Intro #253

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#Pop #Kultur #Life #Style

MARTERIA

Immer noch Alien

London Grammar — alt-J — Helene Hegemann — Slowdive — Mode aus Israel —

Pixx — Ethan Hawke — Noga Erez — Woman — Südstaaten-Reportage — Kraftklub — Giant Rooks — Elif

#253 Juni 2017 gratis www.intro.de


Meine Bluetooth Speaker klingen nicht gerade groĂ&#x;artig.

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#Intro Editorial

#Intro

Wenn ihr dieses Heft in den Händen haltet, haben wir vermutlich schon unser erstes Festivalbier hinter uns. Dass die Open-Air-Saison losgeht, merkt man an allen Ecken und Enden. Auch die Platzhirsche der heimischen Festivalbühnen wie unser Titel-Act Marteria und Kraftklub melden sich kurz vor ihren Rock-am-Ring-Auftritten mit neuen Alben zurück. Natürlich gibt es diesen Monat auch unser Schwestermagazin Festivalguide, das sein 20. Jubiläum feiert und deshalb etwas üppiger als sonst ausgefallen ist. Wie man es im harten Festivalgeschäft noch schafft, Gutes zu tun, haben wir derweil im #Life-Teil vom Pressesprecher des Roskilde erfahren. Das Festival ist eine Non-ProfitOrganisation und spendet seine Gewinne. Davon könnten sich die Großevents in Deutschland ruhig mal eine Scheibe abschneiden. Auch an den restlichen Heftteilen merkt man, dass ein Sommerloch in Sachen Popkultur in diesem Jahr noch nicht in Sicht ist – so viele gute Platten, Filme und Serien gab es lange nicht mehr. Viel Spaß beim Lesen, und vielleicht sehen wir uns ja vor einer dieser Freiluftbühnen – hoffentlich im Staub und nicht im Schlamm.

Foto: NASA

Daniel Koch (im Namen der Redaktion)

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Das Leben der Anderen

DAS LEBEN DER ANDEREN Statt eine Künstlerin oder einen Künstler der Ausgabe vorzustellen, haben wir uns für die Trennerseiten diesmal bei »Project Apollo Archive« bedient. Die Webseite stellt sensationelle Fotografien der Apollo-Missionen frei zur Verfügung. Außerdem gibt es herrlich nerdige Diskussionen über NASA-Details – plus die üblichen Verschwörungs-Irren, die in den Bildern Belege dafür sehen, dass Stanley Kubrick die Mondlandung inszeniert hat. Dennis Freischlad, der Autor unseres Berichts über eine Reise durch die Südstaaten, schreibt Lyrik, Essays und Reiseliteratur. In einem alten Van begab er sich im Süden der USA auf die Suche nach dem Ursprung der populären Musikgeschichte – dem Blues. Dabei fand er auch Erklärungsansätze für die sozialen, politischen und kulturellen Probleme des Landes.

Für die Fotos zu unserer Marteria-Coverstory war Peter Kaaden zuständig, dessen Bilder man fast jeden Monat in unserem Heft findet. Hier liegt Marteria gerade auf dem Teppich einer spacigen Suite im nhow Hotel in Berlin, dessen Crew uns freundlicherweise einen Nachmittag dort fotografieren ließ. Danke dafür!

Zweimal die Woche verbringt unser Chefredakteur ein paar Minuten in Hamm, um mehr oder weniger freiwillig der Zugteilung des ICE von Köln nach Berlin beizuwohnen. Diesmal verbrachten er und Bildredaktionspraktikantin Lea Franke einen ganzen Nachmittag in der Stadt an der Lippe, um mit den Giant Rooks einen sonnigen Stadtrundgang zu machen.

Aus der Redaktion Christian: »Wer hat denn das wieder zugelassen, dass am Tag der Produktion noch ein Cover gekocht wird?« Wolfgang: »Hmmm, hier riecht’s nach Pet Shop Boys.« Fred: »Wenn ich jetzt noch mit ‘nem Pisse-Kommentar im Intro lande, kann ich direkt das nächste ›Feuchtgebiete‹ schreiben.«


Inhalt

INHALT #Intro

#Pop

Bilder von: Roger Ballen & Asger Carlsen, Margriet Smulders, Petra Collins

Zwischen Underground und Mainstream: Marteria 38 8

Sarah Khan: Inside eBay-Kleinanzeigen 12

Beats und Bilderfluten: Noga Erez

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Im Epizentrum: Woman 14

Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi: Rätseleriös 44

Das Leben nach Popstars: Elif 16

alt-J haben was gegen Äpfel 46

Auftakt mit: Anathema, Aldous Harding, Tube & Berger, Pumarosa, Lola Marsh, !!! 18

Pixx: Wider die Belanglosigkeit 48 Kraftklub: Kein Lied für Chauvi-Schweine 52 Abifahrt mit 40: Slowdive 54 Eine Hammer Band: Giant Rooks

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Singsang von Maskenmännern: Briqueville 58 London Grammar: Die Schule des Lebens 60

#Kultur Helene Hegemann über »Axolotl Overkill« 64 Ethan Hawke über »Born To Be Blue« 68 Neu im Kino: »The Dinner« und »Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes« 70 Neu auf DVD: »Paterson« und »T2 Trainspotting« 72 Neue Games: »Little Nightmares« und »Prey« 74

#Life Südstaaten-Reportage 78 Das Roskilde zeigt Haltung 82 Das Rosa-Parks-Haus in Berlin 84 Rezepte der Popküche: »Pappa ante Portas« 86

#Style Feature: Mode aus Israel 90

#Review Foto: Jan Philip Welchering

Platten vor Gericht 96 Neue Platten 98 Impressum / Dein Intro 6

#Preview

Abo 13

Intro empfiehlt 118

Katz & Goldt / Demnächst 130

Kalender 120

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#Intro Dein Intro

DEIN INTRO Und wo warst du im Juni 2007? Intro #150

IMPRESSUM Verlag Intro GmbH & Co. KG, Oppenheimstraße 7, 50668 Köln Fon +49 221 949930, Fax +49 221 9499399 verlag@intro.de, vorname.nachname@intro.de, www.intro.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann Director Publishing & Projektleitung Intro Martin Lippert Director Brand & Media Cooperations David Winter Chefredakteur Daniel Koch (V.i.S.d.P.) Stellv. Chefredakteur Wolfgang Frömberg Artdirector Holger Risse

Covergeschichte: Ja, feiern die bei Intro denn nichts als

Jubiläen? Klar, denn was sich damals schon bewährte, kann auch heute nicht verkehrt sein: Im Juni 2007 wurde die 150. Ausgabe begossen. Mit Tocotronic auf dem Cover – gebettet auf rosa Torte mit viel Luftschlange und Konfetti. Storys: Dúné / Two Gallants, Jeremy Walmsley / Biffy Clyro, Tocotronic, Lesbians On Ecstasy, The Pigeon Detectives, Miss Platnum, Apparat, Panda Bear, Voxtrott, Ash, The Horrors, Shout Out Louds, Muff Potter / Turbostaat / Same Same But Different, Queens Of The Stone Age, Rufus Wainwright, Hot Chip, Justice Wichtige Alben: Apparat »Walls«, Simian Mobile Disco »Attack Decay Sustain Release«, Shout Out Louds »Our Ill Wills«, Digitalism »Idealism«, The National »Boxer« Platten vor Gericht: Sieger: Von Südenfed – 8,19 / Letzter: Abwärts – 2,07 Besondere Vorkommnisse: Ein Interview mit Katz und Gold klärt auf, wie all die Penisse Einzug ins Intro finden: »Wenn man in dieser Zeitung [gemeint ist Die Zeit] auch nur den Hauch einer Erektionsbeule […] einbaut, gibt es gleich körbeweise Abokündigungen und Leserbriefe. Das ist lästig, so verbraten wir die Penisse in Intro, da schreibt nämlich niemand Leserbriefe, und Abokündigungen gibt es auch keine, da das Heft ja gratis überall rumliegt.« Schlagzeile des Monats: Damien Hirst präsentiert einen diamantenbesetzten Totenkopf, geschätzter Wert: 75 Millionen Euro +++ Luftmessungen in Rom ergeben fünfmal höhere Kokain- und Haschisch-Konzentrationen als zulässig +++

Stellv. Artdirectorin Frederike Wetzels Redaktion Senta Best (Textchefin, #Life), Frederike Ebert (#Style), Kristina Engel (Lektorat), Wolfgang Frömberg (#Kultur), Daniel Koch (#Pop), Christian Steinbrink (CvD, #Review), Şermin Usta, Frederike Wetzels (Foto) Live-Redaktion Thomas Lorber, Henrike Schröder (Volontariat), Carsten Schumacher Layout Jörn C. Osenberg (osi) Online- & News-Redaktion (news@intro.de) Julia Brummert, Philip Fassing (Leitung Produktentwicklung), Bastian Küllenberg (Leitung Social Media) Terminredaktion termine@intro.de Texte Lena Ackermann, Aida Baghernejad, Hannah Bahl, Kristof Beuthner, Jan Bojaryn, Annett Bonkowski, Andreas Brüning, Dominik Bruns, Sascha Ehlert, Carlotta Eisele, Rami Eiserfey, Valentin Erning, Lars Fleischmann, Lisa Forster, Dennis Freischlad, Marco Fuchs, Nina Gierth, Steffen Greiner, Claudius Grigat, Elisabeth Haefs, Henrik Hamelmann, Patrick Heidmann, Nils Herrmann, Mark Heywinkel, Salwa Houmsi, Ulf Imwiehe, Paula Irmschler, Sebastian Jegorow, Madleen Kamrath, Franziska Knupper, Kerstin Kratochwill, Mario Lasar, Julia Maehner, Konstantin Maier, Jan Martens, Mathias Meis, Nadja Neqqache, Sarah Neuhaus, Laura Nürnberger, Katja Peglow, Olaf Radow, Verena Reygers, Henje Richter, Philipp Röttgers, Christian Schlodder, Simone Schlosser, Kira Schneider, Leonie Scholl, Michael Schütz, Silvia Silko, Hanno Stecher, Christian Steigels, Till Stoppenhagen, Thorsten Streck, Gabriele Summen, Karola Szopinski, Klaas Tigchelaar, Tobias Tißen, Stephan Uersfeld, Nisaar Ulama, Oliver Uschmann, Annette Walter, Timo Weber, Jan Wehn, Liz Weidinger, Michael Weiland, Kai Wichelmann, Katrin Wiegand, Gregor Wildermann, Marius Wurth, Louisa Zimmer Coverfoto Peter Kaaden Illustrationen Peter Hoffmann, Alexandra Ruppert Fotos Jörg Brüggeman, Carmen Catuti, Lea Franke, Dennis Freischlad, Jakob & Hannah, Peter Kaaden, Livia Kappler, Svenja Trierscheid, Miriam Marlene Waldner, Jan Philip Welchering und Pressebildfreigaben Personal & Organisation Rebecca Wast (Leitung), Anika Winter PraktikantInnen Helen von Daacke, Lea Franke, Viviane Marie Philipps, Felix Schönberger, Nils Schlechtriemen, Svenja Teitge Vertrieb Dominik Raulf (Leitung – Fon +49 221 9499341) Abo Moritz Tontsch (abo@intro.de) Brand & Media Cooperations Büro Köln Fon +49 221 94993-Durchwahl: David Winter (Leitung) -63 (Media & Marken & Digital), Martin Lippert -17 (Musik, Film, Marken), Sabrina Esser -33 (Marken & Media), Kathrin Marion Fischer -75 (Digital Sales), Geraldine Schleder -19 Büro Berlin Fon +49 30 4036705-Durchwahl: Sebastian F. Dudey -11 (Live Entertainment & Kleinanzeigen) Auftragsannahme & Administration Eva Sieger (Leitung) -14, Florian Schuster -16 Fax +49 221 9499388 Aktuelle Anzeigenpreisliste Mediadaten 2017 (Nr. 27 aus 11/2016) Download Mediaunterlagen hoerstmann.de/mediadaten Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G., BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900

Das Sommerloch ist zumindest in den Plattenläden noch nicht in Sicht. Damit ihr nicht den Überblick verliert, wer wann ein neues Album veröffentlicht, findet ihr auf intro.de/plattenvorschau eine sehr penibel geführte Liste zukünftiger Veröffentlichungen. Eine Antwort auf die Frage, wann das neue Casper-Album kommt, gibt’s da allerdings auch nicht.

Wie jeden Monat haben wir erst das #Pop-Ressort und danach das Internet vollgeschrieben. Auf intro.de findet ihr viele weitere Features und Interviews, zum Beispiel ein Gespräch mit Dan Auerbach (Foto), einen Plausch mit Tobias Jundt von Bonaparte und ein Date mit Greg Gonzalez von Cigarettes After Sex – bald erscheint endlich das Debütalbum.

Termine für Nr. 254 / Juli/August 2017: Redaktionsschluss: 08.06.2017; Termin- & Anzeigenschluss: 16.06.2017; Druckunterlagenschluss: 20.06.2017; Erscheinungstermin: 03.07.2017 Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen IVW-geprüfte Auflage & Verbreitung I. Quartal 2017 Druckauflage: 75.586 / verbreitete Auflage: 73.139 (Durchschnittszahlen) Bezugsquellen Erhältlich an 1.177 Auslagestellen im gesamten Bundesgebiet sowie im Abonnement Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, 100% Altpapier. Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos!


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Angesichts dieses Motivs ist völlig klar, worum es Roger Ballen und Asger Carlsen in ihrer Ausstellung »No Joke« im FOAM geht: um die menschliche Psyche, speziell deren düstere Abgründe. Die Umsetzung ist dem Duo recht kreativ gelungen. Überprüfen kann man das noch bis zum 27. August in Amsterdam.


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Eine wahre Fusion der Künste führt die Niederländerin Margriet Smulders noch bis zum 24. Juni in ihrer Ausstellung in der Münchner Galerie Jordanow vor: Ihre Fotografien wirken bewusst wie gemalte Stillleben inszeniert und sind von klassischer Literatur und Lyrik geprägt. Gegen diesen furiosen Eklektizismus sieht der schlichte Crossover aus Rap und Metal ziemlich alt aus.


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Für ihre aktuell in der Contact Gallery in Toronto laufende Ausstellung »Pacifier« hat sich die Fotografin Petra Collins ein recht naheliegendes Konzept ausgedacht: Sie zeigt ihre weit verstreut lebende Familie. Wer die kennenlernen möchte, hat noch bis zum 23. Juni die Gelegenheit dazu.


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#Kultur #Sarah Khan

Sarah Khan

DIE WELT UNTER DER LUPE #Kultur — Für ihren neuen Story-Band hat sich Sarah Khan tief in die Welt der eBayKleinanzeigen begeben. Fesselnd erzählt sie von Besuchen in fremden Wohnzimmern und von den Dingen, die sie dorthin geführt haben. Wolfgang Frömberg verriet sie, dass ihre Geschichten auch einem ­Kindheitstraum entsprechen. Foto: Livia Kappler

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ls Kind wollte ich Detektivin werden und habe mir mehrfach das Yps-Magazin mit dem Detektivgürtel gekauft. In der Schule wurde ich ständig ausgelacht, wenn man mich fragte, was ich am Wochenende gemacht habe. Weil ich dann erzählte, dass ich in der Stadt war und fremden Leuten nachgelaufen bin, um zu sehen, wohin sie gehen.« Sarah Khan hat sich ihre Neugier bewahrt. Zuletzt setzte sie sich in »unheimlichen Geschichten« mit Berliner Gespenstern und in einem langen Essay mit dem Arzt aus der S­ erie »Dr. House« auseinander. In Khans neuem Band »Das Stammeln der Wahrsagerin« ­stecken lauter Detektivgeschichten. Gewissermaßen. Zwei Jahre lang hat sie sich mit dem eBay-Kleinanzeigenmarkt beschäftigt. Sie nennt ihn eine »Geschichtenmaschine«, was auf einen Hang zum magischen Realismus schließen lässt. Jedenfalls deutet die 1971 in Hamburg geborene Schriftstellerin damit an, dass sie nicht einfach durch Schlüssellöcher schauen wollte, sondern andere Wahrheiten suchte. So dreht sich das Buch weniger um spektakuläre Begebenheiten und dramatische Schicksale als vielmehr um Fragen nach der Herkunft und Herstellung von Geschichten und Biografien – auch solchen, die, statt erzählt zu werden, durch die Welt spuken, bis sie zum Leben erweckt werden. Bei ihren Recherchen stieß Khan etwa auf die Figur des Tierpflegers »Affen-Walter«. Sie erfuhr, dass die junge Chanson-Sängerin Mireille Mathieu sich wie viele andere Prominente mit Walter und dessen Menschenaffen hatte ablichten lassen. Die Aufnahmen zu

Mathieus Single »Akropolis Adieu« in Berlin waren ins Stocken geraten, und ihr Plattenlabel ließ zunächst ein Buffet mit Oliven und Zaziki auffahren, um die Französin zu inspirieren, auf Deutsch einen griechisch angehauchten Schlager zu singen. Echt jetzt? Nö, das Buffet hat Khan erfunden. Es passt allerdings genau in die Atmosphäre der Bundesrepublik, die sie in »Der Affenwärter von Westberlin« anhand historischer Fakten heraufbeschwört. Als literarische Detektivin schlüpfte Sarah Khan in verschiedene Rollen: Psychologin, Historikerin, Spaziergangswissenschaftlerin, Schauspielerin. Sie habe sich für die zeitgenössische Kleinanzeigenlyrik, das Biografische dahinter und auch für die inserierten Dinge selbst interessiert, erklärt sie. In den übrigen Storys geht es unter anderem um ein sprechendes Sofa, ein ungetragenes Brautkleid

»Wer keinen zusammen­ hängen­den Satz schreiben kann, muss sich gar nicht erst melden.«

und eine umfangreiche Pferdebuchsammlung. Die Autorin nahm die fremden Angelegenheiten durchaus persönlich. Sie beobachtet sich mitunter selbst beim Schreiben und berichtet von gescheiterten Geschichten. Nebenbei liefert sie manch süffisante Antwort auf schräge Annoncen. Eine schloss mit den Worten: »Wer keinen zusammenhängenden Satz ­schreiben kann, muss sich gar nicht erst melden.« Weil die wunderbare Geschichtenerzählerin mehr als nur einen zusammenhängenden Satz schreiben kann, hat sie es natürlich getan. — Sarah Khan »Das Stammeln der Wahrsagerin. Unglaubliche Geschichten hinter Kleinanzeigen« (Suhrkamp; 174 S.; € 12,95)


#Abo

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Die Abo-Prämien, empfohlen von Intro Danny Boyle T2 Trainspotting (Standard-Blu-ray)

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#Pop #Woman

Woman

BIG CITY LIFE #Pop — Die Kölner Band Woman versucht das Leben in der Großstadt zu ergründen – mit all seinen Ambivalenzen und Unsicherheiten. Darum geht es nicht nur auf »Happy Freedom«, dem Debütalbum des Trios, sondern auch im Gespräch mit Marius Wurth. Foto: Frederike Wetzels

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as Epizentrum des hippen, geschäftigen Kölns. In der hintersten Ecke des Salon Schmitz in der Aachener Straße dröhnen die Gespräche der anderen Gäste recht laut. Der Ort hat für Woman eine historische Bedeutung: Im Keller des Cafés hatte vor Jahren das erste Konzert der Band stattgefunden, bevor sie im letzten Jahr zwar ohne Album, dafür aber mit unheimlichem Groove im Gepäck die ganzen wichtigen Indie-Festivals eroberten: Melt, Reeperbahn Festival, Appletree Garden, Haldern Pop. Vielleicht auch aus einem wohligen Gefühl der Heimkehr geht es direkt in die Vollen: »Hier sitzen vielleicht 100 Menschen, und ich würde behaupten, davon kennen wir schon 20 oder 30. Man sieht sich andauernd; aber redet man eigentlich miteinander? Weißt du wirklich, wie es dem anderen geht?« fragt Carlos Hufschlag, Sänger und Gitarrist der Band. Bei Woman geht es also um die alten, aber immer noch aktuellen Großstadt-Themen: fehlende Geborgenheit, die Suche nach Identifikation, einschneidende Anonymität und unerfüllte Versprechungen. »Happy Freedom« heißt das Debüt des Trios, und schon der übertrieben hoffnungsfrohe Albumname konterkariert ausgiebig das bekannte städtische Heilsversprechen. »Die Stadt wird immer als guter Ort zum Leben für junge Menschen romantisiert. Das stimmt zwar; es gibt jedoch auch eine andere Seite«, konstatiert Manuel Tran, ebenfalls Sänger und Keyboarder und zusätzlich noch an der Gitarre tätig.

»Die Stadt wird immer als guter Ort zum Leben für junge Menschen romantisiert. Das stimmt zwar; es gibt jedoch auch eine andere Seite« Aufgenommen wurde das groovig-eingängige Potpourri aus Disco, R’n’B, Funk, Electro-Pop und Soul nicht in Köln, sondern in einer anderen Großstadt: Wien. Die Band begab sich zweieinhalb Monate in das Studio von Bilderbuch-Produzent Zebo Adams: »Durch die Isolation und das fehlende soziale Netzwerk in Wien haben wir eine andere Perspektive eingenommen und dadurch viel bewusster

gearbeitet«, sagt Manuel. Überhaupt sollte man die Probleme, Gefühle und Themen des Albums nicht auf Köln, Wien oder eine andere Stadt reduzieren. Auch die erste Single »Marvelous City« ist weder Anklage noch Huldigung einer dieser Städte, wie Carlos erläutert: »Es geht um die Konfrontation mit der Realität und dass man plötzlich beginnt, die Konstruktion der eigenen Person und der persönlichen Ziele zu hinterfragen. Und die Unsicherheit, die daraus entsteht.« Bei Woman dreht sich also vieles um abstrakte Gefühlszustände, in denen man verletzbar und von Zweifeln geplagt ist oder wenigstens über die eigene Lebenssituation nachdenkt. Wie zum Beispiel die Situation, in einem hippen, geschäftigen Café ziemlich viele Leute zu kennen, aber mit niemandem wirklich reden zu können. — Mehr Interview auf intro.de — Woman »Happy Freedom« (Jakarta / Rough Trade) — Auf Tour vom 08.06. bis 18.08.



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#Pop #Elif

Elif

REBELLION IST FAMILIENSACHE

oder Verschweigen von Dingen innerhalb der Familie – alles hat seine Bedeutung und sein Gutes in ihrem Kosmos. Selbst die Teilnahme bei einer Castingshow, in der die damals 16-Jährige den zweiten Platz belegte, brachte ihr Glück und nicht wie bei anderen die ewige Stigmatisierung als gecastete Sängerin. Es waren ihre ersten Schritte ins Popgeschäft, erklärt Elif, auch wenn von vornherein klar war, dass das nicht die richtige Richtung sein würde. Ihr #Pop — Im Zentrum von Elifs aktueller Pfad führte sie wieder in die Arme ihSongs stehen Beziehungen – zu rer Eltern, zurück zu ihren Wurzeln, obwohl sie

ihren Eltern, zum Ex-Freund und zum eigenen Ich. Şermin Usta sprach mit der 24-jährigen Berlinerin und ehemaligen »Popstars«-Finalistin über deren zweites Album »Doppel­ leben«. Es ist ein süßes Gemisch aus melancholischem Chanson, deutschem Pop und orientalischen Melodien. Foto: Svenja Trierscheid

E

s ist ein reizvoller Gedanke, seinen Nachwuchs nach den eigenen Idealen zu formen. Aber was tut man, wenn das nicht funktioniert und die Kinder es schlicht besser wissen? Wenn sie ihren eigenen Weg gehen, der unsicher ist und so gar nicht der eigenen Vorstellung entspricht? »Ben böyleyim – Ich bin so wie ich bin«, erklärt Elif mit klarer, warmer Stimme auf der ersten Single ihres neuen Albums, über dem sie knapp drei Jahre gebrütet hat. »Doppelleben« klingt aus dem Mund einer deutsch-türkischen Singer/Songwriterin nach Parallelwelt und strenger Erziehung wegen vermeintlich kultureller Verhaltensnormen, während sich außerhalb des geliebten Elternhauses ein anderes Leben abspielt. Ein heikles Thema in Zeiten wie diesen: »In türkischen »Ich habe Familien geht es häufig darum, was andere irgendwann über sie denken. Aus gemerkt, dass diesem Grund fehlt ich bei meinen vielen Jugendlichen liebsten Mendie Unterstützung, der Mut, Dinge auch schen nicht durchzuziehen. Ich mehr die sein habe irgendwann ge- konnte, die ich merkt, dass ich bei bin. Deshalb meinen liebsten Menschen nicht mehr die musste ich sein konnte, die ich ausbrechen.« bin. Deshalb musste ich ausbrechen.« Eine wohlerzogene Rebellin und genaue Beobachterin, deren Erzählungen sich an kleinen Begebenheiten und eher unscheinbaren Dingen entzünden. Das Ende einer Beziehung

das niemals gedacht hätte: »Ich wollte, dass die Melodie und die Bildsprache etwas Türkisches haben. Obwohl ich privat nicht viel türkische Musik höre, mag ich das dadurch transportierte Gefühl.« Als melodisch, deskriptiv und manchmal etwas überemotional könnte man türkische Popsongs beschreiben – so wie Elif es auch in ihrer eigenen Musik mag. Kann sie Böhmermanns Persiflage des deutschen Pop nachvollziehen? »Es gibt viele Entertainer, die behaupten, Künstler zu sein, aber herzlos an ihre Musik herangehen. Was nichts damit zu tun hat, dass sie im Team zusammenarbeiten. Man muss als Künstlerin immer darauf achten, sich nicht für alles und jeden herzugeben. Ich hoffe, dass Dinge wie Böhmermanns Persiflage Platz für die Künstler schaffen, die es ernst meinen.« — Elif »Doppelleben« (Vertigo Berlin / Universal) — Auf Tour vom 03.09. bis 06.10.


Y P R O M OT I O N

Eine Generation weiter: Mehr Vielfalt im Nachtleben

SKYY Vodka präsentiert die Diversity-Fotostrecke des Fotografen Vitali Gelwich

Stellung beziehen, gesellschaftliche Normen hinterfragen und mit kreativen Denkweisen verändern: Seit Jahren bezieht SKYY Vodka mit seiner offenen und toleranten Haltung Stellung gegenüber gesellschaftlich relevanten Themen, wie zuletzt während der »Marriage-Equality«-Kampagne in den USA. Auch in Deutschland unterstützt SKYY Vodka vielfältige Projekte im Rahmen der »Eine Generation weiter«-Reihe, die sich in diesem Jahr der »Vielfalt im Nachtleben« widmet. Den Auftakt dieser Reihe eröffnet die Zusammenarbeit mit dem Fotografen Vitali Gelwich. Gemeinsam mit SKYY Vodka entstand eine herausragende Diversity-Fotostrecke. Portraitiert wurden junge Kreative, die mit ihrer Arbeit das bunte, urbane Nachtleben bereichern und prägen. Im Laufe des Jahres werden weitere Diversity-Projekte in Kooperation mit namhaften Partnern stattfinden. Ganz nach dem Motto: »Vielfalt liken statt haten« feiert SKYY Vodka mit »Eine Generation weiter« die Vielfalt im Nachtleben - unabhängig von Herkunft, Sexualität oder Geschlecht. Allein das gemeinsame progressive Denken zählt! Für die Diversity-Fotostrecke inszeniert der junge Fotograf Vitali Gelwich mit seiner provokativen Bildsprache aufstrebende, kreative Menschen innerhalb ihres Lebensumfeldes, die aufgrund persönlicher Erfahrungen, ihres Backgrounds und ihrer Einstellung die Vielfalt einer heterogenen Gesellschaft authentisch wiedergeben.


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#Pop #Kultur #Life

Lola Marsh

»LASST UNS JEDEN TAG PERFORMEN!« #Pop — Touren, jede Menge Fans und dazwischen immer wieder Jetlags – Lola Marsh müssen sich gerade ein bisschen kneifen. Das Debütalbum des Duos aus Tel Aviv ist endlich reif für die Öffentlichkeit und bezaubert mit verheißungsvollem, versonnenem Pop. Yael und Gil standen Kira Schneider Rede und Antwort über ihr neues Leben als Indie-Darlings. Nach all dem Buzz um euch wird nun endlich euer Album veröffentlicht. Was bedeutet Lola Marsh für euch? Gil: Ich gehe mit Lola Marsh im Kopf ins Bett

und wache damit auch wieder auf. Ich glaube, diese Band ist meine Bestimmung. Als ich Yael traf, wusste ich, dass wir das durchziehen müssen. Ich habe so fest daran geglaubt. Yael: Es war eine lange Reise. Ich hab erst mit Gil begriffen, dass ich genau das hier machen will. Welche Acts inspirieren euch? Y: Viele. Manche haben wir sogar schon getrof-

fen, was wahnsinnig aufregend war – Tame Impala zum Beispiel. Die Shows sind so gut, und der Sound ... ach, einfach alles. G: Da gibt es noch so viele – The xx ... Y: ... Cat Stevens, Bon Iver. Und Oldies – Elvis, ich liebe ihn.

Gibt es einen Ort, der einen bleibenden Eindruck bei euch hinterlassen hat? Y: New York. Es ist unglaublich, da kannst du

an jeder Straßenecke stehen bleiben und rufen: »Oh mein Gott, das hab ich in ›Sex And The City‹ gesehen!« G: Ich bin dort mal die Straße runtergelaufen und hörte gerade Simon & Garfunkels »Bleecker Street«, dann schaute ich hoch und stellte fest, dass ich gerade tatsächlich auf der Bleecker Street bin. So was passiert dir in Tel Aviv nicht.

Ihr seid noch so jung und startet gerade durch. Woher kommt all die Nostalgie und Melancholie in euer Musik? G: Ich bin immer nostalgisch. Y: Wir sind nicht nur nostalgisch, wir sind

dramatisch nostalgisch. Gil und ich sind alte Seelen. Wir mögen unseren Optimismus mit Eurer Facebook-Seite nach zu urteilen, einem Schuss Trübsal. spielt ihr fast jeden Tag live. Wie ist das? Y: Ganz schön anstrengend, aber wir lieben

es. Wirklich, lasst uns jeden Tag performen, und wir tun es!

— Mehr Interview auf intro.de — Lola Marsh »Remember Roses« (Barclay / Universal / VÖ 09.06.17) — Intro empfiehlt die Tour vom 23. bis 28.10.

Minderheitenquartett #Kultur — Die Zeiten für Minderheiten waren auch schon mal besser. Anstatt zu resignieren, kann man die derzeitigen Zustände am besten mit bitterem Humor ertragen – und sich das Minderheitenquartett zulegen. In der Spielanleitung heißt es: »Ziel des Spiels ist es, so viele Minderheiten wie möglich mundtot zu machen und mit schmutzigen Tricks zur Integration zu zwingen.« Wie im richtigen Leben also! Gibt’s bei minderheiten-quartett.de.


#Life — Cover-Kitchen

The Velvet Underground & Nico

Für »The Velvet Underground & Nico« eine Banane ein paar Tage lang liegen lassen, bis sie braune Flecken aufweist. Ihr habt auch Ideen für Cover, die man mit Essen nachstellen kann? Her damit! Schickt einfach eine Mail mit dem Betreff »Coverkitchen« und eurem Vorschlag an verlosung@intro.de. Wir wählen aus, kochen nach und versorgen den Gewinner mit einem Überraschungspaket mit aktuellen Alben und Filmen.

»Du«

»Leben« »Lachen«

Alle Wörter auf dem neuen HeleneFischer-Album

TOM ODELL MILKY CHANCE SHOUT OUT LOUDS

AMANDA PALMER & EDWARD KA-SPEL VON WEGEN LISBETH. RY X

BUKAHARA. THE SLOW SHOW

GIANT ROOKS. HELGI JONSSON & TINA DICO

»Herz« Rest

»Oh, Oh, Oh« »Ah, Ah, Ah«

FIL BO RIVA. JESPER MUNK. KILIANS. HONIG (SOLO) & FREUNDE WHY?. LUBOMYR MELNYK. FEDERICO ALBANESE GURR .MARIO BATKOVIC. MAMMAL HANDS. THE LYTICS LEIF VOLLEBEKK. HOLLOW COVES. U.V.A.

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#Life #Pop

Tweet des Monats

Das Unbehagen in den Städten #Life — Der Illustrator Peter Hoffmann hält absurde Szenen fest, die wahrscheinlich in jeder Großstadt vorkommen.

»Wir kriegen ständig Anfragen von Fans, ob sie auf der Bühne während eines Konzerts einen Heiratsantrag machen können. Das ist ziemlich verrückt. Noch mehr Leute erzählen uns aber, dass sie zu unserer Musik Sex haben, was wiederum ziemlich cool ist.« Cigarettes After Sex (Interview auf intro.de)

Zwei wie ihr, die dürfen sich nie verlieren

Claptone

Briqueville


ETHAN HAWKE

CARMEN EJOGO TORONTO INTERNATIONAL FILM FESTIVAL

FILMFEST MÜNCHEN

Anathema

DURCH DIE NACHT MIT PINK FLOYD #Pop — Die Briten Anathema starteten als Death-Metal-Band, mittlerweile fühlen sich aber mit einem atmosphärischen, intelligenten Alternative-Sound wohler. Über die Entstehung ihres neuen Albums »The Optimist« hat sich Tobias Tißen mit Leadgitarrist und Hauptsongwriter Danny Cavanagh unterhalten.

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ls ich Danny Cavanagh in seiner englischen Heimat anrufe, hat er schon einen ausführlichen Interview-Marathon hinter sich – ich bin der Letzte, der ihn an diesem Tag befragen darf. Dennoch wirkt er gut gelaunt und schickt unserem Gespräch vorweg: »Ich habe zwei Jahre keine Interviews gegeben, hatte genug von all dem Stress. Doch jetzt, mit dem neuen Album in der Tasche, freue ich mich endlich wieder darauf.« Stolz, fast enthusiastisch erzählt er von der neuen Platte: »Die Songs sind deutlich düsterer und mysteriöser. ›The Optimist‹ ist ziemlich komplex und wird viele überraschen.« Als wir auf den Entstehungsprozess des Albums zu sprechen kommen, ist der Hauptsongwriter von Anathema schließlich nicht mehr zu bremsen: »Irgendwann kam die Idee auf, eine durchgängige Geschichte zu erzählen. Ich habe dann überlegt, worum es sich drehen könnte, und mir kam die Idee von einem Mann, der ein Auto durch die tiefe Nacht steuert und somit versucht, seiner

Vergangenheit zu entfliehen.« Doch ebenso wie die Musik des Albums sind auch die Texte dahinter vielschichtig und komplex, wie Danny ausführt: »Es ist nicht die Geschichte irgendeines fiktiven Mannes, vielmehr ist der Protagonist eine Metapher. Er ist ein Surrogat für uns, für unsere eigenen alltäglichen Probleme, die wir hinter uns lassen wollen. Meines Wissens sind die Letzten, die so etwas gemacht haben, Pink Floyd mit ›The Wall‹ – Roger Waters projizierte dort ebenfalls seine eigenen Erfahrungen auf einen symbolischen Charakter. Wir können und wollen uns nicht mit ihm und Pink Floyd messen, aber hinter beiden Alben steckt dieselbe Idee.«

„Ethan Hawke war noch nie besser“ Empire

„Jazzlegende Chet Baker wird wieder zum Leben erweckt“ Rolling Stone

— Mehr Interview auf intro.de — Anathema »The Optimist« (Kscope / Edel / VÖ 09.06.17) — Auf Tour vom 19.10. bis 16.11.

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Ab 8. Juni im Kino


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#Style #Pop #Life

Gadget des Monats

Kassettenspieler von Elbow #Style — Der Vinylboom ist schon so lange heiß, dass Retrohipster sich langsam mal dem Tape-Revival zuwenden sollten. Events wie der International Cassette Store Day leisten bisher schon gute Vorarbeit, doch dieses Gadget hebt das Kassettenhören auf ein ganz neues StyleLevel: Das Team von Elbow – das übrigens nix mit der Band zu tun hat – baut gerade diesen feschen Tape-Player. Er reduziert den Walkman aufs Nötigste, damit das Tape als »cultural icon« am Gürtel sichtbar wird. Alle Infos gibt es auf elbow.co.nef.

Food

Pilzbox für den Hausgebrauch #Life — Diese wunderschön wuchernden Pilze mit Box gibt es bei den Schweizern von pilzbox. ch. Die haben ein Bio-Gourmetpilz-Growkit entwickelt, mit dem jeder unter die Pilzzüchter gehen kann. Dafür braucht es lediglich ein bisschen Tageslicht, viel Feuchtigkeit und etwas Aufmerksamkeit. Aber auch die hält sich in Grenzen: Nach Aufschneiden der Box muss man die Öffnung lediglich zweimal täglich mit der beigelegten Sprühflasche benetzen. Das klappt auch ohne grünen Daumen!


P R O M OT I O N

Every Day We Make It, We’ll Make It The Best We Can

JACK DANIEL’S MACHT DEN FESTIVAL-SOMMER NOCH BESSER

TOP 7 HIDDEN TRACKS #Pop — Auf einer CD machen Hidden Tracks einfach am meisten Spaß. Seitdem sich Songs allerdings in Nullkommanix im Internet suchen lassen, sind sie ein wenig in Vergessenheit geraten. Deshalb gibt’s an dieser Stelle eine Liste unserer liebsten versteckten Songs. Texte: Daniel Koch 01 Jarvis Cocker Cunts Are Still Running The World

05 Beach House Wherever You Go

Mr. Pulp war seiner Zeit mal wieder voraus, als er die gallige Hymne auf die »cunts«, die unseren Planeten vor die Wand fahren, 2006 auf seiner MySpace-Seite veröffentlichte. Später versteckte er sie auf seinem Soloalbum »Jarvis«. Den Song kann man heutzutage fast täglich zur Zeitungslektüre aufdrehen.

Während andere Bands oft halbgeiles Zwischenmaterial nutzen, um auf Albumlänge zu funktionieren, hauen Victoria Legrand und Alex Scally auf ihrem vierten Beach-HouseAlbum »Bloom« einfach am Ende einen Hidden Track raus: Dieses verhallte Glanzstück hätte auch als Opener getaugt. Classic Beach House möchte man fast sagen.

02 Amy Winehouse Brother

07 Nick Cave & The Dirty Three Time Jesum Transeuntum Et Non Riverentum

Auf Amys Debütalbum »Frank« passierte nach dem letzten Song noch eine ganze Menge: Auf das Outro folgen gleich zwei Bonustracks. »Brother«, der bessere der beiden, ist eine jazzige Ballade über ihren Bruder und großartig gesungen. Einzig das schräge, fast schon unrhythmische Schnipsen und der seltsame Chorrefrain nerven.

Ein schwarzes und besonders schwer zu findendes »Easter Egg«: Man hört die eher gesprochene als gesungene Ballade auf dem CD-Sampler »Songs In The Key Of X«, wenn man diesen bei Track 1 startet und dann zurückspult. Die Reise ist’s wert, denn die seufzende Geige und der croonende Cave sind einfach eine unschlagbare Kombination.

03 Nirvana Gallons Of Rubbing Alcohol Flow …

06 Eins Zwo Es ist nicht so wie du denkst

Schon auf »Nevermind« konnte man sich über das versteckte »Endless, Nameless« freuen. Auf »In Utero« bescherten uns Nirvana dann das herrlich angesoffene »Gallons Of Rubbing Alcohol Flow Through The Strip« – ein siebeneinhalbminütiges schleppendes Jammen, das von aggressiven Ausbrüchen durchsetzt ist. Der Track wurde 1993 während einer Session in Brasilien aufgenommen.

Es ist die Dreingabe zum Debütalbum »Gefährliches Halbwissen« und auch so ein Song, der in Sachen Qualität und Sprichwortverdreherei mit den regulären mithalten kann. Da wird munter »die Chinesische Mauer getaggt« und die »konsequente Nichtbeachtung imaginärer Keuschheitsgürtel« zelebriert, alles unter Dendes Ansage: »Ich will Platten verkaufen und nicht mich selbst.«

04 The Beatles Her Majesty Dieser McCartney-Song gilt als frühes Beispiel eines Hidden Tracks und ist mit seinen 23 Sekunden der kürzeste im Beatles-Oeuvre. Auf »Abbey Road« folgt er auf »The End«, ist aber auf dem Album nicht gelistet und war ursprünglich auch gar nicht dafür vorgesehen. Es sei »typical Beatles – an accident« gewesen, erklärte McCartney später.

Seit Jahren ist der gute, alte JACK DANIEL’S bei Rock im Park und Hurricane am Start. Dieses Jahr perfektioniert er für die Festivalfans auch das MS Dockville. Sie erleben hier interaktiv die Herstellung des »Old No. 7«. Dank VR-Brille unternimmt man in 360 Grad einen Kurztrip nach Lynchburg und ist hautnah dabei, wie richtig guter Whiskey hergestellt wird. Wer dabei noch mit anpackt, kann das ikonische T-Shirt und andere der stilprägenden Jack-Items mit nach Hause. Dann noch einen Jacky Cola und das Festival ist perfekt!


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#Pop #Style

Modelabel des Monats

FORM OF INTEREST

!!! (Chk Chk Chk)

5 Dinge die ich liebe, andere aber hassen

»Ich kenne tatsächlich viele Leute, die keinen Döner mögen. Ich liebe ihn allerdings und esse neben dem deutschen Kebap vor allem auch gern französischen.«

#Style — »We are the daughters of the witches you didn’t burn«, lautet der Titel der neuen Kollektion von Form Of Interest. Auf charmante Weise verweist er auf das in der Modewelt gerade omnipräsente Trendthema Feminismus, kommt aber ohne »Female Future«-Plakativismus aus. Hinter Form Of Interest steckt Jessica Dettinger, die sich 2014 mit eigenem Label selbstständig gemacht hat und seitdem meist unförmige Unisex-Mode kreiert. »Mein Bestreben ist das radikale Hinterfragen von Normen und bestehenden Systemen«, sagte die Designerin 2015 in einem Interview. Asymmetrie und Oversized-Silhouetten sind der Look des Labels, Dettingers Design stellt klassische Schönheitsnormen und konventionelle Genderbegriffe spielerisch infrage. Ihre Stücke entstehen in einer kleinen Münchener Maßschneiderei, die Stoffe stammen alle aus europäischer Produktion.

— !!! »Shake The Shudder« (Warp / Rough Trade)

— formofinterest.tictail.com.

#Pop — !!!-Frontmann Nic Offer nahm sich die Zeit, Celia Woitas seine fünf Guilty Pleasures zu verraten. 01 Walk Of Shame »Es ist einfach großartig, wenn man nach der letzten Nacht noch total besoffen und heruntergekommen seinen Weg nach Hause sucht.«

02 Charts-Pop »Es gibt nichts Schlimmeres als Popmusik, die nicht einprägsam und mitreißend ist. Deswegen höre ich sehr gern Mainstream-Pop wie Ariana Grande, Taylor Swift und Bruno Mars.«

03 Die Musical-Verfilmung zu »Chicago« »Alle, die ich kenne, hielten die Verfilmung für totalen Mist. Ich war gefühlt der Einzige, der davon komplett begeistert war und sich den Film um die fünf Mal angesehen hat.«

04 Neue Computersynthesizer »Oldschool ist bekanntlich auch in der Musik totaler Trend, deswegen nutzen die meisten Musiker alte Synthesizer. Ich finde neuere Computersynthesizer klanglich viel schöner.«

05 Kebap

Ein tri tt fre i!

Berlin

Hamburg

Juni, Juli, August · 18–20 Uhr · 3 Künstler à 30 Minuten Alice Merton, AVEC, Nosoyo, Sarah Lesch, Lasse Matthiessen, Bender & Schillinger, Lilly Among Clouds, Meadows … u.v.a.

kesselhaus.net ·

/Kesselhausacoustics · Knusthamburg.de ·

/knustacoustics


„WUNDERSCHÖN “ Die Zeit

»Touren ist für mich harte Arbeit. Spaß habe ich im Studio, nicht auf der Bühne. Live-Spielen ist immer noch das ständige Wiederholen von Sachen, die du Jahre zuvor geschrieben hast. Es ist total krank, so etwas zu tun! Erst recht, wenn du diese Reaktionen und das Gefühl des Publikums nicht brauchst – wie ich.«

„EIN LEISES MEISTERWERK “ FAZ

„HINREISSEND “ Der Spiegel

Dan Auerbach — Das ganze Interview auf intro.de — Dan Auerbach »Waiting On A Song« (Nonesuch / Warner / VÖ 02.06.17)

Ein schöner Zusammenprall von Kunst im öffentlichen Raum und Werbung für ein wirklich gutes Album: Kendrick Lamars »Damn.«. Gesehen in dessen Heimatstadt Los Angeles. Wo auch sonst?!

Ab 9. Juni auf Blu-ray, DVD und digital


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#Pop

Aldous Harding

LIEBE L MACHT ANGST

iebe ist Angst einflößend, wenn sie kommt, und Angst einflößend, wenn sie wieder geht«, sagt Aldous Harding, während sie an ihrem Wodka-Soda nippt. Die 26-Jährige ist guter Dinge: Während die Aufnahmen für ihr erstes Album noch gekennzeichnet waren von Unsicherheit und Düsternis, ruht sie jetzt in sich selbst. Woher dieser Wandel? »Ich habe mich verliebt. Es ist eine großartige Liebe, und durch sie konnte ich loslassen.« Auch auf dem neuen Album »Party« geht es um Liebe und vor allem um Sehnsucht. »Ich hatte #Pop — Nach ihrem Debüt­album die Liebe schon mal gefunden«, erzählt Harding. »Und auf Songs avancierte Aldous Harding zum wie ›Party‹ oder ›Horizon‹ gehe liebsten Sadgirl der Musikszene. Einen ich sehr offen mit der Verzweifweltweiten Achtungserfolg und eine lung um, die Liebe diesmal nicht gehen lassen zu wollen. Aber es neue große Liebe später feiert sie ist auch viel Schönheit darin, sie auf dem Nachfolger eine Party. Aida verschwinden zu sehen.« Baghernejad traf die Neuseeländerin. Live nehmen die Songs ein ganz eigenes Leben an: Harding wirkt wie besessen, verzieht ihr Gesicht und ist völlig versunken in ihre Musik. Wie hält man diese Intensität aus? »Ich möchte, dass das Publikum in sich Stärke spürt, wenn es mich sieht, und dafür würde ich alles tun. Ich weiß nicht, ob ich das in ein, zwei Jahren noch kann. Aber ich hoffe, dass ich an meiner Kunst festhalten kann.« Nirgendwo zeigt sich das besser als im Video zu »Horizon«, in dem sie gemeinsam mit ihrer Mutter, die auch Folk-Sängerin ist, vor der Kamera stand. Darin spielt sie eine Art Geisterbeschwörerin mit irrer Wucht, aber gleichzeitig so überzeichnet, dass man gar nicht anders kann, als zu grinsen. Sie lacht. »Der Humor in dem Video ist gut versteckt. Ich glaube, es ist gut, nicht die ganze Zeit zu ernst zu sein.« — Mehr Interview auf intro.de — Aldous Harding »Party« (4AD / Beggars / Indigo) — Auf Tour vom 29. bis 12.08.

Der hyperaktive Prince stand zu Lebzeiten wohl nie so still wie sein sexy Plastiknachbau. Dafür kann sein Mini-Me nicht so wundervoll die Hüfte verdrehen, wie es der originale »Sexy Motherfucker« auf der Bühne beherrschte. Trotzdem konnten wir diesem schmucken Stück nicht widerstehen. Gibt’s für 75 Dollar bei galacticjerkbags. bigcartel.com.


#Life

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#Kratzen & Beißen

Gegen Katzen

Illustration: Alexandra Ruppert

#Life — Nils Schlechtriemen zerkratzt den Internetfame von Grumpy Cat und Co. und verbeißt sich im ach so fluffigen Fell der Endgegner in Sachen Niedlichkeit. Wer sich also schon immer fragte, ob man einer Katze böse sein kann, findet hier eine deutliche Antwort. Spätestens seit der digitalen Etablierung des Memes als kleinstem Bewusstseinsinhalt einer Idee sind Katzen der Shit im Netz und einfach nicht totzukriegen. Warum eigentlich? Außer zu schnurren, an übersichtlichen Ecken rumzugammeln und pausenlos mit einem Käsehobel das eigene Fell zu kämmen bringen diese arroganten – pardon: charakterstarken – Vierbeiner kaum etwas zustande. Trotzdem sind digitale Inkarnationen wie Nyan Cat, Keyboard Cat und Grumpy Cat Publikumslieblinge und besitzen bereits eigene Produktlinien, die erfolgreich vermarktet werden – vom Kühlschrankmagneten über Lampenschirme bis zum feschen Plastikfingernagel.

Doch vielleicht sind es gerade ihr Hang zum Opportunismus und ihre Scheißegal-Mentalität, die sie zu den Stars einer Netzkultur der ewig Unbeteiligten machen. In Zeiten zunehmender Zerstreuung treffen Garfields Erben scheinbar einen Nerv, der vielleicht lieber im kulturellen Fleisch verborgen geblieben wäre. Was ist gewonnen, wenn ich mir nach einem langen Tag etwas Gutes tun möchte, aber auf allen Kanälen Katzen mit Hitlerbärtchen sehe, die irgendein Ass natürlich »Kitler« taufen musste? Schlimmer ist Felis silvestris catus nur in natura: Ihre Fortpflanzung ist geprägt von schmerzhaften und deshalb extrem lauten Techtelmechteln am nächsten Stromkasten, ihre Nahrungsaufnahme durch die weitestgehende Abstinenz eines Kauvorgangs, ihr Gebaren durch Kratzen und Beißen – dann wieder ist die Katze uns Menschen wahrscheinlich ähnlicher, als mir lieb ist. Aber statt die Krallen auszufahren, kann man sich zur Beruhigung ja auch einen Grumppuccino® gönnen.

P R O M OT I O N

Sennheiser MOMENTUM geht weiter Mit der Generation seiner MOMENTUM-Serie befreit Sennheiser die Kopfhörer von Kabeln und schafft Freiheit, ohne Kompromisse in der Klangqualität einzugehen. MOMENTUM Wireless und MOMENTUM On-Ear Wireless sind kabellose Varianten mit extra leistungsstarken Akkus speziell für unterwegs. Ausgestattet mit der aktiven Geräuschunterdrückung NoiseGard™ filtern sie Umgebungsgeräusche zuverlässig heraus und sorgen auch in lauter Umgebung für perfekten Hörgenuss. Dabei sind die Kopfhörer robust und minimalistisch im Design, um sich nahtlos in die individuellen Sound-Geschichten jedes einzelnen Musikliebhabers einzuordnen.


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#Pop

#Style — Kassettenfetisch zum Zweiten: Die findigen Möbelmacher von Taybles haben soeben per Kickstarter die Produktion ihres neuen Modells »B-Side« finanziert. Wie schon beim Vorgänger »A-Side« handelt es sich um einen tischgroßen Tape-Nachbau, hinter dessen Magnetband sich eine Schublade verbirgt. All die kleinen Löcher, die man in einer MC so findet, dienen hier als Cupholder. Gibt’s auf taybles.com.

De Maizière des Monats:

»Tarnkappen gibt es nur bei Harry Potter.« #Life — Niemand haut so verlässlich trübe Leitkultur-Thesen, Orwell’sche GesetzEntwürfe oder dumme Statements raus wie Thomas de Maizière. Deshalb küren wir ab sofort den de Maizière des Monats. Hier sein Kommentar zur Anonymität im Netz, das er auf der re:publica zum Besten gab.

#Life — Der Food- und der Instagram-Faktor werden auf den hippen Großfestivals wie Lollapalooza und Coachella immer wichtiger. »Sweet Combforts« haben das erkannt und ihren neuen Snack auf dem Coachella mit eigenem Hashtag »gelauncht«. Eigentlich handelt es sich dabei nur um eine Waffel am Stiel mit buntem Zuckerguss. Aber da sie so hübsch ist und den eigenen Hashtag »Combchella« hat, ist sie das Food-Accessoire des Sommers.


#Pop #Life

Herzensläden

ATOMINO IN CHEMNITZ #Kultur — Das von Charlotte Jansen kompilierte Fotobuch »Girl On Girl« versammelt die Arbeiten von 40 Fotografinnen aus 17 Ländern, darunter etablierte Namen wie Petra Collins, Juno Calypso und Zanele Muholi. Hier fotografieren ausschließlich Frauen Frauen – laut Jansen als Gegenpol zum »male gaze«, der vor allem die Modefotografie beherrscht.

#Pop — In dieser Rubrik stellen wir ab sofort jeden Monat einen Club oder einen Laden vor, der uns am Herzen liegt.

Niemand hat in den letzten Jahren mehr für das Ansehen der Chemnitzer Musiklandschaft getan als Kraftklub. Ihren allerersten Auftritt spielte die Band 2010 im Atomino, das sich damals noch an einer anderen Adresse befand. Ganze vier Mal musste der mittlerweile legendäre Club umziehen, seit er 1999 von einer Gruppe Kulturinteressierter um Jan Kummer, den Vater der Kraftklub-Brüder, gegründet wurde.

DOWNLOAD NOW. Google Play and the Google Play logo are trademarks of Google Inc. Apple and the Apple logo are trademarks of Apple Inc., registered in the U.S. and other countries. App Store is a service mark of Apple Inc., registered in the U.S. and other countries.

Aktuell befindet er sich im Keller des Kulturhaus Tietz im Zentrum der Stadt und erfreut seine musikinteressierten Gäste mit urbaner Atmosphäre und freundlichem Personal. Lokale Bands bekommen hier traditionell gern die Gelegenheit zu spielen, aber natürlich stehen auch internationale Acts im Programm. Auch Casper schaute 2015 für einen spontanen Auftritt als Special Guest bei einer Party vorbei. Seit Kurzem betreibt der Club zudem ein eigenes Label und veröffentlicht spannende Musik von Blond oder Suralin. Alle Infos auf atomino-club.de.

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#Kultur #Pop

Butcher Billy

Stephen Kings Stranger Love Songs #Kultur — Hier wächst zusammen, was eigentlich nicht zusammengehört: Der Illustrator Butcher Billy hat für diese Reihe Titel von Pop-Schnulzen und Indie-Classics als Buchtitel inszeniert, die an das Design der StephenKing-Bände in den 80ern erinnern. Da wird »How Deep Is Your Love« zur abgründigen Lover-MeuchelmordStory, »Love Hurts« zur schmerzhaften Wahrheit und »There Is A Light That Never Goes Out« zur gruseligen Nachtgeschichte. Diese und weitere Bilder findet ihr auf butcherbilly.tumblr.com.

Sziget Festival

FRISCHE LUFT UND FREIE LIEBE #Pop — Alle Jahre wieder entwickeln sich unsere Top 7 zum Thema »Dinge, die man nur auf dem Sziget erleben kann« zum Klickbringer auf intro.de. Nämlich dann, wenn die zahlreichen deutschen Festivaltouris ihren Trip nach Budapest planen und auf der Suche nach Inspiration und Information bei uns landen. Schönster Punkt für uns ist immer noch der über die »Freie Liebe«. Dazu schrieb unsere deutsch-ungarische Autorin Lisa Erzsa Weil: »Festivals sind Akkumulationspunkte für Sex, Love und – okay – Drama. Zum Glück hat’s das Sziget eher mit den beiden Erstgenannten. Nicht umsonst werden im Hochzeitszelt täglich ca. 100 Ehen für die Dauer des Festivals geschlossen, davon viele gleichgeschlechtliche, viele zwischen Mensch und Bier. Und wer beim Stelldichein im Nachbarzelt sichergehen will, bekommt hier außerdem kostenlose Kondome. Gehört geherzt.« In diesem Jahr findet das Sziget übrigens vom 9. bis 16. August statt. Den Text und alles andere findet ihr auf intro.de unter #Sziget.


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Vom Regisseur von Slumdog Millionär und Trainspotting

Ab 22. Juni 2017 auf Blu-rayTM, DVD inkl. und als Video on Demand! © 2017 TriStar Pictures, Inc. All Rights Reserved. © 2017 Layout and Design Sony Pictures Home Entertainment Inc. All Rights Reserved.

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#Pop

#Pop #Wer Wir Sind

#Pop #Wer wir sind

PUMAROSA LUKE SITALSINGH

#Pop #Wer wir sind

TUBE & BERGER

Herkunft New Malden bei London Genre Indie-Gitarrenheld mit tiefen Gedanken Mitglieder 1 Besondere Vorkommnisse Nachdem das Ma-

Herkunft London Genre Verwunschener Electro-Pop Mitglieder 5 Besondere Vorkommnisse Der Song

»Priestess« entstand in einem alten Kino in Italien – direkt am Meer. Ein Freund der Band hatte Pumarosa dorthin eingeladen, damit sie vor Ort an ihrer Kunst arbeiten konnten. Aktuelles Album »The Witch« (Fiction / Caroline / Universal) Nach »Priestess« ging alles recht schnell. Ihr werdet als neue Hoffnung gefeiert. Habt ihr Angst, nur ein kurzer Hype zu sein?

Wir haben eher die Befürchtung, von einem System, das wir nicht ganz verstehen, falsch repräsentiert zu werden. Die Musikindustrie ist so komplex, du arbeitest mit vielen Menschen zusammen, die du nicht kennst, und du arbeitest beziehungsweise »handelst« mit etwas, das dir selbst sehr wichtig ist. Wir wollen mit unserer Musik einfach nicht falsch verstanden werden. Bekannt zu sein und dabei für etwas zu stehen, das wir nicht sind, wäre schlimmer, als unbekannt, aber ehrlich zu bleiben.

jorlabel mit dem ersten Album seine Seele verkaufen wollte, hat sich Luke Sital-Singh befreit und macht die Dinge jetzt im eigenen Tempo, mit Band-Unterstützung von den Villagers. Aktuelles Album »Time Is A Riddle« (FerryHerkunft Solingen house / Warner) Genre Boogie-House-Electro-Punk Du hast dich von deinem Majorlabel ge- Mitglieder 2 trennt und jetzt auf eigene Faust dein zwei- Besondere Vorkommnisse Ihre ersten großen tes Album aufgenommen. Was war da los? Erfolge feierten Tube & Berger mit »Gradeaus Bei der Produktion meines ersten Albums / Straight Ahead« nicht etwa auf dem eurohatte ich irgendwann das Gefühl, dass es nur päischen Festland, sondern in den USA und noch um Geld geht. Es haben viele Menschen dem Vereinigten Königreich. mitgeredet und ich musste Kompromisse ma- Aktuelles Album »We Are All Stars« (Embassy chen. Und ich stand schlussendlich vor einem Of Music / Warner) Ergebnis, von dem ich nicht wusste, wie wir da gelandet waren. Alles war sehr glatt und groß. Ist es euch wichtig, musikalisch vielseitig zu Bei meinem neuen Album ging es deshalb auch bleiben und sich nicht auf eindeutige Genres darum, die Kontrolle zurückzugewinnen, selbst festnageln zu lassen? Entscheidungen zu treffen und wieder zu ler- Während des großen Minimal-Techno-Hypes haben wir uns nicht wohlgefühlt und waren nen, meinem Gefühl zu vertrauen. sehr froh, als es nicht mehr verpönt war, Vocals und Melodien in Tracks einzubauen. Ein paar Jahre später hat dann jeder Deep House gemacht, und wir konnten diesen Hype plötzlich mitgestalten und teilweise sogar prägen, statt irgendetwas hinterherzurennen, was wir gar nicht können, geschweige denn fühlen. Auch als die Deep-House-Blase zur vollen Größe angewachsen war, haben wir uns nie als DeepHouse-Act gesehen. Wir machen irgendwie immer etwas zwischen den Stühlen.

Euch ist es wichtig, politische und feministische Themen anzusprechen. Wo seht ihr aktuell das Problem?

Und glaubst du, das ist dir mit »Time Is A Riddle« gelungen?

In England trafen kürzlich May und Sturgeon aufeinander, um über Schottland und den Brexit zu sprechen. Die Daily Mail titelte daraufhin: »Never mind Brexit, who won Legs-it?« und zeigte dazu ein Foto der Beine beider Politikerinnen. Gleichzeitig unterzeichnet Trump in einem Raum voller Männer Dekrete, die die Rechte von Frauen und Mädchen massiv beschneiden. Das sind Beispiele, die belegen, dass Medien und Politik weiterhin die Unterdrückung der Frauen praktizieren – aus schierer Angst vor Gleichberechtigung. Ich finde, es ist die Verantwortung jedes Individuums, sich kritisch mit diesen Themen auseinanderzusetzen.

Ja! Alles an den Aufnahmen in Donegal, wo das Album entstanden ist, hat sich richtig angefühlt. Ich habe mit Tommy McLaughlin von den Villagers und einem Teil der Band in seinem Studio aufgenommen, in einem großen Raum mit Blick über eine zerfurchte, wilde Landschaft. Es war einfach alles irgendwie gut und natürlich. Dieses Album hätte man nicht an einem sonnigen Strand aufnehmen können. Der Baum auf dem Cover stammt auch aus Donegal und zeigt sehr schön die gesamte Stimmung, die für die Entstehung des Albums wichtig war. Auf manchen Songs hört man sogar den Regen auf dem Dach.

Interview: Silvia Silko

Interview: Hannah Bahl

Wie würdet ihr euer neues Album »We Are All Stars« im Gegensatz zu eurem vorangegangenen Produktionen charakterisieren?

Während des Produktionsprozesses haben wir uns immer mehr vom Club und den Beatport Charts wegbewegt, wo wir ja quasi zu Hause waren, und immer mehr Spaß an Jam Sessions und Songwriting entwickelt. Tube & Bergers Adventures in Indie Electronica Pop, sozusagen. Man hat uns gesagt, »We Are All Stars« sei erwachsener und reifer. Hochwertiger und besser, aber auch Worte wie kommerzieller oder mainstreamiger sind gefallen. Wir sind der Meinung, wir haben viel mehr zu unserem Sound gefunden, ohne uns darum zu kümmern, was DJ XY darüber denkt. Die »We Are All Stars«-Journey war fantastisch, und wir haben ehrlich gesagt Bock, direkt noch ein Album hinterherzuschießen! Interview: Felix Schönberger


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Festivalurlaub FestivalurlaubininEuropa Europa

DIESE DIESE 10 10 GEHEIMTIPPS GEHEIMTIPPS SIND SIND EINE EINE REISE REISE WERT WERT SECRET SECRET SOLSTICE SOLSTICE

NATÜRLICH NATÜRLICHIRRE IRRE

Island Island 16.06.–18.06. 16.06.–18.06.

Beim Beim isländischen isländischen Pendant Pendant zum zum Midsommar Midsommar wird wird die die kürzeste kürzeste Nacht Nacht typisch typisch islänisländisch disch zwischen zwischen Gletschern Gletschern und und Wasserfällen Wasserfällen mit mit einem einem beeindruckenden, beeindruckenden, internatiointernationalen nalen Line-up Line-up gefeiert. gefeiert.

Deutschland Deutschland 21.07.–23.07. 21.07.–23.07.

Elektronische Elektronische Tanzmusik, Tanzmusik, Kunst, Kunst, Kultur, Kultur, Natur: Natur: Das Das alles alles gibt gibt eses am am Domjüchsee, Domjüchsee, einem einem Teil Teil der der Mecklenburger Mecklenburger Seenplatte. Seenplatte. Dort Dort liegt liegt die die alte alte Landesirrenanstalt, Landesirrenanstalt, die die zum zum Festivalhort Festivalhort umfunktionumfunktioniert iert wurde. wurde.

DONOSTIA DONOSTIAKUTXA KUTXA KULTUR KULTURFESTIBALA FESTIBALA Spanien Spanien 15.09.–16.09. 15.09.–16.09.

Unweit Unweit der der baskischen baskischen Küste Küste am am Atlantischen Atlantischen Ozean Ozean liegt liegt das das Hipódromo Hipódromo dede Donostia, Donostia, inin dem dem das das KulturKulturund und Musikfestival Musikfestival seine seine Kulisse Kulisse findet findet und und man man nebenbei nebenbei die die baskische baskische Kultur Kultur kennenlernen kennenlernen kann. kann.

NORDKETTE NORDKETTE WETTERLEUCHTEN WETTERLEUCHTEN Österreich Österreich 15.07.–16.07. 15.07.–16.07.

Zwei Zwei Tage Tage lang lang elektronische elektronische Klänge Klänge auf auf dem dem höchstgelegenen höchstgelegenen Festival Festival Europas. Europas. Bei Bei LagerLagerfeuer-romantik feuer-romantik inmitten inmitten von von Natur Natur und und Musik Musik auf auf der der InnsInnsbrucker brucker Nordkette Nordkette kann kann man man inin den den Bergen Bergen besonders besonders gut gut feiern. feiern.

MADEIRADIG MADEIRADIG Portugal Portugal Dezember Dezember

Mit Mit dem dem ExperimenExperimental-Musik-Festival tal-Musik-Festival soll soll frischer frischer Wind Wind über über die die Rentner-Insel Rentner-Insel Madeira Madeira fegen: fegen: Unterbringung Unterbringung imim Designhotel Designhotel direkt direkt am am Meer Meer und und Konzerte Konzerte zwischen zwischen ZerZerstörungswut störungswut und und musikalischen musikalischen Pflanzen. Pflanzen.

YPSIGROCK YPSIGROCK Italien Italien 10.08.–13.08. 10.08.–13.08.

Am Am historischen historischen Ort Ort eines eines imposanten imposanten Kastells Kastells aus aus dem dem 14.Jahrhundert 14.Jahrhundert findet findet bei bei bestem bestem Wetter Wetter und und guter guter Musik Musik das das FesFestival tival inin der der mittelalterlichen mittelalterlichen Stadt Stadt Castelbuono Castelbuono auf auf Sizilien Sizilien statt. statt.


TRÆNA TRÆNA FESTIVALEN FESTIVALEN Norwegen Norwegen 06.07.–09.07. 06.07.–09.07.

Das Das paradiesische paradiesische Festival Festival findet findet zwar zwar nicht nicht inin der der Karibik Karibik statt, statt, aber aber umgeben umgeben von von anderen anderen InselgrupInselgruppen pen auf auf einer einer Insel, Insel, 6565 km km weit weit draußen draußen imim Atlantik. Atlantik. Kulinarische Kulinarische Verköstigungen Verköstigungen kommen kommen direkt direkt aus aus dem dem Meer, Meer, Musik Musik von von nationalen nationalen Künstlern. Künstlern.

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MÁTALA MÁTALABEACH BEACH FESTIVAL FESTIVAL

SONDERAUSGABE

ALLE INFOS FÜR DIE OPEN AIR SAISON 2017

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»Ich war nie der Drei-Bier-Typ«

MARTERIA über Festivals früher und heute


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#Promotion

jeden Monat neu: Teilnahme unter intro.de/Quiz

DAS QUIZ #253 Das Titelthema des Heftes ist gleichzeitig immer auch Hauptthema unseres monatlichen Quiz-Spaßes. Diesmal dreht sich natürlich alles um den HipHop-Beau Marteria. Los geht’s … 1 Wo liegt (gemäß Marteria) Roswell?

3 Was ist heute seine Droge?

R Rom

B Kryptonit

D Roskilde

N Lila Wolken

K Rostock

D Fischen

2 Wie heißt sein Produzenten-Team?

4 Und die erste Single?

I

E »Animals«

Die Krauts

B Les Misérables

S »Aliens«

M The Funk Brothers

C »UFO-Zone Rostock«

Die Gewinne

Sennheiser »MOMENTUM Wireless«

SKYY Vodka × »Diversity«

The Greasy Strangler – Der Bratfett-Killer

Cheap Monday Outfits

sennheiser.com

instagram.com/skyyvodka

tiberiusfilm.de

cheapmonday.com

Einfach mal die Umwelt abschalten und nur auf die Musik konzentrieren? Die »MOMENTUM Wireless«-Modelle sind mit der aktiven Geräuschunterdrückung NoiseGard™ ausgestattet, die mit vier Mikrofonen die Umgebungsgeräusche zuverlässig herausfiltert. Wir verlosen einen Kopfhörer.

SKYY Vodka denkt »Eine Generation Weiter« und unterstützt herausragende Diversity-Projekte. Den Auftakt bildet eine Strecke über junge Kreative im Nightlife des Fotokünstlers Vitali Gelwich. Dazu verlosen wir den »Eine Generation Weiter«-Foto-Beamer und sechs Flaschen SKYY Wodka.

Der Titel sagt es schon: »The Greasy Strangler« ist grandios-absurde Comedy-Horror-B-Movie-Unterhaltung – mit kongenialem Score aus dem Hause Fuck Buttons. Wir verlosen je drei Mal den Film auf Blu-ray plus den Soundtrack von Andrew Hung auf Vinyl.

Euch fehlt noch das passende Outfit für den Sommer? Cheap Monday hilft! Wir verlosen jeweils ein Frauen- und ein Herren-Outfit (jeweils Jeansjacke, T-Shirt bzw. Hoodie & Jeans) der neuen Herbst/ Winter-Kollektion 2017, die zu 100% nachhaltig hergestellt wurde.

Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben das Lösungswort, das ihr bitte mit dem Betreff »Das Quiz« an verlosung@intro.de schickt. Teilnahme ab 18 Jahren, Einsendeschluss ist der 02. Juli. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


#Pop

Foto: NASA

#Pop

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#Pop #Marteria

Marteria

DER LETZTE KRYPTONIER


#Pop #Marteria

Er ist vielleicht der Letzte seiner Art: ein Rapper, der in der Zwischenwelt des Underground und Mainstream überleben kann, ohne etwas von seiner Heldenkraft einzubüßen. Er kennt das Gute und das Böse gleichermaßen und hat ein ebenso starkes Alter Ego wie einen Hang zum Wahnsinn. Şermin Usta sprach mit Marteria a.k.a. Marsimoto über seinen Dienst am deutschen HipHop, das Gefühl von drei Gramm Koks und sein neues Album »Roswell«. Fotos: Peter Kaaden

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ie Superkraft von Marten Laciny und seinen mich kein Witz. Alles, was ich heute bin, habe ich dieser kongenialen Studiopartnern The Krauts: Sie Musik zu verdanken. Wenn ich das nicht gehabt hätte, haben sich Referenzplatten von Dr. Octa- wäre es für mich schwierig geworden. gon, The Prodigy oder David Bowie vorge- In unserem letzten Gespräch sagtest du, man müsse nommen und daraus ein poppiges HipHop- sich als Künstler immer wieder selbst toppen. Denkst Album produziert. »Roswell« gefällt Heads du, das ist dir mit »Roswell« gelungen? ebenso wie Indie-Kids, ohne dabei zu viele Jede Platte steht für eine bestimmte Zeit, das kann man Zugeständnisse an ein Massenpublikum zu nicht überbieten. Ich achte mehr darauf, mich nicht zu machen. Die Tracks haben sie auf der gerade abgewickel- wiederholen. Von, sagen wir, 100 Songs, die es jemals ten Tour mit einem besonderen Konzept vorgestellt: Die von mir geben wird, soll es beispielsweise nur einen über meine Heimatstadt geben und auch nur ein Konzerte fanden in denselben kleinen Clubs wie vor zehn Jahren statt. Damit wollte er den Die Krauts Album wie »Zum Glück in die Zukunft 2«, das Vibe von heute mit der »Früher war alles bes- Das Berliner Produzenten- gefühlsmäßig sehr deep war. Auf der Platte Team, bestehend aus ging es um schöne Melodien, verfrickeltes ser, ganz besonders HipHop«-Nostalgie kreuzwei Dritteln der Berliner zen. Es scheint, als wisse der heute 34-Jährige HipHop-Band Moabeat und Zeug, Harmoniewechsel – so, wie sich die Zeit immer wieder, was zu tun ist. Das Schöne – einem Kölner Gitarristen, auch angefühlt hat: drei Tage feiern, drei Tage zeichnet nicht nur für Hits ausnüchtern, das war der Vibe. Dieses Mal oder sagen wir: das Beruhigende – daran ist, von Marteria verantwortdass sich hinter der Fassade des erfolgreichen lich. Erfolge von Seeed ist mir die Symbiose aus Songs mit Message Major-Rappers ein absoluter HipHop-Nerd und Miss Platnum gehen und Tracks, die nach vorne gehen, wesentlich und Bauchmensch verbirgt, der keine Scheu ebenfalls auf die Kappe von besser gelungen. David Conen, Vincent von davor hat, in der Öffentlichkeit Fußballprolet, Schlippenbach und Dirk Gab es Vorgaben, wie die Platte klingen Raubfisch-Angler und Suchtmensch in einem Berger. sollte? zu sein. Nicht wirklich. Ich bin zu den Krauts gegangen und habe gesagt: »Ey Jungs, ich sehe vor mir Dr. Octagonist Es ist noch gar nicht lange her, da hast du das Ortsschild von Rostock im Regen. Ich stell Eines von vielen Alter dich über ein paar Hundert Fans vor der Egos, die in dem New mir vor, wie die letzten Buchstaben abblättern Bühne gefreut. Heute stehst du in deiner Yorker Rapper Kool Keith und aus Rostock Roswell wird.« Das war die schlummern. Mit ihm und einzige Vorgabe. Das Gute ist, dass wir zu viert Heimatstadt Rostock vor 20.000 Menschen. seinem experimentellen Was, glaubst du, waren die entscheidenden und düsteren Sound auf arbeiten. Falls einer von uns mal einen Track Bausteine deines bisherigen Erfolgs? »Dr. Octagonecologystv« scheiße findet, fliegt der sofort raus. Dass ich ein Ziel vor Augen hatte und mich versuchte Keith 1995, seine Die erste Single »Aliens« ist eine Hymne an Solo-Karriere ins Rollen zu dafür nicht verstellt habe. Die Leute merken, bringen. Über das britische den unangepassten Außenseiter. Wie kamst wie ernst man es meint. Ich war immer Rapper, Label Mo’ Wax, damals du auf das Thema? obwohl HipHop lange Zeit dieses »Yo, yo, yo«- auch Label-Heimat von DJ »Aliens« sind Menschen, die sich fühlen, als Shadow, findet die Platte Ding war und viele sich darüber lustig gemacht schließlich auch den Weg würden sie nicht dazugehören. Uns ging das haben. Im Gegensatz zu denen ist HipHop für nach Deutschland. früher in unserer kleinen HipHop-Szene in

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#Pop #Marteria

Rostock auch so. Wir waren nicht die Coolen, sondern diejenigen, die auf die Fresse bekommen haben, wenn sie in die falsche Straße abgebogen sind. Wenn jemand Fremdes in die Klasse kam, haben wir ihn aufgenommen, ihn beschützt und nicht ausgelacht, weil er vielleicht nur einen einzigen Pulli hatte. Schade war, dass die meisten coolen Bands einen Bogen um die No-go-Area Mecklenburg-Vorpommern gemacht haben.

Rostock, August 1992 Im Rostocker Viertel Lichtenhagen kommt es zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen. Aufgeputschte Rechtsradikale und gewaltbereite Jugendliche werfen Molotow-Cocktails auf das Flüchtlingsheim »Sonnenblumenhaus«, das sich direkt neben der Zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern befindet. Weder Wasserwerfer noch Tränengas können den Mob unter Kontrolle bringen. Hunderte Schaulustige klatschen Beifall, rufen Parolen wie »Ausländer raus!« und »Deutschland den Deutschen«. Es sind bürgerkriegsähnliche Zustände, die vier Tage andauern und glücklicherweise – anders als bei den Brandanschlägen in Solingen, Lübeck und Mölln – nur Verletzte fordern. Unweit der Geschehnisse im benachbarten Stadtteil Groß Klein wohnt Familie Laciny mit drei Kindern. Marten ist mit zehn Jahren der Jüngste. Kurze Zeit später zieht die Familie ins idyllische Warnemünde, weit weg von den tristen Hochhaussiedlungen. Für den Block-Romantiker und damaligen Teenager eine traurige und eher ernüchternde Veränderung. So wie die Bilder jener Nacht, die sich völlig zu Recht ins kollektive Bewusstsein eingebrannt haben, auch wenn sie mit dem heutigen Rostock glücklicherweise gar nichts mehr zu tun haben. Marten bringt es in seiner 2014er-Ode an seine Heimat zum Ausdruck: »Deine Feinde kennen dich genau / Doch sehen in dir nur dein brennendes Haus / Lachen dich aus und sagen du bist schlecht / Jeden Tag musst du dich beweisen / Ich verbreite deinen Namen auf allen meinen Reisen.« Würdest du dich als politischen Menschen bezeichnen?

Um ehrlich zu sein, finde ich Politik ziemlich öde. Ich habe bestimmte Ideale. Ich will zum Beispiel nicht, dass Menschen aus irgendeinem Grund ausgegrenzt werden, weil das einfach scheiße ist, aber was manche Politiker von sich geben, ist mir persönlich zu weit weg von der Realität. Da wären manche Rapper schon bessere Politiker – die wissen wenigstens, was die Jugendlichen interessiert. Denkst du, Fremdenhass ist primär ein ostdeutsches Problem?

Auf jeden Fall ist es kein ausschließlich ostdeutsches Problem. Ich habe ja mitbekommen, was damals abging. Mit der Wende sind einige abgewandert oder haben ihre Jobs verloren und fingen an zu saufen. Trotzdem vergessen viele, dass im Osten nicht nur Nazis leben. Es gibt genügend Menschen, die gerade wegen der ganzen Probleme umso engagierter sind. Man muss sich nur die vielen freiwilligen Helfer anschauen, die mit ihren Privatbooten auf dem Mittelmeer versuchen, Flüchtlinge zu retten. Mehr als die Hälfte von denen stammt aus Mecklenburg-Vorpommern. Würdest du sagen, dass gute Songs eine Message beinhalten müssen?

Auf keinen Fall. Jeder von uns hat das Recht, auch mal etwas Dummes zu machen oder zu sagen. Ich meine, wer hat nicht schon mal einen Joint geraucht, sich einen Porno angesehen oder »ficken« gesagt? Selbst die VorzimmerDame vom Bürgermeister hat bestimmt schon mal »ficken«

gesagt, da bin ich mir ziemlich sicher. Neulich habe ich mich mit zwei 18-Jährigen unterhalten, die beide ein EinserAbi gemacht haben und trotzdem Gangster-Rap hören. Ich denke, das ist für viele Jugendliche eine von wenigen Chancen, in ihrem sehr gradlinigen Leben auch mal Anarchie zu zeigen. Deshalb nervt es mich, wenn man als Künstler ständig mit dem Zeigefinger durch die Gegend läuft und meint, es besser zu machen. Was das angeht, ist mir die Welt oft einfach zu unehrlich. In »Links« plädierst du dennoch ziemlich entschlossen für mehr Empathie und Toleranz in der Welt. Wie würdest du »links sein« definieren?

»Raub­tier­fischen ist wie drei Gramm Koks ballern.« Marteria


#Pop #Marteria

Es bedeutet, offen gegenüber Neuem und Fremdem zu sein. In dem Song geht es darum, ein guter Mensch zu sein und sein Brot auch mal zu teilen. Du kannst machen und sagen, was du willst, die Hauptsache ist, du gehst den Weg links und setzt immer die Neugier über die Angst. Im Refrain stellst du extrem gegensätzliche Fronten einander gegenüber. Wieso der Kontrast?

Sport getrieben habe. Nur wenn ich feiern war, dann war ich immer der Letzte, der noch stand, und bin drei Tage später aus dem Berghain gestolpert.

Hatte die Feierei rückblickend betrachtet auch charakterliche Auswirkungen auf dich?

Klar, es macht dich einfach zu einem schlechteren Menschen, das merkt man vor allem bei Koks ganz krass. Beim Koksen geht es ja auch mehr um den Akt an sich. Dieses kleine, jungsmäßige heimlich auf der Toilette im Club eine Line ziehen. So wie man es halt aus Drogenfilmen wie »Kids« kennt. Der Flash an sich ist eigentlich wack. Das komplette Gegenteil von dem Love-Movement, das du hast, wenn du Ecstasy nimmst.

Weil es die Idee dahinter veranschaulicht. Nehmen wir die PETA, die regelmäßig gegen Angler wie mich schießt. Ich bin mir sicher, es gibt einige PETA-Anhänger, die mich dafür hassen, dass ich angle. Ich aber hasse sie nicht, wieso auch? Für mich machen ihre Forderungen teilweise Sinn. Es macht für mich aber genauso viel Sinn, bewusst mit meiner Umwelt und der Natur umzugehen und meiner Familie ab Ist es ein Problem der Unterhaltungsbranche, dass man und zu einen frischen Fisch zuzubereiten, statt sich am Glas und auf der Toi­lette verbrüdern »Kids« muss? den Tiefkühllachs im Supermarkt zu kaufen. Einer der meistdiskutierten Nein, ich denke, Maurergesellen haben dieFilme des Jahres 1995. selben Probleme. Egal, welche Branche, peinEinige bezeichnen ihn als Suff und Sucht, mein Kryptonit Kinderporno und drogen- lich wird es nur, wenn auch 40-Jährige es maverherrlichenden Film, chen, weil sie anders nicht mehr können und andere nennen ihn einen müde werden. So geht es mir heute ja auch. Es ist ein Mythos, älter als die Popkultur: die Klassiker, dessen Sprache Mär des Genies, das die besten Arbeiten im und Bilder härter und Logischerweise rufen mich deswegen auch Rausch abliefert. Künstler, die erst der Ekstaauthentischer sind als je weniger Freunde an. Die wissen genau, da se und dann dem Exzess verfallen. Doch der bei einem Jugendfilm zuvor. geht nicht mehr viel – außer meine letzte ReRegisseur Larry Clark, ein Suchtfaktor von Erfolg und Spaß kann ebenEx-Junkie aus Oklahoma, bellion: das Kiffen. so hoch wie seine Nebenwirkungen sein. Es traf im Manhattaner Green- Gab es in Rostock auch eine Drogenszene? wich Village zufällig auf Auf jeden Fall. Die meisten meines Alters haist ein bekanntes und nicht ungewöhnliches die Skater Leo Fitzpatrick Problem der Unterhaltungsbranche. Spanund Justin Pierce, die er ben eine Drogenvergangenheit. Das hat die nend wird es erst dann, wenn man auf einen später für die Hauptrollen Stadt irgendwie an sich. extrovertierten, impulsiven Genussmenschen verpflichten konnte. Für fast Häufig führen drastische Maßnahmen zur alle Beteiligten war es ihr stößt, der von einem Tag auf den anderen seiFilmdebüt. Suchtverlagerung. War das bei dir der Fall? nen Hang zum Wahnsinn und Exzess kontrolDas Angeln hat mir auf jeden Fall den Arsch liert. Ganz egal, ob seine Kreativität darunter gerettet. Raubtierfischen ist wie drei Gramm Blue Marlin Koks ballern. Es gibt Studien, die beweisen, leidet. Der Tag des Benefizspiels für Hansa Wird auch Makaira nigri- dass du, wenn du einen Lachsdrill hast, geRostock in der ausverkauften DKB-Arena am 29. März 2015 war ein solcher Tag. Das Spiel cans genannt und stammt nauso viel Endorphine ausschüttest wie aus der Familie der Istiozwischen Team Marteria und der Mannschaft phoridae. Er hat alle Kenn- bei einem schweren Verkehrsunfall. Beides von Paule Beinlich endet 6:6. Kurz vor Abpfiff zeichen eines Speerfischs ist eine extreme körperliche Anspannung. und ist wohl der feuchte Wenn du i­rgendwo zwischen Jamaika und schießt der Rapper und Ex-Hansa-Jugendblau-silbrige Traum eines spieler das ausgleichende Tor. Genau so hat jeden Hochsee-Anglers. Kuba einen 250 Kilo schweren Blue Marlin die Öffentlichkeit ihn in den vergangenen Er zählt zu den schnells- an der Angel hast, musst du damit erst einmal ten Schwimmern und zu zurechtkommen. Jahren kennen und lieben gelernt: als den einem der kämpferischsten ewig gut Gelaunten, der weiß, wie man eine Fische im Atlantik. Sein Trifft man in der Angler-Szene auf ähnliche perfekte Show abliefert. Auf der Bühne wie Lebensraum erstreckt Schicksale wie deins? sich weltweit in einem Na klar, die Angler, die ich auf meinen Reisen im Fußballstadion. Auf das legendäre Spiel breiten Streifen entlang des mit anschließender Interview-Runde und AfÄquators. getroffen habe, waren oft irgendwelche zugetershow-Party folgt akutes Nierenversagen. hackten Typen mit krasser DrogenvergangenNieren- und Leberwerte, die selbst die Ärzte heit, die, wenn sie das Angeln nicht gehabt hätten, heute relativ sicher tot wären. Und der der Berliner Charité bei einem 32-Jährigen so noch nicht gesehen haben. Das einzig Gute daran: Ein Grund ist: Du kannst beim Angeln die Wahnsinnigkeit in Kryptonier kennt seine Schwachstelle und weiß, wann dir weiter ausleben. Weiter auf Mission sein, wie man es selbst die beste Party mal ein Ende hat. auch kennt, wenn man feiern geht. Der einzige Nachteil ist, dass ich heute nicht mehr ruhig am Strand liegen und In »Tauchstation« geht es um deinen exzessiven und fol- aufs Meer blicken kann. genreichen Lebenswandel. Bedeutet der Song für dich persönlich das Ende eines Lebensabschnitts?

Also wird es diesen Sommer wieder Abenteuer- statt Strand-Urlaub geben?

Ja, aber kein trauriges Ende. Ich bereue nichts von dem, was ich erlebt habe. Das war schon eine geile Zeit. Wie gesagt, ich hasse diese Zeigefinger-Mentalität. Ich habe die Scheiße erlebt und gemerkt, dass ich in eine gewisse Abhängigkeit geraten bin. Leider musste ich anhand einer lebensbedrohlichen Situation spüren, dass ich nicht Superman bin, sondern ziemlich verwundbar.

Wenn ich verreise, muss ich irgendwohin, wo es wehtun kann und ich etwas dazulerne, von dem andere vielleicht die Finger lassen würden. Deswegen habe ich auch das Problem, dass mich niemand versichern will. Aber ich habe keinen Bock, mir irgendwann vorzuwerfen, dass ich Dinge nicht gemacht habe in einer Zeit, in der sie möglich gewesen wären. Das ist es, was mich antreibt.

Ich muss gestehen, ich hätte nicht gedacht, dass du so gut im Feiern warst.

Ach, das war schon immer so. Alles, was ich mache, mache ich halt doll und intensiv. Es gab auch Zeiten, in denen ich gar nichts getrunken oder genommen habe und nur

— Marteria »Roswell« (Four / Sony) — Auf Tour vom 02.06. bis 19.12.

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#Pop #Noga Erez

Noga Erez

LASS UNS NICHT VON LIEBE SINGEN


#Pop #Noga Erez

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ie in ihrer Kunst so auch im Interview: Noga Wahrnehmung. Es hat viel damit zu tun, wie wir erzogen Erez steckt voller Power. Selbst schwierige The- sind, denn die meisten Frauen hören ständig, dass sie wemen wie »despotische Erbdynastien« verpackt niger wert sind, bestimmte Rollen spielen oder manche sie in treibende Beats und Bilderfluten, die ein Sachen nicht machen dürfen.« krasses Pendant zur philosophischen AbhandGleiche Bezahlung und ein Ende der Gewalt gegen lung in einer Politrunde bilden. »Viele Leute schauen nicht Frauen sind Nogas wichtigste Forderungen an eine emanin die Zeitung, weil sie einfach nicht lesen wollen, was in zipierte Welt. Den Schlüssel dazu sieht sie in der Bildung: Syrien oder Gaza passiert. Aber sie wollen unterhalten »Die Mädchen selbst sind eine wichtige Antwort zu der werden. Wenn sie also über Entertainment von diesen ganzen Sache. Sie sollten anders erzogen und unterrichtet Themen hören, ist das doch eine großartige Sache.« werden. Und wir Frauen sollten uns gegenseitig helfen, Die 27-Jährige wird nicht müde, über die politischen Un- anstatt zu konkurrieren. Wir sollten andere und uns selbst gerechtigkeiten der Welt zu mehr schätzen, bevor wir das von der Welt sprechen – in ihren Songs verlangen können.« Die Newcomerin Noga genauso wie im Interview. Auch in ihrer Musik möchte sie Frauen Erez macht in ihren Über Machtmissbrauch nicht als Opfer darstellen, was vor allem und vererbte Machtstrukin ihrem Song »Pity« deutTexten auf die weltweiten lich wird. Dafür hat sie sich »Pity« turen zum Beispiel, wie in politischen Zustände ihrem aktuellen Video zum von einem medienwirksamen Zur im Januar erschienenen aufmerksam – ob es um Song »Toy«. »Natürlich ist Sexualprozess inspirieren las- Single veröffentlichte Noga Erez ein Video, das ihren Machtmissbrauch oder Israel von Staaten umringt, sen, in dem es darum geht, Blick auf die Dualität in in denen es viel extremer ob ein im Internet geteiltes Zeiten von Social Media die Gleichstellung der zugeht. Aber die gesamte Video eine Gruppenvergewal- sehr gut zusammenfasst. Frau geht. Gemeinsam Im Refrain singt sie stakWelt gibt doch nur vor, in tigung darstellt oder nicht. katoartig: »Pity, pity, pity / mit ihrem musikalischen einer Demokratie zu leben, »Die Frage war immer nur, Oh, you’re so pretty / Pit, Partner Ori Rousso unter­ selbst in den noch so libeob die Frau ihr Einverständ- pity, pity / Let me come in, give a taste of you / Smart, ralen Ländern. Politiker nis gegeben hatte oder nicht. sharp, witty / But oh so legt sie ihre Aus­sagen schachern ihren VerwandDoch selbst wenn sie einver- weary / Skinny, skinny, mit treibenden Beats. ten die besten Jobs zu. So standen war, wollte sie ganz skinny, skinny / Skinny cat in a dog’s land.« Text: Leonie Scholl. Foto: funktioniert es in Israel, in sicher nicht, dass das Ganze Miriam Marlene Waldner den USA, in Deutschland, gefilmt wird und dann auf überall. Es ist eine Show, an Social-Media-Kanälen und in den Nachder wir alle teilnehmen.« richten landet. Im Song geht es darum, Liest man etwas über wie du als Frau herumlaufen und all deiNoga Erez, steht ihre ne weibliche und sexuelle Macht nutzen Herkunft häufig im Fokannst. Aber manchmal wirst du genau kus. Für sie ist es aber gar deswegen auch ausgenutzt. Und das ist nicht wichtig, woher sie eine dünne und heikle Linie, die sehr kommt. »Viele finden das leicht überschritten werden kann.« Drei Jahre lang haben Noga und ihr interessant, weil Israel oft in den Nachrichten vormusikalischer Partner Ori Rousso am kommt und dort viel pasDebütalbum »Off The Radar« gearbeitet. siert. Natürlich sind meine Songs davon inspiriert, woher Die Texte entstanden oft aus gemeinsamen ich komme, aber es geht nicht alleine darum. Es geht um Gesprächen. »Wir hatten ursprünglich gar Ori Rousso nicht geplant, ein Album zu machen. Doch Der junge Komponist und die Realität, in der wir alle leben.« Noga wuchs in einem liberalen Elternhaus auf, in dem schließlich hatten wir elf Songs aus ganz un- Produzent ist gleichwertiges Bandmitglied von Noga Musik immer ein Thema war, obwohl ihre Eltern beide terschiedlichen Genres zusammen – und genau Erez, auch wenn er sich nicht auf diesem Gebiet tätig sind. »Ich habe Musik von diese Unterschiedlichkeit mögen wir. Trotz- ungern in den Vordergrund klein auf geliebt.« Sie bekommt früh Gesangsunterricht, dem hatten wir das Gefühl, die Songs mit einer spielt und ihr bei Interviews den Vortritt lässt. Zudem lernt Klavier und Percussions. Dass sie heute elektronische Art Kleber verbinden zu müssen, damit sie alle nennt sie ihn wiederholt Musik macht, ist eher zufällig passiert, denn zunächst auf das Album passen. So kamen wir auf die ihren »besten Freund«. studierte sie klassische Komposition in Jerusalem. »Das Idee, zusätzlich fünf Interludes einzufügen.« Die beiden lernten sich kennen, als Noga mithilfe gab mir das Know-how, verschiedene Instrumente zu »Off The Radar«, der Titeltrack des Albums, des Programms »Ableton arrangieren, und ist die Basis für das, was ich heute tue. handelt von der Angst, vergessen zu werden Live« versuchte, von ihren Aber ab einem gewissen Punkt wollte ich nicht mehr al- und in einer Welt voller Selbstdarstellung an- jazzig-folkigen Anfängen auf elektronische Musik les in Noten aufschreiben, sondern das aufnehmen, was onym zu bleiben. »Natürlich hatten auch un- umzuswitchen. ich im Kopf habe. Also habe ich angefangen, mit einem sere Großeltern das Bedürfnis, gesehen und gehört zu werden. Doch durch Social Media erleben wir Computer zu arbeiten.« Noga Erez’ Sound erinnert oft an M.I.A. oder FKA Twigs, erstmals diese Dualität im Leben – durch diese Onlinesie selbst stellt andere Künstler in ihrer Einfluss-Liste weiter Persönlichkeit, bei der wir selbst aussuchen können, welche nach vorne: »Ja, ich werde oft mit den beiden verglichen, Momente wir zeigen möchten und welche nicht. Das ist weil sie auch weibliche Künstler mit einer Art von Bot- eine sehr verwirrende Art zu leben. Ich bin der schlimmste schaft sind. Ich bin aber eher von Flying Lotus, Kendrick Typ dieser Generation, denn ich möchte einerseits, dass Lamar oder PJ Harvey beeinflusst. Doch ich verstehe den Menschen meine Musik hören, versuche aber andererVergleich zu diesen ›feministischen‹ Künstlerinnen, da seits, nicht von Social Media kontrolliert zu werden. Und ich innerhalb der von Männern dominierten Welt Power ich kann alle anderen nur ermutigen, das auch zu tun.« zeige. Vielleicht macht mich allein das zu einer Feministin. Ich habe mich nie so gefühlt, als müsste ich für meinen — Noga Erez »Off The Radar« (City Slang / Universal / VÖ 02.06.17) Platz kämpfen. Aber ich denke, das ist eine Sache der — Auf dem Melt am 15.07.

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#Pop #Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi

Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi

K R Y P T I S C H,

A B E R

N I C H T

Z U F Ä L L I G


#Pop #Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi

Was zunächst viel zu verschwurbelt klingt, ist beim zweiten Hören nur halb so rätselhaft. Julia Brummert hat sich den Weg durch das Textlabyrinth von Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi zeigen lassen. Zusätzlich gab es eine Lektion in Sachen Baumarktsortiment. Foto: Jan Philip Welchering

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obert Gwisdek, Moritz Bossmann und Shaban kennen nach dem Interview meine Lieblingsfarbe, wissen, dass ich Feministin bin und deshalb »Gelernt« für den besten Song ihres neuen Albums halte und dass ich das Prinzip Gangsterrap nicht verstehe. Während wir auf den Rest der Band warten, drehen die drei den Spieß um und stellen mir Fragen. Auch im Laufe meines Interviews wollen sie immer wieder wissen, was ich von den einzelnen Songs halte. Vor allem Robert scheint über ein paar meiner Antworten enttäuscht zu sein. Ja, Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi machen es einem nicht leicht – und entsprechend schwierig ist es manchmal, sich mit all ihren Songs anzufreunden. Ihre Platten erscheinen auf dem bandeigenen Label Kreismusik, und sie machen relativ wenig Promo – trotzdem haben sie eine große Fangemeinde: »Wir sind so semiberühmt«, erklärt Robert. »Wir haben unglaublich treue Fans, die unsere Texte in- und auswendig kennen und sogar verkleidet zu den Shows kommen. Viele Konzerte waren schon ausverkauft, bevor wir überhaupt ein neues Album angekündigt hatten. Das ist schon eine lustige Sache. Ich verstehe nicht so genau, wie das funktioniert, aber es ist ein schönes Gefühl.« Angefangen hat alles bei Robert und seinem Bruder Shaban: »Ich habe früher Gedichte geschrieben, und Shaban hat elektronische Beats gemacht. Wir waren getrennte Inseln, haben das Ganze dann aber irgendwann aus Spaß zusammengeworfen. Ich hab nie wirklich Rap-Musik gehört, sondern Musik eigentlich ohne Texte verstanden«, erzählt Robert. Nach und nach wurde aus dem brüderlichen Zusammenschluss das große Bandprojekt, mittlerweile sind auch Boris, Moritz und Peter fest an Bord. »Das nullte Kapitel« ist das dritte Album der Band, jedenfalls, wenn man das Live-Album weglässt und den Soundtrack zum Film »Alki Alki« als Studioalbum zählt. Die Songs sind abgefahren, was nicht nur an Roberts Texten liegt, sondern auch an der bunten Auswahl an Beats und Instrumenten. Gitarrist Moritz erklärt: »Das ist kein Unfall oder so. Ich finde es selbst sowohl textlich als auch musikalisch interessant, wenn eine Platte immer wieder was für mich bereithält.« Shaban ergänzt: »Manche tun unsere Texte als ›herrlich sinnfrei‹ ab. Das soll jetzt kein Vorwurf sein, aber vielleicht haben die sich einfach noch nicht intensiv genug auf die Reise begeben.« Robert klingt manchmal, als rappe er sich um den Verstand. Aber nicht alles, was er zu sagen hat, ist dadaistisch: »Wir sind mit Absicht ein bisschen rätselhaft, was ist noch mal das Fremdwort für rätselhaft?« Moritz hilft nach: »Rätseleriös?« Und Robert ruft: »Kryptisch. Aber wir sind nicht zufällig!« Nehmen wir zum Beispiel »WobWobWob«, einen Song, der live ganz sicher gut funktionieren wird. Zum Beat lässt es sich super tanzen, und die Hookline »Wobwobwob« kann man schnell mitsingen. Aber hinter dem vermeintlichen Partysong steckt laut Robert viel mehr: »›Das

Wob will tanzen‹ zum Beispiel bedeutet ja mehr als ›das Wob will Party‹. Das kann auch ein Tanz der Moleküle und Atome sein, der dazu führt, dass sich intelligente Strukturen bilden, die Photosynthese machen können, um weiter zu wachsen, Intelligenz, Gelernt die sich entwickelt. Das ist ja tatsächlich ein In dem Stück befasst sich Spiel von Energien. Dass der Song bei aller die Band unter anderem mit Schönheitsidealen und Albernheit diese Doppelebene hat, ist schon Erwartungen an Frauen. gewollt. Wenn man will, kann man auch an- Robert sagt dazu: »Ich bin kein Feminist. Aber dere Sachen reindeuten.« wenn ich zum Beispiel Zufällig sind höchstens die ersten Ideen Leute wie Heidi Klum für Songs, sagt Moritz: »Es sind Nebenbei- sehe, in diesen Formaten, Produkte aus Soundchecks. Da müssen wir die einen bestimmten sozialen Bewertungsstatus Geräusche produzieren, fangen an zu dad- zelebrieren, kriege ich so deln und merken: ›Das ist ja total geil!‹ Ein krasse Aggressionen, dass Jahr später kramen wir die Aufnahme wieder ich das Gefühl habe, ich muss irgendwelche Dinge raus und überlegen, sie vielleicht zu einem zerschlagen.« Song zu formen. Manchmal ist das erst mal nur ein Loop.« Robert Nach dem Interview begleite ich die Band zu ... ist nicht nur Sänger, sonihrem Proberaum und sehe mir Peters Percus- dern auch Schauspieler und Autor. 2014 erschien sein sion-Sammlung aus der Nähe an. Der Aufbau Roman »Der unsichtbare gleicht eher einem Flohmarktstand als einem Apfel«, der die Geschichte Instrument. Er ist zu Recht ein bisschen stolz eines autistischen jungen Mannes erzählt, der nach auf das Gebilde: »Der Aufbau dauert inzwi- einem Schicksalsschlag schen anderthalb Stunden. Ich bin hin und den Verstand zu verlieren her gerissen zwischen ›Ich finde es total toll‹, scheint. Das Buch weist stilistisch einige Parallelen weil es so viel Klimbim ist, aber es ist auch sehr zu seinen Texten bei Käptn umständlich. Wir haben lange nicht geprobt, Peng auf, außerdem spielt und als ich das alles wiedergesehen habe, war der Kreis eine große Rolle – der wiederum dem Label ich richtig verliebt. Das ist eine kleine Burg, seinen Namen gibt. in der ich mich gerade so umdrehen kann. Ich mag das sehr, trotz der Komplikationen, die es mit sich bringt.« Peter sucht bei eBay noch immer nach einem ganz bestimmten Dr.-Oetker-Kuchenblech aus den 1980ern: »So eins findet man meistens nur noch bei Oma im Keller. Die modernen Bleche haben alle Antihaftbeschichtung und so fancy Kram. Simple Stahlbleche gibt es gar nicht mehr.« Auch Shabans Schlagzeug hat ein paar Besonderheiten: Die Bassdrum zum Beispiel ist eine Plastikmörtelmischwanne oder Mörteltubbe, wie es laut Band im Fachjargon heißt. Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi mögen ein wenig eigensinnig sein, dafür haben sie aber auch ihren ganz eigenen Charme. Und der beschert ihnen eine große Fangemeinde – Zufall ist das ganz bestimmt nicht. — Käptn Peng & die Tentakel von Delphi »Das nullte Kapitel« (Kreismusik) — Auf Tour vom 10.08. bis 08.12.

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#Pop #alt-J

alt-J

»UNSERE MUSIK alt-J sind zurück! Der real gewordene Hipstertraum aus Leeds veröffentlicht sein drittes Album »Relaxer«. In den drei Jahren seit »This Is All Yours« hat Keyboarder Gus Unger-Hamilton ein Restaurant eröffnet, Schlagzeuger Thom Green ein Soloalbum herausgebracht und Sänger Joe Newman sehr viele Filme gesehen. Was es sonst noch zu erzählen gibt? Leonie Scholl hat nachgefragt. Foto: Jakob & Hannah

Druck, dem Erfolg standzuhalten, oder der Erfolg kreiert eine Umgebung, in der man mehr Freiheiten hat, das zu machen, was man will. Wir waren immer schon eine eher ungewöhnliche, vielleicht eine Avantgarde-Band. Wir sind niemals Kompromisse eingegangen oder haben uns verändert. Und damit hatten wir Erfolg. Also können wir auf eine Weise das machen, was wir wollen.

Warum dieses Mal nur acht Songs? Die letzten beiden Alben enthalten deutlich mehr. J: Es sind acht lange Songs! Wir mögen die Symmetrie,

es ist wie eine A- und eine B-Seite mit jeweils vier Songs. So wird man auch nicht von kleinen Dingen abgelenkt, sondern sieht das große Ganze. Die beiden ersten Alben waren etwas schwieriger zu verstehen. lt-J gehören zu den wenigen Bands, auf die sich G: Die acht Songs sind alle sehr verschieden, ausdrucksFans und Kritiker einigen können. Als ich den stark, sehr muskulös, und wir fühlten, dass acht genug sind. Interviewraum betrete, malt Thom gerade mit Mehr hätten es nur erschwert, dem Album zuzuhören. Wasser auf dem Tisch herum. Joe baut wäh- Thom, du hast in der Zwischenzeit ein Soloalbum herrend des Interviews kleine Modelle aus Salz- ausgebracht – das übrigens 21 Songs enthält. Brauchstangen und Weintrauben. Und Gus klärt uns test du das als kreativen Output, den du mit alt-J nicht darüber auf, dass spezifische Apfelsorten nicht verwirklichen konntest? über Samen gezüchtet werden können, sondern nur durch Thom Green: Ja. Viel von dem, was ich tue, würde nicht Veredelung. Ich solle übrigens unbedingt anmerken, dass unbedingt zu alt-J passen. Ich wollte es aber irgendwohin die gesamte Band Äpfel hasst. Das wäre hiermit erledigt, packen, um es loszuwerden und weiterzumachen. Ich aber wenden wir uns doch den wesentlichen Themen zu. mache ziemlich viele Sachen, die gar nicht so gut sind, da schreibe ich dann meinen eigenen Namen drauf.

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Ihr steht kurz davor, euer neues Album »Relaxer« zu veröffentlichen. Fühlt ihr euch unter Druck gesetzt, dass das neue wieder so ein Erfolg werden muss wie die letzten beiden Alben? Joe Newman: Wir fühlten uns nie unter Druck gesetzt.

Als wir uns entschieden haben, neue Songs für das Album zu schreiben, waren wir davon auch viel zu abgelenkt. Wir schreiben sehr gern zusammen und sind darin auch ganz gut. Und wir wussten, wenn wir mit dem Material zufrieden sind, dann werden es auch die Fans mögen. Ich denke nie wirklich darüber nach, was Kritiker darüber sagen könnten, bis wir das Album fertig haben. Gus Unger-Hamilton: Meiner Ansicht nach kann man Erfolg und Druck auf zwei Arten sehen. Entweder es erzeugt

Zurück zu »Relaxer«. Das Artwork hat eine RetroComputer-Ästhetik, die gerade sehr angesagt ist. Wie kam es dazu? J: Thom hat das Bild auf Twitter gefunden und mir und

Gus gezeigt, und wir fanden es auch sehr cool. Zu dieser Zeit hatten wir uns eigentlich schon für ein anderes Cover entschieden: ein Gemälde eines Freundes. Und dann kam dieses Bild dazwischen und hat noch mal alles geändert. Wir mögen die Stimmung und haben uns dann mehr mit »LSD Dream Emulator« beschäftigt, weil diese Kontinuität für uns Sinn machte. G: Ich weiß schon, dass das ein Look ist, der gerade en vogue ist, und wir sind diesem Trend anscheinend irgendwie unterbewusst gefolgt. Aber so funktioniert Fashion, oder?

Soloalbum Thom Sonny Green hat im vergangenen Jahr sein Soloalbum »High Anxiety« veröffentlicht. In der Intro-Review dazu hieß es: »Musikalisch paaren sich Drones, Clicks & Cuts und sphärische Synthie-Flächen mit Schlagzeug-Samples und Field Recordings. Die Stimmung wabert von hoffnungsvoll zu bedrohlich, von gespenstisch zu vertraut. […] Es zeigt einen Film, der nur im Entfernten mit alt-J zu tun hat. Und das ist auch gut so.«


#Pop #alt-J

»3WW« ist der Opener des Albums. Das Musikvideo dazu ist ein Kurzfilm, der in Mexiko spielt. Wie ist die Verbindung zwischen Song und Video? G: Das Musikvideo wurde vom Young Replicant gedreht.

Wir fanden sein Konzept gut und haben es deshalb ausgewählt. Ich nehme an, dass er vorher das Lied gehört hat, aber ich bin mir nicht sicher. Im Song geht es um einen jungen Mann, der einen Abenteuertrip macht und eine Art sexuelles Erwachen erlebt. Und im Video geht es um eine junge Liebe, eine verlorene Liebe, ganz klassisch.

Der Song »Hit Me Like That Snare« hat einen ganz anderen Vibe, als man sonst von euch gewohnt ist. Was hat euch dazu inspiriert? G: In diesem seltenen Fall haben wir versucht, einen 70er-

LSD Dream Emulator Ein PlayStation-Spiel aus dem Jahr 1998, aus dem das Bild stammt. Es basiert auf dem Traumtagebuch des Game-Entwicklers Hiroko Nishikawa und hat aufgrund seines exzentrischen Inhalts Kultstatus erlangt. Derzeit kann man es auf der Bandwebsite altjband.com spielen.

Sound zu erzeugen. Joe hatte seit einer Weile mit diesem Gitarrenriff herumexperimentiert. Dazu haben Thom und ich zu jammen angefangen. Unser Produzent hat uns aufgenommen, ohne dass wir es wussten, und wir mochten diesen punkigen Grunge-Sound direkt. Uns war schon klar, dass er nicht nach alt-J klingt, auch wenn unsere Musik selbst ja schwer zu definieren ist. Danach haben wir viel The Stooges und The Velvet Underground gehört und wollten diesen Sound einfach durchziehen.

Das Album erscheint auch auf Kassette. Seht ihr nach dem Vinyl-Hype jetzt das große Comeback der MC? G: Der Vorschlag kam vom Label. Sie meinten, das machen

gerade alle so. Ich war etwas skeptisch. Thom, du magst Kassetten wegen des Sounds, oder? T: Ja, der Sound vom Tape klingt nicht so stark durchdigitalisiert. Viele kleine Produzenten nehmen so in ihrem Schlafzimmer auf und verkaufen die Tapes über Bandcamp, sie lassen sich günstig produzieren. Ich mag den physischen Aspekt davon. G: Wir sind alle mit Kassetten aufgewachsen, sie erinnern uns an unsere Kindheit, und das ist ja nie eine schlechte Sache. Ich habe mein erstes Album auf Tape gekauft: Spice Girls. Wahrscheinlich erlebt die Kassette gerade ihr Revival, weil Vinyl im Mainstream angekommen ist. Die coolen Leute kaufen jetzt Tape. In fünf Jahren gibt es vielleicht ein MiniDisc-Revival. Es passiert höchst selten, dass mir jemand sagt, er fände eure Musik scheiße. Was, denkt ihr, warum mögen euch so viele verschiedene Leute? G: Ich denke manchmal, unsere Musik ist etwas trügerisch.

Sie ist nicht so simpel, aber auch nicht so clever, wie sie klingt. Es ist eine gute Kombination von Pop und interessanten Sachen, die dazu passieren. T: Es ist sehr umgängliche Musik. Viele Leute denken nicht darüber nach, sie schalten sie einfach an und mögen den Sound.

IST TRÜGERISCH«

— alt-J »Relaxer« (Infectious / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 09.06.17) — Intro empfiehlt das Konzert am 13.06.

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#Pop #Pixx

Pixx

KEIN BELIEBIGER SCHEISS!


#Pop #Pixx

D

ie zierliche Hannah Rogers könnte auch als Fabelwesen durchgehen. In einem schillernden Top und mit blondiertem Pixie-Cut posiert die 19-Jährige für ein paar Fotos vor einem goldglitzernden Vorhang wie in einer Wolke Feenstaub. Mit ihrem Look und dem selbstbewussten Blick in die Kamera wirkt sie wie eine Art moderne, abgeklärte Tinker Bell. »Es klingt auch nach Pixies«, sagt sie sichtlich zufrieden über ihr Pseudonym, das sie sich von ihrer Oma Felice geliehen hat. »Das ist ihr Spitzname. Sie hat ziemlich auf mich abgefärbt, vor allem ihre Perspektive auf das Leben«, erzählt Hannah, »sie ist sehr eigenwillig und passt sich nicht an.« Eigenwilligkeit könnte man der jungen Songwriterin durchaus auch zuschreiben. Zwar ist sie freundlich und locker, nimmt aber kein Blatt vor den Mund und sagt, was ihr gegen den Strich geht. »Ich hatte das Glück, dass meine Eltern mir tolle, alte Musik gezeigt haben, viele meiner Freunde kennen dagegen nur Rihanna und solchen Kram«, sagt sie, wenn man sie auf moderne Popmusik anspricht. »Und ich verstehe das nicht – ihre Musik sagt überhaupt nichts aus. Es ist nur Schall. Vielleicht sind die Melodien catchy, aber ich finde, dass Musik Kunst ist, und Kunst sollte immer ein Ausdruck von irgendetwas sein und nicht die ganze Zeit

»In meinem Umfeld gibt es sehr viele, denen »The Age Of es Sorgen bereitet, was auf der Welt passiert, Anxiety« und die sich nicht sicher sind, wohin das alles Audens letztes Gedicht auf geht und was in 20 Jahren mit uns sein wird«, Buchlänge spaltete die Gemüter – bis heute. Während erzählt die Britin. »Das wollte ich aufgreifen. Dichterkollege T.S. Eliot Ich habe versucht, die Texte aus der Perspektive meinte, es sei Audens »best von anderen Leuten zu schreiben. Das habe work to date«, ätzte die New York Times, es sei ich vor diesem Album nie gemacht. Empathie »his one dull book, his finde ich unheimlich wichtig – jeder erfährt one failure«. Und obwohl seine eigene kleine Version des Lebens, jeder Audens Gedicht ein Ballett und ein Musical inspirierte empfindet anders, und vor allem in westli- und er dafür den Pulitzerchen Ländern sind manche völlig blind dem Preis bekam, konnte man gegenüber, was anderswo passiert. Im Song zum Beispiel noch 2010 im britischen Guardian lesen, ›Romance‹ zum Beispiel geht es darum, wie dass Auden in seinem Geunausstehlich gerade junge Leute in diesen dicht grobe formale Fehler Dingen sein können. Manche gehen so auf in begangen habe. ihrer kleinen Welt und jammern: ›Oh, es geht mir so so schlecht‹ – Nein, das tut es nicht!« In Pixx’ Songwriting gibt es oft eine Traumebene sowie Metaphern, Bilder und Ambiguitäten. »Träume finde ich unglaublich interessant – sie sind wie eine parallele Dimension in unseren Köpfen, und manchmal frage ich mich: Wie habe ich diesen absurden Raum erschaffen? Immer ist da dieses seltsame melancholische Gefühl. Aber ich lerne viel aus meinen Träumen«, sagt sie. Den Zombiealbtraum im Wasserpark, den sie in »Waterslides« besingt, ordnet sie als Symptom der tagaus, tagein auf Arbeit gepolten Gesellschaft ein. »Wenn du dich in London in die Bahn setzt, sieht einfach jeder unglücklich aus. Dieser Planet ist so groß, aber wir verbringen die Hälfte unserer Zeit in einem einzigen Gebäude und starren auf einen Bildschirm.« Auch wenn Pixx nur über ihre Leiche jemanden singend dazu aufrufen würde, hell wie ein Diamant zu strahlen, hat sie doch ein Herz für eingängige Synths und Hooks. Ihr kaleidoskopischer Dreampop steckt voller gelayerter Vocals und wechselhafter Regenschauer von Harmonien und Dissonanzen. »Ich schreibe Songs meist aus dem Stegreif, dabei können 100 Stücke entstehen, von denen dann eines gut ist«, erzählt Hannah, die vor allem mit der Gitarre komponiert. »Im Studio war ich zusammen mit Produzenten, die mit diesen ganzen verrückten Synths und Bässen arbeiten. Zu so was hatte ich zu Hause natürlich nie Zugang. Damit konnte ich dann experimentieren, und ich lerne immer noch sehr viel dazu.« Pixx’ EP »Fall In« von 2015 ist im Kern noch ein Derivat von Hannahs geliebtem alten Folk, ihr Album funktioniert nun ein wenig anders: »Nach der EP habe ich gemerkt, dass ich schmissigere Songs schreiben wollte, die live mehr Spaß machen.« Der Weg, den sie dafür eingeschlagen hat, sieht vielversprechend aus. »Ich will besser werden und nie eine von denen Intro-Interview sein, die sinnlose Liebesschnulzen schreiben.« So stand es im Intro-NewUnd wieso hat sie vor nicht allzu langer Zeit comer-Special »So klingt in einem Intro-Interview gesagt, dass sie mit 2016«, in dem wir Pixx Rihanna verglichen werden wolle? »Das hab bereits vorstellten. Ihren Groll gegen leere Popmusik ich gesagt?! Boah, das war entweder sarkas- pflegte sie auch damals tisch gemeint oder ich war völlig betrunken. schon. Über ihr Signing Nee, mit jedem, außer Rihanna. Schreib das beim 4AD-Label sagte sie: »Gerade heute, wo alle bitte genau so!« nur große Popstars und

Inspiriert von der ­Plattensammlung ­ihrer Eltern sagt Hannah Rogers alias Pixx der Belanglosigkeit oberflächlicher Pop-Hits den Kampf an. Auf »The Age Of Anxiety« spielt sie mit der Vielschichtigkeit von Wort, Blick und Klang. Text: Kira Schneider / Foto: Frederike Wetzels nur über völlig beliebigen Scheiß reden.« Die Texte auf ihrem Debüt »The Age Of Anxiety« zeugen von einer erfrischenden Bereitschaft, jenseits des eigenen Bewusstseins und Weltbildes zu denken. Der Titel des Albums dürfte dem einen oder anderen dunkel aus dem Englischunterricht bekannt vorkommen. Pixx hat ihn von ihrem älteren Bruder Luke übernommen. Der spielt auch in ihrer Band und teilt seine persönlichen literarischen Highlights in Form von vollgeschriebenen Notizbüchern mit seiner kleinen Schwester. In seinem Gedicht »The Age Of Anxiety« sinnierte der modernistische Poet W.H. Auden im Jahr 1947 über das Menschsein im Angesicht der rasenden Industrialisierung. 70 Jahre später ist diese Angst geblieben, gilt aber laut Hannah anderen Dingen. Politik, geistige Gesundheit und die Umwelt gehören zu den Themen, die ihr nahegehen.

— Pixx »The Age Of Anxiety«

(4AD / Beggars / Indigo / VÖ 02.06.17)

fantasielose, unbedeutende Musik wollen, bleiben 4AD sich treu und stehen für Musik mit viel größeren Absichten.«

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#Pop #Cover-Welten

Cover-Welten

RAKETEN Lust, Macht, Forscherdrang, Zerstörungskraft und jede Menge Energie – Raketen sind schon tolle (phallische) Symbole, wenngleich eigentlich Verkehrsmittel. Typen wie Juri Gagarin, John F. Kennedy, Wernher von Braun und Kim Jong-Un gelten in dem Zusammenhang als zertifizierte Fetischisten. Wären Raketen Tiere, hätten Hund und Katze im Weißen Haus ihre Zeit längst hinter sich. Und wäre da nicht die Sache mit der Schwerkraft und dem immer schlechter werdenden Gleichgewichtssinn unter Drogeneinfluss – in wie vielen Musikvideos würden uns Gitarrensoli auf dem Rücken einer Rakete geboten? ... Nun gut, das mag allein an der unklärbaren Frage scheitern, wo bei einer Rakete hinten und vorne ist.


ALBUM

ELLENALLIEN.DE BPITCH.DE

OUT

12

MAY

BPC 330 P&C 2017 BPITCH CONTROL 3X12"/CD/DIGITAL

2017

COMING SOON : BPC 332 ELLEN ALLIEN – CALL ME RMXS 12"


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#Pop #Kraftklub

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ie beginne ich dieses Gespräch? Rede ich über die elf Songs, von denen ich acht ziemlich gut und drei ganz okay finde, oder spreche ich gleich über »Dein Lied«, das ich richtig, richtig tragisch und scheiße und schlimm finde – auch wenn ich der Band glaube, dass sie keine Hymne für ChauviSchweine schreiben wollte. Ich entscheide mich für die diplomatische Variante. Denn obwohl das Redaktionsteam viel über den besagten Song diskutiert hat und mir eine entsetzte Autorin gar schrieb, ob wir »die etwa wieder aufs Cover nehmen« wollen, sind Kraftklub eine Band, mit der Intro viel erlebt hat – und zwar bis dato ausschließlich Positives. Und sie sind eine Band, bei der ich nicht unbedingt erwartet hätte, dass wir uns mal so missverstehen würden. Was umgekehrt ebenso gilt, wie ich schnell merke. Aber genau deshalb sitzen wir ja nun in kompletter Besetzung zusammen – weil es eben beiden Parteien wichtig ist, den Blick der anderen zu verstehen. Aber zunächst muss gesagt werden: »Keine Nacht für Niemand« ist mehr als dieser eine Song. Es ist ein typisches Kraftklub-Album, auf dem Felix Brummer wieder viele mal sehr schlaue und mal sehr witzige Dinge singt. Wie der Titel schon erahnen lässt, gibt es viele Zitate und Anspielungen auf deutschsprachige Musikgeschichte, die eher amüsant als anbiedernd Farin Urlaub wirken – inklusive Gastauftritte von Sven Re- Als Farin sein letztes gener und Farin Urlaub. Versucht sich hier Soloalbum »Faszination Weltraum« veröffentlicheine junge Band zu verorten? »Das kann wohl te, fragten wir ihn beim stimmen«, überlegt Felix, »aber nicht so, dass Interview, ob Kraftklub mal wir uns in eine Reihe stellen wollen und uns als das Erbe der Ärzte antreten könnten. Damals sagte Nachfolger einer dieser großen Bands sehen.« er: »Ich mag die. Ganz im Steffen Israel ergänzt: »Es ist eher so, dass wir Ernst. Ich kenn sie nicht, zu ihnen aufschauen und uns freuen, wenn sie hab mich nur zweimal mit ihnen unterhalten, aber ich mit uns zusammenarbeiten wollen.« Und Felix fand sie völlig authentisch. führt zu Ende: »Vielleicht ist es eine Mischung Ich würde mich drüber freuaus Emanzipation von diesen Vorbildern und en. Weil: Zeit wird’s!« zugleich ein Konzentrat aus der Musik, die uns in den letzten 15 Jahren geprägt hat.« Dass es überhaupt schon wieder ein neues Album gibt, hat die Band genauso überrascht wie Fans, Management und Label. »Eigentlich hatten wir uns in eine Pause mit unbestimmter Länge verabschiedet«, erzählt Felix’ Bruder Till. »Und kaum war es so weit, da hatten wir schon wieder Bock, was Neues zu machen.« Diesen Bock hört man vor allem dem besten Song der Platte an: »Fenster« – die Single, die leider erst nach »Dein Lied« veröffentlicht wurde – ist eine mit breitem Grinsen vorgetragene politische Nummer, bei der man sich im Kopf eines Wutbürgers wähnt, jedenfalls bis zum Refrain. In dem bittet Farin Urlaub dann: »Spring aus dem Fenster für mich!« Das hat Haltung, macht Spaß und ist ein verdammter Hit. Plant man Stücke wie dieses? Diskutiert man vorher, ob man es bringen kann, AfD-Wähler zu bitten, aus dem Fenster zu springen? »Es wird auf jeden Fall viel über die Texte diskutiert«, sagt Felix, »aber erst, wenn ich sie quasi angeboten habe. Wir haben uns auch nicht vorgenommen, jetzt mal wieder was Politisches zu machen. Das wäre ja eine fürchterlich arrogante Haltung, weil man erstens automatisch denkt, man stehe auf der richtigen Seite, und sich zweitens so wichtig fühlt, dass man sich zur Lage der Nation äußern muss. Wir fanden den Twist einfach wahnsinnig lustig, und für mich war es eine faszinierende Figur und spannend, mich in so eine Perspektive zu schreiben.« Ob es Anfeindungen gab? »Hey«, lacht Felix, »wir wohnen in Chemnitz, klar gibt es Anfeindungen.« Till ergänzt: »Das Rumpöbeln findet eher im Netz statt. Jemandem auf die

Kraftklub

NICHT MEIN LIED Kraftklub machen auch auf ihrem dritten Album »Keine Nacht für Niemand« vieles richtig. Die Kunst des cleveren Hits haben sie nicht verlernt. Reiben kann und darf man sich allerdings an dem vorab veröffentlichten »Mein Lied«, das Daniel Koch und das gesamte Redaktionsteam gelinde gesagt verstörte. Eine spannende Ausgangslage für ein Gespräch, dem sich die gesamte Band stellte. Foto: Philipp Gladsome


#Pop #Kraftklub

Fresse zu hauen oder auf der Straße hinterherzubrüllen scheint noch ‘ne höhere Hemmschwelle zu haben.« Jetzt führt im Interview aber kein Weg mehr vorbei an »Mein Lied«. Ein Trennungsstück, das wie so oft in Felix’ Songwriting als Rollenprosa getextet ist. Der männliche Erzähler gibt sich aufgeräumt, singt für die Ex, die sich immer ein Lied von ihm gewünscht hat. Das bekommt sie nun. Der Twist ist ein ähnlicher Schockmoment wie bei »Fenster«. Zunächst seufzen Geigen in der Strophe: »Du hast doch ständig gesagt: ›Schreib mir mal ein Lied! / Einfach so, um mir zu zeigen / Wie sehr du mich liebst‹ / Na, dann dreh mal die Anlage auf / Geh raus auf den Balkon / Breit die Arme aus / Und sing zu deinem Song.« Pathos und Pomp. Und dann dieser Refrain: »Du verdammte Hure, das ist dein Lied / Dein Lied ganz allein.« Auch hier merkt man: Der krasse Bruch sollte lustig sein. Nur funktioniert der Witz leider nicht. Die Zeitung Die Welt schrieb so süffisant wie falsch: »Linke Feministinnen haben sich auf die Band Kraftklub eingeschossen, weil in ihrer Single ›Dein Lied‹ eine Frau als ›Hure‹ bezeichnet wird.« Aber genau das stimmt nicht, ist wie so oft das simpel gestrickte Lagerdenken, das Die Welt beim Thema Feminismus immer wieder auspackt. »Dein Lied« fanden alle Kraftklub-Fans in meinem Freundeskreis unsympathisch, gerade weil es die perfekte Feuerzeuge-raus-Hymne für

Mario-Barth-Fans ist, gegen die man in »Songs Für Liam« noch angesungen hat. Und weil der Song auf perfide Weise funktioniert: Die Hemmschwelle, mitzugrölen und die hasserfüllte und weinerliche Sichtweise des Erzählers zu teilen, ist durch Melodie und Aufbau recht niedrig. Die Nummer reißt mit, wenn man das Hirn abschaltet. Halt auf doppeltem Boden oder einen Hauch von Ironie findet man höchstens in der Zeile: »Und, ja, es stimmt, dass ich vielleicht etwas konfliktscheu bin.« Fair enough: Kraftklub stellen sich dieser Diskussion. »Spannend ist es schon, dass ein Song solch eine Debatte auslöst und das Thema in den Fokus bringt«, sagt Felix. »Für uns war es schade, dass die Leute es sich da ein wenig einfach gemacht haben. Die bösen Rapper dürfen solche Worte benutzen, aber wenn sie von einer anKaput Mag ders verorteten Band kommen, ist die Irritation Auf kaput-mag.com vom groß. Das verstehen wir. Aber bei einigen klang Ex-Intro-Chefredakteur es so, als dachten sie: ›Ah, okay, dann waren das Thomas Venker und ExIntro-Redakteur Linus Volk- schon immer Chauvi-Schweine und Sexisten, mann gibt’s mal verkopften und wir haben es vorher bloß nicht gemerkt.‹ Meta-Musikjournalismus, Und wer uns kennt, weiß eigentlich, dass wir mal Gaga-Texte mit Haltung. Unsere Autorin Paula so nicht sind. Der Gedanke, dass der Song Irmschler schrieb dort den Kunst sei, die sich in eine Perspektive hineinText »Die Schlampe in der versetzt, kam vielen anscheinend nicht. Ich Popmusik«. Findet ihr hier: bit.ly/kraftklubkaput teile die Meinung dieses Typen nicht. Ich fand die Idee eines Rachesongs nicht unoriginell, und ich wollte, dass man in diese Wut, diesen Schmerz, diesen Hass eintauchen kann – deshalb auch diese härteste aller Beleidigungen, die natürlich weder reflektiert noch politisch korrekt ist. Aber das ist nicht die Realität – das ist Fiktion. Und trotzdem wirft man uns vor, wir würden das Wort ›Hure‹ salonfähig machen. Obwohl es eine bewusste Übertreibung war, die eigentlich zeigen sollte, wie daneben sie ist.« Und, so Till, »eigentlich hing sich die gesamte Diskussion anfangs an diesem einen Wort auf.« Spannend wurde die Diskussion, als zum Beispiel das Kaput Mag aufzeigte, dass männlicher Trennungsschmerz in der Musik oft als Hass auf die Ex und Slutshaming kompensiert wird, während der weibliche Blick auf eine Trennung eher mit einem neu gewonnenen Freiheitsdrang verarbeitet wird. Felix bringt zu seiner Verteidigung einen letzten, auch nicht ganz falschen Punkt an: »Ich finde diesen beiläufigen Sexismus in einigen Rap- oder R’n’BSongs viel schlimmer. Da gibt’s manchmal ›Lutsch meinen Schwanz‹- oder ›Die Schlampen können meinen Wagen waschen‹-Lines, die einem fast durchrutschen, weil sie so selbstverständlich gedroppt werden, da es in diesem Genre normales Vokabular zu sein scheint.« An dieser Stelle hätten beide Seiten gern weiterdiskutiert, was der tighte Interviewplan jedoch leider nicht hergab. Trotzdem will Felix noch mal klarstellen: »Ich will gar nicht mitleidig argumentieren, ich verstehe die Reaktionen und möchte erfahren, wie sie zustanden kamen.« Es ist ihnen also schon aufgefallen, dass auch Partner, die wissen, wo Kraftklub stehen, irritiert waren. Am Ende bleibt die spannende Frage, ob man auf ihren Konzerten betrunkene Männer sehen wird, die ihren Freundinnen vergnügt »Du verdammte Hure« ins Gesicht singen. Dazu erklärt Felix: »Ein erster Vorwurf an uns war: ›Ihr habt teilweise ein junges Publikum, das werden die doch mitsingen!‹ Wir haben den Song noch nie live gespielt, und trotzdem war das eines der Hauptargumente der Kritik.« Also wird uns die »verdammte Hure« wohl doch erspart bleiben – zumindest live? Wir hoffen drauf. — Kraftklub »Keine Nacht für Niemand«

(Vertigo Berlin / Universal / VÖ 02.06.17)

— Auf Tour vom 02.06. bis 04.11.

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#Pop #Slowdive

Slowdive

TEENAGER MIT GRAUEN HAAREN

Vier Jahre nach dem Comeback von My Bloody Valentine ist Shoegaze endgültig zurück – mit neuen Alben von Ride und Slowdive und vielleicht zeitgemäßer denn je. Steffen Greiner wühlte mit Slowdives Neil Halstead und Simon Scott in Erinnerungen und spürte dem Altern des inneren Teenagers nach. Foto: Carmen Catuti


#Pop #Slowdive

I

m letzten Lied des Konzerts öffnet sich ... irgendwas. Bis hierhin war man einfach Teil einer Menge von überwiegend mittelalten Männern und Studitypen mit unbeholfenen Bewegungen, ein klassisches Rockkonzert nach der Ära Rock eben. Jetzt ist hier was anderes: eine neue Dimension. Bisschen hypnotisiert starrt man in die Spirale aus Licht und Sound auf der Bühne. Sogar die Studitypen finden ihren Rhythmus. Alles fällt an den richtigen Ort. Glückseligkeit. Reinheit. Und wenn man denkt, das war es jetzt, höher kann es gar nicht gehen, das ist doch auch nur eine Band mit Gitarren und so weiter, dann sieht man, wie Rachel Goswell irgendein Pedal zu ihren Füßen tritt, und schon schubst einen die Musik noch weiter raus und rauf und weiter und weiter, kratzt die letzten Reserven Dopamin in die Nervenbahnen, hört einfach nicht auf, offen zu sein, weit und schwebend, sich immer weiter hinaus spiralisierend, von Akkordwechsel zu Akkordwechsel. »Mir bläst es jedes Mal das Hirn weg. Ich hoffe, das klingt nicht zu prätentiös, aber auf der Bühne zu stehen und diese Musik zu spielen ist einer der wenigen Momente zumindest in meinem Leben, bei denen ich wirklich ganz im Jetzt sein kann. Bei dieser Lautstärke und den lauten Gitarren lasse ich mich tatsächlich gehen«, sagt Schlagzeuger Simon Scott im Interview am Tag nach dem Konzert im Berliner Festsaal Kreuzberg. Sänger und Gitarrist Neil Halstead schiebt ironisch von der Seite ein: »Du wirst zum Tier!« Slowdive haben lange auf diese Momente verzichtet: 1995 löste sich die Band auf. Seit 2014 geben sie wieder Konzerte. Nun haben sie ein neues Album aufgenommen und sitzen da wie Dudes, die mit 40 ihre Abifahrt wiederholen, tauchen ein in Erinnerungen und Insidergags. Shoegaze, the scene that celebrates itself, entstand Mitte der 80er-Jahre, hatte eine Hochphase in den frühen 90ern und wurde dann mit dem Aufkommen von Grunge und den neuen Lad-Sensationen aus England in einer Dimension niedergemacht, die sogar für die britische Musikpresse heftig war. Slowdive gehörten zur zweiten Generation des Genres, sichtbar geworden parallel zu Gruppen wie Ride und Lush. Bands, für die My Bloody Valentine mit ihrer »perfekten Kombination aus The Byrds und Sonic Youth« (wie Halstead sich erinnert) Vorbild waren. »Wir würden gar nicht existieren ohne My Bloody Valentine«, sagt er. Doch die Harmonie im euphorischen Rauschen des Shoegaze währte nur kurz. »I hate Slowdive more than Hitler«, sagten die Manic Street Preachers. Der Melody Maker wollte laut eigener Aussage lieber in Porridge ertrinken, als ihr zweites Album »Souvlaki« noch einmal zu hören. Alan McGee, Entdecker von Bands wie Oasis und The Jesus And Mary Chain, wollte Slowdive damals zwingen, endlich ein Pop-Album vorzulegen. Eine Woche nach Erscheinen des dritten Albums »Pygmalion« warf sein Creation-Label die Band schließlich raus. Der dauerhaft schwebende Sound von Reverb und süßen Melodien hatte sich aus einer Gegenwart gespielt, in der gerade Geschichte gemacht wurde. Slowdive wurden ohne Simon Scott, aber mit dem Front-Gespann Rachel Goswell und Neil Halstead zur Band Mojave 3 und machten psychedelischen

Hyper-Harmonie-Folk. Und wurden zu einer ganz eigenen Größe, während Slowdive langsam posthum zu Legenden wuchsen. 2014 kamen sie erneut zusammen. Warum sich das alles noch einmal antun, nach 20 Jahren? »Wir waren die meiste Zeit einfach Kids, die das genossen haben. Wir waren eine Gang. Wir liebten es, Musik zu machen, wir genossen das Zusammensein und das Touren. Dann wurde es abgefuckt. ›Pygmalion‹ war ein Scheitern auf jeder Ebene. Unser Label kickte uns. Und wir dachten uns: ›Na ja, gut.‹ Aber als Band fühlten wir auch: Wir haben eine Menge erreicht, kreativ gedacht, wir haben genug getan«, sagt Halstead. Was 1995 dazu führte, dass er radikal den Stil wechselte, sorgte 2014 für einen radikalen Willen, wieder als Slowdive auf die Bühne zurückzukehren: die Lust am Abstrakten, am Ambient-Sound, an purem Lärm. Dabei war von vornherein geplant, neue Musik zu machen. Tatsächlich entstand, ähnlich wie bei My Bloody Valentine, die nach 22 Jahren Pause 2013 ein drittes Album veröffentlichten, nun – nach ebenso vielen Jahren – ein viertes, selbstbetiteltes Slowdive-Album. Ein wenig ist es ein Meta-Album geworden, das die brillanten Pop-Seiten des zweiten mit den the scene that experimentellen Räumen des dritten Albums celebrates itself So genannt, weil sie – seiverbindet. Überraschung geht anders. »Die Musik musste zu sich selbst finden. nerzeit wohl unvorstellbar – Bands eher vernetzte, statt Wir mussten die Brücke schlagen von etwas, sie als verfeindete Gangs das für uns völlig neu ist, zu den Klängen, aufzustellen, wie das im mit denen wir vertraut waren«, beschreibt es Britpop kurz darauf wieder zur Norm wurde. Den BeNeil Halstead. Aber hätte man etwas völlig griff etablierte der Musikanderes überhaupt hören wollen? Überra- journalist Steve Sutherland schend ist eher, dass auch die Vibes geblieben im Melody Maker. sind – waren die ersten Alben doch »definitiv angsty Musik, angemessen dem Seelenleben Mojave 3 von Teenagern«, wie Simon Scott sagt. Und er Halstead, Goswell und erklärt weiterhin: »Wir sind auch immer noch Schlagzeuger Ian McCutcheon veröffentlichten ihr diese Teenager. Nur eben mit Kindern und Debüt nur wenige Monate grauen Haaren.« Neil: »Und wir sind immer nach dem letzten Slowdivenoch genauso verwirrt wie damals.« Simon: Album. »Ask Me Tomorrow« enthielt Skizzen, die »Wenn nicht sogar mehr.« Halstead bereits während Vielleicht ist das der Grund, warum der Sessions zu »PygmaliShoegaze wieder ganz im Heute angekom- on« geschrieben hatte. Vier weitere Alben – file under: men ist, warum Bands im Geiste des Genres in Alternative-Country meets den letzten Jahren oft genug Pop-Avantgarde Slowcore – erschienen waren, seien es Wavves, Crystal Castles oder, seitdem, das letzte 2006. weit früher, Sigur Rós: Weil die Angst zurückkehrt, die Ungreifbarkeit. Die machistischen Typen des Britpop passten wunderbar zu einer Zeit, die wirkte, als künde sie von der Ankunft des Paradieses: Der Kalte Krieg war beendet, die Bombe gebannt. Die Guten hatten gesiegt, Unsicherheiten und Utopien waren passé. Britpop war Triumphgeheul, Shoegaze ein zugleich wagendes wie verzagtes Schulterzucken mit der Ahnung, dass unter dem Lärm doch immer irgendwo Süße liegen könnte. Vielleicht kommt mit dem Chaos der Weltpolitik, dem wachsenden Sexismus, Nationalismus und Rassismus erst jetzt, mit 30 Jahren Verzögerung, die eigentliche Zeit für eine Musik, die Geborgenheit und Freiheit zugleich beschwört und den Hörerinnen und Hörern Freiräume im Kopf lässt. Sie ist schon da. Ob es noch weitere Alben von Slowdive, Ride oder My Bloody Valentine braucht, sei dahingestellt. Aber wenn fünf Musikerinnen und Musiker in ihren Leben wieder loslassen können – vielleicht haben sich die neuen Slowdive-Songs dann schon gelohnt. — Slowdive »Slowdive« (Dead Oceans / Cargo) — Auf Tour ab 18.06.

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#Pop #Giant Rooks

Giant Rooks

EINE HAMMER STORY Vom Städtchen Hamm in Nordrhein-Westfalen kennen viele nur den Bahnhof. Da die Deutsche Bahn hier ihre Züge teilt, dauern die Stopps immer ein wenig länger. Statt zu warten, sind Daniel Koch und Fotografin Lea Franke einfach ausgestiegen und haben Giant Rooks zum Spaziergang und Interview getroffen.

E

ins zu Null für Giant Rooks: Als ich die fünf Jungs frage, ob sie das Kompliment »Hammer Band« schon mal gehört haben, sagt Keyboarder Johnny trocken: »Hamm wa.« Die Stadt mit ihren 180.000 Einwohnern kann sich Wortspiele mit dem eigenen Namen übrigens auch nicht verkneifen und nennt eines ihrer Festivals doch glatt »Hammer Summer«. Wir treffen Frederik, Finn I, Finn II, Johnny und Luca an der Pauluskirche im Stadtzentrum. Es ist Frühling. Sonnig. Warm. Früher Nachmittag. Eine gute Zeit also für ein erstes Freiluftbier. Sänger und Gitarrist Frederik schlägt »Hardy’s – Restaurant & Kneipenkultur« in der Fußgängerzone vor. »Der Laden wurde gerade neu eröffnet. Hardy hatte vorher das Louis – eine der wenigen guten Bars, in denen einmal die Woche Livemusik gespielt wurde.« Viele Orte dieser Art gibt es in Hamm nicht. Aber, so Frederik: »Es ist auch ein Vorteil, dass man hier nicht viele Möglichkeiten

zum Ausgehen hat. In Berlin oder Köln hätten wir vermutlich nicht so diszipliniert arbeiten können und wären ständig auf Konzerten gewesen.« Die fünf Jungs, von denen zwei gerade im Abi-Stress sind, während die anderen drei selbiges schon in der Tasche haben, nehmen die Sache mit der Musik sehr ernst. Das spürt man bei ihren Konzerten, das hört man auf der erstaunlich reifen EP »New Estate«, und das klingt aus Antworten wie dieser von Gitarrist Finn, der übrigens der Cousin von Sänger Frederik ist: »Wir proben jeden Nachmittag und haben von Anfang an gesagt: Unser Anspruch ist, dass wir was Ernsthaftes starten wollen. Wer dabei ist, muss auch den ganzen Weg gehen wollen.« Was sich hier vielleicht etwas streberhaft liest, wirkt im Gespräch eher euphorisch. Dass diese Jungs Bock haben, ist nicht zu übersehen. Zusammengefunden hat man sich übrigens durch den Freundeskreis und über Schul-Connections.

Nach dem Bier schlendern wir zum Martin-Luther-Viertel, dem »Künstlerviertel« der Stadt, das man vor allem an den bemalten Hauswänden und dem einen oder anderen Atelier erkennen kann. Derweil zählen die fünf ihre ersten Konzerte auf, eine recht geschmackssichere Liste: Biffy Clyro in der Zeche Bochum, Hurricane 2012 und Black Rebel Motorcycle Club. Nur einer der fünf ist gestraft mit einem Adel-Tawil-Konzert, auf das er seine Schwester begleiten musste – und erntet freundlich-böses Gelächter. Die Musiksozialisation bei allen Bandmitgliedern begann schon früh: »Unsere Eltern haben uns schon als Kinder auf Festivals wie das OBS mitgenommen«, erzählen sie. Frederik und Finn gründeten außerdem schon mit neun ihre erste Punkband. »Wir hießen mal Hammer Rocker, dann Plan B, The Black Stars und auch mal Point Of Point«, sagt Frederik, »und wir hatten Smash-Hits wie ›Beat The Heat And Stop Global Warming‹ und ›Exhibitionisten,


#Pop #Giant Rooks

wir hassen euch!‹« Finn muss lachen und ergänzt: »Das war wirklich ein Thema, das uns beschäftigt hat: Bei uns in der Straße gab es einen Typen, der immer nackt rumlief.« Giant Rooks bespielen mit ihren Songs den kompletten Festivalsommer. Die ersten Konzerte verdanken sie einem Nachwuchswettbewerb, in dessen Jury der Booker des Gleis 22 saß. Er gab ihnen die Chance, in Münster als Vorband zu spielen. »Ab da nahmen wir jede Gelegenheit war, irgendwo live zu spielen«, sagt Frederik.

Wir kaufen uns ein weiteres Gehbier in einer Pizzeria und hocken uns für die letzte Gesprächsrunde an die durch Hamm fließende Lippe. Es geht um die nächsten Karriereschritte, die die fünf nach dem Abi noch entschlossener gehen wollen. Bisher mussten Giant Rooks ihre Touren oftmals so organisieren, dass die beiden Schüler nachts noch nach Hause konnten, um am nächsten Morgen in der Schule zu sitzen. Die anderen haben derweil quasi auf die Jüngeren gewartet. »Das war schon ein Thema bei uns«, sagt Finn. »Wir mussten die

eine oder andere Barriere überwinden, weil diese Entscheidung natürlich bedeutet, dass wir erst mal alles auf die Musik setzen und zum Beispiel kein Studium anfangen.« Frederik meint: »Man könnte das als gesellschaftlichen Druck sehen, aber ich empfinde das nicht so. Einige Leute studieren, wir machen jetzt erst mal das mit der Band.« Auf dem Weg zum Bahnhof, wo sich Johnny noch schnell einen Döner gönnt, erklären Giant Rooks, dass sie sich mit ihrem Debütalbum Zeit lassen werden, weil auch das ihren hohen Ansprüchen genügen muss und man jetzt erst mal den Festivalsommer mitnehmen will. Keine schlechte Idee. Wie es mit dieser jungen Band weitergeht? Es bleibt spannend. Und eine Hammer Story wird’s in jedem Fall. — Giant Rooks »New Estate« (EP / Haldern Pop / Rough Trade) — Auf Tour vom 31.05. bis 26.08.

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#Pop #Briqueville

Briqueville

AUS NUR EINER NOTE GEBOREN


#Pop #Briqueville

Sie tragen Masken, samplen Freud und suchen die Tugend in der Geduld. Sie konzentrieren sich aufs Kollektiv, auf die Wiederholung und auf einen Sound, der ganz treffend Spiritual Metal genannt wird. Aber das war eher Zufall, denn geboren wurden Briqueville aus nur einer einzelnen Note. Carsten Schumacher ist so begeistert von dieser Band, dass er es nicht bloß bei einer Review in seiner Metal-Kolumne belassen wollte.

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riqueville ist eine Referenz auf ein kleines Dorf in der belgischen Gemeinde Temse, an der die Schelde vorbeizieht. Vor zehn Jahren probten dort verschiedene Bands in einem alten Schulgebäude. Da alle zufällig auf demselben Festival spielen sollten, kamen sie auf die Idee, eine bandübergreifende Jam-Session auf Basis einer einzigen Note zu organisieren. Wenn Musiker unterschiedlichster Richtungen zusammentreffen, kommt man eben beim kleinsten gemeinsamen Nenner zusammen, bei der kleinsten musikalischen Einheit. »Wiederholung und der tranceartige Zustand haben uns schon immer fasziniert«, geben Briqueville zu Protokoll, die stets mit einer Stimme antworten. Hinzu kommt, dass sie eines Tages vor dem Eingang des Schulgebäudes eine Begegnung mit einem alten Mann hatten. Der erzählte von einem Vatermord an genau dieser Stelle – ein Sohn habe seinen Vater mit einem Hammer getötet. All das diente Briqueville der Inspiration, lieferte ihnen weitere Ebenen in diesem stampfenden Mantra von Sound, in dem die Band eins wird. Sie selbst sehen darin ein Experiment mit der Wiederholung, »wie man sie in nicht-westlicher Musik findet«. In früheren Sessions versuchte sich die Band sogar an afrikanischen Rhythmen, kehrte aber wieder zu dem zurück, was man verwegen auch Sufi-Doom-Metal nennen könnte. Aber gibt es eine Verbindung aus Metal und Spiritualität? Die Band Laibach behauptete einst, Metal sei die religiöseste Musikform, denn nur hier gäbe es mit White Metal und Black Metal gleich zwei am Glauben ausgerichtete Subgenres. »Metal ist per definitionem nicht religiös, aber auch wenn es widersprüchlich scheint, gibt es eine Analogie zwischen beidem«, antworten die düsteren Männer von Briqueville. »Beide rufen dasselbe Gefühl von Erlösung hervor, und darüber hinaus bieten sie auf eine Art dieselbe Orientierungshilfe.« Dazu passt auch der Begriff »Kutte« für die identitätsstiftende Weste mit den ikonografischen Aufnähern der Metal-Jünger. Oder die schwarzen Roben, in denen Briqueville auftreten, zusammen mit goldenen Masken, die die Identitäten der Musiker endgültig tilgen und das Konzert einer mystischen Zusammenkunft gleichen lassen. Hinzu kommt ein merkwürdiger gesampelter Singsang von einem der Maskenmänner, der allerlei elektronische Gerätschaften und ein Turntable bedient. Das Ganze erinnert an eine Séance. Gibt es also einen okkulten Hintergrund? »Da müssen wir dich enttäuschen. Es gibt ein Sample des berühmten Neurologen Sigmund Freud, alle anderen Geräusche sind entweder verzerrte Instrumente oder modifizierte Field Recordings.« Zudem weisen Briqueville darauf hin, dass sie ihre Masken bereits vor zehn Jahren und damit vor dem Aufstieg der ebenfalls maskierten schwedischen Band Ghost getragen hätten. Man wolle

eben keinen einzelnen Frontmann und keinen Personenkult. »Nenn uns altmodisch oder romantisch, aber wir mögen das Mysterium, das einmal Teil von Musik und Künstlern war.« Die groben, schim- Personenkult mernden Masken Trotz Masken hat der schränken die Musi- Faktor »Personenkult« die Band Ghost tatsächlich ker zwar ein, sind aber eingeholt. Sänger und Band auch prägend für den prozessieren derzeit und Sound, denn beson- haben einander die Masken heruntergerissen. Es heißt, ders viel sehen lässt Sänger Papa Emeritus III. sich dadurch nicht. Eine non-verbale Kom- habe seine Mitmusiker munikation ist quasi ausgeschlossen, denn sie wie Angestellte behandelt und mittlerweile komplett haben nicht einmal Augenkontakt. »Die Mas- ausgetauscht. ken helfen uns, unsere Musik zu justieren und in dieselbe Richtung zu spielen.« Entsprechend Berg von proben sie auch maskiert. Der Schlagzeuger Tierknochen übernimmt die Führung und fungiert als eine Die auf dem Cover von Art Blindenhund. Briquevilles »II« abgebilIn diesem außergewöhnlichen Setting kon- dete Kunstinstallation von zentrieren sich die Musiker – kommen sie Herman de Vries ist Teil der Sammlung der Verbeke nun aus Jazz, Metal oder Electro – auf den Stiftung in Stekene. Den gleichen minimalen Sound, der ihnen eine Knochenberg hat sich die eigentümliche Klarheit beschert. Ein Sound, Natur mittlerweile komplett zurückgeholt, das Weiß der der auch jene überzeugt, die bislang abso- Knochen ist nunmehr grün lut nichts mit Metal zu schaffen hatten. Wie überwuchert. De Vries ist zum Beispiel der berühmte niederländische übrigens gelernter Gärtner und war Mitarbeiter am Künstler Herman de Vries. Auf ihn wurde die Institut für angewandte Band aufmerksam, als sie eines seiner Werke biologische Forschung in fotografierte: einen grotesk aufgehäuften Berg der Natur. von Tierknochen. Sie kontaktierten daraufhin den mittlerweile 86-Jährigen, schickten ihm ihre Musik zusammen mit der Bitte, dieses Bild auf ihrem zweiten, schlicht »II« betitelten Album nutzen zu dürfen, und stießen auf ungebremsten Enthusiasmus. Der Künstler wollte einzig klein auf der Rückseite genannt werden. Schlicht und gesichtslos wie die Band, die aus ebendiesen Merkmalen ihre Kraft zieht und deren Musik mit Sicherheit nie in irgendwelchen Hitlisten erscheinen wird. Das Vinyl gibt es übrigens auch in »Knochen-Weiß«. Bislang ist die Wirkung von Briqueville übrigens auf Belgien und Randbereiche von Frankreich und den Niederlanden beschränkt, wie man an den Tourdaten ablesen kann. Und das zehn Jahre nach Bandgründung und vier Jahre, nachdem sie gefragt wurden, ob sie für die PostMetal-Band Amenra eröffnen wollen, was wiederum den Grundstein für die Idee einer Diskografie legte. Doch das ist ganz im Sinne der Band: »Es liegt eine Tugend in der Geduld«, orakelt das Kollektiv. Ganz offensichtlich haben sie keine Eile. Das mag einerseits an der Zeitlosigkeit ihres Sounds liegen oder daran, dass die Masken keineswegs nur Gimmick sind. Sie sind eine Art alchemistischer Trick, vielleicht sogar der Weg zum ewigen Leben: »Die Masken machen es viel einfacher, das Line-up zu ändern, ohne dass es jemand merkt.« — Briqueville »II« (Brisk / Rough Trade)

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#Pop #London Grammar

London Grammar

KEINE ANGST VOR DER WAHRHEIT Der Dalai Lama und mein letzter Glückskeks sagen: »Junge Menschen haben eine starke Liebe zur Wahrheit.« Das trifft besonders auf die jungen Briten London Grammar zu. Şermin Usta sprach mit Hannah Reid, Dot Major und Dan Rothman über die wichtigsten Lektionen ihrer jungen Karriere, Freundschaft, Unabhängigkeit und ihr Zweitwerk »Truth Is A Beautiful Thing«. Foto: Ophelie Rondeau

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erlin, Herbst 2014. Mehrere Tausend Menschen schauen gebannt auf die Bühne. In der Mitte steht Sängerin Hannah Reid im Scheinwerferlicht. Dan Rothman platziert sich links von ihr, seine Gitarre im Anschlag. Daneben Dot Major am Keyboard. London Grammar machen ihre Sache verdammt gut. Für den Anfang zumindest. Hannahs schüchterne Art, die – womöglich dem Lampenfieber geschuldete – geringe Kommunikation mit den Fans, das Farbenspiel der wechselnden Lichtshow passen perfekt zum gefühlvollen Indie-Pop des Trios. Es folgen großartige Songs ihres 2013er-Debüts »If You Wait«, die Hannah zwischen Altund Kopfstimme in die restlos ausverkaufte Columbiahalle singt. Ein Jahr nach ihrem Auftritt im intimen Rahmen des Grünen Salon stehen sie vor ihren Fans und machen nicht mal den Anschein, als wüssten sie, wie viel sie für ihre Anfang Zwanzig bereits können und wie souverän die erst 2009 gegründete Band ihre ganz eigene Verletzlichkeit beherrscht. »Die zwei Jahre auf Tour waren anstrengend«, sagt Hannah, »aber auch eine besondere Erfahrung, die uns viel gelehrt hat. Trotzdem hat sich jeder von uns danach einige Monate rausgezogen und Zeit für sich genommen, um den Kopf frei zu kriegen und auch gedanklich Platz für die neue Platte zu schaffen.«

Reid und Rothman lernten sich an der Universität von Nottingham kennen. Nach einer Phase als Coverband versuchten sie sich, nachdem Schlagzeuger Dot Major die Band komplettiert hatte, auch am Songwriting. Nach einigen Gigs vor Freunden wurde im Dezember 2012 der Track »Hey Now« online gestellt. Innerhalb weniger Wochen entstand ein Hype, auf den bald darauf ihr Debüt folgte. Zurück in der Gegenwart: Ich erinnere mich gut daran, wie nach dem Brexit-Referendum im vergangenen Juni im TV eine Analyse und Debatte die nächste jagte. Jeder Reporter schien auf den Straßen Londons unterwegs zu sein, um die Wahrheit hinter dem Debakel aufzuklären. Aber selbst die Journalisten verstanden nicht, welchen Rattenschwanz diese Entscheidung nach sich ziehen würde, vor allem für junge Briten. Noch weniger schienen es die in Schockstarre verweilenden »If You Wait« Unter-Dreißigjährigen zu glauben, die im Ge- Nach der Veröffentlichung gensatz zu vielen Alten nicht gewählt hatten. ihrer gefeierten EP »Metal & Dust« und mehreren Heute, knapp ein Jahr nach dem Wahlausgang, Festivalauftritten schien kommt mir beim Gedanken daran eine in die- die Aussage von Hype sem Kontext traurige Songzeile von London Machine, »das kommende Album von London GramGrammar in den Sinn: »Wasting my young mar sei eines der meist years, it doesn’t matter.« Dass das aber nicht erwarteten Debüts des Jahstimmt, weiß auch die Band. Auf ihrem neuen res«, gar nicht weit hergeholt. Auf ihrem gemeinsam Album nähern sie sich sehr persönlich und mit den Produzenten Tim subtil dem Thema Politik. Denn wie in der Bran und Roy Kerr in Liebe dreht sich im Grunde auch hier alles 18-monatiger Intensivarbeit fertiggestellten gefeierten um die Wahrheit – oder eben die Lüge. Wie Debüt thematisieren sie weit man mit Letzterer kommt, wird die Ge- Mittzwanziger-Identitätskrisen und Herzschmerz. schichte zeigen. Für London Grammar ist die janusköpfige Angelegenheit mit der Wahrheit dennoch keine streitbare. Sie ist schön und für jeden von uns wert genug, um dafür einzustehen. Aber ist es auch auf persönlicher Ebene – beispielsweise innerhalb eines Bandgefüges – wichtig,


#Pop #London Grammar

immer ehrlich zu sein? »Ich kenne die beiden besser als sonst irgendwen«, erzählt Dot. »Es macht keinen Sinn, Dinge vor ihnen geheim zu halten. Besonders auf Tour nicht. Wenn mit den anderen was nicht stimmt, merke ich es sofort, auch wenn ich nicht sofort weiß, wo das Problem liegt.« Dan: »Es tut einfach gut, sich nicht verstellen zu müssen. Besonders, wenn man weiß, dass es einige Bands ihre Karriere gekostet hat, weil sie nicht immer ehrlich zueinander gewesen sind.« Vor allem für unerfahrene Künstler kann Wahrheit in jeglicher Form heilsam sein: die ersten Platten- und Konzertkritiken, gute und schlechte Interviews bis hin zum stressigen und manchmal desillusionierenden Tour-Alltag, der Zerreißprobe und gleichzeitig Schule des Lebens sei, wie Hannah erklärt. Die eigenen Wünsche ernst zu nehmen, ehrlich ausdrücken zu können und sie dann mit den

Bandkollegen im Studio auszuprobieren, ohne sich dabei von Entscheidungsangst lähmen zu lassen, das ist die hohe Kunst, der sich Hoffnungsträger wie London Grammar beim zweiten Album stellen müssen. Außerdem müsse man lernen, dass jede Entschei- Chance The Rapper dung zu dritt ein Kompromiss ist. ... ist ein enger Freund der Auch auf ihrem neuen Album haben sie die Familie West und gleichzeitig Kanyes größter Fan. Songs fast ausschließlich selbst geschrieben. Dass das allein kein KriHilfe bekamen sie im Laufe der Albumpro- terium für echte Coolness duktion von Paul Epworth (Florence + The ist, weiß auch Chancelor Bennett, wie der Chicagoer Machine, Bloc Party), Jon Hopkins (Brian Eno, MC gebürtig heißt. Nach King Creosote) und Greg Kurstin (Sia, Beck) seinem 2013er-Durchbruch sowie Tim Bran und Roy Kerr, die auch schon »Acid Rap« veröffentlichte der heute 24-Jährige 2016 am Debüt feilten. Sind sie manchmal traurig sein bisher bestes Album darüber, dass mit der Professionalität auch »Coloring Book«. der DIY-Spirit ein wenig abhanden gekommen ist? »Wir denken auf jeden Fall oft an die Garage meiner Eltern zurück. Besonders Hannah«, erzählt Dan und blickt lächelnd zu seiner Bandkollegin. »Ich würde sofort dahin zurück«, gesteht Hannah lachend, »die meisten Songs unseres ersten Albums sind dort entstanden.« Dan: »Aber ich finde nicht, dass wir das verloren haben. Im Gegenteil: Wir versuchen weiterhin, alles selbst zu entscheiden. Der DIY-Gedanke betrifft uns Musiker immer mehr. Bestes Bespiel ist doch Chance The Rapper, der hat es komplett im Alleingang geschafft.« — London Grammar »Truth Is A Beautiful Thing« (Island / Universal / VÖ 09.06.17) — Auf Tour am 09.09.

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PRESENTED BY

DIE ANTWOORD ▃ BONOBO LIVE ◊ M.I.A. ▀ PHOENIX ▂ THE KILLS ◊ BILDERBUCH ≈ FATBOY SLIM* ▁ RICHIE HAWTIN CLOSE ▄ MODESELEKTOR DJ ▥ DIXON ▁ TALE OF US ◊ SAMPHA ▃ SOHN ▀ MØ ▥ WARPAINT ▃ GLASS ANIMALS ◊ SOULWAX ▂ CLAPTONE ▃ KÖLSCH DJ ≈ KATE TEMPEST ▁ KAMASI WASHINGTON ◊ MARCEL DETTMANN ▥ ADAM BEYER ▂ RECONDITE LIVE ▌▌ ÂME B2B RØDHÅD ▂ MACEO PLEX ▃ HERCULES & LOVE AFFAIR ▃ JON HOPKINS DJ ◊ ELLEN ALLIEN ▥ HVOB & WINSTON MARSHALL AGENTS OF TIME ▃ AGORIA ▁ ANDY BUTLER DJ ▀ AURORA HALAL LIVE ▥ B.TRAITS* ▃ BASSDEE ▂ BARKER & BAUMECKER ◊ BEN FROST LIVE ▃ BICEP LIVE ▁ BJARKI LIVE ▀ CINTHIE ≈ CATZ ’N DOGZ ▂ COURTESY ▁ DAN BEAUMONT ≈ DANIEL AVERY ▥ DAVE ▌▌ DAVIS ▄ DEKMANTEL SOUNDSYSTEM ◊ DENIS HORVAT ≈ DENIS SULTA ◊ DENGUE DENGUE DENGUE ▀ DJ DEEP ▃ DOLAN BERGIN ▁ ED ED* ▂ EGYPTIAN LOVER ◊ ELISABETH ▥ FJAAK ▁ FRANCOIS X ▀ GUSGUS ≈ HAIYTI ▌▌ HONNE ▁ JENNIFER CARDINI ▁ JIMI JULES ▃ JOB JOBSE ▁ JONAS RATHSMAN* ▀ JP ENFANT ≈ JULIA GOVOR ▥ KIDDY SMILE ▂ KONSTANTIN ▁ KONSTANTIN SIBOLD ▃ LAKUTI ▌▌ LIL SILVA ▁ LORENZO SENNI LIVE ▥ MAGGIE ROGERS ▂ MALL GRAB ◊ MARIE DAVIDSON LIVE ▃ MASSIMILIANO PAGLIARA ◊ MICHAEL MAYER ▁ MK ≈ MONOLOC ▥ MUTINY ON THE BOUNTY ▂ NAO▁ NOGA EREZ LIVE ▀ RADIO SLAVE ≈ RAMPUE LIVE ◊ RED AXES ▥ RED RACK’EM ◊ RROXYMORE ▁ SKATEBÅRD ▃ SONJA MOONEAR ▂ SOULECTION SHOWCASE ▀ SYLVAN ESSO ◊ TEREZA ▄ THE LEMON TWIGS ▀ TIJANA T ▃ TINI ▁ TOM MISCH LIVE ▥ TONY HUMPHRIES ▂ TRIKK ▥ VOLVOX ▃ VON WEGEN LISBETH ▄▌ WHOMADEWHO DJ ▀ ZEBRA KATZ LIVE ▁ ZOPELAR *PRE-PARTY WITH FATBOY SLIM & MORE ON 13 JULY

14—16 JULY 2017 FERROPOLIS GERMANY

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#Kultur #Kino #Helene Hegemann #Axolotl Overkill


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Helene Hegemann über »Axolotl Overkill«

EINE SOUVERÄNE FRAU IN EINER IRREN WELT Ihr Romandebüt »Axolotl Roadkill« wurde 2010 zum gesellschaftlichen Ereignis und die Autorin Helene Hegemann zur Zielscheibe des Altherren-Feuilletons. Als Regisseurin der Verfilmung »Axolotl Overkill« holt sie sich die Deutungshoheit über ihre Geschichte zurück. Steffen Greiner sprach mit ihr über Jim Jarmuschs Einfluss und über lästige Generationenfragen. Fotos: Jörg Brüggemann

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asna Fritzi Bauer hat das schönste Abhusten der Filmgeschichte. Und dass die Verfilmung von »Axolotl Overkill« gelungen ist, ist ab der Anfangsszene klar, in der sie hustend aufwacht. Als Teenager Mifti rollt sie sich im Bett verkatert zur Seite, sucht nach Zigaretten und sieht ihrer dunkel-glamourösen Liebe Alice beim Aufwachen zu. Alice, gespielt von Arly Jover, zündet sich bald im Gegenlicht des bevorhangten Hotelfensters eine Zigarette an. Tanzend. Es erklingt der jenseitig fließende Gospel »Nobody Knows« in der Version von Pastor T.L. Barrett And The Youth For Christ Choir. This is a mean world to try to live in But you’ve got to stay ahead until you die Without a mother Don’t even have a father I’m looking for my sister, I can’t even find my brother And I wish I had somebody say Glory! Glory! Glory! Hallelujah! »Der Soundtrack ist nicht schlecht, ne?« lacht Helene Hegemann, die bei der Verfilmung ihres Debütromans »Axolotl Roadkill« selbst Regie geführt hat. Wir sitzen früh morgens – für Bohème-Verhältnisse zu früh – in der Bar eines obskur-luxuriösen Hotels am Ku’Damm. Wäre das hier das Feuilleton des Januars 2010, ich 20 Jahre älter und die »Hegemann-Debatte« noch nicht passiert, müsste ich den distinguierten Gag machen, der Ort des Interviews sei Metapher für alles, was die wohlstandsverwahrlosten Berliner Teen-Junkies von heute von ihren Vorläufern aus den 1980er-Jahren trennt: der Weg vom Bahnhof Zoo der

Christiane F., mit deren Geschichte Hegemanns Buch oft verglichen wurde, zum Hotel Zoo, in dem wir sitzen. Die Generationenfalle. Als die Aufregung ihren Höhepunkt erreicht hatte, verfasste Hegemann einen offenen Brief. Das war 2010 und der Brief bis heute der vermutlich klügste Beitrag zur Debatte. Hegemann schreibt darin von der Penetranz der Generationenzuschreibung. Sie schreibt über Authentizität und darüber, wie Jugendlichen, die nicht dem Klischee des wahnsinnigen oder wenigstens leidenden Künstlers entsprechen, das Kunstmachen abgesprochen wird. Es ist schwer, heute über Helene Hegemann zu sprechen, auch wegen dieses Briefes: Es ist nicht bloß alles gesagt über sie und ihr Debüt, das Gesagte wurde von ihr erneut reflektiert und angeeignet und abgelehnt. Es ist, als würde Hegemann seitdem doppelt existieren: als Mensch mit dem Beruf Künstlerin und als Diskursfigur. Ähnlich wie früher Könige existierten oder später Stars, nur dass diese dem Leben enthoben waren, während Hegemann oder das Abziehbild, zu dem sie gemacht wurde, das Problem hat, allzu nah zu sein. Sie ist da, wo alle, die über sie sprechen, auch sitzen, nur gedanklich immer schon drei Ecken weiter. Und dass sie jetzt auch noch als Erwachsene existiert, die die Teenage-Hegemann verfilmt, macht es nicht einfacher. Der Roman »Axolotl Roadkill« war 2010 ein literarisches, gesellschaftliches und literaturtheoretisches Ereignis, an dem klar wurde, welch ein Verein geifernder alter Herren das Feuilleton ist. »Ich wollte damals niemand Bestimmtes sein«, sagt Hegemann heute. »Ich habe mich nicht als Künstlerin definiert, obwohl ich mich als Teil einer Nische sah, aus der ich schlagartig rauskatapultiert wurde.

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#Kultur #Kino #Helene Hegemann #Axolotl Overkill

Plötzlich brach eine Mainstream-Hysterie aus, die nicht angemessen war. Nicht gegenüber dieser Art experimentellem Buch.« Das allerdings nicht bei einem kleinen Avantgarde-Verlag herauskam, sondern bei Ullstein. Es handelt von einer Frau, die 16 Jahre alt ist, im besten Generationsbuchalter also. Ahnenreihe Holden Caulfield, Hal Incandenza, Katniss Everdeen, Mifti. Wobei Mifti eher dem »Fänger im Roggen« als den anderen ähnelt. Nach dem Tod ihrer Mutter lebt sie mit ihren Geschwistern in einer bizarren WG. Ziellos zieht sie durch die Straßen Berlins – begleitet von einem in einer Plastiktüte mitgeschleppten Axolotl, einem Tierwesen, das buchstäblich nicht erwachsen wird. Mifti kauft ein, verliebt sich, hat Sex, hat keinen Sex. Sie kommt irgendwie klar, nicht besser oder schlechter jedenfalls, als man so klarkommen kann als 16-Jährige mit Problemen in einer Umgebung, die so tut, als wäre 16 der Normalzustand. Aber die Tatsache, dass man weiß, was es aussagt, ohne es aufzuschlagen, macht ein Buch erst zum Generationsbuch. Dass es für etwas steht, statt bloß gelesen im Regal. So ein Buch ist »Axolotl Roadkill«: ein Rorschachtest, den zu interpretieren mehr über die Interpreten aussagt als über das Werk. Im Feuilleton überhäufte man Hegemann, damals 17 Jahre alt und prädestiniert Wunderkind zum Wunderkind, nicht nur mit Lob. Nein, Hegemann, Jahrgang 1992, jede Rezension gefiel sich aufs Neue darin, das Eltern Kulturschickeria, Buch schillernd und dunkel zu zeichnen, die wuchs in Bochum auf, zog nach dem Tod ihrer Mutter Abstürze der Heldin fataler, die Drogen kraszu ihrem Vater nach Berlin, ser, die Wunden tiefer. So lange, bis man den einem Dramaturg an der Eindruck gewinnen konnte, »Axolotl Roadkill« Volksbühne. Als sie 15 war, wurde ihr Theaterstück sei eine Nummernrevue aus dem schwarzen »Ariel 15« im Ballhaus Herzen des Berghain. »Ich ist ein Drogentrip«, Ost uraufgeführt, die Hör- titelte der Tagesspiegel. spielfassung preisgekrönt, »Die Clubs dienten in der Geschichte als ebenso wie 2008 ihr erster Film »Torpedo« auf dem extreme Welt, in der es nicht rein ums Feiern Max-Ophüls-Festival. 2010 ging, sondern um einen ausgeloteten Seelenfolgte der Debütroman, 2013 ihr zweiter. »Jage zwei zustand, in dem alles möglich ist und den man Tiger« blieb vergleichswei- nirgendwo so gut erzählt kriegt. Es ging nicht se unbeachtet, lud aber darum, dass eine 16-Jährige sich unzusamdazu ein, »Axolotl Roadkill« erneut durchzukauen. menhängend wegballert. Das hat sie ja auch gar nicht gemacht«, beschreibt Hegemann die wahre Essenz ihres Romans. »Es ging auch weniger um Pubertät als um jemand Pubertäres, der ›erwachsen‹ Gewordene beobachtet – um das Aufeinandertreffen dieser angeblich gefestigten Persönlichkeiten und eines Teenagers, der dazu gezwungen ist, sich erwachsener zu verhalten als die Erwachsenen. Diese Konfrontation gefiel mir. Darum habe ich nie verstanden, wie man das Buch degradieren konnte zu einem Generationsroman. Es kommen darin fast gar keine Teenager vor. Es kommt einer vor, und der ist eigentlich eine Art Hülle, durch den das Verhalten von Leuten durchfließt, die viel älter sind.« Währenddessen las ihre Generation »Axolotl Roadkill« oder hörte davon. Und positionierte sich. Ich saß damals in einem Seminar mit dem Titel »Was ist Pop?«. Und vor mir entfesselte sich eine epische Schlacht, wie ich sie bloß von den heute skurril erscheinenden Debatten aus den 1960er-Jahren kannte, ob Pop denn Kunst sei. Mitten in der Hegemann-Wunderkind-Euphorie entdeckte ein Blogger, dass Teile der omnipräsenten Berghain-Sequenzen dem Roman »Strobo« des Berliner Autors Airen entliehen waren. Plötzlich diskutierte man, ob Helene

Hegemanns Mash-up-Technik, Sätze leicht verändert aus anderen Werken ins eigene einzuflechten – also die Basis von Pop spätestens seit HipHop und Electro, die ohne Sampling nie entstanden wären –, Diebstahl geistigen Eigentums sei. In einer zweiten Medien-Runde wurde aus dem Wunderkind eine Hochstaplerin – und aus der Wohlstandsverwahrlosten eine moralisch Verwahrloste. Eine 17-Jährige, der das Establishment in der Leipziger Erklärung beibrachte, was Literatur Leipziger Erklärung bedeute. Die erwachsene Helene Hegemann Günter Grass gehörte zu hat es offenbar ganz gut weggesteckt. Statt den federführenden Verfassern dieses Statements Abziehbild Selbstreflexion, statt Wunderkind der Granden des deutschen gutes Erwachsensein. So der Eindruck, wenn Literaturbetriebs. Es war man ihr gegenübersitzt. Manche ihrer Aus- ein offener Angriff auf eine junge Autorin und setzte sagen während des Gesprächs im Hotel Zoo sich mit den Hintergründen wirken naiv (»Ich habe mich von jeder Art von von Hegemanns ZitierDefinition freigemacht«), manche hingegen technik null auseinander. »Wenn ein Plagiat als wundersam auf den Punkt, und immer hält preiswürdig erachtet wird, sie drei Referenzen in der Hinterhand. wenn geistiger Diebstahl Mit der Verfilmung ihres Bestsellers wagt sie und Verfälschungen als Kunst hingenommen die Rückkehr zu eigenen Pubertätsästhetiken werden, demonstriert diese und -fantasien und kettet sich selbst an eine Einstellung eine fahrlässige Geschichte, die sie scheinbar zur Kunstfigur Akzeptanz von Rechtsverstößen im etablierten gemacht hat. Dabei ist es eher der Versuch ei- Literaturbetrieb.« ner Aneignung und letztlich etwas Neues. Ein assoziativer Szene-Reigen und eine HochglanzVariante von Jim Jarmuschs 1980er-Debüt »Permanent Vacation«. »Eigentlich lautet die Grundregel, dass die Hauptfigur diejenige ist, mit der man mitgeht, weil sie so viel an Konflikten und Emotionen aus sich selbst heraus produziert, dass man wissen will, was sie als Nächstes tut. Bei Jim Jarmuschs Film ist es anders. Da ist die Hauptfigur ein relativ ambitionsloser Teenagertyp, der sich anguckt, was um ihn herum passiert, während die anderen den Stress machen. Den Zustand fand ich viel interessanter«, erklärt die Regisseurin. Mit Mifti hat sie eine solche Figur geschaffen, aber leicht feministisch gewendet. Eine souveräne Frau in einer irren Welt – und dennoch tun immer wieder alle so, als hätte sie das Problem. Der Film, den Hegemann nicht als Rückblick auf die Welt 2010 gedreht hat, in der vieles noch völlig anders war als heute, repräsentiert nicht die kaputte Jugend, sondern eine verbindende Erfahrung: die Banalität der Exzesse. Ausgehen in Berlin ist nicht nur Mythos, sondern auch Mystik. Ein Ritual entlang von Grenzsituationen – emotionalen, körperlichen und solchen der Wahrnehmung. Das Ausgehen folgt einer Dramaturgie von Stehen, Tanzen, Sich-Finden, Verlieren und Wiederfinden: Menschen im Club werfen Gesichter nach oben oder Arme zur Seite, bauen sich auf oder werden flüssig. Aber meistens ist die Erfahrung so glamourös nicht. Weil die Magie sich nicht einstellt. Lange wurde viel von der Feier des Scheiterns geredet. Next up bitte: das alltägliche Scheitern der Feier. »Man ist daran gewöhnt, dass Clubszenen im Film nicht zeigen, was Ausgehen wirklich bedeutet. Eine Clubszene im Film muss sich steigern. Die Figur geht in eine Bar, dann in den Club, dann ist sie auf Droge, dann sieht sie plötzlich etwas. Ich empfinde eher das Gegenteil. Du hast eine wahnsinnige Vorfreude und Euphorie, läufst im Club einen Flur entlang, und plötzlich flacht es ab, an dem Punkt, an dem es zur Sache gehen sollte. Und dann wird es noch mal sehr reell, und dann driftest du wiederum ab


#Kultur #Kino #Helene Hegemann #Axolotl Overkill

»Ich habe mich nicht als Künstlerin definiert, obwohl ich mich als Teil einer Nische sah, aus der ich schlagartig rauskatapultiert wurde. Plötzlich brach eine Mainstream-Hysterie aus, die nicht angemessen war. Nicht gegenüber dieser Art experimentellem Buch.« Helene Hegemann

in etwas Diffuses, was nichts mehr mit deiner Außenwelt zu tun hat und auf Erinnerungen und Gefühlen basiert.« Diesem feinen Gewebe einer Nacht, wie Hegemann es hier sehr persönlich beschreibt, kommt »Axolotl Overkill« so nah wie kaum ein deutscher Film zuvor. Gerade, weil die wenigen Szenen im Club artifiziell übersteuert sind. In ihrem bereits erwähnten offenen Brief aus dem Jahr 2010 stellte Helene Hegemann die These auf, als minderjährige Künstlerin sei sie dazu verpflichtet, wahnsinnig zu sein oder eben eine Marionette. Die Vorstellung, jemand würde Kunst einfach so machen, könne wohl niemand verstehen. »Axolotl Overkill« ist ein schönes

Statement für dieses In-Between: dass man wahnsinnig sein kann und trotzdem okay und funktionierend. Dass alles oft ganz banal ist, egal, was man tut, ob Exzess oder Büro. Dass es vermutlich der Normalzustand ist, nichts zu wissen, und dass man daraus keine große Sache machen muss. Das ist ein bisschen lahmer, als wir uns das mit 16 gewünscht haben. Aber, well, hier sind wir: Glory! Glory! Glory! Hallelujah. — »Axolotl Overkill« (D/GB/E/F 2017; R: Helene Hegemann; D; Jana Fritzi Bauer, Arly Jover; Kinostart: 29.06.17; Constantin)

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#Kultur #Kino #Ethan Hawke #Born To Be Blue

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as hat dich daran gereizt, Chet Baker zu spielen?

Mich haben immer schon Menschen angezogen, die so talentiert und voller Schmerz sind. Das erscheint unvereinbar. Warum fühlt sich jemand allein, der so viel Aufmerksamkeit bekommt? Die Einsamkeit hörte man Chets Musik immer an. Wann immer ich seine Songs hörte, musste ich über sein Leben nachdenken. Und von Bruce Webers Dokumentation »Let’s Get Lost« war ich geradezu hypnotisiert. Schon vor etlichen Jahren war im Gespräch, dass du ihn spielen solltest?

Ich war ungefähr 25 Jahre alt, als zum ersten Mal ein Produzent Chet Bakers Leben verfilmen und mich für die Hauptrolle haben wollte. Richard Linklater und ich entwickelten ein Drehbuch, doch letztlich wurde nichts draus. Als mich jetzt Regisseur Robert Budreau für »Born To Be Blue« ansprach, passte das Timing. Ich hatte 20 Jahre mehr Zeit gehabt, in Chets Musik einzutauchen.

Ethan Hawke über »Born To Be Blue«

KEINE ZÄHNE IM MAUL, ABER SCHÖN TROMPETE SPIELEN Er ist geboren für die Rolle der Jazz-Legende. In Robert Budreaus Biopic »Born To Be Blue« darf Ethan Hawke endlich das einsame Genie Chet Baker spielen. Patrick Heidmann sprach mit ihm über seine Musiksucht und über die Verlockungen des Heroins.


#Kultur #Kino #Ethan Hawke #Born To Be Blue Hast du für die Rolle Trompete spielen gelernt?

Klar! Musik gehört als fester Bestandteil zu meinem Leben, also versuchte ich, meine Liebe für die Gitarre auf die Trompete zu übertragen. Ich habe allein geübt und mit Lehrer – ungefähr acht Monate lang. Viel ist das nicht, früher hätten Schauspieler für so eine Aufgabe ein Jahr Zeit bekommen. Aber ich habe ein Gespür für das Instrument entwickeln können. Und auch nach zehn Jahren Unterricht wäre ich ja niemals an Chet Baker herangekommen. Bist du ein altmodischer oder moderner Musik­ konsument?

Biografien tolle Möglichkeiten, aber als Filme sind sie ziemlich öde. Deswegen war ich so begeistert, dass das Schema aufgebrochen wurde. Ich spiele Chet Baker, der sich in einem Film im Film selbst spielt.

Das ist frei erfunden. Hattest du keine Bedenken, dass das Drehbuch sich so viele Freiheiten in Bezug auf Bakers Biografie herausnehmen würde?

Kein bisschen. Wer echte biografische Details erfahren will, kann die überall nachlesen. Dafür braucht es keinen Spielfilm. In einem fiktionalen Kunstwerk geht es darum, sich Gedanken über die bestimmte Person und die menschliche Natur allgemein zu machen. Wir wollten etwas erzählen über Chets Musik, über die Art von Beziehung, die er und seine – übrigens auch erfundene – Lebensgefährtin führen. Und darüber, was seine Kunst mit seiner Heroinsucht zu tun hat.

Ich höre immer und überall Musik. Egal, ob zu Hause, auf Reisen oder am Set. Deswegen liebe ich Smartphones, obwohl sie in vieler Hinsicht ein Fluch sind. Aber wenn ich früher zu Dreharbeiten fuhr, hatte ich River Phoenix manchmal fünf T-Shirts, zwei Jeans, ein Paar Der unter ungewöhnlichen Schuhe und 500 CDs dabei. Heute steckt die Kannst du dir erklären, wie ein Künstler so viel erreichen Lebensumständen bei größte Jukebox der Welt immer in meiner kann, obwohl er einer Droge verfallen ist? Hippie-Eltern aufgewachNa ja, wenn uns die Geschichte eines gelehrt hat, dann, sene River Phoenix galt Hosentasche. dass man als Drogensüchtiger so ziemlich alles erreichen als Shooting Star der Findet man Jazz auf deinem Telefon? 1980er-Jahre. Seine Filme Auf jeden Fall viel Chet Baker. Während des kann. Früher oder später geht die Sache schief. Aber bis und seine Person erfuhren (und erfahren) kulthafte Drehs habe ich seine Songs kaum gehört, eher dahin ist man zu den unglaublichsten Dingen fähig. Ich Verehrung. 1993 starb er Musik, die er selbst liebte. Aber seither höre ich habe gleich zwei meiner Helden ans Heroin verloren. Erst im Alter von 23 Jahren an ihn wieder öfter. Ich liebe Jazz. Gerade weil er River Phoenix, mit dem ich meinen ersten Kinofilm »Exeinem Mix von Heroin und Kokain, einem sogenannten nicht so leicht bekömmlich ist. Es braucht Zeit, plorers« gedreht habe. Er war ohne Frage der aufregendste Speedball. Er wurde im und man muss Mühe investieren, um Genies Schauspieler meiner Generation. Später war dann Philip selben Jahr geboren wie wie Miles Davis zu verstehen. Seymour Hoffman die wichtigste Inspiration in meinem Ethan Hawke. Eines der Stilmittel, mit denen sich »Born To Leben, nicht nur, als wir zusammen »Tödliche EntscheiBe Blue« dem Leben von Chet Baker nähert, dung« drehten. ist der Film im Film. Fandest du diese Herangehensweise nicht verwirrend?

Kannst du nachvollziehen, wie es so weit kommen konnte?

Nein, im Gegenteil. Sie war dafür mitverantwortlich, dass Puh ... Ich bin mir bewusst darüber, wie sehr wir alle im ich die Rolle angenommen habe. Eigentlich finde ich nichts Leben damit ringen, unsere Ängste und Selbstzweifel langweiliger als Biopics. Für Schauspieler bieten filmische in den Griff zu bekommen. Und mit den Momenten, in denen wir von uns selbst enttäuscht sind. Für manche ist das überwältigend. Denen machen die Drogen es erträglicher. Aber wirklich nachvollziehen kann ich es nicht. Die Selbstzerstörungskraft und der fehlende Überlebenswille sind mir fremd. Gerade bei River habe ich nie verstanden, wie er diesen Weg einschlagen konnte. — »Born To Be Blue« (USA/CDN 2015; R: Robert Budreau; D: Ethan Hawke, Carmen Ejogo, Callum Keith Rennie; Kinostart: 08.06.17; Alamode)

Intro Previews: Dienstag, 6. Juni 2017 in Köln, München, Frankfurt, Berlin und Hamburg intro.de/previews

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#Kultur #Kino

The Dinner

DIE TISCHMANIEREN DER MITTELSCHICHT Oren Movermans Psycho­­­drama zeigt ein gesellschaftliches Klassentreffen voller nobler Doppelmoral. Guten Appetit!

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ie Bloßstellung der Doppelmoral der weißen Mittelschicht und ihrer verwöhnten Sprösslinge hat Roman Polanski mit dem genialen Kammerspiel »Der Gott des Gemetzels« durchexerziert. Oren Moverman geht

in seinem nicht ganz so perfekten, aber dennoch sehenswerten Psychodrama »The Dinner« ein paar Schritte weiter. Dorthin, wo bitterböser Humor endet und das kalte Grauen beginnt. Zwei Elternpaare treffen sich zum 6-Gänge-Menü im Nobelrestaurant. Der Grund ihres Zusammentreffens wird erst spät offenbart: Ihre herzlosen Söhne haben eine Obdachlose getötet, und nun wird besprochen, wie es weitergehen soll. Der Linksintellektuelle Paul (Steve Coogan)

wirkt zunächst sympathisch, seine fürsorgliche Frau Claire (Laura Linney) entpuppt sich spätestens beim Verdauungsschnaps als Fleisch gewordener Albtraum einer Helikoptermutter. Eingeladen zum Edeldinner hat Pauls Bruder Stan (Richard Gere), ein unerträglich selbstverliebter Politiker. Letztlich erweist er sich aber als der Humanste der Runde, weil er ihre Söhne für den kaltblütigen Mord zur Rechenschaft ziehen will. Seine deutlich jüngere Ehefrau (Rebecca Hall) fährt jedoch unerwartet schwere Geschütze auf, damit ihr Mann es sich noch einmal anders überlegt. Gabriele Summen — »The Dinner« (USA 2017; R: Oren Moverman; R: Richard Gere, Laura Linney, Steve Coogan; Kinostart: 08.06.17; Tobis)

Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes

ZUSCHAUER AM RANDE DES NERVENZUSAMMENBRUCHS Böse, aber gut: In Julian Radlmaiers Diskursstück fabulieren Filmstudenten und andere komische Figuren über Kunst und Kommunismus.

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ulian Radlmaier ist zugleich Autor, Regisseur und Hauptdarsteller dieser Komödie. In ihr reflektiert er seine Arbeit, sein Verhältnis zur Kunst und zu deren politischer Seite. Es geht um den Kommunismus in all seinen Facetten und Varianten. Radlmaiers Figur Julian, der kultiviert und aufgeklärt daherkommt, um Frauen das Herz zu stehlen, ist eine Karikatur des Kunst- oder Filmstudenten sondergleichen. Ein wenig zu dumm, um schlau zu sein, aber niemals leise – so vertritt er seine Ansichten. Verdreht und verstellt, bis zur absoluten

Künstlichkeit aufgeblasen, lässt die »Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes« weder filmtheoretische noch philosophische Diskurse aus, die von bahnbrechend nervigen

Stereotypen vorgetragen werden. Bitte nicht falsch verstehen: Dies ist kein Verriss. Aber man muss darauf hinweisen, dass diese Schule des Filmemachens, wie sie zum

Beispiel auch von Max Linz in seinem Debütfilm »Ich will mich nicht künstlich aufregen« vertreten wird, eine andere Aufmerksamkeit des Zuschauers erfordert. Man sollte sich keinen klassischen Spielfilm erhoffen. Aber wer dafür zu haben ist, dass es künstlich aufgeladen, theoriegeschwängert und bitterböse zugeht, wird seine helle Freude haben. Lars Fleischmann — »Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes« (D/I 2017; R: Julian Radlmaier; D: Deragh Campbell, Beniamin Forthi; Kinostart: 08.06.17; Grandfilm)


#Kultur #Kino

Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

TEENAGE MURMELTIER

Adoleszenz als Albtraum. Ihr Leben ist schon schlimm genug, da erlebt Samantha denselben beschissenen Tag immer wieder.

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ndlich ein sehenswerter Film für Teenager und »im Herzen Junggebliebene«, der keine Dystopie ist, sondern ein Drama, das seine Heldin lehrt, ihr Seelenheil nicht in der (heteronormativen) Liebe zu suchen, sondern in

Das überfällige Erscheinen der DC-Veteranin Wonder Woman als Heldin ihres eigenen Films wirft lange Schatten voraus. Da wären ihre unglücklichen Kurzauftritte in Zack Snyders total verkorkstem »Batman v Superman« – und die blöde Sache, dass ausgerechnet Snyder seine Hand bei der »Weiterentwicklung« der Figur und der Filmstory im Spiel hatte. Vertrauen wir darauf, dass Regisseurin Patty Jenkins und Hauptdarstellerin Gal Gadot sich von dessen schlechtem Einfluss emanzipieren. Tumbe Männerfantasien gibt’s im Kino jedenfalls schon genug. — »Wonder Woman« (USA 2017; R: Patty Jenkins; D: Gal Gadot, Chris Pine; Kinostart: 15.06.17; Warner)

gelebter Sisterhood. Regisseurin Ry Russo-Young und Drehbuchautorin Maria Maggenti gelingt ein Mainstream-kompatibler Wurf, der junge Frauen wirklich berührt. »Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie«

greift den Grundgedanken des Filmklassikers »Und täglich grüßt das Murmeltier« auf, hat aber eher eine morbid-melancholische Grundstimmung à la »Das Schicksal ist ein mieser Verräter« mit einem Schuss Teenage-Angst, der an »Carrie« denken lässt. Samantha – mit der fragilen Präsenz einer Julianne Moore verkörpert von Zoey Deutch – und ihre normal verkorksten Alphafreundinnen haben auf dem Heimweg von einer unschönen Party einen tödlichen Autounfall. Doch am nächsten Tag ist wieder der 12. Februar, und Sam wacht erneut in ihrem Bett auf. Fortan ist sie dazu verdammt, alles wieder und wieder und wieder zu erleben. Ihr albtraumhafter Selbstfindungstrip endet erst, als sie ihrer jugendlichen Ego-Hölle entkommt und zwei Dinge begreift: Ihr Schicksal ist mit dem anderer Menschen verbunden, und der Mythos von Sisyphos ist keine Geschlechtskrankheit. Gabriele Summen — »Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie« (USA 2017; R: Ry Russo-Young; D: Zoey Deutch, Halston Sage; Kinostart: 01.06.17; Wild Bunch)

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#Kultur #DVD

T2 Trainspotting

GESTOHLENE ZEIT Tony Blairs Amtszeit war nur auf Heroin auszuhalten. Nüchtern betrachtet sind die Auswirkungen von »Cool Britannia« noch schlimmer.

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ach 21 Jahren als halbwegs anständiger Bürger kehrt Mark Renton (Ewan McGregor) zur Beerdigung seiner Mutter nach Edinburgh zurück. Eine Mischung aus Gewissensbissen, Langeweile und existenzieller Verzweiflung bringt ihn dazu, seine alte Gang aufzusuchen, die er damals um 16.000 Pfund geprellt hatte. In seiner Abwesenheit hat es das Schicksal nicht gut gemeint mit Sick Boy, Spud und Begbie, die alle zwischen Verwahrlosung, Depression und

Gefängnis zu pendeln scheinen. Offenbar ist die Lücke, die Heroin hinterlässt, größer als die meisten Lebensträume. Regisseur Danny Boyle hat eine ziemlich genaue Vorstellung von der Tristesse, die sich in den Herzen 40-jähriger Männer breitmachen kann. Mit derselben Verve, die »Trainspotting« auszeichnete, hetzt er seine Protagonisten 20 Jahre später in

Die Taschendiebin

Beinah-Buchvorlage »Porno« liegt, andererseits an der Hingabe, mit der alle Schauspieler dabei sind, um ihre Figuren mit der eigenen Vergänglichkeit zu folder Fortsetzung durch die herun- tern. Nostalgisch wirkt nur der tergekommene Stadt. Nur dies- formidable Soundtrack. mal mit der Ahnung, dass es kein Alexander Dahas Entrinnen, keine Liebe und keine wahre Coolness geben kann. — Intro empfiehlt: »T2 Trainspotting« (GB 2017; R: Danny Boyle; D: Ewan Ätzenden Humor, krasse Gewalt McGregor, Johnny Lee Miller, Robert und eine sehr schottische Sicht Carlyle; VÖ 22.06.17; Sony) auf die Welt gibt es weiterhin, was einerseits an Irvine Welshs

GESTOHLENE HERZEN P »Oldboy«-Regisseur Park Chan-wook verfilmt eine Lovestory – und bringt sein Talent für abgründige Spannung mit ein.

ark Chan-wook versetzt die Buchvorlage von Sarah Waters (»Solange du lügst«) vom viktorianischen England ins japanisch besetzte Korea der 1930er-Jahre. Auch hier bietet die Kulisse schließlich eine starre Gesellschaftsordnung, aufreizende Erotik überreifer Geheimnisse und plüschige Gewänder, unter denen man sie verstecken kann. Die gehören der reichen japanischen Erbin Fräulein Hideko (Kim Min-hee), deren Alltag aus Luxus, Lieblosigkeit und frivoler Lektüre besteht. Darin sieht Heiratsschwindler Fujiwara (Ha Jung-wo) seine Chance: Er richtet die junge Taschendiebin Sookee

(Kim Tae-Ri) darauf ab, sich als Zofe bei der Adligen beliebt zu machen, um sie zur Hochzeit mit ihm zu überreden. Doch bevor es so weit kommen kann, verlieben sich die beiden Frauen ineinander, was die Manipulationsmöglichkeiten und die Machtdynamik nachhaltig verändert. Ähnliche Twists kennt man schon von anderen Park-Chan-wook-Filmen wie »Joint Security Area« oder »Lady Vengeance«. Dass der Regisseur aus den Tiefen der menschlichen Emotionen noch explosivere Dramatik heraufbeschwören kann als im Thriller- und Actiongenre, zählt zu den nachhaltigsten Überraschungen dieses opulenten Meisterwerks. Alexander Dahas — Intro empfiehlt: »Die Taschendiebin« (ROK 2016; R: Park Chan-wook; D: Kim Min-hee, Kim Tae-ri; VÖ 08.06.17; Koch Media)


#Kultur #DVD

Neu auf DVD & Blu-ray

The Greasy Strangler Ein Killer, der seine Opfer erwürgt und sich zu diesen Anlässen mit Bratfett einreibt, ist der zweifelhafte Titelheld vom Jim Hoskings Horrorkomödie. Er treibt sein Unwesen auf den Straßen von L.A. und sorgt für glänzenden Thrill unter der Sonne Kaliforniens.

Hidden Figures Die Herzensangelegenheit von Pharrell Williams, der hier als Musik-Produzent fungierte. Theodore Melfis Drama handelt von drei afroamerikanischen NASA-Mathematikerinnen, die in den 1960er-Jahren für das Gelingen einer wichtigen Weltall-Mission sorgen.

Manchester By The Sea Regisseur Kenneth Lonergan setzt alle dramaturgischen Hebel in Bewegung, um das Publikum mit dieser Familiengeschichte zu rühren. Casey Affleck und Michelle Williams verkörpern das Sprichwort »Alte Wunden rosten nicht« zudem aufs Allerfeinste.

Split Was für Hitchcock die Suspense, ist für M. Night Shyamalan die Surprise. Ein Mittel, das alles rechtfertigt. Der für seine Filme typische überraschende Twist ist diesmal eine Sensation: »Split« ist gelungen. Ist der wirklich von ihm? Am besten noch mal gucken!

TOP 7 DIE BESTEN FILME

VON JIM JARMUSCH Jim Jarmusch ist die graue Eminenz des Independent-Kinos. Seine Filme atmen den DIY-Spirit des Punk und enthalten mehr Referenzen als eine 500-Gramm-Portion Spaghetti Kohlehydrate. Doch welcher Film ist eigentlich sein bester? Alexander Dahas, noch begeistert von Jarmuschs letztem Streich »Paterson«, wagt sich an eine Liste. 01 Paterson (2016)

05 Broken Flowers (2005)

Alltagspoet Paterson (Adam Driver) fährt einen Omnibus durch seine gleichnamige Heimatstadt. Die Haltestellen heißen »Verschrobener Humor«, »Philosophischer Tiefgang« und »Seelische Ausgeglichenheit«. Jim Jarmuschs jüngster Film guckt so genau aufs Detail, dass er das Leben beim Zwinkern erwischt.

Männer werden oft erst mit 40 emotional genießbar, sehen dann aber meistens auch schon aus wie Bill Murray. Der besucht in Jim Jarmuschs witzigstem Werk jede seiner Verflossenen mit einem Blumenstrauß und der Bitte um Vergebung. Doch statt alle Wunden zu heilen, verschärft die Zeit nur die Spleens.

02 Ghost Dog – Der Weg des Samurai (2000)

06 Stranger Than Paradise (1984)

Auftragskiller Ghost Dog (Forest Whitaker) ist ein introvertierter Mafia-Freelancer, dessen ruhiges Gemüt seinen blutigen Job kontrastiert. Als sich seine Kunden gegen ihn wenden, beschreitet er den Weg des Samurai und nimmt stumme Rache. RZAs Soundtrack verwandelt ihn in eine Ikone der Coolness.

Jim Jarmuschs Spielfilmdebüt läutete eine neue Ära des USIndependent-Kinos ein. Der Low-Budget-Streifen folgt den Abenteuern zweier verpeilter Tunichtgute, die davon träumen, ihre 16-jährige Cousine mit einem Gewinn beim Pferderennen zu beeindrucken. Immer noch der lakonischste Film der Welt.

03 Mystery Train (1989)

The Salesman Ein Paar, das durch einige Schicksalsschläge aus dem alten Leben gerissen wird. Filmemacher Ashgar Farhadi sorgt auch mit seinem jüngsten Gesellschaftsdrama, das zugleich ein packender Psychothriller ist, für anhaltende Wirkung beim Publikum. Texte: Paula Fuchs

Wer Jarmusch sagt, sagt auch Episodenfilm. In dem Genre gehört »Mystery Train« zu den bekanntesten überhaupt. Eine Nacht in Memphis, Tennessee, drei Erzählstränge mit Noir-Potenzial und die drei Musiklegenden Joe Strummer, Screamin’ Jay Hawkins und Elvis Presley in einem Film. Okay: Elvis Presleys Geist.

04 Only Lovers Left Alive (2014) Weil Vampire nicht sterben müssen, können sie viel verreisen. Zwischen Tanger und Detroit entspinnt sich eine gruftromantische Liebesgeschichte mit samtigem Endzeitcharme und dandyhafter Rockstar-Eleganz. Tilda Swinton und Tom Hiddleston machen alles richtig, was »Twilight« falsch gemacht hat.

07 Down By Law (1986) Drei Knastvögel brechen aus und schlagen sich zu Tom-WaitsKlängen durch die Sümpfe von Louisiana. Nicht nur die CoenBrüder haben diesen Film sehr aufmerksam studiert, um in Erfahrung zu bringen, wie man mit Genre-Konventionen bricht und gleichzeitig der Southern-Gothic-Filmtradition huldigt. — Intro empfiehlt: »Paterson« (USA 2016, R: Jim Jarmusch; D: Adam Driver; VÖ 09.06.17; Weltkino)

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#Kultur #Games

Tuch für einen der übel deformierten GoliathGegner wird. Die Körpersprache des Kapuzenwichtels ist variantenreich und minutiös animiert, was das Setting noch kälter und grimmiger erscheinen lässt. Und genau wie sich im Traum die Frage nach der Logik nicht stellt, gibt es auch hier Wichtigeres zu tun, als sich zu fragen, warum etwa die Spielwelt unheilvoll schwankt, wo Mama und Papa sind oder was es mit Six’ augenscheinlichem Heißhunger auf rohes Fleisch auf sich hat. Wenn Klimmzüge an der offenen Schublade gefordert sind oder man die Spielzeugeisenbahn mittels mühsam herangetragener Bauklötzchen entgleisen lässt, mag das putzig anzuschauen sein; dem bedrohlichen Grundtonus tun die vermeintlich süßen Szenen

Little Nightmares

DAS SPIEL MIT DER ANGST In unseren Träumen werden wir zum Spielball der eigenen Fantasie. Befruchtet von vertrauten Angstszenarien, hat das schwedische Studio Tarsier nun einen bösen kleinen Puzzle-Platformer geschmiedet: »Little Nightmares«.

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rme Six! Purzelt aus einem überdimensionalen Koffer mitten ins Niemandsland, hat nichts außer einem Feuerzeug bei sich und niemanden, der ihr erklärt, was Sache ist. Nur konsequent, denn das hier ist ein Traum, und Träume kennen weder Briefing und Gebrauchsanweisung noch Inventar oder Quest-Log. Sie laben sich mit Vorliebe am Ausgeliefertsein des Träumenden. Entsprechend wenig ist auch »Little Nightmares« um einen Kaltstart verlegen: Der Fluchtinstinkt schafft Antrieb genug, den barfüßigen Winzling im Regencape durch seine morbiden Träume zu steuern; das Ziel kann immer nur der jeweils

Prey

Wenn Kaffee­ tassen töten könnten Auf der Raumstation Talos 1 ist nichts, wie es scheint: Arkane Studios demonstrieren mit »Prey« eindrucksvoll, wozu Science-Fiction in der Lage sein kann.

Wer bei Ridley Scotts »Alien: Covenant« im Kino sitzt, ertappt sich unweigerlich im ständigen Abgleich von Erinnerungen, die ein halbes Dutzend älterer Filme eben so mit sich bringen. Diese Hypothek können Prequels und Sequels im Kino einfach nicht

nächste Raum sein, der jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder nicht zum Verweilen einlädt. Stattdessen werden weiter Urängste genährt. Die Odyssee führt durch finstere Kinderzimmer, enge Luftschächte, Gefängniszellen und Fleischereien. Hauptsächlich von links nach rechts, ersatzweise auch in die Tiefe des Raumes. Denn nur selten hat man freie Bahn: Six muss klettern, kriechen, in Deckung gehen, Rätsel lösen und manches Mal die Beine in die Hand nehmen. Etwa, wenn sich schleimige Egel aus dem Dunkel schälen. Oder wenn das gelbe Mäntelchen unversehens zum roten

abschütteln. Ein Videospiel kann ein gesetztes Setting dagegen mit ganz neuen Elementen und Möglichkeiten anreichern. Im Falle von »Prey« finden sich die SpielerInnen als Morgan Yu im Jahr 2052 auf der alternden Raumstation Talos 1 wieder. Schnell wird klar, dass hier einiges aus dem Ruder gelaufen ist. Wer ist Freund und wer ist Feind? Eine Frage, die sich vor allem mit Blick auf die extraterrestrischen Gestaltwandler nur schwer beantworten lässt und die eine ständige Unsicherheit kreiert, was man nun eigentlich vor sich hat – harmlose Kaffeetasse oder doch ein bedrohliches Ungetüm? Morgan selbst kann sich durch diverse Neuromodifikationen den Situationen anpassen, und spätestens in diesem Feld beweisen die

allerdings keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die Verniedlichung des Überlebenskampfes geht mit einem permanenten Unbehagen einher, sodass man irgendwann selbst den profansten Alltagsgegenständen nicht mehr über den Weg traut. Zumal nicht wenige davon pechschwarze Schatten werfen und die karge, aber genial arrangierte Geräuschkulisse zugleich sämtliche Gewissheiten ausmerzt. Bis auf eine: Tim Burton würde dieses Spiel lieben. Valentin Erning

— »Little Nightmares« für Playstation 4, Xbox One, PC (Bandai Namco / Tarsier Studios)

Entwickler aus den Arkane Studios (»Dishonored«), warum ein Videospiel deutlich kreativer und spannender sein kann als jedes andere Medium. Abseits diverser Spezialwaffen sorgen nämlich Mods wie Mimic oder Lift dafür, dass sich unser Protagonist ebenfalls in jedes beliebige Objekt verwandeln kann. Was verwirrend komplex klingen mag, wird im Spielverlauf zu einem Werkzeugkasten,

dessen Anwendungsmöglichkeiten immer wieder überraschen und neugierig auf neue Abschnitte machen. Sicher ist nur, dass in diesem Shooter nichts sicher ist. Ein Gefühl, das im durchkalkulierten Kino schon etwas länger verloren gegangen ist. Gregor Wildermann

— »Prey« für Playstation 4, Xbox One, PC (Bethesda / Arkane Studios)


#Kultur #Games

Keine Skills am Controller aber La Paloma pfeifen Mit »Lego City Undercover« hat TT Games den Charme urbaner Open-World-Spiele vor einigen Jahren auch einer jüngeren Zielgruppe zugänglich gemacht. Statt Drogen, Prostitution und Gewalt regiert in Lego City guter, sauberer Spaß. Als junger Polizist gilt es, den stadtbekannten Delinquenten Rex Fury festzusetzen. Gar nicht so einfach, wie Videospiel-Laie Carsten Schumacher feststellen muss.

Illustration: Alexandra Ruppert

Die Pflicht ruft, aber warum unbedingt mich? Irgendwas scheint allerdings mit meinem Dienstwagen nicht in Ordnung zu sein, der zieht ständig in Richtung der arglosen Fußgänger. Gut, dass in dieser heilen Klötzchenwelt niemand zu schaden ... Moment mal ... Die Dame steht gleich wieder auf, oder? Was soll’s, mein Kennzeichen bin ich ja eben sowieso schon an dem Hydranten losgeworden. Dienstaufsichtsbeschwerde my ass! Das Revier vermittelt jedenfalls ein klischeefreies, authentisches Bild moderner Polizeiarbeit: Donuts, Kaffee, cholerische Vorgesetzte und Inspector Columbo. Bei all der Unordnung fragt man sich, was eigentlich passiert, wenn statt eines

Menschen eine Legofigur auf einen Legostein tritt? Vermutlich das gleiche, wie wenn man »Google« googelt – irgendwo entsteht ein Riss im RaumZeit-Kontinuum. Jetzt will man mich nötigen, einen internen »Kommunikator« in Form eines altertümlichen Tablet-PCs abzuholen. Muss halt alles in die klobigen gelben Lego-Hände passen. Ich soll die Software auf dem Ding updaten? Im Spiel? Mit einem Fortschrittsbalken, der langsamer kriecht als bei der Installation von Windows 3.1? Meine Laune ist am genoppten Boden, zumal ich nach einer halben Stunde zwar keine einzige Waffe abfeuern, stattdessen aber auch noch den Zentralcomputer warten musste. So habe ich mir das aufregende Cop-Leben allerhöchstens im Vorzimmer von Rainer Wendt vorgestellt! Für mehr als 5 von 10 Handschellen reicht das leider nicht – als IT-Simulator ist das Ding aber durchaus brauchbar. — »Lego City Undercover« für Nintendo Switch, Wii U, Xbox One, Playstation 4, PC (Warner Bros. Interactive Entertainment / TT Games)

x-why-z Konzertagentur GmbH & Co. KG

EINZIGES NRW OPEN AIR

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15.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

29.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

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05.08. DRESDEN 15.08. FRANKFURT 16.08. ERLANGEN

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#LOLLABERLIN


#Life

Foto: NASA

#Life


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#Life #Reportage #Südstaaten

Südstaaten-Reportage

Alles aus Nichts

Auf der Suche nach dem amerikanischen Mythos landet Dennis Freischlad immer wieder in den Südstaaten. Hier entstand eine Musik, aus der sich alles Weitere entwickelt hat: der Blues. Liegt dessen Ursprung in der öden Wucht des Mississippi oder in der Nichterfüllung des amerikanischen Traums? Fotos: Dennis Freischlad

ier Monate nach meiner Reise fiel es mir auf: Das verdammte Foto war viel zu hübsch – jedenfalls für diese trostlose Region. Grünbuschumrandet und sattfarben, der Himmel blau, der Himmel hell; zudem eine solch saubere Straße, als verstünde hier jemand allen Staub und Dreck zu besiegen, die als Jahresringe auf die Erde rieseln. Was war geschehen? Wenige Stunden zuvor hatte ich das vielbesungene Tupelo, den Geburtsort Elvis Presleys, verlassen und den großen Fluss angesteuert, immer runter Richtung Süden. Nach den weichen Hügeln Tennessees, in dessen Taufrischgrün das Licht und die Kobolde ihre Zeremonien pflegen, flachte die Landschaft zu einer tausend Kilometer langen Ebene ab und schenkte mir die so seltsam aufgebrauchte, öde Wucht Mississippis. Auf endlosen Tabakfeldern die Luft eines sauerstoffarmen Südstaatensommers. An einsamen Landstraßen blitzweiße Zähne in schwarzen Gesichtern. Flimmer, Gewitter und Rost. Und im Gebüsch: Blutsauger und Mücken. Ich erreichte die Vororte Clarksdales und verlangsamte, um mir die zur Schau gestellte Zerstörung einzuprägen. Überall mehr Bude als Haus, alles mehr schief als gerade, mehr Zeit als Leben. Die Dächer rissig oder sturmabgetrieben, das Holz morsch, die Vorgärten vermüllt und überwachsen mit dem, was aufzuhalten zu viel Kraft kosten würde. Auf einer einzigen Veranda die zwei Dutzend Gesichter einer

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Großfamilie, vor allem Kinder, die mich mit Hühnchenknochen herbeiwinken. Wie erinnerte sich Billie Holiday: »Mum und Dad waren noch Kinder, als sie heirateten. Er war achtzehn, sie war sechzehn, und ich war drei.« Ich hätte für ein endloses Schwätzchen anhalten können, für Reis in lauwarmem Fett, fuhr aber weiter. Ich wollte zum Fluss. Dann aber tauchte die weiße Flagge der New Covenant Baptistenkirche aus der materiellen Misere auf, als sei sie von Witzbolden gehisst worden. »God is real« stand Schwarz auf Weiß auf diesem Billboard, um der ringsherum zur Schau gestellten Zerstörung jene Krone aufzusetzen, die nur kleiderlose Könige zu schmücken vermag. Zudem noch ein »Delight yourself also in the Lord ...« Auch?! Herrgott, war das etwa eine Anspielung auf die heiligen Schnapshallen, gegen die tagaus, tagein die Radioprediger wettern und die gewiss mehr Kunden haben als die Priester in Gottes gewissenhaften Häusern? Im ganzen Land versucht man, die Männer aus den Liquor Stores zu bekommen. Aber für was? Als der ehemalige


#Life #Reportage #Südstaaten

Präsidentschaftsanwärter Donald Trump sein schwarzes die sich mir selbst am häufigsten aufdrängte, war eine gänzlich andere: Wohin Amerika umwarb, war das eindeutig: Leute! Eure Schulen würde ich zurückkehren, und warum? sind scheiße, ihr seid arm, habt keine Arbeit. Was zur Hölle Die Antwort: ins Mississippi-Delta, heiliges Antidot des amerikanischen Traums. habt ihr zu verlieren? Es hatte nichts versprochen und alles gehalten. Ich hielt neben der Kirche und schoss das Foto. Vier Monate später schlug ich eine Bibel auf und las den b wir es wollen oder nicht. Die Bilder Amerikas gehören uns, bevor wir O gesamten Psalm: »Delight thyself also in the Lord, and He mündig werden, und sie gehörten mir, noch bevor ich zum ersten Mal shall give thee the desires of thine heart.« in New York in Tausende Erinnerungen stieg. Home of the brave: die Rock-Plattensammlung meines Vaters, das lebensgroße Michael-Jordan-Poster, rei Wochen vor Clarksdale hatte ich mir in den Wrestler wie Bam Bam Bigelow, Filme wie »Ghostbusters« und »Wild Style«, D Bergen Virginias einen alten Van gekauft, die Jazz-Alben wie »A Love Supreme« von John Coltrane und finstere Dekrete der ausgebauten Rückbänke dem erstbesten Au- amerikanischen Außenpolitik, kurz: der Blues, »Baywatch« und Bomben. tohändler geschenkt und eine Matratze besorgt, auf der Jahrzehntelang war ich Amerikaner gewesen, nur eben auf einem anderen Konich den Großteil der nächsten drei Monate unterkommen tinent, kolonisiert durch Luftaufnahmen von Manhattan und »Yo! MTV Raps«, sollte. Von Küste zu Küste auf südlicher Route. Nach die- und am Ende meiner Reise bestätigte sich eine alte Einsicht, die so gravierend ser Reise durch alle Wirklichkeiten, Landschaften und ist, als ziere sie den Sockel der Freiheitsstatue: Die USA sind ein seiltänzerisches Gesinnungen des Landes wurde mir immer wieder diese Unterfangen, dem die Katastrophen wunderbar zu Gesicht stehen. Ornamente, eine Frage gestellt: Wo es mir denn zwischen New York himmlisch Gesprochenes, das große Geklapper der Bilder und Shows, ritualisierte und Kalifornien am besten gefallen habe? Die Frage aber, Verheißungen und ein von Gottes Gnaden gestiftetes Land, die »desires of thine

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#Life #Reportage #Südstaaten

»Die spannendste Aufgabe Amerikas ist die Überwindung all jener Grenzen und Einschränkungen, mit heart«. Schön und gut. In einer Welt, die sich selbst folgenvolle Utopie ist und immer nur aus dem Geist derselben entspringt, bedarf es solcherart Vorauswünschung für alles, was sich ermöglichen könnte. un ist jedoch das Wahrliche an den Vereinigten Staaten, dass sie dort am schönsten sind, wo sie auf Erden stattfinden: in ihren wie aus dem Jenseits geschliffenen Landschaften und genau jenen Träumen, die nicht in Erfüllung gehen. Hinter den Nebellichtern aufgebauschter Ideale geht es seit 250 Jahren schlicht und einfach nur darum, einigen wenigen den Pfad zum Reichtum zu ebnen und die Mehrheit – derweil konsumierfähig! – davon träumen zu lassen. Der Rest ist Abwicklung und Verlust. Die schönen Gesichter, ja; die geleasten Suburbs, ja; das Glück, dessen Schmalz in einen Popsong passen muss: natürlich! Zu sehen, dass der Traum nicht in Erfüllung geht, ist stets eine Reise wert. Denn gerade dann, wenn die Illusionen verflogen sind und einem das Leben nackt und unbequem an die Kehle geht, weiß der Mensch seine Übermenschlichkeiten zu leisten. Das Unfertige, Krumme und Unvollkommene steht diesem Land ausgezeichnet, und es macht nichts, dass es nichts über das Göttliche zu berichten weiß, wenn es eben das zutiefst Menschliche ans Tageslicht setzt – ein Lichterloh, das schreien muss und singen. In Mittelamerika seien die Schriftsteller bewaffnet, schrieb Don DeLillo. Im Süden, und vor allem zwischen St. Louis und New Orleans, sind es die Musiker.

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Wohin also Texas zurückkehren, wenn es nur das Lebenan-sich ist, das In uns zu Füßen liegt? knapper Entfernung zur New Covenant Baptist Church steht das Haus, in dem einst Muddy Waters wohnte; ganz in der Nähe ist Son House geboren; Tommy Johnson – und später sein Namensvetter Robert – hat hier vorne, wo der 41 auf den berüchtigten Highway 61 trifft, seine Seele munkelmännisch an den Teufel verkauft, zack und bums, alle Ewigkeit verscherbelt für eine tolle Legende, um zwischen Himmel und Erde den Blues spielen zu können. Lonnie Johnson, Skip James, R.L. Burnside, Charly Patton, Memphis Minnie, Mister Fred McDowell und so ziemlich alle anderen sind hier durchgekommen, genau diesen schnöden und gottverlassenen Highway 61 hoch und runter, der den Mississippi bis ins Meer begleitet. Zu sehen gibt es hier nichts. Der große Fluss ist bescheiden und erzählt mit großer Ruhe. Hier lässt sich sitzen, das verschwitzte Hemd zum Trocknen auslegen und stundenlang im Sand herumstochern. Das Wasser pisswarm. Ringsherum: strammes atmosphärisches Wissen, der Himmel drückt unaufhörlich Luft in die Hitze, Busch- und Landwirtschaft und weiter nichts. Felder und Felder, über denen die Wolken nachts weiß werden und Vollmonde rollen. Das andere Amerika hat man hier hinter sich gelassen. Die kosmopolitischen Küstenstädte und all ihre Sperenzien, all diese Auswege in die Gefügigkeit der Welt. Die kristallenen, blauen Wälder, die frische Luft der Berge,

das Hab und das Gut und der majestätische Aufenthalt der Wüsten und Steppen. Hier unten jedoch herrscht Langeweile. Für die Zerstreuung fehlt Zählbares. Ein Zuviel an Tag weiß nichts anzufangen mit den Herzen, die jeden Abend über Sumpfland, besoffene Ehemänner und stänkerische Ehefrauen zu siegen haben. Selbst Jesus verkommt zu einem Wahn, weil einen niemand mehr zur Rede stellt. Das Kernland des Delta-Blues ist so vergessen, dass es frei sprechen darf. Kann man also mit gutem Gewissen behaupten, dass Amerika nirgendwo so ehrlich ist wie hier unten, wo man die Existenz nicht mit irgendeinem Spektakel zu überflunkern sucht? Wer hören möchte, was es aus den USA zu berichten gibt, muss hierhin zurückkehren. Fast alles, was sich heute Popkultur nennt und den Seiten der Musik- und Kulturmagazine zu entnehmen ist, hat hier – wenn auch nicht seinen Anfang, aber – den entscheidenden Übergang gefunden und einen Siegeszug um die Welt angetreten, der die Sektkorken der Propagandaminister durch die Decke jagt. an kann es sich nur so vorstellen, dass der Mensch in diesem Milieu seit jeher fremd war, dass niemand hier halt gemacht hätte, gäbe es nicht natürliche Häfen an der Meeresküste und einen großen Fluss, der mit seinen Überschwemmungen Äcker und Menschen nährt. Kommen, um in Vergessenheit zu geraten. Was bleibt, sind Tontauben, Bewährungshelfer, Schießpulver und zitternd blaue Nächte. Drähte aus dem Virginia Fliegengitter, die man als Saiten an eine alte Zigarrenbox oder den morschen Veranda­pfosten nagelt, einige und die letzte, Dollar, die noch Gewicht haben, North Carolina das Mundwerk verbrennende KipTennessee pe. Was soll man denn noch begleiSouth Carolina chen, noch sprechen Arkansas können, wenn fast alles Georgia ohne Worte auskommt Alabama in einer Landschaft, die die Mississippi Sprache geraubt hat und in der man noch sagen kann: Plantage, Hitze, Zeit. Louisiana So empfiehlt es sich, Das gesamte Oeuvre eideutlich hinzuhören. Florida nes Robert Pete Williams, genauester Gradmesser und Seismograf solch silbenloser Tage, zeichnet eine Topografie, die alles beinhaltet. Danach gefragt, was zu Veränderungen in seiner Spielweise geführt habe, antwortete der 1914 geborene Bluessänger: »Der Klang der Atmosphäre, das Wetter beeinflussten meinen Stil. Aber ich konnte zuhören, denn ich bin ein »air-music man«. Die Luft zog anders umher, hatte einen anderen Klang. Also, die Atmosphäre bewegt die Musik, wenn der Wind bläst. Ich weiß nicht, ob einen das beeinflusst oder nicht, aber es flirrt ein Klingen in der Luft, verstehst du? Ich weiß nicht, woher es kommt – es könnte von Flugzeugen kommen oder vom Ächzen der Autos, aber so oder so lässt es einen Luftstrom in der Luft zurück. Das geht in den Wind und wird zu einem Geräusch. Aus diesem Sound entsteht dann der Blues.«

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er Blues, der laut Ma Rainy lediglich die Art und Weise ist, wie sich das Leben äußert, entstand zu jenem Zeitpunkt, als den ehemaligen Sklaven das Land, das sie bislang ertragen mussten, plötzlich gehörte. Den metrischen, auf afrikanischem Erbe basierenden Kern ihrer Musik hatte man über jene Zeit gerettet, in der alles versucht worden war, um die Vergangenheit der Sklaven aus deren Gegenwart zu löschen. Doch auf den Baumwollplantagen, beim Bau der Eisenbahn, auf See und in den Gefängnissen praktizierte man die WorkChants, Call-and-response-Gesänge, durch die man sich einen alten Rhythmus bewahrte und die Sprache der Weißen lernte, ihre Sprache und die aus Europa importierten Instrumente. Durch die Befreiung aus der Sklaverei entstand ein neues soziokulturelles Narrativ und die einzige genuine Musik Amerikas, auf die alles Übrige folgen sollte. Der eigenen afrikanischen Historie, allem Wissen um Sprache und Herkunft entzogen, musste man nunmehr Amerikaner werden, ein eigenverantwortlicher Mensch in einem weißen, puritanischen Amerika, das keinen Platz für die Schwarzen vorsah (selbst für Thomas Jefferson war es selbstverständlich, dass die Afrikaner

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#Life #Reportage #Südstaaten

denen man geboren worden ist, um etwas über den Wert dieser Einschränkungen zu lernen.« Greil Marcus nach dem Ende der Sklaverei endlich auf ihren Kontinent zurückkehren würden) und nach eigenen Regeln und Gut und Böse, Schuld und Sühne operierte. Der Musikjournalist Greil Marcus zum Beispiel schreibt, dass das den Blues so stark prägende Thema der Sexualität nicht aus Afrika importiert worden sei, sondern aus der Auseinandersetzung mit ebendiesem weißen Amerika und dessen moralischem Kodex resultiere, »eine Explosion von Furcht und Frömmigkeit, welche die Weißen der Südstaaten an ihre Sklaven weitergaben und welche die Schwarzen schließlich in ihre eigene Religion einarbeiteten. Die Bluessänger akzeptierten die Furcht, lehnten aber die Frömmigkeit ab; sie sangen, als wäre ihre Einsicht in das Werk des Teufels stark genug, den lieben Gott aus ihrem Leben zu vertreiben. Sie lebten des Menschen Lebensangst und wurden zu Künstlern ebenjener Angst.« Die Strophen des amerikanischen Hohelieds versprachen jene Art von Freiheit und Selbstbestimmung, die den ehemaligen Sklaven wie selbstverständlich verweigert wurde. Amerikaner auf dem Marktplatz, Amerikaner im Hurenhaus, Amerikaner in einem Bus, Amerikaner auf den Plantagen und ein Amerikaner in der Bank. Wunderland: Zwischen Unterdrückung und Optimismus sind es kurioserweise jene, die man über einen Ozean geprügelt hatte, die als einzige Neuweltler die Möglichkeit bekommen sollten, eine vollkommen neue Identität auszuüben. Da der schwarze Amerikaner sich einerseits erinnern und gleichzeitig neu werden musste, hat sich keine Musik so stark verändert wie der Blues und der Jazz. Die Entstehung Amerikas in einem Land voller Moskitos und zerklumpter Pennies. Folgenreich: Beat Generations, HipHop, Charlie Mingus und jeder, der heute eine Gitarre in der Hand hält oder hinter einem Schlagzeug hockt. Um noch einmal Greil Marcus zu zitieren: »Die spannendste Aufgabe Amerikas ist die Überwindung all jener Grenzen und Einschränkungen, mit denen man geboren worden ist, um etwas über den Wert dieser Einschränkungen zu lernen.« an schwitzt zu sehr, wird von allerlei Unheimlichkeiten heimgesucht, die sich nicht benennen lassen, und weiß nicht wohin. Make America Great Again ist hier unten ein Witz. Trotzdem bleibt man oder käme wieder. In den USA ist das Auffindbare versöhnlicher als das Glück. Gut also, dass die Landschaften Mississippis nie schweigen und der warme Wind weiterhin durch Louisiana zieht, wo man ihn aus der Atmosphäre zu fischen vermag, hier, wo alle ihr gewissenhaftes Grinsen, das um Gottes fein gemachte Welt weiß, in die Spucknäpfe rotzen und sagen: It’s all right. Sie sammeln zu Tausenden und Hunderttausenden weiter den Eisenschrott und leisten sich einen Liter Benzin. Eine Zigarre und ein Glas Whiskey, der, wenn es einen umhaut, immerhin die Seele an einen sicheren Ort gebracht hat. Auf den großen Festen wird gelacht und getanzt. Keine Vergnügungen, die auf sich warten lassen. Freunde und Feinde, Himmel und Hölle, wer weiß das schon?! Vor dem Haus bellt der Hund, dahinter blühen die Magnolien. Ein Insektenbrummen, immerhin, zu dem sich ein Lied taufen lässt. Alles bleibt. So wusste bereits Robert Pete Williams, nachdem er in einer Bar einen Angreifer niederschießen musste, dasselbe wie jeder, der heute in Georgia und Alabama im Knast sitzt und die Hymnen Kendrick Lamars oder der Black Keys im Ohr trägt: »In dieser Welt weiß kein Mann, weiß keine Frau, was Ärger wirklich ist. In dieser Welt. Nun stell dir mal Folgendes vor. Du sitzt hier in diesem Haus, aber du weißt nicht, in was für Schwierigkeiten du gerätst, bevor du wieder daheim bist. Hab ich recht? Ist das nicht die Wahrheit? Und ich sage dir was, diese Welt hier, die ist die schlimmste von allen. Aber es ist nicht die Welt, es sind die Leute, die in ihr leben. Es sind die Leute der heutigen Welt.« »God is real«, und wenn man hier genau hinhört, kann man es hören: Das Leben muss nicht gut sein. Es muss nur gelingen.

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— Dennis Freischlad »Hymnus - Die Suche nach Amerika« (Dumont; 350 S.; € 14,99)

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#Life #Reportage #Haltung, bitte!

#Haltung, bitte!

Equality Time in Roskilde Unter den vielen europäischen Großfestivals ist das Roskilde ein besonderes: Seit 1972 wird es als Non-Profit-Veranstaltung geführt und hat seitdem über 30 Millionen Euro gespendet – unter anderem an den Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e. V. oder an den abgebrannten Golden Pudel Club. Daniel Koch fragte Martin Hjorth Frederiksen, den Pressesprecher des Festivals, wie sich dieses Engagement entwickelt hat und wie politisch das Roskilde sein will. Seit 1972 fließt der Gewinn des Roskilde Festivals an den Foreningen Roskildefonden (wurde 2008 unbenannt in Foreningen Roskilde Festival), der das Geld in Form von Spenden an lokale und internationale Projekte sowie an Organisationen wie Amnesty International oder Ärzte ohne Grenzen verteilt. Wie ist der historische Ursprung dieser Verbindung?

wenn es deutsche Festivals nicht tun: Wie kommt das zustande?

Abgesehen von der Frage, warum ein Festival aus Dänemark auf diese Weise aktiv wird,

willigen zusammen, die für eine sehr angenehme Stimmung sorgen. Wo auf anderen

Großfestivals am Bühnengraben oft grimmige Gesellen stehen, bekommt man bei euch von netten Studenten einen Becher Wasser in die Hand gedrückt. Wie funktioniert das in der Praxis?

Wir haben eine eigene SecurityManagement-Firma und natürlich ein umfassendes Sicherheitskonzept und professionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich. Aber wir wollen eben nicht, dass sie das Festivalbild prägen, obwohl sie an allen wichtigen Punkten präsent sind. Wenn Security und Polizei zu sichtbar sind, hat das automatisch Einfluss auf die Stimmung. Die Leute werden ängstlicher und aggressiver. Wir wollen eine offene, freie Stimmung erzeugen. Dabei sind die vielen sehr engagierten und oft euphorischen Freiwilligen ein wichtiger Faktor.

Wir arbeiten gern mit Menschen zusammen, die wir persönlich kennen und schätzen – und denen wir vertrauen. Unsere Booker und ich sind oft in Hamburg und wissen, wie wichtig Groove City für die Stadt und das Viertel ist und dass es sich um mehr als bloß einen Plattenladen handelt. Gleiches gilt für den Pudel: Vor dem Roskilde fand 1971 bereits das Sound Der ist Underground, haltungsstark – und daFestival statt, das zwei Gymnasiasten aus der bei trotzdem zugänglich. Diese Mischung ist Im letzten Jahr gab es eine Live-Schaltung Gegend ins Leben gerufen hatten, um Wood- uns sympathisch und vielleicht sogar ähnlich. zu Edward Snowden und viele Workshops stock nachzueifern. Die beiden machten gro- Seit ein paar Jahren driftet ein Großteil oder Kunstaktionen, die sich politischen ßen Verlust, unter anderem, weil ein Promoter der dänischen Politik in Richtung rechts- Themen widmeten. Was passiert in diesem einen Haufen Geld in sein Auto packte und konservativ und bisweilen nationalistisch, Jahr? einfach verschwand. Dennoch war schnell und viele Dänen unklar, dass ein Festival dieser Art für eine Stadt terstützen diesen wie Roskilde kulturell große Bedeutung haben Kurs. Wenn man auf könnte. Foreningen Roskildefonden gibt es euer sehr internatischon seit den 30er-Jahren und macht seitdem onal ausgerichtetes gute Kulturarbeit, unter anderem etablieren Line-up und auf euer die Verantwortlichen Einrichtungen für Kinder Engagement schaut, und Jugendliche oder organisieren Stadtfeste. stellt sich die Frage: Der Stadtrat von Roskilde bat den Verband, Nehmt ihr bewusst die Festivalidee der beiden Gymnasiasten eine Gegenposition weiterzuführen. dazu ein? Die Entscheidung für ein Non-Profit-Festival Wir stellen uns nicht ist also historisch verankert und wurde nie offensiv gegen die angezweifelt? Regierung. Aber Ja. 1972 erschien sie logisch, weil das Engage- wenn wir zum Beiment komplett freiwillig war und man etwas spiel in dem Jahr, in für die gute Sache und für die Region machen dem Dänemark die wollte. Das hat sich bis heute im Grunde nicht Asyl- und Grenzpoligeändert, auch wenn das Roskilde natürlich tik verschärft, für das Eröffnungskonzert auf Wir widmen uns zum dritten Mal dem Schlagprofessionalisiert wurde und inzwischen ein der Hauptbühne Damon Albarn und ein sy- wort »Equality«, das wir in den letzten zwei festes Organisationsteam hat. Wir sind stolz risches Orchester buchen, dann darf und soll Jahren jeweils von einer anderen Seite beauf unsere Geschichte und das, was wir leisten man das natürlich als politisches Statement leuchtet haben. 2016 war es »Political Equalikonnten. Warum sollten wir das wegwerfen? verstehen. Wir haben keine Angst, politisch ty«, in diesem Jahr ist es »Cultural Equality«. Die Zahlen sind durchaus eindrucksvoll. Im zu sein, wollen dabei aber nie sagen: »Unsere Dabei wird es vor allem auch um Genderletzten Jahr hieß es, man habe seit Beste- Meinung ist die richtige. Und so müsst ihr orientierte Themen gehen. Es wird wieder viele hen rund 37 Millionen Euro Gewinn erwirt- denken.« Wir möchten lieber verschiedene Workshops und Talks geben, vor allem in den schaftet. Davon profitieren auch deutsche Themen ins Licht bringen. Ich weiß nicht, ob Tagen vor dem Musikhauptprogramm. Die Einrichtungen. 2015 wurde der Flüchtlings- wir die Verantwortung haben, so etwas zu ma- Verbindung zwischen Haltung, Kunst und rat Schleswig-Holstein e. V. gefördert, 2016 chen, aber wir nutzen unsere Möglichkeiten, Musik wird auch enger, zum Beispiel mit eiwaren der abgebrannte Golden Pudel Club um Dinge ins Bewusstsein zu rücken, die uns nem Kunstprojekt mit vielen Acts aus dem und der Plattenladen Groove City, der eigene am Herzen liegen. Musikprogramm – aber viel mehr darf ich Projekte mit Geflüchteten betreibt, dabei. Ihr arbeitet auf dem Gelände mit vielen Frei- bisher noch nicht verraten. — Alle Infos zum Roskilde-Festival auf Seite 120

Foto: Timmy Hargesheimer

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#Life #Reportage #Rosa-Parks-Haus

Das Rosa-ParksHaus in Berlin

EIN HAUFEN HOLZ In Detroit hat der Künstler Ryan Mendoza das Haus der Bürgerrechtlerin Rosa Parks abgebaut und nach Berlin verschifft, um die 2.000 Stücke Holz in seinem Vorgarten wieder zusammenzubauen. Julia Brummert hat den Künstler und seine Frau Fabia besucht, um sich die verrückte Geschichte erzählen zu lassen.

Ryan Mendoza und Rhea McCauley

A

uf Zehenspitzen versuchen Neugierige, einen Blick über die hohe Mauer zu werfen. Ich gehe an dem Grüppchen vorbei und klingle einfach beim Atelier Mendoza. »Ah, gute Idee«, sagen die anderen Wartenden hoffnungsvoll. Der Künstler Ryan Mendoza selbst öffnet die Tür. Er trägt Arbeitsklamotten, auf seiner Hose sind Farbspritzer und Reste von Gips oder anderem Baumaterial. Die anderen wollen mit rein. Doch nichts da – schließlich ist das hier keine öffentliche Ausstellung: Mendoza wohnt und arbeitet hier. Ich hingegen habe meinen Besuch angemeldet. Aber immerhin gibt der Künstler den anderen Interessenten den Tipp, dass der Blick vom Hinterhof des Nachbarhauses besser sei. Dann fällt das Tor krachend hinter uns ins Schloss. Daran, dass neuerdings Menschen in seinem Atelier Sturm klingeln und ständig aus der Nachbarschaft auf sein Haus starren,

ist Mendoza allerdings selbst schuld. Schließlich hat er das Haus von Rosa Parks hierher geholt, mitten in den Berliner Wedding. Wir gehen an dem etwas windschiefen Holzhaus vorbei in sein eigenes, das direkt dahinter steht. Er wohnt seit einigen Jahren hier, zusammen mit seiner Frau Fabia, seinem Kind und einem Hund. Er bittet mich, die Schuhe auszuziehen, lässt sich auf ein großes Sofa fallen, wickelt sich in eine Decke, und dann beginnt meine Audienz. Mendoza erzählt von seinen beiden anderen Projekten in Detroit, über die Arbeit daran hat er Rhea McCauley kennengelernt, Rosa Parks’ Nichte. Sie hatte das Haus ursprünglich für 500 Dollar von der Stadt Detroit gekauft, als es auf der Abrissliste landete. »Ich war bestimmt nicht ihre erste Wahl. Sie hatte wirklich versucht, das Haus in der Black Community zu lassen. Der Gedanke, dass sich eine


#Life #Reportage #Rosa-Parks-Haus Rosa Parks … gilt als die Begründerin des Civil Rights Movement in den USA. Am 1. Dezember 1955 wurde sie verhaftet, weil sie sich weigerte, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen. Damit löste sie in Montgomery einen Bus-Boykott aus und legte einen der Grundsteine für die Bewegung gegen die Segregation. Parks starb 2005 in Detroit, Michigan.

weiße Person um das Haus kümmern würde, gefiel ihr sicher nicht. Es gab aber niemanden, der sich der Sache annehmen wollte. Und sie mochte die Idee, dass das Haus ins Ausland gebracht wird und die USA dieses Haus damit verlieren.« Mendoza ließ es abbauen und verschiffte es im Container nach Berlin, mit dem mulmigen Gefühl im Bauch, dass doch noch jemand Einwände erheben würde. Auf dem Zoll-Formular waren lediglich um die 2.000 Stücke Holz gelistet. Aber ist dieses Haus nicht eigentlich genau das: ein Haufen Holz? Rosa Parks hat in diesem Haus nur zwei Jahre ihres Lebens verbracht, und es gab sicherlich andere Dinge, die ihr wichtiger gewesen sind. Ein Gedanke, den auch ein Historiker in der New York Times geäußert hat, das Haus sei »not brimming with historical importance, it’s simply a way station in Rosa Parks’ life«, hieß es dort. Mendoza wird ungehalten, wenn man ihn darauf anspricht: »Stell dir vor, es ist 1956, wir sind in Montgomery, Alabama, an einem Ort, der bis heute rassistisch geprägt ist. Wir sitzen bei Rosa Parks zu Hause, und jemand schmeißt Steine Abbau in Detroit durch ihr Fenster. Sie bekommt Morddrohungen. Ihr Mann verliert seinen Job, sie haben kein Geld. Die Kirche hat ein wenig Geld für sie gesammelt, mit dem sie Alabama verlassen kann. Sie kommt im Haus ihres Bruders in Detroit unter. Ein Haus mit drei Schlafzimmern und einem Bad, in dem bereits 15 Menschen untergebracht waren! Einfach nur, weil das ihre einzige Möglichkeit war.« Für ihn steht dieser Haufen Holz beispielhaft für die Geschichte vieler Menschen, die Ähnliches durchgemacht haben: »Wir reden über kollektive Erinnerung, über die Vergangenheit in den USA. Wenn man sagt, dass dies keine Bedeutung hat, sagt man, dass Rassismus keine Bedeutung hat, dass Sklaverei, Segregation, dass all diese Dinge ohne Bedeutung sind!« Man merkt ihm an, dass er diese Dinge schon häufiger erklären musste. Und er NachbarInnen in Detroit klingt überzeugend.

Ein anderes Kunstprojekt von Mendoza in Detroit

Rosa Parks (Mitte)

Mendoza hatte das Haus und sein Grundstück an ein paar Terminen für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, es mit Sound und Lichtin- Wiederaufbau in Berlin stallationen ausgestattet. Ins Innere durfte niemand, auch aus Bauschutzgründen. Das Grundstück generell zu öffnen hält er für unmöglich: »Uns fehlt die Infrastruktur, Sicherheitsleute, man könnte es sonst einfach so in Brand stecken. Wir haben aber auch kein Interesse daran, hier ein ›Rosa Parks Bed & Breakfast‹ zu eröffnen oder was weiß ich. Ich hoffe einfach, dass sich irgendwann mal eine Institution meldet und Interesse daran bekundet, etwas mit diesem Haus zu machen.« Am liebsten wäre ihm eine US-amerikanische Institution. Seine Frau Fabia hat einen Film über die Zeit in Detroit gemacht. Sie betont: »Für die Menschen dort ist es wichtig, dass man die Stadt nicht nur auf die kaputten Häuser herunterbricht. Die Botschaft, die immer hängen bleibt, dass die Stadt Rosa Parks’ Haus abreißen wollte. Aber das war die städtische Regierung, Der Film das waren nicht die Menschen, die dort leben. Die Dokumentation »The White House« erklärt die Einer der Nachbarn sagte, dass er das Haus Sichtweise der Menschen gerne dort behalten würde. Aber dann wäre in Detroit sehr eindrücklich. es eben abgerissen worden.« Fabia hat mit vielen OrtsanJetzt steht es mitten in Berlin und sorgt für sässigen gesprochen und stellt auch die beiden ande- Sturmklingeln bei den Mendozas und dafür, ren Projekte ihres Mannes dass vom Maschendrahtzaun an der Seite des in der Stadt vor. Der Film wird vor allem auf Festivals Geländes aus immer wieder Leute durch die gezeigt. Weitere Infos gibt Fenster in das Wohnhaus von Mendoza und es auf whitehousefilm.net. seiner Familie gucken. Bis jemand kommt, das Haus ein weiteres Mal abbaut und endlich das daraus macht, was es sein sollte: ein – zugegebenermaßen sehr großes – Ausstellungsstück in einem Museum.

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#Life #Rezepte der Popküche

Rezepte der Popküche: »Pappa ante Portas«

Kohlrabi mit Fischstäbchen und Remouladensoße Ja, es gab ein Leben vor Netflix. Es war schön, manchmal schwarzweiß und immer beruhigend langsam. Damals trug die deutsche Komödie ihren Namen noch völlig zu Recht. Seit 2011 ist Loriot tot. Oha, deutscher Humor war gar nicht immer schon scheiße?! Wo heutzutage klebriger Honig trieft, flimmerte damals neben der heilen Heimatfilmwelt teils äußerst skurriler Humor durchs deutsche TV. Liegt’s an Intelligenz-Sparmaßnahmen, am elenden Turbo-Abi oder am Internet? Oder sitzt der 2011er-Schock einfach zu tief, dass die großen Humoristen nun göttlichere Wesen als uns bespaßen? Die Rede ist von Loriot. Während Loriot’scher Humor mit den Jahren leider flöten gegangen ist, sind damalige Themen aktueller denn je. In »Pappa ante Portas« beispielsweise wird Heinrich Lohse, Leiter einer Einkaufsabteilung, überraschend in den Vorruhestand geschickt. Was er im Job nicht mehr anrichten kann, verbockt der nach Rabatten Süchtige nun eben zu Hause. Und im Supermarkt: »Mein Name ist Lohse, ich hätte gern hier eingekauft. Wir haben da zwei Möglichkeiten: Entweder ich lese ihnen im Ganzen vor, was ich auf der Liste habe, oder wir gehen alles einzeln nacheinander durch.« Doch nicht nur der Humor hinkt mittlerweile, auch bei der Nahrungsaufnahme geht es bergab. Leck mich am Sojabratling – gedünsteter Kohlrabi mit

Fischstäbchen und Remouladensoße? Wo wird denn so was noch gereicht? Der Dichter Lothar Frohwein verspeiste dieses köstliche Mahl einen Tag bevor er vor das lyrikgeile Publikum von Frau Lohses Kulturverein tritt. Kurz nachdem seine knarzende Lederkluft endlich Ruhe gibt, muckt das Zwerchfell auf: Frohwein wird von heftigem Schluckauf geplagt. Die Zuschauer sind ratlos. Doch Herr Lohse kann helfen und beendet den Schluckauf mit der Frage nach dem am Tag zuvor gegessenen Gericht. Nach dieser Schluckauf vernichtenden Denkaufgabe kommen statt »Hicks« folgende nicht viel aussagekräftigere Worte aus dem verwirrt dreinblickenden Dichtermund: Melusine

Krawehl, krawehl! Taubtrüber Ginst am Musenhain, Trübtauber Hain am Musenginst. Krawehl, krawehl. Vielleicht ist Netflix doch eine ganz geile Erfindung – guten Appetit! Senta Best

Das Rezept Zutaten für vier Lyrikgeile: 4 Stücke tiefgekühlter Seelachs 2 Kohlrabi-Köpfe 4 Eier 5 EL Mehl 1 Päckchen saure Sahne 1 Packung Semmelbrösel Pfeffer Salz 1 Bund Dill 4 Essiggurken Und so geht’s: Den Seelachs auftauen lassen, abtupfen und in fischstäbchenähnliche Stücke schneiden. Für die Panade je einen Teller mit Mehl, verquirltem Ei und Semmelbröseln vorbereiten und die Fischstücke in dieser Reihenfolge darin wälzen. Dann in heißem Sonnenblumenöl in der Pfanne von beiden Seiten knusprig braten. Zwischenzeitlich den Kohlrabi in mundgerechte Stücke schneiden und in etwas kochender Gemüsebrühe circa 10 bis 15 Minuten garen. Für die Remouladensoße drei hartgekochte Eigelbe mit einer Gabel zerdrücken, mit Pfeffer, Salz und Senf verrühren und saure Sahne sowie einen Schuss Milch hinzufügen. Zum Schluss in feine Stückchen geschnittene Essiggurke und Dill unterrühren. Hicks.

Illustration: Alexandra Ruppert

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Gelada

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#Mode aus Israel #Style

Maskit

Sharon Tal nippt an ihrem frisch gepressten Orangensaft und streift sich die weißen Turnschuhe von den Füßen. »Eine kleine Pause«, sagt sie. Am Nachmittag fliegt sie nach Mailand, gestern war sie in London. Als führende Designerin des israelischen Modelabels Maskit ist die 35-Jährige ständig unterwegs. Ihre Marke blüht international auf – und lockt immer wieder Kunden in die arabische Altstadt Jaffas, die auf der Suche nach langen Roben und Mänteln hierherkommen. Zwischen sandsteinfarbenen Pflastersteinen, hohen Decken und türkisfarbenen Torbögen liegt die Kollektion des letzten Jahres. Lange Kleider, fließende Stoffe und immer wieder Stickereien – das Markenzeichen der Luxusmarke. »Diese Kollektion ist inspiriert vom Toten Meer und von der Wüste«, erklärt Sharon und berührt vorsichtig den dünnen Stoff. Das Aufeinandertreffen vom Blau und Violett des Salzsees und dem Rot der Wüste Negev sei Auslöser für die Kreationen gewesen. Israel mag zwar winzig sein, nichtsdestotrotz herrschen in dem Nahoststaat ganze drei Klimazonen, und er liegt am Knotenpunkt dreier Kontinente. Die Natur verwandelt sich hier oft in wenigen Augenblicken. »Diese Landschaft ist und bleibt immer meine erste Inspiration«, erklärt Sharon. Seine Hochzeit hatte das Label in den 50er- und 60erJahren: »Audrey Hepburn trug Maskit, es gab einen Store auf der 5th Avenue und Kollaborationen mit Givenchy, Dior oder Yves Saint Laurent«, erzählt die Israelin. Vor der Gründung 1954 war Labelbetreiberin Ruth Dayan von Dorf zu Dorf gereist und hatte eine reiche jüdischarabische Modekultur aus den verschiedensten Winkeln der Welt, von Osteuropa bis Nordafrika, entdeckt. »Es war einfach, an das Phänomen Maskit anzuknüpfen«, erinnert sich Sharon. Als Absolventin der renommierten Shenkar Hochschule bei Tel Aviv habe sie nach dem Abschluss in Israel zwei Optionen gehabt: Selbstständigkeit oder Retail. Sie habe keins von beidem gewollt, also habe sie vorerst in London für Stardesigner Alexander McQueen gearbeitet, bis sie sich reif fühlte, das Erbe der Ruth Dayan anzutreten. »Die meisten Absolventen Maskit müssen sich entscheiden: Gehe ich in die Fast-Fashion-Branche und arbeite bei Castro – denn sonst gibt es hier nicht viel –, oder gründe ich mein eigenes Label«, erzählt die Designerin. Die meisten müssten nach kurzer Zeit wieder aufgeben. Der israelische Markt ist klein, die Produktionskosten sind hoch.

BLTRX

Tamar Friedman, Gründerin und Designerin des Taschenlabels BLTRX, hat vor vier Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Damals kam sie gerade aus Paris, wo sie ihre Studien in Fashion- und Textildesign an einer der Écoles Supérieures absolviert hatte. Die Entscheidung, nach Israel zurückzukehren, fiel ihr nicht leicht. »Es ist hier viel schwieriger als in Europa. Wir erhalten wenig staatliche Förderung im Kultursektor, und der Markt ist sehr umkämpft«, erzählt die 32-Jährige. Für die meisten Jungdesigner sind das verheerende Startkonditionen. Viele von ihnen gingen vor allem an den horrenden Produktionskosten in Israel zugrunde. Durch die politische Lage gibt es keine Nachbarländer, in denen man billiger produzieren kann. Die Einfuhr von Waren – beispielsweise aus China – wird in Israel sehr hoch besteuert, und die Qualität ist gerade für unerfahrene Designer im Business schwer einzuschätzen. Tamar fertigt ihre Taschen in Jaffa und begutachtet sie in ihrem Studio auf dem grün bewachsenen Ben Tsion Boulevard in der Innenstadt. Bald sollen Gürtel und Accessoires dazukommen. Tamar liebt die immer neue Kombination von Farben und Formen, von Geometrie und unterschiedlichen Textilien. Ihr Studio ist ein Puzzle aus rauem Leder, Stickereien, Fransen, klaren Linien, Mustern und Kanten. Manche Taschen kommen in Halbmondform daher, andere wiederum als Beutel, groß oder klein, als Box oder Clutch. Der Stil von BLTRX sei an die Boheme angelehnt, erzählt Tamar, und bleibe trotzdem modern und verspielt. BLTRX

Gelada, Sorry Design und Muli

Noch jünger und urbaner geht es bei Labels wie Gelada, Sorry Design oder Muli zu. Wer es nicht nötig hat, einzig und allein von der Mode zu leben, findet in Tel Aviv eine inspirierende Atmosphäre – befeuert durch ein nie enden wollendes Nachtleben, ständig gut besuchte Restaurants, Ausstellungen, Konzerte, Pop-up-Bars. Und obwohl die Preise in der Innenstadt mit Tokio oder New York konkurrieren, findet sich im Herzen der Mittelmeer-Metropole eine lebendige Szene an jungen Kreativen. Der Shop von Gelada liegt am Ortseingang von Jaffa. Hier machen sich neue Galerien und kleine Bistros den Platz streitig. Der Gründer Yaron Mendelovici hat den Fokus auf Design und Illustration gelegt. Das Label bewegt sich an der Schnittstelle von kunstvoll bedruckten T-Shirts, Beuteln und Plattencovern – und tut

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#Style #Mode aus Israel


#Style #Mode aus Israel

dabei immer so, als wäre es ein Reisebüro: »Gelada Travel Agency« prangt in großen Lettern an der Eingangstür. Ein kleiner Raum zum einmal Herumdrehen und Stöbern, eine verwinkelte Holztreppe ins Lager im zweiten Stock, ein ebenso kleines Café nebenan. Die Entwürfe stammen von mehreren freien Designern; Bands arbeiten gerne mit Gelada zusammen, und Eventplaner nutzen die Designs für Clubs, Festivals und Promotion. Die ehemalige Freelance-Designerin Danielle Weinberg hat ebenfalls für das Label gearbeitet – bis sie sich freigestrampelt und Sorry Design eröffnet hat. Damit schwimmt sie zwar im gleichen Fahrwasser wie Gelada; ihre Designs sind jedoch kühler, klarer, cooler – ganz so, als wären sie geradewegs mitsamt einem Berliner Hipster aus Minusgraden eingeflogen worden. Die Models sind blass und haben ihre Augen nur halb geöffnet – Weinbergs Kleidung ist für lange Nächte gemacht. Der weiße Schriftzug zieht sich plakativ durch alle Seidendrucke, Pullover, Hoodies, T-Shirts; kurze und meist provokante Slogans und ein einsames X-Zeichen finden sich hier und da. Sorry Design steht für Minimalismus, Coolness und Reduktion. Die orthodoxe Designerin Chana Marelus aus dem kleinen Vorort Bnei Brak ist weniger hip, bei ihrer Zielgruppe jedoch nicht weniger begehrt. Sie entwirft mit ihrem Label Muli hochgeschlossene Roben, Abendmode und sittsame Brautkleider. Ursprünglich gedacht für die religiöse jüdische Frau, hat der Trend der sogenannten »Modest Fashion« mittlerweile die Laufstege der Haute Couture erobert. Sogar internationale Marken wie Mango oder DKNY stellten in den letzten Jahren immer wieder sogenannte Ramadan-Kollektionen vor, und im Mai letzten Jahres wurde in Istanbul die erste »International Modest Fashion Week« abgehalten. »Ich wollte Mode kreieren, die meiner Community zugutekommt. Für uns ist es oft schwierig, hochwertige und bescheidene Fashion zu finden. Ich möchte mich jedoch nicht ausschließlich an religiöse Juden wenden«, unterstreicht Marelus. Die religiösen Kleidervorschriften des Judentums sehen vor, dass die Ärmel bis zu den Ellenbogen reichen, das Dekolleté bedeckt ist und der Saum

mindestens bis unters Knie reicht. Von diesen Vorgaben fühlt sich die Designerin jedoch nicht eingeengt. »Wenn ich ein Kleid entwerfe, denke ich nicht darüber nach, wie ich es ›anständig‹ gestalten könnte. Das ist Teil von mir und Teil meines Stils geworden.« Marelus möchte der jüdischen Modekultur zu einem neuen Image verhelfen. Auch Sharon Tal von Maskit sieht ihre Aufgabe darin, ein Image zu verbessern – nicht das der jüdischen Religion, sondern das ihres Landes. »Als ich im Ausland lebte, habe ich festgestellt, was für ein Bild die Menschen von Israel haben«, erzählt sie. »Es geht immer um Krieg und Bomben. Die meisten wissen nicht einmal, was für eine lebendige Großstadt Tel Aviv ist. Dieses Bild möchte ich mit unserer Mode verändern.«

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The Polyphonic Spree »Lithium« Beatsteaks vs. Dirk von Lowtzow »French Disko« The Go! Team »Bull In The Heather« William Shatner »Common People« Tocotronic »Sailor Man« Earl Zinger »Song 2wo« José González »Teardrop« The Walkabouts »That‘s How I Live« Bart Davenport »Come On Let’s Go« Die Sterne »Madame Hollywood« WhoMadeWho »Satisfaction« Nostalgia 77 »Seven Nation Army« AnnenMayKantereit »Hand In Hand« Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen feat. Andreas Dorau »Gegen den Strich« Die Türen »Remmidemmi (Rock-A-Billy-Version)« Franz Ferdinand »All My Friends« Friendly Fires »I’m Good I’m Gone« Birdy »1901« Fehlfarben »Nach fest kommt lose« Jochen Distelmeyer »Video Games« Abay »Angels« Anna Calvi »Papi Pacify« Lambert »Pisse« Love A »Love Yourself« The Kills »Desperado«


#Review

# Review Spalter Kraftklub Keine Nacht für Niemand Vertigo Berlin / Universal / VÖ 02.06.17

Im Fall von »Keine Nacht für Niemand« lamentieren wir mal wieder über das schwierige dritte Album: Neuerfindung oder Abgesang? Klingt das nun unangepasst oder saturiert? Und was zum Teufel haben Kraftklubs und unsere Cliquen damit zu tun? Noch mehr battle unter: www.intro.de/spezial/spalter

Unsere liebsten Platten 01 Lola Marsh Remembering Roses 02 Käptn Peng & Die Ten­- takel … Das nullte Kapitel 03 Marteria Roswell 04 Kraftklub Keine Nacht für Niemand 05 Pixx The Age Of Anxiety 06 alt-J Relaxer 07 London Grammar Truth Is A Beautiful Thing

In jeder Gang gibt es einen Typen, der sich nicht weiter entwickelt, sondern lieber immer weiter aufdreht. Der irgendwie hängen geblieben ist und stets im Begriff, mit Edding Schwänze an Wände zu malen. So in etwa hört sich das dritte Mal Kraftklub an. Die immer gleichen Anspielungen, die vielfältigen popkulturellen Referenzen, das gegen Nazis moralhanseln und die verdammte Selbstironie. Kraftklub dafür und dennoch zu lieben war bisher immer einfach und ist jetzt etwas schwerer. Drei Jahre nach »In Schwarz« wollte eben etwas Neues ausprobiert werden. Die Unschuld ist futsch, die Hives sind tot und die Helden älter: Kraftklub bedienen sich bei Ol’ Dirty Bastard, Element Of Crime, Bronski Beat, DAF und vor allem bei Die Ärzte, um die gewohnt liebevoll geschriebenen Songs rund um die Themen Drogen, Existenzangst und Liebeskummer zu basteln. »Keine Nacht für Niemand« Der Typ aus Paula Irmschlers Gang wird von seinen »Freunden« offensichtlich sträflich unterschätzt. Niemand scheint birgt mehr Melodien, Punk und Lyrics jenseits wirklich gemerkt zu haben, was er aus seinem Leben abseits des bisherigen Schema K. von Schwanz-Tagging gemacht hat. Vielleicht, weil er damit Das gelingt mal gut (»Fensnicht in sozialen Netzwerken hausieren gegangen ist? Kraftklub haben ter« mit Farin Urlaub) und durchaus gemerkt, dass ihr Aufstieg so nicht ewig weitergehen wird. mal sehr schlecht (»Dein Dass es Zeit ist, den Hype auf ein substanzielles Fundament zu stellen. Lied«) und wirkt meistens Und mit »Keine Nacht für Niemand« ist ihnen das gelungen. Ihr etwas albern oder bemüht. drittes Album ist weniger rotzig, dafür vollmundiger und deutlich Man wird bei ihren Konvielseitiger geworden als die Vorgänger, stilistisch offenbart die Band zerten wieder viel grölen ungeahnte Talente. Der Madchester-Rave von »Leben ruinieren« hätte können, aber vielleicht sogar Primal Scream zur Ehre gereicht, und »Chemie Chemie Ya« ist auch mal die Augen verdas klarsichtigste Liebeslied über einen Drogen-Trip ever. Überhaupt drehen und ein Bier RichLiebe: »Keine Nacht ...« ist in weiten Teilen auch ein Trennungsalbum, tung Bühne verschütten. und abgesehen von der atemberaubend misslungenen, ungefiltert Paula Irmschler emotionalen Single »Dein Lied« haben Kraftklub auch diese hohe Hürde eines der klassischsten Motive des Pop gemeistert. Zum Ende hin gehen der Band bei ihrem stilistischen Forscherdrang die Pferde durch, die Verweise auf Rammstein und Depeche Mode in »Sklave« hätte es der nötigen Kohärenz zuliebe genauso wenig gebraucht wie die Anleihen an Deichkind und Bilderbuch in »Venus«. Aber auch das ist neu, fordernd und mutig, auch das macht die Popstars Kraftklub spannender als die meisten ihrer Standesgenossen. Und »Keine Nacht für Niemand« zu ihrem zumindest musikalisch bis dato besten Album. Henrik Hamelmann

08 Aldous Harding Party 09 Noga Erez Off The Radar 10 Slowdive Slowdive

Eure liebsten Platten 01 Feist Pleasure 02 Gorillaz Humanz 03 Kendrick Lamar Damn. 04 Blondie Pollinator 05 At The Drive-In In.ter A.li.a 06 Jamiroquai Automaton 07 Depeche Mode Spirit 08 Slowdive Slowdive 09 Milky Chance Blossom 10 Gas Narkopop

Schickt eure Top 10 an charts@intro.de. Alle Einsender nehmen an unseren Ver­losungen teil!

95


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#Review #Platten vor Gericht

Platten vor Gericht Intro-Leserinnen und -Leser: Mittippen und via intro.de Juror werden!

1

Kendrick Lamar Damn. Interscope / Universal

2

Feist Pleasure Polydor / Universal

3

Slowdive Slowdive Dead Oceans / Cargo

4

Gas Narkopop Kompakt / Rough Trade

5

Sylvan Esso What Now Loma Vista / Caroline / Universal

6

The Afghan Whigs In Spades Sub Pop / Cargo

6

Mac DeMarco This Old Dog Captured Tracks / Cargo

8

Gorillaz Humanz Parlophone / Warner

8

At The Drive-In In.ter a.li.a Rise / BMG / Warner

10

Future Islands The Far Field 4AD / Beggars / Indigo

All Time Faves

Bonaparte

Nick Höppner

Oliver Koletzki T.Raum­ schmiere

Ø 7,50

Ø 5,30

Ø 6,60

Ø 4,70

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3

4

1

Skip James Today

Dinosaur Jr. You’re Living All Over Me

Chilly Gonzales Solo Piano II

Shellac alles

Serge Gainsbourg Melody Nelson

A Tribe Called Quest Low End Theory

Caribou Our Love

Pan Sonic alles

Joe Hisaishi Tonari No Totoro

A Guy Called Gerald Black Secret Technology

Reinier Zonneveld Megacity Servant

Johnny Cash alles

Surprise drop again! Muss es noch 99,9 Mal hören ... Aber ist fett. Kendrick ist und bleibt eine der wichtigeren Stimmen dieser Zeit.

Roh, rauschend und nach innen gerichtet. Das Dream-Team Mocky-LetangFeist nimmt eine konsequente harte Linkskurve. Sinnvoll wie guter Sex. Wie ein 22 Jahre gereifter Wein inklusive Kuscheln auf einem Bett aus Hallfedern. Und endlich ist es wieder okay, seine Schuhe anzustarren. Kompakt-Labelgründer Wolfgang Voigt mit elf unbetitelten Entführungen in eine asketisch entsagende und doch gut gesättigte Unterwasserwelt. Allet flutscht schön ... Manchmal wünschte ich mir die Platte als a cappella: nur Amelia Meaths Stimme und sonst nix in voller Länge.

Mich flasht es gerade nur bedingt, aber Respekt nach all den Jahren sowieso, und ich bin ja nur einer der Geschworenen in diesem Gerichtssaal hier. Ach, Mac ist einfach ein sympathisch slackender Alleinunterhalter. Entwächst hier vielleicht etwas seiner Pubertät und ist ... erwachsen? Surprise drop! Jamie Hewlett und Damon Albarn zeichnen konsequent ihr Paralleluniversum weiter und laden zur dunklen futuristischen Party. Neustart und immer noch wütend. Solider Postpunk. Knüpft an, wo 2000 aufgehört wurde, und die Fans werden es begrüßen. Kann man machen. Rollmops. Trotz des guten Erfolgs hat der SynthiePop irgendwie die Autobahnabfahrt auf der Suche nach der nächsten Wurstbude verpasst.

Momentan finde ich das Album ziemlich perfekt, und zum Weinen hat es mich auch gebracht (»Love.«).

Immer noch eine tolle Stimme. Angenehm unglatt produziert, dieses Album. Würde ich mir wieder anhören.

Die Shoegaze-HottubTimemachine — so linientreu zum Sound von damals, Wahnsinn! Live würden sie mir wohl besser gefallen.

Am besten sind die Stücke ohne Kick oder wenn sie schon so ganz breit zerflossen sind. Ein sinnvolles Update von Wolfgang Voigt.

Charmant, aber auf Dauer nicht auszuhalten. Freundliche, smarte Indietronics (sagt man heute noch so?), die mich nicht »abholen«.

Vor fast drei Jahrzehnten habe ich sie gefeiert, weil sie auf Sub Pop waren. Wenigstens, was diese Band angeht, bin ich heute etwas schlauer. Lense-Flare-Optik für die Ohren. Musik, mit der Instagram-Clips untermalt werden, in denen ganz viel gelebt, gefühlt oder gegönnt wird. Vielleicht bin ich unfair ... Auch wenn Authentizität Kunst oft eher verhindert, bin ich kein Fan von so abgezirkelten ReißbrettSpektakeln wie dem hier. Löst Unverständnis aus. Mir fehlt das himmelstürmend Hymnische, das ihr Debüt vor 17 Jahren so unwiderstehlich gemacht hat. Ich bleibe halt Romantiker.

Geschickt auf die 1980erNostalgie-Zwölf von mittelalten Säcken wie mir, weil Interpol auch schon wieder 15 Jahre her sind.

Großes Kino. Das ganze Album gefällt mir wahnsinnig gut. Perfekte Musik zum Autofahren.

Feist enttäuscht nie. Bei diesem Album besinnt sie sich auf ihre Wurzeln. Tolles Album.

Zu viel Hall auf der Stimme. Zu viel Hall überall. Sehr voll und laut.

Dunkle Fläche 32-fach gelayert auf Repeat. Könnte Kunst sein, muss aber auch nicht. Soundtrack für Angstzustände.

Erfrischend und abwechslungsreich. Muss ich öfter hören.

Sehr gutes Songwriting. Mir gefallen die ruhigen Songs viel besser. Hier sind ein paar Hits drauf.

Die Stimme des Sängers nimmt einen in den Arm. Die warmen, organischen Sounds des Albums auch. Gemütlich.

Ein gutes Album. Klasse Auswahl der verschiedenen Vokalisten. Bei 20 Tracks inkl. Interludes bekommt man etwas für sein Geld.

Das Album gefällt mir ganz gut. Interessante Gitarreneffekt-Intros. Hier und da ein Tick zu gewollt.

Schöne 1980er-Klang­ ästhetik. Die Vocals find ich leider schrecklich, aber das ist wahrscheinlich Geschmackssache.

Durchhören kann ich so was nicht. Zwei, drei Titel sind ganz okay, der Rest holt mich nicht ab. Obwohl: Mein Sohn findet die Platte okay, darum: Gefällt mir. Schöne, unspektakuläre Produktion. Sehr intim. Gute Arrangements. Rauscht ganz toll. Oder liegt das an den MP3s? So oder so: Gefällt mir! Muss man kennen, wa? Tat ich aber nicht. Der viele Hall nervt auf Dauer. Nicht so meins.

Shit, wo hab ich denn mein Opium hingepackt? Ah, brauch ich ja gar nicht, es gibt ja was Neues von Gas!! 100 Punkte!

Fängt vielversprechend an und hört auch gut auf. Diese »tanzbaren« ElectroPop-Nummern dazwischen braucht allerdings kein Mensch. Da gibt’s leider nix zu meckern. Gute Platte. Stört nicht beim Bügeln.

Erinnert stellenweise an Ween, nur ohne Geilheitsbzw. Überraschungsfaktor. Gähn ...

Beim ersten Hören nach dem vierten Track ausgemacht. Inhaltlich sehr ausgecheckt, musikalisch ein Graus. Dass ich das nochmal sage: Ihre erste LP war die beste. »Relationship Of Command« von 2000 hab ich gefühlte 13.975 Mal gehört. Vielleicht wird diese Platte ja auch mal groß, bis dahin:

Da kann ich wirklich nichts zu sagen. Musik ohne Ecken und Kanten = langweilig.


#Review #Platten vor Gericht

Tube & Berger

Levin Goes Lightly

Leslie Clio

Marcel

Sarah Listner

Martin Lippert

Leserin

Intro

Ø 6,40

Ø 7,35

Ø 5,60

Ø 6,60

Ø 5,55

Ø 4,70

Ø

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0

7

6,20

6

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3

Zu werblich. Nervt auch.

7

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6,00

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Nein. Meines ist es nicht.

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5,10

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6

9

7

2

4,95

Depeche Mode Violator

Fugazi Repeater

Ariel Pink Before Today

Fugees The Score

Portugal.The Man Evil Friends

The Cure Disintegration

Sublime 40oz. To Freedom

Cro-Mags Age Of Quarrel

Broadcast Tender Buttons

Marvin Gaye Here My Dear

Deichkind Aufstand im Schlaraffenland

Seefeel Quique

Daft Punk Homework

Black Sabbath Paranoid

Young Marble Giants Colossal Youth

Kutiman 6AM

Wolfmother Wolfmother

Broadcast Haha Sound

Kendrick Lamar ist der neue Babo in der Welt der Gangsta-Rap-Großverdiener. »Damn.« erfüllt alle Kriterien, um in die HipHop-Geschichte einzugehen. Das Album klingt schön rauchig oder auch staubig, und zwischendurch dreht Feist ein bisschen ab und tut Unerwartetes.

Slowdive haben nicht mit Hall und Echo gegeizt. Das Album ist soft, aber nicht cheesy. Man muss diesen Dream-Pop-Sound mögen, und das tun wir ein bisschen. Eine düstere Klangreise durch epische Stringwelten und riesige Hallräume. Nichts für harmoniebedürftige Hörer. Es muss ja nicht immer alles happy Trallala sein.

Es finden sich ein paar Überraschungen, und Amelia Meath hat am Mic mehr drauf, als wir zunächst angenommen hatten. Für die private Playlist reicht’s nicht. Die Band gibt es seit 30 Jahren, und sie war dem Rock’n’Roll stets treu. Uns etwas zu solide. Dullis eigenwilliger Gesang ist manchmal mega und manchmal ... Alle Songs haben etwas Gemütliches. Wenn wir den Sound von Mac DeMarco mit einem Wort beschreiben müssten, dann wäre es: kauzig. Der Hype ist wohl berechtigt, und außerdem fanden wir damals sogar Blur toll. Stellenweise wird es uns aber leider etwas zu albern und verspielt. Da ist Dampf dahinter, und es wurde nichts weichgespült. Auf die Dauer erschien uns die Stimme von Sänger Cedric Bixler etwas anstrengend ... Es ist alles recht fröhlich zwischen 1980er, Schlager und Dauerwerbesendung. Die freundlichen SynthpopSchwiegerväter haben uns nicht mitgenommen. Sorry.

Die Negation

97

Es braucht nicht viele Worte bei Kendrick Lamar. Aktuell der König der Rapper!

Feist schafft es immer, eine super Stimmung auf ihren Alben zu erzeugen. Manche Leute haben es einfach drauf. Dazu noch coole Samples von Mastodon! Die Shoegaze-Pioniere sind zurück! Die LP ist sogar besser als ihre alten Sachen. Mehr Melodie. Mehr Atmosphäre. Mehr Gefühl. Und besserer Sound. Ich war nie der große Ambient-Fan. Auch dieses Album überzeugt mich nicht. Es hat zwar eine coole Stimmung, aber unterm Strich passiert mir zu wenig. Definitiv eine interessante Mischung aus Indie und Electro. Gefällt mir als Nicht-Elektroniker auch gut. Die Stimme erinnert an Boy. Songs bleiben hängen. Alles dabei! Melancholie, Groove und Melodien. Aufregende und mitreißende Platte. Macht sehr viel Spaß zu hören. Auch die Jungs haben es immer noch voll drauf.

Easy Listening. Dabei bleibt es aber auch. Nette Songs, aber bei mir bleibt nichts hängen. Wer DeMarcoFan ist, wird aber bestimmt auf seine Kosten kommen. Als ich das Video von »Clint Eastwood« sah, war das geil. Von »Humanz« bin ich nur enttäuscht. Die meisten Songs klingen wie jeder zweite Radiosong. Als wäre kaum Zeit vergangen, knüpfen At The Drive-In mit ihrem Comeback-Album nahezu nahtlos an die alten Sachen an. Hat Power und gefällt! Hat einen super Groove. Eine der wenigen guten Pop-Bands von heute. Dennoch gibt’s Punktabzug, weil mir bis jetzt noch Hits wie »Seasons« fehlen.

Das Album wird mit der Zeit bestimmt immer noch besser werden. Auf jeden Fall ein Künstler, den ich sehr schätze. Und dieses Album auch. Ideen überall. Das Gefühl, das schon tausendmal gehört zu haben, geht nicht weg. Und ich denke nur an Apple.

Schweigen.

Brutal. Aber auf die Dauer für mich zu eintönig und düster, oder ich verstehe es noch nicht. Aber interessant.

Ich dachte, ich kann ihn nicht mehr hören und sehen. Aber es geht wieder! Ein wenig ernster und schwerer, was ich sehr gut finde. Schöne Melodien.

Mag ich nicht. Gekonnt, aber viel zu aufgeblasen. Seelenlos.

Habe ich früher mit 16 gehört. Ist nichts mehr und geht auch überhaupt nicht. Abklatsch ...

Das Gefühl, sie zu hören, ist gut. Könnten aber auch mal was anderes machen. Die ewigen Discobeats nerven. Die Klänge und Stimme sind wie gewohnt schön.

What happens on earth stays on earth. Ein solides HipHop-Kamel, gut für die Jogging- und Zirkeltraining-Playlist.

Feists Texte nähren wie immer mein kleines Lyrikherz, und es gibt viel zu entdecken. Aber mir ist es ein bisschen zu melancholisch.

Schön viel Pathos, schön sphärisch. Als Fan der Cocteau Twins bringt es mir erst mal Freude, erschöpft sich dann aber auch schnell.

It’s a trip! Soundscapes aus epischem Minimal, super für Produzenten!

Der Gesang ist mir manchmal zu lieb, die Musik ein bisschen schnulli, aber egal — Melodien gefallen mir gut, und insgesamt macht das Album Spaß. Flappert so durch, kann man halt hören, muss man aber nicht.

Immer noch schön schluffig und diesmal noch ein bisschen erwachsener, mag ich sehr.

Hormone an der richtigen Stelle und Damon Albarn forever.

Für Fans aus Subuniversen ein super Zugewinn, für mich eher nicht so.

Diese Platte wird mich den Sommer über begleiten. Gut zum Rad-, Pferd- und Autofahren.

So much to love here, but also Rihanna. »Humble.« läuft in Dauerschleife. Als Ganzes leicht deprimierend, zumindest, wenn man die Texte versteht. Oft leise, dabei aber immer fesselnd. Der Slow-Burner »A Man Is Not His Song« ist einfach — verzeiht den Kitsch — bezaubernd. Absolut harmlos. Hast du schon dreimal im Starbucks laufen gehört, kannst dich nur nicht mehr dran erinnern.

Ambient Noise. Die längsten 78 Minuten meines Lebens.

Sommermusik. Rieche Sonnenmilch und schmecke lauwarmes Dosenbier. Drang zum Tanzen (oder wenigstens zum rhythmischen Kopfnicken) garantiert. Könnte stabiler Rock sein. Klavierelemente machen das Ganze interessanter. Nur den Gesang finde ich leider nicht überzeugend.

Weiche Stimme, zarte Klampfe, der Sound erinnert an eine zu oft gelaufene Kassette. Finde ich ein wenig einschläfernd, wenn ich ehrlich bin. »All these liberated women sitting in my lap ...« Hell, yeah. Großartig.

Handwerklich wohl nicht schlecht gemacht. Ist mir persönlich aber einfach zu unentspannt.

Mag ich lieber als ihr letztes Album. Wahrscheinlich nicht, weil es signifikant besser ist, sondern weil ich jetzt mehr auf die 1980er abgeh.

Klar, nett gepickte Samples, Sound der Stunde, Tagline-Verfasser für die Generation Snapchat etc. Klingt trotzdem wie seine eigene »Lonely Island«-Parodie. Feist zelebriert stille Momente mit fragilen Arrangements. Das steht ihr außerordentlich gut und erinnert mehr als ein Mal an PJ Harvey. Weniger Pop, mehr Pleasure. In meiner persönli­chen besten aller mög­li­chen Welten würden sie Stadien füllen. Wahnsinn, nach 22 Jahren so ein Album abzuliefern. Schlau und zeitlos. Deutlich mehr Narko als Pop, wie surfen auf einer Welle, die niemals, und wenn, dann nur sanft bricht. Da schwimme ich gerne mit.

Hin- und hergerissen: 50% cleverer Electro-Pop, 50% road to »ESC«. Funktioniert am besten, wenn sie nicht versuchen, auf douze points zu drängen. Haben mich in den 1990ern fürchterlich genervt und nie bekommen. Das hier ist ein solides Alterswerk, mit dem ich mich gerne versöhne. Kann ich das bringen, in einem PvG gleich zwei Intro-Cover-Stars abzuwatschen? Ach, was soll der Geiz: langweilig, belanglos — aber süßer Typ! Ich will meine alten Gorillaz zurück. Die mit cleveren Beats und Gaststars und Hits, die mehr als eine Saison tragen. Gnadenpunkte für »Hallelujah Money«.

Ich habe ein Alibi: Schon vor 20 Jahren war ich da nicht am Tatort — und daran hat sich nix geändert. Diese Stimme!

Kann ich das bringen, in einem PvG gleich zwei Intro-Cover-Stars abzuwatschen? Ach, was soll der Geiz: langweilig, belanglos.


98

#Review

Spektakel der Ausgabe

Lola Marsh Remember Roses Barclay / Universal / VÖ 09.06.17

Rosen aus Tel Aviv: Lola Marshs Debütalbum ist eine herzerwärmende Liebeserklärung an die Musik, gespickt mit zahllosen magischen Melodien.

Wer dem Indie-Pop-Phänomen Lola Marsh schon länger auf der Spur ist, wird mit seiner Debüt-LP im Nu anbandeln, die Neugierde aber noch einige Minuten im Zaum halten müssen: Gleich vier mehr oder weniger alte SongBekannte eröffnen das Album; weitere verteilen sich als kleine Heimathäfen über den Rest der Tracklist. Und das ist auch schon alles, was »Remember Roses« noch den Wind aus den Segeln nehmen könnte. Diese Platte wird ihren Weg gehen, bringt sie doch alles mit, was ein gutes Pop-Album braucht – und wirkt dabei so routiniert, dass man glauben könnte, man habe einen vergessenen Klassiker ausgegraben. Das Erstaunliche: Vom verspielten kleinen Ohrwurm bis zur raumgreifenden Ballade scheint die Band um Yael Shoshana Cohen und Gil Landau nahezu alles im Schlaf zu beherrschen. »Stranger« etwa setzt auf gewinnende Folk-Vibes, während »Morning Bells« ohne Vorwarnung die vollelektronische Biegung nimmt. Das piekst aber nur kurz, denn Cohens wundervolle Stimme, die im hymnischen Titeltrack ihren Weg zur Musik besingt, wandelt in ähnlich traumverlorenen Sphären wie die einer Lana Del Rey und haucht selbst artifiziellsten Umgebungen Magie und Wärme ein. Ganz gleich, ob Schwelgen, Schwofen oder Schmusen: »Remember Roses«, das genauso viel Charisma versprüht wie seine Urheber selbst, hat für jedes Bedürfnis eine herzliche Einladung parat – bis man im Akustik-Lullaby »In Good Times« für drei Minuten ganz nah zusammenrückt und seinen ganzen musikalischen Zauber andächtig in eine Nussschale füllt. Ein Album zum Verlieben, gar keine Frage. Valentin Erning

!!! Shake The Shudder Warp / Rough Trade

Die New Yorker Dance-Punks mit dem kryptischen Namen sind nach zwei Jahren Pause mit einem energetischen Album zurück. »Schüttel alles ab und tanze deine Sorgen weg« – dieses ebenso simple wie optimistische Motto stellt die Band, die sich bereits

1996 in Kalifornien formiert hat und mittlerweile der New Yorker Szene zugerechnet wird, ihrem Album vorweg. Und tatsächlich ist »Shake The Shudder« eine Top-Platte für den Tanzboden: energetisch, schnell und voller Wendungen. Rausch, Exzess und Party – wer darauf steht und wenig Wert auf allzu anspruchsvolle Songtexte legt, ist mit dieser LP gut bedient. Discofunky kommen Songs wie »Imaginery Interviews« oder »Our Love U Can Get« daher, als hätte die Band Pulps »Disco 2000« oder New Order als Inspiration herangezogen, während die minimalistischelektronischen Tracks »Things Get Hard« und »R Rated Pictures« eher in Richtung Moloko weisen. Eine Neuerfindung des Genres ist dieses Album zwar nicht, ein mehr als solides Werk aber allemal. Annette Walter

All We Are Sunny Hills

alt-J Relaxer

Domino / GoodToGo / VÖ 09.06.17

Infectious / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 09.06.17

Während All We Are auf ihrem Debüt noch als warmherzige Soul-Indie-Disco unterwegs waren, erweitert das internationale Trio aus Liverpool seinen Sound jetzt um Psychedelic, Kraut und Postpunk. Ganz so beschaulich und melodiös wie zuvor geht es bei All We Are auf »Sunny Hills« nicht mehr zu. Ihr Sound ist nun deutlich rauer, die Stimmen sind nicht mehr so anschmiegsam. Während die Band einst noch wie The xx mit etwas mehr Rhythmus im Arsch klang, zeigt sie jetzt eine weitere Facette ihres Stils. Das Trio aus Norwegen, Brasilien und Irland weiß zwar noch, wie Pop geht, aber man spürt in Songs wie »Human« oder »Down« deutlich den Willen zu einem raueren Sound. Im Ergebnis klingt das handwerklich sehr gut gemacht, die Hooks sitzen, die Bassdrum treibt an, Gitarren rotzen Akkorde. Dennoch bekommt man das Gefühl, dass diese Songs schon vor Jahren hätten gespielt werden müssen, ihre Lyrics bereits gesagt sind. Natürlich kann das Rad nicht täglich neu erfunden werden, aber noch wurden nicht alle menschenmöglichen Melodien geschrieben. Die Erwartungshaltung, dass hier innovativer Pop entsteht, ist zunächst verpufft. Konstantin Maier

alt-J leisten sich neue Klangeskapaden zwischen Avantgarde und Romantik, Disco und Kathedrale. Wer fragt sich bei den Arrangements, die alt-J regelmäßig aus ihren Gehirnwindungen zaubern, nicht manchmal, wen die Jungs beeindrucken wollen oder was sie geraucht haben? Immerhin: Die Herren halten ihren Frickelwahn und ihren Eklektizismus stets mit einem guten Gespür für Groove und Hooks in Schach. Letzteres demonstrieren sie auf ihrem dritten Album etwa mit dem überdrehten Electro-Garagenrocker »Hit Me Like That Snare« oder dem sich so unwiderstehlich wie größenwahnsinnig hochschaukelnden »In Cold Blood«. Größenwahn ist überhaupt ein gutes Stichwort, denn das Trio hat auf »Relaxer« seine symphonische Seite entdeckt. Während der pastoralen Folk-Einlage »Last Year« bleibt’s beim einzelnen Fagott. Anderswo wird geklotzt. Das funktioniert, wenn alt-J den Gassenhauer »House Of The Rising Sun« mit Gitarren- und Streichorchester und einer Kombination aus Understatement und Bombast neu erfinden. Legt allerdings im abschließenden »Pleader« zu Geigen und Kirchenorgel auch noch der Knabenchor los, wird’s etwas albern. Das mit dem Chorgesang kriegen die drei besser allein hin. Nina Gierth

Ellen Allien Nost BPitch Control / Rough Trade

Schlank und wendig spult Ellen Allien mitreißenden Techno für Nachtschwärmer ab. Ihren Stil entwickelt die Berliner Clubkönigin dabei zwar kaum weiter, weiß aber alte Stärken zu nutzen. Nach einem lange ausgearbeiteten Rezept klingen die neun Techno-Tracks, die Ellen Allien auf »Nost« in die Ohrmuscheln träufelt. Layer auf Layer, Spur um Spur beschwört die Berlinerin einen düster brodelnden Sud aus urbanen Rhythmen und flackernden Effekten, der Erinnerungen an die gerne referenzierten 1990er weckt. Ihre Erfahrung aus über zwei Jahrzehnten Plattenauflegen ist der Gründerin des prestigeträchtigen Labels BPitch Control in jeder Sekunde anzuhören, verwirklicht sie doch in Tracks wie »Innocence« oder »Stormy Memories« sich stufenweise aufbäumende Beat-Konstruktionen mit einer kalkulierten Zurückhaltung, die immer wieder Raum für siedende Entladungen reserviert. Menschenmengen kollektiv in Aufruhr zu versetzen entpuppt sich als seltene Kunst, die Allien so sicher beherrscht wie ein Pizzabäcker das Schleudern seines Teiges. Mit dem fast schon instrumentalen Einsatz ihrer Stimme, die durch unterschiedlichste Vocoder geschossen wird, erlangt der säurehaltige Minimal Techno auf »Nost« oft eine fast erotische Qualität, deren Anziehungskraft sowohl auf der Tanzfläche als auch unterm Kopfhörer zu spüren ist. Es sind Hymnen der Ekstase, für die Allien in den von Schweißdunst erfüllten Gewölben zeitgenössischer Technotempel als heimliche Gottheit verehrt wird und mit denen sie ihren Jüngern immer dann unkontrollierte Laute entlockt, wenn sie wie auf diesem Album hör- und sichtbar in Erscheinung tritt. Nils Schlechtriemen

The Amazons The Amazons Fiction / Caroline / Universal

Das nächste große Ding des Indie-Rock besticht durch mitsingbare Hooks und einen gut sortierten Plattenschrank. Der Dschungelkönig, einstige Sänger und Sarah-Connor-Mann Marc Terenzi wurde in einer Sendung der RTL-Gruppe mal nach seinem neuesten Album befragt. Die ehrlich begeisterte Lobhudelei über den Stilmix seines Babys mündete in der Killer-Aussage: »It’s pop, but it’s also rock. I guess you could call it pop-rock.« Ich habe zugegebenermaßen sein Album damals nicht gehört, nicht einen Ton, aber das Terenzi’sche Diktum kam mir beim Hören des Debütalbums der Amazons in den Sinn. Die Jungs aus Reading spielen im UK vor sehr akzeptablen Publikumsmengen und werden von BBC, MTV, Independent und Co. als das nächste große Gitarrenversprechen gehandelt. Das kann man nachvollziehen. Man hört ihrem Indie-Pop-Rock an, dass sie verspätet viel Nirvana gehört haben, Black Sabbath wurden vermutlich heimlich aus dem Plattenschrank der Eltern gemopst, mit den Kooks waren sie sogar wirklich auf Tour. Der Opener »Stay With Me« will laut gehört werden, man wünscht sich wieder lange Haare zum Moshen herbei. »In My Mind« ist ein grandioser Popsong mit mitsingbarer Hook. Klar, das Stadion lauert hier direkt um die Ecke, einen Song wie »Black Magic« kann man sich auch im ganz großen DosenbierKontext mit Fahnenschwenken vorstellen. Trotzdem macht das Album Spaß. Das Traurige ist: Marc Terenzi wird es wohl nie hören. Christian Steigels


#Review

Sam Amidon The Following Mountain

Dan Auerbach Waiting On A Song

Nonesuch / Warner

Nonesuch / Warner / VÖ 02.06.17

Sam Amidon glänzt nicht nur als Songperformer, sondern auch als Songwriter. Album für Album für Album bekommt der Kanadier nichts als Ehrenmedaillen und wird trotzdem auch nach »The Following Mountain« ein Geheimtipp bleiben. Auf seinem neuesten Werk setzt er zu großen Teilen auf eigene Kompositionen statt wie sonst üblich darauf, traditionelle Folksongs neu zu erfinden. Und gerade die Textspielereien und Querverweise in den Stücken machen einen Teil des Zaubers dieser Platte aus. Musikalisch erschafft Sam Amidon wieder mit wenigen Mitteln ein Relief, das wie ein akustisches Braille erst durch das Erfühlen an Bedeutung gewinnt. Kleine Off-Beat-Elemente wie Piano-Klimpereien und GeigenPassagen kleben in »Another One« wirksam als stümperhafte Sample-Versatzstücke an den rohen Aufnahmen. Auch an seine Liebe, den Jazz, wagt sich Sam Amidon diesmal: im Instrumental »Kentucky« noch zaghaft in ein klassisches Folk-Ambiente gekleidet, im Abschlussstück »April« aber schließlich mit Jazz-Legende Milford Graves als Taktgeber ohne Rücksicht auf Verluste. Wer dem Hasen so weit in das minimalistische Wunderland gefolgt ist, wird sich auch hier wohlfühlen. Sebastian Jegorow

Die letzten Reste Blues-infizierten Rocks sind abgeschliffen. Dan Auerbach präsentiert sich auf seinem zweiten Soloalbum nun in der Rolle des leicht spießigen Kurators. Der Reiz der frühen Black-Keys-Alben rekrutierte sich aus Hingabe und einem ungeschliffenen und knarzigen Sound. Dass Dan Auerbach immer schon eine Liebe für andere Musikstile (insbesondere Soul, Motown, Bubblegum-Pop) in sich trug, wurde spätestens auf den späteren Alben seines Duos offenkundig. Nach dem charmanten und kurzweiligen Nebenprojekt The Arcs distanziert sich Auerbach nun endgültig vom Dreck alter Tage. Beim Hören seines zweiten Soloalbums stellt sich über weite Strecken das Gefühl ein, einem sehr zufriedenen, aber satten Menschen bei einem mäßig inspirierten Ritt durch verschiedene Popgenres zuzuhören. In Zusammenarbeit mit dem Produzenten Pat McLaughlin und einer profilierten Riege von Musikern aus der Nashville-Szene entstand eine top produzierte, aber ratlos machende Platte. Zugegeben: »Shine On Me« mit Mark Knopfler ist einer der Frühlingshits der Saison, weil er trotz einer gewissen Cheesiness den Refrain-Anker genau richtig auswirft und sich das Gitarrenspiel des ehemaligen Frontmanns der Dire Straits optimal mit den luftigen Phrasierungen Auerbachs ergänzt. Oder das Soul-Stück »Malibu Man« mit seiner melodieverliebten Gitarrenfigur. Doch zu oft werden Genreklischees ausgestellt und Emotionen behauptet. Vor allem die banalen Boy-meets-Girl-Szenarien in den Texten befreien das Album von jeglicher Substanz. Auerbach kuratiert vom Chefsessel aus und verlässt sich zu sehr auf Gäste wie Country-Urgestein John Prine. Nichts gegen eine leichte Popplatte, aber für die braucht es dann zumindest gute Songs – und diese sind Auerbach und Konsorten diesmal bis auf wenige Ausnahmen leider nicht eingefallen. Kai Wichelmann

Anathema The Optimist Kscope / Edel / VÖ 09.06.17

Anathemas neues Album »The Optimist« ist ein Glanzstück – auch wenn es zunächst sehr unzugänglich erscheint. Zugegeben: Nachdem man die neue Anathema-LP zum ersten Mal eingelegt hat und die letzten Töne verklungen sind, raucht der Kopf. Im Vergleich zu den hochgelobten vorangegangenen Alben »Weather Systems« und »Distant Satellites« ist der Sound der Briten noch einmal komplexer und vielschichtiger geworden. Er ist düster, wirkt nebulös und mysteriös. Doch »The Optimist« ist vor allem auch eins: überraschend. Jeder Song erfindet sich neu, keiner gleicht dem vorherigen. So entwickelt sich »Close Your Eyes« zu wehmütigem Jazz Noir, »San Francisco« ist ein komplett elektronisches Instrumentalstück. Insgesamt haben viele elektronische Klänge Einzug in Anathemas Sound gehalten. Diese sind es auch, die für die finstere Grundstimmung des Albums sorgen. Die Atmosphäre gleitet jedoch glücklicherweise nie ins Deprimierende ab, kommt höchstens mal tief melancholisch daher und wird immer wieder von optimistischen Tönen unterbrochen – auch wenn diese deutlich seltener zu finden sind, als es der Albumtitel vermuten lässt. Anathema setzen ihren Fans einmal mehr eine beeindruckende Soundwand vor, die dieses Mal sogar besonders wuchtig und energetisch daherkommt. Die Briten umgarnen den Hörer und spinnen ihn in ihren Sound ein – zumindest, wenn man einmal die komplexe Oberfläche durchbrochen hat und ganz in »The Optimist« eingetaucht ist. Tobias Tißen

an den richtigen Stellen weiter. Exemplarisch dafür steht die erste Single »This Year«: Der Song fängt wie ein archetypisches Stück der Band an. Eine desperate Gitarre setzt ein, ein zarter, aber schneller Schlagzeugrhythmus legt sich darüber, dann kommen elegische Streicher hinzu, und das Stück hebt ab in Richtung purer Schönheit. Solche Momente gibt es auf »Somersault« häufig. So wird in »Saint-Ivy« der Gitarrensound von »Abbey Road« nachempfunden, in »Rise« ertönen melancholische Saxofone. In »Be Nothing« versucht die Band sogar, ein kleines ProgGewitter zu erzeugen. Insgesamt ist die zweite Albumhälfte etwas herkömmlicher und unspektakulärer geraten, aber in der Summe tariert die Platte die Gratwanderung zwischen Evolution und Fortbestand perfekt aus. Kai Wichelmann

Vaudeville-Shows doch eigentlich immer den größten Reiz Bonapartes ausmachten. Zum meist tiefenentspannten, hin und wieder mit Bläsereinsätzen von Fat Freddy’s Drop angereicherten Pop des Albums, der in »Kinfolk« sogar einen recht gelungenen Ausflug gen Folk unternimmt, würden diese aber sowieso nicht passen. So bleibt es ironischerweise an zwei der typischsten Garanten für die Endstation Spießigkeit hängen, Bonapartes WeirdoFahne weiter zu schwenken: einer Katze, aus deren Sicht das quirlige »Hey (Is For Horses)« verfasst ist, sowie Jundts Tochter. Die durfte, damals noch zarte fünf Jahre alt, das abschließende »High Five In Your Five« texten und einsingen, dessen Balla-Balla-Faktor Bonaparte auch auf seinem Debüt schon gut zu Gesicht gestanden hätte. Nun denn: Wenn Tobias Jundt schon kein Anarchist mehr ist, kann er ja zumindest neue heranziehen. Jan Martens

Benjamin Biolay Volver Barclay / Universal

Routiniert und ohne große Höhepunkte charmiert sich Frankreichs Staatschansonnier durch ein eher belangloses Album. Wie bereits bei seinem letzten Album »Palermo Hollywood« hat sich Benjamin Biolay, bekanntester Vertreter dieses Genres in seiner Heimat, von Argentinien inspirieren lassen. Das schlägt sich in einem Stilmix aus Neo-Cumbia, Electro, Rock’n’Roll und klassischem Chanson nieder. Dass dies nicht durchweg gut geht, zeigt bereits die erste Single, der disco-funkige Schlager »Roma(amoR)«. Der ist im Vergleich zu dem Output, den man von dem legitimen Nachfolger Serge Gainsbourgs sonst kennt, durchaus eine Überraschung: Mit einem erstaunlich glatten Sound entfernt sich Biolay ein gutes Stück von den tollen Chansons aus der Vergangenheit. Auch das glamrockige »¡Encore Encore!«, das er im Duett mit seiner Ex-Frau Chiara Mastroianni singt, überzeugt nicht wirklich. Gute Momente hat Biolay auf »Volver« immer dann, wenn er der schwermütige Bohemien ist, der sich seiner Tristesse hingibt, wie im getragenen »Hypertranquille« oder in »Arriverderci«. Annette Walter

Beach Fossils Somersault

Bonaparte The Return Of Stravinsky Wellington

Bayonet / Cargo / VÖ 02.06.17

Believe / Soulfood / VÖ 02.06.17

Innovation, wenn sie am nötigsten ist: Die Beach Fossils erweitern auf Album Nummer drei ihr Sounddesign mit zum Teil großartigen Ergebnissen. Als die Beach Fossils über Blogs sukzessive Szenebekanntheit erlangten, waren sie quasi eine Garagenband. Mit bescheidenem Equipment und Produktions-Knowhow ausgestattet, etablierten sie einen ungeschliffenen Sound, der zum Markenzeichen der Gruppe aus Brooklyn wurde. Bereits auf Album Nummer zwei wurden die Ecken und Kanten in Teilen wegretuschiert; die Songs, die sich vor allem durch ihre verspielten Gitarrenfiguren definieren, blieben aber weiter toll. Bei vergleichbaren Künstlern wie Wild Nothing hat sich die Suche nach neuen Soundideen eher kontraproduktiv ausgewirkt, die Beach Fossils forschen auf ihrer neuen Platte aber genau

»Do you want to party with the Bonaparte«, fragte Tobias Jundt noch 2008. Sein fünftes Album vertont nun den Zeitpunkt, wenn nach der Zirkusvorstellung aufgeräumt werden muss. Anarchisten, Familiengründung und Vorstadthäuschen unbeschadet zu überstehen, das gibt es in der Musikwelt kaum. Tobias Jundt geht es da nicht anders: Statt tiefer gehender Kritik wie einst auf »Anti Anti« findet Widerspruch auf seinem neuen Album maximal noch subtil wie in »White Noize« statt. Die Liebesgeschichte von »Halfway House« spielt bezeichnenderweise in einer Entzugsanstalt, und Sex passiert nur noch in metaphorischer Form, wenn in »Fuck Your Accent« die mögliche Erotik von Sprache im Zentrum steht. Nur lässt sich das wahrscheinlich schwer auf der Bühne darstellen – blöd, da die rauschartigen

Benjamin Booker Witness Rough Trade / Beggars / Indigo / VÖ 02.06.17

Nach seinem explosiven ersten Album perfektioniert Benjamin Booker die Langsamkeit. Mit dem fantastischen Opener »Right On You« stürmt Benjamin Booker geradezu zähnefletschend aus den Boxen und findet direkt Anschluss an die rohe Wucht seines Debüts. Doch dies ist nur eine Finte, denn der Songwriter beweist auf »Witness«, dass er mehr als nur mit energischen Rock-Nummern glänzen kann. Er verzichtet diesmal fast komplett auf den schnellen Kick und lässt seine Songs langsam wachsen. Entstanden sind diese während eines Aufenthalts in Mexiko, als Booker den Status quo seiner US-amerikanischen Heimat und seines Lebens mit der nötigen Distanz betrachten konnte. Schlüssel- und Glanzstück ist dabei der Titelsong, die Gospel-Kollaboration mit Mavis Staples, in der er an die Nachrichtenbilder vom Mord an Freddie Gray und die anschließenden Rassenunruhen erinnert und seine Rolle als Außenstehender reflektiert. An anderen Stellen singt er ohne Plattitüden über den Tod oder die Suche nach einem Glauben, während sich im Hintergrund Streicher mit seiner angezerrten Gitarre paaren. Da erscheint die Sache mit dem Zähne-Fletschen und Rocken tatsächlich plötzlich recht obsolet. Sebastian Jegorow

Camille Oui Because / Warner / VÖ 02.06.17

Mit »Oui« setzt Camille ganz auf Gesangsexperimente und ihrer Diskografie damit einen neuen Höhepunkt. Camille hat bereits zahlreiche Alben veröffentlicht und ist auch als Sängerin bei Nouvelle Vague in Erscheinung getreten. Auf »Oui« erreicht ihre auf perkussiven Elementen und kunstvoll arrangiertem Gesang basierende Musik aber eine neue Stufe der Erhabenheit. Den reduzierten Stil, der bereits ihr Erfolgsalbum »Le Fil« auszeichnete, führt sie auf dem neuen Album weiter. Sie arbeitet nach wie vor mit sich überlagernden

99


100

#Review Stimmen, die ein vokales Netz um die Lieder spinnen. Indem sie ihren Gesang auffächert, entsteht der Eindruck, Camille würde mit sich selbst im Chor singen. Je nachdem, ob die Stimmen gegenläufig organisiert oder harmonisch aufeinander abgestimmt sind, ergeben sich die unterschiedlichsten Effekte. Obwohl Camilles Ansatz, den Gesang in den Vordergrund zu rücken, quer zu den Gepflogenheiten konventioneller Popmusik zu liegen scheint, stellt sich nie das Gefühl ein, dass die Musik sperrig oder schwer zu hören sei. Das sich ständig im Fluss befindliche stimmliche Changieren setzt einen Moment der Desorientierung frei, der angenehm transzendental wirkt. Begünstigt wird der Eindruck von Destabilisierung und Auflösung durch Songtitel, die auf Flüssigkeiten verweisen (»Fontaine De Lait«, »Piscine«). Tatsächlich wohnt »Oui« eine Erhabenheit inne, die über die Grenzen der Körperlichkeit hinauszugehen scheint. Mario Lasar

Celebration wirken nicht nur wegen ihres Namens aus der Zeit gefallen (um sie via Suchmaschine zu finden, muss man sich erst durch diverse Tanz- und Coverbands wühlen), auch die Musik ist schwer fassbar: Dazu tragen der leicht leiernde WurlitzerSound, funky Basslinien und die üppigen Moog-Einsätze bei, aber auch der Gesang verwirrt in seiner eigenartigen Vielfalt. Katrina Fords Stimmfärbung erinnert zuweilen an Beach House, weshalb viele Kritiker die Band fälschlicherweise in die Dream-PopEcke stellten. Tatsächlich ist Ford zuweilen extrem theatralisch, sodass »Wounded Healer« wie eine Musical-Version des Lebens wirkt: anstrengend, überraschend, dramatisch, freudestrahlend, manchmal übertrieben, aber immer intim und individuell. Wegen all dieser sich ständig kontrastierenden und kaleidoskopischen Elemente (über-)fordert das mittlerweile fünfte Album der Band den Hörer regelrecht in seinem unverwüstlichen Glauben an die Heilkraft und Seele der Musik. Kerstin Kratochwill

sein. Chastity Belt haben genau dafür den Soundtrack geschrieben. »I’m not okay, I want to complain«, heißt es in »Complain«, und »This Time Of Night« kommt nicht minder pessimistisch daher: »Fucked up, anxious, full of fear.« Richtig so, seine Ängste und Sorgen in sich reinzufressen verursacht nur Bauchschmerzen. Sie in schöne DreamPop-Songs zu verpacken ist da die weitaus bessere Taktik. Im Vergleich zu den beiden vorherigen Alben ist »I Used To ...« deutlich melancholischer geraten, ganz ohne tanzbare Hits kommt es aber nicht aus. »5am« wird hoffentlich ein Indie-Disco-Hit, allein schon, weil es fabelhaft wäre, die Tanzenden »It’s 5am and I’m full of hate« laut singen zu hören. Chastity Belt wussten schon immer ganz offen über Probleme zu sprechen, das setzen sie herausragend fort. Man merkt dem Album zudem an, dass die Band an musikalischer Erfahrung dazugewonnen hat: Die Melodien sind feiner, die Texte wirken geschliffener, und die Produktion ist sauberer. Ein Album, das man sich selbst an schlechten Tagen immer wieder anhören und jedem traurigen Teenager in die Hand drücken sollte. Julia Brummert

und Sam Jones seit gut 20 Jahren in ständigem Wechsel begriffen. Nach Noise-Rock, düsterer Experimental-Elektronik und voodooesken Lo-Fi-Assemblagen kommt nun nach zehnjähriger Albumpause die nächste Inkarnation: Pavement in der Field-RecordingVariante. Ein Desinteresse an Perfektion war den Engländern und den US-Indie-Ikonen stets gemein. »Resin Pockets« wurde dementsprechend nicht im Studio, sondern an Alltagsorten aufgenommen. Entscheidend für den Vergleich ist aber der für Crescent fast konventionelle halbakustische Indie-Rockund Slowcore-Vibe, nicht zu konventionell, versteht sich: Immer wieder mischen sich fuzzige Eruptionen, unorthodoxe Instrumente, Umgebungsgeräusche oder rauschende Tape-Aufnahmen in die schluffige Gemütlichkeit, zu der Matt Jones mit dem lässigen Timbre eines Stephen Malkmus Zeilen singt wie »I did not write these chords, I stole them from my brother, but I changed the words«. Herausgekommen ist ein Album mit schrammeligem, entspanntem Charme, exzentrisch und eingängig zugleich. Nina Gierth

Cashmere Cat 9 Interscope / Universal

Magnus Høiberg alias Cashmere Cat schickt sich mit seinem Debütalbum an, den Pop gewordenen Ausläufern moderner HipHop-Spielarten seinen kuriosen Zauber zu verleihen. Magnus Høiberg ist ein wunderliches Phänomen. In einer Welt, in der sich die Mehrheit bevorzugt in virilen Posen auf protzigen DJ-Kanzeln übt, kommt das skandinavische Wunderkind mit Winkekatze und FisherpriceKeyboard um die Ecke. Als Cashmere Cat verleiht Høiberg dem prolligen Duktus des gemeinhin als Trap bezeichneten Club-Sounds mit HipHop-Wurzeln nämlich einen genuin putzigen Dreh. Der ist stellenweise derart kunstvoll überzeichnet, dass Hörer und Hörerinnen unter der bonbonfarbenen Fassade schnell etwas durch und durch Authentisches wähnen. Das Debütalbum von Cashmere Cat mutet dabei fast schon wie ein Befreiungsschlag an, mit dem sich der schüchterne Norweger vollends der Pop-Musik in Reinform zuwendet und dafür auch konsequenterweise Gäste wie The Weeknd, Selena Gomez oder Ariana Grande ans Mikrofon bittet. Doch so clever die dabei entstandenen KaugummiHymnen auch anmuten, so sehr fehlt es über die gesamte Länge des Albums an wirkungsvollen Brüchen und Irritationen. Dabei geht es weniger um eine ironische Distanzierung von der eigenen Formel, sondern schlichtweg um notwendige Kontraste, die die hier inszenierten Gegensätze noch ein wenig plastischer herausarbeiten könnten. Davon abgesehen ist »9« eine wundervolle Demonstration davon, wie sehr sich gewisse Genres von ihren Vorzeichen befreien und dehnen lassen. Philip Fassing

Celebration Wounded Healer Bella Union / Coop / PIAS / Rough Trade

Celebration vermengen mit großer Geste Psychedelic, Pop und Soul und lassen ihre Songs von der kraftvollen und leicht trotzigen Stimme Katrina Fords tragen.

The Charlatans Different Days BMG / PIAS / Rough Trade

Frisches Grün unter den Füßen und Smog über dem Kopf. »Different Days« ist ein Album, das klingt wie sein Cover: abgeklärt und lebensfreudig zugleich. Wer im Juni 2008 The Police auf ihrer Reunion-Tour in Mannheim oder Düsseldorf erlebt hat, wird heute noch Mitleid mit den Charlatans empfinden. Als Vorprogramm der Jahrhundertformation wirkten die Männer um Tim Burgess beliebig und gesichtslos, ihr Britrock wie die Vertonung der Phrase »grundsolide«. Mit einem Album wie »Different Days« würden sie sich in einer vergleichbaren Situation besser machen. Vielseitig, spielfreudig und ausdifferenziert präsentieren sich die 13 Stücke, vor allem aber: atmosphärisch bemerkenswert. Der leicht wavige, behutsam elektronisch verzierte Gitarrenrock erzeugt eine Stimmung, die sich schwer in Worte fassen lässt. Hilfreich für ihre Beschreibung ist ein Blick auf das Cover, eine Luftaufnahme von Manchester als grauem Beton-Dschungel, den zwei Farbflecken kontrastieren: das freudige Blau des Himmels und das Grün eines kleinen, in den Moloch hineingebauten Fußballplatzes. So vertonen auch die Songs eine Mischung aus Desillusion und Hoffnung, die mit Gästen wie Johnny Marr, Kurt Wagner, Paul Weller oder Schriftsteller Ian Rankin einiges an Prominenz gefesselt hat. Oliver Uschmann

Chastity Belt I Used To Spend So Much Time Alone Hardly Art / Cargo / VÖ 02.06.17

»Jetzt lächle doch mal«, ist eine nervige Aufforderung, die sich meist an Frauen richtet. Chastity Belt zeigen ihr charmant den Mittelfinger. Es gibt Tage, da hasst man die Welt, und das sollte gefälligst auch in Ordnung

Leslie Clio Purple Embassy Of Music / Warner

Leslie Clio macht vieles anders als die meisten ihrer Kollegen und wird mit voranschreitender Karriere besser und cooler. Noch vor zwei Jahren wirbelte Leslie Clio zu ihrem Hit »My Heart Ain’t That Broken« durch die Botanik und war niedlich bis nervig. Hier und heute scheint sie plötzlich um zehn Jahre gealtert zu sein. Ihr nach »Gladys« und »Eureka« drittes Album ist vielseitig, experimentell und ernst. Nach dem sehr poppigen Vorgänger haute Clio für ihr neues Werk nach Hawaii ab, verkaufte vorher ihren Besitz und fand sich dort wohl selbst. So abgedroschen das auch klingen mag, die Strategie scheint offenbar aufgegangen zu sein. Die Berlinerin hat plötzlich den Schneid, der ihr zuvor abging. »Purple« ist noch immer poppig und hat die souligen Nuancen, die man von Clio kennt, es ist aber weitaus breiter instrumentiert, elektronischer und viel selbstbewusster. Es gibt fett produzierte Hits (»And I’m Leaving«, »Sad Games«), düstere Klänge (»Darkness Is A Filler«), vertrackte Balladen (»Game Changer«) und zarte Nummern wie »Fragile« und »Bad Habit«. Das letztgenannte zauberhafte Duett mit Drangsal hat das Potenzial und Recht, zukünftig auf jedem Soundtrack der Welt zu landen. »Ihre ersten beiden Alben waren am besten«, wird man sich über Leslie Clio daher nie erzählen. Fick dich ins Knie, Nostalgie. Paula Irmschler

Crescent Resin Pockets Geographic / Domino / GoodToGo

Die Briten Crescent zelebrieren auf ihrer bis dato zugänglichsten Platte ein schrulliges Slackertum. Crescent ist ein passender Name für diese Band: So, wie der Mond von der Erde aus jede Nacht anders aussieht, ist auch die Bristoler Formation um die Brüder Matt

Diagrams Dorothy Bookshop / Republic Of Music / Rough Trade

Der ehemalige Tunng-Gitarrist Sam Genders vertont mit seinem Soloprojekt Diagrams nun Gedichte über Teilchenphysik und die Ehrfurcht vor der Natur. Für das dritte Album seines Solo-Projekts Diagrams hat sich Sam Genders Unterstützung von der amerikanischen Dichterin Dorothy Trogdon geholt. Die naturwissenschaftlich inspirierten Gedichte der mittlerweile über 90-Jährigen trafen einen Nerv bei Genders, der beispielsweise auch schon einen Song über die allgemeine Relativitätstheorie geschrieben hat. Nachdem er Trogdons »Under The Graphite Sky« vertont hatte, folgte die gemeinsame Arbeit an einem ganzen per Crowdfunding finanzierten Album. Aus den Texten auf »Dorothy« spricht ein ehrfürchtiges und fasziniertes Staunen vor der Natur, das oft an Walt Whitman erinnert. Die thematisch passende Untermalung bastelt Genders aus einem Mix von sanften Folk-Klängen und Electro-Sounds, ähnlich wie bei seiner früheren Band Tunng. Manchmal kämpft er etwas damit, die Gedichtform auf seine Musik zu übertragen, da müssen die Zeilen mit sanfter Gewalt auf die Musik gebogen werden. In Songs wie »It’s Only Light« hingegen funktioniert die Fusion perfekt. Wer hätte gedacht, dass man so berührend über ein so abstraktes Thema wie Teilchenphysik würde schreiben können? Dominik Bruns

Ani DiFranco Binary Righteous Babe / VÖ 09.06.17

Ani DiFranco rechnet mit 2016 ab, ihre neuen Songs schrieb sie allerdings schon vor der US-Wahl. Diese klingen manchmal wütend, oft schön und immer beißend klug. »Binary« ist das 20. Studioalbum der Singer/Songwriter-Aktivistin mit eigenem Label. Spätestens bei Titeln wie »Pacifist’s Lament« muss man als Fan trotzdem aufhorchen: Ani


Mehr Informationen und Tickets unter fourartists.com

HEIMSPIEL MIT KRISTOF BEUTHNER

Das Sommerloch steht bevor! Aber das Heimspiel gibt noch mal alles: neun Mal große Klasse zwischen Songwriter-Traurigkeit, Indie-Rock und Retro-Psychedelic.

Ein ganz und gar wundervolles Album schenkt uns Rudi Maier unter dem Namen Burkini Beach. Es heißt »Supersadness Intl.« (burkinibeach.com) und macht zwischen Nerdund Songwriter-Pop einfach alles richtig: wunderschöne, einprägsame Melodien; zutiefst persönlich und tief. Das Album entstand zunächst in Maiers Schlafzimmer, bevor er den mächtigen Simon Frontzek (Sir Simon, Tomte) für den letzten Schliff Hand anlegen ließ. Seinem Titel macht dieses Album alle Ehre: In Songs wie »Luxembourg« oder »The World At Our Fingertips« kann man sich wunderbar gehen lassen und die vielzitierte Träne aus dem Knopfloch fließen lassen.

Zwischen Garagen-Indie und Bluesrock pendeln die Hamburger Brett, die ihre Abrechnung mit den Seltsamkeiten der Gesellschaft auf zwei selbstbetitelten EPs (Chimperator) innerhalb kurzer Zeit in zwingende, intensive Riffs und gallige Lyrics kleiden und sich damit irgendwo zwischen den neuen Diskurs-Heroen Die Nerven und Van Holzen einfinden, ohne jemals deren Sperrigkeit anzuvisieren: Ihre Songs sind in hohem Maße mitspringkompatibel und immer wieder auch verboten catchy. Gerade sprachen wir über die Schönheit eines neuen Lebenszeichens von Gisbert zu Knyphausen, da folgt eine Erklärung, warum er dafür so lange gebraucht hat: Zusammen mit Moses Schneider und Der Dünne Mann arbeitete er an Songs für die kleine Supergroup Husten, deren EP (Komma) eigentlich einen Soundtrack für den Film »So was von da« nach dem Buch von Tino Hanekamp darstellt. Gisberts gewohnt präzise und poetische Lyrik auf rauen, organischen und herrlich schrammeligen Rock’n’Roll-Kleinoden? Klar funktioniert das. Und zwar erstklassig. Mit Betrachtungen eines studentischen Lifestyles zwischen adoleszenter Tanzwut und Nachdenklichkeit betreten Egolaut aus Leipzig die Bühne, deren EP »Kein Widerstand, nur Hitze« (Egolaut) mal breitschultrig in die Disco steppt, dann auf Reisen die große Freiheit sucht und dabei versiert zwischen Rock, Soul und in den schwächeren Momenten (»Aschenputtel & Königin«) radiokompatiblem Pop wechselt. Das Stück bleibt zum Glück der einzige Ausfall auf einer ansonsten tadellosen Debüt-EP. Noch so ein leckeres Mini-Album gefällig? Bitte sehr: Flut sind Wahl-Wiener und verliebt in die 1980er, das hört man aus jeder Sekunde ihrer EP »Nachtschicht« (Problembär) heraus. Gut, das trifft auf Wanda und in gewisser Weise auch auf Bilderbuch zu, doch Johannes Paulusberger und seine Jungs bedienen sich weder am Rock-Schmäh der Ersteren noch am Glam der Letzteren, sondern changieren zwischen großer Stadiongeste und düsterem Synthie-Rock. Das macht sicher nicht nur den Austrophilen unter euch Spaß.

Für jede Menge Druck sorgen auch die Stuttgarter An Early Cascade mit ihrem zweiten Album »Alteration« (Midsummer), die ihre Mitte zwischen Shoegaze und Postcore finden. Neben der Tatsache, dass ihnen das über die Länge von zwölf Songs prima gelingt, fällt vor allem Maik Czymaras überraschend hohe, beinah schon feminine Stimme auf, die zwischen Flehen und Schreien eine ungeheure Intensität entfaltet. In den besten Momenten erinnert das an die frühen My Chemical Romance oder die noch früheren Muse. Nach satten sechs Jahren melden sich Hoch/ Tief mit einem neuen Album zurück. »Detroit/ Stuttgart« (Arctic Rodeo) ist eine Art Reisetagebuch und deutlich weniger brachial als sein Vorgänger, an den sich vermutlich aber eh nicht mehr allzu viele erinnern können. So weckt die Band schöne Erinnerungen an Schrottgrenze in deren Hochphase oder die unvergessenen Muff Potter, deren Pop-Charme in den zwischen Punk und Indie-Rock angesiedelten acht Stücken herrlich mitreißt. Schon ihr elftes Album servieren die Münchener Jam-Rocker Colour Haze, deren »In Her Garden« (Elektrohasch) satte 72 Minuten pure Psychedelik bietet, inklusive verkiffter Gitarren-Soli, stoischer Drums und eines dreckig-rauchigen Gesangs. Diese überaus authentische Retrospektive ist Hendrix-Hommage und Cream-Verneigung in Reinform, wie üblich hier und dort einen Tick zu lang, aber immer hochversiert und stilecht. Nicht ganz so weit in die Vergangenheit blicken One Sentence. Supervisor aus dem schweizerischen Baden, deren »Temporär Musik 1-13« (Oh, Sister) dort bereits letztes Jahr erschienen ist. Die 13 Stücke pendeln äußerst charmant, stilsicher und tatsächlich sogar tanzbar zwischen Kraftwerk-Stoizismus und 1980er-NewWave und machen, wenn man ihnen ein wenig Entwicklungszeit lässt, jede Menge Spaß. Zum Schluss noch etwas Unterstützenswertes: Es gibt einen neuen Song von Frittenbude, die zusammen mit CC von Irie Revoltés im vergangenen Jahr einen Projekttrip von Viva Con Agua nach Nepal begleitet haben. Die Organisation setzt sich für eine weltweite Versorgung mit sauberem Trinkwasser ein. In Nepal schrieben Frittenbude den Song »Die Glocke« (Audiolith), der die Ungerechtigkeiten, die sich vor den Fenstern der luxusverwöhnten westlichen Gesellschaft abspielen, prägnant auf den Punkt bringt. Alle Download-Erlöse kommen Viva Con Agua zugute.

30.11. 02.12. 05.12. 08.12. 12.12. 15.12. 19.12.

HAMBURG • 01.12. BREMEN KÖLN • 04.12. MÜNSTER MÜNCHEN • 06.12. STUTTGART WIEN • 09.12. ZÜRICH NÜRNBERG •13.12. DRESDEN HANNOVER • 16.12. SCHWERIN ROSTOCK • 20.12. ROSTOCK

28.06. HAMBURG - MOJO 29.06. KÖLN - GLORIA

03.07. BERLIN - GRETCHEN 06.07. MÜNCHEN - MUFFATHALLE

TOUR 2017/18

26.11. KÖLN | PALLADIUM 28.11. NEU ISENBURG | HUGENOTTENHALLE 29.11. SAARBRÜCKEN | GARAGE 02.12. BERN | BIERHÜBELI 05.12. WIEN | ARENA 06.12. LINZ | POSTHOF 08.12.2017 INNSBRUCK | HAFEN 10.12. NÜRNBERG | LÖWENSAAL 14.12. DRESDEN | BALLSPORT ARENA 15.12. ERFURT | THÜRINGENHALLE 16.12. LEIPZIG | HAUS AUENSEE 24.02.2018 BERLIN | MAX SCHMELING HALLE

27.06. NÜRNBERG - HIRSCH 28.06. BERLIN - HUXLEY‘S NEUE WELT 02.07. KÖLN - E-WERK SUPPORT:

04.10. HANNOVER • 05.10. HAMBURG • 06.10. BREMEN • 07.10. OSNABRÜCK 09.10. DORTMUND • 10.10. KÖLN • 11.10. FRANKFURT • 13.10. FREIBURG 14.10. KARLSRUHE • 15.10. SAARBRÜCKEN • 17.10. STUTTGART • 18.10. ZÜRICH 19.10. BERN • 20.10. KONSTANZ • 21.10. MÜNCHEN • 23.10. WIEN 24.10. LINZ • 25.10. NÜRNBERG • 27.10. LEIPZIG • 28.10. DRESDEN • 29.10. BERLIN


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#Review DiFrancos Texte sind das Herz ihres Schaffens. Auf »Binary« geht es grundsätzlich um die Balance zwischen zwei Polen und um die Fähigkeit, vermeintliche Gegensätze zu vereinen. So spricht sie sich gegen Radikalismus und die vermeintlich einfachen Lösungen aus. In »Play God« zeigt sich die Schlagkraft ihrer Worte, sie klagt die erneuten Angriffe auf das Abtreibungsrecht und die sexuelle Selbstbestimmung der Frau an. »Alrighty« wirkt gedämpft und suggeriert schwelende Wut, gleichzeitig aber auch ein lässiges Belächeln von patriarchalen Religionsvorstellungen. DiFranco war schon immer fähig, persönliche wie sozialpolitische Ungerechtigkeiten musikalisch zu verpacken. Auf diesem Album ist der musikalische Unterbau vollmundiger als früher, es gibt eine ganze Menge Gastmusiker: Neben den üblichen Beteiligten sind hier beispielsweise Justin Vernon (Bon Iver) und David Bowies langjährige Bassistin Gail Ann Dorsey zu hören. Gemischt wurde von Tchad Blake, und das Ganze setzt als Jubiläumsplatte DiFrancos sowieso schon beachtlicher Diskografie eine Krone auf. Elisabeth Haefs

Do Make Say Think Stubborn Persistant Illusions Constellation / Cargo

Diese kanadische Institution des Postrock arrangiert ihre instrumentalen Landschaften wie gute Drehbücher zwischen Krieg und Frieden. Inklusive Anspielungen für wache Ohren. Zu Beginn herrscht Hektik. Aufruhr. Panik. Nichts ist zu spüren von der elegischen Entfaltung der Klänge, die man von Do Make Say Think gewohnt ist. Stattdessen hacken sie ohne Vorwarnung auf das Publikum ein wie der eingekesselte Jon Schnee auf die ihn umringenden Schergen von Ramsay Bolton. Ist der »War On Topor« allerdings vorüber, öffnen sich im folgenden Zehnminüter die akustischen Kirschblüten. Im Zeitraffer. Nach satten acht Jahren Albumpause arbeiten Ohad Benchetrit und seine Männer ihre Stärken an allen Enden der Extreme konsequent aus. Minutenlang taugt ihre zauberzarte Trance zur Untermalung nahezu sprecherfreier Naturdokumentationen auf arte, dann bricht wieder das Perkussive durch, und die Stiefel feindlicher Truppen lassen Erdklumpen vom begrünten Wall bröseln. Hochspannend für den Nerd gestaltet sich das Wiedererkennen musikalischer Motive aus anderer Hand, seien sie nun absichtlich oder aus dem Unterbewusstsein eingeflossen. Zwischen Schlachtfeld und Kirschblüte verstecken sich legendäre Gitarrenmotive aus »Toxicity« von System Of A Down sowie »Green Grow The Rushes« von R.E.M. Oliver Uschmann

Cigarettes After Sex Cigarettes After Sex Partisan / PIAS / Rough Trade / VÖ 09.06.17

Melancholie als süßer Selbstzweck: Cigarettes After Sex bedienen die Nachfrage

ihrer schon jetzt beachtlichen Hörerschaft mit einer ersten LP. Und die ist einfach nur zum Schluchzen schön. Cigarettes After Sex bleiben im Fokus – nicht nur bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Mit einem zwei EPs schmalen Portfolio und ganz viel Gefühl hat die US-Band um Chefromantiker Greg Gonzalez eine Fanbase gesammelt, wie sie einem Debüt äußerst selten vergönnt ist. Und wer sich die neuen Songs anhört, wird spüren, wieso – es aber vermutlich nicht in Worte fassen können. Das ist auch gut so, denn wozu um Worte ringen, wenn sich doch so viel anderes unternehmen ließe? Löcher in Luft und Wände starren zum Beispiel, zugedröhnt den Engtanz wagen, einsame Purzelbäume im Orbit schlagen, sich morgens im Bett noch mal umdrehen oder einfach nur leise Rotz und Wasser heulen – all dies funktioniert mit dieser Platte als Unterleger vorzüglich. Systemischer ausgedrückt: Cigarettes After Sex machen Musik, die oft klingt, als hätten sich Beach House, The Antlers und Mazzy Star unter Krokodilstränen verschworen, und die man wie in einer wohligen Blase abstrakter Sehnsucht erlebt. Ambient-Pop nennen sie es selbst, man könnte aber auch sagen: Shoegaze qua Gemütslage. Die Instrumentierung kommt sparsam, entrückt und weit versprengt daher, was den Eindruck von Schwerelosigkeit vermittelt. Gonzalez’ samtiger, androgyner Gesang ist ganz nach vorn gezogen und lässt die Arrangements wie einem nostalgischen Tagtraum entsprungen wirken; eine Leadgitarre irrlichtert umher, bis sie im Hall verläuft. Diese Band ist auf keiner Befreiungsmission, sie knipst die Zeit aus, ruht kauernd in sich selbst und zieht einen mit in den strömenden Sommerregen. Und dort steht man manchmal am besten. Valentin Erning

Dua Lipa Dua Lipa Vertigo Berlin / Universal / VÖ 02.06.17

Dua Lipas steil aufsteigende Laufbahn verdient Hochachtung, ihr LP-Debüt kommt jedoch nicht über Discounter-Niveau hinaus. Was ist eigentlich das Gegenteil von »Anspieltipp«? Es gehört einiges dazu, nach monatelanger Radio-Schikane durch »Hotter Than Hell« überhaupt noch zu erwägen, sich das Album zur Single ins Haus zu holen. Nun, immerhin ist mit einem guten Dutzend frischer DuaLipa-Songs für reichlich Ablenkung von diesem überzüchteten Nervenschredder gesorgt – das heißt, falls der Zielgruppe nicht doch noch jeder weitere Track als Single vorgesetzt werden muss. Wo mag die 21-Jährige da nur reingeraten sein? Mit 15 hatte sie sich vom Elternhaus losgesagt, um als Musikerin in London Fuß zu fassen, nun finden wir das Talent in offensichtlich hilfloser Lage vor: In einer Hüpfburg aus steriler Synthetik und pumpenden Bässen scheint sie ums Überleben zu singen angesichts des um sie herum aufgeschütteten Produktions-Unrats, der wie geschaffen scheint, um von einfachen U20-Gemütern im Tanzhunger gierig ausgeschlürft zu werden und sodann als Auswurf in der nächsten Hecke zu enden – womit wir wieder beim Würgen wären. Gemach, gemach: Textlich ist da nichts, wozu nicht auch ein paar Alkopops inspirieren würden; strukturell haben wir es mit einem industriellen Gesteck aus Disco-Hits, Quotenballaden und Plastikobst zu tun. So vehement sich der Werdegang Dua Lipas liest, so markthörig ist dieses erste Studio-Kapitel angelegt. Und auch wenn hier noch nicht alles Organische

abgestorben ist, so hält doch viel zu oft lediglich der brillante Gesang Dua Lipas diesen Stapel Stangenware oberhalb der RelevanzGrenze. Eine schönere Wahrheit findet sich nicht, wohl aber eine Auswahl kleinerer Übel als eingangs gescholtene Single – und das ist doch schon mal was. Darauf drei WodkaEnergy! Oder doch lieber zehn. Valentin Erning

Eigenständigkeit einzubüßen. Ein starkes Statement und eine Geste der Unabhängigkeit, ein Debüt, das auf keinen Fall »Off The Radar« bleiben sollte! Konstantin Maier

Forest Swords Compassion Egotronic Keine Argumente! Audiolith / Broken Silence

Pünktlich zu Rodrigo González’ Geburtstag führt die von ihm produzierte neue Egotronic-LP weg vom fröhlichen Hedonismus, hin zum Punk-Rundumschlag gegen Deutschland. »Deutschland, Arschloch, fick dich« oder »Scheiße bleibt Scheiße« – Mottos wie diese ziehen sich durch die ganze Länge von »Keine Argumente!«. Die Band um Front-Literat Torsun Burkhardt hat sich vom fröhlichen Stil ihres 2007er-Albums »Lustprinzip« verabschiedet und möchte Deutschland nun wieder an die Wand stellen. Voller Zorn geht es gegen die Politik, vor allem aber gegen provinzielle Wutbürger, die als selbsternannte wahre Deutsche alternierende Lebensentwürfe ablehnen und Flüchtlinge attackieren. Die Band zeichnet ein düsteres, leider allzu aktuelles Bild dieses Landes. Musikalisch mischt sie punktypische Elemente mit elektronischen Samples von Nachrichtenschnipseln und diversen Gastauftritten. So spielt Produzent Rodrigo González (Die Ärzte) auf dem auflockernden, funpunkig-kritischen »Odenwald« Gitarre. Das Album schließt mit »Ihr wollt Arbeit, ich will schlafen« ab, dessen Aussage protopunkiger kaum hätte ausfallen können. Die Balance zwischen diesen Stücken und der immer wieder durchbrechenden Wut macht »Keine Argumente!« zu einem Statement, mit dem Egotronic ihren Standpunkt auch im Jahr 2017 unterstreichen. Philipp Röttgers

Ninja Tune / Rough Trade

Auf seiner zweiten LP verschiebt Matthew Barnes seinen Fokus von Gitarren zu Drums, ohne die verwunschen-gruselige Stimmung des Debüts zu verlieren. Matthew Barnes macht als Forest Swords sehr britische Musik, der Tradition von TripHop und Shoegaze folgend: introvertiert, intensiv und immer eine Spur langsamer, als man es erwarten würde. Folgte »Engravings« noch stärker dem Shoegaze, sind diesmal Massive Attack als Vorbilder auszumachen. Jenseits all der breiten Gitarrenriffs und verschachtelt-klackernden Percussion stehen jedoch wieder die Vocals im Mittelpunkt seiner Musik. Obwohl eigentlich als instrumental zu verstehen, sind nämlich auf fast jedem Song Stimmen zu hören. Sie sind zerstückelt und geloopt, verhallt und generell unkenntlich und machen damit den Großteil des Grusel-Faktors dieser Wanderung durch das Klangdickicht aus. Ein wenig hat Barnes diesmal allerdings die Axt angelegt, in Form von Popschnipseln, die hier und dort auftauchen und wie kleine Lichtungen einen Weg aus der Bedrückung weisen. Eine intensive Erfahrung ist das Album immer noch, auch wenn durch die Lichtungen manchmal die Struktur durchscheint. Als wäre die Stimmung mehr geplant denn erfahren worden. Henje Richter

Girlpool Powerplant Anti- / Indigo

Noga Erez Off The Radar City Slang / Universal / VÖ 02.06.17

Die israelische Künstlerin Noga Erez steckt politisch explosive Botschaften in mäandernde Pop-Konstruktionen. Dafür braucht sie nicht viele Worte, sondern nutzt lieber die Power des Electro-Bass. Noga Erez ist in einer Welt aufgewachsen, in der noch nie alles in Ordnung war. Kurz vor dem Golfkrieg in Tel Aviv geboren, setzt sich die Künstlerin mit Macht, Gewalt und Konflikt auseinander. Das mag nach schwerer Kost klingen, bleibt es inhaltlich auch. Erez verpackt es aber in anspruchsvolle Sound-Layer nah dem Pop, sodass es beim Hören nicht nur Zeigefinger hagelt. Zwischen brüchigen R’n’B-Balladen wie »Worth None« und dem elektronischen, verbassten »Dance While You Shoot« reflektiert sie die politische Situation und ihren persönlichen Umgang damit. Dabei hält sie stets die Balance zwischen wütendem Ton und Kontrolle. Sowohl musikalisch als auch thematisch erinnert dieses Debüt an Künstlerinnen wie M.I.A., ohne jedoch an

Girlpool haben ihr zweites Album in klassischer Bandbesetzung aufgenommen. Der smarte Indie-Rock der US-Girls überzeugt mit poetischem Tiefgang. »The nihilist tells you that nothing is true. I said I faked the global warming just to get close to you«: Cleo Tucker und Harmony Tividad erweisen sich auch auf ihrem zweiten Album als augenzwinkernde Alltagsbeobachterinnen. Neben niedlichen Symboliken und leichtfüßigem DIY-Charme speist sich ihr Sound vor allem aus ihren Gesangsharmonien. Während das auf dem Debüt noch im Rahmen eines reinen Gitarre/Bass-Duos funktionierte, gibt es auf »Powerplant« nun mit Miles Wintner am Schlagzeug eine dynamische Rhythmusfraktion. Musikalisch bleiben Girlpool trotzdem tief im 1990er-Indie verwurzelt. Pavement, Pixies und weitere übliche Verdächtige klingen öfter durch, während die Single »123« eher an The Cranberries erinnert. »Powerplant« zeichnet sich durch den Verzicht auf großen Bombast aus, die wahre Stärke liegt im Verborgenen. Die symbolische Tiefe dieser LP erschließt sich aber nicht in nur 30 Minuten, eine eingehendere Beschäftigung ist daher dringend empfohlen! Gründe dafür gibt es auf dem Album mehr als genug. Thorsten Streck


IMMER NOCH INDIE? MIT CHRISTIAN STEINBRINK Vier Kontinente, doppelt so viele Stile: Indie ist polyglott, vielseitig und hochklassig zugleich. Niemand muss Einfaltspinsel sein!

Eine der besten metallenen Postrock-Platten der letzten Monate haben Sleepmakeswaves mit ihrem vierten Album »Made Of Breath Only« (Pelagic) hinbekommen. Natürlich ist der LP-Titel glatt gelogen, vielmehr zeigen sich die Australier bei aller majestätischen Wucht erstaunlich slick und vielseitig – vom plumpen Laut/Leise-Spiel haben sie sich schon länger verabschiedet. In ihrer Heimat haben sie es schon in die Top 20 der Charts geschafft, bei uns könnten sie zumindest dem GenreVorstand aus Mogwai, Russian Circles und Co. bald den Rang ablaufen. Aus einer ähnlichen stilistischen Ecke kommen Nihiling, sie haben sich auf ihrem vierten Album »Batteri« (Kapitän Platte) aber ein gutes Stück vom Ursprungssound des Genres emanzipiert. Die LP ist als stilistisch feinsäuberlich in zwei Hälften aus Indie- und Postrock geteiltes Konzeptalbum angelegt, glänzt aber tatsächlich als noch deutlich vielseitigeres Kunstwerk mit Elementen aus allen möglichen Ecken der avancierten, dramaturgisch fein akzentuierten Rockmusik. Das zeigt, wie viel diese Band kann und dass ein Aufstieg in die erste Liga hiesiger Postrock-Bands hochverdient wäre. Schlicht, aber reizend ist der Dream-Pop der Australierin Hazel English auf ihrer Doppel-EP »Just Give In / Never Going Home« (Marathon Artists). Die elf teilweise in Zusammenarbeit mit Day Wave entstandenen Songs bestechen durch perlend leichte Melodien bei einer gleichzeitigen, Beach House ähnelnden stoischen Grazie. Sie erinnern eher an Twee als an Shoegaze, sind einfach, aber sinnfüllend arrangiert, setzen Ausrufezeichen und lassen sich zugleich noch Luft für Entwicklung. Gothic Tropic aus Los Angeles wecken mit ihrem Debütalbum »Fast Or Feast« (Old Flame) schöne Erinnerungen an die vitale und popoffene Postpunk-Szene um Blondie und The Pretenders und verbinden diese mit Elementen von HAIM oder Warpaint. Hin und wieder wirken die zehn Stücke arg sonnig, sie gewinnen aber durch verspielte und kreative Arrangements und die einnehmende Performance von Songwriterin und Frontfrau Cecilia Della Peruti, die wirklich alles mitbringt, um bald aus dem Underground in das Blickfeld einer kritischen Masse zu treten. Es bleibt ein Rätsel, warum Nite Jewel der Durchbruch in populäre Synthie-Pop-Sphären bislang nicht gelungen ist. An ihrer Musik kann es jedenfalls nicht liegen, denn auch auf ihrem vierten Album schafft sie einen verführerischen Glam, der in manchen Momenten gar an Sade, Kate Bush oder Bat For Lashes erinnert. Im Vergleich zu seinen Vorgängern wirkt »Real High« (Gloriette) ein wenig heller und poppiger bis hin zu verträumter Tanzbarkeit, in den wie eh und je beeindruckenden Atmosphären aber noch bestechender.

Keine Ahnung, warum dieses Magazin Jane Weaver nach ihrem Debütalbum 2002 aus den Augen verlor. »Modern Kosmology« (Fire), die siebte LP der DIY-Musikerin aus dem BadlyDrawn-Boy-Umfeld, lässt das jedenfalls wie ein Versäumnis wirken. Denn das Album verbindet das Krautpop-Erbe von Stereolab und Pram mit Sixties- und Psych-Elementen à la Broadcast und wirkt auf diese Weise wie ein so tiefschürfender wie sehniger Trip in die Welten der Synthesizer. Da Weaver dabei aber ihr Songwriting nicht verloren geht, ist ihre Platte in diesem tradierten Genre hervorzuheben. Fast schon zwangsläufig kommen Soup aus dem Umfeld Motorpsychos, und auch sie haben schon viele Jahre und Veröffentlichungen auf dem Buckel. »Remedies« (Crispin Glover) ist ihr bereits siebtes Album und verbindet dynamisch drängenden bis wirbelnden Rock mit sanft fließenden Prog-Passagen. Dass sowohl Dramaturgie als auch Songwriting stimmen, muss man angesichts der eingangs genannten Kumpanen nicht weiter betonen – dass »Remedies« deswegen ein großer Wurf ist, auch nicht. Den ganzen Wahnsinn japanischer Popmusik hat Shugo Tokumaru schon in seinen verhackstückten Veröffentlichungen der letzten 15 Jahre ausgebreitet. Nun kulminiert er in seiner nach einer vergleichsweise langen Pause aufgenommenen neuen LP »Toss« (Polyvinyl), auf der Songs aus allen Ecken des Orchesters überfallartig attackiert werden und nur selten zur Ruhe kommen. Man merkt schnell, dass Tokumaru Multiinstrumentalist und kreativer Wirrkopf ist und in Deerhoofs Greg Saunier den perfekten Partner in Crime gefunden hat. Und – manchmal – ist »Toss« auch einfach wunderschön melodiöser Sixties-Pop. An Letzteres schließt »I Romanticize« (Heavenly), das Zweitwerk von H. Hawkline, an. Auf dem Album sind zehn Songs voll von sonnendurchflutetem Westküsten-Sixties-Pop mit humorigen, theatralischen Kniffen, die an die Erzählweise von Stephin Merritt von den Magnetic Fields erinnern. Musikalisch hält Hawkline alias Huw Evans seine Stücke aber reduziert und leicht, er erinnert an Babybird oder die Feelies und wirkt damit so tief und erhebend zugleich, wie man es sonst höchstens bei Jonathan-Richman-Konzerten erleben kann. Vordergründig ist Christopher Paul Stelling ein weiterer, dem Folkrock zugetaner Songwriter. Dahinter schlummert aber noch viel mehr, wie sein neues Album »Itinerant Arias« (Anti-) zeigt. Stelling klingt darauf zerrend, tief und trotz enormer Vielseitigkeit und Kreativität stets unmittelbar sinnlich. Seine mit CountryInstrumentarium agierende Band treibt er mal in schwüle Sümpfe, mal in Richtung der störrischen Grandezza eines Nick Cave. Eine solche Platte gab es auch im vor Veröffentlichungen überquellenden Folk-Genre lange nicht mehr.

MOGLI

AMBER RUN

26.10. 27.10. 28.10. 29.10. 01.11. 02.11.

01.11. 02.11. 03.11. 04.11. 05.11.

HANNOVER KÖLN MÜNCHEN FRANKFURT BERLIN HAMBURG

CHRISTIAN LÖFFLER & MOHNA

BALBINA 19.11. 20.11. 21.11. 23.11. 24.11. 25.11. 27.11. 29.11. 30.11. 02.12.

FRANKFURT BERLIN HAMBURG KÖLN MÜNCHEN

STUTTGART HEIDELBERG MÜNCHEN AARAU (CH) AUGSBURG FRANKFURT KÖLN ESSEN MÜNSTER POTSDAM

25.05. 01.06. 02.06. 10.06. 01.07. 09.07.

WIEN (AT) MÜNCHEN FRANKFURT MEMMINGEN SIERRE (CH) LICHTERFELDE

JOSE GONZALEZ

13.07. FREIBURG

MICHAEL SCHULTE 02.06. 05.08. 20.08. 02.11. 03.11. 04.11. 05.11. 07.11. 08.11. 09.11. 11.11. 12.11. 14.11. 15.11. 16.11. 17.11. 18.11.

LANDSWEILER BÄRWALDER SEE DRESDEN OSNABRÜCK BERLIN LEIPZIG DRESDEN MÜNCHEN STUTTGART HEIDELBERG BREMEN FRANKFURT HAMBURG DORTMUND HANNOVER WUPPERTAL KIEL

HEIN COOPER

08.09. 09.09. 10.09. 12.09. 13.09. 14.09. 15.09. 16.09.

FRANKFURT DÜSSELDORF HAMBURG HANNOVER STUTTGART ERLANGEN FREIBURG MÜNCHEN

MARIO BATKOVIC 08.06. BERLIN 10.06. NÜRNBERG 18.06. DUISBURG

TOM SCHILLING & THE JAZZ KIDS

20.10. WESTHOFEN 21.10. REUTLINGEN 22.10. NÜRNBERG 24.10. AUGSBURG 25.10. ULM 26.10. – 28.20. KALTERN POP

JOHANNES MOTSCHMANN TRIO 02.06. 07.06. 08.06. 10.06. 29.06.

DRESDEN LEIPZIG DÜSSELDORF BERLIN HAMBURG

SAM AMIDON

28.10. DÜSSELDORF 29.10. HAMBURG 30.10. BERLIN

SELECTIVE ARTISTS www.SelectiveArtists.de


NICOLAS JAAR SOHN MYKKI BLANCO ARCA LAMBCHOP TIMBER TIMBRE ACTRESS

Nick Hakim Green Twins ATO / PIAS / Rough Trade

Traumwandlerischer, in düstere Nebel gehüllter Neo-Soul mit Avantgarde-Note scheint ein Ding dieser Saison zu sein: Nick Hakims Musik ist noch surrealer, als das Cover glauben macht. Wenn es um gelungene Debütalben geht, bleiben in diesem Jahr bisher eher Frauen in Erinnerung, von Vagabon bis Sophia Kennedy. Der einzige männliche Newcomer, der bei mir hängen blieb, ist der New Yorker Freak-Soul-Songwriter Gabriel Garzón-Montano, der Philip Glass, Radiohead und Erykah Badu in verführerischem Pop zusammendenkt. Nick Hakim schlägt mit seinem Debüt interessanterweise in eine ähnliche Kerbe – und wird ähnlich lange in Erinnerung bleiben: Sämige D’Angelo-Anleihen treffen hier ebenso verführerisch auf David Bowies späte Düsternis. Nick Hakim, studierter Pianist, nahm die ersten Skizzen für »Green Twins« auf, als er just nach New York zog. Wie er sich in die Stadt tastete, lässt die Musik erahnen: Wille, Traum, Depression und Überforderung. Soul ist das dominante Element (und Hakims Stimme ist eine wunderschöne Soul-Stimme), aber auch Jazz und lateinamerikanische Rhythmen sind fest in der DNA dieser Musik verankert. Alles liegt unter einem leicht verrauschten Schleier, in traumgleichen Nebeln, aber darunter funkelt es. Wie bei einem richtig großen Album. Vielleicht ist es Hakim gleich auf Anhieb gelungen. Steffen Greiner

DENOVALI SHOWCASE AND MANY MORE …

Aldous Harding Party 4AD / Beggars / Indigo

Nein, eine Party veranstaltet die Neuseeländerin Aldous Harding auch auf ihrem zweiten Album nicht. Glücksgefühle gibt’s trotzdem. Todessehnsüchte, innere Getriebenheit, Bestien und Jäger – das auch in hiesigen Breiten hochgelobte 2014er-Debüt von Hannah »Aldous« Harding wirkte mit seiner düsteren, archaischen Bildsprache stellenweise wie eine 1960er-Folk-Variante von PJ Harvey. Wie treffend, dass die Mittzwanzigerin Album Nummer zwei nun mit Harveys künstlerischem Dauerpartner John Parish aufgenommen hat. Diesmal war Hardings psychische Verfassung beim Songwriting besser, und so tauchen in den Texten auch Liebe, Verlangen und Momente der Erfüllung auf. Wenn es jedoch heißt: »I was as happy as I’d ever been«, folgt schon wenig später ein »The doom I felt and the death I smelt«. Und selbst ein energetisch eingeworfenes »Hey!« und »Yes!« machen noch kein Festival der guten Laune. Dafür hat Parish den spartanischen Akustik-Sound Hardings mit Klavier, Rhodes-Orgel, Saxofon und programmierten Beats unaufdringlich ausgepolstert, während Harding ihre stimmliche Bandbreite zwischen Joanna-Newsom-Kindlichkeit und dramatischer Chanteuse auslotet. Ihre Intensität geht der Neuseeländerin dabei Gott sei Dank nicht verloren. Möge sich der Harding-Hype fortsetzen. Nina Gierth

auch ganz andere Sachen: Staubsaugen, kochen, oder der Fernseher läuft im Hintergrund. Die Musik kann dabei ganz sonderbare Verknüpfungen erzeugen, das Gesehene neu kontextualisieren. In diesem Falle lässt mich »A World Of Masks« tatsächlich glauben, »Miss Undercover 2« sei ein richtig guter Film. Das zeigt vor allen Dingen, auf was für einem Niveau sich die Heliocentrics mittlerweile befinden. Dabei hätte man auch auf die Idee kommen können, dass bei der neunten LP in zehn Jahren ein Qualitätseinbruch fast schon zwangsläufig ist. Nachdem die Heliocentrics schon mit Mulatu Astatke und Melvin van Peebles zusammenspielten und Künstlern wie Madlib als permanente Inspirationsquelle dienen, folgt nun der nächste Schritt: Mit Barbora Patkova haben sie eine Sängerin an Bord. Diese besondere Mischung bringt eine ganz neue Qualität hervor, denn nie kamen sie ihrem großen Vorbild Sun Ra und dessen Arkestra näher. So wie der Meister dieses Sounds aus Jazz, Ethno, Funk und Psychedelic bewegt sich die Band nun in andere Sphären. In wirklich ganz hinreißenden elf Stücken machen die Heliocentrics eine Reise durch Raum und Zeit. Und während Sandra Bullock gerade den Fall gelöst hat, verabschiede ich mich ganz woandershin. Lars Fleischmann

Hall&Rauch Cöllln Baumusik

Dieses Triple-Album klingt typisch für das feine Kölner Label Baumusik: polymorpher Sound zwischen Club und Galerie, Subversion und Explosion, Improv und Pop. Hall&Rauch scheinen ein freundliches Ensemble der Negation zu sein. Auf seinem musikalischen Triptychon »Cöllln« pluckert, brunzt, bimmelt und groovt alles im Quadrat – PopMuzak, Electro-Krautronika, Rock-Postpunk-Nostalgam, improvisierte Hyperlinks, Cloud-Rapsodien und mikrokosmische Hymnen. Diese prekäre, temporäre Gemeinschaft weiß nicht immer wohin mit sich, aber sie weiß, was sie nicht sein will: eine Band, die das Ergebnis über den Prozess stellt. Das Kollektiv möchte offenbar experimentieren, ohne spielerisch zu klingen, und kurz mal eine Einheit bilden, ohne die Eigenheiten der Einzelnen zu verraten, etwa so wie die Beatles beim weißen Album, bloß ohne den Kokolores reicher Popstars. In jedem der etwa tausend Stücke stecken vermutlich mehr seltsame Wissenschaften als an irgendeiner Uni, mehr Diskussionen als in einem RAF-Anschlag und mehr Liebe als in einer Ecstasy-Pille. Die Formation stelle ich mir bildlich als einen Schwarm Vögel am Himmel vor, der für atemberaubende Augenblicke zusammenkommt und schnell wieder auseinanderfliegt, ihren Sound als Rorschach-Test, in dem sogar die Mitwirkenden jeweils etwas anderes sehen. In Köln gibt es also noch junge Leute, die aufregende Musik bauen, ohne sie im Windkanal zu testen, und lieber viele Ideen in abenteuerliche Pläne investieren. Das Unfertige ist ihr schönes Kapital. Wolfgang Frömberg

Nick Höppner Work Ostgut Ton / Rough Trade / VÖ 09.06.17

Pop-Musik bei der Ruhrtriennale 18. 8. – 30. 9. 2017

The Heliocentrics A World Of Masks Soundway / Indigo

Festival der Künste

Heliocentrics garantieren Ethno-Jazz, der zwar nicht für jedermann ist, aber vielleicht sein sollte. Während man eine Review schreibt, hört man naturgemäß das betreffende Album. Manchmal macht man dabei aber

Der ehemalige Labelmanager von Ostgut Ton und Resident-DJ des Berghain legt nach dem mittelmäßigen »Folk« von 2015 sein erst zweites Album vor. Es ist entspannt geworden. Nick Höppner muss eigentlich niemandem etwas beweisen. Lange Jahre Musikredakteur, Labelmanager, Club-DJ und mehr, kennt er sich im haltungsbewussten Techno besser aus als die meisten seiner Zeitgenossen. Aber eine eigene LP ist etwas anderes als ein paar funktionale Techno-Tracks, und so war sein Debütalbum eher durchwachsen bis enttäuschend. Umso mehr überrascht nun zwei Jahre später die Souveränität von »Work«. Die Härte ist raus, ebenso die Nervosität, geblieben eine dichte Stimmung im Fluss und der Eindruck verspielter Präzision. Songs wie »Clean Living« oder »Fly Your Colours« sind keine Banger, sondern unprätentiös-elegante


LOVE ATTACK MIT SERMIN USTA

Wer in dieser Ausgabe reine Rhythmusmaschinen von HipHop bis Jazz erwartet, ist an der falschen Adresse. Diesen Monat zeigt sich der Groove von seiner politischen Seite.

Es ist das erste Lebenszeichen seit seinem gefeierten Debüt »The Epic«: Kamasi Washington hat »Truth« (Young Turks), den ersten Track seiner anstehenden EP »Harmony Of Difference«, veröffentlicht. Der Dreizehnminüter ist nicht nur so lang wie manche EP, er wird auch von einem sehr kunstvollen Kurzfilm von Regisseur AG Rojas begleitet, in dem unter anderem Bilder von Washingtons Schwester Amani zu sehen sind. Auf seinem anstehenden Release, so der Jazz-Virtuose, möchte er mit modernen Kompositionen der musikalischen Diversität ein Denkmal setzen. Sanfter als auf diesem Album wurden die Gedanken einer Mittzwanzigerin und ihre Auseinandersetzung mit sich selbst selten in Pop verpackt: Zwei Jahre nach ihrem hochgelobten Debüt »Elsewhere« meldet sich die in Jamaika geborene und in London aufgewachsene Denai Moore mit »We Used To Bloom« (Because) zurück. Ihre erste Single »Trickle« ist ein mitreißender Soul-Track mit brummender Bassline, der die Stimmfarbe der 23-Jährigen in den unterschiedlichsten Facetten zeigt. Um ehrlich zu sein, habe ich mich bisher nicht mit der Musik von Kid Ink auseinandergesetzt. Als ich nun sein neues Album »7 Series« (Universal) hörte, wusste ich auch, wieso mir der 28-Jährige bisher nur als Dauerfeature bekannt war. Das dritte Studioalbum der übertätowierten Hitmaschine ist das perfekte Major-Album, der Traum eines jeden A&Rs mit vielen Party-Bangern, aber wenig Haltung. Wer catchy Trap-Beats mit dürftigen Lyrics mag, die man morgens um sechs zerschossen im Club (»Swish«) oder am Strand in Miami (»F With U«) laufen lassen könnte, wird diese LP wahrscheinlich lieben. Ein »Real Muthafuckin G« ist geboren, um es in Eazys Worten zu sagen: Jeremy Nash alias G Perico schafft es mit »All Blue« (Universal), den G-Funk zu neuem Leben zu erwecken. Statt auf gängige Algorithmen des Mainstream zu setzen, versucht der MC aus Los Angeles mit seinem Debüt, seinen ganz eigenen Stil zu etablieren – Parental Advisory inklusive, versteht sich. Ein waschechter Storyteller von der Westküste mit Jheri Curls und 1990er-Vibe. Wer sich überzeugen möchte, sollte sich Pericos Anti-Trump-Hymne »Bacc Forth« geben. Ein Name tauchte berechtigterweise immer wieder in den »Artists To Watch«-Listen Anfang des laufenden Jahres auf: Russ heißt das viral gegangene Wunder aus New Jersey, das nun versucht, auf Albumlänge zu überzeugen. Die 20 Songs seines Debüts »There’s Really A Wolf« (Columbia) zeigen den MC und Produzenten von seiner begabtesten Seite. Frei nach dem Motto »Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf« spiegelt die Platte die verflixten Fehler der Menschlichkeit, ohne dabei auch nur einen einzigen von Russ selbst preiszugeben.

Das Motto »Wird schon, weil muss ja« kennt der sprachbegabte und leicht cholerische Berliner MC Audio88 nicht. Muss er angesichts seiner beeindruckenden Klasse auch nicht. Knapp ein Jahr nach seinem letzten Release mit Yassin streut er wieder Salz in unsere Wunden. Auf seiner Solo-EP »Sternzeichen Hass« (Normale Musik) löffelt er die braune Suppe aus Spießern, Neonazis und AfD-Wählern ganz alleine aus, und zwar bis zum letzten Schluck. Und morgen gibt es dank ihm und solcher Rapper wie Morlockk Dilemma, Doz9, Lakmann und Megaloh wieder gutes Wetter. Gleiches gilt für die Riege der Produzenten, die Audio88 für seine Beats bestellen konnte: Mit dabei sind Lord Scan, Torky Tork, natürlich Yassin, Smokey131 sowie Aqua Luminus von der Münchner Crew 88Komaflash.

TUBE & BERGER

Er klingt sperrig, eckig und schräg, aber im Herzen bleibt Form einer der Echtesten: Der MC und Aktivist liefert mit seiner EP »Gott sieht, dass du faul bist« (Springstoff) ein neues politisches Off-Beat-Glanzstück ab. »Loslegen, eine Haltung entwickeln, Fehler machen, nachdenken, besser machen, Rückschläge erleiden, daran wachsen«, lautet die Devise, die man der EP auch anhört. Motivationstexte über Selbstliebe und -erkenntnis gibt es woanders zu hören. Wer Forms existenziellen und gutmenschlichen Optimismus erkennen möchte, muss genauer hinhören.

feat. White Lies, Richard Judge, Kingdom & RBBTS

WE ARE ALL STARS NEW ALBUM BY

OUT NOW

Und nun zu einem würdigen Nachfolger: Zwei Jahre nach seiner erfolgreichen selbstbetitelten LP erscheint das französische Duo Schlaasss mit »Casa Plaisance« (Atypeek) zurück auf der Bildfläche. Anarchistisch, elektronisch, tabulos und obszön spielen sie in Bild und Ton wieder einmal mit allen Grenzen, die wir uns vorstellen können. Für Freunde von Die Antwoord und schrillem französischen Rap genau die richtige Portion plakativer Avantgarde. Wer seine 2014er-EP »Sidekicks« mit Bluestaeb mochte, wird S. Fidelitys neue LP »A Safe Place To Be Naked« (Jakarta) lieben. Dass es für einen derart talentierten Typen wie ihn tatsächlich noch einen Schritt weiter nach vorne gehen kann, zeigt die Platte mit zwölf durchaus melodiösen Tracks aus Beats und Bass und mit Features von JuJu Rogers, Harleighblu, Shufflejack, Bluestaeb und Tesla. Sicher ein Album, auf das der Berliner Produzent eines Tages stolz zurückblicken wird.

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Pre-Party-Tracks, zu denen man ein Bier trinkt und sich am Rande der Tanzfläche mitwippend unterhält. Aber sie sind nichtsdestotrotz bemerkenswert in ihrer Komposition und dem Musikwissen, das in sie geflossen ist und das immer wieder an die Oberfläche steigt. All das macht »Work« zu einem im besten Sinne traditionsbewussten Album. Nach allem anderen hat Nick Höppner nun also auch bewiesen, dass er tolle Langspieler machen kann. Henje Richter

hohes Maß an Fokussierung. Auf »Distractions« zelebriert Sara Abdel-Hamid diesen Fokus über 40 Minuten hinweg, ohne ihn zu finden, und bleibt dabei hinter ihrem letzten Werk »Aerotropolis« zurück. Zwar gelingen der Britin vereinzelt herrlich säuselnde TrapSkulpturen (»Lossy«) und lila schäumende Fusionen aus UK Bass und Wonky (»435«), doch insgesamt fehlt den Ideen Sprengkraft, das gewisse Etwas, vielleicht einfach nur Mut zum Experiment. Konsistent sind hier vor allem die durchgehend glattpolierte Produktion und das auffallend enge Klangspektrum, mit dem sich »Distractions« begnügt. Arrangiert wurde alles wie ein Playmobil-Bausatz, der mit drei Griffen fertiggestellt ist. Fürs nächste Album wünscht man sich daher Lego Technic inklusive angeklebter Modellbauteile auf gelötetem Untergrund. Nils Schlechtriemen

Husky Punchbuzz Embassy Of Music / Warner / VÖ 02.06.17

Foto: Simon Buck

Myles Sanko & Band 08.12.

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Husky geben den Folk auf und widmen sich straffem Indie-Rock. Der steht den Australiern durchaus gut, das Ganze klingt nur stellenweise etwas zu gradlinig. Das Wort »Punchbuzz« existiert so nicht, aber Husky bezeichnen es als Angelpunkt zwischen Ruhe und Kraft. Der Titeltrack hört sich dementsprechend bodenständig instrumentiert an, ist gleichzeitig aber mit einem beinah meditativen Rhythmus gepolstert. Husky Gawenda und Gideon Preiss haben zwei gefeierte Folk-Alben hinter sich, das neue ist Resultat eines Aufenthaltes in Berlin. Gitarrist und Sänger Gawenda hat seine teils dunklen, teils verträumten Eindrücke aus der Hauptstadt aufgeschrieben und sie in Melbourne vollendet. Er schreibt besonders gerne nachts, und das hört man: In der Single »Ghost« geht es um wahrhaftige Dämonen, aber auch um die realen Dinge, die ihn verfolgen. Die Nacht ist hier magischer als der Tag. Dazu kommt eine Rastlosigkeit, die den Wechsel von ruhigem Folk zu dringlichem Indie-Rock unterstreicht. Das klingt stilvoll, dicht und pointiert, besonders bei »Shark Fin«, wobei die sanften Stimmen immer noch den Folk heraufbeschwören. Die neue Dynamik wurde besonders von Produzent Matt Redlich gefordert, der den Musikern mehr Wagemut empfohlen hatte. Trotzdem klingt die Platte insgesamt etwas zu sicher, was wohl an der einwandfrei sauberen Produktion liegt. »Cut The Air« ist noch Folk, fungiert aber eher als Kontrast zum Rest der Platte – mit seinem versetzten Rhythmus und der geheimnisvollen Aura ist es eins der besten Stücke. Elisabeth Haefs

INVSN The Beautiful Stories Dine Alone / Caroline / Universal / VÖ 09.06.17

Umeå calling: Die Wave-Post-Pop-Band INVSN ist eines der vielen Projekte von Hardcore-Legende Dennis Lyxzén, reicht aber nicht an dessen Großtaten heran. Die kleine nordschwedische Stadt Umeå ist vor allem für zwei Dinge bekannt. Zum einen ist hier eine sehr passable Frauenfußballmannschaft beheimatet, zum anderen eine nicht nur ob der überschaubaren Größe der Stadt respektable Hardcore- und MetalSzene. Dennis Lyxzén ist Gesicht und Bindeglied der Szene, der 44-Jährige war und ist bei Refused, AC4 und The (International) Noise Conspiracy dabei – und eben auch bei INVSN, früher Invasionen, noch früher The Lost Patrol. Mit dabei ist seine Noise-Conspiracy-Kollegin und ehemalige Lebensgefährtin Sara Almgren, die anderen Mitstreiter spielten unter anderem bei Lykke Li und Masshysteri, man kennt sich also schon länger. Der Stil der Majuskel-Band ist düsterer Wave-Post-Pop mit zarten Garage-Momenten. »The collective effort of this band is beyond anything I’ve witnessed before«, sagt der Chef. Die Qualität des nur halbstündigen »The Beautiful Stories« ist indes nur durchwachsen. »The Distance« klingt belanglos und trotz seiner kämpferischen Pose ein wenig resignativ, und »Bom Bom« ist schlicht musikalische Langeweile. Allerdings: Der Opener »Immer zu« ist ein düster treibendes, an Joy Division erinnerndes Postpunk-Stück mit großem Hit-Appeal. Allein dafür lohnt sich die Platte. Christian Steigels

Ikonika Distractions Hyperdub / Cargo / VÖ 02.06.17

Verwirrendes Chiptuning am alten Benz: Das neue Album von Hyperdub-Küken Ikonika klingt geradlinig und trotzdem zerfahren. Konsistenz ist in Zeiten um sich greifender Digitalisierung speziell für Künstler elektronischer Musik kein allzu relevantes Markenzeichen mehr. Ideen werden gerne in Acryl über Alben gesprenkelt, um einen eklektizistischen Anspruch oder kreative Weitsicht zu demonstrieren. Oft genug gelingt das, wie Ikonikas Labelkollege Zomby 2013 mit seiner Stilminiaturen-Sammlung »With Love« auf beeindruckende Weise zeigen konnte. Um nicht im Brackwasser der Beliebigkeit unterzugehen, erfordert die wilde Kompilation von Einflüssen und Ausdrucksformen paradoxerweise ein

Jade Jackson Gilded Anti- / Indigo

Wer den Saloon betritt, sollte nicht nur den Spucknapf im Blick haben. Jackson liebt Country und Folk, lässt es sich aber manchmal zu wenig anmerken. Das Problem mit dem Debüt der jungen Kalifornierin erschließt sich im direkten Vergleich mit ihrem Label-Kollegen Greg Graffin. Wenn der Kopf von Bad Religion Folk und Country spielt, stürzt er sich mit Haut und Haaren in den Saloon, auf dass die Mädels


MASCHINENRAUM MIT PHILIP FASSING

Alles, nur nicht einfach: Die spannendsten Neuheiten aus den Fächern für elektronische Musik geben sich diesen Monat besonders experimentierfreudig und düster.

Mit seinen schroffen und abstrakten Klangstudien sowie Veröffentlichungen für namhafte Labels wie L.I.E.S., Delsin oder Naïf ist Gunnar Haslam in den vergangenen Jahren zu einem der spannendsten Protagonisten der New Yorker Techno-Szene gewachsen. Mit »Kalaatsakia« (The Bunker New York) verdichtet Haslam seine oftmals kompromisslosen Ansätze nun stellenweise so sehr, dass hin und wieder nur noch sonische Materie oder skelettierte Grooves stehen bleiben. Gerade über die Länge eines Albums ist das alles andere als bequem und zugänglich, in seiner freigeistigen Haltung und undogmatischen Auseinandersetzung mit Club-Musik aber auch immer wieder höchst erhellend.

Pearson Sound lässt mit »Robin Chasing Butterflies« (Pearson Sound) in diesem Jahr erstmals neue Musik von sich hören und erinnert mit drei verspult stotternden Tracks noch einmal eindringlich daran, weshalb er nach wie vor zu den interessantesten Produzenten und DJs aus dem erweiterten Umfeld der HessleAudio-Posse zählt. Vor allem die B-Seite zeigt sich mit dem melancholischen TaucherglockenGroove von »Heal Me« oder der paranoiden Ambient-Studie »Eels« auf höchstem Niveau. Dominick Fernow gilt in der US-DIY-Szene um einflussreiche Noise-Labels wie Troubleman Unlimited oder Load Records als Tausendsassa. Wie der Mann neben seinen unzähligen Projekten und Inkarnationen noch Zeit dafür findet, als Vatican Shadow immer wieder solch finstere und politisierte Techno-Dystopien zu produzieren, ist erstaunlich. Mit »Rubbish Of The Floodwaters« (Ostgut Ton) zeigt sich Fernow vielleicht nicht von seiner radikalsten Seite, dafür aber nach wie vor in Höchstform. Sowohl der rein atmosphärisch angelegte Opener als auch die rhythmisch treibenden Folgetitel tragen ihre unbehagliche Atmosphäre eher diskret, statt sie exponiert zu Schau zu stellen.

Nachdem im April bereits der erste Teil erschienen ist, folgt mit »Remixed 2« (City Slang) nun der nächste Teil des Remix-Rundumschlags von Roosevelt. Dass dessen bereits im letzten Jahr erschienenes Debütalbum mehr als genug Stoff für reizvolle Neuinterpretationen bieten würde, stand wohl außer Frage – warum man die ganze Geschichte aufteilen muss, erschließt sich dagegen nicht so ganz. Nach hochkarätigen Variationen von Künstlern wie Prins Thomas oder Young Marco kann allerdings auch die zweite Rutsche überzeugen und lässt Gäste wie Andhim, Moscoman oder Justus Köhncke ran. Es überrascht nur wenig, dass sich ausgerechnet Actress als Fan des analog-experimentellen Techno-Sounds von Emma Olson alias Umfang bekennt und die New Yorkerin kürzlich in einen Mix für seine Radiosendung beim BBC einspannte. Ähnlich wie ihr Gastgeber

versteht es Olson nämlich hervorragend, den Begriff der Club-Musik maximal zu dehnen, ohne sich dabei in völliger Abstraktion zu verlieren. »Symbolic Use Of Light« (Technicolor) ist ein Album, das Vielfalt demonstriert. Gemein sind den Titeln lediglich das Skizzenhafte und die zur Schau gestellte Lo-Fi-Patina, musikalisch scheint dagegen von spröden Versuchsanordnungen bis zu bedrohlich dräuenden Acid-Reminiszenzen alles möglich zu sein.

Tom Ford alias Peverelist ist so etwas wie eine Schlüsselfigur der kontemporären Club-Szene Bristols und hat sowohl als DJ und Produzent als auch in der Rolle des Labelbetreibers einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, der weit über die lokalen Verhältnisse hinausreicht. Mit »Tessellations« (Livity Sound) gelingt Ford eine verblüffend ausgewogene Balance aus seinen eher abstrakt-düsteren Ansätzen und dem Händchen für melodische Techno-Variationen. Mit dem programmatischen Titel »Rave Oscillations« (R&S) feiert der italienische Produzent Michele Mininni derweil seine inzwischen dritte Veröffentlichung. Nach der kuriosen EP »Tupolev Love« auf Optimo Trax folgt der namensgebende Titeltrack hier fast schon konventionellen Pfaden, schraubt sich dann aber doch noch in psychedelische Sphären hoch, aus denen er während der sieben Minuten Laufzeit auch nicht mehr herabsteigt. Mit der »Vortex Stasi« zeigen sich die starken Einflüsse aus Kraut- und Postrock dagegen weitaus deutlicher und den Newcomer noch einmal von einer ganz anderen Seite. Dmitry Kuzmin alias Nuage hat in seiner bisher sechsjährigen Schaffensphase einen beeindruckenden Output hingelegt, der gerade in jüngerer Vergangenheit ganz neue Qualitäten annahm. Mit »Wild« (Project Mooncircle) läuft der russische Produzent nun zu Höchstform auf und legt 13 Titel vor, von denen kein einziger als Ausfall oder Lückenfüller bezeichnet werden kann. Detailverliebter und melancholischer Deep House, dekonstruierte 2-Step-Formeln und sinnliche Ambient-Texturen tragen eine durchgehend kohärente Handschrift, die zu gleichen Teilen verspielt und konzentriert wirkt. Das erinnert in seinen besten Momenten an den – im besten Sinne – verschwenderischen Sample-Verschleiß von Produzenten wie Bonobo oder Gold Panda, auch wenn im direkten Vergleich gewisse Gemeinsamkeiten ausbleiben.

COSMO


WIZ ARD PROMOTIONS PRESENTS und Jungs Square Dance tanzen. Jade Jackson treibt ebenfalls eine hörbare Liebe zu dieser Tradition, mehr aber noch zum Punkrock. Ihre Stimmlage konterkariert das urtümlich Melancholische der Kompositionen und Arrangements mittels durchgängig beiläufiger Schnodderigkeit. Nur wenn Jackson das Tempo rausnimmt und sich mit Haut und Haaren auf die Folkwurzeln einlässt, wirkt diese Mischung betörend. Am anderen Ende der Skala verlieren sich besonders jene Stücke in Beliebigkeit, die sich lauter, aber schlichter Rockstandards bedienen, wie man sie monatlich dutzendfach als Genrekost von der Stange serviert bekommt. »Gilded« macht durchaus deutlich, wieso Mike Ness von Social Distortion das Album als Mentor produziert hat. Doch Jacksons trotzig-arrogante Intonation erzeugt besonders im Uptempo eine störende Distanz zu den Wurzeln ihrer eigenen Passion. Oliver Uschmann

Ansage, sagen stets: »Hier bin ich!«, sind aber noch einmal gefährlich verführerischer, spirituell und okkult. Auf Tracks wie »Hatshepsut« und »Holy Child« falten sich aktivistische Marsch-Samba und Sacred Minimalism ineinander, ergeben aber nicht den Elefanten des Covers, sondern eher die fatal zischende Schlange im Paradies. Aber auch die ist, wie wir wissen, schon immer Teil einer Erlösung. Jlin jedenfalls bleibt dran am Sound des Heute. Steffen Greiner

Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi Das nullte Kapitel Kreismusik / Soulfood

15.9. HAMBURG · 16.9. BERLIN · 21.9. MÜNCHEN 25.9. LUDWIGSBURG · 27.9. FÜRTH 28.9. OFFENBACH · 3.10. OBERHAUSEN

Jesu / Sun Kil Moon 30 Seconds To The Decline Of Planet Earth Caldo Verde / H’art

26.11. HAMBURG · 28.11. BERLIN 29.11. LEIPZIG · 30.11. MÜNCHEN 2.12. OFFENBACH · 3.12. DÜSSELDORF THE PUNISHMENT OF LUXURY TOUR

Auch wenn Mark Kozelek eine Klasse für sich darstellt, zeigt sein neues Album mit Justin Broadrick, dass er die Frequenz seiner Veröffentlichungen herunterschrauben sollte. Seit 2012 verging kein Jahr ohne eine Veröffentlichung von Sun Kil Moon, und in den letzten Monaten hat Mark Kozelek die Frequenz seines Outputs sogar noch einmal erhöht. Wieso? Vielleicht ist der eigenbrötlerische Songwriter mittlerweile auch von dem überzeugt, was seine Fans schon lange wissen: Dass seine Kunst eine überlegene Klasse für sich darstellt, egal, ob sie nun solo, mit The Album Leaf oder wie hier wieder mit Justin Broadrick als Jesu umgesetzt wird. Das weiß gerade Broadrick nur zu genau, weshalb er sich für »30 Seconds ...« in seinen elektronischen Arrangements künstlerisch noch deutlicher zurückgenommen hat als noch auf dem letztjährigen, selbstbetitelten Kollaborationsdebüt. Mehr noch, er schafft es nicht einmal mehr, Kozelek in seinen lyrischen Eskapaden einzufangen. Denn so gut dessen Songwriting auch sein mag – auf diesem Album gehen mit ihm die Pferde durch, zumindest strukturell. Man hat sich ja schon daran gewöhnt, dass Kozelek-Songs zwischen vier und 18 Minuten variieren können, doch auch inhaltlich scheint die Qualitätskontrolle auf »30 Seconds ...« nicht immer gegriffen zu haben. Seine Poems wirken kurios und nehmen wie eh und je außergewöhnliche Perspektiven ein, schießen hin und wieder aber auch einfach übers Ziel hinaus: Seine Äußerungen über Michael Jackson in »He’s Bad« beispielsweise sind eher selten originell, oft sogar plump. Davon abgesehen gelingt es Kozelek auf »30 Seconds ...« natürlich oft genug, hinreißende Reize zu setzen. An die Klasse seiner vorangegangenen LPs kommt er dieses Mal jedoch nicht heran. Christian Steinbrink

Peng, Bing, Dada, Pi: Käptn Peng rumpelt wieder ein wenig Nonsens und Philosophie in den deutschen HipHop. Check this: »Das Peng gebar sich selbst im Dichterdarm des Wörterwals. Es wuchs über Tage und Jahre, bis es Finger auf den Augen und Ohren an den Füßen trug. Es tanzte durch die Blutbahn des Wals, bis es den Rand seines mächtig pumpenden Herzens erreichte. Dort erblickte es das leise singende Bing, das den Wal am Leben erhielt.« So beginnt »Das nullte Kapitel«, das zweite Album von Käptn Peng alias Robert Gwisdek. Der einzige Alternative-DadaPhilosophen-Rapper Deutschlands rappt wieder über Tiere, Pflanzen und Geisteszustände – Autos, Bitches und Gras müssen draußen bleiben. Kann man drüber streiten, ob das noch/schon HipHop ist. Gegenfrage: Was ist HipHop? Klar, das ist von Studierenden für Studierende, aber um es mit Savas zu sagen: »Wo ist jetzt der Diss?« Musikalisch wird rumpelig gecrossovert, bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus. Nicht immer geht das gut, wie beim nöligen »Spiegelkabinett«, das nach unangenehm angestaubtem Funkrock und blöderen Momenten aus der Sesamstraße klingt, oder beim textlich arg simplen »MC HomoSapiensSapiens«. Die Vorabsingle »WobWobWob« dagegen hat enormes Hitpotenzial, »π« zählt in der drängenden Hook tatsächlich die Ziffern der transzendenten Kreiszahl auf – das ist mal eine Herausforderung zum Mitrappen beim Konzert. »Tango im Treibsand« schließlich ist ein Liebeslied, das beweist, dass es eben doch noch neue Worte zur ausgelutschten L.O.V.ENummer gibt: »Ich will deine Pflanze füttern, du willst meine Katze gießen.« Word. Christian Steigels

Oliver Koletzki The Arc Of Tension Stil vor Talent / Rough Trade

Jlin Black Origami Planet Mu / Cargo

12.9. BERLIN - COLUMBIA THEATER

SLEEPING THROUGH THE WAR TOUR 2017 SPECIAL GUEST: THE

GHOST WOLVES 18.9. BERLIN · 19.9. MÜNCHEN 22.9. HAMBURG · 11.10. KÖLN 12.10. FRANKFURT

Tickets:

Infos unter www.wizpro.com · 01806 - 777 111*

*20 Ct./Anruf - Mobilfunkpreise max. 60 Ct./Anruf

Wenn Pop sich noch nach vorne bewegen will, könnte die Produzentin Jlin entscheidende Impulse geben. Auch ihre zweite LP zischelt verführerisch: Hier kommt das Jetzt! Jlins Debüt trug den Namen »Dark Energy«, und das war es: ein Monolith, der tänzelte wie ein schwarzes Loch aus Klang. Aus einer Vorstadt von Chicago stammend, ist die DJ (und frühere Stahlarbeiterin) der Footwork-Kultur zugewandt, deren Rhythmus ohne den Tanz und seine Battles kaum denkbar wäre: »Ich nahm, wie ich handelte als Tänzer, und machte daraus einen Musikstil«, erklärte einmal GenrePionier RP Boo, und auch Jlin ist auf ihrem zweiten Album inspiriert von präziser, eleganter, aggressiver Bewegung – es entstand in enger Zusammenarbeit mit der Tänzerin Avril Stormy Unger. »Black Origami« trägt seinen Namen ebenfalls zu Recht, denn es ist nicht weniger düster, aber komplizierter gestrickt: Percussion und Beats sind hier immer

Vieles hat der Berliner DJ, Labelbesitzer und Produzent Oliver Koletzki schon auf die Beine gestellt, jetzt will er zurück zu seinen Wurzeln. Ob das in seinem Fall heißt, besoffen ins Watergate zu gehen? Die Erfolgsgeschichte von Oliver Koletzki begann, als er besoffen aus dem Berliner Club Watergate nach Hause kam und den Track »Mückenschwarm« aufnahm. Über verschlungene Wege landete eine White-Label-Pressung des Stückes im Plattenkoffer von Sven Väth, der Koletzki daraufhin unter Vertrag nahm. Was heißt es also, wenn Koletzki mit seinem sechsten Album »The Arc Of Tension« zurück zu seinen Wurzeln will? Sicher ist, dass Koletzki keine Lust auf den Steigerungswahn, den nächsten Drop und den dickeren Bass der EDM-Szene hat: Überraschend unaufgeregt durchläuft die Nadel seine Rillen. Doch wer in die Tiefe hört, merkt schnell, dass hinter Koletzki ein fähiger Künstler steckt, dem Musik wichtiger ist als der schnelle Erfolg. Genretechnisch stellt sich die Platte breit auf zwischen Ambient, Deep House, Trance und Downbeat. In einem Interview sagte der DJ einmal, dass er den Hörer musikalisch erziehen möchte – dieser Wunsch ist teilweise zu arg hörbar. Zurück zu den Wurzeln stimmt also nur bedingt, eher kann man von dem Reifeprozess eines 41-jährigen Musikers sprechen, der sich beim Hören von »The Arc Of Tension« vor dem inneren Auge offenbart. Konstantin Maier


DOSENBIER & KUTTENFETT MIT FRIESE

Comrade Schumacher muss gerade in Ziegenblut baden. Zumindest hat er diesen Monat keine Zeit. Mit dem Friesen haben wir aber einen attraktiven Ersatzbart am Start.

Zum Preis eines Monatsbeitrags für ein Fitnessstudio, das ihr sowieso nie besuchen werdet, bekommt ihr von Night Flight Orchestra mit »Amber Galactic« (Nuclear Blast) den Soundtrack für eine Trainingssession, die euch innerhalb von 50 Minuten für einen Titelkampf gegen Ivan Drago fit macht. Während die Band auf dem Vorgänger noch der Liebe zu David Coverdale frönte (und zwar sowohl zu Whitesnakeals auch zu Deep-Purple-Zeiten), erweitern sie ihren Genpool für »Amber Galactic« um so ziemlich jeden Einfluss, der in den späten 1970ern und 1980ern ein Stadion füllen konnte. So finden sie in »Sad State Of Affair« den Riff wieder, den Kiss nach den Aufnahmen zu »Love Gun« verloren hatten, und Billy Joel schaut kurz auf eine Bridge vorbei. Das lassen Foreigner natürlich nicht auf sich sitzen und belegen das Album mit den größten Melodien des Classic Rock seit »4«. Das Beeindruckendste an dieser Platte ist jedoch, dass Björn Strid und David Andersson (beide Soilwork) sowie Sharlee D’Angelo (Arch Enemy, Spiritual Beggars) es schaffen, nicht nur wie eine B-Seiten-Compilation ihrer Idole zu klingen, sondern auf Albumlänge auf Augenhöhe mit den Klassikern des AOR zu rangieren.

Apropos B-Seiten-Compilation: Eine solche, oder genau genommen eine »Lost Tracks«Compilation, haben gerade erst Danzig wiederveröffentlicht. Und nun folgt direkt das neue Album. Danzig sind für mich wie ein Ex-Partner, von dem du dich zwar getrennt, mit dem du aber nie abgeschlossen hast. In schöner Regelmäßigkeit und meist bierseliger Laune denkst du an die gute Zeit, stimmst die alten Lieder an, schwelgst in den unbekümmerten Erinnerungen, und irgendwie will dir gerade auch gar nicht mehr einfallen, warum das alles eigentlich vorbei ist. Dann erscheint plötzlich der Name der alten Flamme auf dem Display. Dein Herz macht einen Sprung und Hoffnung sich breit. Vielleicht gibt ja es doch wieder eine Chance, einen Weg zurück? Du nimmst den Hörer ab und wartest auf den wohligen Klang dieser Stimme aus deiner Erinnerung. Doch mit den ersten Tönen wird dir die rosarote Brille, mit der du zurückgeblickt hast, von der Nase geschlagen, und dir fällt wieder ein, warum es vorbei ist. »Black Laden Crown« (All For Metal) ist die Album gewordene grauselige Jam-Session von Metallica zu Beginn der »Some Kind Of Monster«-Doku inklusive des »Ich wollte mal was Neues ausprobieren«Schlagzeugs von Lars Ulrich. Keine Ahnung, welcher Teufel Glenn Danzig geritten hat, als er diese Aufnahmen für veröffentlichungswürdig befand. Meiner war es definitiv nicht.

Dass man nicht nur alles falsch, sondern auch alles richtig machen kann, beweisen Night Demon mit »Darkness Remains« (Steamhammer). Warum soll man das Rad auch neu erfinden, wenn es schon perfekt ist? Zwei Stück, und das Mofa ist fast fertig, jetzt noch ein

Royal Trux

06.06.17 Köln, Blue Shell

J. Bernardt

15.06.17 B, Kantine am Berghain

Algiers

19.06.17 Heidelberg, Karlstorbhf. 21.06.17 Münster, Gleis 22 23.06.17 Berlin, Musik & Frieden

Dinosaur Jr.

06.06.17 Stuttgart 07.06.17 Wiesbaden 12.06.17 Hamburg 13.06.17 Bochum

Kaleo

19.06.17 Köln, Tanzbrunnen 11.11.17 Berlin, Tempodrom 17.11.17 Offenbach, Stadthalle

Moddi

28.06.17 München, Ampere paar Löcher in den Auspuff gebohrt, und ich garantiere euch: Ihr könnt den Spaß eures Lebens haben. »Heinz! Söbentwintig!« saust meine Stimme an meinem 16. Geburtstag an meinem Gedächtnis vorbei (als ich ebenjenes Geschoss steuern durfte), während ich diese Platte höre. Hit reiht sich an Hymne reiht sich an Hit. Night Demon zeigen keine Schwächen, das Trio um Jarvis Leatherby mit dem neuen Gitarristen Armand John Anthony haucht auf seiner zweiten LP der traditionellen NWOBH endgültig wieder Leben ein. Den Riffs und Melodien liegt zwar immer eine sympathische »Willkommen Zuhause«-Matte zu Füßen, jedoch ist diese nie durchgelatscht. Lediglich textlich klauen Night Demon in »Maiden Hell« bei den allgegenwärtigen Idolen Iron Maiden, indem sie einen ganzen Text aus den Songtiteln der Ikonen zusammenschustern.

Bevor ich aber euphorisiert über ein Songtitel-Bingo nachdenke, komme ich besser zur nächsten Veröffentlichung: Leif Edling hat eine neue Band. Okay, nicht ganz neu (weder die Tatsache, dass er eine neue Band hat, noch die Band an sich), aber Doomsday Kingdom ist die neueste vom Candlemass-Mastermind und Gralshüter des epischen Doom. Es ist beeindruckend, wie viele Facetten dieser Mann aus diesem recht klar definierten Genre herausholen kann. Im Vergleich zu den vielgelobten Avatarium fällt das selbstbetitelte erste Album (Nuclear Blast) von Doomsday Kingdom deutlich metallischer aus. Wie immer hält Edling ein Mindestniveau: schleppendes, hartes Riffing, verträumt schwelgende Akustik-Parts – es mangelt dem Album weder an Dynamik noch an Ideen. Aber irgendwie erscheint es mir am Ende doch ein wenig zu glatt.

Das kann man von Devils »To The Gallows« (Soulseller) definitiv nicht behaupten. Das rotzt und schnoddert so herrlich an allen Ecken, dass ich hier das Label »Heavy Doom Punk« erfinden möchte und es Promo-Abteilungen zur Benutzung gegen ein geringes Entgelt zur Verfügung stelle. Die Puristen werden schimpfen, denn wenn die Norweger ihre Definition von Doom Rock zelebrieren, geht es regelrecht schunkelig zu. Wie eine Feier stelle ich mir die Band auch live vor. Die Gesangsmelodien erinnern stark an Alice Cooper, und wenn Devil dann noch zum Mitgrölen animieren, muss ich unweigerlich an Kvelertak denken. Die haben zwar andere Sparten harter Gitarrenmusik zu einer Bierduschen-Spaßparty vermengt – aber warum das bewährte Rezept nicht mal mit anderen Zutaten probieren? »Food Hack« nennt man so was wohl neuerdings. Und zumindest für ein Album scheint es in Norwegen ja zu funktionieren.

Rocket From The Crypt 09.07.17 10.07.17 12.07.17 13.07.17

Hamburg, Knust Düsseldorf, Zakk B, Festsaal Kreuzberg München, Strom

Spoon

17.06.17 Berlin 18.06.17 Mannheim 19.06.17 München 20.06.17 Hamburg 03.07.17 Köln

Ryan Adams

15.07.17 München, Muffathalle 16.07.17 Berlin, Tempodrom

Daniel Lanois 12.08.17 14.08.17 15.08.17 16.08.17 19.08.17

Berlin, Heimathafen Hamburg, Kampnagel Köln, Kulturkirche München, Ampere Frankfurt, Zoom

Interpol

16.08.17 München, Muffathalle

Thurston Moore Group

20.06.17 Hamburg 21.06.17 Köln 30.06.17 München 04.07.17 Dresden

Courtney Marie Andrews 12.09.17 Berlin, Privatclub

Perfume Genius

16.08.17 Schorndorf, Manufaktur

Girlpool 14.09.17 15.09.17 16.09.17 18.09.17

Köln, Artheater Hamburg, Golem B, Kantine am Berghain Frankfurt, Zoom

Devendra Banhart 20.06.17 Berlin 16.07.17 München

Novo Amor, King Creosote & Fenne Lily 20.09.17 Berlin, Lido 21.09.17 Köln, Kulturkirche

Clap Your Hands Say Yeah

25.09.17 B, Kantine am Berghain

Mt. Wolf

28.09.17 Berlin, Privatclub 29.09.17 HH, Nochtspeicher

The Amazons

The Shins

14.08.17 Hamburg 15.08.17 Berlin 16.08.17 Köln

29.09.17 Berlin, Privatclub 15.11.17 Frankfurt, Zoom 20.11.17 Schorndorf, Manufaktur

Shout Out Louds 09.10.17 10.10.17 11.10.17 12.10.17 13.10.17 14.10.17

München, Muffathalle Erlangen, E-Werk Leipzig, Täubchenthal Köln, Live Music Hall HH, Uebel & Gefährlich Berlin, Astra

The Dream Syndicate

DJ Shadow

17.09.17 Berlin 18.09.17 München 22.09.17 Mannheim

19.10.17 HH, Uebel & Gefährlich 21.10.17 B, Festsaal Kreuzberg

Kraftklub

04.11.17 Frankfurt, Festhalle

Jason Isbell + Tift Merritt

07.11.17 HH, Uebel & Gefährlich 08.11.17 B, Columbia Theater

Casper

18.11.17 Frankfurt, Festhalle

The War On Drugs

03.11.17 Köln 20.11.17 München 21.11.17 Hamburg 22.11.17 Berlin

Tickets & Infos: www.schoneberg.de


110

#Review

L.A. Takedown II

Gitarrenläufen entlang. Dabei entstehen aber immerhin auch ein paar große Momente. Der Opener der Platte verspricht viel, und in Stücken wie »Meth Walk« oder »Dos« steckt schöner Pop-Appeal. Das macht »II« teilweise sogar richtig gut. Die »Planet Earth«-Reihe kann man sich aber auch ohne musikalische Begleitung anschauen. Lars Fleischmann

Domino / GoodToGo

Wenn verkiffte Schwanzverlängerungsgitarren und zärtliche Soundtrack-Strukturen zusammenkommen, ist das manchmal geil, manchmal aber auch nicht. Aaron M. Olsen, der Kopf hinter L.A. Takedown, hält Tipps für den Genuss seines Zweitwerks »II« bereit: »Das Licht dimmen, eine Sportzigarette anzünden und total in die Platte einsteigen.« Oder auch: »Mach das Album an, den Ton vom Fernseher aus und eine Folge von ›Planet Earth‹ an.« Was sich lustig anhört, ist wahrscheinlich wirklich als Lektürehilfe gedacht. Auf dem Album finden sich zwölf Stücke, die ihre Grenzen ausloten, auch wenn sie das vielleicht gar nicht wollen. Allen Stücken ist eines gemein: Sie drohen zu kippen. Mal wird bis an die Grenze der Erträglichkeit die E-Gitarre gegniedelt, dann verliert Olsen sich in Sound-Einerlei. Das Schlagzeug balanciert à la Toto oder Phil Collins auf der 1980er-Retro-Slackline, jederzeit den Kitsch-Abgrund unter den Füßen. Björn Copeland von Black Dice nannte solche Musik mal »Baywatch Krautrock«, und das trifft den (Sarg-)Nagel auf den Kopf: So mystifiziert der Stil Krautrock auch erscheint, ist im Zuge dieser Epoche vornehmlich deutscher Prog-Rock-Platten doch sehr viel mediokrer, verkiffter, psychedelisch angehauchter Kram erschienen. L.A. Takedown hangeln sich ähnlich selbstzufrieden an beliebigen

Rap-Styles en vogue war, und zeigt, wie man es richtig angeht. Song für Song seziert er Grime, Trap, Cloud und Conscious Rap, kitzelt ihre Kraft heraus und setzt die richtigen dramaturgischen Spitzen. Namhafte Gäste wie Rihanna und sogar U2 sorgten offenbar mehr im Hintergrund für Inspiration, als dass sie mit ihren Beiträgen besondere Akzente beigetragen hätten. Überhaupt Lamar und seine stilistischen Tabubrüche: Wieder okkupiert er Genres wie niemand sonst, ohne dass dies groß thematisiert würde, weil es sowieso schon so viel zu jubeln gibt. Trotzdem bleibt »Damn.« ein in seinen Relationen reines HipHop-Album. Eines, das so deutlich wie in keinem anderen Genre aufzeigt, wer hier die Königskrone trägt. Christian Steinbrink

Kendrick Lamar Damn. Interscope / Universal

Da werden alle Rapper fluchen: Spielend leicht zeigt Kendrick Lamar den Kollegen mit seiner vierten LP ihre Grenzen auf. Verblüffend, wie leicht dem Knaben das alles fällt: Nach dem Großwerk »To Pimp A Butterfly« und seinem nicht minder kreativen Appendix »Untitled Unmastered« in den letzten beiden Jahren hat Kendrick Lamar wieder zugeschlagen. Wieder unvermittelt, wieder genau auf die Stelle, bei der HipHop laut aufschreit. Und wieder wirkt alles leicht, wie aus dem Ärmel geschüttelt, und hat doch eine unbestechliche Klasse, die jeden anderen toppt. Auf »Damn.« hat sich der junge Mr. Duckworth nach den soundforscherischen Ambitionen der letzten Veröffentlichungen wenn schon nicht nur auf HipHop, so doch zumindest auf deutlich schlankere, eingängigere Musik besonnen. Eindimensional sind die 14 neuen Tracks deshalb aber nicht: Im Handstreich nimmt Lamar alles, was in den letzten Monaten in Sachen HipHop-Rhythmen und

INTERPOL

Lambert Sweet Apocalypse Mercury KX / Deutsche Grammophon / Universal

Auf seinem vierten Album beschwört der Berliner Pianist den Weltuntergang in Dur und Moll herauf. Zeitgenössische Pianisten genießen nicht annähernd einen Rockstarstatus wie Robert Schumann, Ludwig van Beethoven, Johann Sebastian Bach und Co. während ihrer Heydays. Künstlern wie Chili Gonzales und Nils Frahm ist es jedoch zu verdanken, dass Pianisten zumindest nicht mehr am Katzentisch der Popkultur Platz nehmen müssen. Der Berliner Pianist Lambert hat vor drei Jahren

PERFORMING TURN ON THE BRIGHT LIGHTS

26 CAR SEAT HEADREST | RAZZ AUG

GURR | GIANT ROOKS | ABAY

27 KYTES | PICTURES AUG

THE ROB RYAN ROADSHOW THE DEAD LOVERS | AND MORE CUSTOM BIKE SHOW IN DER WHEELS AREA | RIDE OUT ORIGINAL MOTODROM | DELICIOUS FOOD & DRINKS NEW HERITAGE MARKET IM GENERAL STORE | KIDS AREA

ALTES KRAFTWERK RUMMELSBURG

mit Bearbeitungen von Ja-Panik- oder BoySongs für Aufsehen gesorgt, »Sweet Apocalypse« ist nun bereits das vierte Album des Antilopen-Masken-Trägers. Während Tracks wie das Titelstück oder »A Thousand Cracks« aufbrausend und nahezu expressionistisch daherkommen, wirken die Songs am Ende des Albums wie »Licking Dew« oder »Sleeping Dogs« impressionistisch und eher lieblich als apokalyptisch. Die zwölf Tracks des Album gleichen in ihrer Form einer lose verbundenen Sonate, bei der bestimmte Motive und Stimmungen wiederholt, Spannung auf- und wieder abgebaut werden. Letzteres ist besonders auf dem finalen Stück »The End« zu beobachten. Auf zwei Minuten werden Piano und Forte, Langsamkeit und Schnelligkeit, Spannung und Entspannung vereint und somit das gesamte Album im Kurzdurchlauf zusammengefasst. »Sweet Apocalypse« ist Klaviermusik ohne Barrieren, die nicht nur Klassik-Fans, sondern auch Anhänger von Pop und Jazz mit einschließt. Louisa Zimmer

WWW.PUREANDCRAFTED.COM | #PUREANDCRAFTED

Land Of Talk Life After Youth Saddle Creek / Cargo

Machen wir uns nichts vor. Land Of Talk waren nur eine schöne Erinnerung. Doch das ist nicht verwerflich. »Life After Youth« wird nichts verändern, bleibt trotzdem toll. Die Rückkehr dieser Band ist eine der schönsten Nachrichten des Jahres. Vor rund


#Review

s o

Marteria Roswell Four / Sony

»Roswell« ist ein teils amüsantes, teils irritierendes Album, auf das sich von der Szene bis zum Mainstream wieder alle einigen können werden. Das Prinzip mag abgedroschen sein, aber es erzeugt immer noch die besten Stücke: die Arbeit mit Kontrast und Widerspruch. In »El Presidente« zum Beispiel, dem vierten Stück seines neuen Albums, versammelt Marteria solche Verse rund um das Thema bigotter, heuchlerischer Menschen: »Deutscher Bahnchef ist pünktlich beim Privatjet.« Oder: »Hebamme mit Kinderhass, Öko mit Monstertrucks.« Dazu ein charmant ironischer Refrain und Anleihen an Bollywood-Rhythmen. Passt. Der scheppernde Oldschool-Beat und der schlichte Vortrag von »Cadillac« sorgen dafür, dass dem Hörer gleichzeitig galaxienweite Gegensätze wie »Friedhof der Nuscheltiere« von Fettes Brot und der Einstiegstrack des indizierten 2014er-Bushido-Albums »Sonny Black« in den Sinn kommen. Den Klängen, die Beatzarre und Djorkaeff für Deutschlands Obergangster bastelten, scheint Marterias Produktionsteam The Krauts allerdings ohnehin heimlich zu lauschen. Ratlos lässt seine Hörer auf »Roswell« eigentlich nur der Track »Links« zurück. Auf diesem Manifest erlaubt Marteria seinem Publikum sämtliche Lebensentwürfe, solange sie sich zu einem verpflichten: »Hauptsache links.« Nicht mal bürgerlich ist erlaubt. Oder liberal. Die Haltung verkniffener, bevormundender AStASozialisten. Oder Satire, hoffentlich. Oliver Uschmann

20.10.17 LINGEN

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Low Roar Once In A Long, Long While ... Nevado / Rough Trade

Für Ryan Karazija ist 2017 ein Topjahr: Seine Band Low Roar bekommt endlich die verdiente Aufmerksamkeit, und mit

Michael Mayer DJ-Kicks !K7 / Indigo

Alle reden von Mixology. Während andere noch versuchen, das Rezept aus Gin und

07.11.17 LINGEN Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen, unter der Ticket-Hotline 0591 912950 oder 0591 9144144 sowie auf www.eventim.de und www.emslandarena.com

W W W.E V EN T I M.D E

D E S I G N : TA PA S & T WA I N B E R L I N F OTO : O L A F H E I N E

London Grammar können die hohen Erwartungen an ihr zweites Album zwar befriedigen, es fehlt »Truth Is A Beautiful Thing« aber an großen Hits. Emotionalität reklamiert fast jeder Musiker auf irgendeine Art für seinen Output. London Grammar lieferten jedoch 2013 mit ihrem Debüt »If You Wait«, von dem sie zwei Millionen verkauften, die wohl emotionalste Pop-Platte des Jahres ab. Sanfte Seelen, übersättigte Musikkritiker und auch vermeintlich balladenresistente Rock’n’Roll-Verfechter konnten sich der Verschmelzung von Hannah Reids gehauchtem, gejaultem Gesang und den zärtlichen Gitarren- und Synthesizerflächen nur schwer entziehen. Daran knüpft das neue Album glücklicherweise souverän an, ohne sich in irgendwelche Experimente zu verrennen. Im Zentrum bleibt Reids voluminöse, eigenständige und dabei unaufdringliche Stimme; entspannt-tanzbare Electro-PopFundamente und eine perlende E-Gitarre, die hier und da eine Melodielinie einstreut, sorgen erneut für Gänsehaut. Diese Elemente bilden eine Schnittmenge von Beat-Pop, AfterhourKitsch und melancholischer Klaviermusik. Die Hooklines und Melodien auf »Truth ...« setzen sich aber erst nach und nach im Ohr fest. Große Instant-Hits wie »Wasting My Young Years« oder »Hey Now« besitzt das Album zwar nicht, die Songs versprühen aber das gleiche emotional-fragile Grundgefühl, das schon das Debüt zu einem Klassiker machte. Klaas Tigchelaar

D E S I G N : TA PA S & T WA I N B E R L I N F OTO : O L A F H E I N E

Island / Universal / VÖ 09.06.17

D E S I G N : TA PA S & T WA I N B E R L I N FDOTO A FPA H SE I & N ET WA I N B E R L I N E S I G: NO: LTA F OTO A FPA H SE I & N ET WA I N B E R L I N D E S I G: NO: LTA F OTO : O L A F H E I N E

London Grammar Truth Is A Beautiful Thing

deren drittem Album findet er sein Glück im Ambient-Pop. Low Roar waren bis jetzt eine Herzensangelegenheit für Bescheidwisser. Doch nun hat Videospiel-Ikone Hideo Kojima zwei Songs aus ihrer zweiten LP »0« für sein Game »Death Stranding« verwendet, und das Netz explodiert vor Zuneigung. Schön für Ryan Karazija, der gerade dabei war, an seinem dritten und persönlichsten Werk zu arbeiten – es ist faktisch auch sein zugänglichstes geworden. In Low Roars elegischem Ambient-Postrock war immer schon Platz für eine Prise Pop, auf »Once In A Long, Long While ...« gibt es nun spürbar weniger Haken und Ösen, durch die sich die flächig aufgeschichteten Soundscapes schlängeln. Die Single »Bones«, auf der Karazija zusammen mit Jófríður Ákadóttir von Pascal Pinon singt und flüstert, ist ein so dramatisch schönes wie zärtliches Duett, doch insgesamt betört dieses Album weniger, als dass es plätschert. Während die beiden Vorgänger noch als poppigere Versionen von Sigur Rós durchgehen konnten, sind Low Roar sich nun nicht mehr sicher, ob sie schön spielen oder berühmt werden wollen. Dadurch steigt die Band aus der eigenen Liga leider in eine Wohlfühl-Mittelklasse ab. Kristof Beuthner

D E S I G N : TA PA S & T WA I N B E R L I N F OTO : O L A F H E I N E

einer Dekade waren Land Of Talk auf einmal da. Damals hießen die Bands der Stunde Fleet Foxes und Bon Iver. Eine ganze Generation saugte die Geschichten von Justin Vernon auf. Land Of Talk saßen mit ihm in dieser einsamen Hütte und nahmen gemeinsam ihr Debütalbum auf. Und wenn ihnen nach Sonne war, reisten sie mit den Fleet Foxes nach Mykonos. Es gab keine Finanzkrise, und in Berlin lud der Bang Bang Club noch unter der Brücke am Hackeschen Markt zu seinen Indie-Rock-Konzerten ein. Eines davon gaben Land Of Talk, die schon immer Elizabeth Powell waren und die ihr Debütalbum von Justin Vernon hatten produzieren lassen. Powell war verhuschter als Feist, und Powell wäre beinahe die Zukunft des Indie-Rock geworden. Das Leben kam dazwischen, und somit ist »Life After Youth« das erste Album nach beinah sieben Jahren. Es ist dringend, es ist das Dokument eines Kampfes, es ist Indie-Rock, und Powells Stimme klingt weiter perfekt. Mit »Loving« ist ihr nebenbei noch ein Sommerhit gelungen. »I’ve been living like I’m locked up. I can see the midnight skies.« Stephan Uersfeld

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#Review

THE ULTIMATE FESTIVAL GETAWAY

MARTIN GARRIX MARSHMELLO MARTERIA - K.I.Z.

LIVE

ART DEPARTMENT - ATB BRENNAN HEART - CLAPTONE - DEORRO LIVE NETSKY - NICOLE MOUDABER - TCHAMI TINIE TEMPAH LIVE - WHAT SO NOT

Tonic zu verbessern, hat Michael Mayer schon die perfekte Mischung gefunden. Als Michael Mayers Mix »Immer« 2002 erschien, war die deutsche Techno-Szene auf ihrer eigenen Afterhour angekommen. Nach rauschhaften Jahren und Festen verschwand man aus dem Mainstream wieder in der Nische. Rückblickend eine heilende, renovierende Bewegung. »Immer« sorgte für ein neues Selbstverständnis deutscher Techno- und House-Produzenten, nicht ohne Grund landet die Platte immer noch in Bestenlisten oder wird zum besten Mix der 2000er gekürt. Im Gegensatz zu diesem Meisterwerk hat Michael Mayer schon längst die künstlerische Volljährigkeit erreicht. Mit über 23 EPs, vier Alben und unzähligen Tracks kann der Kompakt-Chef auf ein enormes Oeuvre zurückblicken. »Techno-Pop« wurde sein Stil einmal in einer Zeitung als Synonym für den »Sound Of Cologne« genannt, und so gerne man den Begriff ablehnen möchte, so passend wirkt er hier. Gerade Mayer steht wie kaum ein anderer für technoiden, treibenden Pop. Und auch auf seinem »DJ-Kicks«-Mix denkt, lebt und produziert er Pop in all seinen Facetten. Darin findet nicht nur Euphorie, sondern auch Drama, Trauer, Aufbruch und Queerness Platz. Auch 2017 noch kann man diesen Mix als Antwort auf die wilden 1990er lesen. Heute ist Mayer als Produzent breit aufgestellt, er bedient den Mainstream genauso wie den Underground und kann beide Schichten in diesem Mix zusammenführen. Lars Fleischmann

ANDRÉ DANCEKOWSKI - ANNOYING BASSTARDS - CEDRIC ZEYENNE ENARGY B2B AFFENTHEATER - FALKO NIESTOLIK - FUTURE PROOF JONAS SAALBACH LIVE - LOVRA - MARC NARROW - MARINO CANAL MAX BERING - SEMANGAT - SHESC - SPRRVR

NICOLE MOUDABER PRESENTS MOODZONE

JACKMODE SHOWCASE

Pet Symmetry Vision Polyvinyl

REISSPEZIALP TT 30% RABA AKTION – en st Die er s-Tickets 300 5-Tage ’s für NUR bt gi ng + Campi ter tt 155€) un 110€ (sta dmusik

Adam Beyer, Alcest, All Them Witches, AmenRa, Anne-Marie, Apollonia, BAZART, un al.eu/liebe dourfestiv The Black Madonna, Blonde Redhead, Carl Craig presents Versus Synthesizer Ensemble, Carpenter Brut, Chase & Status dj set & Rage, Circa Waves, Crystal Castles, De La Soul + live band, Die Antwoord, Dixon, Dubfire, Earl Sweatshirt, Frànçois & The Atlas Mountains, French Montana, Hanni El Khatib, Israël Vibration & Roots Radics, Jagwar Ma, Jon Hopkins dj set, Justice, Kaaris & Kalash Criminel, Kaytranada, Kevin Morby, Kölsch dj set, Larry Heard aka Mr Fingers Live, Lee Fields & The Expressions, M.I.A, Metronomy, Millionaire, Naâman, NAS, Nina Kraviz, Noisia ‘Outer Edges’, Pendulum dj set & Verse, Perturbator, Phoenix, PNL, Pusha T, Rone live, RY X, SCH, Shobaleader One, Sleaford Mods, Solange, Solomun, St. Paul & The Broken Bones, Stand High Patrol, Tale Of Us, Talib Kweli & The Soul Rebels, Tchami, Temples, The Kills, The Strypes, The Underachievers, Timber Timbre, Todd Terje, Trentemøller, Two Door Cinema Club, Vald, Vitalic ODC live, Warhaus, Wax Tailor, Wilkinson live, Young Fathers, and many more ... WIR BRINGEN EUCH HIN! Günstige Busreisen ab FRANKFURT A.M., KÖLN, DORTMUND, AACHEN ... unter www.festivalreisen.de

Auf ihrem zweiten Album zeigen sich Pet Symmetry hinterhältig und ironisch, stilistisch kaum greifbar und musikalisch sehr gut. Alles ist Lüge. Reine Behauptung. Oder zumindest Auslegungssache. Liebe, Leben, Krieg und Frieden, Glück und Schmerz: alles eine Frage der Interpretation. Man nehme nur den Frühling. Was für ein meteorologisches Monstrum der Unverlässlichkeit! Verheißungsvoll, frisch und licht, aber im Kern doch immer uneigentlich und tückisch. Oder was soll man von einer Jahreszeit halten, die einen am frühen Morgen das dicke Paar Winterfäustlinge missen lässt, mittags mit sengendem Brüten für den Leichtsinn bestraft, diesen Zeichen zu vertrauen, nur um einem kurz darauf mit Fäusten voller Hagel die Fresse zu polieren? Eben. Und diese Schlingel hier? Diese als Band getarnte Schelmentruppe aus Chicago, die mit ihrem zweiten Album zurückkehrt, als hätte man danach verlangt? Die einen mit ihren vermeintlich eindeutigen Feelgood-Smashern im Spannungsfeld von Emo, Wellness-Punk und Indie-Verschmitztheit an die Hand nimmt, auf einen ausgedehnten Spaziergang durch lieb gewonnene Nachbarschaften führt, nur um einem plötzlich eine Pferdemaske aus muffeligem Gummi überzuziehen, die Hosen anzuzünden und den ganzen bescheuerten Tanz auch noch auf sämtlichen sozialen Tummelplätzen teilt? Vorgeführt wird man! Schlimm ist das! Fast genauso schlimm wie der Frühling, nur ohne Allergien und Nachtfrost. Und ebenso belebend. Denn man kann Pet Symmetry einfach nicht dafür böse sein, dass sie sich auf nichts festlegen lassen wollen und doch alles zugleich sind: schalkhaft, dauerironisch und trickserhaft wandelbar. Vor allem aber sind sie einfach sehr gut. Wie die wärmende Mittagssonne nach einem kalten Schauer im Mai, der sich nicht entscheiden

kann, ob er einen nur veräppeln oder lieber gleich verstümmeln will. Ulf Imwiehe

Millionaire Sciencing Unday / Rough Trade

Was macht jemand wie Tim Vanhamel, der bereits in seiner Jugend als Wunderkind des Rock galt, in seinen späten Dreißigern? Antwort: Was er verdammt noch mal will – und manchmal auch mehr als muss. Belgische Musiker waren noch nie dafür bekannt, sich auf einzelne Genres zu beschränken. Man denke nur an dEUS oder Evil Superstars. Bei eben diesen beiden hatte bereits in den 1990ern Tim Vanhamel seine Finger im Spiel, bevor er 2001 mit Millionaire sein erstes eigenes Projekt aus der Taufe hob und das zweite Album der Band 2005 sogar von Josh Homme produzieren ließ. Während sich »Paradisiac« dementsprechend auch durchgehend auf trockenen Wüstenrock fokussierte, zieht »Sciencing« nun alle Register: von hypnotischen Loops (»Little Boy Blue«) und an dEUS erinnerndem Indie (»L’Homme Sans Corpse«) über hüftwackelnden Garagenrock (»Busy Man«) bis hin zu einer Ballade wie »Silent River«, die jetzt schon Anspruch auf Verwendung in einer der nächsten David-Lynch-Produktionen anmelden darf. Manchmal sind die Resultate verzichtbar, wenn sich etwa »Visa Running« im Großen und Ganzen auf ein Jam-Duell zwischen Gitarre und Didgeridoo reduzieren lässt. Aber was erwartet man auch, wenn man jemandem wie Vanhamel erlaubt, sich in einem Aufnahmestudio auszutoben? Schließlich lautete sein Motto für »Sciencing« laut eigener Aussage »Weniger ist mehr«. Da will man gar nicht wissen, was sonst noch alles in diesem Musiker geschlummert hätte. Jan Martens

The Mountain Goats Goths Merge / Cargo

John Darnielles Mountain Goats verzichten auf Gitarren, verstören und veröffentlichen mit »Goths« ein forderndes und spektakuläres Themenalbum. They do it different on the west coast. Nach dem großen Thema Wrestling auf Album Nummer 14 wenden sich The Mountain Goats auf »Goths« der dunklen Seite zu. John Darnielle, dieser große Geschichtenerzähler der 1990er-Country-Renaissance, blickt tief in seine Vergangenheit und spinnt daraus diese so wunderbar verworrenen, sein Gesamtwerk durchziehenden »What if«-Storys. In »Andrew Eldritch Is Moving Back To Leeds« nimmt Darnielle wie bereits vor Jahren in »The Best Ever Death Metal Band In Denton« einen Gedanken auf, spinnt ihn immer weiter, bis er sich so weit entfernt, dass er in einem eigenen Universum aufgeht. Er erzählt die Geschichte von Andrew Eldritch, der auszieht, um dann doch wieder an seinen Geburtsort zurückzukehren. Dort hat sich alles verändert, doch auch das stellt nur Stillstand dar. Es ist dieselbe Geschichte unzähliger Lebenslinien. Und so ist die Zeile »Nobody ever gets


away, even the best of us come back day« Darnielles »Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf«, nur werden wir sie nie im Radio hören. »Goths« kommt ohne Gitarren aus, »Goths« wurde auf einem Piano geschrieben; und ist das einmal verarbeitet, ist das 15. Album der Mountain Goats mit seinen seltsamen Protagonisten in Londoner Clubs, in Leeds und an der Westküste – dort, wo Gothic Rock einst Deathrock hieß – eines der ungewöhnlichsten in ihrer langen Karriere. Die Band um Darnielle kann wenig falsch machen und auch mal Softrock spielen. Wunderbar. Stephan Uersfeld

Die Negation Herrschaft der Vernunft Cargo

»Alles wird in Flammen stehen«, skizzierten einst Tocotronic ihre Idee eines dystopischen Aufstands. Die Negation steht nun mit Zündhölzern und Spiritus bereit. Laut, wüst und metallisch attackieren Michael Laur de Manos (The Heartbreak Motel), Marcel Sasse (Beneath The Wheel), Alan Kassab (Zero Mentality) und Christian Bass (Heaven Shall Burn) als Post-Hardcore-Supergroup die tief verwurzelte kleinbürgerliche Menschenfeindlichkeit saturierter Konsumgesellschaften. Ihre schweren PowerchordWände werden durch wütende Vocals und metallen krachende Gitarren gleich wieder eingerissen. In »Das Scheusal von Oldenburg« wird ein viel zu vertrauter Alltag besungen: Ein glücklicher, weißer, heterosexueller Familienvater beschimpft und verjagt in einer Restauration ein lesbisches Paar, um seine Tochter vor Unkeuschheit zu schützen. An denselben Platz setzt sich nun ein durchtrainiertes schwules Paar und weiß den besorgten Vater allein mit einem bestimmten Blick zurückzuweisen. Man würde sich wünschen, dass die beiden Dudes aufstehen und den Herrn an seiner Krawatte freundlich aus dem Laden ziehen. Denn auch dazu hatten Tocotronic einst mit »Pure Vernunft darf niemals siegen« etwas zu sagen. Die Negation unterschreiben diese Ambition in ihrem musikalischen Gewand aber ebenfalls mit deutlichem, unmissverständlichem Nachdruck. Mathias Meis

dieser exzellent inszenierten Sommerparty flirten Kasabian mit Gospelchören, trinken Primal Scream Hugo mit dem LCD Soundsystem, swagt Beck mit den Gorillaz. Und Grace Jones stand sicherlich auch nicht nur für den gleichnamigen Song Pate: Die detailreiche Soundclash-Verliebtheit, die Olsson auf »Millions« zelebriert, erfüllt von der ersten bis zur letzten Sekunde ihren Zweck, und der heißt Spaß machen. Das ist gekonnter Bescheidwisser-Pop mit ordentlich Schmackes und feinstes musikalisches Entertainment, klingt retro, ohne sich nach Staubwischen anzufühlen, und dürfte mit seinem omnipräsenten Feelgood-Vibe reihenweise Herzen gewinnen. Kristof Beuthner

THE 1975 21.06. Köln, Palladium 22.06. Hamburg, Mehr! Theater 24.06. München, Tonhalle 25.06. Offenbach, Stadthalle

Phoenix Ti Amo Warner / VÖ 09.06.17

Auf ihrem sechsten Studioalbum ergehen sich Phoenix in all den überzuckerten Südeuropa-Klischees von Dolce Vita und Savoir-vivre. Das klingt durchaus reizvoll, aber auch arg süßlich. »Ti Amo«, »Tuttifrutti«, »Fior Di Latte« – schon ein Blick auf die Songtitel des neuen Albums reicht, um auf die Idee zu kommen, Phoenix hätten eine romantische TeenagerKomödie vertont. Dass dieser Gedanke nicht weit von der Wahrheit entfernt sein kann, zeigen die Arrangements der zehn neuen Songs: Die Franzosen haben sich ausgiebig bei den zuckrigsten Elementen aus Italo Pop sowie japanischem und französischem populären Liedgut der 1980er bedient. Das wirkt trotz aller traditionellen Melodieseligkeit der Band verdächtig, weil Phoenix jede der letzten übrig gebliebenen Kanten in ihren Songs poliert haben. Es besitzt aber auch einen unüberhörbaren Reiz, schließlich kommt ein solcher Schritt von ihnen nicht vollkommen unerwartet. Da muss man zur Bewertung noch nicht einmal die wie üblich sehr guten Texte von Thomas Mars und Co. heranziehen, die konsequenterweise das ganze Spektrum jugendlicher Emotionen thematisieren – die positiven wie die negativen. Und auch wenn die Franzosen ihre besten Single-Hits bereits vor Jahren geschrieben haben, ist »Ti Amo« ein gelungener, künstlerisch logisch anschließender Nachfolger von Überalben wie »United« oder »Wolfgang Amadeus Phoenix« geworden. Man muss all die sonnengereifte Süße nur zu nehmen und zu lesen wissen. Christian Steinbrink

SOHN

31.10. Stuttgart, LKA Longhorn 14.11. Leipzig, Täubchenthal 15.11. Berlin, Columbiahalle

ALL WE ARE

MOGWAI

08.06. Berlin Auster Club

17.06. Berlin, Gretchen

14.10. Berlin, Columbiahalle 16.10. Hamburg, Docks 17.10. Köln, E-Werk 02.11. Leipzig, Täubchenthal 03.11. München, Backstage

AMIR OBÉ

LETHAL BIZZLE

FKJ 13.06. Köln, Yuca 15.06. Berlin, Privatclub 16.06. Frankfurt, Zoom

JUSTIN TOWNES EARLE 19.06. Berlin, Quasimodo 21.06. Hamburg, Hafenklang 22.06. Köln, Stadtgartenn 23.06. Frankfurt, Brotfabrik

$UICIDEBOY$ Olsson Millions Universal

Sommerplaylist-Compiler, hier kommt euer Mann: Christian Olssons FeelgoodSoulpop-Soundclash darf dieses Jahr nirgendwo fehlen, wo es laute Musik und kalte Drinks gibt. Wer ab und zu fern sieht, dem dürfte Christian Olssons »Hold On« schon aus einem Werbespot für Mobiltelefone ein Begriff sein: Das ist so ein Song, der sich zunächst unbewusst tief in die Gehörgänge schleicht, einem ein irre gutes Gefühl gibt und dann umso nachhaltiger hängen bleibt. Auf seinem Debüt als Olsson versammelt der Schwede gleich elf weitere solcher Ohrwürmer, die variantenreich zwischen Madchester-Sound und Easy-Listening-Soul-Pop mäandern. Auf

Pixx The Age Of Anxiety 4AD / Beggars / Indigo / VÖ 02.06.17

Der Albumtitel ist W.H. Audens letztem Gedicht entliehen, die Musik hat Vorbilder bei avantgardistischen Künstlerinnen wie Austra oder Grimes: Pixx puzzelt sich geschickt durch Bilder der Kunstgeschichte. Hannah Rogers alias Pixx hat ihr Handwerk in der renommierten Brit School gelernt, auf der auch schon Adele oder Amy Winehouse Schülerinnen waren. Mit ihrem eigenwilligen Synthie-Pop schaffte sie es auf eine weitere Institution der Musikbranche, nämlich das legendäre Label 4AD. Die einstige Heimat von Dream-Pop- und ShoegazeBands bietet inzwischen experimentellen

22.06. Frankfurt, Zoom (Sold Out) 26.06. Köln, Gloria (Sold Out) 27.06. Hamburg, Uebel&Gefährlich 02.07. Berlin, Festsaal Kreuzberg (Sold Out)

THE AVALANCHES 28.06. Berlin, Festsaal Kreuzberg 29.06. Hamburg, Mojo Club 03.07. Köln, Bügerhaus Stollwerck

SPIRAL STAIRS 29.09. München, Strom 05.10. Berlin, Quasimodo 06.10. Hamburg, Knust 08.10. Köln, Luxor 09.10. Osnabrück, Bastard Club

meltbooking.com facebook.com/wearemeltbooking

23.10. Hamburg, Turmzimmer 28.10. Berlin, St. Georg 30.10. Köln, Yuca

MURA MASA 30.10. Berlin, Huxley‘s

!!! (CHK CHK CHK) 06.11 Berlin, Festsaal Kreuzberg 09.11 München, Strom

BONOBO

08.11. München, Tonhalle 09.11. Köln, Palladium

MIGHTY OAKS 15.11. Berlin, Tempodrom 16.11. Hamburg, Mehr! Theater 23.11. Köln, Palladium

NICK MURPHY 22.11. Berlin, Columbiahalle 23.11. Köln, Live Music Hall


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#Review elektronischen Künstlern den Freiraum, den sie brauchen, und Pixx nutzt ihn für ihre postmoderne und emanzipatorische Folktronica. Verwandte im Geiste haben dieses Potenzial bereits erkannt, weshalb sie schon als Support für Lush, Daughter und Austra zu sehen war. Letztere stehen wohl am deutlichsten Pate für Pixx’ Stil. »The Age Of Anxiety« ist ein Themenalbum, das sich persönlich, aber auch politisch mit dem Komplex »Angst« auseinandersetzt. Die Songs lullen den Hörer hypnotisch, hellsichtig und hallend ein: Pixx erfasst auf schlaue und schöne Weise die fragile Welt um sich herum, aber auch die noch zerbrechlichere in sich selbst. Kerstin Kratochwill

Mitstreiter, und fertig war eine Band, von der man vermuten könnte, dass sie schon ewig zusammen spielt, und sich doch noch so viel mehr erwarten lässt. Philipp Röttgers

Mühe hat, die eigenen Überzeugungen zu entziffern und im Gegner noch das zu erkennen, was selbst den größten Schuft mit seinen Feinden eint: nämlich ein menschliches Wesen und nicht allein ein Stück Wild, das es zu schlagen gilt. Ganz schön kniffelig, diese Revolution. Ulf Imwiehe

Rise Against Wolves Capitol / Universal / VÖ 09.06.17

Pumarosa The Witch Fiction / Caroline / Universal

Puamrosas Reise begann in Proberäumen, führte durch italienische Kinosäle und brachte sie als Vorband der Glass Animals auf internationale Bühnen. Jetzt kommt endlich ihr erstes Album und erfüllt alle Erwartungen. »Oh, you stupid son of a bitch«, ruft Isabel Muñoz-Newsome in »Honey« über treibende Gitarren. Der Song steht beispielhaft für den spirituell angehauchten Dream-Pop, den das Quintett Pumarosa auf seinem Debütalbum zelebriert. Über fast eine Stunde präsentiert die Band ihre eigene Definition von kunstvollem Indie-Rock, bei der kein Song unter vier Minuten lang sein darf und stets die Atmosphäre im Vordergrund steht. So auch in »Priestess«, das irgendwie an Psychedelic, irgendwie an Disco und durch Muñoz-Newsomes Stimme auch an Patti Smith erinnert. Dabei gründete sich die Band eher zufällig, als die Sängerin und Drummer Nicholas Owen sich mit einem Freund für ein neues Musikprojekt treffen wollten. Der Freund tauchte nie auf, die beiden suchten sich mit Bassist Henry Brown, Gitarrist Jamie Neville und Saxofonist/Keyboarder Tomoya Sukuzi ebenbürtige

Im Zeichen des Wolfes führen Rise Against ihren Kampf gegen die Kräfte der Verächtlichkeit weiter. Ein guter Punkrock-Song ist immer auch ein Schrei: atavistisch, alarmierend, dringlich und im besten Fall befreiend. Und jede einzelne Zeile eine Hymne für sich, denn die Meute will mitsingen! Mit Emphase und energischem Verve beweisen Rise Against erneut, wie konsequent sich Unzufriedenheit, Mosh Pit und massentaugliches Potenzial zur Untermalung des Freizeitbekleidungserwerbs zusammenführen lassen. Musikalisch maximal anschlussfähig mit ihrem gewohnt bekömmlichen, raffinierten und sehr melodischen Punk/ Hardcore, zelebriert die Band eine Feier der Oppositionsrolle angesichts immer stärker werdender Kräfte der Verächtlichkeit. Das Leitmotiv ist das Wolfsrudel, vereint in zähnefletschender und beuteschlagender Mission – das Raubtier als positiv aufgeladener Avatar im Stellungskrieg der Weltanschauungen. Das Resultat ist in seiner Essenz eine Lobpreisung der Konfrontation gleich einem zornigen Chor, der sich ebenso felsenfest auf der Seite des Guten, Schönen und Edlen verortet wie der verhasste Kontrahent. Rise Against schöpfen ihre Kraft aus der Unerschütterlichkeit von humanistischen Grundwerten und nicht aus deren Interpretation als moralische und gesellschaftspolitische Verhandlungsmasse. So feiert dieses in dieser mit Bitterkeit aufgeladenen Zeit so wichtige wie problematische Album die Liebe ausgerechnet im Schein des Hasses – einer Feuersbrunst, die gefährlich schnell verbrennen kann und in deren Licht man manchmal

Saint Etienne Home Counties Heavenly / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 02.06.17

Vor dem Hintergrund eines Konzeptalbums über den Alltag in den Vororten Londons verbinden Saint Etienne die Eleganz der mittleren 1960er mit synthetischer Coolness. Als »Home Counties« werden die Grafschaften bezeichnet, die in der näheren Umgebung von London liegen. Saint Etienne selbst kommen ursprünglich aus dieser Gegend, die sich immer in Abgrenzung zur Hauptstadt definiert hat. Obwohl die Tendenz zu topografisch ausgerichteten Konzeptalben die Arbeit von Saint Etienne seit jeher bestimmt (»Tales From Turnpike House«), sind die Songs auf »Home Counties« nur sehr locker in einen übergeordneten Kontext eingebunden. Tatsächlich steht das Album im Zeichen musikalischer Vielfalt, die sich darin konkretisiert, dass grundverschiedene Genres miteinander konfrontiert werden. Northern-Soul- und Sunshine-Pop-Adaptionen koexistieren neben raffinierten Variationen von Europop. Aus diesem Miteinander von Einflüssen, das auch einer heterogenen Produzentenriege geschuldet ist, ergibt sich eine differenzierte Soundästhetik, die die Höhenlastigkeit der mittleren 1960er in Beziehung zu komprimierten Klängen modernen Zuschnitts setzt. Dabei wird Kohärenz dadurch erzeugt, dass die Musik, auf die sich Saint Etienne beziehen, stets im Modus von antirockistischem Ausrufezeichen-Pop kommuniziert. Dem Bodenständigen, das davon abhält, Höhenluft zu schnuppern, setzen Saint Etienne die Forderung nach »Larger than life«-Projektionen

PRESENTS

Kings of the False Foundation Tour

14.–16.09. VORVER KAU F: 26.06. – 09.07.

I N F O S U N T E R : 0 7 2 2 1 3 0 0 3 0 0 · SW R 3 . D E


#Review und der Wirksamkeit von Popmusik entgegen. Dazu passt die im Text von »Magpie Eyes« verhandelte These, nach der übertriebene Lebensplanung jede Gegenwart zerstöre. Gleichzeitig scheinen die Figuren, die die Songs bevölkern, allesamt nach etwas Neuem zu suchen. Aus diesem sowohl musikalischen als auch textlichen Spannungspotenzial resultiert eine Dynamik, die auch dieses Saint-Etienne-Album wieder zu einer Bereicherung macht. Mario Lasar

Max Richter Out Of The Dark Room Milan / Warner

Tausendsassa Max Richter präsentiert eine Auswahl seiner Soundtrack-Arbeiten. Max Richter ist schon ein komischer Typ. Egal, ob Filme, Reisen oder Tante Ursels Namenstag, der Komponist nutzt jede Möglichkeit, um seine klassischen Melodiebögen und Klangexperimente über einen Konzeptrahmen zu spannen und sein unfassbares Talent an einer neuen Herausforderung zu messen. Kürzlich waren es noch die Werke von Virginia Woolf, für die er Woolfs Sprache erfolgreich zurück in Musik übersetzte und Kernmomente in bewegenden Kompositionen vertonte. Nun folgt eine kleine Werkschau, die einige Soundtracks subsumiert und vor allem die Vielschichtigkeit des Komponisten zeigt. Wer sehen will, was dieser Max Richter draufhat, dem bietet sich hier ein guter Ansatzpunkt. Das Kernstück bilden seine Kompositionen für Ari Folmans Filme »The Congress« und »Waltz With Bashir«, die jedoch im Kontrast zu den sphärischen Klängen für »Disconnect« und den arabischen Einflüssen in »Wadja« einen recht brüchigen Gesamteindruck hinterlassen. So ist diese Sammlung an Soundtrack-Arbeiten musikalisch äußerst imposant, doch auch inkohärent. Sebastian Jegorow

(Sandy) Alex G Rocket Domino / GoodToGo

Bisher war Alex G der Tüftler im Hinterzimmer. Auf seinem achten Album gibt er seinen DIY-Ansatz zwar nicht auf, doch er bemüht sich, seinem Output mehr Form zu geben. Schon länger klampft sich der Amerikaner Alexander Giannascoli alias (Sandy) Alex G durch seine Lo-Fi-grundierten Gitarrensongs. Der Güte seines Songwritings ist es zu verdanken, dass er zwischen all der Distorsion und den unvollendeten Skizzen Melodien und Stimmungen heraufbeschwor, die Szenekundige aufhorchen ließen. Sein sechstes Album »DSU« wurde von diversen US-Magazinen auf die oberen Plätze der Jahresbestenlisten gewählt. Den selbstgenügsamen Ansatz hat er auch für seine nunmehr achte Platte »Rocket« aufgegriffen. Gelegentlich schauten befreundete Musiker vorbei und halfen bei der Ausarbeitung der Stücke. Der Produzent Jacob Portrait (Unknown Mortal Orchestra, Bass Drum Of Death) lieferte den Feinschliff. Dem verspielten Dadaismus von »Horse« setzt Alex G die wohl elaboriertesten und schönsten Stücke seiner Karriere entgegen. In »Bobby« integrieren sich Irish-Folk-Elemente mühelos und auf anrührende Art und Weise in das Sounddesign, »Proud« kommt als echter Country-Schunkler daher. So geht es auf dieser Platte hin und her. Gerade, wenn das Album an den Nerven zu zerren droht, verwöhnt Alex G mit der nächsten melodischen Auflösung. Kai Wichelmann

She-Devils She-Devils Secretly Canadian / Cargo

Kunstanspruch und Sample-Sammlung schließen sich nicht mehr zwangsläufig aus. Sofern man aus Montreal kommt und so unbedarft an Musik herantritt wie die She-Devils. Zwischen all den rasselnden Tremolo-Gitarren, RetroSchlagzeugrhythmen und schreienden Orgelflächen der She-Devils ist eine überdeutliche Reminiszenz versteckt. Denn obwohl Sängerin Audrey Ann Boucher nach lediglich einer EP noch locker als musikalischer Rookie durchgeht, schmeißt ihr unbeschwert warmes Timbre die Referenzmaschine an. Heraus kommt ausgerechnet Nancy Sinatra, für die der musikalische Kontext, den Kyle Jukka seiner Bandpartnerin mit Instrumenten, Samples und acht Händen zu Füßen legt, sicherlich eine Spur zu ruppig und kess wäre. Pendelnd zwischen dem knirschenden Songmaterial, das sich ein Kultregisseur wie Tarantino unter seine Filme schnippeln lassen würde, und schwelgendem Hybrid-Pop, der eher die kunstvolle Musikdarbietung zur Vernissage-Eröffnung darstellt, rührt das Duo viele der besten musikalischen Momente der 1960er und 1970er zu einem Song-Brei, der herrlich gefällig und doch irgendwie bekannt klingt. Eine neue Geheimwaffe für den Easy-Listening-DJ, der nach »Teenage Kicks« und »Shades« das Abendfinale einleiten möchte. Klaas Tigchelaar

Infos & Tickets: www.concertteam.de

09.06.2017 | Köln | Underground

deVlin

16.06.2017 | Köln | Tanzbrunnen Open Air

ArcAde Fire 29.06.2017 | Köln | Gloria Theater

Hiltop Hoods 01.07.2017 | Köln | Studio 672

Holly mAcVe / brooK bentHAm 12.07.2017 | Köln | Live Music Hall

tAlib KWeli And tHe soul rebels 25.07.2017 | Essen | Zeche Karl

We Are scientists 25.07.2017 | Köln | Live Music Hall

residente Slow Dancer In A Mood ATO / PIAS / Rough Trade / VÖ 09.06.17

Ein groovender, süßlich duftender Passat trägt warme Winde der Sommermelancholie aus Down Under in hiesige Breiten und verzückt. Simon Okely ist eigentlich Gitarrist der australischen Indie-Rock-Band Oh Mercy. Deren Musik strickt er nun um eine nicht ganz abzustreitende 1990er-Cardigans-Attitüde und offeriert als Konzentrat wohlig-warmen Songwriter-R’n’B. Mit der Coolness eines Stephen Malkmus und dem eigentümlichen Anschlag Erlend Øyes teilt Okely völlig unverblümt seine Wehmut. Ansätze sentimentaler Überempfindsamkeit werden durch perkussive Beats sanft fortgetrommelt. Nachts und allein geschrieben, ist »In A Mood« ebenso schwelgerisch wie gesellig, denn der sonore Singsang und der saumselige Impetus der zehn Tracks umarmen und laden zum Verweilen: im Arm eines Vertrauten oder mit kaltem Erfrischungsgetränk sein Gegenüber im Blick haltend. Was das Album auszeichnet, sind seine dichte und süße Atmosphäre und die Spannkraft, ein Gefühl von Vertrautheit zu erschaffen, obgleich Okely weithin unbekannt und »In A Mood« sein Debüt ist. Glückliche durften diese Erfahrung schon beim diesjährigen SXSW machen. Nun wartet Europa mit Kussmund auf ihn. Mathias Meis

23.08.2017 | Düsseldorf | ZAKK Club

WAtsKy

25.08.2017 | Dortmund | FZW

rogers

02.09.2017 | Köln | Artheater

ryAn mcmullAn 03.10.2017 | Dortmund | FZW Club

tim VAntol 13.10.2017 | Köln | Palladium

sigur rós 15.10. | Oberhausen | Turbinenhalle 2 • 17.11. | Köln | E-Werk

irie rÉVoltÉs 24.10.2017 | Köln | Gloria Theater

Aimee mAnn Sufjan Stevens, Bryce Dessner, Nico Muhly, James McAlister Planetarium 4AD / Beggars / Indigo / VÖ 09.06.17

Neues aus dem Hause Stevens: Statt um Bundesstaaten geht es diesmal gemeinsam mit ein paar Buddys um das gesamte Universum. Wir erinnern uns: Sufjan Stevens wollte mal alle Bundesstaaten der USA mit je einer Platte bedenken. Nach Michigan und Illinois kam aber lange nichts mehr. »Planetarium« geht nun zwei Schritte weiter. Die Welt ist nicht genug, daher geht es gleich um das gesamte Sonnensystem: Planeten, Kometen, Gezeiten und schwarze Löcher. Das macht er nicht allein, stattdessen hat sich für »Planetarium« eine Art Space-IndieFolk-Supergroup aufgestellt: der klassische Komponist Nico Muhly, The-National-Gitarrist Bryce Dessner und Stevens’ regelmäßiger Schlagwerk-Allie James McAlister. Zurück geht das Projekt auf eine Anfrage der Konzerthalle Eindhoven,

12.11.2017 | Köln | E-Werk

FinK

17.11. | Köln | Underground • 25.11. | Dortmund | FZW Club

AntiHeld

18.11.2017 | Düsseldorf | Mitsubishi Electric Halle

gorillAz

27.11.2017 | Köln | Live Music Hall

blAcK rebell motorcycle club

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#Review die Uraufführung mit Muhly, Dessner und Stevens fand bereits 2012 in Amsterdam statt. Musikalisch ionisiert man erwartbar virtuos zwischen Indie, Prog-Rock, Folk und Filmmusik umher, aber nicht ohne Überraschungen: Bei »Jupiter« kracht auf einmal etwas Skrillex’haftes durch, um sich dann mit archetypischen Sufjan-Stevens-Bläsern zu vermengen. Die Single »Saturn« hat mit ihrem House-Beat so etwas wie Hit-Potenzial, wirklich relevant sind derlei Kategorien aber selbstredend nicht. Im Zentrum all dessen steht Stevens’ Stimme, die trotz häufigen Auto-Tune-Einsatzes ein steter Ruhepol ist. Textlich synchron wird das innere, menschliche und moralische All thematisiert, »What’s right and what’s wrong« sind die ersten Zeilen des Albums. Das viertelstündige »Earth« gegen Ende ist der erlösende Höhepunkt. Benediction, Hallelujah! Christian Steigels

SXTN Leben am Limit

LK oder Zombie Nation in guter Gesellschaft – Dreck-Electro wurde das damals genannt. Die schmutzige Punk-Attitüde ist über die Jahre verwest, und eine Loveparade gibt es auch nicht mehr. Nach sieben Alben und zwei Dutzend EPs ist Haas trotzdem wieder dort angekommen, wo er vor der Gründung seines eigenen Labels Shitkatapult begann. »Heimat« klingt für seine Verhältnisse rund, geradezu sinusförmig in Texturen und Harmonieführung, birgt aber auch Reminiszenzen an das Knarzen längst verhallter Tage. Wo einst Sägezahn-Sequencer Melodien ins Hirn frästen, sind Höhen und Bässe nun in matt schimmernde Flächen eingebettet, aus denen einzelne Spuren eher zaghaft hervorlugen. Ein Rezept, das dann hervorragend funktioniert, wenn die Tonalität bedrohlich und ominös entgleitet (»Juli«), jedoch beliebig wirkt, sobald schwelgerisch gute Laune Überhand nimmt (»Stoli«). Ohnehin wäre es der Atmosphäre des Albums zuträglich gewesen, den Fokus auf das Obskure, Abseitige, Grimmige (»Le Fux«) zu legen, statt der Stimmung Schwankungen ins Optimistische zu erlauben, die nur selten gelungen ausformuliert werden (»Wacker«). Potenzial für eine konzentrierte Reise ins Innere ist hier zwar präsent, es reicht aber nicht, um gänzlich darin verloren zu gehen. Nils Schlechtriemen

JINX / Chapter One / Universal / VÖ 02.06.17

SXTN zeigen, wie whack alle HipHopTypen im Vergleich zu ihnen sind, und ficken deine Mama ohne Schwanz. Wie, die haben jetzt erst ein Album? SXTN sind eines dieser Musikphänomene, die schon Kult sind, bevor sie überhaupt ihr Debüt aufgenommen haben. Jetzt ist »Leben am Limit« endlich da, und es ist, wie zu erwarten, dope. Bei Wikipedia steht noch immer: »Sie polarisieren durch ihre provokanten Texte.« Ja, denn wenn Frauen pöbeln, ist das provokant, muss hinterfragt und gerügt werden. Frauen mag man leise und züchtig, und schon gar nicht sollen sie eine peinliche Ideologie entlarven, wie es SXTN tun, die Typen dort packen, wo es den Idiotischen unter ihnen am meisten wehtut: bei ihrer Männlichkeit. Unterlegt mit dicken Trap-Beats, beleidigen Nuru und Juju Boys, die sie belästigen, und das tun sie besser, als die Angesprochenen es je könnten. Sie wehren sich gegen Belästigung (»Frischfleisch«), rauchen Blunts im »Bongzimmer«, graben sexistischen Mackern im Publikum das Wasser ab (»Ausziehen«) und feiern mit ihren Fotzen, ohne sich Anmachen gefallen zu lassen: »Du willst an meine Titten, aber du darfst es nicht, weil ich es verbiete.« Die Schimpfwörter »Schlampe«, »Bitch« und »Hure« werden in Richtung ihrer Erfinder geschossen und ihrer Misogynie enttarnt: »Realtalk von ’nem Mannsweib« eben. Nur geil. Paula Irmschler

T.Raumschmiere Heimat

Tora Take A Rest Eighty Days / GoodToGo / VÖ 09.06.17

Tora lassen die Sonne raus: Das Debüt des australischen Quintetts klingt wie ein wärmedurchfluteter, gänzlich unaufgeregter Sommertags-Chillwave-Traum. Das Debütalbum der australischen Senkrechtstarter Tora wirkt weit positiver, als die zwei umjubelten Vorab-EPs erwarten ließen. »Take A Rest« – das ist keine Einladung zum nur allzu menschlichen Alltagsphlegma, sondern eine Ermunterung, die Dinge, die einem das Leben schwer machen, nicht immer so ernst zu nehmen. Das entfernt Tora in ihrem Duktus doch recht weit von klanglich verwandten, aber deutlich melancholischeren Genregenossen wie S O H N oder James Blake. Sonnengolden und in jeder Hinsicht zurückgelehnt schüttelt die Band mit enormer Lässigkeit einen entspannten Chillwave-Tune nach dem anderen aus dem Ärmel. Die glitzernden Ambient-Flächen, die sexy Gitarren-Licks und die sanft pluckernden Beats versetzen im Zusammenspiel mit den souligen Vocals von Joe Loewenthal in wohlig wärmende Trance. Zu Beginn der Single »Amsterdam« haucht Loewenthal über Wasserplätschern »Things got a little outta hand last year«, womit die Motivation, ein so lebensbejahendes Album zu schreiben, definiert wäre. Das ist der perfekte Zeitpunkt, sich in eine wohlverdiente Ruhephase zurückzuziehen. Kristof Beuthner

Kompakt / Rough Trade

Geisterhafte Repetition an der Schwelle von Ballungsraum und Rückzugsort – »Heimat« ist eine Frage der Herkunft. Schon seinen Anfang nahm das nach einer Kurzgeschichte von William S. Burroughs (»The Dream Cops«) benannte Projekt von Marco Haas bei Kompakt. Anno 2000 befand sich T.Raumschmiere mit den EPs »Bolzplatz« und »Musick« neben Lokalgrößen des Loveparade-Dunstkreises wie Elektrochemie

Tube & Berger We Are All Stars Embassy Of Music / Warner

Mit ihrem erst zweiten Album zieht es die alten Deep-House-Hasen Tube & Berger zu den großen Live-Sets auf die Mainstages. Ob das noch Deep House oder gar House ist, was die Solinger Tube & Berger da auf ihrem trotz 15-jähriger Karriere erst zweiten Album veranstalten? Manche der zwölf Songs lassen eher an elektronische Rockmusik denken, zumindest aber an die Form von stadionkompatiblem Electro, mit dem etwa Moderat in den letzten Jahren reüssierten. Aber man darf ruhig seinen Hut ziehen, denn das Duo beweist auf dieser Spielfläche ein ungeahntes Talent. Seine Arrangements klingen vollmundig und stellenweise verblüffend analog, gehen oft richtiggehend nach vorne und verweigern sich trotz aller Klarheit allzu käsigen Effekten. Die Samples sind richtig eingesetzt, die Vocals, unter anderem dreimal von ihrem alten Bekannten Richard Judge, verstärken die Stimmungen und geben den Tracks einen reizvollen LiveAppeal. Die Ambition, die Tube & Berger mit »We Are All Stars« verbinden, scheint eindeutig: Sie wollen das Feld der großen Electro-Festival-Sets nicht ausschließlich Paul Kalkbrenner und Moderat überlassen und ihre Live-Ambitionen, die sie in den letzten Monaten stellenweise schon vorführten, ausbauen. Und tatsächlich könnte diese Taktik aufgehen: Mit diesem Album ist dieses Duo gut mit Begleitband und auf großen Bühnen vorstellbar. Henrik Hamelmann

Paul Weller A Kind Revolution

Vita Bergen Retriever Glitterhouse / Indigo / VÖ 02.06.17

Die Düsternis aus dem Kopf getanzt: Das zweite Album der Schweden Vita Bergen wollte gute Popmusik sein und ist sogar sehr gute geworden. »We are really happy right now and we want to do pop music.« Wenn eine Band so etwas von sich gibt, folgt in der Regel ein sehr eingängiges, doch wenig zwingendes Formatradio-Machwerk. Nicht so bei Vita Bergen, dem derzeit heißesten Eisen im Glitterhouse-Stall. Was die Schweden »pop music« nennen, lässt Erinnerungen an eine Zeit wach werden, in der die Killers noch nicht fragten, ob sie nun Human oder doch Dancer seien, und macht uns klar, dass wir uns manchmal tatsächlich dorthin zurücksehnen. Spätestens zum deftigen DanceBeat von »Under The Sun« wird deutlich, wie hochklassig Pop-Appeal klingen kann. Die hektische Düsternis, die dem Debüt des Sextetts noch innewohnte, ist einer Öffnung zur großen Melodie gewichen. »We wanted to sound less pissed off«, sagt Sänger William Hellström, und das ist ihm und seinen Kollegen gelungen. »Retriever« ist weitaus zugänglicher als sein ebenfalls starker Vorgänger und steckt voller kleiner Indie-Hymnen, bei denen der Synthesizer die Gitarren beiseiteschiebt, dich bei der Hand nimmt und unaufhaltsam Richtung Dancefloor zieht. Kristof Beuthner

Parlophone / Warner

Auf seinem neuen Album zeigt sich Paul Weller musikalisch so beweglich und einfallsreich, dass von Verschleißerscheinungen nichts zu bemerken ist. Nicht nur die Eulen sind nicht, was sie scheinen, auch Paul Weller ist immer wieder für eine Überraschung gut. Was zunächst wie ein uninspirierter, mit Studiotechnik und offensiver Verspieltheit notdürftig aufgemotzter Entwurf von R’n’B wirkt, erweist sich bei konzentriertem Hören als Füllhorn toller Einfälle. Delay-Effekte, Hall und komische Geräusche manipulieren Wellers Songs und sorgen dafür, dass sie auf der Grenze zwischen extrovertiert-spröden und psychedelisch-reflexiven Stimmungsmustern balancieren. Allgegenwärtig sind trockene Breakbeats, die den Songs eine Funk-Anmutung verleihen. In »She Moves With The Fayre« funktioniert das sehr gut, weil der Song herrlich abschweifend strukturiert ist und das bewusst plakative »Sex Machine«-Zitat suggestive Oberflächenreize entfaltet. Wie gekonnt Weller in »New York« die unterschwelligen Anspielungen auf lateinamerikanische Spielarten wie Salsa einarbeitet, ist ebenfalls beeindruckend. In dem mit einem anregenden Bläsermotiv arrangierten »Hopper« geht es darum, dass die Bar-Realität die Bilder Edward Hoppers imitiert, was clever ist, weil es sich ursprünglich natürlich genau umgekehrt verhalten hat. Die Soul-Ballade »Long Long Road« verdient besondere Erwähnung aufgrund ihrer Zurückhaltung, obwohl man sich wünscht, dass Weller mal wieder poppig statt rau singen würde – vielleicht eine Frage des Alters. Alles in allem ist »A Kind Revolution« nicht der große Wurf im Sinne eines gänzlich ausgewogenen Gesamtkunstwerks, sondern eine Sammlung von in sich stimmigen Stücken, denen man stets anhört, dass sie mit Liebe zum Detail realisiert worden sind. Mario Lasar

Wavves You’re Welcome Ghost Ramp / Cargo

Wieso muss die eigene musikalische Evolution immer von der Industrie torpediert werden? Wavves backen nun wieder kleinere, aber nachhaltigere Brötchen. »Immer noch Indie?« fragt Kollege Steinbrink in der gleichnamigen Kolumne Monat für Monat sich selbst und die Leserschaft. Zumindest Wavves-Frontmann Nathan Williams kann darauf ein entspanntes »länger nicht mehr, aber seit Neuestem doch wieder ziemlich Indie« erwidern. Nach einem Streit mit dem großen Major-Label um die Veröffentlichung des letzten Albums »V« und die ewige Schere zwischen künstlerischer Freiheit und Turbokapitalismus sind Wavves nun wieder bei ihren DIY-Wurzeln und bringen das sechste Album eben selbst heraus. Passt klanglich aber auch ohne die BusinessScherereien noch immer ganz gut, dieser Schubladen-Begriff. Eine Kanne 1990er, die surfigere Variante der Glückseligkeit von Best Coast und fuzzige Verweise zu mittelalten Blur aus der »Blur«- und »13«-Ära darf man heraushören, auch wenn diese eventuell nur wieder aus dem gleichen Vorgängerpool von Einflüssen gefischt wurden. Das ergibt zusammengenommen letztendlich zwar keine Bank und auch nicht die Offenbarung des Jahres, aber als kurzweilige Musikuntermalung zu typischen Indiehörer-Tätigkeiten (kochen, basteln, Sneaker sortieren) reicht es natürlich allemal. Klaas Tigchelaar


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K Ö L N 28.08.2017 ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ OFFENBACH / STADTHALLE OFFENBACH PA L L A D I U M ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ 29.08.2017 ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ 0 6 .10 . B E R L I N BERLIN / ZITADELLE SPANDAU ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ C O LU M B I A H A L L E 31.08.2017 ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ HANNOVER / PARKBÜHNE ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ 07.10 . O F F E N B A C H ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ 01.09.2017 S TA DT H A L L E ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ LEIPZIG / HAUS AUENSEE ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ 02.09.2017 ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ROTTENBURG / SOMMER OPEN AIR ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ T O U R 2 0 1 7 ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ HELTER SELTZER ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ 10.07.17 FRANKFURT GIBSON ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ 25.07. ESSEN ZECHE CARL 04.07.17 BERLIN – HUXLEYS ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ 11.07.17 MÜNCHEN TECHNIKUM 26.07. NÜRNBERG CLUB STEREO 05.07.17 HAMBURG – GROSSE FREIHEIT 36 ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ 13.07.17 KÖLN – LIVE MUSIC HALL 12.07.17 KÖLN LIVE MUSIC HALL 27.07. STUTTGART CLUBCANN ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ 14.07.17 MÜNCHEN – MUFFATHALLE ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ 04.07.17 HAMBURG GROSSE FREIHEIT 36 ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ 05.07.17 BERLIN HUXLEYS NEUE WELT ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ 29. SEPTEMBER – 01. OKTOBER 2017 · DORTMUND ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ PORTUGAL. THE MAN · THE DISTRICTS · DRANGSAL · THE VEILS ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ WARHAUS · VOODOO JÜRGENS · THE AMAZONS · GURR · ADNA · WAXAHATCHEE ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ VISIONS STAGE VISIONS STAGE ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ VAN HOLZEN · VAL SINESTRA ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ TICKETS: 01806 62 62 80* & (040) 413 22 60 ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗ *€ 0,20 / ANRUF AUS DEM FESTNETZ, MOBILFUNK MAX. € 0,60 / ANRUF ↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖↖ ↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗↗

TALIB KWELI THE SOUL REBELS

TOUR 2017

WAY BACK WHEN IV

KARSTEN JAHNKE KONZERTDIREKTION GMBH


118

#Intro empfiehlt

alt-J

The Avalanches

John Bramwell

Als eine der kreativsten britischen Bands des Jahrzehnts konnten alt-J mit ihrer letzten LP »This Is All Yours« sowohl Fans als auch Kritiker begeistern. Mit seinem neuen Album »Relaxer« legt das Trio aus Leeds einen exklusiven Zwischenstopp in Berlin ein.

16 Jahre haben die Breakbeat-Wunderkinder aus Australien für den Nachfolger ihres gefeierten Debüts »Since I Left You« aus dem Jahr 2000 gebraucht. Nun kommen Robbie Chater, James Dela Cruz und Tony Di Blasi zum ersten Mal für einige Konzerte nach Europa, um ihren virtuosen Sample-Cocktail live zu präsentieren.

Bei John Bramwell trifft britischer Charme auf Folk und Alternative Rock. Hin und wieder klingt das wie ein Konglomerat aus Oasis und Bob Dylan. Zu der Musik des Frontmanns von I Am Kloot lässt sich gleichzeitig abschalten und mitwippen, was der Singer/Songwriter auf seinem neuen Soloalbum und der anstehenden Tour unter Beweis stellen wird.

— 13.06. Berlin

— 28.06. Berlin — 29.06. Hamburg

— 02.06. Wuppertal — 03.06. Markneukirchen — 05.06. Berlin — 08.06. Aachen

Seu Jorge

Schließt man zu Seu Jorges Musik die Augen, träumt man schnell von weißen Sandstränden, spürt eine warme Brise auf seiner Haut, während einen Sonnenstrahlen wärmen. Der brasilianische Musiker und Schauspieler aus »City Of God« und »Die Tiefseetaucher« bringt mit seiner Musik das Urlaubsfeeling direkt nach Deutschland.

INTRO EMPFIEHLT Für alle von uns empfohlenen Touren verlosen wir jeweils 3×2 Tickets. Mail an tickets@intro.de Mehr Tour-Präsentationen unter intro.de/termine #intro empfiehlt

— 06.06. Berlin

Minus The Bear

Im März meldeten sich Minus The Bear mit ihrer sechsten LP »Voids« zurück. Mit Liedern zwischen kompositorischer Tiefe, sommerlicher Leichtigkeit und mal sanftem, mal härterem Indie-Rock ist die US-Band nicht nur auf Platte, sondern auch live ein Erlebnis. Ein Glück, dass die vier bald auch nach Deutschland kommen. — 14.06. Köln

The 1975

House Of Pain

Howling

Mit ihrem frischen Sound zwischen SynthiePop und New Wave konnten die vier Jungs aus Manchester bereits im letzten Jahr international überzeugen. Laut Frontmann Matt Healy folgt schon 2017 der nächste Streich. Passend dazu geht es noch mal auf Tournee.

Wer immer schon mal mit House Of Pain eine Abrissparty feiern wollte, hat dazu bald die Möglichkeit. Anlässlich des Jubiläums ihres größten Klassikers und Welthits »Jump Around« kommen die irisch-amerikanischen Highschool-Freunde Everlast, Danny Boy und DJ Lethal nach Deutschland.

Nachdem ihr Debüt »Sacred Ground« 2015 abgefeiert wurde, können ihre Fans in diesem Jahr wieder Großes von Ry X und Frank Wiedemann erwarten. Ob sie mit ihren neuen Songs dem eigensinnigen Mix aus Indietronica und Ambient Pop treu bleiben, wird sich auch bei ihren Live-Gigs zeigen.

— 21.06. Köln — 22.06. Hamburg — 24.06. München — 25.06. Offenbach

— 04.07. Berlin — 05.07. Hamburg — 13.07. Köln — 14.07. München

— 27.06. Köln — 28.06. München


#Termine

TOURDATEN The Afghan Whigs 07.06. Berlin 12.06. Hamburg 13.06. Frankfurt a. M.

Albert Af Ekenstam

01.06. Berlin

Aldous Harding 29.05. Hamburg 30.05. Berlin

Algiers

19.06. Heidelberg 21.06. Münster 23.06. Berlin

Intro empfiehlt

Friends Of Gas

06.06. München 14.06. Leipzig 16.06. Hannover 30.06. Frankfurt a. M. Geht weiter!

03.06. Bamberg 14.06. Konstanz 15.06. Frankfurt a. M. 16.06. Crailsheim 17.06. Mannheim 21.06. Oberhausen 22.06. Marburg 23.06. Trier 24.06. Reutlingen 28.06. Hannover 29.06. Negenharrie 30.06. Bielefeld Geht weiter!

Deichkind

Future Islands

Cody Chesnutt 29.05. München

Coldplay

02.06. Frankfurt a. M. 04.06. A-Wien 16.06. Chemnitz 17.06. München Geht weiter!

Depeche Mode mit Algiers*

27.06. Köln

Gewalt

Devendra Banhart

Green Day

01.06. München 02.06. Leipzig 05.06. Hamburg

Die Höchste Eisenbahn

16.06. Köln

13.06. Aschaffenburg 14.06. Nürnberg 15.06. Augsburg 16.06. Worms 17.06. Chemnitz 22.06. Dresden 23.06. Aachen Geht weiter!

Baroness

Dinosaur Jr.

Arbouretum 10.06. Berlin

Arcade Fire

15.06. Berlin 20.06. Saarbrücken 28.06. Dresden

Intro empfiehlt

Basia Bulat 29.05. Berlin 30.05. Hamburg 31.05. Bielefeld

Beatsteaks

29.05. Leipzig 30.05. Chemnitz 31.05. Jena 05.06. A-Wien

Beginner

25.06. Frankfurt a. M. Geht weiter!

Intro empfiehlt

Bernd Begemann 09.06. Leipzig Geht weiter!

Intro empfiehlt

Christian Löffler mit Mohna

01.06. München 02.06. Frankfurt a. M.

Chris Cohen

16.06. Offenbach

The Coathangers 30.05. Hamburg 31.05. Berlin 01.06. München 02.06. Köln

05.06. Dachau 06.06. Stuttgart 07.06. Wiesbaden 12.06. Hamburg 13.06. Bochum 15.06. Bremen

Eddie Vedder mit Glen Hansard 01.06. Berlin

Egotronic

08.06. Hannover 09.06. Magdeburg 10.06. Chemnitz

Einstürzende Neubauten 09.06. Leipzig Geht weiter!

Enno Bunger

07.06. München

Guns N‘ Roses 13.06. München 22.06. Hannover Geht weiter!

Heinz Strunk

16.06. Rostock 17.06. Hamburg

Helgi Jónsson 15.06. Ulm 16.06. Duisburg Geht weiter!

James Arthur

06.06. Köln 07.06. Frankfurt a. M. 08.06. München

Jimmy Eat World 28.06. Berlin Geht weiter!

Juana Molina 22.06. Berlin

Julien Baker

29.05. Münster 30.05. Heidelberg 31.05. München 02.06. Moers 03.06. Darmstadt

J. Bernardt

22.06. Kiel 24.06. Binz

14.06. Köln 15.06. Berlin 16.06. Mannheim

Fat Freddy‘s Drop

Intro empfiehlt

Flume

29.06. Hamburg Geht weiter!

09.06. Leipzig 10.06. Mannheim

18.06. Hamburg

Freundeskreis mit Joy Denalane

24.06. Frankfurt a. M. 25.06. München 28.–29.06. Stuttgart

Fritz Kalkbrenner 09.06. Memmingen 11.06. Offenburg 17.06. Münster 18.06. Berlin Geht weiter!

King Gizzard & The Lizard Wizard 17.06. Nepthen 18.06. Mannheim 19.06. Berlin

King Khan & The Shrines 14.06. München 15.06. Konstanz 18.06. Mannheim

01.06. Köln 02.06. Schorndorf 03.06. Offenbach 06.06. Bielefeld Geht weiter!

All We Are Amanda Palmer & Edward Ka-Spel

Molly Burch

14.06. München 25.06. Berlin

Giant Rooks

01.06. München 02.06. Frankfurt a. M. 04.06. Pünderich

20.06. Berlin Geht weiter!

Kings Of Leon

Intro empfiehlt

05.06. Köln 09.06. München 11.–12.06. Hannover* 20.06. Frankfurt a. M.* 22.06. Berlin* Geht weiter!

08.06. Berlin

Moddi

07.06. Leipzig

09.06. Berlin 17.06. Mannheim

09.06. Geltendorf 10.06. Konstanz 16.06. Chemnitz 17.06. Baunatal 18.06. Duisburg 22.06. Dresden Geht weiter!

Allman Brown

The Kills

Kevin Morby Kilians

01.06. Köln 02.06. Hamburg 04.06. Berlin 16.06. München 17.06. Wiesbaden 18.06. Duisburg

Killing Joke

14.06. Bochum 15.06. Frankfurt a. M. 16.06. Leipzig

Kreidler

Kvelertak

17.06. Aschaffenburg 19.06. Bochum 21.06. Stuttgart

Lea Porcelain 04.06. Leipzig 15.06. Augsburg

Linkin Park 12.06. Berlin

Listener

28.06. Berlin

Low Roar

06.06. Berlin

Luke Sital-Singh 29.05. Köln 01.06. Hamburg 02.06. Berlin

Mark Lanegan Band

25.06. Köln 26.06. Hamburg 27.06. Frankfurt a. M. 28.06. Bochum

Marteria

05.06. A-Wien 24.06. Frankfurt a. M. Geht weiter!

Maserati

14.06. Darmstadt 15.06. Siegen 16.06. Berlin 17.06. Leipzig 18.06. München

Mastodon

26.06. Stuttgart 28.06. Hamburg Geht weiter!

Max & Iggor Cavalera

07.06. Düsseldorf 08.06. Hannover Geht weiter!

Mighty Oaks

24.06. A-Wien 25.06. Saarbrücken 28.06. Karlsruhe Geht weiter!

Intro empfiehlt

Mitski

16.06. Hamburg 18.06. Mannheim

29.06. Nürnberg

05.06. Köln 06.06. München 09.06. Offenbach 10.06. Berlin 11.06. Hamburg

Monster Magnet

31.05. Aschaffenburg 02.06. München 08.06. Stuttgart 09.06. Dortmund 10.06. Hamburg

Mutter

23.06. Erfurt 24.06. Köln

The Notwist

23.06. Ulm 24.06. Stolberg

Intro empfiehlt

Oum Shatt 11.06. Berlin Geht weiter!

Paul Weller

30.05. Hamburg 31.05. Berlin 02.06. Darmstadt 03.06. Köln 04.06. Bielefeld

Perfume Genius 14.06. Berlin

Pet Shop Boys

26.06. Baden-Baden 28.06. Mainz 29.06. Dresden Geht weiter!

Pisse

09.06. Berlin

Pop-Abo mit Ewert And The Two Dragons 17.06. Dortmund

Primal Scream 17.06. Köln 18.06. Mannheim

Die kommen, die Festivals

Stereo Total 17.06. Berlin Geht weiter!

Studio Braun

30.05. Osnabrück 31.05. Köln 01.06. Würzburg 02.06. München Geht weiter!

Telekom Electronic Beats mit Gorillaz 20.06. Köln

The Thurston Moore Group

18.06. Mannheim 20.06. Hamburg 21.06. Köln 30.06. München Geht weiter!

Whitney

16.06. Hamburg 16.06. Mannheim

Why?

16.06. Mannheim 17.06. Duisburg 18.06. Hamburg 20.06. Berlin

Die kommen, die Touren Beach Fossils (01.08.–30.09.) Cypress Hill (28.08.– 02.09.) Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen (14.07.–14.10.) Kevin Devine (15.–21.07.) M. Ward (12.–13.08.) Nas (04.–05.07.) Regina Spektor (14.08.) The Shins (14.–16.08.) The Strumbellas (23.–28.07.) Ty Segall (24.08.)

A Summer’s Tale (02.–05.08. ) Acoustic Summer (19.08.) Alínæ Lumr (25.–27.08.) Appletree Garden (03.–05.08.) Chiemsee Summer (16.–19.08.) c/o pop (16.–20.08.) Dour (12.–16.07.) Folk im Park (23.07.) Fuchs & Hase (29.08.–08.09.) Haldern Pop (10.–12.08.) Highfield (18.–20.08.) Jenseits von Millionen (04.–05.08.) Juicy Beats (28.–29.07.) MADville (08.07.) Melt (14.–16.07.) Mini Rock (03.–05.08.) Nature One (04.–06.08.) New Horizons (25.–26.08.) Obstwiesenfestival (17.–19.08.) Olgas Rock (11.–12.08.) Open Source (08.07.) Øya (08.–12.08.) Pangea (24.–27.08.) Parookaville (21.–23.07.) Pure&Crafted (26.–27.08.) Rocco del Schlacko (10.–12.08.) Ruhrpott Rodeo (21.–23.07.) Ruhrtriennale (18.08.–30.09.) Sziget (09.–16.08.) Taubertal (10.–13.08.) Trosse Kult (05.08.) UrbanArt! HipHop (14.07.) Utopia Island (10.–12.08.) Way Out West (10.–12.08.)

Prophets Of Rage 07.06. Berlin

Real Estate

18.06. Berlin 19.06. Hamburg

Ryley Walker

12.06. München 13.06. A-Wien 14.06. Leipzig 15.06. Berlin 16.06. Düsseldorf 17.06. Mannheim Geht weiter!

Sondre Lerche 02.06. Berlin

Sophia Kennedy 09.06. Berlin 10.06. Münster 11.06. Hamburg 14.06. Halle 15.06. Magdeburg Geht weiter!

Spoon

17.06. Berlin 18.06. Mannheim 19.06. München 20.06. Hamburg

Da gehen wir hin Tipps der Redaktion#253

Und wo geht ihr hin? intro.de #konzerte

Senta Best Integrity Freak Valley Festival Udo Lindenberg Mutter Future Islands

Bastian Küllenberg Orange Blossom Special Max & Iggor Cavalera Arcade Fire The Pharcyde Descendents

Carsten Schumacher Thurston Moore Primal Scream Mutter Udo Lindenberg Future Islands

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#Live #Festival

Dennoch ist es keine Selbstverständlichkeit, dass man in Scheeßel und Neuhausen am Ball geblieben ist. So sagte Veranstalter Folkert Koopmans im letzten Jahr im Interview mit uns: »Wir hören auf die Leute und kommunizieren, so weit es eben geht. Klar, bei 70.000 kannst du es nicht jedem recht machen. Die Älteren schimpfen auf die Jüngeren, die Rocker auf die EDM-Leute und umgekehrt. Aber grundsätzlich funktioniert der Austausch. Die Leute merken, dass das Hurricane gut organisiert ist und wir uns jedes Jahr mindestens eine Neuerung überlegen. Letztendlich sind die Gäste in Deutschland relativ loyal, wenn man das Festival gut pflegt.« Am Line-up gibt es auch wieder wenig zu meckern. Egal, in welcher Richtung man unterwegs ist. Green Day und Blink-182 werden – die Alle Jahre wieder sorgt das Festivalduo Hurricane / Southside einen ernster, die anderen infantiler – ihren gut gelaunten Punkrockzirkus zelebrieren, Casper dafür, dass die sonst eher beschaulichen Orte Neuhausen ob hat vielleicht neues Material im Gepäck, Die Eck und Scheeßel einige der größten Acts im Festivalzirkus Antwoord geben gewohnt unterhaltsam die begrüßen. In diesem Jahr sind das zum Beispiel Green Day, Südafrika-Freakshow, Linkin Park werden die Festivals mit ihrer Bühnenshow in einen SterLinkin Park, Casper, Die Antwoord, Lorde und alt-J. nenkrieg verwandeln, Lorde etwas Glamour aufs Land bringen und Rancid ihr Meisterwerk u einer zünftigen Jugend mit guter Musik Festivalinstanz. Und das Gute an der Sache »And Out Come The Wolves« wiederbeleben. gehört mindestens ein Festivalbesuch. ist: Man wird keinerlei Probleme haben, den Da ist es doch gar nicht so schwer, ein weiteres Sozusagen als Initiationsritus. Einmal großen Bruder zu überreden, den Aufpasser zu Jahr loyal zu bleiben ... das Wochenende mit Bockwurst, Toast und geben, denn seit Bestehen beider Festivals hat Daniel Koch Curryketchup bestreiten. Einmal morgens die das breitgefächerte Line-up für jeden etwas im Bierbong leeren. Einmal die Nachbarn zum Paket – und in diesem Jahr zudem all die Bands, — 23.–25.06. Scheeßel / Neuhausen ob Eck — 257ers, A Day To Remember, alt-J, Axwell & Ingrosso, Flunkyball herausfordern. Einmal beim Head- die schon den Bruder durch die Jugend geBilderbuch, Blink-182, Boy, Casper, Clueso, Danko liner in die vorderen Reihen drängen. Einmal bracht haben. Außerdem haben beide Festivals Jones, Die Antwoord, Editors, Flogging Molly, Frank den Headliner verpennen, weil man morgens in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass man Turner & The Sleeping Souls, Fritz Kalkbrenner, Future Islands, Gogol Bordello, Green Day, Halsey, Imagine die Bierbong geleert und die Nachbarn zum eben nicht nur das räudige Festival-Halligalli Dragons, Jennifer Rostock, Jimmy Eat World, Kontra zelebrieren, sondern auch durchaus angenehm Flunkyball herausgefordert hat. K, Linkin Park, Lorde, Mando Diao, Maxïmo Park, Das Hurricane und das Southside sind durchs Wochenende kommen kann, wenn Milky Chance, Passenger, Rancid, Royal Blood, SDP, Wolfmother, Xavier Rudd u. v. a. die perfekte Wahl dafür und haben wohl man eher Sushi aus dem Foodtruck als Bockauch deshalb ihren besonderen Status als wurst aus dem Glas essen will.

HURRICANE/SOUTHSIDE Z

Roskilde Festival Seit 1971 Geschichte zu schreiben, dabei glaubhaft zu bleiben und immer wieder aufs Neue Standards zu setzen, was Booking und Gemeinnützigkeit angeht – all das macht das Roskilde zur großen europäischen Festival-Legende.

Wer möchte nicht ein Mal im Leben vor der ikonischen Orange Stage stehen? Oder beim legendären Nacktlauf mitmachen? Oder vielleicht als Freiwilliger dabei sein, wenn erneut 2,4 Millionen Euro (Ergebnis 2016) erwirtschaftet werden, die komplett an gemeinnützige Zwecke gehen?

Aber auch jeder normale Besucher kann sich vor Ort beteiligen, die Welt ein Stück besser zu machen. Dazu gibt es jede Menge Workshops, deren Inhalte von Kunst über Handwerk bis zur Diskussion und Aufarbeitung gesellschaftlicher Themen reichen. Wem all das zu stressig ist, der kann auch eine Woche lang das überbordende (meist ökologische, oft vegane) Essensangebot genießen und Leute aus aller Welt kennenlernen. Oder selbst den Rausch umweltfreundlich

gestalten: Eine dänische Brauerei sammelt in diesem Jahr vor Ort den Urin der Festivalbesucher, um die aufbereitete Flüssigkeit erneut für den Brauprozess zu nutzen. Dieses neue »Pisner« Bier führt also den längst überfälligen Prozess des »Beercyclings« ein, der dem Gedanken von Nachhaltigkeit Konsequenz verleiht – auch wenn wir uns daran gewöhnen müssen. Carsten Schumacher

Lorde

— 24.06.–01.07. DK-Roskilde — A Tribe Called Quest, Arcade Fire, Foo Fighters, The xx u. v. a.


#Live #Festival

Puls Open Air Auf Schloss Kaltenberg finden in diesem Sommer wieder Größen der internationalen Indie-Szene zueinander. Erwartet werden rund 7.000 Fans, die an zwei Tagen in eine liebevoll gestaltete Location zwischen Ritterromantik und Festivalfurore eintauchen.

Über 700 Jahre hat die alte Schlossanlage in der Nähe von München auf dem Buckel. In ihrer bewegten Geschichte war sie schon Schauplatz vieler Feste, auch wenn Musik und Publikum ein wenig anders ausgesehen haben dürften als beim Puls. So

märchenhaft gestaltet wie in diesem Jahr waren die kleinen verwinkelten Gassen, die Stallungen und herrschaftlichen Innenräume aber wohl noch nie – in welchen Schlössern fliegen sonst leuchtende Kugeln und Pyramiden durch die Luft, während beim Streetfood-Stand vegane Leckereien kredenzt werden? Vom Burggraben bis zur Fasshalle sind fünf Bühnen auf dem Gelände verteilt. Ob im Wald, der Scheune oder der großen Arena: Lange müsste man suchen, um in Süddeutschland ein Festival mit originellerem Konzept zu finden. Das gilt

auch fürs Line-up, bei dem Art Pop, sommerliche Electronica, Indie-Folk, Mundart-Rap, Punkund Prog-Rock in abenteuerlichen Stilmixturen zelebriert werden – hier gibt’s die Suppe so heiß, wie sie gekocht wurde. Nach dem Startschuss im letzten Jahr folgt nun also die Kür – einladender und organisierter könnte sich ein Festival kaum für Runde zwei zurückmelden. Nils Schlechtriemen — 08.–10.06. Geltendorf — Bilderbuch, Fatoni, Fil Bo Riva, Giant Rooks, Mighty Oaks, Milliarden, Moderat, S O H N, Tua, Von Wegen Lisbeth, Woman u. v. a.

Mavi Phoenix

Kosmonaut Festival Das splash! wanderte nach Ferropolis aus, das Kosmonaut nahm später dankend seinen Platz ein. Von Kraftklub gegründet, mauserte sich das Festival am Stausee Oberrabenstein in den letzten Jahren zu einem Geheimtipp im Osten der Republik.

Deichkind

Die Anzahl deutscher Festivals, die von Bands ins Leben gerufen worden sind, lässt sich vermutlich an einer Hand abzählen. Mit dem Kosmonaut könnte daher eine neue Ordnung ins hiesige Party-Wirrwarr Einzug halten. Warum gibt es nicht auch Festivals anderer Bands, wenn das so

gut funktioniert? Man stelle sich nur mal vor, wie ein Open Air von Deichkind aussehen würde. Die sind beim Kosmonaut dieses Jahr auch einer der Hauptakteure – neben dem obligatorischen geheimen Headliner, der bis zuletzt eine Überraschung bleibt. Wer will, kann im festivaleigenen Wettbüro auf die Frage nach dem Mysterium Wetten abschließen. Letztes Jahr betraten Fanta Vier zur Entzückung aller die Bühne, zuvor waren es Fettes Brot und Marteria. Spürbar ist anhand des diesjährigen Line-ups, dass das Kosmonaut bekannter wird, drückt sich doch

zunehmend die A-Klasse aus Indie, Pop und HipHop hier Bier und Flip-Flops in die Hand. Zwischen den energiegeladenen Auftritten lässt es sich im Stausee vortrefflich planschen; und wer will, kann am Ende des Tages Lebensmittel beim Foodsharing-Stand abgeben – bewusst feiern geht halt einfach in Karl-Marx-Stadt. Nils Schlechtriemen — 16.–17.06. Chemnitz — AnnenMayKantereit, Bilderbuch, Coma, Crack Ignaz, Deichkind, Die Höchste Eisenbahn, Editors, Fatoni, Fil Bo Riva, Fjørt, Giant Rooks, Gurr, Maeckes, Neufundland, OK Kid, Pabst, Von Wegen Lisbeth u. v. a.

Traumzeit Festival Wer Festivals mag, aber die Schnauze voll hat von rummeligen, lauten Campingplätzen und weiten Wegen bis zur Bühne, von Schlammschlachten und langem Warten vor der Mainstage, ist hier genau richtig. Vor einer der außergewöhnlichsten Festivalkulissen Deutschlands (im Ernst!) findet das Traumzeit Festival statt.

Wir müssen über das Gelände reden. Denn selbst wenn man den Arm bis zum Ellbogen voll mit Festivalbändchen trägt, also eigentlich glaubt, schon alles gesehen zu haben, hier fällt einem

die Kinnlade doch wieder runter. Fürs Traumzeit wird das ehemalige Hüttenwerk DuisburgMeiderich zum Festivalgelände. Die alten Hochöfen, Schornsteine und Stahlkonstruktionen werden kunstvoll angestrahlt, dazwischen liegen Bühnen und Buden. Wer die Band auf der Bühne grad mal nicht so mag, kann also ruhig ein bisschen bummeln gehen, zu sehen und vor allem zu fotografieren gibt es genug. Ein weiterer Pluspunkt ist die ausgesprochen entspannte Atmosphäre. Der Campingplatz ist überschaubar und frei von

gängigen Flunkyball-Klischees. Außerdem mischen sich viele einheimische Familien unter das festivalerfahrene Publikum, denn neben dem Hauptprogramm gibt es vorn am Eingang auch eine kleine Bühne für regionale Acts, die man auch ohne Festivalticket anschauen kann. Aber wer will schon die Hauptacts verpassen, erst recht, wenn sie vor so toller Kulisse spielen? Julia Brummert — 16.–18.06. Duisburg — Gurr, Milky Chance, The Slow Show, Tina Dico & Helgi Jónsson, Tom Odell, Why? u. v. a.

Amanda Palmer & Edward Ka-Spel

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#Live #Festival

Docklands Festival

Rock am Ring / Rock im Park

Mit der achten Ausgabe des elektronischen Festivals in Münster erweitert sich das Festivalgelände und schafft Platz für eine weitere Hauptbühne.

Genau wie im Vorjahr startet auch das achte Docklands bereits mittags um 12:00 Uhr und bietet ein auf 24 Stunden komprimiertes Festival. Mit über 100 internationalen und nationalen Künstlern der elektronischen Musikszene verteilt sich das Festival über mehrere Veranstaltungsorte in der Stadt: Es beginnt Open Air auf dem alten Fabrikgelände am Hawerkamp, wo sich über die Jahre eine vielschichtige Kunst-, Kultur- und Musikszene mit Ateliers und regelmäßigen Veranstaltungen etabliert hat. Mit einem vergrößerten Gelände wurde hier dieses Jahr Platz für eine zweite Mainstage geschaffen – zusätzlich wurde das Design der insgesamt drei Bühnen komplett überarbeitet. Nachts geht es dann von der Wiese in die Clubs: Rund um den Münsteraner Hafen legen in zehn Locations weitere Künstler auf. Henrike Schröder — 17.06. Münster — A.N.A.L., Aka Aka feat. Thalstroem, Alle Farben, Âme, Claptone, Compact Grey, Dominik Eulberg, Fritz Kalkbrenner, Juliana Yamasaki, Junge Junge, Moonbootica, Nicolas Haelg, Ninetoes, Oliver Koletzki, Sascha Braemer, Speedy J, Stephan Bodzin, The Glitz, Tijana T, Tim Engelhardt, Younotus u. a.

Das Exil in Mendig hat ein Ende. Rock am Ring kehrt zu seinem namensgebenden Stammplatz am Nürburgring zurück.

Metronomy

MAIFELD DERBY Willkommen auf dem Sand des Reitstadions von Mannheim zum bislang einzig bekannten Festival mit Steckenpferd-Dressur und gleich fünf regionalen Biersorten!

Festivals haben meist die Eigenart, den Bierausschank einer einzigen Brauerei in die Hände zu legen – es mögen bei verschiedenen Brausorten auch manchmal zwei sein. Basis dessen ist natürlich ein guter Deal und vertraglich gesicherte Exklusivität. Nun gibt es aber zu jeder Regel eine Ausnahme, und so bietet das Maifeld Derby in diesem Jahr nicht nur ein Bier an, sondern stellt der Woinemer Hausbrauerei noch Palmbräu, Eichbaum, Weschnitztaler und Meckatzer zur Seite. Zudem konnten die Käufer eines Frühbucher-Tickets anhand von fünf Parametern ihr Wunschbier zusammenstellen, das schließlich als »Early Horse«-Bier gebraut wurde, um später auf dem Festival seiner Verwendung zugeführt zu werden. Veranstalter Timo Kumpf wartet derweil, wie er uns mitteilte, gespannt auf das erste Testfässchen. Nun mag es verwundern, dass das Maifeld Derby dennoch weiterhin den Schwerpunkt in der Musik sieht und nicht in der mittlerweile weithin bekannten Dressur von Steckenpferden oder dem neu hinzugekommenen Faible für die Braukunst. Egal, ob im schmucken Palastzelt, auf der stimmungsvollen Fackelbühne, dem lieblichen Parcours d’amour oder im intimeren Brückenaward Zelt – überall spielen ausgesuchte Acts, die dem mit 5.000 Besuchern eher kleinen Festival bereits einen bundesweit guten Ruf eingebracht haben. Entsprechend hoch ist mittlerweile die Checker-Dichte, nicht zuletzt, weil auch das Publikum ein verträglich-versonnen-musikverliebtes ist. Also auf zum siebten Maifeld Derby mit seinen fünf Sorten Bier!

Es war ein recht unwürdiger Streit, der 2014 dazu führte, dass das Festival zum vorerst letzten Mal an der Rennsportanlage Nürburgring stattgefunden hatte. Es folgten zwei für Veranstalter wie Besucher schwierige Ausgaben in der Vulkaneifel-Gemeinde Mendig, die sehr von den Folgen schwerer Gewitter geprägt waren. Der totale Abbruch des Festivals im letzten Jahr sollte der Tiefpunkt einer langen Festivalgeschichte sein. Im Dezember 2016 konnte der Veranstalter dann allerdings die plötzliche Rückkehr des seit 1985 in der Eifel stattfindenden Festivals an den Ursprungsort bekannt geben und damit ein neues Kapitel aufschlagen. Parallel findet natürlich wie immer das Schwesterfestival Rock im Park in Nürnberg statt, das diesmal sogar vor dem Eifeler »Original« ausverkauft war. 75.000 Besucher zieht es mittlerweile hierher – 2004 waren es noch 40.000 gewesen. Grund dafür könnte ein sich immer weiter öffnendes musikalisches Programm sein. So spielen beispielsweise Schnipo Schranke schon zum zweiten Mal auf beiden Festivals. Carsten Schumacher — 02.–04.06. Nürburg/Nürnberg — AnnenMayKantereit, Beatsteaks, Beginner, Die Toten Hosen, Marteria, Rammstein, System Of A Down u. v. a.

Carsten Schumacher

Tijana T

— 16.–17.06. Mannheim — Amanda Palmer & Edward Ka-Spel, Bilderbuch, Dear Reader, Kate Tempest, King Gizzard & The Lizard Wizard, King Khan & The Shrines, Metronomy, Minus The Bear, Mitski, Moderat, Primal Scream, Slowdive, S O H N, Spoon, The Tidal Sleep, Thurston Moore, Trentemøller, Why?, Zeal & Ardor u. v. a.

Marteria


#Live #Festival

SUMMERJAM Zu Summervibes lässt es sich entspannt abtauchen auf der immerwährenden Festivalinsel »Cologne Bay«. Im Raum NRW wie auch in Köln finden jährlich zahlreiche Festivals statt, doch keines ist mit diesem zu vergleichen.

Alice Merton

Kesselhaus Acoustics Der Ableger der Hamburger Knust Acoustics findet diesen Sommer an drei Terminen erstmals auch in Berlin statt und bietet jeweils drei Künstlern 30 Minuten Zeit, ihre Musik akustisch vorzustellen.

Seit sieben Jahren finden die Knust Acoustics im gleichnamigen Hamburger Club auf St. Pauli statt. Im Außenbereich des Knust, auf dem Platz zwischen Karostar und Schlachthofgebäude, hat sich die akustische Veranstaltungsreihe für die Sommermonate Juni, Juli und August bereits etabliert. Mit den Kesselhaus Acoustics expandiert die Open-Air-Veranstaltung nun nach Berlin. Das im Ortsteil Prenzlauer Berg gelegene Kesselhaus hat sich mittlerweile zu einem der wichtigsten Veranstaltungsorte für Kunst-, Theater-, Konzertveranstaltungen und Lesungen Berlins entwickelt. Vor der Kulisse der industriellen Halle werden Mitte Juni erstmals Konzerte im Rahmen der Kesselhaus Acoustics stattfinden. Wie beim Knust spielen auch hier pro Abend drei Künstler jeweils 30 Minuten lang ihre Stücke. Die Akustiksessions beginnen am frühen Abend und kosten keinen Eintritt. Stattdessen geht nach jedem Konzert ein Hut für Spenden durch das Publikum.

Ohne die Tore der Rhein-Metropole Köln auch nur zu verlassen, betritt man auf Europas angesehenstem Reggae-Festival eine andere Welt. Man kann beinah von einem Paradies sprechen, das sich dem Besucher da auftut: Auf der Suche nach einem musikalischen Mekka findet er eine Party-Location mit Sommer, Sonne, entspannten Vibes. Nun bereits zum 32. Mal bietet das Summerjam den Fans ein Urlaubsgefühl als Teil ihrer alljährlichen Festivalroutine. Sobald die Temperaturen pünktlich zum ersten Juli-Wochenende ihren Zenit erreicht haben, wird auch das Gelände rund um den Fühlinger See in ein karibisches Flair getaucht. Auf dem familienfreundlichen Festival treffen sowohl im Publikum als auch unter den Musikern verschiedene Generationen aufeinander. Zwar herrscht im angrenzenden See Schwimmverbot, doch können sich Schwimmfreudige im Freibad Black Foot Beach ins kühle Nass stürzen. Seit 1986 findet das Festival unter wechselnden Mottos statt. In diesem Jahr heißt es: »The Everlasting Summerjam«. Dies unterstreicht seine lange Tradition und die Aussicht auf viele weitere Ausgaben. Nicht nur die sommerlichen Vibes stimmen hier, auch die Auswahl der Acts auf der Bühne trifft mit Reggae-, Worldbeat-, Dancehall- und HipHop-Größen den Geschmack von Traditionalisten und Modernisten. Das Summerjam hat sich im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt, um für seine Besucher aufregend, aber entspannt zugleich zu bleiben. Helen von Daacke — 30.06.–02.07. Köln — Alpha Blondy, Bilderbuch, Damian Marley, Drunken Masters, Dub FX, Dubioza Kolektiv, Faada Freddy, G-Eazy, Irie Révoltés, Joy Denalane, Jugglerz, Nas, OK Kid, Patrice, Sido, Teesy, The Skatalites, Toots & The Maytals, Umse, Xavier Rudd u. a.

Klaudia Gawlas

Ruhr-in-Love Tanzen auf elektronisch heißt hier: Shuffle, Tecktonic, Gabber, Jumpstyle, Hardcore, Dubstep.

Das Ruhrgebiet – Wohnort des Schlags Menschen, der sich durch Leichtigkeit und gute Laune auszeichnet – wird erneut zum Schauplatz des Geschehens. Im Oberhausener Olgapark auf dem Gelände des ehemals größten Bergwerks der Region trifft sich auch in diesem Jahr die Ruhr-inLove-Gemeinschaft, um einen Tag lang zu elektronischer Musik in den Spielarten House, Techno, Trance und Hardcore zu feiern. Die jährlich steigende Anzahl an Besuchern erwartet im Park eine Fläche mit 40 verschiedenen Bühnen und dem Mainfloor, gestaltet von Club- und Label-Betreibern, die aus der Umgebung Dortmund, Bielefeld, Gelsenkirchen, aber auch Koblenz, Basel und Frankfurt kommen. Eingeladen sind über 400 DJs und Live-Acts, darunter Newcomer, Residents und bekannte Größen. Der Veranstalter des Ruhr in Love ist auch der des traditionsreichen Nature One, das zu den größten europäischen Festivals elektronischer Tanzmusik zählt. Im Anschluss an die Veranstaltung gibt es offizielle After-Partys (ja, Plural!) in ausgewählten Clubs, um neu erlernte Tanzschritte weiter ausprobieren und verfestigen zu können. Helen von Daacke

Henrike Schröder — 01.06.–31.08. Berlin & Hamburg — Alice Merton, Avec, Bender & Schillinger, Lasse Matthiessen, Nosoyo, Lilly Among Clouds, Meadows, Sarah Lesch u. v. a. Joy Denalane

— 01.07. Oberhausen — Boogie Pimps, DBN, DJ Quicksilver, Hanna Hansen, Juliana Yamasaki, Klaudia Gawlas, Lexy & K-Paul, LovRa, Man At Arms, Mark Reeve, Moksi, Ostblockschlampen, Sorgenkint, Sven Wittekind, The Disco Boys, Tocadisco, Torsten Kanzler u. v. a.

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#Live #Festival

Open Source

Rudolstadt-Festival

Im Grafenberger Wald steht eine Galopprennbahn – auf der einen Tag lang bis Mitternacht drei Bühnen beschallt werden.

Das thüringische Folk-Roots-WeltmusikFestival mobilisiert – über alle Schranken hinweg – die verbindende Kraft der Musik.

Beats und Bässe zwischen Ahorn und Kastanien: Auf der Hauptbühne stehen die MainActs, während der Fokus der Carhartt Bühne bei elektronischer Musik liegt, die Young Talent Bühne wiederum bietet lokalen Newcomern und Nachwuchskünstlern eine Plattform. In diesem Jahr zum ersten Mal vor Ort ist der MiniDancefloor der Londoner Radiostation NTS Radio Booth, die von 16 bis 22 Uhr live vom Festival überträgt. Neben musikalischen Darbietungen legt das Festival seinen Blick auch auf die Kunst. Kreativen Ideen sind keine Grenzen gesetzt, auch wenn sie auf nur 3x3m in der Pop-Up-Galerie für Kreativwirtschaft gezeigt werden können. Dort wird Projekten aus den Bereichen Design, Architektur, Grafik, Mode, Film, Fotografie und vielen mehr ein Raum geboten. Das Open Source steht für einen kreativen Austausch zwischen Besuchern und Künstlern in einer einzigartigen Atmosphäre. Helen von Daacke — 08.07. Düsseldorf — Antilopen Gang, Austra, Bar, Chogori, Die Sterne, Eiger Nordwand, Gaika, Illa J, Love Machin, Mount Kimbie, Ogoya Nengo, The Temper Trap, Trentemøller u. v. a.

Es ist nicht nur das größte seiner Art in Deutschland, es zählt auch zu den bedeutendsten Folkfestivals Europas. Völkerverständigung durch Musik findet in Rudolstadt ihre Ausführung par excellence: Musiker aus 40 Ländern spielen auf über die Stadt verteilten 20 Bühnen, so schallt es abwechslungsreich bei friedlicher Stimmung aus allen Ecken. Neben der Musik gibt’s auch kulinarische Kostproben verschiedenster Länder. Angesichts der aktuellen politischen Lage ist die Rolle des Festivals zentral und sendet (beabsichtigt oder nicht) eine politische Botschaft. Helen von Daacke

Asaf Avidan

— 06.–09.07. — Rudolstadt — Amy Macdonald, Ani DiFranco, Asaf Avidan, Helgi Jónsson, Krar Collective, Mairearad & Anna, Mairi Campbell, Ringsgwandl, Sven Helbig & Thüringer Symphoniker, Toots & The Maytals u. v. a.

Pop Abo Dortmund Zwischen Sinfonie- und Kammerkonzerten veranstaltet das Konzerthaus bereits im elften Jahr auch Popkonzerte und öffnet damit die einzigartige Akustik des klassischen Konzertsaals für populäre Musik. Zudem wendet man hier das für Popkonzerte ungewöhnliche Konzept des Abos auf diese Reihe an: Man wählt zwischen verschiedenen Preiskategorien, sucht sich einen Platz aus, und schon hat man seinen Stammplatz für die komplette Spielzeit. Im Juni steht mit Ewert And The Two Dragons nun das letzte Konzert dieser Ewert and The Two Dragons Spielzeit an. Der estnischen Indie-Rockband gelang mit ihrem zweiten Album »Good Man Mit einem deutschlandweit einzigartigen Kon- Down« auch bei uns der Durchbruch. zept genießt man im Dortmunder Konzerthaus Popkonzerte im Abo – im Juni mit Ewert And The Two Dragons.

Henrike Schröder — 17.06. Dortmund — Ewert And The Two Dragons

Lagerfeuer Deluxe Niemand singt hier »Lemon Tree« oder »Kumbaya My Lord«, versprochen. Das Lagerfeuer Deluxe Festival hat ganz andere Mittel, gemütliche Stimmung aufkommen zu lassen.

Die Genres, in denen sich die Acts zu Hause fühlen, mögen unterschiedlich sein, aber eines haben sie an diesem Abend gemeinsam: Sie spielen jeweils nur für eine halbe Stunde, ohne elektrische Instrumente, Verstärker oder Effektgeräte. Dieses Konzept funktioniert bei der gleichnamigen Konzertreihe in Köln so gut, dass es jetzt zum dritten Mal ein kleines Festival gibt. Drei Bühnen, neun Bands und ganz bestimmt kein nerviger Typ, der schon wieder »Wonderwall« auf der Akustik-Gitarre spielt. Austra

Julia Brummert

Mine

— 23.06. Köln — Flinte, Flo Mega & Horst Hansen Trio, Gutbier & Vogeler, Jan Röttger, JJ & The Acoustic Machine, Juri, Kat Frankie, Lampe, Mine u. v. a.


presented by

B E LIE BTE R AL S SON N E :

DER HELG A!® 201 7 ... und du bestimmst, wer ihn bekommt!

Der Helga!® wird fünf Jahre alt! Zum Jubiläum gibt es eine Jury bestehend aus der am meisten gemobbten Berufsgruppe der jüngeren Gegenwart: Journalisten! Und auch #festivalfanatics wie ihr können wieder abstimmen. Votet für das beste Festival unter www.festivalguide.de und gewinnt Tickets für die AwardShow am 21. September in Hamburg mit garantiert mehr Dosenbier als bei jeder Echo-Verleihung! Der Helga!® ist der unabhängige Festival-Award, verliehen von


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#Live #Festival

splash! Das HipHop-Festival feiert in diesem Jahr Jubiläum und gehört trotzdem noch lange nicht zum alten Eisen.

Das splash! geht in die 20. Runde, und Ferropolis wird für ein Wochenende zum HipHop-Ghetto zwischen New und Old School, Trap, Cloud Rap und genreübergreifenden Stilen. Der Fokus liegt in diesem Jahr auf nationalen Künstlern, es betreten aber Goldroger auch zahlreiche internationale Acts die Bühnen, um down zu gehen. Wer in diesem Jahr dabei sein wollte, musste zwar keine Millionen Euro in die Hand nehmen, aber besonders schnell sein – das Festival ist bereits ausverkauft. Aber calm down – es verspricht auf jeden Fall ein Wochenende voller »best day ever« zu werden. Helen von Daacke — 07.–09.07. — Gräfenhainichen — Ahzumjot, Audio88 & Yassin, Crack Ignaz, DCVDNS, Estikay, G-Eazy, Genetikk, Goldroger, Gucci Mane, Haiyti, K.I.Z, Kollegah, Kool Savas, LGoony, Lil Yachty, Loyle Carner, Mac Miller, Marteria, Megaloh, Post Malone, Pusha T, Rae Sremmurd, RIN, Sido, SXTN, Travi$ Scott u. a.

Mission Ready Mit dem Mission Ready bekommt die deutsche Festivallandschaft Zuwachs durch ein Punkrock/ Hardcore-Festival.

20 Stunden Live-Programm mit 16 Bands aus den Bereichen Punkrock, Ska und Hardcore: Mit einem überzeugenden Line-up feiert das Mission Ready seine Premiere auf dem Gelände des Flugplatzes in Würzburg- Me First And The Gimme Gimmes Giebelstadt. Kurze Wege, ein befestigtes (lies: matschfreies) Konzertgelände und lockere An- und Abreise-Möglichkeiten bieten hier ideale Bedingungen für das bayerische Punkrock-Vergnügen. Austoben darf man sich hier nicht nur im Moshpit, sondern auch bei Kickflips, Boardslides und Frontside Airs auf der Skate-Anlage – oder bei der angeschlossenen After-Show-Party. Henrike Schröder — 01.07. Giebelstadt — Agnostic Front, Cock Riot, Deez Nuts, Flogging Molly, Madball, Massendefekt, Me First And The Gimme Gimmes, Rantanplan, Sam Alone & The Gravediggers, Sondaschule, Terror, The Baboon Show, Trust In Random, Wisdom In Chains, Wolf Down u. v. a.

Abifestival Lingen Wahrscheinlich gehört eine gewisse Portion Wahnsinn dazu, wenn man sich im Abi-Jahr auch noch dazu entschließt, ein Festival zu organisieren. Seit 1981 finden sich in Lingen jedes Jahr aufs Neue ein paar solcher Wahnsinniger – zum Glück für die Jugendlichen im Emsland. Vor der Kulisse des alten Atomkraftwerks spieMaeckes len regionale Bands und Newcomer und am späteren Abend dann auch der eine oder andere fette Act. Das Festival eignet sich prima für Festival-Rookies, die erst mal klein anfangen wollen. Für den Zeltplatz muss man sich vorab anmelden, für alle anderen gilt: Einfach hinfahren, der Eintritt ist frei. Wer mag, kann aber ein Festivalbändchen kaufen und damit den Abifestival e.V. unterstützen. Julia Brummert — 30.06.–01.07. Lingen — Ali As, Audio88 & Yassin, Bausa, Brass Rave Unit, Kenso, Leoniden, Liebe 3000, Maeckes, Mambo Schinki, MoTrip, Nugat, Sauropod, Smile And Burn, Sons Of Settlers u. v. a.


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OPEN AIR 2017 PASSENGER + KENSINGTON

19. AUGUST 2017 WELTKUNSTZIMMER DÜSSELDORF WALLIS BIRD (IRL) HONIG (SOLO) (DE) TORPUS & THE ART DIRECTORS (DE) OVE (DE) THE LION & THE WOLF (UK) JAGULAR (DE) WALKING ON RIVERS (DE) RAOKY (MDG) ANNA KATT (SWE) ILKA LANCELLE (DE)

WELTKUNSTZIMMER DÜSSELDORF RONSDORFERSTR. 77A EINLASS: 14 UHR BEGINN: 15 UHR

www.acoustic_summer.de

22.06.2017 257ers + KARATE ANDI 24.06.2017 ANDREAS BOURANI + LOUKA

30.06.2017 SARAH CONNOR + WINCENT WEISS

06.07.2017 JEAN-MICHEL JARRE 12.07.2017 ZUCCHERO 13.07.2017 AMY MACDONALD 25.07.2017 RODRIGO LEÃO + SCOTT MATTHEWS

09.10. BONN PANTHEON 16.12. KöLN PALLADIUM

20.03.2018 ESSEN LICHTBURG Ticket-Hotline: 01806 – 999 0000

intro 06.17.qxp_Layout 1 15.05.1 Mo-Fr 8-22 Uhr/Sa, So & feiertags 9-20 Uhr (0,20 €/Anruf aus dt. Festnetz/max. 0,60 €/Anruf aus dt. Mobilfunknetz)

INFOS: NOISENOW.DE · KUNSTRASEN-BONN.DE

POPversammlung präsentiert

CLUB CULTURE / SLAMS KONZERTE / WORT+

11.06.2017 / SO

The Dorf

"Das Ende der Kohle" / BoBiennale

15.06.2017 / DO

Doctor Krapula

"Animal"-Tour / BoBiennale

16.06.2017 / FR

Agnostic Front + Special Guest

18.07.2017 / DI

Panteón Rococó no wall tour

Odyssee – Musik der Metropolen Freilichtbühne Wattenscheid umsonst & draußen

22.07.17 / SA

LusAfro Projekt 29.07.17 / SA

Banda Senderos + Boogat 05.08.17 / SA

Local Ambassadors + Murder Eyez

Fr 16.06.

DAS STADTSTRAND FESTIVAL IM TREIBGUT VOL.4

29.8.

ANDREAS KÜMMERT 30.8. MAXIM 31.8. MAECKES 1.9. JUDITH HOLOFERNES 6.9. WINCENT WEISS 8.9. ALIN COEN BAND

2RAUMWOHNUNG Mi 02.08.

PRONG 07.08.-12,08.

CAMP FESTIVAL

Electronic Music meets Media Art & Performance

Sa 23.09.

ALIN COEN BAND

UND DIE KATASTROPHEN

TREIBGUT

RONSDORFER STR. 134 40233 DÜSSELDORF

www.popversammlung.de

Plat den z 1 in Au LP C stria hart s

Do 28.09.

VOODOO JÜRGENS Fr 06.10.

HENDRIK OTREMBA Fr 20.10.

SEBASTIAN LEHMANN Mi 25.10.

TILL REINERS Mi 08.11.

LEA STREISAND STREI Fr 17.11.

SCHNIPO SCHRANKE Do 23.11.

KROKE Sa 02.12.

BALBINA

www.waschhaus.de


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Cafe Central FR 02 06 PUNKROCK

MI 27 09 MUKKER-TIP DES JAHRES!

SA 10 06 FOLKPUNK

FR 29 09 PUNKKULT

DO 15 06 KULT!

MO 02 10 ALL GIRL METAL FROM JAPAN

faHnenflUCHt tHe GO Set BIrtH COntrOl

DI 27 06 HARDCORE

DeeZ nUtS

SA 08 07 OPEN MIND AIR SCHlOSSHOf wHm

Dr. wOGGle anD tHe raDIO

SA 15 07 TOURABSCHLUSS!

StraSSenPOeten

FR 28 07 DELTA KONZERTE PRÄSENTIERT

PrOnG

CrOwneD KInGS

SO 06 08 KULT!

naPalm DeatH

aBStÜrZenDe BrIeftaUBen

FR 13 10 DELTA KONZERTE PRÄSENTIERT::

tIm VantOl

SA 14 10 METAL

arCHGOat

MI 18 10 „KIKI“-TOUR 2017 Halle_02 MI 25 10 ROCK

tHe HIrSCH effeKt

FR 27 10 DELTA KONZERTE PRÄSENTIERT:

lOVe a

DIaBlO BlVD.

SA 04 11 DELTA KONZERTE PRÄSENTIERT:

farmer BOYS

SA 11 11 20.000 MEILEN Halle_02

aSP

tHe Brew

SA 23 12 BACK TO THE ROOTS maImarKtClUB ma

DIrKSCHneIDer

FR 08 09 OI!

DI 26 12 IRIEVOIR - maImarKtClUB ma

FR 22 09 METAL KULT

FR 02 02 RAP Halle_02

lOS faStIDIOS tanKarD

LIVE

FR 02 Son of the Velvet Rat SA 03 Kreidler SO 04 Maïa Vidal FR 09 Molly Burch SO 11 Altin Gün MI 14 The Courtneys FR 16 Enest SO 18 Volto Royal HAFENKINO OPEN AIR

jeden DO, FR, SA FR 16 Get Out (OmU)

IrIe reVOlteS raP am mIttwOCH

HAZEL BRUGGER

05.06. MO

THE VACANT LOTS

06.06. DI

DESCENDENTS

07.06. MI

DINOSAUR JR. / MONDO FUMATORE

15.06. DO

AGAINST ME!

17.06. SA

KILIANS / VOLLEY

22.06. DO

THE SMITH STREET BAND / THE BENNIES

07.07. FR

KYLE GASS BAND

12.07. MI

BAD RELIGION / ITCHY

21.07. FR

FRANCESCO TRISTANO / DAVID GREILSAMER / GENEVA CAMERARA

04.08. FR

EXTRABREIT

15.09. FR

SHE PAST AWAY / HOLYGRAM

21.09. DO

NEWTON FAULKNER

HAFEN 2 Nordring 129, D 63067 Offenbach

THE DEAD DAISIES

16.6. Ryley Walker & Band

Mi. 07.06.

special guest: Deez Nuts

Special guest: THE NEW ROSES 18:00 Uhr

Songwriting from U.S.A

20.6. Suicidal Tendencies

MOON HOOCH

Punkrock from U.S.A

Fr. 09.06.

5.7. Rebeca Lane HipHop aus

Im Substage Café

18:00 Uhr

PAPER BEAT SCISSORS Im Substage Café

Do. 22.06.

19:00 Uhr

PAIN OF SALVATION

Special guest: CALIGULA‚ÄÔS HORSE

Mi. 28.06.

19:00 Uhr

THE HOOTERS So. 02.07. KYLE GASS BAND So. 20.08. TRIVIUM 20:00 Uhr

19:00 Uhr

Sa. 23.09.

18:00 Uhr

LAUT & LEISE! FESTIVAL Alter Schlachthof 19

76131 Karlsruhe

www.substage.de

www.facebook.com/substage.karlsruhe

28.6. Against Me! Political Guatemala

7.7. Jan Plewka singt Rio Reiser 10.7. Rocket from the Crypt Punkrock from California

26.7. Kumbia Queers Cumbia, Rock & Worldbeat

16.8. Thees Uhlmann & Band + very special guest

17.8. Kate Nash 10 Years „Made

Of Bricks“

19.8. Shantel & Bucovina Club Orkestar

23.8. Watsky HipHop from U.S.A. 11.9. Die Krupps „V½“ Tour 17 28.9. Schnipo Schranke Rare

– Tour 2017

12.10. You Me At Six Pop-Punk from England

25.10. La Brass Banda Around The World-Tour

11.11. Sookee Politischer Rap aus Berlin

18.11. Ben L‘Oncle Soul New Soul aus Frankreich

Tickets unter www.zakk.de Fichtenstr. 40, Düsseldorf

FROTH

11.06.17 Kassel, Goldgrube 12.06.17 Berlin, Badehaus 13.06.17 Hamburg, Aalhaus

RYLEY WALKER

12.06.17 München, Kranhalle 14.06.17 Leipzig, UT Connewitz 15.06.17 Berlin, Lido 16.06.17 Düsseldorf, zakk

WHY?

18.06.17 Hamburg, Uebel & Gefährlich 20.06.17 Berlin, Festsaal Kreuzberg

JUANA MOLINA

23.09. SA

THE SISTERS OF MERCY

KEVIN MORBY

26.09. DI

JAN PHILIPP ZYMNY

30.09. SA

MAXIMO PARK

03.10. DI

MODERN ENGLISH

09.10. MO

IRIE RÉVOLTÉS

09.10. MO

TIM VANTOL

11.10. MI

MAX PROSA

13.10. FR

ORISHAS

14.10. SA

FABER

22.10. SO

RIN

06.11. MO

LEE FIELDS & THE EXPRESSIONS

27.11. MO

SCHNIPO SCHRANKE

schlachthof-wiesbaden.de

Worldbeat aus Frankreich

19:00 Uhr

05.06.17 Köln, Theater der WG 06.06.17 München, Hauskonzerte 09.06.17 Offenbach, Hafen 2 11.06.17 Hamburg, Aalhaus

SLØTFACE

Unser komplettes Programm findet ihr im Internet unter

So. 04.06.

perform Sepultura´s „Roots“

14.6. Gaël Faye HipHop &

MOLLY BURCH

24.09. SO

MANDO DIAO

Im Substage Café

29.5. The Breath Indie from UK 7.6. Max & Iggor Cavalera

juni/juli 17

22.06.17 Berlin, Frannz Club

01.12. FR

THE BUILDERS & THE BUTCHERS

Mit: NEWTON FAULKNER, COSBY, VAN HOLZEN Danach: LAUT & KANTIG PARTY

SCHLACHTHOF WIESBADEN MURNAUSTR.1 65189 WIESBADEN

01.06. DO

2017 18:00 Uhr

& Special guest

FR 17 11 „SHAKE THE TREE“

MI 23 08 DELTA KONZERTE PRÄSENTIERT:

ParQUet COUrtS

HAFEN 2

nImO

FR 18 08 HARDCORE KULT

CrOwBar

17

FR 06 10 FUNPUNK

SA 28 10 DELTA KONZERTE PRÄSENTIERT:

MI 02 08 HARDCORE

20

BrIDear

MI 19 07 FULL THROTTLE PUNKROCK

renO DIVOrCe

J J U U N N

SlIme

DO 13 07 STONER

Karma tO BUrn

Do. 01.06.

SteVe HIll

MO 03 07BACK IN WEINHEIM!

terrOr

www.hafen2.net

69469 weinheim cafecentral.de

Sa 03.06.17

La Nuit Bohème

Fr 09.06. – Sa 10.06.17

the eNd of music festivaL SchammaSch

(SUI), ObScUre SphInx (pL), Farce (aUT) U.v.m.

DI 13.06.17

NorBert NedopiL

DO 15.06.17

Les Yeux d’La tête

29.06.17 Hamburg, Nochtspeicher 02.07.17 Berlin, Quasimodo 03.07.17 Frankfurt, Zoom

SO 02.07.17

OF MONTREAL

enjOy jazz SUmmer

20.07.17 Berlin, Festsaal Kreuzberg

Fr 21.07.17

PREOCCUPATIONS

Sa 29.07.17

10.08.17 Schorndorf, Manufaktur 16.08.17 Mainz, Schon Schön

tiNi thomseN’s maxsax roNja voN röNNe chop sueY cLuB Boat partY

CAR SEAT HEADREST

vOrSchaU Fr 08.09.17

MAC DEMARCO

DI 26.09.17

TICKETS & INFO: PUSCHEN.NET

Heidelberg – Am Karlstor 1 www.karlstorbahnhof.de

21.08.17 Dortmund, FZW 22.08.17 Hamburg, Knust

07.11.17 Hamburg, Gruenspan 08.11.17 Berlin, Astra 10.11.17 Köln, Die Kantine

ZsuZsa BáNk the veiLs


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U 02.06. ZOOM 20.00 CHRISTIAN LÖFFLER & MOHNA 02.06. MOUSONTURM 20.00 TERRY & GYAN RILEY 03.07. ZOOM 21:00 KEVIN MORBY

21.06. Me First And The Gimme Gimmis

07.07. ZOOM 20:00 MOUNT KIMBIE 20.07. ZITADELLE MAINZ 20.00 FEIST 25.07. PALMENGARTEN 19:30 MIGHTY OAKS

12.06.2017

Gov´t Mule

01.08. PALMENGARTEN 19:30 HAUSCHKA

23.06.2017

Etepetete

Indie Music Festival

15.08. PALMENGARTEN 19:30 FUNNY VAN DANNEN

D

Sa. 17.06.2017 | Luxor, Köln

Mo. 05.06.2017 | Luxor, Köln

Mi. 21.06.2017 | MTC, Köln

PAUL WELLER

WEDNESDAY 13 Do. 08.06.2017 | Artheater, Köln

CURRENT SWELL Do. 08.06.2017 | Blue Shell, Köln

WHEATUS

Do. 22.06.2017 | MTC, Köln

AS IT IS

Sa. 24.06.2017 | Artheater, Köln

MUTTER

Mo. 12.06.2017 | Gloria, Köln

KIEFER SUTHERLAND

So. 25.06.2017 | Live Music Hall, Köln Mi. 28.06.2017 | Zeche, Bochum

Di. 13.06.2017 | Blue Shell, Köln

SHOW ME THE BODY Mi. 14.06.2017 | Essigfabrik, Köln

COHEED AND CAMBRIA special guest: Dinosaur Pile-Up Mi. 14.06.2017 | MTC, Köln

MINUS THE BEAR special guest: Joan Of Arc Mi. 14.06.2017 | Blue Shell, Köln

LOOM

MARK LANEGAN BAND So. 02.07.2017 | E-Werk, Köln

JIMMY EAT WORLD

Mo. 03.07.2017 | Bürgerh. Stollwerck, Köln

THE AVALANCHES So. 09.07.2017 | E-Werk, Köln

BAD RELIGION Do. 12.10.2017 | E-Werk, Köln

VON WEGEN LISBETH

L.A.

So. 29.10.2017 | Turbinenhalle 2, Oberhausen Di. 31.10.2017 | E-Werk, Köln

Sa. 17.06.2017 | Gloria, Köln

PRIMAL SCREAM BOYCE AVENUE Mo. 05.06.2017 | Lanxess Arena, Köln

Di. 13.06.2017 | König-Pilsener-Arena, Oberhausen

09/06 12/06 19/06 21/06

16.08. ZOOM 21.00 KATE NASH

Mi. 21.06.2017 | Palladium, Köln (Nachholtermin vom 13.02.)

29.08. PALMENGARTEN 19:30 DOTA

Sa. 01.07.2017 | Tanzbrunnen Open Air, Köln

30/06 07/07 14/07 29/07

15/08 16/08 21/08 24/08 25/08 08/09

ATARI TEENAGE RIOT,...

22/09 DAS HÖCHSTE DER GEFÜHLE FESTIVAL III: TORA, PHIA, DINO JAUBERT, U.A. ! 24/09 THE SISTERS OF SOLD OUT MERCY 29WAY BACK WHEN 01/10 FESTIVAL 2017 03/10 TIM VANTOL & BAND 05/10 RIN 07/10 KEIMZEIT 08/10 SILVERSTEIN 09/10 SXTN ! SOLD OUT 10/10 IRIE RÉVOLTÉS 11/10 GUANO APES 13/10 BAMBULE 2017: TORCH, TONI L, U.V.A. 16/10 KASALLA 18/10 VON WEGEN LISBETH 20/10 KÄPTN PENG & DIE TENTAKEL VON DELPHI 22/10 BLOND 26/10 MONTREAL 27/10 DIE APOKALYPTISCHEN REITER INFOS & TICKETS WWW.FZW.DE

FZW | RITTERSTR. 20 | 44137 DORTMUND

special guests: A Day To Remember, Lower Than Atlantis

Mo. 07.08.2017 | Westfalenhalle 1, Dortmund

08.09. BROTFABRIK 20:00 HEIN COOPER Mo. 25.09.2017 | Palladium, Köln

13.09. BATSCHKAPP 20:00 BEAR´S DEN

So. 08.10.2017 | Palladium, Köln

16.09. GIBSON 19.30 2RAUMWOHNUNG

Mi. 18.10.2017 | Lanxess Arena, Köln

21.09. ZOOM 20.00 RIN

special guest: Jamie Lawson Sa. 21.10.2017 | Palladium, Köln

27.09. JAHRHUNDERTHALLE 20.00 CLUESO

Di. 07.11.2017 | Palladium, Köln

30.10. ZOOM 21:00 MOTORPSYCHO

Do. 09.11.2017 | Palladium, Köln

06.11. MOUSONTURM 20.00 THE RESIDENTS

BONOBO

Sa. 02.12.2017 | Lanxess Arena, Köln

12.11. ALTE OPER 20.00 GLEN HANSARD 22.11. JAHRHUNDERTHALLE 20.00 MILKY CHANCE 28.11. HUGENOTTENHALLE 19.00 KONTRA K. TICKETS MOUSONTURM: TEL 069.405.895-20 WWW.MOUSONTURM.DE INFOS BROTFABRIK: WWW.BROTFABRIK.INFO

WEITERE VERANSTALTUNGEN: WWW.MARKUSGARDIAN.DE

E

THE SMITH STREET BAND

15.08. ZOOM 21.00 WATSKY

23/06

T

INGLORIOUS

Strand Child, The Away Days, Hush Moss, Gosto, His Clancyness, Ropoporose

MONSTER MAGNET GOV´T MULE MORITZ GARTH ME FIRST AND THE GIMME GIMMES ETEPETETE INDIE MUSIC FESTIVAL SPASTIC FANTASTIC FEST 2017 CALYPSONIC STEEL ORCHESTRA YOUTH BRIGADE FESTIVAL LIVEUROPE BÜHNE @ JUICY BEATS: FABER, PINS, JOY WELLBOY,... TRIVIUM KYLE GASS BAND CAR SEAT HEADREST FZW INDIE NIGHT: ALASKA GOLD RUSH, COALS,U.V.A. ROGERS MUK.E 17:

A

Sa. 03.06.2017 | Die Kantine, Köln

Do. 15.06.2017 | MTC, Köln

08.08. ZOOM 21:00 ALLAH – LAS

P

prime entertainment www.prime-entertainment.de

DIE TOTEN HOSEN KRAFTKLUB · K.I.Z U.A.


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#Preview #Demnächst #Katz und Goldt

Demnächst: Intro #254 — 03.07.2017

Beth Ditto, Faber, Lea Porcelain, Phoenix, Ein Besuch bei Ulrich Holbein, Haim, Detlev Buck über »Magical Mystery Tour«, Royal Blood, Waxahatchee


DAS DASMMAGA AGAZZIIN N FÜ F ÜRRPPOOP,P, PPOOLLI TI TI K I K && F FE EMMI N I NI S I SM MUUSS JETZT JETZTIM IM HANDEL HANDEL &&ALS ALS EPAPER EPAPER



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