#Pop #Kultur #Life #Style
N E G O Z E G U MASKULIN Z GEBEN DER WELT DEN REST
Virginie Despentes — King Krule — Dillon — Zadie Smith — Kakkmaddafakka —
Julien Baker — Gisbert zu Knyphausen — Bill Murray — Stranger Things — Destroyer — Mine & Fatoni
#257 November 2017 gratis www.intro.de
zugezogen maskulin
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#Intro Editorial
#Intro
Der erste Entwurf für dieses Cover entstand kurz nach der Bundestagswahl – und traf ziemlich genau unser Gefühl von Wut beim Anblick der Ergebnisse. 12,6 % der Deutschen wählen diese geifernden, rumheulenden, hetzenden AfD-Gestalten ohne Plan? Ehrlich jetzt? Zugezogen Maskulin liefern mit ihrem Album »Alle gegen alle« den Soundtrack und die passenden Slogans zu diesem traurigen Rückschritt. Und das tun sie so treffsicher, intelligent und böse, weil sie nicht nur großartige Texter sind, sondern weil sie ihre Wut gegen alle richten und dabei die eigene Blase nicht ausklammern, in der sich auch viele von uns bewegen. Zum Glück gilt ihr »Mittelmaß wohin man sieht« nicht für unsere übrigen November-Themen. Wir trafen zum Beispiel Kultschauspieler Bill Murray und Cellist Jan Vogler, die gemeinsam ein Album aufgenommen haben, Zweifelgöttin Julien Baker, die Schriftstellerinnen Zadie Smith und Virginie Despentes, Nuschelkönig King Krule, Chefmelancholiker Gisbert zu Knyphausen und die Kids aus »Stranger Things«. Alles gute Leute, die uns hoffen lassen, dass doch nicht alles zum Kotzen ist, wie Zugezogen Maskulin in »Was für eine Zeit« in die Welt schreien. Daniel Koch (im Namen der Redaktion)
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Das Leben der anderen
DAS LEBEN DER ANDEREN Thomas Roscheck (links) vom Musikclub Rockhal und Sam Reinard (rechts) vom Rocklab erklären unserem Chefredakteur, was man sich in Luxemburg so anschauen und anhören muss. Für eine Reportage über die Musikszene des letzten Großherzogtums Europas führten sie ihn einen Tag lang durch Stadt und Land und machten ihn mit spannenden Bands und Moselweinen bekannt. Vielen Dank dafür! Kann man sich nicht besser ausdenken: Das Interview mit Bill Murray und dem Cellisten Jan Vogler fand dank Reisechaos am Gleis 8 des Berliner Hauptbahnhofs statt. Der Autor Christian Schlodder konnte das alles auch nicht so recht glauben. Als Intro ihm das Interview anbot, schrieb er schon: »Ach, … jetzt kann ich beruhigt sterben.« Bitte nicht! Wie es zum Chaos kam, lest ihr auf Seite 42.
Vor einigen Tagen verabschiedeten wir unsere #Style-Redakteurin Frederike Ebert (links) in die Babypause und begrüßten Chiara Baluch (rechts), die wir frisch von der Akademie für Mode & Design in Düsseldorf gesignt haben. Dort hat sie Modejournalismus und Medienkommunikation studiert. Willkommen im Team!
Aus der Redaktion Carsten: »Was willst du mit Fanatismus, wenn du einen Rolls-Royce haben kannst?« Senta [nach ’nem lauten Knall im Flur]: »Huch, was war das?« Wolfgang: »Weiß nicht, jemand wurde erschossen. Egal, mach weiter! Wir haben Abgabe!« Daniel: »… und drei Liter später war er weg.« Wolfgang [mit besorgtem Blick auf sein Shirt]: »Ich hatte Pasta zum Frühstück … Zahnpasta.«
Unsere neuen Kolumnisten für die »First World Problems« im #Life-Teil heißen Lukas Diestel und Jonathan Löffelbein. Gemeinsam betreiben sie den Tumblr-Blog und die dazugehörige Facebook-Seite »Worst of Chefkoch«. Hier machen die beiden Freiburger jeden Tag die absurdesten und ekligsten Chefkoch. de-Gerichte publik und liefern dazu passende, meist noch absurdere Texte. Wir sagen danke – für etliche Lachtränen und dafür, dass ihr jetzt für uns schreibt!
Inhalt
INHALT #Intro
#Pop
Bilder von: Tobias Zielony, Dario Salamone,
Zugezogen Maskulin: Glaube begraben 36
Jamie Hawkesworth 8
Julien Baker ist kein Trauerkloß 40
Omar Souleyman will nicht reden 12
Auf Gleis 8 mit Bill Murray & Jan Vogler 42
Jennifer Rostock: Happy Worst of 14
Dillon: Mehr Horn als Kleid 44
Vinyl und Analfotografie: Virginie Despentes 16
Hausbesuch bei Kakkmaddafakka 48
Auftakt mit: Afrob, Lea W. Frey, Kele, Top 7 Songs gegen Trump, Alex Lahey, Maurice & Die Familie Summen, Suzan Köcher
Gisbert zu Knyphausen: Alles drin 46
Von Körperteilen und Zombies: King Krule 18
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Mine & Fatoni: Liebe als Pseudoreligion 54 Mixt den Weltuntergang: Destroyer 56
#Kultur Am Set von »Stranger Things« 60 Zadie Smith im Gespräch 64 Neu im Kino: »Good Time« und »Fikkefuchs« 68 Neu auf DVD: »Power«, »Blood Simple« und »Achterbahn« 70 Neue Games: »Playerunknown’s Battlegrounds« und »Metroid: Samus Returns« 72
#Life Pop und Posthumanismus 76 First World Problems: Fernbus 79 Reportage: So klingt Luxemburg 80 Popküche: »Modern Family« 84
#Style Modestrecke: Teenage Dreams 88
#Review Platten vor Gericht 96 Neue Platten 98
#Preview Impressum / Dein Intro 6
Intro empfiehlt 118
Katz & Goldt / Demnächst 130
Kalender 120
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#Intro Dein Intro
DEIN INTRO Und wo warst du im November 2007? Intro #155
IMPRESSUM Verlag Intro GmbH & Co. KG, Oppenheimstraße 7, 50668 Köln Fon +49 221 949930, Fax +49 221 9499399 verlag@intro.de, vorname.nachname@intro.de, www.intro.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann Director Publishing & Projektleitung Intro Martin Lippert Director Brand & Media Cooperations David Winter Chefredakteur Daniel Koch (V.i.S.d.P.) Stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Frömberg Artdirektor Holger Risse
Covergeschichte: Welche Band hielt sich schon vor zehn
Jahren strikt an das Farbkonzept Schwarz und Weiß? Richtig: The Hives. Was nicht ganz so typisch für den Fünfer aus Schweden war: Produzenten wie Timbaland und Pharrell Williams. Genau die mischten aber am damaligen Album mit dem platten Titel »The Black And White Album« mit. Der Rest ist Geschichte. Oder auch nicht. Storys: Kate Nash, Jahcoozi, Jimmy Eat World, The Thrills, The Pyramids, Holy Fuck, The Hives, Jens Lekman, Róisín Murphy, Cobblestone Jazz, Land Of Talk, Alter Ego, David Shrigley Wichtige Alben: Band Of Horses »Cease To Begin«, Jens Lekman »Night Falls Over Kortedala«, Devastations »Yes, U«, Egotronic »Lustprinzip«, Foo Fighters »Echoes, Silence, Patience & Grace«, The Hives »The Black And White Album«, Holy Fuck »LP«, Metric »Grow Up And Blow Away«, Jimmy Eat World »Chase This Light«, Ween »La Cucaracha« Platten vor Gericht: Sieger: Ween – 8,41 / Letzter: The Twang – 4,00 Besondere Vorkommnisse: Pferde im Intro? Mode macht’s möglich! In der Style-Strecke der November-2007-Ausgabe wurden Mäntel, Jeans und Stiefel tatsächlich auf den glücklichsten Rücken präsentiert, die diese Erde zu bieten hat. Schlagzeile des Monats: +++ Einführung der ersten Generation des iPhones +++ USA: Amazon veröffentlicht den ersten Kindle +++
Stellvertretende Artdirektorin Frederike Wetzels Redaktion Chiara Baluch (#Style), Senta Best (Textchefin, #Life), Kristina Engel (Lektorat), Wolfgang Frömberg (#Kultur), Daniel Koch (#Pop), Christian Steinbrink (CvD, #Review), Sermin Usta, Frederike Wetzels (Foto) Live-Redaktion Henrike Schröder (Volontariat), Carsten Schumacher Layout Jörn C. Osenberg (osi) Online- & News-Redaktion (news@intro.de) Julia Brummert, Philip Fassing (Leitung Produktentwicklung), Bastian Küllenberg (Leitung Social Media) Terminredaktion termine@intro.de Texte Lena Ackermann, Aida Baghernejad, Hannah Bahl, Benni Bender, Kristof Beuthner, Fionn Birr, Jan Bojaryn, Annett Bonkowski, Andreas Brüning, Dominik Bruns, Helen von Daacke, Lukas Diestel, Rami Eiserfey, Valentin Erning, Lars Fleischmann, Lisa Forster, Nina Gierth, Steffen Greiner, Claudius Grigat, Elisabeth Haefs, Henrik Hamelmann, Carina Hartmann, Dirk Hartmann, Patrick Heidmann, Nils Herrmann, Ulf Imwiehe, Paula Irmschler, Sebastian Jegorow, Madleen Kamrath, Kerstin Kratochwill, Mario Lasar, Julia Maehner, Konstantin Maier, Jan Martens, Mathias Meis, Sarah Neuhaus, Katja Peglow, Verena Reygers, Henje Richter, Philipp Röttgers, Nils Schlechtriemen, Christian Schlodder, Simone Schlosser, Kira Schneider, Leonie Scholl, Michael Schütz, Silvia Silko, Christian Steigels, Till Stoppenhagen, Thorsten Streck, Gabriele Summen, Karola Szopinski, Klaas Tigchelaar, Tobias Tißen, Stephan Uersfeld, Nisaar Ulama, Oliver Uschmann, Annette Walter, Timo Weber, Liz Weidinger, Kai Wichelmann, Katrin Wiegand, Gregor Wildermann, Marius Wurth, Louisa Zimmer Cover Holger Risse Illustrationen Peter Hoffmann, Alexandra Ruppert Fotos Tim Bruening, Carmen Catuti, Vincent Desailly, Daniel Feistenauer, Sam Flammang, Vitali Gelwich, Martin Krüger, Tereza Mundilova, Laerke Posselt, Alena Schmick, Sandra Stein, Linn Heidi Stokkedal, Jan Philip Welchering, Frederike Wetzels, Hannes Wiedemann und Pressebildfreigaben Personal & Organisation Rebecca Wast (Leitung), Svenja Bender PraktikantInnen Miriam Fendt, Vanessa Kolb, Hanna Rose, Marlien Rubner, Luca Schröder, Lukas Senger, Lena Zschirpe Vertrieb Dominik Raulf (Leitung – Fon +49 221 9499341) Abo Svenja Bender (abo@intro.de) Brand & Media Cooperations Büro Köln Fon +49 221 94993-Durchwahl: David Winter (Leitung) -63 (Media & Marken & Digital), Martin Lippert -17 (Musik, Film, Marken), Josipa Balić -70, Sabrina Esser -33 (Marken & Media), Kathrin Marion Fischer -75 (Digital Sales), Geraldine Schleder -19 Büro Berlin Fon +49 30 4036705-Durchwahl: Sebastian F. Dudey -11 (Live Entertainment & Kleinanzeigen) Auftragsannahme & Administration Eva Sieger (Leitung) -14, Florian Schuster -16 Fax +49 221 9499388 Aktuelle Anzeigenpreisliste Mediadaten 2017 (Nr. 27 aus 11/2016) Download Mediaunterlagen hoerstmann.de/mediadaten Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G., BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900 Termine für Nr. 258 / Dezember 2017 & Januar 2018: Redaktionsschluss:
Bei seinem Redaktionsbesuch zeichnete Comic-Künstler Reinhard Kleist dieses tolle Porträt von Nick Cave, damit wir es verlosen konnten. Das Thema Comic ist bei uns in den letzten Jahren überhaupt präsenter geworden, seit Julia Brummert und Bastian Küllenberg sich auf intro.de unter #Comic ihrem Herzensthema widmen. Schaut doch mal vorbei!
Ein neues Filmfestival, das vom 8. bis 30. November Musikfilme und ihre Macherinnen und Macher vorstellt? Da simma dabei! Deshalb präsentiert Intro das Soundwatch – Berlin Music Film Festival
in den Spielstätten Lichtblick Kino und Silent Green. Los geht es mitder Laibach-reisen-nach-Nordkorea-Doku »Liberation Day« (Foto) im Silent Green.
03.11.2017; Termin- & Anzeigenschluss: 10.11.2017; Druckunterlagenschluss: 14.11.2017; Erscheinungstermin: 04.12.2017 Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen Bezugsquellen erhältlich an ausgewählten Auslagestellen im gesamten Bundesgebiet sowie im Abonnement Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, 100% Altpapier. Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos!
Von E-Mails on Fire
Zu Arcade Fire
Musik im ganzen Haus mit sonos.com
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Die Maske deutet es an: In den Fotografien von Tobias Zielony geht es um Identitäten, Rollen und den Kampf damit – ganz aktuell am Beispiel von Akteuren der russischen Techno- und Queer-Szene aufgezeigt. Zielonys Arbeiten sind noch bis zum 14. Januar im Von-der-Heydt-Museum in Wuppertal zu sehen.
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Seit neun Ausgaben ist das vom Solch Studio herausgegebene spanische Magazin Odiseo damit beschäftigt, die Regeln des Erotikheft-Marktes auszuweiten beziehungsweise zu brechen. Verführung wurde noch nie so kreativ gedeutet und umfasst nicht nur Frauen-, sondern auch Männer-Akte. Das Foto stammt von Dario Salamone.
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In den letzten Jahren ist Jamie Hawkesworth vor allem in der Welt der Modefotografie bekannt geworden. Dass der junge Brite aber auch deutlich breiter aufgestellt ist, zeigt seine Ausstellung »Landscape With Tree«, die noch bis zum 3. Dezember im Huis Marseille in Amsterdam läuft.
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#Pop #Omar Souleyman
Omar Souleyman
»ICH BIN EINFACH NUR EIN SÄNGER« #Pop — Omar Souleymans Album mit dem vielver sprechenden Titel »To Syria, With Love« ist wie Autoscooter: laut, aufgedreht, bunt glitzernd und der Welt abseits von Zuckerwatte völlig abgewandt. Dabei hat der Mann, der vor dem Krieg aus Syrien fliehen musste, sicher viel zu erzählen. So recht will er das aber nicht, wie Vincent Lindig bemerkt. Foto: Tim Bruening
O
mar Souleyman begann seine Karriere als Hochzeitssänger in Syrien. Animationsmusik, Songs über Liebe und Treue zu quirlig-elektronischen Beats. Dann kam der Krieg, er musste fliehen und wurde irgendwie ein gefeierter Popstar. Es folgten Kollabos mit Größen wie Björk und Damon Albarn, Diplo holte ihn auf sein Label Mad Decent, und spätestens jetzt wurde klar: Omar Souleyman ist eine coole Nummer. Aber irgendwas schmeckt fad an der Geschichte. Der Sound ist seit der Erfolgsplatte »Wenu Wenu« synthetischer geworden – man könnte auch sagen: kälter. Auf »From Syria, With Love« liegen erbarmungslos dudelnde Synthies über Beats, die selbst für die Jungs von Scooter eine Mutprobe wären. Dann wieder entfaltet sich auf Songs wie »Mawal« Souleymans fesselnde Stimme über einem ruhigen Instrumental – und plötzlich ahnt man die Seele unter der knisternden Hülle. Auf Albumlänge klingt die Mischung aus traditionellen Einflüssen und modernen Sounds aber leider oft eher kalkuliert als organisch. Hinter dieser Musik verbirgt sich ohne Frage eine vielschichtige Künstlerpersönlichkeit. Sprechen will Omar Souleyman darüber leider nicht. Vor dem Interview bekomme ich einen Katalog mit Fragen, die ich nicht stellen darf und der wiederum viele weitere Fragen aufwirft. Wie komme ich ran an Souleyman, wenn ich
einen Mann, der seine Gagen 2013 an Flüchtlingshilfen spendete, nichts zu Syrien und dem Krieg, nichts zu Religion und politischen Themen im Allgemeinen fragen darf? Wenn so viele Aspekte ausgeklammert werden, die seine Person abseits der Musik interessant machen? Also sprechen wir über die Zusammenarbeit mit Diplo, das Verständnis seiner Musik zwischen Tradition und EDM und sein Selbstverständnis als Künstler. Die Antworten sind ernüchternd: Souleyman hat Diplo nie getroffen, von EDM weiß er nichts, eine tiefere Message seiner Musik verneint er. »Ich bin einfach nur ein Sänger.« Nach dem Interview bleiben mehr Fragezeichen als zuvor – und der Katalog mit denselben
verbotenen Fragen begegnet mir bei einem anderen Künstler ein paar Tage später wieder. Woher kommt die Müdigkeit, sich zu Themen abseits der Musik zu äußern? Liegt es daran, dass Artists wie Souleyman unpolitisch sind und keine Ahnung von nichts haben? Oder daran, wie Musiker von der Musikpresse auf Stereotype festgenagelt werden? Vielleicht ist es ein bisschen was von beidem. Es ist Zeit, wieder gesprächsbereiter und interessierter zu werden. Sonst lesen sich Interviews nämlich wie die Antworten von Omar Souleyman, die auch eine bescheidene Selbstbeschreibung angebotener Leistungen auf Helpsters sein könnten: »Ich bin einfach nur ein Sänger.« Und das ist mit Sicherheit sehr tief gestapelt. »To Syria, With Love« klang irgendwie vielversprechender. — Omar Souleyman »To Syria, With Love« (Because / Al!ve)
MI 22.11.17
FR 13.04.18
FR 04.05.18
BENJAMIN CLEMENTINE
WALLIS BIRD
EIVOR /
POPMUSIK IN BESTER AKUSTIK konzerthaus-dortmund.de/popabo
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#Pop #Jennifer Rostock
Je: ... oder keine Angriffsfläche bieten möchte. Wir bieten natürlich viel Angriffsfläche, wie Jennifer Rostock wir in den letzten Jahren festgestellt haben. Jo: Aber was haben wir denn gesagt? Wir haben gesagt, dass wir gegen Sexismus sind, gegen Homophobie, gegen Rassismus und dass wir ehn Jahre Jennifer Rostock – ihr wart die AfD scheiße finden. wahnsinnig jung, als die Band groß Je: Ja, wir haben krass auf die Kacke gehauen! wurde. Ch: Ist das schon verfassungsfeindlich? Jennifer: Wir waren einfach scheiße. Wir haben Du hast ja sogar Drohungen an deine Privatimmer Freunde ins Backstage mitgenommen, adresse bekommen, Jennifer. Wie hält man die haben dort dann Sachen kaputt gemacht so einen Hass aus? und hingepisst. Währenddessen haben wir Je: Auch auf mein Handy. Ich bin daraufhin #Pop — Jennifer Weist und uns mit Wurstplatten und Nudeln beworfen. umgezogen. Ich hatte natürlich Angst, Angst ihre Band feiern in diesem Jahr Joe: Wir haben vor 20 Leuten gespielt und nach Hause zu kommen. Dort hab ich immer dachten: »Boah, wir sind Rockstars, jetzt müs- in alle Räume geguckt, auch unter mein Bett. Zehnjähriges. Zum Geburtstag sen wir uns auch so benehmen.« Ich war dann bei der Polizei, das hat aber gar haben sie sich selbst ein »Worst Je: Und dann haben wir vor 200 Leuten ge- nichts gebracht. spielt und dachten: »Boah, wir sind richtige Was sagen so Trolle am Telefon? Of« mit den besten Ideen und Rockstars!« Wir waTextschnipseln geschenkt, die ren jung und haben »Aber heutzutage gehört es ja zum guten Ton, in ein neues musikalisches es genossen, dass auf Morddrohungen zu bekommen.« Outfit gesteckt wurden. Aida einmal Leute für uns aufgebaut haben. Wir Baghernejad hat Jennifer, Joe, Je: Dass sie mich umbringen wollen. Christoph und Hund Whisky zu haben dann alles wieder eingerissen. Von außen wirkt es so, als wärt ihr in den letz- Ch: Das sind alles ganz harmlose Demokraten. einem Gespräch über Trolle, ten Jahren immer politischer geworden und Je: Keine Sorge. Die machen das alles nicht Haltung und Rockstartum würdet auch politischer wahrgenommen. wahr, was sie sagen. Ist nur ein kleines SpäßChristoph: Wir waren schon immer politische chen, ne? Aber heutzutage gehört es ja zum getroffen. Persönlichkeiten. Das hat sich immer mehr in guten Ton, Morddrohungen zu bekommen. die Band reingesneakt. Als ich mal mit Bass Sultan Hengzt diskutiert Jo: Wir äußern uns zu Dingen, die die Ge- habe, meinte er zu mir: »Oh, komm ey, wer sellschaft betreffen, und klar haben wir dazu hat noch keine Morddrohung bekommen?« eine Meinung, die wir auch sagen wollen. Muss man sich also zurücklehnen und sagen: Vieles, was wir thematisieren, ist für uns »Ist doch easy«, oder was? selbstverständlich. Ch: Die breite Masse in Deutschland sagt lieber — Jennifer Rostock »Worst Of« (Four / Sony) nichts, weil sie so radiokonform sein will ... — Mehr Interview auf intro.de
VON ROCKSTARS Z UND TROLLEN
Kann ich auch bei schwachem Licht starke Fotos machen?
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#Kultur #Virginie Despentes
Virginie Despentes
WAS HAT IHN V BLOSS SO RUINIERT? #Kultur — Das System ficken, aber wie? Der erste Teil von Virginie Despentes’ RomanTrilogie, »Das Leben des Vernon Subutex«, handelt von einem untergehenden Plattenhändler und der Unmöglichkeit, dem Neo liberalismus zu entkommen. Foto: Vincent Desailly
inyl und Analogfotografie – wir sind also beide Überlebende einer untergegangenen Industrie«, so der lakonische Kommentar einer Bettlerin, die Vernon Subutex gegen Ende des Buches beibringt, wie man vor einem Pariser Supermarkt am effektivsten die Hand ausstreckt. Einst besaß dieser Subutex, titelgebender Antiheld in Virginie Despentes’ fulminantem Trilogie-Auftakt »Das Leben des Vernon Subutex«, einen Plattenladen und hörte von morgens bis abends Punkrock. »Ursprünglich war der Roman als eine Art Hommage an den Einfluss der Musik auf mein Leben gedacht«, erzählt die 1969 geborene Autorin, die ihren Skandalroman »Baise-moi – Fick mich« einst selbst verfilmte.
»Diese Grundidee hat sich schnell zu einer Reflexion darüber ausgeweitet, wer wir waren, die wir in den 1980er Jahren in beinahe mystischer Verzückung Musik gehört haben, und was aus uns geworden ist. Wir haben uns sehr verändert.« Genau wie die Welt rund um Vernon Subutex. Seit ihm Napster und YouTube das Geschäft ruiniert haben, geht es bergab mit ihm. Schließlich steht der nunmehr arbeitslose Plattenverkäufer auf der Straße. Mit fadenscheinigen Ausreden und dem, was er am Leib trägt, lässt er sich für jeweils ein paar Nächte auf den Sofas ehemaliger Weggefährten nieder. Pech für Vernon, Glück für die Leser: Denn auf diese Weise entfaltet sich ein facettenreiches Panorama der Pariser Gesellschaft vor unseren Augen, die haltlos taumelt zwischen »Horrorkapitalismus« und Abstiegsangst. Sähe das Buch heute, nach der Wahl Em- »Würde ich manuel Macrons zum jetzt anfangen französischen Staatszu schreiben, präsidenten, anders aus? Im Gegenteil, wäre die meint Despentes: Verzweiflung »Würde ich jetzt an- meiner fangen zu schreiben, Figuren sogar wäre die Verzweiflung meiner Figuren sogar noch größer.« noch größer. ›Vernon Subutex‹ ist ein Buch über die Unmöglichkeit, dem liberalen System zu entkommen – die raffinierteste Form des Totalitarismus, die wir je erlebt haben.« In diesem System gefangen ist der Ex-Hells-Angel Patrice, dessen Frau längst vor seinem Jähzorn Reißaus genommen hat. Der fremdenfeindliche Drehbuchautor Xavier, der sich aufopfernd um den Familienhund sorgt, jedoch alles, was jenseits des eigenen Gartenzauns geschieht, hasserfüllt beäugt. Und nicht zuletzt der Börsenspekulant Kiko, der auf einer im Platzen begriffenen Finanzblase reitet, während er permanent seine koksinspirierten Ergüsse twittert. Allem Zynismus zum Trotz klingt das Ende, in dem Vernon buchstäblich mit Paris verschmilzt, überraschend versöhnlich. Wie nicht anders zu erwarten, besteht »die Berührung der Stadt« zum Großteil aus Musik. Wenn auch nicht unbedingt Punkrock. »Ich habe ohne Pause Leonard Cohen gehört, während ich die Trilogie schrieb«, verrät Despentes. »Vermutlich hat das eine Art Ruhe geschaffen, einen pessimistischen, aber auch zärtlichen Flow.« Anja Kümmel — Virginie Despentes »Das Leben des Vernon Subutex« (Kiepenheuer & Witsch, 399 S., € 22)
PROMOTION
PROMOTION
Zara Larsson beim Z Volkswagen Garage Sound V Seit 2015 verbindet der Volkswagen Garage Sound aktuelle Volkswagen-Modelle mit TopActs der Musikbranche. In der Vergangenheit traten hier bereits Wiz Khalifa, Charli XCX oder Jessie J auf – nun Zara Larsson. In Frankfurt startet Volkswagen die 1-jährige Kooperation mit dem schwedischen Popstar. Bei der IAA in Frankfurt sprach die Schwedin über die Zusammenarbeit, ihre Anfänge und Vorbildfunktion. Zara, geht’s dir wieder besser? Deine Show beim Midtown Festival in Atlanta hast du ja unterbrochen – um dich Backstage zu übergeben. Das war seltsam. Eigentlich versuche ich, auf mich zu achten, genug zu trinken, genug zu schlafen. Hoffentlich passiert mir das nicht noch einmal. Du bist in einem Video für den neuen Volkswagen T-Roc zu sehen. Warum machst du’s dir da auf dem Beifahrersitz bequem? Hast du keinen Führerschein? Haha, nein! Schon ironisch, oder? Ja. Aber Volkswagen greift mir zum Glück unter die Arme – ich brauche einfach ein Auto! In Los Angeles ist das wirklich die einzige Möglichkeit, um vernünftig vom Fleck zu kommen. Hoffentlich klappt’s dieses Jahr noch mit dem Führerschein, spätestens im nächsten. Passen Autos und Musik denn gut zusammen? Ich denke schon. Viele Menschen hören ja Musik im Auto. Für viele Kampagnen macht Musik Sinn. Wenn ein guter Song im Hintergrund einer Werbung läuft, findet man das Produkt automatisch besser. Wenn ich für Volkswagen auf der Bühne stehe, fühlt sich das richtig an. Keiner verlangt, dass ich was über Autos erzähle. Wenn ich singe, mache ich, was ich am besten kann. Und auch Volkswagen steht schon lange für Musikengagement – das passt dann einfach gut zusammen. Zurück zum »Volkswagen Garage Sound«: Viele Künstler haben in heimischen Garagen angefangen. Du allerdings hast schon als Kind eine Kunstschule besucht. Ist das vorteilhaft, um Karriere zu machen? Ich bin doch auf keine Kunstschule gegangen! Keine Ahnung, woher du das hast.
Seit 2015 verbind Sound aktuelle Vo Acts der Musikbra traten hier bereits Jessie J auf – nun startet Volkswage mit dem schwedis Frankfurt sprach d menarbeit, ihre A Die Kulturama Art School in Stockholm? Das ist doch eine Kunstschule. Ja gut, du hast Recht. Aber es war schrecklich! Die Musik interessiert mich, seit ich ein Kind bin. Meine Eltern sind aber gar nicht so musikalisch. Meine Mum hört zwar manchmal Radio, aber das war’s. Das meiste musste ich mir selbst beibringen. Jetzt ist es für mich das Größte, auf der Bühne zu stehen und zu singen.
Za be ja Da ac pa
Du zu
Du hast mal gesagt, dass du an der Schule ein Bewusstsein für »sensible« Themen entwickelt hast und dass dir das nun hilft, damit andere von deiner Bekanntheit profitieren. Was heißt das? Es gibt keine spezielle Frage, die wir uns als Menschen stellen können. Aber es gibt genügend Probleme auf der Welt, die gelöst werden müssen. Künstler mit einem gewissen Bekanntheitsgrad haben auch die Aufgabe, Idole und Vorbilder für ihre Fans zu sein. Siehst du dich also als Vorbild für deine Fans? Ja, sicher. Ich schätze schon, dass es Fans gibt, die zu mir aufblicken. Ich bin sicher nicht perfekt. Wenn ich aber dabei helfen kann, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen, dann ist das eine Aufgabe, über die ich dankbar bin.
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#Kultur #Style #Life #Pop
#Kultur — Eine Frau, die immer weiter schrumpft, bis sie nur noch ein Staubkorn ist. Eine weitere, die vom Elternhaus in die große Stadt zieht. Ein Serienschöpfer, der damit leben muss, dass seine Idee von den Fans ganz anders interpretiert wird. Sie alle und viele weitere Charaktere kommen in Jillian Tamakis neuem Comic »Grenzenlos« zusammen. Im Gegensatz zu ihrem letzten Buch »Ein Sommer am See«, das sie gemeinsam mit ihrer Cousine Mariko veröffentlicht hat, ist »Grenzenlos« keine stringente Geschichte, sondern eine Sammlung von Kurzgeschichten, die in den letzten Jahren entstanden sind. Im Interview erklärte sie: »Die Geschichten
#Style — Adidas und das Lifestylemagazin Refinery29 haben für ihr gemeinsames Projekt elf unterschiedliche Künstlerinnen damit beauftragt, für jeden der 50 Bundesstaaten der USA ein entsprechendes Sneakermodell zu entwerfen. New Jersey bekam dieses ... äh ... wundervolle Modell. Unser Tipp: Sieben Tage ungelüftet zum Joggen tragen intensiviert den Käsegeschmack.
sind inspiriert von Dingen, die mich wütend gemacht haben, andere sind Gedankenspiele. ›Darla‹, die Geschichte über die Serie, sollte eigentlich nur ein Tweet werden. Dann habe ich aber doch einen Comic daraus gemacht.« Tamakis Zeichnungen sind oft abstrakt, Worte und Bilder funktionieren häufig erst auf den zweiten Blick zusammen. »Grenzenlos« ist ein großartiger Comic, der mit stillem Humor und wunderschönen Zeichnungen besticht. — Jillian Tamaki, »Grenzenlos«, Reprodukt — Interview auf intro.de
PROMOTION
#Life — Cover-Kitchen
My Bloody Valentine »Loveless«
HOT SHOT. SERVED COOL. JACK FIRE
Für »Loveless« drei EL Rote-Beete-Saft mit einem Schuss Ketchup vermischen, an den dunklen Stellen einen Schluck Balsamico-Reduktion unterheben. Schließlich mit einer Gabel den Gitarrenhals einritzen. »Loveless« – so wertvoll wie ein blutiges Steak. Ihr habt auch Ideen für Cover, die man mit Essen nachstellen kann? Her damit! Schickt einfach eine Mail mit dem Betreff »Cover-Kitchen« und eurem Vorschlag an verlosung@intro.de. Wir wählen aus, kochen nach und versorgen den Gewinner mit einem Überraschungspaket mit aktuellen Alben und Filmen.
»Ja, wir zünden unsere Weltuntergangsrakete und tanzen trotzdem drauf.« Fuck Art, Let’s Dance über ihr dystopisches und dennoch tanzbares Album »Forward! Future!«, das sie in einem Bunker aufgenommen haben. Das Interview findet ihr auf intro.de. — Fuck Art, Let’s Dance »Forward! Future!« (Audiolith / Broken Silence)
Mit dem knallroten Fire-Mobil war JACK DANIEL’S dieses Jahr auf großer Fire-Abend-Tour in Metropolen wie München, Hamburg und Berlin unterwegs, um Kostproben des ersten Shots von JACK DANIEL’S zu verteilen: JACK FIRE. Und der neueste Zuwachs der JACK DANIEL’S Familie wusste zu überraschen: Leicht scharf, würzig mit Zimt und einer erstaunlichen Süße bleibt er trotzdem unverkennbar JACK! Fire-Mobil verpasst? So schnell wie die Feuerwehr bringt JACK DANIEL’S zwei glücklichen Gewinnern den Fire-Abend direkt nach Hause. Zu gewinnen gibt es jeweils eine Flasche JACK FIRE und zwei Shotgläser in einer handgefertigten Verpackung aus original Feuerwehrschlauch. Jedes Stück davon ist ein Unikat und nicht im Handel erhältlich. Um am Gewinnspiel teilzunehmen, schick einfach eine Mail mit dem Betreff »JACK FIRE« an verlosung@intro.de. Teilnahme ab 18.
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#Pop
Mein Song und seine Geschichte
AFROB »REIMEMONSTER« #Pop — Die Neunziger feiern Revival und nur Deutschrap lässt das kalt? Wohl kaum, schließlich läuft auf jeder guten wie schlechten 90erParty mindestens ein HipHopClassic – und jeder weiß, welcher. Sermin Usta sprach mit Afrob über seinen 1999 veröffentlichten Hit »Reimemonster«.
W
as wäre passiert, wenn sie Ferris damals erwischt hätten?«, frage ich mich manchmal. Dann hätten wir diesen Song wohl niemals gemacht. Zumindest nicht so, wie er heute ist. Von daher glaube ich, das es die Hand Gottes war, die den Song schließlich ermöglicht hat – und das, obwohl Ferris mit einem Rucksack voll Haze am Stuttgarter Bahnhof ankam. Das hätte auch alles ganz anders laufen können. Ich meine, wer reist mit so viel Zeug in der Tasche nach Stuttgart? Ich hatte ihn ein paar Wochen zuvor angerufen und ihm von einem DJThomilla-Beat erzählt, der schon durch einige Hände gegangen war, den aber bisher alle abgelehnt hatten. Alle außer mir. Ich wusste, Ferris war der beste MC für den Track. Er ist ein besonderer Mensch. Ich hatte ihn in meinem Leben allerhöchstens zwei Wochen am Stück gesehen, aber das hat gereicht, um zu merken, dass er zu den Leuten zählt, die überhaupt keine Issues haben – und das ist in diesem Business wirklich selten. Ferris spricht von Mensch zu Mensch und stellt nicht irgendwen dar. Dafür schätze ich ihn sehr. Und ihr seht, was passiert ist: Durch diesen Song sind wir für immer miteinander verbunden. So etwas passiert nicht oft im Leben. Und wie ich schon sagte, wurden uns einige Steine in den Weg gelegt. Das Musikvideo beispielsweise sollte in Tschechien gedreht werden. Alles war vorbereitet, die Crew bereits vor Ort, und plötzlich fiel uns auf, dass ich ein Visum brauchte,
um zum Drehort zu reisen. Die Sache wurde sofort abgeblasen. Der damalige Label-Geschäftsführer Fitz Braum gab mir aber sein Wort, dass noch ein Video gedreht werden würde – komme, was wolle. Wir dachten kurz an Panzer, die über nackte Frauenkörper rollen, und so. Zum Glück haben sich diese bescheuerten Ideen nicht durchgesetzt. Dafür sind wir gemeinsam mit ein paar Stuttgartern und den Spezializtz im Schlepptau nach Bregenz in ein Kunstmuseum gefahren. Da lief auch alles gut, bis mich am nächsten Morgen meine Crew inklusive Ferris im Hotel sitzen gelassen hat. Das waren Anarcho-Zeiten damals. Ernsthaft, keinem ist aufgefallen, dass ich nicht mit im Auto saß. Am Ende musste ich auf Kosten des Labels mit einem Taxi von Österreich nach Stuttgart fahren. — Für intro.de sprach Sermin Usta mit dem Stuttgarter MC über sein aktuelles AkustikAlbum »Beats, Rhymes & Mr. Scardanelli« (One Shotta / Soulfood)
Reimemonster Ah, ey yo, komm Das ist Afrob und Ferris MC And we don’t stop Ey yo, das geht raus an alle meine Kopfnicker HipHopper Mongo Clikke Schönen guten Abend, meine Damen und Herren Wir machen Rapmusik, verdammt, wir hören sie auch gern Also herzlich willkommen – wir rollen mit Hip Hop Der Name ist Ferris MC, und ich heiße Afrob Keine Frage, Mann, nur das Beste vom Besten zum Testen Arbeit und Schweiß kann Talent nicht ersetzen Ob heiß wie Feuer, kalt wie Eis, Schwarz auf Weiß Du willst’n Beweis? Bezahl den Preis für den Scheiß Junge, was wollt ihr mehr? Ich und er rocken schwer Die anderen Rapper fuckt das ab, habt ihr was? Dann kommt doch her Aber bitte, wer schafft es nur so ungefähr So wie wir? Mikrofone brennen, weil wir Funken spucken Alter, wir sind nicht wie jeder, machen’s nicht mit jeder Besitzen mehr Größenwahn als’n Ami, schwingt bei uns die Feder Wie das größte Schwert, auf dem höchsten Pferd Durch die Industrie kommen wir in Frieden, wie Ganja oder Gandhi Ferris, was geht ab? Yo, Afrob, was geht ab? Hast du Bock? Ja, klar Komm, wir rocken jetzt die Stadt Yo, macht euch locker Denn dieser Sound haut euch vom Hocker So was habt ihr nie gesehen, so was machen HipHopper Sag mal, hast du Interesse an Rap und fette Bässe Afrob und der Ferris ist die richtige Adresse Haben Spaß dabei, Mikrofoncheck, eins, zwei Unsere Augen haben rotes Licht, stehen immer auf Stand-by Alle Leute kommt, seid ihr mit? Afrob, Ferris MC ist der neue Hit Wir machen’s vor, ihr macht es nach, das ist der erste Schritt Zusammen rockt die Action, spüre diesen Augenblick Und unser Überblick wird geschickt rübergeschickt, vergiss den Standard Scheißrapper stellen Arbeitslosenantrag Denn wenn wir hier sind, seid ihr besser da Und ihr wisst, wer besser ist, in diesem wie in jedem Jahr Vielleicht ist unser Rapstyle euch viel zu kompliziert Das ist mir scheißegal, auch wenn ihr uns voll ignoriert Ich lieb den Scheiß, steh dahinter eintausend Prozent Jeder, der mich kennt, weiß, ich bin der Rapper, der wie Feuer brennt Und das zeichnet einen guten MC aus Er versteht sein Werk und macht das Beste draus Gar nichts fordert ihn heraus Wir haben was zu erledigen, uns hier zu verewigen Kolchose und die Mongo Clikke können dir das bestätigen? Afrob, was geht ab? Yo, Ferris, was geht ab? Hast du Bock? Ja, klar Komm, wir rocken jetzt die Stadt Yo, macht euch locker Denn dieser Sound haut euch vom Hocker So was habt ihr nie gesehen, so was machen HipHopper Alle Leute, seid ihr mit, kommt, wir machen’s vor Alle können es sehen, super rough und hardcore Denn letzte Nacht fuhr’n wir einen Panzer Es war’n Afrob und Ferris, die Reimemonster
Mehr Informationen und Tickets unter fourartists.com
KASHMIR KARMA TOUR 2017
10.11. ROSTOCK • 11.11. KIEL • 12/13.11. HAMBURG 15.11. ESSEN • 16.11. FRANKFURT • 17.11. KÖLN 19.11. STUTTGART • 20.11. NÜRNBERG • 21.11. WIEN 23.11. MÜNCHEN • 24.11. LEIPZIG 25.11. MAGDEBURG • 26.11. BERLIN 28.11. HANNOVER • 29.11. BREMEN 01.12. FREIBURG • 02.12. KAISERSLAUTERN 03.12. MÜNSTER
AB 3. NOV. IM HANDEL!
Lea W. Frey
DER BLICK VON OBEN #Pop — Nach zwei Alben mit außergewöhnlichen Cover versionen irgendwo zwischen Jazz und Dream-Pop beeindruckt die Berliner Sängerin Lea W. Frey auf »Plateaus« nun mit eigenen Songs, die sie unter anderem mit Notwist-Drummer Andi Haberl aufnahm. Zur Premiere lud sie an einen besonderen Ort: in die Kuppel der ehemaligen Abhörstation auf dem Berliner Teufelsberg. Text: Daniel Koch
E
s war nicht das längste, aber zumindest das außergewöhnlichste Konzert, das ich im letzten Sommer erlebt habe. Wer die Live-Premiere von Leas neuen Songs sehen wollte, musste sich zum Berliner Teufelsberg aufmachen, bis in die höchste Kuppel der verfallenen Abhörstation. Einer dieser lost places, der nun recht offiziell mit Kunst und Kultur wiederbelebt wird. Die letzten zwei Etagen musste ich mich durch ein unbeleuchtetes Treppenhaus tasten. Und da stand sie dann auf einer Art Bühne: unverstärkt in die Kuppel singend, über ihr ein furchterregendes Graffiti vom Sensenmann, um sie herum ein gebanntes Publikum. »Ich fand den Ort schon seit meiner Jugend toll«, erzählt sie mir später im Interview. »Ich bin in Berlin aufgewachsen, und wir haben manchmal auf dem Drachenberg nebenan die Schule geschwänzt. Dieses Gefühl, auf die Stadt hinabzublicken, gibt es in Berlin sonst nicht.« Dieser Blick von oben, ein wenig über den Dingen schwebend, prägt auch ihr Album »Plateaus« – deshalb war die Show für sie »ein perfect match zwischen Ort und Thema«. Dass sie nun unter ihrem Namen mit eigenen Songs debütiert, ist für sie ein logischer Schritt: »Ich bin wieder dahin gegangen, wo ich schon einmal war. Eigentlich waren die Coverversionen nur ein Ausflug. Ich habe mit 16 angefangen,
in Bands meine eigenen Texte zu singen.« Leas Musik wird das Herz eines jeden Daughter-Fans höher schlagen lassen, dennoch verorten sie viele immer noch im Jazzund Klassikbereich. »Seitdem ich parallel zu meinem klassischen Gesangsunterricht angefangen habe, in einer kleinen Rockband zu singen – was ich heimlich machen musste –, zieht sich das durch mein ganzes Leben. Mir geht es im Grunde um die Musik, so abgedroschen das auch klingt.« Und die klingt diesmal eben »nach Pop und Indie«. Irgendwelche Grenzen spüre sie da gar nicht mehr – und so wird es jedem gehen, der sich auf ihre Musik einlässt. — Lea W. Frey »Plateaus« (Enja / Yellowbird / Soulfood) — Auf Tour vom 31.10. bis 30.11. — Mehr Interview auf intro.de
LIFE IS GOOD TOUR 2018 29.01.18 HAMBURG - MEHR THEATER 30.01.18 LEIPZIG - HAUS AUENSEE 01.02.18 BERLIN - COLUMBIAHALLE 19.02.18 MÜNCHEN - ZENITH
01.03. 04.03. 06.03. 11.03. 15.03. 18.03. 20.03. 23.03.
JENA • 02.03. CHEMNITZ LUXEMBOURG • 05.03. SAARBRÜCKEN WIESBADEN •10.03. FLENSBURG DORTMUND • 13.03. MANNHEIM KOBLENZ • 16.03. ULM WÜRZBURG • 19.03. ERFURT HANNOVER • 21.03. FREIBURG LEIPZIG • 24.03. MAGDEBURG
31.01. HANNOVER • 01.02. WÜRZBURG • 02.02. ZÜRICH • 03.02. SOLOTHURN 05.02. MÜNCHEN • 06.02. WIEN • 07.02. GRAZ 09.02. KÖLN • 10.02. STUTTGART 11.02. FRANKFURT A.M. • 12.02. LEIPZIG • 14.02. OLDENBURG • 15.02. KIEL 16.02. ROSTOCK • 17.02. DORTMUND • 18.02. BIELEFELD • 20.02. ESSEN 21.02. HAMBURG • 22.02. MÜNSTER • 24.02. ERLANGEN • 25.02. CHEMNITZ 26.02. DRESDEN • 27.02. BERLIN
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#Pop #Life
Alex Lahey
GUT GELAUNTER LIEBESKUMMER #Pop — Chronische Geldnot, Liebeskummer und Selbstzweifel verarbeitet Alex Lahey auf ihrem Debüt »I Love You Like A Brother« zu humorvollen Texten und ausgelassenen Melodien, wie sie Celia Woitas erzählt.
L
etztes Jahr war ich das erste Mal in Perth und hatte dort eine richtig beschissene Zeit, weil ich abserviert wurde«, erklärt Alex Lahey den Hintergrund zu ihrem Albumsong »Perth Traumatic Stress Disorder« und muss dabei lachen. Von melancholischem Gesäusel, langsamem Tempo und womöglich noch überdramatischem Geigengefiedel ist der Song auch weit entfernt. Lieber gießt die Australierin auf ihrem Debüt »I Love You Like A Brother« gemachte Erfahrungen in Ironie und lebhafte Pop-Rock-Melodien. Damit schafft sie es, Themen wie Geldnot, Selbstzweifel und Liebeskummer herrlich belanglos
wirken zu lassen: »Größtenteils versuche ich, klanglich nicht in eine bestimmte Richtung zu gehen, sondern mache es einfach so, wie es sich für mich richtig anfühlt.« Von ihrem Gefühl hat sich die junge Musikerin aus Melbourne schon früher leiten lassen. In der Highschool fing sie an, Saxofon zu spielen. »Ich weiß nicht, wieso es mich damals so angezogen hat, selbst Musik zu machen. Aus meiner Familie war niemand musikalisch«, erinnert sich Lahey. Ihre musikalischen Einflüsse hat sie aber dennoch ihren Eltern zu verdanken: »Meine Mutter ist ein großer Bruce-SpringsteenFan, weshalb ich mit seiner Musik aufgewachsen bin, mein Vater hingegen hat ständig die Beatles gehört.« Später lernte Alex Lahey noch weitere Instrumente, sodass sie die Band-Parts zu »I Love You Like A Brother« komplett selbst schreiben konnte. Den Begriff »Multiinstrumentalistin« lehnt sie aber dennoch bescheiden ab: »Offiziell spiele ich nur Saxofon. Es ist das einzige Instrument, das ich richtig spielen kann. Schon seltsam, dass ich Gesang und Gitarre nie professionell gelernt habe.« Das brauchte es aber offensichtlich auch nicht. — Alex Lahey »I Love You Like A Brother« (Dead Oceans / Cargo) — Intro empfiehlt die Tour vom 31.10. bis 04.11.
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CURTIS ‘50 CENT’JACKSON #Kratzen & Beißen
Gegen Einhörner
Illustration: Alexandra Ruppert
#Life – Sie sind überall, sie glitzern und sie scheißen Regenbögen. Chiara Baluch dachte, der EinhornHype wäre längst vorbei. Doch wenn man sich im Supermarkt, in Dekoläden oder auf Facebook so umsieht, scheint es, als würden uns die behornten Biester noch lange mit ihrer Anwesenheit beehren.
Vor ein paar Jahren haben uns Eulen mit ihren riesigen Kulleraugen von sämtlichen Taschen, Tassen und Handyhüllen angestarrt. Mittlerweile machen uns Einhörner das Leben zur Hölle. Sie haben ihr Territorium ausgeweitet und werden auch auf den abwegigsten Gegenständen verewigt. Wer wollte sich nicht schon mal mit Einhorn-Klopapier den Arsch abwischen?! Mädels, die was auf sich halten, geben sich neuerdings mit glitzerndem Einhorn-Likör die Kante. Stellt sich nur die Frage, ob ihr Erbrochenes ähnlich schön funkelt. Ach ja, dank DM kann man sich jetzt auch mit passender Bodylotion von oben bis unten mit Einhorn einreiben. Ob die vegan ist? Aber warum zur Hölle sind die kitschigen Fabelwesen, die im Normalfall für niemanden über dem zwölften Lebensjahr interessant sein sollten, plötzlich auch bei erwachsenen Frauen so beliebt? Aus den einstigen Pferdemädchen sind (selbst ernannte) Einhornprinzessinnen geworden, die sich mit ach so lustigen Facebook-Sprüchen wie »Keep calm and be a unicorn« oder »Muss jetzt weg, mein Einhorn steht im Halteverbot!« ihre Zeit vertreiben. »Das letzte Einhorn« mag vielleicht Kult gewesen sein, aber Einhörner auf Leggings sind einfach das Letzte – höchste Zeit für den Gnadenschuss!
DIE KOMPLETTE ERSTE SEASON
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#Pop
TOP 7 SONGS
GEGEN DONALD TRUMP #Pop — Schon der Amtszeit von George W. Bush und seinem Irak-Feldzug verdankt die Popkultur einige wütende Songperlen. Trotzdem konnten sich weder Public Enemy bei »Son Of A Bush« noch Green Day bei »American Idiot« einen Typen wie Trump als Präsidenten vorstellen. Nun haben wir den Salat – aber immerhin gibt es wieder ein paar gute, wütende Songs. Hier eine kleine Auswahl. Text: Daniel Koch
01 YG & Nipsey Hussle FDT
Der aus Compton stammende Young Gangsta bzw. YG schlug mit seinem prophetischen Track von April 2016 vielleicht die größten Wellen – zeitweise ermittelte gar der Secret Service gegen ihn. Die pointierte und vor Trumps Wahl weitsichtige Wutrede konzentriert sich im Refrain auf das Wesentliche: »Fuck Donald Trump« heißt es dort acht Mal. Monate später remixten G-Eazy und Macklemore den Track und fügten neue Zeilen zu einem »FDT Pt. 2« hinzu.
02 Aimee Mann Can’t You Tell
03 Eminem BET Awards Freestyle
04 Fiona Apple Tiny Hands
Aimee Mann geht dahin, wo es wehtut: Für die Kampagne »30 Days, 30 Songs« versetzte sie sich in Trump und blickt brutal empathisch aus der Ich-Perspektive auf seine Kandidatur: »Though on the campaign trail the papers paint me like a clown / Still all I see are crowds who want to fit me for a crown«, singt sie und fragt im Refrain gar hoffnungsvoll: »Isn’t anybody going to stop me? I don’t want this job.« Leider wirkt es, als hätte Trump inzwischen Geschmack dran gefunden.
Marshall Mathers war recht spät auf der Party, als er seinen für die BET Awards aufgenommenen Freestyle Donald Trump widmete. Andere Rapper haben das zwar schon besser gemacht, allerdings war Eminem der Erste, der damit seine Fans vergraulte: »Any fan of mine who’s a supporter of his, I’m drawing in the sand a line, you’re either for or against. And if you can’t decide who you like more and you’re split on who you should stand beside, I’ll do it for it for you with this. Fuck you.« Bam!
Die New Yorker Songwriterin hat nicht wirklich einen Song geschrieben, sondern eher einen Slogan, der auf dem »Women’s March« am 21. März 2017 gesungen wurde: »We don’t want your tiny hands / Anywhere near our underpants.« Bei der Studioaufnahme folgt diese Zeile auf eine Einspielung der »grab’em by the pussy«-Entgleisung. Tatsächlich hörte man den »Tiny Hands«-Gesang auf vielen Märschen. Im Rückblick bitter: Auch Harvey Weinstein marschierte mit.
05 Joey Bada$$ Land Of The Free
06 Brujeria Viva Presidente Trump
07 Arcade Fire feat. Marvis Staples I Give You Power
Auch wenn der Rapstar nicht explizit Trump ins Visier nimmt, gibt er den Abgehängten in Trumps Amerika eine kraftvolle Stimme. »They disorganized my people, made us all loners«, analysiert er mit Blick auf die afroamerikanische Community und rappt: »In the land of the free, is for the free loaders.« Ein kluges Statement – und eines, das Eindruck hinterließ, denn Joey Bada$$ ist in den Staaten einer der größten Mainstream-Rapstars, der ein sehr junges weißes wie schwarzes Publikum erreicht.
Die Allstar-Grindcore-Instanz war in politischen Dingen schon immer äußerst angriffslustig. Als Trump in seinen Wahlkampfreden immer wieder betonte, die Mexikaner würden ihre »Vergewaltiger, ihre Drogen, ihren Abfall« über die Grenzen schicken, erklärten ihm Brujeria voller Vorfreude schon mal den Krieg. »Por que si lo empieza algo nosotros lo acabamos«, brüllen sie ihm entgegen – was ungefähr bedeutet: Wenn er etwas anfängt, bringen wir es zu Ende. Die Lynchgeräusche am Ende geben den Hinweis, wie das gemeint ist.
»I give you power, I can take it away«, singen Arcade Fire gemeinsam mit Soul-Sängerin Mavis Staples. Der Song erschien passend zur Amtseinführung Trumps aus dem Nichts und ist eher ein Mantra als ein klassisches Strophe-Refrain-Konstrukt. Die Band selbst wollte damit der von Trump betriebenen Spaltung entgegenwirken und ließ verlauten: »It’s never been more important that we stick together and take care of each other.« Geholfen hat’s bisher jedoch – wie all diese Lieder – noch nix ...
#Life #Kultur
DAS UNBEHAGEN IN DEN STÄDTEN #Life — Der Illustrator Peter Hoffmann hält absurde Szenen fest, die wahrscheinlich in jeder Großstadt vorkommen.
#Kultur — Der australische StreetArt-Künstler Lush Sux hat kürzlich Rick aus »Rick & Morty« in den Gaza-Streifen teleportiert. Neben den aus den bisherigen drei Staffeln bekannten Evil Rick, Doofus Rick, Tiny Rick, Cronenberg Rick und Pickle Rick gibt es nun also auch Illegal Border Wall Rick. Sehr treffend war übrigens auch Lush Sux’ Tweet zu diesem Bild. Darin schrieb er: »Comment on this only if your IQ is high enough for you to solve the conflict in the Middle East.« Was natürlich nicht geklappt hat: Darunter ergießt sich neben einer Handvoll lustiger Tweets vor allem antisemitischer Mist …
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#Style #Pop
Label des Monats
GMBH #Style — Mit dem Namen Gesellschaft mit beschränkter Haftung stellt sich das selbst ernannte Modekollektiv GmbH gegen traditionelle Modelabels, die ihre Designer wie eine Galionsfigur im Namen tragen. 2016 aus der Berliner Partyszene entstanden, knüpft GmbH damit an die Idee des französischen Kollektivs Vetements an. Die Kleidung soll nicht an eine Person, sondern an die Gesellschaft gerichtet sein. Mode für jedermann (und jederfrau)! Der Name erlaubt GmbH noch dazu eine gewisse Narrenfreiheit, sind sie doch im wahrsten Sinne des Wortes für ihre Mode nur beschränkt haftbar.
Die Kollektionen von GmbH sind allesamt unisex und lassen sich stilistisch nur schwer einordnen. Einige Teile wie Hosen mit aufgesetzten Taschen und steife Jacken aus schweren Materialien mit hochstehenden Krägen erinnern stark an klassische Arbeiterklamotten, während andere im krassen Gegensatz dazu stehen: Glänzende Hemden mit breiten Schultern passen beispielsweise eher in die Achtzigerjahre. Am auffälligsten in der Frühjahrskollektion für 2018 ist jedoch die signalblaue Hose aus glänzendem Lackleder. Trotz der Tatsache, dass GmbH keinen klassischen Kleidungsstil verkörpert, ist am Ende doch jedes Teil auf seine Art zeitlos. Wir werden gerne Teil dieser Gesellschaft. — Alle Infos unter gmbhofficial.com
»›Rocken ohne stoppen. Und alles aus den Boxen. Macht die Taschen voll, wie ’ne Alte beim Shoppen.‹ So stellt sich meine Oma HipHop vor.«
Zwei wie ihr, die dürfen sich nie verlieren
Weekend in unserer Rubrik
Platten vor Gericht über das neue
Fünf-Sterne-Deluxe-Album
(Seite 96).
Jabba the Hut
Harvey Weinstein
#Kultur
#Kultur — Dieses freundliche »Hallo, du Arsch« stammt aus dem kurzweiligen Gedichtband von Tobias Bamborschke. Der hat schon mit seiner Band Isolation Berlin bewiesen, dass er gut mit Worten kann. Im Buch gibt er ohne Gitarre-Schlagzeug-Bass seine Weltsicht zum besten, die auf dem Grund der tiefschwarzen Depression immer noch eine knochentrockene Pointe findet. — Tobias Bamborschke, »Mir platzt der Kotzkragen«, Wohlrab Verlag
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#Pop #Style
We Make Waves Festival
GEMEINSAM WELLEN SCHLAGEN #Pop — Das We Make Waves Festival ist zwar noch jung, aber eine kleine Revolution für die Musikindustrie. In Berlin engagiert sich die Organisation vom 9. bis 11. November mit Auftritten und einer Konferenz für die Gleichberechtigung von Frauen und queeren Menschen.
#Style — Falls ihr es noch nicht wusstet: Am 4. Oktober war der National Taco Day. Und Mr. »Party Hard« Andrew W.K. nutzte den erhöhten Taco-Heißhunger der internationalen Medien, um seine neueste Erfindung vorzustellen: die Taco Guitar! Vier Jahre habe die Entwicklung gedauert, aber allein für dieses dickeierige Poserfoto mit irrem Blick und Taco-Gitarre haben sich die Mühen gelohnt.
Das Line-up ist voller spannender Charaktere, die sich fernab des Mainstreams bewegen und eine horizonterweiternde und musikalische Bereicherung sind, so zum Beispiel die PopTronic-Künstlerin Ah Mer Ah Su aus den USA, A.W.A. aus Afrika und oder die feministische Punk-Legende Meredith Graves, Frontfrau von Perfect Pussy, die auf dem Foto zu sehen ist. Ehrensache, dass Intro als Präsentator dabei ist und eine Redakteurin als Panel-Gast vorbeischickt. — Alle Infos unter wemakewaves.de
Dieses Festivaldebüt ist längst überfällig: Beim We Make Waves werden Künstler und Künstlerinnen sowie Aktivisten und Aktivistinnen in Panels und Workshops gemeinsam ein »Regelbuch der Musikindustrie« entwerfen, das für mehr Gerechtigkeit, freien Zugang, Diversität und Empowerment sorgen soll. Ganz dem Namen entsprechend, werden sie sich nicht nur am Jetzt-Zustand abarbeiten, sondern konkrete Vorschläge für die Zukunft entwickeln.
A ART ON FILM 7 1 VR DESIRE ART FILM VR GAMES
B3BIENNALE.COM
GAMES
B3 BIENNALE DES BEWEGTEN BILDES
29.11. – 20.12. JUNGHOFSTR. 5 – 9 FRANKFURT
#Pop
»Unsere Aufgabe als Band ist auch eine andere als die der ›Tagesschau‹. Wir müssen einen anderen Zugang finden, wenn wir Dinge thematisieren, solange das der Grund ist, warum wir Songs schreiben.« Klaas Heufer-Umlauf über Glorias politischen Song »Immer noch da« — Gloria »Da« (Grönland / Rough Trade) — Auf Tour ab 29.11. — Interview auf intro.de
Herzensläden
KARLSTORBAHNHOF #Pop — Jeden Monat stellen wir einen Club vor, der uns am Herzen liegt. Diesmal den Karlstorbahnhof in Heidelberg, der seit über 20 Jahren eine feste Adresse für Kultur und Konzerte ist.
Der Karlstorbahnhof in der Heidelberger Altstadt, nahe dem Neckar und Karlstor – logisch –, existiert in seiner jetzigen Form schon seit 1995. Live-Musik ist zwischen Kabarett, Theater, Vorträgen, Filmabenden, Panels und klassischen Partys nur ein Programmteil dieses soziokulturellen Zentrums, aber gerade hier arbeitet man dermaßen gut, dass viele internationale Bands inzwischen Heidelberg auf dem Schirm haben. Ein Beispiel für gutes Booking ist das Festival Prêt À Écouter, das an vier Abenden im November Bands wie Idles, Noga Erez oder Xiu Xiu auf die Bühne bringt. Obwohl Jazz und Hochkultur ebenfalls um die
Räume buhlen, lässt das Booking selten Zweifel aufkommen, dass man sich auch und vor allem als Indie-Spielstätte versteht. Allerdings könnte es bald passieren, dass der Karlstorbahnhof seinen Top-Spot in der Altstadt verliert, um in der Heidelberger Südstadt in den Campbell Barracks ein neues Heim zu finden. Diverse Pläne und Ideen wurden schon auf höchster Ebene besprochen, liegen jedoch derzeit auf Eis. Wie auch immer die Sache ausgeht – das gute Live-Programm sorgt sicher dafür, dass das Publikum dem Karlstorbahnhof die Treue halten wird. Daniel Koch
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#Pop #Style Als Elternteil sorgt man sich praktisch rund um die Uhr. Was bereitet dir momentan am meisten Sorgen?
Die Bilder aus Charlottesville. All das Hässliche, das in den Herzen einiger Menschen steckt. Die Bilder erinnern mich an die Bürgerrechtsproteste aus den 50er-Jahren in Amerika. Man sollte meinen, die Gesellschaft hätte sich in all den Jahrzehnten weiterentwickelt. Aber es gibt immer noch Leute, die diese hasserfüllte Haltung in sich tragen und die Welt nicht mit Menschen teilen wollen, die einen anderen ethnischen Hintergrund haben. Es ist schrecklich, und ich werde es nie verstehen. Und das liegt nicht einmal daran, dass ich selbst schwarz bin und westafrikanische Vorfahren habe. Es will mir einfach nicht in den Kopf gehen, wie man solch hasserfüllte Ideologien in sich tragen kann.
3 Fragen an
KELE OKEREKE #Pop — Der ehemalige Bloc-PartySänger hat sich auf seinem Album »Fatherland« als klassischer Songwriter mit Soul und Gitarre neu erfunden. Er erzählte Annett Bonkowski, wie seine neue Rolle als Vater seinen Blick auf die Welt verändert hat.
Du greifst auf »Fatherland« viele zwischenmenschliche Begegnungen auf. Hast du daraus eine besondere Erkenntnis gewonnen?
D
u bist letztes Jahr Vater geworden. Was ist in Bezug darauf das größte Glück für dich?
Meine Tochter hat sehr ausdrucksstarke Augen. Sie spricht noch nicht, darum kommuniziert sie viel über ihre Augen und lässt uns wissen, wenn sie etwas mag oder unglücklich über etwas ist. Ich frage mich oft, was genau sie zu diesem Zeitpunkt in ihrem Leben von der Welt um sich herum sieht. Ihre Augen sind das Fenster zu ihrer Seele, und ich kann nicht genug davon bekommen, sie anzusehen.
Menschen machen Fehler, und ich weiß, dass niemand ein Leben ohne Fehler führen kann. Dennoch fällt es mir schwer, Personen um mich zu haben, die mich einmal auf irgendeine Art verletzt haben. Ich tendiere dazu, sie aus meinem Leben zu streichen. In dieser Hinsicht bin ich wirklich streng. Ich gebe den Menschen, die ich liebe, alles von mir; und wenn man das ausnutzt, sitzt der Schmerz in mir zu tief. Ich habe keine Lust, negative Erfahrungen mit mir herumzuschleppen. — Kele Okereke »Fatherland« (BMG / Warner) — Mehr Interview auf intro.de
#Style – Aus der Reihe »Erfindungen aus der Hölle« kommt dieses Unding namens Mokase. Seitdem Fake-News schon zum morgendlichen Kaffee ihre gelben Zähne zeigen, weiß man gar nicht mehr, welchen Bullshit man noch glauben kann. Aber diese Smartphone-Hülle ist for real: Sie schützt nicht nur das Telefon vor Macken und Rissen, sondern brüht zu allem Übel auch noch Kaffee. Ob das schmecken kann? Den Test überlassen wir lieber der Sendung mit der Maus. Ein Wehrmutstropfen sei allerdings jetzt schon in die braune Brühe gekippt: Wenigstens kommen die Erfinder aus Italien – dem Kaffeeland schlechthin. — Infos unter mokase.it
#Pop
#Pop #Wer wir sind
SUZAN KÖCHER #Pop #Wer wir sind
MAURICE & DIE FAMILIE SUMMEN Herkunft Berlin und anderswo Genre Wort-Wahnwitz-Funk Mitglieder 1 + x Besondere Vorkommnisse Staatsakt-Chef
und Deichkind-Gelegenheits-Songtexter Maurice Summen gehört eigentlich nicht in diese Newcomer-Rubrik. Weil diese clevere Funk-Verneigung aber so fresh klingt, passt es dennoch. Aktuelles Album »Bmerica« (Staatsakt / Caroline / Universal) Der prägende Sound von »Bmerica« ist klassischer amerikanischer Funk und Soul. Ich dachte erst, das sei ironisch gemeint, aber dir liegt tatsächlich viel an der Musik, oder?
Ach. Ironie. Ich weiß auch nicht, warum man mir das immer vorwirft. Ironisch tanzen – wie soll das gehen? Es ist natürlich nicht ironisch. Bei Die Türen verstehe ich es vielleicht noch, weil wir da von Agit-Rock bis zu Schlager durch die Genres gesprungen sind. Aber Soul geht gar nicht ironisch, und bei Funk liegt die Ironie vielleicht eher im Genre selbst, das ja aus den schwarzen Gettos kam, wo diese übertrieben gute Laune und hohe Energie in der Musik ja so überzeichnet ist, dass diese absolute Lebensfreude im Kontrast zu den Lebensbedingungen vielleicht ironisch gelesen werden kann. Vielleicht sind die Leute aber einfach auch überfordert von gewissen Genres, wenn sie aus dem IndieBereich kommen. Aber es gibt auch eine biografische Verbindung, oder?
Mein Vater war in den 70er-Jahren DJ. Ich bin im Münsterland an der holländischen Grenze
aufgewachsen, und dort hatte mein Vater über Plattenläden in Den Haag und Amsterdam Zugang zu afroamerikanischer Musik – Funk, Soul, Disco und Genres, die man nicht ohne Weiteres im Plattenladen bekommen hat. Ich hatte das Glück, in dieser Gegend, die alles andere als funky ist, Zugriff auf eine vielseitige Plattensammlung zu haben. In der Region gibt es den Spruch: »Frauen und Musik machen das schönste Fest kaputt.« Da wird die Schnauze gehalten, gesoffen und eher nicht an Sly & The Family Stone oder Curtis Mayfield gedacht. Pop war bei uns nie Generationskonflikt: Ich habe
Herkunft Solingen Genre 60s-Folk mit psychedelischen
Rockmomenten Mitglieder Suzan + 4
Besondere Vorkommnisse Obwohl erst 22
Jahr jung und in den Sixties noch nicht geboren, hat sie ihr Herz an diese Zeit verloren. Aktuelles Album »Moon Bordeaux« (Unique / Groove Attack) Auf Tour vom 08.12.17 bis 30.01.18 Du bist erst 22 Jahre alt, machst aber Musik, die an die Sechzigerjahre erinnert. Woher kommt deine Verbindung zu diesem Jahrzehnt?
Durch meinen Vater habe ich schon früh Musik von den Beatles, Queen und Cat Stevens kennengelernt. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend natürlich viele verschiedene Künstler gehört, um herauszufinden, was mir gefällt, und ein gemeinsamer Nenner war, dass fast alles, was ich wirklich gut fand, auf Gitarren basierte. Auch modisch habe ich mich ganz unbewusst in eine Richtung entwickelt, die in den 60er-Jahren entstanden ist. Von den verspielten Mustern auf meinen Kleidern bis hin zu den Cat Eyes der Ronettes habe ich mich, ohne es zu wissen, bereits früh in diese Richtung entwickelt. Wenn du die Möglichkeit hättest, in einer
mit meinem Vater immer darüber gesprochen, Zeitmaschine zurück in die Sechziger zu was wir so hören. reisen: Mit welchem Künstler oder welcher Und mag dein Vater deine neue Platte?
Haha, ja. Sie gefällt ihm sehr. Bei ein paar Sachen musste er nachfragen, weil er nicht verstand, worauf ich hinauswollte, aber er mag sie sehr. Interview: Daniel Koch
Künstlerin würdest du zusammenarbeiten wollen?
Es gibt viele großartige Produzenten und Musiker aus dieser Zeit. Viele waren allerdings extrem schwierige Persönlichkeiten. Leute wie Serge Gainsbourg oder Phil Spector wären wahnsinnig interessant, aber ob ich wirklich mit diesen Menschen arbeiten wollte, weiß ich nicht. Vielleicht würde ich erst mal einen Song mit Françoise Hardy schreiben und dann John Lennon fragen, ob er ihn produzieren möchte. Vielleicht könnte Ringo ja ein bisschen trommeln und Witze machen. Interview: Miriam Fendt
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#Promotion
jeden Monat neu: Teilnahme unter intro.de/Quiz
DAS QUIZ #257 Das Titelthema des Heftes ist gleichzeitig immer auch Hauptthema unseres monatlichen Quiz-Spaßes. Diesmal dreht sich natürlich alles um das Berliner HipHop-Duo Zugezogen Maskulin. Los geht’s … 1 Wie heißen die beiden von ZM?
3 Als Single kam im September?
R Grimm110 und Tiësto
L »Uwe & Heiko«
A Grim104 und Testo
O »Barschel & Maas«
G Grim1104 und Textor
A »Horst & Angela«
2 Und ihr neues Album?
4 Mit wem teilen sich ZM jetzt den Produzenten?
E »Der Mussolini«
D Hui Buh und Donald
L »Alle gegen alle« O »Der Räuber und der Prinz«
R Dschinni und Daisy E Casper und Dagobert
Die Gewinne
AEVOR »Daypack Proof Petrol«
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Mord im Orient-Express × Stratic Reisekoffer
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Foto: Peter Otto
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#Pop #Zugezogen Maskulin
SPASS AN D
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Zugezogen Maskulin
DER WUT G
Auf ihrem Album »Alles brennt« waren Zugezogen Maskulin zwar schon leicht angepisst, glaubten aber noch an das Gute im Menschen. Auf »Alle gegen alle« haben sie diesen Glauben nahezu begraben – kein Wunder, seht euch doch mal um! Aida Baghernejad hat sich mit dem HipHop-Duo zu einem Gespräch über die Beschissenheit der Dinge getroffen. Fotos: Martin Krüger
rim104 und Testo haben je einen BioFruchtriegel im Mund, als sie zur Tür reinkommen – die haben sie nach dem Real-Sein bei rap.de schnell noch im Biomarkt gekauft. Wir sitzen unter dem Dach in einem Kreuzberger Loft, die Sonne scheint, der Kaffee riecht gut, die Welt ist schön. Oder? Nein, irgendwie nicht. Es ist Deutschland im Herbst 2017. Rassistische Positionen rücken immer mehr in den Mainstream, und Deutschrap antwortet darauf mit unpolitischen Tracks über Supreme-Releases. Die AfD ist gerade drittstärkste Kraft im Bundestag geworden, der nukleare Winter scheint eine ernsthafte Zukunftsoption zu sein, und wahrscheinlich fällt uns bald auch noch der Himmel auf den Kopf. Wie soll man denn nicht verrückt werden in dieser Welt, in der wir in Echtzeit dabei zuschauen können, wie sich die Menschheit zurückentwickelt in die Steinzeit und Weltpolitik zusehends eher wie triebgesteuerte Überkompensation wirkt. Ist das alles überraschend? Nicht wirklich, meint zumindest Testo: »Wenn man in den letzten Jahren den Blick aus den Großstädten und aus der Medienblase rausgewagt hat, bekam man schon ein Gefühl dafür, dass da vielleicht etwas auf uns zukommt.« Aus diesem Gefühl des Unbehagens und dem Wissen, dass da einiges ziemlich schlecht aussieht und eher noch düsterer wird, ist das dritte ZugezogenMaskulin-Album nach dem gefeierten Zweitling »Alles brennt« entstanden. »Als wir die Platte gemacht haben, war ich lange Zeit überhaupt nicht in der Stimmung, irgendetwas Witziges oder Feuriges zu machen. Es war ziemlich deprimierend«, erzählt Grim104. Das Scheißjahr 2016 hat auch Grim104 und Testo nicht kaltgelassen: »Wir dachten immer, okay, die Menschen sind ja im Grunde gut, und am Ende wird auch alles gut. Aber phasenweise frage
ich mich schon, ob ich nicht anders auf die Menschheit und das, was gerade so abgeht, blicken muss«, so Testo.
»Alles driftet auseinander«
Kein Wunder, wenn man bedenkt, mit welchen Hoffnungen unsere Generation, irgendwo zwischen Mitte 20 und Mitte 30, ins Leben gestartet ist. Das Internet war das große Versprechen, es würde die Welt zusammenbringen, im globalen Dorf wären wir alle Nachbarn. Aber Pustekuchen: Auf den Social-Media-Kanälen regieren Hass, Häme, Verachtung. In Facebook-Gruppen wird gegen das ominöse Andere gehetzt. Auf Twitter herrschen Hasstiraden und Mobbing. Der Grim104 Algorithmus wird zum Feind und befeuert die Hinter Grim104 verbirgt Extreme – Fake News ziehen eben besser als sich Moritz Wilken, 1988 in Krefeld geboren, aufgedie langweilige Realität. Und statt uns alle wachsen im niedersächsizu besseren Menschen zu machen, wirft der schen Zetel. Neben seinen Hass ein verzerrtes und angsteinflößendes Bild ZM-Releases nimmt er sich immer mal wieder Zeit für zurück in die Realität. Das Resultat: Pegida, Solo-Tracks oder gar eine AfD im Parlament, rechte Sprüche werden EP – »Grim104« erschien Mainstream. Alle kämpfen gegeneinander und 2013. Von seinen Songs sei hier besonders »Ich töte ums Überleben. Oder glauben es zumindest. Anders Breivik« empfohlen »Im Prinzip sind es ganz viele Entfrem- – oder das frühe »Dis is wo dungen: Der Mensch entfremdet sich von ich herkomm« aus 2009, auf dem er das Thema sich selbst, die Menschen entfremden sich Provinz bereits seziert. untereinander, was zur Auflösung der Gesellschaft in einzelne Partikel führt, die dann Testo gegeneinander kämpfen«, so beschreibt es … heißt Hendrik Bolz und Testo. Entfremdung. Das große Oberthema wurde ebenfalls 1988 geboren – und zwar in Leipzig. auf »Alle gegen alle« und wahrscheinlich auch Kurz nach dem Abi zog das große Oberthema unserer verkorksten Ge- er nach Berlin und lernte sellschaft. Auf der Ende Juli veröffentlichten während eines Praktikums bei rap.de Grim104 kennen. Single »Uwe & Heiko« heißt es ganz passend: Auch Testo veröffentlichte »[...] in uns ist ein Gift, das alles zwischen uns 2013 eine EP, sie hieß »Töte vernichtet«, aber auch der Rest des Albums deine Helden«.
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ist von diesem Gefühl bestimmt, den Bezug zueinander und vor allem zu sich selbst zu verlieren. In einer Welt, die von wirtschaftlichen Zwängen bestimmt wird, wo jeder zu jedem Zeitpunkt Angst hat, seine Arbeit zu verlieren. Ein Wirtschaftssystem, das nur dann richtig gut funktioniert, wenn jeder sich besonders ins Zeug legt, weil man weiß, dass die Nachfolger schon warten: »Alles driftet auseinander. Dazu kommt die Entfremdung durch die Leistungsgesellschaft, im Prinzip sollen alle Menschen, mit denen du zur Schule gehst, in die Uni gehst und auch im Job, deine Konkurrenten sein, und du hast dich unique selling point gefälligst durchzusetzen und dich ausbeuten Natürlich kennt man diesen zu lassen«, sagt Testo. Begriff, der oft als USP Alles wird Performance, jeder Teil der Per- abgekürzt wird. Obwohl sönlichkeit wird verwertbar. Heraus kommt man das Gefühl hat, das Wort sei ein Geschwür man aus dieser Nummer nur schwer: »Selbst unserer Jetztzeit, wurde das Ablehnen von Performance und Verwert- es als »unique selling barkeit ist am Ende wieder ein verwertbarer proposition« bereits 1940 vom amerikanischen WerWert. Zum Beispiel Musik zu machen, die bepionier Rosser Reeves in rebellisch oder sozialkritisch ist. Auch das ist die Marketingtheorie eingeein unique selling point«, lacht Grim104 und führt, um das »einzigartige Verkaufsversprechen« zu lässt sich genüsslich die Worte auf der Zunge benennen, das ein Produkt zergehen. Das Monster in mir ist der kapi- von anderen abhebt. talistische Ausbeuter. Schließlich muss man auch Asche machen, Miete zahlen, ein Album »Ich spiel auf dem promoten und dafür ein verwertbares Produkt Oranienplatz« schaffen, was ja nicht nur eine Deluxe-Fanbox, ZM spielten dort am 18. sondern auch die Kunstfiguren Grim104 und April 2015 ein denkwürdiTesto selbst sind, auch wenn es den Privatper- ges Konzert im Rahmen sonen dahinter manchmal widerstrebt: »Jetzt des Festivals »Beats gegen Rassismus«. Kein Wunder, muss ich wieder in diese Figur reinwachsen. In dass dort vor allem beim diese Figur, die verwertbar ist. Das ist die Welt, Stück »Oranienplatz« die in der wir leben. Ich habe die Regeln ja nicht Menge explodierte, obwohl ZM darin auch die Attitüde gemacht! Der Punkt ist, bei aller Forderung vieler Anwesender attanach Verwertbarkeit und Performance trotz- ckieren: »Und du kannst dem noch möglichst authentisch zu sein. Das dich sonnen in der Wüste / Pipelines, Söldnerbanden, zieht sich durch alle Bereiche, weil man immer Helikopterschüsse / Kauf vor der Frage steht: Spiele ich das Spiel jetzt ich Schuhe von Nike oder mit? Oder will ich bei mir bleiben und Quali- Adidas? Solche Fragen quälen mich, während du tät liefern?«, sagt Testo. »Ein Leben, das nur ‘ne schöne Bootsfahrt hast nach Verwertbarkeit und Performance giert, / Wir Deutschen haben ist ja auf Dauer so lebenswert auch nicht«, er- es schwer / Du schaust in meine Augen und steigst gänzt Grim104. Aber ist ein anderes Leben in aus Mitleid vom Baum.« diesem System möglich? Oder kann man sich das nur leisten, weil man ja diesen Luxus hat, als Künstler überleben zu können, mit seiner Kritik Geld zu verdienen und nicht die Klappe halten zu müssen, weil man sonst seinen Job verliert.
»Alles an mir riecht nach Stadt« »Das ist natürlich diese andere Entfremdung: Auf einmal verdiene ich Geld mit dem Musikmachen und kann für mein Alter und für meine Verhältnisse ganz gut davon leben, stelle aber fest, ich verdiene mehr Kohle durch das Musikmachen als meine Eltern, was komisch ist«, meint Grim104. Erwachsen werden, sich weiterentwickeln bedeutet auch immer, sich von seiner eigenen Vergangenheit ein Stück weit zu entfernen. Mit seiner Familie rauft man sich vielleicht zusammen, aber mit alten Freunden ist das schon ganz anders. Man stellt infrage, womit man aufgewachsen ist, was man vielleicht früher kritiklos gefeiert hat. Gerade, wenn man vielleicht sein Zuhause verlassen hat, um die große Welt zu erobern. Wenn man sein Dorf
»Ganz ehrlich, wenn ich mich unwohl fühle, ist es auch meine Pflicht als Künstler, dieses Unwohlsein zu formulieren.«
#Pop #Zugezogen Maskulin
verlassen hat, um nach Berlin zu ziehen. Und am Ende wird es dann wie in der Testo-Line in »Uwe & Heiko«: »Ich spiel auf dem Oranienplatz, und du wählst die AfD.« »Wir wollten jetzt nicht das Dorfi-Album machen«, sagt Grim104, und trotzdem geht es auf »Alle gegen alle« auch immer wieder um die Orte und Menschen, die man hinter sich gelassen hat – zum Beispiel auf der Single »Uwe & Heiko« oder in den Tracks »Nachtbus« oder »Teenage Werewolf«. Gleichzeitig ist das Heimatdorf auch immer noch ein Sehnsuchtsort. Man kehrt für einige Tage zurück und glaubt, dass alles so sein kann wie früher. Mit Freunden abhängen, auf Dorffesten saufen und auch wieder Kind sein, Teenie sein, auf jeden Fall nicht erwachsen sein. Aber diese Idylle ist auch eine Illusion, sie verschwindet, weil das Leben der anderen ja nicht einfach stehen bleibt, nur weil man selbst weg ist – und man sich selbst verändert. Man ist eingetaucht in eine andere Welt, in eine andere Subkultur, lebt mit anderen Werten: »Ich kann das gar nicht mehr, alles an mir riecht nach Stadt und nach einem ganz anderen Milieu, in dem ich mich jetzt bewege. Und dann stelle ich fest: Ich war doch auch mal hier, ich war doch auch mal so ein Dorftyp«, erzählt Grim104. »Ich bin ja auch immer noch nicht der absolute Stadttyp. Diese Durchlässigkeit habe ich auch noch nicht erreicht, dass ich im Prince Charles hänge und denke: ›Mann, ist das geil hier.‹ Dieses Zwischen-den-Stühlen-Stehen fuckt mich ja auch irgendwie ab.« Die Idee von Zuhause, von Heimat, von einem Ort, wo alles so ist, wie es niemals war, macht vor niemandem halt. Ob man nun AfD wählt oder auf dem Oranienplatz auftritt. Was bleibt, ist Wut.
verarscht. Was soll mir denn hier verkauft werden? Das bildet nicht die Welt ab, wie ich sie sehe. Das ist wie ein Werbefilm, überästhetisiert und mit Instagramfilter«, so Testo. Natürlich waren geile Klamotten auch immer schon ein Teil von HipHop, man denke nur an »My Adidas« von Run DMC. Aber für jeden solchen Titel gab es auch ein »Hard Times« und ein »It’s Like That«. Die sucht man aber in cloudy Instagramfilter-Raps bislang vergebens. »Es hat mir schon gutgetan, meiner eigenen Uncoolness und Unswagginess mal Raum zu lassen«, beschreibt Grim104 die Motivation hinter einem Track wie »Yeezy Christ Superstar«. »Ich habe mich wirklich gefühlt wie ein Bauer in Gummistiefeln in einer Welt aus sehr adretten jungen Leuten, die alle coolen Modemarken kennen und sie sich auch leisten können. Geil angezogene Typen waren nicht der Grund, weshalb ich HipHop wahnsinnig spannend fand.« Nur auf Influencer-Rap und den vermeintlichen Gegner einzudreschen ist allerdings auch zu einfach. Viel wichtiger ist, zu verstehen, woher diese Verachtung für Demokratie und eine pluralistische Gesellschaft kommen, meint Grim104: »Warum wählen denn 13 % Menschen die AfD, von denen viele vorher Links gewählt haben? Liegt es vielleicht nicht nur daran, dass das einfach irgendwelche Trottel im Osten sind, die genetisch nicht dazu in der Lage sind, auch einmal in einem Biomarkt shoppen zu gehen, sondern daran, dass da wirklich einige Leute wirtschaftlich abgehängt sind?« Auch auf dem Album kommt diese Kritik an der eigenen Peergroup und dem eigenen Überlegenheitsdenken immer wieder heraus, zum Beispiel auf »Stirb!«: »Ihr seid 80 Millionen, die man umerziehen muss.« Immer wieder setzt sich besonders Testo auf dem »Mir macht’s Spaß, so wütend zu sein« Album mit dieser Verwerfungslinie zwischen Ost und West auseinander, mit der Perspektivlosigkeit und dem Gefühl, Die Wut über diesen dauernden Kampf da draußen, über dass man dafür 89 nicht auf die Straße gegangen ist. Was die Verhältnisse und vor allem über die Entfremdung auf auch immer »das« ist oder sein sollte. allen Ebenen hört man auf fast jedem Stück des Albums. Hält man so eine dauernde Wut aber auch aus? »Mir macht’s Spaß, so wütend zu sein«, sagt Testo. »Ich muss »Es muss ja auch ballern!« es rauslassen. Dafür ist die Musik ein gutes Medium. Aber ich bin nicht nur wütend, als Privatperson kann ich auch Wut und Depression allein machen aber noch nicht unbelachen. Ganz ehrlich, wenn ich mich unwohl fühle, ist es dingt ein gutes Album. Grim104 und Testo haben einfach auch meine Pflicht als Künstler, dieses Unwohlsein zu richtig Bock, der Flow stimmt, die Beats, die hauptsächlich formulieren. Nur wenn man etwas äußert und dadurch von Silkersoft produziert wurden, knallen und krachen. besser macht, kommt die Gesellschaft vorwärts. Ansons- »Wir wollten schon ein Album machen, das auch live ten würden wir immer noch in Höhlen wohnen oder für Bock macht und nicht nur, wenn man es zu Hause eingekuschelt im Bettchen hört«, sagt Testo. »Es muss ja auch irgendwelche Lehnsherren auf dem Feld schuften.« Das ist nur die eine Sichtweise. In der anderen entwickelt ballern!«, schiebt Grim ein. Recht hat er. Auf »Alle gegen sich Deutschrap zu einer QVC-ähnlichen Shoppingplatt- alle« steht jedes Stück für sich, und trotzdem machen sie form: Natürlich kann man auf eine Welt, in der alles vor zusammen Sinn, als Panoptikum unserer Zeit, als Spiedie Hunde geht, in der Gewissheiten aufgekündigt werden gelbild der verdammten Entfremdung auf allen Ebenen, und ein Haufen Männer mit Ego-Problem am Rande des zwischen all den einzelnen Molekülen der Gesellschaft. dritten Weltkriegs tanzt, weil nicht mal mehr das reinste Ihre Wut haben Zugezogen Maskulin in ein Album gegosKoks aus Ecuador noch wirkt, auch mit Eskapismus re- sen, das nicht nur das Heute beschreibt, sondern auch das agieren. Aber so wirklich ändert es ja auch nichts, wenn Gestern und wahrscheinlich auch das Morgen. Wird die man den nächsten Track über seine Liebe zu Drogen und Welt untergehen? Vielleicht. Aber immerhin haben es uns Designer-Streetwear produziert. Klar, Kunst muss nichts Testo und Grim vorher mit ihrem Zahnfleischgrinsen ins und kann auch einfach nur für sich stehen. Aber in diesen Gesicht gespuckt. Ein Youtube-Kommentar zum »Was für Zeiten ist eben alles politisch, und sich im Influencer- eine Zeit«-Video trifft es wohl am besten: »Irgendwann Lifestyle einzurichten ist auch eine Aussage – und zwar springt Grim mal aus dem Video und frisst uns alle auf.« wahrscheinlich die, dass die Welt da draußen einem ziem- Das wäre vielleicht nicht einmal das schlechteste Ende. lich egal sein kann, weil der nächste Yeezy-Drop wichtiger ist als Rechtsextreme auf den Straßen. — Zugezogen Maskulin »Alle gegen alle« (Four / Sony) »Wenn nichts Inhaltliches und nichts subversiv Kritisches mehr passiert, dann fühle ich mich auch irgendwann
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#Pop #Julien Baker
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Julien Baker
MIT LEID INS GLÜCK Immer noch erzählt Julien Baker auf ihrem zweiten Album »Turn Out The Lights« todtraurige Geschichten. Immer noch ist sie dabei so explizit ehrlich wie kaum eine andere. Carina Hartmann verrät sie, warum genau das ihr hilft, unbekümmerter zu sein. Foto: Alena Schmick
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enn Songs so schwer von Leid behangen sind wie die von Julien Baker, fällt es schwer, an die Leichtfüßigkeit der Person dahinter zu glauben. Kein Wunder also, dass ich vor dem Interview mit der Musikerin auf den Typus hypernachdenklicher Trauerkloß gefasst bin. »Boah, ich habe so lange geraucht. Immer die 10-Zentimeter-Dinger in extra stark. War heftig!«, begrüßt mich die Singer/Songwriterin aus Tennessee. Und, ja, ich muss zugeben: Ich bin angenehm überrascht von der nonchalanten Art dieser jungen Frau, von der ich ein paar Stunden zuvor noch eine der traurigsten Platten dieses Jahres gehört habe. Warum wir über heftigen Zigarettenkonsum sprechen, weiß keiner genau. Irgendjemand muss nach Rauch stinken. Ich bin’s nicht, aber sei’s drum. Knapp zwei Jahre ist es nun her, dass die Amerikanerin ihr Debüt »Sprained Ankle« veröffentlicht hat – ein leidenschaftlich melancholisches Album über Sucht, Einsamkeit, ein gebrochenes Herz und die eigene Sterblichkeit, auf dem lediglich eine in Hall getauchte Stromgitarre als Begleitung dient. Damals war sie 19 Jahre alt. Inzwischen hat sich einiges verändert: Album Nummer zwei namens »Turn Out The Lights« verzichtet nahezu gänzlich auf minimalistische Gitarrenriffs. Stattdessen: opulent-cinematische Piano-, Orgel- und Holzbläser-Arrangements für vollere Sound-Texturen, die in den legendären Ardent Studios von Craig Silvey behutsam um Bakers Erzählungen gefrickelt wurden. »Ich wollte ein Album, das ganz anders klingt«, erklärt sie, und man kommt nicht umhin zu sagen: Das ist ihr gelungen. Leiden kann Baker allerdings immer noch genauso wie auf dem Vorgänger. Dabei war auch hier der Ansatz ein neuer: »›Sprained Ankle‹ war ehrlich, aber komplett auf mein Innenleben konzentriert. Für die neue Platte habe ich mir andere Gedanken gemacht. Ich überlegte: Wie kann es sein, dass wir alle mit den gleichen emotionalen Problemen zu kämpfen haben und uns trotzdem einander nicht verbunden fühlen? Warum haben wir alle Mittel der Kommunikation und fühlen uns dennoch isoliert?« Fragen, mit denen sich der Fokus hörbar von der Introspektive auf Umweltbeobachtungen verschoben hat. Herausgekommen ist ein elf Songs starkes Album, das auf seiner emotionalen Reise nicht nur die eigenen Gefühle achtsamer reflektiert, sondern auch die der Mitmenschen. »Genau deswegen vergesse ich immer, dass die Platte für andere melancholisch klingt. Für mich ist das total hoffnungsvoll«, sagt Baker. »Schwer zu glauben, was?« Julien lacht und fährt sich nervös durch die Harre. Das macht sie immer, wenn ihr etwas unangenehm ist. »Es ist so«, erklärt sie auf meine Nachfrage. »Hoffnungsvoll zu sein heißt ja nicht, niemals traurig zu sein. Wir
müssen uns mit den schwierigen Erlebnissen in unserem Leben konfrontieren und diese akzeptieren, statt immer zu überlegen, wie wir all das überschreiben. Es ist leichter, wenn man akzeptiert, dass manch ein Leid das ganze Leben lang bleibt.« »I think if I ruin this / Then I know I can live with it«, heißt es auf der ersten Single »Appointments«. Das Drama hinnehmen, um neuen Optimismus zu finden – klingt erst einmal schwer, aber durchaus vernünftig. Und mal ehrlich: Bei wem ist schon alles immer nur happy-happy-ding-dong? »Eben«, stimmt Baker ein. »Nur redet kaum jemand darüber.« Dauerendorphine als Normalstatus – ist das immer noch das Ideal der Mainstream-Kultur? »Ja, ich lebe in dieser Künstlerwelt, und dort ist es weit verbreitet, dass jeder so tut, als sei alles toll. In dieser Kultur ist es gang und gäbe, sich wohl fühlen zu müs- »Sprained Ankle« sen, weil man über psychische Probleme und Intro-Autor Valentin Erning Ängste nicht spricht.« Baker redet sich nun fast schrieb über das Album: »Der Geist des Verharrens schon in Rage: »Je mehr man versucht, Leute hängt in dieser Sammlung dafür zu brandmarken, desto mehr kreiert feinschichtig instrumenman eine künstliche Normalität. Niemand tierter One-Take-Songs; ins Phrasen-Limbo der ist in der Lage, dieses Ideal zu erfüllen – das gestörten Befindlichkeihab ich im Kontakt mit all den Menschen, mit ten gleitet die Jungdenen ich in den letzten Jahren gesprochen Slowcorelerin trotz ihrer stilbildenden Verletzlichhabe, gelernt.« keit zu keiner Zeit ab. Im Geduldig zuhörend, nachdenklich im Um- Gegenteil: Mit dem ihr gang mit den eigenen Problemen, aber stets eigenen Erzählcharme trifft sie wortwörtlich ins mit einem offenen Ohr für andere – so hat Schwarze und vaporisiert Julien Baker am Ende die Platte geschrieben, ihren und unseren Leidensund genau so sollte sie gehört werden. »Ich druck. Zurück bleibt eine anschmiegsame akustische möchte zeigen, dass man erst Liebe und Glück Wärme.« für sich selbst erfahren kann, wenn man das anderen Menschen gibt. Dabei will ich nicht von oben herab belehren, aber mir hat es gehol- Ardent Studios fen, meine Probleme zu verstehen. Vielleicht Das Studio in Memphis, können das andere mit diesem Album auch.« Tennessee wurde 1966 gegründet und erlangte Könnte in der Tat funktionieren. Gerade, weil bereits Ende der 60er-Jahre Baker die kleinen wie großen Alltagsängste Kultstatus, vor allem durch nicht mit »Alles wird gut«-Sprüchen, an die die direkte Zusammenarbeit mit dem Label Stax. sowieso niemand wirklich glaubt, kleinredet. Später zählten auch Joe Mit »Turn Out The Lights« tritt sie vielmehr Cocker, Led Zeppelin und als gute Freundin auf, die uns sagt: »Ja, läuft Bob Dylan zu den Kunden des Gründers John Fry, gerade ziemlich scheiße bei uns, aber ist okay.« der im Dezember 2014 Und mal ehrlich: Fühlen wir uns damit nicht verstarb. alle ein wenig befreiter? — Julien Baker »Turn Out The Lights« (Matador / Beggars / Indigo) — Auf Tour vom 14. bis 16.11.
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#Pop #Bill Murray & Jan Vogler
Bill Murray & Jan Vogler
LOST IN TRAINSTATION Bill Murray und der Cellist Jan Vogler lernten sich auf einem Flug nach New York kennen und beschlossen später, ein Album aufzunehmen. »Denn immer mehr Dinge entfernen sich davon, Spaß zu machen, weil sie allein monetären Interessen untergeordnet sind«, sagt Murray. Was er darüber hinaus für sein Leben als wichtig erachtet und was ein Massageroller damit zu tun hat, erzählte er Christian Schlodder am Gleis 8 des Berliner Hauptbahnhofs. Illustration: Alexandra Ruppert
#Pop #Bill Murray & Jan Vogler
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m Anfang standen zwei Anrufe. Beide mit hiobsbotschaftlichem Beginn – und versöhnlichem Ende. Der erste kam um 09:54 Uhr. Das KurzInterview mit Bill Murray und Jan Vogler könne so nicht stattfinden, da der Flug der beiden aus New York verspätet sei. Doch gäbe es eine Lösung, so die Stimme am anderen Ende: Das Interview könne im ICE von Berlin nach Hamburg stattfinden. Abfahrt um 14:39 Uhr. Mit der Zeit kann man sich eine gewisse Interviewroutine erarbeiten. Ein wenig Vorbereitung, Menschen und Situationen lesen, Fragen stellen, zum Schluss bedanken. Doch hier war etwas anders. Kindliche Aufregung machte sich nach der Zusage breit: Eine Bahnfahrt im ICE mit Bill f*cking Murray, dem coolsten Typen Hollywoods!? Der ICE nach Hamburg steht zwei Minuten vor der Abfahrt am Gleis. Doch das reservierte Abteil ist leer. Von Bill Murray und Jan Vogler keine Spur. Dann folgt der zweite Anruf um 14:37 Uhr. »Bist du schon im Zug?«, fragt die Promoterin am anderen Ende. »Steig sofort aus! Wir schaffen es nicht.« Ein beherzter Sprung aufs Gleis, das Piepen der Türen – und schon verabschiedet sich der ICE 800 mit dem Ziel Hamburg im Tunnel. Augenblicke später steht die Entourage um Bill Murray am Gleis 8 des Hauptbahnhofs, gejetlagt vom Flug, übermüdet vom bisherigen Programm. Jan Vogler mit seinem über 300 Jahre alten Cello. Bill Murray mit Anglerweste und roter, klappbarer Brille um den Hals. Er träufelt sich Augentropfen in die Pupillen. Die Flüssigkeit läuft ihm über die linke Wange. Er wirkt abgekämpft, doch schrecklich normal, und absurderweise achtet man genau auf diese Normalität, nur um sich davon überrascht zu fühlen. Dabei ist er doch auch deshalb der coolste Typ Hollywoods, weil er macht, worauf er Lust hat. Beispielsweise ein klassisches Album mit Jan Vogler, dem Cellisten aus Dresden, der mittlerweile in New York lebt. Und Murray fühlt sich darin sichtlich befreit. »Die Chance, zu versagen, ist mit diesem Projekt größer, weil wir niemanden außer uns beiden dafür verantwortlich machen können. Wenn man das aber akzeptiert hat, trifft man allein künstlerische Entscheidungen. Und es macht die Zusammenarbeit viel angenehmer, weil es in diesem Prozess keinen gibt, gegen den man sonst ankämpfen muss«, sagt er. So habe Jan Vogler die meisten Entscheidungen getroffen, sagt Bill Murray. Es sei reines Teamwork gewesen, sagt Jan Vogler. »Zusammengehalten wird am Ende alles von Walt Whitman«, beschreibt Vogler das Konzept. Whitman kennt man hierzulande nur, wenn man englische Literatur studiert hat oder ein aufmerksamer Dauergucker von »Breaking Bad« ist. Bill Murray verehrt den Literaten Walt Whitman. Auf »New Worlds« rezitiert er sein Gedicht »Song Of The Open Road«, untermalt von Voglers Cello. »The earth never tires«, heißt es darin. »Die Welt kommt immer wieder«, sagt Murray und wiederholt das mantraartig. »Wenn du in den Ozean springst und unter den Wellen hindurchzutauchen versuchst, gegen sie anzukommen versuchst, wirst du merken, dass immer neue Wellen auf dich zukommen. Und das ist nur ein kleiner Teil unserer Welt.« Auf »New Worlds« spricht Bill Murray, der Transzendentalist, der Romantiker gegen den Materialismus und der Verfechter der Natur, durch die Werke amerikanischer Literaten. Und zwischen all der leichten Melancholie und dem ebenso leichten Optimismus werden er und Vogler sogar unfreiwillig politisch. Viele Autoren, die Murray rezitiert, agierten zur Zeit des amerikanischen Sezessionskriegs. Bei James Thurbers »If Grant Had Been Drinking At Appomattox«, vertont zu Stücken von Maurice Ravel, ist der Bezug unübersehbar. Und seit einer Weile spielt diese Vergangenheit wieder eine Rolle in der amerikanischen
Gegenwart. Die rassistischen Aufmärsche in Charlottesville, der Abbau von konföderierten Denkmälern, eine verhärtete Debatte über die eigene Geschichte. Murray war nie der große Politaktivist Hollywoods. Auch hier ist seine Position irgendwo in der Mitte, immer auf der Suche nach Verständnis für das große Ganze und Kompromissbereitschaft. »Es gibt bei diesem Thema so viele Wunden in diesem Land. Doch wie heilen wir die?«, fragt er. Die Antworten sucht er woanders, in der Rückbesinnung auf sich selbst und auf die Natur. Nun findet Murray sich allerdings in einer Welt wieder, in der das Zurück-zur-Natur maximal Lifestyle ist, der Rest ist getrieben von Status-Updates und immer kürzeren Aufmerksamkeitsspannen. »Entwicklungen hatten einst das Versprechen, mehr Erholung zu schaffen. Doch überall, wo ich hinschaue, entdecke ich weniger davon«, sagt er. Weniger Zeit für die Familie, für eigene Bedürfnisse und (da spricht erneut der Transzendentalist) für die Natur. Er verweigert sich dieser Entwicklung seit jeher. Er twittert nicht, es gibt keine Facebook-Fanpage. Selbst wenn man ihn für Drehs anfragen möchte, muss man nach wie vor auf einen Anrufbeantworter sprechen, den er selbst unregelmäßig abhört. Nicht einmal seiner Post schenkt er sonderlich viel Beachtung. Auch das hat ihm den Nimbus eingebracht, über den Dingen zu stehen, eben der coolste Typ Hollywoods zu sein. Unterdessen fällt ihm seine Zahnbürste aus der Tasche seiner Anglerweste auf Gleis 8. Im 300 Jahre altes Koffer hat er noch einen Reisemassageroller. Es Cello sei das wichtigste materielle Ding, das er habe, Jan Vogler, der bereits sagt Murray. Auch weil er ein Symbol dafür ist, mehrfach mit einem Klassik-Echo ausgezeichdass er nicht nichts tun könne in diesen stillen net wurde, spielt ein Cello und leisen Momenten auf Reisen und in den von Antonio Stradivari: Hotelzimmern dieser Welt. »Lost In Transla- »Ex Castelbarco/Fau« von 1707. Es gehört einer tion«, so sagte er einst, sei der Film, der ihm großen Bank, die ihm das am meisten Freude bereitet hätte. Er spielt Instrument zur Verfügung in Tokio, hauptsächlich in Hotelzimmern. stellt. In einem Interview erklärte Vogler den Reiz Im Film werden er und Scarlett Johansson zu dieses besonderen Modells: schlaflosen Komplizen der Einsamkeit. Der »Es stammt aus Stradivaris Goldener Periode. Seine Massageroller schließt den Kreis. Form ist relativ flach und Es gäbe diese Orte, an die er sich zurück- revolutionär für jene Zeit. zieht, wenn ihm die Welt zu viel werde, sagt er. Stradivari wusste genau, Zum Beispiel sein Zuhause. »Wenn man so viel was Solisten für die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts unterwegs ist wie ich, fühlt es sich einfach nur brauchten. Es hat auch die gut an, nach Hause zu kommen«, sagt er. Die richtige Größe. Es ist klein, Augentropfenflüssigkeit auf seinen Wangen aber nicht zu klein.« ist mittlerweile getrocknet. Im Hintergrund führt die Promoterin noch immer Telefonate. Walt Whitman In weniger als zwei Stunden wird sie ihm er- In »Breaking Bad« gibt es zählen müssen, dass er in einer anderen Stadt immer wieder Verweise auf Whitman, außerdem spielt ist: Hamburg. der Gedichtband »Leaves »Nach Hause zu kommen ist großartig«, Of Grass«, den Walter sagt er noch einmal. Mehrmals. Seine Augen White besitzt, eine wiederkehrende, nun ja, Rolle. wirken traurig in diesem Moment, ein wenig Man dürfte Whitman allereinsam und suchend. Vielleicht möchte man dings auch aus dem »Club auch einfach nur, dass sie genau so wirken. der toten Dichter« kennen – das im Film so ergreifend Dann verabschiedet er sich. 15:37 Uhr. Der von den Schülern rezitierte Zug ist da. Er müsse noch etwas Kraft tanken »O Captain! My Captain«, im Abteil. Am Ende würde man ihm am liebs- als sie zum Abschied auf ihre Tische steigen, stammt ten eine aufgeregte, schwärmerische Dankes- von ihm. Nachricht in den ICE nach Hamburg schicken. Doch die, und das ist Teil der Legende um den coolsten Typen in Hollywood, müsste man auf einen Anrufbeantworter sprechen, den er vielleicht nie abhört. — Bill Murray, Jan Vogler And Friends »New Worlds« (Decca / Universal)
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#Pop #Dillon
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illon kommt zu spät zum Interview, da sie mit dem Auto durch den Feierabendverkehr musste. Tags zuvor hatte sie einen Fahrradunfall gehabt – business as usual: Rechtsabbieger im Osten der Stadt. Zwar musste sie einen Tag im Krankenhaus verbringen, kam aber ohne einen Kratzer raus. »Man sollte vielleicht nicht Fahrrad fahren, wenn man in der Woche darauf ein Konzert in der Elbphilharmonie spielt«, sagt Dominique Dillon de Byington und blickt grinsend zu ihrer Managerin. Wer Dillon als traurig-bleiche Princess Borderline mit schwarz umrandeten Augen kennt, die Anfang des Jahrzehnts zwingende, drängende KlavierSongwriterstücke mit elektronischem Fundament und feiner Ornamentierung spielte, als das sonst nur Björk machte und Lana Del Rey noch zu erfinden war, wird über das irgendwie gebrochene Charisma zwischen Hippie, kunsthandwerklichem Dandytum und Großraumdisco stolpern, mit dem sie jetzt in der letzten Sonne vor dem Café sitzt. Sechs Jahre nach dem Debüt hat sich offenkundig etwas bei Dillon verändert, und das ist weniger in der Musik begründet als in ihrer Haltung zum Leben. »The Unknown«, ihr zweites Album von 2014, war von Schreibblockaden geprägt, von den Nachwirkungen der ersten großen Touren, Zusammenbrüchen und Orientierungslosigkeit. Sie musste über Dinge schreiben, sagt sie, über die sie nicht nachdenken wollte. Damals klang das oft dramatisch: Sie müsse singen, sonst müsse sie weinen, sagte sie in einem Interview. »Ich bin nicht traurig auf die Welt gekommen. Manche Menschen sind mit einer traurigen Seele geboren. Ich nicht. Aber es sind viele Sachen passiert, die mich belastet haben. Natürlich musste ich mir überlegen, ob ich es mir gegenüber verantworten kann, Musik zu machen. Aber dann war immer das nächste Lied fertig, und es hat sich richtig gut angefühlt. Ich musste mir die Frage stellen: Geht das noch auf für dich?« Dillon zündet sich eine Zigarette an, beschwert sich über das hässliche Feuerzeug, zu gelb ist es, zu rund. Doch die Ablenkung währt nur kurz. »Ich möchte nicht mehr als notwendig leiden. Früher habe ich nicht verstanden, dass ich nicht leiden muss. Für mich war es normal, nicht okay zu sein. Mittlerweile bin ich okay. Das heißt nicht, dass es mir immer gut geht, aber ich suche mir aus, wann ich mich beschwere. Manchmal muss man seine Energie aufbewahren, damit etwas Schönes entsteht. Das kann todtraurig sein, aber immerhin schön. Oder zumindest warm. Ich kann nicht mehr kalt sein, ich beschwere mich ja schon über die Kälte in der Stadt, dann kann ich nicht auch noch kalt sein. Manche Sachen kann man bewusst entscheiden!« Der Kontrast zur Geschichte des letzten »Live at Haus der Albums könnte in der Tat größer nicht sein. Berliner Festspiele« Nach den Titeln »This Silence Kills« und »The Intro schrieb dazu: »Das AlUnknown« spielt sie nun mit »Kind« auf einer bum rennt so locker-lässig den Erwartungen an eine sanfteren Klaviatur; die deutsch-englische konventionelle Live-UmsetDoppelbedeutung des Wortes ist durchaus in- zung davon: Viel mehr als tendiert, es geht um die Liebe. Und die Stimm- eine öde Brücke zwischen zwei Alben ist es eine neue Perfektionistin, die auf dem Album »Live At und ungleich opulentere Haus der Berliner Festspiele« deutlich hörbar Tür in das Klanggebäude mit der Zusammenarbeit mit einem Chor ge- der gebürtigen Brasilianerin — quasi die angeberische rungen hat, lässt gleich zu Anfang eine Stimme Steigerung der vorangezu, die nicht die eigene ist. Weil Liebe zwar gangenen Alben, derer es auch allein geht, aber doch besser, wenn da sich bedient. Großzügig aufgetragen, aber nicht so noch jemand ist. Es ist eine vertraute Stimme, dick, dass Übersättigung sie gehört Tocotronics Dirk von Lowtzow: »Er droht.«
Dillon
»ICH KANN NICHT MEHR KALT SEIN« Die frühere Königin der Post-TeenageVerzweiflung tritt ins Licht. Ihr neues Album »Kind« ist ein Konzeptalbum über die Liebe. Steffen Greiner ließ sich von Dillon erklären, warum sie mehr wie ein Horn in F klingt als wie eine Frau im Kleid – und wie man komplexe Zeiten mit sich selbst haben kann. Foto: Vitali Gelwich
#Pop #Dillon
ist für mich Familie in Berlin. Und es war so schön, ihn da zu haben, gerade auch in diesem Lied, weil es Fragen und Antworten sind. So ist es auch im realen Leben zwischen uns: Ich frage ihn, er gibt eine Antwort. Er fragt mich, ich gebe eine Antwort.« Dillon stürzt sich in die Liebe als abstrakte und konkrete Kraft. Sie widmet Lieder ihren Weggefährten, dem musikalischen Langzeitpartner Tamer Fahri Özgönenc etwa. Ihrer Mutter hat sie ein Stück in ihrer MutBrasilianischem tersprache, brasilianischem Portugiesisch, Portugiesisch eingesungen – in ihr Phone am Küchentisch. Dillon wurde 1988 in São »Eine Sprache, in der ich mich überhaupt nicht Paulo geboren, wanderte ausdrücken kann, ich spreche wie eine Zehnaber bereits im Kindergartenalter nach Köln aus. jährige, anscheinend mit deutschem Akzent.« Hier entstanden parallel zu Sie widmet Lieder der Liebe zum Selbst, der ihrem Schulabschluss erste Liebe zur Natur und der Onlineliebe. Und erSongs, die sie selbst online verbreitete. 2008 landete staunlicherweise wird es nie peinlich. Eigentsie beim Label Kitty-Yo und lich klingt es, wie Dillon immer klang, dabei zog nach Berlin. hat sich der Sound erweitert, um alchemistisch eingesetzte Bläsersätze etwa: »Bläser sind viel
näher an meinem Gesang als andere Frauenstimmen. Ich höre mich eher an wie ein Horn in F als wie eine Frau im Kleid.« Doch natürlich wird auch aus einer wesentlich erleichterten Dillon noch keine Partyqueen. Selbst wenn sie die Rolle sicher gut beherrschen würde. Dennoch sagt sie: »Ich brauche keine Szene. Ich habe komplexe Zeiten mit mir selbst.« Und nur, weil Dominique Dillon de Byington keine noble Blässe mehr ausstellt und stattdessen auf dem Cover mit Blumen bekränzt von der Liebe singt, vom Wachsen der Bäume und vom Licht, ist ihre dunkle Freakiness ja nicht verschwunden: »Das gehört auch zu mir. Selbst wenn ich Lieder über Sonnenblumen schreiben würde: It’s still gonna be fucked up!« — Dillon »Kind« (PIAS / Rough Trade / VÖ 10.11.17) — Auf Tour vom 16. bis 26.11.
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#Pop #Gisbert zu Knyphausen
Gisbert zu Knyphausen
STÜRME UND KATZEN Eine Platte auf Leben und Tod sei sein neues Album geworden, sagt Gisbert zu Knyphausen. Auf »Das Licht dieser Welt« verarbeitet der Liedermacher die Höhen und Tiefen der vergangenen fünf Jahre. Verena Reygers traf ihn in seiner alten Heimat Hamburg und knibbelte mit ihm an den frischen Narben. Foto: Daniel Feistenauer
#Pop #Gisbert zu Knyphausen
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rkan über Hamburg: Auf dem Weg zum Interview mit Gisbert zu Knyphausen radele ich an entwurzelten Bäumen vorbei, der Nahverkehr ist fast vollständig zum Erliegen gekommen, sogar Tote hat Orkan Xavier hinterlassen. Aber jetzt, nach dem Sturm, klart der Himmel auf und wirft sein Licht auf ein zerrupftes Stück Welt, das sich langsam wieder berappelt. Es ist die perfekte Allegorie zu »Das Licht dieser Welt«, dem ersten Album von Gisbert zu Knyphausen seit sieben Jahren: der alles entwurzelnde Sturm, die Stille danach und schließlich das Licht. »Stimmt«, nickt zu Knyphausen, »das ist irgendwie alles drin in diesem Album.« – Diesem Album, das der Wahl-Berliner sogar »eine Platte auf Leben und Tod« nennt. Dessen Geschichte kann nicht nach vorne gehen, ohne den Blick nach hinten zu richten. Nach zwei erfolgreichen Soloalben gründet zu Knyphausen 2011 mit dem Hamburger SongNils Koppruch writer und Künstler Nils Koppruch das Duo Der gelernte Koch machte Kid Kopphausen. Im August des folgenden erst mit seiner Band Fink Jahres veröffentlichen sie ihr Debüt »I«, nur und später als Solomusiker deutschsprachigen zwei Monate später stirbt Koppruch völlig Americana hörenswert. überraschend. Ein Verlust, der die Hamburger Außerdem arbeitete er un- Kunst- und Musikszene bis heute schmerzt. ter dem Pseudonym SAM. als bildender Künstler. »Das war schon eine ganz schön dunkle Zeit«, Seinen Werken kann unter erinnert sich zu Knyphausen. »Ich habe einen anderem in der Hamburger guten Freund verloren, aber auch die Band, mit Kneipe Saal II zugeprostet werden. der wir das kommende Jahr geplant hatten, war weggebrochen, weshalb ich mich nicht so in die Arbeit stürzen konnte, wie das vielleicht andere in so einer Phase machen würden.« Statt zu arbeiten oder auf Tour zu gehen, zieht sich der Musiker fast völlig zurück. »Das erste Jahr war hart, und dann ging es stetig aufwärts, aber ich hatte trotzdem noch nicht die Ambitionen gefunden, ein neues Album zu machen.« Stattdessen unterstützt er seinen alten Kumpel Olli Schulz auf Tour – am Bass. »Ich bin kein Bassist, aber für Olli Schulz reicht es«, lacht zu Knyphausen dieses verhalten-heisere Lachen, das nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen will. Es folgen eine vom Goethe Institut initiierte Reise in den Iran, das Kinderlied »Immer muss ich alles sollen« sowie mit Husten ein gemeinsames Bandprojekt mit Moses Schneider und Der Dünne Mann. »Ich habe mich schon zwischendurch gefragt, ob ich nicht noch mal einen ganz anderen Weg einschlage«, gibt er zu, »aber ich habe nichts gefunden, das mich so begeistert wie die Musik.« Also beginnt zu Knyphausen vor zwei Jahren ernsthaft, Songs für ein neues Album zu schreiben. Darunter vieles, das von den Jahren davor und dessen unterschiedlichen Gemütslagen geprägt ist. »Das Licht dieser Welt« ist, wie sollte es anders sein, eine melancholische Platte geworden, die sich aber überraschend versöhnlich mit dem Leben zeigt. So taucht ein Wort wie »frei« immer wieder auf, vor allem in Songs wie »Niemand« oder »Unter dem hellblauen Himmel«, wo zu Knyphausen die verschiedenen Interpretationen des Freiseins auslotet – bis hin zum Tod: »Du darfst gehen, du bist frei.«
»Wenn man es negativ betrachten will, ist der Tod die Freiheit vom Kampf des Lebens. Nach dem Motto: ›Nur im Tod kannst du ultimativ frei sein – oder wenn du komplett verrückt wirst‹, wie Conor Oberst es mal formuliert hat.« Und dann lacht er wieder, in der Gewissheit, dass Glück nur die eine Seite der Medaille ist, dass das aber auch in Ordnung ist. Befreit hat sich der 38-Jährige auch musikalisch. Statt an der Gitarre hat er viele Songs am Klavier komponiert. Es gibt zwei Stücke mit englischem Text, die Band ist neu und wurde um Vibrafon, Trompete, Posaune und Synthesizer erweitert. Für die Aufnahmen wurde nicht alles live eingespielt, sondern unter anderem vom Produzenten Jean-Michel Tourette liebevoll Jean-Michel und ohne Zeitdruck am Computer arrangiert. Tourette Würde man zu Knyphausen nicht besser ken- Den ehemaligen Wir-Sindnen, man würde den Trost, den diese Platte mit Helden-Keyboarder und gebürtigen Hannoveraner Beats, Claps und Spannungsbogenrhythmik traf zu Knyphausen zufällig verspricht, beim ersten Hören in die Neo- vor einigen Jahren im Urlaub auf La Gomera – in Biedermeier-Schublade stecken. einer Fußballkneipe, in der Der versöhnliche Grundton auf »Das Licht das Bundesligaspiel von dieser Welt« war zu Knyphausen anfangs gar Hannover 96 übertragen nicht bewusst. »Beim Songschreiben dachte wurde. Merke: Nach dem Schlusspfiff ist vor der ich eher: ›Mann, das ist ja doch wieder ganz Musikkollaboration. schön traurig.‹ Ich habe gar nicht gemerkt, wie optimistisch viele der Songs eigentlich klingen.« Selbst »Kommen & Gehen«, ein Schlüsselsong auf dieser Platte, der sich mit Geburt und Tod beschäftigt, schlägt den Bogen vom Lebensende der eigenen Großmutter zu der Frage, wie es ist, »wenn wir in diesem Wettrennen in das Licht durch die Ziellinie sind«. Auf die Textzeile angesprochen, zuckt zu Knyphausen mit den Schultern: »Ich selbst habe gar keine so große Angst vor dem Sterben, ich bin eher neugierig – ohne todessehnsüchtig zu sein –, was danach kommt.« Denn »Etwas Besseres als den Tod finden wir überall«; zu Knyphausen hat den Song seines Freundes Koppruch zu Ende geschrieben und aufgenommen – ein rastlos rhythmisches Stück, »ein typischer Nils-Song mit einfachen Aufzählungen, die in ein Märchenzitat münden, durchaus positiv und humorvoll«. Es ist das vorletzte Stück auf dieser Platte, mit der zu Knyphausen sich zurück ins Leben gekämpft hat. Mit der rein instrumentalen Klavierimpression »Carla Bruno« gleitet man fast leichtherzig aus dem Album. Der Titel ist übrigens nicht die Verballhornung einer französischen Chansonsängerin und ehemaligen Première Dame, sondern der Name einer Katze an einem von zu Knyphausen sehr geschätzten Ort in Südfrankreich. Der ungewöhnliche Name rührt daher, dass die Besitzer die Katze Bruno getauft hatten, um dann festzustellen: »Mist, ist gar kein Junge.« »Es war mir wichtig, dass nach dem Song von Nils noch ein Stück kommt, aber ohne, dass dann noch etwas gesagt werden muss«, erklärt er. Denn – was soll man noch sagen – nach der Stille kommt das Licht. — Gisbert zu Knyphausen »Das Licht dieser Welt«
(PIAS / Rough Trade) — Auf Tour bis 05.11.
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#Pop #Kakkmaddafakka
Kakkmaddafakka
EIN TAG IN BERGEN Kaum eine Stadt in Norwegen bringt so viele gute Bands hervor wie Bergen. Was Tromsö für Techno, ist dieser Ort für Indie. Hannah Bahl hat mit Kakkmaddafakka beim Schlendern durch deren Heimatstadt über Kultkneipen, das Leben in einer Kleinstadt und das neue Album »Hus« gesprochen. Fotos: Linn Heidi Stokkedal
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eim Anflug gleite ich über grüne Wiesen, raue Felsen und unzählige schwarze Seen und merke plötzlich, wie weit ich in Berlin von der Natur entfernt bin. Ganz schön wild hier. Landung in Bergen, einer Kleinstadt mit durchschnittlich 240 Regentagen, die klaustrophobisch am Meer klebt, viel zu viele Kreuzfahrttouristen hat und Heimatstadt von Röyksopp, Kygo, Kings Of Convenience, Casiokids, Kakkmaddafakka und vielen weiteren Künstlern ist. Nach der leider sehr verspäteten Ankunft geht es in Richtung Zentrum, wo die Jungs von Kakkmaddafakka schon warten. Ein bisschen Angst bekomme ich im Taxi schon – vor der Entzauberung einer Partyband bei Tageslicht, aber da muss ich jetzt durch, quasi wie bei einem zweiten Date, nachdem das erste im Rausch passierte.
Ironischerweise treffen wir uns am über der Stadt thronenden Universitätsgebäude, in das nur wenige Bandmitglieder einen Fuß gesetzt haben, und wenn, dann auch nur kurzzeitig – Kakkmaddafakka stehen eher auf ruppige Realität als auf dicke Bücher und utopische, wissenschaftliche Luftschlösser. Vor dem Gebäude posieren die Brüder Axel und Pål (genannt Pish) samt der restlichen Besetzung, bestehend aus Stian, Kristoffer, Emin und Lars, im sehr aufgeräumten Garten zwischen Springbrunnen und tropischen Pflanzen. Auf dem Flug habe ich zur BergenEinstimmung ein paar alte Kings-Of-Convenience-Songs gehört, und es dauert keine zwei Minuten, bis der Name Erlend Øye fällt. Wie ein guter unsichtbarer Indie-Geist scheint er über dieser Stadt zu schweben. Kakkmaddafakka hat er von Beginn an unterstützt: Er hat der Band am Anfang ihrer Karriere Proberäume besorgt und ihre Alben produziert. Das war vor circa sieben Jahren, zu einer Zeit, als Sänger Axel noch erfolglos versuchte, auf Bergens Straßen Würstchen zu verkaufen, wie er jetzt grinsend erzählt. Natürlich äußerst enthusiastisch und von sich selbst überzeugt, wie man ihn heute auch als Frontmann
#Pop #Kakkmaddafakka
kennt, bis dann Erlend als Retter des Indierock auftauchte, zwar keine Würstchen kaufte, die Band aber liebevoll in Richtung Bühnen der Welt schubste. Universitätsgebäude Vom Universitätsgebäude aus gehen wir in Richtung Die 1946 gegründete UniHåkonsgaten, der Partymeile Bergens, wo wir einen Stopp versität ist mit rund 15.000 in der Bar Legal einlegen und Zeit für ein Bier haben. Die Studenten hinter Oslo und zur Sicherheit noch schnell vor dem Abflug im Duty-free Trondheim die drittgrößte gekaufte Flasche Berliner Luft bricht dann das Eis, und Norwegens. Auch als Tourist lohnt sich ein Mama hatte wieder mal recht: Man sollte im Leben nie Besuch des Uni-Geländes, ohne Gastgeschenk aufkreuzen. Während die anderen da sich dort das kultur- und Jungs auf Norwegisch mit dem befreundeten Barkeeper naturhistorische Museum der Stadt befindet. palavern, erklärt mir Schlagzeuger Kristoffer, dass früher jeder Abend der Band in dieser Straße begonnen habe: Erlend Øye »Hier war auch unsere Lieblingsbar Vamoose. Wir haben Neben seinem Wirken als uns praktisch immer die Straße rauf und runter getrunSolokünstler, als Mitglied ken und dabei unseren Status als Partyband zementiert.« von The Whitest Boy Alive Dass es das Vamoose nicht mehr gibt, ist eine der großen und Kings Of Convenience Kakkmaddafakka-Tragödien, die nach ein paar Gläsern setzte sich der gebürtige Bergener auch immer wieSchnaps immer wieder Erwähnung findet. Den Verlust der explizit für die Talente dieser Bar haben die Jungs wie den Tod eines geliebten seiner Heimatstadt ein: 2008 gründete er das Label Familienhundes bis heute nicht verdaut, weil er auch Opplett, auf dem jedoch so etwas wie das Ende der unschuldigen Bandjugend nur wenig veröffentlicht bedeutete. Da ist eine unstillbare Sehnsucht nach einem wurde. Einen Teil der MusiOrt, den es nicht mehr gibt, wie Sänger Axel es schließlich ker brachte er übrigens bei seinem legendären Melt!wehmütig beschreibt: »Seit es das Vamoose nicht mehr Auftritt 2008 im Intro-Zelt gibt, sind wir heimatlos wie Einwohner eines Landes, mit auf die Bühne.
das nicht mehr existiert. Immer auf der Suche nach einer Ersatz-Bar, die wir aber in der Form nie wieder gefunden haben. Das Vamoose war einfach ein besonderer Ort, an dem alles gestimmt hat. Wie bei den meisten Dingen im Leben merkt man die Bedeutung aber erst, wenn dieser Ort plötzlich nicht mehr existiert.« Beim Anflug auf Bergen musste ich darüber sinnieren, wie es sich wohl anfühlen mag, dieses Leben als Rockstar in einer Kleinstadt. Auf diese Überlegung gestoßen hatte mich »Neighbourhoud«, Kristoffers Kakkmaddafakka-Songwriting-Debüt auf dem neuen Album: »I’m tired now everybody knows my name, I wanna get out of here, I wanna run away, no matter what the others say (...) I meet my heartaches everywhere and I’m stuck in a neighbourhood.« Und genau das zeigt unser kleiner Stadtrundgang: hier ein Handschlag, da ein Hallo – als Kakkmaddafakka-Mitglied wird man sich an den besten Tagen wie der Bruce Springsteen Bergens und an den schlechten eher wie gefangen in
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#Pop #Kakkmaddafakka
der »Truman-Show« fühlen. Diese Beobachtung bestätigt Axel: »Der Erfolg hat früh für uns angefangen: Als ich 18 und Pish gerade mal 15 war, haben wir in Bergen alles ausverkauft, wir kennen das also irgendwie nicht anders. Bergen ist halt unser Zuhause, in dem alles ziemlich bequem, aber eben auch eng ist. Wahrscheinlich würden wir es hier nicht aushalten, wenn wir nicht so viel reisen könnten.« Zumindest die beiden Brüder, die aus einer klassischen Musikerfamilie stammen, haben sich also mit ihrem LeBergenfest ben als Bergen-Party-Posterboys arrangiert und hauen, 1993 als kleines Clubfestival für Blues und Ame- wenn es ihnen zu viel wird, ab: in die Sauna oder auch ricana unter dem Namen in die Natur. Denn genau das ist vielleicht das Gute am OleBlues gestartet, ist das Ende der Vamoose-Ära: Statt jeden Abend ins Bierglas zu Bergenfest inzwischen eines der größten Festivals fallen, galt es plötzlich neue Orte zu entdecken: »Früher, Norwegens. Seit 2012 zu Vamoose-Zeiten, hatte ich vollkommen vergessen, findet es als Open-Air auf dass es hinter den Bergen die Natur gibt, daran habe ich der Bergenhus Festung statt. 2017 spielten dort an mich erst jetzt wieder erinnert«, stellt Axel fest. Auf seine vier Tagen Bands wie Liam Naturspaziergänge mit seinem Hund Alfred nimmt er Gallagher, Richard Ashcroft, gern die Welt mit und filmt sich dabei. Die Clips finden Aurora, Pet Shop Boys, Tove Lo – und eben die Lo- sich auf dem YouTube-Channel der Band unter dem Titel kalhelden Kakkmaddafakka. »Nature In Nature«. Sie sind irgendwie absurd, lustig und
manchmal auch sehr schlau – und seien an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen. Und ganz so dringlich scheint es mit dem Abhauen auch nicht zu sein, sonst wäre Kakkmaddafakkas neues Album nicht, genau, in Bergen entstanden: Aufgenommen wurde es ganz entspannt im Jugendstilhaus von Axels leicht verrücktem Nachbarn Professor Edward und der Aufnahmeprozess inspiriert von der Seefahrt, wie Pish erklärt: »Für jeden Song haben wir diesmal ein Bandmitglied zum Captain ernannt, der sich darum kümmern musste, und uns so zum ersten Mal nicht in die Haare bekommen.« Wo »KMF« als Album verbissen wirkte, gibt es auf »Hus« plötzlich eine salonhafte Leichtigkeit, die jedoch nicht das Partyband-Image der Band unter den Tisch fallen lässt, das immer noch zu Kakkmaddafakka gehört, obwohl die ersten Bandmitglieder mittlerweile Kinder haben, es feste Beziehungen gibt und eine Ernsthaftigkeit, die im Zuge des Erwachsenwerdens wohl oft droht. Axel betont: »Wir haben immer wahnsinnig gern viel Spaß gehabt, das haben die meisten Leute heute verlernt. Jetzt sind alle immer sehr ernst. Wir sind die letzte Band, mit der man immer noch so richtig Spaß haben kann.« Was das in der Konsequenz bedeutet, merkt man abends beim Bergenfest, das in einem nicht enden wollenden sintflutartigen Regen untergeht und bei dem sich die Band auf der Bühne die Seele aus dem Leib feiert. Vielleicht liegt das Geheimnis dieser Stadt gerade in der KleinstadtKlaustrophobie begründet, dem Wasser von oben, der Erinnerung an die goldenen Vamoose- und Kings-OfConvenience-Zeiten und im viel zu teuren Aquavit, mit dem wir später im Legal anstoßen. Skål! Auf den Spaß, den ich mit Kakkmaddafakka den ganzen Tag über hatte und hoffentlich auch weiterhin haben werde – ernste Bands gibt es in dieser Welt nun wirklich genug. — Kakkmaddafakka »Hus« (Bergen Mafia / InGrooves)
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#Pop #King Krule
klein bist, startest du mit all diesen Möglichkeiten und natürlichen Interessen, und durch die Erziehung und Institutionen wirst du immer mehr eingeengt. Erst als Teenager kommt dir dann wieder diese Erkenntnis: »Wie lange bin ich noch auf diesem Planeten? Ich mache jetzt das, was ich will, und eigne mir mein Wissen selbst an.« Meinst du, diese Erkenntnis trifft alle Menschen?
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ann man »The Ooz« als Metapher verstehen?
Nein, natürlich nicht. Die Menschen sind gefangen vom Kapitalismus. Der Katalysator dafür ist Individualismus und Narzissmus. Wir haben alle diese Frontkamera an unseren Smartphones, um uns selbst anzusehen. Viele Leute gehen so sehr in ihrem Selbstbildnis verloren, sie sind besessen von sich selbst und merken nicht einmal, wie befangen es sie macht. Außerdem sieht man es an Dingen wie der Wahl in Deutschland, in Frankreich, am Brexit und natürlich daran, was in Amerika passiert. Amerika ist meiner Ansicht nach das neue British Empire. Wenn man auf die Geschichte zurückblickt, hatte Großbritannien seinen Fuß in so vielen Ländern und Wahlen, London war der Angelpunkt des Handels. Nun sehen wir, wie Amerika das übernimmt. Und der Patriotismus kontrolliert die Menschen. Es geht immer darum, die Leute zu separieren, statt zu zeigen, dass wir alle gleich sind.
Auf jeden Fall! Es ist eine Metapher für alle Teile des Körpers, die täglich wachsen, innerlich wie äußerlich: Zehennägel, Haare, aber auch Dinge, die plötzlich unterbewusst zum Vorschein kommen, wenn wir nachts im Bett liegen und versuchen, einzuschlafen. Die Produktion des Albums war wie Kotze. Es waren feste Stücke und dann flüssige Stücke. Es gab Stücke von mir selbst und Stücke von Blut. Manche Songs habe ich nackt in meinem Bett aufgenommen und andere im Studio. Ich mag die Idee, dass es mehr um diesen Moment geht, wie der Song entstanden ist, als um die Qualität der Aber nun könnte man ja meinen, die Zeiten der KoloAufnahme. Welche Musik hat dich als Kind beeinflusst?
Ich habe viel De La Soul gehört. Das Album »Stakes Is High« hat mich als Teenager sehr beeinflusst, meine Mum hat es oft gehört. Ich wusste damals nicht, was Sampling ist, und dachte, da spielt die ganze Zeit eine Band. Das fand ich wahnsinnig – wie können sie das spielen und dann auf einmal das? Als ich herausgefunden habe, dass es Samples sind, hat es mir völlig neue Welten eröffnet. Ich kam in Kontakt mit World Music, Jazz, Funk und Soul. Ich war geradezu besessen davon, die Originaltracks zu hören.
nialisierung seien vorbei. Warum immer noch dieses Schwarz-Weiß-Denken?
Wegen der Medien. Wegen dem, was uns erzählt wird. Wegen großer Firmen, die davon profitieren, wenn die Gesellschaft gespalten ist und es eine Hierarchie gibt. Denn dann denken viele Leute: »Oh, ich möchte eine Haushälterin haben, die mir morgens den Arsch abwischt!« Es ist diese Mentalität. Die Medien schüren Angst, und sie werden so oft von Politikern und Firmen dafür bezahlt. Und das Volk wird darauf konditioniert, das als normal anzusehen. Sie Hast du dann auch selbst angefangen, zu samplen oder wollen einen Job haben, gehen in den Pub, sie geben ihr Songs zu schreiben? Gehalt aus. Das ist das normale Leben, gerade in London: Mein erstes Instrument war ein Bass. Als ich acht war, arbeiten gehen, schlafen und die Schlagzeilen lesen. hießen meine Helden Kurt Cobain, Jimi Hendrix und Frank Aber ist es nicht gerade wegen der Digitalisierung mögBlack von den Pixies. Irgendwann habe ich mich gefragt: lich, diese Zustände zu verändern und mehr zu partizi»Warum spiele ich überhaupt Bass? Ich könnte Gitarre pieren als vorher? spielen!« Ich habe dann zusammen mit einem Schlag- Ja, wenn man sie richtig verwenden würde. Natürlich verzeuger gejammt. Als ich noch jünger war, hat mich mein bindet die Digitalisierung die Welt. Die Möglichkeiten der Onkel immer mit auf Konzerte genommen, er spielte in Kommunikation sind wahnsinnig. Aber die Leute bleiben einer Ska-Band. Ich mochte das Saxofon, den Rhythmus, dennoch isoliert, weil sie das Internet aus den falschen alles, was dich zum Tanzen bringt. Ich denke, wenn du Gründen verwenden. Es sind narzisstische Gründe, und
King Krule
KOTZE, ZEHENNÄGEL, ZOMBIES Archy Samuel Marshall hat viele Projekte. Laut eigener Aussage ist King Krule seine größte Leidenschaft. Unter diesem Namen kehrt er nun mit dem Album »The Ooz« zurück. Im Interview erzählt er Leonie Scholl von seinem musikalischen Werdegang, was Londoner unter einem normalen Leben verstehen und welchen Einfluss Zombies auf die Wahlen in Amerika hatten. Foto: Tereza Mundilova
#Pop #King Krule
Vom zerstörten London Das zerstörte London in »28 Days Later« hat sich in die Filmgeschichte eingebrannt – dank Regisseur Danny Boyle, DrehbuchAutor Alex Garland, einer in den frühen Morgenstunden für den Dreh abgesperrten Londoner Innenstadt, Hauptdarsteller Cillian Murphy und seiner Plastiktüte und nicht zuletzt dank des Songs »East Hastings« von Godspeed You! Black Emperor.
Fela Kuti mit seinem Track »Zombie« Das zuerst 1976 in Nigeria veröffentlichte Album der Afrobeat-Legende besteht lediglich aus den zwei rund zwölfminütigen Tracks »Zombie« und »Mister Follow Follow«. Es wurde vom Volk gefeiert und brachte die nigerianische Regierung zur Weißglut. Mit blutigen Konsequenzen: Das im Song hart kritisierte Militär attackierte auf offiziellen Befehl die von Fela Kuti gegründete Kommune namens »Kalakuta Republic«. Bei dem Angriff wurde Fela Kutis Mutter aus einem Fenster im zweiten Stock geworfen – sie fiel ins Koma und starb rund zwei Monate später.
sie sehen nur das, was sie sehen wollen. Wir können es bei jeder Wahl feststellen: Alle predigen: »Wählt nicht die Rechten!« Und wir sehen von unseren Freunden in Social Media auch nur Beiträge, die diese Einstellung unterstützen. Aber das ist doch genau die Gefahr: Man fordert niemanden heraus. Denn die Leute, die nur rechte Freunde haben, tun genau das Gleiche. Niemand möchte in Amerika. Und da sind all diese Horden geistloser Kredie andere Seite sehen, jeder will nur lesen, was ihm gefällt. aturen, dieser Mob stumpfsinniger Menschen, so wie die Es findet kein Austausch statt. Rechten heute. Und es gibt ein Statement am Ende des Warum hat dein aktuelles Video »Dum Surfer« diesen Films, ich werde es jetzt nicht sagen, aber es ist so mächtig. Bezug zu Zombies? Zombies hatten immer Einfluss auf mich, auch Fela Kuti Ich habe das Drehbuch nicht selbst geschrieben, aber ich mit seinem Track »Zombie«. Darin geht es um die Army war immer ein großer Fan von Zombies. Zum Beispiel vom und wie die Soldaten kontrolliert werden, als seien sie Film »28 Days Later«, ich mag dieses Konzept vom zer- Zombies. Das ist ein Motiv, das sich immer wieder durch störten London. Leere Busse, die umgedreht am Piccadilly mein Leben zieht. Circus liegen. Oder auch die Filme von George A. Romero wie »Night Of The Living Dead«. Es war einer der ersten — King Krule »The Ooz« (XL / Beggars / Indigo) Zombiefilme, und der Protagonist ist ein schwarzer Mann — Auf Tour vom 01. bis 04.12.
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#Pop #Mine & Fatoni
Mine & Fatoni
DIE SAKRAMENTE DER LIEBE Ihr wollt ein Liebeslied? Ihr kriegt kein Liebeslied! Denn leider hat Deutschrap ein verkapptes Verhältnis zur Liebe – so viel steht fest. Wieso das so ist und warum manche Liebe die Kriterien einer Pseudoreligion erfüllt, erklären Mine und Fatoni pünktlich zum Release ihres gemeinsamen Albums »Alle Liebe nachträglich«. Sermin Usta hat nachgefragt. Foto: Jan Philip Welchering
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kommt das nicht an das Gefühl heran, jemanden zu lieben. M: Müsstest du dich zwischen beidem entscheiden: Rap oder einer glücklichen Beziehung ... F: Die Vorstellung ist krank. M: ... dann wäre das eine unglaublich schwere Entscheidung, oder nicht? Ich könnte mich nicht gegen die Musik n einer Zeit, in der Beziehungsstreitigkeiten über entscheiden. Was nicht heißt, dass Liebe für mich nicht Whatsapp ausgetragen werden, Leute ihren Partner wichtig ist und ich nicht einsam bin, wenn sie nicht da ist. über Smartphone-Apps finden und die meisten Eltern getrennt leben, frage ich mich, welche Funktion romantische Liebe für uns noch bereithält? M: Schwer zu sagen, aber eins ist klar: Wer ständig
auf der Suche nach einem Partner ist, ist sicher nicht glücklich und zufrieden mit sich. Man kann seine Erfüllung nicht in jemand anderem finden – nennen wir es das Gott-Prinzip. Man sucht die Bestätigung, dass da jemand ist, der einen liebt und niemals verlässt. Viele Menschen glauben heute nicht mehr an Gott, vielleicht spielt diese Unsicherheit oder Suche nach Halt da mit rein. F: Als Religion noch eine wichtige Rolle gespielt hat, wollten die Menschen doch trotzdem geliebt werden und glückliche Beziehungen führen, meinst du nicht? M: Klar, aber es gibt Fundamentalisten, die nicht nach der großen Liebe suchen. Ich kann mit Religion nicht viel anfangen, deshalb verstehe ich die Suche nach einer vermeintlichen »Ersatzreligion« ein wenig. Bei mir ist das die Musik. Daran kann ich mich festhalten und bin jemand. F: Der Mensch sucht auf jeden Fall nach Geborgenheit und Zuflucht. Manche finden das in der Kirche, andere in der Musik oder auch im Fußball. Trotzdem glaube ich nicht, dass das alles die Liebe zwischen zwei Menschen ersetzen kann. Die besten Gefühle meines Lebens hatte ich in Liebesbeziehungen. Wenn ich vor 10.000 Menschen spiele,
Die einen sagen, »Alle Liebe nachträglich« sei ein Liebesalbum, während andere es als Beziehungsalbum bezeichnen. Ihr nennt es schlicht ein Trennungsalbum. Worin liegen die Unterschiede? F: Es ist auf jeden Fall ein Konzeptalbum, aber ich weiß
nicht, ob es ein Liebesalbum ist, denn das Thema Liebe war schon immer ein schwieriges Terrain im Deutschrap. Mal abgesehen davon gibt es auch nur einen positiven Song auf dem Album, den man als klassischen Lovesong bezeichnen könnte. M: Nur dass wir in »Schminke« nichts bewerten. Wir sagen nicht, das Gefühl, verliebt zu sein, ist besonders geil. Es geht um den Zustand des Frisch-verliebt-Seins – der positive und negative Effekte haben kann.
Wie kommt es, dass im Deutschrap selten über Liebe gesprochen wird? M: Weil es den meisten peinlich ist. F: Und weil es in der deutschen Sprache definitiv schwie-
riger ist, ein Liebeslied zu schreiben. Besonders durch deutsche Popmusik sind solche Texte krass vorbelastet. Im Pop schreiben genau die Leute Lovesongs, die zielgruppen- und gewinnorientiert denken. Aber so ist es auch im HipHop. Wenn es im Deutschrap mal Liebesballaden gab, dann waren das die Versuche von Rappern, Geld zu verdienen. Es ist echt schwierig, nicht gleich polemisch zu
#Pop #Mine & Fatoni Es gibt also kitschige Lovesongs, die okay sind? F: »I Will Always Love You« ist so ein Song. M: Oder Songs von Sam Smith. F: Aber es gibt auch Gegenbeispiele wie »Die Eine« von
der Firma. M: Die eine, die eine oder keine. Für keine andere Frau ging ich lieber in den Bau. Keiner Frau trau ich mehr über den Weg ... M: Ach komm, ich fand den damals gut. F: Weiß nicht, vielleicht liegt es daran, dass ich in Bezug auf mein eigenes Genre kritischer bin.
Mine, du hörst gern Deutschrap, weil es dir inhaltlich mehr gibt als Deutschpop. Was meinst du damit? M: Rap versucht immer wieder, neue Wege zu gehen.
Inhaltlich haben die meisten Texte mehr Wortwitz und sind auch technisch sehr viel besser. F: Allein aus der Geschichte heraus ist der Anspruch an den Text im HipHop höher. Was gut ist, aber trotzdem auch irgendwie belastend. Ich bin klassisch HipHop-sozialisiert. Die Vorstellung, bei einem Label zu sein, das mir vorschreibt, was ich schreiben soll, geht gar nicht klar. Aber trotzdem möchte ich nicht verurteilen, dass es bei manchen eben so läuft. M: Mir geht es vor allem darum, dass Rapper ihre Texte selbst schreiben. F: Das ist aber auch nicht mehr so. M: Okay, sagen wir, die meisten schreiben ihre Texte selbst. Wohingegen im Pop auch unerfahrene Künstler mit Leuten zusammenschreiben, die mal einen Hit gelandet haben. Also ist Ghostwriting im Rap ein Thema? F: Na klar. Manche Nasen von denen würden es allein
auch nicht auf die Reihe bekommen. Da gehört so viel mehr dazu, als nur rappen zu können.
Wie ist denn das bisherige Feedback auf das Thema? F: Mine schickt mir manchmal Screenshots von irgendwel-
chen Trolls, die mich dann extrem ankotzen. Ich will nicht, dass solche Idioten in meinem Leben sind. Die schmeißen dann mit so Dingen wie »Oli Fatoni P.« um sich. Da weißt du gleich: Die haben nichts kapiert und können auch die musikalische Untermalung nicht unterscheiden. M: Es gibt einfach Menschen, die einen Ort brauchen, um ihren Hass abzulassen. Hattet ihr Angst, mit dem Album Fans zu verprellen? F: Ein gemeinsamer Freund hat mal gesagt, dass wir ver-
»Die Eine« Einer der bekanntesten Deutschrap-Lovesongs der Neunziger und der größte Hit der Kölner Rapgroup Die Firma. Der Song, der eine goldene Schallplatte erhielt, handelt von Tatwaffes Ehefrau Antje, mit der der Rapper verheiratet ist und drei Kinder hat.
im Huxleys ... spielte Mine im April dieses Jahres ein ausverkauftes Konzert mit Orchester, neuen Arrangements bestehender Songs und vielen hochkarätigen Feature-Gästen wie Fatoni, Edgar Wasser, Ecke Prenz und Bartek.
werden, aber genau diese Herangehensweise ist für echte Musik-Fans der Feind. Wenn man selbst solche gefühlvollen Songs macht, ist man wegen der Hörgewohnheiten gleich mit ganz weaken Leuten in einer Schublade. M: Außerdem geht man im Deutschen viel sparsamer mit Liebesbekenntnissen um. Schau dir die Amerikaner an, die schon nach fünf Sekunden sagen: »I love her, she’s awesome!« Dann erkennst du, wie kühl wir eigentlich sind. Außerdem ist die Sprache phonetisch viel härter, das kommt erschwerend dazu. Und ja, ich sehe das wie Anton. Künstler, die absichtlich in diese Kerbe schlagen, um Geld zu machen, finde ich superätzend. F: Aber ehrlich? Für die ist Musik vielleicht Mittel zum Zweck, um reich und berühmt zu werden, aber die Gefühle der Fans sind doch die gleichen. Ob Leute jetzt unsere Songs oder die von Max Giesinger gefühlvoller finden, geht mich nichts an. M: Ich verachte nicht die Kunst an sich, sondern den Move, die Musik als Tool zu benutzen, um in erster Linie bekannt zu werden. Wenn sich jemand hinstellt und einen echt schleimigen Lovesong singt und man trotzdem merkt, dass derjenige das total ernst meint, dann ist das für mich legitim.
stehen müssten, wenn es enttäuschte Fans auf beiden Seiten gebe, denn es sei ein gewagtes Projekt. Jasmin und ich haben beide nicht nur unsere Komfortzone verlassen, sondern auch unseren Kompetenzbereich. Sie verzichtet auf kryptische Texte, schreibt direkter heraus, ich lege den Sarkasmus ab und spreche über Gefühle. M: Ich finde es geil, wenn jeder versteht, worum es geht, und trotzdem nicht unangenehm berührt ist. F: Ich mache Sachen immer aus dem Bauch heraus. Das war in diesem Fall auch so. Erst, als wir unsere Single »Alle Liebe nachträglich« im Huxleys vor 2.000 Leuten gespielt haben, dachte ich: »Fuck, was machst du eigentlich hier? Du redest vor allen über deine Gefühle, wie dumm kann man sein?« Ich habe vor so vielen Menschen meine Kunstfigur verlassen müssen, und darüber habe ich vorher tatsächlich nicht nachgedacht. M: Man macht sich halt angreifbar, wenn man öffentlich über seine Gefühle spricht. F: Gleichzeitig finde ich es mutig und bin stolz darauf, weil es real ist und wir diese Platte aus Überzeugung gemacht haben. — Mine & Fatoni »Alle Liebe nachträglich« (Caroline / Universal) — Auf Tour ab 05.12.
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#Pop #Destroyer
Destroyer
IRGENDWIE ROMANTIKER 20 Jahre Musikindustrie und trotzdem nicht »Kaputt«, wie der Titel des vorletzten DestroyerAlbums lautete. In Berlin traf Hannah Bahl einen ruhigen und bedachten Dan Bejar, der mit »Ken« ein neues Album veröffentlicht, auf dem Liebe, Dystopie und Idealismus zu einem bittersüßen Weltuntergangscocktail gemixt werden. Foto: Carmen Catuti
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ome on dear revolutionary capitalists!«, singt Dan Bejar in einer der ersten Zeilen von »Sky’s Grey« am Anfang seines neuen Albums »Ken«. Ist das ein call to arms und politischer Aufruf? Und wer zur Hölle ist dieser revolutionäre Kapitalist, den Dan Bejar hier besingt? Es dauert keine zwei Minuten, und schon hat Destroyer in seine Welt gelockt. Eine Welt, in der man nie weiß, welche interessanten und gefährlichen Gedanken hinter der nächsten Ecke lauern. Antworten wird man auf diese Fragen nicht unbedingt bekommen, denn Bejar macht von Anfang an klar, dass man die am besten für sich selbst finden soll. Das Bemerkenswerteste am neuen Destroyer-Album ist der sehr handgemacht klingende Sound. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sich Dan Bejar beim Schreiben zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder seine Gitarre gegriffen hat: »Ich bin nicht der beste Gitarrist der Welt, aber irgendwie sind die Songs auf diesem Album relativ leicht zu mir gekommen – auch wenn ich mich immer ein bisschen komisch fühle, wenn ich das zugebe. Schließlich vertrete ich das Ideal, dass man für ein gutes Album richtig leiden muss.« Diese Leichtigkeit zeigt sich auf dem Album in der für Destroyer schon fast poppigen und ungewöhnlichen Dichte der Texte und Sounds. Da hauen keine Songs mehr ab, wie das noch auf »Kaputt« der Fall war. »Ken« ist stattdessen durch einen starken 80er-SynthieSound geprägt, der zum Beispiel in »Stay Lost« an Gary Newman erinnert. Aufgenommen wurde das Album von Destroyer-Schlagzeuger Josh Wells, der sich sehr um einen eingängigen, visionären Sound bemüht hat. Zwischendurch taucht im Hintergrund von »La Regle Du Jeu« plötzlich ein unfassbares E-Gitarren-Solo auf. Oder ein Song wie »Tinseltown Swimming In Blood« erinnert mit seinem geloopten Chorus »I was a dreamer, watch me leave« an eine dieser The-Cure-Songzeilen, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt und beim Abwaschen mitsummt. Während Dan Bejar im Interview ruhig, leise und bedacht auf die vielen Fragen antwortet, scheinen plötzlich auch die Lyrics von »Tinseltown Swimming In Blood« noch mehr Sinn zu machen. Schließlich rutscht man etwas auf seinem Stuhl herum, bevor man sich traut, diese eine Frage zu stellen: wie viel von Bejar selbst in diesen Songs stecke. Als Antwort folgt eine etwas ausweichende Erklärung, in der er erst mal beschreibt, welche Menschen er sich vorstellt, wenn er Destroyer-Songs komponiert: »Für mich ist der Destroyer-Protagonist einer, der allein und einsam in einer Gruppe von Menschen ist und deshalb die Dinge auf
eine bestimmte Art und Weise sieht, wie ich zum Beispiel auch in ›Tinseltown‹ singe: ›I couldn’t see, I was blind, off in the corner now, doing poets work, that’s ok for me now.‹ Für mich ist das eine besondere Destroyer-Kraft, die daraus entsteht, der Beobachter zu sein.« Dieser Beobachter erinnert auf dem Album an einen allwissenden Filmcharakter. Manch- »Kaputt« mal scheint es fast so, als würden die Protago- 2011 war Intro in love mit nisten auf »Ken« von Song zu Song springen diesem Album. Platz 1 der Jahrescharts, Coveract und sich dabei weiterentwickeln. Da ist immer der Ausgabe 193, und der eine Dunkelheit, die dann wieder durch eine Titelsong ergatterte Platz optimistische oder ironische Songzeile kari- 7 der Songcharts. Im Gespräch gestand Bejar: »Den kiert wird, wie in »Ivory Coast«, wo es heißt: Albumtitel habe ich dem »Mama says: Sometimes everyone hurts. Some gleichnamigen Roman des beasts eat their shirts when they’re hungry!« italienischen Schriftstellers Curzio Malaparte entliehen. Selbst in der schwärzesten Seele oder der ver- Das Wort hat einfach toll rücktesten Figur scheint es immer noch Hoff- ausgesehen. Ehrlich gesagt nung auf etwas Gutes zu geben. Für Dan ist hatte ich keine Ahnung, was es bedeutet. Dieser dieses Zusammenspiel aus Hell und Dunkel Witz mit dem Bandnamen für das Funktionieren von »Ken« essenziell: ist mir erst später klar »Ich glaube, dass die Menschen, die meine geworden.« Songs bewohnen, alle irgendwie Romantiker in einer Welt ohne Hoffnung sind, die trotzdem Josh Wells aus irgendwelchen Gründen noch in der Lage ... ist ein umtriebiger sind, Erwartungen zu haben. Romantische Geselle und musiziert außerdem zum Beispiel Idealisten, wenn man so will.« bei Lightning Dust und Es sind anachronistische Personen, die diese Black Mountain. Seine Destroyer-Song-Welt bewohnen und den Hö- Produzentenerfahrung hingegen ist erstaunlich rer in den besten Fällen herausfordern, sich übersichtlich: Er produziermit sich selbst auseinanderzusetzen. Da gibt te »Year Zero (The Original es Songs wie »Sometimes In The World«, in Soundtrack)« von Black Mountain und ein Album dem Dan Bejar singt: »Sometimes in the world der Songwriterin Ashley the thing that you love dies and you cry and Shadow. In Bejars Band you cry.« Ein Gefühl, das wahrscheinlich jeder spielt er seit 2012. schon mal in ähnlicher Form gehabt hat, dessen Schwere aber plötzlich durch den Beat aufgelöst wird und die Hörer durch die eigenen unangenehmen Gedanken trägt. Bejar gelingt es, in diesen manchmal auch ruppigen Songs Dinge zu transportieren, derer man sich sonst wahrscheinlich entziehen würde. »Good things come to those who wait«, singt er auf »Ivory Coast«. Mit »Ken« bekommt die Unsicherheit der Welt einen adäquaten Soundtrack, der zwischendurch romantisch idealistisch darauf hoffen lässt, dass vielleicht doch noch alles irgendwie gut wird. — Destroyer »Ken« (Dead Oceans / Cargo) — Auf Tour vom 12. bis 19.11.
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#Pop #Promotion #Superintim präsentiert von:
Reeperbahn Festival 2017
SO WAR DAS SUPERINTIM Am Samstag des Reeperbahn Festivals gab es zum fünften Mal ein Intro Intim in der Superbude, fusioniert zum mittlerweile etablierten Superintim. Bei rund 45 Grad Raumtemperatur, kalten Bieren und einem sehr angenehmen Publikum überzeugten Wildes, Sløtface, Ilgen-Nur und LeVent mit ihren Auftritten.
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as Superintim ist seit diesem Jahr erstmals auch Teil des offiziellen Reeperbahn-Festival-Programms und vermutlich deshalb bei jedem Konzert gepackt voll. Es könnte aber auch am Line-up liegen, das bei den Gästen große Zustimmung erfährt. Den Anfang macht die Britin Ella Walker alias Wildes. Obwohl sie bis dato nur einzelne Songs digital veröffentlicht hat, haben Booker und Labels sie heiß umworben. Man merkt schnell, woran das liegt: Ihre wandlungsfähige Stimme, ihre emotionalen Texte und ihr Gitarrenspiel ergeben eine Mischung, der man sich schwer entziehen kann. Ella ist alles andere als verschlossen oder in sich gekehrt – was gut zu ihrer Musik gepasst hätte – sie pariert gekonnt jede Frage und nippt dabei charmant an ihrer Teetasse. Es folgen Sløtface aus Norwegen. Tor-Arne, Halvard und Sängerin Haley spielen ein etwas reduziertes Set, dem trotzdem der Punk-Spirit nicht abgeht. Vor allem Haley zeigt sich im Interview als intelligente Gesprächspartnerin, deren Antworten ähnlich wie ihr Gesang wirken: Sie sind mitreißend, emphatisch, intelligent und haltungsstark – und dazu noch amüsant.
Die Wahl-Hamburgerin Ilgen-Nur macht mit ihrer Band aus ihrem Slacker-Pop eine bisweilen sehr noisige Angelegenheit. Das steht ihrem Songwriting sehr gut zu Gesicht. Und sie hat Hits: »The Bags Under Your Eyes« zum Beispiel. Mit LeVent geht das Superintim schließlich zu Ende und zerfetzt allen lächelnd die Ohren. Man hätte gewarnt sein können, als sie diesen riesigen Verstärker auf die Bühne wuchten und beim Soundcheck ihre Zwei-Bässe-plus-Schlagzeugplus-Gesang-Maschine aufheulen lassen. Die Tracks ihres Debüts – allen voran »Curious«, »Lisa« und der Rausschmeißer »Gary« – entfalten live noch einmal eine ganz eigene rohe Energie. Mit fiependen Ohren geht der wundervolle Nachmittag zu Ende. Bis im nächsten Jahr!
#Kultur
#Kultur
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#Kultur #Serie #Stranger Things
Ein Gespräch mit den Kindern aus »Stranger Things«
ALS NOCH MENSCHEN DIE POST HOLTEN
Der Erfolg der Netflix-Mystery-Serie »Stranger Things« machte Kinder zu Stars und katapultierte die unkaputtbaren 1980er-Jahre zurück ins öffentliche Bewusstsein. Vor dem Start der zweiten Staffel sprach Patrick Heidmann am Set in Atlanta mit der ElevenDarstellerin und den übrigen Kids über die Eighties, Ruhm – und die Rolle von Winona Ryder.
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war sitzen wir gerade am Set der zweiten Staffel von »Stranger Things«, aber von der Handlung habe ich nichts mitbekommen. Könnt ihr mir etwas über die neuen Folgen verraten? Caleb McLaughlin: Da musst du noch etwas Geduld
haben. Bis zum Herbst ist es ja nicht mehr so lange hin. Finn Wolfhard: Wir verraten nichts.
Gibt es große Unterschiede zum Fantasy-Plot der ersten Staffel, in der Will Byers verschwindet und von seiner Mutter und seinen Freunden gesucht wird? Millie Bobby Brown: Das würde ich schon sagen. Insgesamt
Aber die zweite Staffel ist eine ganze Ecke düsterer. Und Figuren Eine Tages ist der Junge gleichzeitig emotionaler. Will Byers aus Indiana wie Noah Schnapp: Ein kleines bisschen gruseliger. Im Internet machen die wildesten Fan-Theorien die Runde. Da geht es auch um das Schicksal eurer Figuren. Habt ihr das verfolgt? Gaten Matarazzo: Oh ja. Und viele Theorien sind richtig
cool. Als wir die ersten Drehbücher für Staffel 2 zu lesen bekamen, war ich erstaunt, dass einige Fans im Netz gar nicht so falsch lagen. Manche natürlich schon. Auch wenn deren Ideen zum Teil genauso toll waren. gibt es zwar keine großen Überraschungen, und das mys- FW: Die ganz Krassen haben richtige Drehbücher geschrieteriöse Wesen von »Stranger Things« bleibt unverändert. ben. Man hätte eine komplette Staffel mit den Geschichten
vom Erdboden vershcluckt. Seine Mutter Joyce Byers sucht eine Erklärung hinter seinem mysteriösen Verschwinden. Auch Wills Freunde Mike, Lucas und Dustin suchen ihn. Im Wald treffen sie auf Eleven, die ihnen Rätsel aufgibt. Deren Lösung liegt offenbar in einer Paralleldimension.
#Kultur #Serie #Stranger Things
drehen können. Supercool, wie viel Zeit und Leidenschaft Seid ihr auch privat befreundet? da drinsteckt. GM: Ja. Es blieb uns auch nichts anderes übrig, nachdem Woran liegt es wohl, dass das geheimnisvolle Mädchen wir den Wahnsinn der ersten Staffel von Anfang an zusamEleven und die anderen Kids bei den Fans von »Stranger men erlebt hatten. Bei der Arbeit an den neuen Folgen hat Things« so gut ankommen? man gemerkt, wie sehr uns die Erfahrungen des letzten MBB: Eleven ist ein Freak. Eine Außenseiterin. Und sie Jahres zusammengeschweißt haben. wehrt sich nicht dagegen. Dafür lieben sie die Jungs in der MBB: Wir haben immer einen Riesenspaß miteinander. Serie – und offensichtlich auch die Zuschauer. »Sei einfach Egal, ob wir als Gruppe bei den Golden Globes auftreten du selbst!« Das ist für mich ihre Botschaft. Deswegen hat oder unsere Kostümbildnerin mit einem Telefonstreich verarschen und so tun, als würde die Location für ihre sie auch abrasierte Haare und kein Problem damit. NS: Den Leuten gefällt unsere Freundschaft. In der Serie Hochzeitsfeier abgesagt. Wir sind wie Geschwister. unternehmen die anderen gemeinsam alles, um mich Inzwischen werden viele Serien produziert. Wann wurde wiederzufinden. euch klar, dass »Stranger Things« eingeschlagen hat?
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#Kultur #Serie #Stranger Things
NS: Schon ein paar Tage, nachdem Netflix mit der Aus-
strahlung begonnen hatte, kamen Leute auf der Straße auf mich zu und wussten, wer ich bin. Das fand ich verrückt. GM: Aber wussten die, wer du bist? Ein Großteil weiß bis heute nicht, wie ich heiße. Manche erinnern sich nicht einmal an meinen Serien-Namen. Die rufen: »Cool, der Junge mit dem Cap und ohne Zähne aus ›Stranger Things‹!« MBB: Zuerst fiel mir auf, dass die Zahl meiner Instagram-Follower stieg. Plötzlich schrieben mir wildfremde Menschen private Nachrichten. Als sich dann auch noch Kindheitsfreunde meldeten, von denen ich seit Jahren nichts mehr gehört hatte, war klar, dass etwas Besonderes passiert war. Habt ihr euch inzwischen an den Ruhm gewöhnt? CM: Neulich kam ich am Flughafen an, da riefen plötzlich
30 Mädchen meinen Namen und wie sehr sie »Stranger Things« lieben. Daran werde ich mich nie gewöhnen. Aber ansonsten finde ich eigentlich alles ganz cool. Vor allem, weil die Reaktionen überwiegend positiv sind. Hass erlebe ich kaum, auch online nicht. GM: Aber manche Fans sind in ihrer Begeisterung schon ganz schön aggressiv. Zumindest kann ich mich darauf verlassen, dass immer jemand an mir vorbeiläuft, der laut ruft: »Guckt mal, Dustin aus ›Stranger Things‹!« Das ist anstrengend, wenn ich lieber unerkannt in der Öffentlichkeit unterwegs sein will. FW: Manche Erlebnisse sind einfach kurios. Neulich war ich abends im Supermarkt – mit Sonnenbrille auf der
GM: Tom Hanks zu treffen war auch cool. CM: Auf jeden Fall. Und Michael B. Jordan. Er
ist ein Vorbild für mich.
Ähnliche Begeisterung löst bei vielen »Stranger Things«-Fans eure Kollegin Winona Ryder aus. Wie ist euer Verhältnis zu ihr? CM: Sie ist sehr fürsorglich und kümmert sich
»Die Goonies« Gehört neben »Stand By Me – Die Geschichte eines Sommers« zu den großen Jugend-Abenteuerfilmen der 1980er. Regie führte Richard Donner, das Drehbuch stammt von Steven Spielberg. Die Nähe zu den »Indiana Jones«-Filmen ist beabsichtigt. Von den jungen Darstellern wurde Corey Feldman die größte Karriere prophezeit. Doch nach dem Mitwirken in »The Lost Boys« wurde es ruhiger um ihn, heute ist Josh Brolin der bekannteste.
richtig gut um uns. Wahrscheinlich, weil sie selbst schon als Kind vor der Kamera stand und weiß, wie sich das anfühlt. FW: Ich frage sie auch tatsächlich manchmal um Rat. Ein bisschen ist sie am Set unsere Ersatzmutter. Aber cool. NS: Außerdem hat sie echt gute Tipps auf Lager. Ich werde nie vergessen, was ihr Trick ist für Szenen, in denen man so tun soll, als würde man sprechen, obwohl man keine Dialogsätze hat. Wenn man bloß im Hintergrund zu sehen ist oder so. Wahrscheinlich hätte ich bloß meinen Mund auf- und zugemacht. Aber dank Winona weiß ich, dass das unecht aussieht. Sie murmelt in solchen Szenen immer »Karotten und Erbsen, Rhabarber ... Karotten und Erbsen, Rhabarber ...« Das mache ich seitdem auch – und das Ergebnis ist super! Ein Grund für den Erfolg von »Stranger Things« sind die vielen Anspielungen auf Filme aus den 1980er-Jahren. Mögt ihr die Filme aus dieser Zeit? NS: Als wir für die erste Staffel zum Casting kamen,
hingen an den Wänden Poster von »E.T.«, »Die Goonies« und auch »Der weiße Hai«. Die sollten wir uns zur Vorbereitung anschauen. MBB: Ich liebe »E.T.«! CM: »Die Goonies« ist aber auch ziemlich cool. Und »Stand By Me«. GM: Ich stehe auf »Nightmare On Elm Street«. FW: Typisch Achtziger sind die Komödien von John Hughes. Ich liebe diese Highschool-Geschichten und finde es verrückt, dass das Mainstream-Erfolge waren. Wenn man sich anguckt, was die Leute heute so im Kino gucken, wirkt »Pretty In Pink« Nase. Was schon absurd genug ist. Und natürlich wurde wie ein richtiger Arthouse-Film. ich trotzdem erkannt. Oder gerade deswegen? Jedenfalls Sind die Achtziger nicht eine andere Welt für euch? wollte eine Frau ein Selfie mit mir machen und schoss GM: Ein bisschen schon. Das waren echt andere Zeiten. ein Bild nach dem anderen. Nach den ersten paar Versu- In der Serie fahren wir allein mit dem Fahrrad zur Schule. chen meinte sie, das Licht sei zu schlecht, weswegen wir Macht das heute noch jemand? uns ein paar Mal woanders hinstellen mussten. Am Ende CM: Wir durchstreifen in »Stranger Things« tagelang den hatten wir sieben oder acht verschiedene Fotos gemacht. Wald auf der Suche nach unserem Freund. Heute schaffen Im Weggehen sagte sie dann: »Ich wünschte, ich hätte es die meisten Leute zu Fuß kaum mehr weiter als bis zu Eleven getroffen.« ihrem Auto in der Einfahrt. GM: Oh mein Gott, wirklich? Alter, das ist ja super! Die GM: Es gibt sogar schon Roboter, die man zum Briefkasten beste Geschichte aller Zeiten. Warum hast du mir das noch schicken kann, um die Post hereinzuholen! nie erzählt? Ich lache mich schlapp ... Mike statt Eleven, FW: Die Fans erzählen uns ganz oft, dass wir in »Stranger was für eine Enttäuschung! Hahaha ... Things« ihre Jugend nacherleben. Ist doch cool. Was ist der schönste Nebeneffekt der Berühmtheit? CM: Ich sage dann immer: »Das ist auch die Jugend unserer MBB: Wahrscheinlich der Moment, als ich Leonardo Eltern.« Ist immer für einen betroffenen Lacher gut, weil DiCaprio getroffen habe. Den liebe ich! Und weißt du, sich dann alle ein bisschen alt fühlen! was er zu mir sagte? »Du bist eine fantastische Schauspielerin!« Wahnsinn, oder? — »Stranger Things – Staffel 2« läuft ab 27. Oktober 2017 auf Netflix
Franz Rogowski Jan Henrik Stahlberg
„Jetzt schon Kult!“ Deutschlandfunk Kultur
„Fikkefuchs ist ein Knaller!“ Süddeutsche Zeitung
AB 16. NOVEMBER IM KINO
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#Kultur #Literatur #Zadie Smith #Swing Time
Zadie Smith über ihren Roman »Swing Time«
AUFFORDERUNG ZUM KAMPF
Zadie Smith’ neuer Roman »Swing Time« handelt von der Freundschaft zweier Mädchen aus dem Norden Londons – und führt über New York bis nach Westafrika. Wolfgang Frömberg sprach mit der Britin über die Nähe ihrer Figuren zur eigenen Lebensgeschichte und über die Notwendigkeit, zu den Waffen einer Schriftstellerin zu greifen. Foto: Laerke Posselt
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ie Frage ist mir noch nie gestellt worden«, sagt Zadie Smith. Kurz denkt sie über eine Antwort nach. Dieses Zögern erscheint eher untypisch für die 1975 in London geborene Schriftstellerin. Alle übrigen Aussagen beim Interview im Oktober liegen ihr offenbar bereits auf der Zunge. Zaudern ist nicht ihr Ding. Dampfgeplauder aber auch nicht. Schon als junge Künstlerin ist sie gleich richtig durchgestartet. Die Zeiten, in denen Zadie Smith permanent auf ihr kluges Debüt »Zähne zeigen« angesprochen wurde, das sie im Alter von 25 Jahren zur Bestseller-Autorin machte, sind allerdings vorbei. Mit 42 ist sie im Literaturbetrieb etabliert und als politische Stimme und Essayistin gefragt. Wir sitzen im weitläufigen Wohlfühl-Office des Verlags Kiepenheuer & Witsch am Kölner Dom und sprechen über ihren fünften Roman »Swing Time«. Die Antwort auf die erste Frage wird aber erst nach einem kleinen Exkurs nachgereicht.
Feuer im Brennpunkt So wie Zadie Smith’ voriges Buch, »London NW«, spielt »Swing Time« in jenem Londoner Stadtteil, in dem sie aufwuchs, und ist stark autobiografisch »gefärbt«. Willesden liegt im Nordwesten der Hauptstadt, ein sozialer Brennpunkt, etwa 15 Autominuten vom Wohnkomplex Grenfell Tower entfernt, der dieses Jahr in Flammen stand. Mindestens 80 Menschen kamen bei dem Brand ums Leben. In ihren Büchern geht es immer auch um Rassismus und Klassenfragen. Beim Intro-Gespräch 2014 hatte sie noch die Vorzüge des sozialen Wohnungsbaus in England angesprochen – vermutlich meinte sie die Vorteile gegenüber den dezent abgeschirmten Häuschen der Mittelklasse
und den gefestigten Burgen des Großbürgertums –, aber auch dessen Vernachlässigung angeprangert. Dieser Roman endet nun mit einem halbwegs hoffnungsvollen Blick auf einen solchen in den Himmel ragenden Kaninchenbau. Ein Stück Utopie im grauen Alltag. Aber die Wirklichkeit ist ein Arschloch – in jenem Land, dessen Politik bis heute von Margaret Thatchers berühmtem Spruch »There’s no such »There’s no such thing as society« geprägt zu sein scheint. Das thing as society« Grenfell-Tower-Feuer zeigte drastisch, wie Das Zitat der britischen schnell ein Hochhaus zur Falle werden kann. Premierministerin Margaret Thatcher aus dem Jahr Zadie Smith wohnt heute noch in Willesden, 1987 ist so etwas wie die wenn sie aus ihrer Wahlheimat New York nach Grundformel des NeoliberaHause kommt. Sie dürfte Leute kennen, die lismus. Sie macht jeden Einzelnen für sein eigenes seit jeher in den dortigen Betonklötzen leben. Schicksal verantwortlich, Aber zurück zur ersten Frage: Wie hat es sich Fragen sozialer Herkunft also angefühlt, als sie den Punkt hinter eine spielen keine Rolle. Eine solidarische Gemeinschaft Geschichte setzen konnte, die ihr beim Schrei- wird dadurch zum Ding der ben verdammt nahegegangen sein muss? »Ich Unmöglichkeit erklärt. war stolz auf mich. Eine Zeitlang habe ich nicht mehr damit gerechnet, den Roman zu vollenden. Es gab niemanden, der sich für mich um die Kinder kümmern konnte. Also musste ich in der Nacht und in Zügen schreiben. Deswegen fühlte ich mich am Ende zufriedener als sonst.« Dann findet sie die endgültige Formulierung, nach der sie gesucht hat – als Erwiderung auf die Frage, die ihr noch nie gestellt worden ist: »Ich fühlte mich so, als hätte ich meine Arbeit getan.« Ach, die Arbeit! Literaturkritiker könnten »Swing Time« in höchsten Tönen loben: »Ein literarischer Triumph über die Verklärung des sozialen Niedergangs der Arbeiterklasse als unabwendbares Schicksal.« Oder: »Ein großer Wurf, der das Trauma des Kolonialismus mit dem Trauma prekärer
#Kultur #Literatur #Zadie Smith #Swing Time
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#Kultur #Literatur #Zadie Smith #Swing Time
Arbeits- und Lebensbedingungen des 21. Jahrhunderts kurzschließt, die bis in die Popkultur reichen.« Es wäre alles goldrichtig. Doch im Grunde handelt »Swing Time« von einer Freundschaft und von den Verhältnissen, unter denen sie entsteht. Die Ich-Erzählerin und ihre Freundin Tracey sind die Heldinnen der Geschichte. Als junge Mädchen nehmen sie zusammen Tanzunterricht, checken Gemeinsamkeiten und Unterschiede aus. Adoleszenz-Essentials. Tracey hat eine weiße Mutter und einen schwarzen Vater, in der anderen Familie ist es umgekehrt. Doch nicht nur wegen der Hautfarbe sitzen die Girls bei der gesellschaftlichen »Reise nach Jerusalem«, die man gemeinhin »das Leben« nennt, zwischen den Stühlen. Jede Nuance ihrer Sozialisation – die Temperamente ihrer Mütter, die Rollen ihrer Väter, die eigene körperliche Entwicklung – fördert die Chancenungleichheit zwischen den beiden. Ihre Freundschaft steht dauernd auf der Probe, bis nicht der Tod, sondern das Leben sie scheidet.
Das alternative Leben Zadie Smith ist als Kind einer nach England eingewanderten Jamaikanerin und eines weißen Engländers in Willesden aufgewachsen. Dieselbe Konstellation wie bei einer der Freundinnen. Ist das nun ihr persönlichster Roman? Da wäre ja auch die Ich-Perspektive, die sie zum ersten Mal benutzt. Selbst das Geburtsjahr teilt sie mit der Ich-Erzählerin. Die ist 18, als im Fernsehen das berühmte Interview von Oprah Winfrey mit Michael Jackson läuft. Heißt: Zadie-Baujahr 75, allerdings hat sie keine Geschwister, Zadie Smith kommt dagegen aus einer kinderreichen Familie und sieht es pragmatisch: »Die Übereinstimmungen mit meinen Figuren sind bequem und zweckmäßig. Es ist für mich am einfachsten, meine persönliche Geschichte als Orientierung zu nehmen. Ich mache es fast so wie eine Schauspielerin. Wenn du eine Rolle spielst, dann nutzt du einige Aspekte deiner Persönlichkeit, stellst dir aber ›Was wäre wenn‹-Fragen. In meinem Fall: ›Was wäre, wenn ich mich mehr fürs Tanzen als fürs Schreiben interessiert hätte? Was, wenn ich als Einzelkind aufgewachsen wäre – und gearbeitet hätte, statt aufs College zu gehen?‹ Man spielt ein alternatives Leben durch. Das ist der Impuls dahinter.« Und die Wirklichkeit gibt noch mehr Impulse: »Als jamaikanisches Kind im London der 1970er-Jahre war es unmöglich zu ignorieren, wie kaputt die Familien unserer Gemeinschaft waren. Die einen waren vaterlos, andere gewalttätig. Damals wusste ich nicht, warum. Aber als ich später Bücher über die Geschichte Jamaikas las, wurde mir einiges klar. Es ist wie die Antwort auf die Frage: ›Warum verhält sich dieses misshandelte Kind so?‹« Neben der selbst erlebten postkolonialen Gebrochenheit vieler Familien in Willesden flicht Zadie Smith jedoch weitere Aspekte in die – alles andere als eindimensionale – Handlung ein: Die schwarze Mutter will als Bürgerrechtlerin und Feministin ihre Tochter nicht zum Frausein erziehen, weshalb sie deren Tanzstunden auch als unsinnig empfindet. Der Vater ist eher der fürsorgliche Typ, wirkt gegen seine Gemahlin aber recht blass. Traceys weiße Mutter fördert dagegen das Tanztalent ihrer Tochter, und der Vater sitzt im Knast. Tracey wird dann zwar tatsächlich Künstlerin, aber eine brotlose, während die Ich-Erzählerin im Kulturbetrieb Karriere macht, als persönliche Assistentin des australischen Popstars Aimée. Diese Aimée erinnert mal an Kylie, mal an Madonna, vor allem aber an eine selbstherrliche Chefin.
Wut und Traurigkeit Der Romantitel »Swing Time« stand fest, bevor der gleichnamige Film aus dem Jahr 1936 mit Fred Astaire und Ginger Rogers in Zadie Smith’ Überlegungen auftauchte. Ein Musical, in dem Astaire in einer Szene mit rassistischem Blackface als Hommage an Bojangles Bojangles steppt. »Ich liebe Fred Astaire und Bill »Bojangles« Robinson Ginger Rogers, aber dieser Film gehört nicht zu war ein afroamerikanischer Stepptänzer und Star des ihren besseren«, so Smith. »Swing Time« passt Films der 1920er- und jedoch in mehrfacher Hinsicht: Wie auf einer 30er-Jahre. Während in Schaukel schwingt die Ich-Erzählerin in der Minstrel-Shows noch schwarz geschminkte Zeit vor und zurück, während sie vom Anfang Weiße Afroamerikaner und Ende ihrer Freundschaft zu Tracey erzählt. mimten, tanzte er – wenn War es nicht traurig, beim Schreiben zusehen auch als Ausnahme – im Rampenlicht. Astaire zu müssen, dass die Wege der Freundinnen »würdigt« den Kollegen auseinanderdriften? »Ich habe ihre Geschich- mit seiner parodistischen te gerne aufgeschrieben, aber es macht mich Blackface-Nummer »Bojangles Of Harlem«. immer traurig, wenn ich an verschwendetes Potenzial und Chancenungleichheit denke – in der englischen Arbeiterklasse oder in ganz Anti-Waffen-Rede Westafrika. Der Punkt ist: Wenn man weiß, Am 1. Oktober 2017 schoss dass jene Schulen, die von der Kultur der Mehr- Stephan Paddock aus dem 32. Stock des Mandalayheit in England längst abschrieben wurden, Bay-Hotels in Las Vegas voller talentierter, interessanter, intelligenter auf die Zuschauer eines Kinder stecken, die nie die Möglichkeit haben Konzertes und tötete 59 Menschen. Kimmel werden, diese Qualitäten zu beweisen, macht stammt aus Las Vegas es einen nicht nur traurig, sondern auch wü- und klagte in seiner Show tend. Ich versuche, diese Gefühle in meinen in einem zehnminütigen Monolog unter Tränen die Text hineinzulegen.« Trump-Regierung für ihre Der Popstar Aimée führt die Geschichte aus Zusammenarbeit mit der London über New York ins angesprochene Waffenlobby an. Westafrika. Im Küstenstaat Gambia will sie den Bau einer Schule finanzieren. Durch diese Groteske bekommt auch ihre persönliche Assistentin aus Willesden die Gelegenheit, einen Teil des Kontinents kennenzulernen, von dem aus ihre Vorfahren einst als Sklaven in die ganze Welt verschifft wurden. Für Zadie Smith die Möglichkeit, verschiedene Formen von Armut – britische und westafrikanische – in der Story aufeinanderprallen zu lassen. Und überhaupt: »Das Grundmotiv des Romans ist für mich, dass das afrikanische Volk durch die Sklaverei aus dem natürlichen Lauf seiner Existenz herausgerissen wurde. Als ich in Westafrika war, kam mir der kindliche Gedanke: ›Was wäre, wenn das nie passiert wäre? Dann wäre ich Afrikanerin.‹« Und so schließt sich mit dieser weiteren »Was wäre wenn«-Frage der Kreis zur »Swing Time«-Figur der jamaikanischen Mutter, die sich mit der Geschichte Afrikas auseinandersetzt und Politikerin wird. Die zweifache Mutter Zadie Smith leidet als Exil-Britin unter Trump und May, und auch die »13 Prozent NaziGermany« lassen sie beim Besuch in Deutschland nicht kalt. Selbst zieht es sie aber nicht in die Politik, dafür wird ihre Arbeit politischer: »Die Zeiten sind extrem. Auch Schriftsteller wie ich, die nicht über besondere politische Bildung verfügen, schreiben politische Artikel. Weil es kein unpolitisches Leben gibt. Keine Neutralität. Bevor ich hierher kam, sah ich Jimmy Kimmel – den Inbegriff des lieben und harmlosen TV-Moderators –, wie er seine Anti-Waffen-Rede hielt. Wir leben im Krieg, jeder muss kämpfen, sogar Jimmy Kimmel.« — Zadie Smith »Swing Time« (Kiepenheuer & Witsch, 626 S., € 24)
#Kultur #Kino #Robert Pattinson #Good Time
Robert Pattinson über »Good Time«
IM ZWEIFEL FÜR DEN ZWEIFEL Im neuen Film der Safdie-Brüder spielt Robert Pattinson einen Bankräuber, der mit seinem geistig zurückgebliebenen Bruder ein Ding dreht. Patrick Heidmann sprach mit ihm über Selbstzweifel und seine »Twilight«-Vergangenheit.
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anntest du die Filme der Safdie-Brüder, bevor du bei »Good Time« mit ihnen zusammen gearbeitet hast?
Wonach suchst du deine Rollen aus?
Wenn ich das nur genau benennen könnte! Eigentlich versuche ich bloß, Drehbücher zu finden, die nicht vorhersehbar sind. Und Figuren, die man nicht so oft im Kino sieht. Ich möchte Filme drehen, die mich als Zuschauer umhauen würden.
Bist du im Lauf deiner Karriere selbstbewusster geworden, was die Auswahl anspruchsvoller Filme angeht?
Nein. Ich kannte zunächst nur das Poster ihres Films »Heaven Knows What«. Als ich das entdeckte, ahnte ich schon, dass die beiden mir gefallen würden. Der Trailer war noch besser: Da spürte ich eine Energie, die man im Kino nicht oft erlebt. Wir haben uns beim ersten Treffen gut verstanden, und ich war Feuer und Flamme für einen gemeinsamen Film. Natürlich habe ich mir auch noch »Heaven Knows What« angeschaut. Großartig!
Nein. Je älter ich werde, desto stärker werden meine Selbstzweifel. Aber mich stört es nicht. Ich habe eher gelernt, meine Unsicherheit wertzuschätzen. Wahrscheinlich ist das psychologisch gesehen ein bisschen ungesund, und alle sind genervt, weil ich immer erwarte, dass alles schiefgeht. Im Vorfeld der Premiere von »Good Time« in Cannes war ich so aufgeregt, dass die Haut meiner Augenlider anfing, sich zu schälen. Die Lider wurden richtig blutig. Aber ofWar diese besondere Energie für dich auch während der fenbar wurden sie ein echter Glücksbringer für den Film. Dreharbeiten zu spüren?
Ja. Was auch daran lag, dass Benny und Josh Safdie von früh bis spät miteinander diskutieren und gerne auch mal zu zweit auf mich eingeredet haben. Das hat mich ganz schön unter Strom gesetzt, vor allem, wenn ein paar Sekunden später schon wieder »Action« gerufen wurde. Dass Benny auch im Film mitspielt, machte die Arbeit noch ein wenig chaotischer und erhöhte das Arbeitstempo. Aber all die Anspannung und Intensität waren genau das Richtige – für diese Geschichte und diese Rolle.
Deine Figur in »Good Time« sieht ganz schön verlottert aus. Wie eitel bist du?
Wenn du dir als Schauspieler Sorgen darüber machst, ob die Zuschauer dich hässlich finden könnten, hast du den Kopf nicht frei fürs Wesentliche. Aber durch die »Twilight«-Filme sind solche Gedanken in mir sehr viel fester verankert, als mir lieb ist. Viele »Twilight«-Kritiken thematisierten mein Aussehen: »Der rapide alternde Robert Pattinson«. Wenn du so etwas ständig liest, geht das nicht spurlos an dir vorbei. Bist du froh, dass die »Twilight«-Zeiten vorüber sind?
Ach, mir gefällt der Gedanke, dass die Filme für viele Leute eine große Sache sind. Lange dachte ich, dass ich die Rolle des Edward Cullen abschütteln muss. Inzwischen weiß ich, dass ich die Zuschauer immer wieder überraschen kann. Sie verbinden mich mit »Twilight« und bekommen etwas ganz anderes zu sehen, zum Beispiel »Good Time«. — »Good Time« (USA 2017; R: Benny & Josh Safdie; D: Robert Pattinson, Jennifer Jason Leigh; Kinostart: 02.11.17; Temperclayfilm)
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#Kultur #Kino #Fikkefuchs
Fikkefuchs
WANN IST EIN MANN EIN MANN?
Das ungleiche und doch sehr gleich gestörte Vater-Sohn-Paar verbreitet Ekel. Die Versuche der beiden, »Frauen aufzureißen«, zeugen von totaler Frauenverachtung. So bleiben die beiden krankhaft oversexed but underf*****. Bis Thorben einen Tipp Jan Henrik Stahlberg hat ein Näschen für skandalöse Zustände und bekommt: Ein weiblicher Coach verein Händchen für verstörende Filme. Die Antihelden von »Fikkefuchs« spricht, die abgehängten Männer sind zwei frauenverachtende Schweine. wieder in die Spur zu bekommen, damit sie auch morgen noch kraftvoll zugreifen können. ls Herbert Grönemeyer 1984 seinen Vaters insofern relativiert, als dass er noch Stahlberg und Rogowski spielen die psychoSong »Männer« textete, war für eini- aggressiver, beschissener und frauenverach- pathischen Maskulinisten sehr überzeugend. ge Leute die Welt noch in Ordnung. tender ist als sein missratener Erzeuger. Selten sah man zwei solch ungebrochen abstoVergewaltigungen wurden in der ÖfJan Henrik Stahlbergs neuester Film ist mal ßende und misogyne Typen auf der Leinwand. fentlichkeit meist totgeschwiegen, der wieder auf der Höhe der Zeit. Während im Doch angesichts der enormen Anzahl an real Klaps auf den Po galt in der Regel als Kom- Zuge der Weinstein-Enthüllungen auch dem existierenden Youtube-Videos von sogenannpliment, so wie das Hinterherpfeifen auf der letzten männlichen Betrachter klar geworden ten Pick-up-Artists muss man leider annehStraße. Aber der böse Feminismus, der Gender- sein sollte, dass sexuelle Gewalt ein sehr viel men, dass diese Darstellung nicht annähernd Wahnsinn, die Homo-Lobby und das Internet größeres Problem ist als bislang verdrängt, so weit weg von der Wirklichkeit ist, wie man – sie haben aus wahren Männern Bösewichter lässt Stahlberg mit Rocky und Thorben zwei hoffen möchte. In letzter Konsequenz ist »Fikgemacht und die ganzen Loser und Schwäch- überzeichnete, aber sicher nicht märchen- kefuchs« einer der feministischsten Filme der linge nach oben gespült. So oder so ähnlich hafte Figuren auf die Zuschauer los. In seiner letzten Jahre. geht es jedenfalls im Hirn von Rocky zu. Der Zusammenarbeit mit Regisseur und Dreh- Lars Fleischmann heißt eigentlich Richard und war vielleicht buchautor Marcus Mittermeier entstand 2004 mal ein »wilder und cooler Stecher«, doch »Muxmäuschenstill« um den »Idealisten« und — »Fikkefuchs« (D 2017; R: Jan Henrik Stahlberg; D: Franz Rogowski, Jan Henrik Stahlberg; mittlerweile ist er eine arme Wurst. Einsicht Wutbürger Mux – und 2009 der medienkriKinostart: 16.11.17; Alamode) ist nicht seine Stärke, insgesamt muss man bei tische »Short Cut To Hollywood«, den sie ihm eher länger nach positiven Charakterei- mit der »Bluewater-Affäre« um ein fingiertes genschaften suchen. Selbstmordattentat skandalös promoteten. Als humanistisch erzogener Mensch verIn »Fikkefuchs« gibt Stahlberg das Duo insucht man ja, das Beste im Menschen zu fin- fernale zusammen mit Franz Rogowski. Den den, in Rockys Fall lässt sich bloß festhalten, kennt man unter anderem durch seine Rolle dass Thorben, Rockys Sohn, die Blamage seines des Boxer in Sebastian Schippers »Victoria«.
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#Kultur #Kino
Suburbicon
NUR DIE HALBE WAHRHEIT Regisseur George Clooney verknüpft ein altes Drehbuch der Coens mit einer historischen Begebenheit aus den 1950er-Jahren.
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er Katalog verspricht Idylle und ein Leben unter Gleichgesinnten, was im Fall des Siedlungsprojekts Levittown eine weiße Hautfarbe bedeutet. Am Reißbrett entworfen, soll der Vorort einer aufkeimenden Mittelschicht eine neue Heimat bieten. Dass dieses Refugium auf Bigotterie und Rassismus fußt, zeigt sich 1957, als die erste afroamerikanische Familie ein Haus erwirbt und sich rasch von einem pöbelnden Mob bedrängt sieht. In dieser historisch belegten Situation spielt die Handlung von »Suburbicon«. Regisseur George Clooney hat eigene Recherchen mit einem alten Drehbuch der Coen-Brüder verbunden und macht die vorurteilsbehaftete
Vorort-Hölle zum Schauplatz eines klassischen Kleinganoven-Dramas im Stile von »Fargo«. Protagonisten der Handlung sind die Nachbarn der belagerten Myers: Rose und Gardner Lodge mit ihrem Sohn Nicky, die eines Nachts von Einbrechern überfallen werden, was zum gewaltsamen Tod der Mutter führt und Coentypisch eine Reihe miteinander verknüpfter Ereignisse lostritt. Julianne Moore glänzt in einer Doppelrolle als Rose und deren Zwillingsschwester Margaret. Matt Damon verkörpert Karrieremann und Vater Gardner, der bald die Maske des vermeintlichen Vorzeige-Ehemanns fallen lässt. Der stimmungsvolle, detailverliebt inszenierte und hervorragend besetzte Film
besitzt nur eine wesentliche Schwachstelle: Er gibt Mrs. Myers (Karimah Westbrook) kaum Redeanteil, macht ihre Familie zu Statisten und degradiert die Zuspitzung ihres Konflikts zum bloßen Taktgeber der Haupthandlung. Bastian Küllenberg
— »Suburbicon« (USA 2017; R: George Clooney; D: Julianne Moore, Matt Damon; Kinostart: 09.11.17; Concorde)
B3 – Biennale des bewegten Bildes
360°-WANDERUNG Das Programm in Frankfurt verspricht einen Rundum-Blick auf die Evolution der Bilder bis zu Ego-Shootern und VR-Porn.
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ie Biennale des bewegten Bildes 2017 in Frankfurt am Main kann man als 360°-Wanderung durch das Feld des Begehrens bezeichnen. In den Disziplinen Film, Kunst, Virtual Reality und Robotics widmen sich 250 geladene Akteure dem ganzen Spektrum von Liebe, Gier, Lust, Sehnsucht und Verlangen. Der Italiener Federico Solmi nimmt dafür die Diktatoren unserer Zeit, die das Begehren nach ihrem Sinn reglementieren, in einem Bilder-Mix zwischen Game, Filmen und Comics auseinander. Außerdem rückt Joshua Steffens mit seiner Video-Installation »Filis
Athenae« die weibliche Seite von E-Sports in den Fokus – speziell die Bedeutung von Frauen für den Ego-Shooter »Counterstrike«. Mehrmals im Programm geht es um erotisches Begehren oder gleich um Pornografie – sowohl in dem Dokumentarfilm »Pornocracy«, worin die digitale Revolution der Branche im Vordergrund steht, als auch in einem Panel zur neuen Ästhetisierung der Pornografie durch Virtual Reality. Eine herausragende Installation verspricht Johanna Reichs »Resurface«: Sie lässt die Porträts von Künstlerinnen des 19. und 20. Jahrhunderts wiederauftauchen, die aufgrund der Digitalisierung vor dem Vergessen durch die männliche Geschichtsschreibung gerettet werden konnten. Paula Fuchs — B3 – Biennale des bewegten Bildes (Frankfurt am Main, 29.11.–03.12.17; www.b3biennale.de)
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#Kultur #DVD
Seriencamp 2017
HILDEGARD, KOMM BINGEN! S Das Camp geht in Serie: Zwischen dem 27. und 29.10.2017 findet in der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen bereits zum dritten Mal das Internationale Festival für Serien und TV-Kultur statt.
erienjunkies jeglicher Couleur wandeln an drei Tagen Ende Oktober durchgängig und vor allem gratis durch die Highlights der kommenden Binge-Watching-Saison. Über 50 neue Serien gibt es vor dem offiziellen Fernsehstart zu bestaunen, darunter Prestigeproduktionen wie »American Horror Story« oder »The Walking Dead«. Neben dem deutschen Serien-Blockbuster »Babylon Berlin« stehen das Porno-Drama »The Deuce« mit James Franco, die neue Marvel-Serie »The Gifted«, Seth McFarlanes »The Orville« und das »Big Bang Theory«-Spin-off »Young Sheldon« ganz oben auf dem Programm. Daneben wird es vielversprechende europäische Produktionen vor allem aus dem Krimibereich zu sehen geben, darunter den Nordic Noir »Deadwind«, den argentinischen »Jardin De Bronce«, den britischen Serienkiller »Rellik« und den schwarzhumorigen Finnen »Mental«. Flankiert wird das Ganze von einem Webserien-Special mit Fokus auf unabhängige Produktionen. Und die beste Nachricht: Omas Story über viereckige Augen von zu viel Fernsehen war immer schon Blödsinn. Alexander Dahas — Weitere Infos zum Seriencamp unter www.seriencamp.tv
Von wegen sim- Blood Simple pel. Das Debüt der Coen-Brüder ist ein Neo-Noir-Thriller der Extraklasse. Jetzt kommt »Blood Simple – Publikum langsam die Kehle zu, Director’s Cut« als 4-K-restau- bis der Atem schlussendlich stockt rierte Fassung. und alle Zuschauer im Showdown
BLUT- UND EISENWERTE STIMMEN
— Wir verlosen den Film zehnmal auf Blu-ray. Schicke eine E-Mail mit dem Betreff »Blood Simple« an verlosung@ intro.de.
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Paula Fuchs
— Intro empfiehlt: »Blood Simple – Director’s Cut« (USA 1984; R: Joel & Ethan Coen; D: Frances McDormand, John Getz, M. Emmet Walsh; VÖ 16.11.17; StudioCanal)
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kräftig durchpusten. Die hübschen Details, coolen Verwicklungen und beinhart-charmanten Charaktere, die wir an den späteren Coen-Meisterwerken wie »The Big Lebowski«, »Fargo«, »No Country For Old Men« oder »A Serious Man« lieben, laufen als Blaupausen durch diesen Thriller der Extraklasse. Frances McDormand kann man hier außerdem in ihrer ersten Hauptrolle bewundern. Der Director’s Cut dürfte nach der aufwendigen 4-K-Restaurierung jedem Kritiker das Wörtchen »Neo« im Halse stecken bleiben lassen. So sieht schon eher die Zukunft aus.
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Wenn man ein windiger Typ ist, sollte man besser nicht sein Feuerzeug am Schauplatz eines verdammt blutigen Verbrechens liegen lassen, das man soeben begangen hat. Der erste Spielfilm der Coen-Brüder – die uns seit ihrem Karriere-Kick-off »Blood Simple« im Jahr 1984 so viele wunderbare Neo-irgendwas-Filme geschenkt haben, dass man sie die wunderbarsten Neo-Regisseure aller bisherigen Neo-Zeiten nennen muss – ist eine Hommage an die Noir-Filme der 1940er-Jahre. Mit Privatdetektiv, Femme fatale, Feuerzeug und allem Drum und Dran. Der Plot schnürt dem
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#Kultur #DVD
Power
Ein Film, nach dem man sich den Besuch auf der nächsten Kirchweih schenken kann. Ein Klassiker unter den Katastrophen-Thrillern besticht auch 40 Jahre nach seinem Entstehen noch durch die hochspannende Story um einen Bomben legenden Erpresser – und die tolle Besetzung mit George Segal, Richard Widmark, Helen Hunt und Henry Fonda. Außerdem glänzen die Sparks mit einem Cameo-Auftritt. Jetzt ist das Drama erstmals auf Blu-ray und in ungekürzter Fassung erhältlich. Gut festhalten! — Intro empfiehlt: »Achterbahn« (USA 1977; R: James Goldstone; Koch Media)
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— Wir verlosen den Film zehnmal auf Blu-ray. Schicke eine hlen v pfo o E-Mail mit dem Betreff m »Achterbahn« an verlosung@intro.de. Viel w w .i n t r o. d Glück!
Bereits die zweite Verfilmung von Thomas Cullinans Roman »The Beguiled« nach Don Siegels »Betrogen«. Sofia Coppolas Regie lenkt den Fokus auf die Frauencharaktere der Geschichte. Fünf Internatsschülerinnen befinden sich während des Amerikanischen Bürgerkriegs in der Obhut der Schulleiterin (Nicole Kidman) und einer Lehrerin (Kirsten Dunst). In Person des verletzten Soldaten, den eines der Mädchen im Wald auffindet, dringen der Krieg und Testosteron in diese letzte Bastion der heilen Welt ein. — Intro empfiehlt: »Die Verführten« (USA 2017; R: Sofia Coppola; Universal)
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LEGAL, ILLEGAL, SCHEISSEGAL Krimineller auf Abwegen: Ghost betreibt ein Geschäft, das nicht gegen die Gesetze verstößt. Doch wer einmal Gangster war, wird von der Polizei für immer so behandelt ...
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rüher war Curtis »50 Cent« Jackson bloß ein ziemlich schussfester Gangster, heute ist er ein erfolgreicher Entertainer und Mineralwassermogul. Aber ist es noch ein Doppelleben, wenn man zwei Karrieren wie diese am Stück hinlegt? »Power« basiert auf einer Idee des Rappers und präsentiert einen Protagonisten, der diesen Luxus nicht hat. James »Ghost« St. Patrick (Omari Hardwick) ist ein New Yorker Krimineller, der im großen Stil Drogen unter die Partyelite bringt, wozu er einen glamourösen Nachtclub namens Truth als Fassade betreibt. Offenbar hat der Mann aber auch als Gastro-Entrepreneur ein goldenes Händchen, und so bietet sich mit dem plötzlichen Erfolg des Clubs die Gelegenheit, legal Geld zu verdienen. Doch just in diesem Moment beginnt eine Ermittlung gegen Ghost – geleitet von seiner ersten großen Liebe, die inzwischen für die Behörden arbeitet. »Power« lässt keine Wünsche offen, wenn es um die männlichen Fetische des emanzipierten Gangsterfilms geht: Geld, Drogen, Frauen – Power eben. Das obligatorische Hin- und Hergerissen-Sein zwischen Unterwelt und legitimem Business ist da nur noch ein weiteres Statussymbol, das sich Ghost auf der Zunge zergehen lässt wie einen Eiswürfel im Cocktail. Alexander Dahas — »Power – Season 1« (USA 2014; R: Anthony Hemingway u. a.; D: Omari Hardwick, Lela Loren, Joseph Sikora; VÖ 26.10.17; Sony)
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#Kultur #Games
Playerunknown’s Battlegrounds
EIN PHÄNOMEN UND SEINE GESCHICHTE Der Multiplayer-Shooter »Playerunknown’s Battlegrounds« bricht derzeit sämtliche Rekorde und wird dabei immer mehr zu einem globalen Phänomen. Daniel Ziegener ist der unverhofften Sensation auf den Grund gegangen und erklärt, was es mit dem Hype auf sich hat. 2017 mangelt es wirklich nicht an Kandidaten für das Spiel des Jahres. Von »Resident Evil 7« über »The Legend Of Zelda: Breath Of The Wild« bis »Destiny 2« fällt es schwer, die ganzen Hypes und Höchstwertungen überhaupt noch im Kopf zu behalten. Doch abseits der hochglanzpolierten AAA-Hits gibt es ein Spiel, das all diese Blockbuster in jeder messbaren Statistik in den Schatten stellt: »Playerunknown’s Battlegrounds«. Der
Metroid: Samus Returns
Die »Metroid«-Reihe von Nintendo gilt als eine der einflussreichsten Spieleserien aller Zeiten und hat mit dem sogenannten »Metroidvania« nicht umsonst ein komplett eigenes Genre mitbegründet. Mit »Metroid: Samus Returns« legt das spanische Entwicklerstudio Mercury Steam nun den 1991 für den Game Boy erschienenen zweiten Teil neu auf und
— »Playerunknown’s Battlegrounds« für PC (Bluehole)
versucht sich für den erkunden, um mit neuen Items Nintendo 3DS an einer immer weiter in das außerirdimodernen Interpretati- sche Labyrinth vordringen zu on der Geschichte um die intergalaktische Kopfgeldjägerin Samus. Dass Nintendo diesen Job nicht selbst in die Hand genommen hat, dürfte im Vorfeld hier und da Besorgnis ausgelöst haben. Diese hat sich nun als völlig unbegründet herausgestellt: Die Entwickler haben mit diesem Remake einen erstklassigen Job geleistet. Wie in (fast) jedem Spiel der »Metroid«-Reihe gilt es, das ausgesprochen vertrackte Tunnelsystem eines fremden Planeten zu
Zurück in den Kaninchenbau Nintendo bringt mit »Metroid: Samus Returns« einen alten Klassiker zurück auf die hauseigene Handheld-Konsole.
Online-Shooter folgt einem denkbar simplen Prinzip: 100 Spieler landen auf einer riesigen Insel und jagen sich so lange, bis nur noch einer lebt. Es ist die spielbare Version der »Tribute von Panem« oder des Kult-Films »Battle Royal« – und nach gerade mal einem halben Jahr selbst schon Kult. Das Spiel hat sich in dieser Zeit bereits über 12 Millionen Mal verkauft. Wahrscheinlich sind es sogar noch mehr Verkäufe, aber das
Analyse-Tool SteamSpy gesteht mittlerweile ein, bei den rasant wachsenden Zahlen nicht mehr hinterherzukommen. Das ist nicht die einzige beeindruckende Zahl. Mit 1,5 Millionen gleichzeitigen Spielern hat »PUBG« (so die geläufige Abkürzung des sperrigen Namens) erst neulich den bisherigen Rekord von »DOTA 2« gebrochen. Und wer nicht selbst spielt, schaut auf Twitch oder YouTube zu, wo das Massen-Deathmatch selbst großen eSportTiteln wie »League Of Legends«, »Overwatch« und »Counter-Strike« Konkurrenz macht. »Playerunkown’s Battlegrounds«’ Erfolgsgeheimnis liegt im Chaos. In nahezu allen anderen Online-Games treten zwei Teams gegeneinander an und machen sich etablierte Strategien und Gegenmanöver zunutze. Bei 100 Spielern, die alle nur für sich selbst kämpfen, gibt es aber keine Möglichkeit, das Verhalten der anderen vorherzusagen. Keine Partie von »Playerunknown’s Battlegrounds« gleicht der anderen. Jedes Spiel hat 99 Kills und 99 kleine Geschichten über adrenalingeladene Sekundenbruchteile und dramatische Entscheidungen mit weitreichenden Folgen. Ob man am Ende gewinnt, ist fast egal, weil man selbst als ungeübter Neuling die eine oder andere witzige Anekdote mitnehmen kann. Genau das macht »Playerunknown’s Battlegrounds« auch zum perfekten Spiel für Streamer, die gleich eine ganze Reihe an unterhaltsamen Highlights aufzeichnen und zum Best-of-Clip zusammenschneiden können. Die wiederum lassen sich wunderbar teilen und traten eine virale Lawine los, die noch immer rollt. Fürs Marketing musste Entwickler Bluehole bisher kein Geld ausgeben. Das hat die schnell wachsende Fangemeinde mit Mundzu-Mund-Propaganda selbst übernommen – und Chaos sei Dank hat sie immer etwas Neues zu erzählen.
können. So gut wie hier sah das allerdings nur selten aus, denn »Metroid: Samus Returns« nutzt den stereoskopen Tiefeneffekt von Nintendos Handheld-Konsole so gut wie nur wenige andere Spiele. Auch am Handling wurde ordentlich geschraubt, was sich vor allem durch neue Möglichkeiten wie das stufenlose Zielen oder eine Konterattacke bemerkbar macht. Kurz: »Metroid: Samus Returns« vergegenwärtigt einem noch einmal eindrucksvoll die zeitlosen Qualitäten dieser altgedienten Reihe und macht neugierig auf die Zukunft der Marke. Philip Fassing — »Metroid: Samus Returns« für Nintendo 3DS (Nintendo / Mercury Steam)
#Kultur #Games
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Keine Skills am Controller aber La Paloma pfeifen
Illustration: Alexandra Ruppert
Wieso Ryu gegen Ken antreten lassen, wenn es auch Pikachu gegen Glumanda sein darf? Wer sich diese Frage tatsächlich stellt, der dürfte mit »Pokémon Tekken DX« bestens beraten sein, duellieren sich die putzigen Tierchen hier doch in klassischer Prügelspiel-Tradition. Für den Videospiel-Laien Carsten Schumacher ist das alles natürlich mal wieder viel zu viel – sowohl Tasten als auch Zusammenhänge. Puh, ganz schön viel Einstellungen für ein Prügelspiel mit Protagonisten, die aussehen wie Bilder auf der Brotdose eines von Super RTL erzogenen Grundschülers. Da halte ich es doch einfach wie mit den AGBs beim Online-Shopping: jaja und weiter. Mit so was wie der Charakter-Wahl bin ich ja dank »Street Fighter« noch vertraut, aber wozu brauche ich ein Helfer-Team? Und welcher Sozialpädagoge hat hier »Motivationsfertigkeit« reinprogrammiert? Die Auswahl ist immerhin vielfältig: Manche Figuren sind einfach nur süß, manche erfrischend sexuell, und andere kommen offenbar aus dem Pilzrausch eines Hieronymus Bosch.
Und Fukushima sei Dank gibt es dann ja auch noch die »weiterentwickelten« Pokémon. Ein niedliches Ultimate Fighting der mutierten Haustiere. Der Zusammenhang zwischen Input und Output erschließt sich mir allerdings nicht richtig. Fast so, als würde man nach dem Eimersaufen noch mal die Herausforderung Tanzfläche suchen. Apropos Tanzen: In der Freizeitpark-Szenerie wirkt das alles wie ein Parookaville-Aftermovie von Jean-Claude van Damme. Gegen dieses Feuerwerk grell blitzender Konflikt-Eskalation wirken die Duelle von Harry Potter jedenfalls wie aus dem Reformhaus. Willkommen in der ADHS-Werkstatt, gegen diese Reizdichte ist das Gesundheitsrisiko für Bareback-Fans im Berghain absolut überschaubar. Ich gebe sieben von zehn Pokébällen. Allerdings nur, wenn man die geschmeidigen Reflexe eines 12-Jährigen besitzt – alle anderen dürften hoffnungslos aufgeschmissen sein und werden vom Spiel mitgeschleift. — »Pokémon Tekken DX« für Nintendo Switch (Nintendo / Bandai Namco)
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#Life
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#Life #Posthumanismus
Posthumanismus in der Popkultur
MEIN BACK-UP UND ICH
Die Idee, mit den Mitteln des technischen Fortschritts der Sterblichkeit zu entgehen, wird mehr und mehr zum popkulturellen Mythos. Für Kino, TV oder Videospiel dient das faszinierende Gedankenspiel als Vorlage für dekadenübergreifende Liebesgeschichten, philosophische Albträume oder dystopische Gesellschaftskritik. Philip Fassing hat Michael Graziano, Autor und Professor für Psychologie und Neurowissenschaften, gefragt, wie realistisch es ist, das eigene Ich vor dem drohenden Tod in die Cloud hochzuladen. Fotos: Hannes Wiedemann
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laubt man dem russischen Unternehmer Dmitry Itskov, dann ist die Frage nach der Unsterblichkeit nur noch eine Sache von wenigen Jahrzehnten. Schon seit geraumer Zeit proklamiert der junge Milliardär und Futurist öffentlichkeitswirksam die Überwindung der menschlichen Mortalität mit den Mitteln moderner Technik. Seine optimistische Prognose: Schon in den nächsten fünf bis zehn Jahren soll das Gehirn samt Bewusstsein dank autonomer lebenserhaltender Systeme den eigenen Körper überdauern können. 20 Jahre später soll der Mensch durch die Möglichkeiten der Kybernetik Ray Kurzweil gar zu einer ganz neuen Spezies werden, die mit dem herDer 1948 in New York ge- kömmlichen Homo sapiens nur noch den Geist gemein borene Autor ist so was wie hat und sonst in Form von holografischen Avataren oder der Popstar unter den Futuristen und hat mit seinem robotischen Körpern in Erscheinung tritt. Ein vermeintBuch »Menschheit 2.0: Die licher Wendepunkt, um den Itskov ein ambitioniertes Singularität naht« eine Art Forschungsprojekt hochgezogen hat: die »2045 Initiatimodernes Standardwerk für die Jünger des Post- und ve«. Was wie der Plot eines Science-Fiction-Films klingt, Transhumanismus verfasst. kann tatsächlich auf zahlreiche prominente Unterstützer Grundthese des Buches zählen – darunter auch Ray Kurzweil, die schillernde Ikoist, dass die technologische Entwicklung mit ihrem ne der Futuristen und ganz nebenbei auch technischer exponenziellen Wachstum Leiter bei Google. Der Enthusiasmus ist nachvollziehab einem gewissen Punkt bar – schließlich ist das Streben nach Unsterblichkeit derart explodieren wird, dass die Folgen für die so alt wie die Menschheit selbst und wird immer wieder Menschheit gravierend durch neue technologische Meilensteine angefeuert. Dass wären – darunter eben auch sich diese Sehnsucht auch stark in der zeitgenössischen die besagte Entwicklung auf dem Feld der künstli- Science-Fiction wiederfindet, ist dementsprechend nachen Intelligenz. heliegend, gilt das Genre doch schon per Definition als
Projektionsfläche wissenschaftlichen Begehrens. Umso bezeichnender, dass die fiktionale Ausschmückung dieser Idee in der Popkultur oft ziemlich düster ausfällt und vor allem die Stolpersteine und Fallstricke der technologisch ermöglichten Unsterblichkeit thematisiert. Im Kino, vor dem Fernseher oder auf der Konsole folgt die gängige Erzählung oft weniger Itskovs Annahme einer transhumanistischen Überwindung der menschlichen Sterblichkeit, sondern vielmehr der Idee einer digitalen Verlängerung des Lebens: Der menschliche Geist als Backup auf einer Festplatte, wo er für immer in einer digitalen Simulation weilt. In Charlie Brookers vielfach gefeierter TV-Serie »Black Mirror« wird »Black Mirror« aus diesem Gedankenspiel etwa Die anthologisch erzählte eine jenseitige Altersresidenz. Science-Fiction-Serie Ein lebensechter, aber komplett von Charlie Brooker setzt virtueller Küstenort namens San sich mit den Tücken und Junipero, in dem die Verstorbenen Möglichkeiten des technologischen Fortschritts auf ewig den schönen Seiten des auseinander. Die Folge Lebens frönen. Urlaub, Partys und »San Junipero« wurde vor immerwährende Jugend – zuminallem für ihre ästhetische Vision gefeiert, die stimdest so lange, bis auf dem Höhemungsvoll die Insignien der punkt der entsprechenden Folge Achtzigerjahre inszeniert. auch die unvermeidlichen Fragen Im Überbau der gleichgeschlechtlichen Liebesgenach Verantwortung, Loyalität schichte geht es ebenfalls und Ethik aufkommen. Und zwar um die Idee eines digital so gut, dass die Folge im vergangeverlängerten Lebens. nen September mit einem Emmy für »Outstanding Television Movie« ausgezeichnet wurde.
#Life #Posthumanismus
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#Life #Posthumanismus »Soma« Das 2015 vom schwedischen Entwicklerstudio Frictional Games veröffentlichte Horror-Spiel verhandelt unter seiner genretypischen Oberfläche hochphilosophische Fragestellungen, die sich vor allem um die Moral und Ethik des Posthumanismus drehen. Der Spieler wacht nach einem Gehirnscan auf einer verlassenen Forschungsstation auf dem Meeresgrund des Nordatlantik auf und muss schnell begreifen, dass der wahre Terror nicht von den umherstreifenden Gestalten ausgeht ...
Das philosophische Horror-Spiel »Soma« geht sogar noch einen Schritt weiter. Es fragt, was denn eigentlich passiere, wenn das Bewusstsein in dieser Logik nicht transferiert, sondern lediglich kopiert wird? Wären ich und die unsterbliche digitale Variante von mir wirklich noch ein und dieselbe Person? Eine Frage, auf die Michael Graziano, Professor für Psychologie und Neurowissenschaften an der Universität Princeton, eine klare Antwort hat: »Nein, du wärst in dieser Form nicht mehr die gleiche Person. Du bist nicht mal der Gleiche wie gestern. Aber daran hast du dich gewöhnt. Ihr würdet die gleichen Erinnerungen und Erfahrungen teilen, euch aber mit dem Vorgang des Kopierens zu zwei unterschiedlichen Persönlichkeiten entwickeln.« Dass ein solcher Vorgang technisch überhaupt möglich wäre, zweifelt er dagegen nicht an – allerdings erst in einigen hundert Jahren, wenn sich die Rechenleistung von Computern drastisch vervielfacht hat. Die Wissenschaft weiß verhältnismäßig wenig darüber, wie das menschliche Gehirn überhaupt funktioniert. Eine Tatsache, die auch Michael Graziano immer wieder betont: »Am aktuellen Fortschritt gemessen, würde es Tausende von Jahren dauern, um die Verschaltungen des Gehirns verstehen und dann künstlich nachbilden zu können.« Kopieren – so zumindest die Theorie – könne man einen Geist aber auch, ohne diese vertrackten Verknüpfungen im Detail zu verstehen. »Die Komplexität des menschlichen Gehirns entsteht dadurch, dass ein simples Element stetig wiederholt wird«, erklärt Graziano. Dafür verfügt es über rund 100 Milliarden Neuronen, die alle über die Synapsen verbunden sind. Von denen gibt es wiederum mehrere hundert Arten, die Informationen alle auf eine andere Art und Weise übertragen, so der Neurologe. »Wir wissen, wie wir künstliche Neuronen und Synapsen simulieren können, die Grundlagen sind also recht einfach auf Computer-Hardware zu übertragen. Wir können sogar Millionen von Neuronen gleichzeitig simulieren. Das Problem ist, gleich 100 Milliarden auf einmal zu simulieren und dabei noch ihre Verbindungen untereinander korrekt zu verknüpfen. Diese Informationen fehlen gänzlich.« Informationen, die uns zu dem machen, was wir sind, und die, gewissen Schätzungen nach, dem Umfang des gesamten Internets entsprechen sollen, wie Graziano anmerkt. Heißt: Sowohl das Scannen der notwendigen Daten als auch das Simulieren ebenjener würde eine Rechenleistung erfordern, die schlichtweg noch gar nicht existiert – getreu Moore’s Law aber zumindest theoretisch schon in verhältnismäßig naher Zukunft erreicht werden könnte.
»Niemand weiß, was passieren würde, wenn man ein Gehirn digitalisiert – welch schreck liche, ruinierte Version der entsprechen den Person dabei entstehen könnte«
Moore’s Law
In der zeitgenössischen ScienceFiction führt also weniger der wissenschaftliche Aspekt zu unbehaglichen Dystopien, sondern vor allem der philosophische. In »Transcendence«, dem 2014 erschienenen Regie-Debüt von Nolan-Zögling Wally Pfisterer, flüchtet sich das tödlich erkrankte K.I.-Genie Dr. Will Caster (Johnny Depp) ins digitale Nirwana, um dem endgültigen Tod zu entgehen. Während der überfrachtete Plot des Films schnell abstruse Wege nimmt, bleibt vor allem die Frage nach der humanistischen Beschaffenheit des digitalisierten Wissenschaftlers spannend. Die wird vor allem von seiner trauernden Frau (Rebecca Hall) repräsentiert, die an der Unklarheit zerbricht, ob diese per Bildschirm mit ihr kommunizierende K.I. wirklich noch ihr Mann sei – und was, wenn nicht. Aspekte, die nur erahnen lassen, welch komplexe Ethik-Diskurse auf uns zukommen, wenn plötzlich real fühlende Existenzen mit einem eigenen Bewusstsein Einzug in unsere Hardware halten. Das 2015 erschienene Computer-Spiel »Soma« geht dieser Frage auf die wohl eindringlichste Art und Weise nach und gibt sie in gewissen Situationen einfach an den Spieler weiter. Der muss dann selbst entscheiden, wie er mit den teils sehr empfindsamen Simulationen umgeht, die sich in der Regel für echte Menschen halten. Ist es Folter, wenn ich solch ein simuliertes Bewusstsein hochfahre, nach wichtigen Informationen aushorche und nach dessen existenziellem Kollaps durch die Realisierung der bizarren Umstände einfach wieder neu starte und das Verhör von vorne beginne? Was ist, wenn ich Daten dieser Person einfach von der Festplatte lösche? Man ahnt schnell die Knoten in den Gedanken, die mit dieser Auseinandersetzung einhergehen werden – und zwar lange bevor man sich mit diesen recht konkreten Fragen beschäftigen kann. Denn wie Michael Graziano ebenfalls anmerkt, will man bei den ersten Feldversuchen auf diesem Gebiet alles, nur kein Early Adopter sein. »Niemand weiß, was passieren würde, wenn man ein Gehirn digitalisiert – welch schreckliche, ruinierte Version der entsprechenden Person dabei entstehen könnte«, gibt er zu bedenken. Der ewige Ruhestand im digitalen Paradies dürfte also vorerst flachfallen – zumindest für uns. Wie schnell die Dystopien von gestern aber zur Tatsache von heute werden können, zeigt die Realität immer noch am schönsten. So kündigte Apple zum Beispiel im vergangenen September ein iPhone-Feature an, das vielen aus der bereits vier Jahre alten »Black Mirror«-Episode »The Waldo Moment« bekannt vorgekommen sein dürfte: Animojis, also Emojis, die per Gesichtserkennung vom Nutzer selbst zum Leben erweckt werden. Dass diese Technik in der besagten Episode auch noch als Mittel zum Zweck für einen populistisch pöbelnd geführten Wahlkampf missbraucht wurde, verkommt da fast schon zur Fußnote. Die existenzielle Tragweite des ewigen Lebens steckt freilich nicht hinter solch einer Prophezeiung. Doch was wäre, wenn der Traum vom ewigen Leben plötzlich genauso unverhofft Realität werden würde? Wäre es einen Versuch wert, den eigenen Geist als digitale Sicherung zu verwahren? »Auf keinen Fall!«, findet Michael Graziano. Fügt aber direkt hinzu, dass sich darüber lieber zukünftige Generationen den Kopf zerbrechen sollen. »Ich muss jedenfalls nicht ewig leben – egal, in was für einer Vision.«
1965 stellte Digital-Pionier und Intel-Mitgründer Gordon Moore die These auf, dass sich die Menge der Schaltfunktionen auf einem Computerchip jährlich verdoppeln würde – die Geburt von Moore’s Law. Die Gültigkeit dieser Gesetzmäßigkeit ist heute nur noch bedingt gegeben, kann aber allgemein als Sinnbild auf das exponenzielle Wachstum digitaler Technologie verstanden werden.
#Life #First World Problems
#First World Problems
Fernbus
Illustration: Alexandra Ruppert
Einmal im Leben umgehört, und schnell wird klar: Selbiges ist kein Zuckerschlecken! Es folgt eine neue Ausgabe viel diskutierter First World Problems. Irgendwas ist doch immer, findet Lukas Diestel. Zum Beispiel Fernbus.
Wenn sich der Staub der Sitzplatzkämpfe gelegt hat, die Tränen derer getrocknet sind, die bis zuletzt dachten, sie hätten zwei Sitze für sich allein, und der Fernbus langsam ins Rollen gekommen ist, entsteht in seinem Inneren kurzzeitig eine angespannte Stille. Welcome im Fernbus-Inferno! Seit fast fünf Jahren darf man sich im BUSiness zwischen Meinpestbus und Deutscher Cholera entscheiden. Mittlerweile merkt man den Passagieren ihre Erfahrung an – besonders eine ganz bestimmte: die Fernbusfahrt ohne funktionierende Toilette. Und so folgt auf die stets chaotische Gepäckabgabe und das Gedrängel beim Einstieg inzwischen ein großes kollektives Bangen: Alles wartet angestrengt, bis sich der Busfahrer nach seinem fünfminütigen, unterdurchschnittlichen Comedyprogramm zur Toilettensituation äußert. Danach wird heutzutage meistens durchgeatmet, die Zeiten, in denen Toiletten schon bei Abfahrt außer Betrieb waren, sind vorbei. Endlich können sich die Reisenden auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren: sich gegenseitig gehörig auf die Ketten zu gehen – ob durch Gestank, Lärm, Platzmangel oder die sich darauf beziehenden deutsch-zickigen Kommentare. Es ist Freitagabend, ich sitze im Nachtbus von Freiburg nach Berlin. Auch dieses Mal ist das Klo in Ordnung. Der Junggesellenabschied, den halb Berlin sicherlich schon sehnsüchtig erwartet, atmet erleichtert auf und beginnt unverzüglich und in fast
schon beeindruckendem Tempo, sämtliche mitgebrachte Dosenbiere zu leeren. Sogar die Steckdosen und das WLAN funktionieren – auch nach fast fünf Jahren Fernbus fühlt sich das immer noch wie ein Jackpot an. Früher rankten sich Legenden um diese sagenumwobenen Drei-von-drei-Fahrten. Während der Junggesellenabschied diskutiert, ob »brotrip« oder »broadtrip« der bessere InstagramHashtag wäre, logge ich mich ins WLAN ein. Sofort lädt sich im Hintergrund ein Update für irgendwas herunter und meine 150 MB Datenvolumen sind aufgebraucht. Gegen zwei Uhr morgens schreit eine ältere Frau mit Thüringer Akzent den Junggesellenabschied so zusammen, dass er danach ruhig ist. Dank bekommt sie dafür keinen, denn die meisten der Umsitzenden, inklusive mir, sind durch ihr Gekeife aufgewacht. Wer es nicht schafft, einen Junggesellenabschied auszublenden, ist für mich kein geübter Reisender. Gegen eine schrille Thüringerin mit 180er-Puls ist allerdings kein Schlafkraut gewachsen. Und so fährt die ungleiche Truppe weiter in die Nacht. Einige der Jungs tuscheln noch beleidigt, jemand hört schlechten Metal, der blechern aus billigen Kopfhörern schallt, und ganz hinten fängt ein anderer zu schnarchen an. Am nächsten Morgen sind wir pünktlich. Und wo ist man am besten aufgehoben, wenn man unausgeschlafen, mit Glieder- und Kopfschmerzen und einer generellen Abneigung gegen Menschen durch die Gegend wankt? Richtig: in Berlin! Flixbus und Co. machen es möglich!
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#Life #Luxemburg
So klingt Luxemburg
VON MOSELWEINEN UND RAUMSCHIFFEN
Mitte November findet in der Rockhal in Luxemburg das Sonic Visions Festival statt, auf dem sich neben Indie-Prominenz wie Her und Moses Sumney auch die Musikszene Luxemburgs und seiner Nachbarländer präsentiert. Daniel Koch hat sich einen Tag lang angeschaut, was das kleine Land musikalisch zu bieten hat. Er traf Future-R’n’B-Talent Edsun, die isländisch-luxemburgische MärchenPop-Band When ‘Airy Met Fairy und den Indie-Nachwuchs Tuys. Fotos: Sandra Stein und Sam Flammang
#Luxemburg #Life
D
er Regionalexpress von Koblenz nach Luxemburg passiert so wohlklingende Orte wie Cochem, Bullay, Schweich, Wasserbillig und Wecker. Immer wieder schlängelt sich die Mosel unter den Gleisen hindurch, bieten sich Postkartenpanoramen mit Fluss und Wald und Berg und Schloss. An der Grenze muss ich nachlösen, frage, ob ich auch mit Kreditkarte zahlen könne. Der Schaffner lacht. »Macht zwei Euro. Das haben Sie noch klein, oder?« Spätestens hier wird mir zum ersten Mal bewusst, wie klein, pardon: kompakt Luxemburg ist, dieses so reiche Land, das gerade erst wieder in den Schlagzeilen war, weil es Amazon angeblich 250 Millionen Euro unlautere Steuererleichterungen geschenkt haben soll. Aber es wäre ein anderer Artikel, wenn man Luxemburgs Attraktivität für »unternehmerische Gestaltung« zum Thema machen würde, die ungefähr vergleichbar ist mit der der Schweiz – rund 40 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes stammen aus dem Segment der Finanzdienstleistung. Ich sehe das später am Tag, als ich das KirchbergPlateau im Nordosten der Stadt Luxemburg passiere, wo neben vielen hochmodernen Bankbauten unter anderem auch der Europäische Gerichtshof, der Europäische Rechnungshof sowie die Europäische Investitionsbank sitzen. Aber man sieht auch am Zustand des Landes und an der wunderschönen Altstadt, dass hier bei vielen der Wohlstand zu Hause ist – und man erkennt es daran, wie Luxemburg seine Musik- und Kultur-Szene unterstützt.
Von Hütten und Raumschiffen Vom Luxemburger Hauptbahnhof reise ich weiter in die benachbarte Stadt Esch-sur-Alzette, wo ich Thomas Roscheck von der Rockhal treffe, der mich an diesem Tag begleitet. Der Kontrast könnte nicht größer sein: Die Rockhal liegt im Stadtteil Belval, und der wirkt ungefähr so, als wäre eine Raumschiffarmada auf einem alten Hüttenwerk gelandet und mit den Jahren damit verwachsen. Belval Das futuristische Viertel umfasst eine Fläche von rund 120 Fußballfeldern und ist im wahrsten Wortsinn am Reißbrett entstanden – eine Entwicklungsgesellschaft, zahlreiche Bauträger und Investoren wollen das neue Stadtviertel gemeinsam mit dem Staat und den Gemeinden Esch-sur-Alzette und Sanem zum Leben erwecken.
Edsun
Was gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt ist: Belval ist tatsächlich der Versuch, das historische Hüttenwerk, das die Stadt jahrzehntelang geprägt hat, in eine Musterstadt für Kunst, Kultur, Shopping und akademische Bildung zu verwandeln. Was geglückt scheint – zwischen moderner Architektur und den aufgehübschten Hochöfen tummeln sich an diesem etwas verregneten Tag Studentengruppen, Künstlerinnen und Künstler, die in der Rockhal aufnehmen oder proben, und das Shoppingpublikum, das zum großen Einkaufszentrum strömt. Die Rockhal, in der im November auch das Sonic Visions Festival stattfindet, war das erste Gebäude, das fertiggestellt und einsatzbereit war. Finanziert wurde der Bau vom Staat Luxemburg. »Man könnte sagen, das Parlament hat per Gesetzt beschlossen, dass Luxemburg eine Konzerthalle wie die Rockhal braucht«, erzählt Thomas. Eine Spielwiese auf Kosten der Steuerzahler ist die Rockhal jedoch nicht. »Wir müssen uns zu 75 % selbst finanzieren – und das zeigt ganz gut, wie Luxemburg arbeitet: Man hat diesen sehr modernen Bau ermöglicht, aber wir müssen eben doch auf eigenen Beinen stehen.« Neben zwei Live-Venues und dem Rockhal-Café gibt es sechs Rehearsal-Räume, ein Aufnahmestudio, ein Tanzstudio und ein Dokumentationszentrum. Außerdem haben Einrichtungen wie das Rocklab, das lokale Künstler vernetzt und unterstützt, hier ihre Büros.
Edsun: Blöde Fragen In einem der Konzerträume treffe ich Edsun, einen der vielleicht spannendsten jungen Künstler, die Luxemburg gerade zu bieten hat. Er probt mit einem halben Dutzend Tänzer für seine Liveshow, die ich vor einigen Wochen in abgespeckter Form bereits auf dem Reeperbahn Festival gesehen habe. Zu futuristischen R’n’B-Beats tanzte und sang er dort zunächst allein auf der Bühne – eine wunderschöne androgyne Erscheinung, ständig in Bewegung, jeder Move mit der Musik im Einklang. Beim dritten Song trat ein junger Mann aus dem Publikum und verschmolz mit Edsun. Es war ein naher, intensiver Tanz, bei dem ich als Partner oder Partnerin der Beteiligten hochgradig eifersüchtig geworden wäre. »Tanzen war immer schon ein wichtiger Teil meines Lebens«, erzählt Edsun. »Meine Eltern hatten einen Pub, und ich hatte schon als Kind den Drang, dort auf die Tische zu steigen und zu tanzen. Später verfolgte ich diese Leidenschaft, besuchte Kurse, machte mein Diplom in zeitgenössischem Tanz. Mit der Musik war es ähnlich: Mein Vater hatte ein große Plattensammlung, die mich sehr inspiriert hat. Ich habe immer laut in meinem Zimmer gesungen und die Familie damit in den Wahnsinn getrieben.« Mittlerweile hat er nicht nur beide Leidenschaften auf ein professionelles Level gehoben, sondern perfekt miteinander verwoben. Wobei Edsun klarstellt: »Ich will nicht, dass der Tanz von der Musik ablenkt. Deshalb wird es immer Momente
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#Life #Luxemburg
When ‘Airy Met Fairy
geben, in denen ich nur mit meiner Band spiele. Und meine Choreografien sind so konzipiert, dass die Tänzer Freiräume für eigene Ideen haben – es soll nicht roboterhaft oder einstudiert wirken.« Gleiches gilt für seine Bühnenoutfits, die auch schon mal einen Rock, eine durchsichtige Bluse und eine Lederjacke kombinieren: »Ich mag androgyne Mode, aber ich will das nicht zum Konzept erhöhen. Was ist männlich? Was ist weiblich? Das sind blöde Fragen.« Bei all dem Drumherum muss ich an dieser Stelle aber noch mal klarstellen: Schon die Musik von Edsun spricht für sich. Auf der neuen Single »Apologee« und seiner Debüt-EP »No« klingt er hin und wieder, als wolle er ein zeitgemäßes Update des großen Michael-Jackson-Pop erschaffen. Er windet sich, als ich ihm das sage: »Ich habe Michaels Musik geliebt, und vielleicht betone ich meinen Gesang manchmal wie er, aber ich möchte ihn nicht als größten Einfluss herausstellen. Ich weiß doch, wie die Musikpresse funktioniert.« Touché.
When ‘Airy Met Fairy: Wein, zwei, drei, vier Schon seit der ersten Mosel-Überquerung habe ich Weindurst – da passt es gut, dass Thomas den nächsten Interviewtermin im Rahmen einer Weinprobe bei Domaines Vinsmoselle in Wellenstein organisiert hat. Auf dem Weg dorthin bekomme ich die Gelegenheit, über das hier recht ausgeklammerte Thema Grenzen nachzudenken: Nicht nur, dass ich den ganzen Tag Menschen treffe, die aus Belgien, Frankreich und Deutschland kommen, um in Luxemburg zu leben und zu arbeiten – man passiert auch dermaßen selbstverständlich Landesgrenzen, bis man sie gar nicht mehr bemerkt. Das scheint auch vielen Rechtswählern so zu gehen – anders lässt sich nicht erklären, dass die französische Gemeinde, die direkt an Luxemburg anschließt, fest in der Hand des Front National ist. Wie bescheuert muss man sein, in dieser Region für eine Partei zu stimmen, die raus aus Europa will?
Gegen solche Fragen hilft nur Moselwein. Die Winzergenossenschaft Domaines Vinsmoselle, die über 300 Winzer vereinigt, gibt uns einen kleinen Blick ins Weinangebot. Banausig wie ich bin, und geradezu überfordert vom sympathisch-nerdigen Vortrag des – übrigens aus Deutschland stammenden – Kellermeisters, kann ich mir nur merken, dass alles super schmeckt, im Luxemburger Nachtleben der Crémant im Kommen und der »Auxerrois« die perfekte Einstiegsdroge ist, wenn man junge Menschen überzeugen will, dass Wein besser schmeckt als Bier. Mit mir trinken Thorunn Egilsdottir und Mike Koster von When ‘Airy Met Fairy. Deren zarter, mystischer Pop kreist vor allem um die Stimme und das Charisma von Thorunn, die von Mike Koster an Bass und Moog sowie Thomas Copier an den Drums begleitet wird. Mein Déjà-vu ist schnell geklärt: Thorunn war 2013 Finalistin bei »The Voice« auf Pro7. Hier inszenierte sie sich mal feengleich, dann wiederum schminkte sie sich eine Waschbärnase oder wählte ein Outfit, bei dem man nicht wusste, ob sie einen bezirzen oder verarschen wollte. Sie redet nicht gern darüber, ein paar Sätze kann ich ihr allerdings abringen: »Ich würde jedem abraten, da mitzumachen. Ich hätte es auch lassen sollen. Aber hey, immerhin war ich die erste und einzige Künstlerin, die dort mit Gummistiefeln auf der Bühne stand.« Auch Thorunn pfeift auf Grenzen: Ihre Eltern stammen aus Luxemburg und Island, sie selbst hat in beiden Ländern gelebt und auch in Deutschland. Sie liebt Berlin, aber: »Ich weiß, wie das klingt. Das sagen ja alle immer.« Die »The Voice«-Erfahrung hat sie in der Bandbiografie ausgespart. Dennoch bekomme ich schnell das Gefühl, dass diese ein wichtiger Impuls war, um zu merken, dass sie jetzt alles nach ihren eigenen Regeln machen sollte. Sie schwört dabei auf »meine Band und meine Schwester, die mich beim Artwork und selbst beim Schreiben der Texte und der Arrangements berät«. Diese familiäre Wärme spürt man in Songs wie »Girls« oder »Daughter«. Oder in der Single »Intoxicated«, in der Thorunn darüber sinniert, dass manchmal eben alles gar nicht so leicht ist, mit dem Leben, mit sich selbst. Eine Zeile daraus summt nach sechs kleinen Weinen auch in meinem Kopf: »I’m a little bit intoxicated.« Dezent angeschickert, machen wir noch Fotos vor den Weinbergen und brechen dann auf in Richtung Luxemburg Stadt.
Kasematten Die in die Felsen über dem Fluss Alzette gehauenen Höhlen und Gänge wurden zur Zeit der spanischen Fremdherrschaft um 1644 angelegt und waren ursprünglich zu Verteidigungszwecken angelegt, als Teil der Festung Luxemburg.
#Luxemburg #Life
Ihren Sound fanden Tuys dann nach und nach – vor allem durch gemeinsame Konzertbesuche. »In Luxemburg geht nicht so viel«, sagt Tun, »aber die wenigen Clubs, die wir haben, sind sehr gut. Die Rockhal, Den Atelier, Rotondes.« Und Sam ergänzt: »Live-Musik ist aber überall präsent. Viele jüngere Bands spielen zuerst auf Stadtfesten oder Veranstaltungen wie Fête de la Musique.« Angefixt hat Tuys dabei anscheinend vor allem euphorische Gitarrenmusik – und wenn man ihre Singles »Dance«, »Capture«, »Maybe« und »Belong« chronologisch hintereinander hört, bemerkt man, dass Tuys immer besser werden. Vor allem der Ohrwurm »Belong« klingt nach den frühen Phoenix.
Zum Ausklang in die Rotondes
Tuys: Konrad bei den Kasematten In der Altstadt, unweit der Kasematten, die Pflicht für jeden Luxemburg-Touristen sind, treffe ich meine nächsten Interviewpartner. Das alternative und gemütliche Café Konrad ist gut gefüllt, das studentische Publikum eine der wenigen noch verbleibenden Inseln in diesem Teil der Stadt, der langsam von den Anzugträger-Bars für die Kirchberg-Bürokraten und Banker erobert wird. Vor mir sitzen Sam und Tun vom jungen Quartett Tuys. Die Band könnte für die Luxemburger Szene vielleicht das sein, was bei uns Leoniden und Giant Rooks sind: junge Musiker, die Lust auf klassischen Gitarren-Indierock haben und mit ihrer Euphorie auch jüngere Fans mitreißen. Für Tuys hat das auf dem Dockville und dem diesjährigen Reeperbahn Festival gut funktioniert. »Die Leute ziehen uns immer auf, weil es uns schon seit zehn Jahren gibt und wir noch immer kein Debütalbum haben«, erzählt Sam. »Allerdings waren wir fast noch Kinder, als wir beschlossen, eine Band zu machen. Wir haben erst die Band gegründet und dann Instrumente gelernt.« Tun stieß erst 2012 zu den drei Jugendfreunden. Tuys
No Metal In This
Als hätte ich nicht schon genug spannende Leute ge- Battle troffen, geht es zum Abendausklang in einen der besten Die Band, die sich aus Clubs für Kunst und Konzerte. Die Rotondes liegt direkt vielen alten Recken der Luxemburger Rockszene am Bahnhof und ist eine zur Event-Location umgebaute zusammensetzt, beschreibt Bahnhalle. Heute Abend findet hier die Releaseparty des ihre Musik selbst als AfroPostrock-Projekts No Metal In This Battle statt. Vorher Post-Punk. Tatsächlich ist ihr Sound immer dann trinken wir noch ein Bier mit dem Produzenten und DJ spannend, wenn ein Napoleon Gold. Mit seinen hypnotischen Soundentwürfen, Percussion-Musiker ihnen die er live manchmal von einem Pianisten begleiten lässt, einen Afro-Beat verpasst. hat er schon die Shows von Acts wie London Grammar, Glass Animals und S O H N eröffnet. Mein Begleiter Tho- Napoleon Gold mas witzelt vor dem Konzert, dass ich hier die gesamte Dahinter steckt Antoine Luxemburger Musikszene treffen werde – und tatsächlich Honorez, der sich über Remixe einen Namen machte, werden mir im Laufe des Abends zahlreiche Protagonisten bevor er durch Kollabo(vom Fotografen über den Radio-DJ bis zum örtlichen rationen mit Sun Glitters Musikblogger) vorgestellt. Die Band spielt instrumentalen und Monsoon Siren und eigenen Produktionen ein Postrock – ein Genre, das hierzulande durch Bands wie breiteres Publikum erreichMutiny On The Bounty hoch im Kurs steht. Das wilde te. Sein erster Live-Gig Set, das No Metal In This Battle mit wechselnden Gästen fand in der Rockhal statt.
No Metal In This Battle
inmitten des Publikums spielen, ist der perfekte Abschluss dieses Tages: Die Band spielt mich dermaßen schwindelig, dass ich noch auf der nächtlichen Zugfahrt zum Hotel sortieren muss, was und wen ich heute gehört, gesehen und gesprochen habe. Das Fazit nach diesem kurzen Sprung in die Szene: In Luxemburg geht was. Keine Frage.
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#Life #Rezepte der Popküche
Rezepte der Popküche: »Modern Family«
Phil Dunphys Erster- Schultag-Pfannkuchen »Modern Family«-Super-Dad Phil Dunphy muntert seine Familie am ersten Schultag mit seinen »Back to school«-Pfannkuchen auf – mehr oder weniger erfolgreich. Euch werden die heißen Dinger auch an jedem anderen Morgen gegen den Blues zur Seite stehen. Er schreibt SMS und weiß, wofür »wtf« steht – na ja, jedenfalls fast –, er kann die Choreografien aus »High School Musical« tanzen, war der beste Cheerleader im College und bringt auch mal ein Alpaka mit nach Hause: Phil Dunphy ist der coolste Vater der Welt. Zumindest glaubt er das. Uns doch egal: Den Titel als witzigster, bester Serien-Vater hat er auf jeden Fall verdient. Seit 2009 erfreut uns »Modern Family« mit absurden Geschichten aus dem Familienalltag der Dunphys und ihren Verwandten. Die Comedy-Serie im Mockumentary-Stil zeigt, dass eine Familie nicht nur aus dem Konstrukt MutterVater-Kind bestehen muss, sondern auch ganz anders aussehen kann: Mitchell und sein Partner Cameron ziehen ein Adoptivkind auf, Jay lebt mit der wesentlich jüngeren Latina Gloria und deren Sohn unter einem Dach. Sämtliche Klischees werden mit großer Freude erfüllt und maßlos übertrieben. Die Charaktere bei »Modern Family« mögen überzeichnet sein und oft unerträglich anstrengend, aber die Serienmacher behandeln sie trotzdem liebevoll und selten herablassend.
Der beste Hassliebling ist Phil, der alle Klischees des dummen Ehemanns erfüllt: Er ist tollpatschig, vergisst Termine, stiftet seine Kinder zum Mist-Bauen an und wäre ohne seine Frau Claire komplett aufgeschmissen. Gleichzeitig ist er nah am Wasser gebaut, versucht händeringend, ein gutes Verhältnis zu seinem Schwiegervater aufzubauen und schreibt den legendären Ratgeber »Phil’s-O-Sophie« für seine älteste Tochter. In der zweiten Folge der fünften Staffel stehen mehrere Dunphys vor einem wichtigen Tag: Erster Highschool-Tag und Wiedereinstieg ins Berufsleben nach Jahren als Mutter und Hausfrau (oder »Urlaub«, wie Phil es nennt). Also backt Phil seine »Back to school«-Pancakes. Als er Luke fragt, ob er einen Sahne-Smiley auf seinem Pfannkuchen haben wolle, antwortet der: »Dad, ich bin jetzt in der Highschool – sprüh sie mir in den Mund.« Gesagt, getan. Nur Claire findet das eklig, woraufhin Phil sich selbst auch Sahne in den Mund sprüht. Sie werden ja so schnell erwachsen, die Kinder! Julia Brummert
Das Rezept Für sechs Motivations-Pfannkuchen braucht ihr: 2 Tassen Mehl (kleine Tassen mit 150 ml Inhalt) 2 Esslöffel Zucker 4 Teelöffel Backpulver 0,5 Teelöffel Salz 1,5 Tassen Milch 1 großes Ei 2 Esslöffel geschmolzene Butter oder Margarine plus Butter oder Margarine für die Pfanne Fürs Topping: Schlagsahne und Ahornsirup Und so geht’s: Mehl, Zucker, Backpulver und Salz in einer großen Schüssel vermischen. In einer weiteren Schüssel Milch und Ei ordentlich miteinander verrühren und langsam in die Schüssel mit den trockenen Zutaten geben. Vorsichtig die geschmolzene Butter unter die Masse rühren. Pfanne auf den Herd stellen und ordentlich heiß werden lassen, Butter oder Öl hineingeben und für jeden Pfannkuchen etwa eine halbe Tasse Teig. So lange braten, bis die Oberseite des Pfannkuchens Bläschen wirft und die Ränder langsam trocken werden. Dann bestenfalls schwungvoll wenden, bis auch die andere Seite goldbraun gebacken ist. Mit Sahne ein Smiley-Gesicht auf den Pfannkuchen malen und mit Sirup und/oder ein wenig geschmolzener Butter servieren.
Illustration: Alexandra Ruppert
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Gutes Auss채en ist alles.
Wer sich selbst ern채hren kann, f체hrt ein Leben in W체rde. brot-fuer-die-welt.de/saatgut
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Foto: Peter Otto
#Style
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#Style #Teenage Dreams
Hose: Kings of Indigo Baseballjacke: New Era
#Teenage Dreams #Style
Teenage Dreams Fotos: Carmen Catuti & Frederike Wetzels Fotoassistenz: Lukas Senger Styling: Chiara Baluch Stylingassistenz: Vanessa Kolb Models: Zeliha Cambaz, Elias Frowein/NoToys, Leo Hansen/NoToys
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#Style #Teenage Dreams
Cordhose: Kings of Indigo Socken: Stans Schuhe: Asics
#Teenage Dreams #Style
Leo (Links) Cordhemd: Kings of Indigo Jeans: Wrangler Flanellhemd: Levi’s Beanie: Levi’s Rucksack: Aevor Elias (rechts) Kappe: Wrangler Cordjacke: Vans Hemd: Weekday Cordhose: Kings of Indigo Schuhe: Asics Rucksack: Aevor Zeliha (vorne) Polokleid: Fred Perry Jeansjacke: Levi’s Shoulder Bag: Aevor
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#Style #Teenage Dreams
Zeliha Pullover: Wrangler Truckerjacke: Levi’s Samthose: Paige Elias Jacke: Vans Hose: Reef Jacke: Vans Rucksack: Aevor
Kleid: Peter Jensen via Amazon Fashion Jacke: Vans
#Teenage Dreams #Style Hoodie: Maison Suneve Nylonjacke (umgeknotet): Fred Perry Hose: Kings of Indigo
Jeans: Wrangler Flanellhemd: Levi’s Socken: Stans Schuhe: Asics
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MORRISSEY LOW IN HIGH SCHOOL
DAS BRAN D N E U E ALBU M
17.11.2017 W W W. M O R R I S S E Y O F F I C I A L . C O M
#Review
# Review Spalter King Krule The Ooz
Unsere liebsten Platten 01 Kettcar Ich vs. Wir
XL / Beggars / Indigo
Mit »The Ooz« begibt sich King Krule in Grenzbereiche – die des Pop, aber auch die seiner Seele. Ist das nun große, unkonventionelle Kunst oder verdaddelte Fingerübung? Anders gefragt: Wie schräg funktioniert Pop noch als Pop? Noch mehr battle unter: www.intro.de/spezial/spalter
02 Gisbert zu Knyphausen Das Licht dieser Welt 03 Zugezogen Maskulin Alle gegen alle 04 Mine & Fatoni Alle Liebe nachträglich 05 King Krule The Ooz 06 Julien Baker Turn Out The Lights 07 Destroyer Ken
Der talentierte Jungspund King Krule brachte von Anfang an ein gehobenes Maß an Lebensschwere mit. Seine belegte und rotzige Stimme wollte nicht so recht zu dem jugendlichen Äußeren passen, faszinierte dadurch aber umso mehr. Und doch ließ sie erahnen, dass bei diesem Künstler Dämonen und Abgründe Teil des Charakters sein mussten. Bei allem Eigensinn war das Debüt des Engländers vor ein paar Jahren ein introspektives Gitarrenalbum, mit einigen Hits und auch einer lebensbejahenden Grundstimmung. Auf »The Ooz« bricht das depressive Element bei Krule nun voll durch. Die Gitarren wurden weitgehend in den Schrank gesperrt, was offenbar zu neuen Ambitionen im Sounddesign führte. Das Album ist als atmosphärisches Ganzes zu verstehen, die Stimmung düster und verhangen. Und genau hier liegt die Schwierigkeit dieser Platte: Es gibt keine Klimax. King Diesem Album vorzuwerfen, es habe keine Klimax, ist unKrule mutet seinen Fans gefähr so, als würde man Jimi Hendrix vorwerfen, »Electric schier endlose Slow-JazzLadyland« habe zu wenig Stringenz im Gitarrenspiel. King Passagen zu, reichert sie Krule war in all seinen bisherigen musikalischen Erscheimit sanfter Elektronik an, nungsformen ein sehr einnehmender Musiker und Geschichtenerzähler – verzichtet aber gänzlich und wenn er jetzt all den depressiven Modder und dunkel gefärbten auf zupackende Refrains Seelenschlamm, den »Ooze« eben, herausspülen will, ist das völlig okay. oder ähnliche Kontrast»It’s motion. It’s urgent. It’s trigger, pulling us in«, heißt es im Titelstück, mittel. Dadurch ist ein und genau dieser Ansatz gibt auch das schleppende, jazzige Tempo vor, das Archy Marshall in Stücken wie »Emergency Blimp« allerdings dichter, dystopischer Soundtrack entstanden, auch mal rumpelnd aufbricht. Man hört genau, was er an anderer Stelle interessant und komplex, in diesem Heft sagt: dass die Arbeit an diesem Album »wie Kotze« aber eben sehr selbstgewesen sei. »Es waren feste Stücke und dann flüssige Stücke. Es gab bezogen und je nach Stücke von mir selbst und Stücke aus Blut.« Daraus etwas anzurühren, das dennoch berührt und im übertragenen Sinne schmeckt, ist eine Stimmungslage auch Kunst, die nicht jeder beherrscht. Grandiose Tracks wie »(A Slide In) ziemlich anstrengend. Kai Wichelmann New Drugs«, »Biscuit Town« oder »Lonely Blue«, bei dem King Krule klingt wie ein Barmusiker, der sich nach dem letzten Akkord die Kugel gibt, entwickeln einen Sog, der sich auch nach mehrmaligem Hören nicht abnutzt. Bei 19 Songs, wobei einige eher Zwischenspiele sind, gibt es nur zwei Ausfälle: das wirklich uninspiriert jaulende »Slush Puppy« und das nach Füllmaterial klingende »The Cadet Leaps«. Wer bei dem Package noch Refrains oder gute Laune braucht, dem kann ich auch nicht helfen – und King Krule schon gar nicht. Daniel Koch
08 Dillon Kind 09 Kakkmaddafakka Hus 10 Lea W. Frey Plateaus
Eure liebsten Platten 01 Wanda Niente 02 Foo Fighters Concrete And Gold 03 Liam Gallagher As You Were 04 Fünf Sterne Deluxe Flash 05 Beatsteaks Yours 06 Casper Lang lebe der Tod 07 The National Sleep Well Beast 08 Queens Of The Stone Age Villains 09 Macklemore Gemini 10 The War On Drugs A Deeper Understanding
Schickt eure Top 10 an charts@intro.de. Alle Einsender nehmen an unseren Verlosungen teil!
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#Review #Platten vor Gericht
Platten vor Gericht Intro-Leserinnen und -Leser: Mittippen und via intro.de Juror werden!
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Benjamin Clementine I Tell A Fly Caroline / Universal
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Wolf Alice Visions Of A Life
Beatsteaks
Weekend
Gisbert zu Knyphausen
Lea W. Frey
Ø 6,80
Ø 6,10
Ø 6,50
Ø 6,90
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7,5
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Slime Schweineherbst
Kamp & Whizz Vienna Versager ohne Zukunft
Desaparecidos Read Music / Speak Spanish
Michael Jackson Dangerous
Die Goldenen Zitronen Punkrock
RJD2 Deadringer
Wilco Yankee Hotel Foxtrott
Radiohead OK Computer
Hannes Wader ... singt Arbeiterlieder
Jaylib Champion Sound
Blur 13
Bill Evans Waltz For Debby
Torsten
Klavier und Spinett und Nick Cave und Kirchenchöre und Breakbeats. Logo, oder?! Wer das nicht versteht, ist eben ein bisschen doof. Ich weiß nicht, ob ich es verstehe. Nummer fünf, »Yuk Foo«, ist ein tolles Lied. Der sechste Song ist geil.
Dirty Hit / Caroline / Universal
3
King Krule The Ooz XL / Beggars / Indigo
4
Chelsea Wolfe Hiss Spun Sargent House / Cargo
5
Kelela Take Me Apart
Das ist ganz großes Tennis. Fand die letzte Platte schon sehr gut. Da passt alles, tät ich mal sagen.
Toller Drum- und Gitarrensound. Heute klingt das normalerweise anders. Gut, dass die darauf scheißen. Stark.
Mir gefällt sehr doll die Mucke, sprich die Beats. Gibt auch noch Gesang.
Warp / Rough Trade
6
Wanda Niente
8
Gute Band. Gute Band. Spitzen Bassist!
Vertigo Berlin / Universal
7
Kakkmaddafakka Hus Bergen Mafia / InGrooves
8
Liam Gallagher As You Were Warner
9
Brand New Science Fiction
Also, Indie-Rockmusik ist meine Musik nicht. Schuldigung. Bestimmt eine gute Band.
Er will ja, dass man Oasis nicht erwähnt. Also: gute Indie-Rockplatte — wenn das die Musik der Stunde wäre, würde aus dem jungen Engländer sicher was werden. Und ich dachte immer, das wäre eine HardcoreBand. Sind sie nicht. Schade.
Cooking Vinyl / Sony
10
Fünf Sterne Deluxe Flash Warner
All Time Faves
»Moin Bumm Tschack« ist leider so frech wie gut. Kann ich nicht anders sagen. Die leben arg in ihrem eigenen Film, sehr gut ist das.
Hm. Er verliert sich irgendwie in Arrangementund Stimmungswechseln. Dadurch wirkt es so überzeichnet und musicalmäßig.
Sehr abwechslungsreich und schön produziert. Ich mag vor allem, wenn die Sängerin so auf Krawall gebürstet ist wie beim zweiten Song. Das ist für mich das beste Album! Find ich wirklich richtig stark. Die schleppenden Drums, die Stimme. Dieser trippy Minimalismus. Mega!
Geil — ungemütlich und dreckig. Das ganze Album wirkt so destruktiv und gleichzeitig erhaben. Find ich stark.
Kelela ist Wahnsinn. Geil, dass R’n’B 2017 ohne dümmliches ClubHit-Geballer auskommt und auch mal wehtun darf.
Musikalisch könnte es hier und da ein bisschen abgefuckter sein. Trotzdem gibt es grad kaum besser geschriebene deutschsprachige Popmusik. Hier fällt es mir am schwersten, zu einem Urteil zu kommen. Ich merke schon, dass es richtig gut ist. Aber es ist einfach gar nicht meins. Der kleine Bruder eines Oasis-Albums, hahaha. Im Ernst: Ist irgendwie wenig überraschend, aber wird den Fans egal sein. Kann man machen. Ist bestimmt gut gemacht, aber plätschert bei mir nur so vor sich hin. Zu langsam, zu dudelig. Kann ich irgendwie nichts mit anfangen. »Rocken ohne stoppen. Und alles aus den Boxen. Macht die Taschen voll, wie ‘ne Alte beim Shoppen.« So stellt sich meine Oma HipHop vor.
Sehr seltsame und dabei ganz fantastische Musik. Ist gekauft.
Die schnellen, lauten, dreckigen Songs gefallen mir sehr gut. Die anderen flutschen gleich wieder aus dem Ohr.
Muss ich mir öfter anhören. Aber ich glaube, das ist ganz geil.
Das find ich langweilig. Auch wenn’s ganz gute Dreckgitarrenmomente gibt.
Wenn man tagsüber das Autoradio anmacht und ausnahmsweise mal gute R’n’B-Popmusik zu hören kriegt. Hör ich mir trotzdem nicht zu Hause an. Not my cup of tea.
Happy Hippies. Muss ich mir im Frühling in der Sonne noch mal anhören. Oder auch nicht.
Seine Interviews sind definitiv unterhaltsamer als seine Musik. Fand Oasis auch schon nicht so toll ...
Gefällt mir ganz gut. Genau das Richtige für einen Herbstspaziergang durch den kalten Nieselregen.
Flasht mich gar nicht.
Wären Queen eine queere Comicserie, dann hieße diese vielleicht Benjamin Clementine. Für irritierende, tröstende und politische Momente. Verspielt-zahm und episch-trotzig. Freude über den hippiesken Song »After The Zero Hour«.
Der King nimmt dich ein und fragt nicht, ob dir das gefällt. Solange sein Soul die Eitelkeit überstrahlt, ist Eitelkeit völlig okay.
Ihre kalifornisch-sonnige Herkunft und die dunkle Musik sind interessante Pole. Singt live viel energiegeladener als auf dem Album.
Den verheißungsvollen Augenaufschlag lösen hier die melancholischeren Songs wie »Enough« ein und lassen Platz für ihre Person und das fette Gesamtwerk.
8
Wenn man nachts von Wanda-Hooks in Schleife heimgesucht wird, fällt das wohl unter »bezwungen«. »0043« ist ein wirklich schöner Schlager. Bonbonfarbene Jungs in weißen Hotpants vor dem inneren Auge. Knallt, macht wach, nervt aber auch ein bisschen.
Sobald Liam den Sirenenfaktor in seiner Stimme aufdreht, verblasst, dass er sich hier und da selbst zitiert. Alles wird gut.
Etwas glatte Power mit dem Anschein großer Gefühle voller Nirvana-, Britpop-, Garfunkel- und ChiliPeppers-Färbungen. Fünf neutrale Punkte.
7
Liebenswert, selbstironisch. Ein gemütlicher, warmer Sound. Katapultiert mich ins diesige Hamburg.
#Review #Platten vor Gericht
Kadavar
Lotte
Lupus, Tiger, Simon
Lyvten
Julia Köhler
Thorsten
Leserin
Julia Brummert
Durchschnitt
Intro
Ø 4,90
Ø 8,70
Ø 6,90
Ø 7,05
Ø 4,90
Ø
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5
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0
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8
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5,44
5
7
7
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2
5,00
The Beatles White Album
Casper XOXO
Drive Like Jehu Yank Crime
Lady Gaga The Fame Monster
Rancid ... And Out Come The Wolves
The Stooges Raw Power
Bears Den Red Earth & Pouring Rain
Frank Zappa You Are What You Is
My Chemical Romance Welcome To The Black …
Rilo Kiley More Adventurous
MC5 High Time
Philipp Poisel Bis nach Toulouse
Chilly Gonzales Solo Piano I + II
Florence + The Machine Lungs
The Weakerthans Reconstruction Site
L: »I Tell A Fly« ist noch abwechslungsreicher und unangepasster als die Vorgänger. J.S. Bach meets Nina Simone. Album des Jahres! L: Viel Sound, kein Inhalt. Lahm und langweilig. Was soll das?
L: Für Kiffer, LongboardFahrer und Tagträumer. Ein bisschen Fusion und viel Blabla. Dem scheint zu viel Sonne aus dem Arsch. Geh weg! S: Ein tiefes Eintauchen in die Unheimlichkeit einer gequälten Welt mit einer pochenden Engelsstimme als einziger Begleiterin.
T: Ich mag die Stimme und die Sounds. Nicht unbedingt das, was ich sonst so höre, aber ist ja auch mal ganz erfrischend!
L: Bussi hier, Bussi da. Leider gut gemachter Popschmalz. Einfach und eingängig, aber keine Highlights. Läuft nebenher.
T: Angemacht, wollte es auch gar nicht scheiße finden, hat aber nicht geklappt. Das macht mich voll nervös, ich will das nicht hören. T: Beady Eye waren schon langweilig, aber das hier ... Da fand ich Ian Browns Soloalbum »My Way« viel besser. Und der hat schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel. T: Die Kombination aus Bandnamen und Albumtitel finde ich etwas irreführend. Es plätschert und plätschert und zeckt mich nicht an. L: Moin Dumm Tschack. Nach den Beginnern also das nächste Comeback. Schlechte Reime und langweilige Kack-Beats. Braucht kein Mensch.
Ich wusste nicht, was mich erwartet, und so ist es bis zum Schluss geblieben. Unvorhersehbar, intensiv, experimentell, ernst, Barock-Pop. Go Ellie! Unkonventionell, vielseitig, frei, direkt, durcheinander. Da zieht jemand seine Vision durch, und das mag ich.
Junges Ausnahmetalent mit Liebe zur Überlänge. Diese 19 JazzPop-HipHop-Perlen fordern mich heraus und überraschen immer wieder. Eine Mischung aus Goth, dunklem Rock und Elektronik, die ich nicht ganz einordnen kann. Düster, ja, schwer, aber irgendwo auch fragil und atmosphärisch. Als hätte sie den R’n’B neu erfunden. Beim ersten Mal Hören fast zu gleichförmig, doch wer sich die Zeit nimmt, hat eine Menge zu entdecken. Wanda sind eben Wanda. Für mich fast schon ein eigenes Genre. Provokante Gossen-Romantik, ein Hauch mehr Melancholie diesmal.
Wenn ich das höre, will ich mir ‘nen Camper schnappen und ans Meer fahren. Zum Träumen, leicht, unbeschwert. Keine Neuerfindung, aber zu schön. Selbstbewusst und dennoch nah am Oasis-Britpop-Rock. Eine fantastische Vocal-Performance mit eindeutigen Highlights wie »For What It’s Worth«. Am besten von vorne bis hinten durchhören! Spannend, schlicht und doch komplex, eine Entdeckungsreise und eine große Portion nacktes Gefühl. Humor, ‘ne Riesenportion Humor und Liebe zu Oldschool. Für mich — neu in Hamburg — witzig anzuhören. »Moin Bumm Tschack«.
Die Musik ist bildhaft, berührend, erfrischend und experimentell. Zeitlos zeitnah! Das klingt eigenwillig und schön frei! Avantgarde mit Herz und Finesse. Riot Grrrls in der Entdeckungsphase haben mit dieser Band eine gute Einstiegsdroge. Auch du hast schließlich mal Sonic Youth und PJ Harvey entdeckt. Ein surrealer Tagtraum im Opiumrausch. Die verschwitzte Matratze ist durchtränkt mit Dub, Thrash, Punk, Jazz und Downbeat. Real, rough und britisch! Ich mag die Gitarren und die Produktion. Der Gesang klingt sehr kunstvoll, ist mir zu gut, irgendwie klingt mir das zu elitär, und ich nehm das der Lady nicht ab. Die Stimme ist sehr gut! Beats und Sounds sind fett, aber auch sehr glatt. Der Club riecht nicht nach Kaugummi-Parfum und ist nicht mit Schminke zugekleistert! Auf der schnapsgetränkten Theke kleben Pappteller mit Hawaii-Toast, an der Strumpfhose haftet Schweißgeruch, und der Slip von ihr duftet nach Sex von gestern.
Wenn die süßen Jungs im Tennisklub spielen, pocht nicht nur potenziellen Schwiegermüttern das Herz, auch der Tennistrainer schleim sich ran. La Boum. Klingt wie eine Rückkehr der Arroganz. Gallagher steht nach dem Stone-RosesKonzert ziemlich wasted am Autoscooter, in der geballten Faust eine Plastikrose. Depression und Angst mit der Erwartungshaltung, dass das Gegenüber hellsehen und Gedanken lesen kann. Klingt nach viel Selbstmitleid. Junge, geht’s dir gut? Kein neuer Flash, aber ich mag die vertrauten Stimmen. Hat ein 1990er-Feeling und ist kein pubertäres Drogen- und gewaltverherrlichendes Machogeprolle.
Was für ein Album! So viele abwechslungsreiche Songs und Kunstgriffe schaffen andere Künstler erst nach vielen Jahren. Eine ungemein interessante Mischung aus Alternative Rock, Synthie-Pop und einer Prise Riot Grrrl. Definitiv mein Album des Monats! Vor lauter Experimenten kann man hier kaum noch Songstrukturen erkennen. Interessante Ideen, für mich dann aber doch nicht eingängig genug. Diese Band beherrscht die unterschiedlichsten Varianten des Genres. Gesanglich nach einiger Zeit anstrengend.
So klingt R’n’B wohl 2017 und auch noch 2018. Für Fans dieses Genres wohl eines der wegweisenden Alben des Jahres.
Sie können es einfach immer noch. Auf ihrem dritten Album schaffen Wanda es wieder, ihrem Sound neue Facetten hinzuzufügen. Ganz stark! Gemütlicher Indie für den anstehenden Herbst. Viele bahnbrechende Lieder finden sich hier zwar nicht, im Hintergrund kann es jedoch laufen. Mögen muss man die Gallagher-Brüder nicht. Was Liam auf diesem Album zeigt, gehört aber zu dem Besten, was das Indie-Jahr bisher gebracht hat. Typisch Brand New: viele Emotionen zwischen ruhigen Tönen und Ausbrüchen. Nicht ihr bestes Album, trotzdem ganz groß.
Ein bisschen eingestaubt wirkt diese Form des HipHop auf mich. Ein paar Songs sind ganz unterhaltsam, das Album ist aber definitiv zu lang.
Es hat lange gedauert, bis ich mit der verworrenen Schwurbeligkeit zurechtgekommen bin. Jetzt bin ich verliebt, vor allem in »Jupiter«.
Die Stimmungswechsel auf diesem Album sind unglaublich. Mir gefallen die wütenden Wolf Alice aber besser als die verträumten.
Das mag virtuos sein, Jazz, Rap, Rock und dann diese tiefe Stimme. Leider geht mir jeder Song fürchterlich auf die Nerven.
Ich kann es meinem Freund und Intro-Autor Valentin Erning nicht antun, was Schlechtes zu sagen. Ich habe aber auch keinen Grund dazu. Ihr Sound erinnert mich an den R’n’B der 1990er, also den aus meiner Kindheit. Altmodisch und komplex, aber auf eine gute Art.
Die »neue« Melancholie kaufe ich Wanda nicht ab. »Bologna« war ja schön und gut, aber wieso der Hype noch andauert, ist mir schleierhaft.
Den Bandnamen nehme ich ihnen seit Jahren übel, dafür sorgen sie immer für gute Laune. Ja, hat man alles schon tausendmal gehört, aber irgendwie sind die süß. Beide Gallagher-Brüder können nur Oasis-Sound. Na gut, mit ein paar modernen Spielereien. Aber trotzdem sind das hier höchstens Oasis-B-Seiten. Jesse Lacey klingt krass gelangweilt. Wie bitte soll ich da nicht auch gelangweilt sein? Weckt mich, wenn was passiert.
Die Bedeutung für den deutschen HipHop will ich ihnen ja nicht absprechen. Aber die sind wirklich sehr schlecht alt geworden.
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#Review Instrument »Mona«, eine Keyboard-Version der Bo-Diddley-Gitarre. So unterwartet der Move von Aguayo kommt, so unerwartet gut fällt das Ergebnis dieser Reise ins Unterbewusste der Vergangenheit aus. Eine Platte, die neue Zugänge zu alten Welten aufmacht. Live muss das Ganze natürlich richtig knallen. Konstantin Maier
Spektakel der Ausgabe
Kettcar Ich vs. Wir Grand Hotel Van Cleef / Indigo
Amenra Mass VI Neurot / Cargo
Kettcars Fünfte ist eines der besten deutschsprachigen Gitarrenalben seit Jahren. Es ist treibend, hymnisch und politisch und darüber hinaus ein wichtiges Statement für soziale Integrität und Empathie.
Durch Donald Trump hat das Politische wieder Einzug in den Pop gehalten. Doch das reine Mitmischen im Protestkanon reicht nicht immer aus, kommt gelegentlich sogar allzu plump daher. Politische Artikulation kann heikel sein, wenn sie sich in Plattitüden verliert. Nicht so bei Kettcar. Marcus Wiebusch war schon immer jemand, der aus dem Blickwinkel eines Links-Sympathisanten bürgerliche Befindlichkeiten unpeinlich artikulieren konnte, zuletzt vornehmlich als Solokünstler. Fünf Jahre nach dem letzten Album von Kettcar ist seine Band nun wieder zurück, und mit ihr der Biss der Frühphase – treibend, hymnisch und auf den Punkt. »Sommer 89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)« gab als erste Single den Weg vor, es ist ein Plädoyer für Humanismus und privatpolitisches Engagement. Durch das Einziehen der AfD in den deutschen Bundestag braucht es Bands wie Kettcar, denn in diesen diffusen Zeiten liefern die Hamburger nun den wichtigen Protest-Soundtrack. Plumpes Dagegen-Sein ist nicht ihr Mittel, stattdessen die genaue Beobachtung der sich verschärfenden Zustände. Die Wut gegen Aufmärsche von rechts wird in »Wagenburg« thematisiert. Aber auch privatpolitische Befindlichkeiten sind in »Die Straßen unseres Viertels« Thema – wenn zwischen Yoga, Leistungsanspruch und Überforderung die Empathie abhandengekommen ist. Empathie ist überhaupt das große Thema auf dieser Platte. Auch geht es um das Eintreten für die richtigen Dinge, aus der Komfortzone heraustreten, sich engagieren. Das Album hinterlässt ein Gefühl der wohligen Unruhe, und das hat es dringend mal wieder gebraucht.
Amenra sind eine Wucht – und das ist durchaus wörtlich gemeint. Mit »Mass VI« hat das belgische Bandkollektiv ein Monument der Überwältigung geschaffen. Exorzistische Schreiattacken, erdrutschartige Riffs mit subtil verwobenen Harmonien und brachiale Gitarrenwände, die einem in Zeitlupe entgegenwalzen: Die Sprengung und Abtragung tonnenschweren Leids wird auf Amenras neuem Studioalbum zum Hochgenuss. Ist man erst einmal dem Rausch der zäh fließenden Rhythmen erlegen, stellt sich eine sonderbare Mischung aus Verzweiflung und Beflügelung ein, und während ringsumher die Welt untergeht, schreit Colin H. van Eeckhout, als würde ihm die Haut mit dem Teppichmesser abgeschält. Nur so viel: Wer das als hypnotisch empfindet und der funkelnden Inschriften im Lärm gewahr wird, ist einem musikalischen Schlüsselerlebnis dicht auf der Spur. Die Neurosis-Ziehsöhne aus Westflandern zelebrieren ihre buchstäblich erdrückende akustische Übermacht in spirituell anmutender Repetition, schaffen inmitten der Massephasen aber auch Ruhezonen, indem sie die geschundenen Riffs skelettieren oder flämische Spoken-Word-Passagen zwischenschalten. Doch die nächste Eruption liegt immer schon in der Luft – ganz ähnlich wie die feine Vibration der Eisenbahnschienen, bevor der nächste Güterzug durch das Gleis donnert. Mit dem melancholisch-verklärten »A Solitary Reign« steigt schließlich eine Hymne aus der Finsternis empor, wie sie die Kollegen Alcest kaum sphärischer fabriziert hätten. Eine fulminante Viertelstunde später endet das Album mit dem jähen Abreißen von »Daiken« in einem Vakuum, das einzig und allein der nächste Hördurchgang füllen kann – oder aber ein massiver Steinschlag. Valentin Erning
Kai Wichelmann
Matias Aguayo & The Desdemonas Sofarnopolis Crammed Discs / Indigo
Matias Aguayo kehrt zu seinen Wurzeln auf dem Land zurück. In düsterem Wabern zwischen Postpunk, Experiment, Eklektizismus und »Twin Peaks« entdeckt er die Eigentümlichkeit von spannend verschrobener Musik neu.
Das haben wahrscheinlich die wenigsten kommen sehen: Normalerweise kennt man den in Berlin lebenden Techno-Produzenten mit chilenischen Wurzeln eher als zuverlässigen Akteur, wenn es um deepe Grooves mit Vocals geht. Während einer Reise in die alte Heimat Köln kamen bei Aguayo aber die Erinnerungen hoch: an das nächtliche Entdecken von eigenartiger Musik im Radio, an düstere Klänge aus Maschinen, mysteriöse Klangwelten und das Rauschen. Mit seinem Bandprojekt Matias Aguayo & The Desdemonas hat er aus diesen Gedanken- und Erinnerungsstücken ein Album geschaffen, das Postpunk und Tropicalia-Rhythmen mit somnambulen Formen von Rock, Disco und dystopischem Dub amalgamiert. Aguayo übernimmt hier nicht die Rolle als omnipräsenter Produzent, sondern hält sich an Gesang, Percussions und sein für das Projekt entwickeltes
And So I Watch You From Afar The Endless Shimmering Sargent House / Cargo
Wenn deine Playlist die Musikrichtung Mathcore anzeigt, dann wird es anstrengend. ASIWYFA spielen quasi in der Premier League des wütenden Taktverknotens und polieren selbstbewusst wie verdient an ihrem Status. Neue Stilmittel, Einflüsse oder Reisemitbringsel, die den Sound der nächsten Platte optimieren? Kann man bei ASIWYFA definitiv vergessen. In Belfast wird weiterhin an ungeraden Rhythmen, überbreiten Gitarrenbrettern und kleinen Melodiefetzen im instrumentalen Kopfrechner-Universum getüftelt. Wer will da überhaupt mehr erwarten als
einen musikalisch aufreibenden Mindfuck, wie ihn die Iren seit 2005 nahezu perfektioniert haben? Spannend bleibt es auch weiterhin, zwischen angedeuteten Rockismen fliegen süße Gitarrenlinien umher, die kurzerhand von einem grollenden SchlagzeugBass-Getöse platt getreten werden. Durch den konsequenten Verzicht auf Gesang wird der musikalische Rausch noch intensiviert, ohne jemals zum Horrortrip zu mutieren. Mehr denn je vermittelt eine wohldosierte Portion Melodiegefüge den Kompositionen eine gewisse Zugänglichkeit, die festhält und zum nächsten unerwarteten Break mitzieht. Trotzdem ist das noch ziemlich kompliziert und bleibt weiterhin völlig bewusst eine Nischenerscheinung. Aber eine voller Entdeckungen, Ideen und genialer Arrangements, die kaum eine andere Band des Mathcore so einleuchtend zu vereinen weiß. Klaas Tigchelaar
Anti-Flag American Fall Spinefarm / Caroline / Universal / VÖ 03.11.17
Kriselt es in der Politik, floriert der Punk. Kein Wunder also, dass Anti-Flags zehntes Album vielleicht auch ihr bislang eindringlichstes Manifest geworden ist. Auftritte bei »Occupy Wall Street« und Studentenprotesten, gemeinsam mit Michael Moore organisierte Antikriegs-Demos: Nicht einmal im Punk gibt es viele Bands, die ihren (geschrienen) Worten ähnlich konsequent Taten folgen lassen wie Anti-Flag. Dies machte sie bereits in der Ära Bush nicht nur zum Sprachrohr einer gerade erst ihr politisches Bewusstsein entdeckenden Jugend, sondern aufgrund ihres Talents, ernste Themen mittels eingängiger Melodien und ansteckender Singalongs in drei Minuten zu präsentieren, auch zu einer deren ersten Informationsquellen. Nur gut, dass Anti-Flag dieses Talent in der Ära Trump nicht verloren gegangen ist: Auf »American Fall« bezieht die Band aus Pittsburgh mal mit brachialem Hardcore, mal mit aufgedrehtem Pop-Punk Stellung gegen soziale Ungleichheit und die Politik reicher weißer Männer – und kaum einem Warped-Tour-Besucher wird es gelingen, zum infektiösen Ska von »When The Wall Falls« nicht die Stimme für Transgender-Rechte zu erheben. So mag zwar auch dieses Album die Welt nicht zum Besseren verändern, aber so manche Menschen vielleicht erst auf die Idee bringen, genau das selbst zu versuchen. Jan Martens
Autobahn The Moral Crossing Tough Love / Cargo / VÖ 03.11.17
Musikliebhaber denken bei dem Wort Autobahn an Kraftwerk. Doch das führt in diesem Fall in eine Sackgasse: Die Band aus Leeds ist zwar synthielastig, hat sich aber einem zornigen und drängenden Postpunk verschrieben. Wut ist zu einem Kampfbegriff geworden. Autobahn aus Leeds unterziehen diesen auf »The Moral Crossing« einer moralischen Überprüfung: Wenn man die schattigen Seiten und zornigen Zeiten eines Lebens in
DEZ
ZIEGENBLUT IM DOSENBIER MIT FRIESE UND HÖLLE
Es dröhnt quer durch den Plattenladen. Friese und Hölle sind diesmal sehr retro unterwegs. Mehrere Kunden fragen, welches Jahr wir aktuell haben.
Hölle betritt den Underdog Recordstore. Friese: Moin Hölle, ist es schon wieder so weit? Dann sperr mal deine Lauscher auf, diesen Monat hab ich nämlich ordentlich Dosenbier-Metal im Gepäck. Den Anfang machen wegen ihres Albumtitels Highrider mit »Roll For Initiative« (The Sign). [Die Nadel senkt sich, und das erste Bier wird geöffnet.] Hölle [prustet schäumend]: Beim heiligen W20, diese schwedischen Rollenspiel-Barbaren haben ihre Texte anscheinend im Proberaum ausgewürfelt! Aber das Gepolter ist durchaus abwechslungsreich, kein Zweifel. F: Ein herrlich räudiger ThrashDoom-Punk-Bastard im D-Beat-Gewand. Und wenn du denkst, besser geht’s nicht mehr, kommt irgendwo ‘ne Orgel her. Wäre Lemmy bei Hawkwind geblieben und hätte alle zu Crack überredet, hätte es wohl wenig anders geklungen. H: Ich bin sicher, er hat’s versucht, aber die anderen waren leider nicht auf demselben Planeten zugegen.
Und wo wir gerade von der Räude Lemmys schwärmen, hab ich hier ein echtes Schätzchen, das auch ihm gefallen hätte. Eine schöne Zeitreise ins Jahr 1984, wo lange vor Ice-T eine schwarze Band zum Metal fand. Black Death aus Cleveland gelten als »first all African-American heavy metal band«, und ihr Debüt »Black Death« (Hells Headbangers) ist die für unmöglich gehaltene Verbindung zwischen Venom und Voodoo. F: Sträflicherweise in den letzten Jahren nur als Internet-Meme zu leidlicher Bekanntheit gekommen, wird ihnen nun hoffentlich die verdiente musikalische Anerkennung zuteil, denn diese Platte ist wirklich gut. In bester Tradition kauzigen US-Metals der 1980er bedient sie Pathos und Theatralik, klingt dabei aber so punkig, wie es eben nur Motörhead zum gleichen Zeitpunkt taten. H: Oder frühe Maiden. Und ‘ne Ballade ist auch drauf.
Wo wir uns gerade in den tiefsten 1980ern suhlen, hätte ich noch eine Underground-Geschichte von heute. Ein Typ, der anscheinend den Drum-Computer von Andrew Eldritch auf dem Flohmarkt gefunden hat und 1980er-Goth mit einer zerfledderten Black-Metal-Stimme kreuzt. Cursed Moon heißt die One-Man-Show aus L.A. und macht mir schon Spaß, weil bei all dem originalen Sound die Hooks einfach stimmen. F: Ich bin zerrissen. Bösartig würde ich sagen, dass es sich bei »Rite Of Darkness« (Hells Headbangers) um einen Goth-RockZitate-Kalender handelt, über den Kevin Russell drübergeschnoddert hat. Aber ich komme auch nicht umhin zu bemerken, dass ich bereits seit zehn Minuten zustimmend mitnicke.
Verlassen wir aber mal das Soundgewand der 1980er und wenden uns der Gegenwart zu. So wie Destruction (ich nominiere mich hiermit für den Grimme Preis der ReviewÜberleitungen). Die haben einen zweiten Teil ihrer »Thrash Anthems« aufgenommen, dabei spielen sie Klassiker ihrer Frühzeit neu ein,
NOV MÄR
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um ihnen frischen Druck zu verpassen. H: Ihr Mitt-1980er-Sound wirkt für unsere Ohren natürlich wie ein pickeliger Spargel-Tarzan und wird hier noch mal ordentlich geboostet, aber irgendwie find ich »Thrash Anthems II« (Nuclear Blast) unnötig und auch ein wenig eitel. Mir geht bei dem Original-Sound immer noch das Herz auf. F: Verstehe ja, was du meinst. Und würden wir hier über die Überarbeitung der originalen »Star Wars«-Trilogie reden, würde ich mit selbst gemalten Plakaten vor dem Nuclear-Blast-Büro gegen die Veröffentlichung demonstrieren. Ich finde das Ergebnis beeindruckend druckvoll und einer simplen Bestof-Veröffentlichung definitiv überlegen, zumal man sich ja weiterhin jederzeit die Klassiker auf den Teller legen kann.
Kommen wir aber nun zu meinem MonatsHighlight: RAM. Die Schweden hatten für meine Ohren bisher das Konzept, die »Painkiller« von Judas Priest neu einzuspielen, dabei aber den Gesang von Dio arrangieren zu lassen. H: Hmja, aber im Vergleich wirken RAM geradezu schwatzhaft, während Priest damals Tightness neu definiert haben, ihre Songs wie aus dem Verdichter geschossen kamen und Halfords Gesang so klang, als seien auch seine Hoden verdichtet worden. Aber das tat dem Endergebnis ja bekanntlich extrem gut. Problem bei RAM sind halt die Refrains. F: Ich gebe dir gleich schwatzhaft! Okay, die Songs sind zu lang. Und ja, es fehlen auch die epischen Refrains zum Fäuste-zum-Himmel-Recken, denn irgendwie bleiben RAM immer bei der Brücke hängen. Nichtsdestotrotz ist »Rod« (Metalblade) ein nahezu perfektes Metal-Album. Period!
H: Pfff, erst den Vergleich mit »Painkiller« und jetzt mit Basta-Politik aus dem Fenster springen, aber hey, ich hab noch einen Sure Shot im Gepäck: Uncle Acid And The Deadbeats haben endlich ihr »Vol. 1« (Rise Above) für alle zugänglich gemacht. Die legendäre Band bringt das legendäre Debüt, das bisher nur als CDR existierte, als offizielles Release raus – Legende im Quadrat und noch mehr Garage und Fuzz also ohnehin schon. F: Wie heißt es so schön im ersten Absatz der Metal-Verfassung: Nach dem Demo geht’s bergab. Hier also der Höhepunkt des Uncle’schen Schaffens. Und in der Tat, »Vol. 1« beinhaltet für mich mit das Beste, was diese Band geschaffen hat. Nur das Bergab ist halt kein Sturz in die Tiefe, sondern mehr ein leichtes Rollen aufgrund einer Unebenheit im Untergrund. H: Stimmt, aber das Metal-Gesetz gilt auch nicht immer. Nimm die neue »Pinewood Smile« (Cooking Vinyl) von The Darkness, einer Band, der ich nichts mehr zugetraut hätte. Das neue Album macht aber wieder richtig Spaß, hat tolle Refrains und knüpft tatsächlich in einer Art California-Variante des zugrunde liegenden AC/DC-Sounds ans Debüt an. F: Haste recht, ist aber auch keine Metal-Band. H: Period!
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#Review Musik verwandelt, wandelt man meist auf Spuren von Bands wie Joy Division oder Bauhaus. Autobahn bilden hier keine Ausnahme, sie sind aber auch Erben von Gothic-Gruppen wie The Mission oder Sisters Of Mercy. Sie würzen ihre Wut jedoch mit sägenden Synthies und treibenden Trommelwirbeln, um Einsamkeit, Verzweiflung oder Depression drängender und damit auch lebendiger zu machen. Dadurch entstand kein lähmendes Album, sondern ein energiespendendes. Damit sind Autobahn mit ihrer Wut auf der moralischen Kreuzung in die richtige Richtung abgebogen: gen einer Energie, die nicht destruktiv, sondern konstruktiv ist. Vielleicht sollten alle sogenannten Wutbürger lieber ein Postpunk-Konzert besuchen, als montags spazieren zu gehen, und sich an die Zeile von Kraftwerks »Autobahn« halten: »Vor uns liegt ein weites Tal, die Sonne scheint mit Glitzerstrahl.« Kerstin Kratochwill
Julien Baker Turn Out The Lights Matador / Beggars / Indigo
Auch mit mehr innerer Reife und Gelassenheit bleibt Julien Baker eines der zerbrechlichsten Pflänzlein der Singer/ Songwriter-Landschaft. Wie sich Julien Baker auf ihrem Debütalbum »Sprained Ankle« das komplette Leid der Welt auf ihre Schulter zu laden schien, von der der Gurt ihrer Gitarre baumelte, das schmerzte bereits beim Zuhören. Auf »Turn Out The Lights« findet die gerade einmal 22-Jährige nun immerhin Trost und Hoffnung in der Erkenntnis, dass zumindest kurze Sonnenstrahlen der Freude auch die dunkelsten Tage durchbrechen können. Auch in musikalischer Hinsicht öffnet sich Baker für Piano, Holzbläser und Streicher, die ihre schüchtern gezupfte E-Gitarre unterstützen. Beide Wandlungsprozesse verdeutlicht »Hurt Less«. Hier drückt Julien Baker zu einer verspielten Klaviermelodie zumindest dadurch eine neu erlangte Wertschätzung ihres eigenen Lebens aus, dass sie mittlerweile simple Sicherheitsmaßnahmen wie den Anschnallgurt nutzt und Wege findet, den Daseinsschmerz durch das Zusammensein mit lieben Menschen geringer werden zu lassen. Die Betonung liegt natürlich auf »geringer«, denn auch »Turn Out The Lights« bleibt in jeder Sekunde fragil wie eine Seifenblase — und an seinen besten Stellen ebenso wunderschön schillernd. Jan Martens
elektronische Popsongs Tomas Barfod 2012 auf seinem Solodebüt »Salton Sea« hervorbrachte. Er hat ein Gespür für eingängige Melodien, brachte es dabei aber auch immer wieder fertig, irgendwie schräg und unfertig zu klingen. Er war ein Suchender. Mit »Love Me« fand er 2014 noch nicht, was er suchte, dafür war das Album zu bemüht, zu erzwungen und dann auch zu schnell wieder vergessen. Und fast war man versucht, Barfod aufzugeben. Das Popgeschäft ist hart, mehr als einen Fehltritt können sich die wenigsten erlauben. Umso schöner ist es zu sehen, dass der dritte Schlag nun sitzt. Und er sitzt genau deshalb, weil er nicht mit Kraft und Ambition ausgeführt wurde, sondern sanft und präzise. Mal wird es in den Vocal-Tracks auf »Paloma« ein wenig schmalzig, mal in den Instrumentals ein wenig beliebig, meistens gelingt es Barfod aber, eine runde Balance zwischen Anspruch und Ansprache zu finden. Feine kleine Melodien, interessante Songs und eine gemütliche Atmosphäre – »Paloma« geht gut rein. Henje Richter
The Barr Brothers Queens Of The Breakers Secret City / Rough Trade
Die kanadischen Folk-Brüder Barr liefern pünktlich zum Herbst Album Nummer drei ab. Zwischen gemütlichem Fingerpicking, Crooning und ein paar Rock-Riffs ist es ihr bisher bestes, reifstes Werk geworden. Andrew und Brad Barr tourten als Support von Calexico und My Morning Jacket und sind zurzeit mit The War On Drugs unterwegs. Damit ist ihr musikalischer Kosmos auch schon perfekt beschrieben: Zwischen Appalachen-Folk und Jazz-Jams, CountryBlues und Singer/Songwriter bringen sie Heimeligkeit, Intimität und Melancholie an den Mann, und das nicht zu knapp. Nach einem etwas poppigeren Ausflug mit dem 2014er-Album »Sleeping Operator« kehren sie nun wieder zu den sanfteren Ursprüngen ihres selbstbetitelten Debüts von 2011 zurück, schaffen es aber deutlich, ihren Sound weiter zu verdichten. Die einzelnen Songs sind intensiver instrumentiert, vor allem aber bauen sie über das gesamte Album einen perfekten Spannungsbogen auf. Es beginnt sehr langsam mit einigen gezupften Balladen, steigert sich im Mittelteil in Americana-Rock und verliert sich hinten heraus gekonnt in komplexeren Improvisationen. Es ist wohl nicht vermessen zu behaupten, dass sie mit dem dritten Versuch bei sich selbst angekommen sind und ihr bisher bestes Album abgeliefert haben. Und ihr Bestes ist ziemlich gut. Henje Richter
die satt gefressene Musikwelt aus dem Untergrund heraus aufzumischen. In der Folge testete er weitere Styles im Pop-Kosmos und hielt mit dem feinen und seelenruhigen Folk-Pop-Album »Sea Change« (2002) auch mal an Standards fest. Dass es nach sechs Jahren Album-Abstinenz im Jahr 2015 direkt zwei Grammys für »Morning Phase« gab, setzte dem Musikzirkus und dem konsterniert aussehenden Beck aber die Krone auf. »Colors« greift nun wieder die unberechenbare Spontaneität von »Odelay« auf, allerdings ohne Samples und mit einem starken Hang zu tanzbarem Chartsgetöse. An der Grenze zur Ironie groovt sich Beck zwischen Disco, Electro und R’n’B in die fremdelnde DancePop-Abteilung. Musiktheorie, die im Radio als plärrende Nerverei auf Heavy Rotation läuft, erstrahlt in Becks Händen nunmehr als smartes Partygold. Die Hoffnung, Beck würde nun nicht nur die Grammys, sondern auch die Charts erobern, wird wohl trotzdem ein Wunschtraum bleiben. Was schade, aber auch ein wenig beruhigend ist. Klaas Tigchelaar
Brand New Science Fiction Cooking Vinyl / Sony
Wer »Katharsis« bei Wikipedia sucht, sollte dort Brand New verlinkt finden. Deren Emo kann auch heute noch Leben retten. In den acht Jahren, die zwischen der überraschenden Veröffentlichung von Brand News »Science Fiction« und dem Vorgänger »Daisy« vergangen sind, wird so mancher depressive jugendliche Fan seine Krankheit selbst mit dem Schritt ins Erwachsenenleben nicht überwunden haben. Auch Jesse Lacey, Frontmann und Texter der Band, ist nun fast 40, hat geheiratet, und doch bestimmen seine Depressionen immer noch sein Songwriting, auch wenn diese nicht mehr brennend in ihm wüten, sondern sich vielmehr als ein verborgener Schlund in seiner Psyche auftun, in den er an schlechten Tagen hineinzufallen droht. Dazu passt es, dass die Feuermetaphorik, die früher oft Laceys Texte bestimmte, nun öfter einer Bildsprache des Wassers weicht. Auch die meist düsteren, zähen Songstrukturen von »Science Fiction« entfachen einen strudelartigen Sog. Erst gegen Ende des Albums scheinen sich die New Yorker mit dem selbstbewussten Alternative-Rock von »No Control« und dem groovigen Stoner von »451« aus diesem Loch befreien zu können. Sollte jedoch tatsächlich bald die Auflösung von Brand New bevorstehen, wie es jüngst veröffentlichtes Merchandise mit der Aufschrift »2000-2018« nahelegt, wird das Fehlen einer der emotional überwältigendsten Rockbands ein mindestens ebenso großes aufreißen. Jan Martens
Tomas Barfod Paloma Friends Of Friends / Indigo / VÖ 03.11.17
Mit seinem dritten Soloalbum zeigt sich der WhoMadeWho-Drummer Tomas Barfod von seiner sanftesten Seite. Und die steht ihm gut. Ordnen wir das zunächst mal ein: Die Dänen WhoMadeWho haben ein paar ganz ordentliche Alben gemacht, die aber vornehmlich zu Beginn ihrer Karriere erschienen sind. Danach pegelte sich die Band irgendwo zwischen ganz nett und egal ein. Deswegen war es bemerkenswert, welch schöne
Beck Colors Capitol / Universal
Bei Beck Hansen darf man keine Saturation erwarten. Das verhuschte Chamäleon des Slacker-Pop serviert diesmal smarten Dance-Pop für die Schaumpartys der vermeintlichen Bildungselite. Im Jahr 1996 zündete Beck mit »Odelay« eine schrammelige Lo-Fi-Glitzerkanone, voll mit genialen Samples, Stilen und Zitaten, um
schippert auf Wellen der Selbstreferenz und alltagsbanaler Schönheit und wird so zu einem dialogischen Bravourstück. Die Musikwelt sah sich in große Vorfreude versetzt, als Courtney Barnett ihr Stelldichein mit Indie-Folk-Kollege Kurt Vile ankündigte. Eigentlich nur konsequent angesichts der Lobeshymnen, die die außergewöhnlichen Begabungen der beiden Postrock-Müßiggänger unterstreichen. »Sea Lotta Lice« ist ein selbstbezogener und entzückender Dialog: Zwischen augenzwinkerndem Dilettantismus und nerdigem Charme schafft er die idealen Voraussetzungen für schüchterne Annäherungsversuche, die man beim Lugen über den Zaun des Nachbarn mit rührseliger Zufriedenheit ins Visier nimmt. Barnetts »Outta The Woodwork« wird durch gezerrte Power-Akkorde noch mal kräftig gesättigt, ohne dabei einen Bruchteil seiner reduzierten Schönheit einzubüßen, während »Continental Breakfast« neben blumigem Picking und ausgeschlafenem Optimismus eine zuckersüße Leichtigkeit serviert – samtig wie Marmelade ohne Stückchen. Ein bisschen verschroben und doch herzallerliebst perfektionieren Barnett und Vile ihre alltagspoetische Jonglage aus Blues-Rock, Indie-Folk und Grunge, die sich als ausgefeiltere Anti-Dialektik der rosaroten Leichtgläubigkeit der Moldy Peaches erweist. Zum Glück, bedenkt man, dass die sinnstiftende Lakonie gerade dann am liebreizendsten ist, wenn sie sich nicht darum bemüht, bewundert zu werden. Benni Bender
Courtney Barnett & Kurt Vile Sea Lotta Lice Marathon Artists / Kobalt / Rough Trade
Die transpazifische Flaschenpost-Poesie der Songwriter-Slacker Barnett und Vile
Kirin J. Callinan Bravado Terrible / Caroline / Universal
Der Australier Kirin J. Callinan dreht mit seinem Industrial-Pop an der Wahnsinnsschraube und umarmt den schlechten Geschmack wie ein lieb gewonnenes Kuscheltier. Ernsthaft? Dass sich Kirin J. Callinan auf dem Cover scheinbar selbst anstrullert und seinen Dingdong im Clip zu »S.A.D.« durchblitzen lässt, muss man erst einmal verdauen. Doch der Weirdo muss mit dem Industrial-Pop seines Debüts in Australien einen großen Eindruck hinterlassen haben, denn die Cameos häufen sich auf »Bravado« wie in einem Wes-Anderson-Film. Jimmy Barnes schreit, Alex Cameron, Weyes Blood und Mac DeMarco singen, Owen Pallett spielt Glocken, und Mitglieder des Finn-Clans machen irgendwelchen Kram. Eigentlich ist all das jedoch wurscht, denn die meiste Zeit über hält sich der Hörer an Callinans beachtlicher Gesangsperformance fest und versucht, von der hohen Ideen-Schlagzahl keine Schwindelgefühle zu bekommen. Im Gegensatz zum Debüt »Embracism« muss man diesmal in viel Konfetti graben, um die düstere Coolness der Platte zu entdecken. Doch es gibt sie. Diese kleinen grotesken Harmoniebrecher wie die funky Killernummer »Down To Hang« oder die Drogenhymne »S.A.D.« mit all den Momenten, in denen er wieder mehr einem Trent Reznor als einem Pop-Entertainer gleicht, um kurze Zeit später im Carpe-Diem-Overkill »Living Each Day« oder dem herrlichen Weltverbesserungs-Rave »Big Enough« eine DJ-Bobo-Pop-Revue abzufeuern, die auch David Guetta mit seinem MP3-Deck auflegen könnte. Die Auflösung all dessen gibt es am Ende im Titeltrack aber doch. Ist das nun alles Draufgängertum? Hehe, jawohl. Meint er das ernst? Und wie! Sebastian Jegorow
HEIMSPIEL MIT KRISTOF BEUTHNER
Im Herbst kann man aufgrund des Wetters viel im Sessel sitzen und Musik entdecken. Ein trefflicher Beweis dafür: das aktuelle, stilistisch abermals illustre Heimspiel.
Kai Schumacher ist Pianist und Vertreter der derzeit zu Recht aufstrebenden NeoklassikBewegung. Auf »Beauty In Simplicity« (Neue Meister) vertont er klassische Vorläufer und popkulturelle Nachzügler der Minimal Music der 1960er, darunter Stücke von Erik Satie und Moderat. Er benutzt dafür den Konzertflügel als Synthesizer, erzeugt Melodie und Rhythmus mit dem klassischsten aller Tasteninstrumente und schafft ein herrlich atmosphärisches Klavieralbum, dessen pure Schönheit – wie der Titel schon sagt – in seiner Einfachheit liegt. Apropos Inspiration durch die Kunst der 1960er: Auch der Experimentalist Felix Kubin hat sich mit »Takt der Arbeit« (Editions Mego) einem Sujet dieser Zeit angenommen. Die vier Stücke, die neben den Rhythmen von Arbeitsmaschinen und Stechuhren simulierenden Percussions auch hektische Elemente der Neuzeit wie das Klingeln von Mobiltelefonen zu einem unruhigen, bedrohlich-repetitiven Klangbastard verbinden, illustrieren Industrie- und Instruktionskurzfilme der 1960er. Sehr speziell, aber auch sehr faszinierend. In eine ähnlich minimalistische musikalische Kerbe schlagen Komfortrauschen, drei Musiker, die eigentlich im Jazz zu Hause sind. Ihre technoid treibende EP »Plaste« (Springstoff), die weitgehend mit »echten« Instrumenten entstanden ist, schafft in einer sehr eigenen Version von Minimal Techno den Spagat zwischen kafkaesker Düsternis und erhebendem Funk. Sie ist ein sechs Stücke starker intensiver Trip, der wabert und brodelt, brüskiert und zum Tanzen auffordert. Auch hier gilt: speziell, aber faszinierend. Beim gleichen Label erscheinen die experimentellen Klangfantasien von Julian Maier-Hauff. Sein wortspielendes Werk »Forest For Rest« (Springstoff) mit Titeln wie »Espenwespen«, »Eschensession« oder »Pappelrappel« hält dem Gaga-Verdacht zum Glück stand und präsentiert eine faszinierende Mischung aus klassischen Techno-Elementen, groß angelegten Synthie-Flächen, organischer Percussion und einem unwiderstehlichen Groove. Was seine Titelgebung und das Cover-Artwork angeht, kann der Künstler ja noch üben. Das Duo The/Das aus Berlin war einst zwei Drittel der famosen Bodi Bill. »Exit Strategies« (Life And Death) ist nach »Freezer« das zweite Werk ohne Alex Stolze und findet seine Mitte in herrlich sanften Downbeat-Electronics, DeepHouse und Late-Night-Grooves mit eingeflochtenen feingliedrigen Jazz-Lines zur betörend souligen Stimme von Fabian Fenk. Die Platte entwickelt einen unwiderstehlichen Sog, so zurückgelehnt und selbstsicher kommt sie daher – elektronische Musik vom Allerfeinsten.
Von einer Band, die Die Mausis heißt, kann allenfalls irgendetwas zwischen YouTubeChicks oder Kinderliedquatsch erwartet werden, richtig? Wenn man aber weiß, dass das Duo aus Stella Sommer (Die Heiterkeit) und Max Gruber (Drangsal) besteht, sieht die Sache schon ein wenig anders aus. Die »Mausis EP« (Buback) bietet zu Akustikgitarre und organischem Schlagwerk an deutschsprachigen Liedermacher-Folk der 1960er/70er erinnerndes Liedgut, das sehr eigenwillig klingt, aber trotz der albernen Mausi-Thematik seltsam tief geht. Das ist Kunst, oh nein, oh nein, oh nein! Von den Monsters Of Liedermaching, der Formation um den flotten Totte, hat es in 14 Jahren Bandgeschichte bis heute noch nie ein Studioalbum gegeben, lediglich Live-Aufnahmen. Nun aber ist »Für alle« (OMN) da und bietet – das überrascht kaum – akustische Popsongs mit Gitarre, Cajón und mal bissigen, mal humorigen Texten über die Widrigkeiten des Lebens. Überhöhten Fanerwartungen wird gleich im Opener »Scheiß CD« der Wind aus den Segeln genommen – enttäuscht sein dürfte hier aber keiner. Eine satte Portion Fuzz, Garage-Rock und Britpop gab es schon beim gefeierten Debüt von The Loranes, die auf dem nachvollziehbarerweise »2nd« (Nois-o-lution) betitelten Nachfolger genau dort weitermachen, wo sie beim letzten Ton von »Trust« aufgehört hatten. Bedeutet: elfmal hochoktaniger Rock mit Wumms, Drive und einer rotzig-ruppigen Attitüde. Die Berliner liefern die große Show: »2nd« ist eine mit Sternchen bestandene Hausaufgabe ohne Ausfälle. Sehr fett, sehr stark. Schön laut wird es auch bei Kalamahara. Deren zweites Album »Greener Fields« (Sportklub Rotter Damm) ist ein Ungetüm aus Stoner-, Psychedelic- und Krautrock mit starker Rhythmus-Sektion, herrlich retrospektivem Riffing und genau im richtigen Maß komplexer Melodieführung, sodass sich der Platte über ihre acht wie aus einem Guss wirkenden Stücke sehr schön folgen lässt. Fenster auf, Fäuste hoch, Haare lang, laut drehen: So dürfte »Greener Fields« für erinnernswerte Momente sorgen. Zu guter Letzt: Sprechen wir über FERN, in Großbuchstaben. Die Band um Paul Seidel zelebriert mit ihrer selbstbetitelten Debüt-EP (Fern Musik) auf dem eigenen, ebenfalls selbstbetitelten Label fünf Songs lang formschöne Düsternis zwischen Nine-Inch-Nails-Industrial und Unkle-Elektronik. Das klingt nicht von ungefähr sehr versiert, in der Vita der Bandmitglieder stehen Szene-intern bekannte Namen wie The Ocean, Like Lovers oder A Tale Of Golden Keys. Zwischen dunkler Schönheit und atonaler Dissonanz ist FERN ein beachtliches erstes Lebenszeichen gelungen, das Lust auf mehr macht.
H E ID E L
BERG
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United Nations and Educational, Scientific Cultural Organization
Designated UNESCO Creative City in 2014
Prêt à lire ist Teil des Progra mms der Unesco City of Literat ure Heidelb erg www.ci tyoflite rature .de
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#Review die Colleen, nachdem sie die Terroranschläge von Paris vor Ort miterlebt hat, offenbar nur noch in Zeitlupe erträgt. Was einzig stört, sind die langatmigen Fade-outs der einzelnen Achtsamkeitssitzungen. Der homogenen Konsistenz des Albums zuliebe hätte es nicht zwingend einzelner Etappen bedurft. Benni Bender
Kosmos’ aus Geräuschen, Krach, zärtlichen Streichern, skelettierten Piano-Passagen und brummenden Orgelflächen. Wer sich für avantgardistisches Songwriting interessiert, wird hier eine der Platten des Jahres für sich entdecken können. Lars Fleischmann
Captain’s Diary Zeitraffergeschichten Dancing In The Dark / Broken Silence
Sebastian Müllers Songs passen zwar manchmal mehr ins Poesiealbum als ins Kapitänslogbuch, ein gelungenes Stück Liedermacherkunst sind sie aber dennoch. Songwriter werden kann ja jeder, der ansatzweise in der Lage ist, ein paar Akkorde zu zupfen und zu singen. Zu einem Liedermacher, der etwas zu sagen hat, reicht es hingegen lange nicht bei jedem – Sebastian Müller alias Captain’s Diary gehört zu jenem erlesenen Kreis. Der hat bereits vor zwei Alben das Englische gegen die Muttersprache eingetauscht, ganz im Dienste einer ungefilterten Sprache, in der der Oberhausener von Hoffnung, Angst, Frust und natürlich der Liebe zur Musik selbst singt. Auf das Label des seelenverwandten Matze Rossi und in das Vorprogramm von Kollegen wie Spaceman Spiff passt er nicht nur deswegen ideal, sondern auch wegen der unaufdringlichen Instrumentierung, die der Gitarre kaum mehr als etwas Schlagzeug hinzufügt. Mit manchen Zeilen driftet Müller etwas zu sehr in den Schmalz ab, wenn er etwa davon singt, den Teufel Angst mit der Waffe Mut bekämpfen zu wollen. Doch wenn man das Herz dermaßen auf der Zunge trägt, was Captain’s Diary auf dem Opener »Herzen auf Zungen« eigentlich abstreitet, kann auch das schon einmal passieren. Jan Martens
Chloé Endless Revisions Lumière Noire / !K7 / Indigo
Chloé Thévenin überzeugt mit bildgewaltigen Klängen aus hypnotischen Beats, experimentierfreudigen Sounds und introvertiertem Gesang. Entspannt mäandernde elektronische Musik erklingt auf Chloé Thévenins mittlerweile drittem Album. Den Hörer erwartet eine repetitive, unaufgeregte und äußerst atmosphärische Klangreise voll orgelartiger Synthesizer-Sounds, Claps, Pulses und hypnotisch drückender Beats, abstrakter elektroakustischer Elemente sowie von Chloés introvertiertem, beinah schon beiläufigem Gesang. »Endless Revisions« besticht durch seinen warmen Analog-Sound, der laut Thévenin am besten von Kassette oder knackendem Vinyl gehört werden sollte. Für ihr Album hat Chloé sich sieben Jahre Zeit gelassen. »Schuld« daran sind Kollaborationen mit anderen Musikern und Künstlern, Kompositionsaufträge für Filme und interaktive Installationen. Auch für »Endless Revisions« arbeitete Thévenin mit Gastmusikern zusammen: Neben Avantgarde-Komponist Rhys Chatham, der das Album mit einer Flötenimprovisation eröffnet, waren auch der bretonische Sänger Alain Chamfort, Ben Shemie von Suuns sowie das Percussion-Duo Nova Materia beteiligt. Andreas Brüning
Dave Clarke The Desecration Of Desire BMG / Warner
Auf seinem ersten Album seit 14 Jahren ersetzt der Electro-Produzent Dave Clarke einengende Genregrenzen durch abwechslungsreiche Kreativität. Mit seinem ersten Album seit 14 Jahren präsentiert Dave Clarke (»Hardcore«, »Fly By Wire«) äußerst tanzbare dunkle Elektronik jenseits des Mainstream-Dancefloors. Schon seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 1990 gab der Produzent aus Brighton herzlich wenig auf stilistische Trends und Begrenzungen seiner Kreativität und mischte schon früh Breakbeat, HipHop und Electronica in seine Techno-Tracks. Auch »The Desecration Of Desire« verzichtet auf eindeutige Schubladen und rangiert irgendwo zwischen Techno, Electro, Postpunk-Elektronik und IndustrialDub. Seine elektronischen Songs arbeiten mit nervösen atmosphärischen Streicherflächen und drohenden Bläser-Arrangements, verstörenden Sprach-Samples, kalten 1980erSounds und kratzenden Punk-Dub-Bässen. Mit Gastmusikern wie Mark Lanegan (Screaming Trees), Gazelle Twin, Mt. Sims und Louisahhh erweitert er zusätzlich sowohl das atmosphärische als auch stilistische Spektrum und gestaltet seine zehn Tracks durchweg spannend und abwechslungsreich. Andreas Brüning
Colleen A Flame My Love, A Frequency Thrill Jockey / Rough Trade
Im Nebel der Pariser Terroranschläge beschließt Colleen, ein Konzeptalbum auf den Weg zu bringen. Paradox ist dabei nur, dass »A Flame My Love, A Frequency« nun ausgerechnet am Abgrund der Entspannung flaniert. Während Cécile Schott alias Colleen auf »Captain Of None« und »Weighing Of The Heart« neben polyrhythmischen Dub-Modi auch noch auf Klarinette, Gitarre und Kniegeige setzte, verzichtet die Französin auf ihrer sechsten DIY-Modulation »A Flame My Love, A Frequency« ganz auf eine konventionelle Instrumentierung. Stattdessen gräbt sie sich mit posttraumatischem Organ, schillernd fluoreszierenden Drones, Arcade-Synthies und verzerrten Pedal-Effekten tief in verborgene Klangwelten hinein, die am Abgrund der Entspannung tänzeln – ein luzider Taumel, der irgendwo zwischen der experimentierfreudigen Avantronica einer Björk und den idiosynkratisch-ambienten Micro-Bits William Basinskis liegt. Colleens dichotomes Frequenzspektrum kommt kitzelnden Sonnenstrahlen gleich, die sich beim Blinzeln durch regenbedeckte Baumkronen kaleidoskopisch brechen. Im Zwiespalt zwischen seiner konzeptionellen Reduktion und gepitchten Vocals schwingt sich »A Flame My Love, A Frequency« zu einem Klartraum auf, der scheinbar auf den Meeresboden sinkt, aber dennoch leichtfüßig genug wäre, um auch in dieser völlig überhitzten Welt zurechtzukommen – einer Welt,
Circuit Des Yeux Reaching For Indigo Drag City / Rough Trade
Lustig ist es, den Namen Circuit Des Yeux bei Google übersetzen zu lassen. Das war es dann aber auch an Amüsantem auf dieser tollen Platte. »Nobody said it was easy, but it was so easy«: Spätestens mit den ersten Zeilen des zweiten Tracks »Black Fly« hat Haley Fohr ihre Hörer eingefangen. Die markante Stimme, das episch-theatrale Songwriting, der bahnbrechende Schmerz in und zwischen den Zeilen – mit ihrer sechsten Platte als Circuit Des Yeux ist Fohr an der Spitze angelangt. Und auch wenn sie immer noch vielen unbekannt ist, gibt es eine eingeschworene Fangemeinde, die der Sängerin aus Lafayette diese Platte aus den Händen reißen wird. Ob unter ihrem bürgerlichen Namen, dem Pseudonym Jessy Lynn oder neuerdings auch als Teil der Band Mind Over Mirror – seit Jahren wartet Fohr mit deep-düsterem Songwriting auf. Wer mag da lang nach Referenzen kramen? Circuit Des Yeux klingt nämlich im Ansatz wie vieles, aber letztlich gibt es wenig Ähnliches. Die tiefe Stimme, die aus einer Zwischenwelt zu entstammen scheint, in der Geschlechtszuschreibungen keine Rolle mehr spielen, ist Fundament und krönender Abschluss eines
dennoch die gesamte Spielzeit von 44 Minuten über des Hörers Trommelfell und kommt dabei nur selten in einigermaßen bedächtige Gefilde wie im Titeltrack oder im grandiosen »Thousands Of Miles Between Us«. Wer die Converge der letzten Alben kennt, braucht derlei Beschreibungen natürlich nicht, sondern greift guten Gewissens blind zu und ist im schlimmsten Falle nur aus dem Häuschen. Dürfte auch für diese Platte gelten und damit ein geflügeltes Wort befeuern, das in englischsprachigen Rezensionen zu den letzten Alben der Gruppe immer wieder auftauchte: »This band can do no wrong.« Nils Schlechtriemen
Converge The Dusk In Us Epitaph / Indigo / VÖ 03.11.17
Schrei und werde – keifend, kotzend, chaotisch hauen Converge mit »The Dusk In Us« allen auf die Fresse, die ernsthaft geglaubt haben, dieser Band wäre die Puste ausgegangen. In einer Zeit ein gutes Stück nach dem Peak von Metalcore und Hardcore-Punk ist eine Band wie Converge Grund genug für jede Form von völlig unvernünftiger Verehrung. Schließlich wurden während der vergangenen Jahre einfach zu viele Herzschmerz-Refrains an absolut blutleere Strophen getackert, über deren oft kaum auffindbaren Inhalt auch superdeepe Band- und Albumtitel nicht hinwegtäuschen konnten. Metalcore mündete, wie mittlerweile viele andere Spielarten des Genres, ins Binnenmeer des Melodischen, Biederen, des Radiotauglichen und Beliebigen. Aus diesem und vielen anderen Gründen üben die zerkratzten, entstellten, garstig aggressiven Krach-Attacken von Alben wie »You Fail Me« (2004) oder »Axe To Fall« (2009) nach wie vor Faszination auf Liebhaber extremer Gitarrenmusik aus, die Bannon, Ballou, Newton und Koller einen unerreichten Kultstatus in der Szene attestieren. Album Nummer zehn ist zwar keine übermenschliche Demonstration krakenartig umarmender Riffs, bolzt aber
William Patrick Corgan Ogilala BMG / Warner
Unverhofft kommt soft: Billy – pardon: William Patrick – Corgan hat sich freigenommen und schmeißt eine Runde erstaunlich guter Solo-Lieder. Ohne Gitarrenwände, dafür mit ganz viel Gefühl. 50 Jahre nach seiner Geburt und zwölf nach seinem Solodebüt »The Future Embrace« versucht es Billy Corgan noch mal allein. Die erste Message des notorischen Miesepeters ereilt uns schon mit der Ankündigung des Albums: »William Patrick Corgan« möchte der Smashing-PumpkinsGründer und -Reanimator fortan genannt werden. Mögliche Deutung: Der kleine Billy ist erwachsen geworden, möchte Reife und Seriosität suggerieren und sich endlich erfolgreich selbst beerben – oder eben gerade nicht. Womöglich hat er aber auch einfach nur mal wieder einen Blick auf seinen Pass geworfen. »Ogilala«, so der kauzige Titel des Albums, ist nicht weniger als ein Highlight für alle Freunde sentimentaler Akustik-Stücke. Corgans künstlerisches Format zeigt sich in der Leichtigkeit, mit der er ein paar Akkorde aus dem schlabbrigen Sweatshirt-Ärmel schüttelt und sie zu unverschämt eingängigen Melodien verstrickt. Elektrische Überbauten fehlen ganz, geblieben ist – natürlich – die untröstliche, nasale Fistelstimme. Corgan singt noch immer, als scheitere er allmorgendlich an den Schnürsenkeln, jubelt uns aber zugleich sein stärkstes Material seit Jahren unter – nichts, was nach der mauen letzten Pumpkins-Platte »Monuments To An Elegy« zu erwarten gewesen wäre. Erst, als – Rick Rubin sei Dank – dann noch Streicher durchs Bild wehen, fängt die Chose an zu kleben. Solange dabei aber die Klasse der balladesken Zuckerstücke aus den Sternstunden der 1990er aufblitzt, ist Kitsch unbedingt in Kauf zu nehmen. Valentin Erning
Adrian Crowley Dark Eyed Messenger Chemikal Underground / Rough Trade
Adrian Crowley verzichtet diesmal auf Gitarren, nicht aber auf die dunklen Traumatmosphären, in die man sich sanft und melancholisch-lustvoll fallen lassen kann. Wie gut, wieder ein Album aus dem Chemikal Underground in Händen zu halten! In
IMMER NOCH INDIE? MIT CHRISTIAN STEINBRINK
24.11.17 LINGEN C H I M P E R A T O R
L I V E
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Wahrheit bleibt: Wer tief genug in den Neuheitenfächern gräbt, wird Begeisterndes finden. Vielleicht auch diese Schätzchen aus Folk, Post- und Indie-Rock.
C H I M P E R A T O R
P R Ä S E N T I E R T
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Schon sein letztes Album »Peace Or Love« hat es angedeutet: Mit dem Australier David West wächst ein reizend schrulliger Lo-FiEntertainer der Extraklasse heran. Die neue LP »Cherry On Willow« (Tough Love) zusammen mit seiner Band Teardrops markiert dabei einen deutlichen Schritt in Richtung eines hinterlistig-verspielten Pop, wie man ihn von Ween, Jeremy Jay oder auch Beck kennt. Kreativ lässt West auf den neun Songs vieles zu, ohne die Arrangements jemals zu überfrachten, im Gegenteil: Die Stücke sind hinreißend akzentuiert und trotzdem so vielseitig, dass das Album zu einem ausdauernden Quell der Freude wird. Mit »Losing« (Sub Pop) von Bully reanimiert das ehrenwerte Grunge-Label aus Seattle endlich wieder seine Wurzeln im wüsten Indie-Rock. Das Rezept ist dabei altbewährt: Zarte MelodieFetzen von Frontfrau Alicia Bognanno werden mit schroffen Noise-Attacken konterkariert, wie man es schon bei Dinosaur Jr. und den Breeders liebte und bis heute immer wieder gerne nimmt. Die Güte des Songwritings reicht natürlich noch nicht ganz an solche Klassiker heran, liegt aber auch nicht weit davon entfernt. Auf ihrem Debütalbum decken Blis. das ganze Spektrum von Postcore und -rock ab. Das Besondere: Sie klingen dabei nie zerstreut, sondern auf eine genialische Art verwegen. Hin und wieder gar ins Hymnische reichende Melodieführungen wechseln sich mit schroff treibendem Indie-Rock und rhythmisch zerhackten Riffs ab, deren massive Kreativität manchmal sogar an ihre Tour-Buddys And So I Watch You From Afar heranreicht. »No One Loves You« (Sargent House) ist so überzeugend, dass sogar Routiniers des Genres die Spucke wegbleibt – so lange hat man auf so ein Album warten müssen. Ähnlich vielfältig sind die Polen Trupa Trupa auf ihrem neuen Album mit dem irreführenden Titel »Jolly New Songs« (Ici d’ailleurs). Denn lustig ist auf der LP wenig, vielmehr wacht über der Gemengelage aus Psych- und Postrock, Drone und Kraut eine drückende Düsternis – wobei die Band ihren Sound im Vergleich zu dem nicht minder empfehlenswerten Vorgänger tatsächlich etwas aufgeklart hat. Fest steht: Nicht jede der letzten Veröffentlichungen des genreverwandten Labels Constellation hatte eine vergleichbare Klasse. Woran es liegt, dass der verschrobene Songwriting-Liebling Mark Kozelek seinen Output in den letzten Jahren in den Wahnsinn gesteigert hat, ist Gegenstand wilder Spekulationen. Immerhin ist seine Kollaboration mit Ben Boye und Dirty Threes Jim White allein 2017 seine bereits fünfte Veröffentlichung. Ich jedenfalls werde das Gefühl nicht los, dass er uns damit eins auswischen will. Nun ist speziell Kozeleks Poesie über jeden Zweifel erhaben und Grund genug, selbst seine Einkaufszettel zu erstehen.
DIE BUNTE SEITE DER MACHT TOUR 2018 DIE BUNTE SEITE DER MACHT DIE BUNTE SEITE DER MACHT DIE SEITE BUNTE SEITE DER MACHT DIE BUNTE DER MACHT TOUR 2018 TOUR 2018 TOUR 2018 TOUR 2018
Aber im Vergleich zu seinen letzten Sun-KilMoon-Großtaten ist das Doppel-Album »Mark Kozelek With Ben Boye And Jim White« (Rough Trade) dann doch eher eine lyrische Fingerübung zu verspielten Jazz-Fragmenten. Trotzdem: Kozelek-Süchtige brauchen auch dies.
17.02.18 LINGEN
Es ist fast schon unheimlich, wie sehr Julien Pras in seinen Harmonien dem unvergessenen Elliott Smith ähnelt. Da ist es nahezu beruhigend, dass sich in »Wintershed« (Yotanka) auch noch ein barocker Gestus und ein Folk à la Nick Drake mischen. Trotzdem wirkt Pras wie eine betulich-europäische Version Smiths auf einem nicht allzu weit entfernten Niveau. Im Vergleich zu ihrem letzten Album haben die Dänen Heimatt für »The Greatest Story« (Popup) einen Stilwechsel vollzogen: Der Folk T I C K E T S & I N F O S U N T E R W W W. S D P -T I C K E T S . D E ist weitgehend aus ihren Songs verschwunden, T I C K E T S & I N F O S U N T E R W W W. S D P -T I C K E T S . D E die Arrangements wurden deutlich entschlackt CK OW S . US N WKWE W T I C K E T S & I NTFI O S EUTNS T &E RI NWF W DT PE - TR I C T .SS. D P E -T I C K E T S . D E und orientieren sich mehr an Postpunk, Synthie- und Dream-Pop. Aber auch auf diesem Spielfeld sind ihre Ergebnisse hochklassig, was vor allem ihrem geschliffenen Songwriting zuzuschreiben sein dürfte. The National und Editors, aber auch Talk Talk scheinen die Referenzgrößen für den neuen Stil gewesen zu sein, ohne dass Heimatt auch nur für Momente in den Verdacht des Epigonentums geraten.
16.03.18 LINGEN
Den Folk Dänemarks haben wohl Dangers Of The Sea für ihr zweites Album gekapert. Ihr getragener Folkrock hat auch wegen der an Thom Yorke erinnernden Stimme Andreas Bay Estrups eine klare Sinnlichkeit, ist aber tief und T I C K E T S & I N F O S U N T E R W W W. S D P -T I C K E T S . D E komplex genug, um Erinnerungen an Bands wie Midlake zu entfachen. In jedem Fall ist »Our Place In History« (DevilDuck) eine Platte, die auch in einem überlaufenen Genre herausragt. Seamus Fogarty ist nach Matt Elliott, James Yorkston und Alasdair Roberts ein weiterer dieser in Sinnlichkeit und Freigeist versunkenen Songwriter-Käuze von den Rändern der britischen Inseln, den das Entdecker-Label Domino dankenswerterweise für uns ausgegraben hat. Sein Album »The Curious Hand« (Domino) ist dementsprechend ein faszinierendes Mosaik aus forschender irischer und schottischer Folklore sowie Lo-Fi-Synthie- und Field-RecordingSprengseln, die wohlig an die Künstler des Fence Collective in den 2000ern erinnern. Allein schon Fogartys Schifferklavier verbreitet pure Wonne, der ganze Rest aber auch. Abschließend kurz zu den wunderbaren The Lemon Twigs, deren letztjährige Album-Großtat »Do Hollywood« noch lange nicht genügend gewürdigt wurde: Auf ihrem EP-Nachschlag »Brothers Of Destruction« (4AD) machen die Jungspunde auf eine irrlichternde und unerreicht reizende Art wieder in Hollywood, Queen und Beatles. Damit soll die erste Phase der Band abgeschlossen sein, sie zieht zu neuen Ufern. Wohin das wohl noch führen soll?
18.03.18 LINGEN
23.03.18 LINGEN
19.04.18 LINGEN Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen, unter der Ticket-Hotline 0591 912950 oder 0591 9144144 sowie auf www.eventim.de und www.emslandarena.com
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#Review den späten 1990ern und frühen 2000ern bestimmte das Umfeld des Glasgower Labels den Sound der Stunde mit. Aereogramme, Arab Strap oder Mogwai veröffentlichten hier Wegweisendes. Der irische Songwriter Adrian Crowley selbst zählt zwar nicht zu jener einst hyperrelevanten Glasgower Szene, ist aber fester Bestandteil der Label-Familie: Hier veröffentlichte er nicht nur seine letzten Alben, sondern auch Abseitigeres wie eine EP mit Daniel-Johnston-Coverversionen gemeinsam mit James Yorkston – eine Würdigung, die auf den ersten Blick nicht naheliegend scheint. Schließlich klingt das dunkle Timbre Crowleys wesentlich pathosgeladener als die verzweifelt-absurden Stücke des großen Schizos Johnston, seine Gitarre erlaubt andere Codein-Traum-Flächen als dessen Bedroom-Experimente. Dabei hat auch Crowley einen Hang zum manischen Esprit, der sich aber tief in den Klangatmosphären versteckt. Auf seinem neuen Album »Dark Eyed Messenger« ersetzt er jene Gitarre durch alternative Arrangements mit Piano, seine Lieder mäandern zwischen Badly Drawn Boy und Sun Kil Moon, Bill Callahan und Leonard Cohen. Oft erzählt er oder beobachtet bloß, meistens sparsam bis zur Stille, Raum lassend für die Hörenden. Steffen Greiner
wieder minimalistischen Rezepten zugetan. Deshalb wirkt »Ken« im Vergleich zu den Vorgängern wie ein Schnellschuss. Stücke wie »In The Morning« und »Cover From The Sun« zeigen Destroyer skelettierter und am reduzierten New Wave Joy Divisions interessiert. Vor allem auf der zweiten Hälfte begibt sich die Gruppe knietief in die 1980er und zeigt, auch durch die exzessive Verwendung von Synthies, dass sie viel Kraftwerk gehört hat. Mitunter klingen die Stücke weniger zwingend und berührend als auf den zwei grandiosen Vorgängern, zeigen aber auch, auch welch hohem Niveau Destroyer agieren. Eine kleine Qualitätsverschiebung nach unten führt also immer noch zu einer grundsoliden Platte. Mein Wunsch an Bejar und seine Mitmusiker: Beim nächsten Mal bitte wieder mehr Schwelgerisches wie »Saw You At The Hospital«! Kai Wichelmann
Baxter Dury Prince Of Tears Le Label / PIAS / Rough Trade
Die!Die!Die! Charm Offensive Sounds Of Subterrania / Cargo
Destroyer Ken Dead Oceans / Cargo
Nach zwei meisterhaften Platten ist Dan Bejars zwölftes Studioalbum lediglich solide. Interessant sind vor allem die Ideen, die der Kanadier mit Destroyer in sein seit 2011 bestehendes Sounddesign integriert. Eine Mutmaßung: Wenn jemand in 20 Jahren das musikalische Schaffen des Kanadiers Dan Bejar auf eine Platte reduzieren soll, dann werden sich alle auf »Kaputt« einigen können, denn das war die Umsturzplatte, auf der er seinem bisherigen Indie-Rock ein Update in Richtung 1980er-Pop verpasste und mit einer Form von Jazz kreuzte, die man in dieser Art bisher noch nicht gehört hatte. Auf dem Nachfolger »Poison Season« wurde es opulenter und rockiger, nun ist Bejar
eingängigere, mal vertracktere Popmelodien. Der Opener »How Soon Is Too Soon (It’s Not Vintage It’s Used)« oder »Bottlecaps And Phones (I Can’t See You)« lassen im Hintergrund an Los Campesinos! oder Artverwandtes erinnern. Klar, in Momenten geht es immer noch rein noisig zu und gemahnt an die lautere Vergangenheit, zum Beispiel in dem Song mit dem tollen Titel »My Friend Has A Car He Starts With A Hammer (What Has Been Seen Can’t Be Unseen)«. Sicher ist: Live dürfte beides gut funktionieren, da sind Die!Die!Die! eine ebenso laute wie sichere Kiste. Christian Steigels
Die!Die!Die! liefern Noise-Rock, Postpunk und mächtige Shoegaze-Gitarrenwände, hinter denen sich seit Neuestem die eine oder andere Popmelodie versteckt. Erwähnt man den Namen der neuseeländischen Stadt Dunedin, gerät der schon ein wenig in die Jahre gekommene Indie-RockFan in Verzückung: In den 1980ern machte der Dunedin-Sound die Stadt auch außerhalb der Landesgrenzen berühmt, europäische und US-amerikanische Collegeradios spielten Bands wie The Chills, The Bats oder The Clean. Auch Die!Die!Die! kommen aus der Stadt auf der Südinsel Neuseelands, mit dem jangeligen Lo-Fi-Indie erwähnter Gruppen haben sie aber wenig gemein. Auch auf ihrem sechsten Album »Charm Offensive« sind die Koordinaten stattdessen weiterhin Noise, Postpunk und mächtige Shoegaze-Gitarrenwände. Allerdings lassen die drei musikalisch sehr versierten Jungs mittlerweile auch mehr Harmonie zu, hinter den zugegebenermaßen immer noch sehr unhandlichen und schmerzhaft laut aufgedrehten Verstärkern lauern mal
»Das ist ein biografischer Soundtrack eines imaginären Films über mich selbst«, sagt Baxter Dury über sein fünftes Album. Nach dem Hören wünscht man sich nichts mehr als eine tatsächliche Verfilmung. Baxter Dury hat 15 Jahre nach seinem Debütalbum in der Subkultur mittlerweile einige prominente Fürsprecher. Olli Schulz ist einer. Jason Williamson, Sänger der Sleaford Mods, ein anderer, der es zudem auf den Song »Almond Milk« des Musikers aus Buckinghamshire geschafft hat. Sein Album bestehe, so Dury, aus lauter fiktionalen Schnappschüssen. Um das auch musikalisch zu unterstreichen, fanden diesmal sowohl eine Band als auch ein Orchester Einzug in die lässig-entspannt wirkende Klangkulisse, die allerdings darüber hinwegtäuscht, dass Dury im Leben oft von Schatten begleitet wurde. Auf Albumlänge schaut der Prinz der Tränen wie durch einen Filter auf sich und die Welt. »Das ist massiv wahnhaft, aber auch genau deshalb ehrlich emotional«, sagt er selbst. Nach all den sanft ratternden Synthies, orchestralen Fragmenten, den eindringlichen Background-Vocals von Madeleine Hart und zu guter Letzt Durys hypnotischem Sprechgesang kann man ihm nur beipflichten: Gefühle wurden schon lange nicht mehr so stilvoll in Songs gegossen. Christian Schlodder
Eera Reflection Of Youth Big Dada / Ninja Tune / Rough Trade / VÖ 03.11.17
Leichtigkeit ist Eeras Sache nicht. Auf ihrem Debütalbum »Reflection Of Youth« blickt die gebürtige Norwegerin noch mal zurück. Dissonanzen spielen nicht nur in den Gitarrenharmonien eine wichtige Rolle. Die Jugend ist für uns alle eine ziemlich verwirrende Zeit. Erst im Nachgang begreift man viele Dinge, die da mit einem geschehen sind. Die norwegische Musikerin Anna Lena, die unter dem Namen Eera in London ihrem Bandprojekt nachgeht, hat sich mit ihrem Debütalbum »Reflection Of Youth« genau dieses Themas angenommen. In zart-zerbrechlichen Gitarrensongs bleibt die leichte Dissonanz ein steter Partner. Ähnlich einem Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Vorbilder hierfür könnten durchaus PJ Harvey oder alte Songs von Cat Power sein. Bittersüß ist der Sound, und bittersüß sind auch die Themen: Wie komme ich klar? Wie kann ich mit meinem Leben umgehen? Was mache ich aus meinen Fehlern? Diese fast kompromisslose Offenheit macht »Reflection Of Youth« zu einer ehrlichen Platte. Eine, die nahegeht, weil sie Nähe zulässt. Und in »Survived« mit der simplen Zeile »I survived« ein für viele wahrscheinlich treffendes Resümee der eigenen Jugend trifft. Konstantin Maier
FM Belfast Island Broadcast World Champion / VÖ 03.11.17
Wir werden alle älter, und manche werden auch erwachsener. Bei FM Belfast hatte man gehofft, dass sie und ihre Musik ewig jung bleiben würden. Leider ist die
LOVE ATTACK MIT SERMIN USTA
Starke Frauen, wiederentdeckte Welten und lang vermisste Helden: In dieser Ausgabe von »Love Attack« geht es nicht nur um große Emotionen.
In den letzten zwölf Monaten haben sich die Ereignisse für den 21-Jährigen A Boogie Wit Da Hoodie förmlich überschlagen. Er strich mehrere Platin- und Gold-Auszeichnungen ein, spielte auf Jay-Zs Festival Made In America und wurde von niemand Geringerem als Drake während dessen Show im Madison Square Garden auf die Bühne zitiert. Nun steigt der Freshman mit seinem ersten eigenen Album auf die Bühne. Auf »The Bigger Artist« (Highbridge The Label) lässt der Junge aus der Bronx musikalisch und bildlich die Puppen tanzen. Sein beliebtestes Instrument bleibt dabei das Piano, das auf mehr als der Hälfte seiner Songs vertreten ist. Kein Wunder, dass selbst die New York Times in ihm den vielversprechendsten jungen Rapper der Ostküstenmetropole sieht.
Sie gewann 2016 den Grammy für das beste Vocal-Jazz-Album und zählt seit ihren Anfängen zu den großen Sängerinnen ihres Genres: Cécile McLorin Salvant soll laut ihren Kritikern mit ihrem Album »Dreams And Daggers« (Mack Avenue) die direkte Erbfolge von Billie Holiday, Sarah Vaughan und Ella Fitzgerald angetreten haben. Ein Kompliment, das sich angesichts ihrer Songs bestätigt. Die Sängerin eines aus Haiti stammenden Arztes und einer Mutter aus Guadeloupe bewegt sich auf einem Niveau, das man in jeder Generation nur wenige Male findet. Ihre emotionale Bandbreite, die tiefsten Tiefen und ungefilterte Höhen sind ergreifend – auch nach mehrmaligem Hören.
Mit ihrer unwiderstehlich klaren Stimme und geheimnisvollen Persönlichkeit begeistert sie R’n’B-Fans und Kritiker gleichermaßen. Neben ihrer Eleganz und auch technischen Brillanz kann man Sabrina Claudio aber vor allem Ehrlichkeit attestieren. Die in Miami geborene 21-jährige Newcomerin erzählt auf ihrem Debüt »About Time« (SC Entertainment) auf sehr aufrichtige Weise von ihren romantischen und teils dramatischen Adoleszenz-Erfahrungen, die augenblicklich berühren. Wer kennt sie nicht, die Momente im Museum, in denen man vor einem Kunstwerk steht und nachdenklich in alle Richtungen analysiert, bis man fast daran verzweifelt. Ein ähnliches Gefühl löst die aus Brooklyn stammende Sängerin Masma Dream World mit ihrer Musik bei mir aus. Ihre selbstbetitelte EP (masmadreamworld.com) ist sperrig, rhythmisch und gleichzeitig sirenenhaft schön, aber trotzdem kaum zu fassen. Geht es um ein besonderes musikalisches Projekt? Oder einfach um schrille Kunst? Wie sehr man es auch will, es fehlen die Zugänge und Harmonien, um so viel Abstraktionen zu verdauen. Wäre diese Welt eine faire, würde Isaac Hayes noch leben. 2017 wäre der Ausnahmekünstler 75 Jahre alt geworden. Ihm zu Ehren gibt es nun »The Spirit Of Memphis (1962-1976)« (Concord), eine Compilation, die
die unterschiedlichen Kapitel seiner Karriere musikalisch und in Interviews dokumentiert. Neben Raritäten wie seiner ersten kommerziell veröffentlichten 7“ bietet jede der vier CDs einen gelungenen Einblick in Hayes’ Beitrag zur Musikkultur von Memphis und seiner Zeit bei Stax Records.
Nur wenige kennen sich mit Funk, Soul, Psychedelic und anderen Produktionen aus dem arabischen Raum so gut aus wie die Betreiber von Jakarta Records. Angefangen hat das vor drei Jahren in Marokko, als der Berliner Jannis Stürtz auf Basaren und in Plattenläden Meisterwerke des Maghreb entdeckte. Kurz darauf entstand das Jakarta-Sublabel Habibi Funk, das bis heute alte Alben unbekannter arabischer Künstler wiederveröffentlicht. Der neueste Clou ist eine Art Label-Compilation, nennt sich »Habibi Funk: An Eclectic Selection Of Music From The Arab World« (Habibi Funk) und beinhaltet viele bisher unveröffentlichte Tracks von Ahmed Malek, Al Massrieen, Sharhabeel Ahmed und Belbao. Wer also jetzt schon nach einem Weihnachtsgeschenk für einen Menschen mit exquisitem Musikgeschmack sucht, wird mit diesen arabischen Pop-Experimenten aus Psych, Disco und Jazz einen sicheren Treffer landen.
»Brat Brat, keine Schüsse, Korken knallen. Alle happy, keine Sorgenfalten«, wird sich Trettmann nach seinem Erfolgsschuss »#DIY« (SoulForce) denken. Kein Album wurde in diesem Jahr so heiß ersehnt und gleichzeitig von Kritikern so positiv besprochen. Das Debüt des Chemnitzer Shouters gilt schon jetzt als Blaupause des deutschsprachigen Trap. Trettmann (früher als Ronny Trettmann bekannt) und seine Produzenten-Posse KitschKrieg sind vollkommen zu Recht in aller Munde, denn auf diesem Album jonglieren sie quasi zeitgleich mit Pop, Trap, Dancehall und eindringlicher Direktheit. Logischerweise sind ihre Freunde Haiyti, Joey Bargeld, Gzuz und Bonez mit von der Partie.
Zwei Jahre Auszeit von der Öffentlichkeit hat sich Weekend genommen, um mal wieder auf das Game namens Rap klarzukommen. Offensichtlich war das für den ehemaligen VBT-Rapper aber nicht genug Zeit, um den Kopf wirklich freizubekommen. Denn Weekend ist wütender, als er es jemals in einer seiner digitalen Battlerap-Runden gewesen ist. »Ich bin zurück und finde alles scheiße«, stellt der Rapper auf »Keiner ist gestorben« (Chimperator) genervt fest. Der Gelsenkirchener hat die Nase voll von der aktuellen politischen Entwicklung, der fehlenden Empathie der Gesellschaft und den musikalischen Trends, die HipHop durchsetzen. »Rap ist tot«? Mag sein, aber Weekend ist es nach dieser beachtenswerten LP sicher nicht.
TINA DICO
FIRST AID KIT
ACID ARAB
ELIF
15.10.18 16.10.18 17.10.18 19.10.18 20.10.18 21.10.18 14.11.18 15.11.18 16.11.18 17.11.18 18.11.18
KÖLN MÜNCHEN STUTTGART LEIPZIG FRANKFURT SAARLOUIS HANNOVER BREMEN ERFURT DORTMUND BERLIN
24.11. WIESBADEN 01.12. BOCHUM
ALIOCHA
18.11. BERLIN 19.11. HAMBURG
DAMIAN LYNN 02.12. 03.12. 05.12. 07.12. 08.12. 09.12. 10.12.
DRESDEN HANNOVER BERLIN DORTMUND FREIBURG MAINZ MÜNCHEN
GRANDBROTHERS 02.11. 03.11. 27.11. 29.11. 03.12. 15.12.
LÜBECK HANNOVER KÖLN BERLIN FRANKFURT HAMBURG
08.03.18 BERLIN 10.03.18 HAMBURG
01.03.18 02.03.18 03.03.18 04.03.18 07.03.18 08.03.18 09.03.18 10.03.18 11.03.18 13.03.18 14.03.18 15.03.18 17.03.18 18.03.18 20.03.18 21.03.18 22.03.18 23.03.18
BREMEN BERLIN POTSDAM ROSTOCK HANNOVER LÜNEBURG MÜNSTER DÜSSELDORF KÖLN KARLSRUHE DARMSTADT OSNABRÜCK REUTLINGEN HEIDELBERG MÜNCHEN ERLANGEN DRESDEN HAMBURG
KRISTOFER ASTRÖM & RASMUS KELLERMAN 02.12. 03.12. 04.12. 05.12. 07.12. 09.12. 12.12. 13.12. 14.12. 15.12. 16.12.
BERLIN BREMEN MÜNSTER KÖLN MÜNCHEN STUTTGART KARLSRUHE NEUNKIRCHEN WIESBADEN TANGERMÜNDE HAMBURG
LAMBERT 15.11. 16.11. 17.11. 22.11. 22.12. 23.12.
KÖLN WUPPERTAL BIELEFELD BERLIN LÜBECK HAMBURG AUSVERKAUFT
BALBINA 19.11.17 20.11.17 21.11.17 24.11.17 25.11.17 27.11.17 29.11.17 30.11.17 02.12.17 17.12.17 15.03.18 16.03.18 17.03.18 21.04.18
STUTTGART HEIDELBERG MÜNCHEN AUGSBURG FRANKFURT KÖLN ESSEN MÜNSTER POTSDAM BERLIN OLDENBURG LÜNEBURG JENA POTSDAM
MICHAEL SCHULTE 12.11. 13.11. 14.11. 16.11. 17.11. 18.11.
FRANKFURT BERLIN HAMBURG HANNOVER WUPPERTAL KIEL
MRS. GREENBIRD 05.12. 06.12. 07.12. 10.12. 11.12. 12.12. 13.12.
KLAN
SUPPORTING FIVA X JRBB
23.11.17 DRESDEN 24.11.17 HANNOVER 25.11.17 BERLIN 10.12.17 HAMBURG 15.12.17 KÖLN 16.12.17 FRANKFURT A.M. MÜNCHEN 17.12.17 selectiveartists.com
LEIPZIG ERLANGEN AUGSBURG MÜNCHEN BERLIN HAMBURG LUXOR
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#Review jugendliche Leichtigkeit von früher auf »Island Broadcast« aber kaum noch zu erkennen. Das Cover reminisziert noch die guten alten Tage: viele Farben, viel Durcheinander, viel Lametta. Ein Überbleibsel vergangener Jahre, in denen die Isländer FM Belfast jede IndieParty zum Überkochen und jeden Tanzmuffel zum Ausrasten bringen konnten. Songs wie »Par Avion«, »Underwear« und »I Don’t Want To Go To Sleep Either« von den ersten beiden Alben versprühen immer noch jugendlichen Leichtsinn, Lebensfreude und Lust am Kontrollverlust. Es sind Lieder, die sepiagetränkte Erinnerungsfetzen von Feuerwerk, Konfetti und eben Lametta hervorrufen und im besten Fall sogar neue erschaffen. Doch irgendwann ging diese Unbeschwertheit und Leichtigkeit verloren. Auf dem dritten Album »Brighter Days« deutete sich diese neue Ernsthaftigkeit schon an, nun auf »Island Broadcast« ist sie dominant. Statt euphorischer Zeilen wie »We are running down the streets in our underwear« gibt es jetzt Durchhalteparolen zu hören: »Keep your head above water«, singt Lóa Hlín Hjálmtýsdóttir in »Agent«. Das heißt selbstverständlich nicht, dass der Electro-Pop der Band schlecht wäre. Jedoch fehlen als entscheidende Faktoren die unbändige Energie und unbeschwerte Leichtigkeit, die FM Belfast bekannt gemacht haben und gerade in heutigen Zeiten als Realitätsflucht manchmal bitter nötig wären. Marius Wurth
den Blick nach innen und auf die Performanz des Musikmachens selbst zu richten. Die mäandernde Qualität einiger Stücke auf diesem Album erweckt den Eindruck, Frey würde sich selbst dabei beobachten, wie sie die Musik hervorbringt. Dadurch richten sich die Stücke in hohem Maße auf Momente aus und scheinen auf angenehme Weise ganz bei sich zu sein. In Bezug auf die Soundästhetik stehen Klänge im Vordergrund, die sich nicht mehr auf eine eindeutige Ursprungsquelle zurückführen lassen. Vage, scheinbar im Raum schwebende elektronische Partikel produzieren tolle Unwirklichkeitseffekte. Das lässt sich sehr schön in »Ghost Dog« nachhören, dessen entkörperlichte Prägung bereits im Titel angelegt ist. Lea W. Frey scheint auf ihrer Platte eine Gesangsmethode vorzuführen, die sich die Melodie im Vorgang des Singens ertastet. Dadurch, dass »Plateaus« dazu tendiert, musikalische Zwischenbereiche zu vertonen, erinnert das Album an Robert Wyatt, Annette Peacock oder Broadcast. Letztendlich entzieht sich die Musik jedoch jeder Festlegung. So spielt sich Frey in »Dylan« in einen Rock-Groove hinein, der die sonstige ätherische Grundrichtung dezent konterkariert. Mario Lasar
auch Sinnbild für die Entwicklung der dahinterstehenden innerpsychischen Prozesse zwischen Zersetzung und Rückführung. »Mnestic Pressure« mutet dem Hörer zu, Zeuge dieser Prozesse zu werden und deren unvorhersehbaren Veränderungen auf sich einprasseln zu lassen. Oft nehmen die 13 Tracks des Albums dabei eine in allen Frequenzbereichen ausgefranste Tonalität an, wirken aber trotzdem ästhetisch und bergen außerirdische Melodien, die sich erst im Laufe des dritten bis vierten Durchlaufs mehr oder weniger offenbaren. Dabei klingt die gesamte Produktion durch ihre feinen Details sehr handgemacht, konturiert, ohne Schliff. Nachdem das 2014 erschienene »Koch« zwischen Ambient-Dub, Outsider-House, aber auch Industrial Techno oder IDM waberte und Gambles Ruf als nahezu unwirklich talentierten Produzenten mit entrückendem Sounddesign festigte, ist »Mnestic Pressure« die konsequente Fortentwicklung dessen – ohne Tanzbarkeit, ohne Kompromisse, ohne Entrinnen. Nils Schlechtriemen
Giraffage Too Real Counter / Ninja Tune / Rough Trade
Lee Gamble Mnestic Pressure Hyperdub / Cargo
Lea W. Frey Plateaus Enja / Yellowbird / Soulfood
Nach zwei LPs, die sich der Adaption fremden Materials widmeten, legt die Berliner Sängerin nun ihr erstes Album mit eigenen Stücken vor, die stilistisch zwischen Jazz und Elektronik changieren. Danksagungen im Booklet an Markus und Micha Acher von The Notwist helfen dabei, Lea W. Freys Musik einzuordnen. Ein Interesse an elektronischen Sounds verbindet sich bei ihr mit der prozessualen Praxis des Jazz zu einer Form von Pop, die bewusst auf jeden Knalleffekt verzichtet, um stattdessen
Flirrende Visionen der nahen Zukunft – Lee Gambles »Mnestic Pressure« dissoziiert festgefahrene Hörgewohnheiten inmitten surrealer Klanglandschaften. Ähnlich wie ein Alchemist ist der aus Birmingham stammende Soundtüftler Lee Gamble stets an der Umwandlung des Bestehenden in etwas Neues interessiert. Durch Sublimation, Destillation und Transmutation wird aus Asche Stein, aus Sand Metall, aus Eisen Gold oder, wie hier: aus Samples abstürzender Software und verzerrter Oszillatoren eine Sammlung komplementärer Geräuschskulpturen. Die Verwandlung des Materials ist nicht nur praktisches Experiment, sondern
Der Weg des US-Produzenten Giraffage zu seinem Debüt war nicht leicht. Die inneren Dämonen, die er während dessen Entstehung bekämpfte, hört man der Platte indes nicht an. Charlie Yin alias Giraffage hat eine schwierige Phase hinter sich. In dieser Zeit, so sagt er, habe er die vielleicht besten Songs seines Lebens geschrieben, dank der vielen darin enthaltenen Kollaborationen (etwa mit Japanese Breakfast und Angelica Bess) neuen Lebensmut fassen können. Man könnte »Too Real«, das in Yins Schlafzimmer geschriebene Albumdebüt des Produzenten aus San Francisco, klanglich als eine düstere, ernste, ganz und gar kathartische Angelegenheit erwarten. Doch der zwei Jahre andauernde Prozess der Entstehung und die damit verbundene Lebensaufgabe waren wohl der Ernsthaftigkeit genug: »Too Real« ist vor allem ein Dance-Album, das fluffige House-Beats mit dezent melancholischem Air-Synthie-Pop und
R’n’B-Harmonien zu einem locker-leichten, sommerlich verspielten Eiscreme-Sandwich kombiniert. Die inzwischen reichlich große Nachfrage nach den Produktions-Skills Giraffages sind fraglos gerechtfertigt: Mit der allumfassenden Lässigkeit von »Too Real« und dem Überwinden seiner inneren Dämonen dürfte Yin für eine große Zukunft gewappnet sein. Kristof Beuthner
Girls In Hawaii Nocturne PIAS / Rough Trade
Manchen Bands scheint das Songmaterial einfach so aus den Fingern zu fließen. Die Belgier Girls In Hawaii nehmen sich gerne etwas mehr Zeit und bringen ihren traurig-kuscheligen Indie-Pop dann ohne Umschweife auf den Punkt. Ja, traurig sind Girls In Hawaii immer noch. Aber diesem perfektionistisch zusammengefügten Pop-Sound aus Synthies, Gitarren, vielschichtigen Gesangslinien und trägen Melodien wohnt gleichzeitig eine aufmunternde Fröhlichkeit inne, die auf dem mittlerweile vierten Album der Band zehn stimmige Songs ausgespuckt hat. Vielleicht gründet gutes Songwriting hier auch auf einer entspannten Unaufgeregtheit, die dem Belgier eher zu eigen zu sein scheint als dem abgeklärten Briten oder dem polternden Amerikaner. Erneut hat Luuk Cox das Album produziert, das Cover-Artwork basiert auf einem Gemälde des Engländers Tom Hammick, welches von den Jungs sofort als Abbild ihrer Musik und Weltanschauung definiert wurde. Die äußere Betrachtung ist ein wichtiges Thema auf diesem Album, Beobachtungen in einer sich verändernden Welt, die selten ihre gute Seite zeigt, was von den Girls auf abstrakte Weise textlich verarbeitet wurde. Musikalisch greift die Band durchaus auch mal tief in die Referenzkiste: Midlake, Grandaddy, Synthie-Pop der 1980er und ein bisschen Krautrock finden in Belgien ein neues gemeinsames Zuhause, in dem man hoffnungsvoll und sehr überzeugend besseren Zeiten hinterher träumt. Klaas Tigchelaar
#Review Infos & Tickets: www.concertteam.de
02.11.2017 | Köln | Blue Shell
MASCHINENRAUM MIT PHILIP FASSING
Der diesmonatige Newsticker für Club-Musik steht ganz im Zeichen der alten Schule.
Erik Wiegand alias Errorsmith konnte sich vor allem um die Jahrtausendwende gemeinsam mit dem Berghain-Resident Michael »Fiedel« Fiedler einen Namen machen, ist aber auch über Kollaborationen mit Künstlern wie Mark Fell oder Soundstream immer wieder ins Gespräch geraten. »Superlative Fatigue« (PAN) ist nun das erste amtliche Soloalbum des Berliners. Wer den eigenwilligen Mix aus alter Rave-Schule, Augenzwinkern und Experimenten bisher mochte, der wird hier absolut nicht enttäuscht. Bemerkenswert bleibt vor allem, dass Wiegand trotz aller Kapriolen nie allzu sehr auf Distanz geht, sondern hin und wieder auch ein wenig Melancholie zulässt.
Es ist und bleibt beeindruckend, wie es Stephan Laubner zu Zeiten der maximalen Selbstvermarktung immer noch gelingt, sich so vollkommen aus dem ganzen Social-Media- und Presse-Zirkus herauszunehmen. Leisten kann er sich das allemal, schließlich sprechen seine unter dem Namen STL veröffentlichten HouseEntwürfe für sich. »Nonzero Sonics« (Dark Matters) bildet da keine Ausnahme, auch wenn die EP eine der wenigen Platten ist, die nicht bei seinem eigenen Label Something erscheinen. Musikalisch kreisen die drei Tracks frei zwischen den Koordinaten von Dub-Techno, Ambient und HipHop – nur auf höchstem Niveau natürlich.
Mit »Flashbacks 1992-1998« (Alter Ego) lassen Jörn Elling Wuttke und Roman Flügel ihre Frühphase als Acid Jesus Revue passieren, in der das Duo eine Reihe von stilbildenden EPs auf dem Frankfurter Kult-Label Klang Elektronik veröffentlichte. Eine Geschichtsstunde, die vor allem lehrt, wie präsent das Revival dieser Zeit aktuell ist. Denn bis auf das angezogene Tempo haben die auf zwei CDs verteilten Tracks viel mit der kontemporären Club-Musik gemeinsam. Zwitschernde Acid-Signale aus klassischer Hardware gehen heute eben auch noch gut. Wer wissen möchte, was Frankfurt mit all dem zu tun hat, findet hier sein Lehrbuch. Mit »One Day« (Office) gibt es derweil noch mehr vernebelten Schlafzimmer-House aus Berlin, der in diesem Fall allerdings gänzlich ohne die Nennung eines konkreten Interpreten auskommen muss. Okay, streng genommen ist das sogar nur die halbe Wahrheit, schließlich münden die meditativ pulsierenden Stücke spätestens mit der B-Seite in atmosphärische Momentaufnahmen, die man so im Club vermutlich nicht zu hören bekommen würde. Tatsache ist, dass man sich die Releases des charmant-diskret auftretenden Labels ohnehin blind kaufen kann. Benjamin Damage hat in den vergangenen fünf Jahren bevorzugt Platten für Modeselektors Label 50Weapons produziert, das nun allerdings schon wieder seit rund zwei Jahren der Vergangenheit angehört. »Montreal« (R&S)
JAIMI FAulKNeR 03.11.2017 | Köln | Theater der Wohngemeinschaft
Chelou
08.11.2017 | Köln | YUCA am CBE
MAd ChIld 12.11.2017 | Köln | E-Werk
FINK
14.11.2017 | Köln | Stadtgarten
MelANIe de BIAsIo 17.11. | Köln | Jungle · 25.11. | Dortmund | FZW Club markiert dementsprechend so etwas wie ein neues Kapitel in der Karriere des Briten. Musikalisch bedeutet das glücklicherweise relativ wenig, ist der Produzent seiner düsteren und zugleich melancholisch geschwungenen Handschrift doch durchweg treu geblieben. Und davon profitiert vor allem der mächtige Titeltrack mit seinem außerirdischen Lead-Riff.
Bereits mit seinem Debütalbum im Jahr 2014 ließ sich Joseph Richmond-Seaton alias Call Super in wirklich keiner Schublade unterbringen, mit seinem zweiten Album »Arpo« (Houndstooth) braucht man daran nun gar nicht mehr zu denken. Songs wie »Korals« oder »11 Out To Rust« ließen sich allenfalls noch als eine Art außerirdischer Hybrid aus Jazz und IDM begreifen, entziehen sich aber elegant allen gängigen Koordinaten. Umso erstaunlicher, wie gut sich das Ganze dann doch durchhören lässt, ohne dabei allzu anstrengend zu werden. Solch sperrige Ideen muss man eben auch erst mal derart zugänglich verpackt bekommen. Mit »Voxshot« (Aniara) liefern Genius Of Time genau das ab, was der Titel bereits verspricht: ein kurzes, rhythmisch im Groove platziertes Vocal-Sample. Viel spannender ist dabei allerdings, mit wie wenigen Mitteln sie dieses simple Motiv extrem effektiv variieren. Der Schlüssel dazu ist eine clevere Modulation, mit der ein einfacher Conga-Sound in einen perfekt harmonierenden Synthie-Stab gemorpht wird und die der einfachen Formel eine ganz neue Tiefe verleiht. Oder, etwas weniger verschwurbelt ausgedrückt: ein weiteres Fallbeispiel dafür, dass weniger manchmal mehr ist. Mit seinem eigenartigen Mix aus Techno und Psychedelic-Pop konnte das israelische Duo Red Axes in den vergangenen Jahren für eine Menge Aufmerksamkeit sorgen. Auch »Kalacol« (Life And Death) wird mit Sicherheit auf dieses Konto einzahlen. Ob man sich von diesem Crossover angesprochen fühlt, ist und bleibt eine Frage des Geschmacks. Respekt haben die beiden dafür aber sicher verdient, einen derart hippiesken Eklektizismus muss man sich nämlich erst mal trauen. Ob man zur Peaktime wirklich Spagetthi-Western haben will, ist dagegen eine ganz andere Frage. Es gibt kaum ein Feld, in dem Monat für Monat derart viele Compilations erscheinen, wie im Bereich der elektronischen Tanzmusik. Das hat zur Folge, dass man den eigentlichen Reiz solcher Veröffentlichungen immer wieder vergisst: zur Abwechslung mal von der Kuratoren-Position zurücktreten zu können, in die uns all die Streamingdienste gebracht haben, und das Steuer jemandem überlassen, der es besser weiß. Roman Flügel zum Beispiel. Der zeigt mit »Fabric 95« (Fabric) nämlich, wie man maximal elegant zwischen oldschooligen Rave-Reminiszenzen, Autoren-Techno und experimenteller Club-Musik pendelt.
ANtIheld
22.11.2017 | Köln | Kulturkirche
MAXIM
25.11.2017 | Köln | Blue Shell
MIlBuRN
25.11. | Düsseldorf | The Tube · 15.12. | Münster | Sputnik Café
IMpAlA RAy
25.11. | Frankfurt | Elfer Music Club · 26.11. | Düsseldorf | The Tube
BelAKo
26.11.2017 | Köln | CBE
puBlIC seRvICe BRoAdCAstINg 27.11.2017 | Köln | Live Music Hall
BlACK ReBell MotoRCyCle CluB 28.11.2017 | Köln | Artheater
RyAN KeeN 01.12.2017 | Düsseldorf | The Tube
CKy + lIoNIze 07.12.2017 | Münster | Sputnik Café
JAKe IsAAC
08.12. | Münster | Sputnik Café · 09.12. | Köln | Luxor 10.12. | Bochum | Zeche · 11.12. | Frankfurt | Zoom
steve‘N‘seAgulls 11.12.2017 | Köln | Blue Shell
MAtIJA
13.12.2017 | Köln | Blue Shell
KIM JANsseN 21.02.2018 | Köln | YUCA am CBE
BARBAgAllo 03.03.2018 | Köln | Palladium
At the dRIve IN 07.03.2018 | Köln | Gloria Theater
dIlloN
28.04. | Düsseldorf | The Tube · 29.04. | Köln | YUCA
MAINFelt
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#Review
Grandbrothers Open City Slang / Universal
Anti- / Indigo
Dank Danger Mouse präsentiert Curtis Harding seine Soul-Power nun in einem noch feineren Gewand. Mit seinem Debütalbum »Power Of Soul« glückte Curtis Harding 2015 ein beachtlicher Beitrag zur Retro-Soul-Welle, die Musiker wie Charles Bradley, Lee Fields oder Sharon Jones so wunderbar angeschoben haben. Zwei Jahre später singen Jones und Bradley mit Otis Redding und anderen Engeln in den Wolken, und Harding tritt mit seinem zweiten Album ihr Erbe an. Insbesondere die Stücke »On And On«, »Go As You Are« und »Ghost Of You« gehen weit über eine handwerklich astreine Hommage hinaus und profitieren von der herrlich warmen Produktion, für die Danger Mouse nach seinem erfolgreichen Projekt Gnarls Barkley ein weiteres Mal das perfekte Soul-Gewand fand. Während die Stücke seines Debüts mehr nach rohen Bandaufnahmen klangen, ist Hardings zweites Album mit all den Psychedelic-Untertönen, der breit aufgestellten Instrumentalbegleitung und feinen Details ein in sich geschlossenes Werk geworden, das sich thematisch mit Furcht und dem daraus resultierenden Hass beschäftigt und letztendlich natürlich immer wieder auf die gute alte Liebe als Heilsbringer setzt. Power of Soul eben. Sebastian Jegorow
Högni Two Trains Erased Tapes / Indigo
Haldern Pop / Rough Trade
Auf seinem Debütalbum zeigt das Berliner Quartett Hope, dass guter Postrock auch aus Deutschland kommen kann. Genau genommen handelt es sich bei »Hope« nicht um ein waschechtes Debüt. Denn bereits 2012 veröffentlichte die 2009 gegründete Band unter dem Namen Mamsell Zazou ihre erste LP »The Ocean Next Door«. 2014 benannte sich die Formation in Hope um. Auf dem nun vorliegenden Werk vereint sie äußerst atmosphärische Gitarrenwände und Synthie-Flächen zu einem Sound, der sich zwischen Postrock, Indie und Ambient bewegt. Es ist vor allem Sängerin Christine Börsch-Supan, die der Musik von Hope Intensität verleiht. Ihr Assoziationen zu Pumarosas Isabel Munoz-Newsome, Savages’ Jehnny Beth oder Karen O von den Yeah Yeah Yeahs weckender Gesang verfügt über eine Kraft und Spannbreite, wie man sie hierzulande nur selten zu Gehör bekommt. Stücke wie der drängend-repetitive Opener »Kingdom« oder das dringlich-hypnotische »Drop Your Knives« entwickeln folgerichtig einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Einzig das Songwriting erscheint mitunter als noch nicht völlig ausgereift. Aber das kann den positiven Gesamteindruck dieses aufsehenerregenden Debüts kaum schmälern. Dirk Hartmann
Hanne Hukkelberg Trust Propeller / Rough Trade
Hukkelberg goes Gaga: Die bastelfreudige Norwegerin kann auch Disco. Aber ist das eine gute Idee? Hanne Hukkelberg macht keinen Pop. Höchstens Art-Pop. Oder Experimental-Pop. In diese breiten Schubladen passt vermutlich sogar die Fusion aus Jazz, Weird-Folk, Indie-Rock, Kammermusik und Electronica, die die Norwegerin seit 2003 veröffentlicht. Mit »Trust« drängen sich die drei Buchstaben nun aber tatsächlich auf. Passend zu Song-Themen wie Internet und Virtual Reality wird ein guter Teil der Platte von einem ungewohnt eingängigen, fast clubtauglichen Synthie-Pop dominiert. Im Hintergrund rumoren immer noch schräge Percussions, Beats und Samples, doch mit ihrem getunten und gepitchten Gesang geht Hukkelberg glatt als Lady-Gaga- oder Rihanna-Verschnitt durch. Das ist hitverdächtig, aber auch arg klinisch. Im Kontrast dazu stellt die studierte Jazzerin ihre stimmlichen Unzulänglichkeiten im Stück »Fall« zu verspielter Billo-Electronica geradezu aus. Auch die Schlafzimmer-Frickelei von »Silverhaired« und »Alone« ist keineswegs anbiedernd. Wirklich gut steht Hukkelberg die neue Pop- und Electro-Schlagseite allerdings nicht. Gott sei Dank lehrt die Erfahrung, dass ihr nächstes Werk wieder ganz anders klingen wird. Nina Gierth
Adp / Al!ve
Auf ihrem vierten Album machen die Berliner I’m Not A Band einen Schritt in Richtung Pop, ohne dabei an der Komplexität ihrer furiosen Produktionen zu rütteln. I’m Not A Band haben sich auf ihrem vierten Album einer schwer zu lösenden Aufgabe gestellt: Sie wollten komplexen, dichten elektronischen Pop produzieren, der aber auch eine klare Sinnlichkeit transportiert – auf der einen Seite also die Errungenschaften von Bands wie Bodi Bill, auf der anderen aber auch die Transparenz von Metronomy oder Hot Chip. »Past Forward« hört man diesen Zwiespalt deutlich an, das macht aber zu einem Großteil die knisternde Spannung seiner Musik aus. Das Berliner Duo ist so sehr wohl Wagnisse eingegangen und hat auch Fehler einkalkuliert. Die Momente etwa, in denen sein Sound im Vergleich zum Rest dünn und verzagt wirkt. Gleichzeitig ist »Past Forward« aber auch genauso unerhört, wie der Titel suggeriert: eine Musik, die durch ihre vermeintlich unüberwindlichen Kontraste aufwühlt. Dann, wenn man sich ihr mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit widmet und bei dem Versuch scheitert, sie in die üblichen Kategorien einordnen zu wollen. I’m Not A Band haben bei ihren Aufnahmen Entscheidungen getroffen, die sonst kaum jemand traf, und sie reizen damit einen Nerv, der schon länger nicht mehr gereizt wurde. Dementsprechend schwierig ist es, dieses Album zu entdecken. Wer es geschafft hat, bekommt die Ahnung, dass sich hier eine Zukunft des Electro-Pop offenbart haben könnte. Henrik Hamelmann — Wir verlosen das Album fünfmal auf Vinyl. Schicke eine E-Mail mit dem Betreff »I’m Not A Band« an verlosung@intro.de. Viel Glück!
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Curtis Harding Face Your Fear
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I’m Not A Band Past Forward
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Zwei Jungs und ein Flügel: Die Grandbrothers gehen einen Schritt weiter und buchstabieren ihren aufregenden, einzigartigen Sound auf »Open« aus. Rekapitulieren wir die Geschichte, wie es zu dieser Musik aus der Mitte zwischen neuer Klassik und alten Clubsounds kam: Erol Sarp und Lukas Vogel waren Studenten am Düsseldorfer Institut für Musik und Medien, als sie 2011 die Grandbrothers gründeten. Sie begeisterten sich für Künstler wie John Cage – und für den Flügel als Instrument. In der Folgezeit konzentrierte sich Sarp vornehmlich auf das Klavierspiel und Vogel auf die Möglichkeiten von Elektronik und Technik. Ihr Ziel: klassische Klavierkompositionen mit elektronischer Klangästhetik zu verbinden, ohne jedoch synthetische Klangerzeuger zu nutzen. Alle Sounds stammen einzig von einem Konzertflügel, allerdings einem stark »präparierten«. Vogel entwickelte dafür eine Apparatur, mit der an verschiedenen Teilen des Flügels befestigte elektromechanische Hämmerchen und sogenannte »Bows« – Module, die Saiten über ein Magnetfeld zum Schwingen bringen – über einen Laptop steuerbar sind. Das Ganze wird live in Loops mit Effekten und den gespielten Flügeltasten gemixt: Musik, die tanzbar und ihrer Struktur nach Clubmusik ist, aber – statt mit computergenerierten Sounds und digitalen Beats – mit einem warmen, analogen, fast intimen Klang daherkommt. Was hier wie eine ziemliche Kopfgeburt klingt, ist tatsächlich überraschend emotional. Und, ja: »Open«! Nachdem das Debütalbum schon aus Ausdehnung und Erweiterung von Grenzen (»Dilation«) bestand, setzt der Nachfolger diesen Weg nun konsequent fort, öffnet Klangräume und macht Platz für Gedanken und Emotionen. Grandbrothers vertonen eine Offenheit, die gerade jetzt so dringend notwendig ist. Claudius Grigat
Der als Frontmann von Hjaltalín und Mitglied von GusGus ins Rampenlicht getretene Isländer Högni Egilsson veröffentlicht mit »Two Trains« sein erstes Soloalbum. Darauf nimmt Högni den Hörer mit auf eine Reise ins Island des beginnenden 20. Jahrhunderts: Zwei Züge liefern Material für den Ausbau des Hafens von Reykjavík. Jedoch weist die LP nicht nur eine historische, sondern auch eine psychologische Ebene auf, denn »Two Trains« entstand in einer Phase, in der Högni unter persönlicher Zerrissenheit litt. Dieser Dualismus spiegelt sich sowohl in den mal isländischen, mal englischen Texten als auch in der Musik wider. Während Streicher- und Chor-Arrangements Erinnerungen an vergangene Zeiten wecken, weisen pluckernde elektronische Rhythmen auf das Hier und Jetzt. Auf diese Weise gelingt es Högni recht gut, Tradition und Moderne zu verknüpfen. Dabei entstehen einnehmende Songskizzen wie der Album-Höhepunkt »Komdu Með« oder das dramatisch anschwellende »Break Up«. »Two Trains« ist so ein durchweg stimmungsvolles Solodebüt, das der beeindruckenden Diskografie des Isländers eine weitere hörenswerte Komponente hinzufügt. Dirk Hartmann
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Illegale Farben Grau Rookie / Cargo
Illegale Farben paddeln zwar etwas angestrengt im Bermuda-Dreieck aus Punk, NDW und Pop umher, doch gelingt ihnen das Kunststück, nicht darin zu versinken. Gründe, Illegale Farben tatsächlich verbieten zu wollen, gäbe es schon ein paar: Thoms stets genervten Gesang beispielsweise oder Zeilen wie »Viele Leute wollen Wurst«, die man nur dann noch dadaistisch nennen kann, wenn man diese Kunstrichtung entweder nicht versteht oder nicht mag. Taktisch unklug mag sein, dass die Kölner beide Kritikpunkte bereits in der Vorabsingle »Kein Problem« maximal ins Zentrum rückten, und doch sollte man sich nicht vorschnell von »Grau« vergraulen lassen. Illegale Farben haben nämlich nicht nur so einiges zu sagen, über den Umgang mit Flüchtlingen und das eigene Versagen sowie über jene, die solche Probleme lieber auf dem Sofa aussitzen. Sie haben auch eine Vielzahl an Mitteln, das musikalisch abwechslungsreich zu tun: PostpunkGitarren, Oil-Drums, ein verzerrtes Akkordeon sowie immer wieder Beats für den Indie-Club und Melodien wie in »Was passiert«, das sich früher wahrscheinlich die zentrale Position eines jeden Mixtapes verdient hätte. Wenn Illegale Farben im Opener von der Schönheit des Scheiterns singen, fragt man sich, woher sie eigentlich ihre Erfahrungen nehmen. Jan Martens
Kakkmaddafakka Hus Bergen Mafia / InGrooves
Das Eigenheim ist der wichtigste Ort der Welt – sofern man an Werbeslogans glaubt. Für kuschelige Hausmusik tut es aber wohl auch ein gemietetes Objekt, Hauptsache, es steht in Bergen und hat ein rotes Dach. Kakkmaddafakka sind an dem Punkt ihrer Karriere angekommen, die komplette Albumproduktion und -organisation in die eigenen Hände zu nehmen. Dementsprechend nahmen die Norweger ihre neue LP in einem Haus auf, das sie als »nutty Professor Edvard’s house« bezeichneten. Das nimmt Bezug auf einen Albumtitelvorschlag von Erlend Øye, der sich damit wiederum auf den Bergener Architekten Einar Oscar Schou berief, von dem ein Bild namens »Edvard’s House« existiert. Das »Hus« auf dem Albumcover ist jedoch das Haus, in dem die Band aufnahm. So viel triviale Verwirrung packt das Sextett freimütig zu seinen Songs dazu, vielleicht auch, weil man in Bergen in den langen Wintern viel Zeit zum Gedankenspinnen hat. Die Musik zeigt sich davon recht unbeeindruckt: Kakkmaddafakka stehen nach wie vor für knuddelig-schrammelige Indie-Pop-Hausmusik, geprägt durch die manchmal recht dünnen Stimmen von Axen Vindenes und Stian Sævig. Und obwohl das alles harmlos klingt, feiert die Band ihre fröhliche Unbeschwertheit mit Chören, Rasseln und ein wenig Naivität intensiv ab. Damit zementieren sie zwar keinen Meilenstein, erzeugen aber mindestens eine prima Berieselung für den Hintergrund. Klaas Tigchelaar
starb Gisberts Freund Nils Koppruch, mit dem er Kid Kopphausen gegründet hatte. Das Stück »Etwas Besseres als den Tod finden wir überall« hatte Koppruch begonnen, Gisbert hat es zu Ende geschrieben und es diesem Album geschenkt. Die Tragik des allein gelassenen Vaters in »Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand«, die unsagbar tiefe Liebe des Titelsongs, der jedem neuen kleinen Menschen dieser Welt gehört, zwei erstmals englischsprachige Songs – sie alle beweisen: Wie Gisbert schreibt und singt, kann das sonst keiner. Die ungeheure Weisheit dieses Albums, die musikalische Öffnung in breitere Klangwelten, die oft kaum erträgliche emotionale Tragweite seiner Songs: All das macht dieses dritte Knyphausen-Album zur besten deutschsprachigen Platte des Jahres. Wenn Kettcar mit ihrem »Ich & wir« nichts dagegen haben. Kristof Beuthner
Motor / Edel
Kellermensch sind noch die Alten – und das womöglich mehr, als Debütanten es nach acht Jahren Funkstille sein sollten. Aber wen kümmert’s, wenn’s zündet? Das Debütalbum von Kellermensch war eine kleine Glanztat, hat aber mittlerweile so viel Staub angesetzt, dass sich die schneidigen Dänen ohne Weiteres noch mal unerkannt zwischen die Newcomer mogeln könnten. Nach sage und schreibe acht Jahren läuft nun »Goliath« vom Stapel – ein Titel, der nach hüftsteifer Kampfmaschine klingt, doch weit gefehlt: An Feinsinnigkeit hat das Sextett im Laufe der Jahre nicht verloren. Und so ist es auch 2017 verschwendete Zeit, sich Kellermensch von Genrekartografen erklären zu lassen. Nein, man muss sie gehört haben, diese spröden Hymnen aus heiseren Hälsen. Und man muss erlebt haben, wie natürlich sich Kontrabass, Geigen und Orgel in ein klassisches BandSet-up integrieren lassen. Angesichts der erfrischenden musikalischen Gleichgültigkeit des Debüts hätte »Goliath« allerdings ruhig noch einen Hauch weniger aufgeräumt sein dürfen. Mag sein, dass die Band, die sich zwischen Sludge, Folk, Doom und Indie schon alles Mögliche an stilistischen Unterstellungen gefallen lassen musste, auf eine zentralere Position in der Musiklandschaft schielt. Denn auch »Goliath« steckt zwar voller faszinierender Eigenarten und Kontrastspiele, kommt aber nicht ganz so kaltschnäuzig wie sein Vorgänger vor den Tag. Nach dem Debüt wäre jede nur vorstellbare Entwicklung möglich gewesen, Kellermensch jedoch haben sich entschieden, alte Trümpfe zu spielen – und gewinnen auch, ohne sich zu übertreffen. Valentin Erning
Gisbert zu Knyphausen Das Licht dieser Welt PIAS / Rough Trade
Allenfalls die mächtigen Kettcar könnten verhindern, dass man das erste Album Gisbert zu Knyphausens seit sieben Jahren am Ende die beste deutschsprachige Platte 2017 nennen wird. Er ist der größte deutschsprachige Texter, den es derzeit gibt; seine Lyrik und seine Art zu singen sind unvergleichlich präzise und poetisch. Und doch hat es viel Zeit gebraucht, um diesen Gisbert zu Knyphausen auch den Kritikern schmackhaft zu machen. Satte sieben Jahre insgesamt; inzwischen
02.11.17 Berlin, Privatclub
Angelo De Augustine
02.11.17 K, Wohngemeinschaft 06.11.17 Berlin, Baumhaus Bar
Algiers
03.11.17 Bielefeld, Nr. z. P. 05.11.17 Dresden, Beatpol 06.11.17 Berlin, Lido
Perfume Genius 13.11.17 Hamburg 19.11.17 Berlin 20.11.17 Köln 22.11.17 München
Ride
05.11.17 Berlin, Astra
Moses Sumney
07.11.17 Köln, Kulturkirche
Jason Isbell + Tift Merritt
Suzan Köcher Moon Bordeaux Unique / Groove Attack
Kellermensch Goliath
Hurray For The Riff Raff
Die Newcomerin Suzan Köcher stammt aus NordrheinWestfalen, klingt aber mehr nach Wildem Westen. Sie sterben nicht aus: die Ladys, die im Vintage-Kleid und mit Vintage-Gitarre ein dunkel-nostalgisches Amerika zwischen gottverlassener Kleinstadt, staubigem Highway und Südstaaten-Veranda beschwören. Karen Elson, Sängerin, Model und Jack Whites Ex, ist so eine. Suzan Köcher auch. Die Parallelen zwischen dem 2008er-Debüt der Britin und dem Erstling der Solingerin sind unüberhörbar: der etwas unterkühlte Gesang, mit dem Köcher von verflossener Liebe und vom Mädchen »from the wrong side of town«, von Rotwein und Mondschein singt; die Mischung aus Twang- und Akustikgitarre, aus Country und Folk, angereichert mit Psychedelic und Pop, Vaudeville und Chanson. Natürlich gibt es Unterschiede: Köcher zelebriert weniger den Mörderballaden-Gothic-Vibe und gibt eher das Sixties-Mädel als die Southern Belle. Zudem klingt »Moon Bordeaux« glatter, manchmal ein wenig zu glatt. Doch Köchers Melodien sind ähnlich berückend wie Elsons, und der Retro-Trip gen Westen wird auch dank der Unterstützung von Harfe und Akkordeon, Honkytonk-Klavier und Mellotron nie langweilig. Die Veranden und Highways von NRW lassen grüßen. Nina Gierth
07.11.17 HH, Uebel & Gefährlich 08.11.17 B, Columbia Theater
Thurston Moore Group 14.11.17 Frankfurt, Das Bett
Benjamin Clementine
18.11.17 Hamburg 19.11.17 München 20.11.17 Köln 21.11.17 Berlin 22.11.17 Dortmund
The Amazons
15.11.17 Frankfurt, Zoom 20.11.17 Schorndorf, Manufaktur
Island + Eliza Shaddad 16.11.17 17.11.17 18.11.17 22.11.17
Sophia 18.11.17 20.11.17 23.11.17 28.11.17
Köln, Blue Shell Hamburg, Häkken B, Kantine am Berghain München, Unter Deck
Hannover, Café Glocksee Berlin, Musik & Frieden Heidelberg, Karlstorbhf. Dresden, Beatpol
Ghostpoet
05.02.18 Heidelberg 06.02.18 Köln 07.02.18 Hamburg 08.02.18 Berlin 01.03.18 München
The War On Drugs
22.11.17 Berlin, Tempodrom
Idles
26.11.17 Münster, Gleis 22 27.11.17 Hamburg, Molotow 28.11.17 Köln, Gebäude 9
Rhys Lewis
27.11.17 Hamburg, Häkken 29.11.17 Berlin, Privatclub
Chinese Man
15.02.18 Köln 16.02.18 Hamburg 17.02.18 Berlin
Michael Malarkey 29.11.17 Köln, Luxor
Charlie Cunningham
Lost Horizons Ojalá Bella Union / PIAS / Rough Trade / VÖ 03.11.17
Cocteau-Twins-Bassist Simon Raymonde hat zur 20-JahrFeier seines Labels Bella Union das erste Album seiner aktuellen Band zusammen mit Richie Thomas aufgenommen, das durch viele Gastbeiträge wie ein Sampler wirkt. Simon Raymondes Kollaboration mit dem ehemaligen Dif-Juz-Drummer Richie Thomas bildet die Grundlage für 15 herbstlich gestimmte melancholische Songs, die mit einer Vielzahl von Gastsängern veredelt werden. Darunter sind bekanntere Künstler wie Marissa Nadler, Ghostpoet, Midlake-Sänger Tim Smith und The-Duke-Spirit-Frontfrau Liela Moss, aber auch Neuentdeckungen wie Beth Cannon, Hilang Child und Phil McDonnell. Miteinander verbunden sind die Indie-Folk-Songs durch einen recht unspektakulär gehaltenen Klangteppich aus Piano-Tupfern, FingerpickingGitarren, dezenten Streichern und Bläsern sowie Thomas’ akzentuiertem Postrock-Schlagzeugspiel. Lost Horizons treten also höflich in den Hintergrund und bieten ihren Gästen den größtmöglichen Raum, um sich zu entfalten, was das Duo in die Nähe einer Backing-Band rückt. Es wird deutlich, dass »Ojalá« die Herzensangelegenheit eines Labelbetreibers ist – eine Compilation für die dunkleren Tage des Jahres. Die musikalische Eigenständigkeit und atmosphärische Tiefe des legendären Projekts This Mortal Coil, an dem die ehemaligen 4AD-Labelmates Raymonde und Thomas auch mitwirkten, erreicht es nicht. Anhören sollte man es sich aber unbedingt trotzdem, denn allein die verträumten Songs mit
04.12.17 Oldenburg, Kulturetage 06.12.17 Mainz, Capitol
John Smith 10.12.17 11.12.17 13.12.17 14.12.17
Hamburg, Nochtwache Berlin, Privatclub München, Unter Deck Köln, Studio 672
Editors
18.03.18 Wiesbaden 24.03.18 Münster 25.03.18 Köln 31.03.18 Hamburg 01.04.18 Berlin 02.04.18 Leipzig 20.04.18 München
The Barr Brothers
22.01.18 Berlin, Privatclub 23.01.18 Köln, Studio 672
Yungblud
22.01.18 Köln, Blue Shell 23.01.18 Berlin, Musik & Frieden 26.01.18 Hamburg, Molotow
Deer Tick
24.01.18 Berlin, Bi Nuu 25.01.18 HH, Nochtspeicher
Noel Gallagher´s High Flying Birds 08.04.18 Hamburg 09.04.18 Düsseldorf 12.04.18 München 16.04.18 Berlin 17.04.18 Wiesbaden
Girls In Hawaii 12.02.18 13.02.18 14.02.18 16.02.18
München, Strom Dresden, Beatpol Berlin, Bi Nuu Köln, Gebäude 9
Calexico 09.03.18 10.03.18 11.03.18 21.03.18 23.03.18
HH, Große Freiheit Berlin, Tempodrom München, Muffathalle Stuttgart, Im Wizemann Köln, E-Werk
Max Richter
04.06.18 Berlin 05.06.18 Frankfurt
Tickets & Infos: www.schoneberg.de
110
#Review Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen.
Kartentelefon 0711 221105 www.musiccircus.de musiccircus.stuttgart
Marissa Nadler und Anna Peris (The Innocence Mission) sind die Anschaffung wert. Timo Weber
Sa. 4.11.17 | Keller Klub Stuttgart
Di. 19.12.17 | Universum Stuttgart
So. 12.11.17 | clubCANN Stuttgart
Sa. 23.12.17 | LKA Longhorn Stuttgart
Fr. 17.11.17 | LKA Longhorn Stuttgart
Sa. 6.1.18 | Porsche-Arena Stuttgart
+ guests: MANTAR, DEATH ALLEY Fr. 17.11.17 | Keller Klub Stuttgart
Do. 11.1.18 | Goldmarks Stuttgart
Lean Year Lean Year
Fr. 19.1.18 | Im Wizemann Stuttgart
Western Vinyl / Cargo
ALEX LAHEY FINDLAY
KADAVAR
OKTA LOGUE + guest: BELPHI Fr. 17.11.17 | KJH Hallschlag Stuttgart
JAYA THE CAT
Mo. 20.11.17 | Keller Klub Stuttgart
MISTER ME
Di. 21.11.17 | Universum Stuttgart
NASTY
TIEFLADER
SAVAS & SIDO
MISTER AND MISSISSIPPI GLASHAUS
Mi. 24.1.18 | Goldmarks Stuttgart
8KIDS + Gäste: KIND KAPUTT Do. 25.1.18 | Goldmarks Stuttgart
ALEX MOFA GANG
Mi. 22.11.17 | Universum Stuttgart
+ Gäste: FINN Do. 25.1.18 | Theaterhaus Stuttgart
Do. 23.11.17 | Keller Klub Stuttgart
Mi. 31.1.18 | Im Wizemann Stuttgart
TRIGGERFINGER IMPALA RAY
Di. 28.11.17 | Im Wizemann Stuttgart
KETTCAR
SHAHAK SHAPIRA Fr. 2.2.18 | Goldmarks Stuttgart
PARCELS + guests: THE LOVELY DAYS ROGERS Fr. 1.12.17 | LKA Longhorn Stuttgart
GLORIA
Sa. 2.12.17 | Keller Klub Stuttgart
Fr. 9.2.18 | LKA Longorn Stuttgart
MANDO DIAO
BERGFILM + Gäste: REAL WAR
Fr. 16.2.18 | Im Wizemann Stuttgart
Mo. 4.12.17 | Keller Klub Stuttgart
TAGTRAEUMER
Mo. 19.2.18 | Liederhalle Stuttgart
Fr. 8.12.17 | Liederhalle Stuttgart
Mi. 21.2.18 | Im Wizemann Stuttgart
MIGHTY OAKS
+ guests: GIANT ROOKS Sa. 9.12.17 | Keller Klub Stuttgart
KRISTOFER ASTRÖM & RASMUS KELLERMANN
JON GOMM
MILKY CHANCE SOL HEILO
Sa. 3.3.18 | KJH Hallschlag Stuttgart
CALLEJON
Di. 6.3.18 | clubCANN Stuttgart
So. 17.12.17 | Im Wizemann Stuttgart
KAT FRANKIE
+ Gast: TRISTAN BRUSCH
SOHN
MINE & FATONI
So. 13.5.18 | Im Wizemann Stuttgart
TOUR BORDEAUX 02.11. Düsseldorf - Kulturschlachthof (w/ Fai Baba) 15.11. Bochum - Schauspielhaus 18.11. Düsseldorf - New Fall Festival 21.11. Mainz - Schon Schön 24.11. Frankfurt - Orange Peel (w/ Echo Train) 07.12. Metz - University 08.12. Köln - Gebäude 9 (w/ Okta Logue) 16.12. Solingen - Altes Stellwerk 10.01. Duisburg - Djäzz 11.01. Hamburg - Prinzenbar 12.01. Hannover - Lux 13.01. Celle - MS Loretta 14.01. Berlin - Berghain Kantine 16.01. Langenberg - Kultur Güterbahnhof 28.01. Offenbach - Hafen 2 29.01. Leipzig - Noch Besser Leben 30.01. Dresden - Ostpol 31.01. Chemnitz - Aaltra 01.02. Jena - Cafe Wagner 02.02. Karlsruhe - Substage 04.02. München - Unter Deck
Debut "Moon Bordeaux" 27.10.2017
Unique Records / Groove Attack / Rough Trade
Lyvten Bausatzkummer
ITCHY
Emile Rex und Rick Alverson servieren ein sattes Bouquet aus Woven Hand, She & Him sowie Isobel Campbells und Mark Lanegans »Ballad Of The Broken Sea«. Während Rick Alverson aufgrund seiner Vergangenheit als Teil der Indie-AmbientFormation Spokane bereits Bühnenerfahrung sammelte, bestand Emile Rex’ Auditorium bislang aus den Studierenden der Indiana University, an der sie zuletzt als Hochschullehrerin unterrichtete. Lean Years minimalistischer Folk-Ambient-Pop kann durchaus als anthropologischer Diskurs zum Verhältnis von Identität, Rolle und Form interpretiert werden. Die spärlichen Instrumenten-Anordnungen kreieren mal begierige, mal spöttische Melodien, stets von Rex’ konziliantem Gesang getragen. Dabei limitiert sich das Duo nicht auf die balladenhaften Momente des Folk, sondern konstruiert eine gediegene Klangarchitektur in minimalistischer Indie-Manier, die sich als genialisches Fundament für existenzialistische Episoden eigener Brüche erweist. Lean Years Debüt ist die musikalische Antwort auf Jeffrey Eugenides’ »Liebeshandlung« aus dem Jahr 2011: Das Leben ist stärker als der Versuch der Dekonstruktion. Mathias Meis
Twisted Chords / Broken Silence
Indiepunk-Bands, die etwas zu sagen haben, kann es tendenziell nie genug geben. Lyvtens »Bausatzkummer« fügt dem Chor jedoch keine wirklich neue Stimme hinzu. Leicht ist es mit Sicherheit nicht, aus dem Dickicht junger deutschsprachiger Punkbands hervorzustechen. Schließlich kann nicht jeder Zynismus und Wut derart perfekt verbinden wie Love A oder so viele klaustrophob-bedrückende Evergreens schreiben wie Turbostaat, und so kranken auch Lyvten aus Zürich an ihren fehlenden Alleinstellungsmerkmalen. Ja, die Mischung aus rasendem Oldschool-Hardcore und schleppendem Postpunk stimmt genauso wie die Authentizität der mal ins Politische gehenden, mal im Zwischenmenschlichen verbleibenden Texte. Ebenso ist Sänger Thorsten Polomskis Stimme – irgendwo zwischen betrunkenen Muff Potter und nüchternen Die Kassierer angesiedelt – vielleicht nicht schön, aber zumindest markant. Etwas traurig ist dann aber doch, dass das Ganze ausnahmsweise mal weniger als die Summe seiner Teile ist und kaum ein Song, eine Melodie oder eine Textzeile vom zweiten Album der Schweizer im Kopf verbleiben mag. Die Anleitung befolgt, und doch bleibt das Ergebnis hinter den Erwartungen zurück – haben Lyvten das etwa mit »Bausatzkummer« gemeint? Jan Martens
Lindstrøm It’s Alright Between Us As It Is
Macklemore Gemini
Smalltown Supersound / Rough Trade
Bendo / ADA / Warner
Es ist immer noch erstaunlich, wie sehr Namen wie Lindstrøm für Qualität stehen, obwohl sie diese schon lange nicht mehr zu erbringen vermögen. Hans-Peter Lindstrøm ist dieser norwegische, sehr gut aussehende DJ, der seit Anfang der 2000er immer wieder feine Electro-PopPerlen in die Welt sandte. Ob allein oder zu zweit mit Prins Thomas und unzähligen weiteren Kollaborateuren, ob instrumental oder mit seiner favorisierten Sängerin Christabelle – immer wieder kamen balearische Klänge und discoide Tanzflächenfüller und -knüller dabei raus. Eher verzockt waren einige seiner Beiträge zur jüngeren Popgeschichte, aber das muss erst mal nichts Schlechtes sein. Doch seit seinem letzten wirklich großen Hit »I Feel Space« hat sich einiges getan: Trends kamen, Trends gingen, der Sound entwickelte sich weiter, nur Lindstrøm blieb der gleiche. Selbst eine Zusammenarbeit auf Albumlänge mit dem amerikanischen Songwriter Todd Rundgren konnte nur kurz darüber hinwegtäuschen, dass sich bei ihm wenig bewegte. Und so plätschert auch diese Platte dahin, ohne zu interessieren, geschweige denn umzuhauen. Hier mal Vocals, da ein »Inspector Norse«-Klon, dann wieder viel Wasser, das den Rhein runterfließt. Allein in ihrer überbordenden Belanglosigkeit mag die Platte wirklich erstaunen. Das scheint mir jedoch nicht das Ziel gewesen zu sein. Lars Fleischmann
Mit ihrer 2016er-LP »This Unruly Mess I’ve Made« standen Macklemore und Ryan Lewis vor dem Problem, Hip-Pop ohne Hits produziert zu haben. Ein kluger Entschluss also, das Teamwork mal pausieren zu lassen. Doch »Gemini« ist eine erfolglose Suche nach der besseren Hälfte. Schwungvoll, mit Schwiegersohn-Flow und auf gewohnt radiofreundlichen Audiospuren marschiert der sympathische Pop-Rapper Macklemore durch sein erstes Soloprojekt ohne Beat-Buddy Ryan Lewis. Doch obwohl so eine Trennung auf Probe auch Chancen birgt, wirkt schon der Radio-Klimper-Pop des Openers »Ain’t Gonna Die Tonight« ernüchternd. Während ihm Rap-Versteher-Props zumindest in der Theorie bisher immer sicher waren, hakt Benjamin Haggerty nun auf »Gemini« fast bemitleidenswert die Trends der letzten Jahre (Flöten-Beats, Lil-YachtyLeichtfüßigkeit, Migos-Features) ab, wenn er mit nicht gerade kalkulierter WohlfühlNostalgie alte Ideen reproduziert. Da wird das Klavierthema des Welthits »Can’t Hold Us« eben so umformuliert, dass man ihn »Glorious« nennen kann, und der »Thrift Shop« heißt jetzt »Corner Store«. Macklemore wirkt im Alleingang wie ein betrunkener Ex-Freund ohne Entscheidungskraft, der ausgerechnet neben Großraumdisko-Noughtie Ke$ha den »Good Old Days« noch am eindrucksvollsten nachweint und sich am Ende mit gleich drei Abschluss-Balladen in die Belanglosigkeit
#Review schunkelt. »Gemini« gleicht so einem einzelnen Zwilling: allein, orientierungslos, verloren. Fionn Birr
Liima 1982
Mittlerweile dürften nämlich auch die letzten Provinzpastoren hinreichend abgehärtet sein – einschließlich derer, die den Unruhestifter einst um jeden Preis kaltzustellen gedachten. Dass einzig die Boulevardpresse den mittlerweile 48-Jährigen noch als Schockrocker etikettiert, kommt nicht von ungefähr. Auch die Tourneen Mansons erwecken den Anschein einer Wanderausstellung, die das Gedenken an den alten Glanz wahren soll. Es wäre nur folgerichtig, jetzt die Geräte abzustellen, sich mit Justin Bieber zu versöhnen und die Diskografie friedlich einschlafen zu lassen. Valentin Erning
City Slang / Universal / VÖ 03.11.17
Caroline / Universal
»Erkläre mir die Liebe«, wünscht sich Philipp Poisel. Dazu sollte er sich das gemeinsame Album von Mine und Fatoni zu Gemüte führen, die, von Klischees befreit, eine trostlos-schöne Lebens- und Liebeswirklichkeit wiedergeben. 2005 proklamierte die Hansen Band noch: »Keine Lieder über Liebe«. Wohl wissend, dass vor allem die steifen, ungelenken
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Mine & Fatoni Alle Liebe nachträglich
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Satan, Satan! Fuck, fuck! Mit »Heaven Upside Down« rutscht Marilyn Manson, gespielt vom welkenden Brian Hugh Warner, ein Stück weiter in die kreative Insolvenz. Schon vor Jahren hätte sich Brian Hugh Warner besser ganz der Wasserfarbe, den Knetvulven und dem Absinth verschrieben. Aber nein: Immer noch kehrt er die Bruchstücke seiner goldenen Ära zusammen, stopft sie aus und stellt das in der Regel dürftige Ergebnis stolz zur Schau. Ähnlich wie Thomas Gottschalk, der sich uneinsichtig durch die Fernsehlandschaft fremdelt, scheint auch Manson in einer Blase zu leben. Sein zehntes Album »Heaven Upside Down« bellt laut, beißt aber nicht, ist weder originell noch provokativ. Erst spät verfliegt der Eindruck der Mittellosigkeit – weil der Künstler aufhört, sich selbst zu spielen. Bis dahin aber ist es ein entbehrungsreicher, mit lauen Selbstzitaten und modrigen Industrial-Riffs gepflasterter Weg. Witzlose Songtitel-Wortspiele wie »JE$U$ CRI$I$« und »SAY10« sind als Warnetikett zu lesen, denn über Highschool-ToilettenNiveau kommt Manson auch textlich kaum hinaus. Sturheit? Ratlosigkeit? Nostalgie? Was den bleichen Onkel dazu treibt, Album für Album mit den immer gleichen blasphemischen Spitzen anzutreten, bleibt ein Rätsel.
Der große Theorie-Pop-Künstler John Maus vergrößert sein Post-Pop-Referenzsystem mit in Dark Wave vertonten multiplen Orgasmen. Ich dachte, dass mich nach all den Jahren im dreckigen Pop-Business nichts mehr schocken könnte. Doch dann sollte ich mit John Maus sprechen, nur ausgewählte Interviews, Klugheitsnachweise erwünscht, und: Ich habe gekniffen. John Maus’ Musik ist eine süße Sucht – aber mit John Maus reden: Die intellektuelle Ohrfeige soll sich doch bitte jemand anders abholen. Der Mann hat 2014 seine Dissertation an der Universität Hawaii in politischer Philosophie abgeschlossen, in der er »the increasingly informatic, molecular and distributed technologies of power characteristic of control societies« analysierte und »politics of positive feedback« empfahl. Der Titel seines letzten Werks, des Durchbruchs-Albums »We Must Become The Pitiless Censors Of Ourselves«, bezog sich auf den französischen Theoretiker Alain Badiou; Jens Balzer besprach es seinerzeit in der Spex selbst für Poptheorie-Verhältnisse kryptisch. Vermutlich träumt Maus in molekularen Assemblagen. Vermutlich ist er ein netter Kerl. Nach sechs Jahren erscheint jetzt also neue Musik des früheren Kommilitonen (letzte Uni-Referenz!) von Ariel Pink, und sie macht da weiter, wo er 2011 aufgehört hat: bei klebrig-orgasmischem 1980er-Dark-Wave, Synthie-Arpeggios, dunkel verhalltem Gesang, sakral großen Melodiebögen. Worauf sich das alles im Detail bezieht, müssen wir noch herausfinden. Wir werden Zeit haben: Hätte Maus die Dimension von Zeit nicht längst hinter sich gelassen, wäre »Screen Memories« sicher das Album des Jahres. Steffen Greiner
Nov
Loma Vista / Caroline / Universal
Domino / GoodToGo
gr
Marilyn Manson Heaven Upside Down
John Maus Screen Memories
Ber
Die 1980er gelten einmal mehr als Ausgangspunkt eines Albums: im Fall von Liima jedoch nicht als musikalische Referenz, sondern als Konzept im Stile eines »Zurück in die Zukunft«-Films mit Folktronica-Soundtrack. Deutschland im Jahr 1982: Der erste Commodore 64 kommt auf den Markt, Helmut Kohl wird Bundeskanzler, Nicole gewinnt den »Eurovision Song Contest«, Fler kommt auf die Welt, und Romy Schneider stirbt. Im Jahr 2017 will die finnisch-dänische Band Liima solch kleine und große Ereignisse mit der Gegenwart verleimen – denn nichts anderes bedeutet der Bandname: Klebstoff oder Leim. Die Vergangenheit mit der Zukunft zu verbinden gelingt den Musikern mit den stilistisch feinen Mitteln der Collage, wie es auch Isan, Lali Puna oder Múm in ihrer Musik zelebrieren: Es pluckert, vibriert und wummert viel in der Musik von Liima. Synthie-Flächen, Sphärisches und Samples verbinden sich auf »1982« zu zeitlosen Pop-Perlen mit angenehmem Rauschen und rhythmischem Treiben. Das Video zum Titelsong ist entsprechend ein pixeliges Videospiel im Stile eines C64Spiels, gefilmt mit 3D-Kamera, womit der Bogen vom Jahr 1982 in die Gegenwart auch auf der visuellen Ebene gespannt wird. In diesem Sinne: Zeitleitung einschalten, Fluxkompensator läuft. Kerstin Kratochwill
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Soundwatch – Berlin Music Film Festival November 8–25, 2017 Lichtblick-Kino / silent green Kulturquartier Filme mit: Laibach · The Clash · Beth Ditto · Kim Gordon Feine Sahne Fischfilet · Jimi Hendrix · Link Wray · Twisted Sister Kurupt FM · Peaches · Genesis Breyer P-Orridge
www.soundwatch.de
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#Review Deutschen dabei viel zu häufig in lyrische Klischeefallen tapsen und schmalzige Schmachtfetzen produzieren. Tatsächlich werden Liebesthemen in der deutschen Popmusik hauptsächlich von utopisch-stereotypen Vorstellungen (Schlager) und schablonenartig neu zusammengesetzten Selbstverwirklichungstextfetzen (die sogenannten »neuen Deutschpoeten«) dominiert. Ein Gegengewicht dazu setzen Mine & Fatoni. Das Kollabo-Album der Sängerin und des Rappers umschifft diese Peinlichkeiten durch Fokussierung auf die kleinen alltäglichen Probleme und Schönheiten von Beziehungen, statt ein weiteres unerreichbares Gesellschaftsbild der ewig währenden und unsterblichen Liebe zu produzieren. Da vergisst Fatoni wieder einmal das Salz (»Romcom«) und Mine, wie schmerzhaft die Liebe sein kann (»Aua«). Die kleinen und großen Beziehungsthemen eben. Und weil Mine und Fatoni auf »Alle Liebe nachträglich« musikalische und lyrische Lovesong-Klischees vermeiden (mit Ausnahme des dann doch zu sehr geschminkten »Schminke«), können wir in 2017 guten Gewissens proklamieren: Mehr Lieder über Liebe! Solange sie von Mine und Fatoni kommen. Marius Wurth
bereits zum vierten Mal auf Albumlänge Tribut zollen, und zwar mit allem, was dazugehört: kraftvolle Hommagen an die Stone Temple Pilots wie »Dead Eyes«, Midtempo-Songs sowie Hymnen wie »Adore« und »Someday«, die nicht nur aufgrund ihrer prägnanten Titel an Billy Corgans beste Arbeiten erinnern. Deren Unsterblichkeit wird freilich kaum ein Stück auf »Waiting To Derail« erreichen, und so werden die Paceshifters zwar sicher das eine oder andere nostalgische Ohr erfreuen, aber kaum ein derartiges Revival lostreten können, wie es anderen Bands unlängst mit dem Hardrock der 1970er gelang. Betrachtet man den musikalischen Output der 1990er als Ganzes, ist das aber wahrscheinlich auch besser so. Jan Martens
auf: Hier hat man zumindest das Gefühl, als hätte im Studio wenigstens mal jemand Kaffee aufgesetzt. In »Vielleicht« wiederum lutscht Pi die antiquierte Palette romantischer Klischees aus und erinnert beinah an Die Firma – gewissermaßen das Sinnbild des Bausparvertrags im Deutsch-Rap. Dass er »Nichts war umsonst« als sein bisher bestes Album adelt, spricht für den Anspruch eines Frührentners, der dem Game nur deshalb nichts mehr abgewinnen möchte, weil er um die Tatsache weiß, nie mehr Teil dessen zu werden. Benni Bender
Philip Selway Let Me Go Bella Union / PIAS / Rough Trade
Prinz Pi Nichts war umsonst Keine Liebe / Groove Attack / VÖ 03.11.17
Paceshifters Waiting To Derail Hassle / Rough Trade
Auf »Waiting To Derail« bedienen sich die Paceshifters großzügig beim Grunge und Alternative der 1990er – nur deren Hitdichte erreichen sie nicht. Die 1990er haben sich ja nicht nur in kultureller Hinsicht so einiges zuschulden kommen lassen. Doch dank der besten Werke von Bands wie Smashing Pumpkins, Nirvana oder Pearl Jam sollte die vorletzte Dekade zumindest Freunden erdiger, kantiger Rockmusik gut im Gedächtnis geblieben sein. Zu diesen gehören offensichtlich auch die niederländischen Paceshifters, die ihren Vorbildern auf »Waiting To Derail«
Prinz Pi steigt endgültig aus dem Untergrund an die Oberfläche – die Gewässer dort sind schließlich seichter. »Nichts war umsonst« ist ein Pop-Album für die Masse. Zu den fragwürdigsten Entwicklungen im UndergroundRap gehören Bestrebungen, sich irgendwann im Laufe einer Karriere einer massenkompatiblen Pop-Transformation zu unterwerfen. Das muss den Künstlern nicht zwingend zum Vorwurf gemacht werden. Dennoch spricht es für eine verderbliche Entwicklung, wenn das Genre mit poppigen Streicheleinheiten zur Verzweiflung gebracht wird. Nur konsequent, dass »Nichts war umsonst« nun mit einem orchestral erweiterten Spektrum aus Streichern, Bläsern und Piano daherkommt. So wird etwa dem zuckrigen »Original« – passenderweise unter Mithilfe des Deutsch-Pop-Schwiegersohns Mark Forster – eine balladeske Kulisse zur Seite gestellt, die zu Prinz Pis neu gewonnener Genügsamkeit gut passt. Dennoch versteht sich der Berliner noch immer als Sprachrohr straßenschlauer Außenseiter. Im Titeltrack geht das teilweise
ESNS: EU
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Die Kombination aus Soundtrack und Radiohead-Mitglied klingt nach einer perfekten Verbindung. Philip Selways Kompositionen auf »Let Me Go« gelingt es jedoch nicht immer, dieses Potenzial auszuschöpfen. Im besten Falle erlangen Soundtracks selbst – unabhängig vom Film, für dessen Untermalung sie geschaffen wurden – Unsterblichkeit. Bestes Beispiel hierfür sind wohl die ebenso wunderschönen wie verstörend seelenzerreißenden Werke von Clint Mansell und dem Kronos Quartet zu Darren Aronofskys »Requiem For A Dream« und »The Fountain«. Diese scheinen für die Kompositionen des Radiohead-Drummers Philip Selway zum Mutter-Tochter-Drama »Let Me Go« Pate gestanden zu haben: Auch deren Kern bilden unaufgeregte, verschieden variierte Streichermotive, die sich auf einem hintergründigen Fundament aus Electronica, Säge und einzelnen Klaviernoten ausbreiten dürfen. Das ist, ähnlich wie auf Selways ersten beiden Alben, handwerklich solide gemacht. Ihre höchste emotionale Intensität erreichen die Songs aber erst dann, wenn sie die Grenzen des Instrumentalen verlassen und Lamb-Sängerin Louise Rhodes (im aufwühlenden »Walk«) oder Selway selbst zum Mikrofon greifen. Dann läuft
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auch der Kopfkinoprojektor, den ein jeder guter Soundtrack in Gang bringen sollte, einwandfrei, der an manch anderen Stellen von »Let Me Go« zumindest kurzfristig an Saft verliert. Jan Martens
Tumbleweed / Broken Silence / VÖ 03.11.17
Houndstooth / Rough Trade
Mit Kassetten aus seinen bis in die 1990er zurückreichenden Kellerarchiven bastelte Paul Woolford das neue Special-Request-Album in ausufernder Kleinarbeit zusammen und präsentiert nach drei Jahren mehr als 100 Minuten neues Material. Ähnlich wie beim Debüt »Soul Music« aus dem Jahr 2013 pressen sich auf »Belief System« Jungle, HardcoreBreaks und im besten Sinne nostalgischer Acid-Techno mit viel Schnitt und Nachdruck aus den Boxen, das klingt an manchen Stellen etwas behäbig, nimmt andernorts aber beinah Hymnencharakter an. Die 23 Tracks des Albums sind ganz klar auf Raver zugeschnitten, die schon zu frühen Love-Parade-Zeiten mit ausgewaschenen Jeans, überlangen Pullovern und ohne narzisstische Attitüde gemeinsam tanzten und die Clubkultur prägten. Jungle befand sich gerade erst in der Entstehungsphase, bezirzte durch seine halsbrecherischen Rhythmuswechsel, tiefen Basslines und für die damalige Zeit ungewöhnlich komplexen Produktionen jedoch in kürzester Zeit Liebhaber von Detroit-Techno, Garage-House und Eurodance. Paul Woolfords Sound ist von all diesen Elementen der jüngsten Geschichte elektronischer Musik durchsetzt und widmet sich ihnen mit Verstand und Gefühl für Authentizität. So zieren atmosphärische Flächen, gestreichelt von zart raunenden Pads, die Melodien des Openers »Chrysalis«, während »Change« Burial-Vibes beschwört und »Curtain Twitcher« in frenetischem Acid-Gezappel endet. Dann gibt es aber auch Tracks wie »Light In The Darkest Hour«, deren Balance von Melodie und wuchtigen Bässen hochmodern und geradezu viszeral produziert wirkt. Während der letzten 30 Minuten des Albums widmet sich Woolford dann ausschließlich düsterem Ambient – stellenweise mit Field Recordings unterfüttert oder von kurzen Effektattacken zerschnitten. Dadurch tankt »Belief System« zum Schluss noch einmal Dramatik, bevor es mit einer sehnsüchtigen Melodie in die Stille verschwindet. Nils Schlechtriemen
Morr / Indigo
Ein Geheimtipp aus der Panda-Bear-Schule des AvantPop: Sequoyah Tigers Debüt schimmert verführerisch und fremdartig. Sequoyah war der Name eines Silberschmieds aus dem Volk der Cherokee, der in den 1810ern die erste originär nordamerikanische Schrift entwickelte. Das CherokeeAlphabet enthielt 86 Zeichen, mit denen sich alle Silben der gesprochenen Sprache abbilden ließen. Das Ephemere zu systematisieren ist eigentlich ein Ansatz, der die Musik der italienischen Produzentin Leila Gharib intuitiv nicht unbedingt beschreibt. Sequoyah Tiger ist eine Songwriterin der verwaschenen Pop-Kleinodien, mit verführerisch schimmernden, aber doch seltsamen Melodien, Elementen von Electronica und den im Klangbild dominanten Vokal-Verfremdungen, die mit Experiment weniger gut benannt sind als mit Spiel. Ihr Avant-Pop erinnert an die frühen Tunng, an Animal Collective und Panda Bear, außerdem an die herbstnebligen DreamPop-Größen Beach House. Mit all diesen teilt sie auch die obskuren Anfänge und Bezüge zu anderen Künsten: Ihre Musik war zuerst der Bonus zu selbst produzierten Zines mit ihren Zeichnungen, ehe sie bei Morr unter Vertrag kam. Bei den kommenden Shows zum Debüt »Parabolbandita« teilt sie die Bühne mit einer Tänzerin. Die Bühne wird eine kleine sein, die Musik ist es nicht: Sequoyah Tiger ist einer der spannendsten Geheimtipps des Herbstes! Steffen Greiner
Die Sonne? Scheint wie ein schlechter Witz. Denn die Menschen unter ihr sind größenwahnsinnig und einsam. Zumindest, wenn man nach »Aber die Landschaft« geht. Abgesehen davon, dass Oliver Minck und Benedikt Filleböck ihren Wolke-Kammerpop ins Bandformat ausgedehnt haben und inzwischen Die Sonne heißen, hat sich im Duktus der Kölner eigentlich wenig verändert. Die Melancholie, die Scharfzüngigkeit im Spiel mit dem Schlagerhaften: All das ist noch da, präsentiert sich nur in einem größeren akustischen Gewand. »Aber die Landschaft«, das zweite Werk unter dem Namen Die Sonne, handelt im Wesentlichen vom Größenwahn der Existenz des Einzelnen, der stetig nach mehr, teurer und gigantischer strebt, nur um sich selbst dabei zu vergessen und in der Vereinzelung zu verschwinden. So sind »Denn alles was mir bleibt ist Unzufriedenheit« oder »Stillstand ist der Anfang deines Abstiegs in die Bedeutungslosigkeit« Kernsätze dieser recht düsteren Bestandsaufnahme. Die Rettung liegt in beißender Ironie (demnach liegt die Gegenthese in der Selbstaufgabe, »Ich leiste mir keine Träume, ich will nur noch die nackte Realität«) und 1980er-referenziellem Prefab-Sprout-Seidenpop. Mit einer Ausnahme: »NRW« ist der größte Rock-Song, den diese Band je aufgenommen hat. Kristof Beuthner
Parlophone / Warner
Jubiläen en masse: Die Stereophonics feiern mit »Scream Above The Sounds« nicht nur 20-jähriges Bandbestehen, sondern auch ihr zehntes Studioalbum. Die Aufteilung mag altbacken sein, für die Stereophonics muss sie aber noch mal aufgefahren werden: Die walisische Band war immer weniger eine Alben- als eine Single-Band, ihr Best-Of ist voller Knaller, die Platten sind eher okayes Britpop-Gedudel. Bewundernswert ist aber das konstante Abliefern von Kelly Jones. Dementsprechend durchschnittlich, aber gut ist auch »Scream Above The Sounds«. Es gibt die normalen Stereophonics-Hymnen (»Caught By The Wind«, »Taken A Tumble«) und -Balladen (»What’s All The Fuss About«), Sauf-Soundtracks (»Cryin’ In Your Beer«) und Nostalgie-Liedchen (»Before Anyone Knew Your Name«), ohne dabei in peinliche Altherren-Plattitüden abzudriften. Die Single »All In One Night« wurde inspiriert von Sebastian Schippers Film »Victoria« und ist eine melancholische Liebeserklärung an die Wirrungen des Nachtlebens. »Boy On A Bike« umschifft gekonnt gerade noch so den Schmalz, wenn Jones gewohnt whiskeyknatschig »I use to feel so free, when I was that boy on a bike« singt. Die fetteste Nummer ist eindeutig das preschende »Chances Are«, das den Beweis liefert, dass die Stereophonics noch genug Energie für die nächsten 20 Jahre haben. Gut. Paula Irmschler
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Würde der Clan heute erst erfunden, wäre dies sein würdiges Basismanifest. Ein Traum aus der klassischen Eastcoast-Meisterschule.
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KELELA
07.12.17 Berlin, Berghain (Sold Out) 12.12.17 Hamburg, Uebel & Gefährlich
Wer angesichts des comichaften Covers spöttisch ausruft, dies sei ja wohl »voll Neunziger«, dem sei entgegnet: »Genau, und wie!« Es ist alles da. Die lässigen, trockenen, abgehangenen Basslinien. Die dezenten, warmen Bläser. Die Samples aus zig Jahrzehnten HipHop, Funk und Soul. Die meist schlichten, effektiven und knusprigen Beats, die so gar nichts mit den Trends der Neuzeit zu tun haben. Die Shaolin-Sprachschnipsel und alten Einspieler aus der Filmgeschichte. Das reine, unverfälschte, zutiefst atmosphärische Eastcoast-Gefühl, das einen besonders in den erzählerisch angelegten Stücken noch mal nachschauen lässt, ob man nicht doch aus Versehen ein Album von Nas aufgelegt hat. Vor allem aber: der traumwandlerische Staffellauf, bei dem sich RZA, Method Man, Raekwon, Ghostface Killah, Inspektah Deck, Masta Killa, Redman und weitere Genossen gegenseitig das Mic in die Hand geben, häufig verknüpft durch eine Hookline, die an das Group-Shout-Gefühl von Bands aus dem New York Hardcore erinnert – auch so ein Relikt der 1990er. Wenn die Clan-Mitglieder nicht gerade Short Stories von der Straße erzählen, reihen sie Halbreime und Wortspiele so spielfreudig aneinander, als sei das RapGame gerade erst erfunden worden. Fans des Genres legen sie Ostereier ins Nest, die auf Westcoast-Klassiker von Dr. Dre oder die Lebensleistung von Public Enemy anspielen. Im Skit »Family« lassen sie eine Afroamerikanerin darüber lästern, wie perfide der Feminismus die Frauen hinters Licht geführt habe, indem er ihnen einredete, sie seien ohne ihre Männer als alleinerziehende Mütter besser dran. Stattdessen brauche man »the coalition of a man and a woman«, um vor allem die verlorenen Söhne gut großzuziehen. Die feindliche Haltung gegenüber den Vätern sei in Wahrheit bloß subtiler Rassismus, der unterstelle, dass der schwarze Mann grundsätzlich schlecht sei. Danach folgt mit »Why Why Why« ein starkes »Black Lives Matter«-Manifest über die Schussfreudigkeit des weißen Staates, an der sich auch 2017 nichts geändert habe. Eine Platte im Heute, die zeigt, welche Qualität das Gestern im HipHop zu bieten hatte. Oliver Uschmann
RONE
15.12.17 Berlin, Prince Charles
LIIMA
16.01.18 Hamburg, Uebel & Gefährlich 17.01.18 Berlin, Festsaal Kreuzberg 18.01.18 Leipzig, UT Connewitz 20.01.18 München, Strom 26.01.18 Köln, Blue Shell
SON LUX
23.02.18 Hamburg, Grünspan 24.02.18 Berlin, Lido 25.02.18 Köln, Gebäude 9 26.02.18 München, Ampere
WHOMADEWHO
27.02.18 Köln, Stollwerk 28.02.18 München, Technikum 01.03.18 Nürnberg, Z-Bau 02.03.18 Berlin, Festsaal Kreuzberg 03.03.18 Hamburg, Mojo Club
DJANGO DJANGO
13.03.18 München, Strom 16.03.18 Hamburg, Gruenspan 17.03.18 Berlin, Festsaal Kreuzberg
SOHN
26.04.18 Leipzig, Täubchental 28.04.18 Berlin, Huxleys 29.04.18 Frankfurt, Gibson 13.05.18 Stuttgart, Im Wizemann
Visionist Value Big Dada / Ninja Tune / Rough Trade
Heilige Maria Mutter Gottes! Was ist das?! Ein anstrengenderes und zugleich vielschichtigeres Album dürfte 2017 schwer zu finden sein. Der Wahnsinn hat hier zwar Kalkül, doch dieses Album will fast schon zu viel auf einmal. Es wird keine fünf Minuten dauern, bis die meisten Hörer von »Value« sich ähnlich gekrümmt vor Schmerz an den Kopf fassen wie Louis Carnell auf dem Cover des Albums, das genau wie schon bei »Safe« nur ihn selbst zeigt. Der besondere Wert dieses mutigen Werks besteht vor allem in seiner ausgesprochen konzentrierten Produktion, die sich hochdefiniertem Noise ebenso nähert, wie sie surrealen Grime und UK-Bass integriert und wieder ausspuckt. Ähnlich dem Vorgänger klingt das durchweg kohärent und konsequent, versucht sich aber auch fast im Sekundentakt an der Überwältigung des Rezipienten durch schneidende Synthesizer, die in ihrem gespenstischen Flirren und Dröhnen von außerirdischen Melodietransmissionen begleitet werden. Alles geschieht auf einmal, und in manchen Momenten schrammen die Soundwände haarscharf an der Völlerei vorbei, wirken beinah zu krass gespickt, zu schrill
und gewagt. Aber eben nur beinah. Denn Tracks wie »New Obsession« oder »No Idols« machen dieses Album mit seiner schieren Explosionskraft erst zu dem, was es ist. Die präzise kanalisierte Wucht, mit der Carnell das Trommelfell bearbeitet, steht in krassem Kontrast zu surreal flächigen Piano-Solos wie in »Homme« oder »Made In Hope«. Es sind jene Kontraste, die sich auf »Value« oft genug zu kräftigen Sound-Bündeln verdrehen und immer wieder für Schockmomente der Faszination sorgen. Ehrfürchtig und etwas erschöpft reibt man sich nach den 32 Minuten die Ohren, denn dieses nahezu physische Erlebnis von einem Album ist mit Sicherheit keine Sekunde zu kurz – aber auch keine zu lang. Nils Schlechtriemen
Jessie Ware Glasshouse Island / Universal
Intensiv und vielseitig: Jessie Ware zieht auf »Glasshouse« stilistisch alle Register und bleibt ihrem eigenen Gestus doch treu. Ihr drittes Album »Glasshouse« macht schnell deutlich, dass Jessie Ware den Stand ihrer Kunst nicht allein bei verhalltem ElectroPop sah: Swing, Soul und R’n’B haben in ihren Sound Einzug gehalten, zudem versucht sie manchmal sogar, so unmittelbar sinnlich zu klingen wie ihr Buddy Adele. Andererseits hat die Britin nicht vergessen, wofür sie von ihren Fans geliebt wird: Kaum jemand hat vornehme Dezenz so eindrucksvoll und emotional intensiv in den zeitgenössischen Pop eingeführt wie sie. Und auch das zeigt »Glasshouse«: Bei aller sinnlichen Intensität ihrer Texte ist Ware nach wie vor nie bollerig, sondern zurückhaltend und reflektiert. Natürlich führt für sie kein Weg zurück in den Underground, den sie einst mit Jack Peñate und SBTRKT beackert hat. Entweder reüssiert Ware als strahlender Popstar nach eigenen Gesetzen, oder sie scheitert. Immerhin hat sie das Vabanquespiel gemeistert, mit »Glasshouse« einen Schritt weiter zu gehen und sich nicht zu wiederholen. Das führt zwar dazu, dass sie beim Album-Einstieg speziell mit »Thinking About You« und »Stay Awake, Wait For Me« wie ein Las-Vegas-Act klingt. Es gelingt ihr aber immer wieder, den Sound auf ihre persönlichen Charakteristika einzunorden. So zeigen nicht nur vereinzelte Höhepunkte wie die Flamenco-Nummer »Selfish Love« oder die Ballade »Alone« Jessie Ware als eine der substanziellsten Künstlerinnen im gefährlichen Gewässer des MainstreamPop, sondern auch die vielen Etappen und Wendungen des ganzen Albums. Christian Steinbrink
Warhaus Warhaus PIAS / Rough Trade
Maarten Devoldere, Sänger von Balthazar, mimt auf seinem zweiten Soloalbum abermals den arroganten Beau, der rauchend in der Ecke steht und sich den Abgründen der Liebe zuwendet. Das Solodebüt des Balthazar-Sängers Maarten Devoldere als Warhaus war eines der charmantesten Alben des letzten Jahres.
#Review Romantische Streicher und eine modern in Szene gesetzte 1960er-Ästhetik wurden spannungsvoll von der arrogant wirkenden Lässigkeit seiner Stimme getragen. Abgründige Liebeslieder waren das, deren Präsenz man sich nur schwer entziehen konnte. Die Frage, die sich danach stellte: Trägt dieses Konzept auch auf einem zweiten Album? Die Antwort ist ein klares Ja. Das Setting ist ähnlich, allerdings ist »Warhaus« etwas opulenter und abwechslungsreicher als das Debüt geraten. Mit »Mad World« und »Love Is A Stranger« beginnt die Platte stark, die bekannte Spannung ist wieder da. Devoldere wird, so scheint es, von auf seiner Schulter sitzenden Feen umgarnt, sie flüstern: »Love is a stranger, till I see you again.« Der schönste Song, vielleicht der beste, an dem Devoldere bisher beteiligt war, findet sich am Ende der angenehm kurzen Platte: »Fall In Love With Me« ist ein romantisches, streichergeschwenktes Kleinod. Einfach wunderschön. Kai Wichelmann
kein Zufall, wie sie im Interview verraten: Sie haben eine Menge schräge Elemente weggelassen, »things we did just to prove that we could prove we could«, wie Waters verrät. Übrig bleiben vor allem tolle Popsongs. Die eingängigen »Walk Away« oder »La La« seien stellvertretend erwähnt. Im Zentrum schleicht der Titeltrack fast schon balladenhaft dahin, ungewöhnlich für diese doch sonst eher hyperaktive Musik und Zeugnis einer neuen musikalischen wie auch textlichen Reife. »I travelled across my emotions to find out what’s right«, singt Burke in »Puddle«. Hat sich gelohnt. Christian Steigels
Four / Sony
This Charming Man / Cargo
Memphis Industries / Indigo
Auf ihrem zweiten Album wagen die kanadischen Weird-Lo-Fi-Popper mehr Eingängigkeit. Eine gute Entscheidung. Wahnsinn, was manche Menschen in zwölf Monaten so schaffen können: ein überzeugendes Debütalbum aufnehmen, ausgiebig auf Tour gehen, für den wichtigsten kanadischen Musikpreis nominiert werden und nebenher neue Songs für locker drei Alben schreiben – als Freizeitausgleich quasi. Ein Drittel dieser Songs ist nun auf »Wide Open«, dem zweiten Album der Kanadier Weaves, zu finden. Auf den ersten Eindruck ist alles wie immer: Die crunchigen Slacker-Gitarren rufen laut Pavement oder Moldy Peaches, die Keyboards klingen immer noch wie Kaugummi, und im Zentrum steht Jasmyn Burkes prägnant übersteuerte Stimme, fein austariert mit der Gitarre von Morgan Waters. Das Album ist aber insgesamt zugänglicher als noch das selbstbetitelte Debüt, bei ihrem WeirdLo-Fi-Pop schreiben Weaves besonders den Pop inzwischen ein bisschen größer. Das ist
gelegentlich auch auf sphärisch-poppigen Upbeats. Das nachgezeichnete, sicherlich autobiografische Leben trägt das Gewand des Rap, spielt aber im Milieu des Punk, zwischen Hansa-Pils-Dosen und Kiezstimmung, wobei nicht nur der Titel eine Anspielung auf ein klassisches Deutschpunk-Album von Slime darstellt, sondern autonomer Wind durch viele Details der Verse weht. Stimmlich tragen Grim104 und Testo ihre Geschichten in einem übermütig-hochstimmigen Tonfall vor, der manchmal wirkt, als hätten sich Favorite und Fettes Brot zur Session getroffen. Eine Anspielung des Lehrers, die seine Schüler im Jahr 2025 nicht mehr verstehen. Oliver Uschmann
Zugezogen Maskulin Alle gegen alle
Wolf Mountains Superheavy
Weaves Wide Open
die dröhnenden Saiteninstrumente und das dynamische Spiel Kuhns konterkariert. So spontan, wie die Platte endet, steht man recht verdattert da und weiß nur, dass man sich sofort gleich noch zwei Durchläufe gönnt, denn so ein superstarkes Stück Musik bekommt man wirklich nicht oft. Lars Fleischmann
115
Schon wieder Krach aus StuttgartKaputtgart: »Superheavy« ist eine weitere Platte aus der kleinen, sehr aktiven Post-Grunge-Szene der Stadt. Außerdem eine der besten! Die zentralen Exportschlager Stuttgarts in den letzten Jahren waren Postpunk, rechte Grünen-Politiker und gehyptes Bier. Für uns ist vornehmlich Ersteres von Bedeutung: Rund um die Band Die Nerven entstand eine Clique, die schon 2013 »Von Heimat kann man hier nicht sprechen« verkündete und sich in verschiedenen Kombinationen Postpunk, Grunge und Indie widmete. Wie bei vielen dieser Acts hat auch bei Wolf Mountains Nerven-Schlagzeuger Kevin Kuhn seine Finger im Spiel. »Superheavy« stellt aber kein Auswringen der Szene dar, sondern eine kleine Offenbarung. Das beginnt schon bei den Referenzen, die man aufrufen kann: Die Band überbrückt musikhistorisch mehr als ein halbes Jahrhundert. Surf und Garage werden aufgerufen, dazu Slap-Delay-NoWave à la Suicide. An mancher Stelle meint man, The Velvet Underground herauszuhören, dann wiederum die Verschmelzung von Indie und Folk, wie sie die 1990er hervorbrachten. Reinhold Buhrs flehender und sich selbst in boyischer Ungeübtheit übertreffender Gesang ist schlicht mitreißend und wird durch
Dieses auf grimmigen Bassfundamenten errichtete Sittengemälde der Gegenwart zeigt HipHop von seiner außergewöhnlichen Seite. Eine Schulklasse im Jahre 2025. Gymnasium. Deutsch-LK. Der Lehrer weiß gar nicht, wo er anfangen soll. Die Schüler sind skeptisch, doch die Begeisterung ihrer Lehrkraft überträgt sich Takt für Takt. Das Thema ist »Alle gegen alle«, ein HipHop-Manifest aus der Krisenzeit des vergangenen Jahrzehnts. Eine Platte, an der sich viel anknüpfen lässt. Was »Mentalitätsgeschichte« bedeutet beispielsweise, persönlich gefärbte und doch ins Allgemeine übertragbare Reflexionen einer Jugend in den frühen 2000ern sowie einer Familiengeschichte beiderseits der Mauer, die einst das Land teilte. Man kann zeigen, wie metaphorische Übertragung funktioniert, wenn das ausgegrenzte Anderssein der adoleszenten Jahre zur Geschichte vom dörflichen Werwolf wird. Oder wie die Künstler sich selbst widerlegen, wenn sie einerseits in gesungener Hookline verkünden, »nur ein Tier« zu sein, und doch zugleich durch ihr fein konstruiertes Werk den anthropologischen Pessimismus Lügen strafen. Sitzt schließlich im atemberaubend starken letzten Drittel des Albums »Der müde Tod« an der Bar und kann seine Berufung gegen alle Entmutigung doch nicht aufgeben, ist beim Lehrer gar der Ansatz feuchter Augen zu beobachten. Manche Erzählungen resonieren stärker in Seelen, die bereits eine gewisse Lebenserfahrung haben. Musikalisch entfaltet sich die ganz ohne übertriebenen Wortspielsport auskommende Poesie meist auf finster-wuchtigen Bassbrettern;
Weezer Pacific Daydream Warner
Weezer machen auf ihrem elften Studioalbum erneut gut klingenden Quatsch, der Spaß macht, wenn man nichts erwartet. Weezer, die ständig zwischen Ironie und Genie, Charme und Peinlichkeit, Hymnen und Trash oszillieren, hatten diesmal ein klares Vorhaben: Nach den Ausgaben in Blue, Green, Red und White sollte nun das »Black Album« mit ernster, düsterer Musik folgen. Als ob! Ein Blick auf die Tracklist, und man weiß, dass das angebliche Ziel ordentlich versemmelt wurde. Statt Herbstmusik finden sich postpostpubertäre Sommersongs mit Namen wie »Beach Boys«, »Feels Like Summer« oder »Happy Hour« auf »Pacific Daydream«, die keine Boygroup oder Skatepunk-Band der 1990er kitschiger hätte hinbekommen können. Zehn Pophymnen gibt die Platte her, die mit ihrer Überproduktion und Zeilen wie »Just a boy and his computer« (»Feels Like Summer«) oder »She loves me, she loves me not« (»Mexican Fender«) die Schrottgrenze weit überschreiten und genau deswegen so gut sind. Es kann stark davon ausgegangen werden, dass Weezer nie etwas anderes vorhatten als das, was sie immer tun: nicht immer ganz ernst gemeinte Songs für Leute aufzunehmen, die daran Spaß haben. Authentischer geht es eigentlich nicht. Paula Irmschler
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Greatest Hits
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#Review die perfekte Illusion einer Studioplatte brach, entfällt diesmal. Verdient haben sie ihn natürlich trotzdem wieder. Sebastian Jegorow
Miley Cyrus Younger Now
Fokus auf Scotts Gesang in »Dive Bombing«. Die wiederkehrende Wasserthematik sorgt für kühles Klima, und der eher schleppendbedrückende Opener »Supercool« macht deutlich: Es hat sich ausgesommert. Denn ein Klischee bedienen Modern Studies dann doch: Ihr atmosphärischer Folk ist wie für die kalten Jahreszeiten komponiert. Lena Zschirpe
RCA / Sony
Das letzte Album produzierte Ex-DisneyPopstar Miley Cyrus zusammen mit den Flaming Lips. Grund genug, auch beim Nachfolger noch mal genauer hinzuhören. Meine kleine Schwester fand Mileys vorheriges Album ja scheiße. Und Sony ging das ähnlich – ihr Label zählt es nicht mal zu ihrer offiziellen Diskografie. »Miley Cyrus And Her Dead Petz« kitzelte hingegen Indie-Interesse hervor, wenn auch vornehmlich wegen Wayne Coynes Beteiligung. Es konnte musikalisch nicht überzeugen, war aber wegen seiner unwahrscheinlichen Kollaboration, der frechen Ästhetik und seiner sprunghaften Willkür spannend zu verfolgen. Mit dem Nachfolger geht es nun in ruhigere und flachere Gewässer. Um kalauernd mitzugehen: »Younger Now« klingt ziemlich alt. Entsprechend der Standards der Chartspop-Produktion ist es einfach und direkt strukturiert. Mal stampfend, mal schwelgend, mit hier ein wenig Country und dort ein wenig Ballade dreht es sich meist um die Liebe und das gute Leben, also persönliche, aber erprobte Popthemen. Nur das selbstreferenzielle Titelstück sticht daraus hervor, in dem sie ihre Zuhörer warnt: »What goes up, must come down.« Miley Cyrus kann mit ihren 25 Jahren eben kein Jugend-Zielgruppenprodukt mehr sein. Dass sie das weiß, stattdessen ihr bis dato intimstes Album produziert und dadurch versucht, in Würde zu altern, ist nicht spektakulär anzuhören, aber doch irgendwie sympathisch. Henje Richter
Mauno Tuning Tin Angel / Indigo
Postrock-Gitarren, träumerischer Gesang, Field Recordings – die Kanadier Mauno dekonstruieren den klassischen Popsong. Einer US-amerikanischen Musik-Webseite zufolge sind Schlagzeuger Adam White und Bassistin Eliza Niemi ausgesprochene Fans des Übernatürlichen. Das passt, auch der Musik von Mauno wohnt nicht selten eine träumerische, sphärische und angenehm ungreifbare Qualität inne. Das zweite Album der vierköpfigen Band aus dem kanadischen Halifax beschäftigt sich mit der Dekonstruktion des klassischen Popsongs. Das gelingt meist ganz wunderbar, wie im Opener »Or Just«, einem sich steigernden Popflehen mit PixiesGedächtnis-Gitarre. Grizzly Bear scheinen als Referenzpunkt überdeutlich durch, in den entfesselten Momenten (»Hand«) denkt man an die grandiosen Instrumental-Postrocker Pele, und Sänger Nick Everett könnte mit seinem an Zach Condon gemahnenden weichen Timbre ganz hervorragend in einer Beirut-Coverband singen. Klar, da dürfen auch Field Recordings nicht fehlen, die sie in ihrer Heimat, aber auch in Berlin und Heidelberg aufgenommen haben. Zwischendurch gewinnt man den Eindruck, dass Mauno nicht immer wissen, wie sie nun eigentlich klingen wollen. Aber diese kurzzeitige Unentschlossenheit wird kompensiert durch den tollen Schlussakt »Helah«. Schaut euch das dazugehörige Video an – näher kann man Sound und Ästhetik dieser Band nicht kommen. Christian Steigels
Bill MacKay & Ryley Walker SpiderBeetleBee Drag City / Rough Trade
Die beiden Gitarren-Geeks MacKay und Walker setzen ihre Zusammenarbeit fort und schütteln ein weiteres Instrumentalalbum voller Duette aus den Ärmeln. So einiges ist passiert, seit Ryley Walker und Bill MacKay 2015 ihre Auftritte im Whistler Club auf dem Album »Land Of Plenty« veröffentlichten. Während Walker mit »Golden Sings That Have Been Sung« zum Kritikerliebling avancierte, festigte MacKay 2016 mit dem Instrumentalalbum »Esker« seinen herausragenden Status in der Chicagoer Musikszene. MacKays unschuldige CoverZeichnung könnte für die Zusammenarbeit auch diesmal kaum passender sein. Hier haben wir zwei Musiker, die ihre verspielte Ader in acht Gitarrenduetten ohne Gesang oder Kunstgriffe ausleben. Jeder der beiden belegt einen Gehörgang, und als Einheit funktioniert das Duo auch ohne Bandbegleitung wunderbar. Bei den Höhepunkten des Albums greifen sie dann aber doch auf wohldosierte Gasteinsätze zurück. So rollt Katinka Kleijns mit ihrem Cello in »Pretty Weeds Revisited« den passenden Hintergrundteppich für den musikalischen Dialog der beiden Gitarristen aus, und Walkers Bandkumpel Ryan Jewell setzt im Quickie »I Heard Them Singing« mit Percussions Akzente. Der abschließende Zuschauerbeifall, der auf »Land Of Plenty«
Null + Void Cryosleep Hfn / Rough Trade / VÖ 03.11.17
Obwohl Kurt Uenala ein umtriebiger Produzent ist und seine Finger auch beim neuen Depeche-Mode-Album im Spiel hatte, klingt sein Debüt als Null + Void nicht ganz so einnehmend wie erhofft. Kontraste soll dieses Album laut Pressetext betonen – eine Floskel, der man so oder so ähnlich formuliert in vielen PromoInfos begegnet. Der durchexerzierte Kontrast zwischen verkopften Prog-Electronics und tanzbaren Anflügen von Darkwave wird in Tracks wie »Into The Void« oder dem gespenstischen »Come To Me« zwar recht eindrucksvoll abgebildet und immer wieder invertiert, doch insgesamt handelt es sich bei den Kontrasten dieses Albums eher um Qualitätsunterschiede im Hörerlebnis. Denn neben den herrlich düster pulsierenden Basslinien von »Asphalt Kiss« lassen Filler wie »Where I Wait«, eine dröge poppende Nummer mit Dave Gahan, oder das dumpf säuselnde Ambient-Slice »Foreverness« den Wunsch aufflammen, einfach zu skippen. Laut und klar produziert ist das zwar alles, doch womöglich genau deshalb auch ein gutes Beispiel für die zu selten verinnerlichte Weisheit, dass Produktionsniveau eben nicht das Wichtigste ist. Und dann gelingt dem aus der Schweiz stammenden New Yorker doch so ein Hammertrack wie das Feature mit Shannon Funchess, »Hands Bound«. Freunde epischer Electronics mit astrein produzierten Vocals werden hier mehr als einmal dahinschmelzen. Insofern hat »Cryosleep« tatsächlich seine Momente und fasziniert dann mit einer konsequent düster durchstilisierten SynthieDramaturgie, die jedoch leider nicht immer zum Klimax gelangt. Nils Schlechtriemen
Modern Studies Swell To Great Fire / Cargo
Herbst, Kürbiskuchen und Folk gehen bekanntlich Hand in Hand. Modern Studies liefern den Soundtrack zum FallendeBlätter-Beobachten und Teetrinken und könnten ihre Umgebung dabei nicht feinfühliger vertonen. Mit dem Begriff Supergroup sind wohl eher Altrocker gemeint, die mit ihren ehemaligen Bandkollegen im Clinch liegen und nun in neuer Konstellation auf direktem Wege die Headliner-Slots der Festivals ergattern wollen. Modern Studies passen nicht in dieses längst überholte Klischee, dennoch waren alle Musiker bereits bei szenebekannten Folk-Projekten wie etwa King Creosote eingespannt. Die Erfahrung ist der Konstellation rund um die raue Stimmvielfalt von Sängerin Emily Scott anzumerken. Ihr selbst so betitelter »Landscape Pop« mag kein leichtes Pflaster sein, dennoch gelingt es der Band auf »Swell To Great«, die Töne pointiert einzusetzen und die Umgebung einzufangen, die es auch ausdrücken will. Das geschieht mal minimalistisch wie in »Todays Regrets«, dann wieder verspielter und mit
Angst vor der eigenen Courage? Möglich ist vieles, denn »Rationale« wirkt in erster Linie halbgar und zerrissen. Zwar sind sowohl die frühen Singles auf dem Album vertreten als auch die Soul-Qualität von Rationales Gesang unbestritten, gleichzeitig wurde dem Künstler mittels betont sauberer und poppiger Arrangements aber auch ein gutes Stück seines Charmes genommen. Das Album wurde eindeutig auf ein MainstreamPublikum zugeschnitten, Rationales Qualität als Soul-Sänger in den Mittelpunkt gestellt, aber auch in Fantasie und Kreativität eingegrenzt. Käsiger Höhepunkt dessen ist die Single »Into The Blue«. Schade, dass hier so viel Potenzial verschenkt wurde. Rationale hätte durchaus zu einem außergewöhnlichen Künstler werden können. Christian Steinbrink
The Rural Alberta Advantage The Wild Paper Bag / Membran
Der Wandel ist konstant – so stellten The Rural Alberta Advantage es sich vor, als sie am vierten Studioalbum bastelten: »The Wild« sollte so etwas wie ein Ziel all dessen werden, dafür nimmt das Album aber etwas zu spät Fahrt auf. The Rural Alberta Advantage ist einer dieser Bandnamen, die sofort Klangbilder in den Kopf zaubern. Man sieht sie förmlich vor sich, die menschenleeren Straßen in der kanadischen Pampa, die zum Roadtrip einladen, dessen Soundtrack die drei aus Toronto liefern. Diesmal wurde etwas experimentiert, das hält sich aber im Rahmen. Immerhin »Dead/Alive« klingt ein wenig, als klemmte auf halber Strecke irgendwo in der kanadischen Prärie eine Dropkick-Murphys-MC im Kassettendeck. Die melancholische Nostalgie früherer Tage fehlt anfangs größtenteils. Das ist wohl Teil der Entwicklung. Da sich das Album ab der Hälfte, spätestens aber mit dem Titel »Alright« an alten Stärken orientiert, plötzlich eingängig wird und Seele bekommt, schwingt ein wenig verschleppte Wehmut mit. »These nights I walked with this heavy thought«, heißt es in »Letting Go«: Vielleicht muss man als Fan irgendwann genau das, also loslassen, und nicht dem alten Sound und damit verbundenen Erinnerungen nachhängen. Zumindest bei »The Wild« ist The Rural Alberta Advantage das Altbekannte aber doch besser als dessen Weiterentwicklung gelungen. Christian Schlodder
Rationale Rationale Warner
Nach langen Monaten des Wartens veröffentlicht der britische Soul-Künstler Rationale ein Debütalbum, das deutlich hinter der komplexen Fantasie der ersten Singles zurückbleibt. Anfang 2016 galt der Brite Rationale mit Tracks wie »Fuel To The Fire« oder »Fast Lane« als Hoffnungsträger des abstrakt düsteren und seelenvollen Electro-R’n’B. Das Album, das auf diesen Startschuss folgen sollte, wurde mehrfach verschoben – Künstler und Plattenfirma haderten mit dem Material. Über die Gründe dafür lässt sich jetzt, da die LP endlich fertig ist, gut spekulieren: War der durchaus vorhandene MainstreamAppeal nicht deutlich genug herausgearbeitet? Oder hatte man angesichts der zunächst recht komplex arrangierten Stücke plötzlich
Selig Kashmir Karma Columbia / Sony / VÖ 03.11.17
So wie ihr siebtes Album sollte die Band Selig ursprünglich einmal heißen. Es hätte bestens gepasst. Als Selig Mitte der 1990er aus dem Stand zum Zenit durchstarteten, sprachen sie gleichzeitig verschiedenste Zielgruppen an. Die Grunge-Generation trug das Flanellhemd auch bei ihren Konzerten; erfreut, dass es einen für sie ansprechenden Sound nun auch deutschsprachig gab. Doch auch Mucker gehören bis heute zu den Fans der
#Review handwerklich perfekten Formation, meist Männer, die Rage Against The Machine und Lenny Kravitz gleichermaßen mögen, da sie alles goutieren, solange es nur groovt. Der wahre Charakter von Selig lag und liegt allerdings darin, dass Jan Plewka und Co. aus tiefster Seele späte Hippies sind. Spirituell angehauchte Gefühlsmenschen mit musikalischer Hochbegabung. Kaum ein Album zeigt dies besser als »Kashmir Karma«, und das nicht bloß wegen der Lyrik. Musikalisch ist es Seligs härteste und kernigste Platte, perfekt passend zu einer Zeit, in der das Vinyl wieder zum Medium der Wahl geworden ist. Der Gitarrensound erinnert mehr als einmal an Kyuss und andere Größen des Wüstenrock zu seiner Hochzeit vor 20 Jahren. Der Riff von »Nimm mich so wie du bist« kann nur jemandem einfallen, in dessen Leben Nirvana eine tragende Rolle eingenommen haben. Ferner spielt der Vibe von 1970er-Psychedelic eine verqualmte Rolle, ein wenig Hendrix ebenfalls und dreckiger, verkaterter Blues. Eine befreit gespielte, wundervolle Alternative zum sich Poprock nennenden Schlager, der derzeit die deutschsprachige Chartswelt dominiert. Oliver Uschmann
Siinai Sykli Svart / Cargo
Die finnischen Progrocker Siinai legen mit ihrem sechsten Album ihr bisher elegischstes Werk vor. Leider klingt es nicht ambitioniert, sondern einfallslos. Das muss man sich auch erst mal trauen: Der Titeltrack des neuen Albums der auf ihren bisherigen Veröffentlichungen nicht immer überzeugenden, aber doch abwechslungsreichen Progrock-Band Siinai besteht aus einem zweisekündigen Gitarrenriff, der repetitiv von vorne bis hinten durchgezogen wird. In den Riff mischen sich ein paar synchrone sowie asynchrone Percussion-Elemente und ein Hintergrundgesang – und dann bleibt das für die Laufzeit von zehn Minuten so. Mutig, innovativ, ambitioniert, könnte man denken. Tatsächlich aber treibt es den Hörer die Wände hoch. Nun ja, vermutlich nicht jeden Hörer, aber die Evidenz spricht dafür, dass es zumindest einigen Hörern so gehen wird. Und das Ärgerliche ist, dass der Track nicht das einzige dezidiert unterfordernde der fünf Stücke auf »Sykli« ist. Dabei ist die Produktion klar, die Strukturen sind verlässlich, die Harmonien vorhanden. Aber letztlich klingt das hier nach talentierten Hobbymusikern, die nicht genau wissen, was sie mit ihren Instrumenten anfangen sollen. Also spielen sie erst mal drauflos, bauen ein Grundgerüst, irgendwas wird ihnen beim Spielen schon einfallen, so dachten sie wohl. Tut es dann nur leider nie. Henje Richter
Weil Jake Ewald, einer der beiden Sänger der US-Emo-Band Modern Baseball, unter einer Schreibblockade litt, gründete er Slaughter Beach, Dog – mit der Folge, dass das obskur betitelte Seitenprojekt durch die parallel verkündete Pause von Modern Baseball plötzlich zum neuen Hauptspielfeld für ihn wurde. Auf »Birdie« huldigt Ewald ganz offensichtlich dem guten John K. Samson, der in den Auszeiten der Weakerthans auch allein tolle Alben aufnimmt und dessen Duktus Jake Ewald spürbar inspiriert. Wie Samson kleidet auch Ewald seine mal authentischen, mal fiktionalen Geschichten als herrlich poetische Song-Kleinodien in einen organischen Indie-Folk und Gitarrenpop, der als eine reduzierte Version der Weakerthans, aber auch von Bands wie Pedro The Lion oder Modern Baseball selbst durchgeht. Die Musik fließt sehr melodisch und harmonisch; die Songs sind vielleicht einen Tick zu wenig individuell, um auf lange Sicht im Kopf zu bleiben. Trotzdem ist »Birdie« ein gut erzähltes Album, mit dem es sich ganz ausgezeichnet in den Lieblingssessel zurückziehen lässt. Kristof Beuthner
Tusks Dissolve One Little Indian / Indigo
Hinter der hauchzarten Stimme und den glazialen Klangwelten der Londonerin Tusks vermutet man die Patentlösung gegen schmelzende Gletscher. Schon auf den zuvor veröffentlichten EPs »Ink« und »False« gab sich das arktische Sound-Design von Tusks als Metapher kristallener Benommenheit. Ihr LP-Debüt setzt diese eiszeitliche Verzückung mit ätherischer Emphase fort. In einem Jahr, in dem DreamPop ohnehin vom ausgemachten Revival des Shoegaze-Genres profitiert, gar kein allzu schlechter Kniff. Bereits der Opener »For You« schwebt wie klirrender Nebel, der einzig durch die dämmrigen Straßenlaternen der englischen Hauptstadt erwärmt wird, über die cineastische Kulisse von »Dissolve«. Emily Underhill setzt hierbei auf perkussive Resonanz, zupfinstrumentale Distortion und eine Stimme, die mehr haucht, als dass sie singt. Dabei erinnert sie besser als gekonnt an ihre etablierten und offensichtlichen VokalVorbilder: Hannah Reid, Elena Tonra, Romy Croft. In der Summe übertreibt die Britin jenes Referenzbegehren jedoch zu sehr, als dass man sich dieser Traumreise durch naturerhabene Gletscherlandschaften uneingeschränkt hingäbe. Und doch vermögen besonders die elektronischen Module in »Paris« oder »My Love« das Bewusstsein des Hörers derart zu sezieren, bis nichts außer melancholischer Empfindsamkeit übrig bleibt. Die präzise installierten Akkord-Samples sind hier gerade ihrer Reduktion wegen so gewaltig, schwingen sie sich doch Stück um Stück zu polternden Crescendi auf, die die Verletzbarkeit jeden rührseligen Kerns offenbar werden lassen. Benni Bender
Slaughter Beach, Dog Birdie Big Scary Monsters / Al!ve
Modern Baseballs Jake Ewald überwindet seine Schreibblockade mit einer Verbeugung vor den Weakerthans und deren obskur-fiktionaler, kathartischer Poesie.
Was Köln das Kölsch ist und Berlin die Falafel, ist dem Wiener ja das Verenden. Müde am Lebensmüden ist auch die lokale Indie-Szene noch lange nicht. Vienna Rest In Peace ist offenbar ein Allstar-Kollektiv, aber nichts Genaues weiß man nicht. Es widmet sich in zwölf Songs getragenen Tempos der »Atemnot«, einer »Sterbenswerten Stadt« und, um die Morbidität auf die Spitze zu treiben, »Peter Handke«. »Totgestochen liegt dein Schatten in den Fängen der feigen Nacht, ins Rad geflochten, grob geschändet, grad noch lebendig, nun verendet«, eröffnen die sich verschwörerisch anonym gebenden Damen und Herren aus dem Umfeld des Labels Trauerplatten, dessen bekannteste Gruppe den wiederum ebenfalls nicht ungefährlichen Namen Aber Das Leben Lebt trägt. Der selbstbetitelte Opener ist ein sehr wienerischer Trauermarsch, und kurz klingt es wieder wie damals, circa 2008, als Ja, Panik den studentischen Existenzialismus der Locas In Love in dandyeske K.u.K-Ennui übersetzten. Ganz so übersprudelnd toll ist es dann zwar doch nicht, was hier zu hören ist, weder die Texte noch die Musik sind wirklich brillant, aber eine Platte voll von bissigem Esprit ist es doch geworden, an der Freunde der dunklen Seiten des Austro-Pop garantiert Gefallen finden werden. Steffen Greiner
Vienna Rest In Peace Vienna Rest In Peace Trauerplatten / VÖ 03.11.17
Watter History Of The Future Temporary Residence / Cargo
Genussvoll berauschter Post-Postrock, durchzogen von an Morricone erinnernder Abenteuerlust: Das Trio aus Kentucky mäandert zwischen den Genrestühlen und entführt auf eine enorm aufregende Reise. Die ewige Wiederkunft des Gleichen gilt als Kernidee im Spätwerk des oft belächelten und noch viel öfter falsch verstandenen Philosophen Friedrich Nietzsche. Dabei handelt es sich um eine metaphysische Sichtweise auf die Lebensumstände des Menschen und seine Einbettung in die Welt, die sich in all ihren kleinen und großen Erscheinungsformen immer aus zyklischen Vorgängen konstituiert. Der Mensch ist davon als Teil der Natur direkt betroffen und findet die kreiselnden Kosmologien selbst in den ältesten Traditionen seiner eigenen Vorfahren wieder. Schon mit dem Titel ihres Zweitwerks »History Of The Future« nehmen die Multiinstrumentalisten Britt Walford (Slint), Zak Riles (Grails) und Tyler Trotter Bezug auf dieses »Rad des Seins«, den »ungeheuren Augenblick«, die große mystische Erfahrung und eine der universellsten Lehren der menschlichen Komödie. Aufgenommen im neuen Studio von Riles, das am Rande eines Sees auf seiner Farm gebaut wurde und auf den klangvollen Namen »Earthwave« hört, strahlen die zehn Stücke dieses Albums eine verwunschene Erhabenheit aus, wie man sie im zeitgenössischen Rock nur selten antrifft. Mal spiegelt sie sich in psychedelisch aufgeladenen Gitarren-Crescendi wider, wie in »Depht Charge« oder dem Titelsong, mal in strömenden Folk-Fluten, sie zeigt sich aber auch sporadisch als verträumter Instrumental-Ambient, ohne dass diese Aspekte allzu sehr in den Vordergrund gedrängt werden. Doch obwohl Watter unterschiedlichste orchestrale mit elektronischen Klängen vereinen, wirkt die Produktion zu jedem Zeitpunkt in sich kohärent und macht »History Of The Future« zu einem der interessantesten RockAlben des Jahres. Nils Schlechtriemen
The Weather Station The Weather Station Paradise Of Bachelors / Cargo
Eigentlich wollte Tamara Lindeman ein intimes, gleichwohl rockiges viertes Album machen. Am Ende knüpft das Werk aber doch nahtlos an den gefälligen Folk der Vorgänger an. Das Zitat ist durchaus schön: »I wanted to make a rock and roll record, but one that sounded how I wanted it to sound, which of course is nothing like rock and roll«, erklärte die aus Toronto stammende Tamara Lindeman. Wer mit dem bisherigen Werk, speziell dem Vorgänger »Loyality«, vertraut ist, hört auf ihrem neuen Album aber eher eine logische Fortführung denn einen forcierten Stilbruch. Die Evolution vom introvertierten, spärlich akustisch klingenden Folk zur Rockband drückt sich einzig durch ein bisschen Schlagzeug, ein paar cleane E-Gitarren, Irish-Folk-Sprengsel und mehr räumliche Tiefe im Gesamtsound aus. »Kept It All To Myself« wirkt mit seinem flotten Tempo und kleinen Streichersätzen zwar durchaus bandaffin, doch es bleibt eben eine sanfte Tiefgründigkeit, die The Weather Station auszeichnet. Neben solide gefälligen FolkPop-Songgerüsten sind es die von prosaischem Erzähldrang getriebenen Texte, die TWS aus der Masse hervorheben. Einmal mehr säuselt Lindeman mit hoher Stimme romantische, tiefgründige und durchaus auch gesellschaftskritische Poesie, die als solider Folk prima ohne Rockansprüche auskommt. Klaas Tigchelaar
Wooden Arms Trick Of The Light Butterfly Collectors / Indigo
Wooden Arms geben ihrer Musik einen modernen Touch. Das Resultat ist ein hervorragendes Album, bei dem elektronische und klassische Einflüsse aufeinandertreffen. Wooden Arms sind fünf Engländer, die 2014 für ihr Debüt mit Portishead und Sigur Rós verglichen wurden. Auf ihrem neuen Album scheinen diese Einflüsse zwar weiterhin durch, doch die Band hat sich auch verändert. So schreibt der klassisch ausgebildete Alex Carson die Songs nicht mehr allein, sondern zusammen mit seinen Mitmusikern Jeff Smith und Alex Mackenzie. Das gibt der Musik von Wooden Arms einen aktuelleren Anstrich, ohne dadurch Wurzeln zu vernachlässigen. Wieder treffen sanfte, entspannte Melodien auf zarte, rhythmisch raffinierte Beats. Das vielfältige Instrumentarium plus Streicher klingt zurückgenommen und pointiert eingesetzt. Mal klingt das Resultat mehr nach TripHop, mal scheint die klassische Musikausbildung deutlich durch, und meistens vermischen sich diese beiden Elemente zu einer spannenden und entspannenden Kombination. »Trick Of The Light« ist ein raffiniertes kleines Album, das zudem hohe Erwartungen für eine Live-Umsetzung hervorruft. Philipp Röttgers
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#Intro empfiehlt
Albert Af Ekenstam
Bonobo
Future Islands
Goldroger
Beim diesjährigen Eurosonic Festival wurde der schwedische Songwriter Albert Af Ekenstam heiß gehandelt, und das vollkommen zu Recht: Sein Folk-Pop strahlt eine erhabene Größe aus, die nur wenige Genregenossen erreichen.
Simon Green alias Bonobo lässt immer wieder musikalische Grenzen verschwimmen. Auf seinem sechsten Album »Migration« gibt es trotzdem überraschend wenig Kratzen und Knistern, dafür aber viel tanzbare Eleganz.
Auch dank der eigensinnigen Tanzperformance von Frontmann Samuel Herring erlangten Future Islands 2014 erstmals größere Aufmerksamkeit. Ihr Synthie-Pop mit rauer Stimmgewalt ist allerdings noch eindrucksvoller.
Goldroger macht HipHop auf höchstem Niveau, irgendwo zwischen Galgenhumor und Realsatire, zu verstehen als eine Einladung zum Nachdenken und Mittanzen.
— 03.11. Wangels — 04.11. Köln — 06.11. München — 07.11. Berlin
— 07.11. Leipzig — 08.11. München — 09.11. Köln
— 06.11. Hamburg — 08.11. München
— 08.11. Frankfurt a. M. — 09.11. Erlangen — 10.11. Heidelberg — 11.11. Koblenz — 12.11. Regensburg — 14.11. Berlin — 15.11. Hamburg — 16.11. Osnabrück — 17.11. Lüneburg — 18.11. Bremen — 21.11. München — 22.11. Stuttgart — 23.11. Mainz — 24.11. Essen — Geht weiter!
London Grammar
Lasse Matthiessen
INTRO EMPFIEHLT Düstere Gitarren sowie seine kernige Stimme formen die Songs des nordischen Singer/Songwriters. Besonders sein Minimalismus unterscheidet Lasse Matthiessen massiv von den Kollegen. — 12.11. Leipzig — 13.11. München — 14.11. Tübingen — 15.11. Stuttgart — 17.11. Bremen — 18.11. Düsseldorf — 19.11. Hannover — 20.11. Hamburg — 21.11. Berlin — 22.11. Frankfurt a. M. — 23.11. Nürnberg — 24.11. Dresden
Für alle von uns empfohlenen Touren verlosen wir jeweils 3×2 Tickets. Mail an tickets@intro.de Mehr Tour-Präsentationen unter intro.de/termine #intro empfiehlt
Hannah Reid ist eine Stimmgewalt, die jede Bühne in einen emotionalen Ausbruchsort verwandelt, wie sie auf dem neuen Album »Truth Is A Beautiful Thing« erneut unter Beweis stellt. Im November ist die Band live zu sehen und zeigt, wie stark ihre Form der Zerbrechlichkeit klingen kann. — 25.11. Köln — 26.11. Berlin — 28.11. Hamburg — Geht weiter!
Nick Murphy
Nothing But Thieves
Oh Wonder
(Sandy) Alex G
Letztes Jahr verabschiedete sich Nick Murphy von seinem Alter Ego Chet Faker. Die musikalische Reinkarnation brachte mehr elektronische Experimente mit sich, trotzdem kehrt der Australier den ruhigen Soul-Nuancen seiner alten Werke nicht vollends den Rücken.
Als Vorband von Muse rückten die Briten das erste Mal ins Rampenlicht. Trotz ständiger Vergleiche mit selbigen halten sie an ihrem eigenen, stadionfüllenden Sound fest. Mit ihrem neuen Album »Broken Machine« geht’s im Herbst live auf Tour.
Wenige Künstler weben Klangteppiche so behutsam und zart, wie das britische Duo Oh Wonder. Sein Stil besticht durch dezente Jazz-Sounds und zeitgemäße Abstraktion. Mit seinem neuen Album »Ultralife« kommt das Duo nun auf Tour.
Neben Car Seat Headrest gehört (Sandy) Alex G zu einer neuen Generation von Indie-Slacker-Wunderkindern. Alben veröffentlicht der US-Songwriter quasi ständig, die ihn in eine Traditionslinie mit Helden wie Pavements Stephen Malkmus stellen.
— 25.11. Köln — 27.11. Berlin — Geht weiter!
— 11.11. Wiesbaden — 13.11. Köln — 17.11. München — 25.11. Berlin — Geht weiter!
— 03.11. Köln — 06.11. München — 07.11. Mainz — 08.11. Berlin
— 22.11. Berlin — 23.11. Köln
#Intro empfiehlt
Her
Jakuzi
Jumbo Jet
Klez.e
Im August dieses Jahres ist HerSänger Simon Carpentier traurigerweise verstorben. Doch sein Freund und Kollege Victor Solf trägt die Magie der gemeinsamen Musik weiter in die Welt und geht mit »Her Tape #2« und rhythmisch mitreißenden Sounds auf Tour.
Mit erfrischendem SynthiePop, Tabubrüchen und Liebeshymnen tritt das Istanbuler Trio Jakuzi selbstbewusst für eine ganze Generation von Freidenkern ein. Im November geht die Band mit ihrem Debütalbum »Fantezi Müzik« auch auf Tour.
Eleni Zafiriadou und Daniel Benjamin führten ein Leben vor ihrer Band Sea + Air: nämlich als Jumbo Jet, die in den 2000ern südwestdeutschen Postcore auf internationales Niveau hievten. Jetzt ist die Band mit Comeback-Tour zurück.
In Zeiten des neu entfachten Weltschmerzes eines politisch zerrütteten Deutschlands verträgt die Musik keine Nostalgie mehr, sondern nur noch Wahrheit. Deshalb widmen sich Klez.e auf ihrem Album »Desintegration« düsteren und kalten Tönen im Stil von The Cure. Mit neuer Live-LP kommen die Berliner wieder auf Tour.
— 06.11. Leipzig — 07.11. Frankfurt a. M. — 08.11. München
— 16.11. Köln — 17.11. Heidelberg — 18.11. Hamburg
— 07.11. Jena — 09.11. Leipzig — 11.11. Bonn — 12.11. Karlsruhe — 14.11. Stuttgart — 15.11. Ulm — 16.11. Nürnberg — 17.11. Wiesbaden — 21.11. Hamburg — 26.11. Berlin
— 28.11. Berlin — 30.11. Leipzig
Mount Kimbie
Martin Kohlstedt
Max Richard Leßmann
Milky Chance
Das britische Minimal-Duo, das ursprünglich aus dem Dubstep kommt, lässt immer mehr Einflüsse in seinen Tracks zu, wie das neue Album »Love What Survives« zeigt. Zuletzt arbeiteten sie mit King Krule für mehrere Singles zusammen. Diese und weitere Hits werden sie bald live performen.
Er ist zentraler Bestandteil einer stetig wachsenden Szene, die Pop und Klassik zusammenbringt. Nach »Tag« und »Nacht«, auf denen Martin Kohlstedt Klavierstücke von Electro-Künstlern adaptieren ließ, folgt jetzt sein drittes Werk »Strom«.
Der Mitbegründer von Vierkanttretlager fühlte sich schon immer zum Chanson hingezogen. Sein Debüt kostet diese Leidenschaft voll aus und bleibt lyrisch trotz schlageresker Momente gewohnt schlagfertig.
Fünf Jahre nach ihrem triumphalen Debüt melden sich Milky Chance mit dem Nachfolger »Blossom« zurück. Die jugendliche Leichtigkeit hat das Duo mittlerweile gegen besonnene Ernsthaftigkeit getauscht, seinem groovigen Gitarrensound bleibt es dennoch treu.
— 25.11. Köln — 26.11. Essen — 27.11. München — 28.11. Berlin — 30.11. Hamburg
— 10.11. Berlin — 15.11. A-Wien — 16.11. München
— 15.11. Rostock — 18.11. Mainz — 22.11. Weimar — 23.11. Dresden — 25.+26.11. Leipzig — 30.11. Münster — Geht weiter!
Torres
Wolf Parade
Woman
Yello
Die Initiationsreise der Postrockerin geht in die nächste Runde: Mit ihrer tiefen, rauen Stimme und ihrem Mut, Neues auszuprobieren, ist Mackenzie Scott auf dem besten Weg in Richtung Indie-Rock-Elite.
Der ständige Vergleich mit Arcade Fire würde Wolf Parade wohl allmählich auf die Nerven gehen, wären die beiden IndieBands nicht so gut befreundet. Mit ihrem neuen Album »Cry Cry Cry« kommen die Kanadier nun auch in Deutschland auf Tour.
Die Kölner haben sich mit ihrem Debüt »Happy Freedom« vom Geheimtipp zum Hoffnungsträger entwickelt. Zentrum der Platte ist die Auseinandersetzung mit der Großstadt. Ihr könnt dabei sein, wenn die Band entsprechend ihres Albumcovers den Erdball live in eine Discokugel verwandeln wird.
Yello sind der Beweis dafür, dass die Sehnsucht nach Vergangenheit niemals stirbt. Schließlich haben die Schweizer einst mit einfachsten Mitteln Techno-Geschichte geschrieben. Nun kommen Dieter Meier und Boris Blank mit ihrem 13. Album »Toy« auf Tour.
— 13.11. Köln — 14.11. Hamburg — 15.11. Berlin — 16.11. München
— 27.11. München — 29.11. Berlin — 30.11. Hamburg
— 20.11. Hamburg — 21.11. Köln — 22.11. Frankfurt a. M. — 30.11. Berlin
— 24.11. Köln — Geht weiter!
— 29.11. Frankfurt a. M. — 03.12. Hamburg — 05.12. München — Geht weiter!
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#Termine
TOURDATEN Akua Naru 22.11. Köln
Alex Cameron
17.11. Hamburg 18.11. Leipzig 21.11. Frankfurt a. M. Empfohlen von Intro
Alex Lahey 30.10. Köln 31.10. Hamburg 01.11. Berlin 03.11. München 04.11. Stuttgart
Algiers
03.11. Bielefeld 05.11. Dresden 06.11. Berlin
Anathema mit Alcest
31.10. Berlin 01.11. Hamburg 15.11. Erfurt 16.11. Köln Empfohlen von Intro
Andreas Dorau & Band
24.11. Frankfurt a. M. 25.11. Stuttgart Geht weiter!
Andreas Spechtl 01.11. A-Wien 07.11. Berlin 09.11. München 23.11. Köln
And So I Watch You From Afar 06.11. München 08.11. Leipzig 09.11. Berlin 10.11. Hannover 12.11. Köln 13.11. Wiesbaden 14.11. Essen 15.11. Hamburg
Angelo De Augustine
02.11. Köln 04.11. Rees-Haldern 06.11. Berlin
BadBadNotGood
31.10. Ludwigshafen 06.11. Köln 07.11. Hamburg 12.11. Berlin
Balbina
19.11. Stuttgart 20.11. Heidelberg 21.11. München 24.11. Augsburg 25.11. Frankfurt a. M. 27.11. Köln 29.11. Essen 30.11. Münster Geht weiter!
Banks
30.10. Köln 02.11. Hamburg 05.11. Frankfurt a. M. 07.11. München
Beatsteaks
30.10. Erlangen 01.11. Hannover 02.11. Köln 04.11. Wiesbaden 09.11. Coesfeld
Bela B. & Smokestack Lightnin‘ feat. Peta Devlin 08.11. München 09.11. Stuttgart
Benjamin Booker
07.11. Berlin 08.11. München 11.11. Frankfurt a. M.
Benjamin Clementine
18.11. Hamburg 19.11. München 20.11. Köln 21.11. Berlin 22.11. Dortmund Empfohlen von Intro
Bernd Begemann 07.11. Berlin 24.11. Göttingen 25.11. Aachen Geht weiter!
Billy Bragg
Empfohlen von Intro
27.11. Köln 28.11. Berlin 29.11. Frankfurt a. M. 30.11. Hamburg
mit Isaac Gracie
Black Rebel Motorcycle Club
Angus & Julia Stone 30.10. Berlin 03.11. München 05.11. Hamburg
Anna Ternheim 20.11. Köln 21.11. Berlin
Archive
25.11. Hamburg 26.11. Berlin 27.11. Köln 28.11. München
Bohren & Der Club Of Gore 29.11. Berlin
06.11. Bremen 11.11. Bochum 13.11. Leipzig 15.11. Karlsruhe 18.11. Frankfurt a. M.
Børns
Ásgeir
31.10. München 01.11. Berlin 02.11. Hamburg 03.11. Köln
20.11. Berlin 21.11. Leipzig 22.11. München
21.11. Berlin Empfohlen von Intro
Chelou
Empfohlen von Intro
Casper mit Fatoni
31.10. Münster 04.11. Stuttgart 08.11. Hamburg 10.11. Dortmund 14.11. A-Wien 17.11. München 18.11. Frankfurt a. M. 21.11. Leipzig 22.11. Bremen 24.11. Berlin 25.11. Hannover
Cigarettes After Sex 06.11. Köln
Curtis Harding
16.11. Köln 19.11. Hamburg 20.11. Berlin 27.11. Frankfurt a. M.
DAF
11.11. Hamburg
Depeche Mode
24.11. Frankfurt a. M. 28.11. Stuttgart 30.11. Mannheim
Destroyer
12.11. Hamburg 17.11. Berlin 19.11. Düsseldorf
Die Höchste Eisenbahn
16.11. Düsseldorf 17.11. Stuttgart
Dinner
29.11. Köln 30.11. München
Egotronic
02.11. Würzburg 16.11. Jena 17.11. Konstanz 18.11. Heidelberg
Einstürzende Neubauten 14.11. Berlin 15.11. Duisburg
Empfohlen von Intro
Faber
30.10. Marburg 02.11. Göttingen 03.11. Aachen 04.11. Saarbrücken 20.11. A-Wien 21.11. München
Father John Misty 14.11. Berlin
Fink
12.11. Köln 13.11. Frankfurt a. M. 26.11. Bremen 27.11. Hamburg 28.11. Erlangen 29.11. Leipzig
Fleet Foxes
12.11. Hamburg 13.11. Berlin
Francobollo 09.11. Berlin 12.11. Köln
Enslaved
Ilgen-Nur
Fünf Sterne Deluxe
Empfohlen von Intro
10.11. Hamburg 11.11. Berlin 12.11. Köln
02.11. A-Wien 09.11. Köln 10.11. Wiesbaden 23.11. Berlin 24.11. Leipzig 25.11. Münster 30.11. Stuttgart
Girl Ray
13.11. Berlin 14.11. Hamburg 15.11. Köln 16.11. Trier
Gisbert Zu Knyphausen
30.10. Leipzig 01.11. Köln 02.11. München 04.11. Schorndorf 05.11. Hannover
Glen Hansard
05.11. Erlangen 06.11. Hannover 08.11. Osnabrück 10.11. Jena 12.11. Frankfurt a. M. 13.11. Saarbrücken 15.11. Stuttgart 16.11. Halle 18.11. Düsseldorf
Gloria
29.11. Frankfurt a. M. 30.11. München
Gogol Bordello 24.11. Berlin 29.11. München
Gorillaz
11.11. München 17.11. Berlin 18.11. Düsseldorf 19.11. Hamburg
Grandbrothers 27.11. Köln 29.11. Berlin 30.11. A-Wien
Gregory Porter
27.11. Frankfurt a. M. 30.11. Hamburg
Heinz Strunk 03.11. Berlin 12.11. Kiel Geht weiter!
Hercules & Love Affair 30.11. Berlin
Hidden Orchestra 20.11. Köln 21.11. Hamburg 22.11. Berlin 28.11. A-Wien
Hurray For The Riff Raff 02.11. Berlin
Hurts
14.11. Hamburg 15.11. Berlin Geht weiter!
Idles
26.11. Münster 27.11. Hamburg 28.11. Köln 29.11. Heidelberg
03.–04.11. Bremen 11.11. Chemnitz 18.11. Bielefeld
I‘m Not A Band
03.11. Marburg 04.11. Witten 11.11. Berlin 15.11. Stuttgart
Intergalactic Lovers
03.11. Dortmund 04.11. Köln 08.11. Bremen 09.11. Hamburg 10.11. Berlin 11.11. Dresden Empfohlen von Intro
Island
16.11. Köln 17.11. Hamburg 18.11. Berlin 21.11. A-Wien 22.11. München
I Heart Sharks
02.11. Jena 03.11. Nürnberg 23.11. Frankfurt a. M. 24.11. Stuttgart 25.11. Regensburg 26.11. Dresden
Jake Bugg
30.10. Köln 01.11. Berlin
Jamiroquai
07.11. Düsseldorf 13.11. Berlin 16.11. München
Jesca Hoop
13.11. Rees-Haldern Empfohlen von Intro
Johnny Flynn & The Sussex Wit
Joy Denalane
17.11. Leipzig 18.11. Rostock 19.11. Berlin 21.11. Bremen 22.11. Osnabrück 23.11. Hannover 24.11. Karlsruhe 26.11. Kaiserslautern 27.11. Ludwigsburg 28.11. Ravensburg
Julien Baker
14.11. Berlin 15.11. Hamburg 16.11. Düsseldorf
Kadavar mit Death Alley 05.11. Nürnberg 08.11. Hannover 15.11. Köln 16.11. Wiesbaden 17.11. Stuttgart 18.11. Berlin
Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi 29.11. Hannover 30.11. Heidelberg Geht weiter!
Empfohlen von Intro
Karate Andi
16.11. Hannover 17.11. Hamburg 18.11. Köln 23.11. Stuttgart 24.11. München Geht weiter! Empfohlen von Intro
Karies
23.11. Hamburg 24.11. Bremen 25.11. Erfurt
Kasabian
30.10. München 31.10. Berlin 01.11. Hamburg 04.11. A-Wien 07.11. Köln
Kellermensch 30.10. Hamburg 01.11. Berlin 02.11. Köln
Kimbra
19.11. Hamburg 20.11. Berlin
Kitty, Daisy & Lewis
03.11. Hamburg 04.11. Dresden 05.11. Frankfurt a. M. 07.11. Köln 08.11. Berlin 09.11. München
Klangstof
30.11. Berlin
Kobito
10.11. Frankfurt a. M. 11.11. Jena 17.11. Bremen 18.11. Kiel 24.11. Leipzig 25.11. Glauchau
Kraftklub mit Von Wegen Lisbeth
30.–31.10. Hamburg 02.11. Berlin 03.11. Leipzig 04.11. Frankfurt a. M.
K’s Choice
10.11. Frankfurt a. M. 11.11. München 12.11. Berlin 13.11. Hamburg Empfohlen von Intro
Lambert 15.11. Köln 16.11. Wuppertal 17.11. Bielefeld 22.11. Berlin
Lee Fields & The Expressions 02.11. München 05.11. Köln 06.11. Wiesbaden 07.11. Berlin
31.10. Berlin 01.11. Köln
Johnny Mauser & Captain Gips 10.11. Berlin 11.11. Dresden 24.11. Würzburg 25.11. München
John Maus 15.11. Berlin
Empfohlen von Intro
Jordan Rakei
03.11. Köln 16.11. Mannheim
José González & The String Theory 01.–02.11. Berlin 07.11. Wiesbaden
Julian Philipp David
13.11. Bochum 14.11. Bielefeld 15.11. Mannheim 17.11. Stuttgart 18.11. Erlangen
Da gehen wir hin Tipps der Redaktion#257
Und wo geht ihr hin? intro.de #konzerte
Chiara Baluch Wolf Alice New Fall Festival Milky Chance Billy Bragg Marteria
Christian Steinbrink Angelo De Augustine The War On Drugs Francobollo Torres Quicksand
Eike Wohlgemuth Matias Aguayo & The Desdemonas !!! (Chk Chk Chk) Cigarettes After Sex Moon Duo Fink
#Termine Leif Vollebekk 01.11. Köln 02.11. Hamburg 09.11. Berlin 10.11. München
Lilly Among Clouds
13.11. Bremen 14.11. Berlin 15.11. Hamburg 16.11. Bochum 17.11. Frankfurt a. M. 18.11. Schorndorf 19.11. München
Little Dragon
13.11. Hamburg 16.11. Düsseldorf 18.11. Stuttgart 19.11. Berlin
Locas In Love 02.11. Essen 03.11. Stuttgart 04.11. Hannover 17.11. Berlin 18.11. Hamburg 19.11. Köln
Mac DeMarco 07.11. Hamburg 08.–09.11. Berlin 10.11. Köln
Empfohlen von Intro
Maeckes & Die Ka tastrophen 30.10. Saarbrücken 31.10. Nürnberg 02.11. A-Wien 06.11. München 07.11. Köln 08.11. Hamburg
Mädness & Döll
15.11. Köln 16.11. Hamburg 17.11. Dresden 18.11. Erlangen 19.11. A-Wien 21.11. Stuttgart 22.11. Frankfurt a. M. 24.11. Erfurt 25.11. Essen
Manchester Orchestra
30.10. Köln 03.11. Berlin 04.11. Hamburg
Mando Diao mit Razz
21.11. Dortmund 23.11. Berlin 24.11. Köln 25.11. Hamburg 27.11. A-Wien 29.11. München
Marilyn Manson 16.11. Hamburg 18.11. München 25.11. Berlin 29.11. Düsseldorf
Marteria
29.–30.11. Hamburg Geht weiter!
Mastodon mit Russian Circles, Red Fang 10.11. Berlin 14.11. Herford 23.11. Leipzig 25.11. München
Matze Rossi
22.11. Bremen 23.11. Oberhausen 24.11. Flensburg 25.11. Cuxhaven 26.11. Hamburg 27.11. Berlin 28.11. Göttingen 29.11. Leipzig 30.11. Würzburg Geht weiter!
Maxim
Empfohlen von Intro
Nick Hakim
17.11. Hamburg
Noga Erez
28.11. Berlin 29.11. Hamburg 30.11. Heidelberg
Okta Logue
13.11. Hannover 15.11. Oldenburg 20.11. Berlin 21.11. Dresden 22.11. Köln 23.11. Reutlingen
16.11. München 17.11. Stuttgart 18.11. Nürnberg 24.11. Hamburg 25.11. Dresden 26.11. Berlin Geht weiter!
Melanie De Biasio
OK KID
11.11. München 13.11. Berlin 14.11. Köln
METZ mit Protomartyr 06.11. Berlin 08.11. Hamburg
Meute
14.11. A-Wien 16.11. Stuttgart 17.11. Frankfurt a. M. 18.11. Köln 20.11. Hannover 21.11. Hamburg 22.11. München 23.11. Berlin 24.11. Leipzig
Oscar & The Wolf
02.11. Köln 07.11. Hamburg 08.11. Berlin 23.11. München
29.11. Berlin Empfohlen von Intro
Parcels
24.11. Dresden 25.11. A-Wien 27.11. München 28.11. Stuttgart 29.11. Köln Geht weiter!
Perfume Genius
02.11. Leipzig 03.11. München
13.11. Hamburg 19.11. Berlin 20.11. Köln 22.11. München
Moon Duo
Prophets Of Rage
09.11. Köln
Moses Sumney 07.11. Köln 09.11. München 12.11. Berlin 18.11. Hamburg
Motorpsycho
30.10. Frankfurt a. M. 08.11. Köln 09.11. Leipzig 10.11. Berlin 11.11. Hannover
Neufundland
16.11. Göttingen 17.11. Hannover 18.11. Münster 22.11. Essen 23.11. Osnabrück 29.11. Bremen Geht weiter!
Nick Cave & The Bad Seeds 02.11. München
Royal Blood
05.11. Berlin 06.11. Köln 07.11. München
Saint Etienne 06.11. Berlin
Schnipo Schranke
Selig
Otzeki
Mogwai
31.10. A-Wien 02.11. München 03.11. Freiburg 04.11. Stuttgart 06.11. Frankfurt a. M. 07.11. Köln 09.11. Berlin 10.11. Hamburg 11.11. Bremen 12.11. Hannover
Otherkin
Mighty Oaks
01.11. Berlin 02.11. Hamburg
Romano
30.11. Köln Geht weiter!
Empfohlen von Intro
Mogli
14.11. München 15.11. Frankfurt a. M. 17.11. Düsseldorf 18.11. Hamburg 19.11. Berlin
15.11. Kiel 16.11. Rostock 17.11. Potsdam 18.11. Cottbus 20.11. Würzburg 27.11. Wiesbaden 28.11. Erfurt 29.11. Braunschweig 30.11. Hamburg
16.11. Bremen 17.11. Rostock 18.11. Lübeck 21.11. Hannover 22.11. Leipzig 23.11. Berlin 24.11. Hamburg 25.11. Flensburg 28.11. Münster 29.11. Köln 30.11. Offenbach Geht weiter!
13.11. Hannover 15.11. Berlin 16.11. Hamburg 21.11. Bielefeld 23.11. Köln 24.11. Ludwigshafen 25.11. Saarbrücken Geht weiter!
Rise Against
15.11. Düsseldorf
Queens Of The Stone Age
09.11. Oberhausen 10.11. München 11.11. Berlin 15.11. Hamburg
Quicksand
15.11. Köln 16.11. Hamburg 19.11. Berlin 20.11. München
Razz
22.11. Münster 30.11. Konstanz Geht weiter!
Reverend & The Makers 08.11. Hamburg 09.11. Köln
Ride
05.11. Berlin
10.11. Rostock 11.11. Kiel 12.–13.11. Hamburg 15.11. Essen 16.11. Frankfurt a. M. 17.11. Köln 19.11. Stuttgart 20.11. Nürnberg 21.11. A-Wien 23.11. München 24.11. Leipzig 25.11. Magdeburg 26.11. Berlin 28.11. Hannover 29.11. Bremen Geht weiter!
Single Mothers 28.11. Köln 29.11. Berlin 30.11. Hamburg
Slowcoaches 08.11. Hamburg 09.11. Köln 10.11. Berlin 11.11. München 14.11. Mainz
Empfohlen von Intro
Sookee
31.10. Nürnberg 01.11. Freiburg 04.11. Reutlingen 09.11. Göttingen 10.11. Marburg 11.11. Düsseldorf 23.11. Leipzig 24.11. Köln 30.11. Rostock
Sophia
17.11. Düsseldorf 18.11. Hannover 20.11. Berlin 21.11. Heidelberg 28.11. Dresden
Stabil Elite
05.11. Oberhausen 24.11. A-Wien
Stefanie Sargnagel 30.10. A-Wien 09.11. Ulm 12.11. Karlsruhe 13.11. Mainz 17.11. Dresden 18.11. Chemnitz 19.11. Regensburg
Stereo Total
Alice Merton
04.11. Köln
Sun Kil Moon
Eurosonic Noorderslag
Empfohlen von Intro
Seit über 30 Jahren bietet Groningen mit dem Eurosonic Noorderslag eine Plattform für europäischen Musikaustausch. Die ersten Acts für 2018 stehen bereits fest. Das Eurosonic Noorderslag ist ein Tummelplatz des Pop. Vier Tage lang ist das Städtchen Groningen voller Bühnen, auf denen sich europäische Newcomer die Klinke in die Hand geben. Und obwohl der Blick auf das Line-up meist mehr Fragen aufwirft als beantwortet, wird der Schritt in die musikalische Ungewissheit stets belohnt. Denn mit etwas Glück landet man in irgendeiner Kneipe und wird vom Tresen herab zur Wall of Death aufgefordert.
12.11. Berlin
Sylvan Esso
mit Yeah But No 01.11. München
Teesy
21.11. Krefeld 22.11. Wilhelmshaven 24.11. Rostock 25.11. Magdeburg 26.11. Dresden 28.11. Nürnberg Geht weiter!
Tele
— 17.–20.01. NL-Groningen — Alice Merton, Dakota, Janice, Killason, Kytes, Naaz, Nihils, Peter Kernel, School Of X, Sigrid, Soleima, The Magnettes, Úlfur Úlfur, We Like We, Zeal & Ardor u. v. a.
10.11. Hamburg
The Amazons
15.11. Frankfurt a. M. 20.11. Schorndorf
The Barr Brothers 10.11. Köln 12.11. Berlin
The Horrors
15.11. Köln 17.11. München 18.11. Hamburg
The Kooks
10.11. Bremen
The Suffers 16.11. Berlin
The War On Drugs 03.11. Köln 20.11. München 21.11. Hamburg 22.11. Berlin
Tricky
28.11. Berlin 29.11. Hamburg 30.11. Köln
Triggerfinger
07.11. A-Wien 13.11. Frankfurt a. M. 14.11. Leipzig 16.11. Münster 17.11. Hamburg 22.11. Stuttgart 23.11. Köln
Van Holzen
10.11. Nürnberg 11.11. Braunschweig 12.11. Leipzig 14.11. Dresden 15.11. Berlin 16.11. Flensburg 17.11. Bremen 18.11. Bonn 19.11. Frankfurt a. M. Empfohlen von Intro
Von Wegen Lisbeth
05.11. Hamburg
Empfohlen von Intro
Warhaus 30.10. München 31.10. Berlin 01.11. Hamburg 02.11. Wiesbaden
Weaves
30.10. Düsseldorf 31.10. Hamburg 03.11. Berlin
Weval
10.11. Köln 11.11. Berlin 12.11. Hamburg Empfohlen von Intro
Wolf Alice 30.10. Berlin 01.11. Hamburg 02.11. Köln
Yasmine Hamdan mit Sevdaliza 28.11. Berlin
Empfohlen von Intro
Yung Lean 27.11. München
Zimt
03.11. München 04.11. Augsburg
Zola Jesus
20.11. Nürnberg 22.11. Berlin 23.11. Leipzig 25.11. Frankfurt a. M. 29.11. Hamburg Empfohlen von Intro
!!! (Chk Chk Chk) 05.11. Köln 06.11. Berlin 09.11. München
Die kommen, die Touren Hundreds (30.11.–10.12.) Gurr (01.–16.12) Kristofer Aström & Rasmus Kellermann (02.–16.12.) Emma Ruth Rundle (03.–07.12) Wooden Arms (03.–06.12.) Ho99o9 (04.–06.12.) Die Sonne (05.–16.12.) Mine & Fatoni (05.–17.12.) Jake Isaac (07.–08.12.) Suzan Köcher (08.12.–30.01.) Kim Janssen (13.–18.12.) Audio88 & Yassin (14.12.) Yungblud (04.–26.01.) Alt-J (16.–19.01.) Kakkmaddafakka (17.01.–10.02.)
Die kommen, die Festivals Lieblingsplatte Festival (09.–16.12.) Bergfestival (08.–10.12.) Freedom Sounds Christmas Ball (22.12.) Punk im Pott (29.–30.12.) Acoustic Winter (13.01.) Cologne Music Week (14.–21.01.) Mucke bei die Fische (20.01.) Eurosonic Noorderslag (17.–20.01.
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#Live #Festival
Pop-Abo im Konzerthaus Dortmund Abo bestellen, Sitzplatz auswählen und für die gesamte Spielzeit die perfekte Akustik des klassischen Konzertsaals genießen: Mit einem Modell, das man sonst eher von der Oper oder dem Theater kennt, stellt das Konzerthaus Dortmund Popmusik in den Fokus. Das Programm für die Spielzeit 2017/2018 ist bereits veröffentlicht.
Chilly Gonzales
KÖLNER PHILHARMONIE In der Kölner Philharmonie finden längst nicht nur klassische Konzerte statt. Immer wieder freuen sich auch Pop-Fans über die großartige Akustik, und auch der nächste Spielplan bietet dahingehend Überraschungen von Nils Frahm bis Helge Schneider. Wir haben mit Philharmonie-Pressesprecher Othmar Gimpel darüber gesprochen.
Wer schon seit mehr als zehn Jahren regelmäßig Pop-Acts in seinen klassischen Konzertsaal holt, weiß mittlerweile, dass man hier nicht jeden auf die Bühne stellen kann. So sorgt der klassisch bestuhlte Saal mit seinem perfekten Klang für eine ganz eigene – eigentlich Pop-Konzert-untypische – Atmosphäre, die nicht jeder bevorzugt. Die drei Künstler, die in der Spielzeit 2017/2018 im Konzerthaus Dortmund spielen, wissen die Gegebenheiten jedoch für ihre Musik zu nutzen und zeigen, dass sowohl ausdrucksstarker Singer/Songwriter-Pop, irischer Folk, begleitet von einer mit links gespielten Rechtshänder-Gitarre, und färöischer Elfenpop hervorragend auf die große Bühne passen. Henrike Schröder
Othmar, die Kölner Philharmonie baut ihr Konzertangebot weiter in den Pop-Bereich aus, Helge Schneider ist mit seiner Anarchosause an gleich drei Tagen bereits ein Karnevals-Klassiker, aber auch Nils Frahm spielt und wird dabei sogar live ins Netz gestreamt. Wonach wird bei euch ausgewählt?
Der Act muss zum Saal passen. Aber nicht nur qualitativ. Es bringt nichts, einen Musiker in die Philharmonie pressen zu wollen, der auch mühelos Stadien füllt, nur um einen Hype auszunutzen. Ist diese Offenheit notwendig, weil das Klassik-Publikum weniger wird?
Nein. Seit 1986 – also der Eröffnung der Kölner Philharmonie – hat sich die Konzertanzahl bei uns nahezu verdoppelt. Das heißt, das PopProgramm kommt on top. Eher ist ein anderer Aspekt sehr wichtig: Pop-Musiker haben im Laufe der Jahre entdeckt, welcher Reiz von einem Konzert in einem solchen Saal für sie und fürs Publikum ausgeht.
2017 bekommen hat, einem PhilharmoniePublikum aber überwiegend unbekannt sein dürfte. Geht ihr da ins Risiko bei einem solch großen Konzertsaal?
— 22.11. Benjamin Clementine — 13.04. Wallis Bird — 04.05. Eivør
Bei seinem ersten Philharmonie-Konzert im Jahr 2015 war das sicher schwer einzuschätzen. Und obwohl es für unsere Konzertplanerin nicht leicht war, den Act einzutüten, hat sie alles darangesetzt, dass es klappt – sie hatte offensichtlich das richtige Gefühl. Aus dem Stand kamen fast 1.600 Besucher. Das ist keine Garantie für die Zukunft, aber Risiko fühlt sich anders an. Wohin soll nun die Reise gehen für die Philharmonie?
Die Kölner Philharmonie bleibt primär ein Konzertsaal für die sogenannte klassische Musik, das ist ihr Auftrag. Und bei mittlerweile fast 400 Konzerten pro Jahr ist nur noch wenig Luft nach oben. Der Anteil an Jazz, Pop und Global Music kann also nur schwer wachsen. Muss er aber auch nicht, denn für diese Musik gibt es ja War die Zusammenarbeit mit der c/o pop in auch viele andere Locations in Köln. So viel ist den letzten Jahren der Impuls? aber garantiert: Auch in den nächsten Jahren Diese Zusammenarbeit hat dem Ganzen sicher wird es wieder viele solcher herausragenden einen ordentlichen Schub verpasst. Die An- Konzerte in der Kölner Philharmonie geben! fänge gehen aber schon auf den Beginn der Interview: Carsten Schumacher 1990er-Jahre zurück. Mit Benjamin Clementine habt ihr direkt einen Künstler, der zwar unlängst den Helga! für die beste Festivalperformance
— 20.11. Benjamin Clementine — 08.12. Myles Sanko — 30.12. Chilly Gonzales — 27.01. Nils Frahm Benjamin Clementine
#Live #Festival
NEW FALL FESTIVAL Auch 2018 wird der musikalische Herbst in Düsseldorf und Stuttgart ein goldener: Das New Fall Festival bespielt Mitte November wieder beide Städte parallel mit einem geschmackvollen Live-Programm für Liebhaber.
Fil Bo Riva
Nachdem das New Fall Festival im letzten Jahr expandiert ist und neben Düsseldorf erstmals auch Stuttgart bespielte, gilt die Schwaben-Metropole in diesem Jahr schon als feste zweite Festival-Instanz. Unter dem Motto »Besondere Künstler an besonderen Orten« schöpft das Indoor-Festival-Duo erneut die volle Location-Vielfalt beider Städte aus. Ebenso divers und handverlesen ist das Lineup: Politischer Synthie-Pop der Kanadierin Austra, akademische Herzschmerz-Songs von
Die Höchste Eisenbahn und HipHop mit Haltung von Megaloh gibt es in Düsseldorf an vier und in Stuttgart sogar an fünf Tagen zu bestaunen. Komplett identisch ist das Programm beider Städte allerdings nicht, Musiker und Popkultur-Persönlichkeit Olli Schulz kommt zum Beispiel für einen exklusiven Auftritt nach Stuttgart. Tickets sind nur für einzelne Konzerte erhältlich, nicht für das komplette Festivalprogramm. Wer mehrere Acts sehen möchte, bekommt mit dem Kombi-Ticket drei Gigs zum vergünstigten Preis. Hanna Rose — 15.–19.11. Düsseldorf — Alice Merton, Amadou & Mariam, Die Höchste Eisenbahn, Fil Bo Riva, Glen Hansard, Gurr, Isolation Berlin, Little Dragon, Michael Kiwanuka, Sophia, Thurston Moore, Tom Odell, tUnE-yArDs u. a.
SONIC VISIONS Das luxemburgische Esch-sur-Alzette ist Mitte November wieder Schauplatz des wichtigsten Musik-Events des Großherzogtums.
Das Sonic Visions ist zweifelsohne das bekannteste Indoor-Festival Luxemburgs. Das Festival zählt zu den prominentesten Events der Musik-Landschaft des Landes. Auch für die neunte Auflage in diesem Jahr gilt: Im Vordergrund der Veranstaltung steht das Zusammenwirken internationaler Musikgrößen und kleinerer regionaler Acts. Neben dem Konzertprogramm ist die Konferenz der zweite Pfeiler des Sonic Visions. Hier ist das Festival Jahr für Jahr nah an den Themen, die Artists und Akteure der Musikindustrie bewegen. Doch auch
musikalisch muss sich das Boutique-Festival nicht verstecken: Neben internationalen Headlinern bietet es auch unbekannteren Acts eine Bühne. Im urbanen Ambiente vor der beeindruckenden Kulisse der Hochöfen von Belval mit ihrer postindustriellen Infrastruktur präsentieren sich vor allem luxemburgische Newcomer einem internationalen Fachpublikum. Hanna Rose — 16.–18.11. LUX-Esch-sur-Alzette — Aiming For Enrike, Atum Nophi, Bartleby Delicate, Bender und Schillinger, Dorian & Louvar, Drops & Points, Edsun, Emina & Jacob Phono, Faon Faon, F.U.N.C., Her, J. Bernardt, Kat Frankie, L.I.L Star, Moses Sumney, Mudaze, Paradisia, Pauli., Nova Twins, Riles, Roméo Elvis & Le Motel, Saro, Superorganism, Témé Tan, Them Lights, Tuys u. a.
J. Bernardt
ARAG BIG AIR Mit der Verknüpfung von Wintersport mit musikalischen Highlights schafft es das Arag Big Air Freestyle Festival bereits im zweiten Jahr, die Festivalsaison bis in den Dezember auszuweiten. Und das nicht etwa in irgendeinem Skigebiet, sondern im niederrheinischen Mönchengladbach.
Länger schon wird die Festivalsaison nicht automatisch mit den sinkenden Temperaturen im Herbst für beendet erklärt. Um die Saison auf das ganze Jahr auszudehnen, werden Festivals ab Oktober entweder nach drinnen verlegt oder eben an die Außentemperaturen angepasst. Das Arag Big Air Freestyle hat sich dabei für die letztere Variante entschieden. Anfang Dezember verbindet das Festival bereits zum zweiten Mal Wintersport
mit Festivalfeeling und holt dazu nicht nur Spitzensportler, sondern auch bekannte musikalische Acts nach Mönchengladbach. Mit 300 Tonnen Stahl und 1000 m3 Schnee verwandeln die Veranstalter den Sparkassenpark in ein Winterfestival: Tagsüber zeigen hier 120 der weltbesten Schneesport-Athleten auf der 49 Meter hohen Rampe, was sie draufhaben – und können sich damit sogar für die Olympischen Spiele in Pyeongchang qualifizieren. Abends stehen dann mit den beiden deutschen Pop-Acts Kraftklub und Cro zwei wahre Hochkaräter zum etwas anderen Après-Ski auf der Bühne. Henrike Schröder Cro
— 01.–02.12. Mönchengladbach — Cro, Kraftklub
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#Live #Festival
LE GUESS WHO Utrecht calling. Die Stadt lädt ein zu einem wahnsinnigen Programm, das Passion und Experiment feiert.
Dieses Festival will die Verrückten, die Querdenker, die Sperrigen, die Extremen und die Träumer. Musik-Nerds entdecken hier ein Line-up zum Niederknien, eine liebevolle Zusammenstellung, die sich höchstens finden lässt, wenn das Primavera und das Week-EndFest gleichzeitig den Topf voller Gold am Ende des Regenbogens finden würden. Wie schaffen die das nur immer? Carsten Schumacher
Perfume Genius
— 09.–12.11. NL-Utrecht — Aldous Harding, Ben Frost, Gas, Jenny Hval, Kelly Lee Owens, Liars, Matana Roberts, Perfume Genius, Pharmakon, Pharoah Sanders, Pissed Jeans, Protomartyr, Shabazz Palaces, Sun Kil Moon u. a.
21 JAHRE ROOKIE RECORDS Das Hamburger Label Rookie Records feiert seinen 21. Geburtstag und, wie sie selbst sagen, den Ernst des Lebens.
Wenn man seinen Geburtstag feiert, dürfen dabei die eigenen Künstler natürlich nicht fehlen. Deshalb stehen im Goldenen Salon des Hafenklang mit Keele, Kick Joneses und Illegale Farben drei der aktuell frischesten Label-Acts auf der Bühne. Durch den Abend führen Schreng Schreng und La La, also Jörkk Mechenbier (Love A) und Lasse Paulus. Wir verlosen dazu 3× die neue LP »Grau« von Illegale Farben. Mail an verlosung@intro.de mit Betreff »Grau« genügt. Viel Glück!
Prêt À Écouter 10 Den charmanten Beweis, dass sich Talent und Bekanntheitsgrad nicht immer proportional zueinander verhalten, erbringt das Prêt À Écouter jedes Jahr – als Tippgeber-Festival, ausgerechnet im beschaulichen Heidelberg.
Prêt À Écouter bedeutet, übersetzt aus dem Französischen, »bereit, zuzuhören«. Dabei ist dieser Name nicht bloß Phrase, er ist vielmehr eine unverfängliche Einladung des BoutiqueEvent, den Schritt ins musikalisch Unbekannte zu wagen. Mittlerweile zum zehnten Mal in Folge bittet das Prêt À Écouter als Newcomer-Festival ab Mitte November wieder zu insgesamt elf intimen Konzertabenden in den Karlstorbahnhof Heidelberg. Im Line-up finden sich »Sachen, von denen wir denken, dass sie irgendwann noch einmal Einfluss haben werden«, so Programmleiter Martin Müller. Ein Rückblick in die Veranstaltungs-Historie gibt ihm recht: Benjamin Clementine, Metronomy und Lambert spielten bereits im beschaulichen Heidelberg, lang bevor sie in aller Munde waren. Das Prêt À Écouter ist ein echtes Liebhaberfestival mit einem Händchen für vielversprechende Neuentdeckungen. Hanna Rose — 06.11.–05.12. Heidelberg — Blue Hawaii, Dinner, Dorian Wood, FM Belfast, Idles, Jakuzi, Noga Erez, Oddisee, Sleep Party People, Tops, Xiu Xiu
Carsten Schumacher — 11.11. Hamburg — Illegale Farben, Keele, Kick Joneses
Illegale Farben
GREATEST HITS Grisey, Eötvös, Partch – klingelt was? Nein? Es geht hier nicht um die Greatest Hits der Popmusik, sondern um ein Festival für zeitgenössische Musik in der Elbphilharmonie.
Wer ein Herz hat für den Godfather der Spectral Music, für eigenbrötlerische Klangtüftler und den aktuellen »Composer in Residence« der Elbphilharmonie, der ist hier richtig. Das Greatest Hits kümmert sich um Gegenwartsklänge und Installationen, die so weit vorne sind, dass die alte Avantgarde um Stockhausen und Kagel hier schon zu den Gassenhauern zählt. Carsten Schumacher
Phillip Sollmann
— 01.–04.11. Hamburg — Adrian Tully, Emilio Pomárico, Gérard Grisey, Harry Partch, Phillip Sollmann, Sophia Burgos, Stefan Asbury, Walter Nußbaum u. a.
Noga Erez
So war der Helga!® 2017 Der unabhängige Festival-Award Helga!® ist jedes Jahr der Pulsfühler am Handgelenk der jeweiligen Open-Air-Saison. Hier treffen sich Veranstalter, Musiker, Journalisten und Fans auf ein Bier. Oder mehr … Was war das für ein Helga!® 2017 – A Summer’s Tale räumte direkt in zwei Kategorien ab und erhält dadurch Rückenwind für die nächste Saison, das Maifeld Derby gewinnt nach einigen Nominierungen in den Vorjahren zum aller ersten Mal und mit dem Watt en Schlick setzt sich erstmals eines der kleinen Festivals in der Königsdisziplin des Publikumspreises durch! Die Jury bestand in diesem Jahr aus 53 Journalisten, die wie immer unabhängig voneinander geheim abgestimmt hatten. Beim Publikumspreis waren alle Festivalfans eingeladen, ebenfalls online zu voten und waren dem auch tausendfach nachgekommen. Und die Resultate sorgten an diesem, erneut von Entertainer Bernd Begemann und Festivalguide-Chefredakteur Carsten Schumacher moderierten Abend auch immer wieder für ungläubiges Staunen, reichlich Gejohle und eine ausgewachsene Bierfontäne. Die traditionell feuchtfröhliche Awardshow wurde zusätzlich angeheizt von sich durch das Imperial Theater prügelnden Wrestler und einer eigens für den Abend geschriebenen Freiluft-Hymne von Erobique und Bernd Begemann. Überreicht wurden die Preise wie immer von charmanten Insidern und Jury-Mitgliedern oder im Fall des Publikumspreises von den Musikern der Band OK Kid, deren Begrüßung mit geschütteltem Dosenbier die Preisträger tropfnass auf der Bühne ankommen ließ. Und sollte dies Schule machen, braucht der Helga!® 2018 vielleicht ein gesondertes Siegertreppchen wie bei der Formel Eins.
Präsentiert von
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Das sind die Gewinner des Helga!® 2017 I N S P I R I E R E N D S T E F E S T I VA L - I D E E A S U M M E R ’ S TA L E M A L E R I S C H S T E F E S T I VA L - U M G E B U N G FEEL FEINSTES BOOKING MAIFELD DERBY L E I D E N S C H A F T L I C H S T E F E S T I VA L PERFORMANCE BENJAMINE CLEMENTINE BEIM HALDERN POP B E Z AU B E R N DST E R N AC H W U C H S (DER LETZTEN FÜNF JAHRE) A S U M M E R ’ S TA L E BESTES GEWISSEN HALDERN POP B E S T E S F E S T I VA L WAT T E N S C H L I C K
9
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TROMBONE SHORTY & ORLEANS AVENUE special guest: Jeangu Macrooy Mo. 20.11.2017 | Luxor, Köln
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MOOP MAMA special guest: Roger Rekless Mi. 06.12.2017 | Essigfabrik, Köln
DAME
Di. 12.12.2017 | Zeche, Bochum
JOHNOSSI
So. 17.12.2017 | FZW, Dortmund
GUILDO HORN & DIE ORTHOPÄDISCHEN STRÜMPFE
Schlager Unser - Das Weihnachtskonzert So. 17.12.2017 | Live Music Hall, Köln
ITCHY
Mo. 29.01.2018 | Gloria, Köln
JAKE BUGG
Di. 30.01.2018 | Gloria, Köln
IRON & WINE prime entertainment www.prime-entertainment.de
128
02.11. DO
WARHAUS / TAMINO
05.11. SO
LOTTE
06.11. MO
LEE FIELDS & THE EXPRESSIONS
06.11. MO
CHEFBOSS
07.11. DI
JOSÉ GONZÁLEZ & THE STRING THEORY
10.11. FR
FÜNF STERNE DELUXE
11.11. SA
OH WONDER / SUPPORT: SIGRID
12.11. SO
CHRISTIAN STEIFFEN
24.11. FR
ACID ARAB (LIVE)
27.11. MO
SCHNIPO SCHRANKE
06.12. MI
EMIL BULLS / SUPPORT: GRIZZLY
06.12. MI
FIVA X JRBB
07.12. DO
BENDER & SCHILLINGER
10.12. SO
MINE & FATONI
13.12. MI
ALEX MOFA GANG / FINN
19.01. FR
ALEXA FESER MIT DEN BERLIN STRINGS
27.01. SA
EGOTRONIC / BONDAGE FAIRIES
29.01. MO
GISBERT ZU KNYPHAUSEN
02.02. FR
KETTCAR
09.02. FR
KAKKMADDAFAKKA
10.02. SA
IRON & WINE
16.02. FR
KUULT
19.02. MO
SOL HEILO
20.02. DI
TORPUS & THE ART DIRECTORS
06.03. DI
MARTERIA
13.03. DI
WANDA
18.03. SO
EDITORS
Unser komplettes Programm findet ihr im Internet unter
schlachthof-wiesbaden.de
TUNES
www.hafen2.net
SCHLACHTHOF WIESBADEN MURNAUSTR.1 65189 WIESBADEN
N N O O V V
KA MP NA GE L.D
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NO V– DE Z 20 17
20
MOUNT EERIE
05. + 06.11. Berlin, Silent Green
DESTROYER
12.11. Hamburg, Kampnagel 17.11. Berlin, Festsaal 18.11. München, Ampere 19.11. Düsseldorf, New Fall
17
GIRL RAY
GREATEST HITS FESTIVAL
HAFEN 2
MIT PHILLIP SOLLMANN [EFDEMIN] U.V. A . 01. – 04.11.
LIVE
SO 05 Sarah Beatty, Maryanna Devlin MI 08 Orkesta Mendoza SO 12 Sisters MI 15 Aziza Brahim DO 16 Jane Weaver FR 17 Schwervon! SO 19 Schmieds Puls SA 25 Andrea Schroeder SO 26 Lesley Kenorchan DO 30 Meute LETZTE VERANST. 2017
03.12. Mariam The Believer
DESTROYER 12.11. THE RESIDENTS 15.11. ÜBERJAZZ FESTIVAL
MIT THUNDERCAT, ROBERT GL ASPER TRIO U.V.M.
17. + 18.11.
FRANCESCO TRISTANO 25.11. LALI PUNA 28.11. JACE CLAYTON + THOMAS MEINECKE 08.12. ALEKSI PERÄLÄ 16.12.
HAFEN 2 Nordring 129, D 63067 Offenbach
K AMPNAGEL HAMBURG TICKETS 040 270 949 49 Foto: Francesco Tristano ©Marie Staggat
13.11. Berlin, Monarch 14.11. Hamburg, Hafenklang 15.11. Köln, Bumann & Sohn 16.11. Trier, Exhaus
JULIEN BAKER
14.11. Berlin, Heimathafen Nk 15.11. Hamburg, Uebel & Gef. 16.11. Düsseldorf, New Fall
JANE WEAVER
16.11. Offenbach, Hafen 2 17.11. Berlin, Privatclub 18.11. Leipzig, TransCentury Up.
RICHARD DAWSON
29.11. Berlin, Berghain Kantine
MARIAM THE BELIEVER
02.12. Rees-Haldern, Pop Bar 03.12. Offenbach, Hafen 2 04.12. Berlin, Privatclub 05.12. Dresden, Altes Wettbüro 06.12. Hamburg, Aalhaus
LEE RANALDO BAND 02.03. Hamburg, Kampnagel 03.03. Berlin, Roter Salon 04.03. Heidelberg, Karlstorbhf.
TICKETS & INFO: PUSCHEN.NET
nov 17 + THE YOUNG GODS
2017 04.11. Low Roar Dream Pop
aus Island
16.12. KöLN PALLADIUM
11.11. Sookee Politischer Rap
aus Berlin
13.11. Karl Bartos Das ehemalige Kraftwerk-Mitglied liest
16.11. Howe Gelb Piano Trio Der Giant Sand-Frontman solo
20.12. KöLN YARD CLUB Blue Hawaii
17.11. Ansa Sauermann
Singer/Songwriter aus Dresden
18.11. Ben L‘Oncle Soul New
Fr 03.11.17
Soul aus Frankreich
Arun Ghosh
22.11. Boiband Urban Queer
Rock, support: Klinkhammer
Mi 08.11.17
23.11. Bukahara Folk, Pop &
Low roAr
Sa 18.11.17
OPEN AIR 2018
EGotronic
SA 30.06. LABRASSBANDA
Mo 20.11.17
BALBinA
& QUERBEAT
Di 21.11.17
sophiA
Mi 22.11.17
nico sEmsrott
Do 23.11.17
moop mAmA
Do 16.11. DoriAn wooD Do 23.11. sLEEp pArtY pEopLE Fr 24.11. BLuE hAwAii Di 28.11. tops Do 30.11. noGA ErEZ Fr 01.12. Fm BELFAst Di 05.12. DinnEr u.v.M.
Heidelberg – Am Karlstor 1 www.karlstorbahnhof.de
29.11. Deaf Havana Indie Rock
from U.K.
02.12. The Adicts special guest: Spizzenergi
27.12. Mono&Nikitaman Ein
SO 01.07. KLASSIK!PICKNICK DO 12.07. WINCENT WEISS
bisschen Sommer – Tour
DI 17.07 STEVEN WILSON SO 19.08. FREUNDESKREIS
Tahiti
& GÄSTE
Prêt à écouter
Worldbeat
LIEBLINGS PLATTE FESTIVAL
9.12. Mouse On Mars Iaora
12.12. Andreas Dorau Blumen
Und Narzissen
13.12. Family 5 Resistance 14.12. Stieber Twins Fenster
Zum Hof
15.12. Flowerpornoes ...red‘ Ticket-Hotline: 01806 – 999 0000 Mo-Fr 8-22 Uhr/Sa, So & feiertags 9-20 Uhr (0,20 €/Anruf aus dt. Festnetz/max. 0,60 €/Anruf aus dt. Mobilfunknetz)
INFOS: NOISENOW.DE KUNSTRASEN-BONN.DE
nicht von Straßen, nicht von Zügen
16.12. Blumfeld Ich-Maschine Tickets unter www.zakk.de Fichtenstr. 40, Düsseldorf
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U
TERMINE AB NOVEMBER
05.11. ZOOM 20:00 KITTY, DAISY & LEWIS 06.11. MOUSONTURM 20:00 THE RESIDENTS 08.11. ZOOM 21:00 SUN KIL MOON 16.11. ZOOM 21:00 CHEFBOSS 17.11. MOUSONTURM 20:00 MIDORI TAKADA 23.11. ZOOM 21:00 DENZEL CURRY
27.11.
KONTRA K
-PHOENIXHALLE DORTMUND-
Do. 02.11.
18:00 Uhr
DOLDRUMS Electro (Canada) | Im Substage Café Special guest: PETRA GLYNT
Di. 14.11.
18:00 Uhr
NICHOLAS MÜLLER LIEST Verlegt vom 15.10. | Im Substage Café
Mi. 15.11.
19:00 Uhr
ARCHIVE
Special guest: ONE SENTENCE, SUPERVISOR
Do. 23.11.
18:00 Uhr
BERGFILM
Verlegt vom 18.5. | Im Substage Café
Do. 30.11.
18:00 Uhr
KAYEF
Special guest: T-ZON
Fr. 01.12.
19:00 Uhr
DEAF HAVANA ROYAL REPUBLIC MISTER ME Mo. 04.12.
Mi. 06.12.
19:00 Uhr
18:00 Uhr
Im Substage Café
Mi. 13.12.
19:00 Uhr
JOHNOSSI Alter Schlachthof 19
76131 Karlsruhe
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www.facebook.com/substage.karlsruhe
03/11 INTERGALACTIC LOVERS ! 05/11 FAISAL KAWUSI SOLD OUT 07/11 SHANTEL & BUCOVINA CLUB ORKESTAR 08/11 HERBERT KNEBELS 09/11 AFFENTHEATER ! SOLD OUT 10/11 JOHANNES OERDING 13/11 WEDNESDAY 13 15/11 MICHAEL SCHULTE ! 16/11 SDP - PHOENIXHALLE SOLD OUT 17/11 ALBOROSIE & SHENGEN CLAN 19/11 EOFT TOUR 17/18 21/11 PATRICK SALMEN & QUICHOTTE 21/11 MANDO DIAO @ PHOENIXHALLE 23/11 IVAN & THE PARAZOL & WAVES OF JOY 24/11 BUKAHARA 25/11 ANTIHELD 27/11 KONTRA K @ PHOENIXHALLE 29/11 JULIAN LE PLAY ! 02/12 VONA SOLD OUT 05/12 THE GODFATHERS 06/12 FZW POETRY SLAM 07/12 KMN GANG 08/12 RUSSKAJA 09/12 MINE & FATONI 11/12 DAME 12/12 ALEX MOFA GANG 13/12 GLORIA 15/12 FRITZ KALKBRENNER @ PHOENIXHALLE 17/12 GUILDO HORN 29/12 SCHLAKKS, OPEK, RAZZMATAZZ & ANIYOKORE 30/12 ANTILOPEN GANG 10/01 RAF CAMORA 11/01 WEEKEND 14/01 RAZZ 16/01 PICTURES 18/01 ABDELKARIM 19/01 EGOTRONIC ! 26/01 KETTCAR SOLD OUT 28/01 RAKEDE 30/01 GISBERT ZU KNYPHAUSEN 09/02 DCVDNS 15/02 MERT 16/02 TERRORGRUPPE 17/02 GIANT ROOKS 21/02 MILKY CHANCE @ PHOENIXHALLE 23/02 DIETER THOMAS KUHN 25/02 DEINE FREUNDE 02/03 FABER 03/03 FEINE SAHNE FISCHFILET @ PHOENIXHALLE INFOS & TICKETS WWW.FZW.DE
WWW.FACEBOOK.DE/FZWEVENT FZW | RITTERSTR. 20 | 44137 DORTMUND
24.11. MOUSONTURM 21:00 ANDREAS DORAU 25.11. MOUSONTURM 21:00 ZOLA JESUS 27.11. ZOOM 21:00 CURTIS HARDING 28.11. HUGENOTTENHALLE 19:00 KONTRA K.
P
D
A
08.12.–10.12. MOUSONTURM SEX, MONEY & RESPECT FESTIVAL: WILEY, AJ TRACEY, SKI MASK THE SLUMP GOD, CELO, TRICIA ROSE, UVA. 09.12. BATSCHKAPP 20:00 YUNG LEAN & SAD BOYS 16.12. FRANKFURTER HOF/ MAINZ 20:00 MIGHTY OAKS
Fr. 17.11.2017 | Live Music Hall, Köln
Di. 07.11.2017 | E-Werk, Köln
Do. 07.12.2017 | Live Music Hall, Köln
BADBADNOTGOOD
KASABIAN
Di. 07.11.2017 | Bürgerh. Stollwerck, Köln
KITTY, DAISY & LEWIS
Mi. 08.11.2017 | Bürgerh. Stollwerck, Köln
SELIG
GOGOL BORDELLO
Sa. 17.02.2018 | Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf
SCOOTER
21.02.2018 | Phoenixhalle, Dortmund MOTORPSYCHO Mi. MILKY CHANCE Mo. 13.11.2017 | Live Music Hall, Köln Di. 06.03.2018 | Palladium, Köln OH WONDER RAG‘N‘BONE Mi. 15.11.2017 | Bürgerh. Stollwerck, Köln
KADAVAR
Do. 16.11.2017 | Live Music Hall, Köln
ANATHEMA special guest: Alcest
MAN
Fr. 09.03.2018 | Palladium, Köln
FEINE SAHNE FISCHFILET
Mo. 06.11.2017 | Palladium, Köln
+ Black Honey Do. 09.11.2017 | König-Pilsener-Arena, Oberhausen
Do. 09.11.2017 | Palladium, Köln
Di. 21.11.2017 | Phoenixhalle, Dortmund Fr. 24.11.2017 | Palladium, Köln
special guest: Razz Do. 23.11.2017 | Palladium, Köln
fka Chet Faker Fr. 01.12.2017 | ISS Dome, Düsseldorf Sa. 02.12.2017 | ISS Dome, Düsseldorf (Zusatztermin)
special guest: Donots Fr. 01.12.2017 | Palladium, Köln
26.01. GIBSON 20:00 6LACK 04.02. FESTHALLE 20:00 DAVID GUETTA
Sa. 02.12.2017 | Lanxess Arena, Köln Do. 15.03.2018 | Conlog Arena, Koblenz
17.03. BATSCHKAPP 19:00 SCOTT BRADLEE´S POSTMODERN JUKEBOX
Mo. 04.12.2017 | Palladium, Köln
24.04. ALTE OPER 20:00 NILS FRAHM
Mi. 17.01.2018 | Palladium, Köln
29.04. GIBSON 20:00 SOHN 01.05. BATSCHKAPP 20:00 RIN 03.05. STADTHALLE OFFENBACH 20:00 MACKLEMORE
Sa. 03.02.2018 | Palladium, Köln
KETTCAR Mo. 05.03.2018 | Lanxess Arena, Köln
08.04.2019 CAPITOL OFFENBACH 20:00 BILDERBUCH TICKETS MOUSONTURM: TEL 069.405.895-20 WWW.MOUSONTURM.DE INFOS BROTFABRIK: WWW.BROTFABRIK.INFO
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Mo. 06.11.2017 | Bürgerh. Stollwerck, Köln
03.12. ZOOM 20:00 GURR 04.12. MOUSONTURM 21:00 FM BELFAST
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Demnächst: Intro #258 — 04.12.2017
Die Alben des Jahres, John Maus, Hope, Nils Frahm, Haiyti, Jahresrückblick, Feine Sahne Fischfilet, Festivalvorschau 2018
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