet er tröstliche, aber unkitschige Worte, die dem Zuhörer das Gefühl geben, nicht allein zu sein. Ein roter Faden, der sich durch das gesamte Album zieht: »Das Leben ist so eine komplizierte Ballade, und dieser Song ist für mich der Versuch, jemandem zu zeigen, dass ich die Situation vielleicht nicht

ändern kann, sie aber zumindest empathisch begreife. Für mich steckt darin auch die Hoffnung, jemandem eine Brücke in der Dunkelheit zu bauen.« Das Album ist selbst in der Anerkennung des eigenen Scheiterns optimistisch, wenn Darcy singt: »If at the end of the river, there is more river, would you dare to swim again? Yes, surely I will stay, and I am not afraid. I went under once, I’ll go under once again.« Das Schöne an »Saturday Night« ist diese große unzerstörbare Hoffnung, die selbst in den dunkelsten und kratzigsten Momenten immer noch durchschimmert: Da ist ein Licht am Ende des Tunnels, wie es auch Leonard Cohen so schön gesungen hat, weil die Dinge manchmal erst einen Knacks brauchen, damit ein zaghafter Schimmer eintreten kann. — Intro empfiehlt: Tim Darcy »Saturday Night« (Jagjaguwar / Cargo) — Auf Tour am 26.05.

#Redaktionstipp

Andy Kassier Auf Instagram sieht jeder immer besser aus. Aber niemand so gut wie der Künstler Andy Kassier. Seine perfekt inszenierte Online-Präsenz schillert noch reicher und schöner als alle Kardashians zusammen und entlarvt den Inszenierungsdrang der heutigen Meinungsmacher und »Influencer« gnadenlos. Schon nach einem kurzen Besuch wird hier selbst der faulste Slacker zum glattgegelten Entrepreneur. Denn Kassier lehrt uns: »Success is just a smile away.« André Hörmeyer (Hospitant Redaktion Intro)


#Life — Cover-Kitchen

Für »Unknown Pleasures« 30 g Reisnudeln fünf Minuten in leicht gesalzenem Wasser kochen. Einzelne Nudeln vorsichtig mit einer Gabel aus dem Topf fischen und auf schwarzem Grund in Form bringen.

Kimmo Pohjonen

Foto: Olli_Pekka_Latvala

Joy Division »Unknown Pleasures«

Mittwoch 15.03.2017 20:00


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#Pop

To u r d a t e s

Milliarden: Betrüger Tour 2017

02.03. WIESBADEN Schlachthof * 03.03. KONSTANZ Kulturladen * 04.03. (CH) SOLOTHURN Kofmehl * 09.03. KIEL Orange Club * 10.03. HANNOVER Musikzentrum * 11.03. POTSDAM Waschhaus * 16.03. BERLIN Huxley‘s Neue Welt * 17.03. DRESDEN Groovestation * 18.03. ERFURT Museumskeller * UFT * 19.03. NÜRNBERG MUZ AUSVERKA 23.03. HAMBURG Knust * 24.03. OSNABRÜCK Kleine Freiheit * 25.03. KÖLN Luxor * 30.03. LEIPZIG Werk 2 ** 31.03. DÜSSELDORF Zakk ** 01.04. WARENDORF iFAN Musik Festival 19.04. MAGDEBURG Factory ** 20.04. ULM Roxy ** 21.04. (AT) DORNBIRN Dynamo Festival 22.04. WÜRZBURG Posthalle ** Supports: * SAFI ** Prada Meinhoff

D A S D E B Ü TA L B U M

A N O M A L I E

AB 03.03.

01.03. BERLIN | MUSIK UND FRIEDEN 02.03. HAMBURG | HAFENKLANG 03.03. KÖLN | BLUE SHELL 04.03. ULM | CLUB SCHILLI

Kreator

HALTUNG, BITTE! #Pop — Miland »Mille« Petrozza ist seit den frühen 80er-Jahren Kopf der Thrash-Metal-Legende Kreator und wuchs als Sohn eines italienischen Gastarbeiters in Essen auf. Mit seiner offenen Einstellung und reflektierten Meinung hat er schon häufiger Stellung zu politischen Themen bezogen – zumal sich seine Sicht der Dinge durch jahrelanges Touren und Treffen mit Freunden rund um den Globus von denen derer unterscheidet, die überall klare Linien sehen. Für Mille sind die Dinge eben doch komplexer, als es andere wahrhaben wollen. Interview: Carsten Schumacher Dem Metal sagt man nach, viel konservativer zu sein als das Bruder-Genre Punk – ist das gerechtfertigt oder ein Klischee?

VÖ: 03.03.

Das ist ein totales Klischee, es gibt ja sogar eine Conservative-Punk-Bewegung in den USA. Es gibt im Punk wie im Metal Konservative und weniger Konservative, ganz wie im richtigen Leben. Es sind der Musikgeschmack und vielleicht auch eine gewisse Lebenseinstellung, die verbinden, aber dass damit eine bestimmte Haltung einherginge, halte ich dann doch für ein Gerücht. Kann ja jeder mitmachen – sowohl im Metal als auch im Punk. Thematisch hat sich im Metal aber nicht viel verändert, seitdem du dabei bist, oder?

Es ist vielseitiger geworden, aber verändert hat sich prinzipiell nichts. 29.03. ULM Roxy 06.04. NÜRNBERG Hirsch 30.03. DÜSSELDORF Zakk 07.04. JENA Kassablanca 31.03. WUPPERTAL U-Club 08.04. MAGDEBURG Factory 01.04. LINGEN Alter Schlachthof 10.04. CHEMNITZ Atomino 04.04. KARLSRUHE NCO 11.04. ASCHAFFENBURG Colos-Saal 05.04. KONSTANZ Kulturladen 12.04. WÜRZBURG Posthalle 13.04. TRIER Mergener Hof

ALBUM „LIVE“ AB 31.03.

a u ß e r d e m a u f To u r : A b r a m o w i c z Blackout Problems | Fayzen | The Day

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Ist die Konzentration auf Themen wie Religion, Krieg und Heldengeschichten ein Umschiffen von unangenehm konkret politischen Themen?

Das kommt immer darauf an, wie man »politische Themen« definiert. Ich habe für das neue Album beispielsweise auch Texte geschrieben, die auf politische Realitäten und Ereignisse der vergangenen Jahre eingehen, ohne sie konkret zu benennen. Für mich ist es auch nicht zwangsläufig links, gegen Unterdrückung anzukämpfen. Ich bin ein freiheitsliebender Mensch und halte das für common sense. Unterdrückende Regierungen gibt es zuhauf, und diese Zustände können allein vom logischen

Denken her nicht richtig sein. Um das zu verstehen, muss man nicht unbedingt links sein. Könntest du dir auch vorstellen, mal ganz konkret Unterdrücker beim Namen zu nennen? Warum bleibst du in deinen Texten metaphorisch?

Nimm einen Song wie »California Uber Alles«, da werden Leute und Orte ganz konkret benannt. Man merkt dadurch sofort, dass es ein Song aus den 80ern ist, der mit der Zeit damals verbunden ist. Das gefällt mir nicht so sehr. Ich mag es eher, wenn die Texte allgemeingültiger sind und immer aktuell bleiben. Und Leuten wie Trump oder Erdogan jetzt auch noch ein Lied zu widmen, halte ich für zu viel des Guten. Die bekommen schon genug Aufmerksamkeit. Hattest du schon mal Angst, auf von dir verehrte Musiker zu treffen, mit ihnen über politische Themen zu sprechen und dabei zu erkennen, dass es totale Wichser sind?

Ich hatte heute noch ein gutes Gespräch mit unserem Busfahrer darüber, wie manche Bands und Künstler so ticken. Nicht wenige Amerikaner haben eine Redneck-Attitüde, die schwer in unser politisches Bild einzuordnen ist. In den USA gibt es einen geduldeten Rassismus von allen Seiten, »rechts« meint dort etwas anderes als in europäischen Maßstäben. Die political correctness oder der schlichte Grundsatz, zuerst zu denken, bevor man redet, ist in den USA nicht überall verinnerlicht. Da bekommt man schnell den Eindruck, dass Leute Ultra-Rassisten sind, die das beim näheren Nachfragen gar nicht


so meinen. Das gibt es bei Weißen und bei Schwarzen, das ist schon etwas komplexer. Ich bin da etwas vorsichtig mit unseren Kategorien; mich interessiert eher, wie diejenigen ihre Meinung erklären, was dahinter steht. Damit will ich nicht sagen, dass ich rechtstolerant bin, aber wenn mir jemand intelligent und sachlich erklären kann, was seine Sichtweise ist, dann schätze ich das. Ich kann ja niemanden dazu zwingen, meiner Meinung zu sein. Wenn ich das annähme, wäre ich nicht besser als die Rechten.

meinen, jemand stünde wegen einer zweifelhaften Aussage auf ihrer Seite –, muss man dem nicht gleich Glauben schenken. Vielleicht war alles ganz anders gemeint, ein missverstandener Witz oder eine Momentaufnahme von jemandem, der einen schlechten Tag hatte.

und ihre Haltung zu Nazi-Themen oder Pinochet erlebt – ergibt das für dich Sinn oder ruft das nur Kopfschütteln hervor?

Würdest du dir auch mehr politische Haltung bei den Fans wünschen?

Glaubst du, Trump wird die Metal-Szene spalten, wie er die gesamten USA spaltet?

Ich kenne viele Trump-Supporter und viele seiner Gegner, vor allem mit mexikanischen Wurzeln. Wenn so jemand die Metal-Szene spalten kann, dann ist die Szene sowieso durch. Wer hat dich in solch einem Zusammenhang Wie viele grauenhafte Präsidenten gab es schon positiv überrascht? in allen möglichen Ländern – warum streitet Jon Schaffer von Iced Earth beispielsweise, von man sich über solch bizarre Gestalten? dem es hieß, er sei rechts. Mit dem hatte ich Dein Vater stammt aus der ersten Gastarbeimal ein gutes Gespräch. Der Typ hat ’ne klare ter-Generation. Hast du FremdenfeindlichHaltung. Das ist zwar nicht unbedingt meine, keit am eigenen Leib zu spüren bekommen? aber er ist keinesfalls rechts oder Rassist, er ist Nichts Erwähnenswertes. Ich hatte immer allenfalls sehr amerikanisch. Ein reflektierter deutsche, türkische oder jugoslawische FreunMensch, der seine Meinung belegen kann – ob de und hab das nie in dramatischer Form ich nun damit konform gehe oder nicht. Er erlebt. ist genauso gegen Unterdrückung und Un- Wie reagierst du auf Bands vom rechten gerechtigkeit wie ich, aber er hat eine andere Rand, die mit dir auf Festivals spielen? IgPosition, weil er wahrscheinlich anders sozia- norieren? Absagen? Auf der Bühne Position lisiert wurde. Ich bin multikulti aufgewachsen, beziehen? er vielleicht nicht. Aber er ist auf keinen Fall Auf jeden Fall Letzteres. Kampfansage. Und ein Nazi und schon gar niemand, der stumpf auf wirklich rechte Festivals werden wir ohnehin nicht eingeladen, wir würden dort auch Parolen brüllt. Wie hast du damals die Debatte um Slayer nicht spielen.

Ich fand’s total hysterisch, denn das sind halt Slayer, und Slayer müssen provozieren. Ich hab mich auch lange mit Tom Araya unterhalten, und der Typ ist bestimmt kein Rechter, ich würde ihn eher als Hippie bezeichnen. Wir müssen einfach lernen, uns auch mal wieder ein bisschen zu entspannen. Nur weil es ein paar Stumpfbirnen gibt, die die Dinge für sich vereinnahmen – wenn Rechte beispielsweise

Nicht unbedingt mehr politische Haltung, sondern eher mehr Kommunikation – gerade auch mit Bands, denen eine rechte Einstellung nachgesagt wird, um genau das zu hinterfragen. Ich bin mir nicht sicher, ob Abgrenzung oder Ausschließen die richtige Lösung bietet, ich halte Kommunikation für wichtig. — Kreator »Gods Of Violence« (Nuclear Blast / Warner) — Auf Tour am 04.03.

#Redaktionstipp

Marillion Jetzt stöhnen erst einmal alle auf. Marillion? Ernsthaft? Was will er denn? Und dann in diesem Heft? Den einen sagt der Bandname gar nichts, die anderen erinnern sich vielleicht daran, dass es mal diese Band mit dem Sänger Fish gab, die einen großen Hit hatte (»Kayleigh«), der heute noch auf jeder 80er-Party totgenudelt wird. Was viele nicht wissen: Die Band gibt es immer noch. Fish verließ die Gruppe bereits 1989 und wurde durch Steve Hogarth ersetzt. Hier sind drei Gründe, die Band neu zu entdecken: 1) Sie haben mit als Erste das Internet als Crowdfunding-Plattform für ihre Alben genutzt. 2) Sie schielen schon lange nicht mehr auf die Charts, was eine erfrischende musikalische Unabhängigkeit mit sich bringt. 3) Sie sind live eine Bank. Angucken!! Und das Wichtigste: Sie machen tolle, melodische Musik, angesiedelt zwischen Prog und Pop. Philipp Röttgers (Praktikant Redaktion Intro)

COSMO


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#Pop

#Redaktionstipp

Strand Of Oaks

NO MORE SELBSTMITLEID #Pop — Tim Showalter, besser bekannt als Strand Of Oaks, ist nicht gerade dafür bekannt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Jetzt wird es für den gebürtigen Südstaaten-Boy umso wichtiger, laut zu sein. Warum, erklärte er Aida Baghernejad.

I

ch mag Menschen«, sagt Showalter; und sieht man sein einnehmendes, fettes Lächeln, dann weiß man gleich, dass das keine dumme Phrase ist. Aus ihm und seinem eindrucksvollen Bart sprudelt pure Lebensfreude. Dabei gibt es eine Menge Gründe, so gar keine gute Laune zu haben: Bekannt für seinen eher nachdenklichen, traurigen Sound, prägten persönliche Rückschläge die Zeit seit seinem letzten Album. Doch statt sich einzuigeln und die Tiefschläge des Lebens in noch tieferem Moll zu verarbeiten, haut Showalter »Hard Love« raus – impulsiv wie eine wilde Hausparty ohne Sorgen oder Gedanken an morgen. Und damit ungefähr der absolute Gegenpol zu allem, was man von Strand Of Oaks bislang gehört hat: »Ich dachte mir, vielleicht hat die Welt jetzt auch genug von bärtigen Männern, die sich in Selbstmitleid suhlen. Vielleicht gibt es einfach genug solcher Platten.« Was nach Realitätsflucht klingt, war aber das Gegenteil. Showalter zwang sich, sich seinen Dämonen zu stellen und das Leben wieder mit beiden Armen zu packen. Daraus

zieht er seine neu gewonnene positive Energie, schließlich gibt es jetzt verdammt viel Wichtiges anzupacken. »Mit allem, was gerade so los ist, fühle ich mich verpflichtet, Liebe zu verbreiten. Viele in der Szene haben Angst davor, kitschig zu klingen. Ich scheiß drauf. Ich will den Leuten helfen, ich will versuchen, allen einen safe space und eine gute Zeit zu geben.« Aber einfach nur geile Shows abzuliefern reicht ihm nicht: Seit Trumps Wahl wird ein Dollar von jedem verkauften Ticket seiner Shows in den USA an die Bürgerrechtsvereinigung ACLU gespendet; am Merchandise-Tisch soll es neben Shirts und Platten in Zukunft auch Infomaterial und aktivistische Literatur geben. »Wir werden kämpfen. Hart. Jede Band sollte das tun.« — Strand Of Oaks »Hard Love« (Dead Oceans / Cargo)

T-Shirt »Never­the­ less, she persisted« Eigentlich würde ich mir gern »I can’t believe we still have to protest this shit« auf ein Shirt drucken lassen. Dieser Slogan ist aber fast ebenso gut. In der Debatte um den neuen erzkonservativen Justizminister der USA, Jeff Sessions (natürlich Republikaner), las die demokratische Senatorin Elisabeth Warren aus einem Brief von Coretta Scott King vor. Die Witwe von Martin Luther King beschuldigt Sessions darin, als Richter in Alabama rassistisch motivierte Urteile gefällt zu haben. Einer Regel im Senat zufolge hätte Warren das nicht tun dürfen. Sie wurde verwarnt, der Sachverhalt wurde ihr erklärt, und trotzdem ist sie standhaft geblieben. »Nevertheless, she persisted« – so gab das republikanische Senatsmitglied Mitch McConnell den Vorgang später wieder. Beim morgendlichen Blick in die Zeitung ist es manchmal hart, nicht laut zu schreien. Gut, wenn man Vorbilder wie Warren hat. Die Shirts gibt es unter anderem über redmolotov.com und redbubble.com. Julia Brummert (Online-Redakteurin)

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HAMBURG – PRINZENBAR ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ 16.04. BERLIN – PRIVATCLUB ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ 17.04. KÖLN – YUCA ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ 11.04. BERLIN 18.04. MÃœNCHEN – KRANHALLE ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ PRIVATCLUB ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ WBW 2017 29.09. – 01.10. ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ SAVE THE DATE DORTMUND ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ TICKETS: 01806 62 62 80* & (040) 413 22 60 ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ *€ 0,20 / ANRUF AUS DEM FESTNETZ, MOBILFUNK MAX. € 0,60 / ANRUF ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗

J.COLE

www.917xfm.de

KARSTEN JAHNKE KONZERTDIREKTION GMBH


24

#Pop Infos & Tickets: www.concertteam.de

05.03.2017 | Köln | Studio 672

ten Fé

The Shins

12.03.2017 | Münster | Sputnikhalle · 13.03.2017 | Düsseldorf | ZAKK Halle

niila

13.03.2017 | Köln | YUCA am CBE · 14.03.2017 | Düsseldorf | The Tube

wendja

14.03.2017 | Köln | YUCA am CBE

the seshen

15.03.2017 | Köln | Underground

Max raptor

15.03.2017 | Frankfurt | Nachtleben · 16.03.2017 | Köln | YUCA am CBE

körner

17.03.2017 | Frankfurt | Elfer Music Club · 02.04.2017 | Düsseldorf | The Tube 05.04.2017 | Münster | Sputnik Café

double Crush syndroMe

18.03.2017 | Köln | Gebäude 9

us the duo

18.03.2017 | Köln | Live Music Hall

phillip boa & the voodooClub

22.03.2017 | Köln | Underground · 23.03.2017 | Düsseldorf | The Tube 24.03.2017 | Dortmund | FZW Club

navarone

24.03.2017 | Bochum | Matrix

der Fall böse

24.03.2017 | Düsseldorf | The Tube · 25.03.2017 | Köln | Studio 672

MainFelt

30.03.2017 | Köln | Luxor

Milburn

31.03.2017 | Düsseldorf | The Tube

niCk yuMe

31.03.2017 | Düsseldorf | ZAKK Halle

Millarden

03.04.2017 | Köln | YUCA am CBE

lowly

07.04.2017 | Düsseldorf | Club 134

swiss & die anderen

07.04.2017 | Köln | Kantine

lisa hannigan

17.04.2017 | Köln | YUCA am CBE

My baby

03.05.2017 | Köln | Blue Shell

barry adaMson

03.05.2017 | Köln | Artheater

he is legend

09.05.2017 | Köln | Gloria Theater

yasMine haMdan

09.05.2017 | Düsseldorf | Savoy Theater

Fink´s sunday night blues Club tour

24.05.2017 | Köln | Club Bahnhof Ehrenfeld

jake isaaC

30.05.2017 | Köln | Studio 672

Matt andersen

A

uf manche Dinge ist Verlass. Zum Beispiel darauf, dass James Mercer alle fünf Jahre mit einer neuen ShinsPlatte um die Ecke kommt. In der Zwischenzeit hat er mit einem Freund die iPhone-App »Pasted« entwickelt, mit Brian Burton das zweite Broken-Bells-Album veröffentlicht und seine Familie vergrößert. »Meine Tochter ist mittlerweile schon zweieinhalb Jahre alt. Verrückt, wie schnell fünf Jahre vergehen können.« Den politischen Fokus der letzten Shins-Veröffentlichung scheint Mercer auch auf der aktuellen Platte beizubehalten. Zumindest liegt die Vermutung nahe, dass die zweite Single des aktuellen Albums eine direkte Antwort auf Trumps »Pussy-Grabbing«-Affäre ist. Doch »Name For You« bezieht sich nicht exklusiv auf Trumps Aussage, sondern entstand lange vor dem Skandal: »Ich habe mich mit Slut-Shaming beschäftigt. Damit, wie unfair es ist, dass Frauen an einem bestimmten Verhaltenskodex gemessen werden, von dem Männer nicht berührt sind. Meine Töchter sollen sich nicht dafür schuldig fühlen, sexuelle Wesen zu sein.« Beim weiteren Hören von »Heartworms« wird klar: James Mercer arbeitet antizyklisch. Er hat die Untergangsstimmung von »Port Of Morrow« abgelegt und setzt dem Trump-Kater erbaulichen Pop entgegen. Damit knüpft er an den frühen ShinsSound an. »Ich wollte vor allem zurück in die Rolle des Produzenten. Wenn du ein Album selbst produzierst, ist dein größter Luxus die Zeit. Dann läuft keine tickende Uhr.« Dass sich Mercer musikalisch weiterentwickelt hat, ist bei allem Retro-Schwung nicht zu überhören. Zusammen mit seinen neuen Mitmusikern gelingt ihm der schwierige Spagat, sowohl ursprünglich als auch neu zu klingen. »Heartworms« ist jedenfalls genau das geworden, was es werden sollte: ein fast 40-minütiger Pop-Ohrwurm fürs Herz. — The Shins »Heartworms« (Aural Apothecary / Columbia / Sony / VÖ 10.03.17)

WURM INS HERZ #Pop — Fünf Jahre mussten Fans der Shins auf ein neues Album warten. Mit »Heartworms« knüpfen James Mercer und seine neue BandBesetzung an den Sound der frühen Jahre an. Lena Ackermann sprach mit Mercer über Familienglück, SlutShaming und tickende Uhren.


10.03.2017 BEGINNER

TOP 7

AUSVERKAUFT

Podcasts, die jeder kennen sollte #Kultur — Podcasts gibt es viele – entsprechende Empfehlungen noch viel mehr. Wir zeigen euch, mit welchen Inhalten ihr die nächste Zugfahrt oder Insomnie am besten überbrückt. Zusammengestellt von Philip Fassing 01 The Talkhouse Music/Film Podcast

05 Zündfunk Generator

Die Talkhouse-Podcasts glänzen vor allem mit ihrer beeindruckenden Gästeliste, die sich inzwischen fast schon wie ein Who’s who der Film- und Musikbranche liest. Viel spannender sind allerdings die Konstellationen, in denen diese Persönlichkeiten an einen Tisch gesetzt werden. Denn wer braucht schon lästige Journalisten, wenn etwa Leute wie Darren Aronofsky und Laurie Anderson einen Dialog miteinander führen? — talkhouse.com

Obwohl der Zündfunk Generator eigentlich ein Radio-Format des Bayerischen Rundfunks ist, bieten sich die hochwertig produzierten Features als Download ideal für die Überbrückung geistigen Leerlaufs an. Die etwa einstündigen Themenschwerpunkte nähern sich unprätentiös und verständlich gesellschaftspolitischen Fragestellungen und erklären noch dazu deren Verstrickungen mit der Pop-Kultur. — br-online.de/podcast

02 Stay Forever »Ein Podcast über alte Spiele von zwei alten Männern«, heißt es zu Beginn jeder Stay-Forever-Folge, und das bringt es schon ziemlich gut auf den Punkt. Dass Gunnar Lott und Christian Schmidt eigentlich gar nicht so alt sind und die Folgen über Spieleklassiker wie »Doom« oder »Monkey Island« nur so vor Humor und Trivia strotzen, macht die Angelegenheit weitaus unterhaltsamer, als die bescheidene Eigenbeschreibung vermuten lässt. — stayforever.de

03 Spilled Milk Der vielleicht beste Food-Podcast da draußen, ganz einfach, weil Molly Wizenberg und Matthew Amster-Burton es hervorragend verstehen, sich ihren Themen sowohl humorvoll als auch kompetent zu nähern. Bei Spilled Milk werden abseitige Aspekte wie Ice Cream Toppings oder Hustenbonbons genauso diskutiert wie essenzielle Basics der internationalen Küche. Nur bei einem leeren Magen hört man besser etwas anderes. — spilledmilkpodcast.com

06 What’s Tech? Ein angenehm kompakter Podcast, der den wirklich großen Fragen unserer Zeit nachgeht: Warum können SmartphoneAkkus eigentlich explodieren? Wie hat Snapchat die SelfieKultur verändert? Und was zur Hölle hat es mit Bio Hacking auf sich? Das Technik- und Netzkultur-Format des New Yorker Online-Magazins The Verge geht diesen und anderen Phänomenen in 15- bis 30-minütigen Episoden nach – und findet fast immer eine einleuchtende Erklärung. — theverge.com/whatstech

07 Stuff To Blow Your Mind Hand drauf: Kein Format stillt das Bedürfnis nach irren Fakten und unglaublichen Tatsachen besser als Stuff To Blow Your Mind. Themen wie chinesische Geisterhochzeiten, extraterrestrische Grizzly-Bären oder das Tetris-Syndrom gehören hier noch zu den gewöhnlicheren Episoden. Der Abgleich mit der wissenschaftlichen Realität mag dabei nicht immer ganz schlüssig ausfallen, wird aber immerhin einigermaßen verständlich vollzogen. — stufftoblowyourmind.com

16.03.2017 BOSSE 19.03.2017 AMY MACDONALD 27.03.2017 PHILIPP POISEL 12.04.2017 BOB DYLAN & HIS BAND AUSVERKAUFT

28.04.2017 LUKE MOCKRIDGE AUSVERKAUFT

03.05.2017 TIM BENDZKO & BAND 04.05.2017 DJ BOBO 13.05.2017 DREAM THEATER 20.10.2017 SCHILLER 07.11.2017 ADEL TAWIL 23.11.2017 GREGOR MEYLE

04 Song Exploder Wer unser Format »Mein Song und seine Geschichte« schätzt, wird diesen Podcast lieben. Hrishikesh Hirway, mit The One AM Radio selbst als Musiker aktiv, lässt in diesem Format prominente KünstlerInnen über die Entstehung und Geschichte ausgewählter Songs sinnieren. Da rollen dann zum Beispiel The Postal Service die Geschichte von »The District Sleeps Alone Tonight« neu auf, oder Björk lässt die Entstehung ihres Songs »Stonemilker« Revue passieren. — songexploder.net

unter Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen, 44 der Tickethotline 0591 912950 oder 0591 91441 und auf www.emslandarena.com WEITERE VERANSTALTUNGEN UNTER:

WWW.EMSLANDARENA.COM


26

#Pop #Life

3 Fragen an

RYAN ADAMS #Pop — Der US-Songwriter Ryan Adams ist immer für eine Überraschung gut: Mal spielt er ein Metal-Album ein, mal covert er auf sehr behutsame Weise ein ganzes Album von Taylor Swift – und dann plötzlich kommt er mit einem sehr nachdenklichen Album zurück, das sich den schmerzhaften Momenten der Liebe widmet. Annett Bonkowski traf Adams in Berlin.

P

risoner« klingt zunächst wenig erfreulich. Gab es beim Entstehungsprozess trotzdem persönliche Glücksmomente für dich?

Wenn du kein Risiko eingehst, wirst du auch nicht dafür belohnt werden. Dir wird dein Herz nicht gebrochen, ohne dass du etwas weiser aus dieser Erfahrung hervorgehst. Empathie und Einfühlungsvermögen können nur entstehen, wenn du nachsichtig mit dir selbst bist. Du musst riskieren, etwas von dir preiszugeben und hinsichtlich deiner Gefühle verletzlich zu sein. Es reicht nicht, sie nur zu begutachten. Sie müssen wirklich spürbar sein. Das Prinzip des Lebens ist die Liebe. Auf der Suche danach begegnet man der Weisheit. Das Gesetz der Anziehung und das Gesetz der Liebe sind von wahrer Bedeutung. Es gibt keinen Bedeutungsgehalt, wenn wir nicht lieben können.

Das weniger, aber es ist gut, sich inmitten dieses Wahnsinns, der uns momentan umgibt, eine gesunde sarkastische Vorstellung zu bewahren. In Amerika heißt es: »Karma is a bitch«, und das nehme ich wörtlich. Ich freue mich schon sehr auf den Moment der Geschichte, an dem sich dieser Teil entfaltet. Viele Menschen werden das mit Genugtuung verfolgen. Lasst das Karma seinen Job machen. Bis dahin können wir nur auf die Phase der Erleuchtung hoffen, in der wir hoffentlich bereit sind und wissen, wer wir in diesen ätzenden Zeiten wirklich sind. Irgendwann werden wir aus diesem politischen Tiefschlaf erwachen. Da bin ich mir sicher.

Klima veröffentlichst du das Album in der »End Of World Edition« als Boxset. Ist dir als amerikanischem Staatsbürger noch zum ­Lachen zumute?

— Ryan Adams »Prisoner« (Blue Note / Universal)

Die gesamte Arbeit daran war sehr schön, und ich habe mich sehr glücklich gefühlt. Während der Aufnahmen habe ich nicht gelitten. Ich lebe derzeit in L.A., ging dafür aber zurück nach New York, wo ich vor meiner Ehe gewohnt habe. Vielleicht war mein Leben durch die Scheidung aus dem Gleichgewicht geraten, und ich habe sicher auch schwere Erfahrungen gemacht. Aber ich war dennoch bereit für neue Erlebnisse und öffnete mich für die Wege, die ich erforschen wollte. Ich habe mich bewusst Passend zum weltweit politisch prekären nicht zu sehr zurückgezogen. Die Liebe ist ein allgegenwärtiges Thema auf dem Album. Welche Erkenntnisse hast du für dich persönlich vertieft oder gar neu gewonnen?

Mach’s dir selbst #9 Chaos-Optimierung #Life — Dein Zimmer kommt mal wieder nicht mit all deinem gesammelten Scheiß klar und sieht dementsprechend aus? Da die Uhren in Deutschland noch immer in Richtung Selbstoptimierung ticken, gibt es hierfür eine simple Lösung: Read, play, love. Sei achtsam mit deinem Chaos! Höre auf dein Inneres und das deiner (zu vielen) Besitztümer! Kaufe Optimierungsbücher! Einfach über das Chaos legen und Tür schließen. Von außen. Illustration: Peter Hoffmann

— Mehr Interview auf intro.de


#Kratzen & Beißen

Gegen die Wahrheit

Illustration: Alexandra Ruppert

#Life — Die Wahrheit ist kaputt. Wie sonst ist es zu erklären, dass ein pathologischer Lügner, Rassist, Sexist … um wen und was es dabei geht, muss André Hörmeyer ja wohl gar nicht erst erklären. Wenn man dem neuen US-Präsidenten mit der Wahrheit kommt, erfinden er und seine Presseleute einfach »alternative Fakten«. Vielleicht sollten wir das auch tun. Diese Wahrheit. Was hat sie uns denn schon gebracht? Überhaupt ist sie doch gar nicht zu ertragen. Wer will schon hören, dass wir die großen Ziele wie Demokratie, Freiheit, Frieden längst erreicht haben und wir nur die Verwalter einer eigentlich schon ganz guten Ecke der Welt sind. Wir wollen uns nicht wie die Hausmeister eines Museums voller schöner Dinge fühlen, auf denen groß BITTE NICHT ANFASSEN steht. Wir wollen selbst auf die Kacke hauen. Deshalb lieben wir die Lügner. Wer Großes vorhat, dem steht die Wahrheit nur im Weg. Wer will schon wissen, dass die Erfolgschancen der neu erfundenen App, die die Periode von Hunden exakt vorhersehen kann, konservativ geschätzt bei 0,356 % liegt? Wer will erfahren, dass er statistisch gesehen unlustiger als Mario Barth ist? Wir brauchen »alternative Fakten«. Vor allem in der Kunst entstehen die besten Werke, wenn sich jemand maßlos überschätzt, unrealistische Träume hat und in seiner eigenen Blase lebt. Genau deshalb bringt es jetzt nichts, sich wie ein Streber an der Wahrheit festzuklammern und zu weinen: »Aber es ist doch so!« Darauf hört eh keiner mehr. Kreative müssen die populistischen Idioten mit ihren eigenen Waffen schlagen. Für mehr alternative Fakten! Dass die dann auch die Wahrheit wieder einrenken können, hat Jan Böhmermann mit seinen Fakes, die immer echte Diskussionen und Veränderungen ausgelöst haben, längst bewiesen. Immer, wenn Trump Geschichten von angeblichen Verbrechen durch Muslime verbreiten lässt, muss ein neuer Fake von seinem Plan berichten, die Indianer nach Indien auszuweisen. Immer, wenn Hitler-Höcke Probleme hat, sich an den Holocaust zu erinnern, muss zufällig die Krankenakte »geleakt« werden, die seine rätselhaften Spontan-Amnesien belegt. Und wenn Merkel angeblich Selfies mit Terroristen macht, gewährt Trump heimlich einer syrischen Familie Zuflucht im Keller des Weißen Hauses. Der Aufstand der anständigen Spinner gegen die echten Idioten sozusagen. Die Wahrheit liegt (wie immer) irgendwo dazwischen. Aber darum können sich dann andere kümmern.

5. – 8. 4. 2017 Frankfurt am Main Tickets und Infos: musikmesse.com

It’s my tune. Vier Tage Musik. Massig Events. Ganz Frankfurt. Im April 2017 wird Frankfurt zur Hauptstadt der Musik: Instrumente zum Ausprobieren und Festivalatmosphäre auf dem Messegelände und in der ganzen Stadt. Dazu bringt das Musikmesse Festival internationale Top-Acts live auf die Center Stage und massig Events und Konzerte an unterschiedlichste Locations. Erleben Sie die Musikmesse 2017 in ihrer ganzen Fülle mit Highlights und Neuheiten, Workshops, Know-how und Ausstellern aus aller Welt.


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#Pop #25 Jahre Intro

25 Jahre Intro live

ALL DIESE ZWEIEN UND FÜNFEN … Am 31. März werden wir in Köln und am 1. April in Berlin 25 Schnäpse auf unser 25. Jubiläum und unsere 250. Ausgabe kippen und uns dabei von 25 DJs ins Nirwana orgeln lassen. Was das kostet? Na, 25 Euro natürlich. Und damit bei all diesen Zweien und Fünfen keiner den Überblick verliert, gehen wir an dieser Stelle noch mal ein wenig ins Detail und verraten zum Beispiel, was es mit dem beeindruckenden Bühnenaufbau von Soulwax auf sich hat.

D

as Programm unserer Jubiläumsabende liest sich ähnlich bunt wie eine Intro-Ausgabe: Grenzgänge zwischen elektronischer Musik und Percussions-Therapie treffen auf Wien-Interpretationen von Seattle-Kulturgütern, BlaskapellenBaller-Rave und 2017er-Shoegaze. »It took a long time…«, singen die Soulwax-Brüder David und Stephen Dewaele auf »Transient Program For Drums And Machinery«. Zu Deutsch: vorübergehendes Programm für Schlagzeug und Maschinen. So hat die Rockband, das DJ-Duo, die Radiomacher – die Liste ließe sich anhand ihrer unzähligen Projekte bis ans Ende der Seite weiterführen –, kurz: So haben die Künstler Soulwax ihre

am 16. November erschienene im Kölner Music Store vergisst. Comeback-Single passenderwei- Eingebettet in eine perfekte Lichtse genannt. show, tobten sich Soulwax hier an mehreren riesigen, mit Knöpfen und Kabeln übersäten MaschiDrei Drummer für ein nen aus, während die Tracks von Halleluja drei Schlagzeugern nach vorne getrommelt wurden. Auch wenn Dass dieser Titel nicht nur einen ihre Livequalitäten ohnehin schon extrem ausgecheckten Acht-Mi- legendär sind, scheint das aktuelle nuten-Dance-Track mit Kraut- Programm ein besonderer MoNote beschreibt, sondern auch ment der langen Bandgeschichte als Überschrift für eine der origi- zu werden. Dabei geben Soulwax nellsten Live-Inszenierungen der sicher auch einige Einblicke in letzten Jahre gelten kann, teaser- ihr lang erwartetes neues Album ten Soulwax im letzten Sommer »From Deewee«. schon auf einigen Festivalshows an. So offenbarte sich dem Publikum des französischen Festi- Smells Like Wien Spirit vals Rock en Seine ein Set-up, das eigentlich nur zustande kommt, Der Auftritt von Wanda wird wenn man drei Drummer und eine ziemlich hochexklusive Anzwei Synthesizer-Nerds nachts gelegenheit: Die Wiener spielen

ein Set aus Nirvana-Stücken. So ähnlich hatten sie schon einmal eine Show in einer Wiener Bar gestaltet. Wie so oft tut man Marco Michael Wanda und seiner Band Unrecht, wenn man denkt, dass bei dieser Idee Schnaps und Bier im Spiel waren: »Das war weder damals noch heute so, weder vor noch während des Auftritts. Wir waren nüchtern, ergriffen und konzentriert. Nirvana zu spielen sehen wir als Auftrag höherer Art.« Spannend dürfte auch die Songauswahl werden, denn: »Die Hits spielen wir nicht, schließlich würden Nirvana das heute auch nicht mehr tun.« Vielleicht können wir uns also auf »Sliver« und »Gallons Of Rubbing Alcohol Flow Through The Strip« freuen.


#Pop #25 Jahre Intro

Drangsal

»EINMAL BILLY CORGAN DIE GLATZE POLIEREN« Shoegaze, Chorgesang, Blasmusik und Yachtrock In Köln komplettieren Meute das Line-up. Mit ihren Spielmannszug-Coverversionen hat die 11-köpfige Band aus Hamburg schon so einige Festivalcrowds kirre gemacht. In Berlin wird der Berliner Kneipenchor gar himmlisch singen und Lea Porcelain mit ihrem zeitge­mäßen ShoegazeUpdate die Bühne vernebeln. Der Abendausklang erfolgt dann mit einer ganzen DJ-Armada, angeführt von Yachtrock-Connaisseur DJ Supermarkt und den Deewee DJs, bevor dann 25 DJs aus 25 IntroJahren übernehmen.

25 Jahre Intro Live Preis: 25 Euro inkl. Gebühren Einlass jeweils: 19:00 Uhr, Beginn: 20:00 Uhr 31.03. Köln, E-Werk

Mit: Soulwax, Wanda plays Nirvana, Drangsal, Meute, DJ Supermarkt + Deewee DJs & »25 very special DJs« 01.04. Berlin, Huxleys Neue Welt

Mit: Soulwax, Wanda plays Nirvana, Drangsal, Lea Porcelain, DJ Supermarkt + Deewee DJs & »25 very special DJs« (Bonus: Ein besonderer Auftritt des Berliner Kneipenchors)

— Soulwax »From Deewee« (Play It Again Sam / Rough Trade / VÖ 24.03.17) — Auf Tour vom 31.03. bis 01.04. — Wanda »Amore meine Stadt – Live« (CD+DVD / Vertigo / Universal) — Auf Tour vom 10. bis 26.03. — Drangsal »Harieschaim« (Caroline / Universal / VÖ 22.04.16) — Auf Tour vom 03.03. bis 01.04. — Lea Porcelain »Bones« (Single / Lea Porcelain Recordings) — Auf Tour vom 01. bis 14.04.

#Pop — Drangsal zierten im Mai letzten Jahres unser Cover und setzten dann ein zum großen Marsch über die Festivalbühnen, durch die Feuilletons und Skandalnews-Musikwebseiten. Bandleader Max Gruber ist gerade frisch in Berlin umgezogen, nimmt bereits neue Songs in Angriff und spielt auch an unseren Jubiläumsabenden. Zwischendurch nahm er sich Zeit für die Fragen von Daniel Koch.

F

ür die Titelstory hat dich unser Autor damals bei deinen Eltern in Herxheim besucht. Überhaupt sprachst du viel über deine Heimat – auch nicht immer positiv. Wirst du da jetzt beim Bäcker geschnitten?

Witzigerweise habe ich tatsächlich beide Zeitschriften schon häufig gelesen. Intro aber hat mich durch alle Phasen begleitet. Bei uns in Herxheim kam man nur schwer an ein Exemplar, deswegen habe ich mich immer umso mehr Die ganzen Holzköpfe, die mich während un- gefreut, wenn mir wer eins aus der großen serer gemeinsamen Schulzeit stets zu mei- Stadt mitgebracht hat. den wussten, wollten es plötzlich alle schon Du bist bereits wieder im Studio, hörte man. immer gewusst haben, dass aus mir mal so Kannst du schon erste mysteriöse Andeuetwas wird. Ich denke, wäre mein Name in tungen zum zweiten Album machen, aus Verbindung mit einer komplett anderen Sa- denen wir eine schöne »Intro wusste es che wie beispielsweise diesem Horror-Haus zuerst«-News bauen? von Höxter aufgetaucht, hätten sie’s auch alle Klingt in meinem Kopf wie ein Zungenkuss immer schon geahnt – so ist das eben. Dass ich zwischen Rolf Zuckowski und den Ärzten der im Wikipedia-Eintrag von Herxheim nun als späten Achtziger. eine der Personen, die vor Ort gewirkt haben, aufgelistet werde, ehrt mich ungemein. Trotz- — Mehr Interview auf intro.de dem hat gerade der Beitrag bei »TRACKS« viele alteingesessene Herxheimer brüskiert, da ich darin ja nicht bloß Positives über den Ort gesagt habe. Meine Mutter wird jetzt beim Einkaufen gefragt, was das soll. Gab es im Rückblick auf die Berichterstattung über dich irgendwas, das dich besonders genervt hat?

Ich glaube, ich musste erst am eigenen Leib erfahren, dass all das, was man sagt und nicht selbst niederschreibt, von und in der Presse tatsächlich erst reduziert und anschließend amplifiziert wird, was bei mir mitunter auch an meinem Redefluss liegen mag. Dass man mich zum Bösewicht stilisiert, das geht in Ordnung. Aber dass sich dermaßen viele auf einen von einer einzigen Journalistin fingierten Zwist zwischen zwei Bands stürzen, das hat mich in der Tat irgendwann besonders genervt. Wanda werden bei unserem Abend NirvanaSongs covern. Was hältst du von der Idee?

Nichts. Das liegt aber weniger an Wanda, sondern vielmehr an der Tatsache, dass man in meinen Augen bestimmte Musik einfach in Ruhe lassen sollte. Ich bleibe gespannt. Mal abgesehen davon, dass du bei uns auf dem Titel warst: Ist dir Intro schon mal vorher begegnet oder bist du eher Metal-Hammer-Abonnent? Oder beides?

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GEL-Kayano TrainEr KniT

A S I C S T I G E R .C O M


GEL-Kayano TrainEr KniT

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#Promotion

jeden Monat neu: Teilnahme unter intro.de/Quiz

DAS QUIZ #250 Das Titelthema des Heftes ist gleichzeitig immer auch Hauptthema unseres monatlichen Quiz-Spaßes. Diesmal dreht sich natürlich alles um Jarvis Cocker und Chilly Gonzales. Los geht’s … 1. Wer kam nicht im Hotel Marmont um?

3. Um welches Zimmer geht es Jarvis & Gonzales speziell?

S Sid Vicious

Y Room 24

Z Helmut Newton

O Room 29

A Jim Morrison

B Room 101

2. Was pflegte Jarvis in Hotelzimmer mitzunehmen?

4. Womit vergleicht Gonzales das Album?

L Aquarien

M Schuberts »Winterreise«

F Aschenbecher

O Beuys »Fettecke«

O Kinderzeichnungen

D Justin Biebers Hoden

Die Gewinne

»Egon Schiele« × Kerbholz Armbanduhr

Kukki »Mix-Box«

»KleanKanteen«–Set

»The Night Of« auf Blu-ray

»25 Jahre Intro« × Du

alamodefilm.de/kerbholz.com

kukkicocktail.com

kleankanteen.com

warnerbros.de/tv

intro.de/25

Zum DVD- & Blu-ray-Start von »Egon Schiele« (ab 17.03.), der als Maler die »Wiener Moderne« prägte, verlosen wir eine »Walter Walnut«-Uhr von »Kerbholz«, die der Expressionist sicher auch gern getragen hätte. Dazu gibt’s den Film auf Blu-ray.

Cocktails to go – schütteln, öffnen, genießen! Frische Cocktails mit Eis und puren Früchten in der Flasche. Wir verlosen eine Mix-Box, bestehend aus dreißig verschiedenen Kukki-Cocktails, die zudem frei von Konservierungs- und Farbstoffen sind.

Schadstofffrei und langlebig – und besser als Plastik. »Klean Kanteen«-Lebensmittelbehälter & -Trinkflaschen sind aus Edelstahl, und sehen dazu auch noch schick aus. Wir verlosen ein Set bestehend aus einem Tumbler und einem Food Canister. #BringYourOwn

Ein Student mit Migrationshintergrund gerät unter Mordverdacht – und damit buchstäblich in die Mühlen des Systems. Das neue HBODrama »The Night Of – Die Wahrheit einer Nacht« gibt’s ab 16.03. auf DVD und Blu-ray, wir verlosen drei Blu-ray-Boxen.

Wer es immer noch nicht mitbekommen hat: Yours truly ist 25, und hat u.a. Soulwax, Wanda, Drangsal und DJ Supermarkt auf seinen, äh, Kindergeburtstag eingeladen. Und: dich. Wir verlosen je 2 Gästelistenplätze für Köln (31.03.) und Berlin (01.04.).

Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben das Lösungswort, das ihr bitte mit dem Betreff »Das Quiz« an verlosung@intro.de schickt. Teilnahme ab 18 Jahren, Einsendeschluss ist der 26. März. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


#Pop

#Pop

Foto: Todd Hido

Die Geschichten, die diese Vorhänge zu erzählen haben, sind sicherlich alles andere als fröhlich. Was auch für jene gilt, die Chilly Gonzales und Jarvis Cocker auf »Room 29« so kunstvoll ausbreiten. Überhaupt haben wir diesmal eine amtliche Prise Schwermut versammelt, zum Beispiel in den Gesprächen mit Dirty Projectors oder Philipp Poisel. Zeit für junge, hungrige Talente bleibt am Ende aber auch noch.

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#Pop #Jarvis Cocker #Chilly Gonzales

Jarvis Cocker Chilly Gonzales

ZU JUNG FĂœRS ALTERSWERK


#Pop #Jarvis Cocker #Chilly Gonzales

Zwei Sterne am IntroFirmament nehmen gemeinsam ein Album auf: »Room 29« von Jarvis Cocker und Chilly Gonzales ist ein melancholischer Liederkreis mit Klavier, Streichern und lakonisch-bissigen Texten über das Hotel Chateau Marmont in den goldenen Tagen Hollywoods. Steffen Greiner hat sich in Berlin zu den beiden Künstlern ans Klavier gesetzt. Foto: Jonas Holthaus

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#Pop #Jarvis Cocker #Chilly Gonzales

J

im Morrison hat das Hotel Chateau Marmont überlebt. Knapp. Das achte seiner neun Leben müsse dabei draufgegangen sein, sagte er im Scherz, als er an der Regenrinne abrutschte, von der er sich vom Dach in sein Hotelzimmer schwingen wollte und dabei in die Tiefe stürzte. Dieses Leben hätte er sich besser aufgespart: Kurze Zeit später starb er in Paris an einem Missverhältnis von Kokain und Heroin. Ein ähnliches Schicksal erlitt ein Jahrzehnt später der Schauspieler John Belushi wiederum in den Räumen des Chateau Marmont. 2004 fuhr der Fotograf Helmut Newton hier gegen eine Wand. Auch er überlebte nicht. Immerhin: Er hat sich für seine neun Leben Zeit gelassen. John Bonham von Led Zeppelin dürfte ungefähr Nummer fünf hier verbraucht haben, als er 1968 mit seiner Harley durch die Flure des Hotels fuhr. Noch 2012 erklärten die HipHop-Sickos Death Grips, nachdem sie von Zimmer 77 aus mit Album-Leaks und Dick-Pics ihren Major-Vertrag zerfickt hatten, dass das Hotel zu ihnen gesprochen habe: »Im Grunde fütterten wir das Haus, und es fütterte uns.« Zu diesem Zeitpunkt hatte das Chateau Marmont schon über 80 Jahre Weirdness und Glamour angesammelt. Erbaut in den 20ern am Sunset Boulevard nach dem Vorbild eines französischen Loire-Schlosses, war es schon lange vor dem Rock’n’Roll ein Ort der Boheme, wenn nicht gar der Ort, an dem sich Hollywood zum ersten Nicht-Orte Mal selbst als Hollywood empfand. Noch im»So, wie ein Ort durch mer zieht es Stars an, auch wenn es hier längst Identität, Relation und nicht mehr der nobelste Spot ist und die ZimGeschichte gekennzeichnet ist, so definiert ein merpreise (in den nächsten Wochen ist unter Raum, der keine Identität 500 Dollar nix zu machen) wohl mehr mit der besitzt und sich weder Atmosphäre, dem cheesy Art déco und den als relational noch als historisch bezeichnen lässt, Anekdoten gerechtfertigt sind als mit dem einen Nicht-Ort«, schreibt Komfort der Badezimmer. der französische Soziologe Was sind Hotels überhaupt für merkwürdige Marc Augé in seinem kleinen, poetisch treffend Orte: Transit-Orte, Nicht-Orte, aber dennoch betitelten Band »Orte und sehr angemessen, schließlich ist modernes Nicht-Orte. VorüberlegunLeben auch ein endloses Dazwischen. Hotelgen zu einer Ethnologie der Einsamkeit« (1992) – es zimmer sind zugleich anonym und intim, der geht um Flughäfen, Hotels, Ort, an dem auf Reisen kurz angehalten wird. Zugabteile, Slums. Für ihre Bewohner sind sie Rückzugsort und Bühne zugleich. Und große Gleichmacher. Für mich als Journalist, der sie meist betritt, um jemanden zu interviewen, bedeuten sie vor allem mehrfache Fremdheit: Erst wartet man journalistisch underdressed in einer understated overdressed Lobby und hofft, dass bald jemand komme, der einen abholt. Dann wird man nach oben geführt, trifft dort jemanden für eine halbe Stunde in einer scheinbar privaten Situation, die aber zugleich niemandem hier so ganz gehört, und versucht dann, dem Gegenüber irgendwie nahe zu sein. Hotelinterviews sind wie serielle Monogamie. Und ohne die Fragen scheint es noch trauriger zu sein. So klingt es zumindest auf »Room 29«: »I couldn’t help myself / I read a self help book / Now I’ve gone too far«, croont Jarvis Cocker da. Auch im Interview lässt Jarvis und Chilly das Thema nicht los. Noch bevor man die erste Frage einwerfen kann, sinnieren die beiden los.

ohne Persönlichkeit, wo zwar alle wohnen können, aber eigentlich ja niemand. J: Aber genau das ist natürlich auch der Reiz des Hotels: das Fehlen von Verantwortung. Man muss nicht hinter sich aufräumen. Auch das kann Leute verrückt machen, weil die Gewohnheiten des normalen Lebens hier verschwinden. Die Suite 3 des Soho House, Torstraße 1, Berlin-Mitte, sieht zusammengestellt aus wie die Sitzeckenabteilung eines Möbeldiscounters. An der Fensterfront steht ein Flügel. Und am Flügel sitzt: Jarvis Cocker, Typ Dandy, Typ Schlaks, Typ Turtleneck. Hinter der Jarvis-Cocker-Brille schauen Jarvis Cockers gealterte Pete-Doherty-avant-la-lettreAugen ins Klaviermann-Nirgendwo, bevor er mich endlich wahrnimmt. Kurz darauf stößt Chilly Gonzales zu uns, Typ Musikprofessor, Typ Künstler, Typ Prügelknabe, auch gealtert und trotzdem noch mein Doppelgänger in sexy. Man kann sie sich gut vorstellen als Figuren auf »Room 29«, und vermutlich sind sie das auch, ein bisschen jedenfalls: Der eine ist ein Stammvater des Indie, war als Sänger von Pulp Gesicht und Sexsymbol der intellektuell-abseitigen Variante von Britpop, der andere Pop-Provokateur, NeoKlassizist, Peaches-Kollaborateur. Wir suchen uns eine Couch-Ecke. Jarvis Cocker hat Bücher mitgebracht. Er und Chilly sind in Redelaune; schon den ganzen Tag führen sie ein Gespräch miteinander, bei dem meine Rolle für die nächste halbe Stunde darin besteht, ab und an neue Stichworte hineinzuwerfen. Manchmal drehen sie sich im Kreis. Manchmal landen sie in einer Sackgasse. Oder bei Mendelssohn Bartholdy. Aber oft genug entdecken sie neues Wissen beim anderen. Jarvis präsentiert: die Geschichte des Hotel Chateau Marmont, ein Buch des Filmhistorikers David Thompson, ein Buch darüber, wie Hirn und Leinwand interagieren (hat er von Chilly), einen Bildband zu frühen Filmmagazinen. J: Filme müssen ein Happy End haben, schreiben sie hier. Denn Film ist eine amerikanische Kunstform. Kunst aus Europa muss nicht glücklich enden – hier gibt es so etwas wie Geschichte. Aber in Amerika ist alles möglich. So gesehen war das der Beitrag Amerikas zur Weltkultur: die Idee, dass alles gut ausgehen wird. In Europa mit seinen sich ständig verschiebenden Grenzen und Konflikten glaubt das niemand. Europäische Kunst ist immer düsterer.

Euer Album handelt von einem bestimmten Raum, dem Zimmer 29 im Chateau Marmont. Wie hängen die Geschichte des Films und die Geschichte des Hotels zusammen? J: Das Hotel liegt in Hollywood und wurde eröffnet, als

der Sound ins Kino kam – also quasi, als das moderne Kino begann. Das Marmont galt als die Heimstatt der Sell-outs – Autoren wohnten da, um für das Kino zu schreiben. Und das galt zu dieser Zeit wirklich als schäbig. Genauso Komponisten, die für das Kino arbeiteten. Diese beiden Aspekte lassen sich nicht voneinander lösen. Darum hat es so lange gedauert, bis das Projekt zustande kam: Wir haben ewig überlegt, wie wir es umsetzen können, denn wir wollten keine akademische Geschichte Hollywoods machen, aber J: Ich mag die Idee, Dinge aus meiner Welt mitzunehmen auch kein Skandal-Drama über all die Todesfälle. als Anker, um nicht wegzudriften in diesen Räumen. Als mein Sohn klein war, habe ich Zeichnungen von ihm mit- Tatsächlich macht Jarvis Cocker hier, was er immer gerne genommen und an die Wände gehängt. Aber ich habe so getan hat: kleine abgründige Geschichten erzählen. Pulp viele davon dort vergessen, dass ich es wieder gelassen habe. selbst haben eine außergewöhnliche Geschichte, driftete C: Man fühlt sich desorientiert, wenn man in ein Hotel- die Band doch seit den 70ern durch Post-Punk-Britain, ehe zimmer kommt. Ich habe immer mein Kissen dabei. Nicht sie 1995 dann doch noch ihren Durchbruch feierte. Pop aus medizinischen Gründen, sondern als Sicherheit. Unser für alle. Pop, der sein Publikum nie unterfordern wollte, erster Song war »Room 29«. Ich konnte mich identifizieren der proletarisch war, aber links und kulturbegeistert. Remit Jarvis’ Beschreibung dieser Entfremdung an einem Ort gelmäßig hatte Cocker kleine Spoken-Words-Affärchen.


#Pop #Jarvis Cocker #Chilly Gonzales

Songs, die sich um Anekdoten seiner Kindheit drehten. Der Zeitgeist setzte den ehemaligen Kunststudenten dennoch an die Seite solcher Bands wie Oasis. Den Fame von Pulp hielt die Gruppe nicht lange aus. Cocker lebte kurz ein Leben, wie es gut ins Chateau Marmont passt: Koks, kaputte Beziehungen, bis sich die Band 2002 trennte. Seitdem ist er der Elder Statesman unter den Pop-Nerds, taucht hin und wieder mit tollen Soloprojekten auf, war Radio-Host und sprach auf der Bühne der Londoner Royal Festival Hall den Erzähler des musikalischen Märchens »Peter und der Wolf« – ein Amt, das zuvor zum Beispiel David Bowie, Sir Peter Ustinov und Ben Kingsley ausfüllten. Zu der Zeit, als Pulp auseinanderflogen, begann hingegen der Kanadier Jason Beck, sich als Chilly Gonzales neu zu erfinden. 1999 zog er nach Berlin und formte seinen eklektischen Stil zwischen Mock-Rap, Fisherprice-Electro, den Bee Gees und Erik Satie, der ihn bald zu einer zentralen Gestalt der Neo-Boheme der Stadt und darüber hinaus machte. Trotzdem blieb er immer ein wenig das Genie im Hintergrund, der Junior-Partner bei Zusammenarbeiten von Feist bis Daft Punk. Sein letztes Album, »Chambers« von 2015, war ein kammermusikalisches Klavieralbum – »Room 29« kommt, von Gonzales allein komponiert, seiner aktuellen Ästhetik sehr nahe. Cocker steuerte Texte bei, die mit Chuzpe und trockenem Witz auf die Bandbreite menschlicher Emotionen blicken und im Star-Reigen des frühen Hollywood das Allgemeingültige finden. Ein Liederkreis ist es geworden: ein Zyklus von Stücken, die so angeordnet sind, dass ihre eigentliche Qualität erst im Kontext entsteht, eine Kunstform der Romantik des 19. Jahrhunderts. C: Schuberts »Winterreise« ist keine Erzählung – es ist

eine Reise. Sie beginnt mit einer Emotion, wandert durch andere Gefühle und endet mit einer Erlösung. Wir wollten ein ähnliches Gefühl von Evolution aufbauen. Wenn man ein Album macht, gibt es immer einen Haufen Songs, und man muss genau überlegen, welche man draufpackt, alles ist voller Zweifel und Unsicherheiten. Bei uns war es viel schöner, weil wir uns Zeit für die Geschichte genommen haben. Als wir damit durch waren, war klar, welche Reihenfolge die Stücke haben – darum ist es für mich eher ein Liederkreis als ein Album.

Trotzdem wollt ihr Geschichten erzählen. Jedes Lied stellt einen Charakter vor, in einer Anekdote oder einer Szene, und oft genug in einer eher bitteren. C: Die Storys, die Jarvis ausgesucht hat, klangen auf einer

persönlichen Ebene bei uns nach. Zum Beispiel erzählt »Bombshell« von den Flitterwochen Jean Harlows. Sie war das größte Sexsymbol ihrer Zeit. Und dann hat sie plötzlich diesen Typen geheiratet. Und von dieser Fantasie darüber, wer sie ist, zu der Realität, nun mit ihr verheiratet zu sein, wurde die Beziehung für ihn zum Desaster. Kurz darauf hat er sich umgebracht. Sicher, das hat einen gewissen Tabloid-Geruch, aber für uns war der Moment interessant, an dem sich Fantasie und Realität nicht mehr decken. J: Ich werde immer noch gerne von Filmen verzaubert. Aber ich glaube, wenn man damit aufwächst, dass man eines Tages darin leben kann, ist es etwas völlig anderes. Ich liebe es, wenn die Grenzen aufgelöst werden, wir fantasieren uns doch alle so was zurecht. Aber es ist wichtig, zu verstehen, dass es nur diese Fantasie ist. Menschen verstehen das nicht immer. Sie entscheiden sich, Performer zu sein, oder gründen eine Gruppe, um vor sich selbst zu fliehen. Eine klassische Idee: Man glaubt, man entkommt sich selbst, wenn man den Umständen entkommt. Es geht im Album im Grunde um einen dreifachen Ausbruch: aus dem Alltag hinein ins Kino, aus der Heimat

ins Hotel und schließlich ja auch - raus aus der Gegenwart in eine nostalgische Vergangenheit. C: Wir sprechen nicht über das Heute. Aber Hollywood ist

der Beginn der Kultur, in der wir heute leben. Wir leben in der Überdosis, in der spätrömisch-dekadenten Version, aber in den 30ern liegt der Anfang: Man zeigte uns etwas, das verführerisch war, aber zugleich unerreichbar. Da stehen wir noch immer. J: Als man die Kinokamera erfand, war man fasziniert davon, die Realität einfangen zu können. Aber dann kam jemand auf die Idee, das Licht anders zu setzen, den Blickwinkel zu verändern, und dann sah es viel besser aus als das echte Leben. Das ist die mentale Landschaft, in der wir uns heute bewegen. C: Darum geht es in »A Trick Of The Light«: Spoken-Word»This is what I have been dreaming about / Life Affärchen with the boring bits edited out.« Und genau Eine kleine Auswahl von das wollen Leute, wenn sie ins Kino gehen. Pulp-Songs, die zumindest in Teilen gesprochenen Text Man will doch gar nicht sehen, wie sich einer enthalten: »Sheffield Sex ein Kondom überzieht. Weil man hofft, dass City« (1992), »Deep Fried In Kelvin« (1993), »Inside Sues diese Momente in dieser Welt nicht gibt. san« (1993), »David’s Last Summer« (1994), »Babies (Spoken Words Version)« (1995), »I Spy« (1995), »Wickerman« (2001), »Duck Diving« (2001).

Die unangenehmen Seiten des Lebens einfach rauszuschneiden, kommt als Strategie schnell an Grenzen. Ein paar Straßen weiter stellt gerade die Fotokünstlerin Cindy Sherman aus: einen Zyklus von Selbstporträts, wie sie es so Deutsche oft schon getan hat, aber diesmal inszeniert Grammophon sie sich als viele würdevoll gealterte Filmdiven Das älteste noch existieaus den 30ern. Ein Schicksal, das Jean Harlow rende Plattenlabel der Welt ohnehin nicht vergönnt war, aber auch nicht wurde 1898 in Hannover denen, die ihre Karriere überlebten. Die Vor- gegründet. Zu den ersten Acts gehörte der Opernstar stellung, dass eine Stummfilmschönheit altern Enrico Caruso, 1913 veröfkönnte, war noch nicht etabliert. Sicher wurde fentlichte man zum ersten es leichter. Scott Walker oder Vashti Bunyan Mal in der Geschichte ein symphonisches Werk zeigten, dass man im Alter wesentlich höher auf Platte: Beethovens over the top sein kann denn als Newcomer. 5., natürlich. Denn trotz Auch der künstlerische Höhenflug von Bowie klassischem Repertoire: Technisch war DG immer und Cohen kurz vor ihrem Tod dürfte neue Avantgarde. Und mittlerVorbilder geliefert haben – man muss längst weile liegt, mit Veröffentnicht mehr unangenehm wie Mick Jagger wer- lichungen wie dieser oder den von Max Richter, ein den, will man mit 70 noch Musik machen. Schwerpunkt tatsächlich Kurz im Chateau Marmont einzuchecken, auf den Schnittmengen von ohne dort gleich, wie Morrison oder Belushi, Pop und Klassik. ein paar Leben zu verpulvern, ist längst okay. Aber was ist mit Jarvis Cocker und Chilly Gonzales, die mit ihren Fans gealtert sind, keine geile Szenescheiße mehr machen, aber noch viel zu jung sind für ihr Alterswerk? Was für ein merkwürdiges, aber schönes Ding ist dann »Room 29«, wenn es nicht doch die Frage aufwirft, wie würdevolles Altern im Pop geht? Denn letztendlich, bei aller Sympathie, ist das hier, was es ist: zwei neoromantisch verspleente, mittelalte, weiße Typen am Klavier. Und zwar nicht in der heißen Variante, die die ähnlich zusammengewürfelten Boys von Phantom Ghost fahren – mit Camp, queer und Theater –, sondern mit Cleverness, Deutsche Grammophon und Suite 3. Es ist, was es ist. »Jarvis hatte immer eine literarische Seite an sich, ich bekam Aufmerksamkeit durch meine Provokationen, aber immer im Zusammenhang mit ernster Musik. Und für mich als langjährigen Fan von Jarvis hört sich das, was wir hier gemacht haben, genauso spannend an wie seine ersten Pop-Alben«, sagt Chilly. »Und außerdem: Warum fragst du uns, wie es ist, als Musiker zu altern? Mach das bei einem 55-jährigen DJ, der um fünf Uhr morgens auf Ibiza auflegt.« — Jarvis Cocker Chilly Gonzales »Room 29« (Deutsche Grammophon / Universal / VÖ 17.03.17) — Auf Tour vom 17. bis 29.03.

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#Pop #Bilderbuch

Falsche Bescheidenheit? Nicht mit Bilderbuch. Sie haben Bock. Sie wissen, was sie können. Sie haben was zu sagen. Und sie haben keine Lust, sich zu verstecken. Auf ihrem neuen Album »Magic Life« zelebrieren sie die Liebe zum Pop und meditieren zugleich über den Niedergang unserer luxuriösen Existenz. Aida Baghernejad traf Maurice Ernst, den Sänger von Bilderbuch. Foto: Peter Kaaden

Bilderbuch

ALL INCLUSIVE NACH BABYLON


#Pop #Bilderbuch

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achen Österreicher eigentlich bessere Musik, weil ansonsten bei ihnen vieles noch beschissener ist als in Deutschland? Der Wahlkrimi, der unserem Nachbarn um ein Haar einen neu-rechten Präsidenten beschert hätte, sorgte bei vielen nördlich der Grenze für eine Mischung aus Schrecken, Arroganz und später dann Erleichterung. Wiener Schmäh ließ in den letzten Jahren sämtliche Musiknerd-Herzen höher schlagen. Hängt das irgendwie zusammen? Maurice, Sänger und Rampensau vom Dienst bei Bilderbuch, lacht: »Kann man schon sagen.« Seine Theorie ist dennoch eine andere: »Unsere Musik ist eine Reaktion darauf, dass wir keine Perspektive hatten, Musik zu machen, von der man leben kann.« Es gab keine Bands, die es ganz nach oben geschafft hatten, keine Idole, die aktueller waren als die alten Austropop-Granden. Und die sind schon zu lange tot oder vergessen, um noch als Vorbild zu taugen. Und überhaupt, der hedonistisch-koksgetriebene Lifestyle eines Falco wäre heutzutage als Musiker gar nicht mehr drin: »Vor ein paar Jahren wurde mir von Leuten in der Musikbranche noch gesagt: ›Von der Musik leben? Da hättet ihr euch einen anderen Job suchen müssen.‹« In so einer feindlichen Umwelt kann man aufgeben. Oder einfach darauf scheißen: »Wir wollen es krass machen, wir wollen es plakativ machen, wir wollen nach vorne gehen. Es kann ja nicht sein, dass wir das nicht schaffen. Wir sind ja gut.« Also haben Bilderbuch es einfach krass gemacht. Mit überspitzten Videos, plakativen Texten, einer ganz eigenen Form von Sexiness und einer Attitüde, die von vornherein klarmachte: Wir wollen auf die großen Bühnen. Maurice und der Rest seiner Crew sind einfach zu lange dabei, um falsche Bescheidenheit vorzutäuschen. Als Teenager gründeten sie 2005 Bilderbuch und wurden schon für Alben wie »Die Pest im Piemont« abgefeiert – zu einer Zeit, in der von einer Austro-Renaissance noch gar nichts zu spüren war. Vor ein paar Jahren dann die Entscheidung: »Wir stellten uns die Frage: Lassen wir die Band mit dem Indie zusammen sterben? Und verneinten sie. Als Musiker musst du dich von diesen Konventionen und Erwartungen befreien.« Warum sollte man sich dafür schämen, auch mal Beyoncé zu feiern? Für Pop wollen sie sich nicht schämen, für ihr Können nicht verstecken: »Wir wollten aus der Kleinkunst ausbrechen. Nicht mehr nur aus Wien sein. Nicht stolz darauf sein, nichts auf die Reihe zu bekommen, sondern sagen: ›Wir können auch was!‹ Warum müssen wir so tun, als wären wir Versager?« Das Ergebnis war »Schick Schock«, die letzte Platte, auf der hemmungslos die Geilheit der Welt abgefeiert wurde. Oder, wie Maurice es beschreibt: »Das war der Peak der glorreichen Zeiten unserer Gesellschaft! Sie hat Glamour zelebriert, aber eben einen morbiden Glamour.« Auf ihrem aktuellen vierten Album widmen sich Bilderbuch nun dem »Magic Life«. Oberflächlich erinnert es stark an den Vorgänger und seine »Party! Party! Hits! Hits!«Attitüde, aber hört man genauer hin, ist alles doch ganz anders: 2017 strebt die Band nur noch nach Free Drinks statt Lamborghinis, die Sounds zerfallen in Fragmente, und die Songs wabern bisweilen minutenlang vor sich hin. »Ich sehe das Album sehr ehrlich«, erklärt Maurice ernst. »Und der Name ›Magic Life‹ hat perfekt zu 2016 gepasst. Für unsere Gesellschaft, das Politische, für alles. Wir in Europa leben ein magic life.« In Österreich ist der Name noch mehr mit Bedeutung aufgeladen. Dort heißt sogar eine beliebte All-Inclusive-Hotelkette so. Man fliegt in ein Ressort in Nordafrika, das Tor geht zu, und ab dann befindet man

sich eine Woche lang in einer alternativen hedonistischRealität, wo der Prosecco niemals zu fließen koksgetriebener aufhört und die Welt da draußen ganz weit Lifestyle weg ist. »Diese All-Inclusive-Kultur ist in den In einem seiner letzten Neunzigern entstanden. Und wir fühlen uns Interviews sagte Hansi Hoelzl alias Falco dem eben manchmal, als wären wir hineingeboren Musikexpress: »Ich bin ein in so einen All-Inclusive-Moment. Und fragen absoluter Sucht-Typ. Wenn uns so langsam: Wann fahren wir nach Hause? Fußpilz süchtig machen würde, wäre ich der erste Haben wir noch ein paar Tage?« Fußpilz-Süchtige. Das GanSo ist »Magic Life« auch ein höchst tanzba- ze endete irgendwann 1988 rer Abgesang auf die fetten Jahre. Da lugt zum nach mehreren Entzügen in einem Sanatorium in Genf.« Beispiel ein Investmentbanker hinter dem Leider wurde Falco später Song »Investment 7« hervor und sinniert über wieder rückfällig. Als er Liebe, als wäre sie ein unsicheres Investment: am 6. Februar 1998 in der Dominikanischen Republik »Es ist nicht das erste, sondern eben schon das mit einem Auto verunglücksiebte Investment«, sagt Maurice. »Vielleicht te, hatte er laut Obduktion gibt es noch ein achtes und ein neuntes. Es geht 1,5 Promille Alkohol, 2604 Nanogramm Kokain und mir um diese gewisse Belanglosigkeit, die sich 43 Mikrogramm Marihuana überall auszubreiten scheint.« Eva Illouz lässt im Blut. grüßen: Der Kapitalismus hat die Liebe gefressen, und jetzt sind nur noch Tinder, Freidrinks Eva Illouz und Sneaker übrig. Oder so ähnlich. Die israelische Sozio»Magic Life« ist als Reaktion auf die Ge- login hat sich vor allem der Frage verschrieben, schehnisse des letzten Jahres entstanden. Diese wie der Kapitalismus die Tatsache ist Maurice wichtig: »Ich glaube, die Liebe verändert. Eine ihrer Unsicherheit, die man unserem Album selbst Kernthesen lautet: »Wir lieben nach den Regeln des in den schönen, zerbrechlichen Momenten Marktes.« Illouz’ wichtigste anmerkt, ist mehr Sinnbild für das, was letztes Buchveröffentlichungen Jahr in Österreich passiert ist, als irgendein heißen »Warum Liebe weh tut«, »Der Konsum der Facebook-Post.« Einfach nur Statements raus- Romantik« und »Gefühle in hauen und sich dann einbilden, man könnte Zeiten des Kapitalismus«. jemanden überzeugen, das ist Bilderbuchs Zum perfekten Einstieg empfehlen wir ErstgeSache nicht: »Wir können Kunst machen und nanntes. damit ein Gefühl in die Welt setzen, das viel größer und breiter ist und viel weiter geht als eine einfache Momentaufnahme.« Neben den Songs auf »Magic Life« sind in den letzten Monaten noch weitere entstanden, die eine andere Geschichte erzählen. Was da noch kommt, behält Maurice bisher für sich, aber er spoilert zumindest, dass die Konzepte für das aktuelle und das kommende Album zusammen entstanden sind. Der Zwilling ist noch nicht ganz fertig, aber mit »Babylon« wird ein Song aus den Sessions als Bonustrack gereicht. Es ist eine Elegie über das Saufen mit Christus und Mohammed, in der es heißt: »Jetzt ist Babylon. Wir leben in Babylon. Und Europa steht dafür.« Schöner kann man den Untergang in diesem Jahr nicht umarmen. — Bilderbuch »Magic Life« (Maschin / Universal) — Auf Tour vom 26.03. bis 18.05.

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#Pop #Balbina

Balbina

SO VIELE WORTE

Balbina polarisiert. Die einen feiern sie für ihre mutige, kluge Art, dem deutschsprachigen Pop eine völlig neue Note zu verleihen. Die anderen sehen in ihren Texten Plattitüden, unterlegt mit pompösem Pop. Was man aber mit Sicherheit sagen kann: Balbina ist in vielfacher Hinsicht außergewöhnlich und eine wahre Liebhaberin des gesprochenen Wortes – findet Leonie Scholl, die Balbina in Berlin traf. Foto: Jakob&Hannah

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a steht sie in ihrem Kostüm, das man ruhigen Gewissens gewaltig nennen kann. Balbina ist das Gravitätszentrum an diesem Abend im Funkhaus des rbb, und das, obwohl sie sich die Bühne mit dem Filmorchester Babelsberg teilt. Es ist der 10. Januar, wir sind eingeladen zur Livepremiere der Songs ihres neuen Albums »Fragen über Fragen«. Balbina erinnert in ihrer präzisen Performance an eine Operndiva, nur dass sie statt Arien einen ganzen Gedichtband vorträgt. Und schon hier zeigt sich die Fallhöhe ihrer Wortkunst. In »Der Haken« windet man sich fast, wenn sie singt: »Knospen stürzen ab ... Bitte geht nicht ein. Ich mach euch in ein’ Eierbecher mit Wasser rein.« Das Lied »Der Trübsaal« wiederum geht einem in den kommenden zwei Wochen nicht mehr aus dem Kopf: »Der Seele geht’s angenehm elend, ich wäre traurig, wenn das vergeht.« Ein Satz, der sitzt. Wenige Tage später findet das Interview mit Balbina statt. Zeit, die Frage, die schon beim Konzert aufkam, loszuwerden: Diese Musik, diese Videos, diese Kostüme, diese Texte, diese Attitüde – ist das übertrieben gekünstelt oder ganz große Kunst? Im persönlichen Gespräch ist von Inszenierung so gar nichts zu spüren. Balbina ist freundlich, aufgeschlossen und überaus empathisch. »Ich wünschte, es gäbe bei Interviews nicht immer diesen Zeitdruck. Die eine raus, die andere rein. Da kommt man sich vor wie beim Arzt«, sagt sie und lacht. Aber jetzt mal Klartext: Welchen Stellenwert hat das Gesamtkonzept »Balbina« für sie persönlich? »Es ist mir einfach wichtig, jedem Song und jedem Konzert auch einen visuellen Aspekt zu geben, weil ich finde, dass die Lieder

das verdient haben und auch das Publikum. Bild, Ton und Wort sind für mich immer ein Projekt, das Hand in Hand geht. Etwas, das sich gegenseitig befruchtet.« Einflüsse von außen lasse sie dabei nur bedingt zu. »Das liegt nicht daran, dass ich fremde Einflüsse als falsch betrachten würde. Ich habe aber ein sehr klares Bild von mir und von dem, was ich tun möchte.« Darum hat Balbina zwar ein Team, das sie bei der Umsetzung ihrer Ideen unterstützt. Sie schreibt aber alle Texte, konzipiert die Videos und näht zum Teil auch ihre Kostüme selbst. »Das ist wie bei einem Designer, der eine Kollektion macht. Den letzten Kniff erledigt er, weil nur er weiß, wie das Gesamtbild aussehen soll.« Die aktuell hörbare Fassung dieses Gesamtbildes nennt sich »Fragen über Fragen«, beinhaltet 16 Songs und ist ähnlich textlastig wie das vor zwei Jahren erschienene Album »Über das Grübeln«. Bei dieser Textmasse könnte man fast annehmen, Balbina mache nichts anderes, als zu schreiben. »Ich schreibe eigentlich durchgängig«, gibt sie zu. »›Über das Grübeln‹ war zwei Jahre vor VÖ bereits fertig. Ich schreibe nicht projektbezogen, sondern täglich, und habe dann irgendwann ein sanftes Gefühl, das anklopft und sagt: ›So, hier ist wieder ein Abschnitt zu Ende, er hat folgenden Tenor und wird wahrscheinlich ein Album.‹« Balbina spielt selbst kein Instrument. Sie schreibt zuerst die Texte und hat auch meist schon eine Melodie dazu im Kopf, ehe sie ins Studio geht und passende Akkorde dazu spielen lässt. Bei der Arbeitsweise wundert es nicht, dass ihre musikalischen Wurzeln im Rap liegen. »Ich habe in einer Zeit begonnen, deutschsprachige Musik zu schreiben, in der sie leider bis auf deutschen Rap eher unpopulär war. Es war schwer, Musiker zu finden, mit denen man arbeiten konnte, die auch eher die deutsche Sprache im Fokus haben.« Gefunden hat sie die Musiker dann Ende der 90er-Jahre im Royal Bunker, den sie selbst als »Jugendclub« bezeichnet. Hier lernte sie Künstler wie Prinz Pi, Justus Jonas und Fumanschu kennen, mit denen sie auch heute noch musikalisch, vor allem aber freundschaftlich verbunden ist. Neben den Kontakten ist auch ein Thema über all die Jahre aktuell geblieben: Frauen sind in der Branche nach wie vor völlig unterrepräsentiert. »Die deutsche Musikbranche ist Filmorchester prozentual schlichtweg männer- Babelsberg dominiert«, sagt Balbina. »Es kann Es ist keine Seltenheit, einschüchternd wirken, wenn man dass das Orchester der Babelsberger Filmstudios sich nicht ein dickes Fell und ei- mit Popkünstlerinnen und nen ordentlichen Schuss Selbstbe- -künstlern die Bühne teilt. wusstsein gönnt. Viele überrascht So musizierten neben Balbina auch schon Nada meine Meinung, aber ich finde es Surf, Udo Lindenberg, Peter für Frauen teilweise leichter, über Fox und sogar Rammstein das Rap-Milieu ins Plattenbusi- gemeinsam mit dem Orchester. ness zu gelangen als über die Wege der Popindustrie. Denn Rap lässt Royal Bunker starke Charaktere zu, ohne sie in Die HipHop-Kids und eine Schablone pressen zu wollen. -Veteranen wissen natürlich Wenn du eine Aussage hast, dazu Bescheid. Royal Bunker was draufhast und willens bist, war eine Kellerkneipe in Kreuzberg und die Keimdich durchzusetzen, kannst du es zelle des gleichnamigen schaffen. Auch wenn dein Look Labels, das von Marcus oder Stil zum Beispiel nicht der Staiger gegründet wurde. Zu den Open-Mic-Sessions Norm entspricht. Diese Reduktion im Bunker trafen sich viele, auf einen bestimmten Frauentyp, die später deutschen Rap wie man auszusehen oder zu klin- prägten: Kool Savas, Eko Fresh, K.I.Z, Prinz Pi sowie gen hat, gibt es hierzulande viel B-Tight und Sido, um nur stärker im Mainstream-Pop.« ein paar zu nennen. Als feministische Aktivistin sieht sich Balbina jedoch nicht. »Mich nervt oft, dass Diskussionen über


#Pop #Balbina

Gleichstellung von Mann und Frau in einen Topf geworfen werden mit freier Körperkultur. Sobald es heißt, es gibt ein Frauenproblem, schreit irgendwo jemand halbnackt aus der Ecke und möchte seinen BH verbrennen. Aber es geht eben nicht um Körperlichkeit, sondern um inhaltliche Gleichstellung. Die Diskussion sollte schon auf einem bestimmten Niveau bleiben.« Es gibt nicht viele Künstlerinnen, die so deutlich Haltung zeigen und Missstände in der deutschen Öffentlichkeit ansprechen. Und ebenso wenige, die Musik machen, die sich klar von den durchschnittlichen Hörgewohnheiten unterscheidet. Das »Anderssein« ist ein Thema, das sich durch Balbinas gesamtes Werk und ihre Biografie zieht. Etwa im Song »Unter’m Strich«, in dem sie auch mit dem Musikbusiness abrechnet. »Wenn man oft aneckt und viele sagen: ›Du bist weird, du machst immer alles anders, du bist ein Misfit‹, stellst du dir zwangsläufig die Frage: ›Soll ich denn werden wie ein anderer?‹ Mein Fazit ist mittlerweile: Ich habe gelernt, mich so zu mögen, wie ich bin, und mich nicht dem Druck zu beugen, der Durchschnitt in Perfektion zu sein. Ich trage gerne meine konzipierten Plastikkleider, und ich mache gerne Lieder über sechs Minuten. Lasst mich einfach sein, wie ich bin; ich lass euch doch auch so sein, wie ihr seid.« Man merkt, dass sich Balbina auf ihrem Weg schon durch einige Widrigkeiten schlagen musste. Wie sehr treffen

sie da noch eher negative Kritiken, wie sie auch bei uns an anderer Stelle im Heft zu finden sind? »Ich bin nicht unzufrieden mit dem Echo, das ich wahrnehme. Es gibt eine Bandbreite an Reaktionen, sehr viel schmeichelndes Lob. Man wünscht sich, dass die eigenen Inhalte Beachtung finden, und darf nicht nur gefallen wollen. Denn wenn du nur gefallen möchtest, wirst du nie etwas Ungewöhnliches schaffen, es bleibt angepasste Belanglosigkeit.« Das Einzige, was sie wirklich störe, sind Redakteure, deren Ego größer ist als ihr Anspruch an Objektivität. »Es ärgert mich nur, wenn etwas unprofessionell, schlecht recherchiert oder obendrein hassformuliert ist. Redakteure, die sich auf dem Rücken der Künstler profilieren möchten. Im Internet verschwimmen die Grenzen, weil plötzlich jeder Journalist sein kann und urteilt. Die Qualifikation ergibt sich dann über die Reichweite, na ja, und Masse war ja noch nie ein guter Indikator für Qualität.« — Balbina »Fragen über Fragen« (Four / Sony) — Intro empfiehlt die Tour vom 28.03. bis 13.04.

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#Pop #Dirty Projectors

Dirty Projectors

ALLES AUF ANFANG


#Pop #Dirty Projectors

V

ielleicht brauchte es das Chaos im Leben des David Longstreth, um ein Album zu erschaffen, das den Anfang vom Ende der Dirty Projectors markiert. Was sich nicht nur am verschlankten Personal ablesen lässt, sondern auch am neuen Stil. Anstelle der Rockband-Ästhetik experimentiert Longstreth mit einer völlig unerwarteten Mixtur aus R’n’B, Soul, Lo-Fi, Electro, Rap-Parts und jeder Menge Samples. Einen Sound, hinter dem man nicht direkt einen weißen Typen mit klassischer Musikausbildung erwarten würde. Leider findet das Interview zu der komplexen musikalischen Katharsis zwischen Trennungsschmerz und Vergebung unter denkbar schlechten Voraussetzungen statt: Der Yale-Absolvent hat verschlafen. Jetlag. Als er verspätet im Prenzelberger Büro seines Labels eintrifft, fragt er auch noch schniefend und hustend nach Ingwertee. Und dann wird doch alles gut, dank Longstreth’ überraschend guter Laune.

denen ich die neuen Songs zeigte, gaben mir wichtiges Feedback. Sie sagten mir: »Ja, es ist ein völlig anderer Sound. Eine unberechenbare Veränderung. Und es ist okay, dass du dir Sorgen machst, wie diese Veränderung wohl aufgenommen wird. Gleichzeitig ist es aber doch genau das, was Dirty Projectors von Beginn an war.« Sie haben meine Zweifel ausgeräumt.

Album viel Zeit gelassen.

Trotz eurer Trennung hast du Ambers Debütalbum produziert. Ein sehr erwachsener Schritt ...

Man hört dem Album an, dass du die Trennung von deiner Freundin und Ex-Bandkollegin Amber Coffman verarbeitest. War dir von Anfang an klar, dass du das Thema so offen angehen musst?

Glaub mir, ich habe eigentlich die ganze Zeit versucht, kein Trennungsalbum zu machen. Aber im Arbeitsprozess hat sich herausgestellt, dass ich genau das machen musste. Musik eignet sich einfach hervorragend dazu, eine emotionale Wahrheit wiederzugeben. Es fühlt sich an wie eine Wiedergeburt, die auf eine lange Phase der Dunkelheit folgt. Ich hatte zuletzt das Gefühl, mich nach Es soll kein Vorwurf sein, aber du hast dir mit dem neuen hinten zu bewegen. Nun gehe ich nach vorne. Als die Tour zu »Swing Lo Magellan« vorbei war, gab es diesen Moment, in dem mir klar wurde, dass ich eine Pause brauchte. Ich wusste nicht mehr, welche Musik ich zukünftig machen will, war völlig durcheinander. Glücklicherweise haben sich während dieser Sinnkrise einige Leute bei mir gemeldet und gefragt, ob ich ihnen bei ihren Projekten helfen könne. Joanna Newsom zum BeiZwischen der letzten und der spiel, oder Solange und Bombino. In die Rolle eiaktuellen Veröffentlichung nes Helfers zu schlüpfen der Dirty Projectors liegen war befreiend und genau fünf Jahre. Innerhalb dieser das, war ich brauchte. Ich war plötzlich ein andeZeit hat David Longstreth res Rädchen im Getriebe. seine Band gefeuert, sich Das hat mir eine echte von seiner langjährigen Perspektive aufgezeigt.

Freundin getrennt und seine musikalische Karriere völlig infrage gestellt. Wie das passieren konnte, erklärte Longstreth Lena Ackermann in Berlin. Foto: Mustafah Abdulaziz

Kanye West hast du in deiner Aufzählung unterschlagen. Würdest du zustimmen, dass man deinem Album anhört, dass eure gemeinsame Arbeit Spuren hinterlassen hat?

Ja, eine Erfahrung, die besonders war und unsere Freundschaft vertieft hat. Die Jahre, in denen wir zusammen an den Dirty Projectors gearbeitet haben, waren bestimmt von meinen Ideen. Amber und der Rest der Band haben sich daran orientiert. Bei dieser Zusammenarbeit hatten wir die Chance, unsere Rollen ins Gegenteil zu verkehren. Du bist von New York nach Los Angeles gezogen. Hatte der Ortswechsel auch einen Einfluss auf dein Schaffen?

In New York war das Musizieren ein Riesentheater. Die Instrumente hatten wir in einem Storage-Raum in Jersey. Man konnte froh sein, einige Stunden in einem Proberaum verbringen zu können, den wir uns mit anderen Bands teilen mussten. Während der Proben hörte man die Band im Nachbarraum durch die Wände. Es war so anstrengend. Der Umzug nach L.A. hat alles verändert. Dort habe ich mir ein Studio gebaut, in dem ich stundenlang an den Songs herumdoktern konnte. Klingt ein bisschen spießig. Dein Sound würde jedenfalls nicht vermuten lassen, dass du dich auf einen Ort festlegen lässt.

Bombino In seiner ersten Band bekommt Omara Moctar den Spitznamen Bombino, was so viel bedeutet wie »kleiner Junge«. Der nigrische Gitarrist und Sänger vermischt die traditionelle Musik der Tuareg mit Rock und Blues. Die Wüste spielt in Bombinos Sound eine große Rolle: »Wenn man seine Anfänge vergisst, wird man zu einem Baum ohne Wurzeln. Instabil.« David Longstreth hat Bombinos aktuelles Album »Azel« produziert. Hörenswert sind aber all seine Platten, empfehlenswert auch die Doku »Agadez, The Music And The Rebellion« von Ron Wyman, in der Bombino porträtiert wird.

Was meine Kreativität angeht, bin ich eher rastlos. Aber für meine Musik brauche ich Ruhe. Es ist herrlich, einen Platz zu haben, wo du tun und lassen kannst, was du willst, Anti-Faschismusso laut sein und so lange bleiben kannst, wie Gig Wirklich? Er macht ja eher den Eindruck, ein schwieri- du möchtest. In L.A. kann ich mich sehr lange Während sich Trump-Fans ger Typ zu sein. in meiner Traumwelt aufhalten. Eine perfekte in Washington D.C. seine Nein, die Zusammenarbeit war cool. Seit der Veröffentli- Ausgangsposition, um Songs zu schreiben. Vereidigung zum 45. USchung von »Yeezus« hat mich das Factory-Modell interes- Das Album ist komplex produziert, mit un- Präsidenten ansahen und dessen »America First«siert, das Kanye in seiner Arbeit verfolgt. Er ist dabei wie zähligen Samples und Beats. Wie wirst du Agitation zujubelten, wurde Walt Disney oder Andy Warhol. Ich habe sehr viel gelernt. das auf die Bühne bringen? im »Black Cat«-Club der Fast hätte es dein Album gar nicht gegeben. Musste Ich habe tatsächlich noch keine Ahnung, wie Stadt zur Gegenveranstaltung geladen. Unter dem Rick Rubin dich wirklich dazu überreden, es aufzuneh- ich das anstellen werde. Die Orchestrierung Motto »No Thanks: A Night men, wie man hier und da lesen konnte? variiert und ist so vielschichtigs, da probiere Of Anti-Fascist Sound Kanye geht folgendermaßen vor: Er setzt sich mit Leuten ich gerade aus, wie ich das in eine Live-Perfor- Resistance In The Capital Of The USA« richtete sich hin und spielt ihnen Rohversionen und kurze Sequen- mance umschreiben kann. Wenn das geschafft das Konzert vor allem zen seiner Song-Ideen vor. So schafft er es, seine Stücke ist, freue ich mich darauf, den Kopf für Neues gegen Trumps autoritären mit anderen Ohren zu hören. Ich habe das mit früheren freizubekommen. Das Weltgefüge ändert sich Führungsstil und die neue Ausrichtung der amerikaniVeröffentlichungen nicht gemacht und erst mit diesem im Moment sehr rapide. Ich habe kürzlich auf schen Regierung. Album damit angefangen. Auch, weil ich mir die Frage einem Anti-Faschismus-Gig in Washington gestellt habe, wo ich stehe. Was Dirty Projectors überhaupt D.C. gespielt. Es war toll, etwas gegen die Hoffist – ich war mir nicht sicher. Ich habe das Projekt mit 20 nungslosigkeit zu tun, die seit der Wahl herrscht. gegründet. Es sollte mir die Möglichkeit geben, mich zu verändern, neu zu erfinden. Rick Rubin und andere Leute, — Dirty Projectors »Dirty Projectors« (Domino / GoodToGo) Das kann man so sagen. Und es war großartig. Kanye ist ein Künstler, für den ich mich schon sehr lange interessiert habe.

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#Pop #Cover-Welten

Cover-Welten

PFERDE

Lucky Luke hatte eins, Winnetou konnte besser reiten als laufen, und auch der Pferdeflüsterer war ein glücklicher Mann – kein Wunder also, dass sich offensichtlich auch viele Bands mit den edelsten aller Vierbeiner beschäftigen. Bevor wir uns jetzt in der anstehenden Mittagspause wieder heimlich in den nahe gelegenen Zoo schleichen, um dort haufenweise Ponyzöpfe zu flechten, suchen wir schnell noch ein paar Beweisstücke aus der Popwelt raus.


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#Pop #Joy Denalane

Joy Denalane

KOMM, WIR LAUFEN !


#Pop #Joy Denalane

Ich erinnere mich gut an das erste Mal, als ich das Video zu »Mit dir« im Fernsehen sah. Was haben dein 26-jähriges Ich und du heute noch gemeinsam?

Vor meinem letzten Album »Maureen« gab es eine Phase, da brauchte ich dringend Abstand von der Musik und von meinem Umfeld. Also schrieb ich mich an der Uni ein. Ein Erstaunlich viel, stelle ich immer wieder fest. Das Einzige, Schritt, der mir eine Menge Mut abverlangte. Schließlich was zwischen uns gekommen ist, sind die Zeit und die war mir klar, dass mich Leute erkennen würden. Lebenserfahrung, würde ich sagen. Fiel es dir schwer, das Retroeske abzulegen? Wenn du deinem jüngeren Ich einen Ratschlag mit auf Nun, Superlative wie »die Soul-Stimme des Landes« sind den Weg hättest geben zwar ein großes Kompliment, ließen mich aber können, welcher wäre Die Zeit zwischen 1995 und der das gewesen? auch nicht mehr los. Ich Jahrtausendwende gilt für viele als Mein Rat wäre, sich mit wollte auf keinen Fall etwas Redundantes schaffen. Es Gleichgesinnten zusamdie erste bedeutsame Phase des menzutun. Frauen besithat mich einfach interesdeutschen Rap. Bands wie Stieber zen die Fähigkeit, sich zu siert, was mit dem Gesang Twins, Eins Zwo, Massive Töne solidarisieren. Manchmal passiert, wenn es nicht und Freundeskreis ebneten Rap geht das Miteinander zwar mehr nur um Virtuosität verloren, weil auch Frauen geht. Die Frage war: Wenn und auch Soul den Weg ins Popunter einem Konkurrenzman mir alles nimmt, was Geschäft. Mittendrin: Sängerin denken leiden, aber die Fäbleibt dann noch? Was ist Joy Denalane. Sermin Usta traf die higkeit bleibt ihnen. die Essenz meiner Musik, heute 43-jährige Berlinerin, um Dein viertes Album trägt und wie kann ich am unden Namen »Gleisdreimittelbarsten verständlich mit ihr über das kommende Album eck«. Was verbindet dich machen, was ich fühle? »Gleisdreieck« zu sprechen. mit diesem Ort?

Foto: Joseph Wolfgang Ohlert

Es ist der Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Wo heute der Potsdamer Platz ist, war früher eine Riesenfläche Nichts, eben Brachland. Es gab Hochhäuser, den Anhalter Bahnhof und den U-Bahnhof Gleisdreieck und natürlich die Mauer, die unsere Ballwand war. Damals war keinem von uns klar, dass es 20 Jahre später ein geschichtsträchtiger Ort werden würde.

Wie hast du es geschafft, deine Vorstellungen in die Tat umzusetzen?

Ich habe mit vielen neuen Leuten zusammengearbeitet, die alle ihren eigenen Mikrokosmos eingebracht haben. Zu hören, was sie über meine Musik denken, war cool und extrem wichtig für mich. Um dem neuen Sound gerecht zu werden, musste ich dann auch eine neue Sprache entwickeln. Ich wollte Dinge erzählen, aber Gleisdreieck Inwiefern hat dich deine Umwelt rund um die Hochhäu- nicht gleich einen Seelenstriptease hinlegen. Mit der Gründung des ser, in denen du aufgewachsen bist, beeinflusst?

Dort, wo wir wohnten, gab es eine bunte Mischung an Menschen und viele Kinder. Eine ganz heterogene Gruppe also, die draußen zusammenkam. Früher sind Kinder auch ganz anders aufgewachsen. Heute ist alles durchorganisiert, und man weiß fast immer, wo sich die Kinder aufhalten. Damals ist man aus der Schule gekommen und direkt raus, eine Runde um den Block laufen. Wir haben original den Satz gesagt: »Komm, wir laufen!« Dann sind wir einfach los und haben uns vor irgendeinen Hauseingang gesetzt und gequatscht. Es war ein Ort der Vielfalt, der meine Toleranz und Offenheit stark geprägt hat.

Es geht in deiner Musik ja schon lange nicht mehr nur um Liebe. Wie schafft man es, in all den eigenen Erinnerungen nach Ideen zu wühlen, ohne dass sie über einem zusammenbrechen?

Kaiserreichs entstanden der Potsdamer und der Anhalter Bahnhof und mit ihnen ein Kreuzungspunkt, der nicht nur in der Form aussieht wie ein Dreieck, sondern bis heute die Verbindung zwischen dem Osten und dem Westen Berlins darstellt. Viele Jahre später gab er auch der Gegend zwischen Schöneberg und Kreuzberg den Namen. Heute ist das Gleisdreieck vor allem wegen seines neu gebauten Parks bekannt.

Es ist der Job eines Künstlers, diese Empfindungen abzurufen – auch wenn das nicht immer leicht ist, schließlich ist der Mensch eine Verdrängungsmaschine. Ich habe mich auch nicht über jede Session gefreut. Nicht, weil ich die Leute nicht mochte, sondern weil ich manchmal keine Lust hatte, etwas von mir Deine Liaison mit Stuttgart hingegen war nicht von Dau- preiszugeben. Das Problem ist nur, dass ein er. Wieso nicht? guter Song etwas Persönliches braucht, sonst »Mit dir« Ich schätze, ich war nie wieder so sehr Berlinerin wie tippt er weder mich noch sonst irgendwen an. Mit diesem Lovesong in dieser Zeit. Obwohl ich mit Max sehr glücklich war, Inwieweit konnten dir Maxim und Tua dabei haben Joy Denalane und Max Herre ihrer Liebe konnte ich mir nicht vorstellen, für immer dort zu leben. behilflich sein? ein Denkmal gesetzt und Trotzdem schätze ich den Arbeitsethos noch heute sehr. Die Arbeit mit beiden hatte einfach einen Flow, vielen die Scheu vor Nirgendwo sonst habe ich Menschen so fokussiert an Din- den ich schwer beschreiben kann. Die beiden deutschsprachigem Soul genommen. Im passenden gen arbeiten sehen, während das Leben in Berlin von einer sind echte Buddys und dazu leidenschaftliche Musikvideo zum Song, den Café-Kultur und Müßiggang geprägt ist. Die Menschen Musiker, die mit ihren Ideen aufstehen und Max Herre schrieb, bevor hier können sich frei entfalten und in Ruhe entscheiden, schlafen gehen. Mit Tua habe ich vor allem er seine Frau das erste Mal traf, räkeln sich die beiden was sie machen wollen. Erst, als ich Mutter wurde, sind die Vocal-Produktion vorangetrieben und mit Frischverliebten ganz in wir dort zusammengezogen. Und dann ging alles Schlag Maxim getextet. Gegen Ende des Writings habe Weiß gekleidet auf einer auf Schlag: 1999 kam »Mit dir« heraus und nur wenige ich dann oft Max um Rat gefragt. Außerdem griechischen Insel. Das Album »Esperanto« gilt Monate später schon unser Sohn auf die Welt. Ein Jahr hat einen Großteil der Produktion KAHEDI in noch heute als Meilenstein darauf zogen wir gemeinsam nach Berlin. die Hand genommen. So war es ein Arbeiten des HipHop und als erster großer Erfolg des StuttgarDeine neue Platte zeigt eindrucksvoll, dass man sich in »best of both worlds«. als Künstlerin immer wieder neu erfinden kann. Gab es einen Moment in deiner Karriere, an dem du daran gezweifelt hast?

ter Freundeskreis’.

— Joy Denalane »Gleisdreieck« (Nesola / Universal / VÖ 03.03.17) — Auf Tour vom 20.04. bis 02.05.

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#Pop #Eurosonic Festival

Eurosonic Festival

Die Klasse von 2017 Die Künstlerinnen und Künstler, die auf diesem Festival auftreten, sind oft so frisch, dass selbst Leute vom Fach gerade mal ein Zehntel des Programms tatsächlich kennen. Aber genau das macht es für uns jedes Jahr so spannend, unsere Favoriten zu picken. Hier sind sieben Newcomer, die man sich merken muss. Fotos: Frederike Wetzels

Sløtface

Unmut über Scheiß-Leute Musste erst eine norwegische Band mit feministischer Message kommen, um uns zu zeigen, dass Pop-Punk kein Schimpfwort sein muss? Scheint so.

Lasse, Tor-Arne, Halvard und Sängerin Haley hielten es damals für eine gute Idee, sich Slutface zu nennen. Als Haleys Haltung und Texte immer feministischer wurden, waren sie erst recht davon überzeugt, denn der Name sei ein guter Gesprächsanfang über das Frauenbild in der Musikindustrie. Dann allerdings machten sie die Erfahrung, wie das Internet an manchen Stellen mit einem Begriff wie »Slut« umgeht: am liebsten nämlich gar nicht. Facebook und Twitter machen dann dicht. Die Band sah sich zensiert und nannte sich fortan Sløtface. »Sløtface wird genauso wie Slutface ausgesprochen – der norwegische Buchstabe Ø klingt wie das englische U«, meint Haley. Die Musik von Sløtface bewegt sich zwischen Pop und Punk – schöne Melodien, und manchmal kommt eben der Unmut durch. Wieso diese Early-20s aus Norwegen, diesem überaus wohlhabenden wie toleranten Land, das durch sein Erdöl-Geld die relativ kleine Bevölkerung jederzeit glücklich machen kann, Unmut

entwickeln? Fuck the system? Hier? »Es ist nicht unbedingt das norwegische System oder irgendein System, gegen das sich unser Ärger richtet«, stellen sie klar. »Das System in Norwegen ist relativ tolerant, aber es hat auch seine Schwächen. Die unbegründet strengen Einwanderungsbestimmungen beispielsweise sind etwas, über das man wütend sein kann. Und ebenso denke ich, dass uns sowohl Internet als auch die Globalisierung stärker von dem betroffen machen, was in anderen Ländern passiert. Brexit und Trump zum Beispiel stellen nicht das norwegische System dar, sind aber trotzdem etwas, das uns wütend macht. Um also die Frage zu beantworten: Nein, es fällt uns nicht wirklich schwer, denn wir richten uns nicht gegen das wohlhabende, tolerante und nicht unterdrückende norwegische System, sondern gegen Scheiß-Systeme und Scheiß-Leute.« Carsten Schumacher — Sløtface »Empire Records« (Propeller / H’art)


#Pop #Eurosonic Festival

Wildes

Asse im Ärmel Die 19-jährige Ella Walker steigert die Erwartungshaltung gaaanz langsam: Erst zwei Singles hat sie unter dem Namen Wildes veröffentlicht, aber die schillern so perfekt, dass einem die Kinnlade runterklappt.

Es gehört Mut dazu, seinen allerersten Auftritt ausgerechnet auf das Eurosonic zu terminieren. Mut – oder auch Selbstvertrauen. Das darf Ella Walker alias Wildes angesichts der euphorischen Reaktionen ob ihrer ersten Singles »Illuminate« und vor allem »Bare« durchaus haben. Schließlich klingen die beiden verhallten Dream-Pop-Stücke mit Referenzen an Daughter und SOAK nach vielem Großartigen, aber nicht nach einem Newcomer-Act. Andererseits – obwohl die Britin gerade mal 19 Jahre alt ist, entpuppt sie sich als hartgesotten. »Wir hatten nur fünf Tage Zeit für die Proben. Von so vielen tollen Musikern umgeben zu sein, hat mir viel Selbstbewusstsein gegeben«, beschreibt sie die Ausgangslage, die eigentlich nur Fortgeschrittenen vorbehalten ist. Tatsächlich gerät ihre Eurosonic-Show in einer Groninger Kirche zu einer rauschenden Messe. Auch dank ihrer Band, bestehend aus Mitgliedern von The Staves, Bombay Bicycle Club und Lucy Rose, mit denen sie sich erst im Dezember zusammenfand. Die knappe, vom Festival vorgegebene Spielzeit reizte Wildes noch nicht einmal aus. Auch das entpuppt sich als eine von Walkers weisen Entscheidungen: »Wir hatten ein längeres Set vorbereitet, haben uns aber kurzfristig entschieden, ein paar Songs auszulassen. Es war eine schwierige Entscheidung, weil sie alle toll klingen. Aber ich möchte einfach noch nicht alle Karten auf den Tisch legen.« An den nächsten aufzudeckenden Karten tüftelt Walker gerade. Sie schreibt ihre Songs und Texte allein, bevor sie diese der Band vorlegt. Die nächsten Schritte sind ein Video und eine EP, bevor Wildes mit Band eine Show für die anstehenden Live-Aufgaben entwickeln wird. Und was ist mit einem Album? »Das Album ist noch nicht fertig! Nach ›Bare‹ und ›Illuminate‹ hätte ich zwar schon weitere Tracks veröffentlichen können. Aber ich möchte, dass die Leute meine Musik zur richtigen Zeit hören. Ich bin ja ganz neu im Geschäft. Doch es wird nicht mehr allzu lange dauern!« Christian Steinbrink — Wildes »Bare« (Single / Hometown)

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#Pop #Eurosonic Festival

Dan Owen

Der Handwerker Let’s Eat Grandma

The kids are alright Zwei Teenager-Schwestern, die nicht mehr nach ihrem Alter gefragt werden wollen und sich mehr junge Menschen in ihrem Publikum wünschen, spielen hirnverdrehenden Freakfolk.

Ein aufregendes 2016 liegt hinter diesen beiden Mädchen aus Norwich. »Es war das beste Jahr unseres bisherigen Lebens!«, freuen sich Rosa Walton und Jenny Hollingworth. »Wir hatten das Glück, ein Album zu veröffentlichen, neue Orte zu sehen, neue Menschen zu treffen und einige verrückte Shows zu spielen.« Ihr Debüt »I, Gemini« reflektiert mit seiner überbordenden, mitunter widersprüchlichen Referenzen-Palette die Chancen einer musikalischen Sozialisation im Spannungsfeld der konstanten Verfügbarkeit von digitalem Input. Statt aus den Plattenschränken der Eltern scheint die Ideenvielfalt direkt aus den Untiefen von tumblr oder dem Dschungel an YouTube-Playlisten zu stammen. Die nahe liegende Generationenfrage haben die beiden Teenager daher auch schon zu oft gehört. »Am Anfang erkundigten sich die Leute viel danach, wie man sich in unserem Alter fühlt. Nun kommen ständig Fragen, wie man sich fühlt, wenn man nach dem Alter gefragt wird. Junge Menschen werden immer unterschätzt, bis sie bewiesen haben, dass sie etwas taugen. Das sollte nicht so sein. Jugendliche sind großartig und haben so viel mehr zu bieten, als ihr denkt!« Neben ihrer beeindruckenden Bühnenpräsenz fällt bei den Konzerten auf, dass nur ein sehr geringer Teil des Publikums aus Teenagern besteht. Stattdessen findet sich hier das bekannte Heer mittelalter männlicher Musiknerds. Ein Umstand, den die beiden professionell, aber nicht ganz ohne Enttäuschung anerkennen. »Wir finden es wichtig und cool, dass sich auch andere Generationen für unsere Musik interessieren. Allerdings ist schöner, wenn junge Leute verstehen, worum es uns geht. Das fühlt sich dann so an, als würden sie uns wirklich richtig verstehen.« Bastian Küllenberg — Let’s Eat Grandma »I, Gemini« (Transgressive/Coop/ PIAS/Rough Trade)

Der 24-jährige Songwriter aus dem britischen Shrewsburry arbeitet zwar noch an seinem Debütalbum, hat aber schon mehr Konzerte gespielt, als so manche Band in ihrer gesamten Karriere zusammenbekommt.

»Ich lebe von meiner Musik, seit ich 17 bin«, erzählt Dan Owen und klingt dabei seltsam bescheiden. »Eigentlich wollte ich Schreiner und Gitarrenbauer werde. Bei einem Workshop hatte ich dann einen Unfall: Neben mir flog ein Holzsplitter aus einer elektrischen Säge und jagte mir direkt ins Auge. Seitdem sehe ich manchmal doppelt und kann die feinen Arbeiten nicht mehr machen.« Der einzige Ausweg, der ihm einfiel, war Musikmachen. Ein logischer Schritt: Schon mit 13 stand er auf der Bühne – als Gitarrist seiner Schwester. Sein Arbeitsethos glich dem eines ehrbaren Handwerkers: »Ich hängte eine Landkarte auf, markierte unser Zuhause mit einer Stecknadel und zog einen Radius von zwei Stunden Fahrtzeit. Dann suchte ich alle Pubs raus, die Livemusik anbieten, und

telefonierte sie ab. Im Schnitt rief ich am Tag 30 bis 40 an, und einer sagte zu.« Die Pub-Abende bestritt er zunächst mit Covern von alten Blues- und Rockklassikern. Seiner Show auf dem Eurosonic hat man diese Routine angemerkt: Wer jahrelang betrunkene Zwischenrufe parieren kann und immer noch ein Robert-Johnson-Cover auf Tasche hat, wird mit einem Showcase-Gig locker fertig. Und dann ist da ja noch Dan Owens kraftvolle Stimme, die klingt, als hätte sie ein Handwerker in jahrelanger Handarbeit zurechtgeschnitzt. Der Impuls, eigene Songs zu schreiben, war allerdings ein trauriger: »Mein erster Song war eine Hommage an meine Großmutter, die ich auf ihrer Beerdigung spielte. Das half mir, ihren Tod zu verarbeiten. Ich glaube, ich habe dieses Prinzip beibehalten: Meine Songs sind kein Tagebuch, dann aber irgendwie doch, sie helfen mir, Dinge einzuordnen.« Daniel Koch — Dan Owen »Open Hands And Enemies« (Atlantic/Warner) — Intro empfiehlt die Tour vom 03. bis 09.03.


#Pop #Eurosonic Festival

Reykjavíkurdætur

Koordinierte Anarchie Selbst die größte Bühne auf dem Eurosonic reichte kaum aus für diese 18 Rapperinnen, deren Gigs irgendwo zwischen isländischem Rap-Battle und Women’s March zu verorten sind.

2013 kamen die Töchter Reykjavíks das erste Mal zusammen. Damals organisierten Þuríður Blær Jóhannsdóttir und Kolfinna Nikulásdóttir in der isländischen Hauptstadt die erste RapNacht nur für Frauen. Es tauchten dreimal so viele Gäste auf, wie in den kleinen Keller der Rockbar eigentlich passten. Am Ende standen zehn Frauen auf der Bühne und rappten – einige davon das erste Mal überhaupt. Drei Veranstaltungen später hatten sich 18 Frauen als Reykjavíkurdætur zusammengefunden und den ersten gleichnamigen Song aufgenommen. Nach etlichen Auftritten und der medial verbreiteten Aufforderung an den Premierminister Islands, ihnen die Pussy zu lecken, folgte 2016 das erste Album »RVK DTR«. Mit Themen wie Slut- unf Bodyshaming, sexueller Gewalt und Periodenflecken auf Bettlaken behandeln sie ganz klar feministische Themen; individuelle Meinungen der kompletten Gruppe zuzuschreiben findet Kolfinna

jedoch schwierig. Sie persönlich will kein Vorbild sein, nicht nur in der Gruppe, sondern als Individuum wahrgenommen werden. Der Begriff Feminismus und die damit verbundene Opferrolle, in die Frauen oftmals gedrängt werden, öde sie mittlerweile an: »Egal, was Frauen tun, sie werden immer als Opfer dargestellt. Das sehe ich anders. Deshalb ist es Zeit für weibliche Schurken, die keine Opferrolle innehaben, sondern nur Täter sind.« Auf der Bühne wirken Reykjavíkurdætur – nicht zuletzt wegen der aufeinander abgestimmten Outfits – wie eine Girl-Gang irgendwo zwischen Peaches und Spice Girls. Eine gut koordinierte Anarchie: synchrone Bewegungsabläufe, aus denen immer wieder einzelne herausbrechen. Die eine präsentiert hochschwanger ihren Bauch im knappen pinktürkisen Badeanzug, während die Nächste ihr Oberteil auszieht und schreit: »I’m feminist and kinky!« Also doch eine Feministin? Im Interview sagt Kolfinna, Feminismus solle als Haltung begriffen werden: »Nimm als Frau einfach mehr Raum ein. Und als Mann halt einfach mal den Mund.« Henrike Schröder — Reykjavíkurdætur »RVK DTR« (RVKDTR)

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#Pop #Eurosonic Festival

Wandl

Im Zen-Modus Der Produzent aus Wien liefert nicht nur Sounds für Künstler wie Crack Ignaz, auch seine eigenen Klangwelten zwischen Electronica und HipHop finden ein immer größeres Publikum.

So einfach es heute auch sein mag, die eigene Kunst in die Öffentlichkeit zu tragen, so schwierig ist es geworden, dafür ein Publikum zu finden. Eine Hürde, die der Wiener Produzent Lukas Wandl inzwischen überwunden hat – nicht zuletzt dank einer öffentlichkeitswirksamen Kollaboration mit dem Rapper Crack Ignaz. Dabei geht es dem klassischen HipHop-Produzenten nicht um den Dienstleistungsgedanken: »Ich mache in erster Linie für mich selbst Musik und lasse sie so klingen, wie sie meine aktuelle Stimmung eben am besten einfängt«, betont Wandl. Am Ende dieser Anwandlungen stehen oft in sich gekehrte Synthesizer-Elegien, die von modernen Electronica-Spielarten genauso inspiriert sind wie von klassischen HipHop-Mustern. In Groningen durfte Wandl diese Formel erstmals an einem sitzenden Publikum erproben: »Die Location war der Wahnsinn. Ein Planetarium, das komplett mit Visuals bespielt wurde«, schwärmt er, ohne zu verheimlichen, dass ihn die außergewöhnliche Situation auch ein wenig verunsichert habe. Um in den Zen-Modus zu kippen, wie er es nennt, braucht es dann doch den Club – Menschen eben, die tanzen und genauso in der Musik versinken wie er. Man ahnt: Auf das Klischee des kauzigen Schlafzimmer-Produzenten lässt sich Wandl nicht festnageln. Dafür ist das Wiener Wunderkind zu sehr in Bewegung. Auf sein kommendes Album angesprochen, hält sich der 21-Jährige allerdings äußerst bedeckt: »Nur Hits«, versichert er lediglich. So viel ist sicher. Philip Fassing — Crack Ignaz & Wandl »Geld Leben« (Melting Pot/ Groove Attack)

Bonzai

Mut zum Stilbruch 2010 sang Cassia O’Reilly noch in der irischen Ausgabe von »Teen Idol« eindrucksvolle AliciaKeys-Cover. Seit über einem Jahr mischt die 20-Jährige nun als Bonzai mit eigenen Songs im Musikzirkus mit.

So ganz wusste man nicht, was einen bei ihrer Show im Electro-Club Simplon erwarten würde: Bonzai wildert nämlich in vielen Stilen. Mal haut sie ihrem Publikum Clubbanger wie »Daniel Gets It Wrong« um die Ohren, dann wiederum kreuzt sie in »No Rest« Dubstep-Bässe mit smoothem R’n’B-Gesang. Ihr Auftritt wurde dann überraschenderweise zu einem echten Bandkonzert, bei dem sich zwar alles um Bonzais Stimme und Dance-Moves drehte, ihre Mitstreiter aber auch sichtbar Spaß hatten. »Yeah, das sind meine Jungs! Ich habe so viele beschissene Gigs gesehen, bei denen die Bandmitglieder wie blöde Mietmusiker rumstehen. Ich will, dass bei mir jeder Spaß hat: meine Band und das Publikum.« Erstaunlicherweise überstrahlt Bonzai dabei mit ihrem Bühnencharisma auch die Stilsprünge zwischen ihren Songs. »Ich liebe es zu experimentieren«, erzählt sie später im Interview. »Und ich habe viele Einflüsse aufgesaugt: Ich habe damals viel Ashanti und Destiny’s Child gehört, durch meine Eltern kannte ich Chaka Khan, Erykah Badu und Prodigy. Mit 13 führte mein Bruder mich dann in die Sachen ein, die eher Underground waren.« Mit 17 zog Bonzai nach London, besuchte eine Musikschule und lernte dort Nao und Produzenten-Wunderkind Mura Masa kennen, mit denen sie erste Songs aufnahm. Seitdem haut sie mit beeindruckendem Tempo EPs raus. »EPs machen mir Spaß. Sie sind ein gutes Format, um mich auszuprobieren.« Daniel Koch — Bonzai »Lunacy« (EP / Columbia / Sony)


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www.pop-abo.de AKUSTIK-POP IM KONZERTHAUS DORTMUND


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#Pop #Philipp Poisel

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ass Synapsen manchmal verrückt spie- Gröhlemeyer len können, zeigt der Nachmittag, an So lautet einer von vielen Spitznamen, die Ruhrpott-Held Herbert Grönemeyer wegen dem ich Philipp Poisel in Berlin treffe. seines Gesangsstils bekam. Der Bochumer Junge wuchs mit zwei älteren Brüdern auf und feierte seinen Durchbruch 1981 mit dem legendären Petersen-Film »Das Boot«. Drei Jahre Während er bei seinem Label Grönland später erschien sein Album »4630 Bochum« und wurde 1984 zur meistverkauften LP mit Keksen und Kaffee auf mich war- Deutschlands. 1999 gründete er das Label Grönland Records. tet, brettert auf dem Weg die zweite Strophe des Gröhlemeyer-Gassenhauers hartnäckig in meinem mich nicht erinnern, dass offene Gespräche krass gepflegt Kopf: »Bochum ich komm aus dir ... du bist keine Weltstadt worden wären. Stattdessen hat mein Vater durch seine ... wer wohnt schon in Düsseldorf.« Ich fühle mich schul- künstlerische Seite, die Fotografie, einen Weg gefunden, dig, schließlich hat Poisel seinen musikalischen Ziehvater sich auszudrücken. Da wir selten Vater-Sohn-Gespräche Grönemeyer, der ihn 2008 unter Vertrag nahm, textlich hatten, war das dann unsere gemeinsame Ebene.« längst überholt. Wieso also nicht Zeilen summen wie »weil »Es gab damals Momente, da hatte ich einen sehr guten du Heimat und Zuhause bist, weil bei dir mein Bauchweh Kontakt zu mir selbst. Deswegen versuche ich manchmal, aufhört«? Aber Poisel wird es mir verzeihen. So wie er mir Dinge bewusst so zu machen, wie ich es als Kind getan meine erste unverblümte Frage, was er die letzten Jahre so hätte.« Mit aufkommenden Wehmutsattacken wie diesen getrieben habe, verzeihen wird: »Das frage ich mich selbst haben wir alle mal zu kämpfen. Genau genommen wermanchmal. Ich stelle oft fest, es gibt da mein Tempo und das den wir ab einem gewissen Alter nie wieder so unverkopft der Gesellschaft. Ich möchte natürlich dazugehören, nur leben wie in dieser Phase, wie der Song »Zum ersten Mal merke ich, dass ich in vielen Dingen anders funktioniere.« Nintendo« erzählt. Der aus dieser Wehmut entstehende Sechs Jahre waren nötig, um den bürgerlichen Alltag, in German Dream, so die Sozialforschung, sei ein Streben den sich der Sänger zurückzog, sattzuhaben, die Ordnung nach Sicherheit. Der Wunsch nach einer beständigen zwischen Kopf und Herz wiederherzustellen und »Mein Welt sei größer als der Traum von Wagnis, Abenteuer und Amerika« in Angriff zu nehmen. Ein Luxus, den sich Selbstverwirklichung. Dass das logischerweise nicht auf heute nur wenige junge Künstler leisten können. Poisel alle zutrifft, erklärt Poisel so: »Klar ist ein Ort, an dem man sich ausruhen kann, wichtig. Aber genauso wichtig ist es, jederzeit wegzukönnen. Nach dem Einfamilienhaus nichts mehr zu erwarten, finde ich eine fürchterliche Vorstellung.« Als Songwriter hat sich Poisel auf Reisen durch Europa erprobt, mit seiner Gitarre verdiente er sich weitgehend seinen Lebensunterhalt. Am liebsten allein, weil Spontaneität beim Reisen besonders wichtig ist. Das komplette Gegenteil zum freien StraßenmusikerGoethe sagt, man müsse nur langsam durch die Straßen gehen Dasein hat ihn nun mit Album Nummer drei und schon nähme man die Welt anders wahr. Ein lohnenswerter erwartet: Plötzlich kamen Fragen auf, die sich der Sänger so noch nicht gestellt hatte. Mal Vorsatz, sagt Philipp Poisel. Während sich die Welt um ihn angenommen, er würde keine neue Platte herum immer schneller zu drehen scheint, lebt der 33-jährige machen, was würde aus den Kollegen werden, Singer/Songwriter sein Tempo unbeirrt weiter. Sermin Usta die ihn mit aufgebaut hatten? Das Gefühl, eine traf den Ziehsohn Grönemeyers in Berlin zum Gespräch. kleine Firma zu sein, an deren Existenz Jobs hängen, wog schwerer als jeder Liebeskummer. Foto: Patrick Desbrosses »Früher dachte ich immer: Wenn ich Bock auf etwas anderes habe, mache ich das halt.« hat ihn sich mit seinen zwei Erfolgsalben »Wo fängt dein Sich trotz aller Verantwortung frei zu fühlen ist der erste Himmel an« und »Bis nach Toulouse« sowie einer Menge Schritt eines Reifeprozesses, den Poisel für diese Platte Live-Auftritte hart erspielt. »Der Grund, weshalb die Platte geht. Die Evergreens seiner Jugend, deren Songstruktur für mich persönlich noch so weit in der Ferne lag, war der, und 1980er-Vibe er schätzt, sollten zur Referenz werden. dass mir die entscheidenden Eindrücke fehlten. Ich wollte Denn schon damals hat er sich intensiv mit Radiomusik mir die Zeit nehmen, um in mich reinzuhören und mir Gedanken zu machen.« Um der Sache »Wo fängt dein Himmel an« auf die Sprünge zu helfen, habe er sich eine ... ist der Titel von Poisels erster Single und dem gleichnamigen Debüt, das im Herbst alltägliche Beschäftigung gesucht. Aber auch 2008 erschien. Auf der Platte, die kurze Zeit später Goldstatus bekam, besingt er mit Akustikgitarre und Alltagspoesie ein Leben zwischen Liebeskummer und ständigem ehrenamtliche Jobs wie der in einer Kinder- Fernweh. Zwei Pole, die ihn noch heute antreiben. tagesstätte halfen nicht bei der Überwindung seiner Schreibblockade. Die Lösung lautete: Flucht nach auseinandergesetzt. Im Gegensatz zu früher in der Dopvorn oder, besser gesagt, zurück, heimwärts, in die Kind- pelhaushälfte, wo die ersten zwei Alben entstanden und heit nach Ludwigsburg und später dann nach Amerika. die Möglichkeiten noch recht begrenzt waren, sollten Die Süddeutsche Zeitung nannte ihn den »Nobelnu- diese im Blackbird Studio in Nashville, Tennessee sehr schler«, der die »Schönheit der Schludrigkeit zur Kunst- viel größer werden. »Ich wollte auf dieser Platte sehen, form« erhebe. Seine Fans sehen in ihm den Liedermacher, was soundmäßig noch so geht.« Sich mal intensiver mit dessen gefühlvolle Texte Beton sprengen. Während ich der eigenen Stimme zu beschäftigen, zu sehen, wie sich das Symptom einer Generation in ihm erkenne, die, wie die Bänder der analogen Bandmaschine weiter drehen, schon ihre Eltern zuvor, verlernt hat, über Gefühle zu spre- war offensichtlich der fehlende Eindruck, nach dem er chen. Besonders für Männer oft eine schwere Kiste oder, sechs Jahre gesucht hat. wie Grönemeyer sagen würde: »denn als Kind schon auf Mann geeicht«. Ob im Hause Poisel denn offen über die — Philipp Poisel »Mein Amerika« (Grönland / Rough Trade) eigenen Empfindungen gesprochen worden sei? »Ich kann — Intro empfiehlt die Tour vom 27.03. bis 12.04.

Philipp Poisel

ANGST IM BAUCH


#Pop #Philipp Poisel

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BONOBO LIVE ▂ DIE ANTWOORD ▃ DIXON ◊ FATBOY SLIM* ▌▌ GLASS ANIMALS ▥ HERCULES & LOVE AFFAIR ▁ KAMASI WASHINGTON ▃ M.I.A. ∞ MACEO PLEX ▁ MØ ▀ MODESELEKTOR DJ ◊ PHOENIX ≈ RICHIE HAWTIN LIVE ▃ SAMPHA ▄▌ SOHN ▁ TALE OF US ▁ THE KILLS ▥ WARPAINT

AGENTS OF TIME ▄ AGORIA ▃ ÂME B2B RØDHÅD ◊ ANDY BUTLER DJ ∞ AURORA HALAL LIVE ▁ BARKER & BAUMECKER ▂ BEN FROST LIVE ≈ BICEP LIVE ▥ BJARKI LIVE ▌▌ CINTHIE ▃ CLAPTONE ◊ COURTESY ▀ DAN BEAUMONT ∞ DANIEL AVERY ▥ DAVE ▂ DAVIS ▁ DENIS HORVAT ◊ DENIS SULTA ∞ DJ DEEP ≈ EGYPTIAN LOVER ◊ ELISABETH ▂ ELLEN ALLIEN ≈ FJAAK ▥ GUSGUS ▁ HAIYTI ▃ HONNE ▄▌ JENNIFER CARDINI ▃ JIMI JULES ▂ JOB JOBSE ▁ JON HOPKINS DJ ◊ JP ENFANT ▥ JULIA GOVOR ∞ KATE TEMPEST ▂ KIDDY SMILE ≈ KÖLSCH DJ ◊ KONSTANTIN SIBOLD ▀ LAKUTI ▥ LIL SILVA ▄▄▄ MAGGIE ROGERS ▃ MALL GRAB ▥ MARCEL DETTMANN ◊ MASSIMILIANO PAGLIARA ▂ MICHAEL MAYER ▁ MK ▃ MONOLOC ▃ MUTINY ON THE BOUNTY ▄▌ NAO ▥ RAMPUE LIVE ▃ RECONDITE LIVE ▂ RED AXES ▌▌ RROXYMORE ◊ SKATEBÅRD ▂ SONJA MOONEAR ∞ SOULECTION SHOWCASE ◊ SYLVAN ESSO ▁ TEREZA ▂ THE LEMON TWIGS ◊ TIJANA T ∞ TINI ◊ TOM MISCH LIVE ▥ TONY HUMPHRIES ▀ VOLVOX ◊ VON WEGEN LISBETH ▂ WHOMADEWHO DJ ◊ AND MANY MORE

14—16 JULY 2017 FERROPOLIS GERMANY

PRE-PARTY WITH FATBOY SLIM 4-HOUR-SET 13 JULY 2017 *

#melt2017

#20yearsofmelt

www.meltfestival.de


#Kultur

#Kultur

Foto: Todd Hido

»Der junge Karl Marx« ist vermutlich auf Teppichen wie diesem gewandelt. Warum Marx in unserer postfaktischen Gegenwart gerade recht kommt, erklärt uns August Diehl, der ihn im Film verkörpert. Nach so viel Tiefgang entspannen wir uns mit viel Rauch und den »Lommbock«-Jungs, bevor uns Josef Hader beichtet, warum auch er Bilderbuch-Fan ist.

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#Kultur #Kino #August Diehl #Der junge Karl Marx


#Kultur #Kino #August Diehl #Der junge Karl Marx

August Diehl über »Der junge Karl Marx«

EIN GESPENST GEHT UM IM KINO »Der junge Karl Marx« ist das Prequel zum 20. Jahrhundert – und kommt als solches in der postfaktischen Gegenwart gerade recht. Alexander Dahas sprach mit Marx-Darsteller August Diehl über die Geschichte als Kopfum-Kopf-Rennen, die Revolution als reale Möglichkeit und den wahren Kommunismus. Foto: Jonas Holthaus

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er haitianische Regisseur Raoul Peck war auf der Berlinale 2017 gleich mit zwei Filmen vertreten: Neben der preisgekrönten James-Baldwin-Dokumentation »I Am Not Your Negro« lief auch »Der junge Karl Marx«. Die Grenzen zwischen Spielund Dokumentarfilm sind bei Peck traditionell fließend, und nicht nur die Genres, auch die Themen geben sich die Klinke in die Hand. Vor dem Hintergrund der jüngeren Geschichte seines Heimatlandes behandelt er soziale Ungleichheit und die Möglichkeit zur politischen Einflussnahme, oft auch in Verbindung mit revolutionären Persönlichkeiten. Mit dem kongolesischen Freiheitskämpfer Patrice Lumumba hat sich Raoul Peck bereits wiederholt beschäftigt. In »Der junge Karl Marx« geht es nun direkt zu den Ursprüngen der sozialistischen Klassentheorie, die momentan auf gesteigertes öffentliches Interesse stößt. »Marx sehe ich in diesem Bild zusammen mit Lenin und Stalin vor mir, aber damit hat er eigentlich gar nichts zu tun«, sagt August Diehl beim Gespräch in Berlin. Im Film übernimmt er die Rolle des Philosophen. »Für mich ging es ganz stark um die Zeit, in der Karl Marx gelebt hat, die industrielle Revolution, die Bildung der proletarischen Klasse. Damals kamen sehr viele Emigranten aus Deutschland, aber auch aus anderen Ländern nach Paris. Da gab es bereits Arbeiterbewegungen und kommunistische Bewegungen. Marx war schließlich nicht der Erfinder

des Kommunismus. Er war ein Mann des 19. Jahrhunderts, dem die Französische Revolution näher war als der Erste Weltkrieg oder die Sowjetunion. Er hat noch im Echo der Revolution gelebt, so, wie wir vielleicht im Echo des Zweiten Weltkriegs leben. Und deswegen ist das Revolutionäre in ihm etwas sehr Natürliches, was für viele Leute in dieser Zeit zutrifft. Marx hat gesehen, dass in der Französischen Revolution die Könige von der Bourgeoisie geköpft worden sind, er hat gesehen, dass es eine neue Klasse gibt, und er hat sich danach gesehnt, dass als nächster Schritt die Bourgeoisie geköpft wird – vom Proletariat.« Die in Raoul Pecks Film dargestellten Arbeitsverhältnisse legen solche Blutrünstigkeiten durchaus nahe. Aber »Der junge Karl Marx« ist kein Action-Spektakel. Der Regisseur versucht, die Ideen seiner Hauptfigur lebendig werden zu lassen. Weil das vor allem über die Sprache funktioniert, mutet der Film streckenweise wie eine verfilmte Geschichtsstunde an, zumal etwas Vorwissen das Verständnis durchaus erleichtert. Marxfestigkeit kann man heute nicht unbedingt voraussetzen, sie scheint zwischenzeitlich für die breite Öffentlichkeit irrelevant geworden zu sein. »Marx ist höchstens für die Wessis ein bisschen nebulös, aber alle meine ostdeutschen Freunde können sofort fehlerfrei Sätze von ihm zitieren«, erklärt August Diehl den ideologischen Hintergrund. »In der DDR war das natürlich ein Urthema. Jeder musste »Das Kommunistische Manifest« lesen, darauf wurde schließlich James Baldwin ein ganzer Staat aufgebaut.« Dass Marx an Er gehört zu den wichtigsWichtigkeit verloren habe, wie sich noch vor ten US-amerikanischen Schriftstellern des 20. Jahr20 Jahren ganze Lebensanschauungen weis- hunderts. Der afroamerikamachen wollten, glaubt der Schauspieler auch nische Autor schrieb Romanicht. »Im Gegenteil. Als die Wirtschaftskrise ne, Essays, Theaterstücke, Gedichte und Erzählungen. 2008 zugeschlagen hatte, war Marx plötzlich Hinter all seinen Arbeiten wieder auf den Titelseiten aller großen Blät- steckt eine Dringlichkeit, ter«, sagt er. »Denn da ist etwas eingetreten, die sich in der persönlichen, schonungslosen und gleichwas Marx vorhergesehen hat. Zwar wurde er zeitig virtuosen Behandlung durch den Zusammenbruch des Kommunis- von Themen wie Rassismus mus ein bisschen an den Rand gerückt, aber und (Homo-)Sexualität äußert. Baldwin wurde jetzt, wo wir in einer Zeit leben, in der auch 1924 in Harlem, New York der Kapitalismus ins Wanken gerät, wird Marx geboren und starb 1987 in wieder aktuell. Das ist ebenfalls etwas, was er Frankreich. vorausgesagt hat, wenn auch als Allerletztes. Er hat dem Kapitalismus ja große Überlebens- Das Kommunistische chancen eingeräumt.« Manifest Und dem Kommunismus unter bestimmten Das von Karl Marx und Umständen gar nicht mal so große. »Ich glau- Friedrich Engels verfasste Manifest der Kommube, den Kommunismus wie Marx ihn wollte, nistischen Partei beginnt hat es gar nicht groß und oft gegeben«, meint 1848 mit den Worten August Diehl. »In der Sowjetunion vielleicht »Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst im Kleinen, in Kolchosen. In Italien gab es eine des Kommunismus«. Der Zeit lang mal einen reinen Kommunismus, Aufruf »Proletarier aller vielleicht auch in den Anfängen von Castro Länder, vereinigt euch!« ist die pragmatische Formel und von Che Guevara. Aber immer, wenn er dessen, was als die Philosoplötzlich zu einem Machtinstrument wurde, phie des Marxismus in die wenn ein Imperium darauf gegründet wurde, Geschichte eingegangen ist und Ausdruck fand in der hat der Kommunismus sich nach einer Weile Russischen Revolution von selbst aufgefressen. Übrigens wiederum etwas, 1917 und ihren Folgen. das Karl Marx auch gesagt hatte, weshalb man viele Passagen seiner Schriften im Osten geschwärzt und aus den Büchern entfernt hat. Die Bemerkung, dass der Kommunismus in einem großen Reich nicht funktioniere, wollten die Sowjets natürlich nicht hören.« — »Der junge Karl Marx« (D/F/GB 2017; R: Raoul Peck; D: August Diehl,

Stefan Konarske, Vicky Krieps; Kinostart: 02.03.17; Neue Visionen)

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#Kultur #Kino #Samuel L. Jackson #Kong: Skull Island

Samuel L. Jackson über »Kong: Skull Island«

ZU BESUCH IM HANOI HILTON Samuel L. Jackson erfüllt sich mit der Rolle in Jordan Vogt-Roberts’ King-Kong-Film einen Kindheitstraum. Gleichzeitig stellte er sich Moskitos, Ameisen und dem Trauma des Kriegs in Vietnam. Was hat dich daran gereizt, in einem KingKong-Film mitzuspielen?

ist die Handlung zwar eine andere, aber diese Neuinterpretation macht die Sache wieder Ich gucke seit beinahe 60 Jahren King-Kong- spannend. Filme, also konnte ich mir das schlecht ent- »Kong: Skull Island« spielt in den 1970ergehen lassen. Schon als Kinder haben wir Jahren, du bist als Vietnam-Veteran zu segespielt, dass King Kong hinter uns her ist. hen. Was verbindest du persönlich mit dieUrsprünglich sollte mein Kollege J.K. Simmons ser Zeit? die Rolle spielen. Als er für »Kong: Skull Island« Puh, da kommen ganz viele Erinnerungen abgesagt hat, bin ich als Fan gerne eingesprun- hoch. In den 1960ern wurde ja die Wehrpflicht gen. Da bin ich ganz uneitel. eingeführt, junge Männer wie ich wurden Was macht den ewigen Reiz der Figur des eingezogen und in diesen Krieg geschickt. Riesenaffen aus? Meine Draft-Nummer war die 14, wenn ich Ist doch ganz einfach, oder? Ein riesiger Go- mich recht erinnere. Aber ich hatte Glück und rilla klettert auf das Empire State Building wurde verschont. Doch ich kannte viele, die und fängt Flugzeuge aus der Luft – da bleibt nach Vietnam mussten, und einige, die dort einem doch gar nichts anderes übrig, als mit starben. Zum Beispiel einer meiner Cousins, staunenden Augen und offenem Mund dazu- der genauso alt war wie ich, 1966 war das: Ich sitzen. Wie groß ist dieses Ding? Diese Frage hatte gerade mein Studium am College angelässt dich nicht los. Und die Frau! Für mich fangen, und er fiel im Krieg. war das immer eine echte Liebesgeschichte Wie hat es sich angefühlt, in Vietnam zu mit ganz großen Gefühlen. In unserem Film drehen?

Allein der Besuch im »Hanoi Hilton« war erschütternd. So nennt man das Hoa-Lò-Gefängnis, in dem damals gefangene US-Soldaten einsaßen. Vietnam hat seit dem Ende des Kriegs eine unglaubliche Entwicklung hinter sich, aber man vergisst dort nie, was alles passiert ist. Besonders krass fand ich es, wenn wir in ländlichen Gebieten drehten. Da mussten immer erst einmal Minensucher die Lage checken, weil überall alte Bomben liegen, die theoretisch noch explodieren könnten. Drehst du prinzipiell gerne außerhalb des Studios?

Auf die Moskitos, die wir sowohl in Vietnam als auch in Australien hatten, hätte ich gut verzichten können. Und es gab Tage, an denen man sich fragen musste, ob irgendwer vom Filmteam sich die Gegend richtig angeguckt hatte, bevor man uns da stundenlang auf Wanderung schickte. Es passierte häufiger, dass man unerwartet in einen Ameisenhaufen trat. Da hatten wir dann Schiss, dass es beim nächsten Mal vielleicht nicht nur Ameisen, sondern ein Haufen Schlangen sein würde. Aber solche Locations sorgen für Authentizität – und wenn ein Känguru durchs Bild hüpft, das da eigentlich nichts zu suchen hat, dann ist das eher lustig als störend. Patrick Heidmann — »Kong: Skull Island« (USA 2017; R: Jordan VogtRoberts; D: Tom Hiddleston, Brie Larson; Kinostart: 09.03.17; Warner)


#Kultur #Kino #Mahershala Ali #Moonlight

Mahershala Ali über »Moonlight«

SELBSTVERTRAUEN AUS DEM EINKAUFSWAGEN »House Of Cards« hat Mahershala Ali bekannt gemacht, Barry Jenkins’ Film »Moonlight« macht ihn zum Star. Die Geschichte des schwarzen homosexuellen Chiron handelt von fortwährenden gesellschaftlichen Missständen. Du spielst in »Moonlight« nur eine Nebenrolle, doch der Film könnte dir am 26. Februar den ersten Oscar einbringen. Hat er dein Leben verändert?

Oh ja! »Moonlight« ist aber nicht wegen Preisen oder Nominierungen etwas Besonderes für mich. Die Geschichte, meine Rolle, die Arbeit mit Regisseur Barry Jenkins – schon beim Gedanken daran werde ich von Emotionen überwältigt, die tiefer sind als alles, was ich in meinem Beruf als Schauspieler bis dahin erlebt hatte. Ab welchem Zeitpunkt war dir klar, dass es nicht nur ein weiterer Independent-Film unter vielen ist?

Von meinem Vater habe ich nicht viel mitbekommen, der war in New York und stand in Musicals auf der Bühne. Aber das zeigte mir früh, dass man es schaffen kann, seinen Lebensunterhalt mit etwas zu verdienen, das nicht der klassischen Arbeit entspricht. Noch wichtiger war meine Großmutter, die bis heute mein Guru ist. Schon als ich als Knirps in ihrem Einkaufwagen im Supermarkt saß, trichterte sie mir ein, dass ich im Leben alles machen und erreichen könne, was ich mir vornehme. Von ihr habe ich die Geduld, die Beharrlichkeit und das Selbstvertrauen mitbekommen, nie aufzugeben.

Telluride und Toronto im letzten Herbst. Der Film schien die Zuschauer auf eine Weise zu Vermisst du manchmal deine Auftritte als bewegen, wie ich es so intensiv noch nie er- Remy Danton in »House Of Cards«? Nein. Für alle außer Kevin Spacey und Robin lebt hatte. Siehst du den Erfolg von »Moonlight« auch Wright war es manchmal schon frustrierend, als ein Zeichen dafür, dass sich in Hollywood sieben Monate pro Staffel zu investieren und etwas in Sachen Rassismus tut? dann noch nicht einmal in jeder Folge dabei Dafür braucht es mehr als einen Film. Als zu sein. Aber so ist das mit Serien, und ich 1974 geborener Afroamerikaner habe ich sehr will mich nicht beschweren. Ohne »House Of deutlich mitbekommen, dass sich nicht alles Cards« hätte ich »Moonlight« wahrscheinlich von heute auf morgen zum Positiven wendet. nicht gedreht. Es geht langsam voran. Dabei freue ich mich Patrick Heidmann über jede noch so kleine Veränderung. Und wenn ich mir die drei jungen »Moonlight«- — »Moonlight« (USA 2017; R: Barry Jenkins; D: Mahershala Ali, Alex Hibbert, Ashton Sanders, Travante Hauptdarsteller Alex Hibbert, Ashton Sanders Rhodes; Kinostart: 09.03.17; DCM) und Trevante Rhodes ansehe, die den jungen Chiron in verschiedenen Lebensabschnitten spielen, habe ich den Eindruck, dass ihnen mehr Möglichkeiten offenstehen als mir damals in dem Alter. Das ist doch schon mal was.

Beim Lesen des Drehbuchs. Ich war an einem Wendepunkt in meiner Karriere. Mit »House Of Cards« war ich durch und hatte die freie Wahl, was als Nächstes kommt. Als ich das Skript von »Moonlight« in den Händen hielt, war klar: Dieser Film hat absolute Priorität. Bekamst du in deiner Jugend vermittelt, Dass mich mein Gefühl nicht betrogen hat- dass dir aufgrund deiner Hautfarbe nicht te, begriff ich nach den Festivalpremieren in alle Türen offenstehen?

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#Kultur #Kino #Lommbock #Bleibtreu #Gregorowicz

Bleibtreu und Gregorowicz über »Lommbock«

VIEL RAUCH UND Seit der Kifferkomödie »Lammbock« sind über 15 Jahre vergangen. Dass Moritz Bleibtreu und Lukas Gregorowicz noch immer ein Odd Couple sind, dem man gerne beim Philosophieren zuhört, beweist nicht nur der Nachfolger »Lommbock«, sondern auch ein Treffen in einem vollgequalmten Hamburger Hotelzimmer. Senta Best hat zugehört. Foto: Tim Bruening

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n den Anfang eines Textes zu »Lommbock« gehört zwingend ein Name: Mehmet Scholl. Was also kann auf dem Weg zu einem Interview mit Moritz Bleibtreu und Lukas Gregorowicz Passenderes passieren als die Schlagzeile »LiebesAus für Mehmet Scholl«? Rein. Gar. Nichts. Gut, dass eine BILD-Zeitung den Weg ins Hotel kreuzt, in dem das Gespräch mit den beiden »Lamm«- und »Lommbock«-Darstellern stattfinden soll. Dass Moritz Bleibtreu und Lukas Gregorowicz ein veritables Odd Couple sind, ist seit »Lammbock« klar. Und man merkt es auch, wenn man ihnen beim Herumblödeln in der Hotelsuite zuhört. In trauter Zweisamkeit quarzen sie das hiesige Nichtraucherzimmer zu. »Kleinere Verstöße gegen das Gesetz sollte man sich immer herausnehmen«, lautet einer der ersten Sätze von Moritz Bleibtreu zum Thema. Die beiden Hauptdarsteller von »Lommbock« sind bestens gelaunt und wirken äußerst zufrieden – nicht nur wegen der selbst gestatteten Raucherei, sondern auch mit dem zweiten Teil von »Lammbock«. Wie es dazu kam? »Geplant war das nicht. Wir wussten zwar, dass es Leute gibt, die unbedingt Teil zwei sehen wollen, und ich hab Christian Zübert auch lange genervt, dass er eine Fortsetzung schreiben soll. Allerdings hatten wir auch ziemlichen Respekt vor der

Fallhöhe. Als ich das Drehbuch dann aufgeklappt habe, hatte ich anfangs auch echt Schiss. Dann dachte ich aber schnell: ›Geil, er versucht nicht, jemandem gerecht zu werden, sondern folgt einfach konsequent den Figuren, mit dem Ton und Humor des ersten Teils.‹« Warum »Lammbock« damals so erfolgreich war und bis heute dieser – sorry, aber – »Kultcharakter« an ihm haftet? Die beiden wissen es selbst nicht. »Es sind drei Generationen, die auf den Film abfahren. Kids, die damals null waren, drehen den heute mit ihren iPhones nach. Dass der Film den Nerv von mehreren Generationen trifft, können wir uns auch nicht erklären«, wundert sich Lukas Gregorowicz noch immer. Als das Go für Teil zwei kam, wurde ein gemeinsamer Joint geraucht Mehmet Scholl und »Lammbock« zur Vorbereitung gesehen. In »Lammbock« geht es »Allein dabei hatten wir großen Spaß, haben immer wieder um Mehmet Scholl – er ist ebenso uns gefreut, wie teilweise dilettantisch der PlayStation-Gamefigur wie Film ist. Diese minutenlangen Einstellungen, Posterboy und taucht oft in in denen Kai und Stefan am Tisch sitzen und Gesprächen auf: »Mehmet ist der einzige Mann auf einfach nur labern. Das war ja ein eher aus der der ganzen Welt, dem ich Not geborenes Stilmittel, weil wir keine Kohle einen blasen würde«, gibt hatten. Und so subtil und cool der Film auch Stefan beispielsweise zu, während die beiden einen ist, genauso grobschlächtig und schlechthu- Joint rauchend philosomorig hoch zehn ist er ja teilweise. Und ganz phieren. Moritz Bleibtreu kennt Scholl und rief ihn schön anstößig«, so Moritz Bleibtreu. an, um seine Zustimmung »Lommbock« knüpft genau daran an. Der abzuholen, dass er im Film holt die ab, die Teil eins nicht kennen, Film vorkommt. Als Scholl erzeugt aber durch seine vielen beiläufigen »Lammbock« im Kino sah, soll er sich dann doch Verweise auf »Lammbock« gleichzeitig witzige ziemlich gewundert haben. Aha-Effekte bei eingefleischten Fans. Dass er Ob er in »Lommbock« auch nicht nur mehrere Generationen, sondern eine Rolle spielt? Nein – an dieser Stelle wird nicht auch vollkommen verschiedene Zielgruppen gespoilert! und eben keine Schubladen bedient, darüber


#Kultur #Kino #Lommbock #Bleibtreu #Gregorowicz

WENIG SCHOLL

freuen sich die beiden ganz besonders. Zum Ende des Gesprächs wird es philosophisch im vollgequarzten Hotelzimmer. Bleibtreu erklärt: »Musiker und Schauspieler, ja, Leute im Allgemeinen werden immer in eine Ecke gestellt, und es wird dafür gesorgt, dass alles schön getrennt bleibt. Dabei ist es doch gerade gut, wenn verschiedene Welten sich begegnen und dabei etwas komplett Neues entsteht. Aber weil man in Deutschland Christian Zübert Angst vor dem Unbekannten hat oder weil es ... wurde 1973 in Würzburg sonst die eigene Auffassungsgabe übersteigt, geboren, wo »Lamm-« und neigt man zur Kategorisierung. Und sobald »Lommbock« auch spielen. einer mal aus seiner Schublade rauskrabbelt »Lammbock« war Christian und etwas anders macht, heißt es ›Nee, das Züberts Regiedebüt im Jahr 2001. Sönke Wortmann geht aber doch nicht.‹« Gregorowicz ergänzt: überredete ihn dazu, Regie »Etwas schlecht zu finden ist in unserer Gezu führen, nachdem Zübert sellschaft eben leider sehr viel einfacher, als zuvor an einigen Kino- und Fernsehdrehbüchern mitge- einfach mal was abzufeiern. Man definiert sich wirkt hatte. Mit dem Film hier eher über das, was man nicht mag. Und wurde er schnell einem daher entsteht auch dieser typisch deutsche breiten Publikum bekannt.

Humor, diese Mischung aus Schadenfreude und Sichlustig-Machen.« Bleibtreu kann nur zustimmen: »Genau! Statt jemanden abzufeiern, zieht man lieber den, der groß ist, auf die eigene Augenhöhe runter. Das führt zu einem mediokren Geschmack, und diese Mittelmäßigkeit zieht sich in Deutschland durch nahezu alle Bereiche, auch durch die Politik.« Gerade, als es hochphilosophisch und interessant wird, schleicht die Promoterin ins Zimmer – die Interview-Zeit ist längst um. Mist, jetzt wurde mehr geraucht als über Mehmet Scholl gesprochen. — »Lommbock« (D 2017; R: Christian Zübert; D: Moritz Bleibtreu, Lukas Gregorowicz, Louis Hofmann; Kinostart: 23.03.17; Wild Bunch)

Intro-Previews am 20. März 2017 in Köln, Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und Leipzig. Infos unter intro.de/previews

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#Kultur #Kino #Certain Women

Certain Women

ihrer daraus resultierenden Heftigkeit müssen die Filme das Publikum zwangsläufig spalten. Am gängigsten ist der Vorwurf, das Werk der 1964 in Miami geborenen Autorenfilmerin sei von zermürbender Langsamkeit und fehlender Handlung gekennzeichnet. Tatsächlich fielen Reichardts Arbeiten zunächst als außergewöhnliche Roadmovies auf. So der Buddy-Trip in die Natur (»Old Joy« mit Will Oldham) oder der ins Stocken geratene Versuch einer jungen Frau, sich als Saisonarbeiterin zu verdingen (»Wendy & Lucy« mit Michelle Williams). Zuletzt verdichtete Reichardt ihre Könnerschaft als Beobachterin und Erzählerin in einer etwas verschlungeneren Handlung. Kelly Reichardts Filme sind fein Deren Stränge legten sich nur umso komponierte Meisterwerke, die eher inniger um die wirklichen Verhältnisse als in ihren vorigen Filmen, Fragen aufwerfen, als Antworten zu statt wie befürchtet zu zerfransen liefern. »Certain Women« handelt (»Night Moves« mit Jesse Eisenberg von vier Frauen in Montana. Und und Dakota Fanning). Eines ist allen wovon noch? Filmen gemeinsam: Reichardts Charaktere sind auf der Suche. Nach dem elly Reichardts Filme sind radikal richtigen Leben oder einer richtigen Entscheisensibel. Nicht einfühlsam in einem dung, die aus dem falschen Leben ein weniger romantischen Sinne. Sie sind aufmerk- falsches macht. sam, was das Verhältnis der Figuren »Certain Women« ist ein Episodenfilm, der untereinander, die Beziehung der Re- sich um vier Frauen dreht, deren Gemeinsamgisseurin zu deren Geschichte sowie die Kluft keit darin besteht, dass sie Frauen unter den zwischen Geschichte und Realität angeht. In heutigen gesellschaftlichen Bedingungen sind.

FRAUEN UNTER EINFLUSS

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Nähe und Distanz zwischen den Protagonistinnen und allen übrigen Figuren entwickeln sich spürbar aus dieser Prämisse heraus, die Geschichten haben ansonsten offenbar gar nicht viel miteinander zu tun. Laura Dern spielt die Anwältin eines Mandanten, der verzweifelt gegen Ungerechtigkeiten rebelliert. Michelle Williams mimt in einer anderen Story eine Ehefrau, die in der Ehe die Hosen anhat. Zumindest hat sie genaue Vorstellungen, wie sie sich in ihrer Familie behaupten kann und vielleicht ja auch muss. Lily Gladstone und Kristen Stewart treten in einer Art Liebesgeschichte auf, die zugleich von den Schwierigkeiten des Zwischenmenschlichen und von den Widrigkeiten kapitalistischer Wirklichkeit erzählt. Als durchgehendes Motiv kommen Steine, Mauern und Zäune vor dem Hintergrund der einschüchternden Landschaft Montanas ins Bild. Sie stehen womöglich nicht nur für das große Gefängnis Gesellschaft oder deine kleine Zelle darin, sondern auch für einen gewissen Schutz im Exil des Privatlebens. Die Geschichten legen das nahe. Der Ausflug auf einem Pferd, den Gladstone und Stewart als Jamie und Beth unternehmen, hat das Potenzial zum kurzen Ausbruch aus diesen alles umfassenden und durchdringenden Verhältnissen. Aber eben darum gibt es wohl vermeintlich wenig »Handlung« in Reichardts Filmen, und deshalb sind sie so »langsam«: Die Figuren handeln unfrei, sie hängen an Fäden und wirken umso menschlicher, je hilfloser ihre Taten anmuten. Liebe ist für sie keine Lösung. Das allein könnte man zermürbend oder traurig finden. Wundervoll ist allerdings, wie Kelly Reichardt die Sehnsucht aus den Figuren und Geschichten destilliert. Wolfgang Frömberg — »Certain Women« (USA 2016; R: Kelly Reichardt; D: Laura Dern, Lily Gladstone, Kristen Stewart, Michelle Williams; Kinostart: 02.03.17; Peripher)


#Kultur #Kino #Josef Hader #Wilde Maus

Josef Hader über »Wilde Maus«

KEINE NABELSCHAU UND KEIN RUCKSACK Josef Hader ist Kabarettist, Schauspieler, Regisseur – und Österreicher. In seinem Film »Wilde Maus« setzt er trotzdem nicht auf den berühmten österreichischen Schrulligkeitsfaktor. Dafür steht er total auf Bilderbuch.

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ilde Maus« ist nicht besonders wild. Es werden keine Finger abgehackt wie in »Der Knochenmann«, sondern gerade mal ein Porsche zerkratzt. Warum so harmlos diesmal?

Ich muss Sie mit der traurigen Tatsache konfrontieren, dass ich nicht Wolf Haas bin. Mich interessiert dieses schrullige Österreich nicht. Ich habe es fast satt. Dieser touristische Blick auf Österreich, der nur in Deutschland existiert. Ich fühle mich eher in einer europäischen Familie, wo wir uns gegenseitig Geschichten erzählen. Aber einige der schrulligsten Filme stammen doch von österreichischen Regisseuren. Dazu gehört nicht nur Wolf Haas, sondern auch David Schalko. Haben Sie Ihre Kollegen auch satt?

Nein, die dürfen alle machen, was sie wollen. Es ist nur so, dass sich diese Art von Filmen schon sehr in einer Nabelschau befindet. Ich hatte Lust, eine universelle Geschichte zu erzählen. Wenn jetzt jemand kommt und sagt: »Da ist aber zu wenig Schrulligkeit drin!« Dann sage ich: »Ja, genau das wollte ich. Ich wollte keine österreichische Nabelschau-Komödie.«

Hätte man nicht trotzdem mehr Politik mit reinpacken können?

schielen, was sie damit erreichen wollen. Aber bei Bilderbuch hat man das Gefühl, die können Ja, aber ich bin gegen das Reinpacken. Filme nur diese Musik machen und überlegen sich sind keine Rucksäcke. Wie weit man die gesell- nicht, wie das ankommt. schaftliche Stimmung reinlässt, das bestimmt Die Bilderbuch-Fans kommen nicht gut die Geschichte. Es gibt diesen Satz: Man merkt weg. Attackieren Sie gerne Ihre eigene die Absicht und ist verstimmt. Das kann einem Zielgruppe? mit dem Politischen im Film auch sehr schnell Unbedingt. Ich habe seit jeher diese Angst dapassieren. Da dosiere ich lieber vorsichtiger. vor, dass nur über die gelacht wird, die nicht Warum ist die Hauptfigur ausgerechnet ein im Raum sind. Das finde ich mäßig interessant, weil es dem Zuschauer so viel Sicherheit gibt. Musikkritiker? Weil ich mir ziemlich sicher war, dass ich keine Deshalb bemühe ich mich darum, Filme zu durchkomponierte Musik für den Film haben machen, die die Zuschauer herausfordern, in wollte – ich als Zuschauer mag sie nicht. Sie denen sie sich ein Stück weit selbst erkennen geht mir schwer auf den Nerv. Gleichzeitig müssen. mag ich wahnsinnig gern klassische Musik Simone Schlosser im Film, und die wollte ich auf eine natürliche Art einbringen. Da war der Musikkritiker für — »Wilde Maus« (A 2017; R: Josef Hader; D: Josef Hader, Georg Friedrich, Nora von Waldstätten; Kinostart: klassische Musik eine gute Sache. Die andere Musik in »Wilde Maus« ist von Bilderbuch. Eine Band, die der Musikkritiker Gregor wohl niemals hören würde. Warum wollten Sie die gerne im Film haben?

Bilderbuch ist für mich eine Musik, die nicht so ausgerechnet ist. Es gibt andere Bands, wo man ein Gefühl hat, in welche Richtung sie

09.03.17; Majestic/Fox)

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#Kultur #Kino

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Marija

AUF DEM MARKT, DA GIBT’S KOA SÜND Wenn vier Euro die Stunde eine gute Bezahlung sind: die Wirklichkeit der Abgehängten im deutschen Wohlfahrtsstaat.

chon Brecht wusste: »Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.« So platt wie richtig – bis heute. Doch Marija, die »Heldin« des gleichnamigen Debütfilms von Michael Koch, ist gar nicht so unmoralisch. Und ob man das über die anderen Figuren so einfach sagen kann? Auch da bleibt Unsicherheit. Dieser feinfühlige Film stellt viel in Frage und sollte jedem besorgten Bürger gezeigt werden. Marija hat einen Traum. Sie möchte einen eigenen Friseursalon. Dafür arbeitet sie im Hotel für vier Euro die Stunde. Sie arbeitet noch viel härter, als sie diesen Job verliert. Da sie ihre Miete nicht zahlen kann, gibt sie – gezwungenermaßen – ihren Körper her. Der Film, der das Milieu der Dortmunder Nordstadt spiegelt, vermeidet es, Elend als bloßes Elend darzustellen, sondern zeigt sich immer ernst, aber besonnen. Marija hilft in der Folge beim Übersetzen, beim Ausfüllen von Formularen, beim Arztbesuch. Szenen besorgniserregender

Ehrlichkeit reihen sich aneinander: Der Familienvater – ohne Krankenversicherung – möchte auf den Bau zurück, obwohl er seinen Fuß zu verlieren droht. Die Familie, die vom »bösen« Vermieter ausgewrungen wird. Nach dem Motto: »Wenn du die nicht abziehst, ziehen sie dich ab.« Ist das wirklich unmoralisch? Oder ist das eine einfache Analyse der Zustände, die wenig Wachstum und viele Abgehängte produzieren? Marija, die wirklich unglaublich intensiv, melancholisch und tiefentschlossen von Margarita Breitkreiz gespielt wird, ist die Hauptfigur in einem Cast, der bis zum letzten Statisten grandios besetzt ist. Wer wissen möchte, wie Leben am Rande der Gesellschaft funktioniert, der sollte hier genau hinschauen. Ein Film gegen die Gegner des Sozialstaats, die von Hartz-4-Schmarotzern palavern und nicht die leiseste Ahnung haben. Ein Glanzstück! Lars Fleischmann — »Marija« (D/UA/TR 2016; R: Michael Koch; D: Margarita Breitkreiz, Georg Friedrich; Kinostart: 09.03.17; Real Fiction)

Die Superkräfte des aufregendsten aller X-Men und überhaupt aller Superhelden im Kino sind auch im Alter noch vorhanden. Unser liebster Mutant hat im Jahr 2029 allerdings nicht mehr viele Gefährten an seiner Seite, ihre große Zeit scheint vorüber. Selbst Professor X (Patrick Stewart) ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Aber Logan fährt die Krallen wieder aus, als dieser neuerliche »Wolverine«-Film unter der Regie von James Mangold von Femmes fatales heimgesucht wird. Neben Action- und Fantasy-Spektakel hauchen sie dem Geschehen eine gewisse Noir-Note ein. Und Hugh Jackman hat natürlich die Haare schön! — »Logan – The Wolverine« (USA 2017; R: James Mangold; D: Hugh Jackman, Patrick Stewart, Dafne Keen; Kinostart: 02.03.17; Fox)


#Kultur #Kino

Silence

WENN DAS BETEN NICHT MEHR HILFT Martin Scorseses »Silence« handelt von Christenverfolgung im Japan des 17. Jahr­ hunderts. Dem Papst hat das Popcorn bei der Premiere im Vatikan geschmeckt. Was sagt die weltliche Welt?

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arum schweigt Gott angesichts der Schreie der Leidenden? Eine Frage, die dem Jesuitenpriester Sebastiao Rodrigues kein Katechismus der Welt beantworten kann. Er muss zusehen, wie japanische Konvertiten für ihr »verborgenes« Christentum gefoltert und ermordet werden. In seinem neuen Film »Silence« philosophiert Martin Scorsese mit dem Hammer über Gut und Böse, Richtig und Falsch, Schuld und Verantwortung im Katholizismus. Andrew Garfield und Adam Driver machen sich als Jesuitenpriester Sebastiao

Rodrigues und Francisco Garupe auf ins buddhistische Japan der Edo-Zeit, wo der christliche Glaube verfolgt wurde. Alle Japaner, die sich weigern, auf das Antlitz Christi zu treten, sterben einen qualvollen Tod. Rodrigues und Garupe müssen von da an mit sich selbst ausfechten, ob ein Glaubenssymbol mehr wert ist als ein Mensch. Und ist der Glaube wirklich so untrennbar an Symbole gekettet? Man verfolgt diese Kämpfe mit bleiernen Eingeweiden. Scorsese spinnt ein Netz aus Stahldraht, aus dessen unbequemen Fängen man sich nicht befreien kann: Die

eine Instanz, die recht hat, und die eine Figur, der man seine Sympathie schenkt, gibt es nicht. Ist der emotionale, aufrichtige Rodrigues zunächst ein Ankerpunkt im Geschehen, kann man dennoch nicht über die Hybris des Missionars hinwegsehen. Auf der anderen Seite weist die japanische Obrigkeit mit dem scharfsinnigen, kauzigen Inquisitor Inoue an der Spitze eine weit modernere Denkweise auf, aber geht mit solcher Grausamkeit und Hinterhältigkeit vor, dass der Zweck die Mittel kaum heiligen kann. Die Kulissen, wie verwunschene Edo-Farbholzschnitte,

sind ein einwandfreies Flussbett für den Lauf von Scorseses Geschichte – in einem Labyrinth aus bleichen, fremdländischen Orten weiß der Zuschauer ebenso keinen Ausweg wie die Figuren im Film. Lediglich die schrullige Darstellung des alten Inoue und die nahezu stalkerische Inbrunst, mit der ein frevlerischer Fischer in den unpassendsten Momenten zum Beichten auftaucht, sorgen für eine leicht unbehagliche, komische Auflockerung. Mehr als Pausen zum Luftholen vor der erneuten Flut sind diese Augenblicke aber nicht, und das Schweigen von Rodrigues’ Gott wird von Minute zu Minute lauter. Kira Schneider

Orientierungslosigkeit ist kein Verbrechen

WO SIND DIE FLÜCHTLINGE?

— »Silence« (USA 2017; R: Martin Scorsese; D: Adam Driver, Andrew Garfield; Kinostart: 02.03.17; Concorde)

Längst nicht alle Refugees schaffen es, an ihr Ziel zu gelangen. Eine filmische Suche nach Gestrandeten im Grenzgebiet.

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or ein paar Jahren war ich im Südosten Bulgariens unterwegs. Diese Region, wo die Grenze zwischen Griechenland, der Türkei und eben Bulgarien verläuft, hat eine eigene Poesie und erzeugt eigene Bilder. Zwischen Ägäis und dem Schwarzen Meer weht ein Wind, der verbindet, was sich schon bei den Gerichten und der Musik zeigt, aber auch trennt. Das war noch vor der Flüchtlingswelle, den neuen Grenzanlagen, dem europäischen Schutzwall. Marita Nehers und Tatjana Turanskyjs

»Orientierungslosigkeit ist kein Verbrechen« ist eine Spurensuche im Hier und Jetzt. Wie ist die dortige Lage nach dem Deal der EU mit der Türkei? Ihr Film ist weder Dokumentarfilm noch einfacher Spielfilm, am ehesten vielleicht Essayfilm. Die beiden Schauspielerinnen Nina Kronjäger (als Journalistin Lena) und Anna Schmidt (als Aktivistin Amy) spielen hier, improvisieren da – manchmal sind sie willkommene Staffage für die Landschaftsaufnahmen. Diese sind melancholisch, boshaft, gruselig. Kathrin Krottenthaler

fängt mit der Kamera Bilder ein zwischen unendlicher Schönheit und Freiheit sowie bedrückenden Fernaufnahmen real existierender Flüchtlingsunterkünfte. Über 76 Minuten wird man von den Filmemacherinnen rausgezogen, an einen Ort, in eine Welt, die wir kennen, von der wir wissen, der wir aber meist hilflos gegenüberstehen. Lars Fleischmann — »Orientierungslosigkeit ist kein Verbrechen« (D 2017; R: Marita Neher, Tatjana Turanskyj; D: Nina Kronjäger,

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#Kultur #DVD

Tschick

DENN WIR WÜNSCHEN UNS, WAS SIE TUN Als Teenager hat man noch Träume. Der 14-jährige Maik weiß noch nicht so recht, wovon er träumen soll, bis Tschick in seinem Leben aufkreuzt. In Fatih Akins Herrndorf-Verfilmung erobern die Jungs mit einem Lada die Welt, und Isa erobert ihr Herz.

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atih Akin verfilmt Wolfgang Herrndorfs Bestseller. Eine bessere Nachricht hätte es weder für die Fans des »Gegen die Wand«und »Soul Kitchen«-Regisseurs noch für die Anhänger des Romans des zu früh verstorbenen Autors geben können. Freigeist Akin passt wie die Faust aufs Auge zu diesem Abenteuer. Das Buch wird noch über Jahre zur Schullektüre zählen. Deshalb weiß eigentlich jeder, worum es geht: Maik Klingenberg ist eher der stille Erzählertyp. Das fällt auch der tollen Isa irgendwann auf, aber da haben wir es selbst schon längst bemerkt. Maik ist nämlich der Erzähler der Geschichte von »Tschick«. Einer Story, von der wir uns wünschten, dass es unsere eigene wäre. Eines Tages taucht ein Junge in Maiks Welt auf, der von einem anderen Stern zu sein scheint. Dabei kommt er bloß aus Russland. Aber vom ersten Moment an, in dem Andreij Tschichatschow einen auf cool macht, weht Maik nicht nur eine schwach von Pfefferminzbonbons kaschierte Alkoholfahne ums Näschen. Diesen Tschick, so der Spitzname des seltsamen Typen, umhüllt die Aura des Rebellischen. Maik chillt in der elterlichen Villa. Die Mutter ist auf der Beauty Farm, so der Code für die Entzugsklinik, der Vater befindet sich auf Geschäftsreise, sprich: auf Betriebsausflug mit der Assistentin. Während Maik sich fragt, wogegen er als Kind reicher Typen rebellieren soll, zeigt ihm Tschick, dass sinnlose Revolte Spaß macht. Solange man ein cooles Auto und

ein paar wilde Pläne hat. Lada Lada Lada! Von Berlin aus soll es im geklauten Lada in Richtung Walachei gehen – in die echte, nicht in die sprichwörtliche Walachei. Man merkt Akins Film an, dass er mit dem Herzblut des Romans Brüderschaft geschlossen hat. Newcomer Anand Batbileg spielt den Titelhelden so, wie wir ihn uns immer vorgestellt haben. Ein bisschen James Dean, ein bisschen Sams. Tristan Göbel und Mercedes Müller spielen Maik und Isa mit Haut und Haar. Ohne Karte und Kompass schickt Akin sie auf die Reise durch die ostdeutsche Provinz. Die Fahrt durchs Feld darf nicht fehlen. Und das Bad im See auch nicht. Fatih Akin zeigt uns die Kids nicht als wild gewordene Teenager. Weil, er hat die Botschaft des Buches verstanden: Tschick, Maik und Isa sind noch nicht von dem Virus infiziert, das die Welt zugrunde richten wird – das Virus des Erwachsenseins. Eine Sonderauflage von DVD und Blu-ray erscheint als Mediabook mit ausführlichem Booklet, getextet von Daniel Koch. Das passt. Schließlich ist er als IntroChefredakteur der Dompteur eines kleinen Haufens großer Kinder. Paula Fuchs — Intro empfiehlt: »Tschick« (D 2016; R: Fatih Akin; D: Anand Batbileg, Tristan Göbel, Mercedes Müller; VÖ: 09.03.17; StudioCanal)

The Night Of

Geduld und Sühne US-Remake der englischen Serie »Criminal Justice«.

Nasir Khan (Riz Ahmed) ist wohl der schuldigste Unschuldige der Krimigeschichte. Der junge pakistanischstämmige Amerikaner nimmt eine Frau im Taxi seines Vaters mit und erfüllt noch in derselben Nacht alle ihre Wünsche, was Drogen und kinky Sex angeht. Am nächsten Morgen wacht sie tot neben ihm auf, und kurz nach seiner Flucht vom Tatort findet die Polizei ein blutiges Messer in Nasirs Manteltasche. »The Night Of« ist nicht die Art Police-Procedure-Serie, die möglichst viel Unwahrscheinliches passieren lässt. Stattdessen besitzt alles einen tieferen Sinn und eine Dostojewski’sche Unausweichlichkeit, die sich dem Zuschauer in der denkbar zeremoniellsten Genauigkeit enthüllen. Mit viel Geduld. Allein für die Erfassung der Beweislage geht eine ganze Folge drauf, die damit endet, dass sich John Turturro als Anwalt mit breitestem New-York-Akzent des Falls annimmt – schon auf dem Papier eine vielversprechende Idee. Und für den ersten eigenen Knastaufenthalt lernt man auch noch etwas dazu. »Night Of«: So buchstabiert man Must-See. Alexander Dahas — »The Night Of – Die Wahrheit einer Nacht« (USA 2016; R: Steven Zaillian, James Marsh; D: John Turturro, Riz Ahmed; VÖ: 16.03.17; Warner)


#Kultur #DVD

Daniel Blake (Dave Johns) gerät in die Mühlen des englischen Sozialstaats. Blake ist eigentlich zu stolz, um beim Wohlfahrtsstaat um Geld zu betteln, gleichzeitig ist er aber auf die Stütze angewiesen, die man ihm mit behördlicher Sturheit verweigert. So rutscht er immer tiefer in die Armut. Ken Loachs Porträt des ehrlichen kleinen Mannes gerät zum moralischen Lehrstück, das wahrhaftige mit rührseligen und fragwürdigen Momenten der Systemkritik vermengt, etwa da, wo »Ich, Daniel Blake« Sexarbeit thematisiert. Ein wahrer Kern ist Loachs kämpferischem Alterswerk nicht abzusprechen. Der Neoliberalismus geht über Leichen. — »Ich, Daniel Blake« (GB/F/B 2016; R: Ken Loach; D: Dave Johns, Hayley Squires; VÖ: 23.03.17; Prokino)

12.10. STUTTGART 13.10. MÜNCHEN · 14.10. ERFURT 16.10. BERLIN · 17.10. HAMBURG 18.10. KÖLN · 19.10. LEIPZIG 21.10. HANNOVER · 22.10. FRANKFURT 24.10. HALLE · 25.10. OBERHAUSEN 26.10. MANNHEIM · 28.10. NÜRNBERG 29.10. KEMPTEN · 31.10. WIEN 01.11. SALZBURG · 04.11. TRIER neustrelitz immergutrocken.de

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#Kultur #DVD

American Honey

HONIG IM TRASH Andrea Arnold inszeniert den Alltag einer Drückerkolonne mit einem Ensemble von Laiendarstellerinnen. Die Konventionen Hollywoods werden zur Nebensache, während sich Hoffnungsschimmer am Horizont der prekären Klinkenputzerei abzeichnen.

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ähe Überzeugungsarbeit und barsche Abfuhren sind ihr tägliches Brot. Abends geht es ausgelaugt zurück in den Bus; der Treck zieht weiter, die Musik dröhnt, die Joints kreisen. Neue Stadt, neue Chance. Szenen aus dem Haustürgeschäfte-Milieu. Die Idee formte sich während der Autoreisen von Drehbuchschreiberin und Regisseurin Andrea Arnold (»Fish Tank«). Im hyperrealistischen Roadmovie »American Honey« schickt sie das perspektivlose Trailerpark-Mädchen Star auf die Suche nach der Freiheit – und damit nicht zuletzt auch nach sich selbst. Nur: Wartet auf jeden, der ausbricht, auch das Glück? Als Teil einer Drückerkolonne zieht Star durch die Straßen, um Magazin-Abos zu verticken. Während ihre Mitstreiter ihre persönlichen Geschichten berechnend fingieren, erzählt sie aus Prinzip ihre eigene.

Trapped

EINE INSEL MIT ’NER LEICHE »Trapped« ist das neue isländische Wort für »Thrill«. Eine Kreuzfahrt gerät zum Albtraum, der den Passagieren mit jeder Folge dieser NoirSerie finsterer vorkommt.

Die britische Indie-Größe Arnold, die zum ersten Mal die USA in den Fokus nimmt, las ihren Cast gewissermaßen von der Straße auf. Waschecht sollte er sein – ungewaschen echt, besser gesagt. Genauso echt wie die Menschen, die den Teenagern im Film die Tür öffnen, wie sie es zweifelsohne auch privat daheim getan hätten. Genauso echt wie die rastlosen Kameraschwenke. Genauso echt wie die Sorgen und Träume der Teenie-Gruppe, deren Lebenssituation hier mit Rihannas »We Found Love« salopp in allzu handliches Format gepresst wurde. Aber eben auch genauso echt wie der beharrlich aufglühende Silberstreif am schmalen White-Trash-Horizont. Die Quoten-Profis Shia LaBeouf und Riley Keough sind Teil dieser Gruppe, als HollywoodVertreter aber Randerscheinungen. Wie sehr Andrea Arnold hinter

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reuzfahrtschiffe sind eh immer ein bisschen gruselig, aber die Passagiere eines dänischen Ozeanriesen in Baltasar Kormákurs Mystery/Thriller-Serie haben wirklich Pech. Den malerischen isländischen Kleinstadthafen können sie aufgrund des miserablen Wetters bis auf Weiteres nicht verlassen, und auch an Land stehen sie unter Quarantäne. Zeitgleich mit dem Schiff ist nämlich eine verstümmelte Leiche angespült worden, und die örtliche Polizei vermutet den Täter an Bord. Auf die drei Beamten kommt


TEMPLES

07.04. Köln, Gebäude 9 08.04. München, Strom 10.04. Berlin, Festsaal Kreuzberg 11.04. Hamburg, Knust

CAIROBI

CANCER

OMAR SOULEYMAN

CLOCK OPERA

28.02. Hamburg, Häkken 01.03. Berlin, Auster Club

01.03. Frankfurt, Mousonturm

THE ORB

04.03. Köln, Stadtgarten

AUSTRA

SUPPORT: PIXX 06.03. Hamburg, Uebel & Gefährlich 08.03. Berlin, Astra Kulturhaus 09.03. München, Ampere 10.03. Leipzig, Conne Island 18.03. Köln, Gloria

JENNIE ABRAHAMSON 08.03. Berlin, Auster Club 09.03. Hamburg, Kukuun Club

JOY WELLBOY ihrer Casting-Politik steht, zeigt allein die kurzfristige Besetzung der Hauptrolle mit der 21-jährigen Sasha Lane, ebenfalls Amateurin. Arnold, 2005 für ihren Kurzfilm »Wasp« mit einem Oscar ausgezeichnet, nimmt sich üppige 158 Minuten Zeit, den Überlebenskampf einer verlorenen Jugend aus der Froschperspektive zu sondieren, verliert ihren Zuschauer dabei aber zu keiner Zeit aus dem systemkritischen Schraubstockgriff. Eine große Leistung vor allem dann, wenn man – wie sie – die Rolle des lakonischen Beobachters für sich gewählt hat. Anja Zeisig — Intro empfiehlt: »American Honey« (USA 2016; R: Andrea Arnold; D: Sasha Lane, Shia LaBeouf; VÖ: 23.02.17; Universal)

11.03. Hamburg, Turmzimmer 12.03. Berlin, Privatclub 13.03. Leipzig, Neues Schauspiel 17.03. München, Milla 18.03. Frankfurt, Mousonturm Studio 02.04. Köln, Blue Shell 16.04. Aachen, Musikbunker

ROOSEVELT

23.03. Bremen, Tower 24.03. Köln, Gloria 25.03. Dortmund, Junkyard 04.04. München, Technikum 05.04. Nürnberg, Club Stereo 06.04. Ulm, Roxy 08.04. Stuttgart, clubCANN 09.04. Mannheim, Alte Feuerwache 17.04. Leipzig, UT Connewitz 18.04. Hannover, LUX 19.04. Dresden, Scheune 20.04. Berlin, Kesselhaus 21.04. Hamburg, Mojo

DJ PREMIER ein Haufen Arbeit zu, denn seit das Schiff vor Anker liegt, gehen in der vermeintlichen Idylle beunruhigende Dinge vor sich. »Trapped« ist eine jener mit allen nordischen Wassern gewaschenen Krimiserien, die einen sechseinhalb Stunden an den Bildschirm fesseln, bis man die Filmfiguren besser kennt als die eigene Familie. Unter vergleichbaren Produkten tun sich die acht Folgen durch ein Weniger an Effekt und ein Mehr an zwischenmenschlicher Dynamik hervor, was zusammen für einen sehr erwachsenen Realismus

sorgt. Jede dunkle Machenschaft bleibt plausibel, die Polizeiarbeit bewundernswert und die Stimmung noir. Isländisch lernt man nebenbei auch noch. Oder wer hätte gewusst, dass »Polizei« übersetzt »Lögreglan« heißt? Alexander Dahas — Intro empfiehlt: »Trapped – Gefangen in Island« (IS 2015; R: Baltasar Kormákur u. a.; D: Ólafur Darri Ólafsson, Ilmur Kristjánsdottir; VÖ: 20.03.17; StudioCanal)

SUPPORT: TORii WOLF 25.03. Berlin, Festsaal Kreuzberg 26.03. Hamburg, Gruenspan 27.03. Köln, CBE

EMMY THE GREAT

Support: CHLOE CHARLES* 24.03. Köln, Theater Wohngemeinschaft 26.03.17 Hamburg, Club Häkken* 28.03.17 Berlin, Auster Club* 30.03.17 Frankfurt, Zoom

DRUGDEALER

12.04. Berlin, Kantine am Berghain

06.04. Dortmund, Sissikingkong 08.04. Frankfurt, Zoom 09.04. München, Milla 10.04. Hamburg, Prinzenbar 11.04. Berlin, Kantine am Berghain 12.04. Köln, Yuca

ISAIAH RASHAD

09.04. München, Ampere 11.04. Köln, CBE 15.04. Frankfurt, Zoom 16.04. Berlin, Lido

MIGHTY OAKS

SUPPORT: LION SPHERE 12.04. Hamburg, Große Freiheit 36 25.04. München, Muffathalle 28.04. Frankfurt, Batschkapp 29.04. Köln, Live Music Hall (sold out) 30.04. Stuttgart, Im Wizemann 02.05. Leipzig, Felsenkeller 03.05. Berlin, Astra Kulturhaus

PUMAROSA

24.04. Berlin, Badehaus 26.04. Hamburg, Prinzenbar

GLASS ANIMALS

27.04. Berlin, Astra Kulturhaus 28.04. München, Muffathalle 29.04. Köln, Gloria

JOE GODDARD LIVE

28.04. Berlin, Prince Charles

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#Kultur #Games

Resident Evil 7

EINE SCHRECKLICH NETTE FAMILIE Die jüngste Inkarnation der »Resident Evil«-Reihe markiert einen radikalen Neuanfang – und kann trotzdem nur bedingt zu alter Höchstform auflaufen.

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an kann das feuchte Unterholz förmlich riechen, wenn man sich zu Beginn von »Resident Evil 7« einen Weg durch das dichte Gestrüpp bahnen muss. Die Bäume werfen weite Schatten, das Geäst knackt beunruhigend unter den eigenen Schritten, und am Fuße des Pfades erstreckt sich ein altes Farmhaus. Mit dem jüngsten Teil von Capcoms ikonischer Horror-Serie verschlägt es den Spieler erstmals in das vergessene Hinterland der US-amerikanischen Südstaaten. Ein Sujet, das im klassischen Slasher-Kino vor

Mit »For Honor« verspricht Ubisoft, mittelalterlichen Videospiel-Schlachten endlich die Dimension zu verleihen, die wir aus dem Fantasy-Kanon schon seit unserer Kindheit kennen. Gregor Wildermann durfte sich den ambitionierten Titel bereits im Vorfeld anschauen.

Es mag gewagt klingen, aber warum eigentlich gibt es noch keinen Pizza-Döner-SushiBurger? Ein Ding der Unmöglichkeit? In der Videospiel-Industrie zählen solche Zweifel an der Machbarkeit bekanntlich nicht. Wenn der Fantasie sowieso keine Grenzen gesetzt sind, dann spielt es auch keine Rolle, dass mit »For Honor« der Geschichtslehrer in den Wahnsinn getrieben wird. Wenn sich Samurai, Ritter und Wikinger gemeinsam in einer Schlacht tummeln, dann hat man es vermutlich ganz einfach mit alternativen Fakten zu tun. Wäre ja auch schön blöd, sich bei der Popularität von TV-Serien wie »Game Of Thrones« oder »Vikings« die Chance auf solch ein mittelalterliches Stelldichein nehmen zu lassen. Damit das Hauen und Stechen nachvollziehbar bleibt, hat Ubisoft ein recht verständliches Grundprinzip für die Duelle gebaut: Ein optischer Indikator zeigt die drei möglichen

allem dafür bekannt ist, haufenweise Teenager verschwinden zu lassen. Dass die markante Kulisse auch hier nichts Gutes verheißt, dürfte dementsprechend kaum überraschen. Es ist Ethans verschollene Freundin Mia, die uns in diese gottverlassene Gegend treibt. Mit den Löchern in dieser spärlichen Exposition muss man sich derweil gar nicht groß beschäftigen, gilt es doch schon wenig später um das nackte Überleben zu kämpfen. Die hier ansässige Familie entpuppt sich nämlich rasch als Spiel gewordenes Redneck-Klischee. Wenn uns der durchgeknallte Hausherr noch während des fantastisch inszenierten Auftakts dicht auf den Fersen ist, dann macht sich im besten Sinne kopflose Panik breit.

Eine Stimmung, für die »Resident Evil« einst bekannt war und nach der sich Anhänger der ersten Stunde schon seit Jahren zurücksehnen. Und auch die neu entdeckte Liebe für das Grindhouse- und Exploitation-Kino der Siebzigerjahre steht »Resident Evil 7« hervorragend. Dass es im Gegensatz zum letztjährigen MetaSlasher-Adventure »Until Dawn« allerdings kaum etwas Neues über seine offensichtlichen Referenzen zu erzählen weiß, ist enttäuschend. Die subversive Gesellschaftskritik der Vorbilder sucht man in dieser virtuellen Geisterbahn vergeblich. Es dauert ein wenig, bis die klassischen Mechaniken der Reihe – Erkunden, Rätseln, Items-Verwalten – und der neue Ton ineinandergreifen. Spätestens dann wähnt man sich allerdings wirklich in den alten Zeiten der Reihe. Entgegen der eigenen Furcht dringt man immer tiefer in das verwahrloste Anwesen vor, erschließt neue Routen und hortet überlebenswichtige Ausrüstung. Dass der verstörende Terror der ersten Stunden dabei schnell abbaut, ist Fluch und Segen zugleich. Hartgesottene spielen »Resident Evil 7« ohnehin in der Virtual-Reality-Variante. Um davor Angst zu bekommen, reichen schließlich schon die knarrenden Türen – wie damals eben. Philip Fassing — »Resident Evil 7« für PlayStation 4, Xbox One, Windows (Capcom)

For Honor

PIZZA-DÖNER-SUSHI-BURGER Schlagrichtungen an und erlaubt bei richtigem Timing entsprechende Angriffe oder BlockManöver. Die jeweiligen Nahkampfangriffe der Charaktere unterscheiden sich jeweils, was bei dem Detailgrad des Spiels selbst nach drei Dutzend Wiederholungen noch beeindruckend aussieht. Neue Waffen und Fertigkeiten

werden mit der In-Game-Währung Stahl gekauft – das Wort steht dank Rammstein wohl international immer noch für etwas ganz Hartes. Nicht nachvollziehbar bleibt, warum selbst in der Einzelspielerkampagne der leidige Onlinezwang herrscht. Diese Form der digitalen Leibeigenschaft sollte längst abgeschafft sein. Gregor Wildermann — »For Honor« für PlayStation 4, Xbox One, Windows (Ubisoft / Ubisoft Montreal)


#Kultur #Games

Keine Skills am Controller aber La Paloma pfeifen

Illustration: Alexandra Ruppert

Tatortreiniger, Bergarbeiter, Kampfmittelbeseitiger – es gibt eine Menge Jobs, um die man sich nicht gerade reißen würde. Seit Kurzem ganz oben in diesem Ranking: Personenschutz für den amtierenden US-Präsidenten. Für das satirische Geschicklichkeitsspiel »Mr. President!« muss Videospiel-Amateur Carsten Schumacher allerdings genau dieser Profession nachgehen. Ein Protokoll. Für Trump eine Kugel einfangen – das meinte ich eigentlich nicht unbedingt, als ich davon sprach, das Thema hier mal aufzugreifen. Damit hält sich mein Ehrgeiz deutlich in Grenzen. Kann man hier denn wenigstens Autobahnen oder Mauern bauen, seine Schmuck-Collection von Ministern promoten lassen oder Dax-Kurse rauf- und runter-tweeten? Nun gut, die Physik ist immerhin beeindruckend realistisch – sofern das auf dem Mond spielen oder der »Silly Walking Simulator« sein soll. Sad. Nicht mal Treppen steigen kann dieser Frank Farmer für Arme. Muss man wahrscheinlich als kostenpflichtiges

Add-on bei Lifta nachbestellen. Für die dramatischen Zeitlupen-Sequenzen hätten sie ja immerhin mal was von Whitney Houston lizenzieren können. Für mich als Romantiker sowieso das größte Manko hier: Ich kann alle erdenklichen Moves auf Tastendruck hinlegen, aber Trump nach erfolgreicher Rettung nicht mal mütterlich in den Armen wiegen und auf die Stirn küssen. Sad. Ich bin moralisch ohnehin ganz durcheinander – ist es jetzt okay, nach einem tödlichen Treffer zu twerken? Das Spiel scheint mich jedenfalls nicht dafür zu bestrafen, also steht die Mehrheit der Amerikaner hinter mir, alles andere sind fake news. Die vom Himmel fallenden Riesentacos sind allerdings völlig absurd – das müssen Enchiladas sein, weiß doch jeder. — »Mr. President!« für Windows (Game Developer X)

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#Life

#Life

Foto: Todd Hido

Puh, schon mal ein trostloseres Zimmer mit einem trostloseren Teppich betreten? Kaum vorstellbar. Ähnlich trostlos gucken vermutlich auch hoffnungslose Romantiker nach Lektüre der Reportage »Die Chemie der Liebe« aus der Wäsche. Und sämtliche Internet-Abhängige während ihres Kuba-Aufenthaltes sowie Frank Underwood aus »House Of Cards«, sollte Freddy ihm wirklich keine Spareribs mehr kredenzen.

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#Life #Reportage #Liebe

Reportage: Im Labor der Gefühle

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Was passiert in unserem Hirn, wenn wir verliebt sind? Wie sollen wir mit den Schmetterlingen im Bauch umgehen? Und gibt es bald eine Hormonpille gegen Beziehungsstress? Franziska Knupper hat mit (Bio-) Psychologen, Philosophen und (Neuro-)Wissenschaftlern über das Zusammenspiel von Hormonen, Botenstoffen, Hirnaktivitäten – kurz: das Mysterium Liebe – gesprochen. Foto: Marija Strajnic

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#Life #Reportage #Liebe

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laton schien den Schmetterlingen im Bauch zu misstrauen. »Liebe ist eine schwere Geisteskrankheit«, soll der griechische Philosoph der Antike gesagt haben. Doch was beim ersten Hören nach Schwarzmalerei klingt, mag ganz einfach der Wahrheit entsprechen. »Wissenschaftlich betrachtet liegt die Liebe nah am Wahnsinn«, bestätigt der Biopsychologe Professor Peter Walschburger von der Freien Universität Berlin. »Während des Anfangsrausches grenzt die Überbewertung des Partners an Obsession. Das ist evolutionsbiologisch gesehen durchaus zweckmäßig, da sexuelle Aktivitäten und damit die Fortpflanzung gefördert werden.« Die Gehirnaktivität Frischverliebter ist wie ein durcheinandergeratenes Puzzle aus Botenstoffen und Hormonen. Oxytocin, Vasopressin, Dopamin, Serotonin – ein komplexes Zusammenspiel aus Neuropeptiden ist mit dafür verantwortlich, dass wir Händchen halten, schmachten, heiraten und uns wieder scheiden lassen. Aber darf man Liebe als lediglich physiologischen Vorgang betrachten? Als empirisch nachweisbare neuronale Aktivität? »Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, die körperlichen und psychologischen Eigenschaften der Liebe ergänzend zu beschreiben. Sie nur einzeln zu betrachten reicht nicht aus«, so Walschburger. Der Forscher beschäftigt sich mit der Doppelnatur des Menschen als Kultur- und gleichzeitig Naturwesen. Je weiter die empirische Naturwissenschaft jedoch voranschreitet, desto mehr scheint das Mysterium Liebe zumindest auf körperlicher Ebene entschlüsselt, ja, entzaubert zu werden. Wegweisend in der Liebesforschung sind die MRTUntersuchungen der Neurobiologen Andreas Bartels und Semir MagnetresonanztoZeki vom University College mografie (MRT) London aus dem Jahr 2001. Bartels Wird auch als Kernspintound Zeki maßen bei einer Grup- mografie bezeichnet und erstellt Schnittbilder des pe Verliebter die Hirnaktivität Körpers, anhand derer man per Magnetresonanztomografie (krankhafte) Organverän(MRT), während sich die Proban- derungen erkennen kann. Durch magnetische Wechden Fotos von geliebten Personen selfelder im Radiofrequenzund von Freunden ansahen. Vor bereich geraten bestimmte allem vier Bereiche im limbischen Atomkerne im Körper in Schwingung und erzeugen System, darunter das Belohnungs- ein elektrisches Signal. zentrum, zeigten sich besonders Mithilfe dieser energiearaktiv. Eine zentrale Rolle spielt men Radiowellen und durch den unterschiedlichen Dopamin. Der Neurotransmitter, Wasserstoffatom-Gehalt in den der Volksmund auch gern Geweben wie Muskeln oder »Glückshormon« nennt, sugge- Knochen wird ein Bildkon­ trast dargestellt. riert Erfüllung und Befriedigung und wird mit Euphorie, aber ebenso mit Suchterkrankungen assoziiert. Zeki und Bartels stellten fest, dass die Probanden auf die Fotos ihrer Liebsten reagierten wie Kokainsüchtige oder Alkoholkranke auf ein Bild ihrer Droge. »Wenn man die Daten interpretiert, kann man die Liebe durchaus mit einer Sucht vergleichen«, sagt Andreas Bartels, der heute am Centrum für Integrative Neurowissenschaften der Universität Tübingen forscht. Gleichzeitig zeigte das Gehirn weniger Aktivitäten in Arealen, die mit negativen

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#Life #Reportage #Liebe

Gefühlen in Verbindung gebracht werden – beispielsweise der präfrontale Cortex, der unter Depressionen besonders aktiv ist, und die Amygdala, ein Gehirnsektor, der sich unter Angst und Trauer in MRT-Studien verstärkt aktiviert zeigte. Auch der Bereich zwischen Temporal- und Parietallappen, der für kritische Urteile im emotionalen Bereich mitverantwortlich zu sein scheint, wies eine nur geringe Aktivität auf. »Die Phase des ersten Verliebtseins hält üblicherweise ein paar Wochen bis Monate an«, stellt Walschburger fest. In dieser Zeit ist auch das Aufputschhormon Adrenalin besonders präsent. Es ist mitverantwortlich für die Ruhelosigkeit, das Kribbeln, die sogenannten Schmetterlinge im Bauch. Gleichzeitig steigt bei Frauen das männliche Sexualhormon Testosteron an und steigert die sexuelle Lust. Und als wären dies nicht schon genug neuronale Irrungen und Wirrungen, kommt auch noch der Botenstoff Serotonin ins Spiel, der in dieser Phase großen Schwankungen unterliegt. Die Psychologin Donatella Marazziti von der Universität Pisa vergleicht das starke Auf und Ab des Serotoninspiegels mit den Werten von Zwangserkrankten. Mit der Zeit ebbt der Hormonüberschwang langsam wieder ab. Es folgt die Phase verstärkter Bindung, in der sich die Partnerschaft stabilisiert. Nach der Anthropologin Helen Fisher dauert diese Zeitspanne etwa vier Jahre. So lange ist die Frau anthropologisch gesehen besonders stark mit der Versorgung des Kindes beschäftigt, das noch von ihr abhängig ist. In dieser Zeit sei eine stabile, monogame Partnerschaft mit funktionierender Arbeitsteilung besonders wichtig, um das Überleben des Kindes zu garantieren. Dabei scheint das Neuropeptid Oxytocin eine entscheidende Rolle zu spielen. Durch Körperkontakt und Wärme werden besonders viele Botenstoffe freigesetzt: »Daher ist es wichtig, möglichst viel zu kuscheln«, sagt Walschburger. Eine Studie der Universität Bonn aus dem Jahr 2012 untersuchte, wie sich Oxytocin auf das Treueverhalten zwischen Partnern auswirkt. Dafür wurde eine Gruppe heterosexueller, in Partnerschaften gebundener Männer dazu aufgerufen, sich mit einer attraktiven Wissenschaftlerin des Forscherteams bekannt zu machen. Unter Oxytocin-Einfluss, das per Nasenspray verabreicht wurde, hielten die Männer eine größere Distanz zu der Dame als die unbehandelten Männer der Kontrollgruppe. Oxytocin wirke als eine Art Treuehormon, fasst der Projektleiter Dr. Hurlemann das Ergebnis zusammen. »Menschen sind dazu veranlagt, sowohl treu als auch untreu zu sein«, sagt Walschburger. Es sei ein natürlicher Prozess, der in der Pubertät beginne, wenn die Sexualhormone erwachen. Plötzlich wenden wir uns gegen alles Vertraute, Heimische, das Elternhaus. »Das Fremde wirkt plötzlich unheimlich anziehend und attraktiv, ohne dass wir wissen, warum. Wir sind ständig verliebt, ohne zu wissen, in wen. Und für den Sexualtrieb gilt das Streben nach dem Unbekannten auch weiterhin.« Die Attraktivität des Fremden garantiert eine höchstmögliche Vermischung der Erbinformationen und Anpassungsfähigkeit; Mutationen und Erbkrankheiten haben weniger Chancen, an die nächste Generation weitergegeben zu werden. Und sind die Nachkommen ausgewachsen, gibt es evolutionär gesehen keinen Grund mehr, mit demselben Partner zusammenzubleiben. Eine klare Kampfansage an das gesellschaftliche Konzept der Ehe und den menschlichen Wunsch nach Bindung, der mit der schleichenden Abnahme von Oxytocin potenziell sinkt. Könnte eine künstliche Abgabe des Botenstoffs eine Partnerschaft also retten? Die private Wirtschaft experimentiert bereits mit Oxytocin als Körperspray, Nasentropfen und in Pillenform. Könnte traditionelle Paartherapie in der Zukunft chemisch unterstützt werden? Eine Hormonpille

gegen Beziehungsstress? Die Wissenschaftlerin Beate Ditzen von der Universität Heidelberg hat bereits empirische Daten zu dieser Frage gesammelt. In einer Studie an der Universität Zürich hat sie Paaren vor den Therapiesitzungen Oxytocin verabreicht: »Sich streitende Paare, die Oxytocin bekommen hatten, zeigten öfter positive als negative Verhaltensweisen. Statt sich Vorwürfe zu machen, waren sie kooperativer und freundlicher miteinander«, fasst Ditzen zusammen. Ob jedoch Oxytocin eine langfristige Wirkung erzielt werden könne, Erst kürzlich hat die sei bislang noch nicht geklärt. Auch über Dosie- Wissenschaft begonnen, sich diesem Botenstoff rung, Nebenwirkungen und Langzeiteffekte gibt der Treue und Vertrautheit es noch nicht genügend Daten. Der Philosoph intensiver zu widmen. und Ethiker Dr. Brian D. Earp von der Universität Physiologisch gesehen sorgt Oxytocin primär für Oxford gibt sich jedoch optimistisch. Er spricht die Muskelkontraktionen sogar von einer moralischen Verpflichtung, die während des Orgasmus. »Liebesdrogen« der Zukunft zu konsumieren, Auch während der Geburt und des Stillens des Kindes wenn die Umstände es verlangen: »Dann, wenn wird es verstärkt ausgeein Paar erfolglos traditionelle Therapien absol- schüttet. Oxytocin hat daviert hat und wenn Kinder involviert sind, die mit von Anfang an Einfluss auf die Bindung und das unter der Scheidung der Eltern leiden würden. Vertrauen zwischen zwei Dann sollten sich die beiden meiner Meinung Individuen. nach verpflichtet fühlen, Liebesdrogen auszuprobieren, um damit die Partnerschaft zu retten.« Der Zwang zum Liebestrank? Es klingt nach Renaissance erzkonservativer Kulturnormen per Doping. Werden Paare dazu ermuntert, etwas zu erhalten, was schon längst nicht mehr ist? Darf ein angeknackstes Vertrauen künstlich aufrechterhalten werden? Earp kontert: »Was wäre dagegen zu sagen, wenn solche Therapien in Zukunft durch geeignete Medikamente begleitet werden, so wie es jetzt schon in der Psychotherapie normal ist, Antidepressiva zu verschreiben?« Professor Walschburger zeigt sich skeptisch: »Ich bin da sehr, sehr vorsichtig. Ich halte ein solches Gefühlsdoping für sehr fraglich und problematisch.« Die Liebe entstehe aus einem komplexen Geflecht aus Hormonen und Erleben: »Ich bin durchaus der Meinung, dass Liebe zweckmäßig ist und sich evolutionär erklären lässt. Aber es ist wie mit den Gedanken: Wir können die Aktivität eines Gehirnareals oder Nervs bestimmen. Aber was genau denken Sie? Das können wir noch nicht sagen.« Der Unterschied zwischen Messgerät und Gefühl, zwischen MRT und Glücksgefühl. Ist die Wissenschaft überhaupt berufen, diesen Graben zu überqueren? Darf sie etwas entfachen oder am Leben erhalten, das vielschichtiger ist als jede Pille? Oder hatte Goethe recht, als er die Liebe das »wunderlichste Buch der Bücher« nannte? Prof. Walschburger zeigt sich in letzter Instanz demütig gegenüber dem Geheimnis, dass das größte Gefühl der Welt umgibt: »Ich kenne meine Frau jetzt seit 50 Jahren. Biologisch erklären kann ich mein Gefühl zu ihr nicht. Wahrscheinlich gehört zur Liebe letztendlich auch immer ein bisschen Glück.«

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#Life #Kuba

Ein Kurzbesuch in Kuba

DIE SACHE MIT DEM INTERNET Auf dem Plaza de Armas kann man Bücher über Fidel Castro und Comics über die Revolution kaufen. Vom nahe gelegenen Malejon weht Seeluft rüber, und in der Ferne hupen Taxifahrer in ihren uralten Autos um die Wette, um Fahrgäste anzulocken. Eine Straßenband spielt »Chan Chan«. Willkommen in der Altstadt Havannas, willkommen im Klischee! Julia Brummert war mit Havana Club ein paar Tage in Kuba und hat sich auf die Suche nach Musik jenseits des Buena Vista Social Club gemacht.

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as Lied ist überall; fast so, als gäbe es in Kuba nur »Chan Chan« und den Buena Vista Social Club. Die Band im Restaurant beim Mittagessen spielt es, in der Altstadt hört man es an jeder Ecke von Straßenmusikern. Immer wieder »De Alto Cedro voy para Marcané / Llego a Cueto, voy para Mayarí«. Aber das kann ja nicht alles sein. Der Plan für die wenigen Tage in Kuba lautet also, herauszufinden, was musikalisch auf der Insel geht und, vor allem, wie man heutzutage lebt, in einem Land, an dem sich Menschen an seltenen WifiSpots versammeln, um mit Prepaid-Karten einen Blick ins Internet zu werfen. Highspeed-Anschluss? WLANPasswort im Café oder gar zu Hause? #Lol. Und Wim Wenders kommt auch nicht täglich vorbei, um Bands zu

promoten. Das mit dem Internet könnte sich aber bald ändern; jeder spricht davon, dass Kuba im Wandel sei, dass man schnell noch hinfahren sollte, bevor die Insel gentrifiziert, saniert und amerikanisiert würde. Vieles ist schon jetzt – dank der sich bessernden Beziehungen zu den USA – viel teurer geworden. Tatsächlich aber zählt zu den schönsten Aspekten Havannas, dass sich hier nicht die großen Modeketten der Welt nebeneinander drängen. Schnell entfaltet sich der Charme des nicht andauernd um sich herumschreienden Kapitalismus. Doof nur, wenn man ihn mal sucht, diesen Kapitalismus – in Form eines Plattenladens zum Beispiel. Ohne Spanischkenntnisse ist das schwierig, deshalb muss François Renie helfen. Er ist seit vielen Jahren so etwas wie die gute


#Life #Kuba

Seele von Havana Club und betreut das zur Rum-Firma gehörende Kulturprogramm. Gemeinsam bummeln wir zur Neptuno Nr. 408. Die Adresse liegt im Zentrum Havannas, trotzdem verirren sich Touristinnen und Touristen selten in diese Straße. Hier befindet sich der Plattenladen »Seriosha«. Wer jetzt eingeschweißtes Vinyl und den aktuellen heißen Scheiß Kubas erwartet, wird enttäuscht, es gibt nur Secondhand-Ware. Das »Seriosha« ist kein eigenständiges Geschäft, sondern – wie so oft in Kuba – nur eine Ecke in einem größeren Raum mit verschiedenen Verkaufstresen. Es riecht muffig, und überall liegt feiner Staub. Kurz: ein Paradies für Vinyl-Sammlerinnen und -Sammler. Die Ware hat schon bessere Zeiten gesehen, die Cover trösten jedoch über mit Paketband verklebte Ecken hinweg. Wir sind die Einzigen, die hier gerade einkaufen. »Niemand hat hier einen Plattenspieler«, erklärt François, »Musik bekommt man auf anderen Wegen«. Wie genau, das erklärt Carlitos, Sänger der in Kuba sehr erfolgreichen Band Qva Libre. Wir treffen uns am nächsten Tag am Rande eines Soundchecks seiner Band: »Kuba ist ein ganz eigener Planet. Auch wenn die Menschen hier kein Internet haben, gibt es ein System. Wir nennen es ›El Paquete‹. Das sind kleine Festplatten oder USB-Sticks, auf denen Filme, TV-Shows, aber auch Musik gespeichert sind. Die kann man sehr günstig in Bars und Clubs kaufen, und sie werden häufig aktualisiert. Man versucht also, seine Musik ins ›El Paquete‹ zu bekommen, so lernen die Leute deine Musik kennen.« Entstanden ist das Ganze, weil die staatlichen Radiosender sehr vieles nicht gespielt haben. Promoter mussten neue Wege finden, und irgendwann hat jemand gemerkt, dass man mit »El Paquete« Geld verdienen kann. Wie viel davon an die Bands geht, davon spricht hier niemand. Qva Libre haben aber auch einen eigenen YouTube-Kanal und einen Twitter-Account. »Man muss sehr viel Zeit investieren«, sagt Carlitos. »Wir gehen dann zu den Wifi-Spots, um die Videos hochzuladen. Das dauert zwar sehr lange, ist aber einfach wichtig. Außerdem gibt es eine große kubanische Diaspora auf der ganzen Welt. Die Menschen folgen uns auf den Kanälen und berichten dann wiederum ihren Bekannten und der Familie in Kuba von uns.« Qva Libre spielen abends im Sarao’s, ei- Beziehungen ner Bar, die 90er-Yuppie-Charme mit weißen zu den USA Kunstledersesseln versprüht. Dafür sind die Für diese komplexe Daiquiris gut, und immerhin lockt die Band ein Geschichte braucht es mehr als eine Randnotiz. großes Publikum an. Wesentlich schöner ist es Ein Versuch: Nach der am Abend darauf in der Fabrique de Arte Cu- Revolution und Fidel bano, kurz F.A.C. – einem alten Fabrikgebäude, Castros Machtübernahme 1959 wurden viele USumgebaut zu einem, ja, was? Es ist gleichzeitig amerikanische UnternehClub, Galerie, Kino und Konzerthaus. Fran- mer in Kuba enteignet. Das çois erklärt, das sei der Ort, an dem die ganze führte im Jahr darauf zu einem Handelsembargo der Kunst-Szene Havannas zusammenkommt. USA, die nicht nur selbst Aber nicht nur das. Außerdem tummeln sich keine Geschäfte mehr mit hier alte und junge Menschen, KubanerInnen, Kuba machten, sondern auch anderen Staaten mit Touristen – das Publikum ist kunterbunt. Oben Einschränkungen drohten, in der Galerie und in den Gängen zwischen den sollten sie Kuba beliefern. einzelnen Bereichen hängt zeitgenössische Erst unter US-Präsident Obama wurden die diploKunst, auf der Tanzfläche läuft Beyoncé, und matischen Gespräche zwistatt einer Vorband wird auf einer Leinwand schen den USA und Kuba hinten im Konzertraum ein altes »ARTE Con- wieder aufgenommen. Außerdem wurden einige cert« gezeigt. Danach kommt die Band Nube Einschränkungen gelockert: Roja auf die Bühne und spielt kitschigen Pop. U.a. sollen Wissenschaftler Wer wissen will, was die kubanischen Kids ge- beider Länder gemeinsam forschen dürfen. Wie das rade feiern, ist hier genau richtig. Von »Chan unter Donald Trump weiterChan« keine Spur. geht, bleibt abzuwarten.

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#Life #Rezepte der Popküche

Rezepte der Popküche: »House Of Cards«

Frank Underwoods Spareribs Bösewichte rauchen Kette und ernähren sich von Fleisch. So ist es auf der Leinwand und auch im echten Leben. Auch Präsidenten, die es mit Wahrheit und Demokratie nicht so ganz halten, kennen wir aus Filmen und der Realität. »Demokratie ist so was von überschätzt«, sagt Frank Underwood während seiner Vereidigung zum US-Präsidenten in »House Of Cards«. Er musste schon für etliche Vergleiche mit realen US-Präsidenten herhalten. Mit dem aktuellen hat er auf den ersten Blick nicht viel gemein: Underwood ist Demokrat, klug, kann sich gewählt ausdrücken, hat eine präsidentenwürdige Frisur und eine ihm ebenbürtige Frau. Und: Trump könnte niemals so sarkastisch und zynisch zu seinem Volk sprechen. Einzig das eingangs genannte Zitat könnte auch von ihm stammen. Raucht Donald Trump? Heimlich wahrscheinlich. Genau wie Frank Underwood. Isst Trump gerne Rippchen? Vermutlich ja. Denn während man die Bösen früher an ihrem Zigarettenkonsum ausmachen konnte, erkennt man sie im heutigen Sojaschnitzel-Tamtam an ihrem immensen Fleischkonsum. So jedenfalls ist es im Film. Das wahre Leben gibt sich natürlich nicht ganz so schwarz-weiß. Obwohl der politische Wahnsinn, den man auf dem Bildschirm getrost übertrieben finden kann,

den meisten derzeit sehr viel lieber wäre als die düstere Realität. Doch zurück zu Rippchen und Kippchen: Die isst und raucht Frank heimlich – durch die Hintertür oder zu Hause am offenen Fenster. Und zwar immer dann, wenn er eine Auszeit nötig hat. Die Spareribs-Pause gönnt er sich bei seinem Freund Freddy Heyes, der neben einem Grillimbiss einen kriminellen Sohn hat – und auch selbst eine nicht ganz saubere Weste. Als das an die Öffentlichkeit gerät, setzt Frank vorerst einen Strich unter die freundschaftliche Beziehung – und damit auch unter seine geliebten Spareribs. Später stellt Frank Freddy als Gärtner ein. Ein Happy End zwischen den beiden gibt es bis dato jedoch nicht: An Freddys letztem Arbeitstag im Weißen Haus (Folge 50) verabschiedet dieser sich mit den Worten: »You a mothafucka, Mr. President.« Das klingt nicht so, als käme Frank noch mal in den Genuss von Freddys Rippchen – und wenn, sollte er sich besser einen Vorkoster zulegen. Oder gleich selbst kochen: Senta Best

Das Rezept Zutaten für zwei halbwegs Korrupte: 2 Spareribs vom Schwein Alu- oder Frischhaltefolie Für die Marinade: 100 g brauner Zucker Paprikapulver Salz Bunter Pfeffer Knoblauchpulver Zwiebelpulver Cayennepfeffer Estragon Rosmarin Thymian Orangensaft Ketchup Senf Olivenöl Und so geht’s: Am besten bittet man den Metzger darum, die Silberhaut am Knochen zu entfernen. Wenn nicht, muss man selbst Hand anlegen: Haut leicht einritzen und mit einem Ruck abziehen. Dann die Marinade wie gewünscht herstellen. Dazu Gewürzmischung, bestehend aus den oben genannten Zutaten, in einer kleinen Schüssel mit Öl und braunem Zucker vermischen. Die Rippchen damit von allen Seiten einmassieren, in Folie wickeln und einige Stunden kühl stellen. Beim Grillen unbedingt auf gleichmäßige Hitze achten. Am besten schmecken die Rippchen, wenn man sie 60-90 Minuten bei 140160°C grillt. Für ein intensives Aroma zwischendurch noch einmal mit der Marinade bestreichen.

Illustration: Alexandra Ruppert

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Intro Ausgabe 114 stellte 2004 die neue Levi’s® 501® mit Anti-Form vor.

Von Anfang an dabei und jetzt neu:

DIE LEVI’S ® 501 ® SKINNY Im Jahr 1873 erfanden Levi Strauss und Jacob Davis die Levi’s® Jeans, die schnell zu einem überragenden Erfolg wurde. Ursprünglich wurde sie für die Arbeiter im Westen hergestellt: Cowboys, Minen- und Ranch-Arbeiter. 1890 fügten Levi Strauss & Co. ihrem Sortiment die Produktionsnummer 501® hinzu. In den 1950ern wurden 501® Jeans zum Synonym für jugendliche Rebellion und deshalb sogar in einigen Schulen verboten. 1999 kürte das Time Magazine die 501® zum »Kleidungsstück des Jahrhunderts«. Auch in unser ersten Ausgabe 1991 war die 501 Jeans mit von der Partie und tauchte seitdem immer wieder in Features und Shootings auf. Schließlich hatte kein Kleidungsstück der Welt über Jahrzehnte hinweg mehr Einfluss auf Style und Kultur. Aktuell wird die beliebteste Jeans der Welt mit einem schmaleren Bein ausgestattet: Die neue Levi’s® 501® Skinny ergänzt als drittes Mitglied die 501®-Familie, die bislang aus der 501® Original und seit 2015 aus der 501® CT (»customised and tapered«, also mit individuellem Schnitt und karottenmäßiger Form) bestand. Damit entwickelt Levi’s® sich weiter und orientiert sich an aktuellen Tragegewohnheiten, ohne dabei Stil und Identität aufzugeben.


#Life #Kolumne #Ich möchte Teil einer Bewegung sein

Ich möchte Teil einer Bewegung sein Folge 7: Wohlstandshippies

Das mit der Bewegung haben so ähnlich schon Tocotronic gesungen. Und damit einen Impuls beschrieben, der die Popkultur am Leben hält. Auch unsere Kolumnistin Paula Irmschler kennt dieses Gefühl. Auf der Suche nach Halt und einer Peergroup, die ihr ein Zuhause gibt, stolpert sie allerdings manchmal auch dahin, wo es wehtut. Diesmal zu Hippies und deren Elendstheater.

Illustration: Alexandra Ruppert

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Spätkapitalismus, politische Ohnmacht, Trump, AfD, Europa und so, Übersättigung, Orientierungslosigkeit, Winterkälte, Lust am Engagement – wer kennt das alles nicht? Der Kompass ist kaputt, vieles ist scheiße. Ich trete gelangweilt Steine über den Bürgersteig, umklammere fest meinen Chickenburger. Jetzt nach Hause – Netflix oder doch mal was machen? Es soll besser werden, for the entire human race, und uns selbst geht es ja viel zu gut. Ich suche nach einer Möglichkeit, mich einzubringen, etwas zu bewegen. Also lasse ich mir ab sofort in der Fußgängerzone jeden Flyer aufdrängen, jede Unterschrift abquatschen, kein Plenum entgehen. Im Zuge dessen lande ich bei einer deutschen Version der Speaker’s Corner, nur dass »Corner« in diesem Fall eine Bar ist, und die »Speaker« Poetry Slammer, Singer/Songwriter, Studenten, Grüne Jugend, Blogger, ... Ab jetzt sollte sich alles zum Besseren verändern. Also für mich. Das Unterfangen nennt sich »Köln kommt zusammen«. Und man weiß seit Silvester 2015/16: Wenn Köln zusammenkommt, handelt es sich nicht immer um die beste Idee. Statt um Rassismus und Sexismus soll es hier aber um die Verbesserung der Welt gehen. Ab sofort treffen wir uns jeden Mittwoch. Wir reden darüber, dass es nicht sein kann, dass im letzten Jahr alle über den Tod von Stars gejammert haben, während in Aleppo täglich Menschen starben. Wir finden nicht okay, dass Leute noch immer Hunger leiden, während wir Nahrung einfach wegschmeißen. Wir können nicht fassen, dass Geld eine so wichtige Rolle spielt und niemand (mehr) fühlt. Ich fühle mich sehr bald richtig gut und angenommen; das Einzige, was ich tun muss, ist, traurig, enttäuscht und empört zu sein. Niemand kann mehr sagen, dass ich mich nicht bemühte, die Welt zu verändern. Ich kann ruhig schlafen. Jede Woche treffe ich mich schließlich bei Mate und veganem Kuchen mit Leuten und rede darüber, dass man mal etwas machen müsste. Das mit dem Chickenburger ist jetzt vorbei, weil Massentierhaltung ein Problem ist. Meinen Tabak lasse

ich zu Hause, weil ich nun weiß, wo er herkommt und unter welchen unwürdigen Bedingungen er hergestellt wird. Und Geld ... ein Privileg! Wir gehen jetzt samstags containern. Fabian ist so ein bisschen unser Anführer. Er hat eine Weile mittellos gelebt, war für ein paar Monate in Ghana und redet von Hierarchien, die überwunden werden müssen. Ich bin verliebt in Fabian – genau wie fast alle von uns. Eines Tages treffen wir uns allein in einem Weltladen. Fabian redet und redet, erklärt mir die ganze Welt. Er zeigt mir Fotos von seinen Aufenthalten in armen Ländern. Dort habe er gelernt, das Leben zu schätzen. Die Einfachheit der Leute, die Art, wie sie das Leben sehen, das ehrliche Lächeln, die Bescheidenheit ... Seine Augen funkeln angesichts des Elends dieser Leute. Stopp! Mir dämmert es langsam, dann fällt es mir wie Schuppen aus den Dreadlocks: Fabian ist ein Idiot. Das, was wir bekämpfen wollen, die menschenverachtenden Auswirkungen des Kapitalismus, glorifiziert er als Bescheidenheit? Wir spielen hier Verzicht, damit wir uns eben nicht damit auseinandersetzen müssen, wie es Menschen wirklich geht, damit wir nichts tun müssen, um das zu ändern? Ich erwache aus meinem Goa-LSD-Trip. Als wir bezahlen sollen, raunt Fabian die Kellnerin an, dass sein fairer Kaffee zu wässrig gewesen sei, und gibt natürlich kein Trinkgeld. Ich gehe desillusioniert nach Hause. Auf dem Weg sehe ich Leute, die immer noch obdachlos sind, obwohl ich doch so gut verzichtet habe. Menschen, die immer noch nach Groschen betteln, obwohl ich doch Geld so stark gehasst habe. Und Menschen, die in Mülleimern nach Essbarem suchen, obwohl wir doch so geil gefoodshared haben. Ein Bürgersteig, ein Stein, ein Tritt – »etwas bewegen«.


#Style

#Style

Foto: Todd Hido

Feine Streifen an den Wänden? Sind seit Jahren völlig out. Glücklicherweise, wie nach Betrachtung dieses Bildes wohl jeder noch so große 80er-Jahre-Fan zugeben wird. An anderer Stelle freuen wir uns hingegen sehr über dieses Jahrzehnt – im Gesicht beispielsweise, wie die kommende Modestrecke beweist. Über den hier abgebildeten Teppich müssen wir gar nicht erst reden …

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#Style #Brillen

Ace & Tate

Brillen zum Fixpreis

GÜNSTIGE AUSSICHTEN Vorbei sind die Zeiten, als der Brillenkauf eine deftige Kerbe ins Konto schlug. Mittlerweile haben sich viele kleine Labels auf günstige Brillen zum Festpreis spezialisiert. Vier davon stellen wir hier vor. Styling: Frederike Ebert, Fotos: Frederike Wetzels, Bücher: alle erschienen bei Pogobooks

Das Amsterdamer Label gehört zu den Big Playern des Brillen-Business – der Preis macht es möglich. Die Designs stammen aus der holländischen Hauptstadt. Was? Sonnenbrillen und Korrekturbrillen, mit und ohne Stärke. Wo? Über www.aceandtate.de oder in einem der Flagship Stores. Wie? Entweder im Store vorbeischauen oder online bestellen – für Letzteres wird ein Sehtest sowie eine Pupillen-Abstandsmessung benötigt. Wie viel? Ab 98 Euro inklusive entspiegelter Korrekturgläser, Sonnenbrillen mit Stärke ab 148 Euro. Besonderheit Bis zu fünf Modelle können umsonst bestellt und fünf Tage lang zu Hause Probe getragen werden. Buch: Gorsad »Gorsad Kiev« Brille: Ace & Tate »Jay« in Satin Silver


#Brillen #Style

Yun

Modern und minimalistisch lautet das Credo von Yun. Die 2015 gegründete Marke hat ihre Wurzeln und Produktionsstätten in Südkorea, ihren Hauptsitz inklusive erstem ständigen Store in Berlin. Was? Sonnenbrillen und Korrekturbrillen, mit und ohne Stärke. Wo? Über www.yun-berlin.com oder im Berliner Flagship Store. Wie? Entweder im Store vorbeischauen und anprobieren oder online bestellen – für Letzteres wird ein Sehtest sowie eine PupillenAbstandsmessung benötigt.

Wie viel? Ab 99 Euro inklusive

entspiegelten Korrekturgläsern, Sonnenbrillen mit Stärke ab 149 Euro. Besonderheit Im Store bestellt, dauert es vom Auftrag bis zur fertigen Brille nur 20 Minuten. Vor Ort kann auch ein Sehtest gemacht werden. Buch: Aurélien Heilbronn »Swallow Me NYC« Brille: Yun »Harris« in Orange Tortoise

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#Style #Brillen

Owl Optics

Eines der ersten Brands, das Brillen zum Festpreis offeriert hat, ist Owl Optics. Das Sortiment umfasst fünf Modelle in fünf Farben. Hinter Owl stecken drei Freunde, die aus ihrer Idee, gute Brillen für gutes Geld anzubieten, vor fast sechs Jahren ein Geschäftsmodell machten. Was? Sonnenbrillen und Korrekturbrillen, mit und ohne Stärke. Wo? Online only. Wie? Einfach Lieblingsmodell im Shop auswählen, dafür wird ein Sehtest sowie eine Pupillen-Abstandsmessung benötigt. Wie viel? 150 Euro, immer.

Besonderheit Gegen 120

Euro Pfand kann man sich die Brille zu Hause testen. Das Geld gibt es zurück! Buch: Sandy Kim »Into The Light« Brille: Owl Optics »Eins« in Nude


#Style #Brillen

Viu Eyewear

Sleek und schick: Viu Eyewear ist die richtige Wahl für alle, die es etwas mehr sophisticated mögen. Ein bisschen kostspieliger, dafür bekommt man aber auch echtes Schweizer Design. Gefertigt wird in familienbetriebenen Manufakturen in den italienischen Dolomiten oder in Japan. Was? Sonnenbrillen und Korrekturbrillen, mit und ohne Stärke. Wo? Über de.shopviu.com oder in einem der neun deutschen Flagship Stores. Wie? Entweder im Store vorbeischauen oder online

bestellen – für Letzteres wird ein Sehtest sowie eine Pupillen-Abstandsmessung benötigt. Wie viel? Ab 165 Euro inklusive entspiegelter Korrekturgläser, Modelle der Titan-Kollektion gibt es ab 235 Euro. Besonderheit Dank des Try-at-home-Services kann man sich bis zu vier Modelle kostenfrei nach Hause schicken lassen und hat dann vier Tage Zeit zum Testen. Buch: Peter Kaaden »Silber« Brille: Viu Eyewear »The Beast« in Walnuss

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#Style #Converse Collective

Du bist schon seit Teenager-Zeiten als Musiker aktiv. Hat sich deine Einstellung gegenüber der Musik seitdem in irgendeiner Form verändert?

Natürlich. Die Sichtweise auf meine eigene Musik hat sich komplett verändert. Ich bin viel konzentrierter und um einiges erfahrener geworden. Das hat einfach etwas mit dem Erwachsenwerden zu tun, aber sicher auch mit handwerklicher Routine. Wann wurde dir bewusst, dass du Musik machen wolltest?

Vince Staples

»STREETWEAR IST EIN WICHTIGER FAKTOR« Vince Staples ist noch nicht mal Mitte 20, aber schon jetzt eine der spannendsten Stimmen im Rap-Game. Dabei hatte der Kalifornier nie so recht Lust auf die HipHop-Spielregeln. So rappte er schon in seinem Hit »Norf Norf«: »fuck gangsta rap«. Erst machte Staples sich im Umfeld von Odd Future einen Namen, dann als Teil des Trios Cutthroat Boyz, zu denen er immer noch gehört, um dann mit seinem Major-Debüt »Summertime ’06« zum Durchbruch anzusetzen. Aktuell ist Staples Teil des Converse Collectives und Host der zweiten Episode der »Forever Chuck«-Kampagne »How L.A. shaped your style«. Annett Bonkowski telefonierte mit Staples, um mit ihm über seine Liebe zur Musik und zur Mode zu sprechen. Schuhe: Nike

Das kann ich gar nicht an einem bestimmten Punkt festmachen. Die Vorstellung wuchs in mir, ohne dass ich mir Gedanken darüber gemacht habe. Ich hatte nie Berührungsängste, was die Musik angeht, dachte aber immer: Wenn es damit funktioniert, dann ist das toll. Hätte es nicht geklappt, würde ich das auch akzeptieren. Welche Musik hast du als Kind am liebsten gehört?

Ich mochte Daft Punk und Amy Winehouse. Beide waren auf ihre eigene Art mit mir und meinem Leben verknüpft. Ich glaube, Popmusik funktioniert oft auf diese Weise. Du filterst etwas aus ihr heraus, das du nachempfinden kannst.

Du hast mit der Zeit einige sehr namhafte Kollaborationen gesammelt. Wie ist beispielsweise die Zusammenarbeit mit No I.D., James Blake oder DJ Dahi?

Es ist eine große Ehre, mit ihnen zu arbeiten. Ich habe die Erfahrung geliebt. In dieser Liga sind aber auch die Verpflichtungen größer. Noch viel lieber arbeite ich mit Künstlern meiner Größenordnung zusammen, die mich vom Format her mehr an mich selbst erinnern. Gibt es einen Teil während der Entstehung eines Albums, den du besonders magst?

Ich liebe die frühe Phase, wenn eine Idee noch ganz jung ist. Alles drum herum kann manchmal Kopfschmerzen hervorrufen. Sobald du etwas geschrieben hast, gehört die Idee nicht mehr dir allein.

Du wirst zurzeit von Converse ausgestattet und bist Teil der »Forever Chuck«-Kampagne. Wie sehr bist du an Streetwear als persönlichem Ausdrucksmittel interessiert?

Streetwear ist ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, seine Persönlichkeit auf verschiedenste Arten und Weisen auf der Straße oder in der Öffentlichkeit darzustellen.

Normalerweise steht die Marke Converse aber doch eher im Zusammenhang mit Punk oder Rockmusik. Was denkst du als HipHop-Künstler über die Zusammenarbeit?

Das mag wohl stimmen, aber für mich persönlich hat Converse eine sehr vielschichtige Vision, was das angeht. Ich freue mich sehr darüber, ein Teil davon zu sein. Es entspricht meiner Philosophie, nicht zu sehr auf Genregrenzen zu beharren. Und ich würde den Wert von Mode in einer Szene niemals mit der einer anderen vergleichen.


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#Style #Technik #Nintendo Switch

Nintendo Switch

KLICK, KLACK Der Akt des Stöpselns ist ein menschliches Urvergnügen. Nintendo, geschwächt von der gefloppten Konsole Wii U, bringt im März eine besonders stöpselige Konsole in den Handel. Wie funktioniert das?

Der Controller

»Joy-Con« – das klingt, als habe sich Nintendos Brainstorming-Runde nie vom ersten schlechten Witz erholt. Doch die Controllerhälften sind besser als ihr Name. Am Tablet und auch in dem speziellen Controller-Grip sind sie immer noch klein, aber robust und ergonomisch. Als Bewegungscontroller passen sie angenehmer in die geballte Faust als alte Wii-Fernbedienungen. Um aber Games mit nur einem Joy-Con zu steuern, brauchen Spieler Geschick, dünne Finger oder kleine Hände.

Die Konsole

Sie heißt »Nintendo Switch«, und sie hat zwei Gesichter. Erst sieht sie aus wie ein dickes Tablet, gesäumt von dem, was Spielern an Touchscreens immer fehlt: echte Knöpfe und Joysticks. Damit lassen sich hektische und frickelige Spiele präzise steuern. Zu Hause werden die Seitenteile dann mit einem sanften Klick vom Handheld gelöst und in eine Gamepad-Halterung gesteckt, das Tablet mit einem satten Klack in einer Dockingstation versenkt, und schon läuft das Spiel auf dem Fernseher weiter. Der Zaubertrick funktioniert – das Gerät ist wirklich gleichzeitig Tablet und Handheld.

— 75 Euro für ein Zweier-Set Joy-Con

— erscheint am 03.03.17, 330 Euro

Der Rest

Fans einer irgendwie kompletten Konsolenerfahrung kaufen gerne Zubehör. Wer das tut, hat einen langen Einkaufszettel: Das Zweier-Set Joy-Con ist teuer, und auch ein »Pro Controller« (augenscheinlich ein normaler Controller) schlägt mehr zu Buche als Gamepads für andere Konsolen. Wie wäre es sonst noch mit einem Paar Freiluftlenkräder, in die man bei Rennspielen je einen Joy-Con einlegt? Oder mit einem »Charging Grip«, mit dem man die Joy-Cons nicht nur bedienen, sondern auch gleichzeitig aufladen kann? Oder mit den merkwürdigen kleinen Straps, mit denen ein Joy-Con besser in der Hand liegt und besser erreichbare Schultertasten bekommt? Kann man alles kaufen. — 70 Euro für einen Pro Controller — 15 Euro für ein Joy-Con-Lenkrad-Paar

Jan Bojaryn


»Yes, we are nuts!« DIE FRANG ELICO LOKALRUNDE Es ist ja allgemein bekannt: Die besten Ideen entstehen an Kneipentheken. Dementsprechend beschloss Frangelico vor zwei Jahren gemeinsam mit ein paar Münchner Clubs, die Lokalrunde ins Leben zu rufen. Mittlerweile hat sich das Konzept etabliert: Eine Stadt, eine Nacht, vier Clubs, ein Rapper und Haselnuss mit Schuss – straight outta Piemont. Bereits am 24. Februar zog es die Nachtschwärmer Münchens gemeinsam mit SSIO und Frangelico durch vier Clubs der Stadt. Am 18. März macht die Lokalrunde den nächsten Halt in Köln. Ganz nach dem Motto »… und stündlich grüßt

die Haselnuss« geht es vom Subway in den Veedel Club, danach ins Gloria und schlißlich in den Reineke Fuchs immer begleitet von leckeren Shots und der Créme de la Créme der deutschen Rap-Szene: Schließlich sorgt Megaloh bei der Kölner Lokalrunde in allen vier Clubs für die musikalische Untermalung. Klingt verrückt? »Yes, we are nuts!« Unter allen Club-Nomaden Kölns verlosen wir 2×2 Gästelistenplätze. Schickt dafür einfach eine Mail mit dem Betreff »Yes, we are nuts!« an verlosung@intro.de.


Der Soundtrack deines Lebens 25 JAHRE × 25 SONGS × 25 COVERVERSIONEN

zusammengestellt von

Für jedes Jahr von 1992 bis 2016 eine Coverversion von einem wichtigen Song aus dem jeweiligen Jahr. Inklusive sechs neuen, exklusiv für diese Doppel-CD eingespielten Tracks von Abay, Die Sterne, Lambert, Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, Die Türen, Love A Plus vier erstmals auf Tonträger veröffentlichten Tracks von AnnenMayKantereit, Friendly Fires, The Kills und Fehlfarben.

Jetzt als Doppel-CD und Download.

In Kooperation mit

www.intro.de/25x25

1992: 1993: 1994: 1995: 1996: 1997: 1998: 1999: 2000: 2001: 2002: 2003: 2004: 2005: 2006: 2007: 2008: 2009: 2010: 2011: 2012: 2013: 2014: 2015: 2016:

The Polyphonic Spree »Lithium« Beatsteaks vs. Dirk von Lowtzow »French Disko« The Go! Team »Bull In The Heather« William Shatner »Common People« Tocotronic »Sailor Man« Earl Zinger »Song 2wo« José González »Teardrop« The Walkabouts »That‘s How I Live« Bart Davenport »Come On Let’s Go« Die Sterne »Madame Hollywood« WhoMadeWho »Satisfaction« Nostalgia 77 »Seven Nation Army« AnnenMayKantereit »Hand In Hand« Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen feat. Andreas Dorau »Gegen den Strich« Die Türen »Remmidemmi (Rock-A-Billy-Version)« Franz Ferdinand »All My Friends« Friendly Fires »I’m Good I’m Gone« Birdy »1901« Fehlfarben »Nach fest kommt lose« Jochen Distelmeyer »Video Games« Abay »Angels« Anna Calvi »Papi Pacify« Lambert »Pisse« Love A »Love Yourself« The Kills »Desperado«


#Review

# Review Spalter

Unsere liebsten Platten

Bilderbuch Magic Life

01 Jarvis Cocker Chilly Gonzales Room 29

Maschin / Universal

2015 waren Bilderbuch mit »Schick Schock« der Party-Katalysator des Popjahres. Swagginess in deutscher Sprache kam aus Wien. Doch wie weitermachen, wenn Dunst und Rausch am Morgen danach verflogen sind? Anders: Reicht der Mutterwitz der Band für ein Update? Noch mehr Battle unter: www.intro.de/spezial/spalter

02 Dirty Projectors Dirty Projectors 03 Christiane Rösinger Lieder ohne Leiden 04 Temples Volcano 05 Bilderbuch Magic Life 06 Leoniden Leoniden

Die sprachliche Melange aus Deutsch und Englisch von Bilderbuch-Sänger und Chef-Gockel Maurice Ernst ist Afrika oftmals näher als Deutschland. Wenn er etwa in der Single »Bungalow« von seinem Akku fast schon scattet: »Ich brauch Power für mein’ Akku / Keine Power in mein’ Akku / Baby, leih mir deinen Lader / Komm bitte leih mir deinen Lader.« Die Gitarren dazu klingen seifig, der Beat ist voll aufgedreht. Natürlich geht’s um Ego, FantasySprache und Gold. Diese Maßstäbe setzte die Band mit ihrem letzten, dritten Album »Schick Schock«. Bilderbuch haben eine eigene Sprach- und Sound-Welt erschaffen und toben sich nun in ihrem bekifften Utopia »Magic Life« eifrig darin aus. Die Generation Nike-Sneaker bekommt mit »Sneakers4free« eine Gospel-Hymne, aus Songs wie »Sweetlove« trieft Post-Sexschweiß. Ideenreichtum und Novitätsdrang der Band sind bemerkenswert, auch wenn die Was war das für ein wilder Sommer, als wir uns Produktion wie in »Superfunky»Willst du meine Frau werden« entgegenbrüllten? Bilderbuch überraschten mit ihren geleierten Silben, partytime« manchmal zu trashig mit ihren wütenden Gitarren, die nach 1980ergerät. Ohne Auto-Tune geht’s eh nimmer. Mit Humor muss man Zeichentrickmelodien klangen, und mit ihren merkwürdigen Band und Platte auf alle Fälle Texten, die im Suff oder auf irgendeinem Trip entstanden sein nehmen, sonst kommt man bei mussten. Dabei war »Schick Schock« schon Bilderbuchs drittes Sätzen wie »Erzähl deinen Mädels Album: So frisch, wie sie schienen, waren sie eigentlich gar ich bin wieder in der Stadt« nicht nicht mehr. Nur der Look war neu und charmant-bescheuert. weiter. »Magic Life« stellt kein Kollege Maier meint, dass man die Band mit Humor nehganzheitliches Konzept wie der men müsse. Humor ist eine subjektive Kiste, und meiner ist Vorgänger dar, sondern ist eher als das hier nicht mehr. Zwar können einen selbst schlechte Witze musikalischer Instagram-Account zum Lachen bringen, wenn sie gut erzählt werden. Werden zu verstehen. Zusammenhanglose sie hier aber nicht, und vor allem sind sie längst auserzählt. Bilder, die insgesamt ein rauschenBilderbuch lassen Maurice Ernst ironischen, schrecklichen des Wochenende abbilden. Gut, Auto-Tune-Unsinn vom Bungalow, vom Porsche aus der Gadass es diese urcoolen Spinner rage und »Sweetlove« seiern und bauen ihre altbekannten aus Wien gibt, sonst wäre alles so Spielereien aus Funk und fetten Beats drum herum. Das ist der gleiche alte Scherz wie auf »Schick Schock«, Überraschungen tocotrocken. Konstantin Maier gibt es nicht. Hits aber auch nicht. Man kann Bilderbuch zwar schlecht vorwerfen, nicht eingängig zu sein, aber »Magic Life« klingt einfach nur nach einem eintönigen Drogentrip, bei dem dir ein verrückter Betrunkener Quatsch in einem grauenvollen Mix aus Deutsch und Englisch ins Ohr flüstert. »Erzähl deinen Mädels ich bin wieder in der Stadt«? Ja, mach mal, dann hab ich Gelegenheit, ganz schnell ganz weit weg zu fahren. Julia Brummert

07 Strand Of Oaks Hard Love 08 Joy Denalane Gleisdreieck 09 Balbina Fragen über Fragen 10 Ryan Adams Prisoner

Eure liebsten Platten 01 The xx I See You 02 The Weeknd Starboy 03 Elbow Little Fictions 04 Schnipo Schranke Rare 05 Bonobo Migration 06 Antilopen Gang Anarchie und Alltag 07 Kreator Gods Of Violence 08 Blackfield V 09 Peter Doherty Hamburg Demonstrations 10 The Menzingers After The Party

Schickt eure Top 10 an charts@intro.de. Alle Einsender nehmen an unseren Ver­losungen teil!

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#Review #Platten vor Gericht

Platten vor Gericht Zum 250. Jubiläum haben wir verdiente IntroMitarbeiterInnen in die Jury gebeten.

Linus Volkmann Stellvertretender

Sonja Eismann Stephan Kulturredakteurin 2002–2007 Glietsch

Chefredakteur 1995–2000

Chefredakteur 2000–2014

1

Jesca Hoop Memories Are Now Sub Pop / Cargo

2

The xx I See You Young Turks / Beggars / Indigo

3

Bilderbuch Magic Life Maschin / Universal

4

Bonobo Migration Ninja Tune / Rough Trade

5

Antilopen Gang Anarchie und Alltag JKP / Warner

6

Japandroids Near To The Wild Heart Of Life Anti- / Indigo

7

Ty Segall Ty Segall Drag City / Rough Trade

8

Bela B Bastard B-Sploitation / Rough Trade

9

Cloud Nothings Life Without Sound Wichita / PIAS / Rough Trade

10

Crystal Fairy Crystal Fairy Ipecac / PIAS / Rough Trade

All Time Faves

Stefan Lehmkuhl Terminredakteur &

Event Sales 1999–2004

Ø 5,67

Ø 5,50

Ø 7,10

Ø 5,50

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Jens Friebe alles

Aaliyah One In A Million

Gnonnas Pédro La Musica En Vérité (Track)

Oasis (What’s The Story) Morning Glory?

Sleater-Kinney The Hot Rock

Jlin Dark Energy

Aaron Neville Hercules (Track)

DJ Koze Music Is Okay

Die Regierung Unten

Nina Simone In Concert

Towns Van Zandt Lungs (Track)

The Verve Urban Hymnes

Sehr schöne Mischung aus abstrakt und emotional. Schickt da doch mal ein Exemplar an IntroLektorin Kristina Engel. Gefällt ihr sicher auch. Alle, die was auf sich halten, stehen auf diese Platte, auf diese Band. Die Jahresbestenliste 2017 schnarcht sich mal wieder von selbst.

Der Alltag nach dem großen Knall. Prince ist tot — und Austropop bekommt langsam seinen Sonderling-Status wieder. Schöne Scheiße. Als ich bei Intro arbeitete, gab’s mal Krach wegen Bonobos Label Ninja Tune. Könnte das hier nicht hören, ohne weinen zu müssen.

I bims der Typ aus dem Panik-PanzerFanclub »Die Panzerfäuste«. Auch gut: Kolja = die Anwältin der Armen und der schöne Daniel. Lieblingsband vom besten lebenden Intro-Autor Martin Riemann. Stockholm-Syndrom sei Dank: Halte es auch für ein Meisterwerk. Das elfte Studioalbum ... Wie viel Schweine-Indierock-Platten werden noch kommen, bis das dröge Wunderkind einsieht, es ist einem zu viel? Wunderbarer Mann, von dem ich alles wissen, der alles mit mir machen dürfte. Bloß auf seine Musik könnte ich verzichten.

Okay langweiliger PowerIndie. Wenn man null von der Welt erwartet und Euphorie für überwertet hält, kann man auf dieser Platte einige Perlen entdecken. Mit Wave-Rock-Klischees und Blondie-Reminiszenzen ist es ja wie mit Drogen: Hauptsache, kickt. Weiterer Pluspunkt: Band wirkt recht stumpf.

Sie kann bestimmt nichts dafür, dass sie mal die Nanny von Tom Waits’ Kindern war, aber dieser eklektisch verspielte Folk gibt mir einfach wenig. Endlich. Die habe ich mir bis zum Schluss aufgespart. Eine andere Galaxie der glitzernden Artifizialität in all dem ehrlichen Schweiß hier. Eigentlich interessant, wie hier Prince-FunkRiesengeste und Ösi-CloudRap-Gestammel zusammengeklaut werden. Austropop back on major track. Ein Vorteil der Arbeit bei einem feministischen Heft ist, dass man sich nicht mehr mit generischem Downbeat bei Ninja Tune beschäftigen muss.

Hier wünschte man mal, die CW-Fraktion machte ernst und verböte »Rappen« als Artikulationsform für Weißbrote als Akt der Cultural Appropriation. Haha. MOR-Garage-Indie fürs Bierzelt. Ich vergesse immer, wie viele erfolgreiche durchschnittliche Typenbands es gibt. Wer soll die alle anhören? Langsam bekomme ich den Eindruck einer Verschwörung, oder wieso fühlt sich das hier an wie ein riesiges Weißwurstfest?

Bela B wird im Salzkammergut gerne von Norbert-Hofer-Wählern gehört, habe ich festgestellt. Die mögen bestimmt auch den exotistischen Spaghetti-Western. Indierockboygroups, den Quatsch gibt’s noch? Klingt heute wie der AmiIndie, den der steirische SpexFan und ich in den 1990ern gehört haben. Grunge-Metal von Melvins und At The Drive-In, na ja, habe ich auch nicht gerade von geträumt, aber immerhin eine weiblich identifizierte Person.

Ein goldenes Schmuckkästchen voller singender, klingender und durcheinanderspringender Hosentaschenschätze.

Haben auch auf Album Nummer drei die eigene Uneindeutigkeit gewinnbringend weiter ausdefiniert.

»Schick Schock« hatte den Überhit »Maschin«, das hier dafür alles andere, was ich mir vom Vorgänger erhofft hatte.

In wohlfeiler Melancholie zwischen Teestube und Wummsbude mäandernde Konsensplatte.

Smart, aber kalkuliert. Suggeriert Risiko und sichert sich doch nach allen Seiten ab.

Knaller. Als würde der Boss mal eben Deja Voodoos verschollenes Silver-Apples-Tribute-Album covern.

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.

El Cattivo, Held meiner Teenie-Zeit, reitet wieder — auf Albumlänge und an der Seite von Gianni Garko, John Leyton und Rainer Brandt.

Atavistischer 1990erSingalong-Emo, vorgetragen mit hängenden Schultern, erhobenen Fäustchen und vorgehaltener Pop-Pistole.

Crossover, wie er mal gedacht war, von Menschen, die sich damit auskennen.

Meine Aufmerksamkeitsspanne ist gerade zu kurz. Kann sein, dass mir das nach ein paar Mal Hören gefallen wird. Bin aber nicht sicher, ob ich Lust dazu habe. Die Platte hatte großes Potenzial zu enttäuschen. Ich war sehr erleichtert, dass ich es nicht war. Ein Punkt fehlt trotzdem irgendwie noch. Dass ich die Musik nicht so geil finde wie alle anderen, ist nicht ihre Schuld. Ich mag einfach fast keine deutschsprachige Musik außer Blumfeld und Kante. Genau mein Ding und eine der besten elektronischen Platten der letzten Zeit. So viel Wärme im kalten Berliner Winter. Freue mich auf die Shows. Nummer-eins-Alben gefallen mir eher selten, außer das von The xx. Die Gang verstehe ich nicht. Ist das eher Fanta 4 oder eher Bushido? Das ist mir zu viel auf einmal. Wenn ich noch auf Rock’n’Roll stehen würde, würde ich sagen: ganz guter Rock’n’Roll aus Kanada.

5

Fünf Punkte, weil ich nicht zu negativ wirken will. Aber heutzutage wäre ich für »PvG« in der Groove einfach besser geeignet. Es liegt also an mir. Hoffentlich wird er damit nicht Support von The BossHoss. Die HörspielParts gefallen mir am besten. Natürlich immer noch besser als die »The Voice«-Fratzen. Mit 14 hätte ich das super gefunden, als ich noch lange Haare und ein Skateboard hatte. Jetzt habe ich kurze Haare und mir gefallen weder Strokes noch Sum 41. Sorry, das ist mir gerade zu laut.


#Review #Platten vor Gericht

Matthias Fricke

Felix Scharlau Redakteur & Textchef 2004–2014

Geschäftsführer 2001–2011

Kristina Engel Boris Fust & Armin Bauer Faktotum 1995–2010 Lektorin & Co. seit 1991

Oliver Bresch

Director Sales & Marketing 1997– 2017, Inregio Nord 1993–1999

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Matthias Hörstmann Herausgeber seit 1991

& Vertrieb & Co. 1994–1999

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The Strokes Is This It

The KLF Chill Out

K: Nits Ting

The Fall Middle Class Revolt

Blumfeld L’Etat Et Moi

Jacques Brel alles

Kendrick Lamar Good Kid, M.a.a.d. City

Sufjan Stevens Carrie & Lowell

A: Hanson Brothers Sudden Death

Spliff 85555

Plug Drum’n’Bass For Papa

The Clash alles

Jamie xx In Colour

Die Regierung Unten

K&A: Kings Of Convenience Declaration Of Dependence

The Rolling Stones Rolled Gold

Dinosaur Jr You’re Living All Over Me

Sigur Rós alles

Elektrifizierter Folk, wie er gut zum Sub-Pop-Label passt. Mich erreicht das.

Das Album, auf das sich wohl alle einigen können. Ich kann den Raving-Reviews nichts hinzufügen.

Diese Superfunkypartytime läuft wieder sehr soundverliebt ab. Ziemlich konkurrenzlos, wenn auch das Songwriting nicht auf konstant hohem Niveau ist. Epische Soundscapes. War schon immer gut und ist jetzt noch besser.

»Auf die Quotenrebellen kann sich jeder irgendwie einigen / Ein bisschen frech, aber schlau und so witzig und politisch« (aus »Das trojanische Pferd«) 2012 war das letzte Album auf meiner Fave-List. 2016 kann ich mit dem neuen Album der Band nicht mehr viel anfangen. Kann an mir liegen.

1970er-Hard-Rock revisited mit kalkulierten Noise-Ausbrüchen. Nach neun Alben in neun Jahren ist die Geschichte mehr als erzählt. Eigentlich möchte ich es mögen, aber leider verliert die Genre-Fingerübung mit Morricone und Country-Versatzstücken nach drei Songs die Faszination. So klang es in den 1990ern. Aus Nostalgie mag ich den Emo- & IndieRock auch 2017 mal gern hören. Sicher nichts für die Jahres-Charts. Riot Grrrl mit Supergroup-Metal-Gitarren. Ich hatte meinen Spaß.

Kannte ich bisher gar nicht. Liebevoll angerätseltes Album.

Diese Platte wird Ihnen präsentiert von Hall. Dem Besten, seit es Wände gibt.

Als würde ein Algorithmus Falco und Prince kreuzen. Ich steige ein, sobald alle Bugs weg sind.

Von der Muse geküsst, auf dem Mischpult eingeschlafen.

Fun Fact: Überraschende Tendenz zum linken Schlager.

Wenn du im Moshpit heimlich an Bruce Springsteen denkst.

Dichter Referenzwald, in dem alle Bäume gleich aussehen.

Stadtmagazine, bitte folgende Artikel-Überschrift nehmen: »Er will zurück nach Westernland«.

Gute Band immer gewesen, hier vielleicht ein klein wenig auserzählt, der Ansatz.

Drittklassige VideospielShooter lecken sich die Analogsticks nach solchen Riff-Pansen. Ein Punkt Abzug zusätzlich wegen Melvins.

K: Man kann sie als Kate-Bush-Plagiat bezeichnen, man kann diesen zarten, abwechslungsreichen Folk aber auch einfach mögen. Ich tu’s.

K: Im Intro immer schon gefeiert, sind sie an mir eher vorbeigerauscht. Diesmal beinah auch, beim dritten Hören hat’s geschnackelt. K: Ein Bilderbuch? Ja, doch. Jede aufgeschlagene Seite überrascht, offeriert etwas Neues. Mega abwechslungsreich und charmant ösi.

A: Sicher total hippes Soundgeschwurbel. Elektronische Spielereien, die in lichten Momenten zünden, sonst aber extrem langweilen.

A: Deutsch-Rap, äh, -Punk, nimmt kein Blatt vor den Mund, hat den nötigen Humor und zitiert die passenden Originale. Toller Name on top!

K: Japandroids = rumfrickelnde Electro-Nerds, is doch klar. Nicht? FeierStadion-Rock/Pop? Leute, legt euch einen passenderen Namen zu!

A: Mr. Segall will meist mehr, als er kann, und trifft nur selten den Pöter, obwohl er das anscheinend unentwegt möchte. Halbe Sache. A: Bela B, du Tarantino des Deutschpunk! So etwas darfst nur du! Ich stelle mir es auf der Freilichtbühne in Elspe vor — großartig!

A: Schweres, schräges, bisweilen schnelles Gitarrengeschrammelgewitter. Ist mir hier und da ein bisschen zu eintönig.

K: Auch wenn dies Liebhaber des amtlichen Rock überzeugen mag, mich lässt es kalt. Daran ändert auch der Supergroup-Status nix.

Ja, das ist natürlich einfach sehr gut.

Notoriously overrated. Music @media says they are great. Fake news! They are not. Failing hype, big time. So disgraceful!

Mit erstaunlich freiem Geist virtuos arrangiertes Bric-à-brac voll irritierender Schönheit. Schon jetzt Platte des Jahres selbstverständlich.

Gediegener WellnessSound für den YogaRetreat. Vollständig vegan. Ideal für alte traurige Frauen mit Glutenintoleranz und Lichtallergie. Gut gemeinter HipHop. »Atombombe auf Deutschland« #POTUSmäßig derzeit leider nicht so lustig. Musi war auch schon mal fresher. Mit sauschnellen Algorithmen hochgerechneter Exciter-Pop. Kracht und knallt, ist aber zu schematisch, abgezirkelt und formelhaft. Anämisch. Wäre auch vor 25 Jahren sehr gelobt worden. Es geht eben nichts über amerikanisches Songwriting, das auf einer Elektrischen dargeboten wird. Graziös gemachtes musikalisches Hörspiel über den Wilden Westen. Epische Tonkunst mit allerbestem Drumsound.

Igitt: Piano-Intro, inkompetent dahergetattert noch dazu. Danach schlaffpimmeliges Gitarrenzeug in Normalausformung. Von gestern. Wie vor 25 Jahren. Musikalische Irrtümer reifen nicht besonders gut. Völlig untight, Üben mit Metronom und Quintenzirkelstudium ist anzuraten.

Amerikanische Songwriterin. Genauso klingt’s auch, ruhig, reduziert — aber durchaus abwechslungsreich. Die Mundorgel raus und nachgespielt. Wird schon. Ich kaufe ein x und möchte lösen. Keine Überraschung, aber sehr toll. Ambient für Berufskraftfahrer, nachts um halb vier. Da wird bestimmt was Riesiges draus. Wo r t f e t z e n a u f g e schnappt am Merchstand bei einem BB-Konzert in Berlin: »Hoabs noch so a Tragerl?« Ich mag den Schmäh. Superfunkypartytime. Mochte ich schon immer und sehe nicht ein, das zu ändern. Schicke Features, flowt gut rein. Aus denen wird auch noch was auch immer.

Kritisch, unangepasst, abwechslungsreich, meinungsstark, augenzwinkernd und sogar musikalisch töfte. Aus denen was werden könnte. Und Yoda hört U2.

101.433 Facebook-Fans können nicht irren. Ich bin da eher nicht so. Singalongrockalong, West Coast aus Kanada.

Extrem umtriebiger Multiinstrumentalist, der alleine schon klingt wie eine ganze Band aus Fuzz, Glam, Psych, Garage, Rock, Flower. Weird. Ein Western-Hörspiel von Rainer Brandt gesprochen gibt ‘nen Sonderpunkt. Ansonsten der zu erwartende CountryBluesRockPunkKram, aber nicht scheiße. Vielen Dank auch. Hab ich schon mal gehört, ich glaube so 1995. Oder war das 2001 und hieß Strokes? Aber das können die Kids ja gar nicht wissen. Oh, Überraschung. MotorCityRock auffe Fresse von einer sog. Supergroup. Und Melvins-King Buzzo hört man natürlich raus. Nice one. Das war bestimmt schon mal was.

Dieser Gesang und Tiefgang ziehen mich direkt beim ersten Hören in ihren Bann. Bin fasziniert, euphorisiert und hypnotisiert, sprachlos und verzückt. Auch wenn ich mir die Inszenierung und Produktion manchmal weniger opulent gewünscht hätte: wundervolle Songs, erstklassige »Performance«! iTunes sortiert es unter »Unbekanntes Genre«. Treffender kann man diese mutig weggeschallerte Wiener Melange im Geiste von Falco nicht beschreiben. Music for body, mind and soul. Ein WellnessSoundtrack mit Niveau. So entspannt, fröhlich, inspiriert, verspielt und warm. Chill-in & Chill-out. »Mit dem Album in den Charts, weil es einfach läuft. Scheiße wird zu Gold.« Recht haben sie, denn dieses Album nervt und der Fehlfarben-Link ist ‘ne Frechheit. »An inspiring, passionate burst of poetic rock and roll«, beschreiben sie selbst ihr Album. Die Musik berührt und tangiert mich aber leider fast gar nicht. »Noise-Alarm! Der Garagen-Teufel lässt es wieder krachen, aber erst die soften Zwischentöne rechtfertigen das Prädikat Meisterwerk«, meint die Intro-Review. Right!

@Antilopen Gang: Hört euch das mal an und versucht zu verstehen, wie entspannt eine Punk-Attitüde klingen kann. Danke dafür, Bela. »Became aware of everything, saw what I’d done and who I’d be, I was uncomfortable with me.« Ich mag den Style à la Wedding Present und Pavement. Wenn alte Helden von Melvins, At The DriveIn und Le Butcherettes eine Supergroup formieren, sind Vorfreude und Erwartung groß. Hier waren sie zu groß.


100

#Review

All Them Witches Sleeping Through The War New West / PIAS / Rough Trade

Spektakel

Christiane Rösinger Lieder ohne Leiden Staatsakt / Caroline / Universal

Sechs Jahre nach ihrem Debüt präsentiert Christiane Rösinger »Lieder ohne Leiden«, die vor allem eines sind: Lieder vom Leiden.

Nach ihrem 2010er-Album »Songs Of L. And Hate« gab es Christiane Rösinger in Buchform, in Hörbuchzusammenhängen und als rauchenden Geist der Flittchenbar. Nun macht die Sängerin der Lassie Singers und von Britta also wieder Musik. Und zwar »Lieder ohne Leiden«, die Leidenslieder sind. Verzweiflungstexte über das Jetzt und Hier, so lakonisch echt, dass sie über die pure Beschreibung hinaus- und als vertonte Zustandsanalyse einer melancholischen und musikalischen Seele – so die Deskription des eigenen Spiegelbildes – ganz tief reingehen. Daran trägt auch Andreas Spechtl Schuld, der das Album instrumentiert, aufgenommen und produziert hat. Der warme, – man wagt es kaum zu schreiben – fröhliche Klang verschränkt sich so wunderbar mit den Texten, die wie gewohnt kein Gramm Wortfett mit sich herumtragen. Der Hut gehört für den Gentrification-Stomper »Eigentumswohnung« ebenso gelupft wie für die prekäre und wunderschöne Hymne »Lob der stumpfen Arbeit«. »Lieder ohne Leiden« ist eine halbe Stunde Geschichtsschreiberei der Gegenwart. Gut aufbewahren für den Fall, dass euch eure Enkel irgendwann mal fragen: »Was habt ihr damals eigentlich gemacht?«

All Them Witches setzen sich auf ihrem vierten Studioalbum gekonnt zwischen mehrere Stühle und bleiben über die Maßen experimentierfreudig. All Them Witches lassen sich schwer einem bestimmten Genre zuordnen. Zwar prangt über ihnen klar der Schriftzug »Rock«, doch was sich darunter abspielt, wurzelt in verschiedensten Nährböden. Das war bei ihren ersten drei Alben so und ist es auch bei »Sleeping Through The War«. Der eröffnende Track »Bulls« wird mit zunächst dezentem und sich dann steigerndem Vogelgezwitscher eingeleitet. Leise wird eine Gitarre angeschlagen, ein säuselnder Frauenchor gesellt sich dazu, bevor eine weitere Gitarre – dieses Mal verzerrt – und die fast in Sprechgesang verharrende Stimme von Charlie Michael Parks jr. den Song zu einer Psych-Rock-Nummer anschwellen lassen, die sich in ihrer fast siebenminütigen Breite immer weiter zu steigern weiß und erst zum Ende hin ihren fast orgiastisch anmutenden Höhepunkt erreicht. In der Folge präsentieren die vier Musiker aus Nashville eine ausgereifte Mischung aus Blues-, Hard- und Stoner-Rock, stets durchzogen von kreativen Psych-Elementen. Sie experimentieren viel und gelungen, immer wieder entdeckt man neue Finessen und brillante Ideen. Das gipfelt schließlich im fast zehnminütigen Jam-Track »Guess I’ll Go Live On The Internet«, der tief im Psych-Rock der späten 1960er verankert ist, aber auch Folk- und Country-Anleihen aufnimmt. All Them Witches haben ein weiteres grandioses Album geschaffen: Sie erfinden sich in beinahe jedem Song neu und sorgen so für permanente Varianz. Der Wiederspielwert ist so hoch, dass man »Sleeping Through The War« direkt wieder von vorne starten mag. Tobias Tißen

der Musikbranche ist: »Musik ist wie Oliven, da müssen sich die Leute dran gewöhnen. Aber die Plattenfirmen setzen den Leuten immer nur Weißbrot vor. Und dann essen halt auch alle das Gleiche, weil’s von links und rechts und von oben Weißbrot regnet. Aber eigentlich suchst du die Olive.« Wenn eine Olive so klingt, bleibe ich doch lieber beim Weißbrot. Laura Nürnberger

Bela B Bastard B-Sploitation / Rough Trade

Belas B-Movie-Schule: »Bastard« gibt Nachhilfe zum Thema Spaghetti-Western. Während Farin Urlaub mit dem Racing Team mittlerweile annähernd so große Hallen füllt wie mit den Ärzten, bleibt Bela B der Nische treu. Gut so, wenn dabei so wunderbar eigensinnige Themenalben wie »Bastard« herauskommen. Der Cineast und TrashLiebhaber macht sein viertes Soloalbum zu einer Hommage an den Spaghetti-Western. Synchronsprecher-Legende Rainer Brandt setzt mit dem gesprochenen Intro die passende Stimmung – Wüstensand, einsame Helden und Pistolengefechte – und taucht immer wieder in kleinen Hörspiel-Passagen auf, die das Album thematisch zusammenhalten. Der Ritt durch alle Elemente des SpaghettiWestern ergeht sich dabei sogar in absurden Details, beschäftigt sich etwa mit filmisch breitgetretenen Klischees wie dem des chinesischen Kochs. In kaum einem anderen Kontext würde man eine Zeile wie »Ching chang chong all night long, es geht um Chinesen in diesem Song« durchgehen lassen, aber in der überzogenen B-Movie-Welt, die hier aufgezogen wird, passt das schon. »Bastard« ist kein Tarantino’eskes Meisterwerk, das aus den Genre-Versatzstücken etwas Revolutionäres schafft, quillt aber über vor Liebe für alte Western-Filme. Dominik Bruns

Balbina Fragen über Fragen

Marco Fuchs

Four / Sony

Ryan Adams Prisoner Blue Note / Universal

Ryan Adams ist chronisch im Midtempo gefangen, bietet minimale Variationen des ewigen Herzschmerz-Themas und hat auch musikalisch wenig Spektakuläres anzubieten. Und doch geht sein neues Album wieder okay. Der Geist der Evolution ist es sicher nicht, der Ryan Adams seit Jahrzehnten antreibt. Ebenso wenig der Wille, seine mittlerweile zum Heartland-Rock mutierte Musik als Vehikel für vielschichtiges Storytelling zu nutzen. Er ist stets der Leidende geblieben, der maximal ichfixiert die Irrungen und Wirrungen seines unglücklichen Liebeslebens herausstellt. Die Scheidung von der Schauspielerin Mandy Moore tat diesmal ihr Übriges, um ihn

wieder Songs schreiben zu lassen. »I was reflecting on the different states of desire and what it means to be a prisoner of your own desire«, sagt er zum Hintergrund der Platte. Wenn auch maximal erwartbar, kann Adams das hohe Songwriting-Niveau seiner selbstbetitelten Rehabilitations-Platte aus dem Jahre 2014 zum großen Teil halten. Wenn er Zeilen wie »I’m just a prisoner of your love« mit seiner zuweilen an Bono Vox erinnernden Stimme schmachtet, dann ist das genauso selbstmitleidig wie maximal verführerisch. Adams ist der Chef-Melancholiker mit ebenso einfachen wie effektiven Melodien geblieben. Besonders gut gelingt ihm das in »Tightrope«, einem seiner vielleicht schönsten Songs, der durch eine wilde Trompete für den einzigen musikalischen Überraschungsmoment auf diesem Album sorgt. Kai Wichelmann

Auf ihrem letzten Album hat Balbina viel gegrübelt, nun stellt sie sich »Fragen über Fragen«. Ein Licht ist ihr dennoch nicht aufgegangen. Schon in den ersten paar Sekunden wird klar: Balbina ist nicht die typische Pop-Sängerin. Außerdem stellt sie sich gerne Fragen. Doch selbst nach 15 Stücken mit melodramatischen Streichersinfonien und sperrigen Wortspielen tut sich dem Hörer eigentlich nur eine einzige auf: Was genau soll das hier eigentlich sein? Die »Fragen über Fragen« wirken willkürlich aus dem Alltag gerissen, wie ziel- und gedankenlos aneinandergereiht. Auch die Alltagsbetrachtungen der 33-Jährigen sind so irrelevant und banal, dass das eigentlich Faszinierende daran ist, wie sie es überhaupt den weiten Weg bis zum Endkonsumenten geschafft haben. Dass sich Balbina jedoch am liebsten mit sich selbst auseinandersetzt, äußert sich allein dadurch, dass ganze elf der fünfzehn Stücke mit dem Wort »Ich« beginnen. Das ist monoton und anstrengend und wird auch durch affektierte Wortspiele nicht besser, die dem Hörer dort Tiefgang vorgaukeln wollen, wo nur Plattitüden herrschen. Beweisen will die Berlinerin damit scheinbar vor allem – und leider auch auf Kosten der Musik –, wie merkwürdig und sonderbar, wie originell und ausgefallen, ja, wie anders sie doch im Vergleich zum Rest

Bergfilm Constants Haldern Pop / Rough Trade / VÖ 03.03.17

Ein Heimatfilm für die Ohren: Das Debüt der Kölner Band Bergfilm führt den Hörer durch elektronische Nebelschwaden, farbenfrohe Indie-Landschaften und pulsierende Club-Nächte. Man nehme einen Farbverlauf, beliebig viele geometrische Figuren und füge eine Hand hinzu – fertig ist das Cover-Artwork einer typischen Electro-Platte. Vermeintlich simpel, weil minimalistisch, dennoch irgendwie tiefgründig, weil abstrakt, überholt, weil 1000 Mal gesehen. Fast lehrbuchmäßig wird dieses Phänomen anhand von »Constants« vorgeführt, und auch der Titel erinnert gespenstisch an Tame Impalas »Currents«. Die Langeweile, die sich so beim bloßen Betrachten der CD einstellt, verfliegt jedoch schon mit dem ersten, programmatisch betitelten Track »Open Here«. So sehr Genre-Klischees auf den ersten Blick bedient werden, so entschieden werden sie musikalisch zurückgewiesen. Den vier Kölnern gelingt es nicht zuletzt dank Arthur Lingks markanter Stimme, ihren eigenen Stil durchzusetzen. Die Songs erscheinen mal in sphärischen Synthie-Schwaden, etwa


#Review in »Open Here«, mal auf Rhythmen fokussiert, fast tanzbar wie im Titelsong. Treibende Kraft bleiben jedoch die tragenden Melodien und Retro-Gitarren, zu hören in »California«, »The Line« oder »Let You Roll«, mit denen sich das Album letztendlich dem Indie verschreibt. Ein Debüt, das musikalisch für sich steht und sich sicherlich hinter keiner vorgehaltenen Hand verstecken muss, Farbverlauf hin oder her. Laura Nürnberger

Bing & Ruth No Home Of The Mind 4AD / Beggars / Indigo

Traumwandlerische Musik von einem der heute hörenswertesten Ambient-Ensembles: Bing & Ruth erkunden den musikalischen Raum zwischen den hypnotischen Strukturen von Philip Glass und der herzzersägenden Emotion von Sigur Rós. Anders als man heute glauben mag, war Musik lange Zeit eher Raum- als Zeitkunst. In den Kirchen des Hochmittelalters etwa war sie ein Teil der Architektur, sie waren dafür gebaut, dass in ihnen ein unendlich gedachter polyfoner Choral erklingt. Erst in der Mitte des letzten Jahrhunderts wurden Traditionen wieder sichtbarer, die Zeit ausufern und Musik räumlich werden lassen: im Minimalismus etwa oder im Ambient. Bing & Ruth haben ihre musikalischen Wurzeln eindeutig dort, auch wenn sie etwas anders machen als die Klassiker der Minimal-Music: Statt mit Reduktion und Repetition arbeiten Mastermind David Moore und sein heute fünfköpfiges Ensemble mit einer reichen instrumentalen und emotionalen Textur. Im Zentrum steht das Piano, das, ähnlich wie bei Lubomyr Melnyks Continuous Music, mit ineinander verlaufenden Tonkaskaden fesselt. Dahinter liegen die stetig brummenden, gestrichenen Kontrabässe und Klangtupfer einer Klarinette, die dem Sound einige Nuancen der frühen Sigur Rós mitgeben. Nachdem Bing & Ruth 2014 mit »Tomorrow Was The Golden Age« eines der besten experimentellen AmbientAlben der letzten Jahre aufgenommen hatten, ist »No Home Of The Mind« eine Nummer kleiner, nichtsdestotrotz gelingt es aber nicht weniger, die Welt um sich herum innerhalb von Sekunden in ein traumhaftes, aber doch scharfes Dazwischen zu verwandeln. Aufgenommen wurde es, natürlich: in einer Kirche. Steffen Greiner

Binoculers Sun Sounds Insular / Cargo / VÖ 10.03.17

Frühling ist eine Stimmung. Die zum Duo angewachsenen Binoculers verbreiten so etwas wie »nordische Frühlingsstimmung«: Musik, die wie ein leicht überbelichtetes Polaroid klingt. Die ersten beiden Alben von Nadja Rüdebusch alias Binoculers prägte noch düster-abstrakte Electro-Folk-Spieluhr-Musik. Mit dem Einstieg von Schlagzeuger Daniel Gädicke als festem Bandmitglied ist nun deutlich mehr Volumen in die Song- und Sound-Spielereien eingezogen. Mit »Sun Sounds« klingen die beiden endgültig wie eine Hamburger Inkarnation der Doves, nur

mit mehr Miniaturen und Fragmenten, einem Hang zu melancholisch ausgewaschenem Gitarre/Schlagzeug-Spiel à la Contriva und großer Freude an echter Pop-Verspieltheit wie bei World Party. Nicht umsonst sagten die beiden einmal in einem Interview, dass der Song, den sie am liebsten selbst geschrieben hätten, ausgerechnet »Bohemian Rhapsody« sei. Selbstredend fehlt beim Dream-Pop der Binoculers jedes Drama und jegliche große Geste, alles andere ist hier aber durchaus zu finden: von Melodieverliebtheit über Tempowechsel, aufwendige Arrangements und raffinierte Produktionen bis hin zu einem dunklen Glamour. Wer sich also darauf einlässt, dass die »Sun Sounds« der Binoculers in Texten und Texturen sowohl das gleißende Licht als auch die grauen Schatten der Sonne beschreiben, kann sich mit ihnen auf eine eindrucksvolle und lohnende Reise durch die ersten kühlen Frühlingstage in den Außenbezirken der Großstadt begeben. Claudius Grigat

in Quartett-Besetzung. »Illinois River Valley Blues« ist eine Sammlung eleganter amerikanischer Instrumental-Gitarrenmusik, die oft sparsam, meditativ und ruhig gehalten ist, aber immer stimmungsvoll bleibt und trotz gedoppelter Allmann-Brothers-Gitarren (mit James Elkington) niemals in altbackene Southern-Rock-Gefilde abrutscht. McCombs’ klarer, leicht angezerrter Gitarren-Sound wird kongenial von einer soliden Rhythmusgruppe unterstützt, was für eine sehr klare, frische und aufgeräumte Musik sorgt, die aber immer einen Gänsehautmoment bereithält. Für Abwechslung sorgen zudem der sparsam eingesetzte wortlose Gesang von Amalea Tshilds sowie die spanisch angehauchte Coverversion eines Songs des Chicagoer Kornettisten Rob Mazurek. Andreas Brüning

Durchbruchsalbum für Candelilla wird. Seit Jahren gilt die Band als Geheimtipp respektive beste Band der Neo-Postpunk-Welle, nun hat sie das unterstrichen. Der Titel der Platte ist dabei so vieldeutig wie handfest: Vielleicht meint er: aus sich rausgehen, neue Zelte aufschlagen, wilder werden. Oder es handelt sich um eine Beugung des Begriffs »camp«: kitschig, übertrieben, überhöht. Möglicherweise ist es auch als Referenz auf Max Müllers Band Campingsex zu verstehen. Gleichzeitig sind Mira Mann, Lina Seybold, Sandra Hilpold und Rita Argauer immer noch »trocken und staubig«, spröde, manchmal kurz vorm Kollabieren. Worte werden einfach ihres Klangs wegen abgefeiert, ohne dabei die Musik zu vernachlässigen: Manchmal flippern Geräusche umher, Stimmen verschmelzen mit Instrumenten, Krach wird zur Erlösung. Ganz eindeutig manifestieren Candelilla ihren Ruf, die konsequenteste Postpunk-Band Deutschlands zu sein. »Camping« ist ein melancholisches, poetisches Meisterwerk, das gefeiert werden muss in einer Zeit, die neue Helden gegen alte Bösewichter braucht. Lars Fleischmann

Molly Burch Please Be Mine Blaudzun Jupiter (Part II) Glitterhouse / Indigo / VÖ 03.03.17

Teil zwei von Blaudzuns »Jupiter«-Triptychon ist ein Beispiel dafür, dass Schnellschüsse nicht immer ins Schwarze treffen. Triptychon – das klingt nach einer Art Opus magnum, bedeutet bei Johannes Sigmond alias Blaudzun aber lediglich: drei rasch in Folge produzierte Alben mit jeweils neun Songs. Das Resultat: Der hymnische Arcade-Fire-Gestus des Niederländers steckte im Indie-Pop des ersten Teils von »Jupiter« noch drin, doch waren die Arrangements eine Spur luftiger gestrickt als davor auf »No Man’s Land« aus dem Jahr 2014. Leider drehten sich die Stücke allzu oft im Kreis. Teil zwei setzt die schlankere Linie nun fort, ohne sich zu sehr lumpen zu lassen: ein Glockenspiel hier, etwas Banjo dort. Besonderen Eindruck machen die analogen Synthies, die im Bowie’esken »Outside The Lights Of The City« oder dem passend betitelten »To Be Lost In 87« 1980er-Feeling verbreiten. Doch es ist wohl Sigmonds Vorliebe für gen Himmel strebenden Gesang und treibende StakkatoRhythmen, die trotz Variationen in Tempo und Instrumentierung ein Gefühl der Wiederholung erzeugt. Zumal die ab und zu zündenden Melodien des Vorgängers hier noch rarer gesät sind. Vielleicht sollte sich Blaudzun für Teil drei einfach mehr Zeit gönnen. Nina Gierth

Brokeback Illinois River Valley Blues Thrill Jockey / Rough Trade

Der Tortoise-Gitarrist Douglas McCombs verwandelt offenbar recht angenehme Kindheitserinnerungen in zeitlos melancholische amerikanische Gitarrenmusik. Unter dem Namen Brokeback veröffentlicht Tortoise-Mitglied McCombs seit 1995 schwärmerisch-gefühlvolle und vor allem melancholische Gitarrenmusik. Anfangs war die Band ein Solo-Ambient-Projekt mit Jazz- und Wüstenrock-Wurzeln, nun präsentiert McCombs sein viertes Album wieder

Captured Tracks / Cargo

Ist es zu hoch gegriffen, »Please Be Mine« richtig zu feiern? Vielleicht. Andererseits wurde auf diesen Seiten auch schon Bon Iver zum Album des Jahres. Ein bisschen Übertreibung gehört also zum guten Ton. Es ist natürlich anachronistisch, was Molly Burch auf ihrem Debüt »Please Be Mine« veranstaltet: Songs von (und Verzweiflung an) Liebe, die sich auf jeder Ebene – sei es in Songwriting, Produktion oder Arrangement – tief in die Klangräume der 1950er und frühen 1960er fallen lassen. Doo-Wop, Hall und scharf umherhüpfende Gitarren sind die Markenzeichen der gebürtigen Kalifornierin, die in Texas lebt und überhaupt nur Songs zu schreiben begann, um ihrer Stimme einen angemessenen Rahmen zu geben. Patsy Cline oder Nina Simone können und dürfen dem Hörer hier einfallen, mir fallen aber vor allem ein: die Indie-Darlings Angel Olsen, Sonny & The Sunsets und Mac DeMarco. Einige Highlights klingen gar, als hätte Cinemascope-Diva Lana Del Rey den Gesang eines dieser schelmisch sich zur Hymne wuselnden DeMarco-Stücke übernommen. Zumindest bis der im April sein neues Album rausbringt, ist das hier jedenfalls state of the art des sehnsüchtigen Soul, und von mir aus kann das auch darüber hinaus so bleiben. Man wird ja wohl noch übertreiben dürfen, bei so einem Herzensalbum! Steffen Greiner

Candelilla Camping

Chicano Batman Freedom Is Free ATO / PIAS / Rough Trade / VÖ 03.03.17

Chicano Batman haben mehr mit Donald Trump als mit Bruce Wayne zu tun. »Freedom Is Free« bietet das musikalische Gegenmodell zu der isolationistischen und protektionistischen Weltsicht Herrn Trumps. Und das macht auch noch verdammt viel Spaß. Kohärenz und Stringenz sind in diesen postmodernen und -faktischen Zeiten ja eher zweitrangig. Warum also sollte das, was für US-Präsidenten gilt, nicht auch für US-Musiker gelten? Für Chicano Batman ist die Konsequenz hieraus simpel: einfach alle möglichen Referenzen in ein spannendes Amalgam namens »Freedom Is Free« zusammenführen. »Friendship« lässt Erinnerungen an »Pet Sounds«, 1960er-Soul, Psychedelic Rock der 1970er, Afrobeat und Keith Emerson aufkommen, »Angel Child« überzeugt mit jazzigen Drums, Country-Walking-Bass und seltsam folkigem Falsett-Gesang. Und das waren nur zwei Songs! Diese Diversität zieht sich durch das gesamte Album, mit einer einzigen Konstante: Überall sind brasilianisch-lateinamerikanische Rhythmen dezent unterlegt. Die multikulturelle und -referenzielle Kraft von »Freedom Is Free« wird nur ein einziges Mal dröge und abgedroschen: »The Taker Story« ist ein klischeebeladener und pessimistischer Reggae-Verschnitt, der in seiner Simplizität extrem nervt. Abgesehen davon macht das Album der Chicanos aus Los Angeles mit seinem Abwechslungsreichtum und seiner Sprunghaftigkeit aber viel Laune. Was wiederum nicht für US-Präsidenten gilt. Marius Wurth

Trocadero / ZickZack / Indigo / VÖ 03.03.17

Nerven die? Liegen sie in Trümmern? Schneiden ihre Messer? Alles egal. Wenn Candelilla läuft, sind Gefahren ausschließlich als Chancen zu verstehen. Die Musikszene weiß: Man geht für Albumaufnahmen zu Tobias Levin in die Electric Avenue Studios, wenn man a) anstrengende Aufnahmen haben und b) seine beste Platte produzieren möchte. Bands wie Kante, Tocotronic oder Ja, Panik sind dafür gute Beispiele. Über die Aufnahmen von »Camping« ist zwar wenig bekannt; man kann aber jetzt schon konstatieren, dass die LP wohl das

Children Of Alice Children Of Alice Warp / Rough Trade

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#Review

Spektakel

Temples Volcano

Heavenly / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 03.03.17

Mit »Volcano« präsentieren Temples der Welt eine neue Wundertüte voll von ihrem schelmischen Neo-Psychedelic-Rock.

Es gibt ein neues Temples-Album – endlich! Nach dem psychedelischen Kreativ-Drops »Sun Structures«, den man geduldig drei Jahre lang lutschte, schütteln die Briten nun ein neues Kleinod aus der Bonbontüte und sammeln alle Spuckfäden dort auf, wo ihr Debüt sie liegen ließ. Der Opener »Certainty« erstaunt zwar zunächst mit einer unerwartet prominenten Basslinie, aber schnell bricht über diesem neuen Teppich der Sound-Vulkan in gewohnter Pracht aus: Über zwölf Songs erstreckt sich eine barocke Landschaft aus Sixties-Psychedelic, verspielt und voller Pomp, mit Chromatik und Polyfonie in Hülle und Fülle. Über alles legt sich ein liebreizendes Vintage-Knarzen, und es bestehen keine Zweifel, dass »(I Want To Be Your) Mirror« J.S. Bachs Song des Jahres geworden wäre, würde er noch unter uns weilen. »Volcano« reitet aber nicht bloß auf der Welle seines Vorgängers weiter: Synthesizer und Phaser frischen den Sound inmitten der typischen, von ausgelassener Tonart-Akrobatik geprägten MelodieOrnamente auf und winken bisweilen verstohlen den moderneren Sounds eines Kevin Parker zu. Sie verfremden aber zu keinem Zeitpunkt die Temples-Experience. »Volcano« ist eine bodenlose Melodienkiste, ein unbändiger Maskenball mit Weinbrunnen und Konfetti. Kira Schneider

Als Children Of Alice erinnern die ehemaligen Broadcast-Mitglieder an ihre jung verstorbene Freundin Trish Keenan. Der Verlust ihrer Sängerin, die 2011 viel zu jung verstarb, wiegt für die verbliebenen Band-Mitglieder immer noch schwer. Nun tanzt ihr Geist Hand in Hand mit Alice im Wunderland, Valerie und dem Wicker Man auf der fulminanten instrumentalen Klangwiese des selbstbetitelten Albums der Nachfolgeband Children Of Alice: Darauf blühen folkloristische Weisen, drohende Melodien wickeln sich um amorphe Sound-Verästelungen, und Rhythmen entstehen und vergehen in musikalischem Nebel. Auf dem Album sind vier Tracks zu hören, die man als eine bizarre Form der »Vier Jahreszeiten« oder eine ominös hallende Metapher auf die Entwicklung einer Frau verstehen könnte. Ausgehend von den ersten blühenden Pflanzen im Frühjahr, geht es bis hin zu hitzigen Ritualen um den Maibaum. Es folgen Beschwörungen zur Sommersonnenwende, bis schließlich die Schwelle zu den Weiten des Alls erreicht ist. Der Platz in der Ewigkeit ist Trish Keenan gewiss, die mit Broadcast eine unvergleichlich zeitlose psychedelische Musik erschaffen hat,

die bis heute in den Köpfen und Seelen ihrer Bandkollegen und Fans nachhallt. Kerstin Kratochwill

Vereinigung und das Album gleich mit. Und einen Song. Und da gäbe es ja auch noch einen Film gleichen Titels! In der Komödie von Sebastián Silva sucht ein junger Amerikaner in Chile nach einem halluzinogenen Kaktus. Derart exotische Herausforderungen hat diese gepflegt lärmende Rockplatte nun nicht zu bieten. Dass sich die Band offenbar einen Dreck ums große Ganze schert und forsch einen Song an den nächsten geklatscht hat, kitzelt da schon mehr. Die so entstehenden Rupturen verwundern auf der einen Seite, zeugen aber auf der anderen von gegenseitigem Respekt und individuellem Revieranspruch. Anders gesagt: Die Köche haben den Brei unter Kontrolle, und jeder von ihnen versenkt mit Erfolg seine Würzmischung im Kessel. Das Resultat ist eine schmutzige Bombe mit allerlei kurzweiligen Späßen aus den letzten 40 Jahren Rock. Ehrensache für King Buzzo und Konsorten, nur: Wie aus so viel geballter Kreativkraft tatsächlich ein Anwärter auf das schlimmste Cover-Artwork des Jahres hervorgehen konnte, bleibt ein Rätsel. Gut, dass die Herrschaften sich im Business viel zu verdient gemacht haben, um nun auf ihr Äußeres reduziert zu werden. Die kreative Kollision jedenfalls knallt ganz gut und sei ihnen in dieser Form von Herzen gegönnt. Valentin Erning

Dapayk & Padberg Harbour Fenou / Al!ve / VÖ 03.03.17

Die Lieblinge unter den Minimal-ElectroEhepaaren geben sich etwas versöhnlicher, ausschweifender und melodiöser. Dapayk & Padberg möchten weiterhin im musikalischen Untergrund bleiben, ihr gemeinsames Projekt gilt ihnen als Herzensangelegenheit. Was im Fall von Komponist Niklas Worgt (Dapayk) sicher einfacher ist als für Ehefrau Eva Padberg (Topmodel). Aber vielleicht ist gerade dieser bewusste Grenzgang jenseits von roten Teppichen und schillernden Promipartys dafür verantwortlich, dass auch ihr neues Album für Begeisterung sorgen kann. Worgt schafft es zuverlässig, reduzierte Beats mit kreativen Sounds zu perforieren, Sängerin Padberg glänzt als krönendes Geschmeide, das die Tracks wahlweise in Einklang bringt oder verstörend aufmischt. Minimale Rhythmen, tanzbar und karg, nicht selten die Tradition heimatlicher Elektronik-Avantgarde fortführend, treffen hier aber nicht nur auf melancholische Düsternis, sondern durchaus auch auf kurzweilige Harmonie. »Sink This Ship« bleibt mit flüssiger Hookline sogar unmittelbar im Kopf hängen. Nicht zwangsläufig die erste Platte für den herben Club-Kontrollverlust, aber außerordentlich fein zum Aufschnecken vor dem Wochenendausgang. Klaas Tigchelaar

»It was day like a piece of debris falling in the eye. It hurts as much to look at as it did to look away from«, schreibt Tim Darcy in der Einleitung zu einem Gedicht über den Tag der Amtseinführung Donald Trumps, das er unlängst im Netz veröffentlichte. Atmosphärisch ist sein erstes Soloalbum »Saturday Night« zumindest in Teilen die Entsprechung zu diesem Gefühl gegenüber seiner sich verändernden Heimat. Seiner alten Heimat, denn wie die Bandkollegen seines Hauptprojekts Ought lebt er in Kanada. Der Titelsong oder »Found My Limit« wirken düster und verloren in ihrer auch tonalen Verzweiflung. Vieles setzt den von Ought bekannten Postpunk zwischen Sonic Youth und Velvet Undeground fort, erweitert um ein paar neue Zutaten. Das Instrumental »First Final Days« könnte auch von Van Pelt oder Karate sein, »Found My Limit« ist eine an Thom Yorke gemahnende dürre Geisterbeschwörung, in »Still Waking Up« croont Darcy wie Roy Orbison. Und in »Tall Glass Of Water« klingt er beschwingt lässig nach den Strokes – und schickt auch gleich mal ein Paket Hoffnung mit. Oder so etwas Ähnliches: »Yes, surely I will stay, and I’m not afraid. I went under once, I’ll go under once again.« Christian Steigels

Dear Reader Day Fever City Slang / Universal

Dear Readers »Day Fever« ist ein Album über Angst, das passend dazu unsicher und intensiv klingt. Cherilyn MacNeil macht nun bereits seit zehn Jahren Musik und ist live nichts anderes als bezaubernd. Die Singer/Songwriterin aus Südafrika lebt in Berlin, und »Day Fever« ist ihr viertes Album. Aufgenommen wurde es in zehn Tagen in San Francisco, und das analog. Das heißt, es gab meist einen, maximal zwei Takes. Mit diesem Hintergrundwissen sind die elf Nummern umso beeindruckender, und es erklärt deren Reduziertheit, die leider an den Grenzen der Langeweile kratzt. MacNeil hat nicht viel gewagt: wenige Instrumente, wenige Experimente, keine Ausreißer. Star dieser Platte ist ihre Stimme, die sich mehr als zuvor in die Hörorgane gräbt. MacNeil teilt auf »Day Fever« einige sehr intime Momente mit ihren Hörern. Schon die erste Single konnte kein schwereres Thema haben: »I Know You Can Hear It« handelt von Leben und Tod. In »Then, Not Now« folgt dann die ganze Wahrheit: »Right now my view seems rather dark.« Aber es wird auch schön: »Nothing Melodious« verspricht im Titel zwar das Gegenteil, ist aber genau der Song, der am Ende in Erinnerung bleiben wird. Sonst ist jedoch alles sehr monoton und schläfrig. Digital ist vielleicht doch besser. Paula Irmschler

Crystal Fairy Crystal Fairy Ipecac / PIAS / Rough Trade

Schon wieder eine Supergroup! Crystal Fairy ist ein Verschnitt aus den sonnigsten Lagen des Namedroppings: Mitglieder von Melvins, At The Drive-In und Le Butcherettes betreiben hier Rockness as usual. Man kennt sich, man schätzt sich, man tourte zusammen. Jetzt outen sich Buzz Osborne, Dale Crover, Teri Gender Bender und Omar Rodriguez als Geschwister im Geiste. Crystal Fairy nennen sie ihre künstlerische

Tim Darcy Saturday Night Jagjaguwar / Cargo

Auf seinem Solodebüt changiert OughtSänger Tim Darcy zwischen Verzweiflung und Hoffnungsschimmern.

Joy Denalane Gleisdreieck Nesola / Universal / VÖ 03.03.17

Joy Denalane macht an ihrem »Gleisdreieck« deutschen Soul. Ende der Geschichte. »Hey, komm mal her / Komm etwas näher / Lass zusammen sein / Trink bisschen Wein


/ Die Welt draußen ist schlecht / Aber das hier ist echt / Baby, keine Scheu / Jetzt ist alles neu / Nur Gott wird über uns richten / Heut Nacht schreiben wir Geschichten / Heyeyeyeeey.« Diese Zeilen sind gar nicht von Joy Denalane. Sie sind eigentlich von niemandem, aber circa die inhaltliche Quintessenz von jedem deutschen Soul. Untermalt mit normalem R’n’B-Gesäusel und ein paar HipHop- und Pop-Elementen. Und auch bei Denalanes neuestem Werk »Gleisdreieck«, ihrem ersten Album seit sechs Jahren, geht es um nichts Besonderes. Ganz nett der Rahmen, den sie ihren Erzählungen gibt: der Ort ihres Aufwachsens in der Nähe des Berliner Gleisdreiecks, auf dem Album ausgedrückt durch Intro und Outro in Gedichtform. Von dieser Weggabelung aus kann es überall hingehen. Für sie geht es nach Trennung, Tod, Neuanfang, Kindern, Liebe, Sex und Frühling schließlich wieder genau dorthin: nach Hause. Ein weiteres Album über die Notwendigkeit des Ausbrechens und Geschichtenschreibens, ohne selbst mal die Grenzen des Bekannten ordentlich durcheinanderzuwirbeln. Joy Denalane ist Joy Denalane. Es ist, wie es ist. Paula Irmschler

Devlin The Devil In

Im sonst so sonnigen Himmel der Circa Waves ziehen dunkle Wolken auf. Die Liverpudlians lassen dieses Jahr kleine Heiterkeiten wie »T-Shirt Weather« und »Get Away« für einen dramatischeren, schmissigeren Auftritt hinter sich. Spannungsgeladene, emotionale Melodien, verzerrte Gitarren, dynamische Arrangements und der gnadenlos schmetternde Kieran Shudall scheppern aus den Lautsprechern. Dies ist keine Musik zum Leise-Hören und zweifellos ein klassischer Ausbund der Post-Strokes-Ära. »The world is crashing, every feeling, every lover, I wish I’d said goodbye«, lamentiert Shudall in »Goodbye«. Große Worte und hymnische Refrains wirft er in den Raum. Der Weg von »Young Chasers« zu »Different Creatures« entspricht ungefähr dem der Arctic Monkeys vom ersten, ungebändigten Spaß-Album zum zweiten, durchdachteren Rampenlicht-Opus – nur dass die Sheffielder sich damals in weniger sichere Gefilde begeben haben, als Circa Waves es jetzt tun. Ihr Zweitwerk ist definitiv groß angelegt und geht auch runter wie Öl, aber es ist ja nicht so, als wäre zuvor keine andere Indie-Band auf den Pfaden von Schmiss-Gitarren und rasenden Drums zu Rock-Ariengesängen gewandelt. Dafür, dass Shudall sein Baby selbstbewusst zu »one of the best rock records« geadelt hat, sickert das Radioformat zu häufig durch. Vollkommen erwachsen sind Circa Waves auf »Different Creatures« übrigens nicht geworden: Zu einigen Songs kann man immer noch die Fenster des verrosteten Mini Coopers runterkurbeln und sich den Wind durch die Haare pusten lassen. Kira Schneider

Circa Waves Different Creatures Vertigo Berlin / Universal / VÖ 10.03.17

Jugendlicher Überschwang trifft auf den Ernst des Lebens und verarbeitet ihn mit reichlich Kalkül: Circa Waves kehren mit »Different Creatures« zurück auf die Bühne.

25.03. WIEN (AT) 27.03. INNSBRUCK (AT) 20.04. HAMBURG HOCHVERLEGT · 21.04. BERLIN ausverkau 22.04. OSNABRÜCK

· 24.04. KÖLN HOCHVERLEGT · 25.04. HEIDELBERG

26.04. WÜRZBURG · 27.04. FULDA · 28.04. AUGSBURG HOCHVERLEGT 29.04. MÜNCHEN · 30.04. CHEMNITZ · 02.05. BERLIN ZUSATZSHOW ANNENMAYKANTEREIT & FREUNDE (OPEN-AIR)

LEONIDEN »TWO PEACE SIGNS« TOUR 2017 SUPPORT: I SALUTE

13.08. & 14.08. WIEN (AT) 06.09. & 07.09. DRESDEN AUDIO88 & YASSIN «HALLELUJA» TOUR 2017 22.03. 23.03. 24.03. 25.03. 30.03. 31.03. 01.04.

BERLIN HOCHVERLEGT RO OCK CHEMNITZ DRESDEN WIESBADEN AUSVERKAU OSNABRÜCK AUSVERKAU KIEL

CASPER »LANG LEBE DER TOD« TOUR 2017 31.10. 02.11. 03.11. 04.11. 08.11. 10.11. 14.11. 17.11. 18.11. 21.11. 22.11. 24.11. 25.11.

MÜN ER LUXEMBURG (LU) ZÜRICH (CH)

U GART HAMBURG DORTMUND WIEN (AT) MÜNCHEN FRANKFURT/MAIN LEIPZIG BREMEN BERLIN HANNOVER

09.03. WÜRZBURG 10.03. ERFURT CHINAH

Dirty Projectors Dirty Projectors

18.04. HAMBURG 19.04. BERLIN 20.04. KÖLN

Domino / GoodToGo

Seit vier Jahren waren die Lichter der Dirty Projectors nun aus. Jetzt ein neues Leuchten, wenn auch unter einem anderen Schlaglicht. Nachdem David Longstreth in den letzten Jahren für Kanye West, Solange oder Joanna Newsom schrieb, fand er nun wieder den Weg zurück zu seinem eigenen Projekt. Jetzt allerdings als Einzelkämpfer, der den Bandnamen nach der Trennung von seiner langjährigen Partnerin Amber Coffman zunächst nicht mehr weiterverwenden wollte. Starproduzent Rick Rubin konnte Longstreth aber vom Gegenteil überzeugen. Zu Recht, denn es ist immer schon Longstreth’ außergewöhnliches Songwriting gewesen, das die Faszination der Dirty Projectors ausgemacht hat. Damit er nicht ganz allein ist, hat er neben dem Starproduzenten auch mit Solange Knowles und Tyondai Braxton (Ex-Battles) sowie zahlreichen anderen Künstlern zusammengearbeitet. Markant ist wie auf jedem bisherigen Album seine Gestaltung der eigenen Stimme: mal heruntergepitcht im Bariton wie in »Keep Your Name«, mal zerhackt und gelayert wie im quirligen »Work Together«, dann mit croonendem Pathos in »Little Bubble«. Getrieben von einer inneren Unruhe, die auch die Hörer immer wieder packt, oft tief depressiv: »Winner take nothing. Fighting we can only lose. Winner take nothing. Killing me and killing you.« Nu-R’n’B oder zumindest eine eigene Interpretation von schwarzer Musik, so könnte man Longstreth’ Werke zusammenfassen. Wenn der Hörer versucht, sich hier festzulegen, entgleitet ihm immer wieder der sprachliche Werkzeugkasten. Denn Vorhersehbarkeit ist Longstreth’ Sache nicht. Konstantin Maier

FINDLAY 29.03. 30.03. 31.03. 01.04. 02.04.

BERLIN HAMBURG KÖLN MÜNCHEN WIEN (AT)

THE FRANKLIN ELECTRIC 04.04. 05.04. 06.04. 09.04. 11.04. 12.04. 13.04.

BERLIN HAMBURG KÖLN WIESBADEN LEIPZIG HEIDELBERG MÜNCHEN

GOLF »PLAYA HOLZ« TOUR 2017 24.03. 25.03. 26.03. 27.03. 30.03. 31.03. 01.04. 02.04. 03.04. 04.04.

WUPPERTAL Eintri Frei KARLSRUHE MÜNCHEN WIEN (AT) NÜRNBERG DRESDEN ERFURT BERLIN HAMBURG HANNOVER

11.03. 16.03. 17.03. 18.03. 21.03. 22.03. 23.03. 24.03. 25.03. 26.03. 27.03. 28.03. 30.03. 31.03. 01.04. 02.04. 04.04. 05.04. 06.04. 07.04. 08.04. 09.04.

MÜN ER KIEL ENSBURG HAMBURG HANNOVER BREMEN OBERHAUSEN LINGEN BRAUNSCHWEIG RO OCK MAGDEBURG LEIPZIG BERLIN WIESBADEN

U GART MÜNCHEN KÖLN SAARBRÜCKEN WÜRZBURG MICHEL ADT AUGSBURG LUDWIGSHAFEN

LVL UP «RETURN TO LOVE» TOUR 2017 11.04. BREMEN 13.04. HAMBURG 15.04. BERLIN MOSES SUMNEY 05.04. BERLIN

»LANG LEBE DER TOD« TOUR 2018

Devlin / Soulfood

Grime ist zurück: Der Londoner MC Devlin vereint auf seinem Album Sozialkritik, Double-Time-Raps und jede Menge Ostlondon. Wiley, Skepta und Stormzy haben Grime 2016 wieder in den Fokus des Interesses gerückt. Doch während der Schwerpunkt von Grime in der Vergangenheit auf der Veröffentlichung von Singles lag, hat sich das vor allem durch die aufgekommene Hysterie ob des Stils und womöglich auch aus ökonomischen Gründen auf Alben verlagert. Auch der aus Dagenham stammende MC Devlin nutzt den Hype für eine LP-Veröffentlichung. »The Devil In« ist sein drittes Album und widmet sich erfreulich stark Themen abseits der Grime-Klischees. So fokussieren sich Devlins genretypischen, schnellen Raps in erster Linie auf sozioökonomische Probleme statt auf Ruhm und Reichtum. In seinem Track »50 Grand«, den er mit Skepta aufgenommen hat, kritisiert er die konsumorientierte Sicht anderer MCs, in »Crack Baby« erzählt er die Geschichte eines auf die schiefe Bahn geratenen Jungen. Devlin bietet mit seinem Album zwar eine andere Perspektive auf das Leben in den Sozialbauwohnungen, scheitert am Ende aber an seiner lyrischen Simplifizierung der Welt. Schade. Nils Herrmann

FABER

23.03. FELDKIRCH (AT) · 24.03. SAALFELD (AT)

SIEGFRIED & JOY »ZAUBERSHOW« 2017 08.03. 09.03. 10.03. 11.03. 13.03. 14.03. 16.03. 17.03. 18.03. 19.03. 20.03. 22.03. 23.03. 11.05. 12.05.

BREMEN HANNOVER WÜRZBURG NÜRNBERG DRESDEN LEIPZIG OLDENBURG DORTMUND BIELEFELD KÖLN WIESBADEN SAARBRÜCKEN AARAU (CH) CHEMNITZ KOBLENZ

SURFER BLOOD 12.03. BERLIN VON WEGEN LISBETH »HALLO DISPO« TOUR 2017 27.09. 28.09. 29.09. 30.09. 02.10. 03.10. 05.10. 06.10. 07.10. 08.10. 10.10. 11.10. 12.10. 14.10. 17.10. 18.10. 19.10. 20.10. 21.10.

BERLIN AUSVERKAU BERLIN AUSVERKAU LEIPZIG DRESDEN ZWICKAU KASSEL ERLANGEN INGOL ADT WIEN (AT) MÜNCHEN ULM FRANKFURT/MAIN KÖLN KARLSRUHE TRIER DORTMUND HANNOVER BREMEN RO OCK

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FIL BO RIVA

»IF YOU’RE RIGHT, IT’S ALRIGHT« TOUR 2017 03.04. ZÜRICH (CH) 21.04. ESSEN 22.04. MÜN ER · 23.04. DRESDEN 30.04. WIEN (AT) · 01.05. WÜRZBURG 11.05. MAINZ · 12.05. HANNOVER 13.05. ERLANGEN·14.05. BERLIN


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#Review zu tun. Einar Stray Orchestra haben immerhin ein wunderbares Album aufgenommen. Paula Irmschler

Dutch Uncles Big Balloon Memphis Industries / Indigo

Auch wenn der 1980er-Revival-Sound so langsam einen langen Bart kriegt, ist nicht alles am exaltierten Synthie-Pop-Zeitalter hoffnungslos ausgehöhlt. In Manchester hat man die Quintessenz des Vokuhila-Pop von den blassen Pastelltönen getrennt und streicht sie für ein fünftes Album über den tanzbar-wandelbaren Sound der Dutch Uncles. Im Vergleich zu den genannten Inspirationsquellen (das Album »The Red Shoes« von Kate Bush sowie David Bowies frühe Werke) wirkt »Big Balloon« aber durchaus noch zeitgemäß: Ein knalliger Bombastsound trifft auf die prägnanteindringliche Stimme von Sänger Duncan Wallis und unerwartete Stilbrüche. Klassische Popstrukturen im Strophe/Refrain-Schema fügen sich dabei sowohl den stets leicht hysterischen Synthie-Melodiebögen wie den abgehackten und teilweise ungeraden Rhythmen, die sich mehr als einmal heimlich aus der Wave-Pop-Komfortzone davonstehlen und sich im artifiziellen Prog-Bereich niederlassen. »Achameleon« reanimiert kurzzeitig gar die alte Klavier-Ballade, die sich am Ende aber doch in verschachtelten Brüchen verliert. Was anfänglich etwas unkoordiniert und chaotisch erscheinen mag, pendelt sich nach ein paar Hördurchgängen zum spannungsvollen Wechselspiel ein. Für diesen ergiebigen Forscherdrang sollte man der britischen Band allemal Respekt zollen. Klaas Tigchelaar

Electric Guest Plural Because / Warner

Nach dem Club-Soundtrack für die Samstagnacht, »Mondo«, folgt mit »Plural« der für die Afterhour und den Sonntagmorgen: Electric Guest arbeiten sich chronologisch vor. Es wäre rein gesundheitlich sicher keine gute Idee gewesen, die Hummeln im Hintern, die Electric Guest 2012 zu hibbeligen Indie-Pop-Songs wie »Waves« oder »This Head I Hold« trieben, noch weitere fünf Jahre mit sich herumzuschleppen. Wieso auch, schließlich birgt das deutlich entspanntere »Dear To Me« nun ähnliche Hit-Qualitäten. Dem Song kann man höchstens ankreiden, das Potenzial seines HAIM-Features etwas zu vergeuden, da es den Pop-Schwestern kaum mehr zugesteht, als im Vintage-Videoclip zum Song Hüften und Haare zu schütteln. Apropos Vintage: Auch musikalisch wirkt »Plural«, verglichen mit »Mondo«, wie eine Rückkehr zu Zeiten, als Auto-Tune noch die Aufgabe einer Kfz-Werkstatt war und nur derjenige an die Vocals eines Popsongs gelassen wurde, dessen Stimme ausdrucksstark genug dafür war. Asa Taccone hat eine solche Stimme und leitet den Weg durch zwölf von R’n’B geschwängerte Indie-Lounge-Stücke, die für all die Spotify-Playlisten mit den Wörtern »Chill« oder »Sunday« im Titel geradezu gemacht zu sein scheinen. Käme als Nächstes ein gelungener Soundtrack für den Montagmorgen – das sagenumwobene »schwierige dritte Album« wäre im Fall von Electric Guest überhaupt kein Problem. Jan Martens

Einar Stray Orchestra Dear Bigotry Sinnbus / Rough Trade

Das Einar Stray Orchestra hat einiges zu meckern. Doch noch nie klang Meckern so schön. Streicher, Chöre, Samples, Stimmen, ein imposantes Klavier, Getrommel, immer wieder Brüche und ewiges Ausweiten – das Einar Stray Orchestra umhüllt seine Anliegen auf »Dear Bigotry« mit riesigem Sound-Gestrüpp. Passend zum Coverbild befindet sich hinter der schönen Schale aber nicht nichts, sondern erkundenswerte Tiefen. Diese führen zu uns selbst und allem, was wir zu sein vorgeben. Doppelmoral, gesellschaftliche Enttäuschungen, privilegierte Nichtstuer, eben Bigotterie – davon handeln die zehn Songs des dritten Albums der Norweger, das im Winter auf einer Insel (also mit der notwendigen Distanz zum Behandelten) aufgenommen wurde. Mit dem Austausch von zwei Mitgliedern hat sich auch der Stil der Band ein wenig verändert: etwas mehr Postrock hier, etwas mehr Verspieltheit da. Konstant seit der letzten Platte sind jedoch die Thematiken Politik und Kirche (»Last Lie«, »Seen You Sin«) sowie Probleme der Moderne (»Penny For Your Thoughts«). Viel Beachtung findet die Zeit der Band in Oslo mit immerhin drei Songs (das epochale »Synthesis«, das bedrohliche »Glossolalia« und das mitreißende »As Far As I’m Concerned«). »Dear Bigotry« ist vor allem eine Anklage. Dagegen, nichts oder nicht genug

Entrance Book Of Changes Thrill Jockey / Rough Trade

Zwischen Grandezza und Überambition: Dass für Guy Blakeslee eine neue Schaffensperiode begonnen hat, hört man dem dringlichen Folk-Pop seines EntranceAlbums »Book Of Changes« in jeder Sekunde an. Früher war Guy Blakeslee Frontmann der Band Entrance und spielte mit seinen Mitstreitern vertrackten und stark von Blues infizierten Psych-Rock. Damit hat die Musik, die er nun als Solist macht, allerdings nur noch wenig zu tun. Stattdessen finden sich opulent arrangierte Folk-Songs, die er explizit nicht als Tracks verstanden wissen will. Sondern als Songs, deren Basis aus Text und Melodie sich auch ohne Schnickschnack bei Bedarf auf Gitarre oder Piano spielen lässt. Die vielfältigen Arrangements der Songs, die in immerhin elf verschiedenen Studios in L.A. zusammen mit etlichen Gastmusikern aufgenommen wurden, seien nur das »icing on the cake« für den Hörer. Das Vorhaben, mit seinem neuen Sound seine kompositorische und musikalische Klasse zu beweisen, ist Blakeslee in jedem Fall gelungen. Aber nicht immer scheint das Verhältnis der

Songs zu seinen Arrangements seinem Vorhaben, der »essenziellen Natur eines Songs« nahezukommen, zu entsprechen. Teilweise verliert sich Blakeslee in der Opulenz seines ambitionierten Liederzyklus’. Am Ende des Albums steht dann aber sein Meisterstück: Das hymnische »Revolution Eyes« steigert sich zum Grande Finale, ohne dabei überladen zu wirken. Wenn man dem schwelgerischen Pop Richard Ashcrofts oder der theatralischen Art von Rufus Wainwright zugeneigt ist, sollte man sich »Book Of Changes« unbedingt gönnen. Ansonsten hätte Entrance auch etwas weniger dick auftragen können. Timo Weber

wieder fokussierter daher. Weniger Vergangenheitsbewältigung und Gesellschaftskritik, mehr Battle-Rap. Oder auch »In deine Fresse«-Rap, wie Ferris MC es selbst nennt. Thematisch bewegt er sich in altbekannten und ausgetretenen Gefilden. Ferris betont seine Außenseiterrolle in der deutschen RapSzene, findet zehn weitere Beschreibungen für seine Hässlichkeit und lässt immer wieder die Kettensäge durch seine Gegner fahren. Und wenn er doch mal von diesem Muster abweicht, kommt ein Fremdscham provozierender Track wie »Deine Mudda« dabei raus, eine schier endlose Aneinanderreihung von »Deine Mutter«-Sprüchen, die 2010 mit zwei zugekniffenen Augen noch halboriginell gewesen wären. Immerhin das Eko-FreshFeature »Welcome 2 The Jungle« kurz vor Schluss stimmt versöhnlich und bewahrt »Asilant« vor der totalen Irrelevanz. Dominik Bruns

Nathan Fake Providence Ninja Tune / Rough Trade / VÖ 10.03.17

Der britische Elektronik-Produzent Nathan Fake legt mit »Providence« sein bisher persönlichstes und anspruchsvollstes Werk vor. Wer sich drauf einlässt, könnte belohnt werden. Der Name »Nathan Fake« hatte schon immer etwas Irritierend-Interessantes an sich: »Fake« heiß bekanntlich Fälschung, und »Nathan« ist Hebräisch für gottgegeben. Die von Gott gegebene Fälschung! Und das Beste ist, dass dies, glaubt man dem Internet, sein echter Name ist. Da schwirrt der postmoderne Gedanke dreimal um sich selbst, bis einem ganz anders wird. Bislang wurde Fake seinem komplexen Namen allerdings nicht immer gerecht. Eher gradlinig waren seine Produktionen auf »Hard Islands« und »Steam Days«, allein sein Debüt von 2006 hatte genug Nuancen, um zu mehrfachem Hinhören zu verlocken. Auf seinem neuen Album kehrt Fake zu seinen Ursprüngen zurück, in mehrfacher Hinsicht: zum einen instrumentell mit dem Einsatz des Korg-Prophecy-Synthesizers aus den 1990ern, der zu einem sehr verwaschenen Sound führt; zum anderen mit den daran orientierten komplexen Kompositionen, die eine düstere, undurchdringliche Stimmung heraufbeschwören. Auf eine schwer zu beschreibende Art ist das Album dadurch nebensächlich und bedeutungsschwer zugleich geraten. Als würde hinter den oft zufällig wirkenden Klängen ein Geheimnis lauern; als könnte man, wenn man sich nur genug konzentriert, Gottes Plan hinter all den verwirrenden Imitationen erkennen. Henje Richter

Greg Graffin Millport Anti- / Indigo / VÖ 10.03.17

Bad Religions Stimme Greg Graffin wechselt mit seinem Solo-Ausflug von Punkrock zu Americana und Folk. Mit der aufziehenden Präsidentschaft Donald Trumps wurde uns ja bereits von vielen Musikjournalisten eine Renaissance des wütenden politischen Punkrock vorausgesagt. Bevor es so weit ist, geht Bad-Religion-Frontmann Greg Graffin noch einmal in eine ganz andere Richtung. Schon auf seinem 2006er-Soloalbum »Cold As The Clay« unternahm er einen Ausflug zu seinen frühen musikalischen Wurzeln im Folk, der nun mit »Millport« fortgesetzt wird. Die Backing-Band, diesmal aus Mitgliedern von Social Distortion zusammengestellt, sorgt mit Fiedel und Banjo für einen klassischen Americana-Sound. Trotz des musikalisch so gänzlich anderen Gewands wird man immer wieder unweigerlich an Graffins Stammband erinnert. In seinen Texten hört man immer wieder den professoralen Ton und den großen Erklär-Gestus durchklingen, den er sich über die Jahre angewöhnt hat. Und einen Song wie »Wax Wings« könnte man sich elektrisch verstärkt und mit angezogenem Tempo auch auf einer Bad-Religion-Platte vorstellen. »Millport« baut so für Bad-Religion-Fans eine Brücke, sich tiefer mit dem musikalischen Hintergrund der Band zu befassen. So, und jetzt bitte wieder wütend werden! Dominik Bruns

Ferris MC Asilant

Grails Chalice Hymnal

Caroline / Universal

Temporary Residence / Cargo

Ferris MC will zurück zum Battle-Rap, bleibt aber in der Vergangenheit stecken und traut sich wenig Neues. Ferris MC ist wieder da! Also, schon wieder »wieder da« nach dem eher untergegangenen Comeback-Album »Glück ohne Scherben«. Während er bei Deichkind als überdrehte Kunstfigur den perfekten Platz für sich gefunden hat, scheint Ferris MC in der Rap-Szene keine richtige Rolle mehr zu spielen. Statt wie beim Vorgänger erneut einen Rap-Gemischtwarenladen zusammenzubasteln, kommt »Asilant« nun zumindest

Die schwersten Trips der guten, lebendigen, experimentellen Seite des psychedelischen Untergrund träufeln die Postrocker Grails auf ihre Pappe. Bei den Grails denke ich immer an die wirren Eso-Verschwörungen, die vor gut 20 Jahren boomten. Verschwörungen, nach denen Jesus nach seinem Fake-Tod in Okzitanien im Süden Frankreichs gelandet sei, mit Maria Magdalena mehrere Kinder in die Welt gesetzt habe, die schließlich das Königsgeschlecht der Merowinger begründet hätten. Geheimes, verbotenes Wissen, irgendwie


24.-27. MAI 2017

PRASENTIERT VON:

LOVE ATTACK MIT SERMIN USTA

Ob Lieder über Liebe, handverlesene DiscoKlassiker oder hessische Familienbanden: In dieser Runde »Love Attack« kommt zusammen, was zusammengehört.

Zugegeben: Früher war nicht alles besser. Aber wen interessiert das schon. Viele von uns hätten dennoch gerne in einer anderen Zeit gelebt. Nehmen wir etwa die 1920er mit ihrem Bild der androgynen und Kette rauchenden Frau, die auf Tradition und Häuslichkeit aschte und für Jazz und Swing gestorben wäre. Oder aber die 1970er, die für Musik-Nerds das Himmelreich auf Erden darstellten: kulturell vielfältig und musikalisch ein absolutes Freiheitsgefühl, getreu dem Motto: »My Love Is Free« so »Let Me Be Your Fantasy«. Wegen der großen Nachfrage nach den Disco-Klassikern dieser Ära entstanden die ersten 12-Inch-Maxis, denen wir die heutige DJ-Kultur und die vorliegende Compilation zu verdanken haben. Sechs Jahre hat sich Produzent Al Kent Zeit genommen für die Re-Edits und Remixe auf »The Man In The Glass Booth« (BBE), und das hat sich zweifellos gelohnt. Nicht nur wegen der ausführlichen Hintergrundgeschichten im Booklet ein absolutes Sammlerstück.

»Glaubt ihr an die wahre Liebe«? Die beiden Schweizer Beatmaker Meister Lampe & Funky Notes scheinbar schon, wie ihre einzigartige »Luv Compilation« (Vinyl Digital) zeigt. Gemeinsam mit Rappern wie Lux, Veedel Kaztro, Marz, Rino Mandingo, Naru und Edgar Wasser entstanden sechs Tracks, die von beiden abwechselnd produziert wurden und von nichts als der Liebe handeln. Inspiriert wurden die beiden dabei überwiegend von 1970er-Soul-Schmonzetten und der TinderManie ihrer Generation. Letzteres bringt MC Lux in »Tindermatch« mit Engelsflügeln und Gladiatorenkostüm liebevoll auf den Punkt. Eine glaubhafte Parodie, die gleichzeitig als Liebeslied durchgehen könnte.

Die Beziehung zwischen Geschwistern ist die erste Möglichkeit, Interessen zu entwickeln und Beziehungen kennenzulernen. Während manche der Lifestyle des großen Bruders inspiriert, entscheiden sich andere für das komplette Gegenteil. Bei den Darmstädter Brüdern Mädness & Döll trifft in der Tat beides zu, und damit sind sie klar im Vorteil. Was sie vereint, ist ihr Talent zu spitten. Was sie unterscheidet, ist ihr Blick aufs Ganze, obwohl sie sich stets auf Augenhöhe begegnen. Auf »Ich und mein Bruder« (Four) zeigen die zwei auf Beats von Torky Tork, Yassin, Dexter, Fid Mella und Gibmafuffi, dass sie schon eine Crew waren, bevor sie überhaupt wussten, dass jeder eine Posse braucht. Zwei der besten MCs aus zwei Dekaden des Deutschrap, die wissen, was der eine oder andere besser oder schlechter kann, und die dabei keinen Stil unversucht lassen.

24. MAI 2017

»As far back as I can remember, I always wanted to be a gangster«, klingelt es in meinem Kopf, als ich das erste Mal von der Doppel-EP »Hexenkessel« (RecordJet) höre. Auch wenn Ray Liotta kein De Niro ist, bleibt es doch in der Familie Scorsese. Angelehnt an dessen

ersten Mafia-Streifen und auf Beats von Brenk Sinatra gibt Morlock Dilemma auf dieser Platte eine großartige Vorstellung als von der Großstadt zerfressener MC. Einen Typen, der zum Glück nicht nur der Zecherei, sondern auch dem Rap verfallen ist. Zwei männliche Heldenfiguren, die irren, lachen, triumphieren und scheitern, wie Menschen es eben tun. So und nicht anders kennen wir Dilemma, dessen realistische Unnahbarkeit gepaart mit Sinatras filmischen Beats auch auf dieser EP denselben Reiz ausübt wie immer.

Fans von M.I.A., Azealia Banks, Nicki Minaj und Grime-Superstar Stormzy sollten die Newcomerin Nadia Rose im Blick haben. Die aus Croydon stammende Rapperin ist Stormzys Cousine und seit ein paar Wochen auf allen »Artist To Watch«-Listen zu finden. Kein Wunder, denn mit ihrem Debüt »Highly Flammable« (Sony) legt die 24-Jährige ein rasantes Tempo vor. Tracks wie »Tight Up« und »U Know What« sind schon nach dem ersten Hördurchgang kaum mehr loszuwerden. Ob die Musikalität ihres Vaters, die jugendliche Fan-Liebe zu den Spice Girls oder Englands florierende Jungleund Grime-Szene ihr Talent zu verantworten hat, spielt bei dieser Erfolgsgeschichte eine sekundäre Rolle. Die Hauptsache ist, dass Rose nun Teil des Games ist – das sie hoffentlich mit Macht und Talent aufzumischen weiß.

Als Teil der Fugees hat Wyclef Jean einst Musikgeschichte geschrieben. Noch heute gilt »The Score« als eines der besten HipHop-Alben aller Zeiten. Unnötig zu erwähnen? Mag sein, aber das muss man dem in Haiti geborenen Musiker einfach lassen. Allerdings ist alles, was nach den Soloalben »The Carnival« und »The Ecleftic: 2 Sides II A Book« kam, schwer mit dem Fugees-Wyclef von damals in Verbindung zu bringen. Ähnlich wie seine aktuelle EP »J’ouvert« (Heads Music), die zwar mit FeatureGästen wie Young Thug und Walk The Moon glänzt, aber nicht so recht einzuordnen ist. Als Vorbote für seine im Sommer erscheinende LP »Carnival III: Road To Clefication« kann man nur hoffen, dass Wyclef Jean dann zu seiner alten Form wiedergefunden und mehr Songs wie »Ne Me Quitte Pas« produziert hat.

Nach der Zusammenarbeit mit Oddisee, C2C, Onra, Bibio und Hudson Mohawke gilt Singer/Songwriter Olivier St. Louis alias Olivier Daysoul schon als Routinier seines Genres. Die sechs Tracks seiner aktuellen EP »Ever Since The Fall« (Jakarta) untermauern diese Annahme. Die Platte lebt von der magischen Einfachheit der Drum Machine und des warmen Lo-Fi-Soul sowie den wolkenlosen Kompositionen von St. Louis und seinem KoProduzenten Oddisee.

DILLON

SANKT PETER // BEGINN 20:00 UHR

26. MAI 2017

BIRDY

ALTE OPER // BEGINN 19:00 UHR

25. MAI 2017

AGNES OBEL

ALTE OPER // BEGINN 19:00

25. MAI 2017

AKUSTIK KONZERT MIT STREICHERN

ALTE OPER // BEGINN 21:30

24. MAI 2017 ALTE OPER // BEGINN 19:00 UHR

MARTINA SCHWARZMANN + CLAUDIA KORECK

24. MAI 2017 ALTE OPER // BEGINN 21:45 UHR

UTE LEMPER

24. MAI 2017 ALTE OPER // BEGINN 20:30 UHR

ALEXA FESER

25. MAI 2017 KURTHEATER BAD HOMBURG // BEGINN 20:00 UHR

REBEKKA BAKKEN

26. MAI 2017 SPEICHER BAD HOMBURG // BEGINN 20:00 UHR

LEONA BERLIN

26. MAI 2017 GIBSON // BEGINN 20:00 UHR

IMANY

WEITERE ACTS IN KÜRZE!

TICKETS UNTER: WWW.FRANKFURT-TICKET.DE WWW.W-FESTIVAL.DE


MÄR

MÄR

02 MAI

stecken die Katharer drin, die Templer, der Papst ist der Böse und das Dorf Rennes-le-Château mit seinem unheimlichen Priester der Schlüssel. Und die Grails? Was wollen die uns mit ihrem Bezug auf mehrere Grale überhaupt sagen, wenn nicht so was? Und diese geheimnisvolle Blume auf dem Cover erst! Und warum muss ich so weit ausholen mit diesem Quatsch? Na, weil die Beschreibung dessen, was die Band aus Oregon auf ihrem ersten Album nach sechs Jahren Pause so anstellt, sowieso im Postrock-Metaphern-Klischee enden würde. Und weil die Grails wieder das tun, was sie immer taten: die gute Seite von instrumentalem, psychedelisch-doomigem Postrock markieren, bei dem sicher keiner mit Burzum-Shirt auf der Bühne steht, dafür aber das Experiment hochgehalten wird – ein schweres, episches Suppen mit immer wieder neuen Schattierungen, in das man, wenn man sich drauf einlässt, schnell und dankbar versinkt. Steffen Greiner

Wyomings eingespielt und arbeitet mit dort aufgenommenen Klängen eines Steinway-Flügels, Bridges’ Cello und vor Ort aufgezeichneten Field-Recordings. Die beiden Musiker verbinden schwebende Klangflächen und sehnsuchtsvolles Cello in mächtigen Hallräumen zu melancholischen und stets cinematisch anmutenden Klanglandschaften, die mal meditativ leise und verhalten klingen, mal schleichend und unheimlich, mal harsch, laut und aggressiv. Nach innen gekehrt, dunkel, schattig und verhangen wirkt diese Musik, die für Ambient viel zu komplex ist, jedoch dieselbe einsaugende Wirkung entwickelt wie gute ambiente Musik. Andreas Brüning

Hurray For The Riff Raff The Navigator

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ATO / PIAS / Rough Trade / VÖ 10.03.17

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Grandaddy Last Place Columbia / Sony / VÖ 03.03.17

Mit ihrem fünften Album »Last Place« gelingt den IndieFavoriten Grandaddy ein gelungenes, klanglich aufgefrischtes Comeback. Als Grandaddy 2006, noch vor der Veröffentlichung ihres bis dato letzten Albums »Just Like The Fambly Cat«, ihren vorläufigen Split verkündeten, waren sie eine der ersten größeren Rock-Bands, die explizit geringe Einnahmen als einen Grund für ihren Abschied nannte. Für ihre Fans war das ein kleiner Schock, schließlich hatte die kalifornische Indie-Band mit »Under The Western Freeway« und »The Sophtware Slump« mindestens zwei hinreißende Alben veröffentlicht, die es in den Kritiker- und Indie-Charts weit nach oben schafften. Aber es war eben die Zeit der dramatischen Umsatzeinbrüche in der Musikindustrie und Grandaddy nur eine von vielen betroffenen Bands. Trotzdem war der Fangemeinde klar, dass Mastermind Jason Lytle und Co. Überzeugungstäter sind und ihre Kunst nicht allein der kommerziellen Verwertbarkeit unterordnen. Dementsprechend wahrscheinlich schien die Rückkehr, die sich jetzt, elf Jahre später, mit dem fünften Album »Last Place« vollzieht. Schon immer waren Grandaddy eine Band, die es schaffte, ihre Hemmungen mit einer unvergleichlichen Leichtigkeit in Indie-Songs zu gießen. Dieses Markenzeichen besitzt auch »Last Place«, obgleich die Sorgen von Songwriter Lytle im Laufe der Jahre sicher erwachsener und ernster geworden sind. Trotzdem versprühen die zwölf mal rasant, mal zurückgelehnt treibenden Songs mit dem wunderschönen »Songbird Son« als Abschluss die Hoffnung und Heimeligkeit, für die man Grandaddy immer liebte. Musikalisch ist »Last Place« eine aufgefrischte Version der Heydays der Band, was sich vor allem in Lytles analogen Synthesizern widerspiegelt, die deutlich hörbar hinter einem moderneren Equipment zurückgetreten sind. Abseits davon ist »Last Place« deutlich besser als sein etwas willenloser Vorgänger, wenn auch nicht so mitreißend wie die Frühwerke – für die Fans der Band allemal ein versöhnliches Comeback. Christian Steinbrink

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High Plains Cinderland Kranky / Cargo / VÖ 10.03.17

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Ibibio Sound Machine Uyai Merge / Cargo / VÖ 03.03.17

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Die Country-Band Hurray For The Riff Raff legt auf »The Navigator« die Strecke von New York nach Puerto Rico zurück. Ein Glück, dass sie uns an dieser Reise teilhaben lässt. »Living in the city, where it’s hard«, stöhnt Alynda Sigarra im Opener »Entrance«. Die Konsequenz daraus ist, dass sich die New Yorkerin auf eine musikalische Reise in die puertoricanische Heimat ihrer Vorfahren begibt. Dieser Road-Trip ist explizit auch musikalisch: Während »Living In The City« noch als normaler Rock-Song durchgeht, wendet sich das Album immer stärker gen Süden. Die Gitarren werden trockener, das Tempo getragener, die Country-Einflüsse deutlicher, und man hört Sigarra förmlich auf einem Pferd durch die amerikanischen Grenzgebiete reiten. Zum Ende des Albums lässt sie auch diese (musikalische wie geografische) Region hinter sich und ist an ihrem Ziel angekommen: »Finale« klingt wie ein puerto-ricanisches Volkslied, und »Pa’lante« ist eine aufmunternde Ode an die hart arbeitende Bevölkerung des Landes. Die musikalisch wie lyrisch offen herausgestellte Transnationalität schließt selbstverständlich eine ablehnende Haltung gegenüber den politischen Entwicklungen dieser Tage, namentlich Trump, ein: »They said we build a wall to keep them out«, lamentiert sie im mit lateinamerikanischen Rhythmen versetzten Protestsong »Rican Beach«. Man nimmt ihr die persönliche Betroffenheit ab, denn nach dieser großartigen musikalischen Reise möchte Alynda Sigarra bestimmt wieder in ihre New Yorker Heimat zurückkehren. Marius Wurth

Schuberts »Winterreise« und die zerklüftete Landschaft Wyomings nutzen High Plains als Inspiration für cinematische Klänge zwischen New Classical und Elektronik. Der Kanadier Scott Morgan veröffentlicht seit Jahren unter dem Pseudonym Loscil schwebende und wohlstrukturierte elektronische Soundscapes. Zusammen mit dem klassisch ausgebildeten amerikanischen Cellisten Mark Bridges firmiert er nun als High Plains und erweitert sein stilistisches Spektrum um Elemente der klassischen Musik. »Cinderland« wurde in Klausur in der mythisch-schroffen Winterlandschaft

Kulturethnologie für den Club: Die Ibibio Sound Machine läuft auch auf ihrem zweiten Album wie geölt. Der Soundway-Label-Gründer Miles Cleret und der Awesome-Tapes-From-Africa-Blogger und -DJ Brian Shimkovitz sind die beiden Schatzsucher, die in den letzten Jahren gezeigt haben, dass Musik aus Afrika nicht nur als Hintergrundgedudel im Ethno-Café dienen muss. Ein ganzes Paralleluniversum haben die beiden Musikliebhaber dabei eröffnet. Das Ibibio-Sound-Machine-Kollektiv, das in diesem Umfeld gegründet wurde, zeigt auf seinem zweiten Album erneut, wie übergangslos die Fusion der Kulturen klingen kann. Als habe sich David Byrne neben Afrika auch stark von Funk und Disco beeinflussen lassen, vereint Sängerin Eno Williams ihre nigerianischen Wurzeln mit der Clubszene ihrer Londoner Wahlheimat und einer leichten Affinität zu den 1980ern. Die einzelnen Versatzstücke fließen organisch ineinander, so fällt »Uyai« noch etwas ausgefeilter aus als das Debüt. Selbst schwächere Stücke wie »The Pot Is On Fire« kann das Multikulti-Kollektiv durch gekonnte Electro-Spielereien und klassische Jam-Passagen aufwerten. Das Glanzstück dieser vielschichtigen Platte ist »Quiet«, das inmitten der tanzwütigen Tracks als Ruhepol glänzt. Sebastian Jegorow


MASCHINENRAUM MIT PHILIP FASSING

Intro blickt auf 250 Ausgaben zurück, Ostgut Ton feiert die große 100 im Katalog, und Ilian Tape stößt auf das Zehnjährige an – Jubiläen, wohin man schaut.

Born In Flamez wird oft als strahlendes Beispiel für die fortschreitende Dekonstruktion gängiger Dogmen der Club-Musik angeführt. Ein Umstand, der bereits Modeselektor auf den Plan gerufen hat, die kurzerhand mit dem anonym agierenden Produzenten kollaborierten. »Careful You Might Tear The Sound« (Infinite Machine) schreibt diese spannende Geschichte mit zwei düster-kontemplativen Stücken fort, die irritierend ausgewogen zwischen Unbehagen und Entschleunigung pendeln. Es dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, dass Techno-Wunderkind Samir Alikhanizadeh alias Happa weit mehr als das OneHit-Wonder ist, zu dem der blutjunge Engländer für sein fast fünf Jahre zurückliegendes Debüt erkoren wurde. Das unterstreicht auch die jüngste Single »Bum Trance / Hallucinations« (PT/5), die vor allem mit ihrer B-Seite glänzt: eine fünfminütige Geduldsprobe aus infernalischen Noise-Loops und aggressiven Drum-Mustern, die in einer Magenschmerzen bereitenden Drone-Fläche münden. Mit Ilian Tape ist es Dario und Marco Zenker in den vergangenen zehn Jahren gelungen, ein hochprofiliertes Label zu entwickeln, das immer wieder mit ungewöhnlichen Veröffentlichungen auf sich aufmerksam machen konnte. Nach einer Dekade erlauben sich die Brüder nun, dieses Jubiläum mit der Werkschau »A Decade Of Ilian Tape« (Ilian Tape) zu begehen, die mit Künstlern wie Skee Mask, Struction, Andrea sowie den Betreibern selbst noch einmal die ganze Bandbreite des Labels demonstriert. Man würde meinen, dass es laut wird, wenn zwei derart stilbildende DJs wie Ben Klock und Marcel Dettmann aufeinandertreffen, um ein gemeinsames Album zu produzieren. Weit gefehlt, denn diese extravagante Kollaboration ist alles andere als vorhersehbares Peak-TimeFutter, sondern eine fast schon surreale Reise in die Topografie der abstrakten Klangwelten des Duos. Dafür nimmt sich »Phantom Studies« (Ostgut Ton) viel Zeit – eine Tatsache, die in Anbetracht des Ideenreichtums seiner Schöpfer durchaus angebracht ist und sich mit ein wenig Geduld voll auszahlt: eine mehr als würdige Nummer 100 im Katalog. Wenn sich die bisherigen Veröffentlichungen von Jonathan Kaspar auf ihren kleinsten gemeinsamen Nenner herunterbrechen ließen, dann wäre das wohl eines: Groove. Eine Qualität, die der Kölner mit »Supine« (KX) einmal mehr zur Geltung kommen lässt und auch abseits der hypnotisch rollenden Percussion-Loops mit einem ungewöhnlichen Klang-Design zu ergänzen weiß. Viel erstaunlicher ist allerdings, wie leichtfüßig das trotz dieses akustischen Ballasts in der Summe immer noch klingt.

Mit seinen elaborierten Remix-Arbeiten und Eigenproduktionen lässt der 25-jährige Londoner Jack Ritchie alias Bearcubs bereits seit einiger Zeit aufhorchen. Die »Underwaterfall«-EP (All Points) markiert dabei so etwas wie einen vorläufigen Höhepunkt, schließlich gelingt es dem Engländer, hier zu seinem ganz eigenen Stil zu finden: Digitaler Blues, abstrahierte UK-Garage-Referenzen und viel Mut zu Eingängigkeit sowie Experimentierfreude gleichermaßen zeichnen diese ausgesprochen in sich gekehrten Elegien aus. Berghain-Affiliate Michael Fiedler alias Fiedel hat seine Solo-Veröffentlichungen in den vergangenen Jahren bevorzugt über das eigene Label herausgebracht. Nun folgt mit »Substance B« (Ostgut Ton) ein Gastspiel beim Haus-und-Hof-Label des Berliner Clubs. Das weiß vor allem mit seinem Titeltrack zu faszinieren – einer mächtigen Liebeserklärung an den Rave in seiner ursprünglichsten Form. Dass es die darauffolgenden Titel nicht ganz so mächtig angehen lassen, darf durchaus verziehen werden. Damien Pontonnier alias Demian hat sich in der Vergangenheit vor allem im Norden Spaniens einen Namen als DJ und Veranstalter machen können – seine Strahlkraft nur auf diese Region zu beschränken würde dem Franzosen allerdings kaum gerecht werden. Das zeigt seine jüngste EP »Milestars« (Kompakt), deren meditativ groovender Titeltrack das Potenzial besitzt, ein echter Sommerhit zu werden. Eine unbeschwerte Leichtigkeit, die den anderen Titeln dieser Platte ebenso innewohnt, die dementsprechend eine gute Investition für den Frühling sein dürfte. Mit »Rendition Of You« (Hotflush) kann Paul Rose alias Scuba einen weiteren Neuzugang auf seinem Label verzeichnen: Lara Wehbie alias Blursome. Die zeigt mit ihrer Debüt-EP viel Potenzial und vermengt düstere Klangpanoramen und stolpernde Rhythmus-Figuren zu unheilvollen Bass-Hybriden. Lediglich auf Dauer gehen den Tracks ein wenig die Ideen aus, um sich auch ohne allzu repetitive Motive über längere Strecken zu tragen. Hier hätte der Rotstift gerne etwas strenger kreisen dürfen. IMYRMIND ist in den vergangenen Jahren aus dem Dunstkreis von Produzenten wie Max Graef und Glenn Astro getreten, um mit LoFi-Flausen im Kopf, einer Diskettenbox voller Samples und viel Liebe für den Jazz unser Verständnis von Deep-House auf den Kopf zu stellen. Ein Glücksfall also, dass diese charmante Kombination mit »Uniwersum Luxus« (Money $ex) nun auch auf Albumlänge zu haben ist. Eine Platte wie der angetrunkene Kumpel aus alten Tagen, der nach drei Bieren immer noch die besten Geschichten erzählt.

W EINZIGESENNR OP AIR

W EINZIGESENNR OP AIR

SAMSTAG

24.06.2017 24.6. MÖNCHENGLADBACH SPARKASSENPARK M‘GLADBACH SPARKASSENPARK

29.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

TICKETS: TICKETMASTER.DE | EVENTIM.DE PROMOTED BY LIVE NATION GLOBAL TOURING, PRODUCED BY R ZO ENTERTAINMENT, PRESENTED BY LIVE NATION

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28.08.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

06.08.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

BRYANADAM GETUP IN ORIGINALFORMATION

U.A. MIT XAVIER NAIDOO, HENNING WEHLAND, ROLF STAHLHOFEN

W EINZIGESENNR OP AIR

09.06.2017 FREIGELÄNDE ARENA OBERHAUSEN 10.06.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

08.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

15.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

06.06.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

W EINZIGESENNR OP AIR

30.08.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

22.07.2017

SPARKASSENPARK M‘GLADBACH SA. 22.07.2017

SPARKASSENPARK

MÖNCHENGLADBACH

BEGINNER

ADVANCED CHEMISTRY

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TOUR 2017

05.08.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

20.03.2017 LANXESS ARENA KÖLN

TICKETS UNTER:

SPARKASSENPARK.DE & TICKETMASTER.DE


Jarvis Cocker Chilly Gonzales Room 29

alles überdreht und hymnisch klingen, die zehn Songs könnten aufgeblasener nicht sein. Es wird gebissen und gegrätscht, gebläsert, geschlagert, geschunkelt, in die Hände geklatscht, das Hemd weit aufgerissen und »Yeah« geschrien. »Blood Jungle« ist das erste Johnossi-Album, das weltweit veröffentlicht wird. Super, denn es enthält wahrlich alles, was die Band zu geben hat. Paula Irmschler

Deutsche Grammophon / Universal / VÖ 17.03.17

arland Püttlingen | Sa cko.de rocco-del-schla

st 2017

10. - 12. Augu

bisher bestätigt:

Rise Against Casper

SDP Alligatoah heaven shall burn

Madsen Pennywise Anti-flag Adam angst Emil Bulls the amity affliction antilopen gang von wegen lisbeth BRKN u.v.m.

Was haben Jarvis Cocker und Chilly Gonzales gemein, fragte man sich bei der Ankündigung von »Room 29«. Die Antwort: Fantasie, Eleganz, fragilen Bar-Jazz und dieses ansteckend stimmungsvolle Album. Wenn Jarvis Cocker und Chilly Gonzales ein gemeinsames Album veröffentlichen, sind die Erwartungshaltungen gleich zweier Fanlager überlebensgroß. Ebenso hoch ist allerdings auch die Chance, dass die beiden Chamäleons des zeitgenössischen Pop mit ihnen genüsslich brechen. Genau das ist mit »Room 29« passiert, und eben dafür sind die beiden Musiker zu beglückwünschen. Ihre Kollaboration ist konzeptionell eng mit dem Hotel Chateau Marmont verknüpft, das im goldenen Zeitalter Hollywoods einen berüchtigten Hot Spot darstellte. In ebenjenem Hotel logierte Cocker einst im Zimmer 29, das ihn dazu inspirierte, sich in die Mythen dieses Umfelds hineinzuversetzen. Die großartigen Episoden, die dabei entstanden, teilte er mit Gonzales, der seinerseits kleine Kompositionen und Piano-Figuren beisteuerte, die wiederum Cocker dann mit konkreten Texten versah. So mögen die 16 Stücke des Albums oft beiläufig und zu textlastig für Pop wirken, sie rufen jedoch das Beste in beiden Künstlern hervor: den mythischen Glanz, den Cockers croonende Stimme und seine Texte besitzen, und den so romantischen wie lakonischen Witz in den Fingerübungen des musikalischen Supertalents Gonzales. Man kann sich gut vorstellen, wie die beiden als Harlekine in der Lobby des Hotels sitzen, einer am Piano, einer (nackt) auf dem Klavierdeckel, und mit ihren Stücken die Hollywood-Prominenz mal zum Lachen bringen und mal verwirren. Das ist Kammermusik, das ist Lounge- und Bar-Jazz im besten Sinne: in all seinen Einzelteilen suchend, insgesamt aber doch ungemein stimmungsvoll. Nur eines ist »Room 29« nicht: Popmusik. Aber das können beide ihren Fans sicherlich noch beibiegen. Christian Steinbrink

€ (zzgl. Geb.) 3 Tage Festival für 89,Geb.) Tagesticket für 42,- € (zzgl.

Danko Jones Wild Cat AFM / Soulfood / VÖ 03.03.17

»Wild Cat« bietet wenig Neues, sondern den gewohnt energiegeladenen Testosteron-Rock. Aber erwartet man von der Band um den Frontmann gleichen Namens überhaupt mehr? Wurden AC/DC oder Motörhead jemals dafür kritisiert, dass sie ihrem Stil stets treu geblieben sind und Album für Album zum erwartet überraschungsarmen, aber ungemein treibenden Tanz luden? Auf jeden Fall. Hat es ihnen geschadet? Definitiv nicht. Und ohne die temperamentvollen Kanadier Danko Jones vorschnell auf eine Stufe mit diesen leider abgetretenen Hardrock-Veteranen zu stellen: Sie wandeln auf denselben Pfaden. Auch im 21. Jahr nach Bandgründung hauen Danko Jones ihren Hardrock mit rotziger Punk-Attitüde und kraftvoller Metal-Inbrunst in Mark und Bein. Zwischen dem Opener »I Gotta Rock«, der schon ankündigt, was gleich aus den Lautsprechern dröhnen wird, und dem letzten Song »Revolution (But Then We Make Love)« warten neun Tracks, die sich textlich irgendwo zwischen pubertären Sex-Fantasien und Einladungen zu rasender Feier bewegen. Das ist weder anspruchsvoll noch überraschend und schon gar nicht abwechslungsreich – aber kann man den Kanadiern deswegen böse sein? Wer eine Danko-Jones-Platte auflegt, sucht nicht den perfekten Soundtrack fürs romantische erste Date, sondern vielmehr den fürs erste morgendliche Festival-Bier. Und dafür eignet sich »Wild Cat« wieder perfekt. Wie Lemmy Kilmister stets betonte: »We are Motörhead. And we play rock and roll«, kann man auch zur Band aus Toronto sagen: »They are Danko Jones. And they gotta rock.« Das tun sie, und sicher auch in Zukunft. Tobias Tißen

Johnossi Blood Jungle Universal

BILLY TALENT • RISE AGAINST BIFFY CLYRO • CASPER

ALLIGATOAH • IN EXTREMO • JENNIFER ROSTOCK

THE AMITY AFFLICTION • BLUES PILLS • ANTI-FLAG ANTILOPEN GANG • FIDDLER‘S GREEN • DJANGO 3000 SKINNY LISTER • KYLE GASS BAND • EMIL BULLS • WATSKY VON WEGEN LISBETH • COUNTERFEIT • THE AMAZONS RAKEDE • BUKAHARA • HEISSKALT • ROGERS TIM VANTOL • MARATHONMANN • LIEDFETT • BRKN UND VIELE ANDERE... ROTHENBURG 0B DER TAUBER

10.-13. AUGUST 2017

WWW.TAUBERTAL-FESTIVAL.DE

Johnossis »Blood Jungle« ist Stadionrock vom kleinen Mann für niemanden. Der Terminus »überbewertet« sollte langsam mal sterben, aber vorher muss das entsprechende Urteil noch mal auf die Band Johnossi angewendet werden. Die paar bisherigen Hits – geschenkt. Ansonsten sind die beiden Schweden leider nur mittelmäßig talentiert und können es immer schlechter verbergen. Den spezifischen Sound bis zur Peinlichkeit durchzuziehen haben schon Muse und The Killers geschafft. Die für den Johnossi-Sound typische Stimme des John Engelbert klingt jetzt endgültig so, wie es sich anfühlt, auf eine Gabel zu beißen. Die opulente Produktion ist nur noch lästig. Immerhin: Die Band trifft wortwörtlich Nerven. Mit dem martialischen Albumtitel »Blood Jungle« und seinem Inhalt soll jetzt offenbar so richtig »abgerockt« werden. Aua. Immer muss hier

Jonwayne Rap Album Two Alpha Pup / The Order Label

Nach einer selbst verordneten Auszeit ist Jonwayne mit nüchternem Kopf zurück, um mit »Rap Album Two« seinen guten Ruf zu untermauern. Fast vier Jahre ist es her, dass Jonwayne mit seinem »Rap Album One« mächtig Eindruck hinterließ. Mit dem bei Stones Throw veröffentlichten Album trat ein bärtiger junger Mann ins Rampenlicht, der sich seine Sporen als Beatbastler und MC bereits seit Teenagerzeiten als Teil der Low-End-Theory-Szene in Los Angeles verdient hatte. Der Weg zu einer festen Größe im amerikanischen HipHopUnderground schien damit vorgezeichnet,


ZIEGENBLUT & MÖTÖRÖL MIT CARSTEN SCHUMACHER

Der Leibhaftige gerät ins Schwärmen und zwei Sängerinnen stehen ganz oben – auf der Theke, der To-Do-Liste des Exorzisten und bei den Empfehlungen dieser Kolumne.

Brasilien mal anders, mal ohne Tribal Drumming oder irgendwas mit Ipanema. Bei Labirintos neuem Album »Gehenna« (Pelagic) geht alles in eine ganz andere Richtung, nämlich Dark Future statt Zuckerhut. Und der Postrock, den die Band bislang verfolgte, wird bei aller Weite des Sounds plötzlich metallischer. Vielleicht, weil das die Band dominierende Ehepaar Cruxen an Gitarre und Synthesizer es sich so gewünscht und dafür Billy Anderson eingeladen hat. Anderson hat nicht nur »Through Silver In Blood« von Neurosis produziert, sondern auch Pallbearer oder Sleep, hat bei Mr. Bungle am Pult gesessen oder gefühlt die halbe »The Serpent & The Sphere« von Agalloch selbst eingespielt. Düster ist es mit ihm geworden, härter und apokalyptischer. Rumba-Rasseln klingen jedenfalls anders. »Gehenna«, obwohl kein Ausnahme-Album dieses Subgenres, hätte man eher in Nord- denn in Südamerika verortet.

Oder in Oslo. »Oslo« hat zum Glück ein zweites O, sonst hieße es nur slo. Damit wären wir auch direkt beim Doom-Duo Hymn, das sich jetzt endlich dazu durchgerungen hat, ein Debütalbum rauszuwuchten. Bei »Perish« (Svart) muss man aufgrund des zum Ausholen einladenden Tempos speziell bei den Drums schnell an Mantar denken. Im direkten Kontrast wirken die Norweger allerdings eher niedlich, denn bis sie sich auf »Perish« mal so langsam über die Unmutsgrenze schleichen, haben bei Mantar schon alle die Fackeln ausgeblasen, weil eh nichts mehr steht. Vielleicht sollten die Norweger mal den Schmerz des übertriebenen Ausfallschritts auf der Bühne kosten, das könnte der Dringlichkeit dienlich wirken.

Zum Glück bringen Svart in diesem Monat noch das Debütalbum des belgischen Quartetts Bathsheba heraus. »Servus« (Svart) ist zunächst einmal eine recht klassische DoomPlatte, allerdings von der sinistren Sorte. Okkult schleppt sich das schwere Riffing in Begleitung der wundervollen Michelle Nocon (ExSerpentcult) dahin, die mal süßlich-melodisch singt, um im nächsten Moment jedem Exorzisten die Freude eines besessenen Schreis zu schenken. Ein gekonnter Wechsel, dem eine unbestreitbare Sexiness innewohnt, zu der sich an einer Stelle sogar noch ein überraschend auftauchendes Saxofon gesellt, das selbst den Fürsten der Finsternis zum selbstverlorenen Träumen bringt.

Und da ihro Pestität gerade den soft spot streichelt, können wir direkt mit Power Trip weitermachen. Das Quintett aus der nach der gleichnamigen 1980er-Serie benannten texanischen Stadt Dallas verbindet liebevoll rohe Hardcore-Energie (samt Chor-Shoutings) mit dem seligen US-Thrash der Blütezeit und landet mit dieser klassischen »Cro-Mags machen mit Exodus rum«-Formel ungefähr dort, wo Metallica einst begannen – nur tighter. »Nightmare Logic« (Southern Lord) kommt dabei

sogar noch etwas besser auf den Punkt als das beliebte 2013er-Underground-Debüt der Texaner. Jetzt geht der Spaß also auf Southern Lord weiter und hat nichts an Magie eingebüßt.

Okay, als Berliner Death-Metal-Band muss man nicht direkt das Leben der Preußenkönige vertonen, den alten Fritz und die Kartoffeln hochleben lassen oder ein Konzeptalbum zum Wachstumszyklus der Spreewaldgurke schreiben. Aber Ägypten? Haben Maat, benannt nach der Gottheit der Gerechtigkeit, das heilige Ansinnen, die Nofretete zurück zum Nil zu tragen? Oder den Proberaum unter der Museumsinsel? Der Titel ihres zweiten Albums »Monuments Will Enslave« (Aural Attack) ist gerade hinsichtlich der in Berlin immer noch präsenten Architektur gleich mehrerer Tyrannen-Systeme eigentlich ein schöner Einfall, bezieht sich jedoch immer noch auf Nordafrika. Diesbezüglich sind wir im Metal mit Nile oder den fantastischen Odious schon vorzüglich gesegnet. Mögen die Maat-Adepten gerade Nile auch noch so oft schmähen, die ägyptische Atmosphäre kann man auf dem ansonsten gar nicht so schlechten Album so lange suchen wie leicht ignorieren. Wie wär’s denn mit der Vertonung griechischer Philosophie? Platonische Growls wären jedenfalls eher ein Alleinstellungsmerkmal.

Steigen wir nun in die Keller von Nizza. Svart Crown hausen dort und werden gern mit Blut aus Nord verglichen, wirken allerdings trotz ihres heftig angeblackten Death-Metal zugänglicher. Das vierte Album »Abreaction« (Century Media) ist atmosphärisch dicht, bisweilen extrem flink. Es lebt von dem präzisen Toben des seit zwei Jahren hier aktiven Drummers Kévin Paradis, einem zusätzlichen Schuss Thrash und einem für den Sound der Band gar nicht schlechten Rückgriff auf Klassiker der 1990er, die das Album letztlich extrem, abwechslungsreich und unterhaltsam zugleich machen. Doch nun zum Abriss dieser Kolumne, den wir von The Charm The Fury erledigen lassen: einem niederländischen Quartett voller Spielfreude, das auf seinem Debüt »The Sick, Dumb & Happy« (Arising Empire) an eine kneipenkompatible Metalcore-Version von Pantera erinnert. Beim Eurosonic Festival haben sie jedenfalls jede noch so kleine Kaschemme in Schutt und Asche gelegt und von jeder Theke herab eine wall of death gefordert. Wenn nur bitte derjenige verprügelt würde, der der ansonsten hervorragenden Caroline Westendorp eingeredet hat, sie bräuchte kitschig-clean verhallte Refrains für den Durchbruch. Ihr Fauchen ist super, die Songs süffig, die Party garantiert.

MICHAEL SCHULTE 08.03.17 09.03.17 10.03.17 02.06.17

HAMBURG KÖLN BERLIN LANDSWEILER

CHRISTIAN LÖFFLER & MOHNA 11.02.17 25.04.17 26.04.17 27.04.17 28.04.17 29.04.17

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BALBINA

28.03.17 29.03.17 30.03.17 31.03.17 02.04.17 01.03.17 WEIMAR 03.04.17 02.03.17 ERFURT 05.04.17 03.03.17 OFFENBACH 04.03.17 LEIPZIG 06.04.17 08.03.17 HAMBURG 07.04.17 09.03.17 BERLIN 08.04.17 10.03.17 KÖLN 10.04.17 11.03.17 STUTTGART 11.04.17 12.03.17 MÜNCHEN 12.04.17 14.03.17 WINTERTHUR (CH) 13.04.17 15.03.17 BASEL (CH) 16.03.17 FREIBURG 17.03.17 TÜBINGEN 18.03.17 ULM

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HEIDELBERG MARBURG HANNOVER LEIPZIG DRESDEN MICHELSTADT DÜSSELDORF

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HELGI JONSSON

SERAFYN

WITH TINA DICO MARIANNE LEWANDOWSKI & DENNIS AHLGREN

DAMIAN LYNN

26.04.17 27.04.17 28.04.17 29.04.17 19.05.17 20.05.17 21.05.17 15.06.17 16.06.17 06.07.17

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JONATHAN KLUTH 28.03.17 29.03.17 30.03.17 31.03.17 01.04.17 02.04.17 04.04.17 05.04.17 06.04.17 07.04.17 08.04.17 11.04.17 12.04.17 13.04.17

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NISSE 18.05.17 KÖLN 19.05.17 HAMBURG 20.05.17 BERLIN

MESSER 31.03.17 01.04.17 02.04.17 03.04.17 04.04.17 05.04.17 06.04.17 07.04.17 08.04.17

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BUSTY & THE BASS 23.05.17 24.05.17 25.05.17 26.05.17

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SELECTIVE ARTISTS WWW.SELECTIVEARTISTS.DE


110

#Review und mit »Rap Album Two« kann er dieses Ziel nun nach einer selbst verordneten Pause endlich in Angriff nehmen. Anfang Dezember 2016 thematisierte der 26-Jährige in einem offenen Brief seinen Alkoholismus und den erfolgreichen Kampf dagegen. »Dangerously overweight, drunk every night, anxiety ridden« sei er gewesen. Dem Ende näher als den angestrebten Erfolgen. Er habe Chancen vergeben und Brücken zerstört. Dennoch: Die Musik blieb als Trostspender und Verarbeitungsmechanismus, und so fließen diese Erfahrungen in »Rap Album Two« ein, das jedoch nicht halb so dunkel klingt, wie man anhand der Story vermuten könnte. Flöten-, Streicher- und Orgel-Samples bestimmen die erdigen Beats, über die Jonwayne seine von doppelbödigem Humor durchzogenen Texte schnörkelt. Schön, dass dieser Bart wieder steil im Wind steht. Bastian Küllenberg

Die zwei haben ein Händchen für ungewöhnliche Melodien, wie das mysteriöse »Le Radeau De La Méduse« und das rein instrumentale »Hawaii« zeigen. Adegokes lässige, rauchige Stimme wirkt manchmal, als würde sie gerade jemanden beschimpfen. Umso überraschender ist der unbeschwert spaßige Ausreißer des Albums, das ausnehmend poppige »Beau Beau«. Elisabeth Haefs

Grand Hotel Van Cleef / Indigo / VÖ 03.03.17

Valerie June The Order Of Time Concord / Caroline / Universal / VÖ 10.03.17

Joy Wellboy Les Pieds Dans La Merde, La Tête Dans Les Étoiles ADP / Al!ve / VÖ 03.03.17

Das dritte Album des belgischen Duos bleibt bei ausgeklügeltem Electro-Pop mit einem dunklen Beigeschmack. Der Titel dieses Albums bedeutet »Die Füße in der Scheiße, der Kopf in den Sternen« – Realitätsverlust oder Optimismus? Der gleichnamige Song hat eine düstere Energie und suggeriert mit hetzenden Beats eher eine gelassene Resignation: Joy Adegoke singt davon, dass sie »bis zum Ende der Welt« tanzt. Französisch war von Kindheit an besonders für Adegoke eine wichtige Sprache. Ihrem Partner Wim Janssens, der nur manchmal mitsingt, steht das ebenso gut (»La Forêt Noire«). Das Paar aus Brüssel ist seit geraumer Zeit in Berlin stationiert und hat nach »Wedding«, dem lokalbezogenen zweiten Album, wieder eine neue Mischung aus New Wave, Electro- und Alternative-Pop erschaffen und fein arrangiert. »Mon Coeur« ist schnell, aber kontrolliert und hochemotional.

Tim Kasher No Resolution

2016 hat Valerie June eine Einladung von Michelle Obama ins Weiße Haus bekommen – vollkommen verdient. Ihr mittlerweile viertes Album ist ein kraftvolles Gemisch aus tief wurzelndem Soul, Blues und klarem Folk. Valerie June aus Tennessee singt gelassen, dabei geht sie manchmal in ein sanftes Näseln über. Dieser Klang sorgt dafür, dass ihr beinahe perfektes Album »The Order Of Time« trotzdem angenehm unpoliert klingt. Es wurde in Vermont aufgenommen, und der ländliche Winter hat zu der tiefen Ruhe beigetragen, die ihre zwölf Songs ausstrahlen. Background-Vocals und Unterstützung lieferten Norah Jones und Junes Familie, weitere Hilfe kam von Produzent Matt Marinelli. »The Order Of Time« ankert fest in der Realität und der Vergänglichkeit (»The Front Door«), wirkt aber zeitweise tief verträumt wie bei »Just In Time« oder spirituell wie in »Astral Plane«. Letzteres hat die Schöpferin ursprünglich für eine Zusammenarbeit mit Massive Attack geschrieben, es nun aber selbst aufgenommen. Das Banjo spielt für June eine wesentliche Rolle – in »Man Done Wrong« sorgt es für einen eher östlichen Vibe und betont die afrikanische Herkunft des Instruments, das oft nur als amerikanisch wahrgenommen wird. Keyboards, Bläser und Pedal-Steel-Gitarre werden sorgfältig eingesetzt. Es ist schwer, hier die Glanzlichter herauszupicken, aber »The Love You Once Made« gehört sicher ganz oben auf die Liste. Elisabeth Haefs

Der Cursive-Frontmann Tim Kasher hat einen eigenen Film gedreht und setzt beim Soundtrack auf altbewährte Mittel. Der Anfang der Geschichte ist rosarot. Man ist verliebt, denkt über die Zukunft nach, isst Himbeereis, alles ist gut. Doch es wäre keine Tim-Kasher-Geschichte, wenn das Rosarot nicht nur eine Erinnerung an vergangene Harmonie wäre und dem Songwriter und Neu-Regisseur als Rahmen für Beziehungsstudien dienen würde. Also ist alles eigentlich so monothematisch wie bei seinem »The Game Of Monogamy«-Solodebüt. Musikalisch lässt Kasher auf dem Soundtrack zu seinem ersten Film den digitalen Grundton des Vorgängers hinter sich. Auf »No Resolution« präsentiert er seine verschiedenen Facetten ohne Electro-Beats. Die Stücke werden klassisch von der Band plus Streicher-Begleitung getragen, die an den richtigen Stellen in den Fokus rückt und auf den Putz hauen darf. Und gerade dann wird »No Resolution« wirklich spannend. Den Wahnsinn in »No Secret« könnte man auch Cursives »The Ugly Organ« unbemerkt unterschmuggeln, während Songs wie »Messes« zumindest angenehmen FolkPop liefern. Keine Ahnung, wie der Film »No Resolution« ausfällt, aber der dazugehörige Soundtrack ist Kasher durchaus gelungen. Sebastian Jegorow

Gizzard & The Lizard Wizard jammen sich so sehr den Arsch ab, dass ihnen die normale Tonleiter nicht mehr reicht. Rassel rassel, flöt flöt, bing! King Gizzard & The Lizard Wizard lassen sich das Jammen nicht nehmen. Dabei schleudern sie ein Album nach dem anderen heraus. Ihre unglaubliche Produktivität spiegelt sich auch in der Ankündigung wider, dass dies nur das erste von insgesamt fünf Alben sei, die alle 2017 erscheinen sollen. Doch das Großartige an der Combo aus Melbourne ist, dass jede Platte anders klingt. Nach einiger Fuzz-Gitarren-Eskalation hat die Band mit »Paper Maché Dream Balloon« rein akustische Gitarren sprechen lassen, nur um danach mit »Nonagon Infinity« Thrash-Metal in Psych-Rock zu übersetzen. Auch auf »Flying Microtonal Banana« geht es psychedelisch zu. Gleich zwei Drummer kloppen die Hörer regelrecht in Trance. Klar, dass für so einen Zustand die Songs auch mal eine Länge von fünf Minuten brauchen, bis man in einem unentrinnbaren Sound-Labyrinth gefangen ist. Und während man den Ausgang sucht, wird man von alternativen Tonleitern verfolgt, denn zwölf Töne reichen der Band nicht, sie verwendet 24. Wer schnell zu viel bekommt, hat hier zu viel. Eine absolute Pflichtplatte für Gitarrenfreaks ist sie aber trotzdem. Konstantin Maier

LaBrassBanda Around The World RCA / Sony

King Gizzard & The Lizard Wizard Flying Microtonal Banana Heavenly / PIAS / Rough Trade

Verschobene Nachtschattengewächse mit psychedelischer Retro-Rock-Attitüde: King

Mit Trompeten, Posaunen und Didgeridoos ziehen die bayrischen Blasmusik-Enthusiasten LaBrassBanda aus, um die Welt zu erobern. Dabei vermengen sie noch mehr Stile als bisher schon. Bayern: zum einen ein im Rest Deutschlands belächeltes bis verhasstes Bundesland, zum anderen die Heimat bissiger Grantler und Genies wie Gerhard Polt oder Gustl Bayrhammer. Popmusikalisch ist der Dialekt in den Kalenderspruchweisheiten der Sportfreunde Stiller zu erahnen, oder er versteckt sich mehr schlecht als recht in diversen Indie-Bands, die britischer als jede Britpop-Band klingen

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3 Tage

– 4 Bühnen – 70 Künstler

VII YRS

HEIMSPIEL MIT KRISTOF BEUTHNER

Dieses »Heimspiel« zieht in den Süden. So sehr, wie es eben kann: Willkommen zu einer Reise durch Bayern, nach Österreich und in die Schweiz.

Beginnen wir mit etwas Obskurem und werfen den Blick nach Bayern, wo das famose Label Trikont immer wieder Schatztruhen voll interessanter Musik öffnet. Auf »Stimmen Bayerns – Himmel & Hölle« (Trikont) wird es trotz der eröffnenden Worte des Großmeisters des bayerischen Humors, Karl Valentin, nicht volkstümlich, sondern bunt gemischt zwischen Liedermacher-Pop, Folk, Chanson und Rap. Zentral bleibt dabei aber der Dialekt. Mit Bands und Künstlern wie Dreiviertelblut, Ringsgwandl oder Hans Söllner und SpokenWord-Beiträgen von Gustl Weishappel ist diese Compilation allemal hörenswert – sofern man Lust verspürt, sich auf so etwas einzulassen.

Ebenfalls aus Bayern stammen G. Rag Y Los Hermanos Patchekos, die ihren ebenfalls reichlich obskuren Stilbastard »Wacky Tobacky« (Gutfeeling) liebevoll »Mediterranean Trash Folk« nennen. Ober-Patcheko Andreas Staebler, gleichzeitig Labelchef und Besitzer eines Plattenladens in München, verquickt auf lässig-verspielte Weise Polka und Chanson, Tango und Ska, Merengue und MariachiSounds miteinander. Da wird einem schwindelig, aber man bekommt auch auf Anhieb super Laune. Noch mal München: Die Young Chinese Dogs, eine recht brave Folkpop-Kapelle, kommt hierher. Zwei ihrer Mitglieder, Birte Hanusrichter und Oliver Anders Hendriksson, wollen in ihrer Musik aber mittlerweile mehr dunkle Elemente, etwas Elektronik und auch in der Gitarre mehr Strom. So erschufen sie bereits vor zwei Jahren Snowfall, deren vier Songs starke »EP #1« (Hendriks & Son) tatsächlich düsterer und geerdeter klingt als der Hauptband-Output, aber niemals den Fokus vom Pop-Appeal nimmt und somit sehr charmant rüberkommt. Nicht München, aber Aichach bei Augsburg: Von hier kommt The Sensational Skydrunk Heartbeat Orchestra, dessen Name natürlich zunächst bescheuert klingt. Angesichts des ekstatischen Ska-Rock-Pop-Funk-Mixes, den es auf dem dritten Album »King & Queen« (Milkyhilly) zu hören gibt, ergibt er aber Sinn: Das ist sensationell stimmungsvoll, klingt betrunken (den Sky-Zusammenhang lassen wir weg) und lässt das Herz schneller schlagen. Gewinnt keinen Kunstpreis, macht aber großen Spaß. Laut wird es in Nürnberg bei den Hyenas, deren wütender, an Bands wie Converge oder Everytime I Die erinnernder Post-Hardcore des Debüts »Deadweights« (Pelagic) durch seine Punk-Attitüde glücklicherweise so viel Catchiness mitbringt, dass man dazu wahlweise allen Weltschmerz aus sich rausspringen oder den Fußboden umarmen mag. Nicht schön, aber packend.

Noch mal nach Regensburg, wo Johnny Firebird ihre Kanone geladen haben und die Welt seit sieben Jahren mit hochprozentig giftigem Punk’n’Roll, der gerne auch 1970er-Glam lüstern beäugt, beschießen. »Finders Keepers, Losers Weepers« (Ghost Town Noize) ist ein herrlich arroganter und grandios passender Albumtitel; auf den packend-energischen Tritt in den Schritt aller Squaredenker folgt ein Kuss auf die geballte und schließlich hoch in den Himmel gereckte Faust. Von Bayern ist es nicht weit nach Österreich, genauer ins Burgenland. Dorther kommen Garish, alte Helden des Hamburger Tapete-Labels, und ihr siebtes Album »Schwarzer Kater« (Ink Music). Garishs kunstvoller Synthie-Folk-Pop klingt musikalisch filigraner und weniger rau als zuvor, nach wie vor ist er aber mit Thomas Jarmers äußerst feinsinnigen Beobachtungen von der Welt und ihren Zuständen versehen, eine Augenbraue wissend hochgezogen, das andere Auge skeptisch zusammengekniffen. Schönes Ding. Wo ist eigentlich das Banjo von Mumford & Sons geblieben? Fragten sich ja vor einiger Zeit Legionen von Fans. Nun wissen wir’s: in Südtirol. Mainfelt haben es sich gekrallt. Und spielen auf »Backwards Around The Sun« (Suedpolmusic) so hingebungsvoll auf der Indie-Folkpop-Klaviatur inklusive ekstatischer Percussion und strahlend-mehrstimmigem Gesang, dass es sich auf angenehmste Weise anfühlt, als wäre wieder 2008. Und alle: »It was not your fault but mine ...« Von Österreich in die Schweiz: Und zwar zu Ursina, deren Debütalbum »You Have My Heart« (Reelmusic) von Wir-Sind-HeldenSchlagzeuger Pola Roy produziert wurde und bei deren warmherzig-erhabenem FolkSongwriter-Pop sich sogar Alleskönner Peter Broderick in den Credits wiederfindet. Die beiden in Ursinas Muttersprache Romanisch gesungenen Stücke »En In Mund« und das wunderschöne »Affonza« sind inmitten all der popweltgerechten englischsprachigen Songs willkommene, wundersame Exoten. Ganz anders gehen da Ursinas Landsleute Twinesuns zu Werke. Deren zweite LP »The Empire Never Ended« (Pelagic) ist ein wüstes Biest, bedrohlich, angriffslustig lauernd; ein zwischen Postrock, Doom, Drone und Ambient mäanderndes, zutiefst düsteres Werk, das auf den Einsatz von Drums aus Prinzip verzichtet, weil die Band es für überbewertet hält, ein Schlagzeug zu benutzen. Das sprengt – ähnlich wie bei den Labelkollegen Hyenas – klanglich definitiv den Rahmen dieses Heimspiels, ist aber für Menschen mit Hang zu experimenteller Musik Pflichtprogramm.

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MODERAT METRONOMY AMANDA PALMER (THE DRESDEN DOLLS) & EDWARD KA-SPEL (LEGENDARY PINK DOTS) SOHN KATE TEMPEST AMERICAN FOOTBALL KING GIZZARD & THE LIZARD WIZARD THURSTON MOORE CIGARETTES AFTER SEX MINUS THE BEAR WHITNEY – ACID ARAB KING KHAN & THE SHRINES RYLEY WALKER MITSKI – ANDY SHAUF DEAR READER VOODOO JÜRGENS KIKAGAKU MOYO KLANGSTOF ZEAL & ARDOR PARCELS – WAND SOMETREE – TALL HEIGHTS WHITE WINE & viele mehr...

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wollen. Dass LaBrassBanda ihre Herkunft verschweigen wollen, kann man nicht gerade behaupten: Mit einer selbstbewussten »Mia san mia«-Mentalität rappen sie gleich im ersten Song »Indian Explosion (Bauwagn)« über ihren Weg von verkannten Waldschraten bis zu gefeierten Erfindern des Bavarian Brass-HipHop-Pop-Jazz. Die Band schreibt auf »Around The World« ihren Mythos vom musikalischen Wolpertinger, der in jedem Land und in jedem Genre wildert, fort. Mit ihrer manchmal penetranten World Music spielen LaBrassBanda auf ihrer Welttournee in Ho-Chi-Minh-Stadt, Tokio, Honolulu oder Mexico City, bis es sie wieder in die Münchner Olympiahalle verschlägt. Das Brachiale dieser Blechblas-gute-Laune-Monster ist zuweilen erschreckend, das Spiel mit dem Bajuwarischen wenig subtil, und manchmal wünscht man sich die warnenden und weisen Worte eines Gustl Bayrhammer zurück, bloß kein »Seppl«-Image zu bedienen – auch wenn LaBrassBanda mit allerlei Charivari davon ablenken. Kerstin Kratochwill

What Love Isn’t«: eine Platte, auf der er durch butterweiche Orchesterarrangements führte und ihm die memorablen Melodien nur so zuflogen. Während den damaligen Liedern die Melancholie eines verlassenden Prinzen innewohnte, ist »Life Will See You Now« in der Summe lebensbejahender, was allein schon an den sehr expressiv gewählten musikalischen Mitteln liegt. Der Produzent Ewan Person kennt sich mit der eklektischen Aufladung von Sounddesigns aus, schließlich hat er schon Goldfrapp und M83 zur weltweiten Tanzhoheit verholfen. So sind Songs wie »Evening Prayer« oder »How We Met, The Long Version« angereichert mit Handclaps, Calypso und Funk-Elementen. Die Rolle des Tänzers steht Lekman außerordentlich gut, doch sind es letztlich die leiseren, traurigeren Stücke des letzten Albumdrittels, die ihn auf der Höhe seiner Kunst zeigen. Kai Wichelmann

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Es flirrt, es keucht, es will dir an die Gurgel: Lauter Bäumen sind angenehm rückwärtsgewandt und dringlich. Mit der Doppel-7“ »Ganz weit im Weiß« sorgten Lauter Bäumen aus Köln vor knapp drei Jahren für ein klitzekleines Beben. Rezept damals wie heute: Ein tief in den 1990ern verwurzeltes Songverständnis, angereichert mit einem zu hohen Puls, der geballten Faust kurz vor dem Schlag. »Mieser in den Miesen« ist etwas ruhiger, bewahrt zum Glück aber die Leitplanken der Band: Schorsch Kamerun, Hamburger Schule, Slacker-Indie von der anderen Seite des großen Teichs. Das hätte schon 1997 auf einer »Komm küssen«Compilation oder einem L’Age-D’Or-Sampler reüssieren können. Als Referenz heißt der Opener auch »Bessere Zeiten klingt gut« – kann man so machen, auch wenn das der einzige Track ist, der irritierenderweise an die Sportfreunde Stiller gemahnt. Hit bleibt Hit: »Teil deiner Liebe« war schon auf dem Release vor drei Jahren der An-die-GurgelGeher und hat auch Anfang 2017 das Zeug zum Lieblingslied. Mögen sie in der neuen, geilen Bewegung doch dem Albini-Hardcore frönen – Lauter Bäumen pflanzen der Kölner Indie-Szene ein neues Bäumchen. Bitte mit Gift und Liebe gießen. Marco Fuchs

Jens Lekman Life Will See You Now Secretly Canadian / Cargo

Jens Lekman erweitert sein Klangspektrum, indem er sein ohnehin schon sehr eigenes Popverständnis um verschiedene Genres erweitert. Jens Lekman hat es immer verstanden, dem weiten Feld der Popmusik seinen Stempel aufzudrücken. Sein bisher bestes Album war ausgerechnet der Vorgänger »I Know

Where is my mind? Die derzeit wohl aufregendste junge Band dieses Landes haut ihren Fans in spe einen wild gewordenen Indie-Rock-Dance-Funk-Hybriden über die Schädel. »I got a situation«, heißt es gleich im ersten Stück »Nevermind«, »I’m living in a place that fucks me up«. Man denkt an die piefige Kleinstadt-Idyll-Hölle, aber Jakob Amr meint damit Hamburg. Nicht das Einzige, was Leoniden anders denken und machen als andere. Statt sich finster und frustriert im JuZe zu verkriechen und Hardcore zu spielen (oder Punk oder Emo), haben diese fünf Kieler einen so wild gewordenen Bastard von Sound gebastelt, dass man sie bald überall, wo es schön ist, mit offenen Armen empfangen dürfte. Punk und Emo stecken schon auch in dieser Platte, aber sie werden kongenial durch Elemente aus Soul und Funk erweitert und mit einem sagenhaft dringlichen Pop-Appeal versehen. Was ist schon ein einziges Genre, und wozu braucht man das? Viel schmeckt besser, Diggi! Filigrane Riffs à la Mars Volta finden sich genauso auf diesem Debüt wie stürmischer Dancefloor-Indie; die Referenzliste ist endlos wie obsolet. Diese Platte sprüht förmlich vor kreativer Energie und lässt in ihrer rastlosen Zappeligkeit ungefähr erahnen, wie einem diese Band live das Trommelfell über die Ohren zieht. Kristof Beuthner

Los Campesinos! Sick Scenes Wichita / PIAS / Rough Trade

Euphorisch verspielter Indie-Pop mit cleveren Texten – auf die Waliser Los Campesinos! ist auch auf ihrem sechsten Album Verlass. Der Frühsommer 2016 war keine einfache Zeit für Gareth David alias Gareth Los Campesinos: In Frankreich schied England bei der Fußball-EM gegen Island aus, zeitgleich saß der Sänger der walisischen Indie-Popband im portugiesischen Amarante und verarbeitete trinkend seine jüngste Trennung. Der Song


IMMER NOCH INDIE? MIT CHRISTIAN STEINBRINK

Alt und jung, schlicht und komplex, erwachsener Ernst und jugendlicher Enthusiasmus: In diesem Monat erstreckt sich unser aller Lieblingsmusik über Generationen.

Man kann Josh T. Pearson von seinem 2011 auf Mute veröffentlichten Soloalbum »Last Of The Country Gentlemen« kennen, auf dem der Texaner uramerikanischen Country und Folk mit so experimentellen wie theatralischen Kniffen versah. Dass Pearson außerdem eine Vergangenheit in der epischen Postrock-Band Lift To Experience besitzt, muss man deshalb aber nicht wissen. Denn »The Texas-Jerusalem Crossroads« (Mute), das 2001 veröffentlichte einzige Album des Trios, sorgte für nur wenig Aufsehen. Eine Nachlässigkeit, wie die aktuelle Wiederveröffentlichung der LP via Mute beweist: »The Texas-Jerusalem Crossroads« ist eines dieser Alben, deren Indie- und Postrock komplex und wenig stringent zerfließt, deren Erhabenheit aber dennoch unverkennbar ist. Eine großartige Platte für alle, denen das Constellation-Label zuletzt zu sehr ausfaserte.

Ein dreckiger, kleiner Spaß ist »Sincerely« (Hardly Art), das zweite Album des Trios Dude York aus Seattle: Die extrovertierte Schule der Thermals kreuzt die Band mit der Hymnik Weezers, einem verspielten Lo-Fi-Appeal und Themen zwischen Party-Tragik und TeenagerLiebe. Natürlich ist das keine Neuerfindung von gar nichts, aber eben doch eine euphorisierende Erinnerung an einen Stil, den man vermisst hat, ohne das je geahnt zu haben. Ähnliche Themen verarbeiten Hippo Campus auf ihrem schon etwas länger erwarteten Debütalbum »Landmark« (Transgressive), nutzen dafür aber gänzlich andere Stile: Das ist ein leichtfüßiger, manchmal polyrhythmischer Indie-Pop mit gelegentlichen Art-Pop-Ambitionen, dessen Stimmung an die frühen Vampire Weekend erinnert, Vielfalt und Kreativität aber übergroßer Eingängigkeit vorzieht. Im Vergleich zu seinem formidablen 2015erAlbum »Night Moves« hat sich Renaud Brustlein alias H-Burns für seine neue LP »Kid We Own The Summer« (Because) für ein deutlich sachteres Sound-Gewand entschieden. Er entließ dafür sogar seine Band und arbeitete ausschließlich mit musikalischen Gästen. Sein stoisches Songwriting enthält zwar immer noch Referenzen an Kurt Vile oder The War On Drugs, klingt dank kaum verstärkter Gitarren und elektronischer Sprengsel aber deutlich lieblicher – und auch das steht dem Franzosen dank seines Talents sehr gut. Die aufsehenerregendste Band auf ihrem an Hochkarätern nicht armen Label Domino waren François & The Atlas Mountains sicher noch nie – dafür wirkte das Projekt um das ehemalige Camera-Obscura-Mitglied François Marry immer zu vornehm, zu distinguiert und – zu französisch. Das wird sich auch mit dem fünften Album »Solid Mirage« (Domino) kaum ändern – was nicht heißen soll, dass es zu vernachlässigen wäre. Denn Marry kultiviert ein weiteres Mal Distanz und Kreativität in

farbenfrohem Pop, der in seinen melodiösen Momenten sogar an Phoenix erinnert. Wer hier an L’art pour l’art denkt, liegt höchstwahrscheinlich trotzdem falsch.

Der Dad-Rock-Gedächtnispreis dieser Ausgabe geht an den Norweger Torgeir Waldemar und sein Zweitwerk »No Offending Borders« (Jansen Plateproduksjon): hoffnungslos veraltet zwischen Dylan, Springsteen, Folk und 1970erBluesrock, und es gefällt trotzdem! Zum Teil mag das an den Gesangsharmonien liegen, bei denen die Fleet Foxes gar nicht so weit entfernt scheinen. Wer eine Vorliebe für die Altvorderen auch nur im Geheimen pflegt, sollte diesem durchaus vielseitigen Album zuhören. Auch Port Noo macht auf ihrem Debütalbum »In The Middle Of Everything« (Goldrausch) kaum Konzessionen an den Zeitgeist. Sie überzeugt aber dennoch mit einem ausgesucht und kreativ arrangierten, sacht akzentuierten Folk, für den neben ihr eine Reihe namhafter, internationaler Instrumentalisten verantwortlich zeichnet. Das Album ist ein musikalisches Ereignis, das Aufmerksamkeit erfordert, dann aber seine ganze Reife und Klasse offenbart. Der von ihrem Label angestellte Vergleich zu Low ist da sicherlich nicht zu hoch gegriffen.

London O’Connors Debütalbum »O∆« (Matador) ist ein faszinierender, warmherzig-melancholischer Hybrid aus HipHop und BedroomProducing, Synthie-Pop und Lo-Fi-Electronics: unschlagbar simpel und beseelt zu gleichen Teilen. Fast wirkt der New Yorker wie ein trauriger Spielzeug-Prince, der Drake auf seine glamourbefreite Essenz herunterbricht. Das Album ist ein Abschiedsbrief an seinen verstorbenen Kompagnon. Von nun an will er in die Zukunft blicken, und dessen Ergebnisse sollte man dringend im Auge behalten. Die komplexere, vermeintlich erwachsenere Version dieses Hybrids liefern Winter Family auf ihrem dritten Album »South From Here« (Ici d’ailleurs). Das zumeist in Kunst-Kontexten agierende Duo, das sich in Israel traf und bislang zwei Alben auf Sub Rosa veröffentlicht hat, verbindet Spoken-Word-Lyrics mit einem mal verspielt, mal kammermusikalisch anmutenden und mit Samples gespickten Sound-Gerüst. Das erinnert an Lydia Lunch oder Einstürzende Neubauten, wirkt in seinen theatralischen Stimmungen aber deutlich subtiler und ist ein echter Tipp für alle, die sich längst in Gefilde von Avantgarde und Ambient verabschiedet haben. Bleiben noch ein paar Zeilen, um auf das neue Live-Album von Sleater-Kinney hinzuweisen. Lasst es euch gesagt sein: Diese Band ist auf der Bühne ein Ereignis, und das ist auch »Live In Paris« (Sub Pop). Gut aufgezeichnet, schön aufgemacht, ausschließlich Hits. Perfekt, um es laut aufzudrehen, wenn der Letzte den Klassenraum verlassen hat.

Intro 70x140 zzgl. 3mm 02 2017 06.02.17 16:07 Seite

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#Review

FOO FIGHTERSCAUS ARCADE FIRE A TRIBE CALLED QUESTUS CA THE WEEKND MODERAT/MODESELEKTORDE

»I Broke Up In Amarante« ist nicht nur lyrisch – die unausweichlichen Verbindungen zwischen den banalen und existenziellen Unwägbarkeiten des Lebens –, sondern in seiner Pop-Euphorie auch musikalisch paradigmatisch für das Gesamtwerk der walisischen Band: euphorisch verspielter Indie-Pop mit Gitarren, Glockenspiel und Synthie. Immer mit dem Willen zur großen Geste, dabei stets charmant. Okay, manche Momente mag man zu pathetisch finden, wie schon in der Vergangenheit schrammt auch auf »Sick Scenes« manches knapp am misskittyesken Kinderlied vorbei. Es sind aber schlichtweg zu viele tolle Popsongs dabei, um sich ernsthaft daran stören zu können. Am stärksten ist die Platte im letzten Drittel: »Got Stendhal’s« hätte anders produziert auch Lorde oder Rihanna gut zu Gesicht gestanden, »For Whom The Belly Tolls« ist ein mächtiger Indie-Pop-Hit mit der üblichen übersteuerten Soundästhetik, »Hung Empty« der übercatchy TweePop-Closer. Mit solch einem Soundtrack ist auch die nächste EM-Pleite oder Trennung überstehbar. Christian Steigels

ruhigen Country-Folk, langsam und intensiv. Macves Stimme schleppt sich dahin, ab und zu schwingt sie sich zu Höhen auf, besonders, wenn sie jodelnd bricht. Der Titelsong bezieht sich auf ihren verstorbenen Großvater und überschattet die Platte. In »All Of It’s Glory« hat sie mit düster-romantischen Bildern zudem Briefe ihres Urgroßvaters an die Familie aus dem Ersten Weltkrieg vertont. Macve bezeichnet die Atmosphäre des Albums selbst als »etwas fatalistisch«. Beim weiträumigen »Timbuktu« werden ausnahmsweise verträumtere Töne angeschlagen, doch auch hier ist der Text bedrückend. Obwohl es ihr empfohlen wurde, hat die Irin sich beim Schreiben von niemandem reinreden lassen – glücklicherweise, denn so wirkt ihre Melancholie unaufgesetzt. Macve kommt ursprünglich aus Galway und lebte schon in Brighton und Yorkshire, wo sie auch die Songs der Platte schrieb. Etwas Sonnenschein bricht auf diesem Album höchstens in Form von einigen melodisch helleren Titeln durch, die trotzdem noch »Heartbreak Blues« und »Fear« heißen. Elisabeth Haefs

Lusine Sensorimotor

Laura Marling Semper Femina

...AND MANY MORE ROSKILDE-FESTIVAL.DK ROSKILDE BEI KOPENHAGEN DÄNEMARK

Ghostly International / Cargo / VÖ 03.03.17

HOCHVERLEGT VOM ASTRA

12.04. KÖLN 19.04. HAMBURG 20.04. BERLIN

Jeff McIlwain macht seit bald 20 Jahren elektronische Musik unter dem Namen Lusine. Auch sein neues Album ist wieder warm, kontrolliert, intim – und harmlos. Es gab eine Zeit Ende der 1990er, Anfang der 2000er, da war eine niedliche Art plätschernder elektronischer Beats international angesagt. Auch Deutschland hatte seine Vertreter dieser Stilrichtung, etwa Lali Puna, ein Notwist-Nebenprojekt. Leicht depressiver Frauengesang, sanfte Loops und Samples und Popgefühl, das war damals ein gutes Rezept gegen Indie-Gitarren und Männerschweißrock. Lusine stammt auch aus dieser vergangenen Ära und ist immer noch dort. Der US-Amerikaner hat es drauf: Die Kompositionen sind nahtlos, die Stimmungen konsistent, die Arrangements abgestimmt. Und doch möchte man das Album kräftig schütteln, so wohlsortiert und brav ist es. Selbst die extrovertierteren Songs sind kontrolliert, die Ausschläge immer gemittelt und mit einem genauen Plan im Kopf – keine Überraschungen weit und breit. So ist der persönliche Höhepunkt das nur gut anderthalb Minuten lange »Chatter«, das ohne Beat und Vocals einmal nicht kalkuliert rüberkommt, sondern den Zufall und das Leben in sich zu tragen scheint. Der einzige Moment, in dem das Album nicht einfach nur an einem vorbeitreibt. Henje Richter

More Alarming / Kobalt / Rough Trade / VÖ 10.03.17

Immer eine Frau? Stimmt. Wie ein Mädchen klang die Engländerin Laura Marling eigentlich nie. Auch nicht auf ihrem sechsten Album. Don’t judge an album by its first single: Nach dem ungewohnt indierockenden Vorgänger »Short Movie« von 2015 überraschte Laura Marling im Vorfeld von »Semper Femina« mit der Auskopplung »Soothing«, einer groovenden, lasziven Nummer aus Bass, Percussions und Streichern. Die anderen acht Songs der Platte fallen allerdings weniger aus dem Rahmen. Von ein paar bluesigen, verzerrten E-Gitarren abgesehen, besinnt sich Marling nun wieder auf die Akustische und zupft folkige Songs mit mal kammerorchestraler, mal jazziger Schlagseite. Dazu reflektiert die Singer/Songwriterin über das Thema Weiblichkeit. Sie tut es ruhig und sanft, zugleich selbstbewusst und abgeklärt, wie man es von der 27-Jährigen gewohnt ist. Und das ist ein wenig das Problem von Laura Marling: »Semper Femina« ist wieder einmal ein souveränes, smartes Werk, an dem es außer den allzu präsenten, zuweilen schwülstigen Geigen wenig zu bemängeln gibt. Aber was macht die Britin, die schon seit Teenager-Zeiten wie eine Grande Dame des Songwritings klingt, eigentlich, wenn sie 50 ist? Nina Gierth

CHERRY GLAZERR 07.05. HAMBURG · 08.05. BERLIN · 10.05. KÖLN

13.05. BERLIN · 15.05. HAMBURG 16.05. KÖLN

24.04. HAMBURG 25.04. BERLIN 27.04. MÜNCHEN 28.04. KÖLN

Holly Macve Golden Eagle

Meat Wave The Incessant

Bella Union / Coop / PIAS / Rough Trade

Big Scary Monsters / Al!ve

Schön schwermütig: Holly Macve hat mit 21 Jahren ein Album aufgenommen, das ein altes melancholisches Herz und eine ebenso wehklagende Jodelstimme enthüllt. Dass Holly Macve früh schon mit Cohen und Dylan bekannt gemacht wurde, ist nicht zu überhören. »Golden Eagle« präsentiert

Leber, Hüfte, Entrecôte: Die Meat Wave bricht, doch im Fleisch stecken rostige Nägel. Gut kauen wider die Umstände also – sagt das auch euren Lautsprechern. Eine Band, die Meat Wave heißt und ihre Songs mit Titeln wie »Leopard Print Jet Ski« (man stelle sich dieses Vehikel vor) versieht,


#Review mag auf dem Papier wie die Ehrengarde des Humbugs erscheinen. Wer Meat Waves letzte Platte gehört hat, weiß es besser: Auf »Delusion Moon« zerpflückte das rohe Trio 2015 stürmisch, aber passgenau die Gesellschaft. Der Nachfolger punktiert abermals die Eiterbeulen unserer Zeit. Frontfeger Chris Sutter pestet gegen den akkumulierten Abfuck und verplappert sich im Eifer des Gefechts: »I’m in the Parthenon / Greek god of doin’ harm / From now until forever.« Schrumpelt da etwa schon der Olymp vor Zyniker-Säure? Ihren Punk der tausend Nadelstiche haben die jungen Götter jedenfalls mit genügend Luftkammern versehen, um die beißende Dissonanz im Zaum zu halten. Richtig gut wird es aber erst dann, wenn sich die Akkord-Stafetten, die mal wie Fanfaren, mal wie Ohrfeigen schallen, zu verkeilen scheinen und man unsanft an die nächste rostige wall of noise gedrückt wird – wie im Titeltrack, der sich unter mechanischem Stampfen in Mark und Bein schraubt. Ein herrlich angeknackster, galliger Sound, der einem so hart gibt, dass man schon auf halber Strecke die Tourdaten checken möchte. Und der einen noch ordentlich auf Trab halten wird. Nun sind Meat Wave beileibe nicht die Callboys für den schnellen Shred. Mit ihnen gemeinsam auszurasten macht aber trotzdem richtig Bock. Angry kids, unite! Valentin Erning

äußerst intensiven Band-Album über das Verändern und Neuordnen. Nach drei starken Spaceman-Alben, einem Hörbuch und Theater war es für Hannes Wittmer an der Zeit, sich zu verändern; das fühlte sich offenbar notwendig an. Darum sind nun die Band Otago und diese elf plötzlich englischsprachigen Stücke da, die das Songwriting, das Hannes Wittmer schon unter seinem Alter Ego so feinfühlig beherrschte, auf eine neue Ebene hieven. Aus Gitarre, Cello, stärker zentrierter Percussion, dezent elektronischen Elementen und Wittmers wunderbar weicher Stimme ist eine Band – oder besser ein Bandprojekt – entstanden, das neben Wittmer aus Felix Weigt (Die Höchste Eisenbahn) und Anne de Wolff (Calexico, Bosse) besteht. Veränderung, Neuordnung und Selbstreflexion waren schon vorher Wittmers Themen, doch anders als auf seinen Alben als Solist hüllt seine Musik nun durch ihr größeres Format stärker ein, fühlt sich sehnsüchtig und nach Fernweh an, unsicher und rastlos, obwohl sie ihre Nachdenklichkeit ruhig und bedächtig transportiert, dabei aber nie an Dringlichkeit spart. Ein Album für schlaflose Nächte und dringend benötigten Trost, fürs stetige Suchen nach Ruhe im Kopf. Kristof Beuthner

EINZIGES NRW OPEN AIR Roo Panes Paperweights Embassy Of Music / Warner

Minus The Bear Voids Suicide Squeeze / Cargo / VÖ 03.03.17

Inmitten von Sequencer-Delays, quirligen Gitarrenflächen und einem inspirierten Rhythmusteppich hält die Band aus Seattle die Indie-Rock-Fahne hoch. Minus The Bear stehen gar nicht per se für eine bestimmte Musik-Schublade, sondern eher für einen prägnanten Bandsound, der auch beim sechsten Album noch klar zu erkennen ist. Jake Sniders balsamierender Gesang, drückende Indie-Rock-Gitarren und ein stetiges Fiepsen, Klimpern, Klackern und Rascheln kapseln die hymnische Kakofonie in eine poppige Glückshormon-Dosis, die weiterhin einfach nach sich selbst klingt. Eingängige Hits wie »My Time« von ihrem 2010er-Indie-Pop-Hitalbum »Omni« sind breitflächiger Pop-Genialität gewichen, die gleichermaßen schwelgend wie erkundend ausufert. Dabei verwischen die Grenzen zwischen Gitarren-Effekt, Synthie-Overdub und Chorgesängen zu etwas, das sich 2017 durchaus noch Indie-Rock nennen darf, ohne die veränderten Geschäftsbedingungen des Metiers zu verleugnen. Und letztlich sind sie auch wieder beim Label Suicide Squeeze gelandet, dort, wo alles begann, ohne dass es nach Repetition oder Innovationsdurst klingt. Ein Trademarksound und über 500.000 verkaufte Alben sind noch kein Qualitätsgarant, ein schlüssig mitreißendes Album wie dieses ist es aber definitiv. Klaas Tigchelaar

Natürlich bietet ein Singer/SongwriterAlbum heute nur noch wenig Neues. Selten bietet es aber so viel Schönes wie das zweite Album des Briten Roo Panes. Gerade die Singer/Songwriter-Szene ist überladen und schnelllebig, sich in ihr festzusetzen und hervorzustechen ein kleines Kunststück. Dem Briten Roo Panes ist das mit seinem Debüt »Little Giant« vor drei Jahren gelungen, und das fast ausschließlich durch Rotation in einschlägigen Online-Musikportalen. Der Nachfolger »Paperweights« trägt den Geist des Debüts konsequent weiter: Neben der Instrumentierung Gitarre/Percussion/ Streicher leben Panes’ Songs vor allem von der herrlichen, tief-sonoren Stimme ihres Sängers, die tatsächlich berührt und bei der Hand nimmt; vielleicht, weil sie weit mehr Erfahrung ausstrahlt, als ein junger Typ wie Panes besitzen kann. Das macht ihn zu einem Geborgenheit, Wärme und Entschleunigung ausstrahlenden und somit sehr willkommenen Begleiter für die kalte Welt. Ein bisschen José González, etwas frühe Coldplay und ein Hauch Damien Rice machen die ReferenzSchublade für ein wirklich starkes Songwriter-Pop-Album komplett; Roo Panes dürfte mit »Paperweights« diesem edlen Zirkel der Genre-Granden ein gutes Stück näher rücken. Kristof Beuthner

29.07.2017

SPARKASSENPARK MÖNCHENGLADBACH TICKETS UNTER: SPARKASSENPARK.DE & TICKETMASTER.DE

The Magnetic Fields 50 Song Memoir Nonesuch / Warner / VÖ 03.03.17

Otago Otago Mairisch Verlag / Broken Silence / VÖ 10.03.17

Hannes Wittmer schiebt seinen Spaceman Spiff an die Seite und überzeugt mit einem

Mit einem epischen, beeindruckenden Album resümiert Stephin Merritt seine 50 Lebensjahre. Würde Merritt, der ebenso wunderliche wie geniale Kopf der Magnetic Fields, morgen

facebook.com/SolarPenguinAgency Tickets: www.adticket.de

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#Review tot umfallen, er hätte sein musikalisches Vermächtnis mit »50 Song Memoir« geschaffen. Dieses fünf CDs dicke Set als ambitioniert zu beschreiben ist wahrlich untertrieben. Für jedes seiner Lebensjahre hat Merritt einen Song verfasst, und alle zusammen begeistern allein wegen ihrer stilistischen Vielfalt: Dieses Panoptikum umfasst so ziemlich alles von der klassischen Singer/Songwriter-Ballade wie »I Think I’ll Make Another World« über catchy-tanzbaren Electro-Pop (»How To Play The Synthesizer«) bis zum reduziert-neofolkigen »The Ex And I«. Das sinister-schräge »Surfin« klingt dann wieder wie eine Referenz an die Beach Boys. Merritt hat dafür mal eben 100 Instrumente von Cello über Charango und Klavichord bis zu Slinky-Gitarre und Swarmatron gespielt. Und er ist ein ebenso begnadeter Songtextschreiber: sarkastisch bis zur Selbstdestruktion. Doch selbst in der düstersten Stunde blitzt bei diesem misanthropischen Zweifler immer auch die Hoffnung auf. Wer sonst würde ein Lied »Eurodisco Trio« betiteln und darin von Selbstmord singen: »I woke up this morning with nothing in my head, my death. Should I try suicide like Lydia and Susan and Beth?« Kurzum: Dieses magnetisierende Album sollte in keiner Plattensammlung fehlen. Annette Walter

The Picturebooks Home Is A Heartache Another Century / Rough Trade / VÖ 10.03.17

Wenn jemand die Pfade des Desert Rock entlangstapft, kann es passieren, dass er staubtrocken aus der Wüste zurückkommt. Auf »Home Is A Heartache« entkommen The Picturebooks der Gefahr der Versandung nicht komplett. Einen Namen haben sich Fynn Claus Grabke (yep, der Sohn des Thumb- und Alternative-Allstars-Sängers) und Philipp Mirtschink in den letzten Jahren zunehmend mit lässigem Bluesrock gemacht, gespielt auf Vintage-Gitarren von amerikanischen Flohmärkten und selbst zusammengeschusterten Percussion-Instrumenten. So sehr, wie ihr 2014er-Album »Imaginary Horse« groovte, hätte sie jeder Südstaat der USA mit Freuden zu Ehrenbürgern ernannt. Ihre neue LP »Home Is A Heartache« kann zwar Stampfer wie »Cactus« oder »I Need That Oooh« nachlegen, wirkt jedoch an vielen Stellen etwas dröge: Manchmal scheint die Band auf Ausbrüche hinzuarbeiten, ohne diese Versprechen je einzulösen, manchmal klingt sie einfach wie Queens Of The Stone Age in Zeitlupe. »Zero Fucks Given« ist dafür nicht nur ein gutes Beispiel, sondern beschreibt auch eine allzu natürliche Reaktion auf derart entspannte Songs. »Home Is A Heartache« wurde in der Motorradgarage der Picturebooks aufgenommen, was man dem Album auch anhört. Ein bisschen mehr Route 66 hätte ihm gutgetan. Jan Martens

Pissed Jeans Why Love Now Sub Pop / Cargo

Die schmuddeligen Kinder, vor denen Mama immer gewarnt hat, schlagen wieder zu. Pissed Jeans sind auch auf ihrem fünften Album so zart wie ein Presslufthammer. ​»I used to play punk, now I’m just singin’ the blues.« Die Zeilen im Opener von »Why Love Now« verweisen auf die hörbaren Sludge-Wurzeln des Songs und sind dennoch so wenig ernst gemeint wie das Cover, der Titel und Pissed Jeans selbst. Doch es macht Spaß, sich auf die Wutattacken und Schnapsideen der Band aus Pennsylvania einzulassen. Da bleibt einem glatt kurz die Luft stocken, wenn das erste Stück zwischendurch mal eben in einem Bandsalat Suizid begeht und nach der wunderbaren Zeit klingt, als klassische Seattle-Bands »Wood Goblins« begrunzt haben. Auch wenn der Zug für archaische Gitarrenmusik längst abgefahren ist und der Schaffner kein Melvins-Shirt mehr trägt, wagen es Pissed Jeans, eine weitere kurzweilige Platte voller Finten aus dem alten Gitarre/Schlagzeug/Bass-Setup zu schnitzen. Der Gitarren-Sound à la TAD, Unsane oder Mudhoney und

die unbändige Wut des Sängers Matt Korvette werden dabei mit cleveren Texten und bizarren Ideen wie dem schmutzigen Spoken-Word-Klamauk »I’m A Man« unter einen Hut gebracht. Das ist schon verdammt nischig und voll Punk. Sebastian Jegorow

Porter Ray Watercolor Sub Pop / Cargo / VÖ 10.03.17

Mit Porter Ray erweitert Sub Pop seine HipHop-Sparte gutklassig, aber ohne ein neues Glanzlicht zu setzen. In den letzten Jahren hat sich das einstmals nur für Grunge und Indie-Rock zuständige Label Sub Pop einen ansehnlichen HipHop-Zweig wachsen lassen. Dazu gehören Shabazz Palaces, THEESatisfaction und nun, als jüngster Neuzugang, auch Porter Ray. Genau genommen entstammen alle drei Acts derselben Keimzelle in Seattle, der Heimatstadt des Labels. Und alle drei sind auch stilistisch und personell miteinander verbandelt: Auf »Watercolor«, Porter Rays Sub-Pop-Debütalbum nach diversen Veröffentlichungen in kleineren Zusammenhängen, sind die beiden anderen Acts die prominentesten Gäste. Und auch musikalisch teilen alle drei die Vorliebe für einen nicht zu modischen Stil sowie psychedelisch-jazzige Synthie-Elemente. Porter Ray hängt darin nicht so konsequent Sun Ra nach wie seine KollegInnen. Es ist vielmehr der in sich ruhende Vibe seiner Instrumentals, der seinen Stammbaum unterstreicht. Thematisch kann oder muss er auf eine klassische HipHop-Biografie verweisen: Familiäre Tragödien treffen auf die hoffnungslose Tristesse einer Jugend im Seitenaus. Davon erzählt Ray in einem schlanken, von Snoop Dogg inspirierten Rap-Stil nüchtern und durchaus authentisch, lyrisch allerdings nicht besonders spektakulär. Dementsprechend ist »Watercolor« gutklassig, aber nicht so herausragend wie etwa die THEESatisfaction-Alben. Christian Steinbrink

The Shins Heartworms Aural Apothecary / Columbia / Sony / VÖ 10.03.17

Die Indie-Herzensband aus Albuquerque bekommt ihr großes Vermächtnis einfach nicht in den Griff – dabei wäre eine neue Weltveränderungs-LP so nötig. Unglaublich, wie schwer die Last auf James Mercer nach wie vor wiegt, eigentlich das Potenzial zu besitzen, die Welt verändern zu können. Der Ruf hängt seinen Shins schließlich seit »Garden State« nach. So richtig hat sich die Everybody’sDarling-Truppe, die seit dem mit einem Grammy gekrönten letzten Album »Port Of Morrow« eigentlich nur noch aus Mercer besteht, davon nie erholt; keiner der Nachfolger erreichte die Klasse von Alben wie »Oh, Inverted World« und »Chutes Too Narrow« und deren unwiderstehlichem Lo-FiGitarrenpop mit 1960er-Referenzen. Davon gibt es auch auf »Heartworms« nur noch wenig – ganz im Gegenteil wirken der Titeltrack oder »The Fear« wie verzweifelte Selbstzitate. Mercer, der auch an den Reglern saß, hat das Produzieren inzwischen deutlich hörbar professionalisiert. Auch wenn er sein Gespür für einprägsame Melodien gleich auf dem Opener »Name For You« wieder beweist, ist der Rest der Platte immer entweder zu synthetisch, zu überladen oder schlicht zu belanglos im Songwriting. Die Perlen seines neuen Albums hat Mercer mit besagtem »Name For You«, »So Now What« und »Dead Alive« schon im Voraus verbraten. Und wir weinen den alten Zeiten nach. Kristof Beuthner

Shobaleader One Electrac Warp / Rough Trade / VÖ 10.03.17

Kein Scherz: Squarepusher hat es sich abermals gegönnt, seine Hits in ein Electro-Fusion-Gewand neu einzukleiden. Zäh, aber auch beeindruckend. Dass Squarepusher sein Bandprojekt Shobaleader One nicht als Scherz verstand, wie man angesichts des Debüts »D’Demonstrator« 2010 noch hätte vermuten können, beweist nun der Nachfolger »Electrac« – und das nicht bloß, weil es ihn überhaupt gibt. Tatsächlich zeigt das neue Werk mehr denn je, dass selbst ein Techno-Pionier wie er nicht vor den bekannten Mechanismen des sich im Alter verändernden Musikgeschmacks gefeit ist. »Electrac« entpuppt sich – deutlich stilsicherer als das Debüt – als an Fusion grenzender ElectroJazz und zwinkert über die ganze Länge der 65-minütigen Spielzeit kaum einmal ironisch mit dem Auge. Squarepusher und Band haben sich die Aufgabe gesetzt, Songs aus nahezu allen Phasen seines Schaffens in ein kleinteilig verdaddeltes Jazz-Gewand umzudeuten, das Daft Punk höchstens mal als Sekunden-Sample verwendet hätten. Das klingt zäh, wenn man nicht gerade Jazz-Connaisseur ist, gleichzeitig aber auch beeindruckend, zumindest instrumental. Seine Berechtigung hat »Electrac« allemal, allerdings scheint die Zeit dieses Briten als Electro-Visionär vorerst vorbei zu sein. Christian Steinbrink

Peter Silberman Impermanence Transgressive / Coop / PIAS / Rough Trade

Ein übler Gehörschaden warf The-Antlers-Sänger Peter Silberman aus der Spur. Auf »Impermanence« dokumentiert der Musiker seine mühsame Versöhnung mit dem Klang, triumphiert aber hauptsächlich auf mentaler Ebene. Ein Tinnitus ist eine Sauerei, die man seinem schlimmsten Feind nicht wünscht. Denn er schafft die Stille ab – es gibt sie schlicht nicht mehr. Stattdessen: Pfeifen, Klingeln, Rauschen. Permanent. Peter Silberman, Sänger der Antlers, konnte sein Ohrgeräusch nicht einmal mit Musik überdecken, spielte doch schon die sprichwörtliche Stecknadel seinem Gehör so übel mit, dass er Brooklyn fluchtartig verlassen musste. »Hyperakusis dolorosa« nennt man dieses Leiden. Eine Tortur, insbesondere für jemanden, der ohne Musik nicht kann. Also begann der Mann mit der kaschmirweichen Stimme einen langsamen, strapaziösen Kampf zurück in den Schall. Insofern ist die neue Musik mitnichten Projekt-Business. Sie ist pure Notdurft. Silberman geleitet hier nicht ammenhaft in die Stille hinein, sondern tastet sich mit ein wenig Scheu aus ihr heraus. Die Deprivation lehrte ihn, Stille eher als positive Präsenz zu begreifen denn als Vakuum. Als ein Geschenk. Eine recht erbauliche Geschichte, die aber wenig an der asketischen Skizzenhaftigkeit der Aufnahmen ändert. »Impermanence« ist eine zerflossene Sinfonie einsamer Echolotsignale, die im Raum verklingen, ohne Gewichtiges zu melden zu haben. Das vom Hörer Erhoffte – Melodik, Dynamik, meist auch das Metrum – wird unterschlagen, als müsse auch er von der Entbehrung kosten. Da erscheint es fast ironisch, dass Silberman letztlich das wohl durchgebumsteste Sujet der Liedermacherzunft vor die Klammer gesetzt hat: Vergänglichkeit. Dieses Album also bitte bis zum nächsten Lärmtrauma eingeschweißt aufbewahren. Valentin Erning

Sir Was Digging A Tunel City Slang / Universal / VÖ 10.03.17

Sir Was spielt fantastisch produzierten Lo-Fi-UrbanPsych-Folk mit einer Tendenz zur Unverbindlichkeit. Es rauscht und knistert. Menschen reden durcheinander. Eine Mundharmonika ertönt. Vögel zwitschern. Der Schwede Joel Westberg alias Sir Was ist großartig darin, das atmosphärische Dickicht urbaner Großstädte einzufangen und es in zeitgemäßen Pop zu übersetzen. In dicht produzierten Tracks wie »In The Midset« oder »Falcon« zeigt sich sein


Können, seine Songs genauso zurückgelehnt wie komplex zu entwerfen. Gänzlich neu, wie gerne behauptet wird, ist das aber natürlich nicht. Man hört hier die Dream-Pop-Einflüsse von Bands wie Wild Nothing genauso heraus wie das modern gedachte 1960er-Design von Tame Impala. Die spielerischen Details machen allerdings sehr viel Spaß und »Digging A Tunnel« zu einer echten Genießer-Platte für Klangästheten. Für den Schlusssong »Sunsets Sunrises« entfernt sich Westberg aus dem Großstadtgewirr, indem er mit einem zarten Klaviersong John Lennon Tribut zollt. Kai Wichelmann

Alpines

02.03.17 Hamburg, Häkken 03.03.17 B, Kantine am Berghain 04.03.17 München, Milla

Six Organs Of Admittance Burning The Threshold Drag City / Rough Trade

Sleaford Mods English Tapas Rough Trade / Beggars / Indigo / VÖ 03.03.17

Die neue Sleaford-Mods-Platte ist kein riesenhafter Wurf, ihre bloße Präsenz wirkt indes beruhigend in Zeiten von Brexit und Co. »Andrew walked into some random pub and saw ›English Tapas‹ scrawled on the menu board. Underneath this beautiful coupling of words were its components: ›Half a scotch egg, cup of chips, pickle and a mini pork pie.‹ It says everything about this fucking place. It’s comedy, it’s make do, it’s ignorant and above all, it’s shit.« Das sagt Jason Williamson über »English Tapas«. Das sechste Album der »angry middle-aged men« ist nicht alles, was 2017 aus Nottingham kommt, dieser Tage erscheint zudem die Dokumentation »Bunch Of Kunst«. Fuck all, 2017 wird ein Sleaford-Mods-Jahr. Das gibt in Zeiten von Brexit und Co. ein irgendwie beruhigendes Gefühl: In all diesem Unverständnis sind Williamson und Andrew Fearns immer noch da, immer noch wütend. »English Tapas« ist kein riesiger Wurf, aber interessant genug. »Messy Anywhere« und »BHS« stechen hittechnisch aus den elektronischen PostPunk-Bass-Miniaturen hervor. Dass Williamson nicht nur dreckig sprechen, sondern auch singen kann, hört man bei »I Feel So Wrong« oder dem hypnotischen »Time Sands«. Direkt zum Brexit äußert Williamson sich übrigens zurückhaltend (schön ist die Wortschöpung »Brex(c)ity Rollers«), präsent ist er zwischen Zeilen und Bässen trotzdem. In einem Interview sagte Williamson zum Brexit: »If you’ve got any self-respect, you can’t ignore things anymore.« Die Ignoranz wird wohl trotzdem noch ein paar Sleaford-Mods-Alben andauern. Christian Steigels

Spidergawd IV Crispin Glover / Soulfood

Nach dem extrem eingängigen Schweinerock-Brocken »III« machen es Spidergawd dem Hörer auf »IV« nicht mehr ganz so leicht, sie abgöttisch zu lieben – was nicht unbedingt an der Hinwendung zum Metal der 1980er liegt. Spidergawds stilistische Ausflüge machen mächtig Spaß, so gekonnt, wie die Norweger klassische New-Wave-ofBritish-Heavy-Metal-Riffs à la Judas Priest oder Saxon mit ihrem erdigen 1970er-Psychedelic-Stoner-Sound verknüpfen – zum Beispiel in »I Am The Night« oder »Stranglehold«. Zu oft scheinen Per Borten und seinen drei Kollegen nach dem epochalen Vorgänger aber die Ideen ausgegangen zu sein: Der Doom-Metal-Opener »Is This Love ...?« groovt halbgar vor sich hin, von dem Uptempo-Rocker »What You Have Become« bleibt nicht viel im Gedächtnis hängen, und die Sabbath-Walze »The Inevitable« hat gute Ansätze, versandet aber schließlich im Mittelmaß. Bislang haben es Spidergawd trotz der hohen Veröffentlichungsfrequenz von einem Album pro Jahr stets geschafft, sich von Album zu Album immer wieder selbst zu übertreffen, und mit »III« ein Meisterwerk hingelegt, das trotz seiner enormen Vielfalt stimmig, kompakt und zugänglich ist. Auf »IV« versammelt die Band zwar haufenweise gute Ideen, schafft es aber zu selten, daraus auch gute Songs zu machen. Insgesamt immer noch ein okayes Album, angesichts des Vorgängers aber eine Enttäuschung. Till Stoppenhagen

Trotz Kehrtwendung zurück zum traditionellen Songwriting überzeugt Ben Chasny mit experimentierfreudiger und abwechslungsreicher Musik. Mit »Burning The Threshold« hat der Gitarrist Ben Chasny mal wieder ein akustisches Album ohne elektronische Drones und Psych-Rock-Elemente aufgenommen. Dafür verzichtet er auf Gitarren-Improvisationen mit dem Hexadic-SpielkartenSystem, nach dem seine letzten Alben entstanden waren, und kehrt zurück zu konventionellem Songwriting. Entstanden sind neun Songs zwischen New Folk, Blues und Psychedelic, eingespielt mit den Gastsängern und -sängerinnen Alex Nielsen, Haley Fohr (Circuit Des Yeux) und Damon And Naomi, Schlagzeuger Chris Corsano, dem Gitarristen Ryley Walker und Keyboarder Cooper Crain, der mit seinem sparsamen, aber quirligen Orgelspiel besondere Akzente setzt. Chasnys leiser Gesang funktioniert als Klammer für die eindringliche, melodische und abwechslungsreiche Musik zwischen hypnotischem Sieben-Minuten-Track mit geloopter Akustikgitarrenfigur, psychedelisch ausufernden elektrischen Soli und fast sakralen, andächtigen Passagen. Andreas Brüning

Gregory Alan Isakov 11.03.17 12.03.17 19.03.17 20.03.17

HH, Uebel & Gefährlich Berlin, Lido München, Strom Köln, Kulturkirche

BirdPen 20.03.17 23.03.17 24.03.17 25.03.17 26.03.17 29.03.17 30.03.17 02.04.17

München, Ampere Haldern, Pop Bar Weinheim, Café Central Schorndorf, Manufaktur Köln, Artheater Berlin, Privatclub Hamburg, Molotow Leipzig, Naumanns

Charlie Cunningham 24.03.17 25.03.17 26.03.17 27.03.17 29.03.17 30.03.17 01.04.17 02.04.17 03.04.17 09.04.17

Neustadt, Schloss Dortmund, Konzerthaus Hamburg, Kampnagel B, Kammermusiksaal MS, Jugendkirche effata(!) Köln, Kulturkirche F, Heilig-Geist-Kirche Mannheim, Atlantis M, Carl-Orff-Saal Stuttgart, Theaterhaus

Lucy Spraggan

27.03.17 Berlin, Grüner Salon

Hurray For The Riff Raff 29.03.17 30.03.17 31.03.17 02.04.17

Strand Of Oaks Hard Love Dead Oceans / Cargo

Wenn Ideen physisches Gewicht hätten, würde Tim Showalter alias Strand Of Oaks seinen Kopf gar nicht vom Kissen hochbekommen. Die meisten davon kann er auf »Hard Love« wieder zu guten Folkrock-Songs verarbeiten. Was für ein Spektrum »Hard Love« abdeckt, ist schon erstaunlich: Von minimalistischsten Klavierballaden bis hin zu ausufernden Psychedelic-Songs, die so klingen, wie sie heißen (»Taking Acid And Talking To My Brother«), gibt es auf dem fünften Strand-Of-Oaks-Album wenig, das es im Folkrock-Kosmos nicht gibt. Abgesehen höchstens von Synthesizern – dass die nicht so recht zur meist düsterschweren Stimmung des Projekts passen, konnte man bereits nach dem Vorgänger »Heal« vermuten. Potenzielle Singles wie »Rest Of It«, dessen Gitarrenriffs und Singalongs an U2 erinnern, bevor diese von Apple aufgekauft wurden, oder »Radio Kids« gibt es trotzdem – Songs fürs Radio, im zweiten Fall sogar darüber. Wirklich im Gedächtnis bleibt »Hard Love« aber, wenn es kratzt und brennt: wenn das verzweifelte »Salt Brothers« vom 6/8-Takt in Feedback-Gewitter stolpert oder »On The Hill« einzelne Wüstenrock-Riffs über seinen dumpfen Beat schweben lässt. Ganz allgemein: Immer dann, wenn sich Showalter von gradlinigen Strophe/Refrain-Schemata löst und seinen Ideen die Entfaltung lässt, die sie brauchen. Eine wichtige Erkenntnis – irgendein Ideenfilter mag ja auch bei Strand Of Oaks einmal von Nutzen sein. Jan Martens

Hamburg, Häkken Berlin, Grüner Salon München, Milla Münster, Pumpenhaus

Moddi

27.03.17 Dresden 28.03.17 Erlangen 29.03.17 Frankfurt 30.03.17 Köln

Devendra Banhart

04.04.17 München, Muffathalle 05.04.17 Berlin, Columbiahalle

sir Was

08.04.17 HH, Clubh. Schanzenpark 09.04.17 B, Kantine am Berghain

dePresno

27.03.17 Hamburg 28.03.17 Berlin 29.03.17 Köln 30.03.17 München

Japandroids 19.04.17 20.04.17 22.04.17 23.04.17

HH, Uebel und Gefährlich Köln, Gebäude 9 Berlin, Columbia Theater Frankfurt, Zoom

Esben And The Witch 19.04.17 22.04.17 23.04.17 24.04.17 25.04.17 26.04.17 27.04.17

Münster, Gleis 22 Köln, Artheater Wiesbaden, Schlachthof München, Milla Nürnberg, Club Stereo Berlin, Bi Nuu Hamburg, Molotow

Alex Vargas

08.04.17 Berlin 09.04.17 Hamburg 10.04.17 Köln 11.04.17 München

Jeb Loy Nichols 23.04.17 24.04.17 25.04.17 26.04.17 27.04.17

München, Muffatcafé Berlin, Privatclub Köln, Stadtgarten HH, Nochtspeicher Schorndorf, Manufaktur

Loïc Nottet

Irgendwo zwischen Barcelona und Stockholm vertonen Talaboman auf »The Night Land« das Abendland und lassen ihre Hörer in sensible Klangexperimente eintauchen. Ihr erstes gemeinsames Album haben die Produzenten John Talabot und Axel Boman tatsächlich gemeinsam in einem Raum aufgenommen. Das klingt zunächst nicht überraschend,

13.03. - 19.03.17 München / Erfurt Berlin / Hamburg Köln / Stuttgart Frankfurt

03.04.17 B, Festsaal Kreuzberg

25.04.17 Köln, Studio 672 26.04.17 Berlin, Flux FM Bergfest

R&S / VÖ 03.03.17

Oddisee

& Good Compny

Slowdive

Rhys Lewis

Talaboman The Night Land

Tycho

22.02.17 Köln 03.03.17 Hamburg 05.03.17 Leipzig 07.03.17 Berlin

Talisco

10.04.17 München 11.04.17 Frankfurt 12.04.17 Berlin 13.04.17 Hamburg

09.05.17 Köln, Stadtgarten 11.05.17 Berlin, Frannz Club

The New Pornographers 11.05.17 Berlin, Lido

San Fermin

25.05.17 Berin, Grüner Salon

Interpol

16.08.17 München, Muffathalle

Jens Lekman

17.04.17 Hamburg 18.04.17 Berlin 19.04.17 Köln 28.04.17 München

Tickets & Infos: www.schoneberg.de


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#Review ist aber in Zeiten von Filesharing-Alben gerade für elektronische Acts etwas Besonderes. Nicht wenige Künstler verfallen der Versuchung, nur über das Netz zu kollaborieren und ihre Skizzen allein im Home-Studio zu verfeinern. Vielleicht gluckert, bleept und treibt »The Night Land« deshalb spannender als andere aktuelle Releases. Die sanft-düsteren Synthie-Layer, die teilweise ebenso gut als Soundtrack einer neuen Staffel »Stranger Things« durchgehen könnten, wirken, als wären Talabot und Boman die 2787 Kilometer zwischen Barcelona und Stockholm mit dem Auto gependelt und hätten unzählige Nächte bei 100 km/h in fahl beleuchteten Autobahntunneln verbracht. Denn so klingt dieses Album: wie Europa bei Nacht. In den leichtfüßigen Arrangements blitzt der Spaß, den die beiden zweifellos im Studio hatten, durch. Ein Spanier und ein Schwede machen Musik, die ganz nebenbei zeigt, wie schön dieses Abendland eigentlich ist. Eben, weil Alben wie dieses hier entstehen können. André Hörmeyer

Tennis Yours Conditionally

darin zu liegen, dass sich Künstler frei und ohne Erwartungsdruck entwickeln können. Allen voran Stephen Bruner alias Thundercat, der gemeinsam mit Brainfeeder-Kollege, Sandkasten-Freund und Tenorsaxofonist Kamasi Washington New Yorks Szene mit leicht sperrigen, aber wunderbar leidenschaftlichen Songs in die Tasche gesteckt hat – ohne dass dies je das postulierte Ziel gewesen wäre. Denn wenn Bruner für etwas bekannt ist, dann für seine Umtriebigkeit. Erykah Badu, Flying Lotus und Kendrick Lamar wissen, wovon die Rede ist. Bruner ging es schon immer darum, Nerdism in allen möglichen Facetten auszuleben. Mit seinem neuen Album »Drunk« präsentiert er nun nicht nur den Nachfolger zu seinem 2015er-Kritikerliebling »The Beyond / Where The Giants Roam«, sondern auch ein weites Feld aus Jazz, Funk, Soul, HipHop und Electronica mit vielen beeindruckenden Feature-Beiträgen und ganzen 23 Tracks. Dimensionen, die wir normalerweise nur von »Champagne Papi« Drake gewohnt sind. Tracks wie »Show You The Way«, auf dem er Kenny Loggins und Michael McDonald vereint, zeigen die Tragweite dieser Platte. Zwischen Nostalgie und Futurismus beweist Bruner wieder einmal, dass seine Interpretation von Jazz weder müffelt noch etwas für alte Damen ist. Es geht um den Mut zu außergewöhnlichen Kompositionen, die Liebe zu Musik und nicht zuletzt: um das schönste Artwork des Jahres. Sermin Usta

Die Band Why?, die eigentlich nur aus Yoni Wolf besteht, hatte ich komplett vergessen, obwohl sie noch vor einiger Zeit meine liebste Lieblingsband gewesen ist. Das war zu »Elephant Eyelash«-Zeiten. Das Label Anticon und Why? standen damals ganz vorne in meiner Gunst. Danach habe ich sie vergessen, wie man Bands vergisst, wenn das Leben in eine andere Richtung verläuft. Die ersten Platten verstaubten im Regal. Mit »Moh Lhean« melden sich Why? nun eindrucksvoll bei mir zurück, andere mögen den Karriereverlauf intensiver verfolgt haben. Aber ist das nicht egal? Geht es nicht um die Musik? Um die Inhalte? Ja, und auch in dieser Kritik. Yoni Wolf ging es nicht gut, er kämpfte gegen eine Depression, bei den vorliegenden Aufnahmen kanalisierte er seine Kraft. Veränderung, Aufbruch, Bewegung. Vorwärts. Mal verspielt, mal groß, aber im Heimstudio orchestriert, fortlaufend. Alles fließt. Verschleppte Samples von Ärzten, die Wolf Hoffnung einflößen. Wolf, der sich schmeichelnd in ein besseres Jetzt bewegt. Mehr Fink als Pavement. Mehr Pop. Verstörend schön. Auch wenn Wolf »mystery« auf »history« reimt. Stephan Uersfeld

und Soundtracks endlich wieder ein richtiges Album. Es zeigt sie gereift und von ihrer besten Seite. Zwei Qualitäten machen Xiu Xiu seit mehr als zehn Jahren einzigartig: die Lust, schonungslos das Hässliche auszustellen, und ihre Fähigkeit, in diesem Hässlichen das Schöne zu entdecken. Egal, ob Ausgrenzung, Gewalt, Inzest oder Weltschmerz – Jamie Stewart schreckt vor keiner Herausforderung zurück und bietet stets nur den Halt seiner eigenen, nackten Emotionalität. Kaum ein Album der Band war dabei je durchhörbar, ohne irgendwann skippen zu wollen: »The Air Force« (2006) hatte »Wig Master«, »Women As Lovers« (2008) den »Master Of The Bump«, auf »Always« (2012) war’s »I Luv Abortion«. Die Schönheit braucht den Dreck, könnte man sagen – aber manchmal wurde es einfach übertrieben. Auf »Forget« fehlt diese Totaldissonanz, und vorbei sind auch die Zeiten, in denen sie ihre Hörer mit Techno-Beats malträtierten. Mit »Wondering« gibt es zudem einen kleinen Pop-Hit, und auch die liebliche Ballade »Petite« mag ohne Provokation überzeugen. Man könnte glatt vermuten, Xiu Xiu würden altersmilde. Ihre neue Milde hat zwar immer noch eine Schärfe, an die sich andere Bands im Leben nicht rantrauen würden. Sie führt aber dazu, dass man das Hören eines Xiu-Xiu-Albums vielleicht erstmals einen Genuss nennen kann. Henje Richter

Mutually Detrimental / Rough Trade / VÖ 10.03.17

Twee-Pop war vorgestern. Tennis aus Denver verpassen ihrem funky VintagePop endgültig die notwendige inhaltliche Schärfe. Im Grunde knüpfen Alaina Moore und Patrick Riley nahtlos an ihr Vorgängeralbum »Ritual In Repeat« aus dem Jahr 2014 an: weg vom seichten Twee-Image, hin zu klarer inhaltlicher Positionierung. »Ladies don’t play guitar. Ladies don’t get down to the sound, do they? Maybe we can play pretend.« Moore kokettiert auf »Yours Conditionally« nicht nur mit abgestandenen Rollenklischees über Frauen in der Musik; feministische Positionen im Alltag werden ebenso verhandelt wie der Umgang mit der schweren Krankheit eines Angehörigen. Musikalisch durchzieht das Album eine soulige 1970er-Vintage-Ästhetik, es ist von funky Basslinien und Moores variablem Gesang geprägt, der in seiner schwebenden Eleganz bisweilen an Joni Mitchell erinnert. In den poppigen Momenten klingt immer mal wieder die Fleetwood-Mac-WestküstenPopschule durch, es bleibt aber auch Raum für überraschende Beats in »Matrimony« oder zarte Madonna-Avancen in »My Emotions Are Blinding«. Bei aller inhaltlichen Tiefe bleiben Tennis aber immer noch einfach zum Knuddeln. Thorsten Streck

Tokio Hotel Dream Machine Starwatch / Sony / VÖ 03.03.17

Venn Runes Full Time Hobby / Rough Trade / VÖ 03.03.17

Venn aus dem Hipster-Viertel Hackney erweitern ihren Krautrock um bitteren Postpunk, scharfe Synthies und süße Popmelodien. Der gute alte Krautrock wird immer wieder von vielversprechenden Bands aufgewärmt. Neben Camera, Zement oder Novella haben sich auch Venn aus London diesem Genre verschrieben. Die typische Rhythmik des Stils wird bei ihnen mit einem warmen Gesang kontrastiert, düsterer Postpunk haftet sich wie ein Schatten Joy Divisions an die Songs, durch die Venn mit einem Händchen für gute Pop-Melodien führen. Bevor die Lieder jedoch zu hypnotisch vor sich hin mäandern, treten Venn immer wieder rechtzeitig auf die strukturierende Bremse. Sie verlieren sich nicht in Noise- und Feedback-Geröll, sondern bauen wunderschöne Wege und Straßen in ihre Songs. Zuweilen nimmt die Band mit R’n’B-Verweisen oder breiten Synthie-Flächen auch Schlangenlinien. Die Spiel- und Experimentierfreude auf »Runes« zieht sich durch jeden Trommelschlag, jede Zeile und jeden Synthie-Lauf, so, als wollten Venn ihre eigenen Runensteine im mythischen Feld eines rituellen Genres hinterlassen. Kerstin Kratochwill

Ja, es gibt sie noch: Tokio Hotel 2.0 sind jetzt als Electro-Pop-Sippe unterwegs. Tokio Hotel sind wieder da und bleiben, wie schon mit ihrem 2014er-Album »Kings Of Suburbia«, bei der englischen Sprache. Es ist einfach, auf Tokio Hotels musikalischen Entscheidungen rumzuhacken, deswegen kann man stattdessen auch auf den neuen Bandfotos zu »Dream Machine« rumhacken. Allein das Cover: Unten ein paar Bäume, die Typen gucken erstaunt bis sehr zufrieden, sie sind abgebildet als HipsterKarikaturen, im Hintergrund sieht man noch gewollte Space-Optik und über allem ein Knitter-AZ-Filter. Der musikalische Inhalt ist die unerträglichere Form von dem, was Gruppen wie Years & Years besser können: aalglatter Electro-Pop (»Stop, Babe«), viel Synthie (»Dream Machine«), schmieriger Gesang (»Elysa«), Auto-Tune (»Cotton Candy Sky«), Dance (»What If«) und Powerballaden mit Liebeskummer- oder Selbstsuche-Lyrics (»As Young As We Are«). Ganz gut gelungen ist das Genre-Unterfangen bei »Something New« und bereits genanntem »What If«. Und immerhin sind sie besser als andere FiesKaliber ihrer Generation (Silbermond, Juli, Revolverheld). Das war’s aber auch schon. Die Band aus Magdeburg, die für Stubenhocker mal die Bezeichnung »Drinnies« erfunden hat, wohnt jetzt in den USA und geht auf Welttournee. Wär sie mal zu Hause geblieben. Paula Irmschler

Thundercat Drunk Brainfeeder / Ninja Tune / Rough Trade

Mit seinem neuen Album »Drunk« beweist sich der Bassist und Produzent Thundercat einmal mehr als herausragender Fusion-Künstler. Los Angeles als Mekka des zeitgenössischen Jazz zu bezeichnen fällt schwer. Schließlich gilt New York seit geraumer Zeit als Nabel der Jazz-Welt. Die junge, aufstrebende Szene der sonnigen Millionen-Metropole blieb dagegen lange Zeit unbeachtet. Das Gute daran, nicht im Fokus der Kritiker und sonstigen Voyeure zu stehen, scheint aber

Why? Moh Lhean Joyful Noise / Cargo / VÖ 03.03.17

Auf dem ersten Album seit beinahe fünf Jahre bemerkt Yoni Wolf: Ganz tief unten liegt die Poesie. Er erhebt sich von ganz tief unten, wo wir alle schon einmal waren.

Xiu Xiu Forget Altin Village & Mine / Morr / Indigo

Die US-Experimentalband Xiu Xiu macht nach fünf Jahren voller Cover-LPs, Opern

Zeal & Ardor Devil Is Fine Mvka / Rough Trade

Wer meint, alles schon mal gehört zu haben, darf sich gerne Zeal & Ardor widmen. Wenn Black Metal und satanische Sklavengesänge aufeinandertreffen, dann entsteht garantiert etwas Neues. »Devil Is Fine«, singt der Gospelchor zu Beginn und sorgt allein durch diese blasphemische Äußerung für Aufmerksamkeit. Dem Projekt des schweizerisch-amerikanischen Musikers Manuel Gagneux liegt ein historischer Denkansatz zugrunde, der sich mit der Auflehnung der Norweger gegen die Christianisierung befasst. Der damals verbreitete Monotheismus sorgte in den 1890ern in Teilen des Landes für eine Rebellion, bei der erstmals Themen wie Satanismus oder Totenkult aufkamen, die später den Black Metal prägen sollten. Gagneux fragt weiter: Was wäre, wenn die amerikanischen Sklaven auf ähnliche Weise rebelliert hätten? Hätte es dann satanische Sklavengesänge gegeben? Auf »Devil Is Fine« stehen Power und Wut nah beieinander, die Gospelpassagen werden im Laufe des kompakten Albums immer wieder von harten Metal-Riffs durchkreuzt. Aber auch Schönheit findet sich auf dieser Platte. Immer dann, wenn sich auch mal eine sensiblere Gitarrenmelodie ihren Weg durch die aufgewühlte Szenerie bahnt, Jazz für Ruhepausen sorgt oder in dem Interlude »Sacrilegium II« ein Glockenspiel ertönt. Das hat man in dieser Form tatsächlich noch nicht gehört. Letztlich ist »Devil Is Fine« auch ein Protestalbum mit hohem Aktualitätsbezug, da es sich als lautes musikalisches Statement gegen die katastrophale Ausgrenzungspolitik eines Donald Trump lesen lässt. Kai Wichelmann


GEPRIESEN VOM RAUSCH, GESEGNET VOM SCHLAMM, GELESEN VON EUCH. DANKE! SEIT 1997

2 0 JA HR E DAS ORI G I NAL


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#Intro empfiehlt

Austra

Balbina

Bergfilm

Chain Wallet

Warum sehen Menschen schwarz, wenn es um ihre Zukunft geht? Austra wissen darauf zwar keine plausible Antwort, blicken aber trotzdem hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Kanadier widmen ihr drittes Album »Future Politics« dem Optimismus.

Von Warschau nach Berlin, von Bina zu Balbina: Nachdem Grönemeyer die Träumerin mit der starken Stimme in die weite Welt entlassen hatte, ging es 2015 umgehend auf Solo-Tour. Nun kommt Balbina mit ihrem neuen Album »Fragen über Fragen« auf die Bühne zurück.

Vor zwei Jahren überzeugten die Kölner Bergfilm live auf der Cologne Music Week. Nach diesem Gig war klar, dass die Verbindung aus Indie-Electro und der Stimme von Frontmann Arthur Lingk ein echtes Match ist.

Das selbstbetitelte Debütalbum der Norweger Chain Wallet war im vergangenen Jahr im Spannungsfeld zwischen Dream- und Twee-Pop, Shoegaze- und a-haReferenzen so herausragend, dass man den Besuch eines ihrer Konzerte nur empfehlen kann.

— 06.03. Hamburg — 08.03. Berlin — 09.03. München — 10.03. Leipzig — 18.03. Köln

— 28.03. Leipzig — 29.03. Dresden — 30.03. Erlangen — 31.03. Stuttgart

— 10.03. Köln — 13.03. München — 14.03. Mannheim — 15.03. Leipzig — 16.03. Berlin — 17.03. Hamburg — 18.03. Rees-Haldern — 01.04. Münster — Geht weiter!

— 22.03. Berlin — 23.03. Hamburg — 24.03. Köln

Karies

Jonwayne

INTRO EMPFIEHLT Seien wir ehrlich: Jonwayne, der Rapper, ist mehr Wayne, als die Film- und Westernlegende es je war. Wie viel mehr, beweist der lässige Kalifornier auf seinem neuen Album »Rap Album Two« und nun auch auf Tour.

Für alle von uns empfohlenen Touren verlosen wir jeweils 3×2 Tickets. Mail an tickets@intro.de Mehr Tour-Präsentationen unter intro.de/termine #intro empfiehlt

— 07.03. Hamburg — 08.03. Berlin — 10.03. München — 11.03. A-Wien

Erst kürzlich veröffentlichten Karies ihr neues Album »Es geht sich aus«, auf dem uns die Stuttgarter zu ungehaltenem Postpunk frösteln lassen. Die Schwaben-Combo kommt live sicherlich noch eine Schippe wütender rüber. — 22.03. München — 23.03. Nürnberg — 24.03. Wiesbaden — 25.03. Würzburg — 27.03. Leipzig — 28.03. Dresden — 29.03. Berlin — 30.03. Hamburg — 31.03. Köln

Oddisee & Good Company

Oum Shatt

Parcels

Philipp Poisel

Amir Mohammed el Khalifa alias Oddisee hat alles richtig gemacht. Der MC und Produzent aus Washington hat es weit gebracht. Heute gilt er als Hoffnungsträger des HipHop und kann auch live mit den Großen locker mithalten.

Laut Kritikern klingen Oum Shatt »wie The xx zusammen mit einer libanesischen Hochzeitsband« oder wie »The Shadows in Zeitlupe«. Wie auch immer man ihren Sound beschreiben mag – sie bleiben etwas Besonderes.

— 13.03. München — 14.03. Erfurt — 15.03. Berlin — 16.03. Hamburg — 17.03. Köln — 18.03. Stuttgart — 19.03. Frankfurt a. M. — Geht weiter!

— 01.03. Bremen — 02.03. Hamburg — 03.03. Erfurt — 04.03. Dresden — 29.03. Dortmund — 30.03. Bielefeld — 31.03. Darmstadt — Geht weiter!

Fünf Teenager aus New South Wales in Australien versuchten sich in unterschiedlichen Bands, bevor sie sich in ihrem letzten Highschool-Jahr als Parcels zusammenfanden. Es folgten der Umzug nach Berlin, das Signing bei Kitsuné und nun eine Tour.

Wer träumt ihn nicht, den amerikanischen Traum. Die Vorstellung, alles schaffen zu können, wenn man nur hart genug dafür arbeitet. Philipp Poisel träumt nicht nur davon, er lebt jenen Mythos. Dass ihm jede Idee glückt, wird seine anstehende Tour zeigen.

— 20.03. Hamburg — 21.03. Köln — 23.03. Berlin — 30.03. A-Wien — 31.03. München — Geht weiter!

— 27.03. Lingen — 28.03. Hannover — 29.03. Hamburg — 31.03. München — Geht weiter!


#Intro empfiehlt

Charlie Cunningham

Fatoni

The Garden

Golf

Nach einigen hochgepriesenen EPs präsentiert Charlie Cunningham sein lang erwartetes Debüt »Lines«. Mit gefühligen Texten, reduzierter Sound-Kulisse sowie einer Mischung aus Synthieund Gitarrenklängen geht es jetzt in intimem Rahmen auf Tour.

Der Münchner MC Fatoni, der sich seit seiner letzten LP »Yo, Picasso« ausschließlich der Musik und nicht mehr dem Schauspiel widmet, holt seine im letzten Jahr verschobenen Termine endlich nach. Es wurde auch Zeit. Schließlich wollen wir wissen, was Fatoni und sein Freund Juse Ju auf Tokios Bühnen so gelernt haben.

Was zunächst Assoziationen an eine gemütliche Vorstadt-IndieBand weckt, entpuppt sich schnell als das komplette Gegenteil: kein 08/15-Pop-Gematsche, sondern Vada Vada. Musikalisch sind das mal punkige Gitarrenriffs, mal ausgelassene Popmelodien mit rotzigem Gesang. Hauptsache ist, es klingt niemals langweilig.

Mit den ausgefallenen Samples und Songtexten ihres Debüts »Playa Holz« brachten Golf die Lebenswelt ihrer Generation auf den Punkt. Kein Wunder also, dass die »Dada Disco Group« als eine der aufregendsten Synthie-PopBands des vergangenen Jahres gilt.

— 29.03. Heidelberg — 31.03. Trier

— 08.03. Berlin — 25.03. Hamburg

Leoniden

Mile Me Deaf

Akua Naru

Fünf Kieler Typen, die sich nach einem Sternschnuppenschwarm benannt haben, Indie-Rock können und familiär verbandelt sind, trifft man wahrlich nicht alle Tage.

Mit ihrem ganz eigenen schrägen Stil haben sich Mile Me Deaf schnell einen Namen in der deutschsprachigen Pop-Welt erarbeitet. Auf ihrem neuen Album »Alien Age« widmen sich die Wiener um Wolfgang Möstl jedoch nicht dem Aufbruch, sondern dem Ende der Welt.

Wer sich im HipHop auskennt, weiß, dass die Bezeichnung »conscious« inflationär gebraucht wird. Was nicht heißt, dass auch überall dort, wo »conscious« draufsteht, politischer Rap drinsteckt. Bei Akua Naru ist das jedoch der Fall.

— 24.03. Neustadt — 25.03. Dortmund — 26.03. Hamburg — 27.03. Berlin — 29.03. Münster — 30.03. Köln

Rodrigo Leao & Scott Matthew

Die Zusammenkunft von Rodrigo Leao und Scott Matthew ist ein Gipfeltreffen zweier außerordentlicher Folkloristen. Erstaunlicherweise lappt ihr Album »Life Is Long« in theatralischen Pop über. Eine Kollaboration, wie man sie nur selten zu sehen bekommt.

— 24.03. Wuppertal — 25.03. Karlsruhe — 26.03. München — 28.03. A-Wien — 30.03. Nürnberg — 31.03. Dresden

— 14.03. Köln — 15.03. Erlangen — 17.03. A-Wien — 19.03. Hamburg — 20.+21.03. Berlin

— 11.03. Münster — 16.03. Kiel — 17.03. Flensburg — 18.03. Hamburg — 21.03. Hannover — 22.03. Bremen — 23.03. Oberhausen — 24.03. Lingen — 25.03. Braunschweig — 26.03. Rostock — 27.03. Magdeburg — 28.03. Leipzig — 30.03. Berlin — 31.03. Wiesbaden

Romare

Roosevelt

The Selecter

Ed Sheeran

Mit dem Briten Romare hat das stilprägende Label Ninja Tune wieder mal einen Hochkaräter im Roster: Sein unlängst erschienenes zweites Album »Love Songs: Part Two« verbindet äußerst beseelt Rare Groove und Electro-Soul und bietet perfektes Material für herausragende Shows.

Mit den Hits seines letztjährigen selbstbetitelten Albums hat der Kölner Roosevelt die halbe Welt erobert. Sein Mix aus House, Pop und Disco bietet eine universelle Tanzgarantie, die ganz sicher auch auf der anstehenden Tour greift.

Wieso nicht mal wieder ein wenig Ska? The Selecter sind da genau die richtige Wahl: alte Helden, die sich nach Jahren wieder zusammengerauft haben und heute die alte Schule ihres Stils überaus frisch interpretieren.

— 23.03. Bremen — 24.03. Köln — 25.03. Dortmund — Geht weiter!

— 14.03. Hamburg — 15.03. Bremen — 16.03. Berlin — 17.03. Dresden — 18.03. Leipzig — 19.03. München

Muss man über Ed Sheeran noch ein Wort verlieren? Man könnte doch einfach seine Rekorde für sich sprechen lassen. Schließlich hat er eben erst eine ganze Reihe davon aufgestellt. Wer sonst schafft es, das Wembley Stadium gleich drei Mal auszuverkaufen?

— 31.03. Mannheim — Geht weiter!

— 03.03. A-Wien — Geht weiter!

— 14.03. Flensburg — 18.03. Worpswede — 23.03. Würzburg — 24.03. Ludwigshafen — 25.03. Karlsruhe — 27.03. Stuttgart — 28.03. Nürnberg — 29.03. Bochum — 30.03. Bonn — 31.03. Kiel

— 20.03. München — 22.03. Mannheim — 23.03. Köln — 26.03. Hamburg — 27.03. Berlin

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#Termine

TOURDATEN Empfohlen von Intro

25 Jahre Intro Live

mit Soulwax, Wanda, Drangsal, DJ Supermarkt, Deewee DJs, Meute*, Lea Porcelain** 31.03. Köln* 01.04. Berlin**

Empfohlen von Intro

Allman Brown

01.03. Berlin 02.03. Hamburg Geht weiter!

Beginner

07.03. Kiel 08.03. Bremen 09.03. Braunschweig 10.03. Lingen 12.03. Kassel 13.03. Erfurt 14.03. Leipzig 15.03. Dresden 17.03. Bamberg 18.03. Saarbrücken 19.03. Frankfurt a. M. 20.03. Köln 24.03. Düsseldorf 25.03. Bochum 26.03. Münster 27.03. Berlin

Bilderbuch

02.03. Hamburg 03.03. Berlin 04.03. München

27.03. Offenbach 28.03. Köln 29.03. Berlin 30.03. München 31.03. Leipzig

Empfohlen von Intro

Empfohlen von Intro

mit Tasseomancy

02.03. Berlin 03.03. Erfurt 04.03. Cottbus 07.03. Rostock 08.03. Hildesheim 09.03. Köln 10.03. Hamburg 11.03. Kiel 12.03. Bremerhaven 14.03. Leipzig 15.03. Münster 16.03. Dortmund 17.03. Göttingen 18.03. Magdeburg 31.03. Aachen

Alpines

Andy Shauf 27.02. München 01.03. Berlin 02.03. Hamburg

Empfohlen von Intro

AnnenMay­ Kantereit 04.03. Frankfurt a. M. 05.03. Kassel 13.03. München 23.03. Ravensburg 24.03. Chemnitz 26.–27.03. Leipzig Geht weiter!

Antilopen Gang 01.03. A-Wien 02.03. Dresden 03.03. Berlin 04.03. Jena 06.03. Marburg 07.03. Erlangen 08.03. Köln 10.03. Hamburg 11.03. München Geht weiter!

Audio88 & Yassin 22.03. Berlin 23.03. Rostock 24.03. Chemnitz 25.03. Dresden 30.03. Wiesbaden 31.03. Osnabrück Geht weiter!

Band Of Horses 03.03. Hamburg

Banks

03.03. Berlin 05.03. Köln

Empfohlen von Intro

Bernd Begemann 09.03. Paderborn 10.03. Frankfurt a. M. 11.03. Essen 25.03. Hamburg Geht weiter!

Binoculers

The Black Heart Procession 23.03. Berlin 26.03. A-Wien

Black Marble

27.03. Göttingen 30.03. Hannover Geht weiter!

Black Oak

28.02. Leipzig 01.03. Schwäbisch Hall 03.03. Würzburg 04.03. Aachen 05.03. Münster

Empfohlen von Intro

Blossoms

mit Declan McKenna 27.02. Hamburg 28.02. Köln

Cairobi

28.02. Hamburg 01.03. Berlin 21.03. Mainz

Candelilla

21.03. Berlin

09.03. Rostock 10.03. Dresden 13.03. Bamberg 15.03. München 17.03. Frankfurt a. M. 18.03. Saarbrücken 21.03. Kiel 22.-23.03. Hamburg Geht weiter!

Christiane Rösinger

Drake

Charlotte OC

18.03. Berlin

Cloud Nothings 06.03. Hamburg 07.03. Berlin 08.03. München 09.03. Köln

Cold Cave

20.03. Wiesbaden 21.03. München 22.03. Berlin 23.03. Hamburg 24.03. Köln 25.03. Essen

Danko Jones mit Audrey Horne

09.03. Berlin 10.03. Hamburg 16.03. Köln

Drangsal

03.03. Chemnitz 09.03. Düsseldorf 10.03. Bremen 11.03. Hamburg 16.03. Hannover 17.03. Nürnberg 18.03. München 19.03. Heidelberg

Emeli Sandé

28.03. München Geht weiter!

17.03. Frankfurt a. M. 21.03. Köln 22.03. Berlin 25.03. Dresden 26.03. München 31.03. Bochum

Emmy The Great

Empfohlen von Intro

17.03. Hannover 18.03. Köln 23.03. Berlin 24.03. Leipzig 25.03. München

Dan Owen

mit Emma Elisabeth*, Klimt** 03.03. Rees-Haldern 05.03. Hamburg 06.03. Berlin* 09.03. München**

Dat Adam

28.03. Berlin 29.03. Hamburg 31.03. Hannover Geht weiter!

Dave Hause & The Mermaid 01.03. Köln 02.03. Hannover 03.03. Berlin 04.03. Münster 05.03. Wiesbaden 07.03. München 09.03. Stuttgart

Dear Reader

16.03. Hamburg 17.03. Köln 23.03. München 26.03. Stuttgart 27.03. Leipzig

Die Höchste Eisenbahn

04.03. Frankfurt a. M. 05.03. Kassel 06.03. Bonn 12.03. Ingolstadt 13.03. München

Die Nerven

10.03. Reutlingen Geht weiter!

01.03. München 18.03. A-Wien

Empfohlen von Intro

Car Seat Headrest mit Traams

02.03. Hamburg

16.03. Köln 17.03. Berlin 18.03. Schorndorf 19.03. München

Digger Barnes & The Diamond Road Show

Die Sterne

The Dillinger Escape Plan 03.03. Wiesbaden 04.03. Köln

24.03. Köln 26.03. Hamburg 28.03. Berlin 30.03. Frankfurt a. M.

Erik Cohen

Fenech-Soler 06.03. Köln 07.03. München 08.03. Berlin 09.03. Hamburg

Fews

01.03. Hamburg 02.03. Berlin

Findlay

29.03. Berlin 30.03. Hamburg 31.03. Köln

Goldroger

Empfohlen von Intro

Hundreds

04.03. A-Wien 30.03. Köln

Gregory Alan Isakov 11.03. Hamburg 12.03. Berlin 19.03. München 20.03. Köln

Grossstadtgeflüster 09.03. München 10.03. Berlin

Hauschka

08.03. München Geht weiter!

Heinz Strunk

22.03. Schwerte 23.03. Krefeld 24.03. Siegen 25.03. Eschweiler

Heisskalt

29.03. Ulm 30.03. Düsseldorf 31.03. Wuppertal

Helmet mit LocalH

HGich.T

10.03. Mönchengladbach 11.03. Köln 25.03. A-Wien

Human Abfall

02.03. Köln 03.03. Oberhausen 04.03. Bremen 05.03. Hamburg 06.03. Berlin 09.03. Leipzig 10.03. Karlsruhe 11.03. Darmstadt

Hurray For The Riff Raff 29.03. Hamburg 30.03. Berlin 31.03. München Geht weiter!

18.03. Plauen

Itasca

16.03. Berlin 23.03. Köln

Jagwar Ma 10.03. Berlin

Jarvis Cocker Chilly Gonzales

17.–19.03. Hamburg 27.–29.03. Berlin

Jaye Bartell 16.03. Berlin

Johnossi

03.03. München 04.03. Stuttgart

Ira Atari

10.03. A-Wien 14.03. Konstanz 15.03. Freiburg 16.03. Mannheim 17.03. Erfurt 18.03. Düsseldorf 19.03. Wiesbaden 21.03. Osnabrück 22.03. Berlin 23.03. Erlangen 24.03. Leipzig

01.03. Leipzig 03.03. München 06.03. Köln 07.03. Münster 10.03. Berlin 11.03. Hamburg

Empfohlen von Intro

Joy Wellboy 11.03. Hamburg 12.03. Berlin 13.03. Leipzig 17.03. München 18.03. Frankfurt a. M. Geht weiter!

Judith Holofernes mit Teitur 15.03. Frankfurt a. M. 16.03. Leipzig 17.03. A-Wien 18.03. München 20.03. Köln 21.03. Berlin 22.03. Hamburg Geht weiter!

Fritz Kalkbrenner

03.03. Dresden 04.03. A-Wien 10.03. Frankfurt a. M. 17.03. Berlin 18.03. Köln 24.03. Hamburg 25.03. München

Future Islands 21.03. Berlin Geht weiter!

Genetikk

10.03. Köln 12.03. Offenbach 13.03. Hamburg 15.03. Oberhausen 17.03. Leipzig 18.03. Berlin 19.03. Hannover 20.03. München 22.03. A-Wien 27.03. Stuttgart 29.03. Karlsruhe 30.03. Saarbrücken

Gojira

21.03. Hamburg 23.03. Berlin 24.03. Stuttgart 30.03. München

Da gehen wir hin Tipps der Redaktion#250

Und wo geht ihr hin? intro.de #konzerte

Oliver Bresch 25 Jahre Intro live Antilopen Gang Helmet Beginner Grossstadtgeflüster

Julia Brummert Dave Hause Angry Pop Fest Austra Karies Schrottgrenze

Daniel Koch Loyle Carner Studio Braun Sampha Judith Holofernes Dan Owen


#Termine July Talk

11.03. Dortmund 13.03. Erlangen 19.03. Hannover 20.03. Hamburg

Milburn

25.03. München 26.03. Berlin 27.03. Hamburg 30.03. Köln

Empfohlen von Intro

Empfohlen von Intro

02.03. Berlin 03.03. Schorndorf 04.03. München

mit Personal Best

Karl Blau

Empfohlen von Intro

Kat Frankie & Band 02.03. Potsdam 03.03. Kassel 04.03. Leipzig 05.03. Wiesbaden 07.03. Heidelberg 08.03. Bayreuth 09.03. Osnabrück 10.03. Stade

King Khan & The Shrines

Mitski 28.02. Berlin

Moddi

27.03. Dresden 28.03. Erlangen 29.03. Offenbach 30.03. Köln

Moon Duo

27.03. Leipzig 28.03. Berlin

Nagel mit Köpfen mit Nagel, John Niven 21.03. Berlin

Neonschwarz

28.03. Nürnberg 29.03. Frankfurt a. M. 30.03. Marburg 31.03. Hannover

10.03. Bielefeld 11.03. Saarbrücken 23.03. Dresden 24.03. Erlangen 25.03. Düsseldorf

Klez.e

Empfohlen von Intro

03.03. Göttingen 04.03. Jena 09.03. Nürnberg 10.03. Augsburg 11.03. Weiden 12.03. Regensburg 13.03. München 15.03. Köln 16.+20.03. Berlin

K‘s Choice 21.03. Köln

Lambchop

28.02. Leipzig 01.03. Mannheim

Laura Gibson

Odd Couple 03.03. Bayreuth 04.03. Wasserburg 05.03. A-Wien 15.03. Heidelberg 16.03. Mainz 17.03. Lübeck Geht weiter!

Empfohlen von Intro

OK KID

20.03. Hamburg 21.03. Hannover 22.03. Chemnitz 23.03. A-Wien 27.03. Köln

19.03. Münster 20.03. Köln

The Orb

Loyle Carner

Otago

01.03. Berlin 02.03. Köln 03.03. München

Lukas Graham

13.03. Düsseldorf 15.03. Frankfurt a. M. 16.03. München

Lygo

17.03. Köln 28.03. Kiel 29.03. Hamburg 30.03. Berlin 31.03. Hannover Geht weiter!

Macy Gray

05.03. Berlin 27.03. A-Wien

Messer

05.03. Berlin

28.03. Düsseldorf 29.03. Kassel 30.03. Köln

Palace

24.03. Köln 25.03. Berlin 27.03. München

The Pigeon Detectives 21.03. Berlin 22.03. Köln 23.03. München 25.03. Hamburg

Pinegrove

04.03. Hamburg 06.03. Berlin 07.03. Wiesbaden

PINS

31.03. Rheine

31.03. Berlin Geht weiter!

Methyl Ethel

Puppetmastaz

Me And That Man

Pusha T

13.03. Hamburg 14.03. Berlin

27.03. Frankfurt a. M. 31.03. Köln

Milliarden

23.03. Hamburg 31.03. Düsseldorf

23.03. Heidelberg 28.03. Köln

06.03. Köln

Sampha

13.03. Köln 15.03. Hamburg 18.03. Berlin

Schlachthofbronx 18.03. Bremen Geht weiter!

Schnipo Schranke 08.03. Oberhausen 09.03. Köln 10.03. Frankfurt a. M. 11.03. Stuttgart 13.03. München 14.03. Erlangen 15.03. Leipzig 16.03. Dresden 17.03. Berlin 18.03. Hamburg

Schrottgrenze 02.03. Leipzig 03.03. Mainz 04.03. Bielefeld 09.03. Köln 10.03. Hamburg 11.03. Berlin 16.03. Nürnberg 17.03. Karlsruhe 18.03. München

Schwabinggrad Ballett 01.03. Dresden 02.03. Nürnberg 04.03. Augsburg 06.03. Reutlingen 17.03. Köln 18.03. Ulm 20.03. München

Shobaleader One 26.03. Köln 27.03. München 30.03. Berlin

Skunk Anansie 03.03. Hamburg 04.03. Köln

Smile And Burn

10.03. Leipzig 11.03. Jena 13.03. München 14.03. Nürnberg 15.03. A-Wien 18.03. Stuttgart 20.03. Frankfurt a. M. 21.03. Köln 22.03. Dortmund 23.03. Hamburg 24.03. Hannover 25.03. Bremen 26.03. Bielefeld 31.03. Berlin

Sookee

16.03. Berlin Geht weiter!

Spidergawd

14.03. Dortmund 15.03. Köln 16.03. Bielefeld 17.03. Bremen 18.03. Hamburg 19.03. Berlin 21.03. Dresden 22.03. Frankfurt a. M. 23.03. München 24.03. Nürnberg

Stabil Elite

02.03. Berlin 03.03. Leipzig 04.03. Dresden 07.03. Mainz 10.03. Nürnberg 11.03. Schorndorf 12.03. München 14.03. Würzburg 15.03. Düsseldorf 16.03. Hamburg

Tale Of Us

07.03. Berlin

Studio Braun

01.03. Bielefeld 02.03. Wiesbaden 03.03. Heidelberg 04.03. München 05.03. Stuttgart 12.03. Bremen 13.03. Berlin 14.03. Hannover 15.03. Münster 16.03. Düsseldorf 17.03. Bremen 19.03. Hamburg Geht weiter!

Captain Planet

Angry Pop Fest #2 In düsteren Zeiten versucht ein kleines Team, mithilfe eines Punk-HardcoreAbends ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Das Format wurde nach vierjähriger Pause wieder ins Leben zurückgerufen. Anfang März lädt das Düsseldorfer Zakk zur zweiten Ausgabe des Angry Pop Fest ein. Der Abend steht im Zeichen von Musik und Menschen und möchte mit einer bunten Mischung aus regionalen und deutschlandweit angesiedelten Punk- und Hardcore-Bands zu mehr Hoffnung bewegen. Mit dabei sind unter anderem die Hamburger Captain Planet, welche vergangenen Frühling das Album »Ein Ende« veröffentlicht hatten, sowie die großartigen Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen. Alena Struzh

Tasseomancy

27.02. München 01.03. Berlin 02.+06.03. Hamburg 07.03. Berlin 08.03. Leipzig

Teesy

27.02. Frankfurt a. M. 28.02. Hannover 01.03. Leipzig 02.03. Erlangen 04.03. München 05.03. Stuttgart 06.03. Heidelberg 07.03. Dortmund 09.03. Köln 11.03. Berlin 17.03. A-Wien

— 04.03. Düsseldorf — Captain Planet, Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen, Schreng Schreng & LaLa u. v. a.

Empfohlen von Intro

Ten Fé

mit Arionce

03.03. Hamburg 04.03. Berlin 05.03. Köln

Thievery Corporation 28.02. Frankfurt a. M.

Tim Kasher

09.03. Hamburg 10.03. Bremen 11.03. Osnabrück 12.03. Berlin 13.03. Göttingen 14.03. Köln 15.03. Wiesbaden 16.03. Saarbrücken 17.03. Schweinfurt 18.03. München 19.03. Regensburg 20.03. Freiburg

Tinariwen

12.03. Düsseldorf 13.03. München 14.03. Berlin

Tom Liwa & Flowerpornoes 27.03. Düsseldorf

Tove Lo

06.03. Berlin 10.03. Köln

Empfohlen von Intro

Two Door Cinema Club

mit Parcels, Blaenavon 01.03. Köln 04.03. Hamburg

Empfohlen von Intro Tycho 03.03. Hamburg 05.03. Leipzig 07.03. Berlin

Vitalic

30.03. Berlin 31.03. München Geht weiter!

Umse

03.03. Nürnberg 04.03. Essen

Empfohlen von Intro

Empfohlen von Intro

The xx

28.02. Düsseldorf

Von Wegen Lisbeth

You Me At Six

Wallis Bird

Die kommen, die Touren

01.03. Köln 02.03. Koblenz 03.03. Marburg

01.03. Bochum 02.03. Münster 03.03. Bremen 04.03. Hamburg 06.03. Bielefeld 07.03. Hannover 08.03. Leipzig 09.03. Dresden 10.03. Jena

Wanda

11.03. Osnabrück 13.03. Düsseldorf 14.03. Dresden 15.03. Augsburg 18.03. Rostock 19.03. Hamburg 21.03. Saarbrücken 22.03. Mannheim 23.03. München 25.–26.03. Potsdam

Warpaint

14.03. Frankfurt a. M. 15.03. München

Waving The Guns 03.03. Göttingen 04.03. München 11.03. Heidelberg 17.03. Bremen 18.03. Münster 25.03. Düsseldorf Geht weiter!

The Weeknd 02.03. Köln

12.03. Wiesbaden 13.03. München 20.03. Köln 21.03. Berlin 26.03. Hamburg

Christian Löffler (25.–29.04.) Clock Opera (06.–12.04.) Desperate Journalist (08.–15.04.) Fil Bo Riva (03.04.–14.05.) Glass Animals (27.–29.04.) Hello Piepdpiper (14.–30.04.) HER (12.–12.04.) Isaiah Rashad (09.–16.04.) Jens Lekman (17.–28.04.) LGoony (26.04.–13.05.) Lowly (03.–05.04.) Mighty Oaks (12.04.–03.05.) My Baby (15.–18.04.) Nick Hakim (22.–25.04.) Repetitor (01.–30.04.) Sookee (14.02.–30.11.) Talisco (10.–13.04.) Temples (07.–11.04.) Timber Timbre (10.–15.04.)

Die kommen, die Festivals Hanse-Song-Festival (22.04.) Jetztmusik (21.–30.04.) Popsalon OS (20.–22.04.)

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#Live #Festival

Pop-Abo

Snow­ bombing

Bereits im elften Jahr offeriert das Konzerthaus Dortmund neben seinem klassischen Musikangebot auch Popkonzerte. Ende März beehrt Singer/Songwriter Charlie Cunningham die vornehme Spielstätte.

Das Konzerthaus Dortmund lädt zum vierten Mal in dieser Spielzeit zum Pop-Abo ein. Dabei können Zuschauer Popmusik in erstklassigem Klang genießen. Mithilfe der Abonnementfunktion buchen Musikfreunde ihren Lieblings-Sitzplatz gleich zum Ticket dazu. Ende März verspricht das Konzerthaus einen »Engländer, der seine Gitarre Flamenco tanzen lässt«. Gemeint ist damit der Singer/Songwriter Charlie Cunningham, der im Februar sein Debütalbum »Lines« herausgebracht hat. Damit begibt sich der Musiker nun auf besondere Europatour: Der Brite pickte besondere Spielstätten, um eine intimere Verbindun zu seinem Publikum aufzubauen. So tritt Charlie Cunningham auch im Konzerthaus Dortmund auf – unterstützt von Singer/Songwriter-Newcomerin Fenne Lily. Alena Struzh — 25.03. Dortmund — Charlie Cunningham

Charlie Cunningham

Anfang April bringt das Snowbombing erneut das Beste aus zwei Jahreszeiten zusammen: Wintersport und Musikfestival.

Joy Denalane

SONGTAGE GERA 18 Künstler, Bands, Autoren und Schauspieler treffen dieses Jahr im Programm der 10. Songtage in Gera aufeinander: ein Jubiläum, das mit einem breitgefächerten musikalischen Angebot über knapp zwei Monate in der kompletten Stadt gefeiert wird.

Vom 17. März bis 5. Mai nehmen die Songtage Gera erneut die komplette thüringische Stadt in Beschlag. Kirchen, Theater, Kulturzentren und sogar Restaurants wie die alte Brauerei werden dann zu Konzertsälen. In einem knapp zweimonatigen Konzertmarathon treten Künstler auf, die allesamt eine Leidenschaft für das Geschichtenerzählen teilen und damit auf erfrischende Art die Kulturlandschaft Geras aufwirbeln. Bereits vor zehn Jahren veranstalteten Daniel Zein und Stefan Wenzel die ersten Songtage. Damals formulierten sie das Ziel, mit der Veranstaltung mehr Musikkultur – und vor allem auch Künstler, deren Tourpläne in Ostdeutschland höchstens Dresden oder Leipzig vorsahen – nach Gera zu holen. Der Erfolg des Konzepts schlägt sich mittlerweile in über 200 Konzerten nieder. Inzwischen ist nicht nur das Organisationsteam gewachsen, sondern auch das kulturelle Angebot und die Anzahl der Räumlichkeiten: 18 Veranstaltungen wird es beim diesjährigen Jubiläum in zehn verschiedenen Locations geben. Eröffnet werden die Songtage am 17. März durch Heinz Rudolf Kunze – ganz im Sinne des Titels seines Soloprogramms »einstimmig«: Nur durch Gitarre oder Klavier begleitet, spielt er seine bekanntesten Songs als One-Man-Show. Drei Tage später bieten Wanda ein komplettes Kontrastprogramm aus süffigem Rock, einem Haufen Selbstironie und Wiener Schmäh. Die musikalische Spannweite umfasst außerdem die deutsche Soulsängerin Joy Denalane, den Musikkabarettisten Bodo Wartke und die Liedermacherin Sarah Lesch.

Als »mother of mountain music festivals« wurde das Snowbombing gerade erst mit dem European Festival Award als »Best Small Festival« ausgezeichnet. Kein Grund jedoch, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, denn die nächste Ausgabe findet bereits Anfang April statt. Dann vereint das Snowbombing wieder erstklassige Konzerte in außergewöhnlichen Spielstätten – wie dem Rave Iglu, dem Zauberwald und der Mountainstage hoch über den Wolken – mit Sportangeboten wie Skifahren, Paragliding und Snow Yoga. Das alles natürlich inklusive atemberaubender Bergkulisse. Henrike Schröder — 03.–08.04. A-Mayrhofen — Axel Boman, Blossoms, Cassy, Chase & Status, De La Soul, DJ Koze, Gerd Janson, Grandmaster Flash, Groove Armada, Roni Size, Run The Jewels, Sasse, Shy FX, Skream, Slaves, Solardo, The Courteeners u. v. a.

Tapefabrik Aufgrund sinkender Besucherzahlen musste die Tapefabrik eine einjährige Pause einlegen. Nun wurde das Rap-Festival im Herzen Wiesbadens reanimiert.

Mehr als ein Jahr lang lag die Tapefabrik aufgrund von Insolvenz brach. Doch ein kleines Team aus ehrenamtlichen Helfern weigerte sich, das süddeutsche RapFestival aufzugeben. Nun lädt die »größte Jam des Jahres« mit über 40 Acts auf drei Bühnen wieder in den Schlachthof Wiesbaden ein. Das Festival will mit neuen Ideen mehr Besucher anlocken. Deshalb wurden Acts aus allen Bereichen der deutschen HipHop-Szene ausgewählt: Von Female MCees (Pilz) über Damion Davis als Moderator bis hin zu Beatmaker-Collectives ist alles dabei.

Henrike Schröder

Alena Struzh

— 17.03.–05.05. Gera — 108 Fahrenheit, 2Leben, Aino Löwenmark, Ami, Apfeltraum, Bodo Wartke, Chapter 5, Christian Kjellvander, Club Der Toten Dichter, Heinz Rudolf Kunze, Joy Denalane, Lilly Among Clouds, Michy Reincke, Sarah Lesch, Schnipo Schranke, Sebel, Tom Schilling & The Jazz Kids, Wanda

— 11.03. Wiesbaden — Amewu, Cow, Disarstar, Eloquent & Twit One, FloFilz, Hiob & Pierre Sonality, Main Concept, Morlockk Dilemma & Brenk Sinatra, Pilz, Retrogott, Slowy & 12Vince u. v. a.


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Punkrock Legend from U.K.

Mi. 01.03.2017 | Gloria, Köln

12.3. Tinariwen Tuareg Rock 13.3. Niila Gratitude Tour 2017 14.3. Rhonda Soul Pop aus HH 16.3. Studio Braun Die

special guests: Dead Heavens, Robyn G. Shiels

Hamburger Jungs mal wieder live!

18.3. Hundreds Wilderness Tour 25.3. Neonschwarz Hip-HopBand aus Hamburg

30.3. Heisskalt „Vom Wissen und Wollen“- Tour 2017

31.3. Milliarden auf „Betrüger“-

Tour 2017

DAVE HAUSE And The Mermaid Sa. 04.03.2017 | Gloria, Köln

THE DILLINGER ESCAPE PLAN

Di. 25.04.2017 | Zeche, Bochum

TOVE LO

SEASICK STEVE

Mo. 13.03.2017 | Gloria, Köln

Mi. 26.04.2017 | Gloria, Köln

Di. 14.03.2017 | Bh. Stollwerck, Köln Mi. 15.03.2017 | Turbinenhalle 2, Oberhausen

GENETIKK

20.5. Heinz Strunk liest

Sa. 18.03.2017 | Gloria, Köln

„Jürgen - Die gläserne MILF“

AUSTRA

22.5. Sportfreunde Stiller

Mo. 20.03.2017 | Live Music Hall, Köln

special Clubshow

23.5. John K Samson & The Winter Wheat Der WeakerthansSänger mit neuem Soloalbum

YOU ME AT SIX special guest: The Amazons

Di. 21.03.2017 | Live Music Hall, Köln Fr. 31.03.2017 | Matrix, Bochum

28.5. Das Lumpenpack auf

Steil-Geh“-Tour

DANKO JONES special guest: Audrey Horne

29.5. The Breath Indie & Soul

Fr. 24.03.2017 | Gloria, Köln

16.6. Ryley Walker & Band

Sa. 01.04.2017 | Live Music Hall, Köln

from Manchester

„Songwriting from USA

Tickets unter www.zakk.de Fichtenstraße 40, 40233 Düsseldorf

Di. 25.04.2017 | Live Music Hall, Köln

Fr. 10.03.2017 | Live Music Hall, Köln

TOM CHAPLIN

Acoustic Show

SCOTT BRADLEE´S POSTMODERN JUKEBOX

THE JESUS AND MARY CHAIN

22.4. Turbostaat „Auf dem Weg nach Abalonia“- Tour

Fr. 07.04.2017 | E-Werk, Köln

JOHNOSSI

1.4. Stiff Little Fingers 40th

4.5. Thomas Dybdahl Solo &

TINIE TEMPAH

Mo. 06.03.2017 | Essigfabrik, Köln

SAMPHA

Anniversary Tour

Do. 06.04.2017 | Die Kantine, Köln (Nachholtermin vom 08.11. / LMH)

ROOSEVELT DAT ADAM

HEINZ STRUNK liest: „Jürgen - die gläserne MILF“ Sa. 29.04.2017 | Gloria, Köln

GLASS ANIMALS Mi. 24.05.2017 | Gloria, Köln

AGNES OBEL Mi. 31.05.2017 | E-Werk, Köln

STUDIO BRAUN Fr. 02.06.2017 | Gloria, Köln

RADIO NUKULAR

Di. 27.06.2017 | Live Music Hall, Köln

FUTURE ISLANDS

So. 02.07.2017 | E-Werk, Köln

JIMMY EAT WORLD

Mi. 01.03.2017 | Palladium, Köln

special guests: Parcels, Blaenavon SCHLACHTHOF WIESBADEN MURNAUSTR.1 65189 WIESBADEN

Mo. 13.03.2017 | Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf

02.03. DO

MILLIARDEN

special guest: Hein Cooper

02.03. DO

STUDIO BRAUN: „DREI FARBEN BRAUN“

Sa. 25.03.2017 | Lanxess Arena, Köln

03.03. FR

THE MYSTERY LIGHTS

05.03. SO

KAT FRANKIE & BAND

07.03. DI

PINEGROVE / LOMELDA

special guest: Tiger Army

13.03. MO

JOSHUA RADIN (RINGKIRCHE WIESBADEN)

Di. 28.03.2017 | Palladium, Köln

19.03. SO

HUNDREDS / ODD BEHOLDER

21.03. DI

COLD CAVE / DRAB MAJESTY

26.03. SO

FOXING / FOG LAKE

31.03. FR

LEONIDEN

31.03. FR

ALA.NI (MUSEUM WIESBADEN)

03.04. MO

OTAGO

05.04. MI

DISCO ENSEMBLE

07.04. FR

SEUM KUTI & EGYPT 80

09.04. SO

THE FRANKLIN ELECTRIC

26.04. MI

BUKAHARA

01.05. MO

EPHERMALS

05.04. MI

TAMIKREST

04.05. DO

HELGI JONSSON WITH TINA DICO, MARIANNE LEWANDOWSKI & DENNIS AHLGREN (RINGKIRCHE WIESBADEN)

14.05. SO

SLEAFORD MODS / MARK WYNN / PISSE

18.05. DO

THE DEAD SOUTH

24.05. MI

KÄPTN PENG & DIE TENTAKEL VON DELPHI

25.05. DO

JOHN K. SAMSON & THE WINTER WHEAT

26.05. FR

LOVE A

26.05. FR

SOOKEE

07.06. MI

DINOSAUR JR.

Unser komplettes Programm findet ihr im Internet unter

schlachthof-wiesbaden.de

Di. 04.04.2017 | Palladium, Köln

Mo. 01.05.2017 | Palladium, Köln

Do. 25.05.2017 | Palladium, Köln (verlegt vom E-Werk)

Di. 13.06.2017 | König-Pilsener-Arena, Oberhausen

prime entertainment www.prime-entertainment.de


128

Cafe Central FR 03 03 halle_02 hd

Sa 08 04 FReI-ClUB TOUR

FR 03 03 COUNTRY & WeSTeRN

dO 13 04 ROCk

KnOrKatOr DannY WÜnSCHel

Sa 04 03 TON STeINe SCheRBeN

Greeen WOlf PeOPle

KaY & fUnKY dO 09 03 MeTal COnan

SO 16 04 SkaNdINaVIaN PROG MeTal

Sa 11 03 MeTal

dO 20 04 MeTal

DOWnfall Of GaIa + ...

HD DeatHfeSt 2 GOD DetHrOneD + ...

FR 17 03 MUNICh ReGGae SalSa eXPlOSION

JaMaraM

SUPPOrt: MellOW MarK Sa 18 03 MaIMaRkT ClUB Ma

KC reBell Mr. HUrleY

Sa 18 03 aGGROShaNTY TOUR

& DIe PUlVeraffen dO 30 03 halle_02 hd

SUBWaY tO SallY

dI 04 04 haRdCORe

SIBerIan Meat GrInDer GOlDMan $UCKS

MI 05 04 MeTal

BlOODBOUnD dO 06 04 alTe FeUeRWaChe MaX GOlDt FR 07 04 halle_02 hd GÖtZ WIDMann FR 07 04 MeTal XanDrIa

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Do. 09.03. 20:00 Uhr

M R M R Z Z 20

17

dIe VlT. BRUTalSTe TOUR deS JahReS

BenIGHteD + ... HAFEN 2

CarnIfeX + ... tHe HeaDlIneS + WHIte SParrOWS

tHe InterSPHere

dO 27 04 FOlk

eZIO

Sa 29 04 COReCRUSheR TOUR

GUtalaX

Sa 06 05 MeTal

CIVIl War nIGHtMare

SO 07 05 „FleISChFIlM“-Cd-ReleaSeShOW

eISreGen

MI 10 05 `The MUSIC OF JIMI heNdRIX `

ranDY HanSen

FR 12 05 eXPlOSIVe, ROCkaBIllY

tHe PeaCOCKS

dO 25 05 BaNGeR lIVe PRÄSeNTIeRT:

MaJOe

dI 26 12 MaIMaRkTClUB Ma

IrIe reVOlteS

DO 30 03 - Halle_02 HD

LIVE FR 03 SA 04 SO 05 FR 10 SO 12 SA 18 SO 19 SA 25 SO 26

KINO DO 02 Die Blumen von gestern SA 04 Manchester by the Sea DO 09 The Salesman FR 10 La La Land FR 24 Neruda SA 25 Jackie DO 30 Gaza Surf Club FR 31 Elle

Sa. 01.04. 18:00 Uhr

IMPALA RAY Im Substage Café

Do. 06.04. 19:30 Uhr

STIFF LITTLE FINGERS Do. 13.04. 19:00 Uhr

ASP

Do. 20.04. 19:00 Uhr

THE INTERSPHERE & Support

Di. 25.04. 19:00 Uhr

ANTI-FLAG & Special guest

Mi. 26.04. 19:00 Uhr

ELÄKELÄISET Support: STAM1NA

Alter Schlachthof 19

76131 Karlsruhe

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Akua Naru

The Way Is Always Forward

11.04.2017 / DI

Giant Rooks

"New Estate"-Tour 2017

20.04.2017 / DO

Sookee

24.04.2017 / MO

Eläkeläiset

Die Könige des Humppa

28.04.2017 / FR

Vonda Shepard

"Soul, Funk and Heartbreak" Tour

Fr 03.03.17

Studio Braun

Di 07.03.17

18+, PicturePlane, oklou, Sega Bodega & coucou chloé Fr 10.03.17

Mc rene

Sa 11.03.17

10.05.2017 / MI

Heinz Strunk

Waving the gunS

"Jürgen – Die gläserne Milf"

So 12.03.17

11.05.2017 / DO

Mi 15.03.17

Reggae, Ska & Rock aus Griechenland

Fr 24.03.17

Locomondo

19.05.2017 / FR

Tickets unter www.pop-salon.de

& Special guests

MI 15.03| Tiger Army DI 21.03| Marcel Brell MI 22.03| Bill Laurance Group DO 23.03| Andreas Kümmert Duo SA 25.03| Melting Sounds Festival Vol. III FR 31.03| Sona Jobarteh & Band FR 21.04| Fil Bo Riva MI 26.04| Jakob Bro Trio feat. Thomas Morgan & Joey Baron DO 27.04| David Pfeffer FR 12.05| Marko Haarvisto & Poutahaukat SA 13.05| Chakuza & Bizzy Montana DO 18.05| Christian Kjellvander FR 26.05| Jamaram

märz17

"Mortem & MakeUp" Tour

20–22·04·17 Osnabrück

NEW MODEL ARMY POTHEAD

Nosoyo Carly Thomas Shield Patterns House of Wolves Sam Densmore Lee Mc Dougall Royal Wood Alcuna Wilds Danika Holmes

HAFEN 2 Nordring 129, D 63067 Offenbach

Drangsal D Meute D Roosevelt D Voodoo Jürgens AT Keshavara D Faber CH Julian Philipp David D Mavi Phoenix AT Giant Rooks D Gisbert zu Knyphausen (solo) D Anna Depenbusch D Black Oak NL Von Wegen Lisbeth D Oum Shatt D Foreign Diplomats CAN Razz D UVM

Do. 16.03. 19:00 Uhr

Fr. 24.03. 20:00 Uhr

FR 21 04 ROCk

Sa 22 04 ROCk

BANDA SENDEROS

Pohlmann

"Weggefährten"-Tour

idan raichel odd couPle Mila Mar

Mo 27.03.17

Marc coPland

Mi 29.03.17

Marcel Brell Heidelberg – Am Karlstor 1 www.karlstorbahnhof.de


129

U 10.03. ZOOM 20.00 SCHNIPO SCHRANKE

TERMINE AB MÄRZ 2017

18.03. MOUSONTURM / STUDIO 21.00 JOY WELLBOY 27.03. CAPITOL OFFENBACH 20.00 BILDERBUCH 28.03. BATSCHKAPP 20.00 GENETIKK

22.03.2017 Support by The Deadnotes <<Konzerte Im FZW>> 01/03 FZW POETRY SLAM ! 06/03 SOLD OUT WALKING ON CARS 07/03 TEESY 08/03 DEVIN TOWNSEND PROJECT, LEPROUS,... 10/03 WHO KILLED BRUCE LEE 11/03 JULY TALK 14/03 SPIDERGAWD 18/03 NEW MODEL ARMY 19/03 ! KC REBELL SOLD OUT

ZUSATZSHOW AM 18.04.

! SOLD OUT WINCENT WEISS 20/03 21/03 FZW INDIE NIGHT: MIDDLEMIST RED, BONFIRE NIGHTS 22/03 SMILE AND BURN 24/03 NAVARONE ! 25/03 SOLD OUT DIETER THOMAS KUHN 26/03 ESTIKAY 28/03 LIONS HEAD 29/03 SWANS - ABSCHIEDSTOUR 30/03 KISSIN´ DYNAMITE 31/03 DIE KASSIERER 02/04 DAT ADAM 07/04 LUKAS RIEGER 09/04 BLUTENGEL 11/04 BALBINA 12/04 CHRISTINA STÜRMER 18/04 KC REBELL 20/04 MIKE SINGER 21/04 SAM 22/04 EMMA 6 25/04 UFO361 27/04 WE TRUST! SHOW 28/04 BRINGS 29/04 MILOW 02/05 B-TIGHT 06/05 LIVEUROPE DAY 2017: BOUNTY ISLAND, THE AWESOME WELLES,CAMPCLAUDE, NEWMOON 13/05 THE PHUNKGUERILLA & COSMO KLEIN ! SOLD OUT 16/05 SÖHNE MANNHEIMS 23/05 APECRIME 26/05 D A F 28/05 ALICE FRANCIS 30/06 SPASTIC FANTASTIC FEST 2017 14/07 YOUTH BRIGADE FESTIVAL 29/07 LIVEUROPE BÜHNE @ JUICY BEATS: PINS, U.V.A. 29/09 WAY BACK WHEN FESTIVAL 2017 09/10 SXTN 10/10 IRIE RÉVOLTÉS 11/10 GUANO APES 13/10 BAMBULE 2017 18/10 VON WEGEN LISBETH 05/11 FAISAL KAWUSI 07/11 SHANTEL & BUCOVINA CLUB ORKESTAR 10/11 JOHANNES OERDING 16/11 SDP @ PHOENIXHALLE 21/11 DELAYED NIGHT SHOW: PATRICK SALMEN & QUICHOTTE 24/11 ABDEL KARIM 02/12 VONA

INFOS & TICKETS WWW.FZW.DE

WWW.FACEBOOK.DE/FZWEVENT FZW | RITTERSTR. 20 | 44137 DORTMUND

Do. 02.03.2017 | Luxor, Köln

HIGHLY SUSPECT Sa. 04.03.2017 | Luxor, Köln

P

D

A

T

Sa. 25.03.2017 | Luxor, Köln

MILLIARDEN special guest: Safi

LOWER THAN ATLANTIS & YOUNG GUNS

Mo. 27.03.2017 | MTC, Köln

Sa. 04.03.2017 | Stadtgarten, Köln

Di. 28.03.2017 | Studio 672, Köln

THE ORB

Di. 07.03.2017 | Blue Shell, Köln

FATHERSON

E

EARTHLINGS? THE RECORD COMPANY

Mi. 29.03.2017 | Stadtgarten, Köln

Mi. 08.03.2017 | MTC, Köln

ALA.NI special guest: Alexandre Nadjari

03.+ MOUSONTURM 20.00 04.04. THE TIGER LILLIES

Do. 09.03.2017 | Luxor, Köln

Do. 30.03.2017 | Artheater, Köln

05.04. JAHRHUNDERTHALLE 20.00 SCOTT BRADLEE´S POSTMODERN JUKEBOX

Do. 09.03.2017 | YUCA, Köln

06.04. BROTFABRIK 20.00 CHRISTIANE RÖSINGER 15.04. ZOOM 20.00 ISAIAH RASHAD 22.04. GIBSON 19.00 JOY DENALANE

WITH CONFIDENCE

CLOUD NOTHINGS

MICHAEL SCHULTE Sa. 11.03.2017 | MTC, Köln

I AM JERRY

Sa. 11.03.2017 | Luxor, Köln

LANY

27.04. ZOOM 21.00 CLAIRE 28.04. BATSCHKAPP 19.30 MIGHTY OAKS 30.04. MOUSONTURM 22.00 WOLFGANG VOIGT – GAS LIVE 06.05. ZOOM 20:00 THEE OH SEES

Fr. 31.03.2017 | Studio 672, Köln

FINDLAY

Fr. 31.03.2017 | Artheater, Köln

BLACKBERRIES Sa. 01.04.2017 | Luxor, Köln

DISCO ENSEMBLE Sa. 01.04.2017 | Gebäude 9, Köln

Di. 14.03.2017 | Blue Shell, Köln

WILD CHILD

Mi. 15.03.2017 | Underground, Köln

BUSTED

Fr. 17.03.2017 | Luxor, Köln

SLAVES (US) Sa. 18.03.2017 | Luxor, Köln

23.04. ZOOM 20:00 JAPANDROIDS

OTAGO

ERIK COHEN Sa. 18.03.2017 | Underground, Köln

WE ARE THE OCEAN

special guest: Rod Lynch Di. 21.03.2017 | Luxor, Köln

TOMMY CASH Di. 21.03.2017 | Stadtgarten, Köln

K´S CHOICE

Di. 21.03.2017 | Studio 672, Köln

PARCELS special guest: Private Agenda

VITALIC

Mo. 03.04.2017 | Kulturkirche, Köln

ANNA DEPENBUSCH MIT BAND

Do. 06.04.2017 | Gebäude 9, Köln

THE FRANKLIN ELECTRIC

Fr. 07.04.2017 | Gebäude 9, Köln

TEMPLES

Mo. 10.04.2017 | Luxor, Köln

TIMBER TIMBRE Di. 11.04.2017 | Luxor, Köln

ATTILA special guests: The Word Alive, Carcer City Di. 11.04.2017 | Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln

ISAIAH RASHAD

Mi. 12.04.2017 | Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln

HOTEI

Sa. 15.04.2017 | Gebäude 9, Köln

CHARLIE WORSHAM

WILLIAM McCARTHY

08.05. MOUSONTURM 20:00 HEINZ STRUNK

Mi. 22.03.2017 | Luxor, Köln

Mi. 19.04.2017 | Luxor, Köln

17.05. ZOOM 21.00 JAKE ISAAC

Mi. 22.03.2017 | Studio 672, Köln

Fr. 21.04.2017 | Luxor, Köln

Mi. 22.03.2017 | Blue Shell, Köln

Sa. 22.04.2017 | Stadtgarten, Köln

07.07. ZOOM 21:00 MOUNT KIMBIE 01.08. PALMENGARTEN 19:30 HAUSCHKA 15.08. PALMENGARTEN 19:30 FUNNY VAN DANNEN 29.08. PALMENGARTEN 19.30 DOTA 27.09. JAHRHUNDERTHALLE 20:00 CLUESO

TICKETS MOUSONTURM: TEL 069.405.895-20 WWW.MOUSONTURM.DE INFOS BROTFABRIK: WWW.BROTFABRIK.INFO

WEITERE VERANSTALTUNGEN: WWW.MARKUSGARDIAN.DE

Di. 21.03.2017 | MTC, Köln

DEAF HAVANA special guest: Dinosaur Pile-Up MARCEL BRELL THE PIGEON DETECTIVES

Mi. 22.03.2017 | MTC, Köln

MONA

NOAH GUTHRIE special guest: Matthew Mayfield JONAS MONAR FRANCES

Mi. 26.04.2017 | Kulturkirche, Köln

FRIDA GOLD

Mi. 26.04.2017 | Underground, Köln

Do. 23.03.2017 | Blue Shell, Köln

JEDEN TAG SILVESTER special guest: Liza & Kay

Do. 23.03.2017 | YUCA, Köln

ALICE MERTON + VALENTINA MER Fr. 24.03.2017 | Artheater, Köln

PALACE special guest: Island

Fr. 24.03.2017 | Blue Shell, Köln

COLD CAVE

THE MENZINGERS special guest: The Flatliners Fr. 28.04.2017 | Luxor, Köln

CLAIRE

Fr. 28.04.2017 | Gebäude 9, Köln

ELECTRIC GUEST Sa. 29.04.2017 | Gebäude 9, Köln

FATONI MIT DJ V.RAETER

special guests: Dexter und Juse Ju Sa. 29.04.2017 | Underground, Köln

FOTOS

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#Preview #Demnächst #Katz und Goldt

Demnächst: Intro #251 — 27.03.2017

Milky Chance, Sleaford Mods, Sookee, Ella Rumpf und Maria Dragus über »Tiger Girl«, Goldfrapp, The Jesus And Mary Chain, Raoul Peck über »I Am Not Your Negro«


Du bist auf Diät. Auf Instagram. Auf ’m Trip. Auf ’ner Insel. Auf der Suche? Bring NEON ins Dunkel.


AB 23. MÄRZ IM KINO


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