ATOMENERGIE
Klimaretterin Atomenergie? Für den konsequenten Atomausstieg – in Deutschland und weltweit
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as endgültige Aus der zivilen Atomenergienutzung in Deutschland rückt immer näher – im Dezember 2022 sollen nach 60 Jahren Nutzung die letzten drei deutschen Atommeiler vom Netz gehen. Entsprechend gereizt reagieren manche Verfechter der Atomenergie angesichts des großen gesellschaftlichen Konsens zum Atomausstieg. Im Jahr 2020 beschäftigten uns daher wiederholt die Aktivitäten der letzten verbliebenen Atomenergiebefürworter, die Versuche unternahmen, die Atomenergie als Klimaretterin zu präsentieren. Angefangen bei Vereinigungen frustrierter Atomenergiefans über die AfD und die rechtslastige „Werteunion“ bis hin zu Bill Gates und seinen diversen Stiftungen gibt es eine bunt zusammengewürfelte Koalition, die mit ihren markigen Forderungen nach Laufzeitverlängerungen oder gar dem Bau neuer Meiler immer wieder mediale Aufmersamkeit auf sich zieht und, im Falle von Bill Gates, auch milliardenschwere Investitionen sichern kann. Als IPPNW haben wir, gemeinsam mit einem breiten Netzwerk an Organisationen der Anti-AKW-Bewegung, diesen Ambitionen offen und fundiert widerspro-
chen und unsere eigenen Thesenpapiere und Informationsangebote publiziert. So haben wir im Januar das Informationsblatt „Risiken und Nebenwirkungen der Atomenergie – Warum Atomenergie das Klimaproblem nicht lösen kann“ herausgegeben und im Juli 2020 den Artikel „Vorfahrt für die Energiewende!“ veröffentlicht, als Antwort auf einen Gastbeitrag, der in der ZEIT veröffentlicht wurde. Außerdem setzten wir uns mit den Redakteur*innen einer tendenziösen FUNKSendung „Können wir den Klimawandel ohne Atomenergie stoppen?“ auseinander und erreichten eine Überarbeitung. Die IPPNW hat immer wieder betont, dass zügige Maßnahmen notwendig sind, um zumindest die schlimmsten Szenarien der Klimakatastrophe aufhalten zu können. Atomenergie ist eine denkbar schlechte Lösung zur Verhinderung der Erderwärmung. Hinzu kommt, dass Hunderte von Atommeilern in kürzester Zeit gebaut werden müssten – mehrere pro Monat – um zumindest einen Teil der weltweit durch Energiegewinnung produzierten klimaschädlichen Gase zu vermeiden. Das ist angesichts der Bauzeiten von mehreren Jahrzehnten ein unrealistisches Szenario. 6
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udem ist Atomstrom ein unflexibler Grundlastträger, der den Ausbau der Erneuerbaren blockiert. Ernsthaft eine Rückkehr zur Atomenergie fordern kann nur, wer alle anderen Aspekte der nuklearen Kette ausblendet. Vom UranRaubbau über das Risiko von Atomkatastrophen, den strahlenden Atommüll bis hin zur Proliferationsgefahr: Investitionen in die zivile atomare Infrastruktur sind auch in den Atomstaaten nichts weiter als versteckte Subventionen für militärische Atomprogramme. Ohne das zivile Rückgrat der Atomindustrie wäre eine Modernisierung der Atomwaffenarsenale nicht denkbar. Den energiepolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts werden wir nicht mit Technologien aus der Mitte des letzten Jahrhunderts begegnen können. Die IPPNW fordert daher eine dezentralen Energiewende mit hundert Prozent Erneuerbaren Energien – in Bürgerhand, auf der Basis eines gesamtgesellschaftlichen Umdenkens mit Blick auf die limitierten Ressourcen unseres Planeten. Diese Forderung haben wir auch in der Fukushima-Anzeige in der Süddeutschen Zeitung 2021 wieder erhoben.