IPPNW forum 140/2014 – Die Zeitschrift der IPPNW

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Foto: © Giulio Magnifico

ippnw forum

das magazin der ippnw nr140 dez2014 3,50€ internationale ärzte für die verhütung des atomkrieges – ärzte in sozialer verantwortung

- Atomwaffeninvestitionen: Die Bombe an Ihrer Seite - Irak: Die Flüchtlinge durch den Winter bringen - Ebola und die kaputten Gesundheitssysteme

Grenzen schließen für Waffen, Grenzen öffnen für Flüchtlinge


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EDITORIAL Carlotta Conrad ist Mitglied im Vorstand der deutschen Sektion der IPPNW.

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illionen Menschen sind auf der Flucht vor Krieg und Gewalt. Kaum einer von ihnen hat wegen der Abschottungspolitik Europas eine Chance, in Deutschland eine sichere Zuflucht zu finden. Gleichzeitig machen die von Deutschland exportierten Kriegswaffen aber vor keinen Grenzen halt. Die Staatengemeinschaft stellt „beschämend wenige Plätze“ für Flüchtlinge aus Syrien zur Verfügung, kritisierte amnesty international kürzlich. Seit dem Ausbruch der Gewalt in Syrien im März 2011 hat die Türkei 1,6 Millionen, der Libanon 1,13 Millionen und Jordanien 619.000 Menschen aufgenommen. Allein an drei Tagen im September 2014 nahm die Türkei rund 130.000 Menschen auf – mehr Flüchtlinge als die gesamte EU in den vergangenen drei Jahren zusammen. Waffenexporte aus der EU und Deutschland dagegen finden weiter ihren Weg in die umgekehrte Richtung. Wie Sigmar Gabriel im Oktober mitteilte, hat die Bundesregierung erneut zahlreiche Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien, Katar und in andere Staaten des Nahen Ostens genehmigt. Karin Leukefeld beschreibt in ihrem Artikel anschaulich wie sowohl die Türkei als auch Saudi-Arabien und die Golfstaaten am Aufbau und der Aufrüstung extremistischer Gruppen beteiligt waren. Wie es den wenigen Flüchtlingen ergeht, die es nach Deutschland schaffen, zeigt der Bericht von Gisela Penteker und der Auszug aus der Pro-Asyl-Broschüre „Flucht ohne Ankunft“. Die Inhumanität des Systems veranschaulicht das Beispiel des vierjährigen Leonardo, den die organisierte Verantwortungslosigkeit deutscher Behörden beinahe das Leben gekostet hätte. Wie der Krieg in Libyen sein Leben zerstört und ihn zur Flucht nach Europa gezwungen hat, erzählt exemplarisch der „Lampedusa“Flüchtling Bashir. „Grenzen öffnen für Menschen – Grenzen schließen für Waffen“, das ist das Motto der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ und der Titel dieses Heftes. Carlotta Conrad 3


INHALT TTIP und CETA: Demokratie und Verbraucherschutz in Gefahr

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THEMEN Eindrücke einer Reise.........................................................................................8 Die Flüchtlinge durch den Winter bringen..........................................10 Vom gemeinsamen Erinnern zur gemeinsamen Zukunft............. 11 Die Bombe an Ihrer Seite............................................................................. 12 Gemeinsam für den Atomausstieg.......................................................... 13

Foto: Jakob Huber/ECI Stop TTIP!

Nuclear-Free Future Award: Oberpfalz, Kongo, Japan, Kamerun..................................................................................................................14 Eine Gefahr für Gesundheit und Demokratie?..................................17 Ebola und die kaputten Gesundheitssysteme.................................. 18

SERIE Flucht nach Europa: Angekommen. Aber nicht willkommen.

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Die Nukleare Kette: Uranbergbau in Saskatchewan.....................16

SCHWERPUNKT Die Grenzen der Menschlichkeit.............................................................. 20 Flucht ohne Ankunft........................................................................................ 22 Die Geschichte von Bashir............................................................................24 Organisierte Verantwortungslosigkeit..................................................... 26 Foto: © Giulio Magnifico

Dublin III: Bürokratisches Monster und menschliche Tragödien................................................................................................................ 27 Menschenschmuggel und Waffenhandel............................................. 28

Brücken der Verständigung: Austausch als Friedensarbeit

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WELT Brücken der Verständigung......................................................................... 30

RUBRIKEN Editorial.......................................................................................................................3 Meinung......................................................................................................................5 Nachrichten..............................................................................................................6 Aktion........................................................................................................................31 Gelesen, Gesehen.............................................................................................. 32 Gedruckt, Geplant, Termine........................................................................ 33 Gefragt..................................................................................................................... 34 Impressum/Bildnachweis.............................................................................. 33


MEINUNG

Dr. Reiner Braun engagiert sich seit 1982 in der Friedensbewegung. Er ist Geschäftsführer von IALANA und im „Friedenswinter“ aktiv.

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IS und Irak, Syrien und Ukraine, die längst verdrängten Kriege in Afghanistan und Sudan: Das Grauen ist mit Händen zu greifen, aber gleichzeitig weit weg.

underttausende Tote, Verwundete und Flüchtlinge prägen derzeit das Bild. 1,7 Billionen US-Dollar werden weltweit jährlich für die Rüstung vergeudet. Eine Politik der Aggression, der Konfrontation und des ideologischen Feindbildes dominiert.

Und die Friedensbewegung? Wo sind die Hunderttausend vor dem Brandenburger Tor, die Millionen, die weltweit für den Frieden eintreten? Der Protest für den Frieden, für Waffenstillstand, Verhandlungen und Dialog ist notwendiger denn je, angesichts einer aus den Fugen geratenen Welt. Friedenswissenschaft und -bewegung haben Alternativen der zivilen Konfliktlösung ausgearbeitet und publiziert. Sie werden von der Politik ignoriert, oft auch diffamiert. Gleichzeitig wird die Friedensbewegung für ihre Erfolglosigkeit kritisiert – eine (bewusste) Provokation, um vom eigenen kriegerischen Handeln abzulenken.

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ir streiten aus einer Außenseiterposition, als außerparlamentarische Opposition, für eine Änderung der Politik – das ist langwierig und schwierig. Und wir tun es zurzeit nicht gut genug. Das ist leider die Wahrheit, die wir uns als PazifistInnen vorhalten müssen und die angesichts vielen unermüdlichen Wirkens auch wehtut. Unsere Strukturen sind den friedenspolitischen Herausforderungen nicht gewachsen. Wir reden nicht mit den Menschen, sondern über sie, wir wagen zu wenige Aktionen und bleiben im „Klagestübchen“, wir sind überaltert und zu stark nach innen gerichtet. Aber die Vorwürfe sind auch nur die halbe Wahrheit. Friedensbewegung ist immer eine Suchbewegung: Wie können wir den Nerv der Menschen treffen und sie mobilisieren? Wie können wir ihre harte und entbehrungsreiche Tagesarbeit so weit zurückdrängen, dass Zeit und Raum bleibt für eigenes Handeln? Wie können wir den Individualismus, das Konkurrenzdenken, die Ökonomisierung zurückdrängen und Freiräume für eigenes selbstbestimmtes Handeln beleben? Wie können wir uns stärker mit den vielen „Gegenbewegungen“ vernetzen? Wir werden uns in diesem Winter den Herausforderungen erneut stellen. Viele Organisationen und Aktive bereiten den „Friedenswinter 2014/15“ mit zahlreichen Aktionen und Demonstrationen vor. Seien Sie dabei. www.friedenswinter.de 5


N ACHRICHTEN

Notruftelefon für Boat-People im Mittelmeer

Die Friedensbewegung mobilisiert zum Friedenswinter

Klage gegen Atomwaffenstaaten in Den Haag

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itte Oktober startete das „Watch the Med Alarm Phone“, ein Notruftelefon für Boat-People im Mittelmeer. Es richtet sich an MigrantenInnen und Flüchtlinge, die auf den Migrationsrouten zwischen Griechenland und der Türkei, zwischen Libyen/Tunesien und Italien oder zwischen Marokko und Spanien in Seenot geraten sind und dabei keine bzw. nur verzögerte Hilfe erfahren oder von Rückschiebungen betroffen sind. Das multilinguale Team des Notruftelefons versucht in solchen Fällen umgehend Druck aufzubauen, indem es die Öffentlichkeit und Politik alarmiert, um auf diese Weise eine sofortige Hilfe zu veranlassen. Das spendenfinanzierte Notruftelefon ist rund um die Uhr besetzt und wird von Freiwilligen von beiden Seiten des Mittelmeeres, unter ihnen auch viele ehemalige Boat-People, getragen. Mit Hilfe direkter Kontakte in Migranten- und Flüchtlingsgemeinschaften sowie Broschüren, die über die Risiken einer Mittelmeerüberquerung informieren, soll die Notrufnummer in den nordafrikanischen Transitländern und der Türkei publik gemacht werden. Ziel des Projektes ist es, den Flüchtlingen und Migranten eine schnelle Hilfe zu ermöglichen, Kritik am bestehenden Grenzregime zu üben und langfristig einen Raum gegenseitiger Solidarität mit offenen Grenzen für alle Menschen zu schaffen. Weitere Informationen und Unterschriftenaktion unter: www.watchthemed.net/index.php/page/ index/12

ine große Zahl von Organisationen aus der Friedensbewegung mobilisiert gemeinsam gegen die weltweit zunehmenden Kriege und die Aufrüstung. Zu ihnen gehören die IPPNW, pax christi sowie viele lokale und regionale Initiativen und „Mahnwachen“. Sie rufen gemeinsam zu einem Friedenswinter 2014/2015 auf. Erster Höhepunkt war eine Aktionswoche vom 8. bis 13. Dezember 2014 mit dezentralen Demonstrationen in Berlin, Hamburg, Bochum, Leipzig, Heidelberg und München. Anlässlich der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar 2015 sind Friedensdemonstrationen und eine Konferenz geplant. Bundesweiter Aktionshöhepunkt soll der 8./9. Mai 2015 werden, zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs als Tag der Befreiung von Krieg und Faschismus. Unterstützt von Prominenten wie Eugen Drewermann, Daniela Dahn, Reinhard Mey, Peter Sodann und Konstantin Wecker zeigen sich Vertreter des Bündnisses besorgt über die Äußerungen des Bundespräsidenten, der Bundesregierung sowie von Teilen der Opposition, Deutschland müsse sich mit mehr Truppen, dem Ausbau der Rüstungsproduktion und des Exports von Waffen weltweit militärisch engagieren. Das Friedenswinter-Bündnis kritisiert in einem bundesweiten Aufruf, der bereits von über 900 Organisationen und Personen unterschrieben wurde, die häufig tendenziöse Berichterstattung in den Medien, die zur Produktion von Feindbildern beitrage. Mehr Infos unter: www.friedenswinter.de 6

ie Republik Marshallinseln klagt vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen die Atomwaffenstaaten. Den USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea wird zur Last gelegt, gegen die aus Artikel 6 des Atomwaffensperrvertrags und dem Völkergewohnheitsrecht hervorgehenden Verpflichtungen zur nuklearen Abrüstung zu verstoßen, weshalb sie nun zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Die IPPNW unterstützt diese Klage und hat sich zusammen mit PSR und pax christi international mit einem Schreiben, das die Risiken eines Atomkrieges und dessen verheerende Folgen für die Menschheit betont, an ein US-Bundesbezirksgericht gewandt. Gemäß einer IPPNW-Studie zur „Nuklearen Hungersnot“ würden im Falle eines regionalen Atomkrieges mit dem Einsatz von ca. 100 Atomwaffen bis zu zwei Milliarden Menschen aufgrund sinkender Temperaturen und weltweiter Ernteausfälle sterben. Beim 21. IPPNW-Weltkongress im August 2014 in Kasachstan, wo die Sowjetunion in Semipalatinsk über 40 Jahre lang Atomtests durchgeführt hat, konnte sich eine IPPNW-Delegation ein Bild von den gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung machen. Etwa 1,5 Millionen Menschen waren hier direkt von den Tests betroffen und leiden nun unter Krebserkrankungen, Fehlbildungen oder strahleninduzierten Krankheiten. Schreiben an das US-Bundesbezirksgericht unter: www.wagingpeace.org/ documents/pci_psr_ippnw_amicus.pdf


N ACHRICHTEN

Petition gegen Uranwaffen übergeben

Biblis-Erörterung mit Eklat

Opferzahlen des sogenannten „Krieges gegen den Terror“

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bgereichertes Uran wird in panzerbrechenden Waffen eingesetzt, um die Durchschlagskraft zu erhöhen. Im Kosovokrieg, im Irak und in Afghanistan warfen die USA und Großbritannien tausende Tonnen dieser radioaktiven und hochgiftigen Munition ab. Die Folgeschäden reichen von Krebserkrankungen bis zu Missbildungen bei Neugeborenen. Trotzdem enthielten sich die Vertreter der Bundesregierung am 29. Oktober 2014 bei einer Abstimmung der UN zur Ächtung dieser Geschosse. Als Begründung für die Enthaltung gab das Auswärtige Amt an, Studien hätten übereinstimmend ergeben, dass Rückstände von abgereichertem Uran in der Umwelt kein radiologisches Risiko für die Bevölkerung vor Ort darstellten. Die Bundesregierung sehe aber nach wie vor die Notwendigkeit, die Auswirkungen des Einsatzes von Uranmunition wissenschaftlich zu erforschen. Darum hat eine Delegation der deutschen Sektion der ICBUW dem Petitionsausschuss im Bundestag 7.600 Unterschriften für die Ächtung von Uranwaffen überreicht. Xanthe Hall (IPPNW), Birgit Malzahn (Bundesausschuss Friedensratschlag), Manfred Mohr (IALANA), Ana von Keitz und Brigitte Runge (Arbeitskreis Uranmunition Berlin) trafen sich zur Übergabe auf Fraktionsebene mit Kersten Steinke (Linke), der Vorsitzenden des Petitionsausschusses. Auch zwei Bundestagsabgeordnete, Agnieszka Brugger (Grüne) und Inge Höger (Linke) waren dabei. Mehr Infos unter: www.uranmunition.org

as nach Fukushima stillgelegte Atomkraftwerk Biblis soll „zurückgebaut“ werden. Von 11. bis 13. November 2014 wurde ein Rückbau-Antrag der RWE mit Einwendern in Biblis erörtert. RWE hatte bei der hessischen Atomaufsicht „eine erste Genehmigung zum Abbau von Anlagenteilen“ beantragt. Der Antrag erfolgte allerdings unter Vorbehalt: Erst wenn die Verfassungsbeschwerde gegen den Atomausstieg entschieden sei, wolle man erklären, ob man von einer Abbaugenehmigung Gebrauch mache. Deshalb forderten die Atomkraftgegner auf dem Erörterungstermin, RWE solle klar erklären, ob das AKW endgültig stillgelegt werde.

llein aufgrund der US-Invasion 2003 sind bis Ende 2013 schätzungsweise zwischen einer und zwei Millionen IrakerInnen ums Leben gekommen. Dies sind ca. 5 % der gesamten Bevölkerung des Landes. Das ist das Ergebnis des IPPNW-Reports „Body Count – Opferzahlen nach zehn Jahren Krieg gegen den Terror Irak – Afghanistan – Pakistan“, der seit November in der dritten aktualisierten Auflage vorliegt.

In die aktualisierte Ausgabe sind die Ergebnisse einer neuen Mortalitätsstudie im Fachjournal PLOS (Public Library of Science) Medicine von Oktober 2013 eingeflossen. US-amerikanische und kanadiDie IPPNW verwies darauf, dass RWE das sche Wissenschaftler hatten zusammen Land Hessen und die Bundesrepublik​ mit WissenschaftlerInnen des irakischen Deutschland verklagt habe. Insgesamt Gesundheitsministeriums von Mai bis Juli gehe es bei den Klagen der Atomindustrie 2011 eine repräsentative Umfrage zur Entum rund 15 Mrd. Euro Schadensersatz- wicklung der Sterblichkeit durchgeführt Forderung. Die IPPNW-Vertreter forderten und waren zu dem Schluss gekommen, die Behörde auf, dem RWE-Antrag nicht dass der Krieg etwa eine halbe Million zuzustimmen, um die Schadensersatzkla- Menschen das Leben gekostet habe. Das sei eine niedrige Schätzung, hatte die Leigen nicht noch zu unterstützen. terin der Studie, die Gesundheitsexpertin Die Sicherheitsberichte wurden von den Amy Hagopian von der Washington UniAtomkraftgegnern als defizitär und nicht versity in Seattle zugegeben. Denn die überprüfbar kritisiert. Trotz hartnäckiger Studie berücksichtigt zum Beispiel nicht Nachfragen von BUND und IPPNW wollte Familien, die aus dem Land geflohen sind das Ministerium keine Auskünfte darüber oder zu Binnenflüchtlingen wurden. Das erteilen, ob RWE über die veröffentlichten könnte die Differenz zu den IPPNW-SchätBerichte hinaus weitere Unterlagen für das zungen teilweise erklären. Verfahren eingereicht hatte. Die Atomkraftgegner brachen schließlich die Teil- Die dritte Auflage des IPPNW-Reports nahme an dem Termin ab, weil eine echte „Body Count“ können Sie herunterladen Beteiligung am Entscheidungsprozess unter: auf Basis der vorliegenden Informationen www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/ nicht möglich war. Body_Count_2014_final.pdf 7


FRIEDEN

Eindrücke einer Reise Delegationsreise in die kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak und nach Rojava im Norden Syriens

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in Shengal zum Opfer. Die irakischen Peschmerga liefen kampflos davon und die Überlebenden des folgenden Massakers flohen in die Berge, wo viele bei sengender Hitze und ohne Trinkwasser starben, insbesondere Frauen und Kinder. Die Volksverteidigungskräfte YPG und JPJ aus Rojava mit Unterstützung der HPG/ PKK kämpften einen Korridor frei, durch den sich viele Flüchtlinge in Sicherheit bringen konnten. Sie, christliche und andere Minderheiten sind jetzt in Rojava, im Nordirak, in der Türkei in Lagern, Schulen, Moscheen, unter Brücken und in Rohbauten. Die Bilder sind in unsere Wohnzimmer getragen worden.

om 14. bis 24. September 2014 war ich mit einer kleinen Delegation des linken Bundestagsabgeordneten Andre Hunko u. a. mit unserem Beiratsmitglied Prof. Norman Paech im kurdischen Autonomiegebiet im Nordirak und in Rojava, im Norden Syriens. Wir waren Gäste des kurdischen Nationalkongresses, hatten ein volles Programm und hochkarätige GespächspartnerInnen. Die Situation der Flüchtlinge war nur ein Teilaspekt unserer Reise, soll in diesem Beitrag aber Thema sein. Seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien haben sich viele Angehörige von Minderheiten in die mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebiete im Norden gerettet. Dort hatte sich 2011 die AssadRegierung weitgehend zurückgezogen und die Menschen ihrem Schicksal überlassen.

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m Nordirak auf der Fahrt zur Grenze nach Rojava haben wir die Flüchtlinge am Straßenrand und in mit Stacheldraht eingezäunten riesigen Lagern gesehen. Das Lager Newroz im Kanton Cezire in der Nähe von Derik haben wir besucht.

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Dort leben in Zelten mit UNHCR-Aufschrift etwa 5.000 Flüchtlinge aus Shengal. Die Mitarbeiter des UNHCR kommen zweimal pro Woche aus Qamishlu oder Damaskus. Es gibt aber keine Unterstützung. Immerhin haben sie versprochen, die Zelte winterfest zu machen.

ie Bewohner organisierten basisdemokratisch alle Bereiche des Lebens und bildeten 2013 eine Übergangsregierung. Sie arbeiten für eine freie Gesellschaft mit Beteiligung aller Volksgruppen und Religionen sowie einer Frauenquote von mindestens 40 % in allen öffentlichen Bereichen und verstehen sich als ein Modell für ein künftiges föderales freies Syrien. Die drei Kantone Cizire, Kobanê und Afrin sind durch umkämpfte Gebiete voneinander getrennt, die in der Hand der Islamisten sind. Sie werden von der Türkei, dem kurdischen Autonomiegebiet des Irak und dem Irak mit einem totalen Embargo belegt. Es fehlt an allem, besonders an Medikamenten. Trotzdem haben sie die vielen Flüchtlinge aufgenommen und teilen mit ihnen, was sie haben.

Die Versorgung läuft über die Übergangsregierung, freiwillige HelferInnen, die Bevölkerung und den Kurdischen Roten Halbmond, der für die medizinische Versorgung zuständig ist. Ein Arzt und ein Apotheker arbeiten im Lager. Viel zu verteilen haben sie allerdings nicht. Besonders fehlen Medikamente für chronische Erkrankungen wie Hochdruck, Herz- und Nierenerkrankungen, Diabetes, aber auch Impfungen und Antibiotika. Ein großes Problem ist Krätze. Sanitäre Anlagen sind im Bau. Es gibt drei Kochzelte, in denen für alle zubereitet wird, was die Bevölkerung spendet.

Als der Islamische Staat erst Mossul übernahm und seinen Eroberungsfeldzug durch den Irak antrat, fielen ihm zuerst die Jesiden 8


IM FLÜCHTLINGSCAMP IN SILOPI, IM DREILÄNDERECK TÜRKEI/SYRIEN/IRAK Fotos: Marlene Pfaffenzeller/IPPNW

„Unter jesidischen Flüchtlingen“

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lle hatten wir den Eindruck, dass die internationale Hilfe nur sehr zögerlich bei den Flüchtlingen ankommt. Der UNHCRApparat ist viel zu bürokratisch und schwerfällig.

Ärztin und IPPNW-Mitglied Marlene Pfaffenzeller folgte im September, nach dem Überfall des IS in der Sinjar-Gegend, einem Aufruf der Gesellschaft für bedrohte Völker, in dem Ärztinnen und Ärzte für die Versorgung der Flüchtlinge gesucht wurden. Sie reiste nach Diyarbakir (Türkei), um zu sehen, wie die Situation vor Ort ist. Ihren Reisebericht können Sie auf unserem IPPNW-Blog lesen: http://blog.ippnw.de/?p=1185

Angesichts der desolaten Versorgungssituation und der anhaltenden Kämpfe machen sich viele Flüchtlinge auf den gefährlichen Weg übers Meer nach Europa. Die Zahl derer, die dabei ums Leben kommen, steigt. Wenn sie es bis nach Europa schaffen, müssen sie um ihren Aufenthalt kämpfen, anstatt bei Freunden und Verwandten Ruhe zu finden. Es ist ein Armutszeugnis, dass es nicht gelingt, die Flüchtlinge vor Ort menschenwürdig zu versorgen oder ihnen sichere Wege nach Europa zu öffnen. Waffen kommen an, humanitäre Hilfe nicht.

Ziel ist, dass sich die Flüchtlinge sich im Lager selbst organisieren und verwalten. Dazu sind sie zur Zeit aber noch gar nicht in der Lage. Sie sind entwurzelt und haben jedes Vertrauen verloren, können sich nicht vorstellen, je wieder nach Shengal zurück zu gehen, wo sich ihre moslemischen Nachbarn an Morden und Plünderungen beteiligt haben.

Ein Reisebericht kann auf unserem Blog nachgelesen werden: http://rojavadelegation.blogspot.de

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twa 150.000 Jesiden leben noch in den Shengal-Bergen und werden von Rojava aus durch LKWs versorgt, die unter großer Gefahr durch den Korridor fahren. Inzwischen hat der IS den Korridor geschlossen. Die Flüchtlinge und ihre Verteidiger sind wieder in großer Gefahr. Über die Situation der Flüchtlinge in der Türkei haben sich Marlene Pfaffenzeller und Norbert Ahrens ein Bild gemacht. Angelika Claußen berichtet auf der nächsten Seite über ihre Erfahrungen im Nordirak.

Dr. Gisela Penteker war Teilnehmerin der Delegationsreise. Sie ist Koordinatorin des AK Flüchtlinge/Asyl und Türkeibeauftragte der IPPNW. 9


Fotos: Sakine Kizilhan

FRIEDEN

Die Flüchtlinge durch den Winter bringen Besuch der Flüchtlingscamps um die kurdischen Städte Dohuk und Erbil

die gefangenen Jesidinnen oder Christinnen zu Hause anrufen ließen, damit die Verwandten ihre Mädchen gegen Lösegeld wieder freikauften.

E IM FLÜCHTLINGSCAMP XANKI IM NORDIRAK

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twa 630.000 Menschen sind im August mit dem, was sie am Körper trugen um ihr Leben gelaufen. Sie flüchteten in einem achttägigen Fußmarsch vom Sinjar-Gebirge über Syrien in die kurdische Provinz Dohuk im Irak. Neben den Jesiden waren auch Christen, Turkmenen und viele Araber auf der Flucht vor den Kämpfern des „Islamischen Staats“. Die Christen flohen nach der Einnahme der Stadt Mossul, nachdem der IS begonnen hatte, den Christen eine „Kopfsteuer“ abzunehmen. Jesidische Frauen, die aus der Gefangenschaft des IS zurückgekehrt sind bzw. von ihren eigenen Familien zurückgekauft wurden, trauern um ihre ermordeten Männer, Väter, Großväter und Söhne. Sie sind geplagt von Albträumen und fragen sich mit großer Angst, ob sie ihre von der IS entführten Schwestern oder Mütter jemals wiedersehen werden. In ihren Erzählungen finden sich systematische und wiederkehrende Muster der Mittäterschaft. Es waren die unmittelbaren Nachbarn der jesidischen und christlichen Minderheiten, die Familien von nebenan an den IS verraten haben und ihnen ihr Hab und Gut stahlen. Es waren junge Männer, die sich - aus zahlreichen arabischen, westlichen und asiatischen Ländern kommend - dem IS anschlossen und die Frauen und Mädchen mit der Pistole am Kopf zwangen, zum Islam zu konvertieren, sie misshandelten und vergewaltigten. Es waren „arabische Familien“, die schließlich

s ist diese Mittäterschaft von zahlreichen Menschen in der Zivilbevölkerung, die mich trifft, weil ich sie in dieser Massivität nicht erwartet hatte. Nachfragen bei kurdischen Intellektuellen ergeben übereinstimmend die Schätzung, dass mindestens 30–40 Prozent der kurdischen Bevölkerung die Praktiken des IS billigen. Die kurdische Autonomie-Regierung ist mit der großen Zahl der immer noch einströmenden Flüchtlinge völlig überfordert. Der Großteil lebt in Zelten, die zumeist nicht winterfest sind. Es fehlt an Winterkleidung, Wasch- und Toilettenmöglichkeiten und warmen Decken. Außerdem gibt es kaum getrennte Sanitäranlagen für Frauen, keine Schulen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Nahrung wird überwiegend durch die Regierung des kurdischen Ministerpräsidenten Barzani gestellt, Zelte, Decken, Kleidung, Sanitäranlagen durch internationale Hilfsorganisationen. Die Helfer beklagen die fehlende Koordination und die Bürokratie.

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ie Gesundheitsversorgung in den Flüchtlingslagern gewährleisten mobile Behandlungseinheiten aus den Krankenhäusern der kurdischen Autonomieregierung bzw. mobile Behandlungseinheiten internationaler Hilfsorganisationen. Die psychiatrische Versorgung übernehmen die Krankenhäuser in Erbil und in Dohuk. Am Azadi-Krankenhaus in Dohuk arbeiten beispielsweise lediglich drei Psychiater, die die Versorgung nicht ausreichend sicherstellen können. Der Genozid an den Jesiden hat seine Vorgeschichte in einer lange andauernden Diskriminierungspolitik und systematischen Übergriffen auf die ethnischen und religiösen Minderheiten im Irak – sowohl während des Regimes von Saddam Hus10

sein als auch infolge des Irakkrieges und der nachfolgenden Besatzungspolitik. Eine „einzige richtige“ Antwort, wie die extremen Menschenrechtsverletzungen des IS und der Krieg gegen die Zivilbevölkerung im Irak kurzfristig gestoppt werden können, gibt es nicht. Aber militärische Lösungen werden sich als Sackgasse, vielleicht sogar als Bumerang erweisen und neue terroristische Gruppen hervorbringen. Sie sind keine Antwort auf das stark verwurzelte extrem konservativ und demokratiefeindliche religiös geprägte Denken, das so viele Menschen der gesamten Region in ihren Protesten seit 2011 infrage stellten.

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ie Konfliktlage im Irak und in der Region ist komplex: Sie umfasst viele miteinander verwobene Teilkonflikte und ist eng mit den Ressourcenkonflikten um Öl und Gas sowie andere Bodenschätze verbunden. Gleichzeitig geht es um die regionale Vormachtstellung zwischen den sunnitisch geprägten Regionalmächten Saudi-Arabien, Katar und Türkei einerseits und den schiitisch-alawitisch geprägten Regionalmächten Iran, Irak und Syrien andererseits. Zudem kämpft das NATOBündnis um die globale Vormachtstellung mit Russland und China. Als ärztliche Friedensorganisation fordern wir zuallererst die Aufstockung der deutschen Nothilfegelder von bisher ca. 50 auf 100 Millionen Euro noch für dieses Jahr. Notwendig sind zudem großzügige finanzielle Hilfen zum Ausbau der psychosozialen Versorgung der traumatisierten Flüchtlinge sowie eine deutliche Erhöhung der Aufnahmezahlen der Kriegsflüchtlinge aus dem Irak und Syrien nach Deutschland und in die Europäische Union.

Dr. Angelika Claußen ist seit 2014 Europäische IPPNWPräsidentin.


Vom gemeinsamen Erinnern zur gemeinsamen Zukunft Interview mit dem israelischen Friedensaktivisten Eitan Bronstein

Eitan Bronstein gründete 2001 Zochrot, eine israelische Organisation, die sich für die Erinnerung und Anerkennung der „Nakba“ unter jüdischen Israelis einsetzt. Anfang November sprach er auf Einladung der IPPNW in Berlin über seine Arbeit. Alsharq: Herr Bronstein, Zochrot gilt in Israel als radikal links. Wofür setzen Sie sich ein? Eitan Bronstein: Zochrot zielt darauf ab, unter israelischen Juden ein Bewusstsein für die „Nakba“ (arab. „Katastrophe“) zu schaffen. Denn in Israel lernt man normalerweise nichts darüber. Auch mir hat in der Schule nie irgendjemand von der Vertreibung der Palästinenser erzählt. Israelis wissen, dass es hier vor 1948 Araber gab, doch es wird so dargestellt, als seien sie mit dem verlorenen Krieg eben verschwunden. Heute weiß ich: Die Nakba war die aktive Vertreibung der Palästinenser, mehrheitlich Zivilisten, durch bewaffnete Einheiten und anschließend die aktive Verhinderung ihrer Rückkehr. Die Nakba ist nicht bloß ein palästinensischer Narrativ. Sie ist auch die Geschichte der Israelis, die wir kennen und anerkennen sollten. Darüber hinaus unterstützt Zochrot das Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge, das ist eine Komponente der Anerkennung. Die Palästinenser müssen die Wahl haben, ob sie Reparationen annehmen oder ob sie zurückkehren möchten. Alsharq: Zochrot hat zuletzt mit der iNakba-App für Aufsehen gesorgt. Bronstein: Mit der „iNakba“-App kann man zerstörte und bestehende palästinensische Ortschaften in Israel ausfindig machen. Das ganze funktioniert partizipativ: Man kann Fotos hochladen und Geschichten veröffentlichen. Außerdem veranstalten wir Touren und markieren alte palästinensische Ortschaften in Israel. Ein wichtiger Aspekt sind zudem Augenzeugenberichte, die wir von Palästinensern aber auch von ehemaligen Kämpfern sam-

meln. Gerade die Erzählungen der alten jüdischen Kämpfer sind wichtig: Sie berichten unter anderem von Massakern und der Vertreibung. Häufig ist die Rede davon, wie Gegenden „gesäubert“ wurden. Das sind Stimmen, die man sonst nicht findet und die in der israelischen Gesellschaft stärker wahrgenommen werden als die der Palästinenser. Alsharq: Wie kommen diese Aktivitäten in Israel an? Bronstein: Die Atmosphäre der israelischen Öffentlichkeit gegenüber solcher Arbeit ist sehr schlecht. Würde ein Lehrer unser Material einfach offen im Unterricht benutzen, würde er wahrscheinlich seinen Job verlieren. Also benutzen viele Lehrer unser Material heimlich. Der Bildungsminister hat schon einmal ganz klar gesagt: Aus staatlicher Sicht ist das Zochrot-Material illegal. Aber wir haben ja nicht um Erlaubnis gebeten.

Foto: Tobias Pietsch

Krieges in Gaza gab es viel Hetze gegen Palästinenser. Der wirkliche Wandel aber liegt in der jüdisch-israelischen Gesellschaft selbst: Nie gab es so viel Hetze und so viele Übergriffe gegenüber linken jüdischen Israelis. Ich habe bei einer AntiKriegs-Demo in Tel Aviv erlebt, wie linke Demonstranten von Rechten zusammengeschlagen wurden.

Alsharq: Wie würden Sie die Stimmung in Israel aktuell beschreiben?

Allgemein hat die Verzweiflung zugenommen: Es bietet einfach niemand mehr Visionen für Frieden. Shimon Peres, glaube ich, ist der Letzte, der noch an Frieden glaubt. Ich sehe nicht, dass zwei Staaten entstehen werden. Die tatsächlichen Gegebenheiten lassen das nicht mehr zu. Inzwischen sind selbst die größten Patrioten verzweifelt und überlegen sich auszuwandern. Nicht umsonst gab es kürzlich Proteste gegen hohe Lebenshaltungskosten. Ich hoffe nur, dass nach der großen Verzweiflung die Suche nach wirklich radikalen Lösungen beginnt. Der vorherrschende Gedanke an Trennung und Spaltung hat uns doch in eben jene Situation geführt, in der wir uns heute befinden. Wenn wir immer noch Frieden wollen, sollten wir neue Wege suchen. Wir müssen mit den Menschen zusammenleben, die aus diesem Land stammen. Das haben wir noch nie versucht.

Bronstein: Momentan – und ich glaube das würden die meisten Israelis so sehen – ist es so schlimm wie nie. Während des

Interview: Lea Frehse, Alsharq Lesen Sie das ausführliche Interview unter http://kurzlink.de/alsharq

Zochrot hat es geschafft, die Art und Weise, wie in Israel über die Nakba gesprochen wird, zu verändern. Wir haben Offizielle dazu genötigt, die Nakba zu kommentieren. Schließlich wurde 2011 sogar ein Gesetz erlassen, das all jenen Organisationen die finanzielle Unterstützung vom Staat entzieht, die in Israel Aktivitäten zum Gedenken an die Nakba abhalten. Das ist natürlich negativ, aber es zeigt auch, dass sich die Regierung zu einem Verbot genötigt sah, weil das Thema Aufmerksamkeit bekam.

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FRIEDEN

Die Bombe an Ihrer Seite Der Verbindung von Banken und Atomwaffen

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tomwaffen gehören zu den schlimmsten Massenvernichtungswaffen. Ihr Einsatz ist mit dem Humanitären Völkerrecht nicht vereinbar. Das hält deutsche Finanzinstitute nicht davon ab, Atomwaffentechnologie zu finanzieren. Im Rahmen einer Aktionswoche vom 27. September bis 4. Oktober 2014 protestierten deutschlandweit Hunderte gegen diese Bombengeschäfte (weitere Fotos davon finden Sie auf Seite 31 dieser Ausgabe).

erhellt die Beziehungen auch deutscher Finanzinstitute zu den Atomwaffenarsenalen: Weltweit wurden 28 Unternehmen identifiziert, die in irgendeiner Form Nuklearwaffen und/oder ihre Trägersysteme produzieren, warten oder entwickeln. Sie alle sind Mischkonzerne, deren Hauptgeschäft häufig im zivilen, nicht im Rüstungsbereich liegt. Rolls Royce etwa baut nicht nur teure Autos, sondern ist für die Entwicklung und Instandhaltung der mit Atomwaffen bewaffneten U-Boote der Royal Navy zuständig.

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ie Finanzierung solcher Geschäfte durch die Banken ist also „nur“ indirekt, doch sie geschieht gleichwohl. Auch wenn – so das beliebte Gegenargument – nicht überprüfbar sei, in welche Unternehmensaktivitäten genau das Geld der Banken flösse, so ist doch eines klar: Durch den gewährten Kredit wird Liquidität verschafft, auch, um damit weiter ins Bombengeschäft zu investieren.

Sowohl die Deutsche Bank wie auch die Commerzbank halten in ihrer Öffentlichkeitsarbeit ein „verantwortungsvolles Bankgeschäft“ und ihre „wirtschafts- und gesellschaftspolitische Verantwortung“ hoch. De facto nehmen sie es damit nicht so genau: Beide sind in Geschäfte mit Atomwaffen verwickelt. Das hört sich drastisch an: Die „Bank an meiner Seite“ soll mit Atomwaffen zu tun haben? Die Commerzbank brüstet sich gern mit „nachhaltigem Wirtschaften“ und stellt sich als Bank dar, die „nicht einfach so weitermacht“. Tatsächlich jedoch wurden der Commerzbank, der Deutschen Bank, den AllianzVersicherungen sowie sieben weiteren deutschen Banken die indirekte Finanzierung von Atomwaffen nachgewiesen. Die Studie „Don’t bank on the Bomb“, die diesen November zum dritten Mal erschien,

Die Verbindung von Banken und Atomwaffen ist kaum bekannt, und das ist durchaus beabsichtigt. Den Banken liegt kaum daran, ihren Kundinnen und Kunden diese Verstrickung auf die Nase zu binden. Grund genug für die Kampagne „Atomwaffen – ein Bombengeschäft“, eben jenen dunklen Geschäften nachzugehen und sie öffentlich zu machen. Denn immerhin sind über Konten, Sparbücher oder Geldanlagen die meisten Deutschen Kunden bei einem dieser Finanzinstitute und sollten somit wissen, was mit ihrem angelegten Geld passiert. Dem Aufruf der Kampagne sind nun zahlreiche Aktivisten gefolgt und gingen diesen Herbst auf die Straße: Mit Demon-strationen, Flash-Mobs und InfoStänden in 15 deutschen Städten forderten sie die Banken zum „Divestment“ auf, also dazu, ihr Geld aus dem Bombengeschäft zurückzuziehen. Bei sogenannten „Die-Ins“ sorgten Demonstrantinnen und Demonstranten für Betroffenheit, indem sie sich als Bombenopfer wie tot zu Boden legten.

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ämen die Banken den Forderungen der Kampagne nach, müssten Unternehmen die Wartung, Produktion und 12

Entwicklung von Atomwaffen und Trägersystemen beenden, um weiterhin am Geldfluss zu hängen. Die Banken als Geldgeber könnten mit gutem Beispiel voran gehen und die Spielregeln ändern. So ist der Protest durchaus als Hilfestellung zu interpretieren: Den Banken wird der Weg zu wirklicher Nachhaltigkeit geebnet – und im Falle der Commerzbank dazu, ihre eigene Waffenrichtlinie ernst zu nehmen. Angesichts der Proteste und des großen Medienechos auf die kurz danach veröffentliche Studie „Don’t bank on the Bomb“ sahen sich einige Banken zur Stellungnahme gezwungen. Die Commerzbank verweist auf ihre Waffenrichtlinie. Diese war uns nicht entgangen, im Gegenteil: Wir fordern die Bank auf, sie umzusetzen. Die Deutsche Bank ignoriert die Fakten und bestreitet schlicht jedwede Verflechtung ins Bombengeschäft. Die Allianz scheint mit Atomwaffen grundsätzlich kein Problem zu haben: Sie legitimiert ihre Geschäfte damit, dass Atomwaffen nach wie vor Bestandteil der Verteidigungsstrategie der NATO und ihrer Bündnispartner seien. Atomwaffentechnologie sei „politische Realität in Deutschland sowie in Europa“.

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ie nicht anders zu erwarten, sind einige Banken sind härter zu knacken als andere, aber wir fordern nichts Unmögliches. In der Vergangenheit haben Banken bereits bewiesen, dass sie zu erfolgreichem Divestment fähig sind: Prominentestes Beispiel ist der Rückzug aus allen Geschäften mit Streumunition, der vor ein paar Jahren durch zivilgesellschaftlichen Druck erzwungen wurde. Weitere Infos unter: www.atombombengeschäft.de

Maria Lohbeck ist Vorstandsmitglied der ICAN Deutschland.


ATOMENERGIE

Gemeinsam für den Atomausstieg Bürgermeister in Japan, Europa und der Türkei organisieren sich

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eltweit tätige Atomkonzerne versuchen seit einiger Zeit ihre Kraftwerke an aufstrebende Industrieländer zu verkaufen, in der Hoffnung, dort kaum Widerstand bei der Bevölkerung zu finden. Ein Beispiel dafür ist die Türkei. Nach mehreren vergeblichen Anläufen der Vorgängerregierungen setzt die Erdogan-Regierung inzwischen auf Staatsverträge, um den Zugang zu atomarer Technologie auch gegen den Willen der eigenen Bevölkerung durchzusetzen. Zunächst schloss die Regierung Erdogan einen Staatsvertrag mit der russischen Regierung und dem russischen Staatskonzern Rosatom, um endlich ein Atomkraftwerk in Akkuyu durchzusetzen. Der nächste Schritt war ein Vertrag mit der japanischen Regierung Abe und dem japanisch-französischen Konsortium, an dem die Mitshubishi Heavy Industries Corp. und der französische Staatskonzern Areva beteiligt sind, die ein AKW an der Schwarzmeerküste in Sinop errichten wollen.

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rotz der bekannten Erdbebengefahr sowohl im Standort Akkuyu am Mittelmeer als auch in Sinop am Schwarzen Meer versucht die Regierung Erdogan, die Bevölkerung mit falschen Versprechungen zu gewinnen: Die Atomenergie schaffe Arbeitsplätze, nur mit ihr könne der notwendige Zugewinn an Energie für die wachsende Industrialisierung des Landes bewältigt werden. Anfallender Atommüll würde nach Japan und Russland zurückgehen. Doch bisher blieb die Bevölkerung misstrauisch … Seit dem Fukushimatag, am 11. März 2014 bekam die türkische Anti-Atom-Bewegung aus Japan kräftige Unterstützung. Die deutsche IPPNW nutzte ihre intensiven Kontakte nach Japan und zur türkischen Bewegung „Türkei atomfrei“ (nukleersiz.org). Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk Dortmund (IBB) hat die Türkei seit 2013 in ihre europäischen Aktionswochen aufgenommen und 2013 russische Liquidatoren nach Sinop, Istanbul, Izmir und Mersin geschickt. 2014 hat das IBB die Begegnung zwischen der türkischen

und japanischen Anti-Atombewegung gefördert, sodass der japanische Journalist Toshiya Morita an den zukünftigen AKWStandort Sinop eingeladen wurde. Sein Besuch und seine Warnungen hinterließen einen nachhaltigen Eindruck. Jetzt wurde Toshiya Morita erneut in die Türkei eingeladen, dieses Mal vom Bürgermeister der Stadt Gerze, etwa 20 Kilometer von Sinop entfernt. Der Bürgermeister hatte vom Atomphysiker Prof. Hayrettin Kilic erfahren, dass es in Japan ein Netzwerk der Bürgermeister für eine Welt frei von Atomenergie gibt („Mayors for a Nuclear Power Free Japan“).

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er Bürgermeister von Gerze organisierte in seiner Stadt ein atomkritisches Seminar mit zwei Vertretern der japanischen Anti-Atom-Bewegung (Toshiya Morita und Akiko Yoshia, Friends of Earth, Japan), einem Vertreter der deutschen IPPNW, Dr. Alper Öktem, und zwei Vertretern der türkischen Anti-Atom-Bewegung (Prof. Hayrettin Kilic, Oguz Türkyilmaz). Dr. Alper Öktem, der die IPPNW-Tschernobylstudie zusammen mit einer türkischen Ärztin ins Türkische übersetzt hat, fand bei den ZuhörerInnen vor allem durch seine Ausführungen zu den Gefahren der Niedrigstrahlung Gehör. Etwa 100 Bürgerinnen und Bürger aus Gerze nahmen teil. Fazit der Veranstaltung war, ein gemeinsames deutsch-europäisch-türkisch-japanisches Projekt auf den Weg zu bringen: Ein Zusammenschluss der Bürgermeister für eine Welt frei von 13

Atomenergie. In Europa existiert bereits eine Organisation der Bürgermei-ster, sie wurde von dem stellvertretenden Wiener Bürgermeister Ulli Sima ins Leben gerufen. Mehrere deutsche Städte sind bereits Partner. Nun gilt es diese Kontakte weiter mit Leben und gezielten Aktionen und Protesten zu füllen. Wichtig wäre es, in Frankreich, dem Land des Staatskonzerns Areva, und in Russland, wo der Atomkonzern Rosatom beheimatet ist, Partner zu finden. Gut verwurzelte lokale und gleichzeitig stark vernetzte Proteste und Aktionen machen uns stark.

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n der Bewegung der Bürgermeister ist der Protest gegen Atomkraftwerke jedoch nur ein Standbein. Ebenso wichtig ist es zu zeigen, wie schnell Erneuerbare Energien in den Kommunen selbst implantiert werden können. In Gerze plant der Bürgermeister bereits jetzt, den Marktplatz mit Photovoltaik-Paneelen zu überdachen. Zusätzlich ist das Genossenschaftsmodell für die Türkei besonders geeignet, um gemeinschaftliche und gemeinnützige Investitionen für Erneuerbare Energien zu fördern.

Dr. Angelika Claußen ist seit 2014 Europäische IPPNW-Präsidentin.

Dr. Alper Öktem ist Radiologe und IPPNW-Mitglied.


ATOMENERGIE

Oberpfalz, Kongo, Japan, Kamerun Der Nuclear-Free Future Award hat den Erdkreis im Blick

Der Nuclear-Free Future Award, der seit 1998 um die Welt wandert, wurde dieses Jahr in München vergeben.

land ein medizinisches Zentrum, in dem er zusammen mit den örtlichen Ärzten bis heute 160.000 Kinder und Erwachsene behandelt hat, die an der Schilddrüse erkrankt sind.

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Lengfelder hat den deutschen Verband für Tschernobyl-Hilfe gegründet. Er ist weltweit unterwegs, um Erfahrungen und Lehren für die Zukunft zu ziehen.

s war einmal ein Mann, der dachte, er sei König und das Volk habe ihm zu gehorchen. Im Volk gab es jedoch einen Mann, der sein Volk vor den Befehlen des Mannes, der dachte, er sei König, bewahren wollte. Denn dessen Beschlüsse waren mitunter waghalsig und gefährlich für das Volk. Und als der Mann, der dachte er sei König, wieder einmal einen seiner Atom-Räusche hatte, da stand der Mann, der sein Volk schützen wollte auf, und … Leser aus Bayern wissen längst, von welcher Epoche die Rede ist: Die Rede ist vom Widerstand gegen die atomare Wiederaufbereitungsanlage von Wackersdorf. Und diese, so wollte der damalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß dem zuständigen Landrat des Oberpfälzer Landkreises Schwangau, Hans Schuierer, weismachen, sei „nicht gefährlicher als eine Fahrradspeichenfabrik“. Verarschen lässt sich ein Oberpfälzer SPD-Landrat nicht, schon gar nicht vom ersten Mann im Staat.

Hans Schuierer und Dr. Edmund Lengfelder (Ehrenpreis) Am 6. Juni 1996 gab das bayerische Umweltministerium bekannt, dass es in Wackersdorf keine atomare Wiederaufbereitungsanlage geben werde. WAA: Diese drei Buchstaben standen für einen jahrelangen Ausnahmezustand in der Oberpfalz. Hubschrauber warfen Granaten mit Tränengas auf Menschen, die noch nie demonstriert hatten, die jetzt einfach sich und ihre Heimat schützen wollten. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik setzte die Polizei bei einer Anti-Atom-Demonstration sogar das gefürchtete CS-Gas ein – selbst gegen Kinder. Drei Menschen

starben, Hunderte wurden verletzt. Es war Krieg in der Oberpfalz. Der Widerstand der Menschen im Taxöldener Forst wurde gestützt durch den obersten Politiker im Landkreis: Hans Schuierer. sein Volk Der unbestechliche Landrat verweigerte die Baugenehmigung, demonstrierte gemeinsam mit seiner Frau Lilo und unterstützte die Demonstranten beim Bau ihres Hüttendorfes. Das kam einem Landesverrat gleich. Die bayerische Staatsregierung, in der die CSU die Mehrheit hatte, verabschiedete ein Gesetz, das dem bayerischen Staat das Recht gibt, einen Landrat zu vertreten: die Lex Schuierer. Und Schuierer sollte des Amtes enthoben werden: Vier Jahre dauerte der Rechtsstreit, bis das Landgericht Regensburg das Verfahren einstellte. 2005 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2011 wurde er Ehrenbürger von Schwandorf, jetzt wurde der 82-jährige mit dem NFFA-Ehrenpreis für sein Lebenswerk geehrt. Die Laudatio hielt Professor Heribert Prantl, Jurist und Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung. Er nannte Schuierer einen „Pionier des Ausstiegs aus der Atomkraft“.

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rantl, selbst Oberpfälzer, brachte dem Publikum nicht nur den Landrat näher, sondern auch noch einen anderen Oberpfälzer: den Strahlenmediziner Professor Edmund Lengfelder. Im April 1986, gleich nach der Katastrophe von Tschernobyl, ging Lengfelder nach Weißrussland und in die Ukraine, um sich persönlich ein Bild zu machen. 1987 publizierte er eine detaillierte Karte der Tschernobyl-Kontamination in Südbayern. 1991 gründete er in Weißruss14

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ie NFFA-Ehrenpreise sind immer mit Werken bildender Künstler ausgestattet: Der Landrat erhielt zwei monochrome Bilder von Florian Süssmair, der Strahlenbiologe eine Spray-Wellpappe von Bernhard Springer. Die Preise für die Kategorien Widerstand, Aufklärung und Lösungen sind mit jeweils 10.000 US-Dollar dotiert. Seit der ersten Verleihung 1998 ist IPPNW ein Kooperationspartner. Der Festakt im Alten Rathaussaal von München stand unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Dieter Reiter; die Worte der Begrüßung sprach Sabine Nallinger, Grüne im Stadtrat und Vorständin der Klimaschutz-Stiftung „Zwei Grad“.

Golden Misabiko (Widerstand) Golden Misabiko, Jahrgang 1956, kommt aus der Demokratischen Republik Kongo. 2000 hatte er öffentlich gemacht, dass die damalige Regierung Kabila acht angebliche Putschisten ohne Gerichtsverfahren hinrichten ließ. Goldens Festnahme und Folterhaft sollten einen eloquenten, passionierten Kämpfer für Menschenrechte einschüchtern und womöglich zum Schweigen bringen.

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as misslang. Golden Misabiko, Präsident der ASADHO (Association Africaine de Défense des Droits de l’Homme) fuhr fort mit dem Aufdecken und Entlarven. Im Jahr 2009 veröffentlichte er einen Bericht über die Regierungsbeteiligung an illegalem Uranabbau in der fünf Jahre zuvor aus Sicherheitsgründen stillgeleg-


Fotos: © Orla Connolly

ten Shinkolobwe-Mine. Außerdem deckte er auf, dass die kongolesische Regierung Geheimverhandlungen mit dem französischen Atom-Konzern AREVA führte. Es ging im Kern um einen Vertrag, der es dem Konzern erlaubt nach Uranvorkommen zu suchen und Uran abzubauen. Im Juli 2009 – kurz nachdem Misabiko den Geheimdeal publik gemacht hatte – griff ihn ein Agent der Regierung auf. Misabiko wurde erneut inhaftiert und überlebte nur knapp Folter und Haft. Amnesty International setzte seinen Fall auf die „Urgent Action“-Liste, etliche Botschaften machten ihren Einfluss geltend, und es ist der internationalen Solidarität zu danken, dass Golden Misabiko am 25. August 2009 auf Kaution frei kam und nach Südafrika ausreisen konnte. Misabikos Frau Rose Maua und seine fünf Kinder werden in der Demokratischen Republik Kongo festgehalten und dürfen ihm nicht ins Exil folgen. Doch der Mann aus der Mitte des Kontinents ließ seine Stimme bis heute nicht ersticken. Der deutsche Dokumentarfilmer Marcel Kolvenbach („Atomic Africa“, 2013) begleitete Golden Misabiko und dessen Weggefährten Anthony Lymunda 2012 auf ihrer Aufklärungsreise durch mehrere afrikanische Staaten. Dramatischer Höhepunkt: Die langsame Zerstörung der Republik Niger durch Uranabbau und Goldens unermüdlicher Einsatz gegen diesen und andere Fälle von „Nuklear-Kolonialismus“. Bei Redaktionsschluss erreichte uns die Mitteilung, dass Goldens Frau Rose Kalumbwa Maua Misabiko am 13. November im Gecamines Hospital von Lumumbashi (DRC) überraschend gestorben ist. Wir trauern mit ihm und seinen Kindern. Golden schreibt in seiner Nachricht: „Haben die, die uns verfolgen jetzt gewonnen? NEIN!“

Aileen Mioko Smith (Aufklärung) Aileen Mioko Smith, Vorsitzende von „Green Action Kyoto“ war maßgeblich an der Aufdeckung gefälschter Versicherungsunterlagen beteiligt, die vor mehr als einem Jahrzehnt die Beschickung der Fukushima-Reaktoren mit Plutonium Misch-

oxid-Brennstäben als sicher einstuften. So kam es, dass nur eine geringe Menge des hochpotenten Giftes in einem der wenig später explodierenden Reaktoren geladen wurde. Aileen begann ihre bewunderungswürdige Karriere als Enthüllerin 1971 an der Seite ihres damaligen Ehemannes W. Eugene Smith, dessen Fotos von den Opfern des Miamata-Quecksilber-Skandals um die Welt gingen. Acht Jahre später interviewte sie mehr als 250 Betroffene des Three Mile Island-Desasters in Pennsylvania. Ihr Fazit: Die Menschen müssen unmittelbar und bestimmend beteiligt sein, wenn es um Zukunft, um Leib und Leben geht.

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n Japan wurde Aileen in den Achtzigern zum personalisierten Widerstandszentrum – in einem Land, das trotz traumatisierender Erfahrungen mit Atom und Verstrahlung am Ende des Zweiten Weltkrieges seltsam schmerzlos hinnahm, dass die Heimat mit Atomanlangen gespickt wurde. 1988 half Aileen, 3,6 Millionen Unterschriften für einen Atomausstieg Japans zu sammeln. Und sie schlug – erfolgreich – Alarm, als japanische Energieversorger 2004 den Versuch unternahmen, zusätzliche Kosten für Wiederaufbereitung in Höhe von 8,8 Billionen Yen an den Steuerzahler weiterzureichen. 2006 hatte, nicht zuletzt dank Aileens Engagement, eine Klage Erfolg, die es Hokurikus Electric untersagte, eine unsichere Anlage weiter zu betreiben. Und sie war es auch, die im August 2010, im Rahmen einer groß angelegten Aktion von 794 Bürgerinitiativen, unter anderen Risikofaktoren auf die Erdbeben-Gefährdung von Atomanlagen hinwies – wenige Monate vor Fukushima.

Joseph Laissin Mailong (Lösungen) Joseph Laissin Mailong ist Kameruns „Mr. Windpower“. Er hat verschiedene KleinWindanlagen im südlichen und nordwestlichen Kamerun installiert, um Elektrizität in diese abgelegenen Regionen zu bringen. Regenerativ und atomfrei muss es sein, das lehrt und demonstriert Laissin und vermittelt es auch Schülern, für die „Wind-

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turbine Technology“ – nicht zuletzt dank Laissins Pionierarbeit – ein lohnendes berufliches Feld geworden ist. Eine seiner Basisentwicklungen ist ein verbesserter Wechselrichter (12 Volt auf 230 Volt), der es ermöglicht, dass Strom „gebrauchsfertig“ in Kameruns Dörfern zur Verfügung steht. In Kamerun ist nämlich die Landbevölkerung – anders als zum Beispiel in Kenia – nicht gewohnt, Akkus zum Aufladen zwischen dem Generator und dem Haus hin und her zu transportieren.

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oseph Laissons Wechselrichter verschlingt bei seiner Herstellung nicht – wie sonst weltweit üblich – teures Material und Energie; er besteht ganz wesentlich aus Abfallstoffen und ist verblüffend wartungsfreundlich. Wartung ist ein Standardproblem in Weltregionen, wo Expertenwissen (oder auch nur technisches Grundverständnis) in aller Regel dünn gesät sind. Afrika ist gespickt mit Entwicklungshilfe-Ruinen, die allesamt eine Sollbruchstelle hatten: Maintenance – Wartung. Daher hat Joseph schon früh begonnen, nicht nur angepasste Apparaturen zu konzipieren, sondern auch für deren fachgerechten Betrieb zu sorgen. Und weil es – auch wenn man, wie er, vorzugsweise auf der Graswurzel-Ebene arbeitet – bisweilen nötig ist, oben anzusetzen, demonstrierte der Mann mit dem mitreißenden Lächeln kürzlich vor westafrikanischen Parlamentariern, dass seine Erfindung rund läuft.

Claus Biegert ist Begründer des Nuclear Free Future Awards.

Claus-Peter Lieckfeld ist Autor und Journalist und unterstützt den Nuclear Free Future Award.


SERIE: DIE NUKLEARE KETTE

Uranbergbau in Saskatchewan Radioaktive Hinterlassenschaften bedrohen die Gesundheit der lokalen indigenen Bevölkerung

Hintergrund

kerung („healthy worker effect“), aber auch, dass sie bis zu 30 % häufiger an Lungenkrebs erkrankten. Von den 16.770 untersuchten Arbeitern wurde bei 2.210 (23 %) innerhalb der Jahre 1969 und 1999 Krebs diagnostiziert. Folgestudien wurden nicht durchgeführt, da behauptet wurde, dass man die Sicherheitsbestimmungen verbessert hätte und keine statistischen Unterschiede mehr erwarten würde.

Das Athabasca-Becken im Norden von Saskatchewan (Kanada) besitzt die wohl größten und höchstkonzentrierten Uranvorkommen der Welt. Mit der Inbetriebnahme der Beaverlodge Mine im Jahr 1953 kam es in der Region zu einem wahren „Uranrausch“. Erst vor Kurzem wurden neue Uranerzvorkommen am McArthur River entdeckt. In den 1950er Jahren wurde das Uran aus Saskatchewan nahezu vollständig für die Atomwaffenproduktion der USA verwendet. Ab den 1960er Jahren wurde es zunehmend auch für die zivile Nutzung in Atomkraftwerken eingesetzt. Nach mehr als einem halben Jahrhundert befindet sich heute Uran aus Saskatchewan in nahezu allen Atomkraftwerken der Welt.

Neben den Bergleuten sind aber auch die Anwohner der Minen betroffen. Uranerz wird gewöhnlich zum Urankonzentrat „Yellowcake“ weiterverarbeitet. Das verbleibende Material wird auf Abraumhalden gelagert oder in Sammelbecken geleitet. Für eine Tonne Yellowcake werden ca. 1.000 Tonnen radioaktiver Müll produziert. Weil diese Substanzen wie Radon, Radium, Polonium und Thorium enthält, verbleiben in ihm etwa 85 % der Radioaktivität des ursprünglichen Uranerzes. Dieser strahlende Abraum muss für Tausende von Jahren sicher verwahrt werden, um zu verhindern, dass radioaktive Stoffe in die Umwelt gelangen. Doch Radongas, welches von der WHO als zweithäufigste Ursache für die Entwicklung von Lungenkrebs genannt wird, wird sowohl während des Abbaus und der Weiterverarbeitung, als auch vom Abraum kontinuierlich freigesetzt. Das Überleben der lokalen indigenen Völker der Cree und Dene ist vom Fischfang und vom Verzehr des Karibu, einer Rentierart, abhängig. Beide Nahrungsquellen werden durch radioaktive Kontamination erheblich bedroht.

Folgen für Umwelt und Gesundheit Die unmittelbaren gesundheitlichen Folgen des Uranabbaus trafen die Bergarbeiter selbst. Die Kohortenstudie der Uranminenarbeiter Saskatchewans zeigte, dass die Bergleute zwar generell einen besseren Gesundheitszustand hatten, als die Normalbevöl-

Ausblick Für die von Strahlung betroffenen Menschen ist vorerst keine Besserung in Sicht. Die erste Phase der Dekontamination von Saskatchewans stillgelegten Uranminen wurde erst im Jahr 2007 angekündigt. Die vorläufigen Kosten werden auf 24,6 Millionen US-Dollar geschätzt. Die wachsende Menge an radioaktivem Müll stellt ein großes Sicherheits- und Gesundheitsproblem für zukünftige Generationen dar. Daher fordern die Völker der Dene, Metis, Cree und Settler mehr Verantwortlichkeit seitens der Atomindustrie und protestieren gegen die radioaktive Verseuchung ihrer Heimat. Auch sie sind Hibakusha. Auch sie sind Opfer der Atombombe – und einer Industrie, die in ihrem Streben nach billigem Uran für Bomben und Kraftwerke die radioaktive Verseuchung der gesamten Region in Kauf nimmt.

Dieser Text ist ein Ausschnitt aus der IPPNW-Posterausstellung „Hibakusha Weltweit“. Die Ausstellung zeigt die Zusammenhänge der unterschiedlichen Aspekte der Nuklearen Kette: vom Uranbergbau über die Urananreicherung, zivile Atomunglücke, Atomfabriken, Atomwaffentests, militärische Atomunfälle, Atombombenangriffe bis hin zum Atommüll und abgereicherter Uranmunition. Sie kann ausgeliehen werden. Weitere Infos unter: www.hibakusha-weltweit.de

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SOZIALE VERANTWORTUNG

Eine Gefahr für Gesundheit und Demokratie? IPPNW unterstützt zivilgesellschaftliche Initiativen gegen TTIP und CETA Aktiv werden Unterschreiben Sie gegen TTIP und CETA: stop-ttip.org/de Foto: Jakob Huber/Campact/CC by-nc/2.0

Weitere Informationen unter: ttip-unfairhandelbar.de stop-ttip.org/de/wo-liegt-das-problem

kollen erhalten und regelmäßig konsultiert werden. Sie bestimmen offenbar in großem Ausmaß die Agenda.

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ie IPPNW unterstützt das Bündnis „TTIP unfairhandelbar“ und die selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative „Stopp TTIP und CETA“ (sEBI). Dem Bündnis gehören zahlreiche deutsche Organisationen wie attac, BUND, Campact, Greenpeace und medico international an. Die sEBI ist die Antwort der Bürgergesellschaft auf die Ablehnung der EU Kommission, eine europäische Bürgerinitiative zuzulassen (Formale Begründung: Die Verhandlungen seien keine Rechtsakte und daher durch eine Bürgerinitiative nicht anfechtbar). TTIP und seine Auswirkungen auf unsere Gesundheitssysteme und die Demokratie waren auch Thema eines Workshops auf der IPPNW Global Health Konferenz „Corporate Capture of Health“ am 20. September 2014 in Berlin.

Worum geht es? Mit TTIP, dem Abkommen zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft u.  ä. Freihandelsabkommen wie CETA (Canada-EU Trade Agreement) und TISA, dem derzeit zwischen 50 Nationen verhandelten Abkommen zur Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen, ist zu befürchten, dass den kommerziellen Interessen internationaler Konzerne Vorrang vor demokratisch legitimierter Regulierung im Interesse des Gemeinwohls eingeräumt wird. Dabei geht es bei TTIP nicht primär um freien Handel von Gütern im Sinne des Abbaus von Zöllen – die sind zwischen der

EU und USA nur noch marginal. In erster Linie geht es um die Harmonisierung sogenannter nicht tarifärer Handelshemmnisse, d. h. um Angleichung von Standards, den Schutz privater Investitionen und geistiger Eigentumsrechte und weitere Marktöffnung. Öffentliche Güter und Dienstleistungen wie Gesundheit, Bildung, Umweltschutz und Kultur drohen, insbesondere auch durch TISA, unter weiteren Liberalisierungs- und Privatisierungsdruck zu geraten. Zudem steht auf der Verhandlungsagenda, dass einmal eingegangene Liberalisierungen/Privatisierungen nicht mehr rückgängig gemacht werden dürfen (Stillhalte- und Ratchet-Klausel). Das höhlt den Spielraum regionaler und nationaler Politik und damit demokratischer Politikgestaltung aus, wenn Staaten z. B. zum Schutz der Umwelt, öffentlicher Gesundheit oder ihrer Bürger höhere Standards, Umweltauflagen bzw. Einschränkung von Patentrechten beschließen oder Städte ihre Wasser- und Energieversorgung rekommunalisieren wollen. Sie können das auch weiterhin, müssen jedoch für entgangene Gewinne Entschädigungen an Unternehmen zahlen.

Höchst strittig sind die internationalen Schiedsgerichte (ISDMs), eine quasi private nicht öffentliche Paralleljustiz, vor denen ausländische Unternehmen gegen Staaten klagen können, wenn ihnen durch politische Entscheidungen finanzielle Nachteile entstehen. So klagen beispielsweise schon jetzt im Rahmen bilateraler Freihandelsabkommen bzw. von WTO-Regelungen große Konzerne gegen Regierungen auf Schadensersatz: wegen Nichtzulassung von Arzneimitteln (Kanada), wegen eines Moratoriums gegen Fracking (Kanada), gegen den ägyptischen Staat, weil dieser den Mindestlohn von 41 auf 72 Euro/Monat angehoben hat oder Vattenfall gegen die Bundesregierung wegen des Atomausstieges. Hierbei geht es um 2,4 Mrd. Euro Schadensersatz.

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ie Chancen, TTIP zu kippen, scheinen nicht schlecht, wenn der öffentliche Widerstand weiter wächst. Es gibt eine ständig wachsende europaweite Oppositionsbewegung (ebenso in den USA) inklusive der klein- und mittelständischen Wirtschaft. Auch die Medien berichten zum Teil recht kritisch darüber. In der Vergangenheit sind ähnliche Abkommen an massivem öffentlichen Widerstand gescheitert (MAI 1997, ACTA 2012). Das lässt hoffen.

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ie Verhandlungen zu TTIP, CETA und TISA sind weitgehend geheim. Selbst Regierungen und das EU Parlament werden nur höchst eingeschränkt über die Verhandlungen informiert, während große multinationale Konzerne bzw. deren Lobbys Zugang zu den Verhandlungsproto17

Dr. Dieter Lehmkuhl ist langjähriges IPPNW-Mitglied.


Ebola und die kaputten Gesundheitssysteme Soziale, politische und ökologische Ursachen der Krise

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achdem Ebola jahrelang nur als eine weitere tödliche Krankheit in Afrika ignoriert wurde, erhält das Virus nun die nötige Aufmerksamkeit. Es wird erst thematisiert, seit die Krankheit außer Kontrolle geraten ist und kommerzielle sowie westliche Interessen bedroht. Ich hoffe, dass wir die Epidemie eines Tages unter Kontrolle haben. Denn Ebola ist zwar gefährlich und tödlich, wird aber nicht über die Luft übertragen. Es gibt kein Übertragungsstadium und nur einen kurzen Zeitraum, in dem ein Erkrankter ansteckend ist und keine Symptome hat. Bis die Krise endet, werden jedoch Zehntausende sterben – nicht nur direkt an der Krankheit, sondern auch wegen geschlossener Kliniken und Krankenhäuser und einer geschädigten Wirtschaft. Es gibt zwei Kernvoraussetzungen, um den Ausbruch unter Kontrolle zu bringen: Die erste ist ein Gesundheitssystem mit einer intakten Verwaltung, mit Personal, das einfache Abläufe einhält und einer ausreichenden Ausstattung. Die zweite ist Vertrauen, sodass Informationen weiterge-

geben, verstanden und umgesetzt werden können. Sierra Leone und Liberia – die beiden Staaten, die am härtesten betroffen sind – leiden sowohl an hinfälligen, schlecht ausgestatteten und zersplitterten Gesundheitssystemen als auch an einem Mangel an Vertrauen unter den gesellschaftlichen Akteuren. Im Schatten von Angst und Unwissenheit hat sich das Virus ausgebreitet, ohne dass die Gesundheitssysteme ihm etwas entgegenzusetzen hatten. Die Welt versucht nun, die Epidemie einzuholen, die jetzt nur noch schwer und mit hohen Kosten unter Kontrolle zu bringen ist. Kaputte Gesundheitssysteme können nicht über Nacht saniert werden; aber der Seuchenschutz kann schnell ausgebaut werden, indem adäquates Personal, Ausstattung und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Genauso kann man Vertrauen schaffen, wenn erkannt wird, dass Respekt, Menschlichkeit und Ehrlichkeit die nötigen Voraussetzungen sind. Aber das ist nicht einfach: Die Menschen in Sierra Leone und Liberia haben jahrzehntelang unter Krieg, Konflikten, Gewalt, 18

Enteignung und ungezügelter Ausbeutung gelitten. Sie haben gute Gründe, den Behörden zu misstrauen.

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ir müssen hoffen, dass die internationalen Reaktionen wirksam und effizient sein werden. Auch wenn Einzelpersonen und Organisationen Heldenhaftes geleistet haben, war die internationale Reaktion eher durch Eigeninteressen und Gezänk geprägt. Der militarisierte Charakter der Unterstützung, die besonders von den USA geleistet wurde, kann dabei helfen, Krankenhäuser zu bauen und Kontrollmechanismen einzurichten. Er kann aber auch den Aufbau von Vertrauen verhindern. Der eher entwicklungspolitische und soziale Ansatz zur Krankheitskontrolle, der von den Kubanern angeboten wurde und nur wenig Aufmerksamkeit in den Mainstream-Medien erhielt, gibt mehr Hoffnung. Ebenso rechne ich damit, dass Entwicklungsorganisationen wie Action Aid oder Health Poverty Action, die in der Vergangenheit eine gemeinschaftsorientierte Entwicklung ermöglicht haben, sich hier entscheidend einbringen. Ein kritischer Punkt


SOZIALE VERANTWORTUNG

Foto: © 2014 Morgana Wingard/United Nations Development Programme

beheben? Und können wir die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Krankheitsbilder behandeln, die der gegenwärtigen Krise zugrunde liegen?

ist, dass Programme durch externe Akteure ermöglicht, aber auf lokaler Ebene umgesetzt werden: Dies ist eine generalisierte Epidemie, die eine entsprechende Reaktion erfordert, basierend auf der Kooperation vieler Organisationen und Gemeinschaften über ein großes Terrain hinweg. Wir können virale und bakterielle Bedrohungen nicht ausmerzen. Unsere Reisegewohnheiten, der Handel, die industrialisierte Landwirtschaft und der ungeregelte Gebrauch von Antibiotika in Kombination mit Armut, dem Wohnen in Ballungsräumen, sozialer Ungleichheit und Umweltzerstörung sorgen für weitere mikrobiologische Bedrohungen und eine zunehmende Verwundbarkeit. Wenn wir Ebola unter Kontrolle haben, bleibt uns die Gewissheit neuer und virulenter Krankheitsausbrüche.

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lso müssen wir uns ein paar wichtige Fragen stellen: Werden wir Mittel und Wege finden, um in Zukunft angemessene Gesundheitssysteme in Sierra Leone und Liberia aufzubauen? Können wir die durch Ebola schonungslos offengelegten Probleme der Global Health Governance

Wir müssen erklären, warum Sierra Leone und Liberia solch ineffektive und unterfinanzierte Gesundheitssysteme haben: In beiden Ländern machen Drittmittel einen großen Teil der Gesundheitsausgaben aus: etwa 50 % in Liberia und 20 % in Sierra Leone. Externe Akteure, insbesondere Hilfsorganisationen aus den USA und Großbritannien, der Global Fund for AIDS, TB and Malaria, die Impfallianz GAVI und die Weltbank sind Schlüsselfiguren, die die Prioritäten der Gesundheitssysteme und der Politik in beiden Ländern festlegen, während eine Vielzahl internationaler NGOs das Gesundheitssystem in einer punktuellen und ineffizienten Art und Weise bevölkert. Während es in beiden Ländern Verbesserungen gegeben hat, sollte Ebola Anlass sein, alle Maßnahmen der letzten zehn Jahre kritisch zu begutachten. Hier müssen langfristige Investitionen in die Gesundheitssysteme mit kurzfristigen Maßnahmen in Einklang gebracht werden, die auf ausgewählte Eingriffe bei bestimmten Krankheiten ausgerichtet sind. Wir müssen uns fragen, warum die Koordination zwischen Geldgebern, NGOs und der Regierung im letzten Jahrzehnt nicht besser war und warum die Personalpläne und Gesundheitsprogramme so spektakulär fehlgeschlagen sind.

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ine Konsequenz der Ebola-Krise muss sein, langfristige und effektive Lösungen für die Probleme der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu finden. Die Probleme sind seit vielen Jahren bekannt. Was wir brauchen, ist eine offene und unabhängige Untersuchung, die die Rolle bestimmter Akteure bei der Untergrabung der öffentlichen Gesundheit und der Funktionen der WHO offenlegt. Die Schuldigen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Aber noch wichtiger ist, dass wir über den Gesundheitssektor hinausschauen. Wir müssen verstehen, warum Sierra Leone und Liberia trotz reicher natürlicher Ressourcen am unteren Ende des Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) 19

rangieren. Mehr als 80 % der liberianischen Bevölkerung hat weniger als einen US-Dollar täglich zum Leben. Mehr als die Hälfte der Menschen in Sierra Leone lebt in extremer Armut, während mehrere hundert Millionen Dollar aus beiden Ländern hinausfließen und eine Spur massiver sozialer und ökologischer Schäden hinterlassen. Die Ebola-Epidemie und die kaputten Gesundheitssysteme der beiden Länder weisen gemeinsame Krankheitsbilder auf, die sich von der lokalen auf die globale Ebene ausweiten und in sozialen, politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Ursachen wurzeln. Schon vor Ebola sind jeden Monat Tausende von Kinder in der Folge von Armut, Unterernährung und Analphabetismus gestorben.

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ie Global Health Community neigte immer dazu, solche Krankheitsbilder zu ignorieren. Aber Ebola ist Gelegenheit, dies zu ändern. Wir können Finanzkapitalisten und multinationale Konzerne konfrontieren, die Regierungen bestechen und Reichtum in einer ungerechten und naturzerstörenden Weise extrahieren. Wir müssen Bankiers, Anwälte und Wirtschaftsprüfer, die illegalen Handel, Steuerhinterziehung, Diebstahl und Korruption ermöglichen, als Verursacher von Armut und Krankheit diagnostizieren. Und wir sollten den Waffenhandel als einen Krankheitserreger sehen, der Gewalt schürt und Unterdrückung ermöglicht. Die von uns, die im globalen Gesundheitssektor mit seinen Einflusszentren in Genf, London, Washington, New York und Seattle arbeiten, müssen sich für mehr einsetzen als humanitäre Hilfe und Seuchenbekämpfung, neue Impfstoffe und Arzneimittel. Wir müssen als Vertreter des sozialen und politischen Wandels handeln.

David McCoy ist Arzt und derzeit am „Centre for International Health and Development“ des University College London tätig.


FLUCHT

Eine syrische Frau und ihr Sohn. Sie teilen das Schicksal der meisten Menschen, die die gefährliche Flucht nach Europa überleben: Angekommen. Aber nicht willkommen. Auch wenn Hilfsorganisationen sich um die Menschen kümmern; die europäische Flüchtlingspolitik spricht eine andere Sprache.


Weitere Fotos von Giulio Magnifico finden Sie auf seiner Webseite: www.giuliomagnifico.it/sicilys-migrants

Die Grenzen der Menschlichkeit Abschottung und Abwehr statt Hilfe und Menschlichkeit sind an Europas Grenzen die Regel

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Fotos: © Giulio Magnifico

äglich versuchen unzählige Menschen in überfüllten Booten über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Sie fliehen vor Krieg und Armut – viele aus Regionen, in denen Kriege und Konflikte mit Waffen europäischer Herkunft befeuert werden. Wer die Passage über das Mittelmeer überlebt, strandet häufig zunächst auf Sizilien. Der italienische Fotograf Giulio Magnifico war dabei, als dort im Hafen von Augusta 549 Flüchtlinge auf einem alten italienischen Marineschiff ankamen. In einem Jahr konnte Italien mit der Rettungsoperation „Mare Nostrum“ mehr als 130.000 Flüchtlinge aus Seenot retten. Seit November ist das italienische Projekt aber beendet: Die europäischen Regierungen hatten sich geweigert, Mittel zur Verfügung zu stellen, um Mare Nostrum in eine europäische Seenotrettung zu überführen und Italien finanziell zu entlasten. Als Ersatz soll ein europäisches Programm unter dem Namen „Frontex plus“ dienen. Doch statt mehr Seenotrettung droht nun ein starker Fokus auf Grenzkontrolle und Abwehr, befürchten Organisationen wie Pro Asyl. Mehr Flüchtlinge würden die Überfahrt wagen, seit Italien Bootsflüchtlinge verstärkt rette, so die zynische Sichtweise der EU-Innenminister.

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FLUCHT

Flucht ohne Ankunft Die Misere von international Schutzberechtigten in der EU

„Lampedusa in Hamburg“, Protestcamps vor dem Brandenburger Tor oder dem Oranienplatz in Berlin und auf dem Rindermarkt in München: Auf zahlreichen Demonstrationen, Kundgebungen und Protestmärschen fordern Flüchtlinge ihre Rechte ein. Sie lösten damit eine Debatte um die europäische Flüchtlingspolitik aus.

Die Not der international Schutzberechtigten Seit 1. Januar 2014 ist die Zahl der betroffenen Flüchtlinge, die völlig rechtlos ihren Abschiebungen ins Elend entgegensehen müssen, massiv angestiegen. Denn seit Jahresbeginn werden nicht nur anerkannte Flüchtlinge, sondern auch subsidiär Geschützte von den Verfahrensrechten und Schutzbestimmungen der Dublin-III-Verordnung ausgenommen. Ihnen droht die Überstellung in ein anderes EU-Land nach der Drittstaatenregelung, die ohne Wenn und Aber eine Abschiebung in den Staat vorsieht, der den Betroffenen den Schutzstatus verliehen hat. Die europäische Idee eines EU-weit gültigen Schutzstatus ist bis lang ein leeres Versprechen.

Enttäuschte Hoffnung: das Elend der anerkannten Flüchtlinge Die Anerkennung im Asylverfahren sollte für schutzsuchende Menschen der positive Ausgang ihrer Fluchtgeschichte sein: nach erlebter Verfolgung im Herkunftsland, einer oftmals dramatischen Flucht mit vielen Gefahren und Entbehrungen und schließlich einem nervlich belastenden Asylverfahren. Schutzberechtigte wollen zur Ruhe kommen, müssen Trau-

mata überwinden, wollen ein neues Leben beginnen. Das Erlernen der Sprache des Asyllandes, das Finden einer Wohnung und eines Arbeitsplatzes und vielleicht auch die Nachholung von Familienangehörigen sind selbstverständliche Erwartungen an dieses neue Leben. Das Asylrecht sichert Schutz zu und ein Leben in Sicherheit. Diese Hoffnung wird aber oftmals enttäuscht. Denn trotz anerkanntem Schutzbedarf und völkerrechtlich verbindlichem Schutzstatus sind zahlreiche Flüchtlinge in bestimmten Ländern Europas – insbesondere Bulgarien, Ungarn, Malta, Griechenland oder Italien – einer Lebenssituation ausgesetzt, die ihnen keine Perspektive eröffnet, ja nicht einmal ihr Überleben in Würde sichert. Die krisengeschüttelten EU-Staaten im Süden oder Osten der EU haben kein soziales Netz für Flüchtlinge. Schon gegenüber den eigenen Staatsangehörigen ist der Sozialstaat zumeist schwach ausgestaltet, so dass familiäre Netzwerke Menschen in Not auffangen müssen. Flüchtlinge verfügen jedoch nicht über solche Netzwerke. In Griechenland, Ungarn, Bulgarien oder Italien kämpfen sie um ihre Existenz.

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Bereits für die neu einreisenden Asylsuchenden reichen die Aufnahmeplätze in vielen Ländern nicht aus. Wenn die Betroffenen als schutzberechtigt anerkannt werden, endet oftmals jegliche staatliche Unterstützung. Zwar gibt es formal das Recht, sich eine Beschäftigung zu suchen. Doch wenn ein Land krisengeschüttelt ist und schon eine hohe Arbeitslosigkeit bei der einheimischen Jugend vorherrscht – wie in Italien (43 %) oder Griechenland (57 %) – haben die Flüchtlinge praktisch keine Chance, einen Job zu finden. Wer keinen Job und kein Geld hat, der wird schnell zum Obdachlosen. Dies betrifft auch Familien mit kleinen Kindern. Aber auch für alleinstehende Männer ist das Leben auf der Straße unerträglich. Als obdachloser Flüchtling ist man oft Freiwild: Es gibt keinen Schutz vor Gewalt, rassistischen oder sexualisierten Übergriffen. Flüchtlinge, die eigentlich schon Schutz innerhalb der EU gefunden haben sollten, sehen sich daher häufig gezwungen, in andere EU-Staaten weiterzureisen, wo sie aufgrund der inzwischen festgestellten „Zugehörigkeit“ zu einem EU-Staat in der Regel wiederum kein Aufenthaltsrecht erhalten.


Foto: © Giulio Magnifico

ERSTAUFNAHMEZENTRUM AUF SIZILIEN. TÄGLICH KOMMEN NEUE FLÜCHTLINGE AN.

Wurzel des Übels: die DublinIII-Verordnung Wer sich mit der aktuellen Flüchtlingspolitik befasst, kennt das Problem: Ein Asylsuchender soll in einen anderen EUStaat zurücküberstellt werden, ohne dass die Behörden sich mit den Gründen für das Asylgesuch überhaupt beschäftigen. Grund dafür ist die europäische DublinIII-Verordnung, die die Zuständigkeit der Prüfung des Asylantrages innerhalb Europas regelt. Der Grundsatz lautet: Nur ein einziger Staat ist für das Asylverfahren zuständig. In diesen Staat muss der Flüchtling zurück. Nach der Dublin-III-Verordnung ist allein der EU-Staat für das Asylverfahren zuständig, über den der Schutzsuchende die EU erstmals betreten hat. In diesen Staat muss er zurück, egal welches weitere EULand er danach betritt. Dies führt dazu, dass zahlreiche Flüchtlinge in den Ländern an den EU-Außengrenzen in die Asylverfahren gedrängt werden. Dabei haben nicht wenige Flüchtlinge nachvollziehbare Gründe, ein bestimmtes Land erreichen zu wollen: Wer Verwandte in Schweden hat, will dorthin gelangen und nicht in Bulgarien bleiben. Wer französisch spricht, sieht bessere Integrationsperspektiven in

einem frankofonen Land. Wer weiß, dass schon viele Angehörige der eigenen Gruppe an einem bestimmten Ort leben, wie beispielsweise Pakistaner in Großbritannien, setzt auf Integrationshilfe durch die Community. Die Dublin-III-Verordnung aber lässt den Betroffenen, die gleich nach der Einreise in die EU in einem der Randstaaten aufgegriffen werden, keine Wahl: Entweder der Asylantrag wird an Ort und Stelle gestellt oder die Betroffenen riskieren die Zurückschiebung ins Herkunftsland. Damit die Flüchtlinge diese Länder nicht einfach durchqueren, ohne einen Asylantrag zu stellen, wurde in einigen Ländern ein rigides Haftregime errichtet. In Ungarn, Bulgarien, auf Malta oder in Griechenland werden Asylsuchende direkt nach ihrer Einreise systematisch inhaftiert. In Italien werden die Asylsuchenden bislang i.d.R. zwar nicht inhaftiert, allerdings werden ihnen dort – wie in anderen EULändern auch – die Fingerabdrücke abgenommen. Bei einer Weiterreise in andere EU-Länder können die Betroffenen so leicht identifiziert und zuständigkeitshalber nach Italien zurückgeschickt werden. 23

Die Dublin-III-Verordnung zwingt den Schutzsuchenden also bestimmte für sie zuständige Staaten auf – ohne zu berücksichtigen, ob dies dem Willen oder den Interessen der Flüchtlinge entspricht. Das führt dazu, dass Flüchtlinge in Ländern einen Schutzstatus erhalten, in denen sie nicht überleben können. Von Jahr zu Jahr wächst die Gruppe der Flüchtlinge, die qua Anerkennung bestimmten Ländern zugewiesen werden. Allein im Jahr 2013 wurden über 10.000 Menschen in EUStaaten anerkannt, in denen höchst problematische Verhältnisse für Flüchtlinge bestehen.

Neue Broschüre Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat – unterstützt von der IPPNW – eine Broschüre herausgebracht, die sich der besonderen Problematik der „internationale Schutzberechtigten“, also der anerkannten und subsidiär geschützten Flüchtlinge in Europa widmet und Wege aus der Misere aufzeigt. Die Kapitel dieses Artikels sind der Broschüre „Flucht ohne Ankunft“ entnommen. Die Broschüre können Sie kostenlos in der IPPNW-Geschäftsstelle oder im IPPNW-Online-Shop bestellen unter: http://shop.ippnw.de/no_cache/produkte


FLUCHT

„Die NATO hat immer wieder behauptet, sie will durch die Bombardierung Libyens Frieden bringen. Das hat sie nicht. Sie hat mein Leben zerstört.“

Die Geschichte von Bashir Ein „Lampedusa-Flüchtling“ erzählt

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ch heiße Bashir und bin 41 Jahre alt. Ich stamme aus einer Großfamilie in Nigeria. Mein Vater arbeitete bei der Regierung und war ein wohlhabender Mann. Er hatte 5 Frauen und 24 Kinder. Wir lebten alle zusammen und gingen auf gute Schulen. Ich bin gelernter Metallarbeiter und kenne mich mit Maschinen aus.

ch begann in meiner Freizeit private Aufträge zu übernehmen und baute mir so langsam ein eigenes Geschäft für Metallarbeiten auf. Bald hatte ich acht Angestellte, einen Pick-up-Wagen und eine eigene Wohnung. Meine Mutter wählte für mich eine Frau aus. Das ist bei uns Tradition. Die Frau kam nach Tripolis und wir heirateten. Wir bekamen zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Bis Anfang 2011 hatten wir ein wirklich gutes Leben.

Es ging uns gut – bis die Kämpfe zwischen Christen und Moslems ausbrachen. Mein Vater war gegen Gewalt und hat sich für Frieden eingesetzt. Er wurde durch ein Attentat getötet. Man steckte sein Auto in Brand. Die Gewalt nahm zu. Überall sahen wir Tote und Verletzte. Meine Familie wurde auseinander gerissen und überall hin verstreut.

Dann fielen im März die ersten Bomben auf Tripolis. Es war Krieg. Es war chaotisch. Eines Tages wurde ich auf der Straße mit meinen Kindern von Soldaten festgenommen und in ein großes Militärlager gebracht. Wir waren plötzlich Gefangene, während rings herum Bomben fielen. Meine Frau, die zu Hause war, wurde verschleppt und kam in ein anderes Lager. Wir haben alles verloren. So wie uns erging es Tausenden, die in Libyen arbeiteten.

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ch war damals 28 Jahre alt und hielt das nicht mehr aus. So verließ ich in einer Nacht heimlich meine Familie und mein Land. Ich ging nach Agadez in Niger. Dort war kein Krieg. Ich bekam aber keine Arbeit. Ich freundete mich mit Viehhändlern aus Libyen an, die dort immer wieder hinkamen, um Geschäfte zu machen. Ich erzählte ihnen von meinem Wunsch in meinem Beruf zu arbeiten. Eines Tages sagten sie: „Komm doch mit, in unserem Land findest Du Arbeit!“ Wir gingen durch die Sahara. Diese Leute waren sehr gut zu mir, sie teilten alles mit mir.

Nach vier Tagen sagten uns die Soldaten, dass wir alle auf Schiffe kommen und nach Europa geschickt werden. Sie sagten: „Die NATO bombardiert uns mit Bomben – wir bombardieren jetzt die NATO mit Euch Afrikanern“.

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o wurde ich mit meinen beiden Kindern eines Tages mit Gewalt auf ein Schiff gebracht. Wir waren ca. 850 Personen auf dem Boot. Der Kapitän war kein richtiger Kapitän. Gaddafis Leute haben einem von uns in einem Schnellkurs beigebracht, ein Schiff zu steuern. Jeder bekam Wasser und Brot für zwei Tage mit auf den Weg. Wir fuhren in Richtung Europa, aber wir waren nicht sicher, ob die Richtung stimmt. Wir hatten aber alle Hoffnung.

Nach einer Woche kamen wir nach Gatron, ein kleiner Ort in der Wüste, wo nach Öl und Wasser gesucht und eine Wüstenstraße gebaut wurde. Ich fragte in einer Firma nach Arbeit als Metallarbeiter. Sie sagten: „Wir wollen sehen was Du kannst.“ Und sie zeigten mir eine kaputte Maschine: „Bring sie wieder in Gang!“ Ich brachte sie wieder in Gang und bekam Arbeit.

Nach drei Tagen sahen wir nachts ein Licht und freuten uns, weil wir glaubten, wir hätten Italien erreicht. Doch es war nur eine Ölplattform. Menschen waren nicht zu sehen.

Ich verdiente 400 Dollar im Monat. Mit meiner Familie hatte ich keinen Kontakt. Es gab keine Telefonverbindung. Nach zwei Jahren hatte ich genug von der Wüste und ging nach Tripolis. Da ich ein guter Arbeiter war, kam ich dort bei der gleichen Firma unter. Nach langer Zeit konnte ich zum ersten Mal wieder mit meiner Mutter telefonieren. Wir haben geweint. Wir telefonierten von da an fast jeden Tag.

Wir wussten die Richtung nicht mehr, denn unser Kompass war ins Wasser gefallen. Wir hatten auch kein Funkgerät. Am nächsten Tag fuhr ein großer Dampfer einfach an uns vorbei, ohne auf unser Winken und Rufen zu reagieren. Dann trafen wir zwei 24


EIN JUNGE IM ERSTAUFNAHMEZENTRUM FÜR UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE FLÜCHTLINGE IM SIZILIANISCHEN AUGUSTA.

Foto: © Giulio Magnifico

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Fischerboote. Wieder schrien wir: „Wo liegt Italien?“ Die Fischer zeigten in eine Richtung und fuhren weiter.

ie Italiener gaben mir ein „Schengenpapier“. Damit darf ich mich in Europa frei bewegen. Die wollten, dass ich Italien verlasse. Es wurde im Camp viel davon erzählt, dass man in den Städten gut Arbeit finden könne. So fuhr ich zuerst mit dem Zug nach Turin, danach zur französischen Grenze. Ich war die ganze Zeit ohne klaren Kopf. Ich wollte nur Arbeit und ein neues Leben beginnen. Aber überall wurde ich abgewiesen. In Nizza konnte ich zwei Wochen bei der Caritas unterkommen, dann fuhr ich weiter nach Paris und von dort nach Calais, um nach England zu kommen. Wieder sagte man mir, dort sei ein gutes Leben möglich. Als ich in Calais ankam sagte man mir: Du darfst nicht nach England. An jedem Ort wurde mir Hoffung gemacht, dass die Chancen woanders besser seien. Als ich merkte, dass es unmöglich war, in Frankreich Arbeit zu finden, reiste ich nach Frankfurt/ Main.

In der folgenden Nacht sahen wir rote Lichter im Wasser. Einige auf dem Schiff sagten, es seien Warnlichter. Doch unser Kapitän fuhr direkt darauf zu, weil er dachte es sei Land. Und plötzlich krachte es laut und das Schiff saß fest. Wir waren mitten im Meer auf einen Felsen aufgelaufen. Das Boot wankte hin und her. Fischerboote, die in der Nähe waren, sahen, was mit uns passiert war und riefen über Funk nach Hilfe.

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ir waren mit den Nerven am Ende, denn wir hatten seit zwei Tagen nichts mehr getrunken und gegessen. Ein Mann starb an Erschöpfung. Der Tote wurde auf die Mitte des Decks gelegt. Die Klagerufe der Frauen verschlimmerten die Situation. Viele auf dem Schiff bekamen jetzt Panik. Erst am nächsten Tag kamen die Rettungsschiffe. Sie warfen uns zuerst Wasserflaschen und Nahrungsmittel zu. Und da geschah das Unglück: Alle drängten auf die Seite, wo die Rettungsboote waren. Keiner hörte auf die Warnrufe, das Gleichgewicht unseres Bootes zu halten. Wir waren ja alle durstig und ausgehungert und jeder dachte nur an sich. Plötzlich kenterte unser Schiff und alle fielen ins Wasser.

Ich habe nie ein Zug-Ticket gekauft. Wenn mich Kontrolleure in den Zügen fanden, ließen sie mich weiter fahren, nachdem ich ihnen meine Geschichte erzählte.

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n Frankfurt versorgten mich für einige Wochen die Leute von der Occupy-Bewegung. Dann fuhr ich nach Hamburg. Dort blieb ich acht Monate. Ich schlief in Autos am Hafen, die für den Export bestimmt waren. Als der Schnee kam, fuhr ich nach Berlin. Am Bahnhof Zoo erfuhr ich vom Camp auf dem Oranienplatz. Seitdem lebe ich dort und warte auf Anerkennung als Kriegsflüchtling. Die NATO hat immer wieder behauptet, sie will durch die Bombardierung Libyens Frieden bringen. Das hat sie nicht. Sie hat mein Leben zerstört.

Viele konnten nicht schwimmen. Ich habe wild um mich geschlagen, um von anderen nicht unter Wasser gezogen zu werden. Zum Glück konnte ich mich an einem Seil am Rumpf des Schiffes festhalten bis ich gerettet wurde. Nur etwa 300 Menschen überlebten. Meine Kinder habe ich verloren. Meine Tochter war fünf, mein Sohn war sieben. Das lässt mich nie mehr los – ich möchte nicht weiter darüber sprechen.

Im Vorfeld des IPPNW-Benefizkonzerts im Dezember 2013 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche Berlin erzählte Bashir den Organisatoren seine Geschichte. Das Gespräch wurde als Lesung von Hermann Beil im Rahmen des Konzerts vorgetragen. Die hier gedruckten Ausschnitte wurden von Dr. Peter Hauber (IPPNW-Concerts) zusammengestellt. Das nächste IPPNW-Benefizkonzert für Flüchtlinge findet am 22. Februar 2015 im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie statt. Infos und Karten: www.ippnw-concerts.de

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ir wurden nach Lampedusa gebracht. Meine entzündeten Wunden wurden versorgt. Nach einigen Wochen wurde ich in ein Flüchtlingscamp auf Sizilien verlegt. Dort blieb ich ein Jahr. Ich hatte alles verloren und hatte auch keine Papiere. Ich hatte starke Kopfschmerzen. Meine Frau war in einem UN-Camp und wollte nichts mehr von mir wissen, weil ich die Kinder verloren habe.

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Organisierte Verantwortungslosigkeit Durch Fehler im System wurde ein kleiner Junge für sein Leben gesundheitlich geschädigt

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er 1. April 2014 ist ein regnerischer Tag, dunkle Wolken hängen am Himmel über Fürth/Bayern. Es ist der Beginn des Prozesses gegen vier Mitarbeiter der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende (ZAE) in Zirndorf und einen Bereitschaftsarzt. Alle haben die Umstände und die Erkrankung (eine fulminante Meningokokkensepsis) des heute vierjährigen Leonardo Petrovic falsch eingeschätzt. Die Verurteilung von drei Wachleuten und einer medizinischen Fachangestellten sowie der Freispruch des Arztes sollten nicht endgültig sein: Es wird ein Prozess, der auch mein eigenes Handeln in Frage stellt.

ein Fieberzäpfchen verordne, sondern die Zustände in dem Lager berücksichtige und eine adäquate Weiterbehandlung einleite. Leider findet sich im Umgang mit Asylsuchenden häufig dieses Klima der Gleichgültigkeit und der organisierten Verantwortungslosigkeit, das am nächsten Morgen in der ZAE Leonardos Leiden verlängert: Die Eltern werden zum Erhalt eines Krankenscheines zwischen Pforte und und dem Sozialamtsbüro hin- und hergeschickt, sie bitten vergeblich um eine Fahrmöglichkeit zum Arzt und machen sich schließlich völlig verzweifelt und ortsfremd mit dem mittlerweile apathischen Kind zu Fuß auf den Weg. Sie haben Glück: Ein mitleidiger Autofahrer nimmt die drei mit, Leonardo wird vom Kinderarzt in das Fürther Klinikum verlegt. Doch er behält großflächige Vernarbungen zurück; ein Fußgelenk wird versteift, Finger und Zehen müssen amputiert werden.

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ittlerweile wurden aus dem Urteil Konsequenzen gezogen: Der Notarzt fährt die Einrichtung häufig mehrmals am Tag an, weil das Wachpersonal zu Recht keine medizinischen Entscheidungen mehr treffen möchte – und die Regierung von Mittelfranken bislang, trotz anderslautender Versprechungen, eine nur unzureichende allgemeinmedizinische Sprechstunde eingerichtet hat.

Bei der Prozessbeobachtung habe ich mich sehr gefragt, ob ich als Mutter und Ärztin an meinem Kind anders gehandelt hätte als der Allgemeinmediziner, der Leonardo an einem Sonntagabend sah und einen fieberhaften Infekt bei ihm diagnostizierte – meine Untersuchung und Therapie wäre bei Sebastian wahrscheinlich ähnlich verlaufen.

Strukturen, die wir aus unserer Vergangenheit eigentlich kennen sollten, nämlich eine inhumane Verwaltung, und Einzelne, die sich darin ihrer eigenen Verantwortlichkeit entziehen, finden sich direkt vor unserer Haustür – und wir sind ein Teil davon. Insofern klagt das Urteil uns selbst an und fordert zum lautstarken Protest an den Zuständen nicht nur in dem Zirndorfer Heim auf. Wir sollten es zum Anlass nehmen, um über unseren eigenen Umgang mit Flüchtlingen nachzudenken: Nur weil wir scheinbar ein Plätzchen der Sicherheit gefunden haben, dürfen wir nie vergessen, dass wir alle Asylsuchende sind. Unser Verhalten auf diese Grundlage zu stellen sind wir uns und unseren Mitmenschen schuldig – egal, woher sie kommen.

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Mehr zu dem Prozess: www.fluechtlingsrat-bayern.de/leonardo-petrovic

Nur 14 Tage Altersunterschied trennen meinen Sohn Sebastian von Leonardo, und die Zirndorfer ZAE liegt für mich, als Notärztin aus Fürth, im potenziellen Einzugsbereich.

llerdings hatte die Familie in der Asylunterkunft nicht die Möglichkeiten, die sich mir in meinen eigenen vier Wänden bieten: Ich kann nachts, wenn ich Zweifel an der Schwere der Erkrankung habe, das Licht anmachen, ohne geschätzte elf fremde Frauen und Kinder aus dem Schlaf zu reißen. Ich kann mit einem Fieberthermometer nachmessen, weil ich eines besitze; ich kann zum Telefon greifen und in meiner Muttersprache den Rettungsdienst nachfordern und ich kann meinen Mann jederzeit um Hilfe bitten, weil er nicht in einem anderen Haus schlafen muss als der Rest der Familie.

Dr. Elisabeth Heyn ist Ärztin für Anästhesie und durch die Flüchtlingsproblematik zur IPPNW gekommen. Sie ist Mitglied im AK Flucht & Asyl und arbeitet in der Ortsgruppe Nürnberg/ Fürth/Erlangen mit.

So kann ich nur hoffen, dass ich, sollte ich in eine ähnliche Situation kommen wie der Arzt vor zwei Jahren, dem Jungen nicht nur 26


Dublin III – bürokratisches Monster und menschliche Tragödien Das Dublinsystem verschiebt Asylsuchende wie Schachfiguren in Europa

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aria, etwa 50 Jahre alt, floh aus Syrien zu ihrer Mutter, und ihrer Schwester, die seit Jahren in Deutschland leben und inzwischen deutsche Pässe haben. Maria hatte als Flüchtling in Syrien beim UNHCR einen Antrag auf ein Visum für Deutschland gestellt und war bei der Vielzahl der Anträge nicht berücksichtigt worden. Sie nahm daraufhin die Hilfe eines Schleppers in Anspruch, der ihr ein spanisches Schengenvisum besorgte. Damit floh sie direkt nach Deutschland zu ihrer Familie. Sie meldete sich asylsuchend und wurde zunächst aus Friedland zu ihrer Familie verteilt. Dann teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihr mit, dass sie nach Spanien überstellt würde, wohin sie keinerlei Bezug hat. In Deutschland hingegen wird sie bei der Versorgung der Mutter, die inzwischen pflegebedürftig ist, dringend gebraucht, da die Schwester berufstätig ist und zunehmend körperliche Einschränkungen hat. Alle Argumente und Bescheinigungen halfen nicht. Ein Eilantrag auf aufschiebende Wirkung einer Klage wurde abgelehnt. Maria befindet sich zur Zeit im Kirchenasyl in der Hoffnung, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist so überbrückt wird und sie dann ihr Asylverfahren in Deutschland betreiben kann.

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amilie E. – die Mutter ist Serbin, der Vater Roma aus dem Kosovo – hat inzwischen vier Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren. Die Eltern sind in Deutschland groß geworden, die Mutter hat hier einen Hauptschulabschluss erworben. Sie wurde als Kind von ihrem Vater misshandelt und missbraucht. Das ist in Deutschland aktenkundig. Sie verließ die Familie und heiratete ihren Mann. Nach der Geburt des ersten Kindes wurden sie zur „freiwilligen Ausreise“ gedrängt und versuchten, im Kosovo Fuß zu fassen. Ihr Vater und seine Familie verfolgten und bedrohten sie, die Lebensbedingungen waren schlecht. Sie reisten wieder nach Deutschland. Ihr Asylantrag wurde erneut als unbegründet abgelehnt, die Abschiebung angedroht, der

sie erneut durch die freiwillige Ausreise zuvor kamen, um nicht mit einer langjährigen Einreisesperre belegt zu werden. Bei ihrer nächsten Flucht landeten sie irrtümlich in Belgien, wo ihnen die Fingerabdrücke abgenommen wurden. Sie reisten ohne einen Asylantrag zu stellen nach Deutschland weiter. Obwohl sie den größten Teil ihres Lebens in Deutschland verbracht haben, die meisten der Kinder in Deutschland geboren sind, die älteren hier in die Schule gehen, der Vater Arbeit in Aussicht hat, wurden sie unter Protest der Nachbarn nach Belgien abgeschoben. Dort gab es für sie keinen Platz und sie wurden nach

In Deutschland ist zurzeit jeder dritte Flüchtling ein „Dublinfall“. Deutschland zurückgeschickt. Vom Bundesamt wurde trotzdem weiter die Abschiebung nach Belgien betrieben. Inzwischen ist die Übernahmefrist abgelaufen, das Asylverfahren in Deutschland als unbegründet beendet. Die Familie ist erneut ausreisepflichtig und wartet jetzt auf die Entscheidung der Härtefallkommission.

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ie Dublinregelung – sie heißt so, weil sie erstmals 1990 in Dublin beschlossen wurde – ist ein Baustein eines seit langem angestrebten harmonisierten europäischen Asylrechts. Da die anderen Bausteine nicht vorhanden sind oder nicht angewendet werden, sind die Aufnahmebedingungen in den einzelnen EU-Ländern alles andere als gleich. Trotzdem gilt: Der Staat, der die Einreise eines Flüchtlings zugelassen hat, ist auch für ihn zuständig. Naturgemäß werden dadurch die Staaten an den Außengrenzen der EU besonders belastet. Durch die vermehrte Ankunft von Flüchtlingen aus den Kriegsregionen im Mittleren Osten und in Afrika sind die Aufnahmekapazitäten in allen Ländern überfordert. Das gilt natürlich besonders für Länder wie Griechenland und Italien, aber 27

auch für Ungarn und Bulgarien, wo es erst wenigeErfahrungen mit europäischem Asylrecht gibt. In Deutschland ist zurzeit jeder dritte Flüchtling ein „Dublinfall“. Dabei funktioniert das System nicht. 2013 hat das Bundesamt 35.000 Übernahmeersuchungen an andere Länder gestellt. Es gab aber nur 4.000 Überstellungen. Das Dublinsystem ist ein bürokratisches Monster. Es ist für die Flüchtlinge nicht nachvollziehbar und treibt UnterstützerInnen und AnwältInnen zur Verzweiflung. Es bindet Aufnahmekapazitäten, Geld und Arbeitskraft in Behörden und Gerichten. Es konterkariert hart erstrittene positive Übereinkünfte wie die Aufnahmerichtlinie, mit der vor allem der Umgang mit besonders schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, Alleinerziehenden, Schwangeren, Alten, Kranken und Traumatisierten verbessert werden soll.

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usammen mit vielen anderen Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen setzt sich auch die IPPNW dafür ein, das Dublinsystem abzuschaffen. Statt Menschen wie Schachfiguren in Europa hin und her zu schieben, sollte man besser über einen finanziellen Ausgleich für die besonders belasteten Länder verhandeln und endlich wieder den Schutz der Flüchtlinge in den Mittelpunkt stellen.

Dr. Gisela Penteker engagiert sich seit Jahren im IPPNWArbeitskreis Flüchtlinge und Asyl.


SYRISCHE FLÜCHTLINGE AUF SIZILIEN.

Menschenschmuggel und Waffenhandel Was Waffenexporte und Militarisierung anrichten, kann humanitäre Hilfe nicht wieder gut machen

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as Grenzgebiet Syriens zu den Nachbarländern Nordirak, Türkei, Libanon, Jordanien ist mit überfüllten Flücht-​ lingslagern bedeckt. Mädchen- und Frauenhandel, häusliche Gewalt sind ebenso dokumentiert wie Kriminalität, Korruption und das Rekrutieren von Kämpfern. Die werden – vor allem in Jordanien und in der Türkei – durch Ausbilder aus den Staaten der „Freunde Syriens“ – trainiert und bewaffnet und in den Krieg nach Syrien entlassen. Insbesondere die Grenze in die Türkei ist ein Eldorado von Schmugglern, die doppelt Geschäfte machen: Sie schmuggeln gegen Geld Flüchtlinge aus Syrien heraus und verdienen an dem Weitertransport nach Europa und am Verkauf falscher Visa und Pässe. Umgekehrt schmuggeln sie Waffen und Kämpfer, Gebrauchsgüter, Medikamente und Kommunikationstechnologien nach Syrien hinein. Die gut ausgebildete Jugend verlässt Syrien und fehlt dem Land. Christen, die seit mehr als 2.000 Jahren in der Region leben, fliehen.

ie autoritären Golfmonarchien sahen durch die Proteste angesichts der sozialen und politischen Missstände in den eigenen Ländern ihre Macht und ihre Interessen in der Region gefährdet und ersannen Gegenstrategien. Unterstützung fanden sie bei ihren westlichen Bündnispartnern, die sich den Zugang zu Rohstoffen, Transportwegen und militärstrategisch wichtigen Gebieten im östlichen Mittelmeerraum sichern wollen. Mit Hilfe des Emirats Katar und Saudi-Arabiens gelang es, die Arabische Liga zu instrumentalisieren. In Libyen wurde militärisch interveniert, in Syrien wurden Kampfverbände und Terrorgruppen vielerlei Couleur unterstützt. Mit groß angelegtem medialen Einsatz wurde Syrien politisch isoliert. Man wollte die im Westen und in den Golfstaaten ungeliebte Führung von Baschar-Al-Assad brechen. Im Verband der „Freunde Syriens“ sollten unter Führung der USA die Interessen der arabischen Staaten gemeinsam durchgesetzt werden, doch jeder dieser regionalen Partner wurde von eigenen Motiven zum Zerstörungskrieg gegen Syrien und Irak angetrieben.

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ür mehr Freiheiten und größere wirtschaftliche Teilhabe zogen Ende 2010 und 2011 junge Leute in Kairo, Damaskus, Bagdad und anderen Städten der arabischen Welt auf die Straße. Sie wollten ihr Land verändern, nicht zerstören. Die Proteste setzten eine Kettenreaktion in Gang, in der das Geflecht gesellschaftlicher Bündnisse in den betroffenen Staaten durch regionale und internationale Interventionen destabilisiert wurde. Die tolerante Gesellschaft in Ländern des „Fruchtbaren Halbmondes“ (Irak, Syrien, Libanon, Palästina) wird heute von der dogmatischen, vom sunnitischen Wahhabismus geprägten Ideologie bedroht.

Die Türkei unterstützte massiv Verbände der sunnitischen Muslimbruderschaft, die in Daraa sowie in den Provinzen Idlib und Aleppo ihre traditionelle Präsenz verstärkten, obwohl oder gerade weil diese Organisation in Syrien verboten ist. Waffen, Kämpfer, Medien und humanitäre Hilfe kamen über die Grenze aus der Türkei nach Syrien. Mit dabei waren extremistische Gruppen, die unter dem Banner des Islam Syrien „befreien“ wollten. Säkulare und gewaltlose Oppositionsgruppen waren rasch beiseite gedrängt, die Militarisierung breitete sich aus. Katar setzte ebenfalls auf die Muslimbruderschaft, half aber gleichzeitig extremistischen Salafistenverbänden, die vor allem aus dem Ausland viel Zulauf erhielten. Die prominenteste dieser Gruppen war zunächst die AlNusra-Front, die durch brutale Anschläge berüchtigt wurde. Mit großzügiger Entlohnung, guter Bewaffnung und Ausrüstung wurden die extremistischen Einheiten stark. Nach internen Machtkämpfen setzte sich im Osten Syriens der ISIL durch, die vom

Besonders deutlich wird das bei den Truppen des „Islamischen Staats im Irak und in der Levante“ (ISIL), heute IS, deren Verständnis vom gesellschaftlichen Zusammenleben in vielen Bereichen den in Saudi-Arabien herrschenden Zuständen entspricht: Intoleranz gegenüber Andersgläubigen, Anwendung des islamischen Gesetzes, der Scharia, bis hin zur Praxis der Enthauptung. 28


Fotos: © Giulio Magnifico

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saudischen Geheimdienst gefördert wurde, um den Einfluss der Al-Nusra-Front zurückzudrängen.

rische Flüchtlinge zu versorgen. Doch auch bei der humanitären Hilfe aus den USA, Europa, Saudi-Arabien, Kuwait und den Golfstaaten zeigt sich das Engagement als zweischneidiges Schwert. Alle genannten Staaten und Staatengemeinschaften unterstützen Kampfverbände, die in Syrien den Sturz des dortigen Präsidenten herbeiführen sollen. Mit der einen Hand werden die Kämpfer gefüttert, mit der anderen Hand die Zivilbevölkerung, die vor den Kämpfen flieht. Zusätzlich zu den Kriegsverwüstungen in Syrien, zerstören die seit 2011 wiederholt verschärften und erweiterten Sanktionen die Ökonomie des Landes. 2011 war Syrien zwar ein Entwicklungsland, aber es war schuldenfrei und konnte seine Bevölkerung sicher ernähren. Heute mangelt es an allem.

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ürzlich räumte US-Vizepräsident Joseph Biden ein, dass sowohl die Türkei als auch Saudi-Arabien und die Golfstaaten an dem Aufbau und der Ausrüstung extremistischer Gruppen wie der Al-Nusra-Front und des ISIL beteiligt waren. Tatkräftige Hilfe dabei gab und gibt es weiterhin von den USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und einigen anderen europäischen Staaten. Unter der Führung der USA sollen in Saudi-Arabien sogenannte „moderate Rebellen“ ausgebildet und ausgerüstet werden. Als deren Aufgabe wird offiziell der Kampf gegen die „Barbaren“ des ISIL genannt, tatsächlich sollen sie die souveränen Regierungen in Syrien und Irak schwächen oder stürzen.

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inzelforderungen wie beispielsweise die Anerkennung der Autonomiegebiete der syrischen Kurden oder die Einrichtung von „humanitären Korridoren“ zur Versorgung der Zivilbevölkerung verschärfen in der aktuellen Situation den Konflikt und führen zu einer politischen und gesellschaftlichen Spaltung Syriens. Syrien ist ein souveräner Staat und Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. Um den Sturz dieses historischen Kulturlandes zu stoppen, muss der Krieg beendet werden. Die Grenzen – insbesondere die der Türkei – müssen kontrolliert und für Waffen und Kämpfer geschlossen, für Flüchtlinge dagegen geöffnet werden. Notwendig sind eine Unterstützung des UN-Sondervermittlers für Syrien, Staffan De Mistura, und neue Gespräche, an denen alle Parteien beteiligt werden: die syrische Regierung, Oppositionsgruppen im Land und im Exil, Regionalstaaten und deren internationale Bündnispartner. Letztlich müssen die Syrer im Zuge eines politischen Reform- und Versöhnungsprozesses selbst über ihre Zukunft entscheiden.

Der „Fruchtbare Halbmond“ entlang und zwischen den zwei Strömen Euphrat und Tigris, der Wiege unserer Zivilisation, wird zerstört. Den Flüchtlingen humanitäre Hilfe anzubieten, während gleichzeitig der Transit von Waffen und Kämpfern nach Syrien und Irak geduldet und finanziert wird, ist nicht nur unzureichend sondern auch entwürdigend. Waffen zu liefern, wie kürzlich die Bundesregierung, ist fahrlässig und verlängert den Krieg. Dem Krieg und nicht dem Frieden wird es nutzen, wenn die Bundesregierung in der nordirakischen Stadt Erbil militärische Ausbildungszentren errichtet. Waffen, die aus Saudi-Arabien und Katar an sogenannte „moderate“ Kämpfer in Syrien – über die Türkei – geliefert wurden, landeten in Waffenlagern des selbsternannten „Islamischen Staat im Irak und in der Levante“. Waffen, die von der US-Luftwaffe über Kobanê (arabisch Ain al-Arab) für die kurdischen Selbstverteidigungskräfte abgeworfen wurden, landeten ebenfalls in Stellungen von ISIL.

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or dem bevorstehenden Winter im Mittleren Osten zeigen UN-Organisationen sich besorgt, dass notwendige Spendengelder für die Versorgung von Millionen Flüchtlingen und Inlandsvertriebenen ausbleiben. Mit 46,61 Millionen Euro bezifferte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) Mitte November 2014 die Summe, die den Hilfswerken fehlt, um rund eine Million syrische und irakische Menschen in Not zu versorgen. Private, staatliche, halbstaatliche und religiöse Hilfsorganisationen werben kurz vor Weihnachten ebenfalls um Spendengelder, um irakische und sy-

Karin Leukefeld ist freie Journalistin, Buchautorin und berichtet aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. 29


WELT

Brücken der Verständigung Das Friedensprojekt und Balkan-Programm

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ie zunehmenden internationalen politischen Spannungen und Krisen sind besorgniserregend. Umso wichtiger ist es in einer so schwierigen Zeit, Friedensarbeit zu fördern und sich, sofern möglich, selbst aktiv daran zu beteiligen.

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as Friedensprojekt und Balkan-Programm „Brücken der Verständigung“, das alljährlich von der IPPNW-Regionalgruppe Würzburg organisiert wird, lädt seit dem Jahr 1995 Medizinstudentinnen und -studenten aus den verschiedenen Staaten des ehemaligen Jugoslawiens für einen Monat nach Würzburg ein. Sie lernen die verschiedenen Fachbereiche der Missionsärztlichen Klinik kennen und wohnen gemeinsam im Haus St. Michael in der Nähe des Krankenhauses. Initiiert wurde das Programm im Jahr 1993 durch das IPPNW-Ehrenvorstandsmitglied Professor Dr. Ulrich Gottstein. Von ihm stammte die Idee, ein Netzwerk zwischen den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens zu schaffen, um Frieden und Versöhnung in den durch Kriege und Konflikte gespaltenen Ländern zu fördern. Bis heute ist das Bild der Einheimischen untereinander von persönlichen Eindrücken und Erlebnissen in der Vergangenheit und politischen und sozialen Problemen der Gegenwart geprägt. Die

Entwicklung der Nationalstaaten und das Aufkommen von Nationalismus in den letzten Jahren haben die Vorurteile nicht aufgelöst, sondern eher gefördert. Umso wichtiger ist es, dass das Programm „Brücken der Verständigung“ in dieser Form existiert, um gemeinsame Lösungsansätze zu finden, Verständnis füreinander zu schaffen und die Voreingenommenheit abzubauen.

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n diesem Jahr wurden sieben Medizinstudentinnen und -studenten der Universitäten von Split (Kroatien), Mostar, Sarajevo (beide Bosnien-Herzegowina), Belgrad (Serbien), Prishtina (Kosovo), Tetovo und Štip (Mazedonien) vom 17. August bis zum 12. September 2014 nach Würzburg eingeladen. Neben der Hospitation in der Missionsärztlichen Klinik wurde ein krankenhausinternes Seminarprogramm organisiert. Am Nachmittag dozierten Ärzte der Missionsärztlichen Klinik in englischer Sprache über medizinische Themen. An zwei Nachmittagen wurde jeweils ein Film über das Problem von Atommüll sowie über den fehlenden 30

allgemeinen Zugang zur Gesundheitsversorgung auf dem Balkan gezeigt und intensiv diskutiert. Es wurde festgestellt, dass die Länder Südosteuropas häufig mit denselben sozialen und wirtschaftlichen Problemen konfrontiert sind.

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nterstützt wurde das Programm von Würzburger Medizinstudierenden, die ein Freizeitprogramm organisierten. Die Stadt Würzburg lernten die Studentinnen und Studenten durch verschiedene Aktivitäten kennen. Außerdem besuchten wir an einem Wochenende auf einer Tour nach Nürnberg das Dokumentationszen­ trum des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes. Abgerundet wurde das Programm durch Ausflüge nach Bamberg und Rothenburg ob der Tauber. Am Abschlussabend bedankten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Einladung und für die unvergesslichen, wertvollen Erfahrungen. Sie waren von der Missionsärztlichen Klinik begeistert, das Personal war freundlich und band sie in den Alltag mit ein. Darüber hinaus haben die Studierenden untereinander, im Krankenhaus und mit den deutschen Studierenden Freundschaften schließen können, die sie in den Heimatländern über die Landesgrenzen hinaus weiter pflegen werden. „Das Programm half uns tatsächlich, Brücken untereinander zu bauen und zu verstehen, dass wir uns nicht an der Vergangenheit festklammern, sondern unsere Kräfte für ein bessere und friedliche gemeinsame Zukunft sammeln sollten“, so Flaka Pasha aus dem Kosovo.

Johannes Riegel ist Medizinstudent aus Würzburg und engagiert sich seit 2013 in dem Balkan-Projekt „Brücken der Verständigung“.


AKTION

STUTTGART

BREMEN

Bank ohne Bomben Aktionswoche gegen Atomwaffeninvestitionen Im Rahmen der Kampagne „Atomwaffen – ein Bombengeschäft“, die von der IPPNW mitgetragen wird, fand vom 26. September (Internationaler Tag für die Abschaffung von Atomwaffen) bis zum 4. Oktober 2014 bundesweit eine Aktionswoche statt, in der vor Bankfilialen gegen Atomwaffeninvestitionen protestiert wurde. Mehr als acht Finanzinstitute in Deutschland investieren über sieben Milliarden in Firmen, die Atomwaffenkomponenten oder -trägersysteme produzieren. Die Commerzbank und die Deutsche Bank standen im Fokus der Woche. Mit Aktionen in 15 Städten (Berlin, Bonn, Braunschweig, Bremen, Duisburg, Frankfurt, Freiburg, Hannover, Hamburg, Köln, Koblenz, München, Schwäbisch-Gmünd, Stuttgart und Tier) – vielerorts mit Beteiligung regionaler IPPNW-Gruppen – wurde auf diese Praxis aufmerksam gemacht und der Protest auf die Straße getragen.

HANNOVER

BERLIN 31


G ELESEN

Andere Perspektiven

28 Jahre David gegen Goliath

Eine medienkritische Auseinandersetzung mit dem Ukraine-Konflikt. Ronald Thoden und Sabine Schiffer offenbaren in 20 Artikeln, was uns bislang verborgen blieb.

Die Sorge um die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen und unseres Planeten war 1986 der Ausgangspunkt für die Gründung von „David gegen Goliath“.

ie Frage nach der Anbindung an die Bündnisse EU oder NATO im Westen, oder an Russland im Osten hat die Ukraine gespalten und in einen Konflikt gestürzt. Das Land ist zu einem Schachbrett geostrategischer Interessen geworden, die die zahlreichen beteiligten Akteure einzubringen und durchzusetzen versuchen. Die deutschen Mainstream-Medien zeichnen in ihrer Berichterstattung jedoch ein einseitiges Bild und stellen dem „guten“ Westen den „bösen“ Osten gegenüber. Während Putin dämonisiert und die Ostukrainer pauschal als „prorussische Separatisten“ tituliert werden, bleibt z. B. eine Thematisierung der Verbindungen westlicher Akteure mit den rechtsgerichteten Kräften aus, die die Maidan-Bewegung prägten und das Land derzeit regieren.

en Super-GAU von Tschernobyl empfanden die Davids als letzte Warnung, von einem zerstörerischen Atomund Wachstumskurs Abschied zu nehmen und volle Kraft voraus eine humane und solar geprägte Gesellschaft anzusteuern.

D

D

Das Buch „Anleitung zum Einmischen“ von Bernhard Fricke und Frank Fischer (Hrsg.) dokumentiert die fantasievolle Geschichte der Münchener Davids in ihrem gewaltfreien Kampf gegen die Atom- und Wachstumsgoliaths. Dabei war ihnen immer wichtig, nicht nur auf Probleme hinzuweisen, sondern Lösungen anzubieten. Der Leitsatz „Willst Du die Welt verändern, fang bei Dir selber an“ wird in den elf Umweltgeboten für eine lebenswerte Zukunft konkretisiert, die die Grundlage des „Davidswegs der kleinen Schritte mit großer Perspektive“ sind.

Dieses Buch soll Abhilfe schaffen und präsentiert in 20 Artikeln Perspektiven auf den Konflikt, die so in den Leitmedien nicht zu finden sind. Angesprochen werden verschiedenste Aspekte, wie die Maidan-Bewegung, der Absturz des Fluges MH17, die Einflussnahmen von westlichen Geheimdiensten, NGOs und Stiftungen oder die Abspaltung der Krim, ergänzt von einer kritischen Auseinandersetzung mit der Berichterstattung in den deutschen Medien.

Der Jubiläumsband ist eine wahre Fundgrube vieler spektakulären Aktionen, mit denen es den Davids immer wieder öffentlichkeitswirksam gelungen ist, die Gesellschaft aus dem Schlaf der vermeintlichen Sicherheit und Gleichgültigkeit aufzurütteln. David gegen Goliath ist von Anfang an mit der IPPNW über das gemeinsame Anliegen der sofortigen Abschaltung aller Atomanlagen verbunden gewesen. Wenn wir auch teilweise unterschiedliche Wege gegangen sind, den gemeinsamen Zielen sind wir nach wie vor verpflichtet. Das Buch macht Mut zum Einmischen. Auch deshalb lohnt sich die Lektüre dieses Bandes sehr.

Durch seinen Facettenreichtum hilft das Buch, die Hintergründe des Konflikts besser zu verstehen und die Geschehnisse in der Ukraine einordnen zu können. Es bietet somit einen informativen Überblick, der zudem dazu anregt, die mediale Berichterstattung mit kritischen Augen zu betrachten. Zu bemängeln ist einzig, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle Russlands allenfalls im Ansatz stattfindet, wodurch eine Komponente vernachlässigt wird, die für ein umfassenderes Verständnis des Konflikts unerlässlich ist. Nichtsdestotrotz ist dieses Buch eine absolute Bereicherung des Diskurses und damit sehr zu empfehlen.

Bernhard Fricke und Frank Fischer (Hrsg.): Anleitung zum Einmischen. 1996-2014: 28 Jahre David gegen Goliath. Seitenweise Verlag, 2014, 240 S., 18,00 €, ISBN 978-3-94387406-8. Bestellungen auch über www.davidgegengoliath.de

Ronald Thoden & Sabine Schiffer (Hrsg.): Ukraine im Visier. Russlands Nachbar als Zielscheibe geostrategischer Interessen. Selbrund Verlag, 2014, 316 S., 16,80 €, ISBN 978-39816963-0-1

Frank Uhe

Tobias Falk

32


GEDRUCKT

TERMINE

Hibakusha weltweit

JANUAR

Ausstellung der IPPNW jetzt auf Deutsch und Englisch Die Ausstellung zeigt die Gesundheits- und Umweltfolgen der „Nuklearen Kette“: vom Uranbergbau über die Urananreicherung, zivile Atomunglücke, Atomwaffentests, militärische Atomunfälle, Atombombenangriffe bis hin zu Atommüll und abgereicherter Uranmunition. Die 50 Plakate und eine große Übersichtsweltkarte sind auf Deutsch und in Englisch erhältlich und können in der IPPNW-Geschäftsstelle gegen eine Gebühr von 25 EUR ausgeliehen oder für den Selbstdruck im Internet heruntergeladen werden.

Basra, Irak

Einsatz von

Wismut-Region, Deutschland

Uranbergbau

nangriff Atomwaffe

„Little Boy“ den Atombombe die USA die Hiroshima ab. Von Jah JahStadt 1945 warfen Ende des Am 6. August der japanischen 140.000 bis ra der raZentrum Spätfolgen starben etwa . über dem Einwohnern „Hibakusha“ erlittenerhöhte Krebsraten 350.000 en signifikant res. Die Überlebend wie z. B. Strahlung, dioaktiven

Im sächsischen Erzgebirge und in Ostthüringen wurde von der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut zwischen 1946 und 1990 Uranerz gefördert. Viele Tausende Arbeiter und Bewohner der Region leiden bis heute an strahleninduzierten Erkrankungen wie Lungenkrebs.

, Eniwetok Bikini & seln llin Marsha

Im Tagebau von Culmitzsch wurden einst 15 bis 18 Millionen Tonnen Uranerz abgebaut und daraus 9.216 Tonnen reines Uran gewonnen. Millionen Tonnen radioaktive Rückstände wurden anschließend in die alten Gruben eingespült und sedimentiert.

Der Bergbau in der Region wurde nach Kriegsende derart gefördert, dass das Erzgebirge 1947 mit einer jährlichen Liefermenge von 145 Tonnen rasch zur wichtigsten Uranquelle für das sowjetische Atomprogramm wurde. Im Mai desselben Jahres wurde die sowjetische Kapitalgesellschaft „Wismut“ gegründet und weitere Bergwerke im Erzgebirge und rund um die ostthüringische Stadt Ronneburg erschlossen. Mehr als 40.000 Zwangsarbeiter wurden dort eingesetzt, sodass im Jahr 1950 der jährliche Ertrag an Uranoxid bereits 1.000 Tonnen erreicht hatte. In den 1950er Jahren wurde die DDR offizielles Mitglied der Wismut Kapitalgesellschaft. Mehr als 130.000 Bergleute arbeiteten in den über 20 Minen der Region. Die Wismut wurde der weltweit drittgrößte Uranlieferant, mit einer Gesamtfördermenge von 200 Millionen Tonnen Uranerz bis zur Schließung der Minen 1990.

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Folgen für Umwelt und Gesundheit

Durch den Abbauprozess des Uranerzes wurden radioaktive

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rund

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Hintergrund Uranerz, die sogenannte „Pechblende“, wurde im 19. Jahrhundert im Erzgebirge entdeckt und diente zunächst wissenschaftlichen Untersuchungen, wie denen von Marie Curie, die erstmals die Radioaktivität definierte. Während des Nationalsozialismus wurde der Abbau intensiviert, um die Pläne zur Entwicklung einer Atombombe in Deutschland umzusetzen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Uranoxid aus dem Erzgebirge von der Sowjetunion konfisziert, um das eigene Atomprogramm damit voranzutreiben.1

wurde eln tests auf n Partik Menschen Atomwaffen. Tausende von mit strahlende Belastung bewohnbar stieg die Weltweit

Uranm unition

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a, Japan Hiroshim

Die Strahlenbelastung der Bevölkerung wurde in der Region erstmals 1956 gemessen, die Messergebnisse jedoch über viele Jahrzehnte geheim gehalten. Im Jahr 2006 veröffentlichte das Deutsche Bundesamt für Strahlenschutz die bis heute weltweit größte Studie zum Uranbergbau, bei der insgesamt 59.000 ehemalige Bergarbeiter der Wismut untersucht wurden.4 Die Ergebnisse, veröffentlicht auch im „British Journal of Cancer“, zeigten einen Anstieg der Lungenkrebsrate um 50 bis 70 Prozent sowie über 7.000 strahleninduzierte Todesfälle unter den 59.000 untersuchten StudienteilnehmerInnen (11,9 %). Weiterhin zeigte die Studie, dass das Risiko für die Entwicklung von Lungenkrebs 15 bis 24 Jahre nach der Uranexposition am höchsten ist, sodass auch in Zukunft zahlreiche Neuerkrankungen erwartet werden dürften.5

Hintergrund

Ausblick

Folgen

Ausblick Das Nachfolgeunternehmen der Wismut ist heutzutage eine staatlich geförderte GmbH mit der Aufgabe, die Folgen von 50 Jahren Uranbergbau zu sanieren. Maßnahmen wie das Fluten von Minen, die Wasseraufbereitung, die Entsorgung von radioaktiver Schlacke und Abraum sowie die Rekultivierung der Landschaft haben den deutschen Staat bis 2014 mehr als sieben

Isotope wie Radon, Polonium und Bismut freiMilliarden Euro gekostet und werden für Jahrhunderte k (Ānegesetzt. Diese Partikel wurden von fortgeführt werden.2 den Bergarbeitern im ) und Eniweto wurWährenddessen kämpfen noch immer viele Betroffe- Inseln wur Atolle das umliegendellinseln. rn, entinierter rt ne um Gerechtigkeit und Entschädigung. Marsha Gewebe verstrahlten. Japane SoUSkontam evakuie Nach Angader Die beiden standen Zellschäden, von den und letztlich Bravo“ er einiger „Castle . DieKrebs. ben des Hauptverbandes sind Teil zunächst Mutationen Berufsge- wobei sich Bewohn der gewerblichen wātak) g Jahre wurden ca. besetzt Über die ersten gen, nossenschaften Tage nach itkräften 395 Millionen heit. 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Am 25. len Stellen ofdas program 5 Grosche, strahlende Erbe des deutschen Uranbergbaus B et al. „Lung cancer risk among. German Tonnen nt Defense zutage und belastet weiterhin Bäche, Flüsse a cohort study, 1946–1998“. Br J Cancer. 06.11.06; abombe – male 95(9): 1280–1287. und Luft. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2360564/pdf/95-6603403a.pdf Foto: © Alexander Neureuter nach Australi von 21.000 © U.S. Departme dig kontam Hiroshim 6 Koppisch D et al. „Das Berufskrankheitengeschehen statt. Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 39 (2004) halbe Welt im Uranerzbergbau der ‚Wismut‘ von 1946 bis 2000“. 120–128. www.asu-arbeitsmedizin.com/gentner.dll/0403-120_MjAwODcw.PDF?UID=9061B8056BCDB405E00AE suche durcht durch 00A80C14C51E9CF16C79BF1A591 um die 4 ten die weltwei Ver n beende sts waren über das Verhadie USA. plosione mbente Hintergrund Atomex Ausblick m. 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Im untersa digen, die von radioak s Indiz für Körtestr. ölkeölke verbiete ausgestattete 10 | 10967 Berlin entschä chlag Mengen Weltbev zu zur Herstellung von atomarem Brennstoff, Anlagen zur kräftige 5 e ippnw@ippnw.de lar | www.ippnw.de fikante llinseln US-Dol tivem Nieders die gesamt V.i.S.d.P.:wurde. Dr. Alex Rosen – ein aussage W s radioak er der Marsha on, dem sts ausgesetzt nen starben worden ffentest expositi Bewohn Betroffe erAtomwa 40 % der Entschädigung der Strahlen die Atombombente grund der waren. 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-one-day-in-hiroshima.pd 1961 www.ippnw.org/pdf/bookHiroshima, Tokyo, 1993. IPPNW, 2007. of Hiroshima)“. escript/briefdescript.pdf Bunkodo, bmed/8677290 population affiliate of bombed Effects Digest“. Japanese http://rerf.jp/shared/briefd Radiation History“. www.ncbi.nlm.nih.gov/pu of the atomic Juni 2013. – An Oral I. „A-bomb 1-27, 1996. care history Hiroshima, Res 146, 1985 (RERF), 1 Shigematsu „One Day in Hiroshima Iryoshi (Medical Radiation N. Aid“, IPPNW Foundation in „Last 1950-1990“. 2 Kamada Y. „Hiroshima Genbaku Effects Research survivors: Ohkita, MD, Radiation 3 Matsuzaka atomic bomb Nagasaki“, Takeshi Description“. the mortality of und of 4 „A Brief Hiroshima DA. „Studies Auswirkungen in 5 Pierce medizinische 6 „Akute

Ein Hauer bohrt eine erzführende Schicht an. Ein effektiver Schutz der Arbeiter vor radioaktivem Staub und Gas bestand vor allem während der ersten Jahre der Wismut nicht. Foto: Andreas Köhler

Tokai-mura, Japan

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Literatu r

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Quellen 1

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Eine Ausstellung Internationalen der Deutschen

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Hibakusha weltweit

31.1. Bundesweite Planungs- und Aktionskonferenz „70 Jahre Hiroshima/Nagasaki“, Hannover

6.–8.2. Friedensdemonstrationen und Friedenskonferenz zur Sicherheitskonferenz in München und dezentrale Aktionen

20Systems/ of radioactive von Nuklearvers (NIOSH) 20Reactor% Verbot tal remediation 20Nuclear%Safety and Health umfassende 6: Environmen l über das lysis%20of% . Chapter for Occupationa ety%20Ana des Vertrags Applications 462%20Saf National Institute – Nuclear

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10.1. Rosa-Luxemburg-Konferenz: Frieden statt NATO, Berlin

FEBRUAR

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6.1. Zivilgesellschaft im Atomzeitalter II: Der Vertrag zur Nicht-Verbreitung von Atomwaffen und seine Ablösung durch eine NuklearwaffenKonvention, Vortrag von Xanthe Hall, Berlin

10.2. Zivilgesellschaft im Atomzeitalter III: Friedensbewegungen seit 1945 – eine Bilanz, Vortrag von Xanthe Hall, Berlin

Eine Ausstellung der Deutschen Sektion der – Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges Ärzte in sozialer Verantwortung e. V. (IPPNW) Körtestr. 10 | 10967 Berlin ippnw@ippnw.de | www.ippnw.de V.i.S.d.P.: Dr. Alex Rosen

Weitere Informationen finden Sie auf den Webseiten: www.hibakusha-weltweit.de (deutsch) www.hibakusha-worldwide.org (englisch)

20.2. Atommüll ohne Ende, Vortrag mit Jochen Stay, Dortmund

MÄRZ GEPLANT

5.–8.3. Krieg um die Köpfe – Der Diskurs über „Verantwortungsübernahme“: Kongress der neuen Gesellschaft für Psychologie, Berlin

Das nächste Heft erscheint im März 2015. Das Schwerpunktthema ist:

Kein sicherer Grenzwert: Die Gefahren ionisierender Strahlung

9.–12.3. „Lebenslang“, Ausstellung des Fotografen Rüdiger Lupricht, Dortmund

Der Redaktionsschluss für die Ausgabe 141/März 2015 ist der 30. Januar 2015. Das Forum lebt von Ihren Ideen und Beiträgen. Schreiben Sie uns: forum@ippnw.de

Herausgeber: Internationale Ärzte für die Verhü-

Redaktion oder des Herausgebers. Nachdrucke

tung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verant-

bedürfen der schriftlichen Genehmigung.

wortung e. V. (IPPNW) Sektion Deutschland

Redaktionsschluss

Redaktion: Sabine Farrouh (V.i.S.d.P.), Angelika

31. Januar 2015

Wilmen, Regine Ratke, Samantha Staudte

Gestaltungskonzept: www.buerobock.de, Layout:

Freie Mitarbeit: Tobias Falk

Samantha Staudte; Druck: Clever24 GmbH Ber-

Anschrift der Redaktion: IPPNWforum, Körte-

lin; Papier: Recystar Polar, Recycling & FSC.

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Bildnachweise: S. 6 li.: Rasande Tyskar/crea-

74 0, Fax 030 / 693 81 66, E-Mail: ippnw@

tivecommons by-nc 2.0; Mitte: Friedenswinter

Bankverbindung:

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Das Forum erscheint vier Mal im Jahr. Der Be-

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33

das

3.–6.4. Ostermärsche 13.–16.4. World Uranium Symposium, Quebec

IMPRESSUM UND BILDNACHWEIS

für

APRIL

nächste

Heft:

24.–26.4. IPPNW-Mitgliederversammlung, Berlin Informationen und Kontaktdaten: www.ippnw.de/aktiv-werden/termine

Vormerk en

OKTOBER 16.–18.10.2015

IPPNW-Friedenskongress Frankfurt/Main

!


G EFRAGT

6 Fragen an … Peter Gøtzsche

Autor des Buchs „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität: Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert“

1

Warum gelingt es den Firmen immer wieder, unnütze und sogar gefährliche Präparate auf den Markt zu drücken? Es ist üblich, die Ergebnisse von Medikamententests zu verfälschen und die Gefahren von Arzneimitteln zu verheimlichen. Zudem stoßen wir überall auf das Geld der Pharmaindustrie – jeder mit Einfluss im Gesundheitswesen soll gekauft werden. Aber besonders gefährlich ist das Pharmamarketing. Die Lügen sind häufig so eklatant, dass die Firmen das exakte Gegenteil der Wahrheit behaupten.

der Einzige ist, der jemals die Rohdaten der Studien zu Gesicht bekommt. Wir haben ein System, in dem die Pharmaunternehmen ihre eigenen Richter sind. Die Industrie macht ihre eigenen Studien und manipuliert sie häufig in einem schrecklichen Ausmaß. Aus diesem Grund können wir den Veröffentlichungen der Unternehmen nicht vertrauen.

5

Nach Ihrer Aussage ist das System voller Interessenkonflikte. Wie könnte man diese Situation ändern? Wir stoßen überall auf das Geld der Industrie. Ich schlage daher vor, Pharmawerbung schlichtweg zu verbieten. Gute Medikamente werden sich immer durchsetzen, dafür benötigen wir keine Werbung.

2

Welcher Anteil der Präparate auf dem Markt ist aus Ihrer Sicht sinnvoll? Wir könnten auf ziemlich einfachem Weg 95 % der Medikamenten-Ausgaben sparen und hätten sogar eine gesündere Bevölkerung. Allein wenn wir bei Präparaten mit derselben Wirkung immer das preiswerteste Mittel auswählen würden, ließe sich etwa die Hälfte der Kosten sparen. In vielen Fällen wäre es schlichtweg besser, gar keine Medikamente zu verschreiben. Alle Mittel haben unerwünschte Nebenwirkungen, die zusammen genommen für eine schreckliche Anzahl von Todesfällen verantwortlich sind.

Ein Werbeverbot würde dazu führen, dass Ärzte nicht mehr von Pharmareferenten korrumpiert werden können. Die Herausgeber medizinischer Fachzeitschriften hätten nicht mehr so große Angst, Artikel zu veröffentlichen, die nicht im Interesse der Industrie sind. Mit Hilfe einer solchen Reform könnten wir die Fachmagazine aus der Umklammerung von „Big Pharma“ befreien.

3

6

Gibt es Abschätzungen, wie viele Menschen an Nebenwirkungen sterben? Untersuchungen aus verschiedenen Teilen der Welt kommen zu konsistenten Ergebnissen. So sterben in den USA pro Jahr schätzungsweise 200.000 PatientInnen an medikamentösen Nebenwirkungen. Etwa in der Hälfte der Fälle werden die Präparate ordnungsgemäß eingenommen. Die andere Hälfte stirbt wegen Überdosierungen oder weil der behandelnde Arzt nicht auf Interaktionen mit anderen Arzneien geachtet hat. Den Medizinern können wir allerdings kaum einen Vorwurf machen: Fast jedes Medikament hat 20 oder mehr Sicherheitshinweise und Kontraindikationen.

Haben Sie weitere Forderungen zur Regulierung der Pharmaindustrie? Die Industrie behält die Rohdaten ihrer Studien für sich. Stattdessen sollten wir neue Medikamente von öffentlichen Einrichtungen untersuchen lassen. Die Hersteller könnten die Tests bezahlen, sollten aber mit den Studien selbst nichts zu tun haben. Aktuell sind leider viele Mediziner bereit, als Mitautoren von Studien zu fungieren, zu deren Rohdaten ihnen der Zugriff verweigert wird und die in Wahrheit von den Firmen verfasst werden. Dabei könnten die Studien ohne die Mitwirkung der Ärzte und ihrer PatientInnen nicht durchgeführt werden. Dies ist ein Verrat akademischer Integrität und ein Bruch des Patientenvertrauens.

4

Öffentlich finanzierte Studien kommen häufig zu anderen Ergebnissen als Untersuchungen der Industrie. Wie kommt das? Es ist nicht sinnvoll, dass ein Unternehmen, das mit schöngefärbten Studien Milliarden Euro oder Dollar verdienen kann, meist

Die Fragen stellte Philipp Mimkes (Coordination gegen Bayergefahren, CBG). Die ausführlichere Originalfassung des Interviews finden Sie unter: www.cbgnetwork.org/5841.html

34


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IPPNW-Benefizkonzert für Flüchtlinge Sonntag, 22. Februar 2015, 20.00 Uhr im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie UNTER DEM MOTTO „KLASSIK, TANGO UND JAZZ“ SPIELEN MITGLIEDER DER BERLINER PHILHARMONIKER UND BEKANNTE JAZZ- UND TANGOENSEMBLES. CHRISTIAN BRÜCKNER LIEST BASHIRS GESCHICHTE UND GEDICHTE VON M. KALÉKO UND B. BRECHT. EINE GEMEINSAME VERANSTALTUNG DER STIFTUNG BERLINER PHILHARMONIKER UND IPPNW-CONCERTS. WEITERE INFOS UND KARTEN: WWW.IPPNW-CONCERTS.DE

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Friedenswinter 2014/2015 Gemeinsam für den Frieden Friedenslogik statt Kriegsrhetorik

Höhepunkte des Friedenswinters 6.–8.2.2015 Friedensdemonstration (7.2.) und Friedenskonferenz zur Sicherheitskonferenz (Siko) in München und zusätzlich dezentrale Aktionen 14.3.2015 2. Aktionskonferenz 3.–6.4.2015 Ostermärsche

9.5.2015

Bundesweite Demonstration in Berlin zum 70. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Faschismus

Wir bitten um Unterstützung des Aufrufs. Wir wenden uns dabei sowohl an Organisationen als auch an Einzelpersonen.

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