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www.intro.de Sonderausgabe
MAG
i love you but i’ve chosen dancing
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lr ele s va pe nt a de ki ta n i ls g a n en d st g l or i ie sh st ra ns la te d
DAS MELT!-Mag
Foto: Stephan Flad
Inhalt
Melt! 2010 Herzlich willkommen, liebe Wiederkehrer, liebe Neulinge, liebe Freundinnen und Freunde! Herzlich willkommen zum dreizehnten Melt! Das Warten hat ein Ende. Und was haben wir nicht schon gewartet? Jede Schlange an der Supermarktkasse mit Dutzenden nach Kleingeld kramenden Rentnern kam uns im Gegensatz vor wie »Starlight Express«. Aber kein Wunder: Seit Monaten blinkten immer wieder tolle Booking-News der Kollegen vom Melt!-Team auf. Das Kribbeln zog an. Und spätestens, als es galt, die Arbeit an diesem Magazin hier aufzunehmen, gab es kein Halten mehr. Jede Zeile sollte uns ein weiteres Stück Richtung Gräfenhainichen bringen – endlich wieder mit den Baggern kuscheln, über den nächtlichen See blicken, die Beats, die Bands, den ganzen Rest genießen. Jetzt ist es so weit, jetzt kann’s losgehen – und zwar zusammen mit euch. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für euer Kommen. Ganz besonders freuen wir uns, euch in diesem Jahr erstmals ein eigenes Intro Zelt präsentieren zu dürfen. Ihr seid natürlich eingeladen, dort mit uns und den Künstlern zu spielen. And now for all our English speaking visitors: It’s a great pleasure to have all of you here with us. With gratefulness we realize that more and more of you international festival lovers are coming over for Melt!. Please find at the end of this magazine the English section with translations of most of the features. And don’t judge us to hard for our bad English, consider it as, ahm, some kind of cute ... Only the best, kindly your Intro & Melt! Team
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www.meltfestival.de & www.intro.de Und wem die Realität zu langsam ist, der kann ja immer noch ins Netz. Gerade während des Melt! laufen unsere Plattformen meltfestival.de und intro.de besonders heiß. Der neueste Gossip, der skandalöseste Gig, wir machen die ganze Kiste auf. Please check melt.de and intro.de for the latest news on Melt!. It’s in your best interest.
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Site Plan & Time Table Unbedingt abgreifen. Mit diesem Teil gibt es keine Ausreden mehr. Ihr findet alles und jeden. Hier steht, wo die Musik spielt. Make sure you get this tool. Your paper to all stages, acts and the pleasuredome.
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Inhalt A-Trak 56 Matias Aguayo & Band 16 Ata 14 Autokratz 17 Blood Red Shoes 18 Bonaparte 13 Booka Shade 36 Broken Bells 60 Chromeo 56 Carl Craig 52 Crookers 24 Chris Cunningham 51 Danger 17 Delphic 40 Dendemann 48 DJ Shadow 65 dOP 21 Roman Flügel 14 Foals 13 Friendly Fires 22 Get Well Soon 25 Goldfrapp 62 Groove Armada 39 Hemmann & Kaden 21 Hercules And Love Affair 54 Holy Ghost! 54 Hurts 40 Jamaica 22 Jamie T 18 Johnossi 25 Jónsi 35 Kele 42 Kings Of Convenience 24 Kissy Sell Out 17 Oliver Koletzki 15 Jamie Lidell 23 Lindstrøm & Christabelle 16 Massive Attack 64 Midlake 13 Miike Snow 23 Moderat 30 Modeselektor feat. Bonaparte 30 Pantha Du Prince 38 Ewan Pearson 20 Philipp Poisel 18 PTTRNS 45 Shout Out Louds 13 Simian Mobile Disco 50 Matthias Tanzmann 21 Tiefschwarz 20 Tiga 56 Tobias Thomas 20 Tocotronic 34 The Very Best 16 Ricardo Villalobos 14 Joris Voorn 21 The xx 32 Alle Infos, alle Acts hier: www.meltfestival.de
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Intro
Neulich Beim Melt! 2009
Was in zwölf Monaten alles passieren kann: 2009 spielte Kele Okereke noch mit Bloc Party auf dem Melt! – dieses Jahr kommt er solo. Über seine Bandkollegen von einst sagte er jüngst: »Ich denke gerade nicht daran, was die so treiben«.
Bloc Party
Fotos: Diane Vincent, Maurice Baker, Lars Borges, John Londono, Geert Schäfer
Melt! Mag
»That festival in Germany was pretty fuckin’ mad. It was in an old disused coal mine. I imagine it’s what the inside of Marilyn Manson’s head looks like. Gig was great. I’m fucked. Hope I’m not getting that swine flu.« Noel Gallagher 2009 in seinem Blog auf www.oasisinet.com
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Intro
4 Fragen an die Red Bull Music Academy Im letzten Jahr gab es auf dem Melt! noch den Red Bull Music Academy Floor. In diesem Jahr wird Red Bull in anderer Form vertreten sein: als übertragender Radiosender und durch Workshops, die im Bauhaus Dessau stattfinden. Academy-Mitarbeiter Davide Bortot gibt Auskunft: Die Red Bull Music Academy ist auch dieses Jahr auf dem Melt! vertreten. Was passiert da alles? Wann und wo? Wir werden mit Red Bull Music Academy Radio ausgewählte Highlights von allen Bühnen aufzeichnen. Diese werden nach dem Festival in voller Länge auf rbmaradio.com zu hören sein sowie an ein Netzwerk von FM-Sendern in über 30 Ländern syndiziert werden. Damit schaffen wir eine einzigartige Plattform für viele aufstrebende Künstler und bieten gleichzeitig die Möglichkeit für Festivalbesucher, ihre Nächte in Ferropolis noch einmal im heimischen Wohnzimmer nachzuerleben. Die Music Academy ist ja nicht nur auf dem Melt! aktiv. Was für Aktionen habt ihr in den letzten Monaten noch durchgeführt? Gerade erst haben wir die Red Bull Music Academy in London abgeschlossen, mit Gast-Dozenten wie Steve Reich, Joe Goddard, Roska, Mark Ronson, Jay Electronica und James Holden sowie insgesamt 26 Shows von Konzertsaal bis Geheimniskrämer-Rave. Aus diesen jährlich stattfindenden Hauptevents – 2011 geht’s übrigens nach Tokio – ist in den vergangenen Jahren ein beachtliches Netzwerk aus Webradio, lokalen Workshops und Festivalpartnerschaften entstanden. So haben wir zum Beispiel eine der beiden Hauptbühnen beim Sónar Festival in Barcelona kuratiert, ein internationales Studioprojekt zur Felabration in Lagos gestartet und werden
Workshops beim Splash! in Ferropolis abhalten. Unter www.rbmaradio.com gibt es Tausende von Interviews, Livemitschnitten, Länder-Specials und DJ-Mixe aus dem erweiterten Academy-Universum. Um es Frischlingen in knappen Worten zu beschreiben: Was ist Sinn, Zweck und Ziel der Red Bull Music Academy? Für uns ist die Red Bull Music Academy eine Plattform für diejenigen, die unsere musikalische Zukunft schon heute prägen. Es geht nicht um angeleitetes Knöpfchendrehen, sondern um kreativen Austausch auf Augenhöhe und wechselseitige Inspiration. Zu sehen, wie sich unsere Teilnehmer nach dieser Erfahrung über die Jahre entwickeln, ist immer wieder eine wahre Freude. Frage an dich als Experten: Auf welchen Auftritt beim diesjährigen Melt! freust du dich besonders? Kode9 vs. Martyn – weil im Spannungsfeld zwischen UK Funky, Dubstep und Techno gerade der interessanteste Unfug überhaupt getrieben wird. Schlachthofbronx – schon aus lokaler Verbundenheit. Und Jackmaster – weil er als Academy-Absolvent zur Familie gehört und nicht nur der bestaussehende, sondern auch ein grandioser Party-DJ ist. Fotos: Dan Wilton / Red Bull Music Academy Der Workshop der Red Bull Music Academy mit Modeselektor findet am Samstag um 15h im Bauhaus Dessau statt. Abfahrt der Shuttlebusse um 14h am Melt!-Busbahnhof. Bitte Beschilderung beachten!
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Bestival
Melt!-Zwilling
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as Bestival auf der Isle of Wight in England ist das diesjährige Zwillingsfestival des Melt! und besticht mit großartigen Acts und einem verspielten und visionären Konzept. Mehr dazu erklärt Rob Da Bank, DJ und Kurator des Bestival. Unter anderem die Frage, was das eigentlich ist, ein Zwillingsfestival.
Hi Rob, das Bestival ist in diesem Jahr das Partnerfestival des Melt!. Für alle, die sich mit der Materie nicht so auskennen: Was bedeutet das eigentlich, ein Zwillingsfestival? Ich habe vor einigen Jahren die Association of Independent Festivals gegründet. Eines der Ziele war, guten Indie-Festivals aus England eine Plattform auf globaler Ebene zu verschaffen. Genau dafür haben wir das Partnerfestival-Konzept ins Leben gerufen. Es funktioniert so ähnlich wie Städtepartnerschaften. Melt! schien perfekt zum Bestival zu passen – in Bezug auf das Line-up und die fortschrittliche Ausrichtung. Beschreib doch bitte, was genau das Besondere am Bestival ist. Das Bestival ist eines der am schnellsten wachsenden UK-Festivals. Man bezeichnet uns sogar schon als MiniGlastonbury. Doch eigentlich sind wir einfach nur eine sehr gemischte Festivalcrowd, die Musik von Kraftwerk über My Bloody Valentine und Basement Jaxx bis hin zu Skream liebt. In jedem Jahr gibt es einen Bestival-Tag, an dem sich alle Besucher verkleiden. Was wirst du in diesem Jahr tragen? Welches war das krasseste Outfit, das du jemals beim Bestival gesehen hast? Eigentlich hat alles mit bloß einem Tag begonnen, doch manche verkleiden sich nun auch das gesamte Wochenende. Wir haben mit ziemlich simplen Mottos wie Piraten oder Cowboys angefangen. Später haben wir uns zu konzeptuelleren Themen vorgearbeitet, um Festivalbesuchern mehr Freiräume zu geben. In diesem Jahr ist das Thema »Fantasy«! Ich selbst werde mich vielleicht als Einhorn oder Drachen verkleiden. Das tollste Outfit, das ich bisher gesehen habe, war im Jahr der Cowboys und Indianer, als sich eine sehr hübsche Inderin als indische Imbissbude verkleidet hat. In der silbernen Kiste sah sie tatsächlich wie ein Imbiss aus. Welches war dein tollstes Festivalerlebnis bisher? Ohne Zweifel das Glastonbury. Jedes Jahr aufs Neue ein Erlebnis!
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Intro
Gigantische Stahlgiganten
Die Melt!-Festivalhymne
Klingt wie ein Film von Leni Riefenstahl, ist aber ein Electro-Hit reinsten Wassers: die Festivalhymne »Gigantische Stahlgiganten« von WhoMadeWho. Ihr Bassist Tomas Høffding erklärt, wie man das eigentlich macht, eine Festivalhymne. Worauf muss man beim Kompo-
nieren einer Festivalhymne besonders achten? Nun ja, das war unsere erste Festivalhymne, aber es kommt wie bei jedem anderen Song auf Originalität und Vollkommenheit an. Außerdem muss man natürlich berücksichtigen, dass es sich um eine tatsächliche Hymne handelt. Energetisch soll sie sein, mit einfachen Melodien. Als wir an den ersten Melodiefetzen bastelten, sangen Jeppe und ich ständig und immer enthusiastischer werdend »working on a rhythm«. Für mich strahlte das eine Art »Herr der Ringe-Orks bauen ein böses großes Etwas«-Vibe aus, doch das
Resultat wurde als zu seltsam und statisch abgetan. Wir legten also noch einige Melodiespuren darüber, und das Endergebnis finden wir ganz in Ordnung. Ich glaube noch immer, dass dem Song ein dunkles, gruseliges Industrial-Feeling inhärent ist, das zum Melt! Festival passt. Die Orks sind noch zu hören, wenn auch nur für einen Augenblick. Eigentliche eine blöde Frage, in diesem Fall muss sie aber sein: Wie seid ihr auf den Songtitel gekommen? Die Macher des Festivals bezeichneten die Bagger einmal als »gigantische Stahlgiganten«. Es war für uns offensichtlich, in die Richtung arbeiten zu müssen. Wir versuchten die Zeile mit Vocoder zu verfremden, um eine Art »KrautFeel« herauszuarbeiten, doch das fanden wir zu albern. Deshalb ha-
ben wir uns entschieden, lediglich den Song selbst so zu nennen. Habt ihr Recherche betrieben, um einem speziellen Melt!-Vibe auf die Spur zu kommen? Kommt »Gigantische Stahlgiganten« auf irgendeine Weise direkt vom Festival selbst? Wir haben das Melt! einige Male gründlich selbst »untersucht«. Und ja, »Gigantische Stahlgiganten« kommt tatsächlich direkt vom Melt!, obwohl wir noch nicht im See schwimmen waren oder auf die Bagger klettern konnten. Man hat uns immer gesagt, wir seien zu betrunken dafür. Vielleicht in diesem Jahr? Die Festivalhymne von WhoMadeWho gibt es als kostenfreien Download auf meltfestival.de!
Sehenswürdigkeiten Ferropolis – eine Insel inmitten von Nichts? Keineswegs! Auch rund um das Melt!-Gelände gibt es viel zu entdecken. Für die paar Stunden, in denen mal keine Musik laufen soll.
01 Bauhaus Dessau Das Kunstwerk, das Dessau auch über die Grenzen des Landes hinweg bekannt gemacht hat. Das Bauhaus ist ein in den 1930er-Jahren entstandener Gebäudekomplex, der von seinem Gründer Walter Gropius ursprünglich als Hochschule konzipiert wurde. Seit 2006 ist dieses bedeutende Werk moderner Architektur komplett restauriert. 02 Lutherstätten Wittenberg Wittenberg ist eine der wichtigsten Wirkungsstätten Martin Luthers und damit eine der Keimzellen der Reformation in Deutschland. Hier nagelte Luther im 16. Jahrhundert seine 95 Thesen an die Schlosskirche. Ein Teil der Gebäude aus dieser Zeit ist auch noch heute zu besichtigen: das Lutherhaus, das Melanchthonhaus, die Stadt- und die besagte Schlosskirche. 03 Dessau-Wörlitzer Gartenreich Rund um die Stadt aus Eisen ist auch die Gegend durchaus sehenswert. Unter anderem gibt es eine ganze Reihe historischer Landschaftsgärten, fast alle wunderschön gestaltet und im DessauWörlitzer Gartenreich zusammengefasst. Angelegt wurde das Reich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch den Dessauer Fürstenhof. 04 Biosphärenreservat Mittlere Elbe Entlang der Elbe sind in Sachsen-Anhalt große Teile der Flusslandschaft unter Naturschutz gestellt. Viele vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen entfalten sich auf 126.000 Hektar. In der Kapsenmühle zwischen Oranienbaum und Dessau kann man sich über besonders lohnende Radstrecken und Orte informieren.
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Melt!
Die Compilation Vol. 6
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uch dieses Jahr unerlässlich: die Melt! Compilation. Wieder haben wir die wichtigsten Acts des Line-ups um ihre neuesten Tracks gebeten, wieder ist dabei ausschließlich Qualitätsware zusammengekommen. Einige Tracks erscheinen auf dieser CD Deutschland-exklusiv, die Melt!-Hymne »Gigantische Stahlgiganten« von WhoMadeWho ist sogar weltweit nur auf dieser CD zu bekommen. »Melt! Vol. 6« erscheint erstmals nicht nur bei Unter Schafen Records, sondern in Kooperation mit unserem neu gegründeten Label Melt! Music. Auf Melt! Music wird es ab August regelmäßig weitere Releases geben, u. a. planen wir eine Serie von 12-Inch-Vinyls. Ihr dürft gespannt sein!
THE PRODIGY FETTES/BROT JAN DELAY & DISKO NO.1
Die Tracklist: 01 Health »In Heat (Rodion Remix)« * 02 WhoMadeWho »Gigantische Stahlgiganten« ** 03 The xx »Crystalised (Rory Philips Remix)« * 04 Delphic »Doubt« 05 Two Door Cinema Club »I Can Talk« 06 Bratze »Die auswendigen Muster« 07 Futureheads »Heartbeat« 08 Foals »This Orient« 09 Yeasayer »Ambling Alp (Memory Tapes Remix)« * 10 Post War Years »Whole World On It’s Head« * 11 Shout Out Louds »Fall Hard« 12 Jamie T »Sticks’n’Stones« 13 Darwin Deez »Radar Detector« 14 Kings Of Convenience »Boat Behind« 15 Tocotronic »Im Zweifel für den Zweifel« 16 Frittenbude »Und täglich grüßt das Murmeltier« 17 Kele »Tenderoni« 18 Miike Snow »Animal (Crookers Remix)« * 19 Jamie Lidell »The Ring« * exclusive in Germany (on CD) ** exclusive for Melt!
THE HIVES SKUNK ANANSIE SKA-P BAD RELIGION
THE GASLIGHT ANTHEM BELA B • MAD CADDIES Und viele andere...
www.taubertal-festival.de
13.bis15.August 2010 in Rothenburg o.d.Tauber
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You Melt! My Style
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rei Tage durchfeiern in nur einer Kluft war gestern – beim Melt! wird mit Hipster-Schuhwerk durch den Schlamm gestiefelt und bis Sonnenaufgang auch die letzte Stylerklamotte durchgeschwitzt. Warum das so ist, haben wir die Designerinnen des diesjährigen Melt!-Dresses, Svenja Brecht und Sabine Hörstmann, gefragt: Warum ist die Melt!-Crowd das bestangezogene Festival-Publikum in Deutschland? Die Besucher stylen sich extra fürs Melt!. Teilweise sehen sie aus wie im Club. Ich kenne einige Girls, die sich zweimal umgezogen haben – und nicht, weil sie nass geworden sind! Was hat euch auf dem Melt! zu eurer Kollektion inspiriert? Girls, die nur in T-Shirt-Kleidern und Boots bekleidet drei Tage durchgetanzt haben. Das Festival-T-Shirt für die Girls muss eben sexy und stylish sein. Ein Fransen-Kleid im Pocahontas/Bohemian-Style trifft genau das,
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28.06.2010
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was man zum Festival tragen sollte. Dank Prada und Alexander Wang dürfen die Damen diesen Sommer auch wieder Zöpfe tragen. Welche Festival-Styles sind mittlerweile so last season? Neon-Brillen, New-Rave-Shirts, Berlin-Mitte-Einheitslook. Was war euer Lieblings-Modetrend des letzten Melt!? Festival-Parker und die Rückkehr der Barbour-Jacke und der Bikerboots. Trendbarometer: Welches Accessoire/FashionItem wird der große Renner auf dem diesjährigen Melt!? Bikerboots, Stirnbänder, Kniestrümpfe, Strohhüte und Turnbeutel! Was ist euer Styling für das Melt!-Fransenkleid? Fransenkleid, Bikerboots, geflochtener Ledergürtel, Strohhut, kleine runde Sonnenbrille, Jeansjacke und Bier.
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Melt! Mall Wie jedes Jahr gibt es auch 2010 auf dem Melt! nicht nur Bühnen und Konzerte: In der Melt! Mall verkaufen ausgewählte Stände Klamotten, Schmuck und viele andere Accessoires. Hier eine Aufstellung der Marken, deren Artikel ihr erstehen könnt:
UDT Garments Die Antwort auf die großen Designer-Labels ist UDT Garments. Auf der Strecke zwischen Bali und Berlin entstehen Textilkollektionen für sie und ihn, inspiriert durchs Reisen, den »Schlüssel zum Wissen«. Inflammable.com Alle gängigen Streetwear-Marken für Mann und Frau, Schuhe und Accessoires hat der InflammableStand. Online gibt es außerdem einen umfangreichen Canshop! Chillhouse Bongs und Köpfe, Haarfarben und Räucherstäbchen – bei Chillhouse gibt es alles, was in den ordentlichen Headshop gehört.
Freak Butik Aufnäher, limitierte handbedruckte Textilien und eine ganze Welt an Accessoires. Alles in der Freak Butik! Fuck You Too Fuck You Too ist ein Vertrieb für Street- und Fashion-Art. Hier gibt es einen Überblick, was für Ideen die jungen Marken gegenwärtig haben. Ting Ding Aus Hemden werden Kleider, aus Kleidern werden Pullover, aus Pullovern Röcke und umgekehrt! Einzelteile für Frau und Mann für alle erdenklichen Gelegenheiten.
Allmightys.com Bei Allmightys kann jeder talentierte T-Shirt-Designer seine Kreativität ausleben. Heraus kommen individuelle Stücke in limitierten Auflagen, garantiert Sweatshop-frei!
Viva con agua Beim Stand von VcA kann man seine Pfandbecher für ihr Trinkwasserprojekt in Ruanda spenden, außerdem gibt es eine Ausstellung des Künstlerduos Strassenkoeter.
Kay Berlin Fantasievolle und hochwertige Accessoires für sie und ihn, kreativ und ausschließlich in Berlin handgefertigt – das ist Kay Berlin.
Greenpeace Greenpeace informieren an ihrem Stand über Themen wie den Klimaschutz, die Ölpest im Golf von Mexiko und die Zerstörung des Urwalds in Indonesien.
Riptide Recordings Es muss auch LPs zu kaufen geben. Riptide ist Label und Mailorder speziell für alle Gitarren-Spielarten.
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Saalschutz
Audiolith Pferdemarkt
Das Glück dieser Erde
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ntfesselter als mit Audiolith kann man hierzulande kaum feiern – das haben Label und Bands bereits in den letzten zwei Jahren allein bei den ParkplatzRaves während des Melt! immer wieder bewiesen. 2010 darf das irre Kollektiv nun nicht nur offiziell auf dem Gelände auftreten, sondern Donnerstag gleich das ganze Festival eröffnen. Pferdemärkte waren in vergangenen Zeiten das Event des Jahres – die ganze Region war auf den Beinen. Pferde und Händler wurden gestriegelt und hübsch gemacht, es wurde gefeilscht und gehandelt, und am Schluss mündete alles in ein großes Besäufnis und eine hemmungslose Feier. Großes Besäufnis und hemmungslose Party? Da kann das Label Audiolith nicht weit sein. Man erinnere sich an die legendären Parkplatz-Raves 2008 und 2009, abseits des Festivals wurde die eigene Party geschmissen, inklusive einer Menge skurriler Ereignisse wie Sänger, die direkt vom See auf die Bühne hüpften, und Schlauchboote, die statt über Wasser über Menschenmassen ruderten. Wer nicht dabei war oder sich nicht mehr erinnern kann, dem seien zahlreiche YouTube-Mitschnitte als Nachhilfe bzw. Gedächtnisstütze ans Herz gelegt. Dieses Jahr kommt nun aber endlich zusammen, was zusammengehört: Festival und Label haben ein Date, um gemeinsam große Eröffnung zu feiern – der Audiolith Pferdemarkt kommt nach Ferropolis! Das Intro Zelt mutiert zum Pferdestall, und Bratze, Egotronic, Saalschutz und Frittenbude beschallen all die (noch) frischen Kräfte am Donnerstagabend. Dazwischen und danach sorgt Labelchef und oberster Pferdehändler Lars Lewerenz für angemessene Beschallung als DJ und zwingt die Menge zum Raven – und sagt: »Wir haben
uns da echt reingekämpft über die Jahre – wurden dann aber auch mit offenen Armen empfangen. Jetzt gleich auch noch die Eröffnung machen zu können, was ein Ritterschlag!« Wie konnte es aber eigentlich so weit kommen? Vom Party-, pardon, Parkplatz-Crashing ist man plötzlich mitten im Programm. Bockt das denn überhaupt noch für die RaveTerroristen? »Nur weil wir auf den großen Festivals spielen, sind wir ja keine anderen Menschen«, meint Clickclickdecker, eine Hälfte von Bratze. Außerdem sind die sagenumwobenen Raves mit all dem Unsinn und allen Verrücktheiten ja auch nicht wiederholbar: »So geil, wie es war, kann es nicht mehr werden, wenn man es nur immer wieder macht«, bringt es Streuner von Frittenbude auf den Punkt. Also, warum nicht weiterentwickeln und mit dem Festival zusammen einen neuen Weg gehen? Und überhaupt: »Es wird wild!« verspricht Streuner, nicht ohne hinzuzufügen: »Es wird auch alles kaputtgehen!« Na, das lässt so einiges befürchten, äh, erhoffen. Frittenbude selbst haben dabei natürlich auch ihr neues Album »Katzengold« im Gepäck, das zu diesem Termin hochoffiziell vorgestellt wird. Privat sind die Jungs übrigens auch große Fans des Melt!, fahren seit einigen Jahren regelmäßig her: »Es ist einfach das schönste Festival, hey, mit den Baggern und den Visuals drauf.« Ach ja, und wo Bands und Label politisch stehen, wird an diesem Abend übrigens besonders deutlich, denn die Hälfte der Einnahmen werden gespendet an das Alberto-AdrianoGedenkkonzert in Dessau, das auch vom Melt! unterstützt wird. Text: Aida Baghernejad / Linus Volkmann Audiolith Pferdemarkt @ Intro Zelt | Donnerstag | 20:00
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Shout Out Louds
Nach getaner Arbeit Die Shout Out Louds haben es geschafft: Mit ihrem neuen Album »Work« sind sie nicht nur in ihrem Heimatland Schweden, sondern auch hierzulande in den Charts gelandet. Die Shout Out Louds wissen Songs zu schreiben, die sich vom Einerlei vieler anderer Bands des Genres deutlich abheben. Das live besonders enthusiastisch auftretende Quintett ist mittlerweile auch dem ruhmreichen US-Indie-Label Merge Records aufgefallen. Ritterschlag. Text: Christian Steinbrink Foto: Joachim Zimmermann Freitag | Converse Main | 19:30
BONAPARTE
Bester Deutscher Liveact
Sagen nicht wir, sondern die Jury des LEA-Awards - und die ist so hochkarätig besetzt, die muss es wissen. Und mal ehrlich, guckt euch das Bild an. Noch Fragen? Foto: Melissa Hostetler
Midlake
Freitag | Converse Main | 18:00
Folkrock ist in aller Munde. Obwohl Bands wie Mumford & Sons nicht die mediale Präsenz haben wie heiß gehandelte Popsternchen, sind ihre Touren ausverkauft. Eine der wichtigsten Bands dieses auf Acts wie Crosby, Stills, Nash & Young rekurrierenden Stils spielt auch auf dem Melt!: Midlake. Sie beweisen, dass es nicht bloß plakative Schwermut, Provinzialität und Melancholie sind, die das Genre prägen. Sie klingen zwar vollmundig, zeigen aber auch eine feine Seite. Text: Christian Steinbrink
FOALS: »2009 hat uns die verdammte Schweinegrippe niedergestreckt – sehr schwitzig-fiebrig. Wir waren in Quarantäne. Jack und Yannis haben es noch nicht mal aus dem Bett geschafft. Und das, wo wir doch unbedingt aufs Melt! wollten. Wir freuen uns sehr, dass es nun klappt.«
vollmundig und fein
Freitag | Converse Main | 16:30
Freitag | Converse Main | 01:40
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Ata
Ata / Roman Flügel / Ricardo Villalobos
FFM-Familien-bande
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anche Episoden in der langen Techno-Geschichte von Frankfurt am Main gehören inzwischen ins Reich der Legenden. Speziell jene, die sich um Zeremonienmeister Sven Väth ranken und in Feiertempeln wie dem Dorian Gray oder dem Omen spielen. An all diesen Orten war in den entscheidenden Momenten auch ein etwas weniger bekannter Charakter zur Stelle: Atanasios Christos Macias. Von ihm erzählt man, dass er ein exzellenter Koch ist – ein Bacchus der House Music, der selten eine Gelegenheit für dionysische Feierlichkeiten auslässt – und außerdem Mitgründer der Labels Playhouse und Klang Elektronik sowie Betreiber des – mittlerweile auch legendären – Clubs Robert Johnson in Offenbach. Von der Sven’schen Sagenwelt bis zum New-House-Sound, der in den letzten Jahren zwischen Rhein, Main und Neckar entstanden ist und um die Welt ging, ist Ata Macias eine der zentralen Konstanten. Mit eigenen Produktionen kaum in Erscheinung getreten, bleibt er allen, die ihn einmal hinter den Plattenspielern erlebt haben, dafür umso nachhaltiger in Erinnerung. Ata war es auch, der Roman Flügel bei Playhouse und Klang Elektronik mit an Bord holte. Mit Sensorama erweiterte Flügel einerseits das Klangspektrum von Techno in Richtung Knusper-Dub und Folk und trommelte andererseits mit Alter Ego unmissverständlich zur Rave-Kirmes. Der Track »Rocker« läutete 2004 einen Paradigmenwechsel ein und ist bis auf den heutigen Tag Blaupause für zahllose Epigonen. Flügel verknüpft unterdessen die losen Enden von Oldschool House und Techno-Moderne wie zuletzt auf seinem Mix der »Live At Robert Johnson«-Reihe zu einer zwingenden Erzählung. Zwar längst in Berlin zu Hause, gehört auch Ricardo Villalobos zur alten FFM-Familie um DJ Ata und Roman Flügel. Als er kurz davor stand, bei Playhouse sein erstes Künstleralbum zu veröffentlichen, mussten ihn die Label-Macher erst dazu drängen, eine Vocoder-Gesangsskizze, die schon länger durch die Speicher seiner Analog-Sequenzer gegeistert war, zu einem vollständigen Track auszuarbeiten. Wenig später zog das Stück unter dem Titel »Easy Lee« durch die Clubs: eine Hymne der empfindsamen letzten Stunden auf der Tanzfläche. Sie zementierte Villalobos’ Sonderstellung als Produzent und DJ, die er mit seinen unnachahmlichen Sets und Veröffentlichungen nach wie vor innehat. Wenn es einen legendären DJ-Zeremonienmeister der 00er-Jahre gibt, dann ist das Ricardo Villalobos, keine Frage. Offen bleibt nur noch, was Feinschmecker Ata zu einem gemeinsamen DJ-Bacchanal mit Flügel und Villalobos an kulinarischen Beilagen kredenzen wird. Text: Arno Raffeiner Ata: Freitag | Big Wheel | 01:30
Oliver Koletzki
Der Mann mit den hypnotisierenden Großstadtmärchen. Von wegen: Es war einmal ein Schwarm von Techno-Mücken, die gemeinsam auszogen, ein großer Electropop-Sommerhit zu werden. Und da sie scheinbar unsterblich sind, läuft »Der Mückenschwarm« auch in diesem Sommer noch beim Melt!. Freitag | Big Wheel | 17:30
Popof
Was kommt nach dem Hallfahnen-Nebel? Erst der Stillstand, dann die Bassdrum, dann das Gejohle. Der Franzose Alexandre Paounov a.k.a. Popof zieht in seinen Techno-Produktionen kräftig an der Durchknallschraube. Das bewiesen nicht zuletzt Hits wie »Alcoolic«, »Stereos And Such« oder »Headcleaner«. Und live bedient er gleich eine ganze Batterie davon.
Roman Flügel: Freitag | Big Wheel | 03:00 Ricardo Villalobos: Freitag | Big Wheel | 05:00
Freitag | Big Wheel | 00:30
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Matias Aguayo
The Very Best / Matias Aguayo / Lindstrøm & Christabelle
Dance Me Around The World
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as Album »Warm Heart Of Africa« des multinationalen Bandprojekts The Very Best stellte 2009 den ultimativen Höhepunkt der GlobalPop-Welle dar und gehörte zu den musikalischen Highlights des Jahres. Das schwedisch-französische Produzentenduo Radioclit begab sich mit dem in London lebenden malawischen Sänger und Songschreiber Esau Mwamwaya, den sie Gerüchten zufolge beim Fahrradkauf kennengelernt hatten, zusammen ins Studio und synchronisierte polyrhythmischen Afrobeat mit eingängigen Indiepop-Melodien auf bis dato kaum gehörte Weise. Gastauftritte von M.I.A. oder Santigold ließen The Very Best zu einer internationalen Allstar-Band der Superlative wuchern. The Very Best verstehen Pop – ohne krude Begriffe wie Weltmusik herbeibemühen zu wollen – tatsächlich als globale Sprache und sind damit Speerspitze einer neuen eklektischen Popmusik, die keine stilistischen und geografischen Grenzen mehr kennt. Matias Aguayo pendelt seit Jahren zwischen Buenos Aires, Paris und Köln. Zusammen mit Dirk Leyers betrieb er um die Jahrtausendwende das Projekt Closer Music und hob das Genre Minimal-Techno auf ein völlig neues Level. Mittlerweile ist Aguayo als Solokünstler unterwegs und hat auf dem Kölner Technolabel Kompakt bereits zwei famose Alben veröffentlicht. Sein letztjähriges Meisterwerk »Ay Ay Ay« prägte eine völlig neue Herangehensweise an Dancemusik, denn Aguayo verzichtete weitestgehend auf elektronische Instrumente. Die Beats wurden fast ausschließlich mit der eigenen Stimme moduliert, rhythmisch orientierte sich »Ay Ay Ay« an lateinamerikanischer Musik. Das Album war von
spontanen Straßenpartys beeinflusst, die Aguayo, lediglich mit einem Ghettoblaster und ein paar Tapes ausgestattet, in Südamerika organisiert. Mit Cómeme hat der ehemalige Rheinländer auch ein eigenes Label gegründet, welches die Grenzen zwischen Techno, Favela- und Township-Funk auslotet und Künstler aus Südamerika und Europa versammelt. Den einen oder anderen Cómeme-Künstler wird man beim Melt! auf der Bühne erwarten dürfen, denn Aguayo hat angekündigt, sein Werk mit einer richtigen Band zu präsentieren. Auf die Zusammenstellung darf man ebenso wie auf das benutzte Instrumentarium mehr als gespannt sein. Schließlich musste auf so mancher Cómeme-Produktion auch schon mal eine Mülltonne als Percussion-Instrument herhalten. Eine ähnlich unorthodoxe Herangehensweise an Dancemusik pflegt der norwegische Produzent Hans-Peter Lindstrøm, der in den letzten Jahren seinen maßgeblichen Teil dazu beigetragen hat, dass Disco eine schier unglaubliche Renaissance erlebt hat. Seine Produktionen bewegen sich stets im unteren bpm-Bereich und sind von traditionellen »echten« Instrumenten geprägt. In Zusammenarbeit mit der Sängerin Christabelle hat sich Lindstrøm zuletzt mit dem Album »Real Life Is No Cool« dem ganz großen Pop geöffnet, die Single »Baby Can’t Stop« ist die vielleicht beste Hommage an Michael Jackson seit dem Tod des King Of Pop. Text: Sebastian Ingenhoff, Illustration: Elisabeth Moch The Very Best: Freitag | Bench Gemini | 17:30 Matias Aguayo: Freitag | Bench Gemini | 19:00 Lindstrøm & Christabelle: Freitag | Intro Zelt | 01:05
Melt! Mag
Kissy Sell Out
Kissy Sell Out / autoKratz / Danger
After The New Rave Rush
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as Problem kennt jedes Bunt-Print-T-Shirt: Wie soll man im Korb für die nächste Waschmaschinenladung Ultracolor auffallen? Wie übertreibt man Überzeichnung? Wie verschlagwortet man Sloganismus? Das Tolle an krachbunten Schlüsselreizen ist ja gerade, dass sie sich in jeder Sekunde komplett neu erfinden. Das Vorher ist total egal, das Nachher noch viel mehr. Worte hingegen sind vergänglich. Was »New Rave« wirklich sein sollte, wusste schon zu Zeiten des Hypes um den Begriff kaum jemand. In die entsprechende Schublade gesteckt werden wollten noch viel weniger. Inzwischen ist eine halbe Popgeneration zum Soundtrack von ed-banging Electrorock aufgewachsen, hat bei DJ-Konzerten das Stage Diving erlernt und spielt zu Hause auf dem Computer Gitarre. Die Frage, was es im elektronischen Rock’n’Roll denn eigentlich noch neu zu erfinden gäbe, kann man beiseiteschieben, solange Riffs und Beats immer noch so dringlich und bedingungslos aus den Boxen rumsen wie ein Faustschlag. Mit Rave-Rock-Karacho ist es so ähnlich wie mit der Fußball-WM: Nach der Party ist vor der Party. Nach dem New-Rave-Rush ist folglich vor dem nächsten Rush, der bloß noch keinen richtigen Namen hat. Solange es den noch nicht gibt, hat Thomas Bisdee alias Kissy Sell Out zumindest den passenden Albumtitel parat: »Youth«. Popmusik kann so einfach sein! Ein anderes Stichwort haben die Londoner Jungs von autoKratz auf die Tanzfläche geworfen: »Animal«. Auch bei ihnen geht es um Instinktmusik, voll von Reizen, die vorrangig im vegetativen Nervensystem verarbeitet werden: Bassline bratzt – Faust schnellt in die Höhe. Sex Pistols, Public Enemy, Rave: So
lautet die musikalische Erweckungsklimax von autoKratz. David Cox und Russell Crank wollten immer schon einfach eine Band sein, ganz egal, ob Rock oder Electro. Hauptsache laut. Weil ihnen die Attitüde von Dance Music allerdings auf den Sack ging, drehten sie die Regler erst recht auf Anschlag und schrieben so wütende wie optimistische Songs darüber, wie das Leben nach einer großen Enttäuschung weitergeht. Immer wieder von vorn. Eines der schönsten AC/DC-T-Shirts ist jenes zum Song »Danger«. Durchaus möglich, dass Franck Rivoire aus Lyon sein Klang-Cartoon-Universum nach diesem Shirt benannt hat. Danger ist eine Art zweiter Kavinsky, nur dass er dessen »Testarossa«-Dandytum eine bedrohliche Maske übergestülpt hat. Seine Tracks fangen die Schockstarre im Videogame um 00:01 ein, in exakt jenem Moment, in dem der Avatar nach dem Frontalzusammenstoß mit einer Palme am virtuellen Straßenrand völlig desorientiert aus seiner Ohnmacht erwacht. Ringsum finsteres Chaos, im Knopfloch seiner Lederjacke eine Träne, destilliert aus Erinnerungen an eine verlorene Kindheit in den 80er-Jahren, die jetzt in brutzelndes Synthie-Schmalz tropft. Achtung, Spritzgefahr! Die Welt von Danger ist voll von solchen kristallinen Momentaufnahmen. Als wäre noch ein Fingerzeig nötig, dass es sich in der Ära nach dem New-Rave-Rush um absolute Jetztmusik handelt. Text: Arno Raffeiner, Foto: Julian Baumann Kissy Sell Out: Freitag | Bench Gemini | 04:30 Autokratz: Freitag | Bench Gemini | 02:30 Danger: Freitag | Bench Gemini | 03:30
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Intro
Jamie T
Fuck off, Opa!
»Übers Internet ist es heutzutage viel leichter, Musik zu entdecken. Früher bist du in den Plattenladen gegangen und hast dir nur bestimmte Fächer angeschaut. Das ist definitiv vorbei. Wenn jetzt also irgendein Rude Boy ankommt und sagt: Mann, du kannst Ska doch nicht mit HipHop vermischen, dann sage ich: Fuck off, geh deine alten Specials-Platten hören, Opa.« Samstag | Converse Main | 22:00
Blood Red Shoes
Blut auf dem Tanzboden Wenn man die Blood Red Shoes ärgern will, kann man das auf zwei Arten tun: Einerseits, indem man Sängerin und Gitarristin Laura-Mary Carter und ihrem Bandkollegen und Drummer Steven Ansell ungefragt unterstellt, sie seien ein Pärchen (sind sie nicht). Andererseits, indem man sie nur aufgrund der für Rockmusik immer noch ungewöhnlichen Zwei-Personen-Konstellation mit The White Stripes vergleicht. Ein Vergleich, der nicht nur stark hinkt, sondern Steven richtig nerven kann: »Genauso gut könnte man uns mit den Pet Shop Boys vergleichen, die sind ja auch ein Duo.« Wenn man schon Vergleiche bezüglich des Sounds der Band aus dem englischen Seebad Brighton anstellen will, muss man weiter zurückgehen, nämlich ca. zehn Jahre, als Bands wie die Babes In Toyland oder die Seattle-Heroen Nirvana den Grunge salonfähig machten. Eine Zeit, in der man noch schlecht gelaunt Akkorde schrammeln konnte und Do-It-Yourself noch kein Marketingslogan war. Schon mit ihrem ersten Album »Box Of Secrets« konnten Blood Red Shoes 2007 punkten, und in den energiegeladenen Liveshows fragen sich die Leute bis heute, wie man mit nur zwei Personen eine derart massive Gitarrenwand hochziehen kann – ohne damit die für die Band typischen Pop-Refrains zuzubauen. Denn auch auf Album Nummer zwei, »Fire Like This«, finden sich neben düsteren Shoegazer-Exkursen vor allem eben wieder diese aufmüpfigen, knarzigen Rocksongs mit Pop-Appeal. Text: Peter Flore, Foto: Joachim Zimmermann Samstag | Converse Main | 19:00
Philipp Poisel
Immer Himmel
Für den Stuttgarter Singer/Songwriter Philipp Poisel geht es darum, in Bewegung zu bleiben: Nach seinem 2008er-Album »Wo fängt dein Himmel an?« erscheint am 27.08. sein Nachfolgewerk »Bis nach Toulouse« auf Grönland Records. Gute Reise! Samstag | Converse Main | 17:00
Melt! Mag
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Intro
Tobias Thomas
Für immer total confused Tobias Thomas ist ein Tausendsassa in Sachen Techno und House, vereint der Kölner doch gleich mehrere Genres in sich, ist zugleich Journalist, Musiker/DJ und Veranstalter. Denn neben seiner langjährigen Autorentätigkeit für Magazine wie Groove und Spex sowie diversen musikalischen Kollaborationen mit Freunden wie Superpitcher gehört er auch zum Gründungsteam der heiligsten aller Kölner Partyreihen: der »Total Confusion«. Gemeinsam mit Ralph Christoph, Michael Mayer und Superpitcher hostet er diese. Hier wurde u. a. die Basis gelegt für den heute omnipräsenten Kompakt-MinimalSound, jedoch nicht puristisch mit Scheuklappen, sondern, der emphatisch-emotionalen Herangehensweise der Jungs ans Auflegen geschuldet, offen und mitreißend eingebettet in Pop und direkteren Rave. Thomas’ Sets sind dabei immer die zärtlichsten. Er versteht es mit traumwandlerischer Sicherheit, gefühlvoll und mit aller Zeit der Welt die Tänzer ins Set zu locken, um sie anschließend hart ranzunehmen, ihnen aber auch glamouröse Momente im Zwielicht zwischen dem Glitzern der Discokugel und der über dem Rhein strahlenden Sonne zu schenken. Oder anders gesagt: Hier kann sich jeder seine 15 Minuten of Famegefühl verlängert abholen. Text: Thomas Venker Samstag | Big Wheel | 17:30
Ewan Pearson
Tipps & Tricks
mit Tiefschwarz Was macht man bei einem mehrstündigen Set, wenn man mal muss? Ein-Liter-Volvic-Flasche. Wie wird man ungebetene Kanzelfreunde los? Rausschmeißen! Welches Stück habt ihr zu jedem Set parat? Santé »Anyway« (Souvenir) Welche Platte geht immer? Ricardo Villalobos »Fizheuer Zieheuer« (Kompakt / Rough Trade) Alles begann für die Stuttgarter Brüder Ali und Basti Schwarz mit ihrer Liebe für deepen, vocallastigen House Marke Strictly Rhythm, in den 00er-Jahren updateten sie ihren Sound und flirteten mit NuRave- und Electro-Einflüssen. Im Mai ist nun ihr drittes Album »Chocolate« erschienen.
Samstag | Big Wheel | 01:30
Ein Schotte in Berlin Zuletzt ist der in Edinburgh geborene Ewan Pearson vor allem als Produzent in Erscheinung getreten ist: Nach der Erscheinung des von ihm betreuten Debüts der ManchesterBand Delphic (die auch auf dem Melt! spielt, siehe Seite 38) im März folgte im Mai das neue Album der Everything-ButThe-Girl-Sängerin Tracey Thorn. Im Fall von Delphic ging Pearsons Einwirken weit über die Produzentenrolle hinaus, er sieht sich als viertes Bandmitglied. Dabei sollte er doch nur die erste Single retten – diesen Job erfüllte er jedoch so gut, dass er sofort für drei Monaten verpflichtet wurde. In dieser laut Pearson sehr intensiven, selbstkritischen Zeit entstand mit »Acolyte« ein beeindruckendes Debüt. Man habe Track um Track bis zu acht Mal neu zusammengebaut, erzählt der Schotte grinsend. Das hatten sich die Jugendlichen zwar anders vorgestellt – spätestens beim Hören des Ergebnisses hätten sie aber verstanden, dass genau dieses organische Vorgehen der Schlüssel gewesen sei, um ihrem digitalen Sound die notwendige Wärme und Tiefe zu verpassen. Womit auch schon die Schlüsselwörter für Pearsons DJ-Set auf dem Melt! gefallen wären. Dieser sollte eine Mischung aus Melodiös-Harmonischem, Romantischem und Ravigem bieten, ganz der Ästhetik des Kölner Technolabels Kompakt entsprechend, für das er mit »We Are Proud Of Our Choices« gerade erst einen Mix abgeliefert hat. Text: Thomas Venker Samstag | Big Wheel | 03:30
Melt! Mag
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dOP
Ein Bandkürzel im Wiki-Check 01 DOminikanischer Peso … als Währungskennzeichen gemäß ISO 4217 02 Denominazione d’Origine Protetta … eine geschützte Ursprungsbezeichnung für Lebensmittel (Italien) 03 Director of Photography …englische Bezeichnung für den Chef eines Kamerateams. Siehe Kameramann. Was in all dieser (hier reduziert wiedergegebenen) Wissensbreitbrüstigkeit leider unterging: dOP als Kürzel des TechnoJazz-Imprints von Clement Zemtsov, Damien Vandesande und Jonathan Illel. Seit 1994 teilen die drei Bühnen miteinander – sollte Wikipedia also kennen ... Text: Thomas Venker Samstag | Big Wheel | 21:30
Hemmann & Kaden
Jenaer Zweierlei
Das Jenaer Label Freude Am Tanzen ist ein exotisch anmutendes Biotop für experimentelle Technomusik. Zwei der Protagonisten des Hauses, Marek Hemmann und Matthias Kaden, tun sich fürs Melt! zusammen und geben eines ihrer raren Tandem-Sets. Funky Minimalismus im Duo. Samstag | Big Wheel | 19:30
Matthias Tanzmann
Nomen est omen
Der Leipziger gehört zu den prägendsten Figuren der deutschen House-Szene. Ab Mitte der 90er aktiv, veröffentlichte er über die Jahre auf Labels wie Dessous, Freunde Am Tanzen und dem eigenen Moon Harbour Recordings. Samstag | Big Wheel | 23:00
AY IBILLY TALENT | sErj TANkIAN | jAN DEL rs
MA LCD sOUNDsYsTEM | THIrTY sECONDs TO fx NO | fETTEs IBrOT | skUNk ANANsIE s | LA rOUx
CIAL ELEMENT Of CrIME | kLAxONs | THE spE CYCLE CLUIB TOr WIr sIND HELDEN | IBLACk rEIBEL MO | MADsEN
| pEACHEs HOT CHIp | TOCOTrONIC | IBAD rELIGION WOMAN | GOGOL IBOrDELLO
WHITE LIEs | ArCHIvE | YEAsAYEr | zOOT
| THE MUMfOrD & sONs | MELIssA AUf DEr MAUr
GAsLIGHT ANTHEM | WE ArE sCIENTIsTs
A TOpLEY IBIrD sHOUT OUT LOUDs | GET WELL sOON | MArTIN
Joris Voorn
Techno Marke Holland
Joris Voorn steht für Techhouse, wie er die erste Hälfte der 00er-Jahre geprägt hat. Damit hat er es nicht nur in die TopClubs seiner Heimat geschafft, sondern u. a. auch auf den DJ-Mix von Sven Väth: »The Sound Of The Eighth Season«. Samstag | Big Wheel | 00:30
| U.v.M.
spECIAL GUEsT:
ALf pOIEr
& DIE OIBErsTEIrIsCHE WOLfsHILfE
jOHN DIGWEED | MAjOr LAzEr | DIpLO
TUrNTAIBLErOCkEr | TIEfsCHWArz | ELECTrO fErrIs
sCHLACHTHOfIBrONx | CrAzY sONIC | jOYCE MUNIz | pOLA rIOT | WrED
Tickets gibt‘s bei Ticket Scharf auf ticketscharf.de bzw. unter (+49) 08652/2325 und bei AD Ticket auf adticket.de bzw. unter (+49) 0180/5040300. plingg .com
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Intro
Friendly Fires
KuhglockenPostpunk
Jamaica
Justice For Jamaica
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ie Geschichte, die Jamaica in ihrem Clip zur Single »I Think I Like U 2« erzählen, hat nicht nur einen Haken. Sie hat auch eine Vorgeschichte. Das Video erklärt den Aufstieg und Fall einer Band anhand des Beispiels Jamaica. Doch anders als im Clip dargestellt, haben sich die Freunde Antoine Hilaire und Florent Lyonnet nicht zusammengetan, einen Bandnamen ausgesucht und mit dem ersten Schuss einen Treffer ins Schwarze gelandet. Der Story von Jamaica ging das Verschwinden der Formation Poney Poney voraus, aus deren Ruinen sich das neue schöne Ding mit dem irreführenden Namen erhob. Jamaica haben weder etwas mit Dub oder Dancehall noch mit Roots oder Reggae am Hut. Es mag bei der Einschätzung ihres Sounds helfen, dass Xavier de Rosnay von Justice sich an die Produktion ihres ersten Albums gemacht hat. Hätten Daft
Punk mehr Nirvana gehört statt Adam & The Ants, wäre vielleicht ein Stück wie »I Think I Like U 2« herausgekommen: elektronisch betriebener Powerpop mit krachiger Wummergarantie. Die Musik fußt auf reifen Gedanken, die im besagten Filmchen ironisch gebrochen ans Licht kommen, wo es heißt: Die Musik sorge nach der Irritation durch den Namen schnell für eine Redefinition der Band. Es folgten unweigerlich das Album, der erste Hit und – als Haken bei der Sache – das jähe Ende. Falls es so kommen sollte – und wer wollte es bestreiten –, würden wir Jamaica in Ferropolis auf dem Höhepunkt ihrer Karriere erleben. In den Worten von Antoine & Flo: Der Rest ist Geschichte. Text: Wolfgang Frömberg
Samstag | Bench Gemini | 17:35
Friendly Fires sind mit ihrem satten Getrommel, pointierten Kuhglocken-Einsatz und Flügel verleihenden Refrains eine derart zeitgemäße US-Indie-Band, dass man meinen könnte, sie seien alle im selben New Yorker Reagenzglas zur Welt gekommen. Dabei stammen sie aus England. Früher hatten sie nichts Besseres zu tun, als gemeinsam die Schule zu schwänzen und in Papas Garage ein wenig Krach zu machen. Ihr groovy Rabimmel-RabammelRabumm, das sie sich im Prinzip bei Alben wie »Mesopotamia« der B-52’s oder »Remain In Light« der Talking Heads abgelauscht haben müssen, wollte bis zu einem Auftritt in der Sendung »Transmission« des britischen Senders Channel 4 keiner unter Vertrag nehmen. Dieser Live-Gig brachte dann eine wahre Lawine ins Rollen: Als Naturgewalt kann man jeden einzelnen ihrer Songs bezeichnen, die auf dem kompletten Album »Friendly Fires« so lange einen steilen Berg herunterrollen, bis die Jungs erneut die Ärmel hochkrempeln und den Track schwungvoll zurück auf die Spitze treiben. Wenn Sisyphos eine Band gegründet hätte und wenn er gewusst hätte, wie man Postpunk im 21. Jahrhundert buchstabiert, wäre er Frontmann der Friendly Fires geworden. Feierabende und Urlaubstage sind beste Gelegenheiten, um den philosophisch begabten Briten bei der experimentellen Arbeit zuzuschauen. Text: Wolfgang Frömberg
Samstag | Bench Gemini | 21:05
Melt! Mag
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Jamie Lidell
Mit Schweiss poliert Miike Snow
Teufel total »Feuilletonisten aufgepasst: Diese Platte könnte Everybody’s Darling werden.« So stand es als Prophezeiung in Intro geschrieben. Unser Autor Lutz Happel hatte seine Worte auf den, ähem, Hasen mit den Hörnern gemünzt. Besser gesagt auf das Wesen, dessen Umrisse auf dem Cover des Debütalbums von Miike Snow, »Animal«, zu sehen ist. Ein wundersames Tierchen, dazu ein recht irritierender Titel, mag man die vor Produzentenschläue knisternde Musik von Miike Snow kaum mit tierischen Rock-Metaphern oder sonstigen Naturalismen verbinden. Kollege Happel wollte das Trio dann auch weder als Band noch als Projekt bezeichnen. Vielmehr taufte er das Konglomerat aus den Ideen der Schweden Christian Karlsson und Pontus Winnberg sowie des US-Boys Andy Wyatt ein »schwer verortbares, durchglobalisiertes Pop-Dingsbums. Das spannendste Versuchskaninchen, das seit Langem auf diese Welt dezentralisierter Musikdistribution losgelassen wurde«. Dem muss unbedingt hinzugefügt werden, dass der tanzbare Schweden-Pop mit dem starken Einfluss experimentellen Indie-Rocks, Beat und Melodie derart eklektisch und doch in jedem einzelnen Stück chartstauglich versöhnt, dass selbst Schaufensterpuppen ins Schwitzen geraten und Feuilletonisten wieder in die Disco gehen. Ein Sound zwischen Muzak und Pop-Klassiker, der sich offensichtlich langsamer abnutzt, als die erste Heavy-Rotation-Welle in den Redaktionsräumen befürchten ließ. Die Referenzen rammeln wie die Kaninchen, jedem Einfluss werden Hörner aufgesetzt. So frivol treibt’s heute Jedermanns Liebling. Text: Wolfgang Frömberg
Samstag | Bench Gemini | 22:15
Jamie Lidell galt der Presse eine Zeit lang schlicht als Prince für Arme. Doch wenn Vergleiche sowieso schon hinken, so steht dieser auf zwei Holzbeinen, schließlich hat Prince niemals bei Super_Collider mitgemacht. Was ihm in seiner doch so eindrucksvollen Diskografie auch nicht zum Schaden gereichen würde. Man mag kaum glauben, dass es bereits über zehn Jahre her ist, seit Cristian Vogels und Jamie Lidells Projekt mit dem Album »Head On« für große Aufmerksamkeit sorgte – zwischen abgedunkelten Nerdbuden, bürgerlichen Wohnstuben, zugemüllten Redaktionsräumen und mit Schweiß polierten Tanzflächen. Techno, Funk, Soul, Showtalent, ungezügelte Inspiration: alles up to date und sämtlich inklusive bei diesem ungleichen Duo! Kurz darauf startete Lidell auch solo aus den Löchern, die die Ruhe vor dem Sturm bedeuten. Es schien, als habe er alle Ideen in ein Werk für die Ewigkeit stecken wollen. Doch von den Fesseln der Komplexität des Debüts »Muddlin Gear« spielte er sich durch unzählige Live-Auftritte frei, die sich wahrlich nur als performative Sensation beschreiben lassen. Verdienter Lohn, dass Jamie Lidell nicht nur durch die Ochsentour, sondern auch mit dem folgenden Album »Multiply« die Zahl der Fans um einen Batzen multiplizieren konnte. Spätestens seit »Compass« ist er in einer Position, wo er sich hinter niemandem mehr verstecken muss. Wobei es – an den Körperlängen orientiert – mit Bezugsgrößen wie Prince und Beck auch eher schwierig wäre, beim Hide&Seek unentdeckt zu bleiben. Text: Wolfgang Frömberg, Foto: Claudia Rorarius Samstag | Bench Gemini | 23:25
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Intro
Das kleine Melt!-Who’s-who
Vier Namen, Vier Antworten Fred Falke?
Fred Falke ist einer jener DJs und Produzenten, denen Berührungsängste stilistischer Natur völlig fremd zu sein scheinen. Der Franzose remixt Grizzly Bear (»Two Weeks«) ebenso selbstverständlich und gekonnt, wie er Gossips »Heavy Cross« aufpimpt oder sich mit U2 (»Magnificent«) in die Stadionpop-Liga begibt. Indie-Rock, Pop, Techno – anything goes. www.myspace.com/ fredfalkemusic Sonntag | Bench Gemini | 19:30
Kings Of Convenience
Kings Of Convenience / Crookers
kein »Ich« im Team
Erlend Øye ist ein umtriebiger Mensch. Aber er hat auch seine Konstanten: zum Beispiel das Melt!, auf dem er in wechselnden Formationen gerne Gast zu ist. Nach dem Northern-Soul-Intermezzo im letzten Jahr mit den Indie-Darlings The Whitest Boy Alive betritt der rotgelockte Norweger mit der großen Brille und dem Körper eines Storches dieses Mal zusammen mit Eirik Glambek Bøe die Bühne wieder als das Duo Kings Of Convenience. Zwei Akustikgitarren und ein Maximum an Wohlbehagen: Ihr Songwriter-Pop hört sich in den besten Momenten an wie ein unprätentiöses Simon&Garfunkel-Update, schlechtere Momente gibt es allerdings schon nicht mehr. Mit ihrem Debüt »Quiet Is The New Loud« von 2001 lieferten die beiden auch gleich den Namen als Mission Statement für eine ganze Bewegung. In der Tat steht bei ihren Songs die Stille im Mittelpunkt, der Raum, in dem ein Gitarrenakkord nachhallt und in dem eine Gesangsharmonie umso heller strahlt. Und das, obwohl sie selbst angeben, ihre Stimmen anfangs furchtbar gefunden zu haben (weshalb sie so leise und zurückhaltend sangen). Vermutlich reine Koketterie. Für sein drittes Album »Declaration Of Dependence« hat sich das Duo ganze fünf Jahre Zeit gelassen, was zum einen an der Distanz liegt, die das gemeinsame Arbeiten zwischen ihren beiden Wohnsitzen in Berlin und dem norwegischen Bergen erschwert, und noch viel mehr an ihrem Perfektionismus: Solange der perfekte Text für die perfekte Musik nicht gefunden ist, ist ein Kings-Of-Convenience-Song noch nicht fertig. Um Teamwork der ganz anderen Sorte geht es bei den italienischen Crookers. Die Booty- und »Funk Mundial«-Stars arbeiten nur auf den ersten Blick zu zweit, ihr aktuelles Album trägt den Titel »Tons Of Friends« nicht zu Unrecht: Kelis, Róisín Murphy, Miike Snow, Major Lazer und Hudson Mohawke holten sich die beiden ElectroEnthusiasten unter anderem als Gastsänger und -rapper ins Studio. Als Produzenten und DJs sind sie Teil eines weltumspannenden Netzwerks, das vor zwei Jahren mal als »elektronische Weltmusik« etikettiert wurde und mittlerweile als »Funk Mundial« (nach der auf Daniel Haaksmanns Label Man Recordings veröffentlichten Serie) den brasilianischen Baile-Funk auch in unseren Breitengraden salonfähig macht. Text: Peter Flore, Foto: Lars Borges
Kings Of Convenience: Sonntag | Bench Gemini | 16:00 Crookers: Sonntag | Bench Gemini | 00:00
Riton?
Henry Smithson alias Riton ist ein echter Tausendsassa. Der Londoner hat schon Electrobretter und funkige House-Tracks produziert, als Eine Kleine Nacht Musik ist er tief in Krautrock eingetaucht. Und mit seinen kratzigen »Re-Rubs« von Hercules And Love Affair, Kylie Minogue oder The Cure hat er auf der Tour von »Radio Soulwax« die 2manydj’s ziemlich alt aussehen lassen. Und das will etwas heißen. Sonntag | Bench Gemini | 20:30
Fake Blood?
Lange Zeit war er der Banksy der DJ-Szene. Wer steckte hinter den maskierten DJ-Sets von Fake Blood? Wer ist der Typ, der so souverän Armand Van Heldens »I Want Your Soul«, Little Boots’ »Stuck On Repeat« und Unkles »Restless« durch die Mangel nahm? Inzwischen weiß man, dass es sich bei Fake Blood um DJ Touché oder, noch genauer, um den Briten Theo Keating handelt. Der Freude an seinen DJ-Skills tut das freilich keinen Abbruch. Sonntag | Bench Gemini | 22:00
Slagsmalsklubben?
Ein schwedisches Disco-Kollektiv mit Hang zu Radau, Trash-Techno mit Holper-Beats und Billig-Keyboards sowie Songtiteln wie »Malmo Beach Night Party« oder »Sponsored By Destiny« – deshalb natürlich eins a Entertainment und ein Garant für eine brechend volle Tanzfläche, versprochen! Sonntag | Bench Gemini | 18:00
Melt! Mag
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Get Well Soon
Get Well Soon / Johnossi
Du und wie viele von deinen Freunden?
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ass es mitunter Sinn macht, statt blutund emotionsloser Mucker lieber seine besten Freunde und Familienmitglieder ins Studio oder gleich auf die Bühne zu holen, beweisen Konstantin Gropper a.k.a. Get Well Soon und das schwedische Duo Johnossi auf höchst unterschiedliche Weise: Während der Exil-Berliner und gebürtige Oberschwabe Gropper sowohl live als auch bei Studioaufnahmen auf die Violin- und Gesangskünste seiner Schwester Verena zurückgreift und das eigentliche Soloprojekt Get Well Soon damit fast schon zur Familienangelegenheit erklärt, handelt es sich bei den Schweden John Engelbert und Oskar Bonde alias Johnossi um zwei echte Kumpels, die sich mit ihrem Duo nach einigen Anlaufschwierigkeiten einen gemeinsamen Jugendtraum erfüllten: den einer Rockband. Warum dieser Traum so lange auf seine Erfüllung warten musste – immerhin sind die beiden dem Teenageralter mit ihren knapp 30 Jahren nun auch schon längere Zeit entwachsen –, klären John und Ossi gerne auf: Man sei einfach zu faul gewesen. Der Umstand, dass beide auch auf der Bühne als Duo agieren und auf weitere Mitmusiker verzichten, ist dabei aber eher soundästhetischen Gründen zu verdanken: Um den Lo-Fi-Rocksound, der auch ihr aktuelles Album »Mavericks« wieder prägt, live angemessen umzusetzen, braucht es einfach keine große Musikeransammlung auf der Bühne, sondern nur Gitarre und Schlagzeug. Für den bekennenden Perfektionisten Konstantin Gropper wiederum undenkbar – immerhin ist die Musik von Get Well Soon für die große Leinwand gemacht und nicht fürs Lagerfeuer. Seine teilweise an
Filmmusik gemahnenden Songs sind detailverliebt und wachsen erst unter dem Kopfhörer zu vollständiger Größe, weil es immer noch irgendwo was zu entdecken gibt. Er scheue sich nicht, das Pathos zurück in die Popmusik zu holen, hatte Gropper einmal gesagt. Dass er sich dabei aufgrund seiner klassischen Ausbildung einer musikalischen Sprache bedient, die man sonst eher in eleganten Konzerthäusern statt in verrauchten Clubs vorfindet, ist nur ein Geheimnis für den unverwechselbaren Get-Well-Soon-Sound, der schon das Debüt »Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon« zu einem der erfolgreichsten Alben seines Labels City Slang werden ließ. »Dass viele Leute da einen klassischen Ansatz sehen, liegt vielleicht an der polyphonen Instrumentierung, weniger an einem konkreten Werkbezug. Meine Herangehensweise an Musik ist von einem gewissen Kunstideal geprägt, an künstlerischem Gehalt liegt mir sehr viel. Ich mag es, wenn der Musik eine konkrete Idee vorsteht.« Mit solchen Aussagen überraschte der Mittzwanziger im Zuge der Veröffentlichung seines Debüts 2008 nicht nur die Presse: Dass da ein junger Musiker mehr zu bieten hatte als Hedonismus und zu jedem seiner Songs ein wahres Referenzfeuerwerk abbrannte, dass dieser Jemand den Journalisten bei der Besprechung seines aktuellen Albums »Vexations« (2010) auf einmal mit Stoizismus und dem griechischen Philosophen Seneca kam, das war neu – und auf einmal war Gropper eine Art Everybody’s Darling der Indie-Szene. Text: Peter Flore, Foto: Sandra Stein Get Well Soon: Sonntag | Converse Main | 18:30 Johnossi: Sonntag | Converse Main | 17:30
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Melt! Mag
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OstGut Ton Meltdown
Eine kleine Idee auf Ausflug Das Berghain und die anhängige Panorama Bar sind in gerade mal fünf Jahren zur Legende geworden, meint nicht nur Arno Raffeiner. Die Welt reist Wochenende für Wochenende an und bibbert, ob sie den kritischen Blicken der Türsteher standhalten kann. Für alle, denen der Druck zu groß ist – an diesem Wochenende steht die OstGut-Ton-Crew beim Melt! hinter den Plattenspielern. Foto: Joachim Zimmermann Musiktriennale in Köln. »Klang«, der letzte große, unvollendet gebliebene Zyklus von Karlheinz Stockhausen, wird uraufgeführt. Der Reporter von Deutschlandradio Kultur ist total aus dem Häuschen. Völlig euphorisiert berichtet er über das Ereignis: Stockhausens »Cosmic Pulses« erzeuge eine derart psychedelische Wirkung, dass der Berliner Kultclub Berghain dagegen einpacken könne, sagt er, und erst im zweiten Moment merkt man, dass einen der Vergleich gar nicht groß schockt. War es bislang eher Usus, elektronische Tanzmusik zum Zwecke ihres finalen artistischen Ritterschlags an den Errungenschaften zeitgenössischer Avantgarden zu messen, so muss nun umgekehrt einer wie Stockhausen, ohne Zweifel einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, plötzlich eine Hürde namens Berghain überspringen, um zu beweisen, dass er richtig krass abgeliefert hat. Eine markante Verkehrung der Verhältnisse. Und eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Allein die Deckenhöhe auf dem großen Dancefloor des Berghains beträgt rund 20 Meter.
Techno & DDR-Beton Die Vögel am Wriezener Bahnhof tun wie immer so, als wüssten sie von all dem nichts. Sie zwitschern vor sich hin, gerade so wie am Sonntagabend zu jener Stunde, in der aus den Eingeweiden eines ehemaligen
Heizkraftwerks vermehrt abgefeierte Gestalten auf den staubigen Pfad zurück ins normale Leben stolpern, überschattet von diesem Koloss aus DDR-Beton, der nicht nur in der räumlichen Dimension mit seiner Wucht klotzt, sondern längst auch in kulturellen und mythologischen Sphären: eine nicht zu übersehende Landmarke. Die Aura rund um diesen besonderen Ort hat sich längst auch auf die Menschen, die im Berghain sowie auf dem zugehörigen kleineren Floor in der Panorama Bar Platten auflegen und für das angeschlossene Label OstGut Ton Musik produzieren, übertragen. Das Berghain ist ein Club, noch mehr aber ist es ein Mythos. Betritt man das Gebäude auf dem Gelände des alten Ostbahnhofs in Berlin-Friedrichshain an einem austauschbaren Nachmittag mitten in der Woche, riecht es drinnen nicht viel anders als in sonstigen leeren Clubs tagsüber auch. Ein wenig pilzig, klebrig, abgestanden, nur eine Spur größer und intensiver vielleicht. Durch den Nebeneingang landet man quasi direkt im Laboratory, dem erotischen Spielplatz des Ladens, wo an diesem Abend eine After-Show-Party von Lady Gaga stattfinden wird. In einem benachbarten Saal mit enormer Deckenhöhe soll in Kürze eine Konzerthalle entstehen. Noch ist der imposante Raum durch temporäre Einbauten gegliedert, die von der letzten Snax-Party stehen geblieben sind, Leitthema: Knast. Lady Gaga könnte sich nach ihrem Ausbruchs-
OstGut »Musikunterhaltung OstGut« – so harmlos nahm sich das Motto über der Tür des BerghainVorgängers aus, auf eine stilisierte weiße Schallplatte geschrieben. Jetzt hängt der alte Schriftzug am Eingang zu den Büroräumen, in denen täglich ein Dutzend Menschen für den Club arbeitet.
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Hit »Telephone« kaum etwas Passenderes wünschen. Während sie mit ihrer Truppe und geladenen Gästen hier Fetisch-Style im Popstar-Modus abfeiert, findet nebenan auf der großen Tanzfläche des Berghain ein Konzert des Rundfunkchors Berlin statt. »Ätherische Klänge wehen wie Luft von einem anderen Planeten herein. Schlangenmenschen schwingen sich in die Höhe und setzen jene Energie frei, die man braucht, um den Tod zu überlisten«, heißt es in der Ankündigung zur Aufführung der »Choral Hymns From The Rig Veda« des Komponisten Gustav Holst. Funktion-One Wie blaue Riesen-Aliens stehen die Lautsprecherstapel rund um den Berghain-Floor, damit im Mittelpunkt nur eines steht: der Beat. Aufgrund dieser Anordnung ist Funktion-One, der Name des englischen PA-Herstellers, bei DJs, Tänzern und Tontechnikern inzwischen zum Fetisch geworden.
Dubstep Identitätsstiftend für die Pluralität des Berghain-Sounds sind seit einiger Zeit auch die Sub:stance-Nächte von Scuba und seinem Label Hotflush. Die Achse zwischen 4/4-Strenge und dubbiger Basswucht könnte wohl nirgendwo solider verlegt werden als am Wriezener Bahnhof.
Die stilistische Offenheit des Sozialen »Ganz schöne Kontraste«, meint Nick Höppner, der vorbei an Putzpersonal über Pfützen aus undefinierbaren Flüssigkeiten und Ballen von zerknülltem Küchenkrepp durch das Haus führt. In den Büroräumen im obersten Stockwerk des Gebäudes erzählt Höppner – selbst DJ, Produzent und Manager des Labels OstGut Ton – dann, dass sich solche Verquickungen verschiedenster Zusammenhänge ganz selbstverständlich ergeben, schließlich passieren im Berghain eben unterschiedlichste Dinge, auch jenseits von Techno: diverse Konzerte, der elektroakustische Salon, Ballettaufführungen oder Ausstellungen. Der Club ist in inhaltlicher Hinsicht längst nicht so monolithisch gebaut wie sein äußeres Erscheinungsbild und wie – mehr noch – sein Ruf. Mit einer Zigarette zwischen den Fingern, halb aus dem Fenster in Richtung eines großen Parkplatzes auf dem benachbarten Grundstück gelehnt – im Konferenzraum ist Rauchen eigentlich verboten –, erinnert sich Höppner an seine eigene Geschichte mit dem Berghain: Er begann noch im Vorgängerclub, dem OstGut, dessen Namen das Label später übernehmen sollte, als Resident-DJ aufzulegen. Doch, das Wort »erschlagen« sei gar nicht so falsch für den Eindruck, den das Gebäude auf ihn gemacht habe. Als er das Berghain noch während der Umbauphase mit Michael Teufele, einem der Gründer und Betreiber, zum ersten Mal betreten habe, hätte es ihn doch ein wenig geschwindelt. »Das war eine Dimension, die ich so überhaupt nicht erwartet habe, ziemlich krass. Allein diese schiere Größenordnung war etwas komplett anderes, sehr aufregend. Ich war schon sehr gespannt darauf, das erste Mal in der Panorama Bar zu spielen.« Als Höppner dort 2005, wenige Wochen nach der Eröffnung, zum ersten Mal auflegte, war vom »Berghain-Sound« noch nicht die Rede. Doch seit einiger Zeit zieht der Begriff immer weitere Kreise. Mit dem Club und seinem Mythos sind auch die Resident-DJs gewachsen, die hier wie nirgendwo sonst mit dem Inventar verwachsen scheinen. Jemand wie Marcel Dettmann etwa war vor einigen Jahren nahezu unbekannt. Heute steht sein Name exemplarisch, beinahe Ehrfurcht erregend für das Berghain als Institution und für eine ebenso strenge wie kühne Auslegung von Techno. Dasselbe könnte man über Marcel Fengler sagen, mit Abstrichen auch über Ben Klock, der als
einer der wenigen OstGut-Produzenten bereits vorher auf anderen Labels veröffentlicht hatte. Aber gibt es ihn überhaupt, diesen einen Berghain-Sound? Höppners Antwort ist eindeutig: Nein. »Diese Zuschreibung kommt von außen. Solche Klischees setzen sich ganz schön hartnäckig fest, das gilt für den Club und für das Label umso mehr: Marathon, Beton, Technotechnotechno. Aber das entspricht nicht den Tatsachen.« Für die Protagonisten selbst ist der Zusammenhalt nicht etwa durch Architektur, durch die Dimensionen des Raums, das Gewicht der Konstruktion, den Schalldruck der berüchtigten Funktion-One-Anlage definiert, sondern durch ein soziales Umfeld. Und das Profil von OstGut Ton entsteht nicht durch schlaues A&R’ing, Marketing oder gleichmacherisches Sound-Design, sondern durch die Tatsache, dass auf dem Label einfach die KünstlerInnen des Hauses veröffentlichen: »Eine Plattform für die Residents schaffen, das war von Anfang an die Idee, da gab’s keine stilistischen Vorgaben.« Diese ganz schlicht gedachte Übereinkunft basiert praktisch auf blindem Vertrauen zwischen allen Beteiligten. So kommt es öfter vor, dass neue Produktionen an Höppner als Label-Manager und an Teufele auf dem Chefsessel ungehört vorbei- und direkt ins Mastering-Studio gehen. Daraus ergibt sich eine stilistische Offenheit, die in der Wahrnehmung des Labels gerne übersehen wird. Zwischen der TechnoDefinition eines Shed, der Durchlässigkeit für Dubstep bei DJ Pete und dem Oldschool-House-Purismus von Tama Sumo und Prosumer tut sich ein weites Spektrum auf, das mit der üblichen Erzählung – Klang, Architektur und Exzess, als großes Ganzes untrennbar ineinander verzahnt – nicht recht zu fassen ist. Auch aus diesem Grund begegnet Nick Höppner den kritischen Fragen mancher Berghain-Jünger mit großer Gelassenheit: Ob es nicht ein Sakrileg sei, diesen Techno-Tempel an irgendeinen anderen Ort verpflanzen zu wollen? Ob ein solches Unterfangen nicht schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit sei, zum Scheitern verurteilt? »Du brauchst nicht die Berghain-Kathedrale, damit ein Marcel-Dettmann-Set funktioniert. Und du brauchst auch nicht die Panorama Bar, damit ein Oldschool-Set von Prosumer funktioniert. Musik und Club bedingen einander nicht so krass, dass das nicht zu trennen ist. Ich glaube, das funktioniert großartig unabhängig voneinander.« Höppner bläst den Rauch der nächsten Kippe von der obersten Berghain-Etage hinaus in die große Weite unter ihm. Er hält kurz inne, durchs Fenster dringt Vogelgezwitscher herein. »Ich find’s nach wie vor super, was wir aus so einer kleinen Idee machen konnten«, sagt er.
Marcel Dettmann: Freitag | Big Wheel | 20:30 Shed Live: Freitag | Big Wheel | 22:00 Ben Klock: Freitag | Big Wheel | 23:00 Samstag | Ostgut Ton @ Sleepless Floor | ab 07:00
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Melt! Booking
BONAPARTE 16.09. Konstanz, Kulturladen | 17.09. Bern (CH), Dachstock | 18.09. Lausanne (CH), Coleur 3 Festival »La Belle Swiss« | 08.10. Leipzig, Centraltheater | 09.10. Dresden, Beatpol | 10.10. Erlangen, E-Werk | 11.10. Regensburg, Kulturspeicher | 12.10. München, Backstage Werk | 13.10. Innsbruck (AT), Weekender Club | 14.10. Graz (AT), PPC | 15.10. Wien (AT), Flex | 16.10. Steyr (AT), Roeda | 17.10. Würzburg, Posthalle | 19.10. Heidelberg, Karlstorbahnhof | 20.10. Freiburg, Waldsee | 21.10. Zürich (CH), Alte Börse | 22.10. Paris (FR), Le Boule Noire | 23.10. Marseille (FR), Festival des Suds | 25.10. Stuttgart, Wagenhalle | 26.10. Brüssel (BE), Botanique | 27.10. Amsterdam (NL), Paradiso | 28.10. Köln, Stollwerk | 29.10. Bremen, Spedition | 30.10. Hannover, Faust | 03.11. Dortmund, FZW | 04.11. Hamburg, Uebel & Gefährlich 05.11. Kiel, Pumpe | 06.11. Berlin, Astra
DELPHIC
13.08. Rees, Haldern Pop Festival | 14.08. Hamburg, Dockville Festival | 17.08. Frankfurt, Nachtleben | 18.08. Leipzig, Conne Island 21.08. Erlangen, E-Werk
DIE ANTWOORD
ROBYN 10.09. Berlin, Berlin Festival | 11.09. München, Backstage | 12.09. Frankfurt, Mousonturm |13.09. Hamburg, Große Freiheit
BODI BILL
31.07. Heidelberg, Karlstorbahnhof | 28.08. Wiesbaden, Schlachthof Wiesbaden @ Folklore im Garten | 25.09. Hamburg, Neidklub
BLACK MOUNTAIN 20.09. Köln, Gebäude 9 | 21.09. Hamburg, Grünspan | 27.09. Berlin, Festsaal Kreuzberg 28.09. München, 59:1
17.08. Zürich (CH), Hive Club | 18.08. Wien (AT), Pratersauna | 19.08. München, Crux 20.08. Berlin, Magnet Club (Introducing)
BLONDE REDHEAD
JUNIP
SIMIAN MOBILE DISCO (DJ SET)
(JOSÉ GONZALEZ, TOBIAS WINTERKORN, ELIAS ARAYA)
10.09. Berlin, Berlin Festival @ Flughafen Tempelhof | 24.09. Hamburg, Reeperbahnfestival | 25.09. Leipzig, Centraltheater | 27.09. München, Atomic Cafe | 29.09. Stuttgart, Club Schocken 12.10. Köln, Gebäude 9
THE STRANGE BOYS MIT CHUCKAMUCK
20.07. Hamburg, Hafenklang | 21.07. Berlin, Rosi’s 22.07. München, 59:1 | 23.07. Feldkirch (AT), Poolbar Festival
26.09. Berlin, Festsaal Kreuzberg
19.08. Berlin, Watergate | 20.08. München, Puerto Giesing | 21.08. Hamburg, Neidklub 22.08. Neuss, Circle Of Love Festival
WHOMADEWHO & FRIENDS (SPLEEN UNITED U. A.) 07.10. Berlin, Ritter Butzke 08.10. München, Rote Sonne
INTRODUCING
MELT! BOOKING NIGHT
20.08. Berlin, Magnet/Comet Club
19.08. Berlin, Watergate
FEAT. DIE ANTWOORD, TELEPATHE U. A.
FEAT. TIGA, SIMIAN MOBILE DISCO (DJ SET), THOMALLA
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Modeselektor
Tastemaker Modeselektor überall - besonders auf dem Melt!. In Ferropolis kuratiert das Berliner Duo erstmals eine eigene Bühne. Arno Raffeiner fragte, wer denn da so auftreten dürfe. Und wieso.
K Moderat Wenn Berliner unter sich sind, dann geht es mitunter schon mal etwas ruppiger zu. Beispielsweise dann, wenn Sascha Ring von Apparat die Kollegen von Modeselektor – Sebastian Szary und Gernot Bronsert – als Raveband bezeichnet. Dabei arbeitet das Dreigestirn unter dem Namen Moderat schon seit 2002 zusammen. Letzten Winter wurde endlich auch das gleichnamige Erstlingswerk fertig. Darauf findet sich eine Mischung aus Dubstep, Ambient und House – allerdings alles eher ruhig und in Moll. Dubstep zum Heulen halt.
Schmortopf Viele Gewürze vertreiben das Einerlei: die goldene Regel für eine Aromaexplosion im DJ-Topf. Ein kleiner Auszug aus der Zutatenliste der ModeselektorMixe: Missy Elliott, Robert Hood, Radiohead, Mr. Oizo, Busta Rhymes, Boys Noize, Animal Collective, Burial ...
Monkeytown Weil Stadtaffe Peter Fox ein schlauer Fuchs ist, hat er sich vorübergehend des ModeselektorWappentiers bemächtigt. Dabei nehmen Gernot und Szary den Affen schon seit Jahren mit auf die Bühne: aufblasbar, vier Meter hoch, von Pfadfindern designt. Jetzt gab er auch dem Label Monkeytown seinen Namen.
ennst du die Signale deines Körpers? »Lästiger Frühlingsschnupfen«, lautet das Resultat des schnellen Selbstdiagnose-Checks bei Gernot Bronsert. Ein wenig angeschlagen schraubt die eine Hälfte von Modeselektor mit Partner Sebastian Szary im gemeinsamen Berliner Studio an einem Remix für die befreundete PerformancePunk-Truppe Bonaparte rum. Neues für Moderat, das gemeinsame Projekt mit Sascha »Apparat« Ring, ist auch im Entstehen, außerdem werden die ersten Spuren des nächsten Modeselektor-Albums verarztet. Auf die Selbstdiagnose wird vorerst mit Selbstmedikation reagiert, hoch dosiert. Das hilft, erwiesenermaßen. Schließlich haben Modeselektor einige Erfahrung mit Körpersignalen und wissen solche Symptome auch sonst genau zu deuten und zu kontrollieren: extrapyramidale Hyperkinesen etwa (z. B. das Restless-LegsSyndrom), fremdindizierte Zwerchfellkontraktionen (auch Kickbauch genannt) sowie Zuckungen weiterer Gliedmaßen (Stapel-Raver-Arm oder HipHop-Hand) bis hin zu jenem Krankheitsbild, das der Volksmund einfach »Abfahrt« nennt. Unterstützend zur Basskur im eigenen Studio, malt sich Gernot noch den bevorstehenden Spaß auf der Halbinsel von Ferropolis aus. Mit ihrer Spürnase für großen Rums und überraschende Querverbindungen zeichnen Modeselektor nämlich in diesem Jahr verantwortlich für das Geschehen auf einer Melt!-Bühne, die kurzerhand zur Meltselektor Stage umfunktioniert wird. Das passt. Denn schon die Musik von Modeselektor wirkt wie aus dem utopischen Line-up eines Rambazambafestivals zusammendeliriert. Von scharfen IDM-Cuts über Raps und Rave-Fanfaren bis zu kolossalen Klangschichtungen ist alles dabei. Wer ihre DJ-Mixe für BPitch Control oder Get Physical kennt, weiß, was bei Bronsert und Szary in den Schmortopf kommt: lauter freigeistige Partyschweinereien. Den Traum vom eigenen Modeselektor-Festival lassen die Herren Kuratoren nun Wirklichkeit werden. »Ich habe Kode9 und Martyn mal zusammen auflegen sehen«, erzählt Gernot begeistert, »da wurden
einfach nur Jungsträume erfüllt!« Also musste der Londoner Kode9, Betreiber des Labels Hyperdub, nach Gräfenhainichen geholt werden, Rücken an Rücken mit Martyn, einem der ambitioniertesten TechnoBreakbeat-Querdenker dieser Tage. Außerdem legen neben Geheimtipps wie dem schottischen DJ Jackmaster und Skate aus Berlin auch Jamie xx, der Beat-Bastler von The xx, und Mala, der mit massiv runtergeschraubten Breaks einen ganz eigenen Stil fährt, auf. Die Reizwörter sind noch die alten, die Sounds sind neu: »Wenn du so willst: Dubstep ist vorbei. Das wissen Leute wie Martyn und Kode9 lange, bevor das irgendein Journalist niederschreibt. Uns geht es einfach um absolut frische Musik, und ich bin überzeugt, dass Leute, die sich für moderne Musik interessieren, auf ihre Kosten kommen.« Wenn jemand dazu berufen sein sollte, die Geschichte des englischen Hardcore-Kontinuums auf dem Kontinent fortzuschreiben, dann eben Modeselektor. Mit Moderat zeigten sie, wie man die letzten Evolutionsstufen in der Post-Techno-Ära auf Festivalbühnen holt und Dubstep zum Heulen erfindet. Auf Sentimentalitäten wird für die Modeselektion beim Melt! allerdings weitgehend verzichtet, stattdessen nimmt man lieber die famosen Live-Acts Four Tet sowie Jesse Rose & Henrik Schwarz ins Programm. Außerdem werden Modeselektor einen gemeinsamen Auftritt mit Bonaparte geben, bei dem sie gegenseitig ihre Songs covern – im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee, ausgeheckt mit ihrem Kumpel Tobi von Bonaparte. Im Ergebnis vermutlich so was wie Bassattacke mit Schweinemaske. Da fehlt auf der Meltselektor Stage eigentlich nur noch ein Monkey-Drummer, wie ihn Chris Cunningham einst für einen Track von Aphex Twin zusammengeschraubt hatte: mit knapp einem Dutzend Gliedmaßen, die mit einem Affenzahn noch aus dem letzten Topfdeckel Arschtritt-Beats klopften. Ein klarer Fall von Hyperkinese. Illustration: Elisabeth Moch Freitag | Melt!Selektor @ Desperados Beach | 02:00
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The xx
Kolossale Jugend The xx aus London sind eine verschworene Gemeinschaft, weiß Wolfgang Frömberg. Die jungen Briten schaffen es, diese Gemeinschaft bei jedem Gig ein wenig zu vergrößern. Foto: Diane Vincent
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an möchte sie streicheln. Eine Weile erzählten The xx zum x-ten Male jene flauschige Geschichte neu, die von den Freunden für die Ewigkeit, die dem Leben einen Streich spielen, indem sie die vorherbestimmten schiefen Bahnen und schattigen Nischen, langweiligen Büros und ordentlichen Karrieren verlassen – mit diesen paar unbekümmerten Akkorden und Melodien im Gepäck, die bei anderen ein Leben lang in der Schublade liegen. So weit das Märchen. Aber spätestens, wenn sich der Erfolg einstellt, fletscht die Welt ihre spitzen Zähne: Als die Tour der neuen Sternschnuppe am Indie-Himmel im letzten Jahr unterbrochen werden musste, hieß es zunächst, Keyboarderin Baria Quereshi habe die Gigs wegen Erschöpfung abgesagt. Allein das zarte Alter der je 19-jährigen Bandmitglieder ließ diese Erklärung plausibel erscheinen. Kurze Zeit drauf verließ Quereshi die Band dann endgültig aufgrund von »Unstimmigkeiten«. Erst im August desselben Jahres war das Debütalbum erschienen. The xx hatten sich als Formation bereits 2005 während der Schulzeit in London gefunden – und, schwupps, nach wenigen Monaten im Rampenlicht zumindest teilweise wieder verloren. Nichtsdestotrotz setzten Romy Madley Croft, Oliver Sim und Jamie Smith ihren Triumphzug durch die Konzertstätten fort. Die Songs des Debüts »xx« sind wie gemacht für Messen, die sowohl eine große Menge einbeziehen als auch eine atemberaubende Intimität erzeugen. Man stelle sich eine große Arena vor, im Dunkeln, in der das Publikum Hunderte von Feuerzeugen anzündet, deren Flammen leicht zu den Klängen von »Basic Space«, »Crystalized« oder »Shelter« flackern – etwa so, wie ein schüchterner Junge oder ein zurückhaltendes Mädchen in der dunklen Ecke eines Clubs tanzt. The xx spielen Musik, zu der man eng umschlungen wächst und zu der sich ganz verloren kuscheln lässt. Im Wechselgesang kleben dir Romy und Oliver Trostpflaster vor den Latz, unter deren Haut Pickel und Probleme, Kummer und Kalorien verschwinden wie schmutziges Badewasser im Abfluss.
The xx wurde schon bescheinigt, der unwiderstehliche Sog ihres aus dem Vollen schöpfenden Reduktionismus eigne sich am besten als Soundtrack für die müde Heimfahrt durch die Nebel einer Afterhour – nach einem Gig, einer Party, einem Abend im Kino. Das stimmt ein bisschen, weil man tatsächlich den Kopf an die Schulter der Songs statt an die Schulter der gesellschaftlichen Umstände oder des besten Freundes (nur um Missverständnisse zu vermeiden!) legen kann. Aber die Sanftheit von The xx entwickelt, selbst an das Motto »quiet is the new loud« gelehnt, auch eine gewisse Portion Aggressivität. Insofern sind The xx weniger niedlich als ein Streichelzoo. Sie haben auch Zähne. »Na gut«, mag der Skeptiker sagen: »Zähne hat jedes Rädchen im Getriebe. Sonst würde schließlich der ganze Apparat nicht laufen.« The xx beweisen jedoch Potenzial, auch morgen noch kräftig zuzubeißen: Sie tragen ohne lange Biografie eine wundervolle Schleppe hinter sich her. Oder wie nennt man das bei Sternschnuppen? Allein im Namen entblößen sie eine schöne Symbiose aus Gender Conscience und The-Band-Attitude. Außerdem beziehen sie sich unausgesprochen auf diverse Einflüsse aus der Pop-Geschichte. Die Älteren unter den FestivalBesuchern mögen sich an die beste Postpunk-Band der Welt erinnern: Die Young Marble Giants aus Wales erschienen 1980 mit ihrem Album »Colossal Youth« auf der Bildfläche und spielten Songs, die mit kleinstmöglichen Mitteln vom größtmöglichen Widerstand gegen Hoffnungslosigkeit im Alltag erzählten. Und so machen es The xx jetzt auch. Wobei sie runder, gesünder und Erfolg versprechender klingen. Der NME kürte sie zur »band to watch 2009«. Das gilt im Jahr 2010 erst recht. In »Night Time« heißt es: »And when the day come / It will all have been fun / We’ll talk about it soon.« Kein Märchen.
Freitag | Converse Main | 00:10
Young Marble Giants ... wurden Ende der Siebziger in Cardiff gegründet. Gründungsmitglieder waren Alison Statton, Philip und Stuart Moxham. Ihre Debüt-LP erschien beim gerade erst aus der Taufe gehobenen Label Rough Trade. Die Mischung aus Melancholie und Coolness in den spartanisch instrumentierten Songs ist bis heute einzigartig. Der »Final Day« der Band, so auch ein Songtitel, kam schnell. »Colossal Youth« blieb das einzige YMG-Album.
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Tocotronic
Die kalten arme der klitschkos
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as Tocotronic-Album »Kapitulation« war erst mal schwierig zu verdauen. Gerade hatten eine Menge Journalisten Blumfelds »Verbotene Früchte« gekostet. Und dank der Goldenen Zitronen spukte »Lenin« durch die Bäuche mehrerer Kritiker. Die Klitschkos würden sagen: »Schwääre Kost!« Und jetzt noch so ein mit viel Bedeutung aufgeladener Begriff aus der Geschichte der Menschheit als Plattentitel aus dem Triumvirat der Hamburger Schule! Kopf in den Sand stecken, oder was? Nee, die Tocos hatten lediglich ihre eigene Beharrlichkeit mit einem drastischen Kontrapunkt ausgezeichnet. Deutlicher kann man nicht, verzeihen Sie, zwischen den Polen Bumms und Bi oszillieren. Weitermachen und aufgeben! Nun, die Erde hat sich weiterbewegt, Tocotronic konnten ihre Ber-
lin-Trilogie inzwischen mit »Schall und Wahn« vervollständigen. Die »Kapitulation« war eine Position, die sich schnell wechseln ließ. Nun könnte man einwenden, dass neues Material für Toco-Live-Shows eigentlich längst unerheblich sei, weil die Indie-Band par excellence auf ein Reservoir an Hits zurückgreifen könne, das selbst die Rolling Stones neidisch machen würde. Doch gerade die Weiterentwicklung im Studio, die an »Schall und Wahn« gut zu beobachten ist, garantiert substanzielle Live-Auftritte. Tocotronic bewegen sich zum Glück zwischen den schalen Nostalgie-Shows mit vertraglich festgelegter Setlist so mancher NeunzigerJahre-Band auf der einen und dem Breitwand-Gerummse zeitgenössischer Hype-Gruppen auf der anderen Seite. Es geht nicht nur darum, Erwartungen zu erfüllen, sondern auch darum, sie zu enttäuschen –
oder sie nach oben zu schrauben. Wir dürfen also gespannt sein, wie sich eine leichte Boshaftigkeit à la »Macht es nicht selbst«, die auch gegen Teile der eigenen Klientel gerichtet zu sein scheint, von der euphorisierten Masse mitsingen lässt. Etwa ironisch distanziert oder aus voller Brust? Einer der schönsten Songs, die Tocotronic jemals geschrieben haben, ist »Die Folter endet nie«. Mich erinnert er manchmal an den besten Schluss, den ein Romancier jemals für seine Geschichte gewählt hat: So beschrieb Emile Zola am Ende seines im 19. Jahrhundert spielenden Bergarbeiter-Romans »Germinal« die nach gescheiterter Revolte unter Tage wie zuvor ausgebeuteten Seelen als Samen, deren Keime eines Tages Risse in die Erde treiben würden, um die dort herrschenden Machtverhältnisse zu zerreißen. Dass sich neben dem hochgradig
gegenwartsdiagnostischen – und gar nicht so bescheidenen – Glanzstück »Keine Meisterwerke mehr« mit »Im Zweifel für den Zweifel« auch das »Going Underground« der Tocos auf »Schall und Wahn« befindet, passt dazu wie die Faust aufs Auge. Die Positionen haben sich verschoben, die Ziele nicht. Während man früher »Teil einer Jugendbewegung« sein wollte, definiert man Subkultur heute wieder vom individualistischen Ausgangspunkt her. Aber, um den besonderen Moment des Erscheinens dieser Ausnahmeband auf dem Melt! 2010 noch mal zu betonen: Wer vor der Unwirklichkeit dieser Tage auf der Flucht ist, flüchte in die kalten Arme der Tocos. Text: Wolfgang Frömberg, Foto: Foto: Michael Mann
Freitag | Converse Main | 21:00
Melt! Mag
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er Sigur Rós-Frontmann Jónsi Birgisson gehört mit seinem Solodebüt »Go« zu den Überraschungen des Jahres. Ihm ist ein fulminantes Popalbum gelungen, auf dem er zur Verwunderung vieler seiner Fans erstmals auf Englisch singt. Wurde Jónsis ätherische Stimme bisher vor allem als
eine Art Instrument wahrgenommen, das sich in die Soundarrangements der Band einzufügen hatte, so stellt er mit »Go« erstmals seine Fähigkeiten als eigenständiger Songwriter heraus. Ursprünglich als reines Akustikalbum angedacht, entwickelten sich die Stücke vor allem durch die Zusammenarbeit mit dem befreundeten Komponis-
Jónsi
HUNGERN FÜR POP ten Nico Muhly zu orchestralen Kunstsongs in der Tradition eines Antony Hegarty. Auf dem Album finden sich zahlreiche Sigur-Rósuntypische Instrumente wieder, die eher dem Bereich der klassischen Musik zuzuordnen sind. Trotz der kunstsinnigen Herangehensweise ist »Go« ein geradezu unanstrengendes, leicht konsumierbares Album geworden. Wo Sigur Rós gerne mal ins Verschwurbelt-Esoterische abdrifteten, hält Birgisson sich auf »Go« durchaus an gängige Strophe-Refrain-Muster. Seine Popaffinität und den Hang zu großen Melodien bewies der Isländer bereits mit seiner Coverversion des MGMT-Hits »Time To Pretend«, bei der er sein Faible für sattsam arrangierte bombastische Sounds ausleben konnte. Während bei MGMT allerdings die Melodien synthetisch untermalt werden, setzt Birgisson vollends auf klassische Klangerzeuger und lehnt
Synthesizer weitestgehend ab. Er mag keine Fake-Sounds, verriet er Intro im Interview (Intro #181). Dementsprechend opulent wird die Live-Umsetzung von »Go« ausfallen, die man sich auch nur mit einer großen Band vorstellen kann. Wie zur Bestätigung posiert Jónsi auf den Pressefotos zum Album bereits als federbehangene Diva und gibt sich im Interview keineswegs so introvertiert, wie es ihm immer nachgesagt wird. Ja, er plane, das Ganze mit viel Hang zu Pomp und Prasssucht zu inszenieren, erzählt er. Das Bühnendesign und die Visual Arts sind ebenfalls weitgehend seiner Verantwortung entsprungen. Auch dafür scheint Jónsi Talent zu besitzen: Augenzeugen zeigten sich von seinen ersten Club-Gigs begeistert. Text: Sebastian Ingenhoff Foto: Katharina Poblotzki Freitag | Converse Main | 22:40
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Booka Shade
Clubhits ohne Kompromisse Nach Auftragsarbeiten für Popsternchen sind Booka Shade jetzt auch mit Tracks unter eigener Flagge im Dunstkreis der Charts. Sebastian Ingenhoff zeichnet eine bunte Karriere nach.
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alter Merziger und Arno Kammermeier blicken auf eine lange, ereignisreiche Karriere zurück. In den frühen Neunzigern gründeten sie die New-Wave-Band Planet Claire, orientierten sich gegen Mitte des Jahrzehnts schließlich an Techno und Trance, ehe sie zur Jahrtausendwende eine kleine Laufbahn als Hitfabrikanten für Castingbands wie No Angels einschlugen und sogar Werbejingles komponierten. Der ganz große kommerzielle Popzirkus versprach dabei zwar schnelles Geld, sorgte aber laut den beiden für stetig wachsende kreative Unterforderung. Es musste also ein dramatischer Neuanfang her. Und wer wäre da als Partner besser geeignet gewesen als der damalige Groove-Herausgeber Thomas Koch, dem es ebenfalls nach Wan-
del stand? Mit ihm und dem Produzententeam M.A.N.D.Y. riefen sie 2002 Get Physical ins Leben, releasten unter dem Namen Booka Shade und landeten mit »Mandarine Girl« und »Body Language« gleich zwei Clubhits. Der markante Basslauf von »Body Language« wurde in Folge sogar von Black-Eyed-Peas-Rapper Will.i.am gesampelt, sodass die beiden Berliner über Umwege erneut ihren Weg in die Charts fanden. Gelernt ist eben gelernt. Die Popvergangenheit hört man den Alben der Studioprofis immer noch deutlich an: Die Produktionen sind so ausgefeilt, harmonisch und sattsam arrangiert, dass man selbst bei den Instrumentalstücken geneigt ist, eher von Songs als von Tracks zu sprechen. Ein Stück wie »Mandarine Girl« wird auf Festivals deswegen nicht zufällig regelmäßig lauthals
mitgegrölt, obwohl es überhaupt keinen Text hat. Es gab lange keinen Technoact mehr, der Pop und Clubkultur so schlüssig und konsensfähig fusioniert hat. Booka Shade sind damit auch wegbereitend gewesen für den großen Erfolg eines Paul Kalkbrenner, der mit seinem letzten Album einen ähnlichen Weg zum Technosong eingeschlagen hat. Im Gegensatz zu vielen aktuellen Technoproduzenten setzen Merziger und Kammermeier bewusst auf das Format Album. Tatsächlich folgt jedes Werk der beiden einer fein ausgearbeiteten Dramaturgie. War »Memento« noch stark von klassischer Filmmusik inspiriert, so beschäftigte sich »The Sun & The Neon Light« ausgiebig mit dem apollinisch-dionysischen Gegensatz zwischen Tag und Nacht, der sich in den mal bedächtigen, mal eupho-
rischen Tracks widerspiegelte. Mit »More« haben Booka Shade dieses Jahr ihr viertes Studioalbum vorgelegt. Auch wenn Überhits vom Format »Body Language« auf den ersten Blick fehlen mögen, ist das Album atmosphärisch dicht und stringent. Das Video zur Single »Bad Love« offenbart die düstere Seite des Duos und führt zurück zu den Wurzeln im New Wave. Der Song ist als Hommage an die großen Vorbilder Depeche Mode zu verstehen, mit denen sie vor ein paar Jahren auch auf Tour waren. Die Qualitäten des Duos offenbaren sich vor allem live: Auf der Bühne agieren Merziger und Kammermeier mittlerweile wie eine waschechte Band. Mit Schlagzeug, Keyboards und allem, was dazugehört. Illustration: Elisabeth Moch Freitag | Converse Main | 03:10
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Pantha Du Prince
Techno im Feld
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nfang des Jahres hat Hendrik Weber sein drittes Pantha-DuPrince-Album »Black Noise« veröffentlicht. »Black Noise« ist Webers erstes Release auf dem pophistorisch so bedeutsamen Rough-Trade-Label, das eigentlich weniger mit Clubmusik assoziiert wird. Kategorisierungen solcher Art greifen jedoch ohnehin zu kurz, denn die Musik des gebürtigen Hessen weist meilenweit über die Tanzfläche hinaus. Pantha Du Prince zeigt mit seinen Kompositionen, wie schwierig und unhaltbar eine Grenzziehung zwischen analog und digital, zwischen künstlich und natürlich manchmal sein kann. Die Tracks funktionieren fernab des Clubs ebenso gut wie auf der Tanzfläche, was wohl den grundlegenden Unterschied zu den gängigen ArtistAlben aus der Technoszene darstellt. Dementsprechend enthusiastisch
wurde »Black Noise« auch in den Feuilletons gefeiert, von Leuten, die mit Technokultur sonst kaum Berührungspunkte haben. Entstanden ist »Black Noise« in den Schweizer Alpen, wo Weber ideale Bedingungen für das Sammeln von Field Recordings vorgefunden hat. Der Titel bezieht sich auf eine für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbare Frequenz, die vor unheilvollen Naturereignissen entsteht und vor allem Tieren als Warnsignal dient. Den Großteil seiner Field Recordings hat Weber in einem Gebiet aufgenommen, das vor zweihundert Jahren von einem Erdrutsch begraben wurde. Das Albumcover zeigt ein idyllisches Bergdorf an einem See. Alles wirkt ruhig. Lediglich der Albumtitel kündet von der drohenden Katastrophe. Doch Weber ist kein reiner Naturalist, sondern in erster Linie Romantiker. Die benutzten Klangquellen sind auf »Black Noise« kaum unterscheid-
bar, morphen ineinander über, verwischen die Grenzen zwischen Technik und Natur. Damit bewegt er sich in der Tradition eines Wolfgang Voigt, der mit seinem Projekt GAS vor bald fünfzehn Jahren die heimischen Wälder vertont hat. Bei aller Liebe zur Natur ist Weber jedoch vor allem ein Kind des Clubs. Das mit Tyler Pope (!!!, LCD Soundsystem) eingespielte Stück »The Splendour« stellt beispielsweise eine Hommage an Larry Heard dar, ohne dass der House-Übervater aus Chicago direkt gesampelt würde – dafür ist der von Pope gespielte Basslauf eine Neuinterpretation des Klassikers »Missing You«. Damit nicht genug der Gastauftritte: Mit Panda Bear von Animal Collective findet sich auf dem Album ein prominenter Gastsänger, dessen hymnischer Gesang »Stick To My Side« zu einem regelrechten Pophit geraten lässt. Mit der Indie-Band steht Weber seit seinem Remix zu
»Peacebone« in engem Kontakt und begleitete die Amerikaner schon auf ihrer letztjährigen Europatour. Eine Kollaboration, die Sinn macht, denn wo Animal Collective sich zuletzt vermehrt dem Techno öffneten und neue Wege fanden, Clubmusik und Freak Folk zu fusionieren, spielte Weber vor seiner Zeit als Pantha Du Prince in der Hamburger IndieElektronik-Band Stella, die um die Jahrtausendwende herum einige fabelhafte Alben auf L’Age D’Or veröffentlichte. Der in seiner Jugend vor allem von Shoegazer-Bands wie My Bloody Valentine oder Ride beeinflusste Weber hat nun mit Pantha Du Prince neue Wege gefunden, seine Version von Noise auf die Bühne zu bringen. Text: Sebastian Ingenhoff Foto:Joachim Zimmermann
Freitag | Big Wheel | 19:30
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Groove Armada
Nur noch live
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m Vereinigten Königreich spielen Groove Armada längst in der obersten Liga. Da, wo sich die Chemical Brothers, Underworld, Basement Jaxx und Konsorten tummeln, mit Schlussauftritten in Glastonbury, großem DancePop-Trara auf der Bühne und noch größeren Gesten. Woran es lag, dass sie dieses Potenzial hierzulande bisher nicht voll ausspielen konnten, weiß niemand so genau. Aber Andy Cato und Tom Findlay sind sich sicher: Die Zeit ist reif. »Mit unserer neuen Platte und der Live-Show werden wir Orte erreichen, an denen wir vorher nie waren«, prophezeit Zweimetermann Cato. »Wenn wir nur genug Interesse erregen können, ein paar Gigs zu spielen, und sei es nur für ein paar hundert Leute, dann wird der Rest von alleine laufen.« Eklektisch waren Groove Armada schon immer. Mit ihrem aktuellen und dem Vernehmen nach letzten Album »Black Light« – fortan wollen sie touren und nur einzelne Songs veröffentlichen – schaffen sie es trotzdem, eine neue Seite ihrer Selbst ans Schwarzlicht zu fördern: rockig-poppig-bombigschweres Dance-Songwriting, das auf der Bühne mit Pauken und Trompeten tatsächlich wie eine regelrechte Armada daherkommt. »Wir mussten uns ein System ausdenken, bei dem unsere Musiker live spielen, die Musik aber zugleich so fett klingt, wie Dance Music eben sein muss«, erklärt Cato. Text: Arno Raffeiner Freitag | Bench Gemini | 23:30
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Hurts
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Hurts / Delphic
Wir sind neu in der Manchester Schule Die jungen Bands Hurts und Delphic beleben die glorreiche Geschichte des Pop auch Manchester neu. Mit einem Unterschied, wie Thomas Venker erkannt hat: Sie proklamieren Optimismus und sehen ihre Stadt im Aufwind.
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s ist keine neue Erkenntnis: In wirtschaftlich schlechten Zeiten blüht das kulturelle Leben auf. Insofern stimmig, dass Manchester, die alte Industriestadt im Norden Englands, parallel zu ihrem wirtschaftlichen Niedergang ab den späten 70ern zur subkulturellen Blüte angesetzt hat. Man denke nur an Bands wie The Smiths, das FactoryLabel mit all seinen tollen Künstlern und natürlich Joy Division, die nach dem Tod von Sänger Ian Curtis dann zu New Order wurden. Sie alle jammerten sich ihren Frust heraus, mal ziemlich depressiv, mal fast schon Betablocker-gespeist euphorisch. Heute stehen alle Zeichen auf Fortschritt in der Stadt. Und auch wenn die aktuelle Künstlergeneration der Stadt die negativen Effekte der Stadtaufwertung wie Gentrification und die damit in manchen Vierteln verbundenen hohen Loftpreise bedenklich findet, so überwiegt das positive Fazit. Das merkt man auch den derzeit aus Manchester kommenden Bands an – so unterschiedlich ihre Musik im Detail ausfällt, so auffällig ist ihr optimistischer Grundtenor. Das kann dann auch schon mal ins Arrogante kippen – ist ja sowieso nicht die schlechteste aller künstlerischen Haltungen. Die Hurts kann man zum Beispiel ohne Bedenken als extrem überkandidelte Styler bezeichnen. Das Duo tritt in protzigen Smokings mit nassgegeltem Haar auf, was sie optisch im Spannungsfeld zwischen Spandau Ballet und dem Wallstreet-Look eines Michael Douglas verortet, und kann auf eine passend glamouröse Geschichte zurückblicken: Sie ergatterten mit gerade mal zwei Songs im Repertoire einen gut dotierten Plattenvertrag, und das ohne Live-Erfahrung. Gut, wenn man sich als A&R seiner Sache so sicher ist (genug Kollegen scharrten allerdings schon vor der Tür): Der Sound ist aber auch, das muss man neidlos attestieren, so was von Zeitgeist-treffsicher. Hurts’ waviger Pop ist gespickt mit 80er- und 90er-Reminiszenzen, spielt mit der Dunkelheit der Indiedisco, aber eben auch mit einer klebrigen Süße wie in all den Songs, bei denen
man nie laut eingestehen will, dass man sie wirklich sehr liebt. Kurzum: Die werden sicherlich noch viel Aufmerksamkeit einheimsen, wenn das Album endlich mal im Kasten ist. Dass alles gut werden wird, daran haben sie selbst keine Zweifel, wie man am Titel der ersten Single sieht: »Wonderful Life«. Den hätte man sich von den Smiths so nicht vorstellen können, hier spricht die neue Generation von Manchester-Bands, die sich nicht vom Ruß der Vergangenheit runterziehen lassen, sondern einsteigen auf die Stadtentwicklung in Multicolor. Gegen die Hurts wirkt die andere Manchester-Band der Stunde erst mal geradezu pennälermäßig: Zwar tragen auch Delphic fesche Hipsterklamotten, allerdings deutlich sophisticatedere, wie man sie von Modemarken wie APC kennt. So wirken sie deutlich nahbarer und natürlicher. Auch Delphic sind optimistisch gestimmt. Gleich der Opener des in seiner Euphorie an New Order erinnernden Albums, »Clarion Call«, gibt im Imperativ vor, »nicht nach unten zu schauen, nicht zurück in das dunkle, industrielle Manchester«, sondern den Blick auf die positiven Veränderungen zu lenken. So erzählten sie in der Intro-Titelgeschichte vom Februar 2010 davon, wie deutlich man beim Flanieren durch die Stadt eine Aufbruchstimmung erkennen könne. Sie betonen, die Geschichte der Stadt nie als Belastung empfunden zu haben, sondern als Ansporn, was man auch ihren Selbstdialogen anmerkt: »Manchester befindet sich in Gefahr, durch all den Wandel zu steril zu werden. Die Stadt braucht eine Band, die wieder eine Marke setzt. Ob wir das sein können? – Mal sehen. Bislang haben wir nur ein Album gemacht. Es steckt da viel Bedeutung von uns drin, aber das heißt nicht, dass die Leute diese auch so herauslesen.« Foto: Michael Mann
Hurts: Samstag | Bench Gemini | 19:55 Delphic: Freitag | Bench Gemini | 22:00
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Intro
Kele
The BLOC PARTY Never Sleeps
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igentlich wollte Kele Okereke mal ein Jahr ausspannen, nachdem er sich seine Band Bloc Party dafür entschieden hatte, das gemeinsame Unternehmen eine Zeit lang ruhen zu lassen. Nun ist Wollen eine Sache und Können eine andere: »Ich bin einfach wahnsinnig schlecht darin, die Füße hochzulegen, Fernsehen zu schauen oder den ganzen Tag nur Computerspiele zu spielen,« sagt Kele über den Umstand, dass er noch deutlich vor Ablauf der Frist sein erstes Soloalbum mit dem Titel »The Boxer« in die Plattenregale dieser Welt gebracht hat. Wie es scheint, hat der sportliche und neuerdings seiner markanten Rastazöpfe beraubte Sänger doch schnell wieder
Gefallen an Soundtüfteleien und vor allem Bühnenperformance gefunden: »Ich kann es kaum erwarten, wieder auf Tour zu gehen! Ich musste zwar als Solokünstler buchstäblich wieder bei Null anfangen und habe erstmals meine Songs auf Basis von Synthesizern und Sequenzern gebaut, statt auf der Gitarre herumzuklimpern, aber es ist genau das Album geworden, das ich machen wollte«, gibt sich Kele selbstbewusst. »The Boxer« ist ein Ausgeh-Album geworden, ein euphorisches Electropop-Statement in Abendgarderobe und der perfekte Soundtrack als Vorbereitung für eine lange Nacht in den Clubs. Nur wenig erinnert dabei noch an die Hauptband, und wenn, dann natürlich Keles Stimme – besonders
im Song »Everything You Wanted«, wo er sich ganz im Stile Bloc Partys zu in höchste Höhen schraubt. Warum er sein Album »The Boxer« genannt hat? Einerseits, weil er in der Zwischenzeit tatsächlich das Gym zur täglichen Routine erklärt hat und Kickboxing-Unterricht nahm. Andererseits aber auch, weil er jetzt ein Einzelkämpfer ist, der sich nicht mehr auf eine starke Mannschaft verlassen kann. Ein Umstand, den der groß gewachsene Engländer nigerianischer Herkunft tatsächlich selbstbewusst wie ein Leistungssportler kommentiert: »Ich fühle keinerlei Druck! Alles, was ich momentan mache, mache ich für mich und niemanden sonst!« Und wer den ersten Soloshows im Mai beiwohnte, konnte schon se-
hen und hören, dass sich Kele als Solokünstler durchaus wohlfühlt. Ganz allein war er bei der Arbeit an »The Boxer« aber dann doch nicht: Mithilfe von Spank-RockMitglied und Produzent XXXchange hat Kele aus einer anfangs losen Ideensammlung ein überraschend kohärentes Album hingelegt, scheut sich aber selbst als alter Melt!-Hase nicht, jetzt erst mal kleine Brötchen zu backen: »Mit Bloc Party waren wir zweimal auf dem Melt!, zweimal auf der Main Stage, letztes Jahr sogar als Headliner! Jetzt freue ich mich auf einen intimeren Auftritt im Zelt!« Die Freude ist ganz auf unserer Seite. Text: Peter Flore, Foto: Sandra Stein Freitag | Bench Gemini | 01:00
Melt! Mag
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MELT
Intro
Yeasayer
Intro Zelt
LieblingsBands im Eigenheim »Ein Fest von Intro« ist Melt! ja schon seit vielen Jahren. 2010 richten wir nun sogar einen eigenen Floor in Zelt-Form aus. Darin: Indie-Rock-Highlights aus mehreren Jahren Intro-HeftGeschichte (inklusive mehrerer Titel-Acts), die Gewinner-Band des Intro-Heimspiel-Contests, zwei Musik-Dokumentarfilme und jede Menge Überraschungen. My Own Private IndieRock-Elektrorado Das Line-up im Intro Zelt liest sich so ein bisschen wie das Festival im Festival. Mit 31 Bands an vier Tagen ist hier schon rein numerisch mehr los als bei einigen Open Airs insgesamt. Ein electro-punkiges Ausrufezeichen zu Beginn zeigt, wohin die Reise geht – steil Richtung Siedepunkt: Beim Pferdemarkt des derzeit wichtigsten deutschen Labels Audiolith aus Hamburg (siehe dazu den separaten Artikel auf S. 12) hängen Egotronic, Bratze, Saalschutz und Frittenbude die Party-Messlatte bereits Donnerstagnacht erschreckend hoch für alle folgenden Bands. Am Hauptanreisetag Freitag dominiert dann die neue Indie-Herrlichkeit: Mit Ja, Panik eröffnen die österreichisch-berlinerischen Indie-Kritiker-Lieblinge des
laufenden Jahres das Programm. Das Hauptaugenmerk richtet sich im Anschluss sicher auf zwei amerikanische Bands: Health aus Los Angeles und Yeasayer aus Brooklyn gehören zu den stilistisch aufregendsten US-Bands der letzten Jahre. Ihre Interpretation von Rock könnte dabei unterschiedlicher nicht sein. Während Health Feedback-Gewitter zu enigmatischem Noise formen, stehen bei Yeasayer verspielte, rhythmisch und melodisch komplexe Song-Experimente im Vordergrund. Des Weiteren am Freitagabend im Zelt: Archie Bronson Outfit, Lindstrøm & Christabelle und 1000 Robota. Am Samstag folgt unter anderem ein Wiedersehen mit einer Band, die man fast schon als Wegbegleiter von Intro bezeichnen könnte: das Hamburger-SchuleUrgestein Die Sterne, das sich jüngst mal eben in einem begeisternden Neo-Disco-Stil neu erfand. Auch noch
Foto: Joachim Zimmermann
Ja, Panik
Foto: Michael Dürr
INTRO
ZELT
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Melt! Mag
PTTRNS
dabei: das australische Duo An Horse (gute FreundInnen von Tegan And Sara), Trip Fontaine, Darwin Deez (ebenfalls sehr zu empfehlen!), The Big Pink, Dirty Projectors und Wareika. Von einem möglichen Ausklingen des Festivals am Sonntag kann im Intro Zelt keine Rede sein: Mit einer der besten Punk-Bands Deutschlands – Turbostaat – sowie Fucked Up und Black Mountain wird es mehr als laut. Mit Post War Years und Martina Topley-Bird besinnlich. Mit dem ehemaligen Intro-Titelact WhoMadeWho gymnastisch. Und mit Sascha Funke und Ellen Allien gestaltet sich das große Finale auf dem angrenzenden Sleepless Floor clubbig.
PTTRNS Die Intro-Heimspiel-Gewinnerband Besonderes Augenmerk verdienen im Intro Zelt PTTRNS aus Köln, die am Samstagnachmittag das Bandprogramm eröffnen dürfen. Die Post-HardcoreBand konnte sich im »Mutti, wir spielen Melt!«-Contest des Intro-Nachwuchsband-Heftforums »Heimspiel« um einen Live-Slot beim Melt! gegenüber 100 anderen Bewerberbands aus ganz Deutschland durchsetzen. Wir haben PTTRNS im Vorfeld gelöchert. So, PTTRNS, ihr spielt jetzt also beim Melt!. Für alle, die euch noch nicht kennen: Wie würdet ihr den Sound eurer Band den Schwiegermüttern erklären? Es handelt sich um ... ja gerne, ein kleines Stückchen würde ich noch nehmen ... sehr perkussive Tanzmusik oder Dance Music, wie man heute sagt ... Doch, melodisch ist es schon ... Nein, ganz anders als Q And Not U. »Wie wenn Vampire Weekend von einer schwedischen Motorradgang verprügelt wurden«, haben wir gestern gelesen. Das trifft es zwar auch überhaupt
nicht, klingt aber witzig. Klar, ich sage natürlich gerne Bescheid, wenn wir mal in der Nähe spielen. Darf man hier rauchen? Bereitet ihr euch auf so einen Auftritt irgendwie anders vor als auf einen regulären Club-Gig? Seitdem wir wissen, dass wir beim Melt! spielen, sind wir in einem Höhentrainingslager im Ural. Neben achtstündigen Konditions- und Krafteinheiten haben wir fast täglich Stargäste hier, die Vorträge über Motivationstechniken und Nahtod-Erfahrungen halten – dazu viele Gespräche mit einem Team von psychologischen Betreuern, hochrangigen Politikern und einem Schamanen. Im Grunde also nicht viel anders als vor einer regulären Club-Show. Wir werden nur diesmal eventuell einen Tag früher anreisen. Wenn man Pech hat, können Festival-Auftritte ja auch schrecklich sein: Der Sound stimmt nicht, die Leute stehen nur vor anderen Bühnen, es gewittert seit 13 Stunden. Was wäre denn eure Idealvorstellung von eurem Gig? »Mieser Sound«? So haben wir nicht gewettet. Im Ernst: Am liebsten wäre es uns, alle wären schon oder noch betrunken, ausgelassen, mit einem Grinsen im Gesicht, nackt. Alles andere ist aber auch okay. Was dürfen wir euch denn als Bühnen-Erfrischung servieren? Wein? Bier? Milch? Eindeutig Gin & Tonic. Kriegen wir hin. Und wenn ihr fertig seid mit SelbstSpielen – auf wen freut ihr euch am meisten? Es wird sicher alles wunderbar, besonders wunderbar aber vielleicht Kode9, Lindstrøm & Christabelle, Dirty Projectors, Matias Aguayo und Hercules And Love Affair.
Samstag | Intro Zelt | 17:30
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Health
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MELT
Intro
INTRO
ZELT
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Anvil
Intro Kino: »Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft« & »Speaking In Code« Wie schon im letzten Jahr wird Intro auch 2010 wieder Musikdokumentationen auf dem Melt! zeigen. Dieses Jahr gleich zwei. Am Samstag wird im Intro Zelt vor der ersten Show die preisgekrönte Doku über die kanadische HeavyMetal-Band Anvil laufen. »Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft« (80 Min; USA 2008; Regie: Sacha Gervasi) beschreibt eindringlich den Existenzkampf der Anvil-Musiker, die einst mit The Scorpions oder Bon Jovi tourten, es aber irgendwie verpassten, berühmt zu werden. »Kaum eine Musik-Doku überhaupt besitzt den Witz, die Entblößung und die Kraft, die »Anvil« ausstrahlt«, schrieb Linus Volkmann über den Film im März 2010 in Intro. Großartig erzählt und bebildert, absolut empfehlenswert.
Am Sonntagnachmittag wird zudem die noch recht unbekannte Techno-Dokumentation »Speaking In Code« (89 Min; USA 2010; Regie: Amy Grill) gezeigt. Die Amerikanerin Grill heftete sich mehrere Jahre in elf Städten und fünf Ländern dem Realmythos Techno an die Fersen und beleuchtet das Genre in ihrem Film mit zahlreichen Interviewpartnern. Mit dabei sind Ellen Allien, Akufen, Tobias Thomas, Wighnomy Brothers, Sascha Funke und viele mehr. Der Soundtrack stammt von u. a. Modeselektor, The Field, Gui Boratto und Superpitcher.
Anvil!: Samstag | Intro Zelt | 15:30 Speaking In Code: Sonntag | Intro Zelt | 15:30
Intro Zelt – Der Zeitplan Donnerstag 20.00 Das Audiolith (DJ) 22.00 Bratze 23.00 Saalschutz 00.00 Egotronic 01:15 Frittenbude
Freitag 18.15 Sizarr 19.25 Ja, Panik 20.50 Archie Bronson Outfit 22.15 Health 23.40 Yeasayer 01:05 Lindstrom & Christabelle 02:30 1000 Robota
Samstag 15:30 Anvil! (Film) 17.30 PTTRNS 18.30 Trip Fontaine 19:40 An Horse 20.50 Darwin Deez 22.15 The Big Pink 23.40 Dirty Projectors 01:05 Die Sterne 02:30 Wareika
Sonntag 15:30 Speaking In Code (Film) 17:30 Beta 18:30 Martina Topley-Bird 19:30 Post War Years 20.30 Fucked Up 22.00 Turbostaat 23.30 Black Mountain 01.00 WhoMadeWho
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LOST FOR LIVE.
The Asteroids Galaxy Tour @ Elelctronic Beats Recommend Tour
Just for one evening, forget about the industry hype, the tiresome genre labels and stipulated hairstyles and open yourself to a pure and unadulterated experience. It’s known as live music. Because in this undiluted state music is potent, speaks for itself and is finally allowed to just do its thing. Like spinning you into uncontrollable motion and emotion. We’re talking about the real deal, the thing that originally drew you in, hooked you up and that’s had you coming back for more ever since. Electronic Beats have been putting on live music events for 10 years and know how to make a night of live music a memorable one for the right reasons. The way we do this is simple. With acts, sound and venues of a superior quality we attract the right sort of people. People after the real thing. The same thing you are.
For artist informations, dates and locations please visit www.electronicbeats.net
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Intro
Dendemann
Stumpf im Konjunktiv
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as tut man, wenn ma n a nerk a nnt der beste Rapper Deutschlands ist und diesen umkämpften Titel schon seit Jahren verteidigt? Oder anders gefragt: Was bewegt Dendemann, den forschen Mendener mit der Reibeisenstimme, dazu, auf seiner neuen Platte »Vom Vintage verweht« noch einmal alles anders zu machen? Es muss etwas mit dieser in HipHop-Kreisen höchst untypischen »künstlerischen Ambition« zu tun haben. Mit der Stagnation der HipHop-Kultur und vieler ihrer Protagonisten, die Dende nicht erst seit gestern anprangert. Und aus der er ganz sichtbare Konsequenzen zieht: Aus Baggys und Cap wurden unlängst Jeansjacke mit
Leberabsatz und – Haare. Die sind gar nicht unpraktisch, wie Dendemann unlängst verlautbaren ließ: Jahrelang nur Glatze und Kappe, da sei der Kopf meistens einfach fettig. Danke für diese Information. Analog zum neuen Erscheinungsbild hat Dendemann auch am Sound seines Albums kräftig gedreht: Nach eher vereinzelten Experimenten auf seinem letzten Album »Die Pfütze des Eisbergs« ist »Vom Vintage verweht« stilistisch so homogen und gleichzeitig außerordentlich, dass manche schon von einem Konzeptalbum reden. Dendemann widerspricht: »Es ist nur soundästhetisch ein Konzeptalbum. Ansonsten hat sich einfach alles wie von selbst ergeben. Vom vermeintlichen Kernstück »Nesthocker« aus geht die Reise
los, und der überfällige Auszug aus dem elterlichen Keller bringt mich an spannendere Orte.« Übersetzt heißt das: Das Album ist geprägt von rockigen Electro-Beats zwischen dem Einfluss bratziger Techno-Acts des Ed-Banger-Labels und einem erfrischend angeprollten Gestus, ganz nach dem Motto der ersten Single: »Ich hätte könnte würde, aber Stumpf ist Trumpf.« Das »hätte könnte würde« hat Dendemann natürlich nicht völlig losgelassen. Das zeigen Features wie das des Tocotronic-Sängers Dirk von Lowtzow auf dem Track »Papierkrieg«, der Dendemann ähnlich schroff, aber feinsinnig mit seiner Umwelt umgehend zeigt wie eh und je. Musikalisch allerdings regierte ein anderes Credo: die Lust am
Krach-Machen. Dendemann und sein Produzent Moses Schneider, eigentlich aus Rock-Zusammenhängen bekannt, bastelten als Ausgangspunkt kantige Computer-Beats, um sie anschließend von der Dendemann-Band Chez Cherie Orchester live einspielen zu lassen. »Ich habe dann einfach gleich mitgemacht, was bedeutet, dass es eigentlich ein »Live aus dem Studio«-Album ist.« Das bedeutet aber auch, dass Dendemann mittlerweile nicht mehr bloß mit DJ auf Tour ist, sondern live erstmals eine Band präsentiert. Das wird auch auf der Melt!-Bühne zu einem völlig neuen Dendemann-Vibe führen. Text: Christian Steinbrink Samstag | Converse Main |20:30
Das Melt! Programmheft
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Intro
Simian Mobile Disco
Duo ohne Band
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m Anfang war ... ausnahmsweise mal nicht House Music. Obwohl, die auch. Im Fall von Ford und Shaw begann alles mit dem Lossagen von ihrer Indie-Band Simian, der Gründung des DJ-Duos Simian Mobile Disco (SMD) und vor allem mit dem Justice-Remix des Simian-Stücks »Never Be Alone (We Are Your Friends)«, der ihnen Ruhm, Bookings und MTV-Fame bescherte. Einmal derart angefixt, gab es kein Zurück mehr: Der Sound von Simian Mobile Disco wurde immer elektronischer und wilder. Heute sind ihre Sets Bastarde aus Detroit Techno, New Rave, Minimal, Rock, Dub, Baile Funk, Reggae und, womit sich der Kreis schließt: Acid- und Chicago-House. Und natürlich nicht nur die Sets. Aus Remixern wurden Produzenten, aus ersten
kleinen Live-Bookings wurden Headliner-Slots. Im Repertoire dabei die Tracks der beiden Alben »Attack Decay Sustain Release« und »Temporary Pleasure«. Aber sprechen wir noch mal über Chicago, einfach, da der HouseSound der Stadt so eine große Spur in dem von SMD hinterlassen hat. Ford: »Wir mögen viel von den alten Klassikern der elektronischen Musik. Es war die Dance-Musik, die uns abgeholt hat. Acid House und seine Folgen. Sie waren die Ersten, die gelernt haben, die Maschinen wirklich zu benutzen. Das hat so etwas Natürliches und Simples bei ihnen. Sie haben analoge Maschinen benutzt, man kann die Energie und die menschliche Kommunikation spüren. Das sind Dinge, die wir in unserer Musik auch haben wollen.« Die Spuren aus jener Gründerzeit von House und Techno haben sich
auch in den Texten der frühen SMDTracks eingenistet. Sie sind prägnant, ideale Slogans für T-Shirts. Da heißt es beispielsweise: »It’s the beat – you don’t need an invitation, cause it’s my creation« oder »I’m a hustler baby – that’s what my daddy made me.« Mit diesen Lines haben sie sich in der in den 00er-Jahren hochköchelnden Dance-Music-Szene an der Seite von Leuten wie 2manydj’s, Erol Alkan und Boys Noize eingereiht. Und da die Szene sehr klein und überschaubar ist, was die Anzahl ihrer Protagonisten betrifft, verbindet sie heute mit vielen von ihnen eine enge Freundschaft. Ihrem Nachbarn Erol Alkan beispielsweise bringen sie oft Zwischenversionen der neuen Tracks zum Kommentieren vorbei. Denn, so Ford: »Es ist doch nett und praktisch, Freunde zu haben, die an ähnlichen Dingen arbeiten.«
Abseits der eigenen Produktionen arbeiten beide allerdings getrennt, auch als Produzenten für andere. Ford u. a. für die Klaxons und Arctic Monkeys, Shaw ganz aktuell für die Kölner Jungs MIT. Angst, dass ihnen so Ideen für Simian Mobile Disco abhandenkommen könnten, haben sie jedoch nicht, erzählt Ford: »Wir machen Musik auf eine ganze andere Art als die Bands. Die Produktionsideen werden immer durch die räumliche Umgebung und die Beziehung zu den Leuten geprägt. Das, was uns während der Produktionszeit begegnet, könnte man nicht bei Simian Mobile Disco einbringen. Fremdproduzieren ist wie eine Kaugummiblase, in der man für drei Monate ist.« Text: Thomas Venker Foto: Sandra Stein Freitag | Bench Gemini | 05:30
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Chris Cunningham
Stressig
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hris, du hast legendäre Musikvideos gedreht, vor rund fünf Jahren mit dem Kapitel aber praktisch abgeschlossen. Warum? Ich hatte zuvor etwa vier Jahre damit verbracht, zwei Kurzfilme zu drehen, einen mit Aphex Twin, den zweiten mit Squarepusher. Ich hatte das Gefühl, sie nicht exakt so hinzukriegen, wie ich mir das vorstellte, das hätte einfach viel zu viel Aufwand benötigt. Es war ein derartiger Kampf, dass ich mir am Ende vornahm, herauszufinden, was möglich ist, wenn ich alles selbst übernehme. Dann hast du dir einfach ein Instrument geschnappt und losgelegt? Ich habe eine Gitarre gekauft und damit begonnen, mir eine »How To Play Dire Straits«-DVD anzugucken. Ich habe mir intensiv John Bonhams Schlagzeugspiel angehört, und einfach zu experimentieren begonnen.
Die erste Band, die du produziert hast, waren dann The Horrors. Bis dahin hattest du vor allem mit elektronischer Musik zu tun. Das Problem ist: Das Bild, das sich die Leute von mir machen, basiert auf einer Handvoll Musikvideos, die ich innerhalb von zwei Jahren produziert habe – ein winziger Ausschnitt aus dem Gesamtbild. In den 90ern war ich besessen von Nirvana und Pavement, ich liebe Led Zeppelin genauso wie »Computer World«. Als ich angefangen habe, Videos zu drehen, war die aufregendste Musik allerdings die auf Warp Records. Trotzdem gibt es so viel anderes, das ich bisher noch nicht zeigen konnte. Kollegen wie Spike Jonze oder Michel Gondry haben längst Kinofilme gedreht. Du bist hingegen zurückgegangen zu deiner ersten Inspiration, zur Musik. Wenn du Filmemacher bist, denken alle im-
mer, du müsstest einen Spielfilm drehen, das sei das ultimative Ding. Ich habe da allerdings eine andere Meinung. Was ich für die nächsten drei, vier Jahre plane, ist viel aufregender, als einen Hollywood-Film zu drehen. Wenn die Leute das audiovisuelle Projekt, an dem ich gerade arbeite, sehen, werden sie verstehen, warum. Kann man sich die Live-Show als eine Art visuellen Remix vorstellen, synchronisiert mit deiner eigenen Musik? Es ist alles komplett umgearbeitet. Eine Zeit lang hatte ich zum Beispiel eine Neuversion von »Windowlicker« im Programm. Ich habe drei Festplatten auf der Bühne, von denen ich die Videos auf drei Leinwände zuspiele. Und ich habe Lichter und Laser, die ich mit der Musik synchronisiere. Ist es schwierig, das alles gleichzeitig zu kontrollieren? Es ist sehr schwierig. Und ganz egal, wie sehr
ich die Show durchplane, irgendetwas geht jedes Mal schief. Es sind ständig so viele verschiedene Dinge zu beachten. Klingt aufregend. In diesem Fall ist aufregend nicht das Wort, das ich verwenden würde. Stressig trifft es eher. Text: Arno Raffeiner
Samstag | Converse Main | 01:25
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Intro
Carl Craig
Erstanden aus Ruinen
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as »Building« ist Geschichte. Über dreißig Jahre lang hatte es leer gestanden. In manchen Räumen lagen auf Tischen und dem Boden verstreut Verträge herum, Abrechnungszettel, Plattencover. Die gespenstische, scheinbar fluchtartig verlassene Ruine war eines der zahllosen Mahnmale, die den Bewohnern von Detroit immer wieder den Niedergang ihrer Stadt vor Augen führen. In den längst vergangenen Tagen wirtschaftlichen und kulturellen Glanzes hatte Berry Gordy im »Building« mit Motown residiert, einer der bedeutendsten Plattenfirmen des Soul und der Popge-
schichte überhaupt. 1972 machte er sich aus dem Staub, kehrte Detroit den Rücken und zog ins sonnige, glitzernde Los Angeles. Das ehemalige Motown-Gebäude wurde 2006 dem Erdboden gleichgemacht, im Zuge eines »beautification plan« vor dem Super Bowl. Am Tag des NFL-Finales standen auf dem neu entstandenen Parkplatz dann drei Busse. Carl Craig ist nicht der Typ, der aufgrund solcher Nachrichten in Nostalgie verfällt. Über die Lage seiner Heimatstadt mit ihren nach wie vor desolaten Straßenzügen, besonders in Downtown, macht er sich keine falschen Illusionen; die hymnische Erstanden-aus-RuinenRhetorik, die um seine Musik ge-
sponnen wird, nimmt er generell mit einem coolen Schulterzucken zur Kenntnis. Er schaut lieber nach vorn als zurück. Trotzdem, eine glorreiche Wahrheit gilt für Craig nach wie vor: Techno hat einzig und allein hier entstehen können. »Es gibt auf der Welt keine andere Stadt, die wie Detroit ist. Henry Ford hat hier das Fließband erfunden, und dieses Konzept hat Berry Gordy darin beeinflusst, wie er Motown führte. Und als die Autoproduktion zunehmend auf Roboter umstieg, hat das Juan Atkins beeinflusst. Beide waren inspiriert vom Ford’schen System. An einem anderen Ort als Detroit hätte so etwas gar nicht entstehen können: die Idee, etwas, das im
Grunde so kalt ist, durch Musik mit Seele aufzuladen.« Seinen eigenen Platz findet Craig in der Detroit-Techno-Historie, gewissermaßen einer Neuschreibung der Soul-Geschichte von Roboterhand, gleich nach Juan Atkins, Kevin Saunderson und Derrick May. Doch im Unterschied zu diesen Pionieren ist er heute noch so produktiv wie in den Anfangstagen Ende der 80er-Jahre, vor allem als Remix-Maschine, die Stücke von Junior Boys oder Hot Chip in beängstigender Präzision für den Tanzflächeneinsatz optimiert. Text: Arno Raffeiner Foto: Jonathan Forsythe Samstag | Big Wheel | 05:00
Das Melt! Programmheft
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Intro
Hercules And Love Affair / Holy Ghost!
SoulFul Discoteers
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it seinem Debütalbum hat das New Yorker Danceprojekt Hercules And Love Affair 2008 das Disco-Revival in neue Dimensionen geführt. Im Herbst wird der lang erwartete Nachfolger erscheinen. Es dürfte sich einiges ändern, denn die Besetzung wurde nahezu komplett ausgetauscht. Von den ursprünglichen Mitgliedern ist neben Produzent Andy Butler nur noch Kim Ann Foxman übrig. Das habe weniger mit persönlichen oder musikalischen Differenzen zu tun, erzählt Foxman im Rahmen eines DJ-Gigs im Kölner Coco Schmitz, Butler wollte lediglich neue Gesichter in die Band integrieren. Das Debütalbum wurde von den markanten Stimmen Nomis und Antony Hegartys geprägt. Erstere
feiert gerade als Jessica 6 Erfolge, Letzterer füllt nun mit Antony And The Johnsons die ganz großen Konzerthallen. Neu dabei ist nun die venezuelanische PerformanceKünstlerin Aerea Negrot, die auf Ellen Alliens Label BPitch Control ihre Soloplatten veröffentlicht. Darüber hinaus gibt es mit Shaun Wright einen weiteren Neueinsteiger, den Butler nach einem Konzert wegen seiner auffallenden Dreadlocks angesprochen haben soll. Auch Kele von Bloc Party hat Vocals zu einem Song beigesteuert. Das Album wurde von Butler zusammen mit der Wiener Elektronik-Koryphäe Patrick Pulsinger produziert. Butler hat Komposition studiert und Musik für zahlreiche Ballettinszenierungen geschrieben, parallel dazu aber auch als DJ in verschiedenen Gay-Clubs aufgelegt.
Das Projekt Hercules And Love Affair wurde während gemeinsamer Sets mit dem hawaiianischen Tomboy Kim Ann Foxman aus der Taufe gehoben. Die beiden eint die Liebe zu frühen House- und Discoproduktionen aus Chicago, Detroit und New York, einer Zeit, in der Dancemusik sowohl kommerziell als auch progressiv sein konnte. Aus dem schwulen schwarzen Underground revolutionierten DJs wie Frankie Knuckles, Larry Levan oder Ron Hardy die Tanzmusik für immer, während New Yorker Bands wie Liquid Liquid oder E.S.G. den Funk aus dem Geiste von Punk heraus neu interpretierten. Obwohl weder Foxman noch Butler jene legendäre Zeit aktiv miterlebt haben, bezogen sie sich immer wieder auf diese radikale Frühphase der modernen Tanzmusik, ohne ausschließlich
»retro« klingen zu wollen. Ebenfalls aus dem DFA-Umfeld stammt das Brooklyner Duo Holy Ghost!, dessen Debütalbum noch dieses Jahr erscheinen soll. Seit der ersten Single »Hold On« von 2007 gelten sie als Hoffnung des New Yorker Labels und sollen die Lücke füllen, die James Murphy nach der finalen Platte seines LCD Soundsystem hinterlassen wird. Nicht nur ihr Remix zu Phoenix’ »Lisztomania«, auch der aktuelle Disco-Ohrwurm »Static On The Wire« zeigt, dass die Wurzeln der elektronischen Tanzmusik eben im Soul liegen. Text: Sebastian Ingenhoff Illustration: Elisabeth Moch Hercules And Love Affair: Samstag | Bench Gemini | 00:50 Holy Ghost!: Samstag | Bench Gemini | 18:45
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Tiga
TIGA / A-Trak / Chromeo
Montreal als Nabel der Welt
Während Chicago und Detroit seit Jahrzehnten für einen bestimmten Sound stehen, ist die Sache im nicht weit entfernten Montreal deutlich undurchsichtiger. Sebastian Ingenhoff sucht nach Gemeinsamkeiten unter den drei Melt!-Acts aus dieser Stadt.
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ie geballte Ladung Montreal gibt es am Melt!-Samstag auf der Gemini Stage. Der 1982 unter dem Namen Alain Macklovitch geborene A-Trak investierte bereits im Alter von dreizehn Jahren sein komplettes Bar-MizwaGeld in Turntables und einen Mixer. Fortan übte er das Synchronisieren von Vinylplatten bis zu achtzehn
Stunden am Tag. Der Rest ist Geschichte: Zwei Jahre später gewann A-Trak den DMC World Champion Award und wurde jüngster DJ-Weltmeister aller Zeiten. KanYe West bekam Wind von den Qualitäten des Kanadiers und engagierte ihn als Tour-DJ. Seitdem hat sich A-Trak durch Remixe für Künstler wie Sebastien Tellier, Yeah Yeah Yeahs oder Bonde Do Rolê einen
Das Melt! Programmheft
Namen gemacht und eigene Tracks auf dem französischen Kitsuné-Label veröffentlicht. Trotz seiner Verwurzelung in der HipHop-Kultur beschränken sich die Sets des Plattenzauberers keineswegs nur auf Broken Beats, wie sein Mix für die Fabric-Reihe beweist, sondern wissen aktuelle HouseProduktionen mit Disco, Oldschool-Rap und Electrofunk in einen Fluss zu bringen. Musikalisch sozialisiert wurde A-Trak durch seinen älteren Bruder David Macklovitch, besser bekannt als Dave 1, der einen Hälfte von Chromeo. Mit seinem zweiten Album »Fancy Footwork« bewies das jüdisch-arabische Duo auch jenseits des Atlantiks, dass man es ernst meint mit dem an 80s-Electrofunk im Stile von Rick James und Prince geschulten Dancepop. Catchy Melodien treffen auf ausgefallene Moog-Riffs und synthetische Gitarrensoli. Die musikalischen Wurzeln der beiden Kanadier liegen im Sprechgesang, zusammen mit Bruder Alain betreibt Dave das HipHop-Label Audio Research. In Montreal waren sie schon vor der Single »You’re So Gangsta« als Produzenten begehrt und arbeiteten mit Künstlern wie Bran Van 3000 oder Citizen Kane zusammen. Noch bevor die ersten Demos kursierten, wurden sie von Tiga für dessen Label Turbo unter Vertrag genommen. Nun wird im August der Nachfolger zu »Fancy Footwork« erscheinen. Produziert wurde »Business Casual« von Philippe Zdar, der sich bereits für »Wolfgang Amadeus Phoenix« von Phoenix verantwortlich zeigte. Als Gastsängerin wird Solange Knowles, die kleine Schwester von Beyoncé, zu hören sein. Abgerundet wird diese Städte-Repräsentanz durch ein Set des Turbo-Labelbosses Tiga. Den ersten großen Hit landete er mit dem Corey-Hart-Cover »Sunglasses At Night« vor über zehn Jahren im Zuge der Electroclash-Welle. Im Gegensatz zu vielen anderen Protagonisten jener Zeit überlebte er den Hype jedoch unbeschadet. Vor allem durch seine Zusammenarbeiten mit Jesper Dahlbäck und Soulwax machte er Mitte der Nullerjahre von sich reden, das Album »Sexor« von 2006 brachte Elemente des Glamrock mit zeitgenössischer elektronischer Tanzmusik zusammen. Auf dem Nachfolger »Ciao!« von 2009 arbeitete er mit Gonzales, dem Chefcrooner persönlich, zusammen. Auch in seiner Rolle als Plattenunterhalter setzt Tiga vor allem auf Popappeal, wie nicht nur seine »DJ-Kicks« bewies. Neben aktuellen Hits hat er auch zahllose alte Klassiker im Gepäck, die der androgyne Discoboy meisterlich miteinander zu verweben weiß.
eiN FesT vON
Live:
Die ANTWOORD TeLePATHe DJs:
KARReRA KLUB HOT CHeese CReW MARiUs FUNK sPeCiAL GUesT DJs:
THe ROBOT sCieNTisTs
20. AUGUST 2010 MAGNeT / COMeT CLUB
FALCKeNsTeiNsTR 48, 10997 BeRLiN, AB 22 UHR
eXKLUsiveR vvK FÜR NUR 10,– € AUF WWW.iNTRODUCiNG.De NeXT iNTRODUCiNG: 17. sePTeMBeR 2010
Tiga: Samstag | Bench Gemini | 05:00 A-Trak: Samstag | Bench Gemini | 03:30 Chromeo: Samstag | Bench Gemini | 02:15
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Intro
Heat Floor
The Heat Is On! Der Berliner DJ Daniel Haaksman ist nicht nur Opener des diesjährigen Heat Floors auf dem Melt!, sondern beschreibt als wichtiger Protagonist der Szene an dieser Stelle auch die Acts des Floors.
H
aaksman, dessen Baile-Funk-Label Man Recordings in diesem Jahr fünfjähriges Bestehen feiert, steht mit seinem eklektischen Club-Mix, in dem er das Beste aus Südamerika mit freshen Beats aus Europa verknüpft, geradezu typisch für heiße musikalische Tropen-Nächte. Die globale Erwärmung ist nicht nur ein ökologisches Phänomen, auch in der Club-Musik lässt sich seit einigen Jahren eine deutliche Verschiebung der Klimazonen Richtung südlicher Breitengrade beobachten. Mitte des letzten Jahrzehnts kamen plötzlich aus Megacitys wie Luanda, Rio de Janeiro, Buenos Aires oder Kapstadt Grooves, die mit sehr eigenständigen Interpretationen eine lokale Antwort gaben auf die durch das Internet immer rasanter zirkulierenden globalen Dance-MusikStile. Galten diese Megacitys vor dem Internet-Zeitalter noch als Periphere, in der Innovationen aus Europa und den USA mit deutlicher kultureller Verspätung eintrafen, waren plötzlich die urbanen Sounds dieser Städte selbst zum Taktgeber geworden. So basierte beispielsweise der größte Song auf M.I.A.s 2005 erschienenen Debütalbum »Arular«, »Bucky
Done Gone«, auf dem Baile-Funk-Song »Injeção« von Deize Tigrona aus einer Favela von Rio de Janeiro. Und war der Konsens-Club-Track des Jahres 2008, DJ Mujavas »Township Funk«, ein Kwaito-Stück aus den Townships im südafrikanischen Pretoria, das dem englischen Electronica-Mutterschiff Warp Records einen veritablen Hit bescherte. Heute ist klar: Die Südhalbkugel schlägt zurück, und die Sounds und Beats der Tropen sind der heißeste Scheiß. Sozusagen »Heat« für die Tanzflächen des Nordens. In London hat man dem Phänomen schon längst den Namen »Tropical« gegeben, inspiriert von der Genre-Zuschreibung auf MySpace, unter der sich alles von Cumbia über Baile Funk, Kuduro, Kwaito, Funana bis zu Electro Tribal und den Dutzend anderen tropischen Musik-Stilen aus dem Süden subsumieren lassen. Die Heat-Bühne auf dem diesjährigen Melt! Festival zollt den Innovationen der Tropen mit einer eigenen Bühne Tribut. Dafür wurde die Crème der internationalen Tropicalistas geladen: Die Münchner Schlachthofbronx stehen für mondernsten Sound-Eklektizismus, gehen dabei aber schnurstracks in die Vollen. Call it
Das Melt! Programmheft
Bayern-Ghetto, Polka-Baile, Lederhosen-Dancehall oder AfroSchranz. Dieser Genre-Hybrid wurde eigens für die »Bronx« kreiert. Bei diesen gut gelaunten, vollbärtigen Party-Bärchen wird der Dancefloor mit so ziemlich allem befeuert, was sich global fusionieren lässt und für Party-Alarm sorgt. In puncto Energie steht der Brasilianer Edu K den Münchnern in nichts nach. Der ehemalige Baile-Funk-Star ist dem tropischen HouseFieber mit Haut und Haaren verfallen und bietet mit seinen Block-rockenden Sets jeder Samba-Truppe Paroli. Weiter im Programm geht es mit den hüftschüttelnden Reggaeton-meetsCumbia-Grooves von Douster, einem gebürtigen Franzosen mit Wohnsitz Buenos Aires, dessen ravetauglichen Beats aktuell in vielen DJ-Playlists auftauchen (zuletzt seine Remixe für Crookers, Rusko und The Very Best). Sinden, der Londoner Bass-Don, der mit seiner wöchentlichen Kiss-FM-Radio-Show und seinen Tracks und Remixen u. a. für A-Trak, Kelis, Basement Jaxx seit Jahren zur A-Liga des Tropical-Sounds gehört, jongliert in seinen Sets elegant mit Dubstep, UK Funky und Bassline House. Dem London-Bass-Clash folgt der langmähnige Tommie Sunshine aus New York, der vor allem durch seine Remixe für Pop-Größen wie Yeah Yeah Yeahs, Good Charlotte oder Kelis bekannt wurde. Neuerdings ist aber auch er dem Tropen-Fieber verfallen. Den Abschluss des Heat Floors gibt die Dirty Disco Youth, das Projekt des gerade mal 19-jährigen österreichischen Produzenten Phil Speiser. Musikalisch hat sein Sound eher wenig mit den Beats der Südhalbkugel zu tun – und doch ist er der Richtige, um die letzten Schweißperlen dieser Nacht aus dem Melt!-Publikum zu pressen. Einfach, da seine Releases auf Dim Mak dank ihres raubeinigen Electrosounds noch jeden für sich gewinnen konnten. Also, genügend Handtücher dabei? Airhorns und Wasserflaschen ready? Illustration: Elisabeth Moch Samstag | Heat @ Desperados Beach | ab 19:00
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Intro
Broken Bells
Gemeinsam in die Sixties
F
ür nicht wenige Besucher des diesjährigen SXSW in Austin gehörte der Broken-Bells-Auftritt in einem Parkhaus zu den Highlights. Brian Burton (Danger Mouse) und James Mercer (Sänger der Shins) spielten sich mit Begleitband beeindruckend routiniert durch ihren noch kleinen Katalog. Das Konzert war Teil einer mit »Pop-Up Concerts« überschriebenen Konzertreihe, deren verbindendes Moment die Spontaneität der erst kurzfristig angekündigten Auftritte war. Was im Fall von Broken Bells umso erstaunlicher war, da sich das Duo als Liveact gerade erst erfunden hatte und im Rahmen der Interviews zum selbst betitelten Debütalbum ein wenig unsicher war, wie dieses umzusetzen sei – zumindest Burton schien mit seiner Rolle noch zu hadern: »Deine Frage zielt wohl
auf mich. Denn dass James singt, ist klar. Was ich machen werde? Hm, ich weiß nicht, vielleicht Schlagzeug spielen.« Die Fans machten sich in Austin über derartige Zweifel keine Gedanken, sie wollten einfach nur dabei sein. Und wer es nicht richtig rein schaffte, der hielt sich irgendwie an der Seitenwand fest und versuchte zumindest einzelne Blicke zu ergattern – unter anderem auf den in der Tat an den Drums sitzenden Burton. Begonnen hat alles in einem idyllischen Musikzimmer mit Kamin, zumindest, wenn man den Promobildern von Broken Bells glauben darf. Was man, wie Burton erzählt, natürlich nicht sollte: Das hätte ihm zwar auch gefallen, in echt hätten sie aber in einem alten, ziemlich cosy wirkenden Officegebäude in Los Angeles gearbeitet, in dem ein Zahnarzt und ein Immobilienmak-
ler ihre unmittelbaren Nachbarn seien. Was, so Mercer, natürlich dafür sorge, dass sich nachts niemand über sie beschweren würde. Alle Songs des Albums wurden gemeinsam in ebendiesem Studio geschrieben, und selbst die Texte, ursprünglich eigentlich Mercers alleiniges Territorium, entstanden laut dem Sänger im Austauschprozess – was Burton, nicht unsympathisch lachend, so kommentiert: »Lass es mich so sagen: Ich habe viel angeboten, aber da er es singen muss, hat er das letzte Wort. Oft sind das ja auch nur spätnächtliche betrunkene Diskussionen über dies und das – und ich nenn es dann ›ich habe angeboten‹.« Beim Gespräch mit den beiden wird schnell deutlich, dass Broken Bells mehr ist als ein Seitenprojekt oder Ablenkungsspielerei. Dazu sind sie selbst viel zu angetan von
dem, was aus ihren lockeren Sessions entstanden ist. Das Album erinnert natürlich an Arbeiten der Protagonisten, beispielsweise an Burtons Produktion des letzten Beck-Albums »Modern Guilt«. Als Schnittmenge thront über allem die Liebe der beiden zum klassischen Sixties-Sound. Ein Einfluss, den sich Burton, aufgewachsen mit Motown und 70s-Radio, erst spät erarbeitet hat: Er erzählt, wie seine Eltern, Bezieher eines Pop-CD-Abos, aus Versehen statt der 76er- die 66erEdition geschickt bekamen und er auf diesen neuen Sound abfuhr. Mercers Weg in die Sixties führte hingegen über Pink Floyd (»Dark Side Of The Moon«). Und eurer nun über Broken Bells ... Text: Thomas Venker Foto: Franziska Sinn Sonntag | Converse Main | 20:00
Das Melt! Programmheft Rubrik
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incl.
FEMBOT, DANCING ON MY OWN → ALB UM OU T NO W ←
TOURDATES 10.09. Berlin-Berlin Festival 11.09. München Monsters of House Festival at Backstage 12.09. Frankfurt-Mousonturm 13.09. Hamburg-Grosse Freiheit
DA NCI NG ON MY OW N → SIN GL E OU T NO W ←
M I N ISTRYO FSO U N D.D E RO BYN.CO M
tons of friends
ALBUM OUT!
FEATURING
roisin murphy-kelis-miike snow-will i Am soulwAx+mix-tim burgess-rye rye-yelle poirier+fAce-t-steed lord-mAjor lAzer
M I N ISTRYO FSO U N D.D E croo kers.n et
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Intro
Goldfrapp
Mit dem Bikini zum Melt!
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ktuelle Reiseroute: von der britischen Insel in die Hollywood Hills über Südeuropa nach Sachsen-Anhalt, zum Melt!. Eigentlich hatten Goldfrapp vor, sich ihren hellen Teint den Sommer über in ihrer englischen Heimat zu bewahren. Mit einem etwas weniger elektrisierenden Album wäre dieser Plan vielleicht auch aufgegangen. »Head First« durchkreuzt aber nicht nur voreilig geschmiedete Urlaubspläne der unmittelbar beteiligten Künstler, es wirbelt auch erwartete Klangmuster munter durcheinander. »Normalerweise nähern wir uns einem neuen Thema langsam auf akustischer Ebene, diesmal wollten wir es anders machen. Mit den ersten Liedern ›Rocket‹ und ›Alive‹ ist uns ein sehr kraftvoller Start gelungen, von dem sich ein Song nach dem anderen voller Leben
und Dynamik entwickeln konnte. Über diesen Prozess sind wir sehr glücklich«, erklärt Will Gregory. Noch im März waren Alison Goldfrapp und er beinahe freudig überrascht gewesen, von ihrem einzigen Festival-Auftritt in Deutschland zu erfahren, mittlerweile haben sie neben ihren aktuellen Stücken sicherlich auch schon jede Menge Jetlag und eine gehörige Portion Reisefieber mit im Gepäck. Ihre Anreise liest sich jedenfalls nach mächtig Flugmeilen: Nach ihrem Gig in der Hollywood Bowl von Los Angeles geht es über Festivals in Portugal und Spanien ca. 9000 Kilometer Luftlinie weiter östlich auf die Melt! Mainstage. Wetten, Alison hat auch ihren Bikini im Koffer? Jedenfalls war sie sichtlich erfreut, als sie von der direkten Seelage des entspannten Festivalgeländes erfuhr: »Nach dem Auftritt zur Ab-
kühlung gleich in den See springen, au ja, das klingt nach Spaß.« Genau diese sommerfrische Stimmung macht sich auch auf ihrem selbst produzierten fünften Album breit, es ist dafür gemacht, in lauen Nächten die Arme in den Himmel zu strecken und zu feiern. In perfekter Ergänzung zum euphorischen Sound setzt Alison im Titelstück wie auch in »Believer« entwaffnend sanft und eindrücklich ihre Stimme ein. Der Europop-Beat von »I Wanna Life« oder »Rocket« wird uns dann vor der Bühne jubeln lassen, während »Voicething« uns zu späherischen Höhenflügen abholt. »›Head First‹ ist eines dieser Alben, bei denen ein Lied die Richtung zum nächsten weist. Wir haben gut zusammengearbeitet, und nach gerade mal sechs Monaten waren wir fertig«, erklärt Will zufrieden. Auf
die Frage, was der Auslöser gewesen sei, um Kurs aus düsterem, launenhaftem Fahrwasser in freundlichere und stärker befahrene Routen zu setzen, reißt Alison das Wort an sich: »Es geht doch darum, dass wir Klänge entdecken und eine Geschichte davon erzählen wollen, was in unserem Leben gerade passiert.« Der positiven Energie des Albums nach zu folgern, scheint es den beiden prima zu gehen. Es gelingt kaum, ihnen zu entlocken, wann und worüber sie sich zuletzt in die Haare bekommen haben. Nach längerem Nachdenken fällt Alison aber doch noch ein aktueller Zwist ein: »Wer wann Urlaub machen darf ...« Aber wer braucht schon Urlaub, wenn er aufs Melt! darf. Text: Susanne Pospischil Illustration: Elisabeth Moch Sonntag | Converse Main | 21:30
Das Melt! Programmheft
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Massive Attack
Die 2-MannArmee Als 1991 mit »Blue Lines« das erste Album des losen Haufens aus Bristol erschien, war so mancher seiner heutigen Fans noch gar nicht geboren. Warum Massive Attack auch 2010 noch zu den einflussreichsten Bands zählen, erklärt uns ihr (Intro-) Weggefährte Georg Boskamp.
B
eginnen wir mit den gar nicht so Erfolg versprechenden Rahmenbedingungen: Nicht nur, dass sich das aus der britischen Soundsystem-Kultur der späten Achtziger hervorgegangene Wild-Bunch-Kollektiv im Laufe der Jahrzehnte von seiner hochambitionierten »Five man army«-Urform zu einem ungleichen Doppel mit Begleit-Combo downgesizt hat – diverse zwischenzeitliche Auflösungserscheinungen, seltsam anmutende Alleingänge und interne musikalische Meinungsverschiedenheiten der krassesten Art nagten permanent an der Band-Substanz. Genau diesen Prozessen und der Tatsache, dass man sich als echter Bristolian mit zunehmendem Alter gerne aus dem Weg geht, ist es geschuldet, dass zwischen
den Alben vier bis fünf Jahre liegen. So ging Sängerin Shara Nelson bereits nach der ersten Tour Anfang der Neunziger verloren, Mitstreiter Tricky warf das Handtuch kurz nach Fertigstellung des zweiten Albums »Protection«, und der genialistische Ideengeber und Haupt-DJ Mushroom ging während der Produktion von »Mezzanine« 1997 von Bord. Spätestens da galten die Tage der Band als gezählt. Der Faszination für den Mythos Massive Attack allerdings konnte der personelle Abbau überraschend wenig anhaben, was nicht zuletzt an ihren legendären Auftritten liegt. In puncto Live-Präsenz stehen die verbliebenen Herren 3D und Daddy G. nämlich bis heute relativ konkurrenzlos da. Dank gut geölter Backingband, fehlender Scheu vor dem Darbieten der eigenen
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Schattenboxen mit DJ SHADOW
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Evergreens, sehr fähigen Gastsängern und nicht zuletzt großartigen Visuals gehört ein Massive-Gig mit zum Besten, was man derzeit live sehen kann. Obendrein gehört ReggaeLegende Horace Andy zur festen Livebesetzung von Massive Attack, für viele schon ein Hauptgrund für den Besuch. Ob bzw. inwiefern »Heligoland«-Albumgäste wie Tunde (von TV On The Radio) oder gar Super-Mate Damon Albarn (Blur) in dieser Saison auf der Massive-Attack-Festivalbühne stattfinden werden, bleibt fraglich, sicher ist hingegen, dass unkaputtbare Hits wie »Safe From Harm«, »Unfinished Sympathy« oder »Karmacoma« auf der Setlist auftauchen werden, umrahmt von handverlesenen Tracks der letzten zwei Studio-Werke. Gerade hier zeigt sich, was für eine lange, stilistisch herausfordernde Reise die Band hinter sich hat: von bekifften Darlings der Acid-Jazz’elnden Ziegenbart-Hipster über Veredlungsjobs für Madonna und Co. sowie unendlich viele Downtempo-Produktionen hin zum sperrigen Indiepop. Und die konstant massive Sound-Transformation geht unberechenbar weiter – das ist das Geheimnis von Massive Attack.
uch schon wieder anderthalb Jahrzehnte her, dass Joshua Paul Davis, besser bekannt als DJ Shadow, von San Francisco aus die HipHop-Welt auf den Kopf gestellt hat. Und das nur mit der Magie des Samplens – sein »Endtroducing«-Album gilt nicht nur als eines der einflussreichsten der Musikgeschichte, sondern ist explizit auch das erste, das nur auf der Basis von Samples generiert wurde. Mit seinem Akai-MPC-60-Sampler hatte sich Davis durch die Essenz seiner exzellenten Vinylsammlung gewütet. So viel Einsatz wurde belohnt: DJ Shadow sprengte die HipHop-Genregrenzen, gewann Indiehörer genauso wie den Mainstream-Markt. Seit jenen Pioniertagen ist in Sachen Sampling im Speziellen und HipHop-Kultur im Allgemeinen eine Menge passiert. DJ Shadow hat sich seine Street Credibility allerdings durch sehr sorgfältige Auswahl seiner Projekte erhalten. So agierte er als Ko-Produzent der ebenso legendären ersten Unkle-Werke und Dauer-Kollaborateur von Crews wie Solesides und Quannum. Nachdem er zuletzt zwei Jahre Livepause eingelegt hat, ist er aktuell wieder auf ausgedehnter Welttournee und teilt seine Beats aus, wie ein guter Schattenboxer das halt so tut.
Sonntag | Converse Main | 23:00
Samstag | Converse Main | 23:40
SHOP
SHIRT
TASCHE
MUSIK
SCHNICK SCHNACK
DIE MELT COMPILATION VOLUME 6 Featuring: The XX | WhomadeWho | Kele | Yeasayer Delphic | Tocotronic | FOALS | Jamie T Two Doors Cinema Club | Health
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Foto: Lars Borges
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M!Eco
Kleine Klimaschritte Um niemandem etwas vorzumachen: Ein Festival wie das Melt! produziert nicht nur eine Menge Müll, es verursacht auch große Mengen Kohlenstoffdioxid. Eine britische Studie hat ermittelt, dass jedes große Open Air mit mehr als 40.000 Gästen über 2.000 Tonnen CO2 in die Atmosphäre entlässt. Das entspricht dem täglichen Wert einer Kleinstadt. Beim Melt! versuchen wir, diese Menge zu reduzieren. Das geht nur Schritt für Schritt, einige Maßnahmen werden aber schon in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der Green Music Initiative (www. greenmusicinitiative.de) innerhalb einer groß angelegten Umwelt-Offensive umgesetzt. Der wichtigste Ansatzpunkt für dieses Jahr betrifft die Anreise der mittlerweile über 20.000 Melt!-Fans. Viele Argumente haben bislang immer für den PKW als Verkehrsmittel gesprochen: Platz für Wertsachen, Lagermöglichkeiten, ein Zufluchtsort bei Regen und das Wichtigste: der oftmals günstigste Preis. Doch da halten wir mit dem Melt! Festival Hotelzug und umfangreichen Kooperationen mit Deutsche Bus und Deutsche Bahn dagegen:
1. Der Melt! Festival Hotelzug Im Zeitraum des Festivals wird ein Euro-Express-Zug gechartert, der von Köln aus die Reise nach Ferropolis antreten wird. Die Zugfahrt beginnt bequem am Donnerstagabend, zusätzlich kann in zehn weiteren Städten zugestiegen werden. Freitagmorgen kommt man ausgeruht auf dem Festivalgelände an – ohne Schlepperei, ohne Staus und ohne Stress, denn der Zug fungiert für vier Nächte als euer Hotel!
2. Deutsche Bus Daneben bietet das Unternehmen Deutsche Bus Melt!-Besuchern eine ganz andere Form der Busreise: Durch ein neu eingerichtetes Buchungsverfahren haben Unternehmungslustige die Möglichkeit, sich als Initiator einen eigenen Bus zu chartern. Es gilt nun, weitere Mitfahrer z. B. über Social Networks zu finden (insgesamt max. 50), denn je mehr Mitfahrer, desto günstiger wird der Fahrpreis! Weitere Infos auf www.deutsche-bus.de.
Powered by
3. Deutsche Bahn Auch die Deutsche Bahn unterstützt die Melt!-Umweltmaßnahmen und bietet Sonderkonditionen exklusiv für Melt!-Besucher! So kostet das Veranstaltungsticket (2. Klasse) für die Hin- und Rückfahrt nach Gräfenhainichen EUR 79. Und das bundesweit, von jedem DB-Bahnhof. Mit dem speziellen Angebot können alle Züge der DB genutzt werden, auch der ICE, wodurch nicht nur eine umweltfreundliche, sondern vor allem auch eine entspannte Anreise garantiert ist.
Müll und Überbleibsel Um die Stadt aus Eisen auch während des Festivals so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten, haben wir weitere Vor-Ort-Maßnahmen entwickelt: Auf dem diesjährigen Melt! wird ein Müllpfand von fünf Euro eingeführt. Die Rückgabe-Stationen sind im Lageplan eingezeichnet, für den vollen Müllsack winkt ein limitierter Melt!-Jutebeutel. Passend dazu wurde im Entsorgungsbereich die Müllminderung optimiert. An den Rückgabe-Stationen können auch übrig gebliebene Lebensmittel wie etwa geschlossene Konserven wohltätigen Zwecken gespendet werden. Wer Feedback zu diesen Aktionen loswerden möchte – gerne! Das geht am gemeinsamen Stand von CO2 online und 10:10 oder im Forum der Melt!-Homepage.
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Berlin-Festival
Auf die Startbahn
Keine Frage – für uns und viele andere ist das Melt! der Höhepunkt des Festivalsommers. Sein Schlusspunkt sind die drei Tage in der Stadt aus Eisen aber noch nicht. Ganz am Ende des Sommers, am 10. und 11. September, lockt noch mal ein Festival, das sich wie das Melt! in Line-up und Location wohltuend und anregend vom sonstigen Festivaleinerlei abhebt. Die Rede ist vom Berlin-Festival, das dieses Jahr mit Hochkarätern wie Fatboy Slim und Robyn zum fünften Mal dafür zuständig ist, dass auch die Hauptstadt das Freiluftevent bekommt, das sie verdient.
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ein ganz eigenes Merkmal bekommt das Berlin-Festival dabei nicht zuletzt durch die Location, die es seit vergangenem Jahr beherbergt: Der Flughafen Tempelhof ist seit Oktober 2008 nicht mehr in Betrieb, seine Gebäude stehen aber weiterhin und bieten dem Festival ein einzigartiges Flair, das zwischen Fern- und Heimweh changiert und geschichtsträchtige Vergangenheit bis hin zur Luftbrücke atmet. Tempelhof bietet etwas Besonderes, etwas ganz anderes als die Wiesen und Flure, auf denen Festivals gemeinhin stattfinden. Das sagen auch die Acts aus Electro und Indie-Rock, die letztes Jahr die Gelegenheit bekamen, das neue Gelände auszuchecken. Tempelhof ist in der Lage, der Stimmung eines Gigs noch mal einen eigenen Stempel aufzudrücken. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum das Berlin-Festival in puncto Vielfalt und Namhaftigkeit des Line-ups dieses Jahr noch mal einen Sprung gemacht hat. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses ist noch gar nicht jeder Slot besetzt, trotzdem lassen die bestätigten Namen schon jetzt kaum noch Wünsche
offen. Ganz oben auf der Liste stehen mit den Editors, Hot Chip und Fever Ray drei Acts, die ihre außerordentliche Klasse in den vergangenen Jahren schon auf dem Melt! bewiesen. Dazu mit LCD Soundsystem die Band mit dem potenziellen Album des Jahres namens »This Is Happening« und verbrieft absolut zwingenden Live-Shows. Dahinter steht ein buntes Potpourri aus Gitarren und Sequenzern, graden und ungraden Beats, das dem Melt! sicher schon bald in nichts mehr nachstehen wird. Der späte Termin des Berlin-Festivals in diesem Jahr erklärt sich dadurch, dass es neben der Popkomm in die neue Berlin Music Week eingefasst ist. Vorteil für die Besucher ist, dass man mit dem Ticket fürs Berlin-Festival gleich auch noch die Messe am selben Ort besuchen kann. Auch wenn es das nun wirklich nicht noch gebraucht hätte – so wird das Wochenende Tempelhof zu einem Angebot, das man nicht mehr ausschlagen kann. Text: Henrik Hamelmann Fotos: Thomas Victor, Simon Chrzanowski
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Converse – You’re it! Letztes Jahr wart ihr »part of the story«: Ihr habt auf dem Melt! fleißig eure besten Festivalmomente 2009 festgehalten und gezeigt, wohin euch die legendären Converse Chucks so tragen. Im Converse Compound habt ihr diese von Live-Artists veredeln lassen und dem einen oder anderen Akustik-Gig gelauscht. Was euch beim 13. Melt! Besonderes aus dem Hause Converse erwartet, gehört derzeit noch in den Bereich der Mystery. Aber mal ehrlich: Fett wird’s sowieso, oder?! Nur so viel: You’re it, you’re up, you’re on!
Desperados Beach Area – Strandparty Melt! ist nur gleich Stahl, Bagger und Beton? Falsch! Desperados versüßt den Besuchern das Spektakel mit Sand unter den Füßen am Ufer zum Gremminer See und einer drei Tage währenden fetten Strandparty. Modeselektor ft. Bonaparte live, Schlachthofbronx, Edu K, Daniel Haaksmann und einige mehr sorgen für passende Klänge am Desperados Beach.
Nur die edelsten Tröpfchen Im Parliament Zelt wird die exklusive Markenwelt des Premium-Vodkas »Made in Moscow« stilecht in Szene gesetzt: Für den Kauf von fünf leckeren Longdrinks bekommt ihr das Parliament Visum. Damit könnt Ihr Euch im Parliament Bus Euer individuelles Festival-Shirt vom Künstlerduo Kingdrips designen lassen.
Das Sierra Tequila Zelt steht ganz im Zeichen des Sombreros. An der stilechten Sierra Margarita Bar gibt es neue Margarita-Variationen. Eine Liegestuhlwiese steht fürs Chillen nach mitreißenden Gigs bereit, und die eine oder andere Zusatzüberraschung ist von Sierra Tequila auch noch zu erwarten.
Im Kilbeggan Zelt werdet ihr die gesamte Wärme irischer Gastfreundschaft kennenlernen. Und nicht nur das, sondern auch ein gutes Stück Geschichte der grünen Insel. Schließlich wurde die Kilbeggan Distillery schon 1757 gegründet, damit ist sie die älteste Whiskey-Destillerie der Welt. Den erlesenen Geschmack dieses traditionsreichen Finest Irish Whiskey genießt man am besten im Longdrink Kilbeggan Ale. Während seines Genusses kann man sich im Zelt am Kilbeggan-Bandshooting beteiligen.
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2nd Bench. at 13th Melt! Die Nähe von Bench. zur Musik ist ja allein schon aus räumlichen Gründen gegeben. Das seit 1989 bestehende Streetwear-Label kommt nämlich aus Manchester, wie zum Beispiel auch der diesjährige Melt!-Act Hurts oder altbekannte Größen wie die Stone Roses, Chemical Brothers, Joy Division oder The Smiths. Definitiv wieder eine schicke Wahl sind die Teile der nach 2009 zweiten Melt!Merch-Kollektion, dieses Jahr wieder exklusiv an unserem Merch-Stand sowie im Melt! Online-Shop erhältlich! Auf dem Laufenden in Sachen Musik und Festivals bleibt man seit Kurzem auch auf www.bench-live.com.
Beds on Wheels – powered by Mixery Beds on Wheels Der Melt! Festival Hotelzug POWERED BY
Frei nach der extrem wichtigen Entwicklung »Melt! Goes Green« kommt der »Melt! Festival Hotelzug – powered by Mixery« ins Rollen. Die mit Sicherheit fetteste Aktion im Zuge der M!Eco Umwelt-Offensive erfreut sich bereits im ersten Jahr allergrößter Beliebtheit und musste schon lange im Vorfeld um drei Waggons erweitert werden, um euren Ansturm bewältigen zu können. Mixery, Don’t Drink and Drive und Melt! freuen sich sehr zu sehen, dass wir – Besucher eingeschlossen – mit M!Eco ein gemeinsames Anliegen haben!
Warsteiner liquid cube Warsteiner setzt neben gutem Geschmack auf ein audio-visuelles Erlebnis und serviert das »einzig Wahre« im Warsteiner Liquid Cube. Die Kombination aus kubistisch angehauchter Formsprache und flüssig anmutendem Licht ergibt ein Design, das nicht nur auf den Gaumen, sondern auch aufs Gehör abzielt. Diese Symbiose aus Klängen, Bewegungen und Emotionen wird im Liquid Cube zu einem harmonischen Ganzen vereint. Damit zeigt Warsteiner, dass Musik, Kunst und Design untrennbar sind und miteinander im ständigen Dialog stehen. Beim Melt! werden Künstler von Via Grafik Besucher im Rahmen eines Urban Art Workshops in die Szene einführen. Auch an einer so genannten Tentable Wall können Kunstbegeisterte selbst aktiv werden und ihre eigenen digitalen Werke schaffen. Natürlich gibt es hier auch eines der besten Biere der Welt: das einzig wahre Warsteiner.
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SEHEN WILL!
Eine Menge Menschen nehmen Einfluss auf das Line-Up eines Melt! Festivals, bringen ihre Ideen und Vorlieben ein. Und jeder von ihnen hat seine persönliche Wunschliste an Gigs, von denen er hofft, sie trotz des Jobs hinter den Kulissen auf dem Melt! sehen zu können. Hier nun diese Listen, für euch als Tipps und für uns als Knoten im Taschentuch. Ronja Dabringhausen Melt!
Linus Volkmann Intro
Carsten Schumacher Festivalguide / Intro
Julia Gudzent Melt! Booking / Melt!
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01 Massive Attack 02 Foals 03 Post War Years 04 Fucked Up 05 Health 06 Jónsi 07 Bonaparte 08 Get Well Soon 09 Yeasayer 10 Broken Bells
Bonaparte Massive Attack Tiga The xx DJ Shadow Get Well Soon Miike Snow Jamie T Foals Simian Mobile Disco
Turbostaat Audiolith Pferdemarkt Ja, Panik Health Saalschutz Miike Snow 1000 Robota Delphic Kele The xx
Archie Bronson Outfit Ja, Panik Black Mountain Johnossi Jamie Lidell Foals Saalschutz Bonaparte Dirty Projectors Health
Christian Steinbrink Festivalguide / Intro
Finja Götz Melt! Eco
Jens Oberthür Melt! Booking / Melt!
Thomas Venker Intro
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Turbostaat PTTRNS Black Mountain Fucked Up Foals Health Yeasayer Dirty Projectors Jamie Lidell Hercules And Love Affair
Johnossi Midlake An Horse Black Mountain Blood Red Shoes Broken Bells Hurts Futureheads Goldfrapp Jamie Lidell
Peter Flore Intro.de
Felix Scharlau Intro
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Bonaparte Ja, Panik Health Jónsi Two Door Cinema Club Hurts Hercules And Love Affair DJ Shadow Kings Of Convenience Broken Bells
Miike Snow Yeasayer Chromeo Health An Horse Pantha Du Prince Turbostaat Dendemann A-Trak Kings Of Convenience
Fucked Up Health Archie Bronson Outfit Chris Cunningham Modeselektor feat. Bonaparte Four Tet Dirty Projectors Post War Years Yeasayer Black Mountain
Michael Hoh Melt! 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
Jónsi Archie Bronson Outfit Black Mountain Hurts Chris Cunningham Midlake Darwin Deez Dirty Disco Youth Trip Fontaine Broken Bells
Ja, Panik Health Foals Mathias Aguayo Tobias Thomas Delphic Miike Snow Modeselektor Pantha Du Prince Broken Bells
Stefan Lehmkuhl Melt! Booking / Melt! 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
Kings Of Convenience Kele Jónsi Moderat Darwin Deez Miike Snow Chris Cunningham Modeselektor feat. Bonaparte WhoMadeWho dOP
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Alexander GläSS Melt!
Hendryk Martin Melt!
Matthias Fricke Intro
Matthias Hörstmann Intro / Melt!
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The xx Booka Shade Groove Armada Kele Simian Mobile Disco Black Rose Modeselector feat. Bonaparte Moderat Hercules And Love Affair Goldfrapp
Jürgen Frost Melt! 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
Archie Bronson Outfit WhoMadeWho Midlake Die Sterne Kele The xx Chris Cunningham Schlachthofbronx Broken Bells Hercules And Love Affair
Matthias Werner Melt! Booking / Melt! 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
Foals Delphic Fucked Up Shout Out Louds Health Four Tet Yeasayer Dendemann Miike Snow Slagsmalsklubben
Katja Dreyhaupt Melt! Booking / Melt! 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10
Delphic Jónsi Two Door Cinema Club Bonaparte Four Tet Health Darwin Deez Hurts Fucked Up Yeasayer
Broken Bells DJ Shadow Shout Out Louds Yeasayer Black Mountain Jamie T Health Delphic WhoMadeWho Groove Armada
Archie Bronson Outfit Crookers Delphic Dirty Projectors Four Tet Friendly Fires Hurts Jónsi The Big Pink Turbostaat
Chris Cunningham Jónsi Dj Shadow Booka Shade Moderat Darwin Deez Miike Snow Kings Of Convenience Broken Bells Four Tet
Alexander Kralisch Melt! Booking / Melt!
Oliver Bresch Intro
Eike Wohlgemuth Intro
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Fake Blood Jónsi Moderat Dirty Disco Youth Schlachthofbronx Ben Klock Trip Fontaine Kele Fred Falke Goldfrapp
Melt!Selektor Stage Four Tet Egotronic Die Sterne Jamie Lidell Jónsi Miike Snow The xx Crookers DJ Shadow
Pete Schiffler Intro
Rebecca Wast Intro
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Miike Snow Foals Health Fucked Up Broken Bells Friendly Fires Yeasayer Kele Jamie T Massive Attack
Jónsi Bonaparte Get Well Soon Shout Out Louds Kele Moderat Turbostaat Ricardo Villalobos Blood Red Shoes The Futureheads
Martin Lippert Intro
Wolfgang Frömberg Intro
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Holy Ghost! Lindstrøm & Christabelle Black Mountain Friendly Fires Hurts Archie Bronson Outfit Health Darwin Deez Hercules And Love Affair Broken Bells
Tocotronic Dendemann Dirty Projectors Tobias Thomas 1000 Robota The xx WhoMadeWho Yeasayer Chris Cunningham Hercules And Love Affair
WhoMadeWho Broken Bells Archie Bronson Outfit Fucked Up Miike Snow Pantha Du Prince Midlake Tobias Thomas Chris Cunningham Jónsi
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English Translation
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Ata / Roman Flügel / Ricardo Villalobos Frankfurt Family Matters Some episodes of Frankfurt am Main’s long history of techno surely belong in the realm of legends by now – in particular those which entwine around the master of ceremony himself, Sven Väth, and are set in techno temples like Dorian Gray or Omen. In all these localities, a lesser known character was in the right place at the right time: Atanasios Christos Macias. Legend has it that he’s an excellent cook, a Bacchus of house music, who rarely misses out on the opportunity to celebrate the Dionysian aspects of club culture. Also, he’s the cofounder of labels Playhouse and Klang Elektronik as well as owner of Offenbach’s – meanwhile legendary – club Robert Johnson. From Sven’s saga to the new house sound which grew between Rhine, Main and Neckar over the last few years and travelled around the world, Ata Macias is one of the central constant variables. He has rarely appeared on the screen with his own productions which is why he actually stays long in the mind after having seen him perform behind the turntables. It was Ata who took Roman Flügel on board at Playhouse and Klang Elektronik. Sensorama enhanced Flügel’s sound spectrum from techno to crispy dub as well as folk, and together with Alter Ego, he unmistakably calls out to every single one of us to join in the rave spectacle. In 2004, »Rocker« heralded a paradigm shift. Even now, this track is used by all the imitators as the blueprint. Meanwhile, Flügel combines loose ends of old school house and techno modernity to a coherent storyline, for instance on his last mix of the »Live At Robert Johnson« series. He may have been in Berlin a
long time now, but Ricardo Villalobos also belongs to the same Frankfurt family as Ata and Roman Flügel. When he was about to drop his first album on Playhouse, its label owners had to persuade him to turn a fragment of vocodered vocals, which was looping around his analogue sequencers for a long time, into a fully-fledged electro track. Shortly afterwards, »Easy Lee« was on its way to clubs everywhere: a hymn to the very last sentimental hours on the dance floor. Villalobos’ special status as producer and DJ was set in stone and still remains through his distinctive sets and releases. If there ever was a legendary DJ master of ceremony of the noughties, without a doubt, Ricardo Villalobos is it. One question remains unanswered, though: what kind of culinary side dishes will gourmet Ata contribute to a DJ bacchanal with Flügel and Villalobos? Text: Arno Raffeiner
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The Very Best / Matias Aguayo / Lindstrøm & Christabelle Dance Around The World In 2009, »Warm Heart Of Africa« by the multi-national band project The Very Best marked the global pop wave’s climax and is still considered one of last year’s musical highlights. According to rumours, Swedish-French producer duo Radioclit had met Esau Mwamwaya, a Malawian singer and songwriter currently residing in London, at a bike shop after which they went to the studio in order to synchronise polyrhythmic Afro beats with catchy indie pop melodies like has never been done before. Guest appearances by Ezra Koenig (Vampire Weekend), M.I.A. or Santigold made The Very Best an internationally acclaimed all-star band of grand proportions. The Very Best understand pop – let’s just drop crude terms like »world music« for now – as a global language. With open hearts as well as open minds they are becoming
pioneers of a new eclectic approach to pop music that lacks any stylistic or geographical boundaries. For years, Matias Aguayo has been making a musical commute between Buenos Aires, Paris and Cologne. At the start of the millennium, he worked together with Dirk Leyers on his project Closer Music and catapulted minimal techno to the next level. In the meantime, Aguayo has made a name for himself as solo artist and released two splendid records on Cologne’s techno label Kompakt. His 2009 masterpiece »Ay Ay Ay« paved the way for a new approach to dance music since Aguayo mainly relinquished electronic instruments. All beats were almost exclusively modulated from his own voice. Rhythmically, »Ay Ay Ay« features more Latin influences than Aguayo’s previous album. Spontaneous street parties, which he organised equipped only with a boom box and a few mix tapes, had a major impact on his album. This former Rhinelander has also founded his own label, Cómeme, which mixes up techno, favela and township funk, releasing the creative output of both South American and European artists. One or the other Cómeme artist will undoubtedly pay a visit to Melt! Festival since Aguayo has pencilled in a performance with a full band. However, that’s not the only thing you can look forward to: after all, Cómeme productions even feature dustbin percussion. All bets are on. Norwegian producer Hans-Peter Lindstrøm takes a similarly unorthodox approach to dance music. Over the last few years, he has been at the vanguard of an almost entirely unforeseen renaissance in authentic disco music. We’re talking D.I.S.C.O. disco music. His songs are back down at 115 bpm and, recherché idea here, feature »real« traditional instrumentation. Lindstrøm paired up with singer Christabelle to release »Real Life Is No Cool« in which both bathe in pure pop, delivering firmly to the disco pledge for swaying under glitterballs. The album’s Jackson’esque lead single »Baby Can’t Stop« is
probably the finest homage anyone might have paid to the outgoing king of pop. Text: Sebastian Ingenhoff
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Kissy Sell Out / autoKratz / Danger After The New Rave Rush Every multi-coloured t-shirt owner knows the drill: how to raise attention in an ultra colour laundry basket is a big issue. How can you overdo it on the overemphasis? How to pinpoint your sloganism? And while we’re at it: how is Pavlov’s dog doing after his first heart attack following a constant overdose of overstimulation? Feeling wonderful, of course. Indeed, the great thing about dazzling key stimuli is precisely their ceaseless re-invention. The former doesn’t matter at all, what comes after matters even less. Words, however, are transitory. What »new wave« really was about, no one knew even when the term was being hyped to the heavens. Certainly no artist at the time wanted to be pigeonholed »new wave«. In the meantime, half of the pop generation grew up with a soundtrack of Ed Banging electro rock, learned how to stage dive during DJ gigs, and plays the guitar on a computer at home. The question about redefining electro rock’n’roll remains irrelevant as long as riffs and beats still bust out of loudspeakers unconditionally like clenched fists. For that matter, full throttle rave rock behaves similarly to the World Cup: the after party takes place before the party. Therefore after the new wave rush is consequently before the next rush, which only lacks a proper name yet. And so we move on. As long as there is none, Thomas Bisdee a.k.a. Kissy Sell Out at least has a fitting album title ready: »Youth«. Ah, pop music can be so simple! Another keyword was thrown into the mix by the London boys from autoKratz: »Animal«. For them, it is all about instinctive music full of impulses, which are primarily processed by the autonomic
English Translation
Berghain Club nervous system whereby thumping bass lines inevitably lead to fists raised in the air. Sex Pistols, Public Enemy, rave – the ultimate climax of autoKratz’s awakening. David Cox and Russell Crank simply wanted to be a band from the start, rock or electro, it didn’t matter, loudness was the only essential. Annoyed by the attitude in dance music, Cox and Crank turned their controls to the max and started composing songs that were as angry as they were optimistic. They deal with big disappointments and how life goes on afterwards: always back from square one. One of the most beautiful, and rare AC/DC t-shirts, is the one made for the song »Danger«. Quite possibly Frank Rivoire from Lyon modelled his auditory cartoon universe having this particular shirt in mind. Danger, in a way, is like Kavinsky, who is known through label Record Makers, except that he turned Kavinsky’s »Testarossa« dandyism into something more threatening. His tracks truly capture the state of shock at 00:01 during a video game, just when the disoriented avatar regains consciousness at the virtual kerbside after a head-on collision with a palm tree: bleak chaos all around, dangerously blinking dots in the dark, a tear in the eye, distilled from memories of his childhood in the 80s, which is now dripping into sizzling synth sounds. Caution! Hot spitting oils! Danger’s world is full of these crystalline snapshots categorised after specific daytimes. And that’s as good a hint that after the new rave rush, a new era of absolutely current music has truly arrived. Text: Arno Raffeiner
Modeselektor
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OstGut Ton Meltdown A Small Idea On A Weekend Trip In just five years, Berlin nightclub Berghain and the adjoining Panorama Bar have become legends. People from all over the world travel there every weekend, unsure if they will make it past the critical eyes of the bouncers. Those, for whom the pressure is too high, have the chance now: this weekend the OstGut Ton crew is behind the turntables at Melt! Earlier this year at the MusikTriennale festival in Cologne: »Klang«, Karlheinz Stockhausen’s last great and unfinished cycle of compositions had its debut performance. A Deutschlandradio journalist was completely beside himself. Absolutely ecstatic, he recounted the event: Stockhausen’s »Cosmic Pulses« generates such a psychedelic effect, that the cult club Berghain in Berlin looks poor in comparison and it takes a while before you realise that such comparisons can’t really shock you anymore. Up to now it was the general custom to compare the artistic quality of electronic dance music to the accomplishments of contemporary avant-garde artists. Now, suddenly someone like Stockhausen, undoubtedly one of the greatest 20th century composers, has to clear a hurdle called Berghain to prove that he really has delivered something truly wicked. A remarkable inversion of proportions – and actually, a physical impossibility: the ceiling height on the grand dance floor at Berghain is about 20 meters.
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The xx Techno & GDR Concrete The birds outside the old railway station pretend they didn’t know, like they always do. They keep chirping just like they do in the hours of a Sunday evening, when wasted silhouettes tumble out of the former generation plant and cross the dusty path that leads them back into their normal lives; all in the shade of this massive concrete building from the era of the German Democratic Republic. It is not only impressive because of its actual physical dimensions, but also because of its cultural and mythological standing. It remains an outstanding landmark. The aura surrounding this special place has long been adopted by the people who spin the records at Berghain, the smaller floor of the Panorama Bar or by those who produce music at the adjoining label OstGut Ton. Berghain is a club, but much more than that, it is a myth. If you enter the building, located on the site of the old Eastern station in Berlin-Friedrichshain, on any weekday afternoon, the smell inside doesn’t greatly differ from other empty clubs. A bit mouldy, sticky and stale, maybe it all seems a bit larger and more intense. Through the side entrance you manage to get directly to the Laboratory, the erotic playground of the club, where an after show party with Lady Gaga will take place that night. In a neighbouring hall with a huge ceiling height, a concert hall is to be established soon. Yet, temporary walls, the remains of a Snax theme party, divide the impressive room – the theme: »Prison«. After her breakout hit »Telephone« Lady Gaga couldn’t
really ask for anything more fitting. While she and her entourage and guests by invitation only will have a fetish party in pop star mode here, a concert of the Berlin radio choir will take place in the next room on the great Berghain dance floor. »Ethereal sounds blow in like air from another planet. Contortionists lift themselves up in the air, releasing the kind of energy it takes to cheat death«, it reads in the announcement for »Choral Hymns From The Rig Veda« by composer Gustav Holst. You get the idea. The Stylistic Openness of Social Matters »Quite some contrasts«, Nick Höppner states while he leads us through the building, passing cleaning staff and pools of unidentifiable liquids and clenched masses of paper towels. In the offices, located on the top floor of the building, Höppner – DJ, producer and manager of the label OstGut Ton – relates airily that these »mixtures« originate of their own volition. After all, the most diverse events take place at Berghain, far beyond techno: various concerts, the electro-acoustic saloon, ballet performances or exhibitions. When it comes to the programme, the club is not as monolithic as its appearance and – even moreso – its reputation. With a cigarette in hand and leaning halfway through the window that leads to the large car park of a neighbouring property – no smoking policy in the conference room – Höppner looks back on his own Berghain history. He began as one of the resident DJs in the predecessor of the club, the OstGut Club, whose title the label
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would later adopt. He says he was completely overwhelmed when he saw the new building for the first time. When he first entered Berghain together with Michael Teufele in the midst of the reconstruction process, he felt a little dizzy. »It was a dimension I just wasn’t expecting, quite heavy. This mere size alone was something completely different, very thrilling. I was very excited to play in the Panorama Bar for the first time.« In 2005, a few weeks after the club opening, Höppner had his first DJ set there. At that time, there was no concept like a distinctive »Berghain sound«. But for a while now, this concept has been spread further and further. The growth of the club and its myth has also amplified the significance of its resident DJs. Like nowhere else they seem to be part of the furniture here. Someone like Marcel Dettmann was almost completely unknown a few years ago. Today, his name stands as an example for the institution Berghain and for a strict but brave interpretation of techno. The same applies to Marcel Fengler and in parts also to Ben Klock, who was one of the few OstGut producers who had previously released on other labels. But does something like a Berghain sound exist at all? Höppner’s answer is clear: No. »This attribution comes from outside. These clichés are very persistent. That applies to the club and even more to the label: marathon, concrete, technotechnotechno. But that’s not the reality.« What keeps it all together for the protagonists is not the dimension of the spaces, the weight of the constructions or the sound pressure of the notorious Funktion-One installation, but the social environment. And the profile of OstGut Ton is not defined by clever A&R’ing, marketing or uniform sound design but by the fact that the in-house artists release their music on the label: »Right from the start, it was our concept to provide a platform for our residents, there were no stylistic guidelines.« This very simple understanding is practically based on blind trust that connects all the peop-
le involved. Thus, it sometimes happens, that new productions go past label manager Höppner and boss Teufele and directly into the mastering studio. The result is a stylistic openness that is sometimes ignored in the perception of the label. Somewhere in the space between Shed’s techno definition, DJ Pete’s openness towards dub step and Tama Sumo and Prosumer’s old school house purism, there is a broad spectrum; a spectrum that cannot really be described in the usual way: sound, architecture and excess, inseparably intertwined and forming a larger picture. This is one of the reasons why Nick Höppner reacts very calmly to the critical questions of some Berghain followers: Whether it is not a sacrilege to take this techno temple to some other place? Whether such an attempt is not simply impossible and doomed to fail? »You don’t need the Berghain cathedral to make a Marcel Dettmann set work. And you don’t need the Panorama Bar to make an old school set by Prosumer work. Music and club don’t depend on each other so much that they cannot be separated.« Höppner exhales the smoke of the next fag out of the Berghain top floor and into the great width below him. He pauses for a moment; through the window you still hear the birds chirping. »I still find it great, what we were able to make out of such a small idea«, he says. Text: Arno Raffeiner
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In The Studio With Modeselektor Do you understand the signals your body sends you? »Annoying spring cold« is the result of a quick selfdiagnosis carried out by Gernot Bronsert. A little peaky-looking, this one half of Modeselektor and his partner Sebastian Szary are in their Berlin studio, where they are working on a remix for the performance punk group Bonaparte. At the same time, they’re creating new stuff for Moderat, their joint project with Sascha »Apparat« Ring, and
Tocotronic preparing the first tracks of the next Modeselektor album. Following the self-diagnosis is, ah, self-medication, and in large doses. Gernot likes to blow the cold out with a heavy load of bass. That helps, it’s a proven fact. After all, Modeselektor do have some experience with body signals and they know how to interpret and control the symptoms appearing: extrapyramidal hyperkinesias (e. g. restless legs disorder), diaphragmatic contractions (also called kicking belly), as well as the twitching of other limbs (raver’s arm or hip hop hand), culminating in that complex cluster of symptoms that in common parlance is called a »massive trip«. In addition to his bass cure in his own studio, Gernot imagines the fun ahead on the peninsula of Ferropolis. With their intuitive sense for great meetings of minds and surprising exchanges, this year Modeselektor are curating their own Melt! stage, unceremoniously redefined as Meltselekor stage. And it’s a good fit, as Modeselektor music itself seems like a mixture taken from the line-up of a some crazed Utopian razzle-dazzle festival. From sharp IDM cuts via rap and rave fanfares through to massive layers of sound, there’s something of everything in it. Those who are familiar with their DJ mixes for PBitch Control or Get Physical know what Bronsert and Szary put in their stew pot: nothing but wild party obscenities. And now their Modeselektor festival fantasy can become more than a dream. »I once saw Kode9 and Martyn perform together«, Gernot says enthused, »it was just a boy’s dreams coming true, really good!« Collabo,
collabo. And so the London based Kode9, who runs the label Hyperdub, was invited to Gräfenhainichen, back to back with Martyn, who is one of the most ambitious lateral thinkers in techno breakbeat of our times. What else? Oh yes, some insider tips like the Scottish DJ Jackmaster and Skate from Berlin are going to perform plus Jamie xx, creator of The xx beats, and Mala, who has a style of his own with his massively minimalized breaks (is that even possible? well come and see!). The buzzwords might be the same, but the sounds are all new: »If you like, dubstep is passé. People like Martyn or Kode9 knew it long before some journalist put pen to paper. For us, it is all about fresh music and I am convinced that people who are interested in modern music will get their money’s worth.« If there is anyone who is destined to carry on with the history of the English hardcore continuum on the continent, it is Modeselektor. With their project Moderat they show how to take the last steps of techno evolution onto festival stages and how to invent a kind of dubstep that makes you cry. At Melt! Modeselektor are renouncing all sentimentality (»Mostly it’s all about bass«). Instead, they’re bringing you grand live acts like Four Tet and Jesse Rose & Hendrik Schwarz in the line-up and letting the Pfadfinderei delight with the visuals. It doesn’t even end there, as there will be a joint performance with Bonaparte, with both of the groups covering each other’s songs. The idea for this came up during a drunken night with their mate Tobi of Bonaparte. The result might be
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Jónsi
Booka Shade
bass attacks with pig masks, we just don’t know (but we’re hoping for pig masks, we like them). Possibly the one thing that’s missing is a monkey drummer, like the one that Chris Cunningham once built for an Aphex Twin track: with almost a dozen limbs, getting ass-kicking beats out of the last lid with a breakneck speed. As the doctors would say, a clear case of hyperkinesias. Text: Arno Raffeiner
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The xx Splendid Youth The xx is a sworn community from London. With every gig, the British youngsters are able to extend their community just a little further. You actually want to comfort them. For a while, The xx were telling their sweet story anew for the nth time, about eternal friendship, in which they turned their lives around by leaving their destined dark paths, dusty recesses and decent day jobs behind with the help of carefree chords and melodies, which would have gathered dust in other people’s drawers – the fairy tale so far. But when success knocks on your door, however, the nasty world is about to show its teeth. When the new indie starlets’ tour had to be interrupted last year, rumours had it that keyboardist Baria Quereshi had to cancel gigs due to exhaustion. The tender age of the 19-year-old band members alone made this explanation seem plausible. Shortly after, Quereshi left the band due to unknown »differences«. The band’s debut had only just
been released in the August of that year. The xx formed in 2005 at a London-based school only to partly lose touch a few months after the breakthrough. Nevertheless, Romy Madley Croft, Oliver Sim and Jamie Smith continued their victory parade through various concert venues. The debut’s songs are perfect masses that involve big crowds yet also create breathtaking intimacy. Imagine a vast arena in the dark in which the audience lights hundreds of cigarette lighters; their flames softly flickering to the sounds of »Basic Space«, »Crystalized« or »Shelter«, just like a shy boy or a coy girl dancing in a dark corner of a nightclub. The xx create music that helps you grow together through the power of an embrace or lose yourself altogether. Romy and Oliver’s call and response goes under your skin and not only gets rid of pimples and problems but also makes your sorrows disappear like dirty bathing water in a sink. The xx’s irresistible pull, evoked by drawing on the unlimited power of musical reduction, quickly became the go-to soundtrack for a tired ride home through the misty afterhours, for all you post-gig, postparty people. You’re laying your head on the proverbial shoulder of a song instead of on the shoulder of societal circumstances or your best friend (if only to avoid misunderstandings!). Yet The xx’s softness, even in accordance with that old motto »quiet is the new loud«, also develops into a certain aggressiveness. The xx are less dainty and more active, not like a petting zoo. They do have teeth as well. »Alright«, the skeptic might say. »A toothed wheel is necessary for a motor to run.«
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Pantha Du Prince The xx show potential none the less, and they will in the future. In just a few songs, they have already established quite a biography. The name alone reveals a beautiful symbiosis of gender conscience and rock’n’roll attitude. They also implicitly reference various pop cultural inf luences. The more seasoned festival goer might want to remember the world’s best postpunk band Young Marble Giants from Wales. In 1980, the band appeared on the face of the Earth with its album »Colossal Youth« and performed songs of resistance against despair in everyday life with little sonic means. That’s how The xx do it as well, even though they sound fuller, healthier and more promising. NME annointed them »band to watch 2009«. In 2010, this applies more than ever. On »Night Time« they sing: »And when the day come / It will all have been fun / We’ll talk about it soon.« No fairy tale, indeed. Text: Wolfgang Frömberg
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Tocotronic The Envious Stones So it turns out Tocotronic didn’t surrender at all. With »Schall und Wahn« (sound and mania), the band have released a masterpiece that, according to Tocotronic, shouldn’t have come to life in the first place. And at Melt! Festival we are about to find out, how the band will manage the resistance between »Bumms und Bi« (boom and bi) live on stage. But we begin with a recent history lesson. Tocotronic’s 2007 album
»Kapitulation« (surrender) was possibly a little hard to digest at first. It was released while journalists were still chewing on Blumfeld’s »Verbotene Früchte« (forbidden fruit) and Goldene Zitronen’s »Lenin«. Then Tocotronic emerged from amid their Hamburg school peers with an album whose title was heavy with meaning and of historical significance. So, perhaps burying the old head in the sand is now the plan? Not a bit of it. The Tocos have merely added a new counterpoint to their admirable perseverance. You can’t, as far as it goes, »oscillate between boom and bi« any more distinctly than that. Well, last we looked, the earth is still rotating, and Tocotronic was able to finish its Berlin trilogy with new album »Schall und Wahn«. You could argue that new live material may be a bit redundant since the band can fall back on a massive back catalogue that could even make The Stones envious. But due to the band’s further development in the studio, which »Schall und Wahn« is a good example of, substantial live gigs are guaranteed. Tocotronic live combines the best of both worlds, a little of that »all the hits« setlist nostalgia but also the crashing soundscape attack favoured by hype bands of the moment. It isn’t all about delivering as expected either, they like to play with the audience’s expectations in fact. I think we can possibly look forward to a little spitefulness à la »Macht es nicht selbst« (don’t do it yourself), which seems to be directed at parts of Tocotronic’s own audience, being sung along to by the crowd – with a dose of irony attached for good measure ...
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Hurts
Kele
One of the most beautifully eerie songs Tocotronic ever wrote is »Die Folter endet nie« (the torture never stops). It sometimes reminds me of the best conclusions to a novel. At the end of his novel »Germinal«, set in 19th century France, Emile Zola describes miners, exploited souls of a failed revolution, as seeds whose germs one day will crack the earth open to disrupt the balance of power. This is perfectly echoed in the fact, that apart from the master piece »Keine Meisterwerke mehr«, a song analysing present conditions without modesty, the Toco’s »going underground«, namely »Im Zweifel für den Zweifel«, was also released on »Schall und Wahn«. Positions shifted, goals remained. While wanting to be »Teil einer Jugendbewegung« (part of a youth movement) once, subculture is just another aspect of individuality nowadays. And so to the band’s actual appearance on stage at Melt! 2010: if you find the seeming unreality of the present day too awful perhaps you should run into the cold, open arms of Tocotronic. Text: Wolfgang Frömberg
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Jónsi Starving For Pop Sigur Rós singer Jón Thor Birgisson, better known as Jónsi, doesn’t beat about the bush when it comes to the essentials: He wants his first solo album »Go« to be perceived as a piece of art, which is – and here’s the good news for all Melt! visitors – going to unfold its full potential on stage. But let’s start at the beginning:
»Go« is a far cry from the epic sound collages of his main band. The 35 year old Reykjavíkian has instead created a splendid and artful pop album – fittingly sung in English for the first time. The album is co-produced by his boyfriend Alex Somers, with whom he also produced the wonderful ambient album »Riceboy Sleeps« last year. The title referred to the American’s constant tiredness, which might have been caused by poor nutrition, as the ever-broke artist had consumed nothing but rice for months, due to austerity. While Jónsi’s ethereal voice has so far been perceived as a kind of instrument, which had to fit in with the band’s sound arrangements, »Go« exposes his talent as a self-contained songwriter. Originally intended as a purely acoustic album, the tracks developed into orchestral art songs in the vein of Antony Hegarty, thanks to the collaboration with friend and composer Nico Muhly. Muhly had already worked with minimal music composer Philip Glass and has produced artists like Grizzly Bear, Antony And The Johnsons and Bonnie »Prince« Billy. Expect classical music nod but despite the high-art approach and the elaborate arrangements, »Go« is still somehow an uncomplicated and approachable listen. While Sigur Rós like to drift off into esoteric convoluted patterns, Birgisson sticks to the well-established versechorus structure on »Go«. There were clues he was heading this way of course. Birgisson had already demonstrated his pop affinity with his cover of MGMT’s »Time To Pretend«, where he acted
Dendemann out his preference for bombastic arrangements sounds and a healthy dose of kitsch. But whereas MGMT melodies are synthesizer heavy modernist pop, Birgisson completely relies on classic sound production and refuses to use digital tools as much as possible, he just doesn’t like »fake sound«, as revealed in Intro #181. Correspondingly, the »Go« live show will see him joined by a massive live band. Further clues as to what to expect? Well he’s a feather wielding diva in the latest press shots we’ve seen. And the inclusion of the Fifty Nine productions team, famous for their various opera and theatre projects should pretty much ensure this is a show you cannot miss. Text: Sebastian Ingenhoff
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Booka Shade Uncompromising Club Hits Walter Merziger and Arno Kammermeier can rightfully look back on a long and eventful career. In the early nineties they formed the new wave band Planet Claire, discovered techno and trance by the mid of the decade, before turning into brilliant hit-makers for a bunch of talent show hopefuls like No Angels at the turn of the millennium, even producing some naggingly successful jingles for tv adverts. They had the cash tills ringing, but Arno and Walter felt more and more unchallenged. Thus, a profound restart was necessary. And who could have been a better partner than former Groove publisher Thomas Koch, who was up for a fresh start at the
same time, too. Together with him and producing team M.A.N.D.Y. they launched Get Physical, began to release under the moniker Booka Shade and instantly landed two club hits: »Mandarine Girl« and »Body Language«. The distinctive bass line of »Body Language« was even sampled by Black Eyed Peas’ rapper Will.i.am, providing another – indirect – chart hit for the two Berlin based musicians. Their pop past is clearly audible on each album: the productions are sophisticated, arranged in a way that the listener automatically understands them as songs rather than just »tracks« – even on the instrumentals. It is not a coincidence that festival audiences regularly mumble along on songs like »Mandarine Girls« even though there are no lyrics. There has not been another techno act that managed to merge pop and club culture in such a coherent and uncontroversial manner in some time. Booka Shade thus helped lay the foundations for the success of artists like Paul Kalkbrenner, who has taken a similar approach to techno songs on his latest album – supported by the great success of the movie »Berlin Calling« (he starred in it and composed the soundtrack). In contrast to many present techno producers, Merzinger and Kammermeier are all about the album. Each of their albums follows a carefully elaborated dramatic structure. While »Memento« was heavily inspired by classic film music, »The Sun & The Neon Light« deals with the Apollonian-Dionysian contrast between day and night, which is reflected in the partially solemn,
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Simian Mobile Disco partially euphoric tracks. For »More«, Booka Shade’s fourth studio album, released earlier this year, they were able to engage guest vocalists like Yello’s Dieter Meier. Even though the album lacks obvious hits like »Body Language« at first sight, it creates a complex and compelling atmosphere as a whole. The video for the single »Bad Love«, sung by label mate Chelonis R. Jones, demonstrates the duo’s darker side once more and nods back to their new wave roots. The song is a tribute to the band’s great idols Depeche Mode whom they toured with a couple of years ago. But good news Melt! people – the duo’s talent is best revealed during their live shows: on stage, Merzinger and Kammermeier give it to you like a real band – with drums and keyboards and the whole nine yards. Enough thougtful analysis! Throw your hands up in the air and sing along! Text: Sebastian Ingenhoff
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Pantha Du Prince Techno Field Recording 2010 has already seen Hendrik Weber release his third Pantha Du Prince album »Black Noise«. Despite being a long time fixture in the Hamburg Dial-family, »Black Noise« is Weber’s first release on Rough Trade, one of the most important labels in pop history, but hardly a dance label. But this is Weber all over – such classifications don’t bother the man, whose music easily transcends the dance floor. Pantha Du Prince compositions show how redundant classifications
like »analogue« or »digital«, or ideas of natural or artificial have now become. His songs could be played out of any window, enjoyed far from any dance floor. You can hear what got Rough Trade excited – something beyond clinical categories, some techno-soul, a dance heartbeat you can sit and listen to. The reviews for »Black Noise« have been suitably ecstatic across the board, from broad sheets to indie tipsters, once more far from the usual dance crowd taste makers. »Black Noise« was brewed in the Swiss Alps, where Weber found the perfect conditions in which to farm his organic field recordings. The title itself refers to a frequency, hardly audible to human ears which serves to warn animals before great natural catastrophes. Weber recorded the majority of his field recordings in an area buried by a landslide two hundred years ago. The album cover shows an idyllic mountain village located next to a lake. Everything seems quiet. Only the album’s title bears witness to the smouldering catastrophe. But Weber is not just a naturalist; above all the man’s a romantic. The sound sources he used are hardly distinguishable; they merge into one another, blurring the borders between technology and nature. We’re talking the Wolfgang Voigt tradition here, the man who set domestic forests to music (you read that right festival goer) almost fifteen years ago with his project GAS. So despite being a nature-man, Weber is still a child of the clubs, schooled in the greats from Cologne to Chicago, from Detroit to Berlin. »The Splendour«, which he recorded with Tyler Pope (!!!, LCD Soundsystem), is a tribute to Larry Heard. He doesn’t sample this godfather of Chicago house, but the bass line nods knowingly to the classic »Missing You«. The album’s contributor list doesn’t end there either; Animal Collective’s Panda Bear drops in for a turn, adding hymnal vocals to »Stick To My Side« pushing it towards a »proper pop hit«. Ever since his remix work for »Peacebone«, Weber has been in
close contact with AnCo and opened for them on dates of their last European tour. If you think about it the collaboration makes sense, as Animal Collective have recently opened up to techno and started to merge club music with their patent freak folk, whereas Weber – before his success with Pantha Du Prince – used to play in the Hamburg based indie-electro band Stella, who released some great albums on L’Age D’Or at the turn of the millennium. Weber, who fell under the spell of shoegaze bands like My Bloody Valentine and Ride in his youth, has found new opportunities to bring his idea of noise back to the stage as Pantha Du Prince. Text: Sebastian Ingenhoff
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Hurts / Delphic The New Generation Of Manchester It’s a well-worn cliché that as the economy hits the skids, so cultural life flourishes. Manchester has lived this story: an industrial city in decline became the musical powerhouse of the United Kingdom: The Smiths, the Factory label and Joy Division, becoming New Order ... Different styles but they all both railed against and shouted for their city, venting frustration, adding eloquence to depression, yet redefining euphoria at other times. Today, Manchester thrives. The standoffish juggernaut couldn’t escape the financial upswing of the boom years. Today’s acts may rail at gentrification, house prices and the like, but it’s all a far cry from the social divisive Thatcher years when it was Manchester vs. the world. The current crop of Manchester bands – as varied their music turns out to be, are united by a common optimism. But do we want optimistic musicians, when history says optimism is so close to arrogance? And here come the Hurts – extreme posers, self-consciously way over the top. The duo perform in snobbish tuxedos and gelled wetlook hair (think somewhere between Spandau Ballet and Michael
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Douglas in »Wall Street« and you’re most of the way there). True they can look back on already glamourstrewn (though short) career: with only two songs in their repertoire and absolutely no live experience, they managed to land a sizable record deal (and remember, dear reader, that the record industry is officially nearly dead, and this isn’t the 1980s – greed is bad). Their A&R people must be top of their game having narrowly won through a veritable scramble to sign them. So where are we? Hurts are now, but they’re also »then«, postnaughties electro pop chock full of 80s and 90s memories. They play with the darkness of indie disco – as defined by Joy Division – and combine it with the sickly pop sweetness of every guilty pleasure you’ve ever danced to round the kitchen. The first single’s title »Wonderful Life« shows that optimism is still holding Manchester in its warm and clammy grip. These boys may hurt but they’re not willing to let the drudgery of the past get them down; under the glitterball all is still colourful it seems. Compared to Hurts, the other big Manchester band seem almost like schoolboys. Though Delphic also wear stylish hipster attire, they have a significantly more sophisticated (Japanese) minimal style, typical of brands like APC or Kitsuné, the clothing line and label that is Delphic’s current home. They seem much more accessible and natural, like the nice boys from next door. Their debut album »Acolyte«, produced by Scotsman Ewan Pearson, is also possessed of this optimistic mood. The album, whose best moments capture the New Order’s finest disco-euphoria, opens with »Clarion Call«, hoping that Manchester doesn’t go back to its darker days. In their Intro interview back in February 2010, they explained how you could feel it walking through the city, a new atmosphere of change, that the city seeks a new identity. For Delphic this is key they don’t feel boxed in by the Manchester effect or found the city’s history as a burden. Rather, it’s a stimulation, a challenge.
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English Translation
Thoughtful, amid their optimism, they might be soundtracking what happens after a city smartens up, and realises it needs a new challenge: »Manchester faces the danger of becoming sterile through all the changes. The city needs a band to leave a mark and lead the way. Can it be us? – Let’s wait and see. So far, we have only made one album, now we have to wait and see, what we can set in motion. There is a lot of meaning in it, but that doesn’t necessarily mean that people will understand it.« Text: Thomas Venker
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Kele The Bloc Party Goes On! With his main act, Kele Okereke has performed at Melt! twice already. Now he’s back on his own, presenting his solo debut »The Boxer«. Kele discussed his reasons for not taking a break and being adamant about getting back into the ring, with our author Peter Flore. After having decided to go on hiatus in mutual agreement with the rest of the band, Bloc Party’s Kele Okereke actually wanted to take a year off. Yet wanting to do something and actually doing it are different matters: »That’s because I’m not really good at hanging ‘round, watching TV or playing computer games«, Kele comments. And so his solo debut »The Boxer« has made it out into the shops and onto the web before the year off was even through. It seems like the sporty singer, now lacking his trademark rasta hair cut, found it difficult to stay away from both sound experimentation or performing on stage: »I can’t wait to get back on the road! I literally had to start at square one, doing this album, being a solo artist. For the first time, I started off fooling around with sequencers and synths when writing, instead of playing chords on my guitar. As it turned out, this is the album I really wanted to make«, Kele explains. »The Boxer« is an album, ready to take on the night, a euphoric
electro pop statement in a glittery evening dress – the perfect preparatory soundtrack before hitting the clubs. Perhaps tellingly. Kele’s extroverted rave pop doesn’t have a lot in common with Bloc Party except for his voice – »Everthing You Wasted« in particular, when Kele reaches for the high notes in »Silent Alarm« style. And the reason for calling his album »The Boxer«? Well on the one hand he hit the gym in this year off, and as he puts it, rather unsuccessfully took up kickboxing. On the other hand, Kele’s on his own now, without a solid back up by his band mates, and as we know, the boxer fights alone. For the tall Englishman of Nigerian decent there is »absolutely no pressure« involved, »I’m doing this for myself only«. Spoken like a true athlete! Anyone who witnessed his first warm up shows in May (e. g. Electronic Beats, Cologne or at Weekend, Berlin) was able to see and hear that Kele seems quite at home in his new role as solo artist. However, Kele wasn’t completely on his own while recording »The Boxer«: together with XXXchange, Spank Rock member and producer, he managed to turn a loose collection of ideas into a surprisingly coherent album. Almost being a Melt! regular together with Bloc Party, Kele doesn’t mind toning it down a bit this year: »Yeah, we’ve played Melt! twice before, I guess. We’ve been headlining last year. But I’m totally cool with playing on a smaller stage, like in a tent ...« The feeling is mutual. We’re very excited that Kele doesn’t care about hanging around and will be using his energy for conjuring up some superb dance music. Text: Peter Flore
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Dendemann Conjunctive Construction What do you do, when you’re considered the best German rapper, and you have been able to hold that title for years now? Or rather: Why did
Dendemann, the straight forward and rough voiced boy from Menden, decide to turn everything upside down on his new record »Vom Vintage verweht« (gone with the vintage) even though no one would have been disappointed by a clean hip hop record? It must have something to do with this atypical »artistic ambition« in hip hop circles. Maybe it was also a stagnating hip hop culture and that Dende’s been known to denounce many of those involved in that world for some time now? Obviously, he’s been drawing some, ah, conclusions shall we say? He went from baggy pants and baseball cap to a denim overall outfit and an actual hairdo. The latter isn’t too inefficient, Dendemann recently commented in an interview. Shaving one’s head and wearing a cap for years on end, your head becomes kind of greasy – this is of course, much appreciated information and duly noted. With this new sartorial angle decided on, so the music has moved on too and Dendemann has re-worked his trademark sound: after a few sporadic experimental tunes like »3 ½ Minuten« of his last album »Die Pfütze des Eisbergs« (the puddle of the iceberg), a soulinfluenced track between praise and persiflage of D’Angelo, »Vom Vintage verweht« is so stylistically homogenous and simultaneously extraordinary that some might think it a decent »concept album«. »It is only a concept album regarding sound aesthetics«, Dendemann explains. »Otherwise the album simply developed on its own. The journey starts with the alleged centrepiece of the album: ›Nesthocker‹ (Altricial Bird). Moving out of my parent’s house was overdue and led me eventually to exciting places. The album’s playlist concurs with the actual recording process. It felt natural to everyone involved.« This means: the album is characterised by rockin’ electro beats with influences from thumping techno beats à la Ed Banger label to some rather fresh chavvy gestures; true to his first single’s motto: »Ich hätte könnte würde, aber Stumpf ist Trumpf« (I should
Chris Cunningham have, could have, would have, yet blunt is trump). So Dendemann’s use of conjunctive constructions hasn’t been relinquished entirely. »Papierkrieg«, a track featuring Tocotronic singer Dirk von Lowtzow, reveals Dendemann as still the rough yet sophisticated observer. Musically he exhibits a different credo though: a new passion for noise. Dendemann and his producer Moses Schneider, mainly known through his rock’n’roll roots, used edgy digital beats as a base only to have them recorded live by Dendemann’s live band Chez Cherie Orchester afterwards. »I just jumped in during the process, which means, we actually recorded a live album. Nothing’s digitally programmed.« That also means, Dendemann not only tours with a DJ entourage but with a proper live band. On the Melt! Festival stage, this will undoubtedly lead to an extremely innovative and surely overwhelming Dendemann performance once more. Text: Christian Steinbrink
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Simian Mobile Disco Duo Without A Band James Ellis Ford and James Anthony Shaw are truly happy folks. Years ago, they managed to turn their backs on nerve-wracking band routines, ego battles and the personal hell that is living in a van trapped on the world’s motorways. Now they happily jet around the world saving discos everywhere with their music. In the beginning there was ... no house music at all surprisin-
English Translation
Carl Craig
Hercules And Love Affair
gly enough. Imagine! In Ford and Shaw’s case it all started with saying goodbye to their indie band Simian, founding a DJ duo called Simian Mobile Disco (SMD) and, above all, with Simian’s »Never Be Alone (We Are Your Friends)« being remixed by Justice which brought praise, bookings and MTV fame to their doorstep. After their encounter with stardom, there was no turning back: Simian Mobile Disco’s sound was getting more and more electronically involved and rougher. Their current sets are bastards of Detroit techno, new rave, minimal, rock, dub, baile funk, reggae, and to close the circle, acid and Chicago house. Besides their DJ sets, these remixers developed into producers and small live bookings turned into headliner slots. SMD’s back catalogue not only includes their two albums »Attack Decay Sustain Release« and »Temporary Pleasure« but their »Simian Mobile Disco EP« as well, not to forget »Attack Decay Sustain Release Remixed«. Though let’s talk about Chicago for a bit since the city’s house sound made such a huge impact on SMD. »We like electronic classics a lot. It was dance music that inspired us. Acid house and its consequences. They were the ones to use machines properly. It seems natural and simple, when they do it. They all used analogue devices. You can feel the energy and interpersonal communication. We want that in our music, too«, Ford comments. The remnants of house and techno also made it into SMD’s lyrics. They are short and concise – ideal t-shirt slogans. »It’s the beat – you don’t need an invitation, cause it’s my
creation« or »I’m a hustler baby – that’s what my daddy made me«. With such lines, SMD rank among the noughties’ dance elite: 2manydj’s, Erol Alkan and Boys Noize. The scene remains familysized, a community, and a deep friendship connects most of them to each other. Their neighbour Erol Alkan is often supplied with raw track versions to comment on. »It’s nice and convenient to have friends working on similar projects«, Ford explains. Besides their own productions, both go separate ways producing other artists. Ford teamed up with Klaxons and Arctic Monkeys, Shaw with Cologne’s MIT most recently. Nonetheless, they don’t feel anxious about losing ideas to other projects, Ford says: »We create music differently than the bands we work with. Ideas are always influenced by the spatial surroundings and your relationship to the people involved. Whatever comes around while producing other bands, could never be integrated in SMD. Producing for others is like living in a bubble for three months.« Text: Thomas Venker
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Chris Cunningham Stressful Chris Cunningham’s video art is exhibited at MoMA in New York. His fantastical visual science and gloomy visual aesthetics for Björk or Aphex Twin are legion. But for a few years now, he has also been composing his own music, which he synchronises with imagery to the split second during live per-
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Tiga
Daniel Haaksmann
formances.
ultimate goal. I for once have a different opinion about that. What I have planned for the next three to four years is much more exciting than directing a Hollywood film. When people see the audio-visual project I’m working on right now, they will understand the reason why. Do you consider your live shows to be a visual remix of sorts, synchronised with your own music? I re-worked everything entirely. For some time, I was experimenting with a new version of »Windowlicker«. On stage, I work with three hard drives from which I project videos on three different screens. Also I use lights and lasers that I synchronise with my music. Is it difficult to handle everything simultaneously? It is very difficult. No matter how well I plan the show, something always goes awry. There are so many things to be considered simultaneously. Sounds thrilling. In this case, »thrilling« is not the right word, I’d use, ... stressful if anything. Text: Arno Raffeiner
Chris, you created legendary music videos. But you stopped about five years ago. Why? I spent four years shooting two short films, one with Aphex Twin and the other with Squarepusher. I felt like both weren’t turning out the way I wanted them to. It would have been too much of an effort. It was such a struggle that I eventually tried to find out what was actually possible if I did everything myself. You just picked up an instrument and went for it? I bought a guitar and started watching a »How To Play Dire Straits« DVD. I listened to John Bonham’s drum style intensely. I simply started experimenting. The first band you produced was The Horrors. Until then, you were only involved with electronic music, or? Here’s the thing: the image, people associate with me, is based on a handful of music videos which I produced over the course of two years – a small part of the whole picture. In the 90s, I was obsessed with Nirvana and Pavement. I love Led Zeppelin as much as I love »Computer World«. When I started directing videos, the most exciting music was released on Warp Records. However there is so much more that I haven’t been able to show yet. Fellow directors, Spike Jonze or Michel Gondry for instance, started making feature films a while back. You, on the other hand, turned to music, your first inspiration. When you’re a director, everyone thinks, a feature film must be the
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Carl Craig Risen From The Ruins The »Building« is history. Vacant for over 30 years. In some of the rooms there were old contracts, bills, record sleeves lying over the tables and the floor. That this particular haunted ruin seemed to have been abandoned in a hurry was one of the numerous telling signs that remind the inhabitants of Detroit
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English Translation
Broken Bells
Goldfrapp
just how low their city has come. Back in the boom times, the »Building« was the palace where Berry Gordy’s reigned as king of Motown Records, probably the most important record company in soul and pop history. But by 1972 Motown upped sticks and left Detroit behind for the sunny and glamorous city of Los Angeles. Fast forward thirty or so years and the former Motown building was demolished in 2006 as part of a »beautification plan«, the destruc-
tion taking place just before the Super Bowl. Tellingly on the day of the NFL final there were just three buses on the newly built car park. Carl Craig is not a nostalgic kind of guy, he doesn’t mist up on hearing such news. He has no false illusions about the state of his hometown with its deserted residential streets, particularly downtown, and he generally acknowledges the »arisen from the ashes« musical cliché with a cool shrug. He prefers to look ahead instead of back. However,
Massive Attack there is one truth for Craig that is as gloriously true today as it was before: techno could only have emerged right there in Detroit. »There is no other city in the world like Detroit. Henry Ford invented the assembly line here, and this invention made an impact on Berry Gordy and his way of running Motown. And when automotive construction was more and more taken over by robots, it made an impact on Juan Atkins. Both of them were inspired by the Ford system. In another place than
Detroit, this would not have been possible: the idea to take something that is basically so cold and charge it up with soul through music.« The Detroit techno history is basically a new version of the history of soul, rewritten at the hands of a robot. And in this history, Craig has is very own place, just behind Juan Atkins, Kevin Saunderson and Derrick May. But in contrast to these pioneers, he is just as productive as in the early days at the end of the 80s, particularly as a remixing
Festivals 2010
Tour 2010 18.11.10 Olsberg 19.11.10 Köln 21.11.10 A-Wien
23.07.10 Appletree Garden Festival 13.08.10 Taubertal Festival 14.08.10 Rocco del Schlacko Festival 15.08.10 Dockville Festival
Live 2010 02.07.10 Traumzeit Festival 31.07.10 Lott Festival 21.09.10 Braunschweig 22.09.10 Berlin 23.09.10 Reeperbahn Festival
22.11.10 München 24.11.10 Dortmund 25.11.10 Stuttgart 26.11.10 CH-Zürich 27.11.10 Leipzig 29.11.10 Neu Isenburg
The European Summer Tour 2010
30.11.10 Hamburg
23.08.10 Hamburg Große Freiheit 36
01.12.10 Berlin Neues Album VÖ September 2010 (Universal / Polydor)
Festivals 2010 14.08.10 Haldern Pop Festival 15.08.10 Dockville Festival
A.S.S. Concerts in Kooperation mit Best Works
Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen Tickethotline: 01805-570 060
(0,14 €/Min., Mobilfunkpreise max. 0,42 € /Min.)
www.assconcerts.com
oder im Internet: www.eventim.de
02.09.10 Berlin
IFA Sommergarten In Kooperation mit
English Translation
machine, optimizing tracks by Junior Boys or Hot Chip for the dance floor – with alarming deftness, and cool precision. Text: Arno Raffeiner
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Hercules And Love Affair / Holy Ghost! Disco In The Spirit Of Punk And Soul With their 2008 debut album, released on DFA records, New York based dance project Hercules And Love Affair took the disco revival to a new dimension. The long anticipated follow-up will be released this autumn, but expect a very different approach, as almost the whole line-up has been replaced. Of the founding members only Kim Ann Foxman is still there besides producer Andy Butler. It was not so much about personal or musical differences, Foxman revealed during a
guest DJ set at Cologne Club Coco Schmitz. Butler wanted to bring some new faces to the band, people who could relate to the concept of being a musical collective. The debut album was defined by the outstanding voices of Nomi and Antony Hegarty. Nomi is now successful as Jessica 6, while Hegarty fills the largest venues with Antony And The Johnsons. Their parts have now been taken over by Aerea Negrot, a Berlin based performing artist from Venezuela, whose solo albums are released on Ellen Allien’s label BPitch Control. Shaun Wright is another new member, whom Andy Butler has supposedly approached after a concert because of his eye-catching dreadlocks. Bloc Party’s Kele has also contributed vocals to one of the tracks. Andy Butler produced the album in collaboration with the Vienna based luminary of electronic music Patrick Pulsinger. At a young age, Butler studied composition and
wrote the music for numerous ballet productions while working as DJ at various gay clubs at the same time. His project Hercules And Love Affair was launched during a DJ set with the Hawaiian tomboy Kim Ann Foxman. Both share a deep love for very early house and disco productions from Chicago, Detroit and New York and for the times, when dance music could be commercial and progressive at the same time. From the gay black underground, producers and DJs like Frankie Knuckles, Larry Levan or Ron Hardy revolutionised dance music for good, while New York bands like Liquid Liquid or E.S.G. reinterpreted funk in the spirit of punk. Even though neither Foxman nor Butler lived through those times, they have always channelled this radical early stage of modern dance music in their productions, whilst avoiding a slavish devotion to things retro. Call them pioneers
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of a new queer house, a new disco music movement. Certainly others have started to follow, and the movement has lately also brought us great artists like Azari & III or Hardton. Another band from the DFA surroundings is the Brooklyn based duo Holy Ghost!, whose debut album is to be released later this year. After their 2007 debut single »Hold On« they are regarded as the hope of the New York label to fill the gap James Murphy has left after his final record with his project LCD Soundsystem. They’ve been recent stars of a »Kitsuné Maison« compilation and their remixes of Phoenix’s »Lisztomania«, and own recent release »Static On The Wire« show, that electronic dance music can still be rooted in soul. Text: Sebastian Ingenhoff
6–12SEPT2010 WWW.BERLIN-MUSIC-WEEK.DE
Berlin Festival 10. – 11.09. all2gethernow 06. – 11.09. berlin clubnacht 11.09. Popkomm 08. – 10.09. sowie ClubSpreeBerlin, Festival in der Kulturbrauerei und vieles mehr …
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English Translation
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A-Trak / Chromeo / Tiga Montreal Is The Centre Of The Universe? Melt! Saturday will bring a whole load of Montreal to the Gemini Stage. Born in 1982, Alain Macklovitch aka A-Trak invested all his Bar Mitzvah money into turntables and a mixer at the age of only thirteen. From that day, he practiced synchronising vinyl records for up to eighteen hours a day. The rest is history: just two years later, A-Trak won the DMC World Champion Award and was the youngest DJ world champion of all time. The musical doors started immediately to open. KanYe West got wind of the Canadian’s talent and appointed him as tour DJ. He’s become known for his remixes for artists as diverse as Sebastien Tellier, Yeah Yeah Yeahs and Bonde Do Rolê, as well as for his own tracks, released through
French label Kitsuné. In addition, he was responsible for the beats on the Kid Sister album. But despite his roots in hip hop culture, this musical magician does not confine his sets to Broken Beats, as his mix for the Fabric series demonstrates. He manages to combine popular house productions with disco, old school rap and electro funk. Think party, people! A-Trak caught the music bug from his elder brother, David Macklovitch, better known as Dave 1 – one half of Chromeo. With their second album »Fancy Footwork« and its success on both sides of the Atlantic, the Jewish-Arab duo proved to be deadly serious about their bombastic dance pop, effortlessly blending 80s electro funk in the style of Rick James and Prince. Catchy melodies meet extraordinary moog riffs and synthetic guitar solos. Both Canadians have their musical roots in rap music. Together with his brother Alain, Dave runs the
hip hop label Audio Research. In Montreal, they had been demanded producers even before the release of their single »You’re So Gangsta«, and had collaborated with artists like Bran Van 3000 and Citizen Kane. Before the first demos slipped out, Tiga pounced, and signed them to his label Turbo. The follow-up to »Fancy Footwork« will be released in August. Phillippe Zdar, who was also responsible for »Wolfgang Amadeus Phoenix« by Phoenix, produced »Business Casual« and Solange Knowles, Beyoncé’s little sister, also appears on the album as guest vocalist. And so this appearance from the Canadian musical ambassadors is completed with a set by Tiga, head of the label Turbo. Bursting electroclash’s po-faced pose with a cover version of Corey Hart’s »Sunglasses At Night« some 10 years ago, Tiga survived the scene’s doublequick self-destruction and proved to be master of a varied spectrum
www.informationhurts.com
of styles. His collaborations with Jesper Dahlbäck and Soulwax helped him develop through the noughties. And 2006’s »Sexor« album was a dizzying blend of glam rock with contemporary electronic dance music. For the 2009 follow up »Ciao!« he channelled 80s dance styles, early Madonna and worked with Gonzales. On the decks, too, he always stays laser-focused on pop appeal, you can hear it in his installment of the »DJ-Kicks« series. The androgynous disco boy knows how to merge past and present masterfully. Text: Sebastian Ingenhoff
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Heat Floor The Heat Is On Melt! is excited to have Berlin-based DJ Daniel Haaksman with us not only as opening act for this year’s Heat Floor but also as the stage’s
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mentor. With his eclectic club mixes, in which he combines the best of South America with fresh European beats, Haaksman, whose baile funk label Man Recordings celebrates its fifth anniversary this year, provides the perfect soundtrack for hot tropical nights. Global warming isn’t just an ecological phenomenon. In club culture, a significant shift towards the Southern climate has been observed of late. During the noughties’ first decade, grooves emerged from metropolises like Luanda, Rio de Janeiro, Buenos Aires or Cape Town – local answers to dance music styles rapidly being exchanged across the internet. Before the web, such mega cities were considered peripheral, where innovative music from Europe or the United States arrived years late, if at all. And yet all of a sudden those cities are the ones delivering trend-setting urban sounds back to the rich West. For instance, M.I.A.’s biggest
KU NST
29. JUL – 8. AUG
hit, »Bucky Done Gone«, of her 2005 debut »Arular«, is based on the baile funk song »Injeção« by Deize Tigrona, a musician from one of Rio de Janeiro’s favelas. Also DJ Mujava’s »Township Funk«, one of 2008’s major club tracks, which brought fame to Warp Records, the electronic mothership of Britain, is a South African kwaito track that originated in one of Pretoria’s townships. The Southern hemisphere is striking back, their styles and sounds and beats are fuelling the new hype, bringing their »heat« to Northern dance floors. In London, the phenomenon has already been named »Tropical«, inspired (hilariously enough) by MySpace’s genre classification under which all these styles from cumbia, baile funk, kuduro, kwaito, and funana to electro tribal are all haphazardly gathered. So come take the temperature on the Heat Stage at this year’s Melt!
M USI K
13. – 15. AUG
Festival which is paying tribute to these breathtakingly innovative styles. And with this in mind the cream of international »tropicalistas« have been invited to Ferropolis: Munich’s Schlachthof bronx stand for modern sound eclecticism. However, they do it at full throttle. Call it Bavarian ghetto, polka baile, lederhosen dancehall (yes, you read that right) or afroschranz, this genre hybrid was created for the »Bronx« only. Those, happy, bubbly and full bearded party bears throw anything that global fusion permits into the mix to ensure debaucherous parties galore. In terms of energy, Brasilian Edu K is in no way inferior to the Munich boys. The former baile funk star surrendered to tropical house fever lock, stock, and barrel. With his block rocking sets, he gets as good as any samba crew. Douster is the next in line with his hip shaking reggaeton-meets-cumbia grooves. This Frenchman, currently residing
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in Buenos Aires, provides rave-laden beats that are part of many DJ playlists these days (e. g. his remixes for Crookers, Rusko, and The Very Best). Sinden, the London-based Don of bass, has been part of the A list of tropical sound for years with his weekly KissFM radio show as well as his tracks and remixes for A-Trak, Kelis, Basement Jaxx. During his sets, he elegantly juggles with dubstep, UK funky and bassline house. Following a London bass clash, it is New York’s longmaned Tommie Sunshine’s turn, who is mostly known for remixing pop greats like Yeah Yeah Yeahs, Good Charlotte or Kelis. He also surrendered to tropical fever just recently. Finally Dirty Disco Youth, the project of 19-year-old Austrian producer Phil Speiser, will conquer Heat Floor. Stylewise, his sound has almost nothing in common with the previous beats from the Southern hemisphere. Yet, he’s perfect to squeeze the last drop of sweat out
DOCKVI LLE FESTIVaL
ELbinsEL-WiLhELmsbUrG | Port hAmbUrG
Klaxons[UK] Jan Delay&DisKo no1 Wir sinD HelDen Jamie T.[UK] HalloGallo 2010* slime THe DrUms[USA] K.i.Z. TiefscHWarZ PorTUGal.THe man[USA sHanTel&BUcovina clUB orKesTar KiTTy,Daisy&leWis[UK] BomBay Bicycle clUB[UK] Uffie[F] BonaParTe
friTZ KalKBrenner frisKa vilJor[S] THeraPy?[UK] soPHie HUnGer[CH] Die sTerne DelPHic[UK] THe WHiP[UK] Klee Dúné[dK] fanfarlo[UK] friTTenBUDe sascHa fUnKe efDemin laWrence JacKmaTe neUTronics DJ-Team [sTeve sHelley, ToBec, micHael roTHer] GooD sHoes[UK] i Blame coco[UK] seaBear[ISL] We Were PromiseD JeTPacKs[UK] villaGers[UK] micacHU&THe sHaPes[UK]
BraTZe esBen & THe WiTcH [UK] aDa Die vöGel DJ PHono mUTTer marc scHneiDer JUPiTer Jones caTs on fire[FIN] Ja,PaniK[AT] Jim Pansen GUsTav[AT] cHrisTian naUJoKs Harlem[USA]fenecH-soler[UK]smallPeoPle scHWefelGelB PosT War years[UK] aGnes oBel[dK onDa vaGa[ARG] oU esT le sWimminG Pool[UK] Walls[UK] THe KaBeeDies[UK] GanGlians[USA] everyTHinG everyTHinG[UK] HelGi Jónsson[ISL] KaKKmaDDafaKKa[NOR] may68[UK]
TUne-yarDs[USA] DeTroiT social clUB[UK] same Teens[UK] sUTscHe&fello Die raKeDe KinG KonG KicKs TanZen HilfT le fly secreTs sHelTerclUB HamBUrG DJ-Team HiP HoP acaDemy HH consTanTin Groll aKaaK Tilman TaUsenDfreUnD cHrisToPHer raU&BJörnsKi cHrisTian WeBer PHUonG Dan rss max moTor Die Boys maTT moroDer JaKoB THe BUTcHer TriqUeTTa JenDriK roTHsTein e_mol coUcoU-DJTeam [soPHia fT. roma&WonDer] max PoWer feel Besser TerriBle eaGle DJ-seT raTKaT elin&claP siZarr Jessica TomorroW&JonaTHan JoHnson neaT neaT neaT BalinsKi GrinninG Tree Don HarDo&maTricKs Hr. svolansKi TiGa 606... *Michael Rother & Friends perform the music of NEU! Installationen & Performances von über 30 Künstlern. Über 90 Bands & DJs auf 7 Bühnen! Weiteres LineUp: dockville.de
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Kissy Sell Out of Melt! Festival’s crowd that night; simply because his releases on Dim Mak are destined to win all of us over, thanks to that unstoppable coarse electro sound. Got enough towels in your bag? Air horns and water bottles ready? The HEAT is on! Text: Daniel Haaksman
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Broken Bells Big Show In A Parking Garage In one of those wish-you’d-beenthere SXSW festival highlights (that seeming everyone but you was at), the Broken Bells show in an Austin parking garage has quickly become the stuff of legend. Brian Burton (Danger Mouse) and James Mercer (The Shins’ lead singer) plus backing group played their still small repertoire as if they’d been kicking out these classics for a generation. Part of a series of semi-spontaneous »Pop-Up Concerts«, for Broken Bells, this was even more remarkable, as the duo had only just formed itself as a live act and seemed a bit uncertain about quite where the project was even going. Typical moment: When asked about their eponymous debut album, Burton immediately started to question his role: »You seem to be referring to me with that question. Because it is obvious, James is going to sing. What am I going to do? Well, I don’t know. Maybe I’ll do the drums?« But hey, the fans in Austin were untroubled by such concerns; they only wanted to be there and hear the damn show. And those who didn’t get to be inside, were literally
DJ Shadow climbing the walls to gain a view of history in the making. (For the record, Burton really was sitting behind the drums. So now you can say you were there.) In their mythology it all starts in an idyllic music room, by the fire, at least if you were to believe the Broken Bells promo pictures. Of course you shouldn’t believe that, as in reality they worked the project in an old office building in Los Angeles, with a dentist and real estate agent as their neighbours. Hardly the Brill Building but which is still great, Mercer revealed, as you don’t get complaints about the noise late at night. They wrote all the album’s songs together in that studio and even collaborated on the lyrics, which were originally supposed to be Mercer’s job. With a warm laugh Burton comments: »Let me put it this way: I have offered quite a lot. But as it is him, who has to sing, he has the last say. And often, it’s just late night boozed up discussion on this and that – so I rather call it ›I have offered‹.« Chatting with both of them it quickly begins to show that Broken Bells is more than just a side project or a distraction from their day jobs; they are far too enthusiastic about the material that has emerged from these casual sessions. Of course, the album does remind you of the protagonists’ other stuff, namely of Burton’s production for the last Beck album »Modern Guilt«, and even more of the first Shins’ album »Oh, Inverted World« and the whole thing shows its shared love for classic sixties sounds. Burton, who grew up with Motown and 70s radio, discovered this influence quite late. He tells a funny
story about his parents, who had a pop-by-the-years CD subscription. By mistake, they were sent the 1966 edition instead of the 1976 one. Burton absolutely got into this »new« sound. Mercer’s way into the sixties led him from Pink Floyd (»Dark Side Of The Moon«) to bands like The Jesus And Mary Chain. And your way now will lead you to Broken Bells ... Text: Thomas Venker
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Goldfrapp Taking A Bikini To Melt! Current itinerary: from the British Isles to Hollywood Hills to the South of Europe and back North to Saxony-Anhalt’s countryside. It could have all been so very simple. Apparently Alison Goldfrapp’s plan was to keep her faint tan over the summer by staying back home in England. With a less successful album, this plan would have proven fruitful, no doubt. However, »Head First« not only thwarted the band’s vacation plans but also turned their next expected musical steps on their head. »Actually, when we came to do it, we just wanted to go with something else. And the first two tunes we wrote, which we really were happy with, were ›Rocket‹ and ›Alive‹. And I think that was the launchpad for moving in other directions. From there we felt like we had a solid base. It just started to work ... with more vibrancy and full of life«, Will Gregory explains. In March, Alison Goldfrapp and Will Gregory were pleasantly surprised to hear about their only festival appearance in Germany –
not such a full calendar so a trip to Germany would be rather lovely. But by now, their luggage probably includes not only a fresh bag of songs but also a great deal of jet lag. Goldfrapp’s travel itinerary has become a big pile of frequent flier miles: after the band’s gig at Hollywood Bowl, Los Angeles, Goldfrapp will pay a visit to festivals in Portugal and Spain until they finally arrive 9,000 kilometres further East at Melt! Festival’s main stage. Alison might even carry a bikini with her. At least she seemed very excited on realising the festival is located next to a lake: »Jumping into the cool lake after the gig sounds like fun.« Their fifth, self-produced album exudes this summery vibe. Put it on and you’ll have your hands in the air in no time. Both the title track as well as »Believer« feature Alison deploying her disarmingly soft and emphatic voice – combining two opposing aspects in perfect harmony. »I Wanna Life« or »Rocket« channel pure 80s europop joy, whereas »Voicething« takes the listener on a looping musical journey, all prog-disco loveliness on the way. Will again: »›Head First‹ is one of those albums on which one song automatically leads to the other. We worked well together, and after six months only, we were done.« But why the new course, no more bleak and moody paths for Goldfrapp? Alison suddenly takes over: »It’s all about discovering sounds and telling a story about what’s happening in our lives.« Judging the album’s positive energy, we diagnose that both seem perfectly fine. It is almost impossible for them to remember the last time they had an argument. After a long pause, Alison finally comes up with a recent dispute: »Whose turn is it to go on vacation ...!« Text: Susanne Pospischil
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Massive Attack A Two Man Army When the Bristol boys’ debut »Blue Lines« was released in 1991, many
English Translation
of today’s fans weren’t even born yet. Georg Boskamp explains how they’re still at the top in 2010. The beginnings were not promising. The highly ambitious Wild Bunch collective (from where Massive Attack sprang), rooted in British soundsystem culture of the 80s, has downsized from a five man army to an egotistical duo touring with an entourage, but also had to deal with seeming split-ups, various weird solo projects and artistic differences of grand proportions that have variously dragged the band down across its seemingly neverending career. Those incidents in particular – and the fact that real Bristolians like to avoid each other with growing age – are the reason for a four to five year intermission between each album release. Singer Shara Nelson was never heard of again after the first tour, Tricky had enough after second album »Protection« was released, and the most innovative band member and DJ, Mushroom, left during the course of producing »Mezzanine« in 1997. At least since then, everyone thought the days of Massive Attack were numbered. But the massive mythology of Massive Attack, which was still fascinating fans around the world, never stopped growing. In parts, this is down to the band’s legendary live performances. In terms of stage presence, 3D and Daddy G. (with their latest album »Heligoland« ready) are unrivalled. Thanks to a smooth backing band lacking any sign of shyness while performing the band’s evergreens, talented guest singers, and not to forget fantastic visuals, Massive Attack are among the best live acts today. On top, reggae legend Horace Andy is a steady member of Massive Attack’s touring ensemble. This alone might be a reason ensuring you at least see them once. To what extent »Heligoland«s guests like Tunde (TV On The Radio) or best mate Damon Albarn (Blur) might join Massive Attack on festival stages this season is hard to predict. But the fact remains that invincible hits like »Safe From
Harm«, »Unfinished Sympathy« and »Karmacoma« will definitely be part of Massive Attack’s setlist, framed by hand-picked tracks off their last two studio albums. Herein the band’s long, stylistically challenging journey becomes transparent: from stoned darlings of a goateed acid jazz hipster crowd to refining tracks by Madonna and Co. as well as downtempo productions to voluminous indie pop. And as predicted Massive Attack’s constant sound metamorphosis goes on unpredictably. Text: Georg Boskamp
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Shadow Boxing With DJ Shadow Well, it’s been already been fifteen years since Joshua Paul Davis a.k.a. DJ Shadow turned the world of hip hop upside down from his homebase in San Francisco – using only the magic of sampling. His album »Endtroducing« is not only regarded as one of the most influential records in music history, but also the first album based on samples alone. With his Akai-MPC-60 sampler, Davis dug deep in order to find the essence of his excellent vinyl collection. His efforts were rewarded: DJ Shadow set new and wider boundaries for the hip hop genre, and was praised by indie folks and mainstream media alike. Since those pioneering days, a lot has happened in respect to sampling in particular and hip hop culture as a whole. DJ Shadow has kept his street credibility, however, by making careful choices and judicious collabos. He co-produced the first, equally legendary Unkle records and has also regularly collaborated with Solesides and Quannum. After a two-year live show hiatus, DJ Shadow is currently touring the globe to strike his audience with his beats once more – like a true shadow boxer. See the master at Melt! Text: Georg Boskamp
PraktikantInnen Nina Bange, Alexander Barth, Tobias Döring, Sarah Hermges, Michael Kastens, Benjamin Köhler, Stephan Lohrenz, Sandra Motschmann, Johannes Raetz, Christin Sydow, Lennart Walter Programmierung & Datenbanken Jan Plogmann (Leitung), Sandro Boege, Anna M. Stiefvater Layout Jürgen Frost, Eike Wohlgemuth Vertrieb Niels Kleimann (-41 / Leitung), Sebastian Siegmund (Berlin, Ost) Abo / Administration Eva Lohmeyer, abo@intro.de Public & Media Relation Dirk Völler Anzeigenleitung & Administration Christian Schlage (-12/ Leitung), Eva Lohmeyer (-14), Fon (0221) 9 49 93-12, Fax (0221) 9 49 93 88, Leonardo (0221) 9 49 93 66 Head of Marketing & Sales Oliver Bresch (-13) Marketing & Sales Martin Lippert (-17), Pete Schiffler (-19), Hendryk Martin (-32), David Winter (-63) Tonträger Matthias Fricke (-15) Konzertagenturen & Regionale Kunden Sebastian Siegmund (030) 40 39 36 – 205 Aktuelle Anzeigenpreisliste Melt!-Mediadaten 2010 Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G. BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900 AutorInnen Aida Baghernejad, Georg Boskamp, Daniel Haaksmann, Henrik Hamelmann, Sebastian Ingenhoff, Stephan Lohrenz, Susanne Pospischil, Arno Raffeiner Übersetzer Christian Breker, Michael Hoh, Alexander Mayor FotografInnen Maurice Baker, Julian Baumann, Lars Borges, Michael Dürr, Stefan Flad, Jonathan Forsythe, Melissa Hostetler, John Londono, Michael Mann, Katharina Poblotzki, Claudia Rorarius, Geert Schäfer, Franziska Sinn, Sandra Stein, Diane Vincent, Joachim Zimmermann Illustrationen Elisabeth Moch Cover Lars Borges; Model: Anastasya / VIV Amodels; Haare/Make-Up: Nadja Lakluk; Styling: Alexandra Heckel Druck Impress Media Druckauflage 30.000 Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, Inhalt aus 100% Altpapier Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos!
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90
Katz & Goldt
All the next:
Das 14. Melt! Festival findet statt vom 15. bis 17. Juli 2011! See you!
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