Public Private Partnership

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PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP

Katze im Klarsichtbeutel

Jahrbuch

2013

Jahrbuch 2013 DETLEF KNOP (HRSG.)

PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP


Jahrbuch 2013

DETLEF KNOP (HRSG.)

PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP

TITELBILDER:

oben links: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berlin | Foto: Pelzetter oben rechts: Schloss Sonnenstein, Pirna | Foto: Bilfinger SE unten links: Schulen in East Down und Lisburn, Nordirland | Foto: Bilfinger SE unten rechts: Autobahn A1 Hamburg–Bremen | Foto: A1 mobil GmbH & Co. KG


Public Private Partnership Jahrbuch 2013

II

Herausgeber: Detlef Knop Redaktion: die-journalisten.de GmbH, Köln Stefany Krath, Anna Petersen, Kim Schönrock Koordination: Detlev Leisse, Convent Kongresse GmbH Gestaltung/Satz: Kontur/Repro 45, Frankfurt am Main Druck & Verarbeitung: Boschen Druck, Frankfurt am Main ISBN: 978-3-9813677-6-8 Schutzgebühr: 38,– Euro © Convent GmbH 2013


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INHALTSVERZEICHNIS

Inhalt Vorwort Detlef Knop

Investitionsbedarf versus Schuldenbremse: ÖPP bietet bewährte Lösungen

2

Kapitel 1 Investitionsbedarf und Schuldenbremse

Werner Gatzer

Aus Sicht der Bundesregierung: Öffentlich-Private Partnerschaften – eine wirtschaftliche Beschaffungsalternative 5

Thomas Töpfer

Aus Sicht der Bauwirtschaft: Erfolgsfaktoren für ÖPP

Helmut Dedy

Aus Sicht der Städte und Gemeinden: Investitionsfähigkeit sichern

9

13

Bernward Kulle Anja Tannhäuser

Partnerschaften Deutschland: Partnerschaftsmodelle strategisch gestalten 17

Regine Unbehauen Klaus Dohmen

Kommunaler Investitionsbedarf: Erfahrungen aus weiteren Pilotprojekten in Nordrhein-Westfalen

21

Lernen aus PPP in Bayern: Projektberichte aus Hoch- und Straßenbau

25

PPP als alternativer Beschaffungsansatz im Freistaat Sachsen

29

PPP in Hessen: wichtiger Bestandteil der Baupolitik

33

Der ÖPP-Markt 2012: Talsohle erreicht?

37

IV

Gabriele Engel

Dr. Oliver Rottmann

Ulrich Kist

Tim-Oliver Müller


Kapitel 2 Öffentlicher Hochbau

Thomas Leitschuh Christian Pelzeter

Dr. Manfred Otto

Dr. Helmut Müller

Thomas Buths

Uwe Kaven

Thomas Buths

Bundesministerium für Bildung und Forschung – aus Sicht des Auftraggebers

43

Justizvollzugsanstalt Bremervörde: Erfolg durch optimale Vorbereitung

47

Über 30 Jahre Erfahrungen mit PPP in Wiesbaden

51

Seit 12 Jahren in Betrieb – die Britische Botschaft in Berlin

57

Seit 7 Jahren in Betrieb – die Schulen in Köln

61

Seit 6 Jahren in Betrieb – das Kreishaus Unna

65

Oliver Baumann Daniel Przemeck

Seit 1 Jahr in Betrieb – Schloss Sonnenstein in Pirna

69

Bianca Grübbel

Schulen des Landkreises Miesbach: innovativ, energieeffizient und wirtschaftlich

73

Dr. Matthias Sundermeier Helmut Meng Peter Melching

Antoniuskolleg Neunkirchen-Seelscheid: Standortsicherung dank ÖPP

77

Helmuth Hahn-Klimroth Dr. Petra Beckefeld

Krankenhaus in Hofheim am Taunus: ein PPP-Leasingmodell

81

Friedrich Prem Dr. Stefan Reimoser Erich Thewanger

Wiener Spitalskonzept 2030: Konzentration auf sieben Standorte

85

V


Kapitel 3 Verkehrswegebau

Tatjana Tegtbauer

Petra Rother Julia Fundheller

Die A- und F-Modelle als Wegbereiter für die Zukunft

91

Aus Sicht des Auftraggebers: Sechsstreifiger Ausbau der A1 in beeindruckend kurzer Gesamtbauzeit

95

Volker Ellenberg Lutz Hoffmann

Aus Sicht des Auftragnehmers: PPP-Pilotprojekt A1 erfolgreich umgesetzt 99

Prof. Dr. Torsten R. Böger Juliane Willmer

Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur: Der Blick in die Zukunft

103

Alexander Hofmann Jana Sudau

Sicherung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur: Was ist zu tun?

107

Dr. Jörg Hopfe Frank M. Schmid Michael Schultze-Rhonhof

Verkehrsinfrastruktur in Deutschland: Kommunale Vermögenswerte sichern

111

Thomas Brehler Maik Heringhaus

Highway Maintenance PPP in UK: ein Modell für Deutschland?

115

Peter H. Coenen Dr. Ansgar Bendiek

Weltweite Erfahrungen mit PPP-Infrastrukturprojekten: Erfolg in Chile

119

Entlang der Seidenstraße: ein wichtiger Handelsweg nach Asien

123

Michael Korn

Kapitel 4 Instrumente und Verfahren

VI

Dr. Hans-Georg Napp

Die Finanzierungsmöglichkeiten von PPP im Wandel der Zeiten

127


Dr. Johannes Schuy Anja Tannhäuser

Transparenz bei ÖPP-Projekten: Forschungsprojekt zeigt Handlungsoptionen 131

Prof. Dr. Andreas Pfnür Kevin Meyer Dr. Christian Glock

Kooperation fördert Projekterfolg: Analyse des privaten Lebenszyklus-Pilotprojekts

135

Thomas Schubert Hartmut Fischer

Partnerschaftliche Zusammenarbeit: Vertrauen senkt Transaktionskosten

139

Monica A. Schulte Strathaus Bündelung von PPP-Projekten: Anett Sommer Herausforderungen heterogener Portfolios 143

Dr. Robin Heidel Kai Mathieu Henrik Vogt

ÖPP und Energieeffizienz: Mit richtigen Maßnahmen langfristigen Erfolg sichern

147

Klaus Hahnenfeld

PPP und IT: Erfolgsfaktoren für ein effektives Miteinander

151

PPP und IT: Durch strategische Kooperation zum Erfolg

155

Einsatz von PPP für das Breitbandprojekt Odenwaldkreis

159

Claus Wechselmann

Jürgen Walther

Kapitel 5 Internationale Erfahrungen und Entwicklungen

Klaus Grewe

Großprojekt Olympia 2012 in London: in time und in budget 163

Robert Stakowski PPP in Frankreich: Auch 2012 Prof. Dr. Dieter Jacob wieder Spitzenreiter in Europa Corinna Hilbig

167

VII


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VIII

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Lorenz Bösch

PPP in der Schweiz: Die Perspektiven

171

Sietske G. Bergsma

PPP in den Niederlanden: Lessons Learned beim Umbau des Finanzministeriums in Den Haag

175

PPP in Luxemburg: Sport und Freizeit im Parc des Sports Oberkorn

181

PPP in Kanada: Pragmatischer Umgang mit PPP

185

PPP in Australien: Peninsula Link als Meilenstein beim Ausbau des Autobahnnetzes

189

Henri Krecké

Carsten Müller

Oliver Lauw

Die Inhaltsverzeichnisse der letzten Jahre finden Sie im Internet unter www.convent.de

IX


VORWORT

Investitionsbedarf versus Schuldenbremse: ÖPP bietet bewährte Lösungen Mit 15 beauftragten Projekten und einem Investitionsvolumen von 550 Millionen Euro für Hoch- und Verkehrswegebau konnte ÖPP 2012 noch nicht wieder so richtig durchstarten. Der Verkehrswegebau hatte ohne A-Modelle nur ein Projekt mit 10 Millionen Euro beizusteuern. Beim Hochbau wirkte das Konjunkturpaket nach, da kaum neue Projekte vorbereitet waren. Dazu verunsicherte die Schuldenbremse, welche Projekte sich eine Kommune noch leisten kann.

Detlef Knop ist Herausgeber des Jahrbuchs und PPPPionier in Deutschland.

Wie sind die Aussichten? Bereits 200 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 7,8 Milliarden Euro sind seit 2003 im Hoch- und Verkehrswegebau vergeben worden, davon im Hochbau zunehmend auch mit langfristiger Finanzierung durch den öffentlichen Auftraggeber. Die erreichten Einsparungen in Höhe von 12 Prozent entsprechen 940 Millionen Euro. Rund 100 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 6 Milliarden Euro befinden sich in Vorbereitung. Beim Hochbau punkten Gesundheit, Bildung und Verwaltung, beim Verkehrswegebau sind die bewährten A-Modelle stark nachgefragt. Weitere Nutzungen wie IT-Dienstleistungen, Energiewende und Schiene sind vorgesehen. Erheblicher Investitionsbedarf Der durch steigende Sozialausgaben ausgelöste Investitionsstau bei den Kommunen wird mit 150 Milliarden Euro festgestellt, bei den Verkehrswegen Straße, Schiene, Wasser fehlen 7,2 Milliarden Euro pro Jahr. Durch Energiewende und Staatsmodernisierung werden weitere Milliardenbeträge benötigt – und gleichzeitig soll die Schuldenbremse eingehalten werden: Das alles erfordert große Anstrengungen und innovative Lösungen. Die öffentliche Hand hat erkannt, dass ÖPP hierfür bewährte Lösungen bietet. Kosten und Termine bei Großprojekten Viele konventionelle Großprojekte wie die Hamburger Elbphilharmonie, der Berliner Flughafen, der Stuttgarter Bahnhof oder der Frankfurter Eurotower verursachen mit enormen Kosten- und Terminüberschreitungen negative Schlagzeilen. Dagegen überzeugen PPP-Großprojekte mit Kosten- und Termineinhaltung. Beim 650-Millionen-Euro-Projekt A1 von Bremen nach Hamburg überschlug sich die Presse mit Lobeshymnen zur strikten Kosteneinhaltung und zur vorzeitigen Fertigstellung (drei Monate) bei gleichzeitig hoher Qualität. Die anderen A-Modelle waren ebenso erfolgreich. Dass das auch bei noch größeren Projekten funktioniert, beweisen die Olympischen Spiele 2012 in London: Der Projektsteuerer Klaus Grewe erläutert in seinem Beitrag, wie er das 9,3-Milliarden-Pfund-Projekt in budget und in time erfolgreich realisiert hat: 10 Prozent unter Budget und vier Monate vor Zeitplan.

2


Qualität und Innovation Ulrich Kist geht der Frage nach „Was hat PPP?“ und resümiert, dass die Vorteile von PPP vor allem aus dem Lebenszyklusansatz kommen: Ein privater Partner, der nicht nur baut, sondern auch für 30 Jahre Betrieb verantwortlich zeichnet, versucht seine Bauunterhaltungs- und Instandhaltungskosten ebenso wie die Betriebskosten gering zu halten. Er baut qualitativ hochwertiger und damit auch teurer, spart das jedoch über den Lebenszyklus wieder ein. Dass eine öffentliche Hand ohne privaten Partner gleichermaßen handeln könnte, sei in Zeiten der Schuldenkrise nicht realistisch, bedauert der Autor. Durch funktionale Ausschreibungen ist ÖPP eine innovative Beschaffungsmaßnahme, die mit vielen Auszeichnungen von sich reden macht, beispielsweise mit dem LEED-Gold-Standard für die Energieeffizienz beim Mehr-Regionen-Haus in Brüssel oder dem jährlichen Innovationspreis PPP für herausragende innovative Projektlösungen, oder auch der PPP-Persönlichkeit des Jahres 2012, Ronald Wörmcke aus Hamburg. Entsprechende Beiträge finden Sie im Jahrbuch und bei der Jahrestagung. ÖPP in der öffentlichen Wahrnehmung Eine Allensbach-Studie zu ÖPP-Projekten im Schulbereich zeigt auf, dass 90 Prozent der befragten Auftraggeber in der Zusammenarbeit mit einem privaten Partner vor allem Vorteile sehen und über 60 Prozent der Schulleiter und Elternvertreter ÖPP im Schulbereich gut finden. Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, bestätigt in seinem Beitrag, dass „Erfahrungen, die der Bund bislang mit ÖPP im Bundesfernstraßenbau sowie im Hochbau gemacht hat, überwiegend gut bis sehr gut sind“. Dennoch gibt es noch immer viele Vorbehalte gegen ÖPP, die privatwirtschaftliche Realisierung wird in Deutschland oft als Privatisierung verkannt. Selbst die deutschen Rechnungshöfe haben noch keinen rechten Zugang zu den unbestreitbaren Vorteilen von ÖPP, während die britischen Kollegen vom National Audit Office (NAO) bereits von Anfang an Pilotprojekte begleiten und auch jährlich im Parlament über die Ergebnisse berichten. Um die Akzeptanz beim Thema ÖPP zu verbessern, ist deshalb umfassende Kommunikation und vor allem Transparenz gefragt: „Transparenz ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, um mehr Vertrauen in dieses Beschaffungsmodell zu bringen“, sagt Thomas Töpfer in seinem Beitrag. Und wie sehen das die Beteiligten? Das erfahren Sie in diesem im 10. Jahr erscheinenden Jahrbuch. Es enthält sowohl Vorträge von der Jahrestagung PPP als auch weitere aktuelle Beiträge aus der Praxis der beteiligten Partner, seien es Bund, Länder und Gemeinden, Sponsoren und Banken, Baufirmen und Betreiber sowie Planer und Berater. Sie alle haben ihre Erfahrungen zu Papier gebracht und informieren über die aktuellen Themen von ÖPP. Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen

Detlef Knop

3


4


Von Werner Gatzer

Die Erfahrungen, die Bund, Länder und Kommunen mit ÖPP-Projekten gemacht haben, sind überwiegend positiv. Trotzdem lag das Investitionsvolumen 2012 unter dem des Vorjahrs. Neben der grundlegenden Information und einer Standardisierung von ÖPP ist es außerdem notwendig, bestehende Vorbehalte abzubauen. Zunächst ein paar Fakten: Von 2002 bis Ende 2012 wurden 184 Projekte im Hoch- und Tiefbau mit einem Volumen von mehr als 7,3 Milliarden Euro unter Vertrag genommen, wobei rund 4,9 Milliarden Euro auf den Hochbau und etwa 2,4 Milliarden Euro auf den Tiefbau entfallen. Die Vertragsabschlüsse des Jahres 2012 konnten zwar nicht an die Zahlen des Jahres 2011 anknüpfen, in dem 16 Projekte mit einem Volumen von fast 1,2 Milliarden Euro gestartet wurden. Allerdings befinden sich zurzeit mehr als 120 Projekte in der Ausschreibung, Vorbereitung oder Prüfung.

Werner Gatzer ist Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF) (Foto: BMF/Hendel).

Zurückhaltung trotz guter E­ rfahrungen mit ÖPP

Investitionsbedarf und Schuldenbremse

Aus Sicht der Bundesregierung: Öffentlich-Private Partnerschaften – eine wirtschaftliche Beschaffungsalternative

Doch auch wenn die Projektpipeline damit gut gefüllt ist, bleibt das Investitionsvolumen hinter den Erwartungen vieler zurück. Und das, obwohl Auftraggeber und Nutzer mit den bereits in der Betriebsphase befindlichen ÖPP-Projekten überwiegend zufrieden sind. So zeigt eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach zu ÖPP-Projekten im Schulbereich, dass 90 Prozent der befragten Auftraggeber in der Zusammenarbeit mit

Anzahl der ÖPP-Projekte und Investitionsvolumen in Mio. € von 2002 bis 2012

Projektanzahl

in Mio. Euro

1600 Investitionsvolumen Straßenbau

1400

620

657

184

Investitionsvolumen Hochbau

1000

Anzahl Projekte kumuliert

800

119

140 120 100

91

600

51

400

80 53

60

22

40

30

200 2 64

20

14 350

2002/2003 2004

Projekt

160 540

534

200 180

160 145

1200

0

176

457

594

887

775

653

362

611

150

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

0

5


einem privaten Partner vor allem Vorteile sehen und über 60 Prozent der Schulleiter und Elternvertreter ÖPP im Schulbereich gut finden. Nur gut ein Viertel der Schulleiter sowie der Elternvertreter ist der Meinung, dass der Betrieb öffentlicher Schulen ganz in der Verantwortung von Städten und Gemeinden bleiben sollte. Auch die Erfahrungen, die der Bund bislang mit ÖPP im Bundesfernstraßenbau sowie im Hochbau gemacht hat, sind überwiegend gut bis sehr gut. Die Strecken der ersten drei Bundesfernstraßenprojekte, der Bundesautobahn (BAB) A8 Augsburg–München, der BAB A4, der sogenannten Hörselbergumfahrung in Thüringen, und erst jüngst die BAB A1 zwischen Bremen und Hamburg konnten früher als geplant und vertraglich vereinbart in Betrieb genommen werden. Der Neubau des Bundesministeriums für Bildung und Forschung liegt voll im Zeitplan. Trotz der guten Erfahrungen gibt es noch immer viele Vorbehalte gegen ÖPP. Die Diskussionen der jüngsten Zeit haben gezeigt, dass falsche Vorstellungen von ÖPP weit verbreitet sind. ÖPP bedeutet vor allem nicht „Privatisierung“, sondern eine Beschaffungsform, bei der unterschiedliche Leistungselemente unter der Regie der öffentlichen Hand an private Dritte zur Ausführung vergeben werden, wie dies auch im konventionellen Bereich für Bau und Erhaltung und teilweise Betrieb gilt und praktiziert wird. Innovativ ist nur der Ansatz, Vereinbarungen zwischen öffentlichen und privaten Partnern über den gesamten Lebenszyklus von Projekten der öffentlichen Hand zu schließen – also über alle Phasen von Planung über Bau, Finanzierung und Betrieb bis ggf. zur Verwertung – und damit Wirtschaftlichkeitsvorteile zu erzielen. Standardisierungen voranbringen Wirtschaftlichkeit ist der zentrale Punkt: ÖPP ist zunächst nur eine Beschaffungsvariante von vielen. Immer gilt: die wirtschaftlichste Variante muss gewählt werden. Dies kann in vielen Fällen 6

eine ÖPP sein. Deshalb kommt der Ermittlung der Wirtschaftlichkeit eine besondere Bedeutung zu. Aber auch bei ÖPP-Projekten gibt es, wie bei jeder anderen Beschaffungsvariante, Mängel. Der Erfahrungsbericht der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder zur Wirtschaftlichkeit von ÖPPProjekten vom 14. September 2011 listet solche auf. Dies zeigt, dass weiterer Bedarf für Beratung, Wissenstransfer und Standardisierung besteht, vor allem um die komplexe Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von Beschaffungsvarianten über den Lebenszyklus fachgerecht durchzuführen. Dem kommt die Bundesregierung in vielerlei Hinsicht nach. Seit März 2012 ist ein Rechenmodell zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Hochbau verfügbar, das die ÖPP Deutschland AG im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) entwickelt hat. Dieses Excelbasierte Modell ermöglicht einen rechnerischen Vergleich der Wirtschaftlichkeit von Eigenbau und ÖPP-Variante auf der Basis der vorhandenen Leitfäden. Es wird durch die ÖPP Deutschland AG unentgeltlich an Interessenten der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft abgegeben. Das Modell wird im Auftrag des BMF nun erweitert, um alle für eine Beschaffung im Hochbau möglichen Varianten gleichzeitig betrachten zu können und komfortabel die wirtschaftlichste Lösung zu ermitteln. Dies ist ein komplexer und aufwendiger Auftrag, der sich jedoch wegen des großen Bedarfs an derartigen praktikablen Hilfestellungen in jedem Fall lohnen wird. Ein weiteres Thema ist die Gleichbehandlung von konventionellen Projekten und ÖPP hinsichtlich der Einbindung von Fördermitteln. Hier besteht Informationsbedarf, da die Zuwendungsverfahren ganz auf die klassische Beschaffung zugeschnitten sind. Dazu hat die ÖPP Deutschland AG im Auftrag des BMF und in Zusammenarbeit­ mit Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Zuwendungsrecht“ des Bund-Länder-Netzwerks ÖPP ein Dis-


kussionspapier erstellt, das Möglichkeiten aufzeigt, wie diese Gleichbehandlung im Rahmen der geltenden Zuwendungsbestimmungen erreicht werden kann. Dieses Papier soll demnächst in verschiedenen Gremien diskutiert werden. Der anhaltend hohe Beratungsbedarf manifestiert sich auch in den Anfragen an das sogenannte Helpdesk der ÖPP Deutschland AG, an das sich öffentliche Auftraggeber für eine erste Beratung zu ÖPP-Projekten kostenlos wenden können. Im Jahr 2012 wurde das Helpdesk von über 100 Ratsuchenden in Anspruch genommen, wobei das Spektrum der Beratungen von allgemeinen Fragestellungen zu ÖPP bis zu konkreten Beratungen in der Frühphase eines Projekts reichte. Im Hinblick auf den nach wie vor bestehenden Bedarf an Beratung und Grundlagenarbeiten im Bereich ÖPP hat sich die Bundesregierung entschlossen, die Rahmenvereinbarung des Bundes mit der ÖPP Deutschland AG für vier weitere Jahre abzuschließen und sie auch wieder für andere öffentliche Auftraggeber zu öffnen. Die Resonanz war erfreulich und zeigt die Bereitschaft der öffentlichen Hand, das ÖPP-Modell zu nutzen. In einem für ÖPP schwierigen Umfeld haben 150 öffentliche Auftraggeber, 25 Prozent mehr als bei der Premiere 2008, die neue Rahmenvereinbarung gezeichnet. ÖPP-Handlungsfelder erweitern Neben der Beratung und Standardisierung ist es weiterhin notwendig, bestehende Hemmnisse für ÖPP abzubauen und Anwendungsfelder auszubauen und neu zu entwickeln. Dazu hat das BMF sich der Themen Transparenz, Energieeffizienz und Dienstleistungszentren angenommen. Transparenz Ein durchgängiges Thema im Hinblick auf Vorbehalte gegen ÖPP ist der immer wieder zu hörende Vorwurf, ÖPP-Projekte seien nicht transparent. Dazu liegt nunmehr eine detaillierte

Untersuchung der ÖPP Deutschland AG vor, die vom BMF in Auftrag gegeben wurde, um die Befindlichkeiten der verschiedenen Akteure in einem ÖPP-Prozess in Erfahrung zu bringen. Demnach scheint es angesichts der herrschenden Unsicherheit über ÖPP besonders notwendig, Vertrauen herzustellen, und zwar über den gesamten ÖPP-Prozess hinweg: Die Beteiligten und Interessierten sollten in jeder Phase wie Bedarfsfeststellung, Vorbereitung, Ausschreibung und Vergabe, Bau und Betrieb sowie ggf. Verwertung adressatengerecht die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt bekommen. Allerdings hat Transparenz auch Grenzen: Die fiskalischen Interessen des Staates müssen gewahrt bleiben, die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Beschaffung im Wettbewerb darf dadurch für die Zukunft nicht in Frage gestellt werden. ÖPP und Energieeffizienz Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, sind eine Steigerung der Energieeffizienz und eine Senkung des Primärenergiebedarfs notwendig. Wichtig ist dabei auch eine bessere Energieeffi­ zienz bestehender Gebäude. Daher hat das BMF die ÖPP Deutschland AG mit der Grundlagenarbeit „ÖPP zur Steigerung der Energieeffizienz bei Bestandsgebäuden“ beauftragt. Die Idee dahinter ist, dass der Lebenszyklusgedanke, insbesondere die Behandlung der Betriebskosten, in der Bestandspflege und bei Sanierungsentscheidungen im öffentlichen Sektor zu Unrecht noch keine entscheidend große Rolle spielt. Sanierungsmaßnahmen im Rahmen konventioneller Eigenbaulösungen erfordern die zeitnahe Bereitstellung erheblicher Haushaltsmittel, deren „Erträge“ in Form verminderter Betriebskosten weit in der Zukunft liegen und daher bei der Entscheidungsfindung zu wenig berücksichtigt werden. Umfassende Sanierungen werden daher in vielen Fällen gar nicht erst erwogen. In der Folge wird ein Großteil öffentlicher Gebäude mit schlechter Energieeffizienz unwirtschaftlich und wenig nachhaltig weiterbetrieben. 7


Auch hier können ÖPP-Lösungen das richtige Instrument sein: Der Lebenszyklusansatz macht die durch Energieeinsparungen sinkenden Betriebskosten im Wirtschaftlichkeitsvergleich unmittelbar sichtbar. ÖPP und Dienstleistungen Für ÖPP-Lösungen kommt aber nicht nur der klassisch damit in Verbindung gebrachte Bereich mit dem Schwerpunkt Bauen in Betracht, sondern auch das große Feld der Dienstleistungen. In diesem Segment passt die herkömmliche Denkweise „Planen, Bauen, Finanzieren und Betreiben“ nicht, da der Schwerpunkt der Beschaffung nicht mehr eine Baumaßnahme ist, sondern eine Dienstleistung mit einer in der Regel hohen Personalintensität. Mit anderen Worten: Köpfe, nicht Beton, stehen im Vordergrund. Dass in diesem Bereich Handlungsbedarf besteht, wird insbesondere begreifbar, wenn man sich die demografische Entwicklung vor Augen führt. Der Staat wird langfristig prüfen müssen, ob er sich dauerhaft eine öffentliche Dienstleistungslandschaft in der jetzigen Form leisten kann und will: weil in der Fläche die Kunden, also die Bürger fehlen, und vor allem auch, weil die öffentliche Hand mit der privaten Wirtschaft um die Köpfe streiten wird, die die Dienstleistungen erbringen sollen. Um die Frage zu klären, wie ÖPP-Modelle hier zur Lösung beitragen können, hat das BMF nach

8

Befassung im Bund-Länder-Netzwerk ÖPP, in dem auch die kommunalen Spitzenverbände vertreten sind, die ÖPP Deutschland AG mit der Grundlagenarbeit „Dienstleistungszentren (DLZ) in Form von Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP), insbesondere im interkommunalen Bereich“ beauftragt. Zielstellung ist, eine Vorgehensweise für die Identifizierung, Bewertung und Umsetzung einer gemeinsamen Leistungserbringung in Form von ÖPP-Dienstleistungszentren zu erarbeiten. Da dies besonders die kommunale Ebene betrifft, ist es erfreulich, dass sich insbesondere der Deutsche Landkreistag, der Landkreis Miltenberg sowie die Städteregion Aachen an der Arbeit beteiligen. ÖPP-Zukunft Die bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse zeigen, dass ÖPP nicht selten eine wirtschaftliche Alternative zur konventionellen Beschaffung darstellt und die vielfältigen Potenziale von ÖPP bei weitem noch nicht erschlossen sind. Für eine dauerhafte Zukunft von ÖPP wird es jedoch gleichermaßen wichtig sein, die Beteiligten und Interessierten vertrauensbildend, also frühzeitig und projektbegleitend sowie sach- und adressatengerecht, über ÖPP-Vorhaben zu informieren. Für die Bundesregierung sind Öffentlich-PrivatePartnerschaften kein Königsweg, sondern eine Beschaffungsform, die sich im Wirtschaftlichkeitsvergleich mit anderen Beschaffungsvarianten bei konkreten Vorhaben bewähren muss.


Von Thomas Töpfer

In der öffentlichen Diskussion werden ÖPP weiterhin kontrovers diskutiert. Insbesondere in der medialen Berichterstattung geraten Sachlichkeit und Objektivität zugunsten politischer und ideologischer Vorurteile immer mehr in den Hintergrund. Transparenz ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, um mehr Vertrauen in dieses Beschaffungsmodell zu schaffen.

Thomas Töpfer ist Mitglied des Vorstands der Bilfinger SE und Vorsitzender des Arbeitskreises ÖPP im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.

vergeben. Im Vergleich zum Vorjahr ist zwar ein leichter Anstieg des Investitionsvolumens zu verzeichnen, die Projektanzahl ist jedoch weiter rückläufig. Im Verkehrsbereich wurden keine neuen ÖPP-Projekte vergeben, nur ein einziges A-Modell wurde ausgeschrieben. Die angekündigten A-Modelle auf der A7 in Niedersachsen, der A6 in Baden-Württemberg sowie der A94 in Bayern werden erst 2013 an den Markt kommen.

Vorwürfe von „Sabotage“, „Manipulation, um Anschein von Legalität zu wecken“, „unseriöses Vorgehen“ und „griechischer Ansatz zu Infrastrukturfinanzierung“ werden erhoben, ohne den eigentlichen Sachverhalt differenziert zu beleuchten. Dieses negative Meinungsumfeld hat zweifelsfrei Spuren auf dem ÖPP-Markt hinterlassen: Seine Entwicklung war in Deutschland 2012 wie prognostiziert zurückhaltend. Bis Jahresende wurden 14 ÖPP-Hochbauprojekte mit einem Investitionsvolumen von rund 540 Millionen Euro

ÖPP im öffentlichen Hochbau: Regionale Verteilung

188 24 65

17 2 0

0 0 0

vergebene Projekte Projekte in Ausschreibung

4 0 2

2 0 1

Projekte in Vorbereitung

55 6 15

2 0 1 Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.

3 1 4

16 3 6 21 5 12 20 2 4

2 0 5

2 0 2 10 0 1

12 2 5 5 1 3 17 2 4

Quelle: eigene Erhebung Stand: 25.1.2013

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Investitionsbedarf und Schuldenbremse

Aus Sicht der Bauwirtschaft: Erfolgsfaktoren für ÖPP


Notwendigkeit zweifelsfrei vorhanden Die pauschale Kritik führt zu einem Stillstand, den wir uns in Deutschland nicht leisten können. Der Bedarf an einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Infrastruktur ist in allen Bereichen unverändert hoch. Die von der Verkehrsministerkonferenz eingesetzte Daehre-Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ hat in ihrem Mitte Dezember 2012 vorgelegten Abschlussbericht eine Unterfinanzierung der Verkehrswege Straße, Schiene und Wasserstraße in Höhe von mindestens 7,2 Milliarden Euro pro Jahr festgestellt. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht von einem Nachholbedarf von über 23 Milliarden Euro allein für die Sanierung des Verkehrsträgers Straße. Nicht zu vergessen ist der von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in ihrem Kommunalpanel 2011 bezifferte kommunale Investitionsstau von 100 Milliarden Euro. Mit Blick auf den demografischen Wandel besteht laut KfW ein Investitionsbedarf von ca. 53 Milliarden Euro für einen altersgerechten Infrastruktur-Umbau. Für die energetische Sanierung von Gebäuden der kommunalen und sozialen Infrastruktur seien zudem weitere 75 Milliarden Euro notwendig. Die öffentliche Hand ist derzeit nicht in der Lage, diese Herausforderungen aus eigener Kraft zu bewältigen. Die öffentlichen Haushalte sind nach wie vor in einer angespannten Situation. Die Investitionsetats stehen weiterhin unter Druck. Die Schuldenbremse wird diesen Druck sogar noch erhöhen. Partnerschaftliche und gut strukturierte Lösungsansätze wie ÖPP sind daher von großer Wichtigkeit, um diesen Problemen zu begegnen. Denn ÖPP bergen große Erfolgspotenziale für die öffentliche und auch private Seite. Sie können dazu beitragen, knappe Finanzmittel nachhaltig zu nutzen, Arbeitsplätze langfristig zu sichern und Projekte in hoher Qualität schneller umzusetzen. 10

Nutzerzufriedenheit, Innovationen und Effizienz Die große Mehrheit der deutschen ÖPP-Projekte macht diese Potenziale deutlich. Im Hochbau erfreuen sich die Projekte einer großen Zufriedenheit von Auftraggebern und Nutzern, wie die Allensbach-Studie belegt hat. Grund hierfür ist vor allem die gute und schnelle Zusammenarbeit mit dem privaten Partner, die Qualität der Leistungen sowie die hohe Kostensicherheit. In einer Auftraggeber- und Nutzerbefragung der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) erstellten Studie „Architekturqualität für ÖPP“ wurde zudem die ÖPP-Architektur im Vergleich zur konventionellen Beschaffung gelobt. Der für ÖPP inhärente Wettbewerb sowie die vom Auftraggeber erstellte Outputspezifikation haben sich u.a. im Bereich der Energieeffizienz als regelrechter Innovationstreiber herausgestellt. Schulen und Verwaltungsgebäude im zertifizierten Passivhaus-Standard, Plus-Energie-Häuser sowie zukunftsweisende Lösungsansätze in Bezug auf regenerative Energiequellen, Gebäudehüllen, Lüftungsanlagen und Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffquellen sind Beispiele dieses großen Innovations- und Effizienzpotenzials. Die deutlichen Effizienzpotenziale von ÖPP werden vor allem auch im Bereich der Bundesfernstraßen deutlich. Bei den drei bereits fertiggestellten ÖPP-A-Modellen wurden aufgrund des ÖPP-Modells und der Gesamtvergabe des Autobahnteilstücks erhebliche Zeiteinsparungen gegenüber dem konventionellen Verfahren realisiert. Alle bisher fertiggestellten ÖPP-A-Modelle wurden on-time, das heißt zum vertraglich festgelegten Fertigstellungstermin für den Verkehr freigegeben. Die Neu- und Ausbauarbeiten des A-Modells auf der A4 Hörselberg-Umfahrung wurden gar ein Jahr vor dem vereinbarten Fertigstellungstermin beendet. Ebenso konnte der Teilabschnitt auf der A1 zwischen dem Autobahndreieck Buchholz und dem Bremer Kreuz


durch das ÖPP-Modell früher als geplant für den Verkehr freigegeben werden. Alle A-Modelle liefern gleichzeitig eine überdurchschnittlich hohe Qualität, da sich die Verantwortlichkeit und Risikoübernahme des privaten Unternehmens im Gegensatz zur konventionellen Realisierung über den gesamten Lebenszyklus eines Projekts erstreckt. ÖPP-Projekte bieten – bei minimalen Nachträgen von 2 bis 3 Prozent des Auftragsvolumens – zudem eine außergewöhnlich hohe Kostensicherheit. Die bislang durch die Unternehmen der Bauindustrie fertiggestellten ÖPP-­ A-Modelle waren alle in-budget, das heißt im ­veranschlagten Kostenrahmen. Erfahrungen besser kommunizieren Die vielen positiven Erfahrungen mit Partnerschaftsmodellen wie ÖPP finden im öffentlichen Diskurs jedoch weiterhin zu wenig bis gar keine Beachtung. Vielmehr wird eine Diskussion über angebliche Arbeitsplatzverluste, soziale und öffentliche Unverträglichkeiten sowie über vermeintliche ÖPP-Wirtschaftlichkeitsnachteile geführt. Bei näherer Betrachtung entbehren diese Vorwürfe zwar jeglicher Grundlage, ein aktiver Umgang mit diesen Anschuldigungen sowie deren Richtigstellung durch die ÖPP-Auftraggeber bleibt jedoch meist aus. Dies ist eines der Probleme, warum der ÖPP-Markt auch 2013 weiterhin mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen hat. Die Deutsche Bauindustrie hat sich bereits 2012 dazu entschieden, die Kritik nicht weiter unkommentiert stehen zu lassen. In Gesprächen, Stellungnahmen und Positionspapieren stellen wir Kritik richtig und bemühen uns, die verlorene Sachlichkeit in die Diskussion zurückzubringen. Wir versuchen dabei unseren Gesprächspartnern zu vermitteln, dass Investitionsentscheidungen im Einzelfall und mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit, das heißt sowohl in Bezug auf die Haushaltsverträglichkeit als auch auf die soziale und gesellschaftliche Entwicklung, sachlich und unideologisch getroffen werden müssen.

Potenziale nutzen und ausbauen Wir müssen uns außerdem dafür einsetzen, dass das bislang gesammelte ÖPP-Know-how auch auf bisher unerschlossene Marktsegmente übertragen wird, so z.B. auf den Bereich des Schienenwegebaus. Erste Überlegungen wurden hierzu bereits auf Ebene des Bundes sowie im Land Bayern am Beispiel des Schienenwegeprojekts ABS 38 angestellt. In weiteren Schritten muss das ÖPP-Schienenmodell nun gemeinsam mit der Deutschen Bahn zu einer Marktreife geführt und weitere geeignete Pilotprojekte identifiziert werden. Gleiches gilt für den Bereich der Landes- und Kommunalstraßen, in dem bislang nur wenige Projekte realisiert wurden. ÖPP können zudem als alternativer Lösungsweg für aktuelle Herausforderungen, wie für den notwendigen Ausbau von Betreuungsplätzen, genutzt werden. Der durch das Kinderförderungsgesetz (KiföG) ab August 2013 bestehende Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres stellt insbesondere die Kommunen als öffentliche Träger vor eine große Herausforderung. ÖPP können hier eine Möglichkeit darstellen, dringende Investitionen schnell und effizient durchzuführen sowie die Kita-Einrichtungen nachhaltig und verlässlich zu bewirtschaften. Transparenz weiter fördern Um die Akzeptanz für Öffentlich-Private Partnerschaften zu erhöhen, müssen wir uns weiter für mehr Transparenz einsetzen. Transparenz ist und bleibt ein wichtiger Baustein für die Legitimation von ÖPP, auch wenn ÖPP-Projekte allein aufgrund des großen Bürgerinteresses generell sehr viel transparenter verhandelt werden, als dies bei konventionellen Projekten üblich ist. Ein hohes Maß an Transparenz zwingt die ÖPP-Kritiker gleichzeitig dazu, sachlich und wahrheitsgemäß zu argumentieren. Mit der Transparenzinitiative der Deutschen Bauindustrie haben wir einen wichtigen Schritt in die 11


richtige Richtung gemacht. Als Ergebnis wurden die ersten Verträge auf der Transparenz-Plattform der ÖPP Deutschland AG veröffentlicht. Wir können uns jedoch noch mehr Transparenz vorstellen, z.B. im Verkehrswegebau. Wir haben nichts gegen die Offenlegung der Verträge für ÖPPVerkehrsprojekte. Die öffentlichen Auftraggeber könnten durch einen offeneren Umgang mit den Vertragsinhalten sogar vielen bösartigen Unterstellungen die Grundlage entziehen. Die positive Resonanz auf die Transparenzinitiative der Deutschen Bauindustrie bestärkt uns in dieser Ansicht. Sowohl die SPD als auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprechen sich für mehr Transparenz bei ÖPP aus. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich u.a. auch der Idee des ergänzenden Projektreports angenommen. Als nächster Schritt müssen einheitliche Transparenzstandards zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft entwickelt und verpflichtend vorgeschrieben werden, um die Transparenz nachhaltig im ÖPP-Prozess zu etablieren.

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Hierbei kann auch die ÖPP Deutschland AG mit ihrer in Vorbereitung befindlichen Grundlagenarbeit „ÖPP und Transparenz“ einen Beitrag leisten. Um die für den ÖPP-Prozess wichtigen Ergebnisse nutzen zu können, muss die Grundlagenarbeit zeitnah fertiggestellt werden. Partnerschaften für ÖPP Ja, es gibt gute Gründe, die trotz der Zurückhaltung am Markt und scharfer Kritik für eine Stabilisierung von ÖPP in den nächsten Jahren sprechen. Doch der Weg muss von allen ÖPPBeteiligten, das heißt von der Bauindustrie, der öffentlichen Hand, der Kreditwirtschaft und auch den Beratungsunternehmen, gemeinsam beschritten werden. Wir sind alle aufgerufen, ein sichtbares Gegengewicht in der öffentlichen Diskussion aufzubauen, die vielen positiven Erfahrungen kontinuierlich zu kommunizieren und die oftmals haltlosen Vorwürfe zu entkräften. Nur so schaffen wir es, dass ein wirtschaftlich erfolgreiches Beschaffungsmodell ÖPP nicht ideologisch aus den Angeln gehoben wird.


Von Helmut Dedy

Die Stabilität einer Volkswirtschaft ist wesentlich an die Funktionsund Handlungsfähigkeit der Städte gekoppelt. Ein wichtiger Indikator kommunaler Handlungsfähigkeit ist der Umfang kommunaler Inves­ti­­ tionstätigkeit. Folgerichtig waren in den zurückliegenden Jahrzehnten öffentliche Investitionen in Deutschland vor allem kommunale Investitionen. Ihr Anteil betrug über Jahre rund zwei Drittel der öffentlichen Investitionen. Inzwischen ist er jedoch unter 60 Prozent gesunken. Bei öffentlichen Investitionen sind PPP-Modelle zum einen Beschaffungsvarianten, zum anderen aber immer auch kreditähnliche Rechtsgeschäfte. PPP-Initiativen können Kommunen folglich nur anstoßen, wenn sie im Rahmen der ermittelten Leistungsfähigkeit ihres Haushalts die notwendigen Mittel zur langfristigen Finanzierung der damit verbundenen Zahlungsverpflichtungen aufbringen können. Investitionen, die sich eine Kommune konventionell finanziert nicht leisten kann, darf sie sich in der Regel ebenso wenig alternativ finanziert über PPP leisten. Für die Beantwortung der Frage zur Zukunft von PPP im kommunalen Bereich sind somit die finanziel­ len Handlungsspielräume der Kommunen und die sich vor dem Hintergrund der europäischen Finanz- und Staatsschuldenkrise verändernden Rahmensetzungen und -bedingungen für kom­ munale Investitionen wesentlich. Aktuelle Finanzsituation Zu den guten Nachrichten der letzten Monate gehört: In der Gesamtsicht der Kommunen fallen die Zahlen für das zurückliegende Jahr deutlich positiver als in den Vorjahren aus. Kommunen haben ebenso wie Bund und Länder von der guten Konjunktur profitiert und deutlich höhere Einnahmen verzeichnen können. Dadurch ist das kommunale Jahresdefizit spürbar zurückgegangen, und 2012 konnte erstmals seit der Finanz-

und Wirtschaftskrise wieder ein Überschuss für die Gesamtheit der Kommunen vermeldet werden.

Helmut Dedy ist Ständiger Stellvertreter des Hauptgeschäftsführers des Deutschen Städtetages.

Aber: Drastische Anstrengungen waren und sind erforderlich, um insbesondere die Entwicklung der Kreditbestände zur Liquiditätssicherung im­ kommunalen Bereich einzudämmen. Der po­sitive Trend beim Abbau von Defiziten – nach Jahren mit Rekorddefiziten – war daher nicht mit steigenden Investitionen verbunden. Kommunale Investitionen sind im Vergleich zu 2011 vielmehr wieder eingebrochen und dürften nach unserer­ Einschätzung 2012 wohl nicht einmal das Niveau von 2008 erreicht haben. Allein das Zukunftsinvestitionsgesetz hatte zwischenzeitlich dafür gesorgt, dass die seit Jahren rückläufigen kommunalen Investitionen erhöht werden konnten. Nach Auslaufen dieses Pakets tritt nunmehr die strukturell bedingte kommunale Investitionsschwäche erneut deutlich zutage und die Bedeutung des Konjunkturpakets wird nochmals unterstrichen. Kommunalhaushalte entlasten Kommunale Haushalte sind immer weniger Investitionshaushalte als vielmehr Sozialhaushalte. Der Anstieg der sozialen Leistungen ist ungebrochen. Die sozialen Leistungen sind im zurücklie-

13

Investitionsbedarf und Schuldenbremse

Aus Sicht der Städte und Gemeinden: Investitionsfähigkeit sichern


Investitionsrückgang nach Auslaufen des Konjunkturpakets 2011 2005 2000 1990 1980 1970 0%

50% Zinsausgaben

Laufender Sachaufwand

Personalausgaben

Sonstige Ausgaben

Soziale Leistungen

genden Jahr erneut um knapp 4 Prozent gestiegen und liegen jetzt bei rund 45 Milliarden Euro. Hierzu trägt keineswegs allein die Einführung des sozialpolitisch zu begrüßenden Bildungs- und Teilhabepakts bei – dem stehen erhöhte Zuweisungen gegenüber. Gerade in den nicht konjunkturell bedingten Ausgabenbereichen und den durch die Kommunen nicht oder nur sehr begrenzt steuerbaren Ausgaben liegen die Steigerungsraten Jahr für Jahr über dem Wachstum der Einnahmen: Hierzu zählen die Hilfen zur Erziehung, die Jugendhilfe, die Eingliederungshilfe, die Hilfe zur Pflege oder zur Grundsicherung im Alter. Investitionsbremse Fiskalpakt? Die finanzpolitische Diskussion wird von der euro­ päischen Staatsschuldenkrise und den Reaktionen­ der Politik beherrscht. Welche Auswirkungen wird der Fiskalpakt auf die Investitionsfähigkeit­der Kommunen haben? Der Fiskalpakt als zentrales­ europäisches Regelwerk zur Vermeidung zukünf­ tiger Krisen fordert erstens die Einhaltung einer Defizitobergrenze der öffentlichen Hauhalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherun-­ gen in Höhe von insgesamt 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zweitens fordert er einen Korrekturmechanismus. Dieser soll sicherstellen, dass die maximalen Defizitquoten auch tatsäch14

100%

* bis einschl. 1990 alte Länder

Sachinvestitionen

Eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamts

lich eingehalten werden. Betrachtet man ausschließlich die kommunalrelevanten Aspekte des Fiskalpakts, ist deutlich zu unterscheiden zwischen ­einerseits der eigentlichen Umsetzung des Fiskalpakts, das heißt der Umsetzung der auf europäischer Ebene getroffenen Vereinbarungen in nationales Recht, und andererseits denjenigen Maßnahmen, die erst eine Zustimmung der Länder ermöglichten. Im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung ist bis zum Jahr 2020 keine länderindividuelle Zurechnung der kommunalen Defizite geplant. Aber auch bei der Diskussion um die Umsetzung der schon 2009 für Deutschland beschlossenen Schuldenbremse wird deutlich: Es besteht die Gefahr der Verlagerung von Defiziten aus Länderhaushalten in die jeweiligen Kommunalhaushalte. Der Anreiz für die Länder, zur eigenen Haushaltssanierung den Konsolidierungszwang auf die Kommunen abzuwälzen, scheint sich entgegen ersten Befürchtungen zumindest bezogen auf den Fiskalpakt mittelfristig nicht zu erhöhen. Dies gilt allerdings nur, weil sich die expliziten Konsolidierungsverpflichtungen der Länder bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Status quo nicht erhöhen. Daher ist über den bereits jetzt existierenden Verlagerungsdruck hinaus durch den Fiskalpakt und seine innerstaatliche Umsetzung kein zusätzlicher


Verlagerungsdruck zu erwarten. Es ist zumindest davon auszugehen, dass ab dem Jahr 2020 eine länderindividuelle Zurechnung der kommunalen Defizite erfolgt. Entschuldungshilfen sind wichtig Die europäische Staatsschuldenkrise hat jedem vor Augen geführt, dass die Verschuldung öffentlicher Haushalte dringend zurückgefahren werden muss. Entschuldungshilfen für notleidende Kommunen, wie sie jetzt in verschiedenen Bundesländern umgesetzt werden, sind deshalb besonders wichtig. Die ergriffenen Maßnahmen sind erste, wichtige und notwendige Hilfestellungen der Länder für Kommunen mit strukturellen Defiziten. Damit wird auch der Nachweis erbracht, dass das bündische Prinzip im föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik hält. Sollen Entschuldungsfonds dauerhaft Wirkung zeigen, müssen die Faktoren, die zu dem enormen Anstieg der Defizite geführt haben, dauerhaft korrigiert werden. Die Einhaltung des Konnexitätsprinzips – „wer bestellt, bezahlt“ – ist für die Zukunft elementar. Deshalb ist weiterhin eindringlich an die Länder zu appellieren, die Schuldenbremse nicht zu Las-

ten der Kommunen anzuwenden. Die öffentliche Verschuldung muss auf allen Ebenen begrenzt werden. In allen Landesverfassungen muss der Anspruch der Kommunen auf eine finanzielle Mindestausstattung verankert werden. Das ist eine wesentliche Bedingung, um auch künftig in strukturschwachen Regionen kommunale Investitionen zu sichern. Änderung der Vorfinanzierung Es besteht die Gefahr, dass kommunale Investitionstätigkeit in Zukunft zusätzlich eingeschränkt wird, weil die Vorfinanzierung kommunaler Investitionen teurer und möglicherweise auch schwieriger wird. Gegenwärtig stellt sich der Ban­ kenbereich neu auf. Die Geschäftsmodelle der einzelnen Häuser stehen auf dem Prüfstand. Hintergrund sind die zu erwartenden Neuregelungen der Bankenaufsicht (Basel III). Das geplante Regelwerk sieht u.a. verschärfte Eigenkapitalanforderungen an Banken und die Einführung neuer Kennzahlen für die Bankenaufsicht vor. Rückwirkungen für das Angebot an Kommunalkrediten werden von neuen Kennzahlen für die Bankenaufsicht erwartet. Dabei spielt insbesondere die Leverage Ratio, der

Ausgabenstruktur der Kommunen seit 1970 Investitionsrückgang nach Auslaufen des Konjunkturprogramms Sachinvestitionen in den kommunalen Haushalten 1992 bis 2012 in Milliarden Euro

35

Klar erkennbare Auswirkungen des Konjunkturpakets in den Jahren 2009 bis 2011

30 25 20 15 10 5 0

1992

1993 Ost

1994

1995

1996

West

1997

1998

1999

2000

*Prognose

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012*

Eigene Zusammenstellung und Berechnung nach der Kommunalfinanzstatistik des Statistischen Bundesamts

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Verschuldungsgrad, eine große Rolle. Aus diesem Anlass wird das für Banken margenarme, weil risikoarme Geschäft mit Kommunen problematisiert. Gleichwohl: Der Kommunalkredit wird auch in Zukunft das Hauptinstrument zur Vorfinanzierung kommunaler Aufgaben bleiben. Zur Verbreiterung der kommunalen Finanzierungsstruktur sind neben dem Kommunalkredit jedoch alternative Finanzierungen, zu denen auch PPP-Modelle gehören, in Erwägung zu ziehen. Neue Modelle gesucht Städte haben auch in den vergangenen Jahren nach Wegen gesucht, Investitionen über die konventionellen Modelle hinaus zu realisieren. Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit, die Realisierung von Investitionen gemeinsam mit kommunalen Tochterunternehmen, aber auch die Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen werden dabei erwogen. Städtische Investitionsund Finanzierungsentscheidungen sind prinzipiell Einzelfallentscheidungen. Ob z.B. ÖPP eine tragfähige Beschaffungsalternative für die Kommune ist, muss vor Ort unter Beachtung von Wirtschaftlichkeits- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten entschieden werden. Die Erfahrungen mit ÖPP fallen weiterhin durchaus unterschiedlich aus. Die erwarteten Effizienzvor­teile aus den Kooperationen sind oft geringer als zunächst erwartet. Einige dieser Kooperationen zeigen aber auch, dass sich Effizienzgewinne durchaus realisieren lassen. So gewinnt die Verbesserung der Entscheidungsgrundlagen der örtlichen Gremien an Bedeutung. Es geht dabei um eine neutrale, nicht interessengeleitete Beurteilung nach wirtschaftlichen Kriterien und um Transparenz bei der Entscheidungsfindung. Bei ÖPP-Projekten gehören daher folgende Aspekte zu den wesent­lichen Grundsätzen: x ÖPP-Projekte, die sich die Kommune konventionell finanziert nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert leisten. x Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts muss in jedem Einzelfall, und über die gesamte Lauf16

zeit hinweg, im Sinne des Lebenszyklusansatzes nachgewiesen sein. Bei der Inanspruchnahme von Beratung bei der Projektvorbereitung sind zwingend klare Grenzen zwischen Beratung und Lobbying zu beachten. Notwendige Transaktionskosten müssen zudem realistisch in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen einbezogen werden. Weitere interessante Informationen dazu finden sich im „Gemeinsamen Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten“, der im September 2011 von den Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder herausgegeben wurde. Im Jahr 2012 hat eine beachtliche Zahl von Kommunen die Rahmenvereinbarung der ÖPP Deutschland AG – Partnerschaften Deutschland (PD) gezeichnet. Zu den gängigen Motiven gehört, sich für die nächsten Jahre entsprechend der Zwecksetzungen und Neuausrichtungen der PD – u.a. die neutrale Beratung für Einzelprojekte – die Beratung durch eine Institution zu sichern, die ausschließlich für öffentliche Auftraggeber tätig wird und die Nutzung z.B. des Standardtools für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bietet. Gewaltige Herausforderungen Die Herausforderungen für die Kommunalpolitik sind gewaltig: demografischer Wandel, die erforderliche Verbesserung in der Kinderbetreuung, die Umsetzung der Energiewende. Bei knappen Ressourcen ist die vorbehaltlose Prüfung möglicher Lösungsansätze weiterhin geboten, um die Investitionsfähigkeit der Kommunen zu erhalten. PPP gehört zu den Optionen. Unabdingbar ist eine angemessene Bürgerbeteiligung an den Investitionsentscheidungen. Transparente Entscheidungsprozesse sind wesentlich, um Akzeptanz zu erreichen. Aus damit verbundenen Beteiligungsverfahren erwachsen auch neue Ideen für die Umsetzung wie auch Finanzierung kommunaler Vorhaben. Hier lassen sich für die Zukunft neuartige Kooperationsmodelle und Sonderfinanzierungen vermuten.


Investitionsbedarf und Schuldenbremse

Partnerschaften Deutschland: Partnerschaftsmodelle strategisch gestalten Von Bernward Kulle und Anja Tannhäuser

Das Thema ÖPP hat 2012 eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Im Spannungsfeld der Aufgaben, moderne Beratungsleistungen anzubieten und gleichzeitig den Markt zu fördern, hat sich die ÖPP Deutschland AG – Partnerschaften Deutschland (PD) den sich wandelnden Heraus­ forderungen gestellt und in einem Strategie-Review ihre Vision und Mis­ sion überarbeitet. Auch durch die Wissensverbreiterung in Form von Grundlagenarbeiten und eine zunehmende Projektexpertise konnten im Sommer 2012 150 neue Rahmenvereinbarungspartner gewonnen werden. Das damit ausgesprochene Vertrauen stärkt die Arbeit von Partnerschaften Deutschland mit der Beschaffungsvariante ÖPP und zeigt zum anderen den Bedarf der öffentlichen Hand an Beratung zu modernen Partnerschaftsstrategien und Organisationsmodellen. Neupositionierung notwendig Die öffentliche Verwaltung steht vor einem tiefgreifenden Veränderungsprozess, bei dem Partner­ schaftsmodelle einen wichtigen Beitrag zur Zukunftssicherung leisten werden. Nicht nur die Veränderungen, die durch Schuldenbremse und kommunale Regelungen die öffentlichen Haushalte begrenzen, sondern auch die wachsenden­Anforderungen der Bürger an Verwaltungsleistungen ­erfordern eine Neupositionierung der öffentlichen Hand. Neben Themen der Infrastrukturbereit­stel­ lung rücken damit As­pekte der Verwaltungs­moder­ nisierung immer stärker in den Fokus. Nach­halti­ ges Verwaltungshandeln wird sich in Zukunft an der Verfügbarkeit von Fachkräften orientieren müssen – eine Determinante, der die Erfüllung der hoheitlichen Auf­gaben entgegenzusetzen ist. Die öffentliche Hand stellt sich bereits jetzt auf die geänderten Anforderungen ein und macht ihr Handeln damit flexibler. Einen Mehrwert bie-

ten Partnerschaftsmodelle, wenn ihre Grundstruktur der Projekt-LebenszyklusBetrachtung beibehalten wird. Unter Beachtung der Rahmenbedingungen, Bedürfnisse und Verfügbarkeiten entwickeln sich zunehmend nach einem Baukastensystem neue Partnerschaftsmodelle – sei es mit der Übernahme der Endfinanzierung oder der Beibehaltung des Betriebs durch die öffentliche Hand. Der private Partner als Investor und Projektmanager übernimmt dabei jedoch immer die integrierte Gesamtverantwortung des Projekts. Er sichert damit den Kostenrahmen, den Terminplan und langfristige Qualitäten.

Bernward Kulle ist Mitglied des Vorstands und Anja Tannhäuser ist Leiterin Marketing und Kommunikation bei der ÖPP Deutschland AG – Partnerschaften Deutschland.

Die ÖPP Deutschland AG greift diese Aspekte auf und entwickelt im Dialog mit der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft Lösungen. Auf der Offenlegung von Verträgen lag 2012 dabei ein besonderer Schwerpunkt – auf der Transparenzplattform der ÖPP Deutschland AG konnten neun Verträge veröffentlicht werden. Darüber hinaus ist auch die Kommunikation ein maßgeblicher Erfolgsfaktor in ÖPP-Projekten, wie eine für die Veröffentlichung im Frühjahr 2013 vorgesehene Untersuchung der ÖPP Deutschland AG zeigt. Die Stärkung der öffentlichen Hand führt zu mehr Freiräumen für die Fokussierung auf die Kernaufgaben der Verwaltung – Freiräume für eigene Aufgaben wie auch für die Umsetzung von Infrastrukturprojekten. Im Jahr 2012 lagen zwei

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Schwerpunkte der Grundlagenarbeiten der ÖPP Deutschland AG auf dem Straßeninfrastrukturbereich und im Gesundheitswesen. Moderne Straßeninfrastruktur mit ÖPP Der Erhaltungsstau bei Kommunal- und Landesstraßen liegt inzwischen in Milliardenhöhe. Allein bei den Gemeinden und Landkreisen wurde der Investitionsbedarf laut KfW Kommunalpanel 2011 auf etwa 24,5 Milliarden Euro im Jahr 2011 beziffert. Abhilfe könnten hier ÖPP leisten. Das ist das Ergebnis der Studie, die die ÖPP Deutschland AG im Juli 2012 vorgelegt hat. Dringend erforderliche Straßensanierungs- und Neubaumaßnahmen auf kommunaler und Landesebene könnten in Angriff genommen werden und eine nachhaltige Erhaltungsstrategie würde sichergestellt. Bei den bereits realisierten ÖPP-Projekten, wie beispielsweise der Landesstraße L192 Süderlügum–Ellund in Schleswig-Holstein oder dem kommunalen Straßenbauprojekt im Kreis Lippe in Nordrhein-Westfalen, wurden Wirtschaftlichkeitsvorteile von bis zu 20 Prozent gegenüber einer konventionellen Realisierung erzielt. Neben diesen monetären Vorteilen waren die Projekte zudem häufig schneller fertig, und dies in dauerhaft hoher Qualität. Neben den Straßen stellen auch die Lichtsignalanlagen und die Straßenbeleuchtung ein identifiziertes ÖPP-Potenzial dar. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Tiefbaustruktur könnten hier kommunale Auftraggeber Aufgaben zusammenfassen und wirtschaftliche Ergebnisse erzielen. Die Ampeln hat die ÖPP Deutschland AG hierfür im Februar 2012 auf Grün gestellt: Für Lichtsignalanlagenprojekte in Öffentlich-Privater Partnerschaft wurden im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen Musterverdingungsunterlagen entwickelt. Mit diesen kann die gesamte Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens gestaltet werden. Durch die Modernisierung von Teilsystemen und Komponenten sowie die Umstellung auf LED-Technik sind bis zu 70 Prozent Energieeinsparungen möglich. Damit könnten Kommunen den bestehenden Investitionsstau im 18

Bereich Lichtsignalanlagen schnell abbauen, die kumulierten Kosten des Projekts über die gesamte Laufzeit reduzieren sowie Risiken auf private Partner übertragen und Energie- und CO2-Einsparziele erfüllen. Die Musterverdingungsunterlagen für ÖPP-Straßenbeleuchtungsprojekte wurden im Jahr 2012 an geänderte Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten angepasst und neu aufgelegt. Gestaltungsspielräume bei Krankenversorgung Die Aufgaben für Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft steigen angesichts wachsender Patientenzahlen, immer neuer technischer Möglichkeiten und unter dem Verdikt von Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung. Eine Untersuchung der ÖPP Deutschland AG im Jahr 2012 hat gezeigt, dass es den Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft mit ÖPP gelingen kann, Wettbewerbsvorteile durch eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Krankenversorgung zu erzielen. Langfristige Partnerschaften im Bereich der Medizintechnik lassen nicht nur eine Fokussierung der Klinik auf ihre Kernaufgaben zu. Durch vereinbarte kurze Reinvestitionszyklen bzw. die in solchen Verträgen realisierbare Verpflichtung des privaten Partners zur Bereitstellung der Medizintechnik jeweils auf dem aktuellen Stand der Technik profitieren die Krankenhäuser schneller von Innovationen bei weiterentwickelten medizintechnischen Produkten und verbessern so ihre medizinische Versorgungsqualität. Dabei können medizintechnische Geräte von Krankenhäusern entweder separat von ihren sonstigen baulichen Maßnahmen beschafft und eingesetzt oder als Kernelement eines neuen Bauwerks von vornherein in dieses integriert werden. Zugleich führen diese Projekte mit Übertragung der Verfügbarkeitsverantwortung auf den privaten Partner auch zu einem standardisierten und effizienten Einsatz medizintechnischer Geräte auf dauerhaft hohem technischem Niveau. Neben der Medizintechnik ist auch der Kranken­ hausbetrieb, das Facility-Management, ein poten-


zieller Bereich für die Zusammenarbeit mit privaten Partnern. In einer zweiten Untersuchung wurde ein Kennzahlensystem erarbeitet, das die Prüfung eines Projekts auf ÖPP-Realisierbarkeit ermöglicht. Insbesondere unter Berücksichtigung der hygienischen und technischen Anforderungen sowie der benötigten hohen Verfügbarkeiten ist die Leistungsintensität des Facility-Managements in Kliniken entsprechend hoch. Mit dem entwickelten Kennzahlensystem für ÖPP-Krankenhausprojekte können die über den gesamten Lebenszyklus anfallenden Betriebskosten erfasst und für einen Vergleich mit einer konventionellen Realisierung eines geplanten Projekts herangezogen werden. Aufbauend auf den einschlägigen Normen und Richtlinien für Kosten und FacilityManagement-Leistungen im Krankenhausbetrieb der GEFMA 200, 812 sowie DIN 276 werden Aspekte der Qualität im Lebenszyklus eines Projekts mit berücksichtigt. Mit Hilfe der entwickelten Erhebungsbögen bietet das Kennzahlensystem Projektträgern valide, belastbare und nachvollziehbare Kennzahlen aus der Betriebsphase von ÖPP-Krankenhausprojekten oder vergleichbaren konventionellen Projekten. Innovative Lösungen nachhaltig umsetzen Das erste zivile Bundeshochbauprojekt – der Neubau des Dienstsitzes des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Berlin –, das von der ÖPP Deutschland AG in der Umsetzung begleitet wird, ist von der Auftraggeberin, der damaligen Bundesforschungsministerin Annette Schavan, sowie dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF) Hartmut Koschyk gelobt worden. Schavan würdigte im Rahmen der Grundsteinlegung im Mai 2012 die ÖPP Deutschland AG als einen wichtigen Partner des BMBF und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) bei der Umsetzung dieses ÖPP-Projekts. Im Oktober 2012 wurde das Projekt mit dem Innovationspreis PPP 2012 in der Kategorie „Verwaltungsgebäude“ ausgezeichnet. Qualifiziert hatte es sich durch innovative Lösungsansätze bei der Finanzierung, die Mitspra-

cherechte der Betroffenen sowie die Nachhaltigkeit und Energieeffizienz des Gebäudes. Koschyk betonte bei der Preisverleihung, dass ÖPP als Beschaffungs- und Steuerungsmodell an Bedeutung gewinnt und zahlreiche Reserven bei der Infrastrukturgestaltung noch ausgeschöpft werden können. Die ÖPP Deutschland AG unterstützt dies mit wettbewerbsfähigen Beratungsleistungen. Im März 2012 konnte sich die ÖPP Deutschland AG als Berater für die Begleitung des ÖPP-Vergabeverfahrens „Bauliche Sanierung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein“ behaupten. Aufgabe der ÖPP Deutschland AG sind dabei die zur Realisierung des Projekts erforderlichen Wirtschafts- und Finanzberatungsleistungen, z.B. zur Modell- und Finanzierungsstruktur und zu Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Für das komplexe Immobilien-ÖPP an den Standorten Kiel und Lübeck wird ein Wettbewerblicher Dialog als Vergabeverfahren durchgeführt. Beim Wettbewerblichen Dialog handelt es sich um ein von der EU eingeführtes Verfahren für komplexe und sehr große Projekte, um im Laufe des Dialogs mit mehreren Teilnehmern die bestmögliche Lösung für die gestellte Aufgabe zu finden. Das Verfahren hat mit dem Teilnahmewettbewerb im Frühjahr 2012 begonnen. In der seit Beginn 2013 laufenden zweiten Dialogphase werden nun mit allen Bietern deren Vorschläge konkretisiert und vertieft. Am Ende dieser Dialogphase im Sommer 2013 werden die Teilnehmer gebeten, ihre Angebote zu bepreisen. Der Zuschlag an das wirtschaftlichste Angebot ist für Ende 2013 geplant. Ab 2014 soll mit den Bauund Sanierungsmaßnahmen begonnen werden. Nach einem 18-monatigen Vergabeverfahren, begleitet durch die ÖPP Deutschland AG, wurde im Herbst 2012 die strategische Servicepartnerschaft zwischen der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) und Iron Mountain Deutschland GmbH zu einem Abschluss geführt. Iron Mountain wird künftig einen wesentlichen Teil der Archivdienstleistungen der DRV Bund übernehmen. Hierfür wurde von der ÖPP Deutschland AG ein Partnerschaftsmodell entwickelt, das auf 19


ÖPP-Projekte mit Vertragsabschluss im Hoch- und Straßenbau Projektanzahl

Investitionsvolumen in Mio. Euro

250

1000 Investitionsvolumen Hochbau - 4 Phasen

900 800

775 653

Anzahl Projekte kumuliert

600

110

400

457

300

350

200

160

137

594

500

0

176

Investitionsvolumen Hochbau - 3 Phasen

700

100

887

190

611

150 150

362

100

84

389

51

50

28 2 64

14

2002/2003 2004

55

2005

2006

200

2007

2008

2009

127

146

0 2010

2011

2012

Stand: 31.12.2012

einer ausgewogenen Risikoverteilung zwischen den beiden Partnern und einer Anreizsystematik basiert. Gleichzeitig wurde ein Konzept zugrunde gelegt, mit dem das Verfahren zu einer deutlichen Optimierung der Gesamtwirtschaftlichkeit des Archivbetriebs beiträgt. So werden beispielsweise künftig die bisherigen drei Archivstandorte in einem Hochsicherheitsarchiv zusammengelegt. Mit rund 177 Kilometern Akten und 30.000 Aktenbewegungen pro Tag besitzt der Deutsche Rentenversicherung Bund eines der größten Aktenarchive Deutschlands. Der private Partner, die Iron Mountain Deutschland GmbH, übernimmt neben der Archivierung der Akten auch alle Sicherheitsmaßnahmen.

lionen Euro gegenüber 150 Millionen – und eine höhere Projektanzahl abgeschlossen. Zusammengenommen wurden für die Drei- und Vier-ModulVertragsabschlüsse im Hochbau 16 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 539 Millionen Euro beauftragt. Trotz einer hohen Anzahl von Projekten in der Pipeline kam es damit zu einem Rückgang der Projektanzahl von ca. 15 Prozent und des Investitionsvolumens von ca. 30 Prozent bezogen auf den Hochbau. Im Verkehrswegebau kam es in diesem Jahr zu keinem Vertragsabschluss. Die Anzahl der geplanten oder bereits ausgeschriebenen Projekte liegt jedoch nach wie vor bei deutlich über 100 Projekten, sodass ausreichend Potenzial für ein erfolgreiches Jahr 2013 vorhanden ist.

Projektstrukturen werden flexibler Im gesamten Jahr 2012 wurden acht sogenannte Vier-Modul-ÖPP-Vertragsabschlüsse (Planen, Bauen, Betreiben und (langfristig) Finanzieren) erzielt (Vorjahr 16 Projekte). Das zugrunde liegende Investitionsvolumen sank auf 150 Millionen Euro (Vorjahr 1.151 Millionen Euro). Allerdings wurden weitere acht sogenannte Drei-Modul-ÖPPVerträge abgeschlossen, bei denen entweder der Betrieb gesamt oder in Teilen oder die langfristige Finanzierung durch den öffentlichen Auftraggeber übernommen wird. In dieser Struktur wurde erstmals ein höheres Projektvolumen – 389 Mil-

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Die Chancen für die Gestaltung flexibler Zukunftsmodelle der partnerschaftlichen Zusammenarbeit müssen ergriffen werden. Der integrierte Wettbewerb um Qualität, Kosten und Innovationen wird künftige Beschaffungsmaßnahmen beeinflussen. Kosten- und Qualitätstransparenz und -sicherheit, Nachhaltigkeit und moderne Standards können als Kernelemente von Kooperationen etabliert werden. Hierfür setzt sich die ÖPP Deutschland AG 2013 mit den Schwerpunkten Infrastruktur und Dienstleistungen in ihren Grundlagenarbeiten auf der ÖPP-Transparenzplattform und bei der Umsetzung in eigenen Projekten ein.

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Von Regine Unbehauen und Klaus Dohmen

Für viele Kommunen sind Investitionen jeglicher Art in die öffentliche Infrastruktur derzeit kaum realisierbar. Ausgaben – vor allem im freiwilligen Bereich – werden immer weiter zurückgefahren, viele Einrichtungen geschlossen. Oft wird an den öffentlichen Gebäuden nur noch das Nötigste gemacht. Kann ÖPP hier Abhilfe schaffen? Vor diesem Hintergrund sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Kommunen an die PPP-Task Force herangetreten. Meistens handelte es sich um Fälle, bei denen die Kommune eigentlich umfassend sanieren müsste, jedoch nur notdürftig re­parieren könnte, da der geltende Rechtsrahmen­ kaum Handlungsspielraum für Investitionen zulässt. Dabei stellten sich immer wieder folgende­ Fragen: Was ist langfristig wirtschaftlicher: „Nichts tun“ oder „umfassend sanieren“? Wie verhält sich eine ÖPP-Maßnahme zu diesen Überlegungen? Investition kann wirtschaftlich sinnvoll sein Ausgehend vom Ansatz der Wirtschaftlichkeit kann die Umsetzung umfangreicher Investitionen in der öffentlichen Infrastruktur langfristig trotz und gerade wegen der angespannten Finanzlage und dem angestrebten Schuldenabbau folgerichtig sein. Anders als in der Kameralistik, in welcher der Vermögensverzehr nicht berücksichtigt wurde, kann durch das in NRW bei den Kommunen eingeführte „Neue Kommunale Finanzmanagement“ (NKF) anhand der Erfassung des Ressourcenverbrauchs – unter Berücksichtigung der Abschreibungen – der Nachweis geführt werden, ob und wann sich eine Investition wirtschaftlich rechnet. Vor diesem Hintergrund hat die PPP-Task Force im Finanzministerium des Landes NRW die wirtschaftlichen Auswirkungen langfristig unterlas-

sener Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen bei kommunalen Immobilien untersucht. In Abstimmung mit der Kommunalaufsicht wurde gemeinsam mit der NRW.BANK Regine Unbehauen­ und vier Beratungsgesellschaften anist Leiterin und hand von NRW-Referenz­objekten aus Klaus Dohmen ist Mitglied der PPPdem Sektor Schulen beleuchtet, inTask Force im Fiwieweit es über einen Zeitraum von nanzministerium 25 Jahren im Rahmen­der Lebenszy­ des Landes Nordrhein-Westfalen. k­lusbetrachtung wirtschaftlicher ist, in­vestive Maßnahmen zu unterlassen, sie konventio­nell in Eigenrealisierung oder als ÖPP-Projekt durchzuführen. Im Mittelpunkt des dazu im Juli 2011 veröffentlichten Berichts (www.ppp.nrw.de) stand die Frage, wie sich bloße Sicherungsmaßnahmen im Vergleich zu Instandhaltungs- und insbesondere Sanierungsmaßnahmen wirtschaftlich darstellen und wie sich die jeweiligen Maßnahmen im NKF niederschlagen. x

0-Variante: Weiterbetrieb des Gebäudes ohne Sanierungsmaßnahmen; Instandhaltungsaufwand nach Bedarf zur Aufrechterhaltung der Funktion und Verkehrssicherheit. x Eigenrealisierung: Sanierungsmaßnahme durch die Kommune; Instandhaltungsaufwand als werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen über den Lebenszyklus hinweg. x ÖPP-Variante: Sanierungsmaßnahme durch einen privaten Partner; Instandhaltungsaufwand als werterhaltende Instandhaltungsmaßnah21

Investitionsbedarf und Schuldenbremse

Kommunaler Investitionsbedarf: Erfahrungen aus weiteren Pilotprojekten in Nordrhein-Westfalen


men über den Lebenszyklus hinweg nach vordefiniertem Instandhaltungskonzept. Als zentrales Ergebnis der untersuchten Fälle mit Referenzschulprojekten der Gemeinde Marienheide und der Stadt Mülheim an der Ruhr ist festzuhalten, dass aus der mit dem NKF verbundenen ressourcenorientierten Betrachtung die ÖPP-Variante die geringste Belastung ausgelöst hat. Die Berechnungen verdeutlichen zudem, dass eine Ausgabenvermeidung um jeden Preis, wie in der 0-Variante geplant, zu höheren Gesamtbelastungen über einen entsprechenden Betrachtungszeitraum führen kann. Der in der Studie gewählte Zeitraum von 25 Jahren – zuzüglich der Sanierungsphase von drei Jahren – hat sich bewährt. Ein kurzer Betrachtungs- und Prog­nosezeitraum, wie z.B. im Haushalt angelegt, ist keinesfalls geeignet, um aussagekräftige Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bei Immobilien anzustellen. Daher ist eine lebenszyklusorientierte Betrachtung vonnöten, die sich nicht nur auf die bilanziellen Ansätze bezieht, sondern auch die laufenden Kosten und Ad-hoc-Aufwendungen, z.B. für zwingend notwendige Sanierungen, hochrechnet.

Pilotprojekte in NRW Bereits während der Erstellung der Studie zeigten sich einige nordrhein-westfälische Kommunen interessiert, bei konkreten Projektideen die Systematik des Berichts anzuwenden. Entsprechende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen wurden 2012 bei zwei aktuellen kommunalen Vorhaben aus dem Sektor Verwaltungsgebäude in Witten und Schwelm abgeschlossen. Rathaus Witten Der Rat der Stadt Witten hat Anfang 2011 beschlossen, einen Prüfprozess zur grundlegenden Sanierung, Modernisierung und Nutzungsverdichtung des Rathauses als zentralen Teil einer umfassenden Neuordnung der Standorte der Stadtverwaltung durchzuführen. Dabei stand die Frage im Raum, ob unter den Bedingungen des Nothaushaltsrechts eine Sanierung des Rathauses erfolgen und gleichzeitig eine nachhaltige Verbesserung der Ergebnisrechnung sowie der Bilanz erreicht werden kann.

Die ÖPP-Variante zeigte sich als wirtschaftlichstes Modell für die Sanierung des Rathauses Witten

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Auf dieser Basis wurden die Sanierung und der Ausbau des Rathauses sowie die gleichzeitige Zentralisierung mehrerer Verwaltungsgebäude mittels der im Bericht dargestellten Vergleichsrechnung von drei Handlungsoptionen untersucht. Wesentliche Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sind, dass bei Fortsetzung der derzeitigen werteverzehrenden Unterhaltungsstrategie eine kosten- und betreuungsintensive Problemimmobilie zu unterhalten wäre. Zudem würde der Wert des Rathauses in einer relativ kurzen Restnutzungsdauer von 28 Jahren auf 0 Euro sinken und dann eine Komplettsanierung anstehen. Durch eine wertsteigernde Vollsanierung bei gleichzeitiger Steigerung der Flächeneffizienz und Flächenoptimierung können mehr Mitarbeiter im Rathaus untergebracht werden. Diese Maßnahmen sowie das damit einhergehende „Abmietungspotenzial“ und die mithin erzielbare Verminderung von Mietaufwand haben einen erheblichen wirtschaftlichen Effekt. Mit der Systematik der wirtschaftlichen Untersuchung und der Darstellung im NKF konnte belegt werden, dass eine Investition trotz Kreditaufnahme bereits innerhalb des Konsolidierungszeitraums von zehn Jahren Haushaltsentlastungen nach § 76 Gemeindeordnung NRW bringen kann. Dies kann sich langfristig auch für eine Haushaltssicherungskommune lohnen. Im Wittener Beispiel wirken Sanierungskonzept, Nutzungsverdichtung und Standortkonzentration (Abmietung) zusammen.

Personalreduzierung untersucht und die Beschaffungsvariante ÖPP geprüft. Die Untersuchung mittels der ressourcenorientierten Betrachtung nach NKF hat gezeigt, dass die Bestandsobjekte in der 0-Variante spätestens nach 20 Jahren bilanziell vollständig abgeschrieben und technisch auch nicht weiter nutzbar sind. Darüber hinaus liegt die Neubauvariante mit Kostenvortei­ len sowie wirtschaftlicherem Ressourcenverbrauch und längerer Restnutzungsdauer gegenüber der Variante der Bestandssanierung vorne. Die in Schwelm und Witten abgeschlossenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass über einen Betrachtungszeitraum von 25 Jahren bloße Sicherungsmaßnahmen zu einem höheren Ressourcenverbrauch führen. Die ÖPP-Variante wäre in beiden Fällen das wirtschaftlichste Modell und würde die geringste Belastung auslösen. Nach diesen ersten Projekten hat die PPP-Task Force bereits weitere Pilotvereinbarungen geschlossen: 2013 wollen auch die Städte Marl und Geseke entsprechende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen anhand der Studie vornehmen. Rathaus Marl

Verwaltung Schwelm

Bei der Stadt Marl geht es um eine Sanierung des denkmalgeschützten Rathauses aus den Baujahren 1960 bis 1967, insbesondere um die beiden Bürotürme. Derzeit nutzt die Stadtverwaltung vier Standorte. Infolge der Sanierung der Rathaustürme würde eine erhebliche Flächeneinsparung entstehen, sodass einer der Verwaltungsstandorte aufgegeben werden könnte.

Die Verwaltung in Schwelm ist derzeit an vier Standorten in Verwaltungsgebäuden mit erheblichem und zum Teil dringlichem Sanierungsbedarf untergebracht. Vor diesem Hintergrund wurden drei Handlungsoptionen zur zukünftigen räumlichen Unterbringung der Verwaltung unter Berücksichtigung einer bereits beschlossenen

Besonders bedeutsam wird die energetische Sanierung der Fassade sein. Die vorhandene, unveränderte Fassade aus den 1960er Jahren erfüllt in keiner Weise die Anforderungen der aktuellen Wärmeschutz- und Energieeinsparverordnung. Ebenfalls müssten Energieversorgung und Energieverteilung vollständig erneuert werden. 23


Um gegenüberzustellen, wie sich der Weiterbetrieb des Rathauses ohne Sanierungsmaßnahmen gegenüber einer umfassenden Sanierung darstellt, soll die Berechnungssystematik aus der Studie der PPP-Task Force angewendet werden. Dabei soll auch eine ÖPP-Variante für den Fall einer umfassenden Sanierung geprüft werden. Rathaus Geseke Auch bei der Stadt Geseke geht es um ein Rathausprojekt. Die Beschäftigten der Stadt sind derzeit in verschiedenen Verwaltungsgebäuden untergebracht. Das Hauptgebäude stammt aus dem 19. Jahrhundert. Es wurde im Verlauf der letzten hundert Jahre mehrfach an- bzw. umgebaut. 1906 erfolgte eine Aufstockung des ehemals eingeschossigen Gebäudes. Aufgrund des derzeitigen Bauzustands müsste das Gebäude umfassend saniert werden. Den Schwerpunkt bilden das Dach und die Fassade, vor allem in Hinblick auf energetische Sanierungsmaßnahmen. Ebenso ist bei einem weiteren Umbau des Gebäudes die Barrierefreiheit zu beachten. Bedingt durch die räumliche Trennung der Mitarbeiter in verschiedene Standorte werden einige Bereiche doppelt vorgehalten, was sich als wirtschaftlich nachteilig erweist. Die Arbeitsplätze entsprechen teilweise nicht den Arbeitsstättenrichtlinien. Deshalb strebt die Stadt Geseke an, die Mitarbeiter in einem gemeinsamen Gebäude unterzubringen. Neben der Beibehaltung des Status quo in der 0-Variante sollen folgende Handlungsoptionen geprüft werden: x Sanierung des jetzigen Verwaltungsgebäudes mit Anbau

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x

Neubau Verwaltungsgebäude auf einer innerstädtischen Fläche x Um- und Ausbau eines Franziskanerklosters, das sich im Eigentum des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe befindet. Die Übernahme des Franziskanerklosters zwecks Umbau zum Rathaus beinhaltet auch die Übernahme der denkmalgeschützten Kirche. Bei entsprechender Eignung soll außerdem der Vergleich mit einer ÖPP-Variante gezogen werden. Neue Impulse liefern Die für den Vergleich unterschiedlich umfangreicher Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen entwickelte NKF-Bewertungsmethodik ist auch für den Vergleich unterschiedlicher Handlungsvarianten wie etwa von Neubau- und Sanierungsvorhaben nutzbar. Sie ermöglicht u.a. die Berücksichtigung von Erlösen und Erträgen sowie die Reduzierung von Finanzierungsbedarfen durch Erlöse. Aus der NKF-Betrachtung ergibt sich mit der parallelen Betrachtung von Zinsaufwand und Abschreibung eine methodische Weiterentwicklung zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen zwischen ÖPP- und Eigenrealisierungen. Die Erkenntnisse aus den Untersuchungen sollten neue Impulse für Lebenszyklusbetrachtungen bei kommunalen Projekten bringen, indem die knappen verfügbaren Mittel aktiv und gezielt eingesetzt und nicht situativ zum Stopfen von Löchern verwendet werden. Die erweiterte Sicht bei der Beurteilung wirtschaftlicher Investitionen dürfte aufgrund der häufig enthaltenen energetischen Aspekte auch bei Fragen zur Energiewende eine wichtige Rolle spielen.


Von Gabriele Engel

Wenn in Deutschland von PPP die Rede ist, sehen manche einen Markt, der großartige Chancen bietet, während andere abwehren, weil PPP nur für die Banken und die großen Unternehmen gut sei. Dabei gilt für PPP wie für viele andere Dinge auch: Es gibt Vor- und Nachteile, Stärken und Schwächen. Man muss beides gut kennen, um ein Instrument sinnvoll einzusetzen. PPP ist eigentlich nicht neu. Es wurde aus der Konzession entwickelt, die seit langer Zeit in verschiedenen Varianten zur Realisierung großer Infrastrukturaufgaben genutzt wird. Einige geschichtliche Beispiele sind die frühen Eisenbahnstrecken, wie die Bagdadbahn im 19. Jahrhundert, berühmte Kanäle wie der Suez-Kanal im 19. Jahrhundert­ und der Canal du Midi im 17. Jahrhundert oder die Nutzung von Wasser­zur Versorgung des Handwerks und der Industrie. Aus bayerischer Sicht ist die Steinerne Brücke in Regensburg zu nennen, die bereits im 12. Jahrhundert von Regensburger Kaufleuten errichtet wurde. In der Gegenwart sind bekannte Beispiele die Autobahnen in verschiedenen europäischen Ländern, die großen Brücken in Dänemark oder der Tunnel unter dem Ärmelkanal. Vor allem den geschichtlichen Beispielen ist zu eigen, dass das wirtschaftliche Risiko allein in der Hand der privaten Investoren und Betreiber lag. Aber auch die gegenwärtigen Konzessionen funktionieren im Wesentlichen nach diesem Prinzip. PPP in Bayern Wir haben PPP schon immer als spannenden Ansatz begriffen, den wir mit dem Ziel verfolgt haben, die Chancen und Risiken in Erkenntnisse und diese wiederum in neue Beschaffungsmodelle münden zu lassen. Wir wollten PPP also weiterentwickeln und flexibilisieren, um es für die

Ministerialrätin Dipl.-Ing. Gabriele Engel ist Architektin und leitet ein Sach­­gebiet in der Hochbauabteilung der Obersten Baubehörde (OBB) im Bayerischen Staatsministerium des Innern.

Praxis vielseitig nutzbar zu machen. Es sei erinnert an unser frühes Eintreten für die Möglichkeit, die langfristige private Finanzierung als Option zu betrachten und im Einzelfall zugunsten einer öffentlichen Finanzierung darauf zu verzichten. Dies hat in der Hochbauszene anfangs Aufregung und Unverständnis erzeugt. Heute ist unser Modell in Bayern die gängigste Variante von PPP im Hochbau, die auch bundesweit angewandt und viel diskutiert wird. Es war ein wesentliches Ergebnis der Beschäftigung mit PPP, dass uns die Chancen der sogenannten konventionellen Realisierung ebenso deutlich bewusst wurden wie die Risiken oder Probleme. Und genauso schnell war uns klar, dass PPP kein Allheilmittel ist. Dabei kommt es in besonderem Maß darauf an, ob die Beschaffenheit eines Projekts die Realisierung in einem PPP-Modell nahelegt.

Die Bayerische Staatsbauverwaltung hat in den vergangenen Jahren mehrere PPP-Pilotprojekte im Hochbau und Straßenbau realisiert, die eigens vom Bayerischen Landtag genehmigt wurden. ­Alle diese Projekte befinden sich inzwischen in der Betriebsphase. Vor fünf Jahren haben wir mit der Evaluierung begonnen. Durch einen ständigen Informations-

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Investitionsbedarf und Schuldenbremse

Lernen aus PPP in Bayern: Projektberichte aus Hoch- und Straßenbau


austausch sowohl zwischen Hochbau und Straßenbau als auch mit den Kommunen, die wir im Auftrag des Bayerischen Landtags beraten, haben wir einen guten Überblick und gute Kenntnis von den Chancen und Risiken von PPP sowie von den Variationen, die als Weiterentwicklung möglich sind. Die im bayerischen PPP-Leitfaden Teil 1 definierten qualitativen Projekteigenschaften bestimmen ganz wesentlich nicht nur die grundsätzliche Entscheidung für ein PPP-Modell, sondern auch die Projektkonfiguration im Einzelfall. Inzwischen weist unsere Statistik 100 kommunale und 25 staatliche Projekte in Bayern in den vergangenen sieben Jahren aus: PPP hat ohne Zweifel seinen Platz im Bereich öffentlicher Beschaffung gefunden. Dabei entsteht der Eindruck, dass die anfängliche allgemeine Euphorie einer eher pragmatischen Haltung gewichen ist – PPP als Mittel zum Zweck, aber nicht als vermeintliches Universalinstrument zur Lösung aller Pro­ bleme beim Bau und Betrieb von Gebäuden. PPP also als Beschaffungsmethode mit Stärken und Schwächen. Beispiel aus dem staatlichen Hochbau Wir waren also gut vorbereitet, als im Mai 2010 das Bayerische Kabinett endgültig entschied, das

Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz von Regensburg nach Tirschenreuth zu verlegen und dafür eine Kostenobergrenze vorzugeben, die rund 20 Prozent unter der Kostenschätzung bei ca. 8,5 Millionen Euro lag. Damit war es nicht mehr sinnvoll, die Qualitäten des Projekts in Form einer Ausführungsplanung und mittels Leistungsverzeichnissen zu beschreiben. Wir haben uns daher für eine Ausschreibung entschieden, die die Planung und die Errichtung des Gebäudes sowie einige Wartungsverträge und lange Gewährleistungsfristen für wesentliche Bauteile enthält. Entscheidend war die verbindliche Vorgabe einer Kostenobergrenze, die zu einem echten Qualitätswettbewerb im Vergabeverfahren geführt hat. In der Ausschreibung haben wir den Bebauungsplan, Mindeststandards für die geforderte Holzbauweise sowie den Ausbau und das Raumprogramm vorgegeben und für diesen Leistungsumfang 90 Prozent der Wertungspunkte reserviert. Nur 10 Prozent entfielen damit auf den Preis, der vorgegeben war und dessen Überschreitung zum Ausschluss des Angebots führte. Kurz: Der Freistaat Bayern als Bauherr und Auftraggeber stellte ein Budget zur Verfügung und erwartete von der Bauwirtschaft Angebote, die darstellten, was für dieses Budget zu erhalten war. Allerdings haben wir die Risiken aus dem

Gegenüberstellung

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Baugrund und die Baupreissteigerung vom Kostendeckel ausgenommen. Mittelstand beteiligt sich Im Teilnahmewettbewerb hatten sich 17 geeignete Bewerber gemeldet, von denen über 70 Prozent aus Bayern stammten, knapp 50 Prozent aus der Region Oberpfalz/Oberfranken. Über 80 Prozent der Bewerber waren dem Mittelstand zuzurechnen. Die Hälfte der sechs Bieter, die tatsächlich Angebote abgaben, waren mittelständische Betriebe und stammten aus Nordbayern. Auch der Auftragnehmer, der das Projekt schließlich durchgeführt hat, stammt aus diesem Kreis. Wir sind der Auffassung, dass damit die oft geäußerte Meinung, den Interessen des Mittelstandes entspreche nur die Fachlosausschreibung, zumindest relativiert ist; im Übrigen beobachten wir auch bei anderen vergleichbaren Ausschreibungen, dass sich vorwiegend Mittelständler bewerben und die Aufträge erhalten, wenn das Investitionsvolumen im mittelständisch handhabbaren Bereich liegt. Der Umstand, dass die Finanzierung von öffentlicher Seite beigestellt wurde, hat aus unserer Sicht die Akzeptanz beim Mittelstand erhöht. Der Bauablauf war nach Aussage aller Beteiligten weitgehend störungsfrei: Im Oktober 2011

Weiterentwicklung – Neue Modelle

war Baubeginn, Richtfest war im Juli 2012, Ende 2012 wurde die Maßnahme pünktlich fertiggestellt. Der Nutzer hat sich intensiv an den regelmäßigen Projektbesprechungen beteiligt. In diesem Punkt unterschied sich der Ablauf nicht von der konventionellen Vorgehensweise. Der vom Generalunternehmer (GU) beauftragte Architekt hat sich überdurchschnittlich engagiert, und der GU selbst sowie die von ihm eingeschaltete Holzbaufirma haben ihre Leistungsfähigkeit bewiesen. Das Staatliche Bauamt hat die Abwicklung gesteuert und die positive Arbeitsatmosphäre bestätigt. Bisher wurden unsere Erwartungen durch die Ergebnisse erfüllt, auch wenn abschließende Aussagen zum Projekt noch nicht möglich sind. Beispiele aus dem Autobahnbau Auf der A8 zwischen Augsburg und München haben wir mit dem ersten Betreibermodell im Bundesfernstraßenbau Pionierarbeit geleistet. Unser privater Partner hat die Autobahn sechsstreifig ausgebaut und übernimmt die bauliche Erhaltung, den Betriebsdienst und die Finanzierung für insgesamt 30 Jahre. Im Gegenzug erhält er die LKW-Maut aus diesem Abschnitt und eine geringe Anschubfinanzierung aus dem Bundeshaushalt. Die Bauarbeiten begannen im Jahr 2007 und sind seit Ende 2010 abgeschlossen. Das Fazit bisher: Die Bauqualität ist insgesamt überdurchschnittlich, das Projekt wurde termingerecht fertiggestellt, die Kosten sind im Rahmen geblieben und die Vertragspartnerschaft war gut. Die Verkehrsteilnehmer waren mit dem Ablauf der Bauarbeiten trotz der unvermeidbaren Behinderungen sehr zufrieden. Damit haben sich unsere Erwartungen an diese Beschaffungsvariante in den wesentlichen Punkten erfüllt. Gute Risikoverteilung Die Ursachen dafür sind in dem Vertragsmodell angelegt: langfristige

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Verantwortung des Auftragnehmers für den Zustand der Strecke und eine Risikoverteilung nach dem Motto, dass jeder das Risiko tragen soll, das er am besten beeinflussen kann, sowie Anreize zur Verringerung der Verkehrsbehinderungen nach Umfang und Dauer und eine Vertragsgestaltung, die Kostensteigerungen entgegenwirkt. Die finanzierenden Banken unterstützen durch ihr Eigeninteresse den Projekterfolg. Bestärkt durch die positiven Erfahrungen haben wir den Ausbau der A8 zwischen Ulm und Augsburg mit einem sehr ähnlichen Modell fortgesetzt. Wir haben lediglich das Vergütungsmodell geringfügig geändert. Dieser Abschnitt ist noch im Bau. Bei den beiden Projekten haben wir aber auch gelernt, dass Projektfinanzierungsmodelle sehr stark von der Situation an den Finanzmärkten beeinflusst werden und die ohnehin höheren Finanzierungskosten bei der privaten Kreditbeschaffung nochmals deutlich steigen können. Deshalb war es schon nach dem ersten Betreibermodell naheliegend, zu erproben, ob sich die positiven Erfahrungen auch mit staatlicher Finanzierung, aber sonst ähnlicher Vertragsgestaltung realisieren lassen. Die Finanzmarktkrise hat uns zusätzlich bestärkt, diesen Weg zu gehen. Den Ausbau der A6 zwischen der Anschlussstelle Roth und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd haben wir mit einem PPP-Modell mit staatlicher Finanzierung realisiert. Unser privater Partner hat die Autobahn sechsstreifig ausgebaut und übernimmt die bauliche Erhaltung für 25 Jahre. Die Bauqualität war gut, die Strecke konnte pünktlich für den Verkehr freigegeben werden. Das Vertragsmodell hat Kostensteigerungen entgegengewirkt.

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Ermutigt durch die guten Erfahrungen erarbeiten wir gerade einen Leitfaden für Funktionsbauverträge im Straßenbau als Hilfestellung für weitere PPP-Projekte mit staatlicher Finanzierung. Wie geht es weiter? Also alles bestens? Warum nicht immer so? Weil die pauschale Übertragung dieser Modellkonfiguration auf andere Projekte dem Grundsatz widersprechen würde, dass es auf den Einzelfall ankommt. Daher sind pauschale Festlegungen aus unserer Sicht nicht angemessen. Die bayerische Staatsbauverwaltung führt in verschiedenen Einzelfällen GU-Vergaben durch; aber jede ist maßgeschneidert, weil sie sich aus ganz individuellen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen entwickelt. Außerdem lässt auch das Vergaberecht keine Verallgemeinerung zu, sondern verlangt gerade die Begründung im Einzelfall. Nicht zu vergessen: Der Erfolg – oder Misserfolg – eines Projekts hängt nach unseren Erfahrungen entscheidend von den Beteiligten ab. Die intensive Beschäftigung mit PPP hat unsere Erfahrungen bereichert und dazu geführt, ein theoretisches Modell zu entwickeln, das seinen ersten Praxistest schon fast bestanden hat. Zumindest gedanklich haben wir diese Erfahrungen auch schon wieder auf PPP übertragen. Wir haben also kein starres Modell entwickelt, sondern vielmehr ein flexibel auf den Einzelfall anpassbares, das von der Vollversion bis zum abgestuften GU-Modell reichen kann. Unser Ziel ist es, dieses Spektrum auszuweiten und in geeigneten Fällen dem Praxistest zu unterwerfen – denn nur so ist es möglich, den eigenen Blickwinkel zu verändern und tatsächlich Neues zu entwickeln.


Von Dr. Oliver Rottmann

PPP spielt im Freistaat Sachsen derzeit noch eine untergeordnete Rolle. Dies liegt vor allem daran, dass die lebenszyklusorientierte Infrastrukturbeschaffung und deren Wirkung teilweise unreflektiert diskutiert und in den Modellen vermischt wird. Diejenigen Kommunen, die schon PPP-Projekte realisiert haben, stehen dem Ansatz deutlich positiver gegenüber. Die kommunale Haushaltslage ist strukturell angespannt. Hinzu kommen der stetige Prozess der Binnenmodernisierung in den Kommunalverwaltungen und die Einführung der Doppik – flankiert von einer persistenten Debatte um die effizientere und effektivere Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen sowie deren Bereitstellungsstrukturen. In diesem Kontext steigt die Attraktivität lebenszyklusorientierter Infrastruktur­ beschaffung für die kommunale Ebene. Bei heutigen lebenszyklusorientierten Infrastrukturprojekten werden alle Phasen einer Infrastruktureinrichtung ganzheitlich über ihre gesamte Lebensdauer hinweg betrachtet. Dabei sind Effizienz- und Einspareffekte im Vergleich zur konventionellen Realisierung möglich. Dies kann eine transparente und mit Blick auf notwendige Finanzströme antizipative Wirkung entfalten, die den Prozess nachhaltiger steuert als der konventionelle Fall. Befanden sich vor einigen Jahren noch PPP der ersten­Generation im Fokus der Betrachtung, bei denen der Finanzierungsaspekt deutlich im Vorder­grund stand, entwickelte sich das Konzept über die Jahre weiter zu einem lebenszyklusorientierten Ansatz. Die öffentliche Kritik an finanziellen Verlagerungen („Schattenhaushalte“) und aufkommende Forderungen nach Wirtschaftlichkeitsnachweisen förderten die Standardisierung und führten zu einer deutlichen Neufokussierung

Dr. Oliver Rottmann ist geschäftsführender Vorstand des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. sowie Geschäftsführer des ÖPP-Kompetenzzentrums Sachsen an der Universität Leipzig.

des ÖPP-Beschaffungsansatzes. Heutige PPP-Projekte, PPP der zweiten Generation, werden phasenweise als Infrastrukturprojekt ganzheitlich über ihre gesamte Lebensdauer hinweg betrachtet. Die Finanzierung wird dabei zu einem Aspekt einer Gesamtbetrachtung, bei der Planen, Bauen, Betreiben, Finanzieren und Weiternutzung bzw. Verwertung, im Gegensatz zu vielen konventionell geplanten Projekten, als wirtschaftliche Einheit betrachtet und in einer integralen Planung vor der Realisierung analysiert werden. Am Anfang des Projekts erfolgt die Auswahl eines privatwirtschaftlichen Partners, der im Unterschied zur konventionellen Beschaffung nicht nur Einzelleistungen bei Bau und Betrieb übernimmt, sondern die Planung ganzheitlich durchführt. Im Rahmen dieses wertschöpfungsübergreifenden Managements können frühzeitig, bereits in der Erstellungsphase, Anreize generiert werden, die im Hinblick auf spätere im Lebenszyklus akkumulierende Gesamtkosten dämpfend wirken. PPP in Sachsen Die Städte und Gemeinden im Freistaat Sachsen stehen dem PPP-Ansatz derzeit noch verhalten gegenüber, was häufig daraus resultiert, dass lebenszyklusorientierte Infrastrukturbeschaffung und deren Folgen und Wirkungen teilweise un-

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Investitionsbedarf und Schuldenbremse

PPP als alternativer Beschaffungsansatz im ­Freistaat Sachsen


2000 bundesweit, so auch in Sachsen, stark prozyklisch „nach Kassenlage“ getätigt. Der damit korrespondierende Investitionsstau belastet nunmehr die öffentlichen Kassen zusätzlich.

reflektiert diskutiert und in den Modellen vermischt werden. Im Rahmen einer Studie wurden vom ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen Ansprüche an und Erfahrungen mit Infrastrukturbeschaffung – konventionell oder lebenszyklusbasiert – in den sächsischen Städten und Gemeinden untersucht. Die Studie kann kostenfrei bezogen werden über das ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen, info@öpp-sachsen.de.

Die mit den Investitionsvorhaben und der Investitionshäufigkeit korrespondierenden finanziellen Verpflichtungen werden in erster Linie im Verkehrsbereich, bei Schulen und Kindertagesstätten, bei Sport und Freizeiteinrichtungen sowie im Bereich Straßenbeleuchtung gesehen.

Trotz hoher Investitionen in die öffentliche Infrastruktur im Freistaat Sachsen in den 1990er und 2000er Jahren sind für die Zukunft keine stark abnehmenden Investitionsbedarfe zu erwarten. Allerdings ist festzustellen, dass die fiskalische Situation der sächsischen Kommunen trotz insgesamt positiver Finanzierungssalden und wieder steigender Steuereinnahmen in den letzten Jahren angespannt bleibt. Sowohl die Ausgaben für Investitionen als auch für den Erhalt der vorhandenen kommunalen Infrastruktur wurden seit

Vor diesem Hintergrund sind alternative Beschaffungsansätze für sächsische Kommunen dann interessant, wenn durch deren Nutzung Effizienzpotenziale gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante erreicht werden können. Die Diskussion über PPP wird kontrovers geführt. Kritiker führen an, dass PPP sowohl Arbeitsplätze vernichtet und die kommunale Selbstverwaltung

Investitionsbedarf gemessen an der Leistungskraft, n = 92

Häufigkeit zukünftiger Investitionsbedarfe

100%

Schule / Bildungseinrichtung y

y Verkehrsprojekt

y Kindertagesstätten y Sport -/ Freizeiteinrichtungen

y Straßenbeleuchtung 50%

Verwaltungsgebäude y

y Grünanlagen / Park

y Kultureinrichtung / Veranstaltungszentrum

y Ver-/ Entsorgungseinrichtungen y Krankenhaus /Altersheim / Soziale Einrichtung 0% gering

eher gering

eher hoch

hoch

Investitionsbedarf gemessen an der finanziellen Leistungsfähigkeit Quelle: ÖPP-Kompetenzzentrum Sachsen (2012)

30

nicht leistbar


Erwartungen an PPP-Projekte, n = 75 4,0

3,0

2,0

1,0 1,4

Kostensicherheit

1,5

Kosteneinsparpotenziale Politische Unterstützung von Stadt-/Gemeinderat

1,7

Effizienzvorteile

1,8

Erweiterungen des finanziellen Handlungsrahmens der Gemeinde

1,8

Nachhaltigkeit aufgrund des Lebenszyklusansatzes

1,9

Termintreue

1,9

Persönliche Überzeugung von der Vorteilhaftigkeit

1,9

Reduzierung des langfristigen Personalaufwands

2,0

Gute Erfahrungen aus anderen Projekten

2,1

Erweiterung der Investitionstätigkeit

2,2

Einbindung privaten Know-hows in allen Lebenszyklen

2,3

Unterstützung aus der Verwaltung unwichtig

2,4 weniger wichtig

wichtig

sehr wichtig

Quelle: ÖPP Kompetenzzentrum Sachsen (2012), S.17

aushöhlt, wenn wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge dem Primat der reinen Gewinnorientierung unterworfen werden. Zwar existieren bei alternativen Beschaffungsvarianten spezifische Risiken, die geprüft und berücksichtigt werden müssen, allerdings führt die häufig rein ideologisch ausgerichtete Debatte nicht zu einer objektiven Bewertung aller Chancen und Risiken der Beschaffungsvariante. Keine eindeutige Meinung In Sachsen haben bereits 29 Prozent der Städte und Gemeinden alternative Beschaffungsvarian­

ten genutzt. Genannt wurden hier vor allem ­Leasingmodelle (54 Prozent), Sponsoring (29 Prozent) und private Finanzierung (18 Prozent). 21 Prozent dieser Kommunen konnten bereits Erfahrungen mit PPP sammeln. Obwohl der PPP-Ansatz in Sachsen noch eine untergeordnete Rolle spielt, haben sächsische Städte und Gemeinden keine eindeutig zustimmende oder gar ablehnende Haltung zu PPP. Knapp die Hälfte der Kommunen steht PPP neutral gegenüber, 21 Prozent haben eine negative Auffassung, 13 Prozent halten PPP für eine positive Beschaffungsalternative. Knapp jede fünfte Kommune konnte sich über PPP noch keine Meinung bilden.

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Festzuhalten ist allerdings, dass jene Kommunen, die PPP im Freistaat bereits genutzt haben, dem Ansatz deutlich positiver gegenüberstehen als andere. Hier lässt sich mit Bezug auf ein größeres PPP-Wissen eine offenere Haltung zu diesem Beschaffungsansatz ableiten. Des Weiteren kann festgehalten werden, dass die Gemeinden ihre PPP-Zurückhaltung in erster Linie mit ihrem mangelnden Wissen darüber begründen. Hierunter fallen auch Unsicherheiten rechtlicher Natur. Das kann damit begründet werden, dass im Freistaat die Realisierungsanforderungen bei PPP deutlich höher ausfallen als bei der konventionellen Beschaffungsvariante. Die Entscheidung für die Nutzung von ÖPP-Modellen ist abhängig von den für die Kommunen erwarteten Vorteilen. Für die Kommunen im Freistaat stehen insbesondere finanzielle Aspekte im Vordergrund. Die vertraglich fixierte Zahlung eines Entgelts bei ÖPP-Projekten gewährleistet Kostensicherheit über den gesamten Projektzeitraum hinweg und

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wird von den Kommunen als zentraler Vorteil erachtet. Kosteneinsparpotenziale und allgemeine Effizienzvorteile gegenüber der konventionellen Realisierung von Investitionen sowie die Orientierung am Lebenszyklusansatz bilden weitere wichtige Kriterien im Rahmen der Entscheidung, PPP zu nutzen. Einzelfall entscheidet Eine ablehnende Haltung gegenüber PPP bildet die oft pauschal geäußerte Vermutung, dass es sich bei PPP um Privatisierungen handelt. Offenbar scheint sich im Großen und Ganzen in vielen Kommunen jedoch bereits die Einsicht durchgesetzt zu haben, dass PPP keine faktischen Privatisierungen darstellen, sondern dass lediglich die operative Durchführung des Bauprojekts an einen privaten Dritten abgegeben wird. Festgehalten werden kann somit, dass aus Kommunalsicht in Sachsen keine der beiden Beschaffungsvarianten – konventionell oder PPP – per se der anderen vorgezogen werden kann. Entscheidend ist letztlich immer der Einzelfall.


Von Ulrich Kist

Hessen blickt auf fast ein Jahrzehnt PPP-Erfahrung zurück. 2004 begannen die Vorbereitungen für die Ausschreibung des ersten Landesprojekts, des Finanzzentrums Kassel-Altmarkt. Seitdem ist viel passiert. Trotz Schuldenbremse, Finanzkrise und öffentlichem Gegenwind ist PPP bis heute fester Bestandteil hessischer Baupolitik. In den Jahren 2002 und 2003 wurden die Landesbehörden in der Stadt Kassel einem umfassenden Standortmanagement unterzogen. Die Unterbringungen wurden immobilienwirtschaftlich hinsichtlich ihres Optimierungspotenzials untersucht. Im Ergebnis kam es zu Standortkonzentrationen und damit auch zu organisatorischen Optimierungen – u.a. sollten die beiden bisherigen Finanzämter Kassel-Hofgeismar und KasselSpohrstraße am Altmarkt, auf dem Gelände des ehemaligen Polizeipräsidiums, gemeinsam untergebracht werden. Dies entsprach auch den Zielsetzungen der Stadtplanung, um die historische Keimzelle Kassels städtebaulich aufzuwerten. Die damalige Hausleitung im Hessischen Finanzministerium, Minister Karlheinz Weimar und Staatssekretär Dr. Walter Arnold, gab den Impuls, um neue Wege zu beschreiten. Die Ausschreibung im März 2005 erfolgte als echtes PPP-Projekt: Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb sollte ein privater Partner übernehmen. Mit der operativen

Finanzzentrum Kassel-Altmarkt

Ulrich Kist ist Geschäftsbereichs­ leiter Portfolio- und Standortmanagement im Hessischen Immobilienmanagement.

Projektleitung dieser und späterer PPPVergabeverfahren wurde das Hessische Immobilienmanagement beauftragt, die baufachliche Unterstützung kam vom Hessischen Baumanagement. Im Finanzministerium wurde ein PPP-Kompetenzzentrum eingerichtet, der bald gegründete Verein „PPP in Hessen und Thüringen e. V.“ brachte die Länder, die Kommunen und die Privatwirtschaft an einen Tisch. PPP in Hessen war ins Rollen gekommen. Sechs Pilotprojekte

Kennzeichen aller hessischen Projekte ist die ­Projektfinanzierung in einem Mietmodell über 30 Jahre. Ohne dass dafür eine gesetzliche Verpflichtung bestünde, werden in Hessen Projekte erst dann im PPP-Modell realisiert, wenn die Effizienzvorteile auch ohne Monetarisierung der Risikoallokation nachweisbar sind. PPPEignungstest, Wirtschaftlichkeitsprognose und Wirtschaftlichkeitsnachweis erfolgen anhand der im Leitfaden der Bundesfinanzministerkonferenz festgelegten Kriterien. Der Auftragnehmer wird im Teilnahmewettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren ermittelt. Waren anfangs die Transaktionskosten, insbesondere durch externe Beratungsleistungen, noch relativ hoch, so konnten im Laufe der Zeit Erfahrungen gewonnen werden, die zu einer zunehmenden Standardisierung und damit Kostensenkung führten: 33

Investitionsbedarf und Schuldenbremse

PPP in Hessen: wichtiger Bestandteil der Baupolitik


x

Vereinfachung der Vergabeverfahren durch Checklisten und standardisierte Bewerbungsbögen x Beurteilung der Qualität der Angebote durch ein unabhängiges Expertengremium aus freischaffenden Architekten und unabhängigen Experten für technische Gebäudeplanung und Facility-Management x Erarbeitung von Mustervertragsbausteinen und Standardisierung der Verträge x Eingliederung der PPP-Verfahren in das Regelverfahren des staatlichen Hochbaus Folgende Pilotprojekte wurden realisiert: Projekt

Laufzeit Miet- Gesamtinvesti- Effizienzvorteil Vergabe Nettogrundfläche tionskosten in Prozent

Verwaltungszentrum Kassel-Altmarkt

03 / 05 – 11 / 06

18.343 m2

37 Mio. Euro

12

Justiz- u. Verwaltungs- 06 / 05 – zentrum Wiesbaden 03 / 07

50.615 m2

128 Mio. Euro

14

Cityrevier Wiesbaden

10 / 05 – 03 / 07

2.189 m2

7 Mio. Euro

14

Amt für Boden- management (AfB) Limburg

02 / 06 – 10 / 07

5.592 m2

13 Mio. Euro

12

AfB Korbach

02 / 06 – 10 / 07

3.141 m2

6 Mio. Euro

13

AfB Büdingen

02 / 06 – 12 / 07

4.200 m2

12 Mio. Euro

10

Inzwischen liegen auch erste Betriebserfahrungen vor. Die Nutzer der Gebäude wurden sowohl hinsichtlich ihrer Zufriedenheit mit dem Verlauf des Vergabeverfahrens als auch zu ihrer Zufriedenheit mit dem Gebäude selbst durch ein unabhängiges Meinungsforschungsinstitut befragt. Dabei wurde ein Gesamtindex für die Kundenzufriedenheit, der sogenannte Customer Satisfaction Index (CSI), ermittelt. Von 100 möglichen Punkten bewerteten die Nutzer das Verfahren und die Gebäude 2008 mit 85,5 und 2010 mit 90,3 Punkten außerordentlich positiv. Die Betriebskosten liegen, mit Ausnahme des wegen der Polizeisondertechnik und den Sicherheitsanforderungen nicht vergleichbaren City-Reviers Wiesbaden, mit Beträgen zwischen 2,18 und 4,67 Euro pro Quadratmeter Nettogrundfläche (NGF) im prognostizierten Bereich. 34

Finanzkrise, Schuldenbremse und ­ ffentlicher Gegenwind ö Mit der Finanzkrise geriet der PPP-Zug ins Stocken. Durch hohe Risikoaufschläge, gerade für große, langfristig angelegte Projekte, verteuerte sich die Finanzierung für die privaten Partner erheblich. In Hessen bedeutete dies, dass das 2007 bereits geplante Projekt des Polizeipräsidiums Südosthessen in Offenbach, mit einem Bauvolumen von über 170 Millionen Euro, zunächst umfangreichen Prüfungen unterzogen wurde, ob eine wirtschaftliche Realisierung als PPP-Projekt angesichts der Marktentwicklung noch möglich erschien. Ein zu diesem Zweck durchgeführtes Interessenbekundungsverfahren brachte jedoch ein positives Ergebnis. Mit der Aufnahme der sogenannten Schuldenbremse in das Grundgesetz und in die hessische Verfassung, die eine Nettoneuverschuldung spätestens ab dem Jahr 2020 verbietet, unterwarf sich der Haushaltsgesetzgeber der Verpflichtung, dies durch umfassende Sparbemühungen zu ermöglichen. Davon konnten auch die Bauhaushalte allgemein und natürlich die Haushaltsmittel für die Mietzahlungen an die PPP-Partner nicht verschont bleiben. So gingen bundesweit nunmehr die Volumen umgesetzter PPP-Maßnahmen zurück. Hessen erlag dabei nicht der Versuchung, die unterschiedliche Finanzierung zum Anlass zu nehmen, mit Hilfe von PPP die Sparzwänge im Bauhaushalt zu umgehen. Völlig unabhängig von der Finanzierungsweise ist die Notwendigkeit von Neubauprojekten kritisch zu hinterfragen. Auch in der öffentlichen Wahrnehmung geriet PPP zunehmend in den Fokus einer kritischen Diskussion über den Sinn von Privatisierungen öffentlicher Aufgaben. Die Globalisierungsgegner von Attac sind seit einigen Jahren regelmäßig protestierend vor PPP-Veranstaltungen anzutreffen. Wenig differenzierend werden die Privatisierung von Bahn, Post und Telekommunikation und die Diskussion in diesem Zusammenhang über die Strom- und


Wasserversorgung mit PPP in einen Topf geworfen. PPP wird als intransparent und sich der demokratischen Kontrolle entziehend dargestellt, einzig dem Profit des privaten Partners und der Plünderung der öffentlichen Haushalte dienend. Es wird nicht erwähnt, dass auch im klassischen Eigenbau private Partner selbstverständlich gutes Geld verdienen und die Lebenszykluskosten über 30 Jahre in der Regel in PPP-Projekten sehr viel transparenter sind als im Eigenbau. Auch die 17 Rechnungshöfe des Bundes und der Länder nehmen eine kritische Haltung ein. In einem gemeinsamen Positionspapier bemängeln sie insbesondere die Methodik des Wirtschaftlichkeitsvergleichs hinsichtlich der Monetarisierung der Risikoverteilung, eine Kritik, die Hessen angesichts der oben genannten Selbstverpflichtung auf Projekte, die auch ohne Risikobetrachtung eine Effizienzdividende auswerfen, nur bedingt trifft. Folglich findet sich in den aufgelisteten Negativbeispielen auch kein hessisches Projekt. Dennoch kann eine solche öffentliche Diskussion nicht ohne Wirkung bleiben. PPP muss sich dieser Situation und der Kritik stellen, hat aber gute Argumente auf seiner Seite, um zu bestehen. Was hat PPP? Jenseits all der vorliegenden, umfangreichen Wirtschaftlichkeitsberechnungen wird oft hinterfragt, woher eigentlich die Effizienzdividenden

Atrium des BHZ Heppenheim mit Foliendach

kommen sollen, wenn die öffentliche Hand sich konkurrenzlos günstiger finanzieren kann als der private Partner. Nach den Erfahrungen in Hessen kommen die Vorteile vor allem aus dem Lebenszyklusansatz: Ein privater Partner, der nicht nur baut, sondern auch für 30 Jahre Betrieb verantwortlich zeichnet, versucht seine Bauunterhaltungs- und Instandhaltungskosten ebenso wie die Betriebskosten gering zu halten. Er baut qualitativ hochwertiger und damit teurer, spart über den Lebenszyklus aber ein. In Zeiten der Schuldenbremse zu glauben, auch die öffentliche Hand könne ja qualitativ hochwertiger und teurer bauen, um auf lange Sicht Geld zu sparen, ist nicht realistisch. In hessischen PPP-Projekten gibt es fast keine Nachträge, die den Eigenbau häufig belasten. Die Bauzeiten sind konkurrenzlos kurz. Konkurse von Nachunternehmern, die im Eigenbau in Einzelfällen erhebliche Bauzeitverzögerungen nach sich ziehen, spielen in PPPVerfahren nur eine untergeordnete Rolle. Aktuelle Projekte

BHZ Heppenheim

Im Oktober 2009 wurde die innovative Beschaffungsvariante PPP mit einer anderen, innovativen Technik kombiniert. Das Behördenzentrum in Heppenheim, für rund 300 Bedienstete des Amtes für Bodenmanagement und von Hessen-Mobil, wurde 35


Der Zuschlag erfolgte am 29. Dezember 2011. Hier findet die hessische Landesvertretung gemeinsam mit Hessens Partnerregionen eine zeitgemäße Vertretung in der europäischen Metropole. Das Gebäude ist im LEED-Gold Standard (Leadership in Energy and Environmental Design) zertifiziert und wird noch in der ersten Hälfte 2013 bezogen.

Landesvertretung in 3-D-Visualisierung

als europaweit erstes Passivhaus-Bürogebäude im PPP-Verfahren ausgeschrieben, gebaut und im Oktober 2012 von den Bediensteten bezogen. Die Passivhaus-Zertifizierung durch das Passivhaus-Institut in Darmstadt ist bereits erfolgt. Für die knapp 7.000 Quadratmeter Nutzfläche lagen die Gesamtinvestitionskosten bei 24,3 Millionen Euro mit einem Effizienzvorteil von 17,2 Prozent gegenüber dem Eigenbau. Das Land und der private Partner haben den Vertragstext mit Erläuterungen auf ihre Website sowie die Internetseiten des Hauptverbandes der Bauindustrie und der Partnerschaften Deutschland gestellt, um auch dem Vorwurf der Intransparenz entgegenzutreten. PPP hat also überlebt und seine Leistungsfähigkeit erneut bewiesen. Mit dem Mehr-Regionen-Haus in Brüssel schafft sich Hessen eine neue Plattform inmitten des Europaviertels. Die Ausschreibung erfolgte im Juni 2010 für ein Raumprogramm von 2.800 Qua­ dratmeter Nutzfläche mit 105 Arbeitsplätzen, umfangreichen Veranstaltungsbereichen inklusive Catering-Küchen und Dolmetscher-Fazilitäten.

36

Bereits diese Beispiele weisen darauf hin, dass die Diskussion über Umwelt- und Energiestandards seit Beginn von PPP in Hessen nicht stehen geblieben ist. Hessen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 eine CO2-neutrale Landesverwaltung zu erreichen. Dafür werden umfangreiche Anstrengungen in verschiedenen Aufgabenfeldern unternommen. Mit Kabinettsbe­ schluss vom 17. Mai 2010 hat sich die hessische Landesregierung in diesem Zusammenhang selbst verpflichtet, die gesetzlich geforderten Energiekennwerte der jeweils gültigen Energieeinspar­ verordnung um mindestens 50 Prozent zu unterschreiten, unabhängig davon, ob die Eigenbauoder die PPP-Beschaffungsvariante gewählt wird. Im Oktober 2011 erfolgte die Vergabebekannt­ machung für das Polizeipräsidium Südosthessen in Offenbach mit einem Bauvolumen von 173,5 Millionen Euro bei einer Größe von rund 25.000 Quadratmetern Nutzfläche in diesem neuen, deutlich erhöhten Energiestandard. Der Teilnahmewettbewerb steht kurz vor dem Abschluss, der Zuschlag soll Anfang 2014 erfolgen. Mit der Polizeistation und der Polizeiautobahnstation Butzbach ist ein weiteres Projekt in Vorbereitung, andere sind in der Prüfung. PPP wird also weiter fester Bestandteil der hessischen ­Baupolitik bleiben.


Von Tim-Oliver Müller

Die Entwicklung des deutschen Markts für Öffentlich-Private Partnerschaften 2012 war wie erwartet äußerst zurückhaltend. Nur 14 ÖPPHochbauprojekte mit einem Investitionsvolumen von rund 540 Millionen Euro wurden vergeben. Die Projektanzahl war somit im vierten Jahr in Folge rückläufig. Tim-Oliver Müller­ist

11 der 14 Projekte wurden im Bildungs- Leiter der Abteilung Öffentlich-Private bereich vergeben. Darunter befinden Partner­schaften im sich vier Neubau- und SanierungsproHauptverband der jekte von Kindertagesstätten sowie Deutschen Bauinsieben Schulbauprojekte. Das Investitidustrie e.V. onsvolumen beträgt 37 bzw. 453 Millionen Euro. Im neuen Jahr konnte bis Ende Januar 2013 ein weiterer Vertrag für ein Schulprojekt der Stadt Nürnberg unterzeichnet werden. Im Bereich Verwaltungsgebäude kommen die drei verbleibenden Projekte zusammen auf ein Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro.

Das Investitionsvolumen verharrte auf dem Niveau des Krisenjahres 2010. Im Verkehrswegebau sorgten 2011 noch zwei zugeschlagene A-Modelle für Aufbruchstimmung. 2012 konnte an diese Entwicklung jedoch nicht angeknüpft werden. Lediglich ein kommunales Straßenbauprojekt mit einem Volumen von ca. 10 Millionen Euro wurde an ein privates Unternehmen vergeben. Der ÖPP-Hochbaumarkt 2012 Die 14 ÖPP-Hochbauprojekte 2012 kommen ausschließlich aus den Bereichen Bildungseinrichtun­ gen und Verwaltungsgebäude, die sich mit einem Anteil von 45 bzw. 16 Prozent auch wei­terhin als die Bereiche mit den meisten ÖPP-Projekten seit 2002 behaupten.

Investitionsbedarf und Schuldenbremse

Der ÖPP-Markt 2012: Talsohle erreicht?

In den Bereichen Gesundheit, Kultur und Sport sowie im Bereich der Feuer- und Rettungswachen sind 2012 keine weiteren Projekte hinzugekommen.

ÖPP in Deutschland: Entwicklung von 2003 bis Anfang Februar 2013 Investitionsvolumen in Mio. Euro 4 Projekte 32 Projekte

1600

Projekte

1 Projekt 24 Projekte 3 Projekte 27 Projekte

Verkehr

1400

Hochbau

2 Projekte 17 Projekte

1200 650

1000

650

475

800

200 0

10

20

14 Projekte

400

1 Projekt 14 Projekte

1 Projekt 25 Projekte

21 Projekte

600

540

12 Projekte

2 Projekte

345

455

570

865

715

760

510

665

2002/2003 2004 Quelle: eigene Erhebungen

540

1 Projekt

20

65 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012 Feb 2013 Stand: 4.2.2013

37


ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline nach Sektoren

Vergebene Projekte

Projekte in Ausschreibung

Investition in Mio. Euro

Schulen/Bildungszentren

2.324

Projekte in Vorbereitung

Gesamtpipeline

geschätztes Investitionsvolumen in Mio. Euro 120

531 651

Verwaltungsbauten

773 323 419 742

Justizvollzugsanstalten

268

0

50 50

Gesundheit

798

640

60 700

Sport/Kultur

762 32 328 360

Sonstiges (Parken/Logistik) 158 Bundesbauten Summe

136

28 164

427 0 146 146 5.510 1.251

1.562 2.813

Quelle: eigene Erhebungen Investitionsvolumen in Mio. Euro, gerundet

Mit Blick auf die Auftraggeberstruktur öffentlicher Hochbauprojekte zeichnet sich ab, dass sich die Kommunen weiterhin als Vorreiter von ÖPP in Deutschland präsentieren. 12 der 14 Projekte, das heißt ein Anteil von über 85 Prozent, wurde auf kommunaler Ebene vergeben. Jeweils ein Projekt ist den Ländern Baden-Württemberg und Hessen zuzuordnen. Betrachtet man die Gesamtentwicklung des deutschen ÖPP-Hochbaumarkts seit 2002, wird die Vorreiterrolle der Kommunen als Auftraggeber von ÖPP ebenfalls deutlich: 156 der insgesamt 189 Projekte und somit über 82 Prozent wurden im kommunalen Bereich vergeben. Die Bundesländer sind mit 29 Projekten – ca. 15 Prozent – zweithäufigster ÖPP-Auftraggeber, gefolgt vom Bund mit lediglich vier Projekten – ca. 2 Prozent. Die Anteile der drei Gebietskörperschaften an dem seit 2002 im öffentlichen Hochbau insgesamt realisierten Investitionsvolumen von rund 5,51 Milliarden Euro staffeln sich wie folgt: 3,44 Milliarden Euro – 62 Prozent – entfallen auf die kommunale Ebene, ca. 1,63 Milliarden Euro – 30 Prozent – auf die Landesebene 38

Stand: 4.2.2013

und knapp 430 Millionen Euro – 8 Prozent – auf die Bundesebene. Weniger Projekte in Ausschreibung und Vorbereitung Momentan befinden sich 23 Hochbauprojekte mit einem erwarteten Investitionsvolumen von etwas über 1,25 Milliarden Euro in der Ausschreibung. Weitere 61 Projekte mit einem erwarteten Investitionsvolumen von 1,56 Milliarden Euro sind in der Vorbereitung. Die Projektpipeline für deutsche ÖPP-Hochbauprojekte ist somit im zweiten Jahr in Folge schmaler geworden. Im direkten Vergleich zum Vorjahr ist die Projektpipeline, abgesehen von den 2012 vergebenen Projekten, um 21 Projekte und um ein erwartetes Volumen von 1,65 Milliarden Euro geschrumpft. Für diese Entwicklungen sind zum einen nach wie vor die Folgen des Zukunftsinvestitionsprogramms zugunsten der Kommunen, das Teil


ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline

vergebenes Investitionsvolumen in Mio. Euro

29 Projekte

1.639 3.444

156 Projekte

427

Gesamt: 5.010

Bund

4 Projekte

Länder

Investitionsvolumen in Mio. Euro in Ausschreibung

6 Projekte

Gesamt: 1.251

0 Projekte

Investitionsvolumen in Mio. Euro in Vorbereitung

9 Projekte

Gesamt: 1.562

Gemeinden

728 523 0

17 Projekte

394 146

1.021

2 Projekte

50 Projekte Stand: 4.2.2013

Quelle: eigene Erhebungen

Projekte und Investitionsvolumen in Mio. Euro nach staatlichen Ebenen

des 2. Konjunkturprogramms (KP II) der Bundesregierung ist, verantwortlich. Viele Projekte, die mittels ÖPP realisiert werden sollten, sind entweder zurückgestellt oder mit Mitteln aus dem KP II realisiert worden. Die Einbindung der KP-II-Mittel in ÖPP-Projekte ist nur in wenigen Fällen gelungen, auch stand eine Vereinbarkeit von ÖPP mit dem KP II nicht von Anfang an eindeutig fest bzw. wurde nachträglich bekannt gegeben. Erst nach dem Auslaufen der Konjunkturprogramme haben sich öffentliche Auftraggeber wieder alternativen Beschaffungsformen wie ÖPP zugewandt, da die Notwendigkeit solcher Partnerschaftsmodelle im Hinblick auf den enormen Investitionsbedarf der öffentlichen Hand bei gleichzeitig knappen Haushaltsmitteln weiterhin hoch ist. Aufgrund der im Vergleich zur konventionellen Beschaffung langen Vorlaufphase bis zur endgültigen Ausschreibung eines ÖPP-Projekts sind neue Ausschreibungen, aber auch Zuschläge neuer Projekte 2012 ausgeblieben.

Zum anderen ist die öffentliche Meinung gegenüber ÖPP-Projekten, sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau, weiterhin kritisch. Zweifel an der Wirtschaftlichkeit sowie Vorwürfe der Intransparenz, Dumping-Löhne und Mittelstandsuntauglichkeit sind daher auch mit verantwortlich, wieso der ÖPP-Deal-Flow abebbt. Zum einen rücken öffentliche Auftraggeber oftmals von der ÖPP-Projektidee ab, weil sie den politischen und öffentlichen Widerstand fürchten. Laut der Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach trifft dies auf acht von zehn Auftraggebern in Deutschland zu. Besorgniserregend ist dabei insbesondere, dass Ausschreibungen, trotz nachgewiesener, wirtschaftlicher Vorteilhaftigkeit des privaten Angebots, aufgehoben werden; so bei dem Projekt „Schulen in Potsdam“. Zum anderen werden ÖPP von vornherein nicht in Betracht gezogen, weil pauschale Kritiken und Vorwürfe eine differenzierte Diskussion über Potenziale und Möglichkeiten von ÖPP, auch unter 39


der Berücksichtigung bisheriger Erfahrungswerte, erst gar nicht möglich machten. Kommunen auf ÖPP-Wiederholungskurs Entgegen dem allgemeinen, kritischen Meinungstrend zeichnet sich jedoch ab, dass insbesondere die guten Erfahrungen mit ÖPP-Projekten dazu motivieren, erneut auf Partnerschaftsmodelle mit der privaten Wirtschaft zur Beschaffung öffentlicher Infrastruktur zurückzugreifen. Hierbei spielen insbesondere die Kommunen eine wichtige Rolle. Von den elf kommunalen Auftraggebern 2012 hatten fünf bereits Projekterfahrung mit ÖPP im öffentlichen Hochbau und mindestens ein weiteres Projekt zu einem früheren Zeitpunkt realisiert. Auch das Land Baden-Württemberg sowie das Land Hessen, die beide jeweils ein ÖPP-Projekt 2012 vergeben haben, verfügen bereits über umfassende ÖPP-Erfahrung. Die Vermutung liegt somit nahe, dass die bisherigen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem privaten Partner für eine weitere Anwendung des ÖPP-Modells sprechen und gleichzeitig die möglichen Vorteile durch ÖPP belegen.

Diese Hypothese gleicht dem Ergebnis der Allensbach-Studie, in der 82 Prozent der Auftraggeber angaben, ÖPP an anderen Schulen weiterzuempfehlen. Ebenso kommt die im Dezember 2012 veröffentlichte Ernst & Young-Studie „Real Estate Trends“ zu dem Schluss, dass „ÖPP besser als ihr Ruf“ seien. Schulen, Sportstätten oder Gefängnisse würden immer häufiger über ÖPP geplant, gebaut, finanziert und betrieben, und das mit Erfolg und zur Zufriedenheit der jeweiligen Nutzer, Kommunen oder des öffentlichen Trägers. Mittelstandsbeteiligung unverändert hoch Der deutsche ÖPP-Markt ist im europäischen Vergleich besonders durch seine kleinteiligen Investitionsvolumen gekennzeichnet. 147 der insgesamt realisierten 189 Projekte haben ein Investitionsvolumen von bis zu 30 Millionen Euro. 24 Projekte bewegen sich in der Spanne zwischen 31 und 70 Millionen Euro. Lediglich 18 Projekte weisen ein Investitionsvolumen von über 70 Millionen Euro auf. Die Kleinteiligkeit der Projektgrößen mag darauf zurückzuführen sein, dass die Großzahl der Projekte auf der kommunalen Ebene realisiert und größere Projekte aufgrund engerer

ÖPP im öffentlichen Hochbau: Investitionsvolumen und Projektpipeline Bund

Vergebene Projekte

Projekte in Ausschreibung Projekte in Vorbereitung

Investition in Mio. Euro

Geschätztes Investitionsvolumen in Mio. Euro

427

0 146

Länder

1.639

728 394

Kommunen

3.444

523 1.021

Gesamt

5.510

1.251 1.562 2.813 Nach Auftraggebern, Investitionsvolumen in Mio. Euro, gerundet

40

Quelle: eigene Erhebungen

Stand: 4.2.2013


kommunaler Haushaltsspielräume nur vereinzelt angegangen werden. Dieses für den deutschen ÖPP-Markt charakteristische Merkmal findet sich auch unter ÖPPHochbauprojekten 2012 wieder. Die Investitionsvolumen von 12 der 14 Hochbauprojekte und somit 85 Prozent bewegen sich zwischen 6 und 30 Millionen Euro. Lediglich zwei Projekte liegen darüber: Ein Schulpaket, bestehend aus 15 ausgewählten Berufsschulen in Hamburg, mit einem Wert von 315 Millionen Euro sowie ein weiteres Schulpaket im Landkreis Miesbach mit über 55 Millionen Euro Investitionsvolumen. Aus Sicht der mittelständischen Unternehmen sind die kleineren Projektgrößen jedoch als Chance zu sehen, da dies ihre Beteiligung an ÖPP-Projekten auch auf erster Auftragnehmerebene möglich macht. Dies zeigt auch die ÖPP-Statistik seit 2002: 93 der 189 ÖPP-Hochbauprojekte wurden auf erster Auftragnehmerebene direkt vom Mittelstand bzw. vom industriellen Mittelstand gewonnen. Dies entspricht einem Anteil von 49 Prozent. Ebenso weisen die Projekte 2012 eine hohe Mittelstandsbeteiligung auf: 60 Prozent der Projektverträge des Jahres 2012 konnten von mittel-

ständischen Unternehmen als erstem Auftragnehmer unterzeichnet werden. Gleichzeitig belegen Untersuchungen, dass zwischen 60 und 70 Prozent des Projektauftragsvolumens an regional eingebundene Mittelstands- und Handwerksunternehmen weitergeleitet wird. ÖPP im Verkehrswegebau 2012 Nachdem die A-Modelle auf der A8 Ulm–Augsburg und auf der A9 Hermsdorf–Schleiz 2011 erfolgreich an den Markt gebracht werden konnten, wurden im Bundesfernstraßenbau 2012 keine weiteren Zuschläge erteilt. Im Bereich der Landes- und Kommunalstraßen wurde ein Projekt, der Neubau der Ortsumgehung Kuhbier mit einem Bauvolumen von rund10 Millionen Euro, vergeben. Im Verkehrsbereich wurden seit 2007 somit insgesamt zwölf Projekte mit einem Investitionsvolumen von 2,34 Milliarden Euro vergeben. Dass jedoch auch im Bereich der Bundesfernstraßen weitere Projekte folgen, wurde 2012 mit der veröffentlichten Ausschreibung für das A-Modell auf der A7 Bordesholm–Hamburg deutlich. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und

ÖPP im Verkehrswegebau: Entwicklung von 2007 bis Anfang Februar 2013 Investitionsvolumen in Mio. Euro

700

4 Projekte

Pro 1 Projekt

600

2 Projekte 3 Projekte

500 400 300 200 100

650

650

475

0 2007

2008

2009

1 Projekt 20

540

2010

2011

1 Projekt 10

2012

Quelle: eigene Erhebungen

41


Stadtentwicklung will auch 2013 weitere ÖPPVerkehrsprojekte auf den Markt bringen: Das AModell A7 Salzgitter–Drammetal soll trotz des jüngst bekannt gewordenen Stopps weiterverfolgt werden. Die A6 Wiesloch–Rauenberg-Weinsberg soll noch in der ersten Jahreshälfte in die Präqualifikation starten. Die A94 Pastetten–Heldenstein soll im Spätsommer 2013 folgen.

Positive Erfahrungen kommunizieren Die Notwendigkeit für partnerschaftliche Beschaffungsmodelle wie ÖPP ist weiterhin vorhanden. Der Investitionsbedarf in den Kommunen, aber auch auf Landes- und Bundesebene ist unverändert hoch. Die Daehre-Kommission hat den deutschen Verkehrswegen eine Unterfinanzierung von jährlich 7,2 Milliarden Euro attestiert. Der Städte- und Gemeindebund sieht einen Sanierungsbedarf im kommunalen Verkehrsbereich

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von 23 Milliarden Euro. Mit Blick auf den demografischen Wandel besteht ein weiterer Investitionsbedarf von ca. 53 Milliarden Euro für einen altersgerechten Infrastruktur-Umbau. Weitere 75 Milliarden Euro sind laut der Kreditbank für Wiederaufbau für die energetische Sanierung von Gebäuden der kommunalen und sozialen Infrastruktur notwendig. Mit anderen Worten: Es gibt viele Bereiche, in denen ÖPP helfen kann, dem Investitionsbedarf und -stau zu begegnen. Hierfür muss es jedoch gelingen, die vielen positiven Projekterfahrungen in der Öffentlichkeit und gegenüber potenziellen Auftraggebern zu kommunizieren. Auch muss es gelingen, die positiven Erfahrungen auf andere Bereiche zu übertragen, wie z.B. auf den Schienenwegebau. Nur so kann der Deal-Flow langfristig wieder erhöht und die Talsohle des deutschen ÖPP-Markts nachhaltig durchschritten werden.


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Bundesministerium für Bildung und Forschung – aus Sicht des Auftraggebers Von Thomas Leitschuh und Christian Pelzeter

Der Neubau des BMBF, der mit dem „Innovationspreis PPP 2012“ ausgezeichnet wurde, soll von innen und außen ein Aushängeschild werden. Gestalterische Topqualität, nachhaltige und energieeffiziente Gebäudetechnik zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis bei einem wirtschaftlichen Betrieb sind gefordert. Ein Jahr nach Baubeginn ist der Rohbau vollendet und die Arbeiten für die gebäudeschließende ­Hülle in vollem Gange. Die Aufgabe der Neubaumaßnahmen ist die dauerhafte Unterbringung aller Beschäftigten des Berliner Dienstsitzes des BMBF. Bei dem Neubau des BMBF handelt es sich um eine Unterbringungsmaßnahme im Rahmen des einheitlichen Liegenschaftsmanagements (ELM) des Bundes. Wie bei einer konventionellen Umsetzung ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) AG im Rahmen des ÖPP-Projekts öffentlicher Partner. Neben dem Ziel der Wirtschaftlichkeit und einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis soll ein Gebäude entstehen, das der Ressortaufgabe entspricht und als solches als Aushängeschild erkennbar sein soll. Weiteres Ziel ist die Erfüllung der hohen An­ forderungen an gestalterische Qualität und städtebauliche Einbindung sowie die Nachhaltigkeit und Energieeffizienz des Gebäudes. Kostenersparnis und Risikoverteilung Der Vergleich der Barwerte der konventionellen Umsetzung und des Angebots des privaten Part­ ners in der abschließenden Wirtschaftlichkeits­ untersuchung ergab einen Barwertvorteil von 9,5 Prozent für das ÖPP-Angebot. Durch die Umsetzung als ÖPP-Projekt können somit Einsparungen von insgesamt ca. 28 Millionen Euro über die Vertragslaufzeit erreicht werden.

Ziel war es nicht, möglichst viele Risiken auf den Auftragnehmer (AN) zu Thomas Leitschuh übertragen. Derjenige Vertragspartner ist Leiter des Be­reichs soll das Risiko tragen, der es am besNeubau und Verwaltung der obersten ten erkennen und beherrschen kann. Bundes­behörden. Das ÖPP-Konzept sieht deshalb vor, Christian Pelzeter ist Planung, Errichtung, Betrieb und InPartner der Architektensozietät Heinle, standhaltung des Gebäudes und der Wischer und Partner technischen Anlagen auf den AN zu und für den Neubau übertragen. Damit muss der private des BMBF als federführender Architekt Partner bereits in der frühen Planungsverantwortlich. phase den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes berücksichtigen und die Bau-, Betriebs- und Instandhaltungsleistungen phasenübergreifend sowohl in seinem eigenen als auch im Interesse des AG optimieren. Der AG erreicht damit ein hohes bauliches und betriebliches Qualitätsniveau. Der AG erwartet ein Interesse beim AN, eine besondere Planungs­ tiefe zu erreichen und hohe Qualitäten zu verbauen, um die Mängelanfälligkeit und den Betriebsaufwand während seiner nachfolgenden Betreiberverantwortung über 28 Jahre gering zu halten. Schließlich soll am Ende der Laufzeit über die Endschaftsregelung ein hochwertiges und voll funktionstüchtiges Bauwerk an den AG zurückgegeben werden. Damit wird faktisch die Gewährleistungsfrist für die unterschiedlichen Gewerke verlängert, weil der AN über seine Betreiberver-

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antwortung die Funktionalität und Qualität der Gebäude garantiert. Die Rolle des Architekten im ÖPP-Verfahren Die Erstellung eines prüffähigen Angebots verlangt von allen Planungsbeteiligten die Bereitschaft, sich mit der jeweiligen Kernkompetenz von Anfang an voll und ganz in den Planungsprozess einzubringen. Die Aufgabe des Architektes besteht darin, diesen integrativen Planungsansatz zu steuern und die Beiträge der einzelnen Fachdisziplinen koordinierend zu einem Ganzen zusammenzufügen. Positiv ist hierbei anzumerken, dass die herkömmliche Trennung zwischen Planung und Betrieb eines Gebäudes aufgrund

BMBF Berlin: Bauzustand Dezember 2012

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der Aufgabenstellung aufgehoben wurde und somit die Anforderungen an die Nachhaltigkeit und an einen reibungslosen Betrieb schon in der Angebotserstellung durch die Bieterseite berücksichtigt werden mussten. Das Ziel ist nicht primär nur die Übergabe eines schlüsselfertigen Ministeriums, sondern auch, einen nutzergerechten Betrieb über 28 Jahre wirtschaftlich zu gewährleisten. Für den Architekten ergeben sich somit übergreifende Planungsaspekte, neben den üblichen Kriterien wie der städtebaulichen Einbindung, baulichen Ausformung und funktionalen Umsetzung des geforderten Raumprogramms. Somit musste z.B. die Auswahl der verwendeten Materialien


für die Erstellung des Gebäudes nicht nur nach gestalterischen oder kostenrelevanten Gesichtspunkten erfolgen, sondern auch im Sinne der Anforderungskriterien für die angestrebte Zertifizierung nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) (Gold-Status). Die Fragen der Werthaltigkeit der Materialien, die Umweltverträglichkeit und die Lebenszykluskosten wurden im Planungsteam abgewogen und die Auswirkungen auf ein für die AG-Seite akzeptables Gesamtpaket erörtert. Durch den von AG-Seite gewünschten Vorbildcharakter bezüglich einer hocheffizienten und nachhaltigen Gebäudetechnik mussten dementsprechend auch alle anlagenspezifischen Planungselemente frühzeitig in den Entwurfsprozess mit einbezogen werden. Durch die gewählte Form der Auslobung war ein Bieterkonsortium zu erstellen, in dem die einzelnen Planer und die ausführende Firma von Beginn an zusammen ins Rennen gingen. Die klassische Trennung zwischen Planung und Erstellung des Gebäudes entfiel somit und wir als Architekten standen vor der nicht alltäglichen Aufgabe, einerseits die Erfahrungswerte und Prozessvorschläge der ausführenden Firma zu integrieren und andererseits ein konkurrenzfähiges Gebäude unter architektonischen Bewertungskriterien zu entwerfen. Dies fiel umso mehr ins Gewicht, da aufgrund der städtebaulichen Bedeutung der Bauaufgabe an dieser prominenten Stelle in Berlin die architektonische Ausarbeitung mit 60 Prozent in die Bewertung des Angebots einging. Der Entscheidungsprozess wurde von einer hochrangigen Architektenjury begleitet und kommentiert. Frühzeitige Abstimmung Eine weitere wichtige Aufgabe war die frühzeitige Abstimmung des Entwurfs mit den Trägern der öffentlichen Belange im Vorfeld, um die all­gemeine Genehmigungsfähigkeit des Angebotsentwurfs sicherzustellen. Dies betraf die Fragen der städtebaulichen Einbindung und des baulichen Brandschutzes und die Integration des geforderten Sicherheitskonzepts des Ministeriums.

Die positiven Erfahrungen aus diesem gemeinsamen Angebotsprozess und die Bereicherung durch das Erzielen von Synergieeffekten im Planungsteam waren sehr prägend und bildeten die Grundlage für die weitere konstruktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit im Projektablauf. Dialog mit dem Nutzer Durch die Zweistufigkeit des Verfahrens erfolgte eine frühzeitige Einbindung des Nutzers in den Planungsprozess vor dem abschließenden Vertragsabschluss. Wir sehen hier einen entscheidenden Vorteil gegenüber einem herkömmlichen Planungsverfahren, da dem Nutzer so die Möglichkeit gegeben wird, sich von Beginn an mit seinen internen Erfahrungen und zukünftigen Zielvorstellungen einzubringen. Für den Architekten gilt es, diesen konstruktiven Dialog zeitnah durch sachliche Entscheidungsvorlagen für alle an der Angebotserstellung Beteiligten transparent zu gestalten. Spekulative Einwürfe müssen in belastbare Argumente aufgearbeitet werden, somit wird über mehrere Verhandlungsrunden für beide Vertragsseiten ein Gesamtpaket geschnürt, das einerseits eine für den Nutzer – respektive AG – akzeptable Planung und andererseits eine für den AN verbindliche Grundlage für seine Angebotserstellung enthält. Durch diese Vorgehensweise lassen sich berechtigte Nutzer­ änderungen, die bei anderen Verfahren oft erst im späteren Planungsverlauf angemeldet werden und zu Nachträgen führen können, auf ein Minimum reduzieren. Durch die Einbeziehung der zukünftigen Nutzer bei der Gestaltung des Farb- und Materialkonzepts des Hauses werden schon im Vorfeld Gemeinsamkeiten herausgearbeitet, die im weiteren Planungsverlauf als abgestimmte Grundlage dienen. Aufgrund der Komplexität der gestellten Bauaufgabe empfanden wir als Architekten die konstruktiven Dialogrunden sehr zielgerichtet und 45


über mehrere Optimierungsstufen entstand ein Gebäudeentwurf, der wie ein Maßanzug auf die vielfältigen Nutzungsanforderungen geschneidert wurde. Ein wesentlicher Aspekt bei der gemeinsamen Erarbeitung des letztgültigen Vertragsangebots sind die beiderseitigen Erkenntnisse über die Kommunikationsfähigkeit der Teilnehmer. Die Fähigkeit zum partnerschaftlichen Dialog ist Grundlage für die weiteren Planungsschritte und aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein zum Gesamt­erfolg. Alle an der Diskussion Beteiligten haben die Möglichkeit, sich im Laufe des Verfahrens auf unterschiedliche Art und Weise einzubringen und sich im Team einzuspielen. Erfahrungen im ersten Jahr Nach erfolgter Beauftragung im August 2012 erforderte der vertraglich festgelegte Bauablauf rasches Handeln auf Planungsseite. Die abgestimmten Vertragsgrundlagen ermöglichten die Einreichung des Bauantrags Mitte Oktober 2012 unter Vorgabe der nutzerseitigen Zustimmung und der Klärung aller genehmigungsrelevanten Fragen. Dies wurde aus unserer Sicht dadurch ermöglicht, dass ein eingespieltes Planungsteam über alle Fachbereiche vorhanden war und keine Zeit für Anlaufschwierigkeiten aufgewendet werden musste. Alle Informationen über das Projekt waren im Zuge eines eingeführten elektronischen Datenaustauschs zwischen allen Projektbeteiligten jederzeit kommunizierbar und ermöglichten dadurch die zeitnahe Klärung offener Fragen. Durch den hohen Durcharbeitungsgrad aufgrund der geforderten Angebotsunterlagen konnte auf

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ein abgestimmtes Planfundament zurückgegriffen und die weiteren Planungsschritte darauf aufgebaut werden. Die Durcharbeitung des Entwurfs und die Optimierung der innerbetrieblichen Prozessabläufe des Ministeriums wurden regelmäßig in den gemeinsamen Planungsrunden zwischen AG und AN erörtert und die Entscheidungen zur weiteren Vorgehensweise in beiderseitigem Einvernehmen getroffen. Die den Bauablauf begleitenden Planungsfragen wurden im Team zeitnah gelöst, sodass bereits nach einem halben Jahr nach Auftragserteilung mit der Erstellung des Bauwerks begonnen werden konnte. Nach der Baufreimachung des Geländes standen die Vorbereitungen der Grundwasserhaltung als erste Herausforderung an. Die Erstellung des Bodenaushubs brachte einige Überraschungen mit sich, die jedoch alle im partnerschaftlichen Dialog gelöst werden konnten. Nach der Fertigstellung der Betonierarbeiten der beiden Untergeschosse konnte ein zügiger Baufortschritt in den Obergeschossen durch die Verwendung von Halbfertigteilen erzielt werden. Dabei mussten in den einzelnen Geschossdecken unzählige Rohre und Leitungen für das innovative Heiz- und Kühlsystem des Hauses mit in die Schalung eingelegt werden. Nach dem ersten Jahr seit Baubeginn sind die Rohbauarbeiten vollendet und die Arbeiten für die gebäudeschließende Hülle in vollem Gange. Das Projekt liegt im vereinbarten Zeit- und Kostenrahmen.


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Justizvollzugsanstalt Bremervörde: Erfolg durch optimale Vorbereitung Von Dr. Manfred Otto

Beim Vorhaben „Neubau der Justizvollzugsanstalt Bremervörde in Öffentlich-Privater Partnerschaft“ lief alles glatt. Dank eines gelunge­ nen Abstimmungsprozederes in der Planungsphase wurden trotz hoher Projektkomplexität Zeit- und Kostenrahmen eingehalten. Das Projekt wurde mit dem „Innovationspreis PPP 2012“ ausgezeichnet. Bekanntlich liegt ein besonderes Merkmal von ÖPP darin, bei der Ausschreibung des Vorhabens auf Leistungsverzeichnisse weitgehend zu verzichten. Stattdessen legt der Auslober den Bietern mit den Vergabeunterlagen einen mehr oder weniger detaillierten „Bestellzettel“ mit funktionalen Beschreibungen vor. Der spätere Zuschlag wird für den Baubereich eines Vorhabens in der Regel auf Basis einer Entwurfsplanung – vergleichbar der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) Stufe 3 – und für die Betriebsleistungen aufgrund kurzer, prägnanter Beschreibungen und Konzepte erteilt. Darüber hinaus wird für die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens mit der Auftragserteilung eine Kostenobergrenze festgelegt, die es einzuhalten gilt. Deshalb kommt der späteren Herausarbeitung des konkreten Baubzw. Betriebssolls im Planungsverfahren eine besondere Bedeutung zu. Dieser Prozess liegt zwar formell in der Verantwortung des gewonnenen privaten Auftragnehmers, muss aber vom öffentlichen Auftraggeber begleitet werden, damit es bei der Übergabe nicht zu unliebsamen Überraschungen für beide Seiten kommt. Begleitung des Konkretisierungsprozesses Wie die Begleitung des Planungsprozesses über die Genehmigungs- hin zur Ausführungsphase auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers ausgestaltet werden sollte, hängt zu einem guten Teil von der Rolle und Funktion des öffentlichen Nutzers ab. Dies gilt auch für die Vertiefung der Be-

Ministerialrat Dr. Manfred Otto, Niedersächsisches Justizministerium, war Projektleiter des Modellvorhabens ÖPP-JVA Bremervörde. Die Einrichtung ging am 1. Januar 2013 in den Betrieb.

triebskonzepte. Es gehört zum gepflegten Stehsatz von Berichten über abgeschlossene bzw. in der Kritik stehende Projekte, dass zeitraubende und kostensteigernde Impulse zu Umplanungen zu einem großen Anteil aus dem Dunkel plötzlicher öffentlicher Nutzerbegehrlichkeiten entstehen. Oder man streitet sich darüber, was zum Bestellten – hier etwa „ein Stück Gefängnis“ – dazugehört oder nur per Nachtrag zu bekommen ist. Dies ist für die Beteiligten unerfreulich, sollte aber nicht dazu führen, vor den anstehenden Abstimmungen zurückzuschrecken und als öffentlicher Auftraggeber lieber konventionell Leistungsverzeichnisse abzuarbeiten. Der Vorteil von ÖPP liegt eben auch darin, dass nur über gewährte Freiräume innovatives Wissen potenzieller privater Partner initiiert werden kann. Eine erfolgreiche Begleitung auf öffentlicher Seite hängt bei komplexen Vorhaben, wie es etwa eine­Justizvollzugsanstalt mit umfangreichen Bau-, Technik- und Betriebsanteilen darstellt, von den gewählten Entscheidungsstrukturen und -kompetenzen der Beteiligten ab. Im vorliegenden Projekt wurden die üblichen Verantwortlichkeiten im öffentlichen Hochbau neu festgelegt: Das Projekt wurde durch das Niedersächsische Justizministerium als künftige nutzende Verwaltung federführend bearbeitet bzw. gesteuert; die Projektleitung war direkt dem Staatssekretär unterstellt. Durch die Zusammensetzung des Pro-

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jektteams mit Beteiligung des Niedersächsischen Finanzministeriums, der Oberfinanzdirektion Niedersachsen sowie des Staatlichen Baumanagements wurde der erforderliche Sachverstand in den verschiedenen Projektphasen gebündelt. Insgesamt konnten die Kommunikationsstränge trotz der genannten hohen Komplexität des Vorhabens klar und übersichtlich gehalten werden. Die Staatliche Bauverwaltung hat sich in einer neuen Rolle als fachlicher Berater des Auftraggebers sehr engagiert eingebracht. Die Projektleitung war damit in der Lage, schnell und effizient nötige Entscheidungen zu treffen und so den Fortgang des Projekts zu fördern. Gewählte Instrumente Um den Prozess transparent und verbindlich und dabei partnerschaftlich zu gestalten, wurde ein schriftliches Verfahren vereinbart, das aus einer sogenannten Sammelliste Bau sowie einer Sammelliste Betrieb bestand. Zur Kostenkontrolle wurde darüber hinaus eine sogenannte Plus-Minus-Liste eingerichtet. x

Sammellisten Bau und Betrieb In den Sammellisten Bau und Betrieb wurden alle bautechnischen und betrieblichen Einzel­ themen im Planungsverlauf behandelt. Ziel war, in einem kurzen schriftlichen Dialog zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) das Bau- bzw. Betriebssoll im Rahmen des ver­ traglichen Leistungssolls und des pauschal vereinbarten Preises für beide Seiten verbind­lich festzulegen. Die Listen dienten dabei der Beschreibung der Qualitäten innerhalb der ausgeschriebenen funktionalen bzw. outputorientierten Bandbreite und gaben dem Auftragnehmer Sicherheit bei der Fortführung der Bauplanungen und Fort­ schreibung der Betriebskonzepte. Die Sammellisten pendelten zwischen den Partnern hin und her oder wurden in Konferenzen durch die Gesprächspartner aktualisiert. Welche Punkte­ thematisiert wurden, lag in der Entscheidung 48

der jeweiligen Vertragspartner. In diesem Ab­ stimmungsprozess wurden über 850 Bau- und 450 Betriebsthemen behandelt. Mit dem Vermerk „abgeschlossen“ signalisierten beide Parteien eine technische bzw. sachliche Klärung und darüber hinaus, dass sich die gefundene Festlegung im Rahmen des Pauschalpreises bewegt. Eine etwaige Kostenrelevanz im Sinne von Mehr- oder Minderaufwendungen war durch die Vertragsparteien anzuzeigen. Diese Punkte wurden sodann einvernehmlich in die Plus-Minus-Liste aufgenommen. Solange ein Punkt in der PlusMinus-Liste in Abstimmung war, musste er in der Sammelliste als offen geführt werden. Umgekehrt galt, dass ein abgeschlossener Punkt in der Sammelliste keine ungeklärte Kostenrelevanz hatte. x Plus-Minus-Liste

Die zusätzlich zu den Sammellisten eingerichtete Plus-Minus-Liste enthielt Einzelpunkte, die als kostenrelevante Leistungsänderungen im Rahmen des Auftragsumfangs in der Sammelliste identifiziert worden waren. Im Laufe des nun folgenden Abstimmungsprozesses wurde der AN durch den AG angehalten, etwaige Minder- oder Mehrkosten in der Plus-Minus-Liste nachrichtlich anzugeben. Die Liste sah Kommentarspalten für beide Parteien vor und war ebenfalls auf einen wechselseitigen Austausch ausgerichtet, sodass über die Höhe der Kostenauswirkungen verhandelt werden konnte. Weiterhin bestand bei diesem Vorgehen für den AG die Möglichkeit, qualitative Argumente und monetäre Auswirkungen gegeneinander abzuwägen und die Kostenangaben des AN zu plausibilisieren. Die endgültige Entscheidung über das Wirksamwerden einer Kostenminimierung oder -erhöhung wurde durch den AG getroffen. Sobald der Punkt hier erledigt wurde, war das Ergebnis in der Sammelliste nachzuführen und abzuschließen. Mit der Auflistung wurde das Ziel verfolgt, für das Land ein qualitativ und quantitativ konkretisiertes Leistungssoll auf der Basis des bezuschlagten Angebots zu gewährleisten und


Das ÖPP-Projekt JVA Bremervörde wurde mit dem „Innovationspreis PPP 2012“ ausgezeichnet

dabei den Kostenrahmen einzuhalten. Um den Abstimmungsprozess im Griff zu haben, wurden fortlaufende Saldierungen durchgeführt. Ein definiertes theoretisches jeweiliges „Guthaben“ wurde in der Liste dokumentiert und zu Stichtagen aktualisiert. So konnten mögliche Mehrkosten für das Land, die im Einzelnen genehmigt werden, mit theoretischen Einsparungen ausgeglichen werden.

Bewährtes Verfahren Das Verfahren hat sich sehr bewährt und über die gesamte Planungs- und Bauphase dazu beigetragen, dass die beteiligten Personen ständig im Gespräch waren und ein gemeinsames Verständnis über die zu konstruierende Realität entwickeln konnten. So bekam die Anstalt ein Gesicht, in dem sich AG und AN wiedererkennen.

Modellvorhaben ÖPP JVA Bremervörde

Stand: 29.3.2012 AG, nutzerseitige Optimierungsvorschläge Entwurfs­ planung, 11.11.2010 AN, Frageliste – Hinweise – Architektur, 2.12.2010 AN, Frageliste – Hinweise – Elektro, 2.12.2010 Besprechung zur Entwurfsplanung, 30.11.2010 E-Mail BAM – Grundrissauszüge –, Herr Fuchs, vom 15.12.2010 E-Mail BAM – Hafthauskerne –, Herr Fuchs, vom 15.12.2010 Telefonkonferenz, AG und AN, 15.12.2010 BAM, Frageliste, Stand 10.1.2011 Telefonkonferenz, AG und AN, 18.1.2011 Besprechung zur Genehmigungsplanung, 27.1.2011 Besprechung zur Küchenplanung und zum Brandschutz, 3.2.2011 E-Mail BAM zur Küchenplanung vom 7.2.2011 Telefonkonferenz, AG und AN, 9.2.2011 Besprechung zum Sicherheitskonzept, JVA Rosdorf, 24.2.2011

Telefonkonferenz, AG und AN, 9.3.2011 Telefonkonferenz, AG und AN, 29.3.2011 Besprechung AG und AN, Hochbau und EDV, 11.4.2011 Besprechung AG und AN, PNA, Außenanlagen, HLS, 12.4.2011 Telefonkonferenz, AG und AN, 11.5.2011 Besprechung AG und AN, 1.6.2011 Besprechung AG und AN, 12.7.2011 Besprechung AG und AN, 2.8.2011 Telefonkonferenz, AG und AN, 26.8.2011 Besprechung AG und AN, 5.9.2011 Besprechung AG und AN, 29.9.2011 Besprechung AG und AN, 9.11.2011 Besprechung AG und AN, 30.11.2011 Telefonkonferenz, AG und AN, 13.12.2011 Telefonkonferenz, AG und AN, 10.1.2012 Telefonkonferenz, AG und AN, 7.2.2012 Besprechung AG und AN, 27.2.2012 Telefonkonferenz, AG und AN, 13.3.2012

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Modellvorhaben ÖPP JVA Bremervörde

Anmerkung Auftraggeber Nds. MJ

Nr.

Datum

Stichwort

Inhalt

1 11.11.2010 Pforte

Wegeführung für urlaubsrückkehrende Gefangene Urlaubsrückkehrende Gefangene werden in Verlängerung des Flures in den ausgewiesenen Räumlichkeiten W-D-W (Räume 1.3.5, 1.3.6, 1.3.7) durchsucht und müssen jetzt in den Unterkunftsbereich geführt werden. Dazu ist der Flur zwischen Außenpforte und Sicherheitszentrale nicht geeignet.

Vor dem hinteren Treppenhaus sollte ein zusätzlicher Flur eingeplant werden. Über diesen Flur können die durchsuchten Gefangenen dann die Magistrale erreichen. Eine geringfügige Verkleinerung der anliegenden Räume ist hierfür hinnehmbar.

Anmerkung Auftragnehmer BAM

Datum

22.11.2010

Stichwort

Inhalt Der Vorschlag des Auftraggebers wurde in der Planung berücksichtigt.

Anmerkungen, Hinweise des AG zur Rohbaugeometrie (Positionspläne), 1.4.2011

Nr.

Datum

Stichwort

Inhalt

244 1.4.2011 Rohbau- geometrie, Stahlbeton

Abgeschlossen

245 1.4.2011

Hinweis: In Teilbereichen der Dachflächen werden Trapezbleche als raumabschließende Konstruktion gewählt. Bautechnisch ist diese Bauweise akzeptabel. Es wird darauf hingewiesen, dass auch bei diesen Konstruktionen eine hohe Funktionssicherheit gewährleistet sein muss und ein möglichst geräuschloses Bewegen auf der Dachfläche möglich sein soll.

Rohbau- geometrie Trapez- blech

Hinweis: Die in den zur Verfügung gestellten Positionsplänen dargestellte Stahlbetonbauweise wird als grundsätzlich angemessen und robust eingestuft.

Abgeschlossen

Die Trapezdächer werden oberseitig gedämmt. Damit sollte eine geräuschlose Bewegung auf dem Dach möglich sein.

6.4.2011

12.4.2011

Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen. Abgeschlossen

246 1.4.2011

Hinweis: Die einzelnen Gebäude werden durch Medienkanäle miteinander verbunden. Im Be-­ reich der Übergänge Medienkanal–Gebäude werden Dehnungsfugen angeordnet. Inwieweit zusätzliche Dehnungsfugen, Sollrissfugen oder sogar Gebäudefugen bei den z.T. sehr großen Gebäudeabmessungen geplant sind, ist aus den Positionsplänen nicht ablesbar (z.B. zwischen Gebäude F und G an Achse J; Medienkanallänge Achse 31E bis 51 ca. 102,5 m). Es wird um Berücksichtigung gebeten. Abgeschlossen

Gebäudedehnfugen wurden in der Planung berücksichtigt.

Rohbau- geometrie, Medien- kanäle

6.4.2011

12.4.2011

Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen. Abgeschlossen

247 1.4.2011 Rohbau- Hinweis: Es wird davon ausgegangen, dass die Regeln der Richtlinie für wasserundurch Geometrie lässigen Beton des DAfStb bei der Planung und Ausführung für die Bauteile der WU-Kons WU-Beton ­truktion berücksichtigt werden. Abgeschlossen

6.4.2011

12.4.2011

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Die entsprechenden Vorschriften wurden berücksichtigt. Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen. Abgeschlossen


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Über 30 Jahre Erfahrungen mit PPP in Wiesbaden Von Dr. Helmut Müller

Die öffentliche Immobilienwirtschaft befindet sich in den letzten Jahren in einem bemerkenswerten Umbruch. An vielen Stellen findet ein – im wahrsten Sinne des Wortes – sichtbarer Wechsel von einer kameralen „Verwaltung“ hin zu einer doppischen „Bewirtschaftung“ öffentlicher kommunaler Immobilien statt. Zwei Gründe liegen ganz offensichtlich auf der Hand: Zum einen der Übergang von der Kameralistik in die Doppik, die sehr schnell einige der großen Schwachstellen kameraler Verwaltung aufdeckt. In einer kameralen Welt weisen viele kommunale Immobilien schwarze Zahlen aus, da ein Mittelzufluss gezeigt wird. Die Freude schlägt beim selben Objekt bei einer doppischen Betrachtung sehr schnell in Grausen um, wenn am einzelnen Objekt deutlich wird, dass dieser Mittelzufluss oftmals nicht einmal ausreicht, um die notwendigen Reinvestitionen zu finanzieren. Dazu kommt, dass bei Sparbemühungen das kamerale Investitionsbudget sehr häufig – weil am wenigsten mit Widerstand verbunden – als SparSteinbruch gesehen wird, das dazu den vermeintlichen Vorteil mit sich bringt, von nicht geringer Größe zu sein. Die zweite wesentliche Einflussgröße war das Aufkommen von PPP-Projekten, die ganz neue Begriffe wie Lebenszyklusbetrachtung, projektbezogene Kalkulation oder die Überlegung, „Nutzung statt Steine“ zu kaufen, in die öffentliche Immobilienwelt eingeführt haben. Beide Entwicklungen, Doppik und das Beispiel der PPP-Projekte, haben dazu geführt, dass die Grundideen der PPP-Projekte sich langsam zum Alltag in der öffentlichen Immobilienbewirtschaftung entwickeln. Eingebaut in die budgetbezogene Haushaltsplanung, bei der die einzelnen Arbeitseinheiten relativ autonom über die Verwendung ihrer Budgets verfügen können, gibt es dadurch einen weiteren Schub, sodass die

Dr. Helmut Müller ist Oberbürger­ meister der Landes­hauptstadt Wiesbaden.

Optimierungspotenziale unmittelbar von den Nutzern gesehen und genutzt werden können: Wenn eine Immobilie optimal bewirtschaftet wird, hat nicht nur das traditionelle Hochbauamt einen Vorteil, sondern das jeweils nutzende Amt, sodass ein ganz anderes Interesse an einer optimalen Immobiliennutzung besteht. Was bedeutet PPP?

Public-Private-Partnership-Projekte werden durch den Lebenszyklusgedanken geprägt. Eine Immobilie wird nicht nur aus heutiger Sicht betrachtet, sondern über einen langen Zeitraum. Die Phasen eines PPP-Projekts – Entwicklung, Planung, Bau und Betrieb, ggf. Abriss einer Immobilie – werden vernetzt betrachtet und bewertet. Das heißt konkret: Wenn z.B. an der Grundlagenarbeit, am Standard oder bei den Planungs- und Bauarbeiten über Gebühr gespart wird, können später erhöhte Kosten an anderer Stelle zu Buche schlagen. Daher wird der Zustand der Immobilie zum Betriebsbeginn und am Ende der Vertragszeit genau definiert. Die Kosten während des gesamten Lebenszy­klus eines Gebäudes, für Erstinvestition, Unterhalt, Betrieb, Medienverbrauch und die Finanzierung sind im Blick. Diese vernetzte Betrachtungsweise und die langfristige Zusammenarbeit der Partner sichern die Nachhaltigkeit und sind für die Wirtschaftlichkeit einer Immobilie die gebotene Lö-

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sung. Die Vorteile für die öffentliche Hand sind offenkundig:

det der mit seinen Denkmälern nach historischem Vorbild hervorragend gestaltete Luisenplatz.

x

Im Sinne der Nachhaltigkeit von PPP fühlt sich der Investor auch heute noch für das Projekt verantwortlich. Die Kundenzufriedenheit ist groß. Immerhin erhielt das Parkhaus bei dem vom ADAC erstmals 1984 ausgeschriebenen Wettbewerb „Das benutzerfreundliche Parkhaus“ den 1. Preis.

Hohe gestalterische Qualität Funktionalität der Gebäude x Termingenauigkeit x Kostenvorteile über den Gesamtlebenszyklus x Sichere Planbarkeit für den Haushalt x

Diese Elemente werden nun in die öffentliche Immobilienwirtschaft eingebaut, sodass man im Verlauf von fünf Zeitphasen sprechen kann. Parkhäuser in der ersten Phase Die Nachhaltigkeit von PPP-Projekten erfüllt die wirtschaftlichen Anforderungen jeder städtischen Finanzverwaltung. Das beste Beispiel dafür ist das unterirdisch gelegene Parkhaus Luisenplatz, vor 30 Jahren das erste PPP-Projekt Deutschlands.­Zum Vorteil der Bürger wurde das Parkhaus vor zwei Jahren komplett modernisiert. Wegen der größer werdenden Autos wurden alle Parkplätze­von 2,30 auf 2,60 Meter verbreitert, was aufgrund der stützenfreien Konstruktion möglich war. Des Weiteren wurde der Boden neu

Die Stadt Wiesbaden hat in den Jahren 1993 und 2006 zwei weitere Parkhäuser als PPP-Projekte realisiert. Das sind die Parkhäuser am Markt und am Bowling Green. Auch diese beiden Parkhäuser sind ein positives Beispiel für Nachhaltigkeit. Das Parkhaus am Markt erhielt die Plakette „Benutzerfreundliches Parkhaus“ und kam in die Endrunde für den „European Parking Award“. Der private Partner hat aktuell eine umfangreiche Modernisierung wie beim Luisenplatz durchgeführt. Im Jahr 2006 wurde mit der Eröffnung des Parkhauses Bowling Green, zwischen dem Kurhaus, den Kolonnaden und dem Hessischen Staatstheater gelegen, das repräsentative Entree des Kurhauses wiederhergestellt. Es zeugt von der hohen gestalterischen Qualität der entstandenen Freiflächen bei gleichzeitiger Funktionalität des Parkhauses. Das Parkhaus Bowling Green stellt seiner Kundschaft 460 Stellplätze zur Verfügung. Dieses Parkhaus erhielt die ADAC-Plakette „Benutzerfreundliches Parkhaus“ mit der bisher höchsten Punktzahl. Auch hier wurde ein stützenfreies Parkhaus realisiert, das sich an neue Anforderungen anpassen lassen wird. Projekte der zweiten Phase

Der Luisenplatz als Dach des unterirdischen Parkhauses ­(Foto: Wolfgang Eckardt)

beschichtet und das Erscheinungsbild generell aufgefrischt. Das Parkhaus verfügt jetzt über 290 Stellplätze gegenüber ursprünglich 320 Stellplätzen. Ein weiterer Vorteil dieser PPP-Zusammenarbeit: Das Dach des unterirdischen Parkhauses bil52

All diese Erfahrungen und Überlegungen sind in eine zweite Phase eingemündet, die mit einer großen Steigerung der Attraktivität der PPP-Projekte einherging. PPP-Projekte wurden in dieser Zeit insbesondere durch die Regierung Schröder propagiert, um die Investitionstätigkeit des öffentlichen Bereichs anzukurbeln und Investitionsrückstände


im Infrastrukturbereich zu beseitigen. Das hat in Wiesbaden zu einem besonderen Projekt geführt, das nicht nur wegen seines Finanzvolumens, sondern auch wegen seiner Konstruktion außergewöhnlich ist. Dieses Projekt haben die Landes­ hauptstadt Wiesbaden und das Land Hessen, vertreten durch das Finanz- und Justizministerium des Landes, gemeinsam projektiert und umgesetzt – eine ungewöhnliche, aber außerordentlich gute Zusammenarbeit von Land und Stadt.

Die Stadt Wiesbaden und das Land Hessen sicherten gemeinsam die architektonische und städtebauliche Qualität, indem sie ein unabhängiges und hochkarätig besetztes Fachgremium einschalteten. Stadt und Land erhielten ein harmonisches Ensemble aus zwei getrennten Gebäudekomplexen mit grünen Höfen im Innenbereich. Das Projekt wertet die Mainzer Straße auf und ist Impulsgeber für weitere Bauprojekte sowie die Entwicklung des gesamten Quartiers.

Kostenvorteile für den gesamten Lebenszyklus werden insbesondere bei den großen PPP-Projek­ten Thermalbad Aukammtal sowie dem Justiz-­und Verwaltungszentrum erwartet. Das Thermalbad Aukammtal, in den 1970er Jahren erbaut, wurde 2003 saniert. Es erhielt zudem eine moderne Saunalandschaft, um den heutigen Erwartungen an ein Gesundheits- und Wellnessbad gerecht zu werden. Der private Partner realisierte und finan­ zierte die Erneuerung des Thermalbades und übernahm die technische Gebäudeerhaltung über 23 Jahre. Die Kurbetriebe fungierten als Bauherr. Auf diesem Wege wurden Sanierung und Erweiterung ohne finanzielle Belastung durch Initiativen bei den Kurbetrieben geleistet. Die inzwischen gegründete städtische Bädergesellschaft „Mattiaqua“ betreibt das Bad und trägt das wirtschaftliche Risiko.

Das Projekt hat unübersehbar seine Feuertaufen erlebt. Es zeigt sich dabei allerdings auch, dass sich die öffentliche Wahrnehmung an diese Form von Projekten erst noch gewöhnen muss. So gab es ein Fensterproblem, das zu heftigen Debatten und Kritik, vor allem in dem von den Landesbehörden genutzten Teil, geführt hat. Der öffentliche Auftraggeber ist in solchen Fällen allerdings auf der besseren Seite – als Mieter – und kann gewöhnlich, entsprechend den Verträgen, den ordnungsgemäßen Zustand der Mietsache verlangen. Die öffentliche Kommunikation hatte diese Seite von PPP-Projekten noch nicht ganz verinnerlicht.

Justiz- und Verwaltungszentrum Wiesbaden Kostenvorteile für den gesamten Lebenszyklus, hohe Funktionalität und zugleich hohe gestalterische Qualität beweist auch das erwähnte PPP-Projekt Justiz- und Verwaltungszentrum Wiesbaden. Mit seiner termingerechten Eröffnung im Oktober 2009 war es zugleich das zuletzt realisierte PPPProjekt in Wiesbaden. Der private Partner plante, baute und finanzierte die Gebäude mit Gesamtinvestitionen von128 Millionen Euro; die Mietvertragsdauer beträgt 30 Jahre. Der Private betreibt und unterhält das Objekt und wird es nach Ablauf der Mietzeit weiterverwerten. Es handelt sich um ein klassisches PPP-Projekt nach allen Regeln der Kunst.

Dritte Phase: Sonderkonjunkturprogramme Aus chronologischer Sicht zeichnen sich die Jahre zwischen 2009 und 2012 dadurch aus, dass die Anzahl der PPP-Projekte, vor allem der relative Anteil an den öffentlichen Bauinvestitionen, zurückging. Was auf den ersten Blick überrascht, erklärt sich durch die besondere Zeitkonstellation,

Blick auf das Justiz- und Verwaltungszentrum

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vor allem durch die Verabschiedung von Sonderkonjunkturprogrammen des Bundes und des Landes Hessen. Für die Landeshauptstadt Wiesbaden bedeutete dies, dass in dieser Zeit zu den üblicherweise vorgesehenen Investitionsmitteln zusätzlich 75 Millionen Euro für Baumaßnahmen zur Verfügung standen. Als Vergleich seien die Schulbauin-

der Sonderkonjunkturprogramme in Richtung der klassischen Bauausführung umschlug. Andererseits zeigt sich am Beispiel der Landeshauptstadt Wiesbaden ebenso, dass Ideen der PPP-Philosophie – wie die Lebenszyklusbetrachtung – prägend und auch innerhalb des öffentlichen Sektors abbildbar sind, indem z.B. kommunale Wohnungsbaugesellschaften Aufgaben übernommen und innerhalb der Konjunktur­ programme abgewickelt haben. Projekte der vierten Phase ab 2012 Nach den Erfahrungen der Sonderkonjunkturprogramme und des vorhergegangenen Einstiegs in PPP-Projekte kommen nun beide Ideen zusammen, und PPP-Projekte werden zunehmend zu einem normalen Bestandteil im Instrumentenkasten der öffentlichen Hand.

Thermalbad Aukammtal

vestitionen der Landeshauptstadt Wiesbaden genannt, die sich in den Vorjahren im Jahresmittel immer zwischen 15 und 20 Millionen Euro bewegten und in den Jahren des Sonderkonjunkturprogramms Bund und Hessen für drei Jahre auf insgesamt über 114 Millionen Euro anstiegen. Der Rückgang der PPP-Aktivitäten in dieser Zeit ist vor allem durch die Anforderung zu erklären, dass das Projekt bisher nicht im Haushalt enthalten sein durfte und von der Antragsstellung über die Planung, den Bau und die Fertigstellung bis hin zur Abrechnung innerhalb der Jahre 2009 bis Ende 2011 vollständig abgewickelt sein musste. Bei aller positiven Beobachtung bzw. Begleitung von PPP-Projekten zeigte sich dort jedoch auch, dass die Vorlaufzeiten als relativ umfänglich einzuschätzen sind, sodass das Pendel in der Zeit 54

Eine vergleichbare Aufwertung der Stadt und zugleich hohe Funktionalität wird auch beim „Platz der Deutschen Einheit“ gelingen. Zu realisieren sind eine Wettkampfsporthalle, Flächen für den Einzelhandel und für Büros, eine Tiefgarage sowie zwei angrenzende Stadtplätze. Das Projekt „Platz der Deutschen Einheit“ zeichnet sich dadurch aus, dass hier erstmals umfassend die Öffentlichkeit im Vorfeld beteiligt wurde. Gleichzeitig wurden die Anforderungen an eine hohe städtebauliche und architektonische Qualität im Rahmen eines Wettbewerbs sichergestellt. Auf der Grundlage des Wettbewerbsergebnisses führten zahlreiche Diskussionen im politischen Raum über die Akzeptanz von PPP-Projekten letztendlich zu einer interessanten Lösung: Die Stadt ­finanziert den Gebäudekomplex; der private Partner plant, baut und betreibt. Die Fertigstellung wird im Mai 2014 erfolgen. Aktuelle Projekte der Phase 5 Auf der Basis zahlreicher Erfahrungen startet die Stadt Wiesbaden derzeit die nächste Generation


von PPP-Projekten: das interne PPP – auch Öffentlich-Öffentliche Partnerschaft (ÖÖP) genannt, bei dem der „öffentliche“, also externe Partner eine städtische Gesellschaft ist. Das Schuldezernat beschreibt das Raumprogramm und die Anforderungen, eine städtische Gesellschaft übernimmt die Projektierung, plant, baut und betreibt die Schule und vermietet sie an das Schuldezernat, das damit von fachfremden Bauaufgaben entlastet wird. Zwei Schulprojekte, die Comeniusschule und die Freiherr-vom Stein-Schule, wurden als interne PPP gestartet. Bei der Förderschule und der Grundschule stehen Abriss-, Umbau- und Neubaumaßnahmen an. Unter Berücksichtigung aller Vorteile von PPP-Projekten werden die Schulen durch die städtische Gesellschaft vor dem Hintergrund der Lebenszyklusbetrachtung geplant, gebaut, betrieben und finanziert. Die Mietvertragsdauer beträgt 30 Jahre. Im Beschluss des Stadtparlaments Wiesbaden vom Dezember 2012 wird wiederum eine neue Form Öffentlich-Privater Partnerschaft angesto­ ßen. So wurde im Stadtparlament beschlossen,­ den Bau eines Stadtmuseums kombiniert mit eieinem größeren Büro- bzw. Wohnkomplex in ­zen­traler Lage der Stadt (Wilhelmstraße/Rheinstra­ße/Kleine Frankfurter Straße) öffentlich auszuschreiben. Grundlage der Ausschreibung wird

eine städtebauliche Rahmenplanung sein und eine präzise Formulierung eines Raumprogramms für das Stadtmuseum. Noch ist offen, ob das Gebäude eines Stadtmuseums entweder für 30 Jahre gemietet, sofort oder später von der Stadt erworben werden soll. Hier werden nicht nur kreative Lösungen von Privaten in der Stadt erwartet, sondern es sollen gleichzeitig durch diese besondere Form der Öffentlich-Privaten Partnerschaft ein Stück Stadtreparatur und eine Erhöhung des Volumens der Bauinvestitionen erreicht werden. Noch ist die Ausschreibung nicht erfolgt, aber bereits jetzt gibt es viele Nachfragen interessierter Investoren und Projektpartner. Über den Immobilienbereich hinaus Dass PPP-Projekte auch eine sichere Planbarkeit für den Haushalt erlauben, zeigte sich 2005 beim „PPP-Wivertis“. Die Landeshauptstadt Wiesbaden besaß zuvor eine eigene EDV-Abteilung mit einem eigenen städtischen Netz. Investitionen erfolgten in der Regel nach der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln. Service und Leistungslevels waren nicht exakt definiert. Es gab keine Trennung von IT-Steuerung und IT-Service. Die Kosten waren nicht transparent, da diese nicht gemessen wurden. Das änderte sich nachhaltig mit der Gründung von Wivertis – Gesellschaft für Informationsund Kommunikationsdienstleistungen mbH, zu

Platz der deutschen Einheit

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50,1 Prozent im Besitz von „Siemens IT Solutions and Services“ und 49,9 Prozent im Besitz der Landeshauptstadt Wiesbaden. Die Vertragslaufzeit beträgt 10 Jahre, der Geschäftsumfang rund 8 Millionen Euro pro Jahr. Unternehmenszweck dieser Gesellschaft ist es, Leistungen der Informations- und Telekommunikationstechnik vorrangig für die Stadt Wiesbaden bereitzustellen. Die unternehmerische Führung und das wirtschaftliche Risiko liegen bei Siemens. Als Unternehmensziele wurden festgelegt: für die Dauer des Leistungsbezugs transparente Kosten und definierte Qualitätsstandards, die Nutzung von Synergieeffekten für die städtische Informations- und Telekommunikationstechnologie durch Kooperation mit dem privaten Partner, Investitionen in innovative Technik durch den privaten Partner sowie die Erschließung weiterer Kostenoptimierungen im IT-Umfeld. Die Bedeutung dieses PPP-Projekts überschreitet die Grenzen der Stadt Wiesbaden. Wivertis hat den „Innovationspreis PPP der Bundesregierung 2005“, den „Innovationspreis der Initiative Mittelstand 2007“ und den „European Public Sector Award (EPSA) 2007“ erhalten.

30 Jahre PPP in Wiesbaden 30 Jahre PPP-Erfahrungen, angefangen bei BuildOperate-Transfer-Modellen bis hin zu komplexen Projekten, haben in Wiesbaden zur zügigen Entwicklung relevanter städtebaulicher und serviceorientierter Projekte zum Wohl der Bürger der Landeshauptstadt Wiesbaden geführt. Die Zusammenarbeit öffentlicher und privater Partner hat viele renommierte Preise und Auszeichnungen erhalten und zu herausragenden Ergebnissen geführt. Drei unterirdische Parkhäuser, die auch nach 30 Jahren noch erstklassig aussehen, die städtebaulich anspruchsvolle Gestaltung der Plätze über den Tiefgaragen, ein weit über Wiesbaden hinaus beliebtes Thermalbad mit modernen Wellness-Einrichtungen und nicht zuletzt die Zusammenführung relevanter Verwaltungseinrichtungen mit gleichzeitiger städtebaulicher Aufwertung einer der Haupteinfallstraßen der Stadt legen davon Zeugnis ab. Die an diesen Projekten beteiligten städtischen Mitarbeiter haben permanent ihre Kompetenzen erweitert und können diese gezielt für kommende Herausforderungen nutzen. Die Stadt Wiesbaden wurde zur PPP-Expertin und hat ihre Erfahrungen genutzt, um ihre Attraktivität nachhaltig zu steigern. Vielen Dank an Brigitte Böke, die mich bei der Vorbereitung dieses Beitrags unterstützt hat.

Parkhaus am Markt in Wiesbaden: Oberfläche und Innenansicht

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ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Seit 12 Jahren in Betrieb – die Britische Botschaft in Berlin Von Thomas Buths

Private Finance Initiative (PFI) – die britische Variante des ÖPP – wurde als Beschaffungsansatz für die Britische Botschaft in Berlin gewählt. Auch zwölf Betriebsjahre später stellt sie sich mit Erfolg nachhaltig und dauerhaft unter Beweis. Aufgrund des für das Jahr 2000 geplanten Regierungsumzugs von Bonn nach Berlin entschied sich die britische Regierung 1994, in Berlin eine neue Botschaft zu errichten. Das Projekt war zunächst als konventionelle Ausschreibung vorgesehen und deshalb mit einem Architektenwettbewerb gestartet. Als 1995 die öffentlichen Ausgaben für alle Investitionen des Foreign and Commonwealth Office (FCO), des britischen Außenministeriums, um ein Drittel gekürzt wurden, entschloss man sich, nach einer Markterkundung und der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ein PFIModell in Deutschland auszuschreiben. Der Vertrag wurde am 23. Juni 1998 mit der heutigen Projektgesellschaft Arteos unterzeichnet. Maßgebliche Eckpunkte sind:

Thomas Buths von Bilfinger Project Investments Europe GmbH ist ehemaliger Geschäftsführer der Projektgesellschaft Arteos GP Limited & Co KG.

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Die britische Regierung bleibt weiterhin Eigentümerin, der Projektgesellschaft wurde ein Erbbaurecht in Form einer Konzession mit einer Dauer von zunächst 30 Jahren übertragen.

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Ab Fertigstellung und Inbetriebnahme erfüllt die Projektgesellschaft ihre vertraglich defi­ nierten Dienstleistungen, die das FCO mit einem monatlichen Nutzungsentgelt vergütet.

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Für die zu erbringenden Dienstleistungen sind Leistungsstandards vereinbart, die einem Malus-System unterliegen.

Diagramm zur Vertragsstruktur Quelle: Arteos

Gesellschafter Semperian

Auftraggeber FCO Foreign & Commonwealth Office

Kreditgeber Commerzbank

Geschäftsbesorger Bilfinger PI Europe GmbH

Auftragnehmer Arteos GP Limited & Co. KG

Projektcontroller Alba

Dach & Fach HSG Facility Management GmbH

Errichter Bilfinger SE

Facility-Management Johnson Controls Integrated FM

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Qualität und Verfügbarkeit Durch die Umsetzung des PFI-Modells erhielt das FCO hochwertige Büroflächen in einem zukunftsweisenden Bauwerk. Der residierende Botschafter und seine Mitarbeiter bestätigen auch nach zwölf Betriebsjahren, dass es angenehm ist, in dieser gut erhaltenen, voll funktionsfähigen und repräsentativen Botschaft zu arbeiten. Gewährleistet wird dies durch das verantwortliche Handeln aller Vertragsparteien. Einer der Partner ist die heutige Bilfinger HSG Facility Management GmbH (HSGz), die für die Instandhaltung an „Dach und Fach“ über die gesamte Betriebsphase verantwortlich zeichnet. Der Leistungsumfang bezieht sich dabei auf den kompletten Rohbau mit all seinen tragenden Bauteilen, die Dächer, die komplette Gebäudehülle mit den unterschiedlichsten Fassadenarten und alle Fenster und Türen. Nach Erfassung aller re­ le­vanten Bauteile ist die HSGz in der Lage, den zu erwartenden Instandhaltungsaufwand zu ermitteln, die Wartungsintervalle abzustimmen und nach regelmäßig stattfindenden Zustandsbegehungen die künftig zu erwartenden Ersatzmaßnahmen zu planen. Über die Jahre ist es der HSGz gelungen, ein Gefühl für die Bauteile zu entwickeln und umfangreiche Erfahrungen zu sammeln.

Fassade Wilhelmstraße (Quelle: Arteos)

Gleichwohl hatten in den ersten Betriebsjahren alle Beteiligten mit der Abwicklung und Besei58

tigung von Mängeln aus der Bauphase zu tun. So waren beispielsweise die komplizierten Anschlussbereiche der Glasdächer undicht und mussten konstruktiv ertüchtigt werden. Hier zeigt sich PFI von Vorteil, da nach der Errichtung die Betreuung weitergeht und eine intensive baufachliche Bearbeitung zur Mängelbeseitigung und Bauerhaltung erfolgt. Anzumerken ist, dass die Standards der Dienstleistungen durch Service Levels beschrieben sind, sodass die Qualität nicht durch Nutzerumfragen oder Punktesysteme bewertet, sondern immer an den vorgegebenen Eigenschaften und dem Zustand der Bauteile oder Systeme gemessen wird. Ein weiterer Garant für die tägliche Flexibilität ist das Team von Johnson Controls IFM Indus­ trie GmbH, das annähernd 24 Stunden verfügbar ist. Um die Vorgaben des Kunden (Output Requirements) zu der Vielzahl der Dienstleistungen (Secondary und Tertiary Services) messen zu können, wurden Nutzerprofile aufgestellt und über die Jahre die notwendigen Vorkehrungen zu deren Einhaltung aktualisiert. Das stringente Mängelbehebungsregime macht sowohl maßvolle Ersatzteilbevorratung als auch eine nachhaltige Einbindung der lokalen Fachfirmen notwendig. Mit Eintrag in das elektronische Meldebuch (Helpdesk) werden die individuellen Reaktionsund Behebungszeiten erfasst. Werden diese nicht eingehalten, führt dies zu Einbehalten im monatlichen Nutzungsentgelt. Aktuell wurde durch eine defekte Wasserleitung eine Teeküche und zwei Personaltoiletten im fünften Stockwerk in Mitleidenschaft gezogen. Fehlersuche und Trockenlegen der betroffenen Wände sowie das Wiederherstellen der Räume in einen nutzerkonformen Zustand führten zur Überschreitung der Behebungszeiten. Nach 30 Tagen konnte die Teeküche wieder betriebsbereit gemeldet werden. Die Größe der Räume und deren Wertigkeit führen zu einem Einbehalt, den Arteos dann ausbezahlt bekommt, wenn in den nächsten drei Monaten kein weiterer abzugsrelevanter Vorfall eintritt.


Innenansicht Wintergarten (Quelle: Arteos)

Nach mittlerweile mehr als zwölf Jahren Betrieb hat sich insgesamt ein eingespieltes Team aus allen Beteiligten gebildet, das dem Begriff der Partnerschaft in Zusammenarbeit und Lösungssuche gerecht wird. Transparenz und Kontrolle Weniger präsent, aber dennoch regulierend tätig ist die vertraglich definierte Rolle des Projektcon­ trollers (Independent certifier). Diese ist seit Baubeginn in den bewährten Händen der ALBA BauProjektManagement GmbH. Alba überwacht als technischer Controller die Qualität der verwendeten Materialien und deren Kosten. Nachtragsanfragen des Kunden werden nach Beauftragung und Ausführung gemeinsam abgenommen und erst nach Bescheinigung der Mängelfreiheit vergütet. Aufwendungen für Reparatur- und Ersatzmaßnahmen am Objekt werden hinsichtlich einer fachgerechten und wirtschaftlichen Ausführung durch Alba geprüft und freigegeben. Im Interesse­ der Kreditinstitute und der Gesellschafter werden die Art und der Umfang der Maßnahmen definiert, sodass ein Abgleich mit den Instandhaltungsrücklagen und deren Auskömmlichkeit sichergestellt ist.

Von dem anfänglichen Bankenkonsortium nimmt die Commerzbank in der heutigen Struktur die Interessen des Kreditgebers wahr. Nach Bereitstellung des Fremdkapitalanteils von rund 64 Millionen D-Mark (32,72 Millionen Euro) während der Bauzeit bis Mai 2000 wird ein maßgeblicher Teil des monatlichen Nutzungsentgelts für vierteljährliche Zins- und Tilgungszahlungen verwandt. Die Konstanz der Wirtschaftlichkeit des Projekts wird im Finanzierungsmodell dokumentiert und die Einhaltung der Kennziffern zur Zufriedenheit der Bank nachgewiesen. In Zeiten der Bankenkrisen konnten die Zahlungen für die Britische Botschaft immer in der geforderten Höhe und pünktlich transferiert werden. Auch dies ist nicht zuletzt ein Verdienst der privaten Partner, die es verstehen, stets ein vertragsgerecht nutzungsbereites Gebäude zur Verfügung zu stellen, und damit die monatlichen, ungekürzten Nutzungsentgeltzahlungen durch das FCO garantieren. Auch das FCO unterliegt Kontrollorganen. Das britische Gegenstück zum deutschen Bundesrechnungshof, das National Audit Office (NAO), hat bereits mehrfach das Projekt bewertet und zum Betriebsbeginn eine umfassende Wirtschaftlichkeitsstudie über die PFI-Realisierung erstellt. 59


Kunden FCO und dem Nutzer in der Botschaft, erfüllte wie vor der Gesellschafteranteilsveräußerung. Der Gesellschafter wiederum hat die gleichen Interessen wie die Kreditgeber – eine umfänglich nutzbare Liegenschaft mit einem zufriedenen, zahlungswilligen Außenministerium. Die nächsten 17 Betriebsjahre

Britische Botschaft Berlin 1876

Dabei ist das NAO zu dem Ergebnis gekommen, dass die britische Regierung hier wirklich Value for Money erhält. Wandel ohne Auswirkung Seit Beginn hat Bilfinger SE als Projektentwickler und mit Eigenkapital engagierter Gesellschafter die Projektgesellschaft der Britischen Botschaft betrieben. Nach Fertigstellung 2000 und Inbetriebnahme wurden die Abläufe optimiert und das Projekt in eine stabile Betriebsphase gesteuert. Ende 2006 trennte sich Bilfinger von seinen Anteilen und veräußerte diese an SMIF Second Market Infrastructure Fund. Dabei handelt es sich um einen Vorgang, der in Großbritannien üblich ist, um dem Entwickler gebundene Mittel wieder an die Hand zu geben, damit er sie in neue Projekte investieren kann. Bedenken seitens des FCO konnten in den folgenden Betriebsjahren durch die Tatsache ausgeräumt werden, dass Arteos mit der gleichen Qualität die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinen Partnern, dem

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Es ist die Kontinuität der handelnden Personen, die für das qualifizierte Miteinander stehen. Es ist das Verständnis einer für alle Parteien akzeptablen Vertragsauslegung. Es ist die Akzeptanz für machbare und verhältnismäßige Maßnahmen zur Lösung der täglichen Aufgaben. Den Parteien sei geraten, mit qualifiziertem Personal frühzeitig einen Wissenstransfer der Verantwortlichkeiten anzustreben und Kontakte zu den Partnern inhaltlich und transparent zu gestalten. Mit der Entscheidung für die PFIBeschaffungsvariante sind beidseitig Zwänge und Risiken eingegangen worden, die verpflichten, aber auch Gelegenheit für kontinuierliches Nachhalten und Aktualisieren bieten. Seitens des FCO wird immer wieder nach Einsparpotenzialen gesucht. Zwar hat Diplomatie viel mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun, doch ist es opportun zu hinterfragen, ob solch ein hoher Standard wie in der Britischen Botschaft notwendig ist. Mit ihrer Kreativität und der Bereitschaft, sich der Problemstellungen des FCO anzunehmen, werden Arteos und seine Partner auch künftig ­gefordert sein.


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Seit 7 Jahren in Betrieb – die Schulen in Köln Von Uwe Kaven

In Köln wurden sieben Schulen an fünf Standorten in einer ÖffentlichPrivaten Partnerschaft umfangreich saniert. Anfang 2005 hatte die Stadt Köln dem privaten Partner den Auftrag zur Planung, Finanzierung, Sanierung und zum Betrieb bis 2029 erteilt. Die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln (GW) hat seit nunmehr sieben Jahren Erfahrungen mit dem PPP-Betreibermodell gesammelt. Ziele der Umsetzung der Schulsanierungen und Neubauten durch PPP waren: x

schnell sichtbare Erfolge zu schaffen x Schulsanierungen zu beschleunigen x die Nutzerzufriedenheit zu erhöhen x Kostenvorteile auszuschöpfen x Risiken für die Stadt Köln zu minimieren x den Mittelstand zu fördern Sieben Schulen an fünf Standorten Die Vergabe des sogenannten PPP-Loses 1, des „Expressloses“, erfolgte im ersten Quartal 2005. Das Los umfasste sieben Schulen an fünf Standorten. Es beinhaltete Erweiterungs- und Neubauten, ­Sanierungen und Umbaumaßnahmen mit einem Investitionsvolumen von 34 Millionen Euro. Die Nutzung der Schulen erfolgte im Jahre 2007. Das PPP-Los 2, das sogenannte „Handwerkerlos“, mit einem Volumen von rund fünf Millionen Euro für Sanierungen an zwei Schulen wurde im Jahr 2007 vergeben. Außer diesen beiden Losen wurde 2007 Los 4 mit einem Gesamtvolumen von rund 50 Millionen Euro vergeben, der Neubau einer Gesamtschule, die seit 2009 in Nutzung ist. Die Laufzeit der Projekte beträgt jeweils 25 Jahre. Der Schwerpunkt der PPP-Betreibermodelle liegt auf der Nutzerzufriedenheit und der vertragli-

Uwe Kaven ist Pro-

chen Ausgestaltung. Da es sich um sehr jektleiter PPP-Schulen Köln bei der Gebäudekomplexe Modelle handelt, ist geplant, im Jahr 2013 eine umfangreiche Evalua- wirtschaft der Stadt Köln. tion zu den vorgenannten Losen durchzuführen. Die Evaluation soll die Planungsphase, das Vergabeverfahren und die Bau- und Betriebsphase aller Projekte umfassen. Zusätzlich soll die Realisierung und Entwicklung monetärer Effizienzgewinne sowie nichtmonetärer ÖPP-Vorteile in den Projekten untersucht und dokumentiert werden. Anfang 2005 hatte die Stadt Köln der HOCHTIEF PPP Solutions, einem Tochterunternehmen von HOCHTIEF Solutions, den Auftrag zur Planung, Finanzierung, Sanierung und zum Betrieb der sieben Bildungseinrichtungen erteilt. Seitdem ist das Unternehmen für sieben Schulen in der Stadt Köln verantwortlich. Die über die ganze Stadt verteilten Bildungseinrichtungen wurden auf Basis eines PPP-Vertrags umfangreich saniert, an zwei Standorten wurden zudem neue Gebäude errichtet. Insgesamt umfasst der Auftrag 18 Gebäude mit einer Fläche von ca. 45.000 Quadratmetern ­sowie etwa 72.000 Quadratmeter Außenflächen. Das Vertragsvolumen des Projekts beträgt 125,9 Millionen Euro. Energieverbrauch gesenkt Innerhalb von 27 Monaten hat HOCHTIEF Solutions die sieben Schulen sowie Sporthallen und 61


Nebenbauten saniert und modernisiert. An zwei Standorten entstanden zudem Neu- und Erweiterungsbauten für zehn Klassenräume sowie ein Schulpavillon. In Zusammenarbeit mit der Stadt, der Schule und den benachbarten Kirchengemeinden gestaltete das Unternehmen zudem ein neues Forum an der Grundschule Lustheider Straße in Vingst. Während der Bauphase entwickelten die Beteiligten ein neues Konzept für den Veranstaltungsort, den jetzt auch die Bürger des Stadtteils nutzen können. Insgesamt wurden 35 Millionen Euro in die Baumaßnahmen investiert. Bei den Sanierungsarbeiten wurden widerstandsfähige und pflegeleichte Materialien verwendet,­ die sich besonders gut für den Schulbetrieb eignen. Durch moderne Heizungsanlagen, Vollwärmeschutz an den Fassaden sowie eine neue Elektroanlage konnte der Energieverbrauch der Gebäude spürbar reduziert werden.

nagement hat HOCHTIEF Solutions ein mittelständisches Kölner Unternehmen beauftragt, das u.a. für Instandhaltung, Energiemanagement und Hausmeisterdienste verantwortlich ist.

Bis 2029 übernimmt der private Partner den Betrieb der Schulen und ist für alle Belange erster Ansprechpartner für die Stadt Köln. Dazu gehört beispielsweise auch die Behebung von Störungen und Schäden. Dazu wurde eine 24-Stunden-Telefonhotline eingerichtet. Mit dem Facility-Ma-

Die Leistungen des PPP-Partners bzw. des Nachunternehmers für die Bereiche Hausmeistertätigkeiten und Reinigung werden quartalsweise mit Bewertungsbögen von den Schulen dokumentiert und beurteilt und mittels einer Skala von 1 bis 7 bewertet. Bei einer Leistungsbeurteilung von

Hohe Nutzerzufriedenheit Der Betrieb der Schulen nach dem PPP-Modell wird von den Nutzern der Schulen durchweg positiv beurteilt. Die Schulen sind noch in den nach Vertragsinhalten vereinbarten Zuständen, auftretende Beanstandungen werden vom Betreiber nach einer Mängelanzeige zügig beseitigt, die Reinigungen erfolgen regelmäßig und gründlich. Zur Oualitätssicherung wurde ein Bonus-System entwickelt. Die Umsetzung und Kontrolle des Bonus-Systems erfordert allerdings einen etwas höheren Zeitaufwand seitens der Schulleitungen.

Der aus einem Architekturwettbewerb hervorgegangene Entwurf der neuen Gesamtschule Köln-Rodenkirchen wurde von der eigens dafür gegründeten Projektgesellschaft HOCHTIEF PPP Schulpartner Köln-Rodenkirchen GmbH & Co. KG realisiert

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1 bis 2,4 erhält der Betreiber den vollen vereinbarten Bonus, ab der Leistungsnote 2,5 erfolgt ­eine Abstufung des Bonus bis auf 0. Im Bereich der Instandhaltung erfolgte die Umsetzung des Bonus-Systems durch die Einführung eines Mängelbuches, in dem die Schulleitung und die Schüler Mängel eintragen können. Der Betreiber dokumentiert in diesem Buch im Anschluss die Mängelbeseitigung mit den Ausführungsterminen. Bei nicht fristgerechter Mängelbeseitigung werden Bonus-Leistungen gekürzt.

Umsetzung der vertraglichen Regelungen Die ausgestalteten Verträge sind komplex und die Auslegung der Regelungen bedarf mitunter rechtlicher Beratungen. In der Betreiberphase stellten sich im Laufe der Zeit einige Regelungen als unterschiedlich auslegbar dar. Es wurden Änderungswünsche der Nutzer in der Bauphase zügig im Einvernehmen umgesetzt, ohne parallel dazu das Vertragswerk anzupassen, sodass in der Betreiberphase über zusätzliche Kosten, die aus diesen Änderungen resultieren, verhandelt werden musste. Anzuführen sind hier z.B. der zusätzliche Ausbau für die offene Ganztagsschule (OGTS) mit dem Einbau von Aufenthaltsräumen und Mensen mit zusätzlichen Personal- und Lagerräumen oder der zusätzliche Einbau von Behindertentoiletten. Die Folgekosten sind hier erhöhter Reinigungs- und Energieaufwand und Instandhaltungskosten, die nun entsprechend berücksichtigt werden müssen. Einige Verhandlungen über Folgekosten konnten­ bis heute noch nicht abgeschlossen werden. Aufgrund dieser in Los 1 gemachten Erfahrungen wurde die vertragliche Ausgestaltung bei den folgenden Losen entsprechend angepasst. Durch Änderungen der Anforderungsprofile ergeben sich jedoch auch weiterhin ständig neue Situationen, die Anpassungen und neue Regelungen erforderlich machen. Gesamtschule Köln-Rodenkirchen

Mit dem Auftrag über Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb der Gesamtschule Köln-Rodenkirchen realisiert HOCHTIEF Solutions bereits sein zweites PPP-Bildungsprojekt in Köln

Durch die Einbeziehung der Nutzer in die Feststellung von Mängeln und die Beurteilung der Beseitigung wird eine vermehrte Identifikation der Nutzer mit ihren Schulen erreicht.

HOCHTIEF PPP Solutions hat die Gesamtschule im Kölner Stadtteil Rodenkirchen neu errichtet. Das Vertragsvolumen des Projekts beläuft sich auf 126,9 Millionen Euro. Das Investitionsvolumen beträgt insgesamt etwa 52 Millionen Euro. In der neuen Gesamtschule Köln-Rodenkirchen können ganztägig 1.200 Schüler unterrichtet werden. Ende 2009 wurde die neue Bildungseinrichtung termingerecht fertiggestellt und der Stadt sowie 63


der Schulgemeinde übergeben. Das etwa 28.000 Quadratmeter große neue Gebäude zeichnet sich vor allem durch sein anspruchsvolles Design und die umweltfreundliche Energieversorgung aus. Die komplette Dachfläche wird für eine Photovoltaikanlage genutzt. Die Menge der auf diesem Wege gewonnenen Energie wird auf einer Infotafel ständig aktuell angezeigt. Außerdem ist das Gebäude mit einer eigenen Geothermieanlage ausgestattet, die über eine Wärmepumpe wesentlich dazu beiträgt, das Gebäude zu heizen bzw. zu kühlen. Für die Schüler gibt es zudem etwa 500 Fahrradstellplätze, die zu mehr als einem Drittel überdacht und direkt am Hauptgebäude gelegen sind. HOCHTIEF Solutions betreibt die Gesamtschule bis zum Jahr 2034. Zu den Aufgaben gehören dabei neben der Instandhaltung der Gebäudetechnik auch Dienstleistungen wie beispielsweise die Reinigung. Die Photovoltaik- und die Geothermieanlage sowie eine hervorragende Wärmedämmung sorgen dafür, dass der CO2-Ausstoß signifikant reduziert wird. Richtige Entscheidung Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Umsetzung der Neubauten und Sanierungen im Rahmen des PPP-Betreibermodells die richtige Entscheidung war. Die erhoffte Beschleunigung in der Bauphase wurde erreicht, so wurde der Neubau der Gesamtschule Rodenkirchen im ersten Quartal 2008 begonnen und bereits im dritten Quartal 2009 fertiggestellt. Die Nutzerzufriedenheit konnte erhöht werden. Die Vertragsgestaltung hat sich als verbesserungsfähig erwiesen, eine Fortschreibung und Ausle-

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gung des Regelwerks ist erforderlich. Dies war allerdings angesichts der Komplexität zu erwarten und bedeutet letztendlich keine Beeinträchtigung des Erfolgsmodells PPP. Gelungene Zusammenarbeit Die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatem verlief von Beginn an sehr partnerschaftlich und konstruktiv. Der intensive Austausch zwischen den Projektbeteiligten bot und bietet die Grundlage, um die Schulen erfolgreich und nachhaltig zu sanieren und zu bewirtschaften. Gerade das technische Gebäudemanagement stellte für die Kollegen vor Ort eine große Aufgabe dar. Die technische Ausstattung der Schulgebäude war zu Projektbeginn nicht mehr auf dem neuesten Stand und musste dringend erneuert werden. Dies musste Schritt für Schritt während der Sanierung und bei laufendem Schulbetrieb geschehen. Der Unterricht durfte durch diese Maßnahmen natürlich nicht beeinträchtigt werden. All dies erforderte eine intensive Abstimmung mit den Schulleitungen, die hier eine überaus große Kooperationsbereitschaft zeigten. Darüber hinaus gehört das infrastrukturelle Gebäudemanagement wie Hausmeisterdienste, Reinigung sowie Pflege der Außenanlagen und Winterdienst zu den Aufgaben des Privaten. Sowohl der Stadt als auch den Schulleitungen steht rund um die Uhr ein direkter Ansprechpartner zur Verfügung. Dies ist die Grundlage, um schnelle unkonventionelle Lösungen herbeizuführen und so eventuell entstehende Probleme schnell zu lösen. Zentrales Bindeglied zwischen den Schulen und HOCHTIEF sind vor allem auch die Hausmeister. Sie stehen maßgeblich für die hohe Qualität aller Dienstleistungen an den Schulen.


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Seit 6 Jahren in Betrieb – das Kreishaus Unna Von Thomas Buths

Bei der Planung, Finanzierung, Sanierung und dem Betrieb des neuen Kreishauses im nordrhein-westfälischen Unna handelt es sich um das erste deutsche PPP-Projekt eines Verwaltungsgebäudes. Das 1962 erbaute Gebäude konnte, nach dem Beschluss des Kreistags 2004 für die PPP-Beschaffungsvariante, an die veränderten Standards­und Anforderungen angepasst werden. Ein von Bilfinger SE geführtes Konsortium erhielt den Zu­ schlag. Der Auftragsumfang beinhaltete zudem den Neubau eines Sitzungssaals sowie den Betrieb und die Unterhaltung des Kreishauses­insgesamt und zwei weiterer Verwaltungsgebäude. Die Finanzierung des Projekts erfolgt durch eine Projektfinanzierung, für die die Projektgesellschaft PBKU durch Bilfinger Project Investments mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet wurde, um die von der privaten Seite übernommenen Risiken wirtschaftlich abzudecken. 10 Prozent des Stammkapitals­der Projektgesellschaft und damit die Höhe des gesetzlichen Mindestkapitals hat der Kreis Unna eingebracht. Dies gibt ihm besondere Informationsmöglichkeiten und Mitwirkungsrechte und -pflichten bei Entscheidungen der Projektgesellschaft.

Das Hauptgebäude Kreishaus Unna (Quelle: PBKU)

Nach Abschluss der Sanierung und ErThomas Buths weiterung des Kreishauses zum 31. Juli von Bilfinger Project Investments 2006 ist die Projektgesellschaft mit ihEurope GmbH ist ren Partnern seit über sechs Jahren für Geschäftsführer der die Instandhaltung (Wartung, InspektiProjektgesellschaft on und Instandsetzung) der drei Liegen- Projekt- und Betriebsgesellschaft schaften Kreishaus Unna, GesundheitsKreis Haus Unna amt und Hansastraße einschließlich den mbH (PBKU). Dienstleistungsverträgen der Gebäude­ reinigung, Hausmeisterei und Pflege der Außenanlagen verantwortlich. Zudem garantiert die PBKU den Medienverbrauch von Strom und Wärme und steht für Überschreitungen der zugesicherten Menge ein, sofern die Kreisverwaltung das vereinbarte Nutzerprofil beibehält. Kontinuität und Verantwortlichkeit Spätestens seit Betriebsbeginn zeichnen sowohl die Geschäftsführung der PBKU als auch die Objektleiter von HSG Zander Rhein Ruhr GmbH (HSGz) für die ihnen übertragenen Dienstleistungen verantwortlich. Gleiches gilt für die Abteilung Zentrale Dienste des Kreises (ZD), die unter Einbeziehung des Kreisdirektors und des Bau­ dezernats für alle investiven Änderungen in der Betriebsphase zuständig ist. Gemeinsam mit dem Kreis Unna wird ein kundenorientiertes, ökonomisches Gebäudekonzept tagtäglich gelebt und nach Möglichkeit optimiert. Dazu dienen maßgeblich die turnusgemäßen Besprechungen wie auch die quartalsweise Bewer­tung der Dienstleistungen. Mit der jährlichen Ob­jektbegehung werden vorrangig bauliche Mängel oder Abnutzungen erfasst. Im Interesse der kreditgebenden Banken

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ist seit Baubeginn als Projectcontroller ALBA BauProjektManagement GmbH tätig. ALBA überwacht die Qualität der verwendeten Materialien und deren Kosten. Aufwendungen für Reparatur- und Ersatzmaßnahmen am Objekt werden hinsichtlich einer fachgerechten und wirtschaftlichen Ausführung bewertet. Damit wird sichergestellt, dass die definierten Maßnahmen mit den Instandhaltungsrücklagen korrespondieren und diese auskömmlich sind. Transparenz und Flexibilität Wie flexibel ist das PPP-Modell mit seinen Kernaufgaben Planen, Bauen, Finanzieren, Betreiben?

Auswertungstabelle der DL-Bewertungen Quelle: PBKU

Reinig V

Hausm V

Aussen V

Instandh V

Ergebnis IV Q 2007 3.41 2.74 3.53 3.11 2007

Ergebnis I Q 2008 3.32 2.65 3.40 Ergebnis II Q 2008 3,52 2,55 3,09 Ergebnis III Q 2008 3,17 2,47 2,65 Instandhaltung: 5xA = 0,3

9xB = 0,9 9xC = 9 und 19xD > max. 25%

Ergebnis IV Q 2008 2,99 2,49 2,97 2,82 2008

Ergebnis I Q 2009 2,99 2,56 3,24 Ergebnis II Q 2009 2,87 2,44 3,00 Ergebnis III Q 2009 3,00 2,63 2,89 Instandhaltung: 9xA = 0,45

4xB = 0,4 1xC = 0 und 2xD sind 6,85%

Ergebnis IV Q 2009 2,77 2,47 2,80 2,51 2009

Ergebnis I Q 2010 2,93 2,56 3,11 Ergebnis II Q 2010 3,19 2,68 3,15 Ergebnis III Q 2010 2,81 2,64 3,06 Instandhaltung: 5xA = 0

2xB = 0 3xC = entspricht 3%

Ergebnis IV Q 2010 3,05 2,62 2,97 2,83 2010

Ergebnis I Q 2011 2,91 2,60 2,87 Ergebnis II Q 2011 2,90 2,38 2,94 Ergebnis III Q 2011 2,89 2,37 2,74 Instandhaltung: 3xA = 0

0xB = 0 0xC = entspricht 0%

Ergebnis IV Q 2011 2,77 2,40 2,91 2,49 2011

Ergebnis I Q 2012 2,85 2,39 2,73 Ergebnis II Q 2012 2,81 2,32 2,72 Ergebnis III Q 2012 2,67 2,31 2,63 Instandhaltung: 4xA = 0

1xB = 0 1xC = 0

Mit der Errichtung einer modernen Feuerwehrzentrale am Stadtrand von Unna im Jahr 2010 waren die Parteien aufgefordert, die bisher im Kreishaus als Leitstelle genutzten Räumlichkeiten einer adäquaten Nutzung zuzuführen. Unter Bündelung aller Interessen konnten mittels eines Umzugskonzepts die Instandsetzungsarbeiten an der Außenfassade (Aufwand der PBKU) mit dem Innenumbau zu regulären Büroräumen (Nachtrag des Kreises) wirtschaftlich kombiniert werden. Einen anderen Ursprung hatte eine Maßnahme­ der Kreisverwaltung im Jahr 2007, als durch Übertragung zusätzlicher Aufgaben Personal im Bereich der Versorgungsverwaltung zu integrieren war. Sowohl die neuen Kreismitarbeiter als auch deren Klientel machten eine Erweiterung der behindertengerechten Erschließung des Kreishauses notwendig. Qualifizierte Anforderungen der ZD erlaubten der PBKU eine marktgerechte­ Angebotslegung und zeitnahe Realisierung optischer und akustischer Wegweiser. Ein ganz anderes Zeichen setzten der Kreis Unna­ und die PBKU, als sie die ÖPP-Projektverträge zum Kreishaus Unna offenlegten. Seit September 2012 können der PPP-Projekt- und Konsortialvertrag sowie alle Anlagen auf der Transparenzplattform www.partnerschaften-deutschland.de/trans parenzplattform eingesehen werden. Sie sind ­damit die dritten Vertragspartner eines ÖPP-Projekts, die sich zur Offenlegung entschieden. Für den Kreisdirektor Rainer Stratmann eine Selbstverständlichkeit: „Vertrauen kann sich nur aufgrund ausreichender und nachvollziehbarer Informationen aufbauen. Hierfür ist die Transparenz über das Vorgehen der Projektpartner unabdingbar.“ Die Veröffentlichung der Vertragsunterlagen war damit ein folgerichtiger Schritt für den Kreis und die Projektgesellschaft.

0xD = 0 entspricht 0%

Ergebnis IV Q 2012 2,72 2,34 2,68 2,52 2012

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Welchen Spielraum haben die handelnden Institutionen im Betrieb?

Ein Leitsatz des Kreisdirektors hat nach wie vor Bestand: Art und Umfang der Risikoverantwort-


lichkeit sind in den Verträgen so umfassend definiert, dass Vertragsanpassungen bisher nicht notwendig waren und auch in Zukunft nicht zu erwarten sind. In der Praxis hat sich dies durch die Diszipliniertheit der Partner bestätigt. Dennoch wird weiterhin abzuwägen sein, ob neue Anforderungen und Standards Einflüsse auf die Prozessabläufe oder die geschuldete Leistung haben werden, und wenn ja, welche Auswirkung dies auf die einzelnen Vergütungsbestandteile ­haben wird.

Blick ins Bürgerbüro KH Unna (Quelle: PBKU)

Kostendisziplin – Qualität, die man sieht

Einfluss auf das Umland

Das monatliche Nutzungsentgelt setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

Das Kreishaus und die PBKU wirken auch als Wirtschaftsfaktor in der Region. Bereits während der Bauphase wurde nachweislich eine Vergabequote an klein- und mittelständische Unternehmen von über 80 Prozent der Herstellkosten erzielt. Dies setzt sich im Betrieb fort. Ortsnahe Lieferanten und Handwerker tragen einen maßgeblichen Anteil zur zeitnahen Behebung auftretender Mängel und sind langfristig mit Wartungsverträgen an das Objekt gebunden. Gerade durch die langfristigen Kooperationen ist es der PBKU möglich, die vereinbarten Reaktions- und Behebungszeiten einzuhalten.

x

Zins und Tilgung der Gesamtinvestition von rund 24 Millionen Euro x Instandhaltungsleistungen x Versorgung mit Energie für Heizung inkl. Indexierung x Versorgung mit Strom inkl. Indexierung x Leistungsentgelte für Reinigung, Hausmeister und Pflege der Außenanlagen x Bonus/Malus für Reinigung, Hausmeister, ­Pflege der Außenanlagen, Instandhaltung x Erstinvestition und Betriebskosten für Nachträge Das Basisentgelt – rund 300.000 Euro/Monat – wurde seit Betriebsbeginn lediglich der vereinbarten Indexierung unterzogen. Betriebskosten, die aus Zusatzleistungen und Dienstleistungsänderungen initiiert durch den Kreis resultieren, werden nach gemeinsamer Abnahme aktiviert und über die verbleibende Vertragsdauer verrechnet. In seiner Außendarstellung ist dem Kreishaus 2011, als Teil eines Forschungsauftrags des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) zu Architekturqualität für ÖPP, ein hohes Maß an Funktionalität und Qualität mit besonderem Vermerk auf Wirkung und Anmutung bescheinigt worden.

In den Gesellschafterversammlungen werden gemeinschaftlich mit dem Kreis mindestens einmal im Jahr formale Beschlüsse zur inhaltlichen Auslegung und Optimierung von Prozessen sowie die Verwendung des durch die Wirtschaftsprüfer testierten Jahresergebnisses vereinbart. 2012 wollte sich Bilfinger Project Investments GmbH (PI) von seinen Anteilen trennen und diese zusammen mit 19 weiteren Projekten an den Bilfinger Berger Global Infrastructure Fund (BBGI) veräußern – ein Vorgang, mit dem der Entwickler gebundene Mittel wieder an die Hand bekommt, um diese in neue Projekte investieren zu können.­ Die Gesellschaftsform der GmbH und das Vertragswerk sehen hierfür eine Zustimmung des Kreises vor. Anfängliche Bedenken konnten erst ausgeräumt werden, nachdem dem Kreis nach­ 67


gewiesen wurde, dass ein mehrheitliches Engagement des Bilfinger Konzerns erhalten geblieben war. Für die PBKU hat sich nichts geändert. Sie hat die gleichen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihrem Partner, dem Kreis Unna, und nimmt diese mit dem gleichen Engagement wahr. Die Gesellschafter wiederum haben die gleichen Interessen wie die Kreditgeber: eine umfänglich funktionale, nutzbare Liegenschaft.

fünf Jahren ein gleichbleibender Teilbetrag bis zu einer Höhe von vier Millionen Euro einbehalten werden. Im Jahr 2031 hat der Kreis eine einseitige Option der Verlängerung der Dienstleistungsverträge um weitere fünf Jahre. In einem gemeinsamen Resümee nach fünf Jahren Betrieb wurde festgestellt: Durch die Identifikation mit dem Projekt ist die Akzeptanz und Wertschätzung der Kreisverwaltung mit ihren mehr als 600 Mitarbeitern in den drei Liegenschaften gewachsen.

Die nächsten 18 Betriebsjahre In den noch verbleibenden 18 Jahren Vertragslaufzeit wird das Kreishaus fortlaufend in dem baulichen Zustand wie zur Übergabe im Jahr 2006 gehalten. Nach zehn Jahren ist, wie im Darlehensvertrag vereinbart, zum 2. Januar 2016 die erste Zinsanpassung geplant. Zur Sicherstellung der vertragsgemäßen Rückgabe des Gebäudes kann ab dem Jahr 2026 über einen Zeitraum von

Das PPP-Modell ist eindeutig keine reine Finanzierungsvariante, sondern eine langfristige Partnerschaft mit nachhaltiger Auswirkung auf die Qualität der Substanz der Liegenschaft und der übertragenen Dienstleistungen. Der PPP-Vertrag kann nicht alles umfänglich regeln, es ist an den Parteien, dies zu leben und einvernehmlich flexibel und transparent auszugestalten. „Wir würden es wieder machen“, bestätigte der Kreisdirektor.

Vertragsstruktur-Kosmos Quelle: PBKU

Kreis Unna

KfW

Bilfinger Project Investments GmbH Bilfinger SE

SPK Unna

PBKU mbH (= Kreis Unna 10% BOT 90%: GesellschaftsV)

HSG Zander RR GmbH Konsortialpartner

Projektverträge: 1. PPP-Projekt- und Konsortialvertrag 1a. Gesellschaftsvertrag (Anlage zu 1.) 2. Pachtvertrag 3. Sanierungs- und Mietvertrag 4. Hausmeister-Servicevertrag 5. Reinigungs-Servicevertrag 6. Außenanlagen-Servicevertrag 7. Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung 8. Direktvereinbarung 9. Schiedsgutachtenabrede

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Finanzierungsverträge PBKU: 10. Pfändungsvereinbarung über Kontenforderung 11. Vertrag zur Sicherungsabtretung von Ansprüchen aus Projektverträgen 12. Darlehensvertrag 13. Vertrag zur Sicherungsabtretung von Ansprüchen aus Versicherungen Finanzierungsverträge PBKU: 14. Generalunternehmervertrag mit der Bilfinger SE 15. Vertrag über die Durchführung von Erhaltungs- und Unterhaltungsarbeiten mit HSGz RR GmbH 16. Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bilfinger Project Investments GmbH 17. Rahmenvereinbarung


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Seit 1 Jahr in Betrieb – Schloss Sonnenstein in Pirna Von Oliver Baumann und Daniel Przemeck

Wer in jüngerer Zeit schon einmal in Pirna war, wird zustimmen: Die Stadt hat mit dem sanierten Schloss Sonnenstein ihre Krone zurückerhalten. Das Ergebnis der Sanierung der denkmalgeschützten Substanz und ihrer Ergänzung mit Neubauten zur Nutzung als Landratsamt im Rahmen einer PPP kann sich sehen lassen. Nach der Beauftragung des Bieterkonsortiums­ im Dezember 2009 begannen sogleich die ersten­ Beräumungs- und Entkernungsarbeiten am Schloss. Zeitgleich wurde ein gemeinsames Besprechungsregime eingeführt. Mit dem Auftraggeber (AG), der in Pirna zugleich Nutzer der Objekte ist, der Bilfinger Hochbau, Dreßler Bau als federführendem Unternehmen der Umsetzungsphase und dem Betreiber Bilfinger HSG Facility Management saßen regelmäßig alle wesentlichen Interessenvertreter an einem Tisch zusammen. Dabei stellt sich die Frage, warum der spätere Betreiber schon derart früh, zwei Jahre vor Beginn seiner eigentlichen Aufgabe, präsent sein muss. Das Diagramm zur Kumulation der Lebenszyklus­ kosten einer Immobilie über die Zeit und den Grad der Beeinflussbarkeit dieser Kosten liefert die Antwort. Die Möglichkeiten, Einfluss auf die Lebenszykluskosten, insbesondere auch auf die Betriebskosten zu nehmen und auf eine Immobilie hinzuwirken, die funktional ist und sich gut und wirtschaftlich betreiben lässt, sind zu Beginn des Lebenszyklus bzw. während der Planungs- und ­ Bauphase am größten. Dementsprechend ist aus Betreibersicht die Fort­setzung des eigenen Engagements während der Ausführungsphase unbedingt erforderlich. Es bestehen im ­Wesentlichen zwei Aufgabenstellungen: x

Zum einen die lebenszyklusorientierte Baubegleitung zur bestmöglichen Ausrichtung des Objekts auf den späteren Betrieb.

x

Zum anderen die Vorbereitung bzw. geordnete Aufnahme des Betriebs selbst.

Da die Interessenlage des Betreibers der des AG somit nicht unähnlich ist, entsteht für diesen ein Mehrwert aus der Präsenz des Betreibers. Herausforderungen der Umsetzungsphase

Oliver Baumann ist Projektleiter der Abteilung Lifecycle Projects der Bilfinger HSG Facility Management GmbH. Daniel Przemeck ist Projektingenieur der Abteilung Lifecycle Projects der Bilfinger HSG Facility Management GmbH.

In Pirna war die Herausforderung für die Umsetzungsphase groß. Mit den Bestandsbauten war ein Rahmen vorgegeben, innerhalb dessen eine völlig neue Strukturierung erfolgte und alle Flächen unterzubringen waren. Hier lag ein entsprechendes Augenmerk darauf, dafür zu sorgen, dass im dynamischen Planungsprozess der Architekten mit seinen Flächenverschiebungen und diversen Zwängen die Betreiberräume sinnvoll angeordnet und z.B. Distanzen zu Putzmittel- oder Lagerräumen vertretbar blieben. Ein wesentlicher Faktor bei Schloss Sonnenstein war jedoch die historische Bausubstanz. Jahrelanger Leerstand und wesentliche Schäden an der Gebäudehülle hatten dieser stark zugesetzt. Daher fand schon in der Angebotsphase eine intensive Auseinandersetzung mit der Substanz in Hinblick auf den Sanierungsgrad und die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen im Aus-

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tausch zwischen Bau und Betrieb statt. In diesem Zug wurden eine Reihe von Maßnahmen geplant und kalkuliert, z.B. eine horizontale Feuchtigkeitssperre gefährdeter Außenwände, das Aufbringen eines „Opferputzes“ mit geplantem Austausch in der Betriebsphase in Bereichen mit feuchtem Mauerwerk (Restfeuchte) oder Revisionsöffnungen im neuen Dachstuhl, um die dort vorgesehene Lüftungsanlage eines Tages austauschen zu können. Neben der Konkretisierung der geplanten Maßnahmen zusammen mit dem Bau und ihrer Klärung im Detail war in der Umsetzungsphase nicht zuletzt die Reaktion auf neue sich ergebende Problemstellungen erforderlich. Da sich diese häufig außerhalb der Risikosphäre des AG bewegten, kam es insbesondere auf die Abstimmung zwischen Bau und Betrieb an, bei der die Zielstellungen in der Umsetzungsphase unter Umständen nicht gleichgerichtet sein können. Vereinfacht gesagt wünscht sich der Betriebspartner umfangreiche Maßnahmen unter Berücksichtigung bestmöglicher Qualitäten durch den Bau für einen sicheren und wirtschaftlichen Betrieb, während der Bau den vertraglich fixierten Rahmen für seine Baukosten im Blick behalten muss. In Pirna entschieden bei Zielkonflikten die Lebenszykluskosten anhand von Barwertbetrachtungen (Bau- und Betriebskosten) über eine Maßnahme bzw. die zur Ausführung kommende Variante. So wurden z.B. Technikräume des Gewerks Elektro in einem Bereich im Untergeschoss untergebracht, der sich als die von der Flächenplanung

Luftbild von Schloss Sonnenstein

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her geeignetste Stelle herauskristallisiert hatte. Aufgrund der Raumkonditionen in den mit Sandsteinwänden und -gewölbedecke versehenen Räumlichkeiten wurden betriebsseitig zunächst Bedenken angemeldet. Es bestanden Zweifel, ob die dort einzustellende Technik ihre vorgesehene Lebensdauer unter diesen Bedingungen erreicht. Der Bauphysik-Planer des Projekts wurde befragt und gemeinsam mit dem Baupartner wurden Maßnahmen festgelegt. So wurde z.B. in der Regelung der Belüftung des Bereichs berücksichtigt, dass vor allem im Sommer möglichst nur kühle und feuchtigkeitsarme Luft zugeführt wird.

Blick über Jugendstilgarten und Schlosshof auf Elbflügel

Der Dialog mit dem AG Neben den direkten Abstimmungen zwischen Bau und Betrieb waren es in Pirna aber vor allem die konstruktiven Besprechungen mit dem AG, die sich gewissermaßen wie ein roter Faden durch die gesamte Umsetzungsphase zogen. Da in der Regel nicht nur der Betrieb an den baulichen Besprechungen teilnahm, sondern umgekehrt auch der Bau an Besprechungen zu Betriebsthemen, konnten beide als AN tatsächlich als Einheit auftreten. Das viel kommunizierte „aus einer Hand“ wurde wirklich gelebt. Eventuelle Fragen und die Auswirkungen von Maßnahmen auf eine der drei Parteien konnten oft unmittelbar geklärt, zumindest jedenfalls direkt von den Betroffenen auf- und mitgenommen werden. Das Ergebnis waren schnelle gemeinsame Lösungsfindungen und Ergebnisse. Auch so wurde letztlich ein Beitrag dazu geleistet, den ambitionierten Terminplan einzuhalten und zum 1. Dezember 2010


fristgerecht nach nur 18 Monaten Bauzeit in Betrieb zu gehen. Positiv hervorzuheben ist in diesem Kontext auch die gute Organisation des AG in der Umsetzungsphase. Je nach Thema saßen die jeweils wesentlichen Zuständigen des AG am Tisch. So konnten Entscheidungen konstruktiv und zeitnah gefällt werden. Andere Fragestellungen konnten weiterführend zur anschließenden Einplanung auch betriebsseitig besprochen werden. In fachspezifischen Fragen konnte der AG auf kompetente Unterstützung zurückgreifen, sodass auch zu solchen Themen zügige und für alle Parteien tragbare Lösungen gefunden werden konnten. Lebenszyklusorientierte Baubegleitung Durch den Betreiber wurden weiterhin u.a. die nachstehend beschriebenen Leistungen erbracht, die sich aus seinem Erfahrungsschatz heraus als obligatorisch für die Umsetzungsphase herausgestellt haben.

Kreistagssaal mit Bestuhlung

Zur generellen Überprüfung der Planungen hinsichtlich betrieblicher Belange gab es regelmäßige Planungssichtungen. Die Ergebnisse wurden dem Bau übermittelt und hinsichtlich ihrer Umsetzung mit ihm besprochen. Beispiele für verfolgte Punkte sind etwa die bereits angesprochene Lage von Betreiberräumen, Zugänglichkeiten zu Technik und Revisionsöffnungen, erforderliche Bodenabläufe oder die Öffnungsmöglichkeit von Fenstern zur Reinigung – kurzum Dinge, die im Betrieb den Unterschied machen können.

Ähnlich gelagert waren die Baubegehungen, bei denen nach Mängeln und Auffälligkeiten Ausschau gehalten wurde. In einem etablierten Prozess wurden diese an den Baupartner gemeldet und von diesem bearbeitet. Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit den Begehungen wurde bereits früh in der Umsetzungsphase angesetzt. So erkannte Mängel sind bei Übergabe zum Betriebsbeginn im Zweifel nicht mehr erkennbar. Der Betreiber spart sich auf diese Weise Arbeit zu einem ungünstigeren Zeitpunkt – in der Betriebsphase – bzw. verlagert die Arbeit vor, indem er potenzielle Gewährleistungsmängel eben schon vorab erkennt. Auch die Beseitigung der Mängel bedeutet während der Umsetzungsphase weniger Aufwand, da die jeweiligen Nachunternehmer noch vor Ort sind. Indem sich mit dem Betreiber eine weitere Instanz vor dem Hintergrund ihrer eigenen Expertise mit Planung und Bauausführung befasst, wird so ein Qualitätsmanagement zum Nutzen aller betrieben. Auch bei den Nachunternehmerausschreibungen bzw. -vergaben des Baus sowie den Bemusterungen war in Pirna der Betreiber involviert. Zunächst wurden die relevanten Leistungsverzeichnisse der Nachunternehmerausschreibungen des Baus durch den Betreiber gesichtet und kommentiert und bei Bedarf eine eigene Abfrage von Wartungsleistungen angehängt. Im Sinne des Lebenszyklusgedankens fanden anschließend gemeinsame Vertragsverhandlungen mit den potenziellen Nachunternehmern statt, sofern ein Wartungsauftrag durch den Betreiber zu vergeben war. Ziel war die Beauftragung desjenigen Bieters, der das Optimum aus Errichtungs- und Betriebskosten offerierte. Bei den Bemusterungen standen für den Betreiber vor allem Bauteile mit bedeutenden Auswirkungen auf Betrieb und Instandsetzungskonzept wie etwa Bodenbeläge im Vordergrund. Für die gemäß Farbkonzept zur Auswahl stehenden Werksteinplatten im Foyer, einem publikumsintensiven Bereich, wurde Input bezüglich Farbe und Oberflächenbeschaffenheit mit Blick auf die Reinigungsfähigkeit gegeben. 71


Strukturierte Betriebsaufnahme

Hausaufgaben des Betreibers

Mit Blick auf die strukturierte Vorbereitung und Aufnahme des Betriebs haben wiederum verschiedene Tätigkeiten einen erfolgreichen Beginn des Regelbetriebs in Pirna ermöglicht.

Abgesehen von Prozessdefinitionen gemeinsam mit dem AG gehört zur Vorbereitung des Betriebs selbstverständlich auch die eigene Vorbereitung. Die Liste der „Hausaufgaben“ des Betreibers ist lang. Ohne die Aufstellung und Einarbeitung des Objektteams, die Beschaffung von Werkzeug und anderer Ausstattung, den Bezug des Betreiberbüros, die Bindung der erforderlichen Nachunternehmer, eine Anlagenaufnahme, die Implementierung des CAFM-Systems, die Erstellung der Wartungsplanung oder der Bereitschaftsplanung etc. ist keine geordnete Aufnahme des Betriebs möglich.

Im ersten Schritt wurden dazu frühzeitig die schon im Betreiberkonzept beschriebenen Prozesse vorgestellt und erläutert. Anschließend wurden diese gemeinsam mit dem AG konkretisiert und auf seine eigenen Betriebsabläufe abgestimmt. Dadurch wurde auch der ein oder andere Anstoß für den AG geliefert, seine Prozesse auf den neuen Standort Schloss Sonnenstein anzupassen bzw. überhaupt erst zu definieren. Beispiele für die ­Prozessabstimmung sind die Konkretisierung und IT-technische Umsetzung von Malus-System oder Berichtswesen. Darüber hinaus wurden auch spezielle Schnittstellen und Prozesse festgelegt, z.B. in Bezug auf die Notfallbereitschaften von AG und Betreiber, deren jeweilige Befugnisse, zu informierende Stellen und Kommunikationswege. Mit einem Diensthabenden für außergewöhnliche Ereignisse (DAE) und einem Katastrophenschutzstab sowohl als räumliche Vorhaltung im Schloss als auch als Kreis von Funktionsträgern für den Fall der Fälle gab es auf Seiten des AG hier umfangreiche Strukturen. Angesichts von Pirnas Lage direkt an der Elbe ist dies sicherlich notwendig, man denke nur an das Hochwasser von 2002. Ein neu zu errichtendes Parkhaus war ebenfalls Teil des Projektumfangs. Aufgrund der Parksituation vor Ort und verschiedenster im Schloss stattfindender Veranstaltungen, von der Kreistagssitzung bis zum Ärztekongress, wurden verschiedene Rabattierszenarien für die Besucher und Gäste des Landratsamts bis hin zu einer freien Ausfahrt festgelegt. Der Druck der rabattierten ­Tickets und die Instandhaltung des Systems liegen im Leistungsumfang des Betreibers.

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Im wegen des engen Terminplans hektischen Schlussspurt der Umsetzungsphase war dies mitunter eine Herausforderung. Insbesondere die für den Betriebsbeginn wichtigen Einweisungen in die Anlagen fanden teilweise sehr kurzfristig statt und waren überhaupt nur deshalb realisierbar, weil das Objektteam bereits mehrere Wochen vor dem Start des Regelbetriebs komplett vor Ort war. Sehr bewährt hat sich rückblickend, dass der spätere Objektleiter wie vorgesehen schon nahezu während der kompletten Umsetzungsphase mit zunehmender Kapazität zur Verfügung stand. Er konnte so seine umfassenden technischen Kenntnisse und operativen Erfahrungen in die Planung einbringen. Es fand ein kontinuierlicher Transfer des Know-hows aus der Angebotsphase statt und der Objektleiter war zu Betriebsbeginn in einzigartiger Weise mit seinem Objekt und den projektspezifischen Prozessen vertraut, da er Planung und Umsetzung mit begleitet hatte. Ihren Abschluss fand die Umsetzungsphase in der Eröffnungsfeier des sanierten Schlosses Sonnenstein und zwei Tagen der offenen Tür für alle Interessierten – erste Bewährungsproben für das Objektteam des Betreibers, die erfolgreich gemeistert wurden.


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Schulen des Landkreises Miesbach: innovativ, energieeffizient und wirtschaftlich Von Bianca Grübbel

Im Mai 2012 wurde der Vertrag zum ÖPP „Schulen des Landkreises Miesbach“ unterzeichnet. Durch die integrale Planung konnten die Gebäude schon früh auf eine maximale Energieeffizienz unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtet werden. Die Umsetzung des nachhaltigen Bauens ist Ziel dieser Öffentlich-Privaten Partnerschaft. In den Gemeinden Gmund am Tegernsee und Holzkirchen werden bis Sommer 2014 drei Schulen und zwei Dreifachsporthallen neu errichtet. Die Realschule Gmund wird nach einem modernen pädagogischen Konzept geplant. Das umzusetzende Fachraumprinzip gibt für die Planung neue funktionale Impulse. Bei diesem Konzept wechseln die Schüler nach jeder Schulstunde den Fachraum und leben auf diese Weise das Prinzip­der bewegten Schule. Der Schulbetrieb in Gmund startet im März 2014. In Holzkirchen sind später einmal die Fachoberschule und das Gymnasium in einem Schulzen-

Bianca Grübbel ist ­Projektleiterin bei der SKE Facility ­Management GmbH.

trum beheimatet. Durch die Bildung dieses Schulcampus kann durch die Nutzung von Synergien die Flächeneffizienz maximiert werden. Dies wurde u.a. durch die multifunktional nutzbare Aula, die den zentralen Punkt des Campus bildet, umgesetzt. Die zentrale Piazza, die sich an die Aula im Außenbereich anschließt, ergänzt die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten. Für Veranstaltungen kann für die Aula ein Außenbezug hergestellt werden. Auf dem Schulcampus in Holzkirchen beginnt der Schulbetrieb zum Schuljahr 2014/15.

Das Schulzentrum Holzkirchen

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Im Mai 2012 wurde der Vertrag vom Landkreis Miesbach und der SKE Facility Management GmbH unterzeichnet. Vielschichtige Nachhaltigkeit Das ÖPP-Projekt Schulen des Landkreises Miesbach hatte die integrale Planung von Beginn an als Ziel. Dahinter steht die Auffassung, dass nachhaltiges Bauen sich nicht allein durch die Energieeffizienz definiert. Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist vielschichtiger angesetzt. Eine optimale Ausrichtung gelingt jedoch nur, wenn sich alle am Projekt Beteiligten diesem Ziel verschreiben. Dies wurde für die Schulen des Landkreises Miesbach umgesetzt. Das nachhaltige Bauen definiert sich über die folgenden konzeptionellen Punkte: x

Flächeneffizienz unter Berücksichtigung der Funktionalität x Energieeffizienz unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit x Baustoffe unter Berücksichtigung ihrer Nachhaltigkeit x Integrale Planung und Standardisierung zur Umsetzung der Projektziele x Gebäudebetrieb unter Berücksichtigung der Lebenszykluskosten Die Grundlage einer wirtschaftlichen Projekt­ umsetzung ist die Flächeneffizienz. Sie ist zu ­Beginn die Basis, auf der alle weiteren Konzepte aufbauen. Die Flächeneffizienz geht sowohl von der optimalen Nutzung der zur Verfügung stehenden Grundstücksfläche als auch von der Minimierung der Verkehrs- und Funktionsflächen aus. Für die Schulen im Projekt ist eine kompakte, auf die natürliche Belichtung ausgerichtete Bauweise gewählt worden. Das statische Konzept garantiert eine maximale Umnutzungsfähigkeit der Gebäude über den Lebenszyklus. Das Tragkonzept basiert auf tragenden Flurwänden und nichttragenden Trennwänden zwischen den Klassenräumen. 74

Die Funktionalität der Gebäude für den Nutzer darf nie hinter der Flächeneffizienz zurückstehen. Die optimale Kombination aus Funktionalität und Flächeneffizienz wurde durch die architektonischen Konzepte in vorbildlicher Weise umgesetzt. Zudem wurden am Standort Holzkirchen die zu errichtenden Parkflächen über die Lösung eines Parkdecks konzipiert. Über dem Parkdeck befindet sich später der Schulhof des Gymnasiums. Durch diese Umsetzung werden die Grundstücksfläche und der natürliche Geländeverlauf optimal genutzt. Funktional ist diese Lösung aufgrund ihrer zentralen Lage auf dem Grundstück und der so entstehenden kurzen Wege für die Nutzer optimal. Energieeffiziente Konzepte Die Energieeffizienz ist vor dem Hintergrund immer knapper werdender Ressourcen ein wichtiger Punkt. Regenerative Energieerzeugung, Versickerung des anfallenden Niederschlagswassers auf der Liegenschaft, Vorbereitung für die E-Mobilität und Photovoltaik sind einige der umgesetzten Konzepte in diesem Bereich. Die regenerative Energieerzeugung wird für Holzkirchen über einen Fernwärmeanschluss und für Gmund über die Wärmeerzeugung mittels einer Pellet-Kessel­ anlage sichergestellt. Beide Liegenschaften verfügen zur Ableitung des Niederschlagswassers nicht über einen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz. Alle anfallenden Mengen werden auf der Liegenschaft versickert. Zukunftsorientiert wird ein Teil der Stellplätze durch Leerrohre für die Nutzung von E-Mobilität vorbereitet. Beide Standorte erhalten zur Abrundung des energetischen Konzepts eine Photovoltaikanlage im Dachbereich. Energieeffizienz ist nicht nur ein energetisch optimiertes Konzept für die Gebäudehülle. Ein ganzheitlicher Ansatz für die Gebäude stand in der Planung im Vordergrund. Energieeffizienz und


Die Realschule Gmund

Behaglichkeit für den Nutzer der Gebäude gehen Hand in Hand. Mit zunehmender energetischer Qualität der Gebäudehülle rücken der Lüftungswärmebedarf, der Wärmebedarf für Warmwasserbereitung und der Wirkungsgrad der Wärmeerzeugung zunehmend in den Vordergrund. Dies spiegelt sich vor allen Dingen in den haustechnischen Konzepten wider. Ergänzt werden diese Konzepte durch eine auf die Nutzung abgestimmte Gebäudehülle. Für die Schulen des Landkreises Miesbach wurde eine mechanische Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung umgesetzt. Zur Optimierung der Behaglichkeit im Sommer wurden die Anlagen der Schulen zusätzlich mit einer adiabaten Kühlung ausgestattet. Durch die Kombination von Wärmerückgewinnung für den Winterfall und adiabater Kühlung für den Sommerfall wird für die hochwärmegedämmten Gebäude ein behagliches Raumklima über das ganze Jahr sichergestellt. Das Konzept zum sommerlichen Wärmeschutz der Gebäude wird durch einen außenliegenden Sonnenschutz als Raffstore-Anlage vervollständigt. So wird ein optimales Lernumfeld für Schüler und Lehrer geschaffen. Ergänzt wird dieses Konzept mit einer tageslichtabhängigen Beleuchtungssteuerung für die Klassenräume und Präsenzmeldern für Flure und Sanitäranlagen. Der visuelle Komfort in den Klassenräumen wird durch die tageslichtabhängige Steuerung und gute Tageslichtverfügbarkeit optimiert.

Weniger Wasseranschlüsse Die Sporthallen erhalten eine individuell regelbare mechanische Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung für den Winterfall. Die Gebäudehülle wird für alle Gebäude auf die haustechnischen Konzepte abgestimmt und ergänzt diese sinnvoll zu einer Gesamteinheit. Die intermittierende Nutzung der Schulen steht hierbei im Vordergrund. Die Anforderungen an die Trinkwasserversorgung der Schulgebäude werden verändert. Die Anzahl der Trinkwasserzapfstellen wird reduziert. Nur Fachräume, bei denen die Nutzung einen Wasseranschluss erfordert, werden mit Waschtischen ausgestattet. Moderne Unterrichtsmethoden und die Ausstattung vieler Räume mit Whiteboards oder Smartboards erfordern keine Trinkwasser­ zapfstellen in den Klassenräumen. Diese moderne Ausstattung der Schulen ist auch hinsichtlich der Trinkwasserverordnung optimal. Durch die Reduzierung der Trinkwasserzapfstellen werden die Problematik stagnierenden Wassers und der Instandhaltungsaufwand minimiert. Nachwachsende Rohstoffe Nachhaltiges Bauen bezieht auch immer die verwendeten Baustoffe mit ein. Zu bevorzugen sind hier nachwachsende Rohstoffe. Im Außenbereich wurde für die Schulen eine Fassadenbekleidung mit Holz für die Obergeschosse geplant. Die 75


Fenster werden in Holz-Aluminium-Bauweise ausgeführt. Diese Konstruktion verbindet den nachwachsenden Rohstoff Holz mit der wetterfesten Außenschale aus Aluminium zu einem energetisch hochwertigen und dauerhaften Bauteil. Die Flachdächer der Sporthallen und der Aula in Holzkirchen werden als extensiv begrünte Dächer ausgeführt. Dieser Aufbau verbessert das Mikroklima und verlängert die Lebensdauer der Dachhaut. Das begrünte Dach leistet zudem einen Beitrag zum sommerlichen Wärmeschutz und zur Regenwasserrückhaltung. Im Innenbereich der Schulgebäude wird Industrieparkett als Bodenbelag für die Klassenräume verwendet. Die Eingangsbereiche und stark frequentierten Flure erhalten als Bodenbelag Betonwerkstein. Durch diese Kombination ist auch hinsichtlich der Lebenszykluskosten eine gute­ Lösung gefunden worden. Ergänzt wird dieses Konzept durch sichtbare Betonflächen in den Flurbereichen. Diese unterstützen das bauliche Vandalismuskonzept und stellen langfristig eine gute Optik sicher. Durchdachte Kombination Integrale Planung ist die Grundlage einer nachhaltigen Konzeption der Schulgebäude. Sie sorgt für ein Ineinandergreifen der einzelnen konzeptionellen Ansätze zu einem Gesamtbild. Ergänzt wird die integrale Planung durch projektspezifische Standardisierung. Projektspezifische Standardisierung von Details ist ein Schlüssel zur effektiven Umsetzung der Schulen des Landkreises Miesbach in der Bauphase. Beispielhaft genannt werden kann hier die Mediensäule für die Klassen- und Fachräume. Diese fasst alle erforderlichen technischen Anschlüsse in einer Einheit zusammen. Gebäude sind hinsichtlich ihrer Umsetzung jedoch in vieler Hinsicht Unikate. Eine zu generelle Standardisierung, z.B. von Bauteilen, sollte daher vermieden werden. Durch eine durchdachte Kombination von Standardisierung und integraler Planung wird die Projektumsetzung nachhaltig verbessert. 76

Der Gebäudebetrieb ist bei einem Gebäude nicht zu vernachlässigen. Die Lebenszykluskosten sind ein wichtiger Bestandteil in der Nutzung der Schulgebäude. Nur durch die Integration des Lebenszyklus schon in die integrale Planung ist ein wirtschaftlich optimierter Gebäudebetrieb möglich. Für die Schulen des Landkreises Miesbach wurden in der Angebotsphase Reinigungs- und Wartungsfreundlichkeit, Instandhaltungskosten und Umnutzungsfähigkeit detailliert betrachtet und in die Planung umgesetzt. Durch den geplanten hohen energetischen Standard wird der Wärme-, Strom- und Wasserbedarf der Gebäude minimiert. Dies leistet einen großen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Auf die Nutzung abgestimmt Die Konzeption der Schulen des Landkreises Miesbach wurde auf die Nutzung der Gebäude als Schule abgestimmt. Die Behaglichkeit für den Nutzer stand dabei im Vordergrund, ohne jedoch den Weg über ein standardisiertes Niedrigenergiehaus-Konzept schon vorzugeben. Die intermittierende Nutzung der Schulgebäude erfordert bei dem umzusetzenden hohen energetischen Standard eine darauf abgestimmte Konzeption. Das nachhaltige Bauen profitiert von der Umsetzung dieses Kerngedankens. Es werden auf diese Art beispielsweise in der Gebäudehülle auf die Nutzung abgestimmte Dämmstoffstärken eingesetzt. Der Landkreis Miesbach hat für das ÖPP-Projekt Schulen des Landkreises Miesbach durch die sehr funktionale Ausschreibung im Bereich der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz die Weichen für eine optimale, ganzheitliche Konzeption der Gebäude gestellt. Die Ausrichtung auf die Behaglichkeit und Zweckmäßigkeit der Nutzung der Gebäude stand hierbei im Fokus. Die auf diese Weise innovative Konzeption der Schulgebäude und Sporthallen setzt vorbildlich die Ansätze des nachhaltigen Bauens unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten um.


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Antoniuskolleg Neunkirchen-Seelscheid: Standortsicherung dank ÖPP Von Dr. Matthias Sundermeier, Helmut Meng und Peter Melching

Einst als „Höhere Schule für Knaben vom Lande“ gegründet, prägt das Antoniuskolleg seit über 100 Jahren das Ortszentrum von NeunkirchenSeelscheid im Rhein-Sieg-Kreis. Um den Fortbestand des Traditionsgymnasiums zu sichern, entschied sich die Gemeinde für die Sanierung und einen Teilneubau im Rahmen eines ÖPP-Projekts. Zeugnis für die bewegte Geschichte des heutigen Gymnasiums legen auch seine Gebäude ab, von denen die meisten in den 1950er und 1970er Jahren errichtet wurden und inzwischen drängenden Modernisierungs- und Erweiterungsbedarf aufwiesen. Abhilfe schaffen nun eine umfassende Sanierung und ein Teilneubau der Unterrichtsgebäude im Rahmen einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft zwischen der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid und der GOLDBECK Public Partner GmbH. Das Projekt ist Teil eines groß angelegten Maßnahmenpakets, das den Fortbestand des Traditionsgymnasiums auch in Zukunft sichert. Nachdem die Deutsche Provinz der Salesianer Don Boscos als bisheriger Träger ihren Rückzug angekündigt hatte, konnten die Malteser Werke gGmbH als Nachfolger gewonnen werden. Hierfür allerdings galt es, die Schulgebäude zunächst auf einen zeitgemäßen Bau- und Ausstattungs-

Fachklassen-Neubau mit Foyerbereich, Straßenseite

stand zu bringen. Die Gemeinde übernahm deshalb die Schulgrundstücke in ihr Eigentum und entschied sich für ein ÖPP-Projekt, das neben der Planung und Ausführung der nötigen Bauleistungen auch die Finanzierung und das technische Gebäudemanagement in der späteren Betriebsphase beinhaltet. Nachdem die Verträge im März 2012 unterzeichnet wurden, sind die Arbeiten bereits in vollem Gange. Altbestand wirtschaftlich weiterführen

Dr. Matthias Sundermeier ist Projektmanager bei GOLDBECK Public Partner GmbH. Helmut Meng ist Bürgermeister der Gemeinde Neun­ kirchen-Seelscheid. Peter Melching ist Prokurist bei Assmann Be­ raten+Planen GmbH.

Der ÖPP-Vertragsschluss markierte den­ Endpunkt der Projektvorbereitungen,­in deren Rahmen unter Federführung­des Ingenieurbüros Assmann Beraten+Planen GmbH verschiedene Realisierungsvarianten entwickelt und analysiert wurden. Neben der Bedarfsermittlung konzentrierten sich die Aufgaben hier besonders auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit einer Weiterverwendung des baulichen Altbestands im Vergleich zur ganzen oder teilweisen Neuerrichtung von Schulgebäuden. Angesichts einer – wie in so vielen Kommunen – angespannten Haushaltssituation der Gemeinde­Neunkirchen-Seelscheid war schon in diese Überlegungen auch die zuständige Kommunalaufsicht eingebunden. Nach erfolgreicher Klärung aller Realisierungs­

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Foyerbereich des Neubaus, Schulhofseite (Quelle: Dohle+Lohse Architekten)

voraussetzungen, Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und der Entscheidung für die Variante einer Sanierung und eines Teilneubaus als ÖPP-Projekt konnte im Herbst 2010 das zweistufige Vergabeverfahren beginnen. In einem öffentlichen Teilnahmewettbewerb bekundeten zunächst 17 Unternehmen ihr Interesse an dem Projekt, von denen 15 Firmen die Unterlagen fristgerecht einreichten – für ein Projekt wie das Antoniuskolleg eine beachtenswerte Zahl. Fünf Bewerber wurden für das anschließende Verhandlungsverfahren und damit zur Ausarbeitung eines indikativen Angebots im Frühsommer 2011 zugelassen. Nach einer ersten Verhandlungsrunde konnte die Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid als Ausloberin des Wettbewerbs schließlich zum Jahresende zwischen den verbindlichen Angeboten dreier Firmen auswählen, die die Anforderungen der Ausschreibung erfüllten. Neben architektonischen, funktionalen und technischen Bewertungskriterien und dem Barwert der Angebote war den Bietern eine maximale Investitionskostengrenze von 12,5 Millionen Euro brutto vorgegeben, die nicht überschritten werden durfte. Der Zuschlag wurde schließlich auf das Angebot der GOLDBECK ­Public Partner GmbH erteilt. Schülerzahlen steigen stetig Die Geschichte des Antoniuskollegs ist begleitet von einem stetigen Wachstum der Schülerzahlen. Nach früheren Erweiterungen stieß das Gymna78

sium mit seinen inzwischen über 1.000 Schülern erneut an seine Kapazitätsgrenzen. Die Bestandsbauten selbst entsprachen im Hinblick auf die Fachraumausstattung, die Gebäudetechnik, den Brandschutz und die energetische Qualität der Gebäudehülle nicht mehr den heutigen Anforderungen; hinzu kam eine allgemeine bauliche Überalterung der meisten Gebäudeteile. Im Zentrum der Baumaßnahme steht vor diesem Hintergrund die Schaffung von Fachräumen für die Naturwissenschaften, Werk- bzw. Kunsträumen und Informatikklassen. Vereint werden sie unter dem Dach eines neuen Gebäudetrakts, der neben Mehrzweckräumen auch Flächen für den allgemeinen Unterricht und ein Foyer beherbergt. Ein Klassengebäude und die Schulaula werden baulich ebenso an den Fachraum-Neubau angebunden wie der „Historische Altbau“ der Schule, der zukünftig die Schulmensa aufnehmen wird. Das Schulleben erhält mit diesem Gebäudeensemble ein neues Herzstück. Die übrigen Schulbauten – ein weiterer Klassentrakt, eine Sporthalle und die Schulkapelle – werden behutsam saniert. Die Verlagerung vieler Räume in den Neubau erlaubt nicht nur eine großzügigere Innengestaltung, sondern bietet auch der Schulbibliothek eine neue Heimat. Damit wird ein alter, seit 1998 geschlossener Internatstrakt des Gymnasiums endgültig verzichtbar. Sein Abriss schafft Platz für einen neuen, markanten Haupteingang zum Schulgelände und eine deutlich verbesserte Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), dessen örtlicher Busbahnhof in


direkter Nachbarschaft zur Schule zeitgleich mit dem ÖPP-Projekt realisiert wird. Auch städtebaulich erhält das Antoniuskolleg damit ein völlig neues Gesicht: Es entstehen zwei räumlich abgeschlossene Schulhöfe für die Sekundarstufen I und II; die Aula rückt als zentraler Versammlungs- und Veranstaltungsort nun auch räumlich ins Zentrum der Anlage, deren Campuscharakter auch durch eine bauliche Aufwertung der Außenflächen unterstrichen wird. Kunsträume etwa erhalten Freiunterrichtsbereiche in unmittelbarer Nähe der Klassenräume, im Musikunterrichtsbereich wird ein Geländesprung zu einem Amphitheater modelliert, zusätzliche Außensportflächen werden eingerichtet. Verbesserung der Energieeffizienz Ein Schwerpunkt der technischen Sanierungsmaßnahmen liegt auf einer deutlichen Verbesserung der Energieeffizienz des Schulbetriebs. Dächer, Fenster und Fassaden der Bestandsgebäude, die sich zum Teil noch im Ursprungszustand der 1950er und 1970er Jahre befanden, werden deshalb erneuert bzw. energetisch ertüchtigt. Auch

Nahwärmenetz mit zentraler Wärmeerzeugung bedient. Auf den Dachflächen werden Photovoltaikanlagen installiert und in die Elektroversorgung des Schulkomplexes eingebunden. Eine BUS-gesteuerte Gebäudeleittechnik ebenso wie die Installation energiesparender Pumpen oder Leuchtmittel hilft bei einem nutzungs- und energieverbrauchsoptimierten Objektbetrieb. Weitere bauliche Sanierungsaufgaben konzen­ trieren sich auf Maßnahmen des baulichen Brandschutzes und die Verbesserung der Fluchtund Rettungswegesituation in allen Bestandsgebäuden. Im Zuge der Neu- und Umbauten stehen darüber hinaus der Einbau von Aufzugsanlagen und weitere Arbeiten für eine barrierefreie Erschließung der Unterrichtsbereiche an. Über diese Leistungen hinaus erfolgt eine Kernsanierung der Unterrichts-, Verwaltungs- und Sanitärbereiche. Schulbetrieb wenig beeinträchtigen Naturgemäß lassen sich solch umfassende Bauleistungen nicht geräuschlos durchführen. Bei der Organisation des Projektablaufs bestand die größ-

Hauptzugang zum Schulgelände (Quelle: Dohle+Lohse Architekten)

die Gebäudetechnik für Heizung, Lüftung, Sanitär und Elektro war in die Jahre gekommen – hier ist eine nahezu komplette Neuinstallation der Versorgung unumgänglich. Wo bislang eine dezentrale und technisch überalterte Wärmeversorgung in Betrieb war, werden nach Abschluss der Baumaßnahmen alle Schulgebäude über ein

te Herausforderung aus diesem Grunde darin, alle Arbeiten so durchzuführen, dass Beeinträchtigungen des Schulbetriebs möglichst vermieden werden oder zumindest auf ein Minimum beschränkt bleiben. Die Bauausführung startete deshalb mit dem Neubau für die Fachklassen- und Mehrzweckräume. So entstehen genügend Aus79


weichflächen, um anschließend die Sanierung der Bestandsgebäude Zug um Zug in Angriff zu nehmen. Mehrfache Zwischenumzüge oder Auslagerungen von Schulklassen in Behelfsbauten sind bei dieser Lösung nicht erforderlich. Alle Bauarbeiten jedoch finden – das ist unvermeidlich – in räumlicher Nähe des Schulbetriebs statt. Auf der Baustellen- und Verkehrssicherung liegt deshalb ein besonderes Augenmerk. Bereits im Vorfeld des Ausführungsbeginns wurde die Schülerverkehrsführung an die Baumaßnahmen angepasst, die Baustoff- und Materialandienung während der Bauarbeiten nur in den Vor- bzw. Nachmittagsstunden zugelassen. Baustellen- und Schülerverkehr konnten mit diesen Vorkehrungen weitestgehend entzerrt werden. Die beteiligten Gemeindebehörden waren hier ein unverzichtbarer Partner, um die modifizierte Verkehrsführung vorzubereiten, einzurichten und letztlich durchzusetzen. Auch an eine präzise Ablauf- und Terminplanung der Bauausführung aller Arbeiten sind hohe Anforderungen gestellt, denn Verzögerungen eines Sanierungsabschnitts haben meist unmittelbare terminliche Auswirkungen auf die nachfolgenden Leistungen. Die Unwägbarkeiten der vorhandenen Bausubstanz bringen hier naturgemäß besondere Risiken mit sich, erfordern eine frühzeitige Erkundung des Bestands und von allen Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität und Entscheidungskompetenz. Bis heute sind alle Bewährungsproben erfolgreich bestanden – frühe Verzögerungen der Arbeiten durch unerwartete Funde im Baugrund konnten im gemeinsamen Einsatz der Baupartner schnell wieder ausgeglichen werden; das Projekt ist im Zeitplan und im Kostenrahmen. Konzentration auf Kernaufgaben Der Abschluss der Neubau- und Sanierungsmaßnahmen steht im August 2014 zum Beginn des

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neuen Schuljahres an. Ein wegweisendes Datum für das Antoniuskolleg, geht zeitgleich doch die Schulträgerschaft auf die Malteser Werke über. Damit dieser Wechsel möglichst reibungslos gelingt und jeder Partner des Schulprojekts sich in dieser besonderen Phase voll seinen Kernaufgaben widmen kann, übernimmt GOLDBECK nach der Baufertigstellung auch das technische Gebäudemanagement für die Schulbauten. Die Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid bleibt Vertragspartner und weiter Eigentümerin des Objekts. Für das Instandhaltungs- und Störungsmanagement sind Service-Levels vereinbart, die eine optimale Verfügbarkeit der Schulgebäude in der Betriebsphase gewährleisten. Regelmäßig vereinbarte Schönheitsreparaturen sorgen dafür, dass auch das optische Erscheinungsbild der Gebäude im Schulalltag nicht auf Dauer leidet. Nach Ablauf der 25-jährigen Vertragslaufzeit geht das Objekt ohne Instandhaltungsstau wieder zurück in die Obhut der Gemeinde. ÖPP-Wirtschaftlichkeitsvorteil Der wirtschaftliche Vorteil der ÖPP-Projektrealisierung kann sich sehen lassen: Mit einem Gesamtvolumen (Barwert) für Investition und Betrieb in Höhe von 17,1 Millionen Euro spart der Gemeindekämmerer rund 13,6 Prozent gegenüber einer herkömmlichen Beschaffung, die einen Aufwand von 19,8 Millionen Euro verursacht hätte. Auch die Einbindung der Malteser Werke als erfahrener Partner für die Schulträgerschaft macht sich bezahlt – die jährliche Gesamtbelastung des Gemeindehaushalts liegt trotz der Bau- und Finanzierungskosten um mehr als 800.000 Euro geringer als bei einem komplett gemeindeeigenen Gymnasium. Die Zukunftssicherung des Gymnasialstandorts NeunkirchenSeelscheid ist also bislang ein Erfolgsmodell Öffentlich-Privater Partnerschaft.


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Krankenhaus in Hofheim am Taunus: ein PPP-Leasingmodell Von Helmuth Hahn-Klimroth und Dr. Petra Beckefeld

Die Kliniken Main-Taunus-Kreis betreiben zwei Krankenhäuser, die sich um die Versorgung der Patienten im Main-Taunus-Kreis kümmern. 2009 wurden in Bad Soden ein Neubau und weitgreifende Sanierungsmaßnahmen realisiert. Seit 2012 wird in Hofheim ein Neubau im Rahmen eines PPP-Leasingmodells errichtet, das in Hessen bisher einmalig ist. Auf halbem Weg zwischen Frankfurt und Wiesbaden liegt der Main-Taunus-Kreis im westlichen Teil des Ballungsraums Rhein-Main. Zur medizinischen Versorgung seiner rund 228.000 Einwohner betreibt der Landkreis zwei Akutkrankenhäuser der Schwerpunktversorgung in der Kreisstadt Hofheim und im 10 Kilometer entfernten Bad Soden. Beide Häuser sind Teil der Kliniken des Main-Taunus-Kreises GmbH und verfügen zusammen über 523 Patientenbetten sowie elf medizinische Fachabteilungen. Zu dem Kommunalunternehmen gehören außerdem die Fachklinik Hofheim mit dem Schwerpunkt Rehabilitation, Psychosomatik und Psychiatrie, die Gesundheitsakademie Main-Taunus, die Seniorenresidenz Main-Taunus-Kreis und die MainTaunus-Privatklinik. Ferner sind die Kliniken mit 50 Prozent am Reha-Zentrum Hofheim und an der MVZ GmbH im Main-Taunus-Kreis beteiligt.

In den Krankenhäusern Bad Soden und Hofheim wurden 2011 etwa 20.000 Patienten stationär und rund 33.000 ambulant behandelt. Fast 12.000 Patienten kamen im selben Zeitraum zu einer Operation in die Kliniken. Mehr als 1.500 Mitarbeiter sorgen dafür, dass der Aufenthalt für die Patienten nicht nur medizinisch und pflegerisch optimal, sondern auch möglichst angenehm, komfortabel und unkompliziert verläuft. Schwerpunktsetzung an beiden Klinikstandorten

Helmuth HahnKlimroth ist Kaufmännischer Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung der Kliniken des Main-TaunusKreises GmbH. Dr. Petra Beckefeld ist Geschäftsführe­ rin der VAMED Health Project GmbH.

Bei ihrer strategischen Zielplanung haben sich die Kliniken des Main-TaunusKreises entschieden, in ihren beiden unweit voneinander entfernten Krankenhäusern klare

Einer von vier modernen Pavillons, aus denen das Krankenhaus Hofheim nach der Fertigstellung des Neubaus 2016 bestehen wird

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Vom Eingang bis zur Entlassung sind die einzelnen Bereiche im neuen Krankenhaus Hofheim entsprechend dem Behandlungsablauf angeordnet

Schwerpunkte zu setzen. Ziel ist es, das medizinische und pflegerische Fachwissen für eine optimale Versorgung der Patienten zu bündeln und unnötige Doppelstrukturen sowie damit einhergehende Kosten zu vermeiden. Innerhalb dieses Konzepts wurden sämtliche chirurgischen Fächer in Bad Soden zusammengefasst, während sich der Standort Hofheim auf die internistisch-geriatrische Medizin konzentriert. Um diese Schwerpunktsetzung zu ermöglichen, errichteten die Kliniken des Main-Taunus-Kreises zunächst in Bad Soden einen neuen Bettentrakt, der 2009 in Betrieb ging. Außerdem wurden Bestandsgebäude saniert, die Geburtshilfe modernisiert sowie die OP-Kapazität, Intensivstation, Pflege und der klinische Arztdienst erweitert. Als Nächstes erhält auch das Krankenhaus in Hofheim zeitgemäße Räume, die den Ärzten eine hochmoderne Arbeitsumgebung und den Patienten eine angenehme Atmosphäre bieten. Derzeit sind die dortigen medizinischen Kliniken noch in einem historisch gewachsenen Konglomerat aus Gebäuden untergebracht, die teilweise aus dem Gründungsjahr 1905 stammen. Seit August 2012 entsteht auf dem jetzigen etwa 21.500 Quadratmeter großen Krankenhausgelände am Rande der Hofheimer Altstadt für rund 50 Millionen Euro ein Neubau. Damit der Krankenhausbetrieb währenddessen weiterlaufen kann, wurde das Bauvorhaben in zwei Abschnitte unterteilt, zu deren Beginn die jeweils noch vorhandenen Gebäude abgerissen werden. Der erste Bauabschnitt soll bis Anfang 2014 fertiggestellt sein, der zweite Bauabschnitt Anfang 2016. 82

Pilotprojekt PPP-Leasingmodell Um dieses zweite Großprojekt zeitnah, qualitätsgerecht und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel verwirklichen zu können, entschieden sich die Kliniken des Main-TaunusKreises für eine innovative Mischung aus einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft und einem Leasingmodell, die in Hessen bislang einmalig ist. Das PPP-Leasingmodell gilt als sogenanntes alternatives Beschaffungsmodell und ist Pilotprojekt in der Krankenhausförderung des Landes Hessen. Es wird daher eng durch das Sozialministerium, die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen und das hessische Finanzministerium begleitet. Bei dem PPP-Leasingmodell verantwortet der private Partner als Leasingpartner die Planung, schlüsselfertige Errichtung und Vorfinanzierung des Neubaus. Für dessen Nutzung zahlen die Kliniken nach der Fertigstellung eine jährlich gleichbleibende Miete. Nach dem Ende der Grundmietzeit von 20 Jahren können sie das Gebäude dann zum Rest-Buchwert übernehmen. Für die Betriebsvorrichtungen wurden entsprechend den steuerlichen Vorgaben unterschiedliche Grundmietzeiten von bis zu sechs Jahren vereinbart. Die Besonderheit in Hofheim besteht darin, dass die Kliniken die vom Land Hessen zugesagten Zuschüsse in Höhe von 30 Millionen Euro zuzüglich ihrer einzubringenden Eigenmittel als Darlehen an den privaten Partner weiterreichen. Dieses wird entsprechend dem Baufortschritt ausgezahlt. Dank dieses Modells können für das Pro-


jekt sowohl die Fördermittel des Landes als auch die günstigen Konditionen für Kommunalkredite genutzt werden. Vorleistungen bei Planung und Bau Bei dem Hofheimer PPP-Leasingmodell sticht nicht nur die Finanzierung durch den Auftraggeber hervor, sondern auch dessen Vorleistungen bei Planung und Bau. So erarbeiteten die Kliniken des Main-Taunus-Kreises mit dem Architekturbüro woernerundpartner bereits eine komplette Entwurfsplanung. Außerdem übernahmen sie den Abriss der Bestandsgebäude und das Ausheben der Baugrube für den ersten Bauabschnitt. Die Vorteile des Hofheimer PPP-Leasingmodells einschließlich seiner besonderen Aufgabenverteilung zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) liegen in der Qualitätsverbesserung durch die vom privaten Partner optimierten Konzepte für Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb sowie in der Kosten- und Zeitersparnis: Während die Vorbereitungen für das PPP-Projekt liefen, konnte gleichzeitig schon die Entwurfsplanung ausgearbeitet und mit den künftigen Nutzern abgestimmt werden, weil diese Aufgabe noch von den Kliniken selbst verantwortet wurde. Der Abriss von Bestandsgebäuden und die Vorbereitung der Baugrube durch den AG erleichterten es zudem, dass der AN gleichzeitig die erforderlichen Genehmigungen für den Neubau einholen konnte. Nicht zuletzt wurde für das PPP-Leasingmodell ein Effizienzvorteil von rund 5 Prozent gegenüber einer Eigenrealisierung errechnet. Der private Partner wurde innerhalb eines europaweiten Vergabeverfahrens ausgewählt. Dabei gab die Arbeitsgemeinschaft von VAMED und dem Baukonzern Alpine das wirtschaftlich und qualitativ beste Angebot ab und erhielt dementsprechend den Zuschlag. Ausschlaggebend hierfür waren außer den Gesamtkosten die eingereichten Konzepte x zur Optimierung von Bauqualität, Entwurfsplanung und Betriebskosten (Energiebedarf, In-

x

standsetzung, Erneuerung und Reinigung) und zur Prozessqualität (Inbetriebnahme, Bauphasen- und Interimskonzept zur Sicherstellung des laufenden Betriebs, Termin- und Kostenplanung).

Hierzu hatte VAMED 25 Vorschläge zur Verbesserung der vorliegenden Planung, der angestrebten Nachhaltigkeit und der Finanzierung unterbreitet und konnte die Kliniken des Main-Taunus-Kreises mit ihrem Konzept insgesamt überzeugen. Optimale Prozessabläufe ermöglichen Das neue Krankenhaus wird aus vier Pavillons mit jeweils drei Etagen und einem Sockelgeschoss bestehen, die über einen viergeschossigen Baukörper miteinander verbunden sind. Wegen der Hanglage wird die wahrnehmbare Höhe der einzelnen Gebäudeteile differieren. Die Kleinteiligkeit der Pavillons fügt sich gut in die Umgebung ein. In den Pavillons 1, 3 und 4 des ersten Bauabschnitts erhalten künftig die Klinik für Pneumologie und allgemeine innere Medizin, das Schlaganfallzentrum, das Herzkatheterlabor sowie die Brustschmerzambulanz für Herz- und Kreislauferkrankungen ihren Platz. Nach Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts werden das Schlaflabor und die Psychiatrie in den Pavillon 2 einziehen. Die psychiatrische Fachklinik Hofheim befindet sich derzeit noch an einem Außenstandort in der

Vertreter aus der Politik, den Kliniken des Main-TaunusKreises und des Krankenhausdienstleisters VAMED legten im Mai 2012 den Grundstein für das ungewöhnliche PPP-Projekt

83


Kurhausstraße. Künftig werden sämtliche psychiatrischen Leistungen am Krankenhaus Hofheim gebündelt sein. Der zentrale Haupteingang des Neubaus liegt direkt gegenüber dem Parkdeck an der Lindenstraße. Über einen von zwei Pavillons gebildeten Platz gelangen Patienten, Besucher und Mitarbeiter in die zentrale Eingangshalle, die alle vier Pavillons miteinander verbindet. Hier befinden sich der zentrale Empfang sowie diverse Dienstleistungsangebote. Im Erdgeschoss ist die Halle zum Park hin erweitert. Hier entsteht der Untersuchungs- und Behandlungstrakt, der im Sinne einer Diagnostikstraße angeordnet ist. Von einer zentralen Leitstelle werden sämtliche Patienten und Notfälle gesteuert. In den beiden Obergeschossen entstehen die – je nach Fachdisziplin – aus einem oder zwei Pavillons zusammengesetzten Stationsbereiche. Die Cafeteria und ein kleiner Konferenzbereich haben ihren Platz auf der obersten Ebene mit Blick auf die Altstadt und den Taunus. Innenhöfe vom Erdgeschoss bis zum zweiten Obergeschoss erleichtern die Orientierung und ermöglichen ei-

ne natürliche Beleuchtung der innenliegenden Räume. Anlieferungen für den Klinikbetrieb werden über den im Süden gelegenen Wirtschaftshof erfolgen, der von der Lindenstraße aus erreichbar sein wird. Hier befindet sich künftig auch die Rettungswagenzufahrt. Der Norden und Osten des Geländes werden weitgehend vom Verkehr freigehalten. Enge Einbindung der Beschäftigten Die Beschäftigten des Krankenhauses waren bei der Entwurfsplanung, die noch unter der Regie der Kliniken des Main-Taunus-Kreises erfolgte, eng eingebunden – ebenso wie bei den anschließenden Detailabstimmungen. Insgesamt bietet der Krankenhausneubau Patienten und Mitarbeitern deutlich kürzere Wege, da sämtliche Abteilungen eng miteinander verbunden sind, und eine hochmoderne Infrastruktur für eine bestmögliche Diagnose und Therapie. Dadurch werden Ärzte und Pflegekräfte bei ihrer täglichen Arbeit optimal unterstützt, was letztlich den Patienten zugutekommt.

Das Krankenhaus Das Krankenhaus Hofheim wird nach der Inbetriebnahme des Neubaus über 173 stationäre sowie zwölf tagesklinische Betten verfügen und besteht aus der Klinik für Pneumologie und Allgemeine Innere Medizin, der Geriatrischen Klinik, einem Schlafmedizinischen Zentrum, der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik mit Psychiatrischer Institutsambulanz, einer Schlaganfallabteilung (Stroke Unit) sowie einer Brustschmerzambulanz (Chest Pain Unit), die in Kooperation mit der Kardiologischen Praxis Prof. Reifart & Partner betrieben wird. Das Palliative-CareTeam Main-Taunus, das schwerkranke Patienten ambulant zu Hause betreut, ist ebenfalls im Krankenhaus Hofheim ansässig. Dem Haus angeschlossen ist außerdem ein medizinisches Versorgungszentrum mit den Schwerpunkten Radiologie, ambulante Chirurgie und Neurologie. Ein weiterer Kooperationspartner, das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation, hat sich in einem Nebengebäude des Krankenhauses niedergelassen. Der Neubau Nutzfläche: Bruttogeschossfläche: Baubeginn (Abriss):

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10.500 m2 21.800 m2 August 2011

Fertigstellung - erster Bauabschnitt: - zweiter Bauabschnitt:

Anfang 2014 Anfang 2016


ÖFFENTLICHER HOCHBAU

Wiener Spitalskonzept 2030: Konzentration auf sieben Standorte Von Friedrich Prem, Dr. Stefan Reimoser und Erich Thewanger

Im Rahmen des „Wiener Spitalskonzepts 2030“ werden mehrere Krankenhäuser neu errichtet. Je nach Eignung der Projekte werden diese in konventioneller Beschaffungsform, als mietvertragsähnliches Forfaitierungsmodell oder als „echtes“ ÖPP-Modell gestaltet. Letztere zeichnen sich durch eine sehr schlanke Projektorganisation, ein intensives Risikomanagement sowie eine sehr fundierte Lebenszykluskosten-Betrachtung und -Optimierung aus. Noch vor Verabschiedung des Wiener Spitalskonzepts 2030 wurde mit der Errichtung des Krankenhauses Nord begonnen. Dieser Neubau entsteht auf einer eigens zu diesem Zweck angekauften Liegenschaft im Norden Wiens und wird über 785 Planbetten verfügen.

Bereits im März 2011 hatte die Wiener Stadtregierung das Wiener Spitalskonzept 2030 beschlossen. Das Konzept sieht eine umfassende organisatorische und bauliche Neustrukturierung der Wiener Krankenhäuser vor. Ein Hauptziel, das der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) aufgrund des Wiener Spitalskonzepts 2030 zu verfolgen hat, ist die Auflassung zahlreicher kleiner, aber auch einiger großer Standorte und die Konzentration sämtlicher Leistungen auf sieben dauerhaft verbleibende Wiener Spitalsstandorte.

Als erster Schritt im Rahmen des Wiener Spitalskonzepts 2030 werden die drei noch aus der Österreichisch-Un-

Krankenhaus Nord

Allgemeines Krankenhaus Donauspital

Wilhelminenspital

Krankenhaus Hietzing

Friedrich Prem ist Leiter des Geschäftsbereichs Technik des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV). Dr. Stefan Reimoser ist Managing Director bei der Turner & Townsend GmbH, München. Erich Thewanger ist Partner und Mitglied des Vorstands der KPMG Advisory AG, Wien.

Krankenanstalt Rudolfstiftung Kaiser-FranzJosef-Spital

PPP-Modelle Eigenfinanzierung

2030: sieben zentrale Spitalsorganisationen Quelle: © Bohmann/KAV

Das Wiener Spitalskonzept 2030 – zukünftige Spitalsstandorte in Wien

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garischen Monarchie stammenden Krankenhäuser, das Kaiser-Franz-Josef-Spital mit 939 Betten, das Wilhelminenspital mit 1.134 Betten und das Krankenhaus Hietzing mit 882 Betten, an ihrem bestehenden Standort neu errichtet. Diese drei Krankenhäuser wurden seinerzeit als weitläufige Pavillonsysteme gestaltet und werden nun durch Zentralkliniken vollständig ersetzt. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass in Pavillonsystemen eine zeitgemäße Betriebsorganisation nicht mehr umgesetzt werden kann. Auch kann in Pavillonsystemen die erforderliche Standardanhebung für Patienten, die Sicherstellung einer durchgängigen Barrierefreiheit, die Integration der heutzutage erforderlichen Technik und Automatisierung sowie nicht zuletzt eine entsprechende Wirtschaftlichkeit nicht mehr erreicht werden. Zentralkliniken vereinen hingegen sämtliche Vorteile in sich und bieten – wenn sie in entsprechend zukunftsweisender Form errichtet werden – optimale Voraussetzungen für die Betriebsführung und höchste Wirtschaftlichkeit. Das Donauspital mit 954 Betten, das Krankenhaus Rudolfstiftung mit 734 Betten und das Wiener Allgemeine Krankenhaus – Universitätscampus mit 1.864 Betten wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts neu errichtet. Diese Krankenhäuser werden durch Umbauten, aber auch durch größere Zubauten laufend in ihrer Substanz verbessert, eine tiefgreifende Neustrukturierung wird aber erst als ein zweiter Schritt im Rahmen des Wiener Spitalskonzepts 2030 erfolgen. Das „Standard PPP Modell des KAV“ Der KAV entwickelte im Jahr 2012 als Grundlage für die jeweilige Beschaffung der Einzelprojekte ein an den europäischen Standards orientiertes „Standard PPP Modell des KAV“, das dann in den Einzelvergaben auf die jeweiligen Spezifika der Projekte adaptiert wird. Dabei war für den KAV neben einer konsequenten Lebenszyklusbetrachtung und einem angemessenen Risikotransfer auf 86

den privaten Partner vor allem die Entwicklung einer starken Bestellerposition auf Basis eines klar und detailliert definierten Bedarfs von wesentlicher Bedeutung. Im Rahmen der projektspezifischen Adaption auf das konkrete Einzelprojekt werden folgende Kriterien berücksichtigt: x

Bündelfähigkeit von Teilprojekten oder Teilbarkeit von Großprojekten: Können attraktive und damit wirtschaftliche Marktgrößen – nicht zu klein und nicht zu groß – erreicht werden? x Abgrenzbarkeit von Projekten: Gibt es die Möglichkeit zur Definition sauberer technischer und organisatorischer Schnittstellen? x Terminliche Abhängigkeiten: Ist die Planungsinformation rechtzeitig verfügbar? Welche Verfahrensdauern und Realisierungszeiträume sind möglich bzw. notwendig? x Auftraggeberseitige Verfügbarkeit von Managementressourcen x Wahrscheinlichkeit der Änderung des Bedarfs: Ist der Bedarf hinreichend genau spezifizierbar, um eine langfristige vertragliche Bindung mit einem Privaten einzugehen? Im Ergebnis der Überlegungen wird das „Standard PPP Modell des KAV“ für jedes Projekt bzw. jeden Standort soweit notwendig adaptiert, ohne dabei die vertraglichen und vergaberechtlichen Grundlagen des Standardmodells zu verlassen. Damit soll vor allem dem Markt auch Gelegenheit für eine entsprechend langfristige Positionierung in einer Reihe vergleichbarer Projekte gegeben werden. Das Projekt Wilhelminenspital Das erste Projekt, das nach dem neuen Vorgehensmodell beschafft wird und sich derzeit in der Planungsphase befindet, ist die komplette Neustrukturierung und der Ausbau des Standorts „Wilhelminenspital“ im Westen von Wien: Im Wesentlichen wird die vorhandene, über 100 Jahre alte Pavillonstruktur durch einen zentralen Neubau für die Krankenversorgung sowie ein neues Büro- und Betriebsgebäude ersetzt,


in dem sämtliche nicht klinischen Funktionen zusammengeführt werden und in das darüber ­hinaus ein pharmazeutischer Produktionsbetrieb und eine zentrale Sterilgutaufbereitungsanlage integriert werden. Ergänzt wird dies durch den Neubau einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule auf dem Areal.

x

Ersatzheizwerk: Dieses Objekt wird von einem privaten Partner nur errichtet und geht dann bei Übergabe in die Obhut der Fernwärme Wien über. x „Teilprojekt 2“: Neubau Zentralbau mit 1.134 Betten, Umsetzungsbeginn 2014 Neues Managementsystem

Die Aufgabenstellung bietet ideale Voraussetzungen für die Integration Öffentlich-Privater Partnerschaften. Im Detail werden die Teilprojekte folgendermaßen strukturiert: x

„Interimsbau“ für den Zeitraum von ca. acht Jahren mit Zentral-OP, Pathologie, ICU; ca. 35 Millionen Euro Invest; Basis der Vergabe: Planung bis Stufe 2+ gemäß HOAI, funktionale Ausschreibung für Bau und technisches Gebäudemanagement; mietvertragsähnliches Forfaitierungsmodell mit Einredeverzicht x Büro- und Betriebsgebäude inkl. Gesundheitsund Krankenpflegeschule; ca. 100 Millionen Euro Invest; Basis der Vergabe: Entwurf plus Leitdetails sowie Genehmigung, funktionale Ausschreibung für Bau sowie technisches und infrastrukturelles Gebäudemanagement

Für die Umsetzung der komplexen Großbauprojekte wird im Wiener KAV ein neues Managementsystem, das neben anderen Elementen auch auf einer Standard-Projektorganisation beruht, eingesetzt. Durch die Anwendung dieses Managementsystems wird der KAV in seiner Rolle als Auftraggeber zur stärksten Kraft und kann dadurch seine Strategie in ausreichendem Ausmaß auf diese Bauprojekte übertragen. Auf Basis dieser Strategie kann der KAV wiederum klare Projektziele, wie Funktion, Qualität, Kosten und Termine bereits vor Projektbeginn festlegen und sicherstellen, dass diese Projektziele während der Projektdurchführung weitgehend konstant bleiben und konsequent durchgesetzt werden. Die Standard-Projektorganisation ist durch eine strikte Trennung der operativen Stammorganisationen

Siegreicher Architektenentwurf für das Büro- und Betriebsgebäude des Wilhelminenspitals Architekten: Markus Perntaler/Lorenz Consult

87


Subteam Firma 3

Projektteam

Teammitglied 1

LKT

Firma 2

OBA

Teammitglied 3

Firma 1

Planer

Teammitglied 2

BPL

PC

Projektorganisation

GBT KF

PA

PA GBT BPL PC KF LKT

Projektauftraggeber Geschäftsbereich Technik = Vertreter des Projektauftraggebers Bauprojektleiter = Projektleiter des Projektauftraggebers Projektcontrolling = Entscheidungsunterstützung des Projektauftraggebers Kollegiale Führung = Leitung der Krankenanstalt Leiter Kompetenzteam = Vertreter der Kollegialen Führung

Standard-Projektorganisation zur Umsetzung der Großprojekte

des KAV vom Bauprojekt, aber auch von den parallel durchzuführenden Organisationsprojekten gekennzeichnet. Erst dadurch kann die Konzen­ tration auf das Bauprojekt sichergestellt und Interessenskonflikte vermieden werden. In diese Standard-Projektorganisation werden die PPP-Modelle integriert, wobei anzumerken ist,

dass ein PPP-Modell nicht mit dem Bauprojekt gleichgesetzt werden darf, sondern immer nur einen Teilbereich von diesem abdeckt. Außerdem ist die Sicherstellung einer hohen Bestellqualität wesentlich, da erst dadurch vergleichbare Angebote, Preise ohne überbordende Risikoaufschläge­ sowie einfache und kurze PPP-Vergabeverfahren sichergestellt werden können. Der Wiener KAV erreicht dies, indem er im Regelfall den ersten Planungsabschnitt – bis einschließlich Genehmigungsplanung –, in dem sämtliche betriebsorganisatorisch relevanten Elemente bestimmt werden, selbst durchführt. Der private Partner führt in Folge die Ausführungsplanung durch, wobei er in diese sein gesamtes Facility-Management-Knowhow einbringen kann. Sodann errichtet der private Partner das betreffende Gebäude, finanziert es und hält es für 25 bis 30 Jahre auf Basis genau bestimmter Qualitäten – Service Level Agreements inkl. Bonus-Malus-Regelung – zur Verfügung. Darüber hinaus bindet der KAV für die Vorbereitung und für die Durchführung der PPP-Vergabeverfahren entsprechende Experten in die StandardProjektorganisation ein. Detaillierte Risikoanalyse Um die Wirtschaftlichkeit der Vorgehensweise abzusichern, wurde eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erstellt, die parallel zum Projektfortschritt

Risikoanalyse Definition und Selektion x

In einem ersten Schritt wurden potenzielle Risiken identifiziert und näher definiert.

Anschließend wurden die für den Wirtschaftlichkeitsvergleich entscheidungsrelevanten Risiken identifiziert.

x

Bewertung x

Für die ausgewählten Risiken wurde die Ermittlung eines Risikoerwartungswertes vorgenommen.

Zur Risikobewertung kam die stochastische Dreipunktmethode zur Anwendung.

x

Allokation

88

x

Im letzten Schritt wurde die Verteilung der Risiken zwischen privater und öffentlicher Seite ermittelt.

Diese Risikoallokation wurde auf Basis üblicher vertraglicher Regelungen quantifiziert.

x


fortgeschrieben wird. Besonderes Augenmerk wird dabei auf eine detaillierte Risikoanalyse gelegt, um eine bestmögliche Verteilung der Risiken auf den öffentlichen bzw. den privaten Partner entlang der jeweiligen Risikotragfähigkeit zu erreichen. Im Rahmen mehrerer Workshops wurden dabei die Einzelrisiken identifiziert und nach einer stochastischen Dreipunktmethode bewertet. Im Anschluss erfolgte die Allokation dieser Risiken, wobei auch auf die im europäischen und internationalen Umfeld übliche Risikoverteilung in vergleichbaren Projekten Rücksicht genommen wurde. Diesem Risikoprozess wurden – um eine holistische Betrachtung aller Projektrisiken zu gewährleisten – neben dem Projektteam des KAV auch die technischen, rechtlichen und kaufmännischen Konsulenten beigezogen.

werbsentwurf, Qualitäten und Abschätzung der benötigten Mengen/Massen – ein detailliertes, bauelementbasiertes Lebenszykluskosten-Modell (LZK-Modell) entwickelt. Es enthält sämtliche relevanten Kostengrundlagen: Quadratmeter-Nutzungseinheiten, Bauelementmengen bzw. -qualitäten, um verlässliche und nachvollziehbare Kostendaten für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu liefern.

Lebenszykluskosten-Modell

Im Zuge des Aufbaus des LZK-Modells werden weitere Festlegungen abgestimmt, insbesondere hinsichtlich des Betrachtungszeitraums, der Endschaftsregelung, der vom privaten Partner zu erbringenden Leistungen des Gebäudemanagements, deren Schnittstellen zum Bestand bzw. zu anderen Dienstleistern sowie die Güte der Leistungen, ausgedrückt in Leistungs- und Verfügbarkeitsstandards – den Service Level Agreements.

Eines der übergeordneten Ziele des KAV ist die unbedingte Einhaltung des Gesamtbudgets. Es war daher notwendig, frühzeitig, also planungsbegleitend, belastbare Abschätzungen über die Investitionssummen sowie die Betriebs- und Erneuerungskosten während der Nutzungsphase zu treffen und damit gleichzeitig ein Planungscon­ trolling zu ermöglichen. Hierzu wurde bereits auf Basis erster Planungsergebnisse – Wettbe-

Die Leistungsfähigkeit derartiger bauelement­ orientierter Modelle speist sich aus der Tatsache,­ dass nicht mit spezifischen Kennzahlen, z.B. E/m2 oder E/(m2*Jahr), sondern mit konkreten­ Massen und Qualitäten – Erstere gemäß Planungsmodell, Letztere gemäß funktionaler Leistungsbeschreibung – operiert wird. Die Modelle sind datenbankgestützt, enthalten sowohl Kosteninformationen als auch die ökologischen Daten wie

Erstellung/Rückbau 94,20%

Instandsetzung 1,51% Inspektion/Wartung 2,38% Wiederkehrende Prüfung 0,68%

Betriebsführung 0,65% Bedienen 0,57%

Prozentuale Verteilung der kalkulierten Lebenszykluskosten für das Interimsgebäude (Betrachtungsdauer acht Jahre)

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Inspektion/Wartung 41% Wiederkehrende Prüfung 12%

Bedienen 10% Betriebsführung 11%

Instandsetzung 26%

Verteilung der durchschnittlichen jährlichen Bewirtschaftungskosten (technisches Gebäudemanagement) des geplanten Interimsgebäudes

CO2-Verbrauch und können nach Bedarf ausgewertet werden. Für das Projekt Wilhelminenspital hat Turner & Townsend im Auftrag von Werner Consult Ziviltechnikergesellschaft mbH ein derartiges Modell erstellt. Die beiden Grafiken zeigen entsprechende Auswertungen für das Interimsgebäude. Herausforderung dabei war die Modellierung der kurzen Nutzungszeit von acht Jahren und die Berücksichtigung der hohen Verfügbarkeitsanforderungen für die primären medizinischen Prozesse in diesem Gebäude. In den folgenden Phasen des ÖPP-Vergabeverfahrens wird das LZK-Modell auf Basis der ständig anwachsenden Planungsfestlegungen fortgeschrieben und aktualisiert. Dadurch werden die Kostenentwicklungen im Projekt permanent an das aktuelle Wissen angepasst. Das LZK-Modell fungiert als primäres Kontroll- und Steuerungswerkzeug im Zuge der Angebotsauswertung und der Bieterverhandlungen im laufenden Verfahren.

90

Spezialwissen erhalten Im Rahmen der Vorbereitung und Umsetzung von ÖPP-Projekten wird sehr viel Spezial-Knowhow generiert. Dieses Wissen geht verloren, wenn nicht weitere Projekte folgen. Das gilt übrigens für die öffentliche Seite genauso wie für die Konsulenten und die privaten Partner wie Baufirmen, FM-Dienstleister und Banken. Im Rahmen des Wiener Spitalskonzepts 2030 ist geplant, fünf Bauprojekte mit integrierten PPP-Modellen durchzuführen, wobei die geschätzten Errichtungskosten dieser Bauprojekte ca. 2,5 Milliarden Euro netto betragen werden. Dieses massive Investitionsprogramm der Stadt Wien zur Neugestaltung und Optimierung ihrer Krankenanstalten bietet die einmalige Gelegenheit, Lernkurven zu nutzen, Projektabwicklungsmodelle von Projekt zu Projekt weiterzuentwickeln, Standards zu schaffen und damit signifikante Effizienzgewinne bei der Projektdurchführung zu erzielen.


VERKEHRSWEGEBAU

Die A- und F-Modelle als Wegbereiter für die Zukunft Von Tatjana Tegtbauer

Seit gut einem Jahrzehnt ist ÖPP im Bundesfernstraßenbereich eine gängige Beschaffungsvariante. Gerade vor dem Hintergrund eines ­steigenden Verkehrsaufkommens und sinkender Haushaltsmittel werden ÖPP-Projekte auch in Zukunft Wegbereiter der Straße im 21. Jahrhundert sein. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und die Straßenbauverwaltungen der Länder in seinem Auftrag wenden seit über 60 Jahren die sogenannte „konventionelle Umsetzung“ von Infrastrukturmaßnahmen im Bundesfernstraßenbereich an. Seit gut zehn Jahren wird diese Beschaffungsvariante um sogenannte ÖPP-Projekte ergänzt. Nahm der Hochbau zunächst eine gewisse ÖPP-Vorreiterrolle ein, so findet ÖPP heute nicht nur dort und im Straßenbereich Anwendung, sondern es greifen entsprechende Ideen auch in anderen Verkehrssektoren wie z.B. Wasserstraße und Schiene. Von Anfang an war das BMVBS intensiv in die Vorbereitung, Vergabe und Durchführung von ÖPPProjekten im Bundesfernstraßenbau eingebunden – auch wenn dies im System der Auftragsverwaltung eher untypisch ist. Unter ÖPP-Modellen werden unterschiedliche Ausprägungen der langfristigen, vertraglich fixierten Zusammenarbeit von öffentlichem Auftraggeber (AG) und privatem Auftragnehmer (AN) verstanden. Im Bundesfernstraßenbereich weisen ÖPP-Modelle folgende Charakteristika auf: Planung, Bau, Erhaltung, Betrieb und anteilige – selten vollständige – Finanzierung werden einem AN zur Ausübung übertragen. Das heißt, der Staat entledigt sich der Aufgabe nicht, wie dies bei einer Privatisierung der Fall wäre, sondern kauft die Leistungen mittels einer Art Generalunternehmervertrag beim Privaten ein.

Ministerialrätin Tat-

Die Vergabe an Generalunternehmer ist jana Tegtbauer ist Leiterin des Referats in der Privatwirtschaft gängige Praxis, „ÖPP im Bundeshingegen findet sie im Bereich der Bunfernstraßenbau“ im desfernstraßen fast keine Anwendung, Bundesministerium denn es werden üblicherweise die Bau-, für Verkehr, Bau und StadtentwickErhaltungs- und in Teilen Betriebslung. dienstleistungen unterteilt in zahlreiche Fach- und Teillose vergeben, was einen höheren Verwaltungsaufwand bedeutet und nicht unerhebliche Risiken für den Bauherrn birgt. Hiermit soll eine Stärkung des Mittelstands erreicht werden. Der AG bleibt weiterhin Eigentümer der Straße und Straßenbaulastträger und muss daher die Leistungen des Privaten kontinuierlich überwachen. Als Gegenleistung erhält der AN, der in rechtlicher Hinsicht als Erfüllungsgehilfe bzw. im Fall des F-Modells partiell auch als Beliehener zu qualifizieren ist, ein Entgelt für seine Leistungen. Es wird deutlich, dass sowohl die Phasen als auch die Akteure konventionell und bei ÖPP überwiegend identisch sind. Gleichwohl gibt es doch im Einzelnen systematische Unterschiede zwischen den Beschaffungsvarianten ÖPP und konventionell, die als ein Beitrag von ÖPP zur Weiterentwicklung des Straßensektors zu werten sind. Lebenszyklusbetrachtung ÖPP-Projektverträge werden in der Regel für eine Dauer von 30 Jahren geschlossen. Denn die Lebensdauer des Straßenoberbaus beträgt regel-

91


Konventionell

Bedarfsermittlung

Öffentliche Hand (Bund)

Raumordnungsverfahren, Linienbestimmung

Öffentliche Hand (Land/Bund)

Planfeststellung

Öffentliche Hand (Land)

Vorbereitung Ausschreibung

Private (Beratungsunternehmen) und öffentliche Hand (Land, bei ÖPP teilweise auch Bund)

Vergabe

Öffentliche Hand (Land)

Bau

Private

Betrieb

Öffentliche Hand (Land), Private

Erhaltung

Private

mäßig bis zu 25 Jahre, zuzüglich der drei- bis ­fünfjährigen Planungs- und Bauphase ergibt sich die Vertragslaufzeit von 30 Jahren. Zum Ende der Vertragslaufzeit sind bei der Abnahme vertraglich vereinbarte Zustandswerte einzuhalten, die so bestimmt sind, dass der AN nicht mehr bei „Auszug“ – das heißt am Ende seines Vertrags – „renovieren“ muss, sondern diese Straßenerneuerung im Anschluss an den ÖPP-Vertrag von einem anderen Privaten konventionell oder mittels ÖPP durchzuführen ist. Die Lebenszy­ klusbetrachtung wirkt sich in unterschiedlichen Bereichen aus: x In

finanzieller Hinsicht: Denn es sind nicht nur Haushaltsmittel für die Bauphase bereitzustellen, sondern bei der Haushaltsanmeldung des ÖPP-Projekts sind die geschätzten Ausgaben für die Bau-, Betriebs-, Erhaltungs- und

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ÖPP

Private

Überwachungsleistungen „Konventionell“ und „ÖPP“: Öffentliche Hand und Private (Aufteilung)

Finanzierungsleistungen der gesamten Vertragslaufzeit anzugeben und vom Parlament zu bewilligen. Da ÖPP-Zahlungen im Haushalt ausgewiesen und nicht off-balance gebucht werden, handelt es sich bei den ÖPP-Zahlungen nicht um eine verdeckte Staatsverschuldung oder Umgehung der Schuldenbremse. Im sogenannten konventionellen Bereich werden indes mit der Aufnahme eines Bauprojekts in den Haushalt derartige Folgekosten – z.B. für Erhaltung und Betrieb – weder ermittelt noch finanzielle Mittel für die Folgejahre im Haushalt vorgesehen. x In

wirtschaftlicher, qualitativer Hinsicht für den AN: Denn er muss für einen deutlich längeren als den üblichen Gewährleistungszeitraum von fünf Jahren seine Leistung auf dem vereinbarten Niveau halten.


x In

planerischer, technischer Hinsicht: Denn der AN muss bei der Planung der Maßnahme neben den Vorgaben der Planfeststellung und den technischen Vorschriften auch bereits die Durchführung und Finanzierung von Betrieb und Erhaltung der Infrastruktur im Blick haben. Dies führt u.a. zu besonders gründlicher Bauvorbereitung, z.B. detaillierterer Analyse von Baugrund und Baustoffen und lebenszyklusorientierten Modifikationen bei der Umsetzung, z.B. Bau der Entwässerungsleitung in einer möglichst einfach zu reinigenden Ausführung. Auch um dem AN ausreichend Spielraum für lebenszyklusorientierte Optimierungsmöglichkeiten zu lassen, soll die Leistungsbeschreibung möglichst funktional ausgestaltet ein, das heißt, dass der AG nicht einzelne Positionen und Massenangaben vorgibt – wie überwiegend im konventionellen Bereich –, sondern es werden funktionale Anforderungen an die Leistung vereinbart, z.B. Straßengriffigkeitswerte.

Nutzerorientierung ÖPP-Modelle im Bundesfernstraßenbereich zeichnen sich durch verschiedene nutzerorientierte Elemente aus, die vor allem für hochbelastete Magistralen eine Vorbildfunktion entfalten könnten: x Vor

allem hinsichtlich der Vergütung des AN sind nutzerorientierte Elemente implementiert, denn beim F-Modell erfolgt die Vergütung pro Fahrzeug, das heißt, der AN erhält je Nutzung seiner Strecke eine Gebühr oder ein Entgelt. Beim A-Modell erhält er pro LKW-Kilometer ein Entgelt und bei den Verfügbarkeitsmodel­ len bestimmt sich die Vergütung nach der Ver­ fügbarkeit der Strecke für die Nutzer, z.B. je mehr Fahrstreifen für den Verkehrsteilnehmer bereitstehen, umso höher ist die Vergütung des AN. Da die AN regelmäßig davon ausgehen, dass nach Ende der Bauphase die Nutzerfrequenz steigt, haben sie ein eigenes Interesse an einer zügigen Baudurchführung. Die ÖPP-

Großprojekte im Tiefbau sind alle zum oder sogar noch vor dem vereinbarten Fertigstellungstermin dem Verkehr übergeben worden, was u.a. aus Nutzersicht sehr positiv hervorzuheben ist. Auch das im Bau befindliche Projekt A5 soll ein Jahr früher für den Verkehr freigegeben werden als vertraglich vereinbart. x Zudem

muss der AN in der Erhaltungs- und Betriebsphase dem AG Verkehrsbeeinträchtigungskosten zahlen. Sie stellen einen Anreiz dar, verkehrsbeeinträchtigende Tätigkeiten wie z.B. Mähen oder Schlaglochbeseitigung in möglichst kurzer und verkehrsarmer Zeit auszuführen. In dem hochbelasteten Bundesfernstraßennetz mit steigendem Erhaltungsbedarf dürfte eine zügige, professionelle Maßnahmendurchführung unter Verkehr eine wichtige Qualifikation darstellen.

x Die

Vergütung der ÖPP-AN erfolgt grundsätzlich aus Mautmitteln, das heißt, es wird ein „projektbezogener Nutzerfinanzierungskreislauf“ geschaffen.

Wirtschaftlichkeit Bei den ÖPP-Modellen im Bundesfernstraßenbereich werden, wie von der Bundeshaushaltsordnung für alle finanzwirksamen Maßnahmen gefordert, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen (WU) erstellt. Deren strenger Wirtschaftlichkeitsmaßstab wirkt sich wie folgt aus: x Im

Hinblick auf die Kostentransparenz: Bei der WU werden alle Kosten und Nutzen einer konventionellen Projektumsetzung der kompletten Vertragslaufzeit mit denen einer ÖPP-Umsetzung verglichen. Nur wenn die ÖPP-Variante mindestens ebenso wirtschaftlich wie die konventionelle Umsetzung ist, kann ein ÖPP-Projekt gestartet werden bzw. erfolgt der Zuschlag auf ein ÖPP-Angebot. Die Eingangsdaten für die WU erstellt regelmäßig die Straßenbauverwaltung des Landes. Die Einbeziehung von Nutzen ist notwendig, um eine Vergleichbar93


keit der Varianten herzustellen, z.B. in Form unterschiedlicher Fertigstellungszeitpunkte. Für die WU werden Projektrisiken identifiziert, quantifiziert und deren finanzielle Auswirkungen eingepreist. Diese wirtschaftliche Berücksichtigung und finanzielle Risikovorsorge ist für eine schnelle und möglichst risikoarme Projektumsetzung von zentraler Bedeutung, weshalb davon auszugehen ist, dass eine Auseinandersetzung mit und monetäre Berücksichtigung von Risiken auch im konventionellen Straßenbereich Einzug halten werden müssen. x Im

Hinblick auf die Risikoverteilung: Im Rahmen der WU ist zu entscheiden, welche Risiken der AN und welche der AG trägt. Der AN installiert für die von ihm zu tragenden Risiken bereits heute regelmäßig ein effektives Risikomanagement, das darauf abzielt, etwaige Risiken möglichst früh zu erkennen und die Auswirkungen zu minimieren. Denn: Je stärker sich das von ihm zu tragende Risiko realisieren sollte, umso stärker wirkt es sich finanziell zu Lasten des AN aus.

x Im

Hinblick auf die Projektvorbereitung: Der AG muss eine vergleichsweise intensive Vorbereitung des Projekts über den gesamten Lebenszyklus vornehmen. Er überlegt sich ex ante genau, welche Leistungen er einkaufen will, welche Ziele das Projekt hat. Denn bei einem ÖPP-Vertrag wird die für den AG regelmäßig kostenintensive Änderung von Leistungen nach Vertragsabschluss erschwert, da jede Leistungssollveränderung Auswirkungen auf die Finanzplanung hätte, die der AN mit den Banken und Eigenkapitalgebern abstimmen müsste. Diese Disziplin wirkt sich bei ÖPP positiv auf die Einhaltung von Kosten- und Zeitplänen aus.

x Die

Verantwortlichkeit in der Hand eines AN anstatt zahlreicher Einzelunternehmer ermöglicht dem AG und dem AN ein zielgerichtetes Projektmanagement, das gerade bei Großbaustellen erfolgsentscheidend ist.

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x Die

nachgelagerte WU bei ÖPP gibt Aufschluss über die Qualität der Leistung und macht die tatsächlichen Lebenszykluskosten transparent, die im konventionellen Sektor weder prognostiziert noch nachgehalten werden. Dabei können hieraus Schlussfolgerungen für ein nachhaltiges Bewirtschaften des Straßennetzes gezogen werden, da sie z.B. verdeutlichen, was Erfolgs- bzw. Misserfolgsfaktoren waren.

ÖPP: Denken und Handeln in Alternativen Die Implementierung von ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbereich erlaubt den Entscheidungsträgern, bei Infrastrukturmaßnahmen nicht nur den üblichen Weg zu beschreiten, sondern in Alternativen zu denken und in geeigneten Fällen neue Pfade zu nutzen. Es wird deutlich, dass ÖPP-Projekte Gemeinsamkeiten mit der konventionellen Umsetzung aufweisen, aber auch spezifische Besonderheiten, und zwar vor allem durch x die

lebenszyklus- und nutzerorientierte Projektausgestaltung, x die wirtschaftlich orientierte Projektsteuerung und -umsetzung, x die Nutzung alternativer Finanzierungsformen, x alternative Organisationsansätze in institutionenübergreifenden Projektteams (Bund und Land gemeinsam). Da es seit Jahren in einigen für die Zukunft der Straße bedeutsamen Bereichen deutliche Veränderungen gibt – z.B. stets abnehmender Personalbestand, stetig steigende Verkehre sowie tendenziell unter Berücksichtigung der Preissteigerung sinkende Haushaltsmittel –, ist es sachgerecht und zukunftsorientiert, alternative Beschaffungswege zu eruieren und zu nutzen, um auf die äußeren Veränderungen zu reagieren. Wie aufgezeigt tragen ÖPP-Projekte schon heute dazu bei, Impulse für das Zukunftsthema „Wie beschafft der Bund effizient?“ zu geben. Auch insofern sind ÖPP-Projekte Wegbereiter für die Zukunft der Straße im 21. Jahrhundert.


Von Petra Rother und Julia Fundheller

Die Bundesautobahn (BAB) A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck und dem Bremer Kreuz war das erste ÖPP-Projekt Niedersachsens und das vierte Pilotprojekt des Bundes. Die Bauphase des A-Modells A1 ist viereinhalb Jahre nach Baubeginn abgeschlossen. Jetzt geht das bisher größte ÖPP-Projekt der Bundesrepublik Deutschland in die Erhaltungsund Betriebsphase. Die BAB A1 verläuft von der deutschen Ostseeküste bis nach Saarbrücken und verbindet die westlichen Industriegebiete Deutschlands und des benachbarten Auslands mit den Seehäfen Bremen, Hamburg und Lübeck sowie mit Skandinavien. Im Juni 2005 erhielt die Zentrale der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) den Projektauftrag zur Durchführung des Vergabeverfahrens für das A-Modell A1. Das Vergabeverfahren war als drittes von vier Pilotprojekten des Bundes und als erstes ÖPPProjekt Niedersachsens durchzuführen. Die Herausforderung bestand darin, den Schritt vom bisherigen, kleinteiligen Einheitspreisvertrag hin zum Konzessionsvertrag mit funktionaler Leistungsbeschreibung zu gestalten. Hierbei war für jeden Aufgabenbereich für den Vertrag der Gestaltungsspielraum des Konzessionsnehmers vorzugeben und hieraus erwachsend das Aufgabenprofil der Auftragsverwaltung bei der späteren Bauausführung zu entwickeln. Die Bandbreite der Möglichkeiten wird an den unterschiedlichen Maßgaben der anderen drei Pilotprojekte deutlich. Projektstart und Ausbau Besonders hervorzuheben ist gegenüber den anderen Piloten, dass der Konzessionsnehmer in Niedersachsen den Grunderwerb für fünf von sie-

ben Planfeststellungsabschnitten zu tätigen hatte. Das Risiko der rechtzeitigen Verfügbarkeit – abgestimmt auf seinen Bauablauf – lag dabei beim Konzessionsnehmer. Hier rechnete die NLStBV aufgrund des mit dem Baugeschehen verbundenen Termindrucks mit einer Vielzahl von Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren. Deshalb wurden die Behörden, die diese Verfahren bearbeiteten, darauf vorbereitet, ggf. zusätzliches Personal vorzuhalten. Die große Akzeptanz des Ausbauvorhabens in der Bevölkerung hat jedoch trotz erheblichen Bedarfs an landwirtschaftlichen Flächen letztlich die befürchtete Anzahl an Verfahren nicht eintreten lassen, sodass der Grunderwerb in diesem Fall als vom Konzessionsnehmer erfolgreich durchgeführt beurteilt werden kann.

Dipl.-Ing. Petra Rother ist Leitende Baudirektorin und als Leiterin des Ge­ schäftsbereichs 3 „Operative Aufgaben“ in der Zentrale der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr ­(NLStBV) tätig. Dipl.-Ing. Julia Fundheller ist Bauoberrätin und leitet das Vertragsabwicklungsteam für das A-Modell A1 im regionalen Geschäftsbereich Verden der NLStBV.

Eine besondere Herausforderung stellte aus Sicht der NLStBV weiterhin die termingerechte Ausarbeitung der Entwurfs- und Ausführungsunterlagen inklusive der Ingenieurbauwerke für die gesamte BAB A1 auf der Basis der Planfeststellungsunterlagen dar. Hierfür war konzessionsnehmerseitig ein sehr hohes Engagement der Fachplaner erforderlich, dem die Auftragsverwaltung im Genehmigungsverfahren mit ebenso außergewöhnlichem Einsatz begegnete. Entwurf und Ausführungs-

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VERKEHRSWEGEBAU

Aus Sicht des Auftraggebers: Sechsstreifiger Ausbau der A1 in beeindruckend kurzer Gesamtbauzeit


planung der Ingenieurbauwerke hat der Konzessionär vorschriftenkonform durchgeführt. Die Tatsache, dass es gelang, die sehr große Anzahl von Planern, Prüfern und Verwaltungsmitarbeitern in jedem der Fachgebiete in einem elektronischen Planmanagementsystem – für die Verwaltung ein Pilot im Pilot – neu zu etablieren und termingerecht die Genehmigungsprozesse zu durchlaufen, kann als Erfolg gewertet werden, wenngleich es unabdingbar war, hier anfangs flexibel zu improvisieren. Parallel zur Vergabe sah sich der Konzessionsgeber vor die Aufgabe gestellt, eine geeignete Form der Organisation zu schaffen, mit der die

zubereiten und zu informieren. Die zwischen der Auftragsvergabe und dem Konzessionsbeginn, der Betriebsdienstübernahme und dem Baubeginn durch den Konzessionsnehmer liegende Zeitspanne betrug nur ein bzw. zwei Monate und stellte damit sowohl für den Konzessionsnehmer als auch für den Konzessionsgeber eine Herausforderung dar. Durch die vor Projektbeginn durchgeführten Vorbereitungsgespräche und Informationsveranstaltungen waren zwar Behörden und viele Anlieger über das Vorhaben informiert. Jedoch konnte während des laufenden Vergabeverfahrens keine Information zum Bauablauf gegeben werden, da dies Gegenstand des Wettbewerbs im Vergabeverfahren war. Eine Vorbereitung der Bevölkerung auf die Einschränkungen während der ersten Bauphase 2008/2009 konnte daher teilweise erst wenige Tage vor Baubeginn erfolgen. Insbesondere Landwirte waren durch die Baumaßnahmen deshalb besonders stark betroffen. Erst in den nachfolgenden Bauphasen konnte dem Problem mit einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit und rechtzeitiger Information begegnet werden. Enge Abstimmung notwendig

neuen und veränderten Aufgaben und Zuständigkeiten auf der A1 gewürdigt wurden. Dazu wurden in mehreren Bearbeitungsschritten die bei der öffent­lichen Hand verbliebenen und im Projekt neu zu bewältigenden Aufgaben ermittelt, bewertet und letztlich mit Personalressourcen hinterlegt. Im Ergebnis wurde ein Vertragsabwicklungsteam im regionalen Geschäftsbereich Verden der NLStBV eingerichtet, der über die örtliche Nähe zum Baugeschehen und das notwendige Know-how aus der Planung des sechsstreifigen Ausbaus der A1 verfügt.

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Enge Zeitspanne

Die Baumaßnahmen erforderten eine enge Abstimmung zwischen dem Vorhabensträger, den am Bau Beteiligten und den betroffenen Behörden. So wurden insbesondere die Verkehrsbehörden und Straßenbaulastträger der untergeordneten Verkehrswege, die Ordnungsbehörden mit den Feuerwehren und Rettungsdiensten und die Polizei intensiv in die Abstimmungen der jeweiligen Bauphase einbezogen. Der Konzessionsnehmer war dabei ein von allen Seiten akzeptierter Partner. Im Ergebnis gelang eine gute und zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten.

Bereits während des Vergabeverfahrens begann das Vertragsabwicklungsteam damit, die beim Ausbau zu beteiligenden Behörden sowie die davon betroffenen Kommunen und Anwohner vor-

Der Konzessionsvertrag sah insgesamt eine Bauzeit von gut vier Jahren vor. Der daraus abgeleitete Bauablauf des Konzessionsnehmers ging mit großem Eingriff in das Verkehrsgeschehen auf der


A1 wie auch im untergeordneten Straßennetz einher. So wurde gleichzeitig in bis zu sieben Bauabschnitten, verteilt auf die Gesamtausbaulänge von 72,5 Kilometer, gebaut. Die Verkehrsführung erfolgte dabei zwar regelkonform, doch wurde die Vielzahl der aufeinanderfolgenden Bauabschnitte in Verbindung mit dem hohen Schwerverkehrsanteil auf der A1 und den baustellenbedingt schmalen Fahrbahnen zu einer Herausforderung für die Verkehrsteilnehmer. Insgesamt wurden daher zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in Abstimmung mit der Polizei besondere Maßnahmen ergriffen. Trotz dieser zusätzlichen Leistungen und einiger­ Terminverschiebungen hinsichtlich einzelner Bauleistungen konnte der Gesamtfertigstellungstermin für die Ausbauleistungen durch den Konzessionsnehmer um drei Monate unterboten werden.

kungen auf Staulagen und Unfallhäufigkeit waren dafür ausschlaggebend. Darüber hinaus rückten die in der Planfeststellung getroffenen Festlegungen erst durch das tatsächliche Baugeschehen in den Fokus der Bevölkerung. Das öffentliche Informationsbedürfnis ist dem Konzessionsgeber aus anderen Vorhaben bekannt, war vom Konzessionsnehmer anfänglich jedoch unterschätzt worden. Auf zahlreichen Öffentlichkeitsveranstaltungen insbesondere zu Beginn der Maßnahme haben Konzessionsnehmer und Konzessionsgeber gemeinsam das Vorhaben vorgestellt. Aktuelle Presseinformationen informierten fortlaufend über die Entwicklungen. Im Laufe des Projektfortschritts wurde die Öffentlichkeit über eine Internetseite des Konzessionsnehmers und mit Flyern und Broschüren über das Projekt informiert. Erhaltung und Betrieb

Das Baugeschehen auf der A1 zog großes medi­ a­­les und öffentliches Interesse auf sich. Die Schwere des baulichen Eingriffs in das Verkehrsgeschehen und die damit verbundenen Auswir-

Nur zwei Monate nach Auftragsvergabe übernahm der Konzessionsnehmer im September 2008 den Betriebsdienst auf 65,6 Kilometern der

Die Bundesautobahn A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck und dem Bremer Kreuz war das erste ÖPP-Projekt Niedersachsens

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Ausbaustrecke. Dafür stellte der Konzessionsgeber sein unabhängig vom A-Modell 2007 aufgegebenes Gehöft der Autobahnmeisterei Hollenstedt direkt an der A1 zur Verfügung. Damit stand dem Konzessionsnehmer für die erste Betriebsphase ein nur mit wenig Aufwand herzurichtender, jedoch gemessen an der Betriebsstrecke deutlich außermittig gelegener Betriebsstandort zur Verfügung. Der Übergang auf den Betriebsdienst des Konzessionsnehmers verlief trotz des bei Übernahme bevorstehenden Winterdiensteinsatzes nahezu reibungslos. Lediglich Fahrzeugausstattung und Dokumentation der betrieblichen Tätigkeiten des Konzessionsnehmers bedurften einer näheren Abstimmung. Hier hatte der Konzessionsgeber im Vorfeld mit erheblich größeren Startschwierigkeiten gerechnet. Seit 2009 wird der Betriebsdienst des Konzessionsnehmers von seinem neu errichteten Standort in der Anschlussstelle Sittensen durchgeführt. Eine besondere Herausforderung stellte die Erhaltungsleistung an der während der ersten Bauphasen unter Verkehr liegenden Bestandsstrecke dar. Der Konzessionsnehmer übernahm gemäß dem Konzessionsvertrag die Konzessionsstrecke in dem Zustand, wie sie stand und lag. Insbesondere zu Beginn seiner Bautätigkeit musste der Konzessionsnehmer daher diverse Erhaltungsmaßnahmen ergreifen, um einen verkehrssicheren Zustand der Strecke zu gewährleisten. Erfolgsprojekt Der sechsstreifige Ausbau der A1 im Rahmen dieses A-Modells hat mit seiner Gesamtausbauzeit

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die bisherigen Erfahrungen der öffentlichen Verwaltung deutlich unterboten, da bislang die notwendigen finanziellen Mittel für die Realisierung einer solch kurzen Bauzeit durch den Bund nicht zur Verfügung gestellt werden konnten. Eine herkömmliche Vorgehensweise mit baulosweiser Vergabe hätte insgesamt sehr viel länger gedauert und wäre mit einem erheblich höheren Ressourcenaufwand verbunden gewesen. Insgesamt ist der Ausbau der A1 damit über verhältnismäßig kurze Zeit, aber auch unter großer Belastung für Anwohner und Verkehrsteilnehmer erfolgt. Das bauliche Ergebnis ist als Erfolg zu werten. Zur Bewältigung der Vielzahl an Aufgabenstellungen war von Beginn der Abwicklung an eine besonders enge Abstimmung zwischen Konzessionsnehmer und Konzessionsgeber erforderlich. So mussten im Laufe der Bauzeit insgesamt über 300 Besprechungen zu Vertragsinhalten, technischen und verkehrlichen Fragestellungen und einer Vielzahl anderer Themen durchgeführt werden. Dabei war die Zusammenarbeit immer zielgerichtet und konstruktiv. Der Konzessionsvertrag mit der Übertragung einer Vielzahl von Chancen und Risiken an einen Konzessionsnehmer hat sich im Fall der A1 aus Sicht des Konzessionsgebers bewährt. Er bietet erheblich weniger Potenzial für Auseinandersetzungen als der herkömmliche Bauvertrag. Damit kann für die ersten 4,5 Jahre des A-Modells A1 attestiert werden, dass ÖPP eine Finanzierungsalternative darstellt, die auch seitens der Auftragsverwaltung gemeinsam mit einem Konzessionsnehmer umgesetzt werden kann.


VERKEHRSWEGEBAU

Aus Sicht des Auftragnehmers: PPP-Pilotprojekt A1 erfolgreich umgesetzt Von Volker Ellenberg und Lutz Hoffmann

Die Autobahn A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck bei Hamburg und dem Bremer Kreuz wurde rund drei Monate vor dem vertraglichen Fertigstellungstermin für den Verkehr freigegeben. Die bei der Realisierung des Projekts gemachten Erfahrungen zeigen, dass PPP ein Erfolgsrezept für die schnelle und qualitativ hochwertige Umsetzung großer Infrastrukturprojekte in Deutschland sein kann. Am 11. Oktober 2012 fand die feierliche Eröffnung der A1 zwischen dem Buchholzer Dreieck und dem Bremer Kreuz statt. Größtes A-Modell-Pilotprojekt Im Juli 2008 hatten der Konzessionsgeber, die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, und die Projektgesellschaft A1 mobil GmbH & Co. KG (A1 mobil) als Konzessionsnehmer nach einer mehr als zweijährigen Angebotsphase den Konzessionsvertrag für die A1 unterschrieben. Gegenstand des Vertrags war die Entwurfs- und Ausführungsplanung, der Ausbau einschließlich der Bauablaufplanung, der Betrieb sowie die langfristige Erhaltung der Strecke über 30 Jahre als bis dahin größtes A-Mo­dell Pilotprojekt Deutschlands. Das mit diesen Leistungen verbundene Investitionsvolumen von rund 650 Millionen Euro wird durch Eigenkapital der Gesellschafter der Projektgesellschaft in Höhe­ von rund 100 Millionen Euro sowie durch Fremdmittel einer aus neun Banken bestehenden Bankengruppe eingebracht. Die Gesellschafter der A1 mobil sind die Unternehmen Bilfinger Project Investments, John Laing und Johann Bunte. Die Refinanzierung der eingebrachten Mittel er­ folgt im Laufe der dreißigjährigen Konzessions­zeit durch anteilige monatliche Einnahmen aus der LKW-Maut auf der Strecke. Die Projektgesellschaft trägt somit das Verkehrsmengenrisiko.

Mit der Planung und dem Ausbau der Strecke hatte die A1 mobil die Arbeitsgemeinschaft A1 Hamburg–Bremen ­(ARGE) beauftragt. Die Gesellschafter der ARGE sind die Bilfinger Infrastructure GmbH und die Johann Bunte Bauunternehmung GmbH & Co. KG. Planmanagement per Internet

Volker Ellenberg ist Direktor/Prokurist der Bilfinger Project Investments Europe GmbH. Lutz Hoffmann ist Geschäftsführer der A1 mobil GmbH & Co. KG.

Nach der Zuschlagserteilung im Juli 2008 galt es innerhalb kürzester Zeit mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung der fast 73 Kilometer langen Strecke zu beginnen. Wie die allgemeine Erfahrung mit Großprojekten zeigt, liegen hier bereits häufig die Ursachen für später eintretende Verzögerungen, da Planeinreichfristen oder auch Planprüffristen nicht eingehalten werden. Im Fall der A1 zeigte sich bereits frühzeitig die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem Konzessionsgeber und dem Konzessionsnehmer. So schöpfte der Konzessionsgeber in der Regel nicht die ihm vertraglich zustehenden Planprüffristen aus, sondern bemühte sich, die Planprüfung und Planfreigabe kurzfristig zu realisieren. Dies erfolgte vor allem durch die Bereitstellung zusätzlicher personeller Kapazitäten, um die regelmäßig auftretenden Planungsspitzen abzudecken. Besonders hilfreich erwies sich dabei auch das mit dem Konzessionsvertrag vereinbarte internetbasierte Planmanagementsystem (IPMS), da durch den digitalen Planlauf das

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Planungsprozedere deutlich beschleunigt werden konnte. Gleichzeitig konnte in dieser Phase durch die frühzeitige und intensive Planung und Arbeitsvorbereitung des Konzessionsnehmers der Grund­stein für die qualitativ hochwertige Bauausführung und schnellere Fertigstellung des Gesamt­ projekts gelegt werden. Der von der ARGE entwickelte Gesamtterminplan, einschließlich des zugehörigen Logistikkonzepts, diente während der vierjährigen Bauphase als roter Faden. Die exakte Planung und Vorbereitung wiederum wurde durch die gezielte Auswahl von Personal mit Erfahrung in der Durchführung von Großprojekten und im Großprojektmanagement sichergestellt. Zur Vorbereitung gehörte auch die Auswahl und vertragliche Bindung einer Vielzahl von Nachunternehmern. Der überwiegende Teil der am Ende mehr als 200 kleinen und großen mittelständischen Unternehmen wurde bereits zu Projektbeginn vertraglich gebunden. Die Unternehmen wurden mit einer Vielzahl von Gewerken, wie z.B. mit der Entwurfs- und Ausführungsplanung, der Verkehrssicherung, dem Abbruch sowie dem Bau von Brücken und zahlreichen weiteren Leistungen beauftragt. Dagegen verblieben die Schlüsselgewerke, wie die Herstellung der Fahr-

bahn, der Fahrbahnentwässerung oder auch die Herstellung einzelner anspruchsvoller Brückenbauwerke, bei der ARGE. Ausbau der A1 Zum Ausbau der 72,5 Kilometer langen Strecke wurden in den Jahren 2009 und 2010 jeweils sieben Baustellenabschnitte mit rund sechs Kilometer Länge eingerichtet. Nicht nur die komplexe Bau- und Logistikaufgabe zur Realisierung von sieben Bauabschnitten gleichzeitig, sondern insbesondere auch das Bauen unter Verkehr erwies sich als sehr anspruchsvolle Aufgabenstellung. Bedingt durch den nur 11,50 Meter breiten alten Fahrbahnquerschnitt, auf dem in den Bauabschnitten der Verkehr mit zwei Fahrstreifen je Richtung zwischen Hamburg und Bremen zu führen war, kam es aufgrund der Enge der Fahrstreifen zu einem deutlich erhöhten Unfallaufkommen. Zudem stellte die Aneinanderreihung von sieben Baustellen mit dazwischenliegenden sogenannten Entspannungsabschnitten mit einer Mindestlänge von fünf Kilometern die Verkehrsteilnehmer vor besondere Herausforderungen. Im Ergebnis war das Projekt aufgrund der erhöhten Unfallzahlen erheblicher öffentlicher Kritik ausgesetzt. Vielfach wurde in den Medien und

Das PPP-Projekt A1 Hamburg–Bremen war das bis dahin größte A-Modell-Pilotprojekt

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seitens der Nutzer eine mangelhafte Baustellenplanung beklagt. PPP-Kritiker nutzten diese Phase, um das Projekt zur Plattform für pauschale Kritik zu machen. So unternahm man wiederholt den Versuch, einen kausalen Zusammenhang zwischen der realisierten Verkehrsführung und der Durchführung des Projekts im Rahmen eines PPP-Vertrags zu konstruieren. Der Projektgesellschaft wurde vorgeworfen, man habe zu Lasten der Sicherheit eine gezielt kostengünstige Verkehrsführung gewählt. Faktisch stellte die gewählte Verkehrsführung die Umsetzung der im Rahmen des Konzessionsvertrags vorgegebenen Parameter dar. Dabei wurden zu jedem Zeitpunkt die Vorgaben der gültigen Regelwerke zur Verkehrsführung und Sicherung von Arbeitsstellen eingehalten. In Anbetracht der hohen Unfallzahlen beauftragte der Konzessionsgeber für die im Jahr 2011 zu bauenden sechs Bauabschnitte eine Verbreiterung der Altfahrbahn, um größere Fahrstreifenbreiten zu ermöglichen. Aufgrund der topografischen Verhältnisse und der Vielzahl alter Brückenbauwerke mit geringer Breite konnte die Verbreiterung nur in fünf von sechs Bauabschnitten vorgenommen werden. Im Ergebnis war dennoch eine Reduzierung der Unfallzahlen zu verzeichnen. Intensive Öffentlichkeitsarbeit Seitens der Projektgesellschaft wurde in Abstimmung mit dem Konzessionsgeber angesichts der in den beiden ersten Jahren gemachten Erfahrungen die Öffentlichkeitsarbeit deutlich intensiviert, um ungerechtfertigter und pauschaler Kritik entgegenzutreten. Die gesamte Planungs- und Bauphase war von einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Konzessionsgeber und Konzessionsnehmer geprägt, was dem Geist des Konzessionsvertrags entspricht. Im Vergleich zum konventionellen Bauvertrag beinhaltet dieser deutlich weniger Konfliktpotenzial, da der private Partner im PPPVertrag in der Regel diejenigen Risiken über-

nimmt, die bei konventionellen Bauverträgen regelmäßig zu Vertragsstreitigkeiten einschließlich daraus resultierendem Zeitverzug und Mehrkostenansprüchen führen. Sehr sachorientiertes und zielgerichtetes gemeinsames Handeln war die Folge im Fall des A-Modells A1. Selbst im Vertrag kompliziert angelegte Abläufe, wie z.B. das Abnahmeprozedere der Einzelbauabschnitte, konnten sehr pragmatisch einer Lösung zugeführt werden. Der Rahmen für die bauliche Umsetzung unterschied sich unwesentlich von konventionellen Projekten, da im Konzessionsvertrag unverändert alle gültigen technischen Regelwerke verankert sind. Lediglich hinsichtlich der gewählten Bauweisen ergriff der Konzessionsnehmer die Möglichkeit, gezielt innovative Konzepte zu realisieren, die durch Art und Qualität auf Nachhaltigkeit und damit auf Kostenminimierung während der Erhaltungsphase ausgerichtet sind. Reibungslose Übernahme Die Übernahme des Betriebsdienstes auf einer Länge von rund 65 Kilometern der insgesamt 72,5 Kilometer langen Strecke durch den Konzessionsnehmer am 1. September 2008, kurz nach der Auftragserteilung, erzeugte zunächst auf beiden Seiten einen erhöhten Aufwand. Während der Konzessionsnehmer Personal und Gerät sowie das gesamte Berichtswesen zu etablieren hatte, oblag es dem Konzessionsgeber, sich durch verstärkte Kontrolle ein Bild von der Leistungsfähigkeit des privaten Partners zu machen. Sehr schnell stellte sich heraus, dass die Übernahme des Betriebsdiensts ohne Probleme erfolgte. Der Schlüssel für die reibungslose Übernahme war der Einsatz erfahrenen Leitungspersonals auf Seiten des Konzessionsnehmers. Hingegen wurde der überwiegende Teil der Straßenwärter aus den unterschiedlichsten Berufsbereichen akquiriert und gezielt ausgebildet. Nachdem schnell Vertrauen zwischen den Vertragspartnern aufgebaut war, stellte sich an den 101


jeweiligen Streckenenden die Problematik, dass hier der Konzessionsgeber für den Betrieb, der Konzessionsnehmer aber für die Erhaltung zuständig ist. Nicht vorhergesehene Schnittstellenprobleme waren die Folge, da nicht jeder denkbare Einzelfall im Konzessionsvertrag geregelt werden kann. Die Vertragspartner entschieden sich, einen ergänzenden Schnittstellenkatalog zu vereinbaren. Jedoch bleibt festzustellen, dass auch damit nicht alle Schnittstellenrisiken, die sich durch die Ungleichheit von Betriebs- und Erhaltungsstrecke ergeben, auszuschalten sind.

Auch die Anpassung einzelner konzessionsvertraglicher Regelungen empfiehlt sich. Hier besteht z.B. die Möglichkeit, das Abnahmeprozedere zwischen Konzessionsgeber und Konzessionsnehmer für Einzelbauwerke und -abschnitte deutlich zu vereinfachen.

Weitere ÖPP-Potenziale

Zudem wäre zu wünschen, dass in zukünftigen A-Modellen mehr Spielraum für technische Innovationen geschaffen wird, da die bisherige bauliche Realisierung strikt am bestehenden technischen Regelwerk ausgerichtet ist. Denkbar wäre eine „ZTV A-Modelle“, in der z.B. neben dem herkömmlichen Regelwerk der Einsatz innovativer Bauweisen und Baustoffe oder auch an die Aufgabenstellung angepasste Prüfvorschriften enthalten sein könnten.

Das Beispiel des A-Modells A1 Hamburg–Bremen zeigt, dass es in Deutschland möglich ist, mit Hilfe von privatem Kapital den dringend benötigten Ausbau der Infrastruktur zu beschleunigen. In extrem kurzer Bauzeit, bei gleichzeitig hoher Qualität und unter Einhaltung des Kostenrahmens, konnte der für den nationalen und internationalen Warenverkehr besonders wichtige Streckenabschnitt zwischen Hamburg und Bremen fertiggestellt werden. Bei diesem Pilotprojekt wurden bei weitem noch nicht alle Potenziale, die eine Öffentlich-Private Partnerschaft bietet, ausgeschöpft. Eine noch schnellere Umsetzung kann etwa durch die Verkürzung der Angebotsphase erreicht werden. Im Fall der A1 erstreckte sich das Präqualifikationsverfahren über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr. Die Überprüfung der Eignung einzelner Bewerber in der Präqualifikationsphase könnte mit Hilfe von Referenzdatenbanken auf Seiten des Bundes deutlich verkürzt werden. Ferner zeigt die stark volatile gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die seit Konzessionsbeginn im Jahr 2008 stattgefunden hat, dass zukünftig Projekte mit Verkehrsmengenrisiko durch Verfügbarkeitsmodelle ersetzt werden sollten. Dem privaten Partner kann nicht das Einnahmenrisiko in Abhängigkeit von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen aufgebürdet werden. 102

Die gemachten Erfahrungen zeigen, dass künftig frühzeitig bereits auf Seiten des Bundes, als ausschreibende Stelle, Verkehrssicherheitsaspekte, wie die vorlaufende Verbreiterung der A1, mit in die Planung einbezogen werden sollten.

In Bezug auf den Straßenbetriebsdienst und die Erhaltung ist es in jedem Fall von Vorteil, wenn die Betriebsstrecke auch der Erhaltungsstrecke entspricht. Damit werden unnötige Schnittstellen und somit vertragliche Konflikte zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer vermieden. Der Zeitrahmen zur Übernahme des Betriebsdienstes sollte deutlich größer bemessen werden als im Fall der A1. Das Projekt A1 hat ferner gezeigt, wie wichtig eine intensive projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit ist. Gemeinsam sollten sowohl der Bund und die Länder als auch die private Wirtschaft Anstrengungen unternehmen, um die Transparenz von PPP-Verträgen zu erhöhen. Der einseitigen Negativdarstellung von PPP-Projekten und den umfangreich vorhandenen Vorurteilen in der Öffentlichkeit kann nur mit umfassender Information und offener Kommunikation begegnet werden.


VERKEHRSWEGEBAU

Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur: Der Blick in die Zukunft Von Prof. Dr. Torsten R. Böger und Juliane Willmer

Die Verkehrsinfrastruktur ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Ihr Umfang und ihre Qualität ermöglichen Mobilität und Wachstum. Der Schlüssel für eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist eine verlässliche und bedarfsorientierte Finanzierung: Nur so kann ein effizientes Bereitstellungs- und Bewirtschaftungssystem eingerichtet werden. Seit vielen Jahren ist jedoch eine massive Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur zu verzeichnen. Der kürzlich veröffentlichte Bericht der durch die Verkehrsministerkonferenz der Länder eingesetzten Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter Leitung des Ministers a.D., Dr. Karl-Heinz Daehre, beziffert den jährlichen Nachholbedarf für alle Verkehrsträger für Bund, Länder und Kommunen auf mindestens 7,5 Milliarden Euro pro Jahr. Daneben stellen auch die „Mobilitätskommission der CDU“ und die Arbeitsgruppe „Infrastrukturkonsens“ der SPD-Bundestagsfraktion eine massive Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur fest. Auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft beklagen seit Jahren die negativen Folgen der Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur für Wachstum und Beschäftigung. So einig sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in der Diagnose sind, so kontrovers wird dagegen über mögliche Lösungen für das Finanzierungsdilemma diskutiert. Der Bericht der Kommission stellt vor diesem Hintergrund die zwei für die Einnahmeseite grundsätzlich denkbaren Instrumente zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur dar: die Nutzung allgemeiner bzw. verkehrsspezifischer Steuern einerseits sowie eine Ausweitung der bisher bestehenden Nutzerfinanzierung andererseits. Die Frage, mit welchem Ins­trument oder mit welchem Instrumentenmix unsere Verkehrsinfrastruktur künftig zu finanzie-

ren sein wird, muss jedoch noch weiter diskutiert werden. Zweckgebundene Verwendung der Mittel

Prof. Dr. Torsten R. Böger ist Geschäftsführer und Juliane Willmer ist Assistentin der Geschäftsführung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft ( VIFG).

Eine größere Einigkeit besteht jedoch in der Frage einer zweckgebundenen Verwendung der für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vorgesehenen Mittel. Eine starke Zweckbindung ist die entscheidende Voraussetzung, um einen geschlossenen und kostendeckenden Finanzierungskreislauf aufzubauen, der am Bedarf ausgerichtet ist und auf den Kosten der In­frastruktur basiert. Dadurch kann eine effiziente Finanzierung erreicht werden, die sich an der Nachfrage orientiert und bei der die Finanzierung eine wichtige Ressource ist, um wirtschaftliche Beschaffungs- und Bewirtschaftungsvorgänge zu steuern. Daher wird in der verkehrspolitischen Diskussion zunehmend die Einrichtung von In­ frastrukturfonds zur zweckgebundenen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur diskutiert. Die Kommission hat diese Überlegungen aufgegriffen und konkretisiert, indem sie für die Konstruktion eines möglichen Infrastrukturfonds ein geschlossenes Konzept für die gesetzliche und organisatorische Zuordnung von Aufgaben, Befugnissen und Verantwortung entwickelt hat. Um die Einrichtung von Infrastrukturfonds zur

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Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturen zu einem leistungsfähigen Modell der Infrastrukturfinanzierung zu entwickeln, mit dem ein optimaler Einsatz knapper Mittel und damit eine nachhaltige Finanzwirksamkeit im Finanzierungssystem erreicht werden kann, nennt die Kommission die notwendigen Rahmenbedingungen und Zielsetzungen für die Einrichtung von Infrastrukturfonds: x

Eine nachhaltige Sicherstellung des Finanzbedarfs durch die Zweckbindung von Nutzerentgelten und sonstigen dem Fonds zugeführten, verkehrsbezogenen Steuermitteln. x Die Ausrichtung des Finanzbedarfs auf Basis einer verbindlichen Kosten- und Leistungsrechnung, um eine dauerhafte und nachhaltige Verbindung zwischen der Leistungs- und Kostenseite und der Finanzierungsseite zu schaffen. x Ein hohes Maß an Transparenz für die Verwendung der Mittel. x Eine Verstetigung des Investitions- und Finanzierungsprozesses durch die Entkoppelung der Finanzierung vom Jährlichkeitsprinzip des Haushalts. x Die Verbindung zwischen Einnahmen- und Ausgabenseite im Sinne einer Effizienzbrücke, die damit Effizienzsteigerungen durch Planungssicherheit bei der Finanzierung ermöglicht. x Die zügige und effiziente Realisierung der Maßnahmen nach Wirtschaftlichkeitskriterien und Kosten-Nutzen-Analysen. x Ein optimaler Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel durch eine Kombination öffentlicher und privater Finanzierung. (Quelle: Abschlussbericht Daehre-Kommission (2012), S. 47) Die Zuweisung von Finanzmitteln an einen Fonds kann grundsätzlich auf zwei Wegen erfolgen: Zum einen ist eine gesetzliche Zuweisung denkbar, wie sie seit langem für die direkte Zuweisung der Mittel aus der LKW-Maut an die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) diskutiert wird. Zum anderen kann eine Zuweisung 104

auch auf vertragsrechtlicher Grundlage über eine Finanzierungsvereinbarung erfolgen. Dieser Weg wird im Bereich der Bundesschienenwege mit der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) Schiene in Teilen bereits umgesetzt. Vertragliche Finanzierungsvereinbarung Mit Hilfe einer vertragsrechtlich begründeten Finanzierungsvereinbarung wird die jeweils zuständige Gebietskörperschaft in die Lage versetzt, die Zweckbindung der vorgesehenen Finanzmittel auch für den Haushaltsgesetzgeber für die Laufzeit der Finanzierungsvereinbarung verbindlich zu machen. Ein weiterer Vorteil einer vertraglichen Vereinbarung liegt in der Möglichkeit, bei sachgerechter Konstruktion der Finanzierungsvereinbarung eine dynamische Verknüpfung mit dem tatsächlichen und sich über die Lebensdauer der Infrastruktur verändernden Finanzbedarf zu erreichen. Dies entspricht dem Grundgedanken eines Finanzierungskreislaufs. Im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung wird dem Fonds – praktisch im Gegenzug zur Bereitstellung der Mittel – die finanzielle Baulast und damit die Finanzierungsverantwortung übertragen. Auf Basis dieser vertraglich festgelegten und kostenbezogenen Finanzierungsvereinbarung zwischen Gebietskörperschaft und Fonds ist dieser in der Lage, mit den für die eigentliche Bewirtschaftung zuständigen baulastträgerbezogenen Institutionen, wie beispielsweise den Ländern im Rahmen der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen, wiederum leistungsbezogene Finanzierungsvereinbarungen abzuschließen und deren Finanzierung auch zu sichern. Im Detail untergliedern sich die erarbeiteten Fondsstrukturen in die Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße. Speziell in den Bereichen Straße und Wasserstraße erfolgt eine Differenzierung nach Bund- und Länderebene. Dabei orientiert sich die Gliederung an den oben genannten Zielsetzungen und Rahmenbedingungen der Kommission. Verantwortung und Entscheidungsgewalt verbleiben bei diesem Modell voll-


ständig bei Politik und Verwaltung. Die Fondsstruktur verhilft der öffentlichen Seite jedoch dazu, ihre Verkehrsinfrastrukturinvestitionen effizient umzusetzen. Am Beispiel des Fonds Bundesfernstraßen werden die Übertragung der Finanzierungsverantwortung auf den Fonds und der vertraglich durch eine Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Fonds geregelte Finanzfluss deutlich. Das Programm für Ausbau, Neubau und Erhaltung wird durch den Gesetzgeber vorgegeben. Gespeist wird der Fonds aus den Einnahmen der LKW-Maut auf den Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen. Darüber hinaus können dem Fonds weitere Haushaltsmittel zugeführt werden. Langfristig ist eine Ausweitung der Nutzerfinanzierung hin zu einem vollständigen Finanzierungskreislauf sinnvoll. So kann der Fonds künftig ausschließlich durch Nutzergebühren gespeist und auf die Zuführung von Haushaltsmitteln verzichtet werden. Die Möglichkeit des Mittelausgleichs zwischen den einzelnen Maßnahmen stärkt die Effizienz der Straßenbereitstellung im Bundesfernstraßenbau. Die VIFG kann durch die Ausgestaltung als Fonds zu einer

effizienten Finanzierungsgesellschaft weiterentwickelt werden, und das mit der Gründung der VIFG begonnene Konzept einer schrittweisen Umstellung von Steuerfinanzierung auf Nutzerfinanzierung kann auf diese Weise systemkonform fortentwickelt werden. Regionale Ausgestaltung noch offen Die Ausgestaltung der Struktur der regionalen Verkehrsfonds ist noch offen. Hier bieten sich verschiedene Optionen an: Zum einen kann ein Fonds für alle Länder eingerichtet werden, zum anderen wäre auch ein Fonds für jedes Bundesland denkbar. Ein Fonds für alle Länder kann die vorgesehenen Mittel bündeln und diese vollständig nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel weiterleiten. Gespeist wird der Fonds aus Mitteln des Bundeshaushalts, aus den Landeshaushalten sowie aus Eigenmitteln der Baulastträger. Künftig sind auch Mittel aus der Ausweitung der Nutzerfinanzierung im Bereich der Länder und Kommunen denkbar. Erhaltung und Nachholbedarf können auf diese Weise effizient sichergestellt werden.

Fondsstruktur Bundesfernstraßen

Mittel aus dem Bundeshaushalt

Mittel aus dem Bundeshaushalt

Steuerfinanzierung

Nutzerfinanzierung Finanzierungsvereinbarung Bund – Fonds

Straßenfonds Bund LuFV Fonds – AV

BAB

Auftragsverwaltungen Länder

Bundesstraßen

Quelle: Abschlussbericht Daehre-Kommission (2012), S. 57

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Die Fondsstruktur für den Verkehrsträger Schiene umfasst zum einen den Schienenfonds DB AG und zum andern einen Fonds für die nichtbundeseigenen Eisenbahnen. Finanziert werden die Fonds aus Steuermitteln und aus Eigenmitteln der Infrastrukturunternehmen. Bereits heute wird im Rahmen der Bundesschienenwege für einen festgelegten Zeitraum eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und der DB AG (LuFV) zur Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr abgeschlossen. Der Umfang der Zahlungen wird für jede Vertragsperiode auf Basis einer Bedarfsanalyse neu bestimmt. Das Beispiel der LuFV bei der DB AG soll künftig auch für die nichtbundeseigenen Infrastrukturen Anwendung finden. Dabei sollen auch die Länder beteiligt werden. Im Bereich der Wasserstraßen ist der Fonds, wie oben schon erwähnt, in Bundes- und Landesebene unterteilt. Der Bundeswasserstraßenfonds soll einerseits aus Steuermitteln gespeist werden, andererseits ist er offen, sofern in der Zukunft eine Einrichtung/Ausweitung der Nutzerfinanzierung erfolgt. Dazu wird zwischen Bund und Wasser-

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straßenfonds eine Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen. Darauf aufbauend kann mit Hilfe einer LuFV mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes die Umsetzung festgelegter Maßnahmen der Bestandserhaltung sichergestellt werden. Der Fonds für die Landeswasserwege erhält Mittel aus dem Bundeshaushalt sowie den Landeshaushalten. Auch hier können auf Grundlage einer Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Fonds Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen Anwendung finden, die zwischen Land und Baulastträger abgeschlossen werden. Schlüssiges Konzept Die Kommission hat damit ein schlüssiges Konzept für eine umfassende Zweckbindung der Mittel für die Infrastrukturfinanzierung vorgelegt. Dieses Konzept orientiert sich am Gedanken einer besonderen Verantwortungsübernahme für die Finanzierung und Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur. Dies ist ein Gedanke, der sich im Übrigen auch in den Überlegungen zur Gründung der VIFG und der Konstruktion der LuFV für den Verkehrsträger Schiene wiederfindet.


VERKEHRSWEGEBAU

Sicherung einer leistungsfähigen Verkehrs­ infrastruktur: Was ist zu tun? Von Alexander Hofmann und Jana Sudau

Sporadische staatliche Hilfen können eine nachhaltig adäquate und langfristige Finanzplanung für die Verkehrsinfrastruktur nicht ersetzen. Um dauerhaft eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten, ist eine umfassende Reorganisation des Bundesfernstraßenmanage­ ments erforderlich, die die Wirtschaftlichkeit signifikant erhöht. Ein zentrales Managementorgan bietet sich als Lösung an. Die Finanzierung der Bundesfernstraßen ist regelmäßig, insbesondere in der Phase der Haushaltsverhandlungen, zentraler verkehrspolitischer Diskussionspunkt. Die Argumente für mehr Geld im Infrastruktursektor sind schlagkräftig: Eine leistungsfähige Infrastruktur ist das Fundament für Wachstum und Beschäftigung, gerade für das Transitland Deutschland. Seit Jahren verläuft die Investitionslinie der Bundesfernstraßen in Deutschland auf einem gleichbleibenden Niveau zwischen vier und fünf Milliarden Euro pro Jahr. Im Jahr 2005 sollte die Einführung der LKW-Maut für eine nachhaltige Aufstockung der Investitionen sorgen. Doch als erste Einnahmen aus der LKW-Maut in die Infrastrukturinvestitionen flossen, änderte dies nichts an der gesamten Investitionshöhe, da anstelle einer Gesamtaufstockung die Bundesmittel gekürzt wurden. Investitionshöhe gehalten Aktuell kann durch die Mittel aus dem im Novem­ ber 2012 beschlossenen Infrastrukturbeschleuni­ gungsprogramm II (IBP II) zumindest die Höhe der Investitionen aus den Vorjahren gehalten werden. Sporadische Finanzspritzen, wie die Konjunkturpakete I und II (2008–2010) oder die Programme IBP I und II, können jedoch in keiner Weise eine nachhaltig adäquate und langfristige Finanzplanung für die Verkehrsinfrastruktur ersetzen.

Die Art und Weise der Verteilung der zusätzlichen Mittel des IBP II zeigt, dass die Probleme der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung tief in den OrganiAlexander Hofsationsstrukturen verankert sind. Mitte mann ist Mitglied Dezember 2012 hat der Haushaltsausder Niederlassungsleitung Transport schuss des Parlaments über eine ProInfrastruktur Eurojektliste zur Verwendung der Mittel aus pa, PPP Solutions, dem IBP II entschieden. Die Auflistung HOCHTIEF Solutions AG, Essen, und zeigt, dass ein großer Anteil der Gelder in laufende Maßnahmen investiert wird stellvertretender Vorsitzender des Arund einige im Bau befindliche Projekte beitskreises ÖPP des Hauptverbandes beschleunigt werden können. Die Alder Deutschen Baulokation der verbleibenden Mittel wurindustrie. de jedoch in verhältnismäßig kleinen Jana Sudau ist Beträgen auf viele Projekte verteilt, so­Junior Projektmanagerin, Niederdass jedes Bundesland einige Projekte lassung Transport neu beginnen kann. Die Einzelbeträge Infrastruktur Eurobelaufen sich im Schnitt auf etwa ein pa, PPP Solutions, HOCHTIEF Solubis drei Millionen Euro pro Projekt. tions AG. Das heißt, es werden eine Reihe neuer Projekte mit einem relativ geringen Startbudget begonnen. Wie für diese Projekte die gesamte Budgetierung geplant ist und wann eine Fertigstellung vorgesehen ist, bleibt offen. Gleichmäßige Summenverteilung Anhand dieser Projektliste wird das grundlegende Problem sehr deutlich. Die zusätzlich zur Verfügung gestellte Summe wird offensichtlich nicht ausschließlich für Projekte mit hohem Nutzen-

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Kosten-Faktor eingesetzt, sondern nahezu gleichmäßig auf die Bundesländer verteilt. Mit dieser Allokation werden scheinbar keine Prioritäten gesetzt, die der effektiven Bewirtschaftung eines strategischen Fernstraßennetzes dienen, sondern es drängt sich der Eindruck auf, dass hier eher landespolitische Interessen verfolgt werden.

und Prioritäten setzt. Weiterhin sind für ein effizientes Management

Diese Art der Projektauswahl kann für ein effektives Bundesfernstraßenmanagement eines strategischen Gesamtnetzes nicht zielführend sein. Eine klare Priorisierung vordringlicher Projekte mit einem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis wäre wünschenswert. Weiterhin wäre aus Effizienzgesichtspunkten eine stärkere Verwendung für Erhaltungsmaßnahmen optimal.

Dies alles ist im aktuellen System scheinbar nicht möglich. Zum einen, da entsprechende Instrumente und Prozesse fehlen, zum anderen aufgrund der Interessenlage.

Die Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ kommt in ihrem Bericht vom Dezember 2012 zu dem Ergebnis, dass bis 2015 jährlich ca. zwei Milliarden Euro zusätzlich für Bedarfsplanmaßnahmen, Nachholbedarf bisher nicht getätigter Investitionen sowie Betrieb und Erhaltung der Bundesfernstraßen erforderlich wären. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass bei gleichbleibender Finanzierungspolitik dieser zusätzliche Bedarf auch in Zukunft nicht gedeckt werden kann. Umso wichtiger wird es, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln effizient zu agieren. Dies erfordert eine Finanzplanung, die langfristigen Investitionen gerecht wird

x

eine Lebenszyklusbetrachtung der Projekte, effizientes Projektmanagement und x eine entsprechende Kontrolle der Realisierung erforderlich. x

Prinzipal-Agent-Ansatz im Bereitstellungssystem Der Prinzipal-Agent-Ansatz (PA-Ansatz) gibt einen theoretischen Rahmen, um Beziehungen zwischen Auftraggebern (Prinzipal) und Auftragnehmern (Agent) und deren Interessen zu analysieren. Außerdem befasst sich der Ansatz mit der Gestaltung effizienzsteigernder Anreizmechanismen.

Der PA-Ansatz geht davon aus, dass der Mensch nur begrenzt rational handelt, da ihm lediglich ein bestimmtes Maß an Informationen zur Verfügung steht und er als Interaktionspartner opportunistisch eingestellt ist. Im Fall asymmetrischer Informationen besteht in einer Beziehung zwischen Prinzipal und Agent eine ungleichmäßige Verteilung der Informationen, der Agent ist bezüglich des Informationsstandes im Vorteil. Er besitzt detailliertes Fachwissen, das einem Prinzipal nicht zur Verfügung steht. Das weitere Grundproblem besteht darin, dass es aufgrund opportunistischer Verhaltensweisen zu Zielabweichungen zwischen Prinzipal und Agent kommen kann. Diese Verhaltensannahme wird auch als Moral Hazard bezeichnet. Beide Grundprobleme führen in Organisationssystemen häufig zu Ineffizienzen Beispiel leistungsfähiger Verkehrsinfrastruktur: PPP-Projekt „Ausbau der und können nur durch organisatorische A4 in Thüringen zwischen der Landesgrenze zu Hessen und der AnschlussMaßnahmen behoben werden. stelle Gotha“ 108


Im Bereitstellungssystem der Bundesfernstraßen führt die Aufgabenverteilung der Auftragsverwaltung zu einer Organisationsstruktur mit unterschiedlichen Schnittstellen zwischen der Gesamt- und der Maßnahmenplanung bei Bund und Ländern. Die Länder in der Rolle des Agenten besitzen Informationen über einzelne Maßnahmen, die sie in den Prozess der Gesamtnetzplanung mit einbringen. Der Bund als Prinzipal muss sich auf die Validität dieser Informationen verlassen. An dieser Schnittstelle herrschen Informationsasymmetrien, die zu Inkonsistenzen im Planungsprozess führen können. Die Länder haben ein eigenes Interesse an der Umsetzung möglichst zahlreicher Projekte. Auch aus politischer Sicht können mit neuen Infrastrukturprojekten Wähler gewonnen werden. Durch Intransparenz im System entstehen Informationsasymmetrien, die opportunistisches Handeln und die Durchsetzung eigener Interessen der Länder überhaupt erst ermöglichen. Die Länder haben z.B. die Möglichkeit, die Verwendung der veranschlagten Haushaltsmittel nach aktuellem Bedarf anzupassen. Regierung und Parlament legen über den Beschluss des Haushaltsgesetzes zwar die Mittelverwendung fest, eine Kontrollmacht über den tatsächlichen Einsatz dieser Gelder hat der Bund jedoch nicht. Auch wenn der Bund die Finanzierung der Bundesfernstraßen verantwortet, greift dieser nicht in den Aufgabenvollzug der Länder ein. Der Bund finanziert, die Länder planen auf Maßnahmenebene, bauen, erhalten und betreiben. Es stellt sich also die zentrale Frage, ob es in dieser Konstellation überhaupt möglich ist, ein ganzheitliches, effizientes Management der Bundesfernstraßen umzusetzen. Modernes Management Menschen handeln nach Motivationen und Anreizen immer aus der individuellen Sichtweise. Diese Anreize sollten im Organisationssystem möglichst zielführend genutzt werden.

Ziel eines effizienten Bundesfernstraßenmanagements sollte es sein, eine strategische Verkehrsinfrastrukturplanung auch auf operativer Ebene durchsetzen zu können. Ein strategisch bedeutsames Bundesfernstraßennetz sollte an zentraler Stelle gemanagt werden, sodass der effektivere Einsatz der Finanzmittel gewährleistet wird. Kurz gesagt bedeutet dies: Der Bund sollte die Aufgabe, das Bundesfernstraßennetz wirtschaftlich zu managen, in die eigene Hand nehmen, da dies in seinem eigenen Interesse liegt. Ein Vorschlag zur Reorganisation des Bundesfernstraßenmanagements ist die Installation einer Managementgesellschaft, die den Bund bei der Operationalisierung seiner strategischen Pläne unterstützt. Eine zentrale Einheit, welche die strategische Planung umsetzt, die Finanzierung der geplanten Maßnahmen sicherstellt und ein Berichtswesen aufbaut, das die Zielerreichung messbar macht, sollte etabliert werden. Nur so kann eine Basis für objektive und effektive Entscheidungen geschaffen werden. Transparenz schaffen Mit einem zentralen Managementorgan könnte Transparenz über aktuelle und langfristig geplante Projekte geschaffen und eine klare Priorisierung von Projekten umgesetzt werden. Das Modell sieht langfristige Programmplanungen vor, die im parlamentarischen Verfahren beschlossen und per Gesetz verabschiedet werden könnten. Somit würde keine grundsätzliche Veränderung der Entscheidungsmacht über Investitionssummen vorgenommen werden. Die Programmplanungen könnten beispielsweise über einen Zeitraum von fünf Jahren festgelegt werden. Die Finanzierung würde über einen geschlossenen Finanzierungskreislauf über die Gesellschaft erfolgen. Der Vorteil dieses Modells ist, dass die Finanzierung der Programme unabhängig von Haushaltsgesetzen, politischen Zwistigkeiten und einer entsprechenden jährlichen Budgetplanung ist. 109


Die Managementgesellschaft könnte sich auf das strategische Fernstraßennetz konzentrieren und dieses unter Effizienzgesichtspunkten managen. Die Interessen des Bundes würden in den Vordergrund rücken, die Managementgesellschaft könnte als Instrument zur Umsetzung strategischer Planungen des Bundes dienen. Die Umsetzung von durch den Bund gesteckten Zielen könnte anhand von Management- und Controllinginstrumenten gemessen werden. Dafür müsste die Managementgesellschaft die notwendigen Informationen der operativen Ebene zusammenführen und den Ländern, Landesbetrieben oder privaten Betreibern der Bundesfernstraßen einen Rahmen für eine einheitliche Datenübermittlung vorgeben. Die Länder würden weiterhin ihre Verwaltungsfunktion und damit die Realisierung der Maßnahmen übernehmen. Die Umsetzung der Projekte – Maßnahmenplanung, Bau, Erhaltung und Betrieb – sollte möglichst unter verstärkter Einbindung von Wettbewerbsmechanismen erfolgen, sodass die verschiedenen Beschaffungsvarianten optimal eingesetzt werden können. Die Ausgestaltung der Kompetenzen einer Managementgesellschaft könnte in einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Bund und der Managementgesellschaft festgelegt und Zielvorgaben vereinbart werden. Die Reorganisation für mehr Wirtschaftlichkeit und Objektivität in der Infrastrukturplanung scheint aus theoretischer Sicht in verschiedenen Formen machbar, unterschiedliche Studien belegen dies. Eine mögliche Form dieser Ausgestaltung wäre die Gründung einer privatrechtlichen Gesellschaft im Eigentum des Bundes. Zeit zum Handeln Um Defizite in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zu beheben, fordern verschiedene Stimmen

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aus der Wissenschaft schon seit Jahren eine Reorganisation der Bundesfernstraßenbereitstellung. Probleme, die durch Interessen und Anreizmechanismen entstehen, und die zentrale Bedeutung von Informationen im System werden hier jedoch häufig nicht stark genug hervorgehoben. Dabei liegen genau in diesen Aspekten die ursprünglichen Probleme des Systems. Eine Modernisierung der Aufgaben- und Verantwortungsstrukturen ist erforderlich, um ein konsistentes Informations- und Koordinationssystem aufzubauen. Dies kann als Basis für mehr Objektivität in Entscheidungsprozessen dienen und somit für mehr Wirtschaftlichkeit sorgen. Zudem könnten mit einer Reorganisation die Aufgaben gemäß „natürlichen“ Anreizen neu strukturiert werden. Die wichtigste Voraussetzung für eine Reform ist der politische Wille. Eine Reorganisation ist nur möglich, wenn ein grundsätzliches Umdenken hinsichtlich der Bundesfernstraßenbereitstellung erfolgt und die Motivationen der einzelnen Beteiligten im aktuellen System offen diskutiert werden. Nur mit einer weitsichtigen, nachhaltigen und strategisch ausgerichteten Infrastrukturpolitik ist eine Reorganisation denkbar. Der gesellschaftliche Wille stellt kein Hemmnis dar. Die aktuelle Staatsschuldenkrise im Euroraum zeigt, dass strukturelle Defizite nicht zu unterschätzen sind. Betrachtet man das Bundesfernstraßenmanagement in diesem Kontext, so bietet die Krise für Deutschland die Chance, ein weiteres Mal mit gutem Beispiel voranzugehen. Die einfache Forderung nach mehr Geld ist nicht zielführend. Die aktuelle Diskussion über weitere Kürzungen im Verkehrsetat 2014 zeigt dies. Nur wenn die Defizite der Verkehrsinfrastrukturbereitstellung endlich als ein strukturelles Problem angesehen werden, besteht die Chance, diese anzugehen und langfristig zu lösen. Packen wir es an.


VERKEHRSWEGEBAU

Verkehrsinfrastruktur in Deutschland: Kommunale Vermögenswerte sichern Von Dr. Jörg Hopfe, Frank M. Schmid und Michael Schultze-Rhonhof

Im Zuge der Einführung eines kaufmännischen Rechnungswesens in den Kommunen rückt der wirtschaftliche Umgang mit kommunalen Vermögenswerten zunehmend in den Mittelpunkt. Vor diesem Hintergrund wird auch geprüft, mit welcher Beschaffungsvariante die Verkehrsinfra­ struktur instand gesetzt werden kann, damit es nicht zu weiteren Rückständen und damit zu einem zunehmenden Vermögensverfall kommt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von langfristig unterlassenen Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen wurden u.a. bereits 2011 im Rahmen eines Projekts der PPP-Task Force im Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, der NRW.BANK und mehrerer Berater bezogen auf kommunale Immobilien untersucht. Dabei wurde anhand ausgewählter Hochbauprojekte beleuchtet, inwieweit es über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren im Rahmen der Lebenszyklusbetrachtung wirtschaftlicher ist, investive Maßnahmen konventionell in Eigenrealisierung oder als ÖPPProjekt durchzuführen. Die folgenden Handlungsoptionen wurden als drei grundsätzliche Varianten einander gegenübergestellt: x

0-Variante: Weiterbetrieb des Gebäudes ohne Sanierungsmaßnahmen; Instandhaltungsaufwand nach Bedarf zur Aufrechterhaltung der Funktion und Verkehrssicherheit x Eigenrealisierung: Sanierungsmaßnahme durch die Kommune; Instandhaltungsaufwand als werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen über den Lebenszyklus hinweg x ÖPP-Variante: Sanierungsmaßnahme durch einen privaten Partner; Instandhaltungsaufwand als werterhaltende Instandhaltungsmaßnahmen über den Lebenszyklus hinweg nach vordefiniertem Instandhaltungskonzept

Die Ergebnisse der Studie stellen die Auswirkungen auf Positionen der Ergebnisrechnung und der

Bilanz für die nächsten Jahre dar. Die Berechnungen verdeutlichen einerseits, dass eine Strategie der Ausgabenvermeidung um jeden Preis in der 0-Variante zu höheren Gesamtbelastungen über einen entsprechenden Betrachtungszeitraum führen kann. Andererseits hat sich herausgestellt, dass werterhaltende Sanierungen bereits innerhalb des in Nordrhein-Westfalen geltenden Konsolidierungszeitraums von zehn Jahren nach § 76 GO Haushaltsentlastungen bringen können.

Dr. Jörg Hopfe ist Abteilungsleiter Öffentliche Kunden bei der NRW.BANK, Münster. Frank M. Schmid ist Geschäftsführer der Schmid Mobility Solutions GmbH, Willich. Michael SchultzeRhonhof ist SeniorConsult bei der DKC, Düsseldorf.

Eine von der Stadt Witten auf Basis der Studie durchgeführte Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit von Sanierungsmaßnahmen hat belegt, dass eine Unterhaltungsstrategie für das Rathaus, wie sie heute praktiziert wird, werteverzehrend­ ist. Eine Fortsetzung würde den Wert des Rathauses in einer relativ kurzen Restnutzungsdauer von 28 Jahren auf 0 Euro senken. Spätestens zu diesem Zeitpunkt müsste die Stadt eine Komplettsanierung einer kostenund betreuungsintensiven Problemimmobilie durchführen. Marode Straßeninfrastruktur Im Rahmen des Kommunalpanels der KfW, das vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) im

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November 2011 durchgeführt wurde, besteht bei den Kommunen und Landkreisen in Deutschland ein Investitionsrückstand in Höhe von 99,9 Milliarden Euro. Mit 24,6 Milliarden Euro­ liegt der zweitgrößte Investitionsrückstand in der Straßen- und Verkehrsinfrastruktur deutlich vor den öffentlichen Verwaltungsgebäuden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit der vorgenannte Ansatz einer auf die Wirtschaftlichkeit von Investitionsentscheidungen im Lebenszyklus ausgerichteten Strategie, der bisher auf den Hochbau fokussiert ist, auch auf die Straßeninfrastruktur angewendet werden kann und unter welchen Bedingungen. Der Abschlussbericht der Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter Vorsitz des ehemaligen Verkehrsministers von Sachsen-Anhalt Dr. Karl-Heinz Daehre kam zu dem Ergebnis, dass die kommunale Infrastruktur mit einem Netz von rund 92.000 Kilometer Kreisstraßen und rund 450.000 Kilometer Gemeindestraßen in den vergangenen Jahren chronisch unterfinanziert war. Bei einem notwendigen Betrag von rund 2,40 Euro pro Quadratmeter und Jahr für Erhalt und Betrieb kommunaler Verkehrsin­ frastruktur wurde über Jahre hinweg eine Unterfinanzierung von rund 48 Cent pro Quadratmeter und Jahr konstatiert. Der damit verbundene kontinuierliche Vermögensverzehr hat aber neben dem rein quantitativen Verlust auch einen zunehmendem Verlust an Gebrauchsfähigkeit zur Folge. Die in zunehmenden Maße sichtbaren Schäden in der Verkehrsinfrastruktur, sowohl bei der Straße als auch zunehmend bei der Schiene im Innerortsbereich, führen zu Gefahrenstellen, mindestens jedoch zu Geschwindigkeitseinbußen. Der darüber hi­ nausgehende volkswirtschaftliche Schaden einer maroden Infrastruktur soll hier nicht thematisiert werden. Die Finanzlage der Städte und Gemeinden hat sich zwar im laufenden Jahr 2012 durch Wirtschaftswachstum etwas verbessert, nichts112

destotrotz sind neben den kontinuierlich unterfinanzierten Haushalten zunehmend die Kassenkredite in erheblichem Maße gewachsen. Die damit einhergehende Verschuldung der Kommunen zusammen mit der zunehmenden Übertragung von Aufgaben beschleunigt den rapiden Vermögens- und Substanzverzehr der Verkehrsinfrastruktur. Übergreifender Ansatz Die Daehre-Kommission hat dementsprechend bei ihrer Betrachtung nicht nur, wie meist üblich, die hochrangigen Verkehrsnetze betrachtet, sondern hier einen verkehrs- und baulastträgerübergreifenden Ansatz mit dem Vorschlag einer verkehrsträgerübergreifenden Gesamtkonzeption gewählt. Dem Vorschlag der Daehre-Kommission folgend würde dies bedeuten, dass den Kommunen für ihren Substanzerhalt ein Beitrag von jährlich rund einer Milliarde Euro zugewiesen wird. Die zentrale Mittelbeschaffung würde nach Vorstellung der Kommission im Wesentlichen aus Beiträgen, Steuern und Einnahmen des Bundes bestehen, die den Ländern im rechtlich zulässigen Rahmen zugewiesen würden. Die derzeitige Regelung sowie die Ergebnisse der Föderalismuskommission II und die darin verankerte verfassungsrechtliche Entflechtung sprechen gegen eine solche Lösung. Nichtsdestotrotz wurde nach vielfachen Anhörungen und Experten­ gesprächen im Ergebnis in der Kommission festgehalten, dass speziell auf der kommunalen Ebene eine dezentrale Mittelbeschaffung höchst ineffizient und kostspielig wäre. Das Ins­trument der ­City-Maut scheidet hier genauso aus wie die in ausgewählten Kommunen praktizierte Erhebung von Anliegerbeiträgen für die laufende Erhaltung. Daraus resultierend wurde neben der Feststellung eines Bedarfs von rund einer Milliarde Euro pro Jahr für die Substanzerhaltung kommunaler In­ frastruktur auch der Weg aufgezeichnet, wie diese Mittel den Kommunen bereitgestellt und von ihnen verwaltet und genutzt werden können.


Analog zu vergleichbaren Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen würde demnach den Kommunen ein Betrag in Höhe von rund 48 Cent pro Quadratmeter und Jahr auf einem „Konto“ zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag verbleibt so lange auf dem Konto, bis die Kommune ihn abruft. Der unverzinsliche Verbleib auf dem Konto steht der Gemeinde dann überjährig zum beliebigen Zeitpunkt zur Verfügung. Für einen ggf. in der Baulast der Kommunen befindlichen Schienenweg würde ein analoger, dem Erhaltungsaufwand korrespondierender Beitrag auf das gleiche Konto der Kommune gutgeschrieben. Die damit auf den Weg gebrachte grundsätzliche Veränderung von einer Mittelbeschaffung hin zu einer Mittelverwendungsoptimierung schafft Freiräume für effizientes Erhaltungsmanagement und neu strukturiertes Beschaffungsmanagement, auch auf der kommunalen Seite. Durch die gesicherten Einkünfte, die nur von Schwerlastverkehrsaufkommen und ggf. weiteren Parametern bestimmt sind, können die Kommunen ihre Beschaffung erhaltungsoptimal organisieren und in Losgrößen optimieren.

ten Mitteleinsatz und einer Vergleichbarkeit zwischen den Kommunen, z.B. über Benchmarks. Somit kann aus der bis dato praktizierten Erhaltung nach Kassenlage und Reparatur zur notdürftigen Sicherstellung der Gebrauchsfähigkeit eine vermögenswerterhaltende und gebrauchswertoptimierte Erhaltungsstrategie erreicht werden. Die Empfehlungen der Daehre-Kommission werden von den kommunalen Spitzenverbänden in Breite gestützt und haben auch beim Verband der deutschen Verkehrsunternehmen Zuspruch gefunden. Dementsprechend gilt es nun, über Pilotvorhaben Schritt für Schritt die Praktikabilität dieses Vorschlags zu prüfen und auf unterschiedlichen Beschaffungswegen die Effizienz dieser Vorgehensweise zu untermauern, um dann in einem nächsten Schritt flächendeckend ein solches System der effizienten Mittelverwendung zu etablieren und somit „mehr Verkehrsinfrastruktur pro Euro“ sicherzustellen. Dieses Vorgehen ermöglicht auch die Einbeziehung der Erkenntnisse aus dem eingangs geschilderten Projekt zur besseren Verzahnung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF).

Verschiedene Anreize Damit werden zum einen wirtschaftliche Anreize zur kostengünstigen Beschaffung, andererseits aber auch Anreize für ein erhaltungs- und kostenoptimiertes Betriebsmanagement geschaffen. Die Empfehlung der Daehre-Kommission umfasst somit neben der Zweckbindung eine Überjährigkeit, die einen Anreizmechanismus zur Verwendung der verfügbaren Mittel für die Erhaltung schafft und zugleich auch andere Prozesse der Beschaffung ermöglicht. Dadurch können neben der Beschaffung im konventionellen Stil des kommunalen Betriebs auch ÖPP-Beschaffungsmodelle Anwendung finden. Die langfristig gesicherte Mittelzuweisung und die Optimierung der Beschaffung führen neben dem Substanzerhalt auch zu einem hocheffizien-

Wenn die Instandsetzung und weitere Erhaltung der bestehenden Straßen- und Verkehrsinfrastruktur nicht im notwendigen Umfang erfolgt, kommt es zu einem weiteren Anwachsen des Rückstands, womit ein weiterer Verfall des Vermögens einhergeht. Den Haushalten drohen außerplanmäßige Ausgaben zur zeitnahen Beseitigung auftretender Schäden an erforderlichen Verkehrswegen. Die Kosten für diese wiederholten Ad-hoc-Maßnahmen liegen in Summe deutlich über den Kosten einer anfänglichen Instandsetzung und anschließenden baulichen Erhaltung. Aus doppischer Sicht drohen zudem außerplanmäßige Abschreibungen und ein entsprechender Eigenkapitalverzehr. Eine Adaption des NKF-„Hochbaumodells“ auf den kommunalen Straßenbau mit entsprechender 113


Begleitung durch die Rechtsaufsichten und Ministerien bietet Chancen: x

Die Ressourcenverwendung und Entwicklung der Vermögenswerte aus Investition und Abschreibung kann besser dargestellt werden. x Es ermöglicht eine Transparenz der Zusammenhänge zwischen anfänglicher Investition und Folgekosten. x Unsachgemäße Abschreibungszeiträume in der Bilanz können identifiziert und sukzessive nivelliert werden. x Eine Reduzierung zukünftiger Haushaltsbelastungen infolge der Optimierung der Folgekosten aus baulicher und betrieblicher Erhaltung wird möglich. x Die Darlegung der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen als Argumentation gegenüber den Rechtsaufsichten wird vereinfacht. Die kommunale Straßeninfrastruktur bietet dabei mittel- und langfristig ein erhebliches Potenzial

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zur Entlastung der Haushalte, wenn Investitionsentscheidungen mit Blick auf eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen getroffen, Haushaltsbeschränkungen unter Würdigung des Ressourcenverbrauchs beurteilt und qualitative Faktoren in der haushaltsrechtlichen Beurteilung in geeigneter Form berücksichtigt werden. Zukünftig erforderliche Anpassungen der Straßen und der straßengebundenen, kommunalen Versorgungsnetze infolge von Wanderungsbewegungen und Demografie können langfristig „vorgedacht“ und über die Grenzen wechselnder Mehrheiten hinweg von allen Beteiligten mitgetragen werden. Dabei können dann auch unpopuläre Maßnahmen wie Umwidmungen oder Stilllegungen überprüft werden. Die Umsetzung der Ergebnisse der Daehre-Kommission stellt eine wichtige Grundlage dar, um eine substanzielle Verbesserung der kommunalen Straßeninfrastruktur im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsansatzes im doppischen Rechnungswesen zu erreichen.


VERKEHRSWEGEBAU

Highway Maintenance PPP in UK: ein Modell für Deutschland? Von Thomas Brehler und Maik Heringhaus

Die finanzielle Lage der deutschen Städte und Gemeinden ist schlecht. Die kommunalen Budgets reichen oft nur für die dringendsten Instandsetzungsmaßnahmen aus. In Großbritannien gehen die Kommunen mit Highway Maintenance Projects neue Wege. Was den Zustand seiner Infrastruktur angeht, so hat Großbritannien traditionell einen schlechten Ruf. Auch hier wurden über Jahrzehnte hinweg, in teilweise noch drastischerem Maße als in Deutschland, Investitionen vernachlässigt. Noch heute wird der Begriff der reactional maintenance gerne als Spaß verwendet. In den 1980er Jahren war dies jedoch kein Spaß. Der Begriff meinte nichts anderes, als dass bei öffentlicher Infrastruktur nur dann etwas instand gesetzt wurde, wenn es wirklich kaputt war. Mit anderen Worten: Das Dach wurde erst repariert, wenn es auch tatsächlich durchregnete. Mit Beginn der 1990er Jahre begann Großbritannien gegenzusteuern. Seit 1992 gibt es das Modell der Private Finance Initiative (PFI), das insbesondere den Neubau von sozialer und Transportinfrastruktur durch private Kapitalgeber zum Ziel hat. Bislang konnten so rund 500 Projekte realisiert werden – die meisten davon pünktlich und innerhalb des vorgesehenen Budgets. Kann man mit ÖPP auch dem Rückstand bei Ersatzinvestitionen beikommen? In Großbritannien wurde dies mit einem klaren Ja beantwortet. Unter dem Oberbegriff der Highway Maintenance­ Projects wird seit einiger Zeit die gesamte Verkehrsinfrastruktur von großen wie kleineren Kommunen generalüberholt. Die KfW IPEX-Bank ist als eine der führenden europäischen Infrastrukturbanken an vier von insgesamt fünf bislang abgeschlossenen Projekten beteiligt und war eng in die Entwicklung geeigneter Finanzierungsstruktu-

ren – gemeinsam mit anderen internationalen Banken – eingebunden. Welche Lehren können aus den Erfahrungen in Großbritannien gezogen werden? Irreführender Begriff

Thomas Brehler ist Senior Director, Transport / Social Infrastructure bei der KfW IPEX-Bank GmbH. Maik Heringhaus ist Director, Transport / Social Infrastructure bei der KfW IPEX-Bank GmbH London.

Bei Highway Maintenance Projects geht es nicht nur um die Instandhaltung von Autobahnen. Das verdeutlicht auch das Beispiel der Stadt Birmingham. Die zweitgrößte Metropole Großbritanniens mit über einer Million Einwohnern war bis in die späten 1970er Jahre das Zentrum der britischen Metallindustrie. Der seitdem vollzogene Strukturwandel­hat nicht nur Arbeitsplätze gekostet, sondern auch die öffentlichen Kassen leergespült. Entsprechend verfiel im Laufe der Zeit der Zustand der öffentlichen Infrastruktur, strenge Tempo-­und Gewichtslimite ersetzten erforderliche Investitionen. Seit 2009 ist ein privates Unternehmen im Rahmen einer ÖPP damit beauftragt, die gesamte Verkehrsinfrastruktur auf Vordermann zu bringen. Dazu gehören 2.500 Kilometer Straßen, 4.900 Kilometer Gehwege, 1.100 kleinere und größere Ingenieurbauwerke sowie 95.000 Straßenlaternen. Ebenso umfasst das Projekt den Winterdienst bis zur Pflege der Grünflächen – die Stadt bekommt ein komplettes Leistungspaket. Nach einem Pilotprojekt in Portsmouth 2004 folgten im Jahr 2012 drei Kommunen dem Bei-

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spiel der Stadt Birmingham und vergaben vergleichbare Projekte: neben Sheffield als einer weiteren Großstadt auch zwei deutlich kleinere Kommunen, Hounslow und Isle of Wight. Vorteile für Kommunen? Wie in vielen Ländern sind auch die Kommunen in Großbritannien oft gezwungen, mit Blick auf kurzfristige Budgetzwänge beim Flickwerkansatz zu bleiben, anstatt echte Ersatzinvestitionen durchzuführen. Bei den Highway Maintenance Projects wird den Kommunen durch Zuschüsse des britischen Verkehrsministeriums unter die Arme gegriffen. Darüber hinaus greifen sie, wie bei ÖPP üblich, auf privates Kapital von Bau- und Betreibergesellschaften, Finanzinvestoren und Banken zurück. Diese helfen, die hohen Investitionskosten in den ersten Jahren – der sogenannten Core Investment Period (CIP) – zu finanzieren. Darüber hinaus geben sie ihnen Planungssicherheit, da sie für die gesamte Projektlaufzeit einen Festpreis bieten.

Die Summe der verfügbaren Mittel erlaubt es den Kommunen, Ersatz- und Instandhaltungs­ investitionen in einer Summe zu realisieren, die ansonsten für sie unerreichbar wäre. So belaufen sich z.B. die Kosten für das Projekt in Birmingham über die gesamte Projektlaufzeit von 25 Jahren auf 2,7 Milliarden GBP (3,15 Mil­ liarden Euro). Bis zum Jahr 2014 soll die gesamte Infrastruktur überholt worden sein. Dadurch soll die Stadt nicht nur schöner, sondern ins­ beson­dere wettbewerbsfähiger werden. Außerdem beschäftigt das Projekt in der Spitze bis zu 1.100 Mitarbeiter, von denen rund 200 neu eingestellt wurden. Aber auch kleinere Kommunen mit ganz anderen Bedürfnissen profitieren. So hat die vor der Südküste Englands gelegene Isle of Wight z.B. nur 140.000 Einwohner und hängt wirtschaftlich stark vom Tourismus ab. Dort ist das Straßennetz kleiner. Dafür umfasst das Projekt auch den Ausbau und die Befestigung von rund 800 Kilometern Wanderwegen. Außerdem berücksichtigt die Projektplanung den Touristenstrom im Sommer, um den herum die Instandsetzungsmaßnahmen

Bei Highway Maintenance Projects geht es nicht nur um die Instandhaltung von Autobahnen, sondern die gesamte ­Verkehrsinfrastruktur

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arrangiert werden müssen, um Beeinträchtigungen zu vermeiden. Sicht der privaten Geldgeber Die Vergütung des privaten Betreibers erfolgt auf Verfügbarkeitsbasis. Das bedeutet, solange der Betreiber seine Arbeit ordentlich macht, gibt es für die nächsten 25 Jahre eine feste Vergütung, die zur Bedienung von Eigen- und Fremdkapital herangezogen werden kann. Deshalb erfreuen sich die Projekte nicht nur bei Bau- und Betrei­ berunternehmen, sondern auch ­Finanzinvestoren großer Beliebtheit – sie stellen ein stabiles, zuverlässiges und sicheres Investment dar.

Die Banken wollen aus Risikogesichtspunkten Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber erst nach erfolgreichem Abschluss der CIP zulassen. Für Finanzinvestoren ist es aber in der Regel nicht attraktiv, erst nach fünf oder gar sieben bis acht Jahren eine erste Ausschüttung zu bekommen. Gleichzeitig ist es für die Banken schwierig, ihre Kredite über einen derart langen Zeitraum auszuzahlen. Die Refinanzierungskosten erhöhen sich dadurch deutlich. Ebenso wird die Absicherung von Zinsänderungsrisiken erschwert.

Trotz dieser positiven Aspekte war die Finanzierung der Highway Maintenance Projects kein Selbstläufer, da sie sich in einigen Aspekten von typischen Neubauprojekten signifikant unterscheiden. Da ist zunächst die Mammutaufgabe zu bewältigen, die bestehende Infrastruktur auf ihren Zustand hin zu überprüfen – bei Bauwerken, die zum Teil über 70 Jahre alt sind und jahrzehntelang vernachlässigt wurden, alles andere als eine leichte Aufgabe. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zwischen der Kommune und den Privaten zu klären, wie man mit dem Risiko versteckter ­Mängel umgeht. Schwierige Finanzierungslage Als Nächstes muss eine Finanzierungsstruktur entwickelt werden, die der langen Core Investment Period Rechnung trägt. Die CIP umfasst die Anfangsphase des Projekts, bei der über einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren der Investitionsstau behoben wird. Sie ist deutlich länger als die bei Neubauprojekten übliche Bauphase von zwei bis vier Jahren.

Bei Highway Maintenance Projects wird den Kommunen durch Zuschüsse des britischen Verkehrsministeriums unter die Arme gegriffen

Auch die Einbindung von Finanzinvestoren wie Versicherungen und Pensionsfonds als Fremdkapitalgeber erschwert sich. Wie bei Kapitalmarktprodukten üblich, wollen solche Investoren ihr Investment in einer Summe auszahlen, wodurch über die lange CIP sehr hohe cost of carry entstehen: Noch nicht benötigte Gelder müssen zu einem Zinssatz unterhalb des Kreditzinssatzes zwischengeparkt werden und verursachen zusätzliche Kosten. Dieses Thema ist bei Neubauprojekten aufgrund der deutlich kürzeren Bauzeiten geringer ausgeprägt. Bei der Durchführung der Arbeiten in der CIP ist es für die Kommunen wichtig, dass der Verkehrsfluss durch die nötigen Baustellen nicht zu stark 117


beeinflusst wird. Die Anforderungen an die logistische Planung und das Verkehrsmanagement sind zum Teil sehr hoch, da z.B. im Falle unvorhergesehener Fahrbahnschließungen erhebliche Pönalen drohen. Doch selbst wenn die CIP erfolgreich abgeschlossen wird, ist es mit den Risiken nicht vorbei. Die Ausgaben in der Betriebsphase unterscheiden sich erheblich von Neubauprojekten: Schaut man sich die gesamten Ausgaben an, so entfallen rund 70 Prozent davon auf die Kosten für Betrieb und Instandhaltung und lediglich 30 Prozent auf die Bedienung der Kapitalgeber. Bei Neubauprojekten ist das Verhältnis in der Regel umgekehrt, u.a. da die Instandhaltung neuer Infrastruktur günstiger ist als die älterer Infrastruktur. Aus Sicht der Kapitalgeber bedeutet dies, dass eine Fehleinschätzung der Betriebs- und Instandhaltungskosten deutlich schlimmere Folgen haben kann. Hat man sich z.B. um 15 Prozent verschätzt, kann dies bereits eine Anpassung des Tilgungsprofils erforderlich machen. Neubauprojekte sind nicht selten deutlich robuster und verkraften auch bis zu 50 Prozent Kostenüberschreitung. Banker sprechen daher bei Highway Maintenance Projects von einem hohen operational leverage. Kritische Erfolgsfaktoren Um die gute Nachricht gleich vorwegzunehmen: Trotz aller aufgezählten Herausforderungen lassen sich solche Projekte erfolgreich finanzieren. Wie bei allen ÖPP kommt es am Ende des Tages auf eine faire Verteilung der Risiken an. Um eine adäquate Bestandsaufnahme des Zustands der gesamten Infrastruktur einer Region zu machen, bedarf es neben kompetenten Unternehmen einer guten Kooperation mit der ausschreibenden Behörde. Es ist wichtig, dass die Behörde sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Informationen transparent macht und auch die besonders schwierigen Themen offen besprochen 118

werden. Es gibt Risiken, die kein Privater managen kann und die deshalb von der öffentlichen Hand getragen werden müssen. So gibt es z.B. auf der Isle of Wight Regionen, die aufgrund geotechnischer Gegebenheiten sehr stark von Erosion bedroht sind, wodurch auch unerwartete und unplanbare Reparaturarbeiten erforderlich werden können. Solche Risiken müssen beim Auftraggeber verbleiben. Um die Kosten der CIP wie auch die Betriebsund Instandhaltungskosten gut zu planen, kommt den involvierten technischen Beratern eine herausragende Bedeutung zu. Banken legen einen großen Wert darauf, dass gerade die Risiken aus dem oben skizzierten hohen operational leverage durch angemessene Reserven im Projekt abgemindert werden. Der Auftraggeber wiederum kann auch helfen, die sich aus der langen CIP ergebenden Themenkomplexe zu lösen. Wenn die Auszahlung öffentlicher Zuschüsse z.B. so terminiert wird, dass sie die Auszahlungsphase des Fremdkapitals verkürzen, lassen sich die Refinanzierungskosten senken und die Zinsabsicherung wird leichter und günstiger. Nicht zuletzt hilft der Portfolioeffekt der Projekte selbst, einige Risiken in den Griff zu bekommen. Da es nicht nur um eine Straße, einen Tunnel oder eine Brücke geht, sondern um Hunderte, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich abweichende Kostenprofile bei einzelnen Bauwerken im Laufe der Zeit wenigstens teilweise ausgleichen. Darüber hinaus sind viele Arbeiten technisch wenig anspruchsvoll und lassen sich somit besser planen. Es wird spannend sein zu beobachten, ob und wie das britische Modell auch in anderen Ländern Anklang findet. Mit Blick auf den Zustand einiger Straßen vor der eigenen Haustür wäre­ uns der Erfolg sowohl als Beteiligten des Infra­ strukturmarktes als auch als Bürgern zu wünschen.


VERKEHRSWEGEBAU

Weltweite Erfahrungen mit PPP-Infrastruktur­ projekten: Erfolg in Chile Von Peter H. Coenen und Dr. Ansgar Bendiek

Das PPP-Modell von HOCHTIEF Solutions sieht vor, dass weltweit Infra­ strukturprojekte zu einem geeigneten Zeitpunkt verkauft werden, um mit dem gewonnenen Kapital neue Vorhaben zu finanzieren. Die chile­ nische Mautautobahn Vespucio Norte Express (VNE) ist das bislang ­profitabelste PPP-Vorhaben des Unternehmens. Der Vespucio Norte Express ist eine der modernsten Strecken der Welt: Die Verbindung ist seit Januar 2006 in Betrieb und eine der meistbefahrenen Straßen in Santiago de Chile. 2001 erhielt HOCHTIEF gemeinsam mit Partnern vom Ministerium für Öffentliche Arbeiten in Chile den Auftrag für das 29 Kilometer lange Teilstück der Ringautobahn um die chilenische Hauptstadt. Das Unternehmen plante, finanzierte und baute die Mautautobahn auf Basis eines Build-OperateTransfer-Vertrags (BOT) und war seit ihrer Eröffnung auch für den Betrieb verantwortlich. Der Konzessionsvertrag begann mit Aufnahme­ der Bauarbeiten im April 2003. Durch den Einsatz privaten Kapitals konnte die vorhandene vierspurige Straße zu einer kreuzungsfreien sechsspurigen Autobahn ausgebaut werden. Sie entlastet die 6-Millionen-Einwohner-Stadt erheblich vom Verkehr, der heute reibungsloser und sicherer fließt. Im September 2012 verkaufte HOCHTIEF seine gesamten Anteile an der Be­ treibergesellschaft des VNE und realisierte damit den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets. Erstes Projekt im Verkehrswegebau Der VNE war eines der ersten PPP-Projekte von HOCHTIEF im Bereich Verkehrsinfrastruktur. Nachdem das Unternehmen im Jahr 1999 – gemeinsam mit Bilfinger – den Zuschlag für die Konzession des Herrentunnels unter der Trave bei Lübeck erhalten hatte, folgte Ende 2001 der

Auftrag der chilenischen Regierung über Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb der Ringautobahn um die Hauptstadt Santiago de Chile. Die Mautstraße war unter dem Namen „Américo Vespucio Norte“ im Rahmen des chilenischen Konzessionsprogramms ausgeschrieben worden.

Peter H. Coenen ist Vorsitzender der Segmentleitung PPP Solutions, HOCHTIEF Solutions AG, Essen. Dr. Ansgar Bendiek leitet die Abteilung Sales & Transactions im Segment PPP ­Solutions.

Im damaligen Bieterverfahren konnte sich das HOCHTIEF-Konsortium zusammen mit der spanischen Baugruppe Dragados und zwei lokalen Partnern gegen starke internationale Konkurrenz durchsetzen. Bei PPP-Projekten ist es grundsätzlich von Vorteil, wenn das beauftragte Konsortium möglichst klar strukturiert ist, um die Zusammenarbeit effizient zu gestalten. Beim VNE wurden die Verantwortlichkeiten klar auf die am Projekt beteiligten Partner verteilt, wobei jeder den Teil übernahm, den er mit größtmöglicher Kompetenz abdeckte. So funktionierte auch das spätere Zusammenspiel zwischen den Bereichen Bau und Konzession reibungslos. Noch im Jahr 2002 gelang es dem Konsortium, die Strukturierung und Finanzierung des Vorhabens weitgehend abzuschließen, sodass im Frühjahr 2003 mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte. Mit Bauende 2006 wurde die Strecke, die in sechs Teilabschnitte zu jeweils 3,5 bis 6,5 Kilometer unterteilt ist, für den Verkehr freigegeben. Neben dem sechsspurigen Ausbau der

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vorhandenen Straße errichtete das Konsortium 19 Kreuzungsbauwerke, übernahm den Ausbau der Entwässerungskanäle und stellte das inte­ grierte Maut- und Verkehrsleitsystem betriebsbereit fertig. Mit Aufnahme der Bauarbeiten begann auch der 30-jährige Konzessionsvertrag. Das private In­ vestitionsvolumen der Autobahn in Höhe von 521 Millionen Euro wird während der 27-jährigen Betriebsphase durch Mautgebühren refinanziert. Dabei stellt der Vespucio Norte Express technologisch einen Meilenstein für vollelektronische Systeme zur Gebührenerhebung dar: Die Maut wird über ein Multilane-Free-Flow-System, ein vollelektronisches, barrierefreies System erhoben. Das im Fahrzeug befestigte Empfangsgerät kommuniziert mit der entsprechenden elektronischen Ausrüstung, die an Portalen über der Autobahn angebracht ist. Das Multilane-Free-FlowSystem gilt zurzeit als das weltweit modernste vollelektronische Mauterfassungsverfahren, das als übergreifendes und untereinander kompati­ bles System für die fünf Autobahnkonzessionen in Santiago de Chile mit etwa 150 Kilometern Gesamtlänge eingesetzt wird – u.a. auch beim Túnel San Cristóbal, dem zweiten Projekt, das HOCHTIEF Solutions in der chilenischen Hauptstadt verantwortet. Das Unternehmen hält weiterhin einen 50-prozentigen Anteil an dem Tunnel, der sich noch in einem früheren Projektsta­ dium befindet. Unvorhersehbare Risiken HOCHTIEF hat den VNE über mehr als zehn Jahre begleitet. Die langen Laufzeiten von PPPVerträgen bringen es mit sich, dass die privaten Auftragnehmer während des gesamten Projektverlaufs immer wieder auch gewissen Risiken ausgesetzt sind. Am 27. Februar 2010 erschütterte ein Erdbeben – das schwerste seit 50 Jahren – die chilenische Küstenregion. In der Hauptstadt Santiago de Chile wurden zahlreiche Gebäude zerstört oder 120

schwer beschädigt. Die Schäden konzentrierten sich auf das Gebiet um den Flughafen. Auch der VNE war von der Naturkatastrophe betroffen und wurde in Mitleidenschaft gezogen. Das Erdbeben und die nachfolgenden Reparaturarbeiten bedeuteten einen umfangreichen Einschnitt bei den weiteren Planungen, auch im Hinblick auf den Verkaufsprozess. Die Erdbebenproblematik lässt deutlich erkennen, dass es nur größeren Unternehmen gelin­ gen kann, mit den wirtschaftlichen Folgen unvorhersehbarer Ereignisse fertig zu werden. Sie verfügen über den nötigen finanziellen und personellen Hintergrund, um etwaige Rückschläge im Projektverlauf kompensieren zu können. Nur durch die schnelle versicherungstechnische Abwicklung und die Übernahme der Schadenssumme konnten die Reparaturarbeiten nach dem ­Erdbeben unverzüglich aufgenommen werden. So konnte die Projektgesellschaft beim VNE vor Ort innerhalb kürzester Zeit erforderliche Maßnahmen gegen die entstandenen Schäden einleiten. Schließlich waren zwei Brücken komplett oder teilweise eingestürzt, drei Brücken wurden stark beschädigt. Erste Reparaturen erfolgten innerhalb weniger Stunden und Tage, sodass der VNE zügig in beiden Fahrtrichtungen wieder zu 70 Prozent zu befahren war – ein beachtlicher Erfolg und eindrucksvoller Beweis für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen den Teams der Bereiche Bau und Konzession. Aufgrund die­ser Erfahrung hat HOCHTIEF mit Brookfield, dem Erwerber der Anteile, eine Vereinbarung über zukünftige technische Unterstützung abgeschlossen. Stabiles wirtschaftliches Umfeld Der VNE ist auch in weiterer Hinsicht ein echtes Erfolgsbeispiel. Das Projekt zeigt, dass es möglich ist, auch dann eine hohe Rendite bei einer mautabhängigen Straße zu erzielen, wenn sich der Markt durch unvorhergesehene Ereignisse anders entwickelt als erwartet. Gleichzeitig wird


deutlich, dass ein stabiles wirtschaftliches Umfeld bei einem Verkehrsmengenrisikoprojekt einen zentralen Faktor, wenn nicht sogar eine unabdingbare Voraussetzung für den Projekterfolg darstellt. In Chile war diese Bedingung erfüllt. Aktuelle Erfahrungen im griechischen Markt zeigen hingegen, dass Projekte, die unter ähnlichen Voraussetzungen gestartet sind, vom Einfluss einer kriselnden Wirtschaft stark beeinträchtigt werden und nur schwer zum Erfolg zu führen sind.

wurde damit um rund 82 Prozent überzeichnet. Da der Zinssatz mit 5,25 Prozent pro Jahr, fest über 24,5 Jahre, unter dem offiziellen Anleihezinssatz (Face Rate) von 5,3 Prozent lag, brachte die Versteigerung einen zusätzlichen Erlös von etwa 14 Millionen Euro, der sowohl dem Projekt als zusätzliche Liquidität als auch den Anteilseignern in Form von geringeren Eigenmitteln zugutekam. Die Emission war damit in Bezug auf Betrag, Nachfrage und Zinssatz die seinerzeit erfolgreichste im chilenischen Markt.

Langfristige, lokale Finanzierung Mit einer äußerst erfolgreichen Anleiheemission­hatte der VNE im Juni 2004 seine langfris­ tige lokale Finanzierung gesichert: Dabei hatte

Die Anleihe wurde von Citibank Global Markets an den Markt gebracht und von der amerikanischen Versicherungsgesellschaft MBIA versichert. Die Anleihe verfügte damit über ein internatio-

Im September 2012 verkaufte HOCHTIEF seine gesamten Anteile an der Betreibergesellschaft des Vespucio Norte Express in Santiago de Chile und realisierte damit den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets

die Gesellschaft den Maximalbetrag von etwa 380 Millionen Euro ausgelobt. Die Anleiheemis­ sion konnte nach der sogenannten holländischen­ Methode innerhalb von nur einer Minute­platziert werden. Die Nachfrage nach der Anleiheemis­sion lag bei etwa 650 Millionen Euro und

nales AAA-Rating, sowohl von Standard & Poor’s als auch von Moody’s. Durch dieses Rating und die lange Laufzeit war sie für die lokalen Pen­ sionsfonds und Lebensversicherungsgesellschaften äußerst attraktiv. Bei der Bewertung des Projekts durch Investoren und Ratingagenturen 121


wurden die solide Finanzstruktur auf der Grundlage von realistischen Verkehrs- und Einnahmeprognosen sowie die Solidität und Erfahrung der Gesellschafter bei Konzessionsprojekten im Verkehrsinfrastrukturbereich hervorgehoben. Die innovative Finanzierung erhielt den LatinFinance-Award „Best Project Finance Deal of 2004“. Verkaufsprozess Fester Bestandteil des PPP-Geschäftsmodells von HOCHTIEF ist es, dass – ähnlich wie bei der Projektentwicklung – die entwickelten und optimierten Infrastrukturprojekte zu einem geeigneten Zeitpunkt verkauft werden sollen. Auf diese Weise setzt das Unternehmen Kapital frei, das wiederum in die Entwicklung neuer Vorhaben investiert werden kann. Beispielsweise gab PPP Solutions 2007 Investoren die Möglichkeit, sich am Schulportfolio in Großbritannien zu beteiligen. Sechs der PPP-Schulprojekte wurden zu diesem Zweck in die Investitionspartnerschaft HOCHTIEF PPP Schools Capital eingebracht und 49 Prozent der Anteile an den Projekten an einen börsennotierten Spezialfonds verkauft. Im selben Jahr begann das Unternehmen damit, seine Anteile am Vespucio Norte Express durch eine strukturierte Transaktion zu veräußern. 2007 und 2008 wurden insgesamt 16,25 Prozent am Projekt zu einem Preis von ca. 107 Millionen ­Euro erfolgreich an eine Investorengruppe um M.M. Warburg verkauft. Der Anteil des Unter-

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nehmens an der Mautautobahn betrug danach noch 29,2 Prozent. 2012 schloss HOCHTIEF dann den Verkauf seiner gesamten Beteiligung von 45,45 Prozent an der Betreibergesellschaft des VNE mit der Unterstützung des renommierten Finanzberaters ­Lazard New York erfolgreich ab. Die Veräußerung an ein Konsortium unter Führung von Brookfield hatte einen Wert von 230 Millionen Euro. Mit diesem Verkauf – dem bedeutendsten in der Geschichte von PPP bei HOCHTIEF – ist es gelungen, in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld den Wert eines reifen Infrastruktur-Assets zu realisieren. Das Projekt mit seiner hohen Rendite und einem entsprechenden Ergebnisbeitrag war das profitabelste PPP-Vorhaben der HOCHTIEF PPP Solutions. Es zeigt auch, welche besonderen Chancen Verkehrsinfrastrukturprojekte bieten, und bestätigt die Strategie und das Geschäftsmodell des Unternehmens. Eine wesentliche Voraussetzung für diesen Erfolg war das erfahrene Projektteam, das den Verkauf professionell durchgeführt hat. Zudem kannte der Investor Brookfield das Projekt sehr gut und war darum von der Werthaltigkeit des Assets überzeugt. Entscheidend war letztlich auch das richtige Timing: Die Erfahrungen beim Verkaufsprozess haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, abzuwarten, sich nicht unter Druck setzen zu lassen, bis der günstigste Zeitpunkt für die Veräußerung erreicht ist und die bestmögliche Rendite erzielt werden kann.


VERKEHRSWEGEBAU

Entlang der Seidenstraße: ein wichtiger Handelsweg nach Asien Von Michael Korn

Bis heute ist die Seidenstraße ein wichtiger Handelsweg zwischen Europa und Asien. In einem Projekt der Europäischen Union wird der grenzübergreifende Informationsfluss der Länder, die am Transportkorridor zwischen Europa, dem Kaukasus und Asien liegen, gefördert. PPP stößt auch hier als Beschaffungsvariante zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur auf großes Interesse. Der Begriff „Seidenstraße“ ist die Wortschöpfung des deutschen Geografen Ferdinand Freiherr von Richthofen. Ihre Geschichte geht wohl – wie die einer Vielzahl historischer Handelswege – zurück auf das Römische Reich. Die Seidenstraße bestand aus einem verzweigten Netz von Karawanenwegen durch China, Zentralasien, Indien, Persien, den Kaukasus, die Türkei und den Nahen Osten. Es war und ist eine wichtige Handelsstraße zwischen Südosteuropa und Ostasien. Auf der Seidenstraße fanden Seide, Gewürze, Porzellan, Jade, Bronze, Lacke und Eisen den Weg nach Europa und z.B. Glas den Weg nach Ostasien. Heute haben die Warenströme von und nach Asien für Europa mehr Bedeutung denn je. Waren im Wert von 428,3 Milliarden Euro wurden 2011 nach Angaben der Europäischen Kommission allein mit China gehandelt. Es wird erwartet, dass allein das Frachtaufkommen über die Straße zwischen Europa und Asien 2015 etwa 8,86 Millionen Tonnen im Jahr betragen wird. Drei verschiedene Landrouten Insgesamt werden Waren neben dem Transport durch die Luft und die Weltmeere grundsätzlich auf drei verschiedenen Routen befördert. Die nördliche Route, die Trans Russian Route, quert auf dem Weg von China Kirgistan und Kasachstan und führt durch weite Teile Russlands nach Europa. Die südliche Route, die Trans Turkey/

Michael Korn ist Prokurist und Leiter des Bereichs Infrastruktur bei Alfen Consult GmbH, Weimar.

Iran Route, quert die Staaten Kirgistan, Usbekistan, Turkmenistan, Iran, Türkei und Bulgarien. Die mittlere Route, die Trans Caucasus Route, quert auf dem Weg durch den Kaukasus Kirgistan, Usbekistan, Kasachstan, Aserbeidschan und Georgien sowie die Ukraine, Bulgarien oder Rumänien. Dabei sind zusätzlich das Kaspische und das Schwarze Meer zu überqueren. Derzeit wird die Trans Russian Route deutlich bevorzugt, da sie aufgrund der geringeren Anzahl an Grenzquerungen und eines schon recht gut ausgebauten Netzes sowie höherer Sicherheitsstandards attraktiver ist als die anderen beiden. Die südlicheren Routen sind nicht durchgängig und in angemessener Qualität befahrbar, die Grenzabfertigung dauert mitunter Tage und es gibt immer wieder politische Spannungen benachbarter Länder. Darüber hinaus ist Bestechlichkeit und Korruption noch immer ein Thema, auch wenn die Staaten diese durchaus erfolgreich bekämpfen. Auf der Corruption Perception List 2012 von Transparency International liegt Armenien auf Rang 105, Aserbeidschan auf 139, Georgien auf 51, Kasachstan auf 133, Kirgistan auf 154, Moldawien auf 94, Tadschikistan auf 157, die Ukraine auf 144 und Usbekistan auf Rang 170. IDEA-Projekt Die EU engagiert sich seit Jahren in der Region und hat im Rahmen des sogenannten Transport

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Corridor Europe Cacasus Asia (TRACECA)Programms vielfältige Projekte finanziert. Eines dieser Projekte trägt den Namen TRACECAIDEA (Transport Interoperability and Dialogue between the EU Caucasus and Asian) und zielt da­rauf ab, die grenzüberschreitende und kultur­ kreisübergreifende Kommunikation und Kooperation der TRACECA-Staaten Armenien, Aserbeidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Moldawien, Tadschikistan, Usbekistan und Ukraine sowie der assoziierten Länder Bulgarien, Rumänien und Türkei als Begünstigte aus dem Projekt zu stärken. Das Projekt wurde durch das Beraterteam Trasporto e Territorio (TRT) Mailand, Dornier Consulting GmbH Berlin, PTV AG Karlsruhe und Alfen Consult GmbH Weimar im Zeitraum Mitte 2009 bis Ende 2012 bearbeitet. Alfen Consult war für die Themenbereiche Finanzierung und PPP verantwortlich. Die Kernziele des Projekts bestanden in der x

Stärkung der politischen und transportorientierten Dialogmechanismen, x Unterstützung der Umsetzung der langfristigen IGC (TRACECA Inter-Governmental Commission)-Strategie bis 2015 und des entsprechenden Action Plan, x Identifikation, Priorisierung, Evaluierung­­ und Präsentation der TRACECA-Verkehrs­ infrastruktur-Projektvorschläge. Wesentlicher Erfolgsfaktor war und ist aus Sicht der Beteiligten, dass der Ansatz des IDEA-Projekts weniger auf der Führung der Länder als vielmehr auf der Unterstützung der TRACECA-Staaten bei aus Eigeninteresse initiierten Aktivitäten liegt. Die TRACECA-Staaten haben das Vorgehen untereinander gemeinsam abgestimmt und sich so die Konkretisierung der mit dem IDEA-Projekt dargebotenen Unterstützung zu eigen gemacht und nach ihren Bedürfnissen ausgestaltet. Besonderen Anklang fanden die 2010 und 2012 abgehaltenen TRACECA-Investment-Foren, auf denen die TRACECA-Staaten für priorisierte Projekte bei institutionellen und sonstigen Investoren werben 124

konnten. Eine Reihe von wichtigen Verkehrsprojekten konnte so auf den Weg gebracht werden. Die Liste der bisher priorisierten Projekte findet sich unter www.traceca-org.org/fileadmin/fmdam/Investment_Forum/BOOKLET_final.pdf. Objektive Priorisierungsmethodik Voraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung der Projekte und des darauf basierenden internationalen Interesses waren die Unterstützung bei der Schaffung des Verständnisses für tragfähige Strukturen der Projekte und die speziellen Anforderungen institutioneller und sonstiger Investoren. Ein Schwerpunkt lag daher auf der Bereitstellung und Verbreiterung der Wissensbasis, aber auch auf der Begleitung der Vorbereitung und Auswahl der Projekte sowie der Erstellung der entsprechenden Projektdokumentation. Als Basis für die Auswahl und Reihung der Projekte wurde eine objektive Priorisierungsmethodik durch IDEA entworfen und implementiert, im Rahmen derer die TRACECA-Staaten gemeinsam die Projekte evaluierten. Wesentliche Elemente der Evaluationsmethode sind der auf der Analytic Hierarchy Process (AHP)-Methode basierende paarweise Vergleich der Projekte anhand vordefinierter Kriterien untereinander, aber auch die Prozessstruktur der Evaluierung. Die jeweils durch die Staaten vorgestellten Projekte wurden durch drei Bewertungsgruppen, deren Mitglieder aus regional zusammenhängenden TRACECA-Staaten bestehen, bewertet. Ferner entsendet jede Bewertungsgruppe einen Beobachter in die anderen Gruppen, um die Konsistenz und Objektivität der Gesamtbewertung zu sichern. Die kontinuierliche, enge Kommunikation der Staaten im und mit dem IDEA-Projekt war dabei Erfolgsgarant. Das nötige Know-how wurde durch spezielle Trainingsmaßnahmen zur Projektauswahl und -bewertung (Economic Project Appraisal) sowie­ zur finanziellen Strukturierung und Bewertung (Financial Project Appraisal) vertieft, die die


umfangreichen Trainingsmaßnahmen der EU und anderer Förderer in der Region abrunden. Grundlage des Trainings waren die speziell auf den ­TRACECA-Raum abgestimmten Werkzeuge „­ TRACECA Appraisal Manual“ und das von Alfen Consult erstellte „TRACECA Investment Manual“. Wesentliche Themenbereiche betreffen: x

Sinn und Zweck von Kosten-Nutzen-Analysen und deren Aussagekraft x Grundlagen und Herausforderungen der zugrunde liegenden Berechnungen und Annahmen x Berücksichtigung von externen Kosten und sonstigen externen Effekten des Verkehrs x Identifizierung von und Umgang mit Optimism Bias, der Tendenz zur Überschätzung von Nutzen und Unterschätzung von Kosten in Kosten-Nutzen-Analysen x Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Bereitstellung und Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur x Mögliche Beschaffungsansätze und grundsätzliche Strukturierungsoptionen für Verkehrsinfrastruktur x Risikobewertung und effiziente Risikoallokation als Voraussetzung für den Projekterfolg x Methoden und Instrumente zur Einschätzung und Bewertung der finanzwirtschaftlichen Machbarkeit x Herkunft und Charakteristika verschiedener Finanzierungsinstrumente und die damit verbundenen Risiken und Verpflichtungen x Diskussion und Auswertung konstruierter und tatsächlicher Case Studies zur Identifizierung von Best Practice Transnationale, integrierte Planung Als Werkzeug wurde durch IDEA ein Verkehrsmodell für die Region erstellt, in dem die Verkehrsströme je nach Netzgestaltung modelliert und analysiert werden können. Die Anwendungsmöglichkeiten und Bedienung wurden in

weiteren intensiven Trainingseinheiten den Verantwortlichen aus den TRACECA-Staaten nähergebracht. Sie verfügen damit über ein grenzüberschreitend einsetzbares Planungsinstrument, das eine transnationale und integrierte Planung von Projekten ermöglicht. Für die Messung des Fortschritts in der Entwicklung des Verkehrskorridors wurde der sogenannte TRACECA-Transport-­ Route-Attractiveness-Index (TRAX) entwickelt, der auf Basis von ausgewerteten Fernfahrerdaten die Attraktivität des Transportkorridors im Vergleich zu alternativen Routen bewertet. Neben der Bereitstellung geeigneter Planungsund Evaluierungsinstrumente sowie einer breiten Wissensbasis war Kommunikation für den Erfolg der transnationalen Verkehrsprojekte entscheidend. Hierzu gehört auch, dass die TRACECAStaaten auf Harmonisierungspotenziale aufmerksam gemacht werden und ihnen die Möglichkeit gegeben wird, die für internationale Investoren maßgeblichen Parameter zu überwachen. Es wurde von IDEA daher ein Arbeitspapier zu Harmonisierungsmöglichkeiten der Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Infrastrukturprojekte sowie spezifische Länderreports erstellt und Strukturdaten der einzelnen Länder zusammengestellt. Diese werden nunmehr von den ­TRACECA-Staaten selbst von Zeit zu Zeit aktualisiert, um ein Monitoring zu ermöglichen. Darüber hinaus wurden eine Vielzahl von Konferenzen, Meetings und interministerieller Treffen durch IDEA organisiert, in denen die Strategie für die weitere verkehrspolitische Entwicklung der Region und der Projekte im Mittelpunkt standen. Außerdem wurden nicht zuletzt im Rahmen der Projektpriorisierung die Möglichkeiten und Grenzen von PPP analysiert und diskutiert. PPP stößt bei den TRACECA-Staaten aufgrund der erweiterten Finanzierungsmöglichkeiten, aber insbesondere auch aufgrund der höheren Verlässlichkeit beim Zeit- und Kostenrahmen bei der Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur auf großes Interesse. Hierfür sorgen zum einen die Anreizstrukturen innerhalb von PPP, aber auch die 125


aufgenommen. Auf dem TRACECA Investment Forum 2012 haben EIB und EBRD erklärt, dass sie die Finanzierung von Projekten in Georgien, Armenien, Kasachstan und Moldawien beabsichtigen, und die ADB integrierte drei kasachische Eisenbahnprojekte in ihre Finanzierungsstrategie bis 2015.

in den TRACECA-Staaten regelmäßig maßgeblich beteiligten institutionellen Investoren wie ADB, EBRD oder die Weltbankgruppe mit ihren strengen Anforderungen, Regularien und begleitendem Monitoring. Aus der auf dem TRACECA Investment Forum 2012 präsentierten Prioritätenliste der TRACECAStaaten wurden bisher zwei Projekte finanziert, für drei Projekte wurden die Finanzierungszusagen erteilt, zwei Projekte werden eng durch institutionelle Finanzmittelgeber betreut und acht Länder haben konkrete Investorengespräche

Dem Erfolg des Projekts geschuldet wurde 2013 ein Folgeprojekt IDEA II aufgelegt, das einen erweiterten Fokus auf die Finanzierung und Umsetzung von Projekten legt sowie weitere Länder (Turkmenistan) einbezieht.

Land Projekt Projekttyp

Investitions- volumen

Finanzierung

24,4

Betreiber, Weltbank, ADB

Armenien

Yerevan Logistic Centre

Logistik

(Mio. E)

Aserbeidschan Baku - Alyat - Beyuk Kesik Schiene 1.000 Railway rehabilitation

Bulgarien

Varna Ferryboat

Eisenbahnfähre

1,0

Betreiber

Georgien

Poti-Baku Container Block Train

Schiene

8,5

Betreiber

Kasachstan Kirgistan

Shymkent – Tashkent Road Straße 71,0 Reconstruction Aero Navigation Facilities Luftsicherheit 15,6 Modernization

Moldawien

Slobozia Bypass on Chisinau- Straße 21,3 Giurgiulesti Road

Verhandlungen nicht abgeschlossen

Rumänien

Mures-Iasi-Ungheni Motorway Straße 6.100 Section

Verhandlungen nicht abgeschlossen

Tadschikistan

Vahdat-Karmayk (Kyrgyz border) Schiene 1.600 Railway

Verhandlungen nicht abgeschlossen

Türkei

Istanbul Atatürk Airport Luftfahrt 5,0 Passenger Right Information Centre

Betreiber

Ukraine

Ilyichevsk Port Multi-Modal Hafen 7,0 Complex

Betreiber

Usbekistan

Centralised Information IT 15,0 Web for Customs

Usbekistan

Priorisierte Projekte 2012 – präsentiert auf demTRACECA Investmentforum 2012

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Betreiber, Weltbank, Aserbeidschan, Tschechische Exportbank

Betreiber, EBRD Betreiber


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

Die Finanzierungsmöglichkeiten von PPP im Wandel der Zeiten Von Dr. Hans-Georg Napp

Trotz vieler erfolgreich umgesetzter Vorhaben konnte sich in der Gesellschaft und damit auch häufig auf politischer Ebene bislang keine echte Unterstützung für PPP entwickeln. Stattdessen führte die zunehmende Verunsicherung bei der Entscheidung für eine Beschaffungsvariante PPP teilweise zu einem Rückzug. Makroökonomisch konnte man zwar erwarten, dass die deutsche Konjunktur durch den stabilen Arbeitsmarkt und die belebte Entwicklung der Binnennachfrage positiv beeinflusst wird; doch hatten die Auswirkungen der Kapitalmarktkrise erhebliche Folgen für die Mittelbeschaffung – selbst bei rein kommunaler Bonitätsleihe. Zudem bedürfen Erhaltung und Ausbau der öffentlichen Infrastruktur neben den Anforderungen der Energiewende im Besonderen und den finanzpolitischen Herausforderungen im Allgemeinen großer Anstrengungen auf allen föderalen Ebenen. Wenngleich die Steueraufkommen für 2011 und 2012 positive Zahlen gebracht haben, ist die Belastbarkeit öffentlicher Haushalte für all diese Aufgaben vielfach nicht mehr gegeben. Daher scheint es geboten, dass Bund, Länder und Kommunen die Chancen auf wirtschaftliche Vorteile und betriebswirtschaftliche Effizienz prüfen, um öffentliche Gelder wirkungsorientiert einsetzen zu können. Eine erhöhte politische Offenheit für PPP sollte die Folge sein.

hat richtigerweise zu einer Beschäftigung und damit zu einer Quantifizierung jeder einzelnen ein Projekt bestimmenden Einflussgröße geführt. Dabei geht es letztlich um eine Gesamtoptimierung über den Lebenszyklus und damit die Realisierung von Effizienzvorteilen, die natürlich auch die jeweilige Betriebs­ phase beinhalten.

Dr. Hans-Georg Napp ist Bankdirektor und Leiter des ­Zielkundenbereichs „Öffentliche Hand/ Kommunalnahe ­Unternehmen“ der Landesbank ­Hessen-Thüringen und stellvertretender Vorsitzender des PPPVereins Hessen e.V.

Sensibilisierung der öffentlichen Hand

Zur Finanzierungsseite öffentlich-privater Partnerschaftsprojekte ist festzustellen, dass die stark gestiegene Unsicherheit der Kreditinstitute bezogen auf ihren eigenen Liquiditätsbedarf sowie die Beeinträchtigung einer zuverlässigen Bonitätseinschätzung der Geschäftspartner die Refinanzierung vieler Institute nur mit (Marktrisiko-)Aufschlägen erlaubten bzw. erlauben. Die Frage der (Re-)Finanzierung auch bei PPP-Projekten steht daher stärker denn je im Fokus. PPP-Finanzierungsstrukturen, insbesondere beim einredefreien Ankauf von Forderungen, waren bzw. sind aber von den Auswirkungen der Krise weniger betroffen als viele andere Bereiche der Wirtschaft.

Die öffentliche Hand hat mit Beschaffungsalternativen im Rahmen von PPP bis dato also durchaus ein neues Verständnis zur Realisierung von öffentlichen Infrastrukturprojekten entwickelt. Mit der Umsetzung erfolgversprechender PPP-Strukturen ging eine Sensibilisierung der öffentlichen Hand bezüglich der preis- und kostenbestimmenden Faktoren von Infrastrukturprojekten einher und

Die PPP-Finanzierungssystematik bietet in der Regel umfangreiche Variationsmöglichkeiten, um auf die geänderten Rahmenbedingungen zu reagieren. Bonitätsunabhängig können Darlehensanfragen aber oft nicht mehr aus einer Hand allein bedient werden. Dabei sind interne Restriktionen ebenso ausschlaggebend wie lange Laufzeiterwartungen auf der Kundenseite. Es empfiehlt sich

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da­her, bereits bei Ansprache der Bankpartner die Aufteilung des Finanzierungsbedarfs auf mehrere Gläubiger in Erwägung zu ziehen oder die aktuell häufig mit maximal zehn Jahren darstellbare Kreditlaufzeit durch Zinsderivate für die verbleibende Restlaufzeit abzusichern, um die Kalkulationssicherheit für die Projektgesamtdauer zu erhöhen.

Entscheidungskompetenzen sowie eine deutliche Trennung von Leistungserstellungen und politischer Einflussnahme. Dies trägt mit dazu bei, dass die Privatwirtschaft und die öffentliche Hand näher zusammenrücken müssen, um auch weiterhin die Chancen im PPP-Markt gemeinsam und vorteilsstiftend zu heben.

Wesentliches Ziel einer risikoadjustierten Finanzierung ist die Identifikation und sachgerechte Zuweisung von Projektrisiken. Die Projektfinanzierung ist allgemein anerkannt die Form der Finanzierung, mit der in der weitestgehenden Art

Berücksichtigung des Gemeinwohls Wenngleich gelegentliche Kritik an der Bürokratie durch viele Bürger geteilt wird, geht dies allerdings nicht mit einem Ruf nach mehr ech-

Hochtaunusklinik Bad Homburg, ein Projekt der BAM Deutschland AG und der Hannover Leasing, finanziert durch die Landesbank Hessen-Thüringen, Bayerische Landesbank und die TaunusSparkasse

und Weise Risiken auf den privaten Projektpartner übertragen werden. Finanzierungspartner werden daher an die Projektprüfung und an die Projektbegleitung hohe Anforderungen stellen. Hierin liegt ein wesentlicher Vorteil auch für den öffentlichen Auftraggeber. Zu den Projektrisiken zählen hierbei Konflikte zwischen den beiden Partnern, wie etwa der Verlust von öffentlichem Einfluss sowie ein Imageverlust auf beiden Seiten, wenn das Projekt nicht erfolgreich verläuft. Ein gelungenes PPP-Projekt benötigt daher klar verteilte Verantwortungs- und 128

ter Privatisierung einher. Vielmehr hat sich die Skepsis gegenüber Privatisierungen in den letzten fünf Jahren eher verstärkt. Gemäß der Studie von ­forsa „Bürgerbefragung öffentlicher Dienst 2011“ stimmten beispielsweise 82 Prozent der Befragten dafür, Schulen als öffentliche Hochbauten nicht zu „privatisieren“, für den öffentlichen Personennahverkehr sehen dagegen nur 40 Prozent, dass dieser in öffentlicher Regie verbleiben solle. Es gilt daher, vertragliche Partnerschaftsmodelle dahingehend zu entwickeln, dass gegenüber der Öffentlichkeit ein hohes Maß an Transparenz sichergestellt wird und gleichzeitig möglichst viele der


Aspekte beachtet werden, die für die Kommunen, die Beschäftigten und die Bürger von Bedeutung sind. Die Berücksichtigung des Gemeinwohls etwa durch eine die privaten Haushalte und damit die Bürger schonende Gebührenpolitik könnte zu Lasten einer Gewinnmaximierung als Zeichen gesetzt werden, das zu einer Akzeptanzerhöhung beitragen kann. Dies nicht zuletzt, da Daseinsvorsorge nicht nur die flächendeckende Bereitstellung von Leistungen unter Kosten- und Qualitätsaspekten beinhaltet, sondern auch die aktive Einbindung der Nutzer und damit Bürger an der Weiterentwicklung und Nachhaltigkeit öffentlicher Dienstleistungen. Die zunehmende Bedeutung solcher Fragen und die Bedeutung der Einbindung der Bürgerschaft bei Planung und Realisierung bedeutender In­ frastruktur-Großprojekte steckt die Rahmenbedingungen und Eckpunkte der Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichem Sektor neu ab. Gelungene Kommunikation trägt in diesem Zusammenhang erheblich dazu bei, diese Ziele der öffentlichen Hand, das heißt des Staates und der Kommunen, mit Hilfe von PPP zu erreichen. Gegenüber den Betroffenen und Beteiligten ist überzeugend darzustellen, dass es gerade die Eigenschaften von PPP sind, die zu mehr Qualität, mehr Effizienz, weniger Kosten und mehr Transparenz führen. Deshalb ist es immer wieder sinnvoll, die Besonderheiten von PPP in geeigneter Form herauszustellen. Diese sind Planen, Bauen, Betreiben, Finanzieren und ggf. Verwerten aus einer Hand im Rahmen der Lebenszy­ klusbetrachtung, optimale Risikozuordnung, outputorientierte Leistungsbeschreibung, optimierte Transparenz und eine partnerschaftliche Form der Kooperation. Dies impliziert, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren effizienter sowie die Kommunikation und Teilhabe der Bürger bei In­ frastrukturprojekten verbessert werden sollten. Risiken quantifizieren Zurück zu den Finanzierungsaspekten: Im Rahmen der bei PPP-Projekten erforderlichen Wirt-

schaftlichkeitsuntersuchungen wird die Forfaitierung von manchen Beratern – neben dem obligatorischen Vergleich mit einer Kommunaldarlehensfinanzierung – auch mit der Finanzierungsform „Projektfinanzierung“ verglichen. Im Hinblick auf die Risikopositionen des öffentlichen Auftraggebers bietet die Forfaitierung in Verbindung mit einer PPP-Zwischenfinanzierung die Möglichkeit, gewisse Risiken auf den privaten Auftragnehmer zu verlagern, die bei einer Kommunaldarlehensfinanzierung bei der öffentlichen Hand verbleiben würden. Eine weitergehende Risikoübertragung ist im Vergleich hierzu aber nur unter Verwendung einer Projektfinanzierung möglich. Letztlich ist eine Risikoverlagerung von der öffentlichen Hand auf den privaten Partner aber nicht Selbstzweck, sondern muss immer im Verhältnis zu den damit verbundenen Mehrkosten beurteilt werden. Bei Wirtschaftlichkeitsvergleichen zwischen Forfaitierung und Projektfinanzierung werden also die jeweiligen Mehr- bzw. Minderrisiken für die öffentliche Hand quantifiziert und in die Bewertung mit aufgenommen. Es hat sich vielfach gezeigt, dass die Projektfinanzierung in der Gesamtbetrachtung der Risiko- bzw. Kostenrelation insbesondere bei großvolumigeren PPP-Projekten auch wirtschaftlicher sein kann als ein Forfaitierungsmodell. Dies liegt u.a. an den bei Projektfinanzierungen bestehenden, im Vergleich zur Forfaitierung deutlich höheren Transaktionskosten. Um einen solchen – nicht direkt vom Projektvolumen abhängigen – Kostenblock zu rechtfertigen, bedarf es einer gewissen Masse an potenziellen, übertragbaren Risiken, die in Proportionalität zum Projektvolumen bestehen. Das bedeutet, dass der öffentliche Auftraggeber bei vielen Projekten erst ab einem gewissen Projektvolumen einen angemessenen Preis für die mit Hilfe der Projektfinanzierung übertragenen Risiken zahlt. Eine Überprüfung, welches Finanzierungsmodell – Forfaitierung oder Projektfinanzierung – das wirtschaftlichere ist, muss daher im Einzelfall vorgenommen werden. 129


Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber, eine Finanzierung als Forfaitierungsmodell auszugestalten und damit einen Einredeverzicht zu erklären, ist er gut beraten, die Entscheidung bereits im Vorfeld der Ausschreibung zu fällen und in der Vergabebekanntmachung zu veröffentlichen. Würde die Bereitschaft zu einer Einredeverzichtserklärung nicht allen Bietern gleichermaßen mitgeteilt, könnte dies zu einer Begünstigung einzelner Marktteilnehmer im Verfahren führen und möglicherweise einen Beihilfetatbestand auslösen. Maastrichter Verschuldungskriterien Differenziert zu sehen ist nach wie vor die Anrechnungspflicht der mit einem Einredeverzicht versehenen forfaitierten Forderungen auf den öffentlichen Defizitsaldo nach den Maastrichter ­Verschuldungskriterien. EUROSTAT hat zwar zur Anrechnung von PPP-Modellen ausgeführt, dass Projekte dann nicht im Sinne der Maastrichter Kriterien einzurechnen seien, wenn das Baurisiko und entweder das Ausfall- oder das Nachfragerisiko auf den privaten Partner übertragen werden. Aber gerade die Bewertung, wann das Ausfall- oder Nachfragerisiko tatsächlich übertragen wird, ist strittig. In Abhängigkeit von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung, insbesondere dem Sicherheitenkonzept, kann die einredebefreite Forfaitierung jedenfalls dazu führen, dass

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ein hinreichender Risikotransfer auf den privaten Partner im Sinne der EUROSTAT-Kriterien nicht vorliegt und die Verbindlichkeiten im Sinne der Maastrichter Verschuldungsregeln anrechnungspflichtig sind. Abschließend sei festzuhalten, dass auch bei Herausforderungen, die über Partnerschaftsprojekte hinausgehen, Projekt- und Finanzierungserfahrungen aus PPP-Vorhaben Orientierung für künftige Problemlösungen bieten. So trifft gegenwärtig die angespannte Finanzlage der staatlichen bzw. kommunalen Haushalte auf eine Erwartungshaltung der Bürger, ökologisch orientierte Energieversorgung zukünftig vor allem auch durch öffentliche Leistungserbringer umzusetzen. In der Vergangenheit gefällte Privatisierungsentscheidungen bei der Daseinsvorsorge werden hinterfragt und die hohe Zahl auslaufender Konzessionsverträge führt zu einer Auseinandersetzung und neuen Ausrichtung der gemeindlichen Energiepolitik. Damit wird deutlich, dass Lebenszyklusgedanken, Effizienzgesichtspunkte, Nachhaltigkeitsaspekte und Risikoabwägungen auch im Rahmen der Energiewende Beachtung finden werden. Öffentlich-Private Partnerschaften können auch bei Rekommunalisierungen – etwa im Bereich der Energienetze – ihren Einsatz finden. Damit kann der kommunale Einfluss auch auf dem stetig bedeutsamer werdenden Energiemarkt gestärkt werden.


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

Transparenz bei ÖPP-Projekten: Forschungsprojekt zeigt Handlungsoptionen Von Dr. Johannes Schuy und Anja Tannhäuser

Kaum ein Schlagwort beherrscht heute den öffentlichen Diskurs so sehr wie die Transparenz. Bürgerinitiativen, Verbraucher, Politiker, Kirchen – jeder fordert heute mehr Transparenz in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen. Die Debatte hat auch den ÖPP-Sektor erreicht. Kritiker dieser Entwicklung wie der Philosoph ­Byung-Chul Han sprechen inzwischen schon von einer Transparenzhysterie, in der die Lebensräume der Individuen nahezu vollständig ausgeleuchtet werden und in der Transparenz zum Allheilmittel einer verunsicherten Gesellschaft verklärt wird. Die Transparenzdiskussion hat – wenn auch mit sehr eingeschränktem Fokus – auch den Bereich Öffentlich-Privater Partnerschaften erreicht. Hier geht es darum, die von geplanten Projekten betroffenen Bürger frühzeitig zu informieren, aber auch um die Offenlegung von Dokumenten und Verträgen oder um die Nachvollziehbarkeit von Verwaltungsentscheidungen. Im Idealfall soll die so gewährte Transparenz zu einem verstärkt sachlichen Austausch der Perspektiven und Argumente zwischen Bürgern und Verwaltung führen. Bürgerschaftliches Engagement Transparenz – in diesem politischen Sinne – ist ein essenzieller Bestandteil des demokratischen Prinzips und hat im politischen Prozess eine wichtige Feedback-Funktion: Transparenz ermöglicht den Bürgern, Probleme wahrzunehmen, Beschwerden zu äußern und den politischen Repräsentanten Verbesserungsvorschläge mitzuteilen. Häufig kann der Repräsentant die drängenden Probleme erst hierdurch wahrnehmen und folglich effizient bearbeiten. Das Bedürfnis, sich maßgeblich in Verwaltungsentscheidungen einzumischen, außerparlamentarisch mitzubestimmen und Än-

derungen herbeizuführen, ist prägend für das zunehmende bürgerschaftliche Engagement. Aufgrund der Erklärungsbedürftigkeit des immer noch jungen Beschaffungsmodells besteht bei ÖPP-Projekten ein höherer Bedarf an Informationen als bei schon lange etablierten Beschaffungswegen. Fehlende Kommunikation über diese Beschaffungsform wird als Verheimlichen verstanden und gibt Fehlinterpretationen Raum.

Dr. Johannes Schuy ist Mitglied des ­Vorstands und Anja Tannhäuser ist Leiterin Marketing & Kommunikation der ÖPP Deutschland AG.

Forschungsprojekt „Transparenz bei ÖPP-Projekten“ Vor diesem Hintergrund hat die ÖPP Deutschland AG im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen eine empirische Untersuchung durchgeführt, die sich mit der „Transparenz bei ÖPP-Projekten“ beschäftigt hat. Ziel der Untersuchung war es, exemplarisch die tatsächlichen bzw. wahrgenommenen Informationslücken der an einem ÖPP-Prozess beteiligten Gruppen in geplanten, laufenden und abgebrochenen ÖPP-Projekten zu erheben. Die Arbeit wurde in zwei Etappen durchgeführt. In der deskriptiven ersten Phase wurden die im ÖPP-Prozess relevanten Akteure, deren bisheriges Kommunikationsverhalten, die genutzten Medien und der rechtliche Rahmen für die Informationsbereitstellung identifiziert. Festgestellt wurde, dass die Akteure sich unterschiedlich stark an

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der Kommunikation in den verschiedenen Phasen eines ÖPP-Prozesses – beginnend mit der Bedarfsfeststellung über die Vorbereitung bis hin zur Vergabe, anschließend mit der Bau- und Betriebsphase – beteiligen. Kommunikation und Informationsaustausch sind hierbei zwei wesentliche Faktoren für eine gefühlte bzw. tatsächliche Erfüllung des artikulierten Bedarfs an Transparenz. Dieser Bedarf wird durch die Nutzung verschiedener Quellen zur Informationsbeschaffung wie auch durch rechtliche Einschränkungen der Verfügbarkeit von Informationen determiniert. In der zweiten Phase wurde auf der Grundlage der identifizierten Informationsbedürfnisse und Transparenzforderungen eine Online-Befragung durchgeführt. Darin sollten die zuvor deskriptiv ermittelten Kommunikationsbedürfnisse bestätigt, ihre Erfüllung erfragt und die Einflussfaktoren auf die Zufriedenheit mit der ÖPP-Kommunikation und die Meinungsbildung zu ÖPP ermittelt werden. An der im Auftrag der ÖPP Deutschland AG von TNS Infratest Sozialforschung GmbH durchgeführten Befragung nahmen von 766 eingeladenen Personen mit ÖPP-Erfahrung 17,5 Prozent (134) aus allen Akteursgruppen wie Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Betroffene und Betroffenenvertreter teil. Die Studie deckte auf, dass nicht nur die während eines Projekts zur Verfügung stehenden Informationen als unterschiedlich wichtig und ausreichend empfunden werden. Auch die ausgebildete ÖPP-Grundhaltung der am ÖPP-Prozess beteiligten Personen führt zu positiven, negativen oder neutralen Einschätzungen. Eine weitere wichtige Determinante bei der Meinungsbildung über ein ÖPP-Projekt ist der subjektive Kenntnisstand der ÖPP-Akteure. Fühlen sie sich gut informiert, bilden sie eine ausgeprägt positive oder negative Haltung zu ÖPP aus. Schätzen sie ihr Wissen als gering ein, nehmen sie eine eher ÖPP-neutrale bzw. volatile Haltung ein. Auch die Wertedisposition der Akteure übt offensichtlich einen Einfluss auf ihre Haltung zu ÖPP 132

aus. Während eine Leistungsorientierung grundsätzlich die positive Haltung zu ÖPP fördert, führen Fatalismus und die Auffassung, dass der Staat alle Aufgaben selbst erledigen sollte, eher zu einer ÖPP-kritischen Haltung. Kommunikationsanforderungen priorisieren – Gesamtzufriedenheit erreichen Die Befragten beurteilten in der Studie 15 identifizierte Kommunikationsanforderungen nach ihrer Wichtigkeit und der wahrgenommenen Erfüllung in einem ÖPP-Projekt. In Verbindung mit der zugrunde gelegten Wertedisposition und Informationshaltung kann nun ausgesagt werden, welchen Einfluss die Erfüllung dieser Kommunikationsanforderung auf die Gesamtzufriedenheit mit der ÖPP-Kommunikation hat. Der Zusammenhang zwischen den Einflussfaktoren und die Handlungsoptionen werden in einer Bewertungsmatrix abgetragen. Die Einzelbetrachtung der vier Felder der Matrix weist Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Akteurszufriedenheit auf, indem sie zwischen Kommunikationsanforderungen unterscheidet, die für die Akteure „nur“ selbstverständlich sind bzw. deren Erfüllung sie einfach erwarten, und solchen, die ihnen tatsächlich wichtig sind und deren gute Erfüllung sie durch Loyalität honorieren. Verdeutlicht wird in der Matrix, wo Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten bestehen und in welche Richtung Maßnahmen zur Steigerung der Zufriedenheit mit der ÖPPKommunikation gehen sollten. Der wichtigste Quadrant liegt oben rechts. Die hier positionierten Kommunikationsanforderungen werden „Motivatoren“ genannt, da sie von den Befragten als (sehr) wichtig angesehen werden und außerdem einen starken Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit haben. Im Quadrant unten rechts stehen die „versteckten Chancen“. Wenn die hier positionierten Kommunikationsanforderungen erfüllt werden, besteht ein hohes Potenzial zur Steigerung der Gesamtzufriedenheit mit der ÖPP-Kommunikation. Al-


Bewertungsmatrix für ÖPP-Kommunikationsanforderungen

Wichtigkeit 1 2 3 4 5

Y Y Y Y Y hoch

A10: Veröffentlichung der relevanten Vertrags­inhalte vor Vertragsunterzeichnung

Pflichtfaktoren

Erfüllung 1 2 3 4 5

Y Y Y Y Y

Motivatoren

Stärken/Schwächen

Sozialforschung Transparenz bei ÖPP-Projekten Nov/Dez 2011 Quelle: TNS Infratest Sozialforschung GmbH, 2012

y weit überdurchschnittlich Y überdurchschnittlich X durchschnittlich V unterdurchschnittlich v weit unterdurchschnittlich (Ruhe-)Potenzial

versteckte Chancen

A10

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Verbale Wichtigkeit

(interner Vergleich)

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niedrig

Reale Bedeutung

lerdings werden diese Anforderungen selten als wichtig beurteilt.

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Einfluss auf Gesamtzufriedenheit mit der ÖPP-Kommunikation

Beispiel: Veröffentlichung relevanter Vertragsinhalte

erfüllen. Unabhängig von einzelnen Kommunikationsanforderungen wurden die Teilnehmer nach ihrer Gesamtzufriedenheit mit der ÖPPKommunikation gefragt und gaben auch hier auf einer Skala von 1 bis 5 an, ob sie sehr zufrieden bis sehr unzufrieden sind. Beide Beurteilungen ergeben für das hier angezeigte Beispiel einen Wert, der sich auf der x-Achse in der linken Hälfte der Matrix befindet. Dieser Wert drückt die reale Bedeutung der bezeichneten Kommunikationsanforderung für die Befragten aus. In diesem Fall bedeutet es, dass die Vertragsveröffentlichung vor Unterzeichnung für die 134 Befragungsteilnehmer im Durchschnitt eine geringe reale Bedeutung hat, das heißt, dass sie auch nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit mit der ÖPPKommunikation in einem Projekt hat.

Auf der x-Achse „reale Bedeutung“ wird der ermittelte Wert aus der Angabe der Befragten abgetragen, ob sie die Kommunikationsanforderung „Veröffentlichung der relevanten Vertragsinhalte vor Vertragsunterzeichnung“ (gelbe Skala oben rechts, die in die grafische Umsetzung als Quadrat, Punkt oder Dreieck in der Matrix mündet)

Auf der y-Achse „verbale Wichtigkeit“ wird demgegenüber der von den Befragten selbst angegebene Wert angezeigt, welche subjektive Bedeutung sie der Erfüllung einzelner Kommunikationsanforderungen beimessen (graue Skalen oben links). Auch auf dieser Achse erhält die Kommunikationsanforderung „Veröffentlichung der relevanten

Anforderungen, die zwar von den Befragten subjektiv als sehr wichtig bewertet werden, jedoch nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit haben, stehen im Quadrant oben links. Sie werden Pflichtfaktoren genannt. Wenn Kommunikationsanforderungen im Vergleich zu den anderen Anforderungen kaum thematisiert wurden und keinen aktuellen Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit haben, stehen diese als „Ruhe-Potenzial“ im Quadrant unten links.

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Vertragsinhalte vor Vertragsunterzeichnung“ eine niedrige Bewertung. Die Teilnehmer haben diesen Aspekt als wenig wichtig benannt. Das vorgenannte Beispiel A10 „Veröffentlichung der relevanten Vertragsinhalte vor Vertragsunterzeichnung“ zeigt, dass diese Kommunikationsanforderung im Rahmen von ÖPP-Prozessen als weit unterdurchschnittlich erfüllt angesehen wird, gleichzeitig von den Befragten jedoch als wenig wichtig bewertet wird. Außerdem hat die Erfüllung dieser Anforderung wenig Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit im ÖPP-Kommunikationsprozess. Die Erfüllung dieser Kommunikationsanforderung kann daher – vorerst – vor anderen Handlungsoptionen zurückstehen. Ableitung von Handlungsmöglichkeiten Die erforderliche Transparenz bei ÖPP-Projekten kann verbessert werden, wenn sich alle beteiligten Akteure um einen umfassenden Vertrauensaufbau bemühen. Das kann in den verschiedenen ÖPP-Projektphasen unterschiedlich umgesetzt werden. Die Untersuchung hat gezeigt, dass für eine erfolgreiche Kommunikation folgende Parameter entscheidend sind: x Ausgewogene und nachvollziehbare Darstellungen von Argumenten und Entscheidungen der Verwaltung und Politik helfen, Vertrauen zu schaffen. Neben der Vorstellung von Chancen und Vorteilen sollten dabei auch kritische Fragen beantwortet werden. x Die politischen Entscheidungen für oder gegen ein ÖPP-Projekt sollten transparent und nachvollziehbar begründet werden. Dies be­

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inhaltet auch eine verständliche Darstellung von alternativ bestehenden – jedoch nicht gewählten – Handlungsoptionen. x Die öffentliche Verwaltung muss die von einem ÖPP-Projekt betroffenen Mitarbeiter und Nutzer frühzeitig in ihre Planung einbeziehen. Nur so können alle Argumente – aber auch berechtigte Ängste und Sorgen – im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden. x Nach dem Vertragsabschluss können die Veröffentlichung ausgewählter Vertragsinhalte und Kennzahlen sowie eine Projektevaluation das Verwaltungshandeln legitimieren und so Vertrauen schaffen. Aus Erfahrungsberichten können zudem andere öffentliche Entscheider lernen und Nutzen für eigene Projekte ziehen. Die Untersuchung „Transparenz bei ÖPP-Projekten“ hat gezeigt, dass die Parameter, wie zufrieden die an ÖPP-Projekten Beteiligten mit der Kommunikation sind, stark variieren. Sie werden maßgeblich beeinflusst durch die Grundhaltung zu ÖPP, die Wahrnehmung von Informationen zu einem konkreten ÖPP-Projekt, eigene Werte und Ziele sowie die Erfolgseinschätzung des ÖPP-Projekts. Diese Aspekte sind von großer Bedeutung. Denn je höher die Akzeptanz von ÖPP-Projekten ist, desto größer sind deren Erfolgschancen und desto größer ist die Zufriedenheit der Verwaltung und der Bürger mit den handelnden Personen und deren Entscheidungen. Die Studie zeigt viele Anhaltspunkte auf, wie die Kommunikation zielgruppenspezifisch verbessert werden kann. Sie kann unter www.partnerschaften-deutschland.de/trans parenz bestellt werden bzw. steht als PDF zum Download zur Verfügung.


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

Kooperation fördert Projekterfolg: ­ Analyse des privaten Lebenszyklus-Pilotprojekts Von Prof. Dr. Andreas Pfnür, Kevin Meyer und Dr. Christian Glock

Bei der Realisierung von Bauprojekten ist es Usus, zahlreiche einzelne Leistungspakete an unterschiedliche Auftragnehmer oder alternativ in Form von Generalunternehmerverträgen zu vergeben. Bei diesen Realisierungsvarianten kommt es oft zu konfrontativem Verhalten der beteiligten Parteien. Demgegenüber bieten kooperative Vertragsmodelle die Möglichkeit, die einzelnen Projektpartner zielführend zu motivieren und den Projekterfolg gemeinschaftlich zu steigern. Der Lebenszyklus einer Immobilie umfasst im Allgemeinen die Phasen der Konzeption, der Planung und der Bauausführung sowie die Nutzungs- bzw. Betriebsphase. Heute existieren unterschiedliche Ansätze, wie die Handlungsfelder der jeweiligen Phasen kombiniert und umgesetzt werden. Eine weit verbreitete Variante ist die konventionelle Beschaffung, bei der die primären Elemente des Erstellungsprozesses, d.h. die Planung und Bauausführung, in der Verantwortung unterschiedlicher oder getrennter Organisationen liegen. Alternativ gibt es noch den managementorientierten Ansatz: Hier erfolgt der Beschaffungsprozess durch eine einzelne Organisation in Verbindung mit dem Projektierer und anderen Beratern. Die eingebundenen Akteure managen und koordinieren alle mit der Leistungserstellung verbundenen Aufgaben und Aktivitäten. Als dritte Alternative hat sich in den vergangenen Jahren das integrierende Modell eta­ bliert. Bei dieser Variante wird eine Organisation aufgebaut, die für die gesamte Planung und den Bau eines Objekts verantwortlich ist und alle Wertschöpfungsstufen koordiniert. Dieses integrierende Modell kann in zwei Unterformen unterteilt werden, zum einen in Design und Build (D&B) und zum anderen

in Design, Build, Operate und Transfer (DBOT). Hierunter fällt u.a. auch das PPP-Konzept. Koordinationsmechanismen von Netzwerken Das PPP-Konzept unterscheidet sich von den alternativen Beschaffungsvarianten neben der beschriebenen organisatorischen Ausgestaltung noch durch den zugrunde liegenden Koordinationsmechanismus. In der Vergangenheit stand ein Immobiliennutzer bei der Beschaffung neuer, immobiliarer Ressourcen vor der Make-or-Buy-Entscheidung. Diesen beiden Alternativen liegen die Koordinationsformen der Hierarchie und des Marktes zugrunde. Koordinationstriade Budäus (2003) Markt – „buy“

Hierarchie – „make“

(Vertrag)

(Autorität, Anweisung)

Investor

Klassisch

PPP

Netzwerk (Vertrauen, Zielkongruenz)

Prof. Dr. Andreas Pfnür ist Leiter des Fachgebiets Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre an der TU Darmstadt sowie Mitglied im Vorstand des Bundesverbands Public Private Partnership e.V. Kevin Meyer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre an der TU Darmstadt. Dr. Christian Glock ist Mitglied der Geschäftsführung der Bilfinger Hochbau GmbH und Arbeitskreisleiter im Bundesverband ­Pub­lic Private Partnership e.V.

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In Hierarchien erfolgt die Koordination durch Anweisungen, die von höherrangigen Ebenen gegenüber nachgeordneten Einheiten vorgegeben werden. Auf Märkten geschieht die Koordination der Akteure über den Preismechanismus, der eine Ressourcenverteilung und -verwendung ohne einen zentralen Eingriff ermöglicht. Als dritte Variante hat sich der Netzwerkansatz etabliert, dessen Koordinationsmechanismen das Vertrauen und die Zielkongruenz sind. Auf diesem Ansatz basiert unter anderem das PPP-Konzept. Bei dem Netzwerkansatz wird der Faktor Vertrauen im Kontext der Leistungserstellung vor allem als „riskante Vorleistung“ der jeweiligen Parteien verstanden. Dies bedeutet, dass sich Partner hinsichtlich der Leistungserbringung kooperativ verhalten, obwohl weder direkte Kontroll- und Sanktionsmechanismen noch indirekte Informationen zu Qualität und Umfang der Gegenleistung vorliegen. Die Koordination mit Hilfe von Zielkongruenzen zwischen den beteiligten Parteien kann sich auf die Leistungserstellung durchaus positiv auswirken. Die beteiligten Parteien stimmen hierbei ihre Handlungen miteinander ab und versuchen gemeinsam, den Gesamtnutzen des Projekts zu maximieren. PPP-Konzept auch für Private Das Volumen der jährlich realisierten PPP-Projekte ist in den vergangenen Jahrzehnten weltweit gestiegen und hat sich damit als eine zielführende Alternative in der Immobilienbeschaffung für die öffentliche Hand etabliert. Treiber dieser Entwicklung sind u.a. die hohe Kapitalbindung bei Immobilienprojekten und das somit fehlende Kapital für höher priorisierte Aufgaben. Hinzu kommen das Streben nach einer möglichst hohen Effizienz sowie die Reduzierung erheblicher Ressourcen-, Qualitäts- und Kostenrisiken. Die Zielsysteme des Public Real Estate Management (PREM) und des Corporate Real Estate Management (CREM) sind hierbei durchaus vergleichbar. Beide versuchen den Wertbeitrag der Immobilien für den Eigentümer und den Nutzer zu erhöhen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich 136

der PPP-Ansatz nicht auch auf privatwirtschaftliche Immobiliennutzer übertragen lässt und inwieweit sich dadurch Vorteile für das CREM ergeben. Pilotprojekt Hauptverwaltung Bilfinger Power Systems Der Engineering- und Servicekonzern Bilfinger hat im Jahr 2011 mit dem ganzheitlichen Leistungsangebot „one – Real Estate Performance Guarantee“ einen neuen, integrierten Immobilienansatz entwickelt. Dieser überträgt das PPPKonzept des integrierten Entwickelns, Planens, Bauens, Betreibens und Finanzierens auf die Immobilienbeschaffung eines privatwirtschaftlichen Unternehmens. Die neue Hauptverwaltung von Bilfinger Power Systems in Oberhausen steht dabei für das erste Bauvorhaben, das im Rahmen des Lebenszyklusansatzes Bilfinger one realisiert wird. Im Rahmen einer laufenden Forschungskooperation wird dieses Pilotprojekt von der Technischen Universität Darmstadt wissenschaftlich begleitet. Ziel ist die unabhängige Untersuchung der Auswirkungen dieser innovativen Beschaffungsvariante auf die Anforderungen von Corporates sowie die Bewertung des Ansatzes im Vergleich zu bestehenden Beschaffungsmodellen. Die hier betrachtete Untersuchung basiert u.a. auf dem Ansatz einer wirkungsanalytischen Evaluation, bei der die resultierenden Effekte auf vorab definierte Kriterien in methodisch kontrollierter Weise miteinander in Beziehung gesetzt werden. Hierfür wurden in einem ersten Schritt die individuellen Anforderungen des Corporate an das neue Verwaltungsgebäude erhoben. Anschließend erfolgte die Phase der Datenerhebung. Diese wurde mit der Methode der teilnehmenden Beobachtung während der Planungsbesprechungen durchgeführt, die alle zwei Wochen stattfanden. Ziel der Beobachtung war es, alle Aktivitäten innerhalb der Planungsrunde festzuhalten, die einen Einfluss auf die vorab definier-


Verteilung der beobachteten Effekte 45 40 35

Effekte

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ten Anforderungen des CREM haben könnten. Die Analyse der Beobachtungsprotokolle erfolgte dann mit Hilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse. Hierbei wurden die Protokolle nach Effekten durchsucht, die Auswirkungen auf die jeweiligen Anforderungen des CREM haben.

wortlich. Zur Reduzierung der Risiken konnte insbesondere der Bauerrichter die meisten der beobachteten Effekte beitragen. Die verbleibenden Resultate teilen sich relativ gleichmäßig auf die weiteren Teilnehmer der Planungsbesprechungen auf.

Mit der qualitativen Inhaltsanalyse konnten innerhalb der 14 Protokolle 154 positive Effekte ­bezüglich der Anforderungen des CREM analysiert werden. Vor allem die Anforderungen „Erhöhung der Funktionsfähigkeit“, „Reduzierung der Betriebskosten“, „Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit“ und „Reduzierung der Risiken“ wurden häufig durch die Interaktionen der Beteiligten innerhalb der Planungsbesprechungen beeinflusst.

Interessant ist ebenfalls der Verlauf der Anzahl der beobachteten Effekte über den Beobachtungszeitraum hinweg (Abb. S. 138). Die Beobachtungsphase begann kurz vor der Grundsteinlegung und wird bis zum Einzug des Nutzers andauern. Die hier vorgestellten Ergebnisse beziehen sich auf den Beobachtungszeitraum von der Grundsteinlegung bis zum Richtfest. Es wird ersichtlich, dass die beobachteten Effekte mit der fortschreitenden Projektrealisierung deutlich abnehmen.

Untersucht wurde auch, welcher Akteur innerhalb der Planungsbesprechung für die jeweiligen Effekte verantwortlich war. Insbesondere bei den Anforderungen „Erhöhung der Funktionsfähigkeit“, „Reduzierung der Betriebskosten“ und „Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit“ war der Betreiber maßgeblich für den Großteil der Effekte verantwortlich. Auch der Bauerrichter, der Entwickler und der Architekt waren vergleichbar stark für weitere positive Auswirkungen bezüglich der Erhöhung der Funktionsfähigkeit verant-

Spielraum für Auftragnehmer Zur Validierung und Interpretation der Ergebnisse bieten sich anerkannte theoriebasierte Erklärungsansätze an. So ist beispielsweise die erfolgreiche Reduzierung der Betriebskosten durch den Betreiber vor allem mit der Theorie der unvollständigen Verträge zu erklären. Nach dieser kann ein Vertrag in der Regel nur die Haupteigenschaften der geforderten Leistung und allenfalls in begrenztem Umfang mögliche Kontingenzen be137


Verlauf der beobachteten Effekte über die Planungsphase

Grundsteinlegung

Richtfest

Anzahl Effekte

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inhalten. Aufgrund dessen bleiben dem Auftragnehmer zumeist Spielräume bei der Verfolgung eigener Ziele. Bei Bauprojekten bedeutet dies, dass dem Auftragnehmer in der Planungs- und Bauphase ein gewisses Maß an Entscheidungsspielraum über die Wahl der erbrachten Qualität verbleibt. In dem Pilotprojekt ist der Betreiber gewillt, durch Einflussnahme auf die Planung die Qualität der Nutzungseigenschaft des Gebäudes zu steigern, um die Kosten und Risiken im Betrieb zu reduzieren und somit seine Rendite zu optimieren. Die Effekte bezüglich der Funktionsfähigkeit und Mitarbeiterzufriedenheit durch den Betreiber lassen sich mit der sogenannten ­Resource Based View erklären. Diese Theorie besagt, dass sich durch den strategischen Einsatz von Spezialisten, die über eine bessere Ressourcenausstattung bezüglich materieller Güter, z.B. Maschinen, oder immaterieller Güter, z.B. Wissen, verfügen, Wettbewerbsvorteile generieren lassen. Der Betreiber hat dieser Theorie zufolge durch seine Tätigkeiten bei anderen Projekten eine hohe Expertise, aufgrund derer er die Planung qualitätssteigernd beeinflussen kann. Des Weiteren ist die Abnahme der beobachteten Effekte auf den Lebenszyklusansatz zurückzuführen. Dieser besagt, dass mit fortschreitendem Realisierungsprozess die Beeinflussbarkeit innerhalb des Projekts exponentiell abnimmt.

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Zielführende Anreizstruktur Die hohe Anzahl der beobachteten Effekte bezüglich der Nutzeranforderungen zeigt das Potenzial einer aktiven, die Wertschöpfungsstufen übergreifenden Abstimmung innerhalb der Planungsphasen. Durch die Ergebnisse der Untersuchung wurde deutlich, dass neben der Organisationsstruktur auch eine zielführende Anreizstruktur für den Erfolg eines Projekts verantwortlich ist. Die Beteiligten in den einzelnen Wertschöpfungsstufen und insbesondere der Betreiber haben in den Planungsphasen des Pilotprojekts aktiv versucht, die Qualität bezüglich der Nutzungseigenschaften zu erhöhen. Wie die Abnahme der beobachteten Effekte und die daraus gefolgerte abnehmende Beeinflussbarkeit mit Projektfortschritt verdeutlicht, wurde dies erst durch die frühzeitige Einbeziehung des Betreibers ermöglicht. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse auch, dass die aktive Einbringung von Know-how durch die vorhandenen Anreizstrukturen motiviert wurde. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Kombination aus frühzeitiger Einbeziehung aller Akteure und zielführenden Anreizstrukturen der Schlüssel zu einer hohen Projektqualität und damit auch zu einer erfolgreichen Immobilienbeschaffung ist.


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

Partnerschaftliche Zusammenarbeit: Vertrauen senkt Transaktionskosten Von Thomas Schubert und Hartmut Fischer

ÖPP tragen die Partnerschaft bereits im Namen. Angesichts der aktuell geführten Debatte stellt sich allerdings die Frage, ob es sich bei dem Begriff nicht ohnehin nur um eine euphemistische Umschreibung einer normalen Besteller-Ersteller-Beziehung handelt, mit der die klaren, teils gegensätzlichen Interessen beider Seiten verbrämt werden sollen. Aus unserer langjährigen Beratungspraxis wissen wir durch die Begleitung öffentlicher Auftraggeber mit Controllingleistungen in der Bau- und Betriebsphase, dass ein partnerschaftlicher Umgang miteinander sowohl auf Auftraggeber- (AG) als auch Auftragnehmerseite (AN) nicht immer selbstverständlich ist. Andererseits sind wir im Rahmen dieser Tätigkeit aufgrund vieler positiver Beispiele zu der Überzeugung gelangt, dass ein kooperativer Ansatz beiden Seiten nützt und schneller zu wirtschaftlichen Ergebnissen führt, die auf andere Weise nicht oder nur mit deutlich mehr Aufwand erreicht werden könnten. Partnerschaften im wirtschaftlichen Kontext Um ihre Aufgaben zu erfüllen, stellt sich für die öffentliche Hand – genau wie für Unternehmen – immer wieder die grundsätzliche Frage, ob die dafür notwendigen Leistungen wirtschaftlicher über Außenstehende bezogen oder innerhalb der eigenen Organisation erbracht werden können. Für Unternehmen wird diese Entscheidungsproblematik make or buy? in der Neuen Institutionenökonomik unter den Stichworten „Markt“ und „Hierarchie“ wissenschaftlich diskutiert und ist eng mit der Transaktionskostentheorie verbunden. Lange Zeit galten Mischformen zwischen diesen beiden idealtypischen Modellen als instabil und vorübergehend. Erst seit den 1980er Jahren reift die Erkenntnis, dass unter bestimmten Rahmenbedingungen – z.B. bei Lieferantenbezie-

hungen in dynamischen und hochtechnologischen Industrien und anderen komplexen Beschaffungsvorgängen – sogenannte hybride KoordinationsforThomas Schubert­ men, die Merkmale von Markt und Hie- und Hartmut Fischer rarchie aufweisen, effizient sein können sind geschäftsfüh­­ und zu nachhaltigen gegenseitigen Wirt- rende Gesellschafter der VBD Beratungs­ schaftlichkeitsvorteilen führen. Diese gesellschaft für Bewerden unter den Stichworten „Netzhörden mbH. werke“ und „Kooperationen“ diskutiert. Viele Erkenntnisse aus diesem Bereich lassen sich daher auch auf ÖPP übertragen. Eine Partnerschaft zwischen Unternehmen ist auf eine längerfristige Zusammenarbeit ausgelegt und setzt neben den notwendigen wirtschaftlichen und technischen Geschäftsgrundlagen einen offenen Informationsaustausch im Hinblick auf den Kern der Zusammenarbeit und einen Zustand gegenseitigen Vertrauens voraus. Die wesentliche­ Voraussetzung für eine gut funktionierende Partnerschaft ist der nachhaltige gegenseitige Nutzen, der aus der engen Zusammenarbeit zu ziehen ist. Hier werden die Parallelen zu ÖPP deutlich, die als langfristig vertraglich geregelte Zusammenar­ beit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft definiert werden. Die erforderlichen Ressourcen – zum Beispiel Know-how, Betriebsmittel, Kapital, Personal etc. – werden von den Partnern zum gegenseitigen Nutzen in einen ge-­­ meinsamen Organisationszusammenhang eingestellt. Vorhandene Projektrisiken werden entspre-

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chend der Risikomanagementkompetenz der Projektpartner optimal verteilt. Hilfe bei komplexen Aufgabenstellungen Auch für die öffentliche Verwaltung besteht die grundsätzliche Alternative, Leistungen mit eigenem Personal zu erstellen oder im Wettbewerb am Markt zu beschaffen. Ersteres kommt für Know-how-intensive, spezifische, hoheitliche Kernaufgabenstellungen öffentlicher Verwaltungen mit einem langfristigen und regelmäßigen Bedarf bei gleichzeitig begrenztem Marktangebot in Frage. Die Beschaffung am Markt dagegen lohnt sich bei unspezifischen, abschließend beschreibbaren Leistungen mit breitem Angebot. Hier kann der öffentliche AG von geringen Produktionsund Transaktionskosten profitieren, die sich aus Losgrößenersparnissen, Lernkurveneffekten und Differenzierungsvorteilen unter Wettbewerbsbedingungen ergeben. Kooperationen werden dann erforderlich, wenn komplexe Aufgabenstellungen zu bewältigen sind. Dies ist in der Regel bei Know-how-intensiven, spezifischen Aufgaben mit geringem Wiederholungsaspekt für den jeweiligen AG oder bei sich schnell ändernden Rahmenbedingungen der Fall, besonders wenn die Aufgabe außerhalb der Kernkompetenz der öffentlichen Verwaltung liegt. Viele Beschaffungsaufgaben der öffentlichen Verwaltung müssen gleichzeitig unterschiedlichen, teils widerstrebenden Interessen gerecht werden. Durch steigende Ansprüche in allen Teilbereichen und eine Vielzahl von nicht einfach zu überschauenden Wechselbeziehungen wird die Lösungsentwicklung immer komplexer. Je nach Ausgangssituation ist es gar nicht mehr so einfach, die Mittel zu beschreiben, mit denen sich die ergebende Gesamtproblematik am besten lösen lässt. Verlässt man sich zu schnell auf nur ein Entwurfskonzept, steckt man rasch in der Sackgasse oder befindet sich zumindest auf einer Einbahnstraße. 140

Leistungen ergebnisorientiert beschreiben Die Idee von ÖPP ist nun, diese Lösung nicht mehr selbst zu entwickeln, sondern das Knowhow, die Spezialisierungsvorteile und Innovationspotenziale von Anbietern unter Anwendung von Marktanreizmechanismen zu nutzen, damit diese im Wettbewerb um den Zuschlag eine abgestimmte und wirtschaftlich optimierte Gesamtlösung für alle ausgeschriebenen Teilleistungen entwickeln. Dazu werden in den Ausschreibungen die genauen Mittel und Wege zur Funktions- und Ergebniserreichung nicht mehr abschließend beschrieben. Vielmehr werden die angestrebten Ziele und alle zu berücksichtigenden Rahmenbe­dingungen einschließlich der qualitativen Mindestanforderungen zur Aufgabenstellung gemacht. Nur Entscheidungen, die nicht rein wirtschaftlich gefällt werden können, müssen vorab selbst getroffen werden. Neben dem Nutzen dieser Vorgehensweise ergibt sich als Konsequenz bei der Vertragsdurchführung ein stärkerer Kooperations- und Koordinationsbedarf, um Leistungen zu konkretisieren oder auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Zwar gibt die Ergebnisorientierung der öffentlichen Hand in der Regel eine starke Verhandlungsposition. Dennoch wird man auch auf Auslegungsspielräume für geschuldete Leistungen stoßen. Die vorhandenen Unterlagen werden mal dem AG, mal dem AN die besseren Argumente liefern. Wenn dann jedes Mal die betreffende Seite versucht, ihren Nutzen zu maximieren, werden zukünftige Einigungen meist zeitaufwendiger und kostenintensiver sein und in der Regel nicht zu optimalen Ergebnissen führen. Dabei spielt nicht nur der tatsächlich erzielte, sondern auch der von jeder Seite wahrgenommene Nutzen eine wichtige Rolle. Partnerschaftliches Verhalten kein Selbstzweck Der Hauptnutzen einer partnerschaftlichen Herangehensweise liegt in der fortlaufenden wirt-


schaftlichen Optimierung. Dazu ist es wichtig, dass die Ergebnisorientierung auch während der Vertragsdurchführung als Grundhaltung erhalten bleibt. Partnerschaftliches Herangehen kann sich für öffentliche AG auszahlen:

einer gut funktionierenden Zusammenarbeit eine fortlaufende Erfolgskontrolle unerlässlich. Faktoren einer erfolgreichen Partnerschaft Vertrauen und Kommunikation machen den Unterschied zu konventionellen Vertragsbeziehungen aus. Neben einer guten wirtschaftlichen Basis und klaren, handhabbaren Vertragsregelungen sind hier die wesentlichen Erfolgsfaktoren zu suchen.

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in kostenneutral verbesserter Planung oder Ausstattung, x in der Partizipation an Verhandlungserfolgen mit Nachunternehmern, x durch Flexibilität bei notwendigen Leistungsänderungen, x durch geringere Transaktionskosten beim Vertragscontrolling. Der AN kann z.B. auf größeres Verständnis und Kompromissbereitschaft bei objektiven Proble­ men in der Leistungserstellung, eine bessere Akzeptanz zusätzlicher Kosten bei nicht vorhersehbaren Mehrleistungen, Unterstützung in seinem Marketing und ebenfalls auf geringere Transak­ tionskosten setzen. Ein partnerschaftlicher Umgang bedeutet jedoch nicht, dass Kostenaspekte bei der Entscheidungsfindung außen vor bleiben und gar die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit durch die öffentliche Hand vernachlässigt würden. Daher ist auch in

In der Ausschreibungsphase sind die Möglichkeiten zum offenen Informationsaustausch vergaberechtlich beschränkt, der Vertrauensaufbau beginnt jedoch bereits jetzt. Von Bieterseite ist dazu neben einer überzeugenden Darstellung von Kompetenz und Leistungsfähigkeit vor allem Verlässlichkeit erforderlich. Für die Vergabestellen ergibt sich ein fairer Umgang mit den Bietern schon allein aus den Grundsätzen von Transparenz und Gleichbehandlung, aber auch aus der Pflicht zur Vermeidung unnötiger Angebotskosten. Als positiver Nebeneffekt eines partnerschaftlichen Umgangs mit allen Bietern werden die Transaktionskosten der Verfahren nicht unnötig gesteigert, da Anreiz und Notwendigkeit für Nachprüfungsverfahren sinken. Auch der Vertragsabschluss kann oft schneller erfolgen.

Charakteristika von Partnerschaften Markt

Hierarchie

Funktionsspezialisierung

Funktionsintegration

Marktlicher Effizienzdruck

„Schutz vor Marktdruck“

Opportunismus

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Informationsinseln

Informationsaustausch

Charakteristika von Partnerschaften (Darstellung in Anlehnung an Holger Siebert (2001): Ökonomische Analyse von Unternehmensnetzwerken)

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Einheitliches Vertragsverständnis erforderlich ÖPP-Verträge entspringen einem Grundverständnis zu Leistungssoll, Aufgaben- und Risikoverteilung sowie einer Projekthistorie. Alle Informationen und Intentionen lassen sich in einem Vertrag nie vollständig abbilden. Daher ist ein einheitliches Vertragsverständnis erforderlich – und zwar bei allen Mitarbeitern, die in Fragen der Vertragsdurchführung bzw. Vertragsauslegung involviert sind. Förderlich sind ein regelmäßiger, interner Informationsaustausch sowie größtmögliche Personalkonstanz auf beiden Seiten. Wird beispielsweise bei einem Landkreis nach erfolgreichem Zuschlag das Projekt für die Bauphase in die Hände eines neuen Projektteams gelegt, weil die Zuständigkeit von Fachämtern wechselt, geht nicht nur Wissen verloren. Auch der Aufbau von Vertrauen muss bei jedem Personalwechsel wieder neu beginnen. Vertrauen basiert u.a. auf positiven Erfahrungen und Verlässlichkeit. Daher ist es sinnvoll, früh im Projekt eindeutige und verständliche Regeln zu benennen und diese dann durch das tatsächliche Handeln aller Projektbeteiligten fortlaufend zu bestätigen. Dies beinhaltet z.B. klare Kommunikations- und Entscheidungswege. Die häufige mündliche Kommunikation – am besten in regelmäßigen Projektgruppensitzungen – ist dabei unersetzlich. Entscheidungen und deren Grundlagen sollten dennoch schriftlich und für beide Seiten transparent dokumentiert werden. Dies gilt insbesondere für die Prozedere bei Leistungsänderungen, bergen sie in der Regel doch das größte Konfliktpotenzial. Aus der Beratungspraxis und den Berichten von Kommunen wissen wir, dass alle folgenden Nachtragsverhandlungen schnell und zielführend verlaufen, wenn es bei den ersten Nachträgen gelungen ist, pragmatische und faire Verhandlungsgrundsätze zu etablieren, die der ursprünglichen Risikoteilung entsprechen. Auch das richtige Augenmaß für Aufwand und Nutzen von Nachtragsverhand-

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lungen vermeidet Kosten. Wichtig ist dazu auch gegenseitiges Verständnis. Für Private erscheinen die Entscheidungswege der öffentlichen Hand oft verschlungen, die verfolgten Ziele teils irrational. Verwaltungen dagegen können die wirtschaftlichen Zwänge, die sich aus Zeit- und Kostendruck ergeben, oft nicht im gleichen Maße nachvollziehen. Wenn Ziele und Zwänge des Partners klar sind und bei der Lösungssuche der Blickwinkel entsprechend verbreitert wird, lassen sich oft Win-Win-Situationen schaffen, die bei konventioneller Vorgehensweise zunächst nicht ins Blickfeld geraten wären. Gleichzeitig muss die öffentliche Hand akzeptieren, dass die Übertragung von Projektrisiken auch die Nutzung von Chancen enthält. Will man als Auftraggeber an allen erzielten Einsparungen partizipieren, weil der Auftragnehmer vermeintlich zu Unrecht daran verdient, Mehrkosten für eingetretene Risiken aber ausschließlich auf dessen Seite belassen, entfällt der gegenseitige Nutzen und damit eine wichtige Grundlage für die Partnerschaft. Vertrauen zahlt sich aus Langjährig stabile Partnerschaften im Privatbereich beruhen u.a. auf Positivität. Das bedeutet: x

nicht dem Partner alle Schuld an Problemen zu geben, x auf die Fähigkeit zur gemeinsamen Problem­ lösung zu vertrauen, x in Auseinandersetzungen nicht das Ende der Beziehung zu sehen, x regelmäßig in einem positiven Stil zu kommunizieren. Auch wirtschaftliche Partnerschaften basieren auf Vertrauen, das von den Akteuren aufgebaut und immer wieder bestätigt werden muss. Wird es enttäuscht, ist es schnell irreparabel zerstört. Es ist sicher kein Zufall, wenn bei erfolgreichen ÖPP die öffentlichen Auftraggeber regelmäßig das gute Vertrauensverhältnis zwischen den Partnern hervorheben.


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

Bündelung von PPP-Projekten: ­Herausforderungen heterogener Portfolios Von Monica A. Schulte Strathaus und Anett Sommer

Durch die Bündelung von Immobilien können öffentliche Träger in kurzer Zeit umfangreiche Sanierungsrückstände beheben und Werterhalt dauerhaft sicherstellen. Der Aufwand für Ausschreibung und Vergabe reduziert sich, Skaleneffekte realisieren sich in größerem Umfang, die Bedürfnisse großer Nutzergruppen werden gleichberechtigt bedient. Was muss beachtet werden, damit sich diese Vorteile durch PPP-Großprojekte verwirklichen? PPP-Großprojekte zeichnen sich durch große Investitionsvolumen und hohe Komplexität aus. Bei Großprojekten handelt es sich aber nicht nur um technisch höchst innovative Einzelprojekte, wie z.B. das Westdeutsche Protonentherapiezentrum Essen. Großprojekte können auch Portfolios sein, die aus vielen Einzelimmobilien bestehen und ein großes finanzielles Volumen in Relation zum kommunalen Haushalt einnehmen. Die wesentlichen Merkmale solcher Projekte sind u.a.: x unterschiedliche Gebäude bzw. unterschiedliche Nutzungsarten x mehrere Nutzergruppen, die einzubeziehen und deren Anforderungen aufeinander abzustimmen sind x die parallele Realisierung vieler einzelner Bauvorhaben an mehreren Standorten x die Vielzahl von unterschiedlichen Anforde­ run­gen an die Bauleistung, z.B. energetischer Gebäudestandard/Passivhausstandard, Beachtung Denkmalschutz, Integration von Architektenwettbewerben oder Vorplanungen, Sanierungen/Aufstockungen/Anbauten/ Umbauten x die Berücksichtigung vielschichtiger öffentlicher Interessensgruppen x die Überschneidung von Zuständigkeiten im Genehmigungsprozess (Koordination der Interessen und Anforderungen verschiedener Behörden und Richtlinien) x großes mediales Interesse

PPP-Portfolios finden sich bisher vor allem im Bildungssektor. Denkbar sind diese Projekte aber auch in den Sektoren Verwaltung und Sportstätten. Beispielhaft können im Bereich Bildung ­folgende PPP-Projekte genannt werden:

Monica A. Schulte Strathaus ist Partner und Anett Sommer ist Managerin bei der Ernst & Young Real Estate GmbH.

x

Berufliche Schulen Hamburg: Sanierung, Umbau und Neubau von 15 Schulen x Schulen der deutschsprachigen Gemeinschaft in Eupen, Belgien: Sanierung und Neubau von 8 Schulen x Schulen Bergneustadt: Sanierung und Neubau von 7 Schulen x Schulen Kreis Offenbach: Sanierung von 49 Schulen in Los Ost und 41 Schulen in Los West x Schulen Braunschweig: Modernisierung von 9 Schulen und 3 Kitas Herausforderungen bei PPP-Portfolios Bei der Bildung von Portfolios lassen sich mit Blick auf die Ausschreibung und den anzusprechenden Bieterkreis die größtmöglichen Effizienzvorteile realisieren, wenn die gebündelten Anforderungsprofile nicht zu unterschiedlich sind. Dadurch kann erreicht werden, dass das Projekt als ein Gesamtprojekt betrachtet wird und nicht bloß als die Summe vieler Einzelprojekte. 143


Effizienzvorteile lassen sich aber durchaus auch realisieren, wenn es sich nicht um Objekte mit gleichen Anforderungsprofilen handelt, weil auch in diesem Fall arbeitsintensive Prozesse des Auftraggebers wie z.B. Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, politische Zustimmungen oder Verhandlungen nur einmal anfallen und nicht pro Einzelprojekt durchgeführt werden müssen. Vereinfachend kann gesagt werden, je homogener ein Portfolio ist, desto schneller können Ziele in Leistungsbeschreibungen formuliert und im Verhandlungsverfahren geklärt werden. Hierdurch wird auch den Bietern ermöglicht, effizientere und leistungsfähigere Strukturen zu schaffen. Es macht verständlicherweise einen deutlichen Unterschied, ob beispielsweise bei zehn Immobilien drei als Passivhaus, zwei auf Grundlage von Vorplanungen aus Architektenwettbewerben neu gebaut sowie zwei Denkmäler im laufenden Betrieb saniert und drei Bestandsgebäude umgebaut und energetisch modernisiert werden – oder ob zehn Immobilien durch Sanierung auf einen gleichen Qualitätsstandard gebracht werden sollen. Im Rahmen der Bedarfsfeststellung müssen ausreichend Zeit und personelle Kapazitäten für die Beschaffung von erforderlichen Datengrundlagen

zur Verfügung gestellt werden. Es gelten hier in Bezug auf Detailtiefe und Genauigkeit die gleichen Anforderungen wie bei Einzelprojekten. Um die Menge der Unterlagen beherrschen und diese gleichzeitig für den weiteren Ausschreibungs- und Vergabeprozess nutzen zu können, empfiehlt sich die Einrichtung webbasierter Datenräume. Der Rückhalt in politischen Entscheidungsgremien, bei Nutzern sowie einflussreichen Interessenvertretern, wie z.B. der Handelskammer, sollte so früh wie möglich hergestellt werden. Detaillierte Leistungsbeschreibung Neben der organisatorischen Aufgabe, die Flut an Informationen und Unterlagen zu verarbeiten, besteht die Herausforderung darin, grundsätzliche Vorgaben und vertragliche Regelungen für sämtliche Standorte und Nutzergruppen zu definieren. Im Unterschied dazu müssen Ausnahmen für Einzelobjekte oder -standorte gesondert behandelt werden. Für die Angebotserstellung sowie die Realisierung erweist es sich als hilfreich, die Soll-Anforderungen der Leistungsbeschreibung in zwei Bereiche zu untergliedern: Allgemeingültige Anforderungen wie z.B. technische Qualitäten und Betriebsleistungen sollten in

Systematische Angebotsanalyse 1 2 3 4 5 6 7 8 Bewertungs ergebnis

A

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–– ! + o ++ + + ++ 7+

B – o – + o + – – 2– C + ++ o – –– o ++ + 3+

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D

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E

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o

++ ––

o 3+ –– 8–


einem übergeordneten Teil beschrieben werden. Spezifische Anforderungen, die der Nutzungsart oder einer besonderen baulichen Situation geschuldet sind, sollten in einem separaten Teil pro Standort oder Nutzergruppe beschrieben werden.

Dies können z.B. Planungsüberarbeitungen und Kommentierungen parallel zu den Verhandlungsgesprächen sein.

Bieterentschädigungen decken die Kosten einer Angebotserstellung häufig nicht vollständig ab. Der Aufwand bei der Angebotserstellung für solche Projekte ist naturgemäß sehr groß und der Angebotsumfang kann häufig in Umzugskartons bemessen werden. Um den Aufwand auf Auftraggeber- wie auch auf Bieterseite überschaubar zu halten, empfiehlt es sich, den Umfang der mit dem Angebot vorzulegenden Unterlagen in der ersten Angebotsphase zu beschränken. In der zweiten Angebotsphase können dann von einem kleineren Bieterkreis weitere oder detaillierte Angaben abgerufen werden.

Ein Ziel der Vorbereitungs- und Vergabephase ist es, den Zeitraum zwischen Bedarfsfeststellung und Zuschlag so kurz wie möglich zu halten. Da die Vorbereitungs- und Vergabephase für ein Großprojekt selbst bei Einhaltung aller terminlichen Ziele meist mehrere Jahre benötigt, überrascht es nicht, wenn sich Nutzeranforderungen im Laufe der Zeit ändern.

Leistungsänderungen festhalten

Wie auch bei Einzelprojekten ist die Einbindung der Nutzer in die Auswertung der Angebote absolut hilfreich. Bei Portfolios ist es sinnvoll, hierbei Gruppen je Standort oder Nutzer zu bilden, um alle Einzelmeinungen zu Stärken, Schwächen und Optimierungspotenzialen in überschaubaren Zeitfenstern aufzunehmen. Die Zusammenfassung der Gruppenergebnisse kann dazu führen, dass eine Nutzergruppe mit dem Gesamtergebnis unzufrieden ist bzw. dieses zunächst nicht akzeptieren kann. Wie die Abbildung zeigt, ist das in Summe mit „7+“ am besten bewertete Angebot A für die Nutzergruppe 2 aufgrund von z.B. schlecht gelösten funktionalen Zusammenhängen der einzelnen Räume oder der architektonischen Gestaltung nicht ausreichend.

Daher sollten bereits in der Ausschreibungs- und Verhandlungsphase klare vertragliche Mechanismen zum Umgang mit Leistungsänderungen vereinbart werden. Um diese erfolgreich mit Leben zu füllen, ist durch Auftragnehmer und öffentlichen Träger ein gewisser Spagat zu meistern. Zum einen sind die Angebotsplanungen mit den Nutzern ausführlich abzustimmen und ggf. anzupassen, zum anderen muss hierbei darauf geachtet werden, dass Vertragstermine nicht gefährdet werden. An diesen Terminen – üblicherweise Baufertigstellungstermine – hängen u.a. Finanzierungsverträge mit Banken, die bei Nichteinhaltung oft beträchtliche Mehrkosten auslösen. Des Weiteren hängt von der Einhaltung dieser Termine häufig das Stimmungsbild der öffentlichen Wahrnehmung ab. Es bedarf also eines leistungsfähigen, partnerschaftlich agierenden Teams von Auftraggeber und privatem Partner, das in der Lage ist, Veränderungen umzusetzen und gleichzeitig Kosten und Termine zu berücksichtigen.

Dass ein solcher Fall auftreten kann, sollte bereits in der Vorbereitungsphase allen Beteiligten kommuniziert werden. Um sicherzustellen, dass den Nutzern eine für ihre Bedürfnisse geeignete Gebäudeplanung realisiert wird, sind von vornherein Maßnahmen und Vorgehensweisen abzustimmen, wie solche unbefriedigenden Angebotsbestandteile im weiteren Verhandlungsverfahren optimiert und weiterentwickelt werden können.

Zur Steuerung von Kosten ist es erforderlich, das Gesamtprojekt und seine gesamten Veränderungen im Auge zu behalten. Werden einzelne Standorte oder Nutzergruppen ausschließlich als separate Einzelprojekte betrachtet, besteht die Gefahr, dass der Fokus nicht mehr darauf liegt, Einsparmöglichkeiten an einem Standort oder bei einer Nutzergruppe zu identifizieren, um damit Mehraufwendungen an einem anderen Stand145


ort oder einer anderen Nutzergruppe auszugleichen. Beide Vertragspartner müssen diesen Spielraum, der sich bei Portfolios einstellt, als Chance verstehen. Konsequenzen aufzeigen Zur Steuerung des zeitlichen Rahmens sind klare Prozesse zu implementieren. Der Nutzer muss durch entsprechende Dokumente in einem hinreichenden zeitlichen Rahmen in die Lage versetzt werden, die Umsetzung seiner Änderungsbedarfe zu beurteilen und zu bestätigen. Es müssen aber gleichzeitig Konsequenzen aufgezeigt werden, was passiert, wenn Entscheidungen nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit getroffen werden. Es wird häufig gerade vor dem Hintergrund einer erhofften langjährigen guten Zusammenarbeit als schwierig empfunden, Nutzern Grenzen aufzuzeigen oder ggf. sogar Wünsche auszuschlagen. Vor allem aufgrund der Parallelität der Leistungserbringung in der Bauphase, aber auch später im Gebäudebetrieb muss sich eine Vielzahl von Projektbeteiligten organisieren und koordinieren. Hierfür ist es gerade bei PPP-Portfolios von großer Bedeutung, klare Regeln zur Projektkommunikation und zum Entscheidungs- und Schnittstellenmanagement zu vereinbaren.

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Chancen nutzen Gelingt es, mehrere Vorhaben richtig zu bündeln, lassen sich durch PPP-Portfolios deutliche Vorteile realisieren. Grundvoraussetzung sind die Vor­ überlegungen des öffentlichen Aufgabenträgers bei der Zusammenstelllung eines solchen Portfolios. Hierbei kann die Unterstützung durch fachkundige, erfahrene Beratung hilfreich sein. Ein möglichst homogenes PPP-Portfolio bietet die größte Chance, wirtschaftliche Vorteile durch Bildung von Skaleneffekten zu nutzen. Aber auch durch die Bündelung unterschiedlicher Anforderungsprofile lassen sich dadurch Vorteile realisieren, dass Leistungen, wie z.B. Machbarkeitsstudien und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, nur einmalig für alle Portfoliobestandteile durchgeführt werden müssen. Innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit kann ein großer Umfang von Sanierungsstau behoben und ein dauerhafter Werterhalt sichergestellt werden. Die Bedürfnisse großer Nutzergruppen können gleichberechtigt befriedigt werden. Damit kann auch verhindert werden, dass am Beispiel von Bildungseinrichtungen Lehrer und Schüler an Schulen abwandern, die zeitgemäßere Lern- und Arbeitsmöglichkeiten bieten. Für Politik und öffentliche Aufgabenträger bieten die Überlegungen im Rahmen der Portfoliobildung auch die Möglichkeit, ganzheitlich gesamte Verantwortungsbereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge zu betrachten und zu entwickeln.


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

ÖPP und Energieeffizienz: Mit richtigen Maß­ nahmen langfristigen Erfolg sichern Von Dr. Robin Heidel, Kai Mathieu und Henrik Vogt

Energieeffizienz hat bei ÖPP eine wichtige Bedeutung und muss langfristig sichergestellt werden. Maßnahmen dazu sind einerseits das Umsteigen auf alternative Energiequellen wie Wind, Sonne oder Wasser und andererseits deutliche Energieeinsparungen. Im ersten Bereich ist die öffentliche Hand durch energiewirtschaftliche Gesetzgebung, z.B. das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) gefordert, im zweiten Bereich durch Vorbildfunktion u.a. beim energieeffizienten Bau und Betrieb öffentlicher Hochbauten.

über die Vertragslaufzeit gewährleisten zu ­können. Der ganzheitliche Ansatz muss von beiden Vertragsparteien – öffentliche Hand und privater Partner – angenommen und umgesetzt werden. Doch wie definiert sich dieser Ansatz?

Um dem Ziel einer energieeffizienten Immobilie im Rahmen eines ÖPP-Modells gerecht zu werden, ist ein ganzheitlicher Energiemanagementansatz für diese Beschaffungsvariante zu berücksichtigen. Die Frage nach innovativen, technischen und wirtschaftlichen Lösungen gilt es vor dem Hintergrund sich wandelnder Rahmenbedingungen immer wieder neu zu beantworten, bis hin zur Frage, wie die Nutzungsphase ausgestaltet werden muss, um auch nach Fertigstellung der Immobilie einen energieeffizienten Betrieb verbunden mit sinnvollen Anpassungsregelungen

Die Darstellung zeigt, welchen Einfluss ein ganzheitlicher Energiemanagement­ ansatz auf die Energieeffizienz und die damit verbundene Energiekostenentwicklung eines ÖPP-Hochbauprojekts hat. Deutlich wird dabei, dass in allen und insbesondere in den anfänglichen Projektphasen die richtigen Maßnahmen auf Auftraggeber- (AG) und Auftragnehmerseite (AN) zu treffen sind, um die Energieeffizienz nachhaltig zu steigern.

Energiemanagement von ÖPP-Hochbauprojekten

Dr. Robin Heidel ist Projektmanager und Kai Mathieu ist Energiemanager bei GOLDBECK Public Partner GmbH. Henrik Vogt ist Niederlassungsleiter Bonn bei DU Diederichs Projektmanagement AG & Co. KG.

strategische Maßnahmen operative Maßnahmen

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Vertragslaufzeit eines ÖPP-Projekts

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Quelle: Heidel, R.

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Energiemengendifferenzierung eines Gebäudes

Energiemengen

Wärme

Heizung

Strom

Warmwasser

Gebäude

Energieziele früh festlegen In der Konzeptionsphase werden vorwiegend qualitative Eigenschaften für das Projekt zusammengetragen, sodass in diesem Zusammenhang bereits die Ziele für das Energiemanagement (EM) zu definieren sind. Hierbei müssen die politischen, ökologischen, finanziellen und sozialen Randbedingungen der jeweiligen Kommune berücksichtigt werden. Diese energetischen Ziele dienen im Weiteren als Vorgabe für die notwendigen Festlegungen. Konkret kann die Einbindung regenerativer Maßnahmen eine Zielsetzung sein, die sich z.B. durch den Einsatz einer Photovoltaik- oder Geothermie-Anlage erreichen lässt. Ein weiteres Ziel kann z.B. sein, ein Passivhaus zu realisieren. Die entsprechenden qualitativen und quantitativen Auswirkungen sind bereits im Rahmen des PPP-Eignungstests adäquat zu berücksichtigen. In der weiteren Projektvorbereitung sind mehrere Maßnahmen umzusetzen. Für die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) können zunächst Kennwerte aus der Literatur oder Normen (u.a. VDI 3807) herangezogen werden, wobei die Entscheidung zu treffen ist, ob für die Eigenbauvariante (PSC) ein Minimal-, Mittel- oder Maximalwert angesetzt werden kann. Minimale Verbrauchskennwerte können für den PSC nur 148

Nutzungsspezifisch

Wasser

Quelle: Heidel, R.

prognostiziert werden, wenn bereits ein effektives EM von der Kommune umgesetzt wird. Zur genaueren Einschätzung der Energieverbrauchsmengen kann eine Vorplanung erstellt werden. Anhand dieser wird es möglich, Energiemengen­ ermittlungen auf Basis konkreter Rechenverfahren zu erstellen und sie dem PSC zugrunde zu legen. Ferner sind in der Risikoallokation der WU die von dem privaten Partner erwarteten Mengengarantien und Preise bzw. Versorgungsverträge zu berücksichtigen und während der Vergabephase anhand der Bieterangaben zu überprüfen und fortzuschreiben. Entscheidender Aspekt bei der Energierisikoverteilung ist die Beeinflussbarkeit für zu erwartende Energieverbräuche. Dabei ist eine grundsätzliche Differenzierung der Energiemengen vorzunehmen. Die Energieverbräuche von Gebäuden lassen sich grundsätzlich in die drei Teilbereiche Wärme, Strom und Wasser unterscheiden. Diese sind in weitere Unterbereiche zu gliedern. Wärme ist zu unterscheiden nach Heizungswärme und Warmwasser. Diese Abgrenzung ist deshalb von Bedeutung, weil das Risiko der jährlich unterschiedlichen Witterung bzw. Temperaturschwankungen bei der Betrachtung der Heizungswärme berücksichtigt werden muss. Hingegen ist die


Warmwasserbereitung weitestgehend unabhängig von den klimatischen Bedingungen und somit nur nutzungsabhängig. Bei einer gemeinsamen Betrachtung darf der von der Außentemperatur unabhängige Anteil nicht witterungsabhängig berücksichtigt werden. Elektrischer Strom wird in die Bereiche Gebäudestrom und nutzungsspezifischer Strom unterschieden. Bei den nutzungsspezifischen Stromaufwendungen handelt es sich um solche, die durch Einbauten gem. der Kostengruppen 370 oder 470 gemäß DIN 276 oder der Kostengruppe 600 zugeordnet werden. Diese Einbauten werden teilweise nicht von dem privaten Partner geliefert und eingebaut. Sie beschafft der öffentliche AG regelmäßig in Eigenregie und baut diese selber ein oder stellt sie dem Privaten bei. In der Regel wird dieser deren Instandhaltung dann nicht übernehmen. Mit der Übernahme der Instandhaltungspflicht hat der private Partner allerdings den wesentlichen Einfluss auf die entsprechenden Anlagen und damit auf die Energiemengen. Daraus ergibt sich, dass der Private das Risiko nur für die Energiemengen übernehmen kann, auf die er durch die Beschaffung und Instandhaltung während der Bewirtschaftung Einfluss nimmt. Richtige Risikoallokation Der Energieverbrauch der nutzungsspezifischen Einrichtungen und der Ausstattung wird primär durch die Nutzer des Gebäudes beeinflusst und weniger durch den Betreiber des Objekts. Sofern die zu erwartende Nutzungsintensität ausreichend definiert ist und der private Partner durch einen weitgehenden Leistungsumfang in der Bewirtschaftungsphase stärkeren Einfluss durch z.B. personelle Präsenz im Gebäude hat, kann das Risiko auch für sämtliche Energieverbräuche auf den Privaten übertragen werden. Notwendig ist in diesem Fall z.B. die Übertragung von Hausmeisterdiensten und der Unterhaltsreinigung auf den Privaten. Dadurch ist sichergestellt, dass der

Private täglich in der Immobilie vertreten ist und eventuelles Fehlverhalten der Nutzer im Gebäude feststellen und beeinflussen kann. Oftmals ist in Projekten zu beobachten, dass keine Energiepreisabfragen an den privaten Partner gerichtet werden. Dies hängt in der Regel mit dem politisch begründeten Bedürfnis des öffentlichen Partners nach Flexibilität bei der Wahl des Energielieferanten und der Möglichkeit, auf geänderte energiepolitische Ziele unabhängig reagieren zu können, zusammen. Gleichwohl sollten im Hinblick auf die wirtschaftliche Optimierung des Projekts im Vergabeverfahren die Konditionen der Energielieferung bei den Privaten abgefragt werden. Um dem öffentlichen Partner die Entscheidungsfreiheit zu belassen, ob er die Energieversorgung vollständig auf den Privaten übertragen möchte, bietet sich folgende Vorgehensweise an: Es werden Angebote der Bieter sowohl nur mit garantierten Verbrauchsmengen als auch mit indizierten Energiepreisen abgefordert. Nach Auswertung der Angebote und Vergleich der angebotenen Energiepreise mit den eigenen Beschaffungskosten ist die Entscheidung zu treffen, ob die Versorgungsverträge durch den Privaten abgeschlossen werden sollen oder dies von dem öffentlichen Partner selbst übernommen wird. Im Fall der Übertragung auf den Privaten ist eine einseitige regelmäßige Kündigungsoption für den öffentlichen Partner zu vereinbaren, die es ihm ermöglicht, auf geänderte politische Rahmenbedingungen zu reagieren. Hierbei sind lediglich die Laufzeiten der Versorgungsverträge angemessen zu berücksichtigen, die derzeit mehrheitlich ein bis drei Jahre aufweisen. Langfristige Optimierung sichern In der Vergabephase sind die wesentlichen Angaben zum Energiemanagement in den Outputspezifikationen für die Planung, Bauleistung und Bewirtschaftung anzugeben. Daneben müssen Anreizregelungen in den Vertrag aufgenommen 149


werden, um der Ermüdung der Motivation des privaten Partners hinsichtlich möglicher Verbesserungsmaßnahmen bzw. Modernisierungen des Gebäudes entgegenzuwirken und so die langfristige Optimierung des Energieverbrauchs zu sichern. Aufgrund der langfristigen Verträge sind Anpassungsnotwendigkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Daher ist es empfehlenswert, vom privaten Partner eine Urkalkulation bezüglich des Energiemanagements zu verlangen und eine Anpassungsregelung durch einen einfachen Berechnungsalgorithmus zu vereinbaren, um den Aufwand im Anpassungsfall zu minimieren. Da­ rüber hinaus sollte eine sinnvolle Wertsicherungsklausel mit den richtigen Indizes für zukünftige Energiepreissteigerungen in den Vertrag integriert werden. Im weiteren Projektverlauf setzt der private Partner sein energetisches Konzept für die Bau- und anschließende Bewirtschaftungsphase um. Essenziell für ihn ist der Übergang zwischen Fertigstellung bzw. Abnahme des Objekts in die Nutzungsphase. Hier muss sichergestellt werden, dass insbesondere das Monitoring-Konzept für die Verbrauchsmengenerfassung installiert ist und rechtzeitig die Versorgungsverträge mit den jeweiligen EVUs abgeschlossen worden sind. Für den Privaten geht es im Rahmen des Energiemanagements um die planmäßig Steuerung der Energieverbräuche. Maßgebliche Einflussfaktoren sind die Einstellungen der technischen Anlagen im Gebäude und die Vorgaben zum Nutzerverhalten. Darüber

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hinaus ist die jährliche Energieabrechnung mit dem Auftraggeber vorzunehmen. Nutzerverhalten entscheidet Neben der Bedeutung grundsätzlicher Maßnahmen ist zu berücksichtigen, dass mehr Technikeinsatz in Gebäuden in der Regel dazu führt, dass die Instandhaltungskosten steigen und somit ein wesentlicher Teil der Energieeinsparungen aufgehoben wird. Ein großes Effizienzpotenzial liegt weiterhin in der Energie, die gar nicht benötigt wird. Hierzu ist daher ein Umdenken in Bezug auf gewohnte Komfortansprüche – z.B. stets öffenbare Fenster – notwendig. Im Zeitalter des Klimawandels und der unumgänglichen Reduzierung der CO2-Freisetzung müssen von jedem Einzelnen neue Nutzungsgewohnheiten erwartet werden können. Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang auch das Thema Nutzerzufriedenheit. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Menschen Hitze und Kälte sehr unterschiedlich empfinden, sodass ein starres Festhalten an Vorgaben gemäß Arbeitsstättenrichtlinien nicht sinnvoll ist. Hier gilt es neue Lösungen und Wege zu suchen, wie gemeinsam mit den Nutzern einer Immobilie Energieeffizienz bei dennoch hoher Behaglichkeit im Gebäude erreicht werden kann. Eine zukünftig stärkere Sensibilisierung der Nutzer für ein energieeffizientes Verhalten ist gerade für die he­ ranwachsenden Generationen als Vorbildfunktion wichtig und notwendig.


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

PPP und IT: Erfolgsfaktoren für ein effektives Miteinander Von Klaus Hahnenfeld

PPP im Bereich der Informationstechnik (IT) ist in Deutschland eine ­Rarität, zumindest wenn der IT-Service direkt am „Nutzer“ geleistet wird. Wa­rum tun sich PPP-Vorhaben im IT-Bereich so schwer? Und wie kann man dem Thema auf die Sprünge helfen? Bekannt geworden sind bisher WIVERTIS, ein Projekt zur Unterstützung der Stadtverwaltung Wiesbaden, und HERKULES, ein Projekt aus dem Bereich der Bundeswehr. Seit vielen Monaten gibt es intensive Aktivitäten­ mit dem Ziel, PPP im IT-Bereich voranzutreiben. Das geschieht auf speziellen Foren oder über­ greifenden Veranstaltungen wie den jährlichen ÖPP-Bundeskongressen. Es gibt auch seit ca. einem Jahr die Initiative eines Teils der IT-Industrie, mit der versucht wird, Entscheidungsträger der Verwaltung für PPP im IT-Bereich zu begeistern. Es wurden viele sogenannte gute Ge­ spräche mit Abteilungsleitern und Staatssekretären geführt, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Beides – die Foren und die Gespräche mit Entscheidungsträgern – ist im Ansatz ausgesprochen lobenswert. Sie haben aber bisher leider wenig Wirkung gezeigt. Dieses Ergebnis gipfelte auf dem­ Fachforum „Kooperation und Moderni­sierung“ des Bundeskongresses ÖPP 2012 in den sogenannten Friedrichshainer Thesen vom 23. No­ vember 2012. Zusammengefasst wird dort beklagt, dass „das Feld zwar bestellt ist, es aber mit der Ernte hapert“. Spielen Industrie und Verwaltung Mikado? Bereitschaft vorhanden Die IT-Industrie wäre schon bereit, neue PPP-Projekte anzugehen, findet aber in der Verwaltung

Klaus Hahnenfeld

keine Ansprechpartner, mit denen konist Lehrbeauftragter an der FH Mainz krete Projekte umgesetzt werden könim Rahmen des nen. Auch in der Führungsspitze von MasterstudienVerwaltungen ist durchweg die Bereitgangs Public Private schaft festzustellen, neue PPP-Projekte Partnership. im IT-Bereich umzusetzen. Das Land Hessen hat in seiner Landeshaushaltsordnung sogar die Vorgabe aufgenommen, PPP immer als Alternative zu bewerten. Es fehlt aber durchgängig auf der Managementebene der Verwaltung der Anstoß, um konkret tätig zu werden. Ohne einen begründeten Anstoß wird die Verwaltungsspitze nicht aktiv werden – es sei denn, es erscheint ein „harter Knochen“ als Vorgesetzter, der sagt, bis wann er welche fundierten Vorschläge erwartet. Und der auch seine Vorgaben kontrolliert. So entsteht der Eindruck, dass sowohl in der Industrie als auch in der Verwaltung niemand weiß, ob und wie man den konkreten ersten Schritt tun sollte – mit der Folge, dass sich Verwaltung und Industrie wie beim Mikado-Spiel in Bewegungsstarre gegenübersitzen. Ist IT etwas besonderes? Es stellt sich die Frage, weshalb es im Bereich von Hoch- und Tiefbau leichter zu sein scheint als im IT-Bereich, ein PPP-Projekt zu vereinbaren. Warum ist es häufiger gelungen, ein Autobahnstück oder eine Brücke über ein PPP-Projekt zu realisieren und zu betreiben – häufiger als es möglich war, die IT-Unterstützung mit Hilfe von

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den sollen, um die Arbeit zu erleichtern, indem z.B. ein Mehrfacheintrag von Daten in Formulare überflüssig wird oder einmal eingegebene Daten von Kollegen mitbenutzt werden können.

PPP für eine kleine, mittlere oder große Behördeneinheit zu vereinbaren? Informationstechnik scheint für viele Mitarbeiter in der Verwaltung im Vergleich zu Schwimmbädern, Schulen, Häusern und Straßen immer noch etwas Nebulöses zu sein. Oft besteht auch die Annahme, dass der Umgang mit IT ein kritischer Prozess der Verwaltung sei, den man nicht aus der Hand geben dürfe. Dabei ist die Verwaltung schnell dabei, bestimmte Bildschirmgrößen oder besondere Softwarepakete zu fordern. Neue Informationstechnik kennt man von zu Hause: von den eigenen Kindern oder von einem Besuch der letzten CeBIT-Messe in Hannover. Und die Industrie ist ebenso schnell bereit, diese Technik zu liefern.

Diese Unterstützung der Verwaltungsabläufe bewirkt häufig, dass Personal freigesetzt wird und für Aufgaben verfügbar ist, die bisher unbearbei­ tet liegen blieben. Wenn dieses Ziel nicht im Detail vorher festgelegt wurde, kann es dazu führen, dass das bisherige Personal die Aufgaben wie bisher durchführt – jetzt zwar mit Unterstützung der Informationstechnik, aber mit mehr Aufwand als vorher. Oder einfach ausgedrückt: Wenn die Zielvorgaben vor Installation und Betrieb der neuen IT nicht konkret formuliert wurden, kann man nicht objektiv feststellen, was sich verbessert hat. „Erst mal hinstellen und dann weitersehen“ ist leider eine häufig praktizierte, aber nicht unbedingt zu empfehlende Methode.

Eine neue Technik wäre also einfach zu realisieren. Aber es wird eben nicht nur Technik an den Arbeitsplatz gestellt, sondern IT-Unterstützung und IT-Service greifen unmittelbar in die gewohnte Arbeit des Nutzers ein.

Bedürfnisse prüfen Wie kommt man zu den wirklichen Bedürfnissen des Nutzers? Man sollte meinen, dass die wirklichen Bedürfnisse am besten vom Nutzer selbst beschrieben werden können. Wenn man diesen Weg geht, kann eine unbezahlbare Liste aus Individualkomponenten entstehen, die zu neuen Standardprodukten nicht kompatibel wären und deren Wartungskosten den verfügbaren Haushalt sprengen würden.

Was soll IT bewirken? Nach der Installation von IT kommt es immer dann zu Problemen, wenn vorher nicht überlegt wurde, welche Verwaltungsabläufe in welcher Weise konkret mit dieser Informationstechnik unterstützt werden sollen. Es muss deshalb festgehalten werden, welche Prozesse unterstützt wer-

PPP im IT-Bereich – 2 Schritte zum Erfolg

Schritt 2: „Was wird durch PPP besser?“

Wirtschaftlichkeit nachweisen IT-Konzept erarbeiten x Zielvorgaben festschreiben x Aufgaben/Abläufe analysieren

Partnerschaft leben Wirtschaftlichkeit nachweisen x Funktionale Ausschreibung starten x Zielvorgaben festschreiben x PPP-geeignete Aufgaben herausarbeiten x x

x x

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Schritt 1: „Lohnt sich IT-Unterstützung?“


Wenn ein Analytiker der Industrie in guter Absicht ein Zielkonzept entwirft und dieses nicht ausreichend mit den künftigen Nutzern diskutiert und auf deren wirkliche Bedürfnisse optimiert hat, werden die Nutzer in der Regel mit Ablehnung des Ergebnisses reagieren. Eine Diskus­ sion im Vorfeld ist schwierig, wenn ein Nutzer unstrukturiert arbeitet, das heißt, wenn seine Arbeitsabläufe nicht standardisiert sind. Noch schwieriger ist es, wenn der Analytiker auf einen Nutzer trifft, der gar nicht in der Lage ist, seine Abläufe selbst zu beschreiben. Hier wäre ein technisch hervorragend ausgebildeter Analytiker fehl am Platze. Ein Analytiker mit den Eigenschaften eines „kommunikativen Friseurs“ wäre durch geschicktes Fragen und Wiederholen von Antworten am besten in der Lage, die Bedürfnisse des Nutzers in der Sprache des Nutzers darzustellen und mit seinem Verständnis und Einverständnis die optimale Lösung zu finden. Um beiden Seiten Freiräume zu lassen, sollten die Forderungen vom Kunden funktional beschrieben werden – mit dem Risiko, dass der Kunde die Bedürfnisse seiner Nutzer nicht ausreichend in den funktionalen Forderungen abgebildet hat. Gemeinsame Aufgabenanalyse Warum verstehen wir uns nicht, obwohl wir uns stundenlag zuhören? Wenn man einem Gesprächspartner zuhört, hat man häufig ein Bild vor Augen, das sich durch die Beiträge des Gesprächspartners verfestigt oder ändert. Nur wenn dieses Bild dem Anfangsbild des Gesprächspartners ähnelt, kommen beide zum gleichen Ergebnis. Das Ausgangsbild auf jeder Seite wird geprägt durch die jeweilige Erfahrung: Ein technisch ausgebildeter Analytiker der Industrie kommt in der Regel mit einem Bild, gefüllt mit Arbeitsplatzcomputer, Tastatur, Bildschirm, Maus, Drucker und ihm bekannten Bildschirmmasken. Das Bild eines Nutzers in der Verwaltung ist von seinen Arbeitsabläufen geprägt: von wiederholten Mitzeichnungen, langwierigen Suchvorgängen in Akten

Wenn man das Ziel hat, PPP im IT-Bereich zu realisieren, ­müssen im ersten Schritt die Vorteile der IT-Unterstützung für die Verwaltung deutlich gemacht werden (Quelle: BWI)

oder mehrfachen Autoritätskorrekturen durch die Vorgesetzten in seinen Entwürfen. Beide Bilder müssen über eine Aufgabenanalyse zur Deckung gebracht werden. Das gegenseitige Verstehen wird auch erschwert durch die Verwendung von Worten, die unterschiedlich interpretiert werden. Das Problem des Aufeinander-Einredens ohne zu verstehen kann reduziert werden, wenn Analytiker eingesetzt werden, die mit der Arbeitsumgebung in der untersuchten Verwaltung vertraut sind. Die IT-Industrie ist deshalb gut beraten, wenn sie in ihrem Analyseteam auch Mitarbeiter einsetzt, die früher in der Verwaltung tätig waren, um in der Indus­ trie ein Verständnis für die Verwaltungsabläufe zu entwickeln. Wenn man das Ziel hat, PPP im IT-Bereich zu realisieren, müssen in einem ersten Schritt die Vorteile durch eine IT-Unterstützung von Arbeitsabläufen für die Verwaltung deutlich gemacht werden. Wer mit PPP im IT-Bereich Gewinne erzielen will, muss der Verwaltung diese Vorteile mundgerecht aufbereiten. Erst wenn diese Vorteile herausgearbeitet werden konnten, wird 153


die Verwaltung bereit und in der Lage sein, die verschiedenen Realisierungsmöglichkeiten zu untersuchen. Eine Möglichkeit ist dann die Realisierung über PPP. PPP-Erfolgsfaktoren im IT-Bereich Um größtmögliche Akzeptanz zu erreichen, muss das IT-Angebot die Bedürfnisse des Kunden treffen. Wenn man nicht weiß, was mit IT unterstützt werden kann und soll, nützt das beste technische Angebot nichts. Angenommen, es wäre gelungen, die IT-Unterstützung zu konzipieren, was sind dann die Erfolgsfaktoren für PPP im IT-Bereich? x

Eine seriöse PPP-Firma wird immer auf Standardabläufe und Standardprodukte setzen, mit denen sie Erfahrung hat. Wenn der Kunde fordert, dass auch Individuallösungen betrieben werden, sollten diese außerhalb des PPP-Vertrags vereinbart und deren Handhabung standardisiert werden.

für die Seite entstehen, die sich nicht an die Vereinbarung hält. x PPP-Verträge laufen in der Regel über mehrere Jahre, IT zeichnet sich durch kurze Innovationszyklen aus. Nur wenn vereinbart wird, wie – als Anreiz – durch eine permanente Modernisierung der Gewinn der PPP-Gesellschaft spürbar ansteigt, wird die PPP-Gesellschaft dafür sorgen, dass die IT des Kunden auf dem neusten Stand bleibt. x Wenn die Organisation innerhalb der Verwaltung, die für die IT-Unterstützung verantwortlich ist, zunehmenden Druck aus ihrem Nutzerbereich verspürt, wird sie selbst die Arbeitsabläufe beschreiben, die mit IT verbessert und wirtschaftlich unterstützt werden können. Wenn zum Druck aus dem Nutzerbereich auch noch Haushaltsenge kommt, wird diese Organisation die Alternative PPP in ihre Überlegungen einbeziehen. Eine enge Zusammenarbeit der Industrie mit einem Verwaltungsbereich, dem „der Kittel brennt“, ist deshalb unerlässlich. Diesen Verwaltungsbereich gilt es zu finden und kluge Pilzsammler setzen „Trüffelschweine“ für eine gute Ernte ein. Zuhören, verstehen, handeln Man könnte den „Friedrichshainer Thesen“ noch „Frankfurter Grundsätze“, „Bonner Erkenntnisse“ oder „Münchner Kerngedanken“ folgen lassen: Es wären richtige Einsichten, die jeder abnicken kann, die das Problem aber nicht verkleinern.

Um größtmögliche Akzeptanz zu erreichen, muss das ­IT-Angebot die Bedürfnisse des Kunden treffen (Quelle: BWI) x

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Anreize zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit fördern die Kreativität der PPP-Gesellschaft. Es sollte deshalb vereinbart werden, welche konkreten Maßnahmen beide Seiten durchzuführen haben, um die Anreize wirken zu lassen, und welche finanziellen Nachteile

Es ist der Verwaltung und der Industrie zu empfehlen, nicht nur zu jammern, sondern konkret etwas zu tun. Dazu muss man zuhören, verstehen und verständlich formulieren. Und wer in das Marketing für PPP schon viel investiert hat und endlich zu praktischen Erfolgen kommen will, kommt nicht daran vorbei, zunächst in den beschriebenen ersten Schritt – in die IT-Unterstützung – zu investieren, um dann im zweiten Schritt mit PPP konkret zu werden.


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

PPP und IT: Durch strategische Kooperation zum Erfolg Von Claus Wechselmann

Die öffentliche Verwaltung befindet sich in einem kontinuierlichen Prozess der Modernisierung und Effizienzsteigerung. Die Handlungsspielräume werden dabei stark von äußeren Faktoren beeinflusst. Partnerschaften und Kooperationen sind strategische Handlungs­optionen, um mit den Herausforderungen umzugehen, denen die Verwaltung gegenübersteht. Handlungsbedarf ergibt sich aus der teilweise angespannten Haushaltslage. Die Folge dieser Entwicklung ist ein verstärkter Spar- und Konsolidierungszwang, der sich in den kommenden Jahren – u.a. aufgrund der Schuldenbremse – fortsetzen wird. Somit sollte ein großes Interesse bestehen, vorhandene Haushaltsmittel wirtschaftlicher einzusetzen und Leistungen effizienter zu erbringen. Im zunehmenden, auf der demografischen Entwicklung beruhenden Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte droht der öffentliche Dienst im Vergleich zur Privatwirtschaft als Arbeitgeber für junge, leistungsstarke und hochqualifizierte Fachkräfte und Akademiker an Attraktivität zu verlieren. Laut dem Familienreport 2010 werden bereits im Jahr 2015 drei Millionen Fachkräfte, insbesondere in den MINT-Profilen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, fehlen. Durch diese gesamtgesellschaftliche Veränderung bedarf es geeigneter Instrumente zur Personalgewinnung speziell für die öffentliche Verwaltung. Notwendige Kürzungen im Personalbereich dürfen gleichzeitig aber nicht dazu führen, dass der öffentliche Dienst den Zugang zum Arbeitsmarkt verliert. Innovative Lösungen gefragt Der Einfluss des demografischen Wandels ist zunehmend spürbar. Die Folgen sind u.a. veränderte gesellschaftliche Anforderungen, die sich in ei-

Claus Wechselmann ist Generalbevollmächtigter und Mitglied der Geschäftsleitung der ÖPP Deutschland AG.

ner Veränderung öffentlicher Aufgaben bzw. neuen Verwaltungsaufgaben äußern. Eine Anpassung des Leistungsangebots wird notwendig, z.B. verstärkte häusliche Krankenpflege oder Hilfe zur Pflege für ältere Bevölkerungsschichten. Ausgaben und aufgewendete Ressourcen im Sozialbereich steigen in der Folge beständig, sodass ggf. nur innovative Lösungen die Leistungserbringung sicherstellen können.

Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass in den vergangenen Jahren die Anforderungen an Verwaltungshandeln und -service in Bezug auf Qualität, Flexibilität und Leistungsfähigkeit gestiegen sind. One-Stop-Government und E-Go­ vernment sind nur zwei Ausprägungen dieser Erscheinung; die öffentliche Verwaltung muss sich hinsichtlich einiger Verwaltungsdienstleistungen zunehmend dem Vergleich mit der Privatwirtschaft, gerade was Online-Prozesse angeht, stellen. Viele Bereiche der öffentlichen Verwaltung haben bereits auf diese Entwicklung erfolgreich reagiert und ihre Kundenorientierung massiv vorangetrieben, z.B. durch die Gründung von Bürgerämtern auf Kommunalebene oder die „einheitliche Behördennummer D115“ als Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen. Es muss deshalb sichergestellt werden, dass die öffentliche Hand trotz Sparzwängen und Personalmangel den gestiegenen Anforderungen der Bürger weiterhin gerecht werden kann.

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Technologie bestimmt neue Wege Die neuen, erweiterten Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien stellen sich vor allem aufgrund der kurzen Innovationszyklen, der erforderlichen Fachkunde und sehr spezifischer Anforderungen gleichfalls als Herausforderung, vor allem für kleinteilige Strukturen, dar. Dies gilt sowohl für das außenbezogene E-Government und erst recht für das sich bereits abzeichnende M-Government als auch für die Elektronisierung von Binnenprozessen. Hinzu kommt, dass aus Programmen zur Stärkung des E- und Open-Governments, wie z.B. aus dem „Umsetzungskonzept für die Nationale E-GovernmentStrategie (NEGS)“ und anderen bundesrechtlichen Vorgaben, neue Aufgaben für öffentliche Stellen resultieren. Durch das Internet und den zunehmenden Einsatz mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablet-PCs steigen die Forderungen nach Multikanalanwendungen. Im Jahr 2011 wollten laut einer Studie 55 von 100 Entscheidern im öffentlichen Bereich in Web-2.0-Anwendungen investieren. Zwei Drittel sahen sogar in Applikationen und sozialen Netzwerken geeignete Instrumente, um das Verwaltungshandeln transparenter zu gestalten. Das Zusammenspiel von innovativen Informationstechnologien, einer immer größer werdenden Wissensgesellschaft und der Forderung nach mehr Partizipation führt auch zu neuen Möglichkeiten der Kooperation und Kommunikation zwischen öffentlicher Verwaltung und Bürgern sowie Unternehmen. Diese werden unter dem Schlagwort Open-Government diskutiert. OnlineFormate wie „Frag den Staat“ oder das Open-Data-Portal der Stadt Berlin sind innovative Transparenz- und Partizipationsinstrumente, die aus der Open-Government-Bewegung heraus entstanden sind. Immer mehr öffentliche Stellen öffnen sich in diesem Zusammenhang gegenüber der Zivilgesellschaft und geben Einblick in Entscheidungsabläufe und Prozesse, veröffentlichen ihre Daten 156

und geben die Möglichkeit zur Partizipation. Insbesondere der nur technikgestützt zu realisierende Teilbereich des Open-Data, der starke Bezüge zum Wissensmanagement in der öffentlichen Verwaltung aufweist, lässt sich kaum von jeder öffentlichen Stelle in Eigenregie realisieren – allein schon, weil es ohnehin einer Verständigung auf bestimmte übergreifende Vorgaben und ggf. auch einer Standardisierung bedarf. Inhaltliche Herausforderungen meistern Die genannten Herausforderungen führen daher auch zu einer Veränderung der Reformagenda der öffentlichen Verwaltung. Die überkommenen Mechanismen zur Modernisierung der Verwaltung – Aufgabenkritik, Funktional- und Gebietsreformen und vieles mehr – erweisen sich nur noch als bedingt geeignet. Neue technische Möglichkeiten, z.B. E-Government und IT-Kooperationen bis hin zum Cloud Computing, die Raumund Zeitunabhängigkeit der Leistungserbringung, verwaltungswissenschaftlich entwickelte und zum Teil auch erprobte Konzepte wie Shared Services, Öffentlich-Private Partnerschaften, der Gedanke des One-Stop-Governments bis hin zu neuartigen Agenturmodellen bieten weitergehende Potenziale. Dass dabei der Kooperationsgedanke eine he­ rausragende Rolle einnimmt, verdeutlicht bereits die im Rahmen der Föderalismusreform II neu geschaffene Vorschrift des Art. 91c Grundgesetz (GG), die für eine relevante Unterstützungsleistung – den Betrieb von Informations- und Kommunikationstechnologien – die interföderale Zusammenarbeit explizit legitimiert und die Kooperation als anerkannte Form der Leistungserbringung etabliert. Die Vorschrift scheint dabei eine Differenzierung zwischen Unterstützungsleistungen („für ihre Aufgabenerfüllung benötigte“) und der eigentlichen Wahrnehmung der Verwaltungsaufgabe zum Ausdruck zu bringen, die bei der zunehmenden Verwirklichung kooperativer Lösungsansätze ggf. handlungsleitend sein kann.


Art. 91c GG erfasst primär die Kooperation zwischen Bund und Ländern bzw. dieser untereinander, manifestiert aber auch den politischen Willen zur Zusammenarbeit und kann daher ggf. in den kommunalen Bereich sowie in die gesamte öffentliche Verwaltung ausstrahlen. Kooperation ist ein Zeichen der Zeit – und kann zugleich auch als Ersatz und Ergänzung der überkommenen Modernisierungsagenden gelten. Große Einsparpotenziale Effizienzgewinne, Kosteneinsparungen, erweiterte technologische Möglichkeiten und damit verbunden der (Rück-)Gewinn von Handlungsspielräumen sind nur einige der zahlreichen Potenziale, die bei einer erfolgreichen Realisierung von Kooperationen im öffentlichen Sektor erreicht werden können. Dies bestätigen Experteninterviews, Marktstudien vergleichbarer Projekte sowie die Auswertung von Projektberichten. Untersuchungen belegen beispielsweise, dass eine sektoren- und ebenenübergreifende Zusammenarbeit Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen ermöglicht. Im Rahmen einer Marktbefragung der ÖPP Deutschland AG für ein interkommunales Dienstleistungszentrum bestätigten die befragten sechs großen Anbieter, dass Einsparungen von bis zu 30 Prozent bei einer gemeinsamen ­Erbringung von Informationsdiensten, bis zu 25 Prozent bei einer Zusammenarbeit bei der Vorbereitung von Genehmigungen und ebenfalls bis zu 25 Prozent bei Kooperationen im Bereich der klassischen Querschnittsdienste und HelpdeskFunktionen erzielbar sind. Ein Dienstleistungszentrum (Shared-ServiceCenter, SSC) unter Einbindung privater Partner eröffnet die Möglichkeit, die spezifischen Vorteile einer privatwirtschaftlichen Leistungserstellung mit den Vorteilen einer öffentlich-öffentlichen Kooperation in einem solchen Zentrum zu verbinden. Die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft ermöglicht die Erschließung und gemeinsame Nutzung des Wissens beider Partner. Während der private Partner spezifische

Branchenkenntnisse in die Partnerschaft einbringen kann, fließt von Seiten der öffentlichen Partner tiefgreifendes Verwaltungs-Know-how in die Partnerschaft ein. Bei dem Kernaufgabenbereich eines Dienstleistungszentrums, der Erbringung von Unterstützungsleistungen, handelt es sich in erster Linie um standardisierbare, wiederkehrende und häufig automatisierbare Dienstleistungen im Bereich Personal, IT-Infrastruktur und IT-Support, Facility-Management, Beschaffung, Fuhrpark- oder Finanzmanagement. Von der Privatwirtschaft lernen Private Unternehmen als Beispiel für erfolgreiches Kooperieren agieren zunehmend in sogenannten Kooperationsnetzwerken. Neben qualitativen Entwicklungspartnerschaften, z.B. der gemeinsamen Motorenentwicklung BMW-Toyota, kann es eine Zusammenarbeit bei Standarddienstleistungen geben, wie z.B. bei Front Offices und Callcentern in Bezug auf Response-Zeiten und Erreichbarkeit. Vorteile ergeben sich vor allem durch ein optimiertes Risiko- und Schnittstellenmanagement, die Steuerung über Kennzahlen sowie kürzere Umsetzungszeiträume. Erfahrungen mit der Bündelung derartiger Unterstützungsleistungen in Shared-Service-Centern existieren im privatwirtschaftlichen Sektor seit Ende der 1990er Jahre. Diese beziehen sich dabei sowohl auf die Umsetzung interner wie externer SSC-Projekte als auch auf die Leistungserbringung für privatwirtschaftliche Kunden und solche aus der öffentlichen Verwaltung. Da Unterstützungsleistungen in öffentlichen und privaten Organisationen gleichermaßen anfallen, sind die Markterfahrungen des privatwirtschaftlichen Sektors auch auf die öffentliche Verwaltung anwendbar und werden von privater Seite auch für die öffentliche Hand angeboten. Dies führt zur Bildung von Marktmechanismen mit Konkurrenz und Innovationen und daher zu Qualitätssteigerungen oder Preissenkungen. 157


Die privatwirtschaftliche Kompetenz aufgrund dieser Markterfahrungen besteht insbesondere in

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der Spezialisierung und Professionalisierung eines privaten Dienstleisters mit Kenntnissen für eine effiziente Leistungserbringung, x fachlichem Know-how für eine effiziente Gestaltung der Organisation und der Prozesse zur Leistungserstellung, x spezifischer Expertise der Mitarbeiter, z.B. in den Bereichen Steuerung, Management und IT, x größeren Anreizwirkungen und höherer Flexibilität der Mitarbeiter durch leistungsorientierte Bezahlung, x einer konsequenten Output-Orientierung, gesteuert über Service-Level-Agreements, x Erfahrungen mit Finanzierungsmodellen zur Beschaffung notwendiger Investitionen sowie x Branchenkenntnissen und Management­ er­fahrungen bei der Gestaltung von Trans­for­mationsprozessen.

eine Verminderung von Risiken bei der gebündelten Leistungserbringung. Der privatwirtschaftliche Dienstleister übernimmt bei der Leistungserstellung Risiken, die er aufgrund seiner Kernkompetenz am besten beherrschen kann. Dadurch lassen sich für das Gesamtprojekt die Kosten der Risikokontrolle minimieren und die langfristige Umsetzungssicherheit erhöhen. x eine höhere Geschwindigkeit bei der Einführung eines Dienstleistungszentrums und der Transformation der Organisation sowie schnelle Umsetzungserfolge aufgrund höheren Prozess-Know-hows, Branchenkenntnissen, Erfahrungen und Fachexpertise. Aufgrund der privatwirtschaftlichen Kompetenz im Bereich von SSC kann somit gefolgert werden, dass private Anbieter für den Bereich der Querschnittsaufgaben zumindest gleichwertige Wirtschaftlichkeitspotenziale aufweisen wie eine Leistungserbringung durch die öffentliche Verwaltung selbst.

Zentrale Vorteile für die Leistungserstellung und Umsetzung von SSC-Ansätzen durch private Marktteilnehmer ergeben sich vor allem durch:

DLZ-Ansatz

ÖPP-DLZ

Potenzial: x Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Prozessoptimierung durch Aufgabenbündelung Nutzeneffekt: x Effizienz- und Qualitätssteigerungen durch Spezialisierungsund Größeneffekte Indizien x Vertragliche Festlegung klarer Qualitätskriterien x Kundenorientierung (AG-AN) x Bessere Gesamtauslastung der Mitarbeiter

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Potenzial: x Nutzung der Expertise eines privaten Partners zur DLZ-Realisierung Nutzeneffekt: x Höhere Umsetzungsgeschwindigkeit x Risikoreduzierung Indizien x Gemeinsame Prozessverbesserung x Innovation x Fachkräftestellung: Know-how im Bereich IT und Management

Politische Perspektive

Konzentration der Verwaltung auf Kernaufgaben und Bürgerservice sowie Stärkung der Handlungsund Gestaltungsfähigkeit


INSTRUMENTE UND VERFAHREN

Einsatz von PPP für das Breitbandprojekt Odenwaldkreis Von Jürgen Walther

Eine ausreichende Breitbandversorgung ist die Grundlage für eine funktionierende soziale und wirtschaftliche Infrastruktur und damit ein entscheidender Wettbewerbs- und Standortfaktor. Doch gerade der Aufbau von Hochleistungsnetzen in schwer zu versorgenden Gebieten ist eine Herausforderung, denn hier regelt sich der Markt nicht selbst. Für eine flächendeckende und zukunftsfähige Breitbandversorgung im Odenwaldkreis sorgte deshalb die Kommune. Das Projekt erhielt den „Innovationspreis PPP 2012“.

Jürgen Walther ist Geschäftsführer der OdenwaldregionalGesellschaft (OREG) mbH.

Schon am 23. Mai 2006, am Flugplatz Michelstadt, lud der damalige Landrat Horst Schnur zu einem Diskussionsabend unter dem Titel „Breitbandtechnologie im ländlichen Raum“ ein. „Die Datenautobahn zählt neben dem Straßen- und Schienennetz zu den entscheidenden Wirtschaftsund Standortfaktoren, und vor allem der ländliche Raum benötigt schnelle, leistungsfähige und zeitgemäße Daten- und Informationsübertragungsmöglichkeiten“, unterstrich der Landrat schon damals.

Horst Schnur war es auch, der beim damaligen Präsidenten der Bundesnetzagentur Matthias Kurth ein entsprechendes Konzept vorlegte, in dem er seine Forderung untermauerte, die Deutsche Telekom AG entsprechend zu regulieren und per Gesetz zu verpflichten, die sogenannten Kabelverzweiger (KVz) für weitere Netzbetreiber zu öffnen. Dies sorgte bundesweit für Schlagzeilen.

Die Verhandlungen mit dem Land Hessen begannen bereits im Jahr 2006 und waren langwierig. Es dauerte lange, bis begriffen wurde, dass der Odenwaldkreis keine europäischen oder landeseigenen Fördermittel wollte, sondern die regionalen Banken das Projekt finanzieren sollten, abgesichert mit einer Landesbürgschaft. Überzeugungsarbeit in den regionalen politischen Gremien wie Kreistag und Kreisausschuss war nicht vonnöten.

Zu diesem Thema wurden viele Veranstaltungen organisiert und Netzbetreiber angesprochen. Mit den Veranstaltungen sollten die verschiedenen Techniken der Datenübertragung dargestellt und deren Sinnhaftigkeit und Machbarkeit für den Odenwaldkreis geprüft werden. Sowohl im Rahmen dieser Veranstaltungen als auch durch direkte Anfragen bei einzelnen Netzbetreibern, z.B. Telekom, Arcor-Vodafone, HSE Medianet u.a., wurde seitens des Kreises und der Kommunen die Forderung an die Marktanbieter gestellt, ein flächendeckendes, zukunftsorientiertes Breitbandnetz anzubieten bzw. zu bauen. Im Zuge dieser Anfragen gab es nur vereinzelt Interesse für sogenannte Filetstücke und eindeutige Absagen, die überwiegend wirtschaftlich begründet waren. Das zeigte eindeutig, dass sich der Markt in ländlich geprägten Flächen nicht selbst regelt

Im Jahr 2007 unter der Projektleitung der Brenergo – Gesellschaft für Breitband und regenerative Energien mbH, einem Tochterunternehmen der Kreistochter Odenwald-Regional-Gesellschaft OREG mbH, wurden die ersten Bürgerumfragen für eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, die dann in einer Projektkonzeption zur Realisierung des Breitbandprojekts zusammengefasst wurden.

Marktversagen in ländlichen Räumen

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und im Bereich der flächendeckenden und zukunftsfähigen Breitbandversorgung von „Marktversagen“ zu sprechen ist. Hier konnte nur ein kommunal getragenes Netz in Frage kommen. Horst Schnur und Jürgen Walther – die „Gallier“ im Reich der Deutschen Telekom AG – waren es auch, die der Hessischen Landesregierung ständig die Türen einrannten, um entsprechende Unterstützung für das Projekt zu erhalten. Und nach langen und zähen Verhandlungen wurden am 21. Juli 2010 die Bürgschaftsurkunden in Höhe von 16 Millionen Euro, 80 Prozent davon vom Land Hessen, an die beiden Banken Sparkasse Odenwaldkreis und Volksbank Odenwald übergeben. Die restlichen 20 Prozent übernahmen die beiden Banken. Das Projekt konnte beginnen.

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ration mit der Klenk & Sohn GmbH, ein beachtli­ ches wie fortschrittliches Projekt auf die Beine zu stellen. Die OREG mbH ist die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung des Odenwaldkreises. Ihr gehören neben dem Kreis selbst auch die Sparkasse Odenwaldkreis und die Volksbank Odenwald e.G. als Gesellschafter an.

Kommunaler Schulterschluss

Durch den kommunalen Schulterschluss in der OREG-Gesellschafterstruktur und die Unterstützung der beiden Kreditinstitute wurde eine ideale Plattform geschaffen, auf der die OREG mbH umsetzte, was die freie Marktwirtschaft in diesem Fall nicht regelt: flächendeckende Breitbandversorgung in schwer zu versorgenden Gebieten. Von Beginn an arbeiteten die OREG mbH und deren Tochterunternehmen an der Schaffung einer bedarfs- und zukunftsorientierten Breitbandinfrastruktur für den Odenwaldkreis.

Unter Federführung der Odenwald-Regional-Gesellschaft mbH (OREG) ist es gelungen, in Koope-

Eine ausreichende Breitbandversorgung stellt die wesentlichen wirtschaftlichen und sozialen


Bestandteile der Infrastruktur dar, die als Wett­ bewerbs- und Standortfaktoren einer Region gelten. Der Odenwaldkreis hat eine Fläche von ca. 624 Quadratkilometern mit einem Waldanteil von ca. 60 Prozent. Die Bevölkerung von 97.502 Personen (Stand 31. Dezember 2009) verteilt sich auf 15 Städte und Gemeinden und deren insgesamt 93 Stadt- und Ortsteile. Das bedeutet eine Bevölkerungsdichte von 156 Einwohnern pro Quadrat­kilometer. Im Odenwaldkreis gibt es 44.300 Haushalte, 3.200 Firmen und Gewerbetreibende, 37 Schulen und 51 Kindergärten.

Funk ausgelegt sind. In einer ersten Ausbaustufe sollte bis Ende des Jahres 2011 in allen Städten und Gemeinden des Kreises ein flächendeckendes Glasfasernetz für schnelle Internetverbindungen zur Verfügung stehen.

Dringender Handlungsbedarf

Die Klenk & Sohn GmbH mit Sitz im Modautal konnte sich in den letzten 15 Jahren zu einem umfassenden Dienstleister für das Erstellen von Kabelinfrastrukturen im Telekommunikations- und Energiebereich entwickeln. Alle für die Realisierung derartiger Projekte notwendigen Gewerke sind im eigenen Haus zu finden. Dies ermöglicht jederzeit einen direkten Zugriff auf den gesammelten Erfahrungsschatz. Von der Trassenplanung und der Abwicklung des Genehmigungsverfahrens über die Realisierung im konventionellen Tiefbau-, im Pflug- oder auch im Spülbohrverfahren bis hin zur Kabelmontage und schließlich zur Dokumentation und Wartung der gebauten Anlagen konnten alle Leistungen abgedeckt werden. Das mittelständische Unternehmen sah im Breitbandausbau nicht nur eine Chance für den Odenwald, sondern für alle Regionen. Bei einem deutschlandweiten Netzausbau sind auch die volkswirtschaftlichen Chancen dieses Marktes nicht außer Acht zu lassen.

Die erhobenen und ausgewerteten Daten für den ­ denwaldkreis ergaben, dass weniger als 1 ProO zent der Anschlüsse über 50 Mbit/s verfügten. In den größeren Kommunen des Odenwaldkreises gab es vereinzelt Anschlüsse von bis zu 16 Mbit/s. Doch bereits 500 Meter außerhalb des Stadtzentrums, z.B. in Richtung Gewerbegebiete oder Wohnrandlage, bestand dringender Handlungsbedarf. Kennzahlen Odenwaldkreis Fläche: ...................................... 624 qkm Städte und Gemeinden: ............ 15 Kommunen Stadt- und Ortsteile: ................. 93 Einwohner: ............................... 97.502 ................................................. (Stand 31.12.2009) Bevölkerungsdichte: .................. 156 Einwohner/qkm Haushalte: ................................ 44.300 Firmen und Gewerbetreibende:.3.200 Schulen: .................................... 37 Kindergärten: ........................... 51

Planungsziele Nach der Umsetzung des Projekts und dem Aufbau des kommunal getragenen Breitbandnetzes kehrt sich die Versorgungslage um. Nahezu 100 Prozent der Anschlüsse sollten mit einer Datenübertragungsrate von bis zu 50 Mbit/s erreichbar sein. Im Unterschied zu anderen Regionen sollte es auch zu keiner Mischlösung kommen, bei der weite Teile der Versorgung nur auf

Das geplante Netz hat eine Länge von rund 330 Kilometern und wurde bereits in der ersten Ausbaustufe der Forderung der Bundesregierung – 50 Mbit/s bis 2018 in jedem Haushalt – gerecht. Kabelleitungsbau

Kennzahlen Netzbau Projektbeginn: 13.8.2010 Netzbetrieb (erstes von acht Teilnetzen): 28.10.2011 Netzfertigstellung (Bau): 16.3.2012 Kompletter Netzbetrieb aller acht Teilnetze: 31.7.2012

Projekt mit Modellcharakter Um die Pläne zügig voranzubringen, wurde im Odenwaldkreis ein Sanierungsplan erstellt, der 161


mit allen abgestimmt war, die Straßenbau- bzw. Tiefbauarbeiten durchführen. Dazu gehörten die städtischen Bauämter wie das Kreisbauamt, das Amt für Straßen- und Verkehrswesen sowie der Energieversorger vor Ort. Dank dieses Plans wurden die Baumaßnahmen optimal koordiniert und den Anforderungen künftiger Kabelleitungslegungen angepasst und damit Kosten eingespart, etwa durch das Mitverlegen von Leerrohren für entsprechende Datenleitungen. Nicht ohne Grund wurde das Projekt von der Hessischen Landesregierung als Projekt mit Modellcharakter zur Erschließung ländlicher Räume mit Breitbandversorgung bezeichnet. Modellhaft war auch, dass das Projekt ohne Fördergelder und Zuschüsse auskam. Attraktivität gesteigert Das Thema Breitband wird sich auf alle Bereiche des Lebens auswirken. Dies sind u.a. Bildung und Forschung, Verwaltung und Politik, Bürger, Umwelt und Energie sowie die Bereiche Immobilien, Wirtschaft, Gesundheit und Pflege sowie die öffentliche Sicherheit. Mit dem Vorhaben können rund hunderttausend Einwohner in 44.300 Haushalten mit 37 Schulstandorten, 51 Kindergärten und rund 3.200 Unternehmen und Gewerbetreibende in 15 Städten und Gemeinden sowie deren Ortsteile versorgt werden. Die Klagen der Immobilienhändler, attraktive Häuser in Stadtrandlage nicht mehr angemessen vermarkten zu können, weil ein schneller Internetanschluss fehlt, werden rapide sinken. Für potenzielle Käufer, insbesondere Unternehmer, ist eine Immobilie uninteressant, die keinen Breitbandanschluss besitzt. Arbeitsplätze zu erhalten bzw. neue zu schaffen ist eine Aufgabe, die über das Projekt Breitbandversorgung sinnvolle Unterstützung findet. So werden im Odenwaldkreis noch in diesem Jahr Unternehmensgründungen und -erweiterungen ermöglicht, wo

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zuvor die Standortbedingungen als unzureichend beurteilt wurden. Der Gesundheitsbereich, inklusive der Entwicklung von dreidimensionalen, hochauflösenden und damit datenstarken Bilddokumenten, zeigt exemplarisch die Anforderungen auf, die in Sachen Datentransfer und Bandbreite künftig zu beherrschen sind. Intelligente Stromnetzte, sogenannte Smart Grids auf der Basis flächendeckenden Breitbands, sind denkbar und umsetzbar. Projektfinanzierung Die Einnahmen zur Projektfinanzierung des Glasfasernetzes werden durch die Vermietung an die HSE Medianet GmbH generiert. Dabei wird die Brenergo, ein Tochterunternehmen der Odenwald-Regional-Gesellschaft (OREG mbH), stets im Besitz des Netzes bleiben und damit die Einflussmöglichkeit haben, die Infrastruktur den stetig wachsenden Anforderungen der Zukunft anzupassen und diesen gerecht zu werden. Die HSE Medianet GmbH findet ein flächendeckendes Netz vor, das ihr den Zugang in alle Haushalte ermöglicht. Damit hält sie mit der Entwicklung Schritt und kann somit den Kunden die notwendigen Datenübertragungsraten, auch bei Steigerungen von zu erwartenden 500 bis 800 Prozent in den nächsten drei bis fünf Jahren, anbieten. Ausreichend Kapazitäten bereitstellen Das Ziel des Breitbandausbaus war es, ein zu erstellendes Kabelnetz so zu konzipieren, dass für den mittel- und langfristig prognostizierten Bedarf an Datentransferpotenzial ausreichend Kapazitäten vorhanden sind. Damit kann auch gewährleistet werden, dass die notwendigen Investitionen entsprechend sinnvoll und nachhaltig sind sowie die weiteren Ausbaustufen Fiber To The Building (FTTB) und Fiber To The Home (FTTH) bedarfsorientiert aufgesetzt werden können.


Von Klaus Grewe

Auch wenn eine detaillierte Planung vor Baubeginn zunächst mit mehr Aufwand und Kosten verbunden ist, trägt sie doch entscheidend zur erfolgreichen Realisierung von Großprojekten bei. In Großbritannien ist jede Phase eines solchen Projekts streng reguliert. Die Baumaßnahmen für Olympia 2012 belegen den Erfolg dieser strategischen Vorgehensweise. Das Projekt wurde 10 Prozent unter Budget und vier Monate vor dem Zeitplan abgeschlossen. Internationale Großprojekte unterliegen in der Regel extrem hohen Budget- und Zeitansprüchen ihrer Klienten. Auch in wohlhabenden Ländern gilt der Anspruch, dass ein Projekt sein Budget und seinen Zeitplan nicht überschreiten darf. Private, staatliche wie auch durch Institutionen wie die Weltbank geförderte Projekte unterliegen einem strengen Controlling. Projekte, die heutzutage defizitäre Ergebnisse in Milliardenhöhe ausweisen, haben einen immens negativen Einfluss auf ganze Staatshaushalte, private Investmentfonds wie z.B. die Rentenfonds oder die Reputation des Staates und aller am Projekt Beteiligten oder in Verbindung stehenden Unternehmen. Deutsche Großprojekte spielen in diesem Kontext zurzeit keine positive Rolle. Der hervorragende Ruf der deutschen Industrie, markant mit dem in Deutsch geschriebenen Slogan „Vorsprung durch Technik“ im internationalen Raum etabliert, läuft Gefahr, dass die eigenen nationalen Vorzeigeprojekte negativ auf das positive deutsche Klischee von Pünktlichkeit und Genauigkeit abfärben. Internationale Großprojekte wie die Infrastrukturmaßnahmen London 2012, die großen Quatar-Projekte oder der neue Panama-Kanal zeigen aber, dass es möglich ist, auch hochkomplizierte Großprojekte in time and budget zu liefern und darüber hinaus mit der Akzeptanz der Bevölkerung abzuschließen.

Der Schlüssel zum Erfolg ist die abgeschlossene Vor- und Hauptplanung vor Baubeginn sowie die konsequente Verknüpfung von Kosten, Risiken, Änderungen und Zeit in der Planungs- und später Ausführungsphase durch einen erfahrenen internationalen Consultant.

Klaus Grewe hat als Bau- und Projektleiter viele internationale Projekte betreut, u.a. koordinierte er in den letzten fünf Jahren die Baumaßnahmen der Olympischen Spiele in London 2012.

Erst planen, dann bauen In den USA, England, aber auch in den aktuell boomenden Gebieten wie dem Mittleren Osten und China ist die alte Weisheit „Erst planen, dann bauen“ der Maßstab für erfolgreiches Bauen. Analog zu den Planungsphasen und teilweise Vorphasen der HOAI ist die Planungsphase in Groß-

Luftaufnahme des Austragungsorts für die Eröffnung der Olympischen Spiele in London 2012

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INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN

Großprojekt Olympia 2012 in London: in time und in budget


Detaillierte Planung spart Kosten

Stadionneubau in London

britannien streng reguliert. Mit Abschluss jeder Phase wird ein Abschlussreport erstellt, der nicht nur den jeweiligen Planungsstand dokumentiert und das Projekt verbal beschreibt, sondern sehr detailliert Kosten und Risiken, aber auch Chancen ermittelt und sich sehr genau mit den Finanzierungsquellen beschäftigt. Dieser Abschlussbericht wird dann den Investoren, der Regierung, aber auch der Bevölkerung vorgelegt. Auf Basis des Projektreports wird dann entschieden – bei kontroversen Großprojekten gerne als Wahlthema –, ob die nächste Planungsphase beauftragt wird. Die nächste Planungsphase wird dann ebenfalls mit einem ausführlichen Report abgeschlossen, was selbstverständlich dazu führen kann, dass die nun detaillierte Planung erheblich höhere Kosten ergibt und keine Chancen bestehen, diese zu minimieren. Auf der Basis dieses Detailberichts wird dann wiederum entschieden, das Projekt an diesem Punkt einzustellen oder zu akzeptieren, dass höhere Kosten anfallen werden. Analog zu HOAI Planungsphase 3 ist das Projekt so detailliert planerisch, aber auch kostensicher definiert, dass die folgende Ausführungsplanung keinerlei gravierenden Einfluss auf die Grundprinzipien der Entwurfsplanung haben kann. Der Erfolgsschlüssel ist hier, dass die Entwurfsplanung abgeschlossen ist. 164

Bemerkenswert ist, dass dieses Verfahren, obwohl es mit wesentlich mehr Aufwand, besonders in den Kosten- und Risikoermittlungen, verbunden und dazu durch die Abschlussberichte noch formalisierter ist, trotzdem wesentlich schneller realisiert wird, als es gerade die gängige Praxis in aktuellen deutschen Planungsprozessen ist. Diese Form der Projektbetrachtung erfordert selbstverständlich einen wesentlich höheren Personal- und damit Kostenaufwand in der Planung als bis dato akzeptiert, macht aber trotzdem nur einen Bruchteil des Aufwands aus, der entsteht, wenn z.B. Streitfragen in defizitären Projekten zu klären sind. Ein Ingenieur, der neu plant, kostet 120 Euro in der Stunde, ein Rechtsanwalt ab 350 Euro. Vor Projektbeginn werden zwischen allen Beteiligten – Staat, Stakeholder, Genehmigungsbehörden, Bürger und Planer – definierte Prozesse und Zeitfenster vereinbart: Wer tut was, wie und wie lange, was ist vorzulegen? Das erlaubt dem Projektsteuerer ein konsequentes Abarbeiten der Leistungen. Die Planung der Vorbereitungsmaßnahmen für London 2012 waren auf ein Jahr, sieben Monate und vier Tage berechnet und vereinbart worden. Gebraucht haben wir ein Jahr, sieben Monate und acht Tage, wobei zu erwähnen ist, dass die Vorbereitungsmaßnahmen mit weniger als 75 Prozent unseres Budgets für die „termin­ getriebenen“ Spiele ausgekommen ist. Diese Vorgehensweise bedeutet nicht die Einführung neuer Methoden oder Programme, sondern nur das Verständnis aller Beteiligten, Planungen abzuschließen, und den Willen, in Fleißarbeit Kosten und Risiken zu definieren und abzuschwächen. Die Basis Die Berichte der einzelnen Phasen münden schließlich in einen Basisreport, der in Tausen-


den von einzelnen Vorgängen das Projekt genau beschreibt. Pro Vorgang sind dort die Kosten, aber auch die Risiken ermittelt. Außerdem beinhaltet der Bericht den detaillierten Bauzeitenplan, regelt die weiteren Prüfungs- und Genehmigungswege, das Verhältnis der Stakeholder oder weiterer Geldgeber, das Verhältnis Bauherr–Projektsteuerer, das Verhältnis zum Bauunternehmer etc. Im Prinzip ist in einem solchen Bericht das ganze Projekt für Jahre vorgedacht. Der Londoner Basisreport war 2.000 Seiten stark und unterteilt in 14.000 Vorgänge. Das Budget Das Budget sind die ermittelten Kosten – nochmals unabhängig geprüft – aller Einzelvorgänge und die ermittelten und bereits mehrmals abgeschwächten Risiken pro Vorgang. Positive oder negative Synergien werden dabei ebenfalls berücksichtigt. Ausschließlich die Summe aus Kosten und Risiko ergibt das dann zu veröffentlichende Budget, das eventuell einer weiteren politischen Entscheidung inklusive Bürgerbeteiligung unterliegt. Diese Ehrlichkeit hat einen Pferdefuß: Summen in Milliardenhöhe, auch wenn sie realistisch kalkuliert sind, werden von einer Gesellschaft nur schwer akzeptiert. In England

ist dieses Bewusstsein inzwischen gewachsen. Das CrossRail-Projekt von 16 Milliarden GBP (18,64 Milliarden Euro) zum Ausbau der Londoner U-Bahn wurde nur noch mit einem Schulterzucken begleitet. Bauen mit Plan Auf Basis der abgeschlossenen Planungs- und des Basisreports inklusive Kosten- und Risikoermittlung erfolgt die Ausschreibung. Von Beginn an wird über die mit europäischen Gesetzen konform gehenden Ausschreibungsunterlagen versucht, ein partnerschaftliches Verhältnis mit den künftigen Bauausführenden zu erstellen. Über einen Fragenkatalog, dessen positive Beantwortung 55 Prozent bei der Vergabebewertung erzielt, wird ermittelt, ob das Unternehmen in der Lage ist, das Projekt auszuführen und – noch wichtiger – ob es die Risiken des Projekts verstanden hat. Für den Unternehmer bedeutet diese Form von Angebotserstellung höheren Aufwand, ist aber auch schon ein Teil der eigenen Risikominderung, da er positiv gezwungen wird, mehr zu leisten, als nur einen Kampfpreis für ein „Stück Olympiade“ abzugeben. Bei vielen Großprojekten gibt es außerdem für Bewerber, die es in die engere Wahl geschafft haben, Teilentschädigungen.

Der Olympische Park: Die Vorbereitung auf London 2012 dauerte ein Jahr, sieben Monate und acht Tage

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Mit Zuschlag beginnt die Kernarbeit der Projektsteuerung. Obwohl schon intensiv in der Vorplanung involviert, ist es allein Aufgabe der Projektsteuerung, die Wege vorzugeben, wer was wann macht, prüft etc. Selbstredend ist es Aufgabe der beteiligten Unternehmen, Dritter und Genehmigungsbehörden, ihre Zubringerleistungen im Zeitplan und in entsprechender Form zu liefern. Auf Basis des detaillierten Berichts und besonders der darin schon beschriebenen Risiken werden in 3-Monats-, 1- und 2-Jahres-Vorausblicken die Risiken des Basisberichts mit der aktuellen Entwicklung abgeglichen. Bei Bedarf werden neue Risiken definiert und zeitnah – in London in maximal 14 Tagen – entschieden, wie ein sich andeutendes Risiko in Angriff zu nehmen ist. Grundregel ist hier, dass es immer besser ist, überschaubare Beträge für eine eventuelle Umplanung auszugeben, als später einen Baustopp in Milliardenhöhe zu riskieren. Die Projektsteuerung hat aus diesem Grund Zugriff auf die Risikogelder. Auf dieser Basis erfolgt auch das Änderungsmanagement. Änderungen gehören bedingt durch die lange Laufzeit zu einem Projekt. Wichtig hierbei ist nur, dass die detaillierte Vorplanung und Risikoermittlung verhindert, dass es zu Kernänderungen oder gar Bauzeitstörungen kommt. Eine detaillierte Planung im Vorfeld hat diese möglichen Änderungen bereits im Vorfeld herausgefordert und berücksichtigt. Die täglichen Änderungen werden durch die Risikovorausschauen vermindert, verhindert oder vor Eintreten mit Hilfsmaßnahmen aus dem Risikotopf finanziert, der dem Projektsteuerer zur Verfügung steht. Auch die Prozesse, wer was wann und wie entscheiden darf, sind im Basisreport oder in einem etwas späteren Projekthandbuch festgelegt und unterliegen selbstverständlich einem aktiven Controlling, um Missbrauch zu verhindern. Mit diesem Verständnis ausgerüstet war London 2012 in der Lage, das Projekt 10 Prozent unter Budget und im Januar 2012 vier Monate vor dem

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Zeitplan abzuschließen. Das Projekt mit 9,3 Milliarden GBP (10,83 Milliarden Euro) für die Infrastrukturmaßnahmen war sechs Monate nach den Spielen im November 2012 schlussgerechnet. Die Projektsteuerungsgemeinschaft CLM (bestehend aus den Firmen CH2M Hill, Laing O‘Rourke, Mace) und die Olympic Delivery Authority (ODA) haben sich im Dezember 2012 aufgelöst, die letzte und einzige nennenswerte juristische Auseinandersetzung wurde ebenfalls im November 2012 von einem Schlichter beigelegt. Alles anders? Deutschland ist sehr wohl in der Lage, Großprojekte durchzuführen, besonders im Einsatz von innovativen Methoden, Materialien und technischem Design ist das Land weltweit führend. Deutschland sollte aber, wie andere Länder, die sich deutsche Spezialisten holen, den Mut haben, sich dieses internationale ProjektmanagementKnow-how ins Land zu holen und davon zu lernen. Strategische Partnerschaften sind international gängige Formen, um Wissen zu erlernen, gleichzeitig aber auch zu gewährleisten, dass regionale Gesetze und allgemeine Regeln berücksichtigt werden. PPP ist besonders in England eine Selbstverständlichkeit und hier als Vorbild beispielhaft. Bauherr und Unternehmen wirken schon in der Planungsphase eng zusammen. Beim Projekt High Speed 2 hat z.B. eine aktiv agierende Arbeitsgruppe aus staatlichen Vertretern und Abgesandten der Bauindustrie die möglichen Bauverfahren und Materialien entwickelt. Bauherr und Unternehmer sitzen in der Regel gemischt im gleichen Großraumbüro, zeitnaher Informationsaustausch ist erwünscht. Die Ständeorganisatoren wie die Institution of Civil Engineers (ICE) oder British Tunnelling Society (BTS) sorgen dafür, dass es einen regelmäßigen Austausch auf sachlicher Basis gibt. Allein dieser positive Umgang der einzelnen Gruppen miteinander spart in den Projekten Millionen.


INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN

PPP in Frankreich: Auch 2012 wieder Spitzenreiter in Europa Von Robert Stakowski, Prof. Dr. Dieter Jacob und Corinna Hilbig

2012 wurden in Frankreich wieder so viele PPP-Projekte umgesetzt wie in kaum einem anderen europäischen Land. Allein im ersten Halbjahr 2012 wurden 32 PPP-Verträge, davon 21 CP-Verträge, mit einem Gesamtvolumen von 3,1 Milliarden Euro unterzeichnet. In Frankreich hat sich der positive Trend des ver­ gangenen Jahres fortgesetzt. Sowohl auf staatlicher als auch auf kommunaler Ebene wurde 2012 eine Vielzahl von Projekten vergeben und vorbereitet. Wenngleich im Infrastrukturbereich nur wenige Projekte anstehen, nimmt die Zahl der Projekte mit energieeffizienzbezogenen Anforderungen merklich zu. Einen weiteren Auftrieb dürfte das Thema PPP nach Veröffentlichung der ersten umfangreichen Auswertung von PPP-Pro­ jekten in der Betriebsphase erhalten. 466 realisierte PPP-Projekte seit 2004 Zwischen 2004 und bis zum Ende der ersten­ Hälfte des Jahres 2012 wurden insgesamt knapp 1.000 PPP-Projekte ausgeschrieben. Unter dem Begriff Contrats de Partenariats­et Assimilables­ (CPA) werden die verschiedenen PPP-Vertrags­ ty­pen­zusammengefasst. Neben dem Partnerschaftsvertrag (Contrat de Partenariat, CP) kommen als Realisierungsmodelle noch der Erbpachtvertrag (Bail Emphytéotique Administratif,­ BEA, Bail Emphyté­ot­ ique Hospitalier, BEH) und ein Mietvertrag mit Kaufoption (Autorisation d’Occupation Temporaire du domaine public­ couplée à une l­ocation avec option d’achat, ­AOT-LOA) in Betracht. Der größte Anteil des vergebenen Gesamtvolumens in Höhe von 41,2 Milliarden Euro entfällt nach einer Aufstellung des Institut de la Gestion Déléguée (IGD) mit 15,3 Milliarden Euro auf den Transportbereich, gefolgt von den Bereichen Justiz und Sicherheit mit 5,2 Milliarden Euro, Verteidi-

gung mit 5 Milliarden Euro und Ge­ sundheit mit 4,8 Milliarden Euro. Die meisten der 478 bereits bezuschlagten Projekte dagegen wurden in den Bereichen Justiz und Sicherheit mit 239 Projekten, Städtische Ausrüstung mit 59 Projekten und Gesundheit mit 55 Projekten realisiert. Abgeschlossene CP-Verträge Die Betrachtung der abgeschlosse­ nen CP-Verträge bis Ende 2012 zeigt, dass sich die positive Entwicklung des Projekt-Deal-Flows fortsetzt. Im Jahr 2012 wurden bis einschließlich Dezember insgesamt 41 Projekte bezuschlagt, 30 davon durch lokale Gebietskörperschaften und 11 durch den Staat. Zum Vergleich: Im Vorjahr wurden 34 der 44 realisierten CP-Projekte durch die Gebietskörperschaften und 10 durch den Staat umgesetzt.

Robert Stakowski ist Directeur de Projet bei MAPPP Mission d’Appui aux PPP (MINEFE). Prof. Dr. Dieter Jacob ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine BWL, speziell Baubetriebslehre an der TU Bergakademie Freiberg. Corinna Hilbig ist Prokuristin bei der Infrastrukturberatungsgesellschaft PSPC GmbH Berlin.

Auch im Jahr 2012 wurde die Mehrheit der kommunalen Projekte (15 Projekte)­ im Bereich öffentliche Beleuchtung umgesetzt. In den Hochbaubereichen Bildung, Kultur und Sport wurden insgesamt 13 Projekte umgesetzt. Im Bildungsbereich wurden überwiegend mehrere Schulen als Projektbündel vergeben, z.B. Schulen des Départements Le Loiret. Auf zentralstaatlicher Ebene wurden auch 2012 wieder die meisten Projekte im Hochbau reali-

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Anzahl CP-Projekte seit 2004

wurde im Januar 2012 die Strecke Nîmes–Montpellier vergeben.

7

Fokussierung auf Energieprojekte im Krankenhausbereich

Soziale Projekte

3

Verteidigung

4

Kultur

Projekte

Wirtschaftsförderung

13

Umwelt

13

Transport

13

Sport & Freizeit

21

Dienstleistungen

23

Bildung

27

Gesundheit

44

Städt. Ausrüstung

59 239

Sicherheit & Justiz 0

50

100

150

200

250

Volumen CP-Projekte seit 2004 (in Mrd. Euro) Soziale Projekte

0,2

Verteidigung

Projekte

5

Kultur

0,7

Wirtschaftsförderung

0,8

Umwelt

2,8

Transport

15,3

Sport & Freizeit

Seit Auslaufen des Förderprogramms Plan Hôpital 2007 wurden nur noch wenige PPP-Projekte im Krankenhausbereich realisiert. Die Mehrzahl der realisierten Projekte befindet sich inzwischen in der Betriebsphase. Derzeit stehen im Krankenhausbereich insbesondere Projekte zur Optimierung der Energieversorgung bzw. der Energieeffizienz im Fokus. Großprojekte im Schieneninfrastrukturbereich

2,9

Dienstleistungen

0,5

Bildung

2

Gesundheit

4,8

Städt. Ausstattung

0,9

Sicherheit & Justiz

5,2 0

2

4

6

8

10

12

14

16

Bezuschlagte PPP-Projekte und Gesamtvolumen von 2004 bis 6/2012

siert. Hier wurden insbesondere Krankenhausund Justizprojekte wie der Neubau des Justizpalasts und zwei Gefängnis-Lose bezuschlagt. Als einziges Projekt im Schienen-Infrastrukturbereich

In den letzten vier Jahren wurden vier Projekte ausgeschrieben, davon drei als PPP. Das letzte Projekt, das Projekt Nîmes–Montpellier, mit einer Laufzeit von 25 Jahren wurde im Januar 2012 bezuschlagt. Das Streckennetz ist mit 70 Kilometern im Vergleich zu den anderen beiden Projekten eher klein. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf 2 Milliarden Euro. Die Fertigstellung und Eröffnung der Strecke ist vertraglich für das Jahr 2017 vorgesehen. Auch die beiden Bahnhöfe Montpellier-Odysseum und Nîmes-Mandu-

Entwicklung des Deal-Flows seit 2005 50

P

Etat

45

Collectivités locales

40 35 30 25 20 15 10 5 0 2005

2006

2007

2008

2009

2010

Deal-Flow Contrat de Partenariat von 2004 bis 2012 / Anzahl der umgesetzten CP-Projekte

168

2011

2012


Verteilung CP-Projekte nach Sektoren

Straßenbeleuchtung 56

Energie und Abfall 20

Hochbau 43

Transport 9

Sport und Kultur 24

Internet / techn. Infrastruktur 15

CP-Projekte nach Sektoren von 2004 bis 2012

el werden nun im Rahmen von PPP-Projekten ausgeschrieben. Energetische Schul­sanierung in Paris Projekte im Bereich der energetischen Sanierung oder des Contractings werden im Wege eines sogenannten Contrat de Partenariat Energétique (CPE) umgesetzt. Mit dem CPE wird dem privaten Partner das Medienverbrauchsrisiko für das zugehörige Vertragsobjekt übertragen. CPE werden häufig in Verbindung mit PPP-Errichtungsoder Sanierungsprojekten mit umfangreichen Betriebskomponenten umgesetzt. Eines der größten Vorhaben in diesem Bereich ist die Vergabe von über 100 PPP-Schulen im Großraum Paris. Das Projekt ist Teil des Plan Climat, der eine Reduktion der Energieverbräuche und Emissionen in den öffentlichen Gebäuden um 30 Prozent vorsieht. 45 der 100 Kindergärten und Grundschulen wurden kurz vor Schulbeginn im August 2012 im Rahmen eines CPE mit einer Laufzeit von 19 Jahren vergeben. Der private Auftragnehmer ist für die gesamten Betriebsleistungen und insbesondere die Instandhaltung der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) verantwortlich, ihm obliegt das Mengenverbrauchsrisiko. Die anfänglichen Baumaßnahmen sollen zu Beginn des Jahres 2013 abgeschlossen werden. Auch in anderen PPP-Projekten wurde das Thema­ Energieeffizienz und der Einsatz von erneuerba­ren­

Energien in den Vordergrund gerückt: Im Rahmen des Projekts „Verteidigungsministerium Balard“ mit einem Investitionsvolumen von 720 Millionen Euro kommen sowohl Geothermie, Wärmepumpen, Gas-Therme etc. zum Einsatz. Der gesamte Bedarf an Kühlung wird über die Geothermie realisiert und 70 Prozent des Wärmebedarfs über die Nutzung der Wärme aus den IT-Räumen. Erste große Evaluierung Im Januar 2012 wurde mit der Evaluierung von 30 der bisher insgesamt 46 in der Betriebsphase befindlichen PPP-Projekten begonnen. Durchgeführt wurde die Untersuchung von Stéphane Saussier und Phuong Tra Tran vom Lehrstuhl PPP der Universität Paris I Sorbonne. Abgefragt wurde die Nutzerzufriedenheit in den sechs Bereichen: x

Kosteneinhaltung in der Bauphase Fristeneinhaltung in der Bauphase x Qualität der Leistung in der Bauphase x Einhaltung der Kosten in der Betriebsphase x Einhaltung der Qualitäten in der Betriebsphase x Preis-Leistungs-Verhältnis des Gesamtvertrags x

Untersucht wurden Projekte aus den Bereichen­ Hochbau (13 Prozent), Kultur und Sport ­(17 Prozent), Energie und Abfallentsorgung (27 Prozent), Städtische Ausstattung (Équipements urbains) (30 Prozent) und Informations- und Kommunikationstechnologien (TIC) (13 Prozent). Es wurden keine Projekte des Transport­ bereichs untersucht. In allen untersuchten Projekten wurden die Baukosten eingehalten – ohne Berücksichtigung der von der öffentlichen Hand gewünschten Änderungen. In 93 Prozent der Projekte wurde die vertraglich vereinbarte Bauzeit eingehalten und in 94 Prozent hat der öffentliche Auftraggeber die Qualität der Bauleistung als zufriedenstellend oder besser bewertet. Bei 97 Prozent der Projekte wurden die Betriebskosten im Vergleich zu den bei Vertragsun169


terzeichnung fixierten Kosten im Wesentlichen eingehalten. Absolut eingehalten wurden die Betriebskosten in 80 Prozent der Projekte. Mehrkosten resultierten allein aus Änderungen des Leistungsumfangs oder aus nachträglichen Veränderungen der instand zu haltenden Objekte. In 94 Prozent der Projekte wurde die vertraglich definierte Qualität der Leistung erreicht. Bei 20 Prozent der Projekte war die Qualität sogar höher als vertraglich vereinbart.

Zufriedenheit der öffentlichen Hand Angaben in % Durchschnittlicher Wert

Baukosten

100 %

5,6

Einhaltung Bauzeit

93 %

5,2

Qualität der Bauleistung

94 %

4,8

Betriebskosten

97 %

5,5

Qualität der Leistung

94 %

4,6

Vertragsanpassung

90 %

4,7

Preis-Leistung-Verhältnis

80 %

4,5

Erste Evaluierung in der Betriebsphase (Bewertung: umgekehrtes Schulnotensystem 6 bis 1) (Quelle: http://chaireeppp.org/files_chaire/saussier_tran_2012_1.pdf).

Bei 97 Prozent der Projekte erfolgten bisher Anpassungen und Nachverhandlungen aufgrund von durch den Auftraggeber beauftragten Änderungen des Leistungsumfangs oder der Leistungsqualität sowie aufgrund von Änderungen der Finanzierungskonditionen. 90 Prozent der befragten Auftraggeber sind zufrieden mit den vorgenommenen Änderungen. Dieses Ergebnis zeigt, dass die bisher abgeschlossenen Verträge in ihrer Struktur ausreichend flexibel sind, um die im Laufe der langen Projektlaufzeit notwendigen Anpassungen vornehmen zu können.

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Transparenz bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchung In Frankreich werden die Berichte zur Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der ÖPP-Beschaffungsvariante auf der Homepage der PPP-Task Force Mission d’Appui aux PPP, MAPPP, veröffentlicht. Die Berichte enthalten eine detaillierte Projektskizze sowie eine Beschreibung der zu erbringenden Bau- und Betriebsleistungen. Der zweite Teil besteht aus einer juristischen Analyse, in der die Realisierungsvoraussetzungen für PPP-Projekte, d.h. die Kriterien der Dringlichkeit, der Komplexität und der Effizienz, erörtert und die Ergebnisse von der Task Force kommentiert und bewertet werden. Im dritten Teil der Untersuchung werden die konventionelle und die PPPVariante hinsichtlich zeitlicher Umsetzung, Kosten – einschließlich Kosten der Finanzierung und der jährlichen finanziellen Belastung des Maßnahmenträgers – gegenübergestellt. Im vierten Teil der Untersuchung erfolgt der Vergleich der Barwerte der betrachteten Realisierungsvarianten mit und ohne Risikobewertung. Auch sozioökonomische Kriterien werden quantifiziert und berücksichtigt. Abschließend erfolgt eine Sensitivitäts- bzw. Szenario-Analyse zur Prüfung der Stabilität der Ergebnisse. Positive Aussichten für 2013 Auch im Jahr 2012 wurde – trotz anhaltender Wirtschafts- und Bankenkrise – eine Vielzahl von PPP-Projekten erfolgreich umgesetzt. Die Fortsetzung dieses Trends wird auch für 2013 erwartet. Neben Projekten im Bereich der Energieeffizienz und dem Verkehrssektor werden – mit Blick auf die Europameisterschaft 2016 – weitere Großprojekte im Sportbereich erwartet.


Von Lorenz Bösch

PPP wird in der Schweiz zunehmend ein Thema. Wichtige Projekte, wie z.B. die Sanierung des Gotthardstraßentunnels, stehen an und werden als mögliches PPP-Projekt in Erwägung gezogen. Weitere Vorhaben sind in der Planung. Das Schweizer PPP-Jahr 2012 fand mit den „PPPDays“, die Ende Februar in den Räumlichkeiten der Vereinten Nationen in Genf abgehalten wurden, einen ersten Höhepunkt. Im Rahmen des von der Eidgenossenschaft mitgetragenen Treffens der internationalen PPP-Community, das unter dem Thema „Stärkung der Institutionen und Rahmenbedingungen für bessere PPP-Lösungen“ stand, trafen sich rund 500 Spezialisten aus a­ ller Welt. Auf der Veranstaltung wurde u.a. ein filmisches Porträt über die Entstehung des Schweizer PPPPilotprojekts „Neumatt“ in Burgdorf präsentiert und der Anlage ein Besuch abgestattet. Das Video ist bei der Geschäftsstelle des Vereins erhältlich und eignet sich bestens auch als Einführung in die PPP-Thematik. Zweite Straßenröhre am Gotthard? Heftige Diskussionen löste die Frage der Realisierung einer zweiten Straßenröhre am Gotthard und deren Finanzierung aus. Zur Erinnerung: Der Gotthardstraßentunnel – mit 16,9 Kilometern der drittlängste Straßentunnel der Welt und der längste in den Alpen – ist die wichtigste Schweizer Alpenquerung auf der Straße. Er ist seit 1980 in Betrieb und wurde seither von über 160 Millionen Fahrzeugen passiert. Nun muss der Tunnel bis 2025, spätestens aber bis 2035 umfassend saniert werden. Dazu sind eine Vollsperrung während 900 Tagen oder eine teilweise Sperrung während 3,5 Jahren notwendig. In jedem Fall

ist die Sanierung mit erheblichen Einschränkungen für die Anrainerregionen und mit hohen Kosten für die öffentli­ che Hand verbunden: Aktuell werden­ die Kosten inklusive flankierenden Maß­ nahmen auf 1,2 bis 1,4 Milliarden Franken (964,4 Millionen bis 1,1 Milliarden Euro) veranschlagt.

Lorenz Bösch ist Präsident des Vereins PPP Schweiz, Unternehmensberater, Mitglied der Geschäftsleitung der BHP-Hanser und Partner, Zürich, und exekutiver Vorsteher des Baudepartements des Kantons Schwyz.

Damit die für die Schweiz und Europa wichtige Gotthard-Verbindung auch während der Sanierung des Tunnels erhalten bleibt, hat die Schweizer Landesregierung den Bau einer zweiten Straßenröhre – ohne Kapazitätserweiterung – vorgeschlagen. Der Bundesrat ist überzeugt, dass diese Sanierungsvariante sowohl vom Aufwand und den Kosten als auch von der Sicherheit her langfristig die sinnvollste Lösung ist. Sie trägt zudem dem Anliegen des südlichen Landesteils Rechnung, auch während der Sanierung eine gute Straßenverbindung in den Norden aufrechtzuerhalten. Der Alpenschutzartikel, der eine Erhöhung der Kapazität auf Transitstraßen im Alpengebiet in der Verfassung verbietet, bliebe gewahrt: So soll in jeder Fahrtrichtung immer nur eine Fahrspur betrieben werden. Der Bundesrat will diese Beschränkung gesetzlich verankern und dem Parlament, das letztlich über die Sanierung zu entscheiden hat, somit eine referendumsfähige Vorlage unterbreiten. Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft „economiesuisse“ hat 2012 in einer Machbarkeitsstudie dargelegt, dass die zweite Straßenröhre in ei-

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INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN

PPP in der Schweiz: Die Perspektiven


ner Partnerschaft zwischen der öffentlichen Hand und privaten Investoren effizient realisierbar wäre. Dazu würde eine private Gesellschaft zuerst einen zweiten Tunnel bauen, danach den ersten sanieren und anschließend beide Röhren je einspurig betreiben. Zur Finanzierung würde eine Maut eingeführt.

erfassen und die Kosten für den ganzen Lebenszyklus des Tunnels transparent zu machen. Die politische Diskussion und Entscheidungsfindung über die Form der Sanierung des Gotthardtunnels dürfte dem PPP-Modell noch einige Zeit öffentliche Aufmerksamkeit bescheren. PPP-Pilotvorhaben in Burgdorf in Betrieb

Der Verein PPP Schweiz hat mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass die Landesregierung die Realisierung des Vorhabens am Gotthard gezielt vorantreibt. Der Verein hat mit einer Projektstudie bereits 2009 dargelegt, dass sich das PPP-Modell zur Finanzierung des Vorhabens eignen würde, und 2012 erneut empfohlen, das Projekt in Öffentlich-Privater Partnerschaft zu planen. Der definitive Entscheid, ob der Bau der zweiten Röhre letztlich als PPP-Projekt realisiert werden soll oder nicht, könnte aufgrund der während der Planung ermittelten Vor- und Nachteile zum Ende der Planungsphase auf gesicherten Grundlagen gefällt werden. Der damit verbundene Mehraufwand lohnt sich nach Überzeugung des Vereins auch bei einer konventionellen Beschaffung, hilft er doch, die Risiken des Projekts in einer frühen Phase systematisch zu

Ende April wurde mit dem Verwaltungszentrum­ der Region Emmental-Oberaargau des Kantons­ Bern in Burgdorf das erste nach internationalen Regeln entwickelte PPP-Projekt in der Schweiz eingeweiht. In sieben Gebäuden sind 450 Verwaltungs- und Justizarbeitsplätze sowie ein Regionalgefängnis mit 110 Haftplätzen untergebracht. Bisher waren die insgesamt 19 kantonalen Dienststellen auf 14 Standorte verteilt. Anlass zur Konzentration waren Reformen der dezentralen kantonalen Verwaltung und der Justiz. Die Berner Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin, Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer, hat anlässlich der Eröffnung eine positive Bilanz zur Realisie­rung als PPP-Projekt gezogen. Gleichzeitig schränkte sie allerdings ein, dass sich aus ihrer Sicht nicht alle Bauten für das PPP-Modell eignen

Das erste nach internationalen Regeln entwickelte PPP-Projekt in der Schweiz: das Verwaltungszentrum der Region Emmental-Oberaargau

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PPP: die auf den Lebenszyklus einer Investition ausgerichtete Betrachtung kann helfen, Investitions- und Betriebskosten zu optimieren

würden. In Frage kämen nur Vorhaben mit einem großen Investitionsvolumen und komplexen Anforderungen, bei denen der Betrieb eine wesentliche Rolle spielt. Neue Krankenhausfinanzierung Zum Jahresbeginn 2012 sind in der Schweiz eine neue Regelung für die Krankenhausfinanzierung und ein neues Tarifsystem für stationäre Krankenhausleistungen in Kraft getreten. Die neuen Bestimmungen regeln die Vergütung der stationären Krankenhausleistungen mit Fallpauschalen einheitlich; sie sollen bestehende Wirtschaftlichkeitsreserven im Gesundheitswesen nutzen. Die Einführung der Investitionspauschale stellt die Schweizer Gesundheitsbranche vor massive Herausforderungen: Die Vorfinanzierung künfti-

ger Investitionsvorhaben wirft neue Fragen auf und bringt neue Finanzierungsformen ins Spiel. Die Fachgruppe Gesundheitswesen des Vereins PPP Schweiz hat daher die Gelegenheit genutzt, um mit dem Hinweis auf das Pilotprojekt in Burgdorf darauf aufmerksam zu machen, dass das PPP-Modell eine in manchen Fällen geeignete Alternative zu herkömmlichen Finanzierungsund Realisierungsvarianten darstellt. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass zahlreiche Beispiele aus dem Gesundheits- und Krankenhauswesen in Deutschland und Frankreich erfolgreich nach dem PPP-Modell umgesetzt wurden. Die auf den Lebenszyklus einer Investition ausgerichtete Betrachtung vermittelt neue Impulse und kann mithelfen, Investitions- und Betriebskosten zu optimieren. Durch die Informationsaktion des Vereins, die sich gezielt an rund 270 Experten aus dem Schweizer Gesundheitswesen richtete, entstanden zahlreiche Kontakte, die zu inte­ ressanten Gesprächen führten. Der Verein hofft, dass die PPP-Option für verschiedene Projekte erwogen wird. E-Government ausbaufähig Öffentlich-private Kooperationen sind auch im E-Government denkbar. Wie an einer Informationsveranstaltung des Vereins PPP Schweiz von Referenten aus der Verwaltung wie aus der Privatwirtschaft ausgeführt wurde, steckt in diesem Feld ein erhebliches Potenzial, das im Interesse des Landes vermehrt genutzt werden sollte. Die Schweiz befindet sich bei der Durchführung von Prozessen zur Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb und zwischen behördlichen Institutionen sowie zwischen diesen und 173


den Bürgern noch im Rückstand. Dieser Rückstand soll u.a. durch „E-Government Schweiz“, das gemeinsame Programm des Bundes, der Kantone und Gemeinden, so bürgernah und so wirtschaftlich wie möglich gestaltet werden.

Westschweiz derzeit an verschiedenen Orten PPP-Modelle geprüft werden. Anhänger des Modells und Politiker waren sich darin einig, dass es sich für Private wie für die Verwaltung lohnt, das PPP-Modell in Erwägung zu ziehen.

Der „Leitfaden Partnerschaften von Staat und Wirtschaft im Bereich E-Government und IKT“, der im Frühjahr 2012 erschien, soll Entscheidungsträger sowie Projektleiter in Verwaltung und Wirtschaft unterstützen und praxisnahe Kooperationsmodelle aufzeigen. Der Verein setzte sich anlässlich einer Informationsveranstaltung intensiv mit dem neuen Hilfsmittel für Verwaltungen auseinander. In der Praxishilfe werden die komplexen Fragestellungen strukturiert und umfeldbezogen erläutert. Mit praktischen Checklisten und Entscheidungshilfen sollen Projektleiter in der Verwaltung schon frühzeitig selber abschätzen können, ob ein Vorhaben für eine Partnerschaft mit der Wirtschaft geeignet ist. Der Leitfaden kann direkt bei www.egovernment.ch heruntergeladen oder als Broschüre bestellt werden.

Skepsis ist fehl am Platz

Zur stärkeren Verankerung des PPP-Modells im eidgenössischen Parlament wurden mit Hilfe der Parlamentarier im Vereinspräsidium erste Vorarbeiten für die Bildung einer „parlamentarischen Gruppe PPP“ in die Wege geleitet. Diese Gruppe soll sich dafür einsetzen, dass Öffentlich-Private Partnerschaften nach dem Vorbild des PPP-Modells vermehrte Verbreitung beim Bund finden. Die Konstituierung der Gruppe ist vorbereitet und für den März geplant, eine erste Veranstaltung soll im Juni 2013 stattfinden. Eine Veranstaltung in Paudex, im französischsprachigen Teil der Schweiz, die der Verein in Zusammenarbeit mit dem Centre Patronal durchführen konnte, fand mit über 200 Teilnehmern sehr großes Interesse. Sie zeigte auf, dass in der

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Die Voraussetzungen für eine vermehrte Verbreitung Öffentlich-Privater Partnerschaften nach dem PPP-Modell in der Schweiz sind geschaffen. Skepsis seitens der Verwaltung gegenüber dem PPP-Modell basiert primär auf negativen Erfahrungen aus dem Ausland, aus denen die Schweiz aber ihre Lehren gezogen hat. Zu diesem Schluss kamen Experten anlässlich einer weiteren Informationsveranstaltung des Vereins. Bislang galt für PPP-Vorhaben in der Schweiz die Faustregel, dass ein Vorhaben nur dann Sinn macht, wenn damit u.a. Investitionen von mindestens 30 (24,1 Millionen Euro) oder gar 50 Millionen Franken (40,2 Millionen Euro) verbunden wären. Dieses ungeschriebene Gesetz ließ kleine, aber nicht minder interessante Vorhaben schon in der Vorphase scheitern. Wie die Praxis aber in Deutschland zeigt, sind derartige Projekte unter bestimmten Voraussetzungen sehr wohl realisierbar. Der Verein bemüht sich daher auf verschiedenen Ebenen, diese Voraussetzungen für kleinere und mittlere Vorhaben zu definieren. Der Verein PPP Schweiz hat im vergangenen Jahr ein generell gestiegenes Interesse am PPP-Modell beobachtet, das sich in einer wachsenden Zahl von Anfragen niedergeschlagen hat. An verschiedenen Orten sind Vorhaben in öffentlich-privater Zusammenarbeit geplant oder in Diskussion. Wir gehen daher davon aus, dass sich das Modell in der Schweiz in Zukunft noch weiter verbreiten wird.


Von Sietske G. Bergsma

Öffentlich-Private Partnerschaften nehmen in den Niederlanden allmählich zu. Der Umbau des Finanzministeriums – das erste PPP-Projekt für ein Regierungsgebäude in den Niederlanden – war ein Erfolg und gleichzeitig eine großartige Lernerfahrung. Obwohl es kompliziert war, führten eine klare Strategie, ein starker Fokus und ein kooperativer, integraler Ansatz zu einem herausragenden Ergebnis. Ein PPP-Ausschreibungsverfahren, das sich auf die Planung, den Bau, die Finanzierung, die Instandhaltung und den Betrieb des Projekts bezieht, ist eine Herausforderung und eine komplexe Aufgabe. Deshalb blicken wir auf das erste PPP-Ausschreibungsverfahren der niederländischen Regierung zurück: die PPP-Renovierung des Finanzministeriums, die vor knapp fünf Jahren in Den Haag abgeschlossen wurde. Es handelt sich dabei um eine besonders erfolgreiche Umgestaltung des Gebäudes, die unter Einhaltung der zeitlichen Vorgaben und des Budgets realisiert wurde. Welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen? PPP ist effektiv Es scheint, als ob PPP in den Niederlanden Fahrt aufnehmen. Die staatliche Politik ist auf eine Regierung ausgerichtet, die sich auf ihre Hauptgeschäfte konzentriert. Design, Build, Maintain, Finance und Operate (DBFMO) werden als effektives Instrument für Wohnungsbau- und Infrastrukturprojekte betrachtet. Alle staatlichen Wohnungsbauprojekte mit einem Auftragswert von mehr als 25 Millionen Euro und Infrastrukturprojekte mit einem Auftragswert von mehr als 60 Millionen Euro werden, wenn ein Mehrwert nachgewiesen ist, als PPP-Projekt realisiert. Daher wird vor dem Projektbeginn ein öffentlich-privater Vergleich durchgeführt, in dessen Rahmen ein traditionelles Verfahren mit einem innovativen, ganzheitlichen Ansatz verglichen wird.

Sietske G. Bergsma war von 2002 bis 2009 stellvertretende Projektleiterin für die PPP-Reno­vie­­rung des Finanzministeriums. Seitdem arbeitet sie als unabhängige Beraterin für PPP-Projekte (www. burobergsma.nl).

The Dutch Government Building Agency, die niederländische staatliche Ge­ bäudeverwaltung, geht seit einigen Jahren durch eine Anzahl erfolgreicher Ausschreibungsverfahren mit gutem ­Beispiel voran. Im Jahr 2012 hatten sie fünf operative DBFMO-Verträge in ihrem Bestand, und innerhalb der kommenden fünf Jahre sollen mindestens sieben weitere folgen. Zum Jahresende 2012 kam es nach dem ­ BFMO-Ausschreibungsverfahren zur Auf­ D tragsvergabe für den prestigeträchtigen Neubau für den Hoge Raad der Nederlanden, den Hohen Rat der Niederlande. Wissenstransfer steigern

Die niederländische Regierung fördert die eigenen PPP-Kenntnisse. Es wurde die Organisation PPSsupport gegründet, um örtlichen Behörden und halbprivaten Gesellschaften praktische Unterstützung bei der erstmaligen Durchführung eines PPP-Projekts zu bieten. Sie steht auch privaten Unternehmen zur Verfügung. So werden DBFMOModellverträge und Ausschreibungsbeispiele, sowohl für Wohnungsbau- als auch für Infrastrukturprojekte, bereitgestellt. Diese Dokumente wurden in enger Zusammenarbeit mit privaten Partnern erstellt. Die englischen Versionen finden sich auf der Website von PPS unter www.pps.bijhetrijk.nl/ publicaties.

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INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN

PPP in den Niederlanden: Lessons Learned beim ­Umbau des Finanzministeriums in Den Haag


Niederlande: erste PPP-Projekte zur Realisierung von Schulen, Krankenhäusern, Museen, Schwimmbädern und Sporteinrichtungen sowie für den öffentlichen Personenverkehr sind angelaufen

Private Gesellschaften haben PPS Netwerk Nederland gegründet, um Fachwissen zu vermitteln und die örtlichen Behörden dazu anzuregen, PPP-Projekte umzusetzen. Regelmäßig werden Workshops und Treffen organisiert. Städte und Kommunen beginnen allmählich mit der Umsetzung von PPP. Auf lokaler Ebene können Stadträte, Gemeinden und Kommunen für sich entscheiden, ob sie DB(F)MO einführen möchten, um bessere Ergebnisse zu erzielen und für mehr Kosteneffizienz zu sorgen. Die ersten PPP-Projekte zur Realisierung von Schulen, Krankenhäusern, Museen, Schwimmbädern und Sport­ einrichtungen sowie für den öffentlichen Personenverkehr sind bereits im Gange. Dabei konnte ein Unterschied festgestellt werden: Behörden auf niedrigerer Ebene neigen dazu, sich für weniger stark integrierte Formen wie Design and Build, (DB) oder Design, Build and Maintain (DBM) zu entscheiden. Im DB(F)MO-Fortschrittsbericht 2012 der niederländischen Regierung an das Parlament wird ausgeführt, dass sich der Mehrwert bzw. die Einsparungen der PPP-Projekte im Vergleich zu tradi176

tionellen Beschaffungsvarianten durchschnittlich auf Beträge von 10 bis 15 Prozent belaufen. Bei allen Projekten wurden Zeit- und Kostenrahmen eingehalten. Insgesamt beläuft sich der Effizienzvorteil der PPP-Projekte auf 800 Millionen Euro. Weitere 100 Millionen werden für das kommende Jahr erwartet. Einen vollständigen Überblick finden Sie auf der Website von PPP Netwerk Nederland unter www.ppsnetwerknederland.nl/ projectendatabase. Komplexes Verfahren Beim Ausschreibungsverfahren für den Abschluss eines PPP-Projekts müssen die Projektziele eindeutig festgelegt, eine effektive Ausschreibungsstrategie entwickelt und beide deutlich kommuniziert werden. Es müssen Leistungsvorgaben gemacht, ein Überwachungssystem und ein Zah­lungsmechanismus erdacht werden, um sicherzustellen, dass während der Vertragsdauer die Qualität der vereinbarten Maßnahmen und Dienstleistungen gesichert bleibt. Oft wird angenommen, dass es während des Ausschreibungsverfahrens wenig Möglichkeiten gibt, die Ergebnisse zu beeinflussen. Das hat vor allem damit zu


tun, dass der Architekt auf der Seite des privaten Partners tätig ist. Der integrale Ansatz und das komplizierte Verfahren verlangen der Projektorganisation viel ab, sowohl auf Seiten der öffentlichen Hand als auch des Privaten. Örtliche Entscheidungsträger kann dies abschrecken und sie entscheiden sich oft für den traditionellen Ansatz, obwohl ihnen die Nachteile, die dieser mit sich bringt, bewusst sind. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass PPP zu hervorragenden Ergebnissen führt, sowohl was die Einhaltung von Zeit- und Kostenrahmen angeht als auch hinsichtlich der Qualität des Entwurfs. Der Prozess führt meist zu unerwartet po-

ren lag. Der Begriff Brutalismus wurde von dem schwedischen Architekten Hans Asplund geprägt und leitet sich ab von béton brut, dem französischen Ausdruck für Sichtbeton. Das Finanzministerium verfügte über eine Fläche von 66.000 Quadratmetern, die sich über vier Etagen und zwei Untergeschosse erstreckten. Außerdem besaß es ein Parkhaus für 365 Autos. Im Gebäudeinneren gab es zwei große Gärten. Im Jahr 2002 waren sowohl Installationen als auch die Inneneinrichtung veraltet und es wurden Pläne für die Renovierung erstellt. Das Gebäude war zu diesem Zeitpunkt bei den Einwohnern von Den Haag nicht allzu beliebt und es gab einige

Veraltet und nicht allzu beliebt: das ehemalige Gebäude des Finanzministeriums in Den Haag aus dem Jahr 1975

sitiven Ergebnissen in diesem Bereich. Das erste PPP-Projekt der niederländischen staatlichen Behörden, die Renovierung des Gebäudes des Finanzministeriums in Den Haag, ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Dieses Projekt wurde vor knapp fünf Jahren fertiggestellt und ist seitdem ein großartiger Arbeitsplatz! Das Finanzministerium Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1975 und wurde im Architekturstil des Brutalismus erbaut, dessen Blütezeit in den 1950er und 1960er Jah-

überzeugende Argumente für den Abriss des Gebäudes. Aufgrund seiner einzigartigen Merkmale – es gibt nur wenige brutalistische Gebäude in den Niederlanden – wurde beschlossen, das Gebäude zu renovieren. 2003 wurde ein Public Sector Comparator (PSC) für das Projekt durchgeführt. Nach langen Überlegungen fiel die Entscheidung für das erste ­DBFMO-Ausschreibungs- und Vergabeverfahren eines Regierungsgebäudes. Es wurde berechnet, dass das Verfahren im Vergleich zu einer traditionellen Beschaffungsvariante möglicherweise einen 177


Erfolgreich abgeschlossenes PPP-Projekt: das renovierte Finanzministerium im Modell

Effizienzvorteil von 8 bis 13 Prozent bieten könnte. Hier einige Einzelheiten: x

25-jährige anschließende Vertragsdauer x Erfolgshonorar basierend auf der Verfügbarkeit des Gebäudes und der Qualität der Dienstleistungen x Betrieb umfasst u.a. Catering, Sicherheitsdienst, Reinigungsdienst, Möblierung und Energieversorgung x Klar formulierte Leistungsvorgaben: Dadurch haben die konkurrierenden Unternehmen die Möglichkeit, kreative und innovative Lösungen vorzuschlagen. x Überwachungs- und Zahlungsmechanismen als Ecksteine für einen erfolgreichen Betrieb. Das betrifft die Methode der Qualitätsbewertung und die finanziellen Konsequenzen, wenn das Leistungsniveau nicht dem Standard entspricht. x Kapitalwert von maximal 190 Millionen Euro x Vergabekriterien: Entwurf 40 Prozent, Funktionalität 40 Prozent und Flexibilität 20 Prozent

die eng zusammenarbeiteten. Das europäische Ausschreibungsverfahren wurde im August 2004 bekannt gegeben und der bevorzugte Bieter im ­Februar 2006 beauftragt. Die Renovierung begann im Januar 2007 und war Ende 2008 abgeschlossen. Alles verlief plangemäß. Gelungene, moderne Gestaltung Der Auftrag wurde an das Konsortium Safire BV, bestehend aus den Unternehmen Strukton, Burgers Ergon, GTI, ISS Facility Services und einem Investmentfonds von ABN AMRO und dem niederländischen Infrastrukturfonds, zu einem Preis von 173 Millionen Euro netto vergeben. Dieser Preis war um 15 Prozent niedriger als mit der PSC-Variante. Architekt des Gebäudes war J­ eroen van Schooten von „Meyer und Van Schooten“. Die Gestaltung zeigt einen besonders ganzheitlichen und konzeptuellen Ansatz und bietet viel Mehrwert: x

Die Vorbereitungen für das Ausschreibungsverfahren begannen im Januar 2004. Die Projektorganisation bestand aus mehreren kleinen Teams (Ausschreibung, Recht, Technik und Finanzen), 178

Die Schaffung eines Atriums, indem der kleinere Garten überdacht wurde. Im Atrium wurde ein Besprechungszentrum in der ersten Etage geschaffen. Auf dem Dach des Konferenzraums wurde ein schöner Indoor-Garten angelegt. Zen-


trale Funktionsbereiche wie die Bibliothek und das Restaurant wurden außen herum gruppiert. x Das Gebäude ist durch die Schaffung eines neuen zentralen Gebäudeeingangs statt der vorherigen zwei Eingänge zugänglicher geworden. Dadurch konnten Kosten für Empfang und Sicherheit reduziert werden und die gesamte Logistik des Gebäudes wurde effizienter. Durch den Bau eines großen Tors an der Korte-Voorhout-Seite und eines kleinen Tors an der Casuariestraat entsteht ein Hof, der der Stadtgeschichte von Den Haag entspricht. x Das gesamte Gebäude ist mit einem Sprinklersystem ausgerüstet. Das Gebäude verfügt ­daher über eine große Gestaltungsfreiheit bei der Raumaufteilung und kann so an organi­ satorische Änderungen einfach angepasst werden. x Es wurde eine Glasfassade um das Gebäude errichtet. Diese verleiht dem Gebäude nicht nur ein transparentes und modernes Aussehen, sondern wirkt sich auch positiv hinsichtlich Nachhaltigkeit und Energiekosten aus. x Safire gewann 2007 mit diesem Entwurf den Dutch Building Award.

Gewonnene Erkenntnisse Viele der oben genannten Merkmale wären nicht erreicht worden, wenn das Projekt auf traditionelle Weise realisiert worden wäre. Die Dauer des Vertrags, die inbegriffenen Dienstleistungen und der Wettbewerb der Ausschreibung ermöglichten einen anderen Ansatz und animierten Safire BV und ihren Architekten, einige mutige Entscheidungen zu treffen. Für aktuelle und zukünftige PPP-Ausschreibungen hier einige Empfehlungen, die auf den Erfahrungen dieses PPP-Projekts beruhen: x

Ein deutlich kommuniziertes und gemeinsam erklärtes Projektziel. Für die PPP-Renovierung des Finanzministeriums bedeutete das: X ein modernes, transparentes und flexibles Gebäude, das für die organisatorischen Prozesse geeignet ist und eine schöne Arbeitsatmos­ phäre bietet X Abschluss des Ausschreibungsverfahrens und Realisierung des Baus unter Einhaltung des Zeit- und Kostenrahmens

Eine transparente Glasfassade verleiht dem brutalistischen Gebäude ein modernes Aussehen

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x

Mit der Überdachung des kleineren Gartens entstand ein Atrium im Finanzministerium x

Nach vorn schauen, eine Strategie entwickeln und prüfen. Am Anfang des Projekts wurden Strategiesitzungen mit den Beteiligten und Experten organisiert. Es gab zügige Diskussionen über die wichtigen Entscheidungen, die gefällt werden mussten, um das Projektziel zu erreichen. Themen waren Vertragsdauer, Umfang, Ausschreibungsstrategie, Planung, Budget und Auftragsvergabekriterien. Es wurden interne Protokolle erstellt, wie während des Aus­schreibungsverfahrens vorzugehen und zu arbeiten sei. Es fanden regelmäßige Teamsitzungen statt, um die Ergebnisse der letzten Projektphase auszuwerten und die nächste vorzubereiten. x Vorbereitet sein. Als die europäische Ausschreibung veröffentlicht wurde, waren 80 Prozent der Arbeit am Vertrag und den Leistungsvorgaben abgeschlossen. 180

Kritisch hinsichtlich der eigenen Arbeit sein. Wir organisierten die Prüfung unserer Ausschreibungs- und Vertragsunterlagen (finanziell, technisch und juristisch) durch Sachverständige, um diese vor ihrer Versendung zu verbessern. x In kleinen Teams und mit einem integralen Ansatz arbeiten. Die juristischen und technischen Teams sowie das Finanzteam arbeiteten eng zusammen. Wir erkannten schnell, dass dies die einzige Möglichkeit war, das Projekt erfolgreich umzusetzen. Am Anfang war es nicht einfach, weil sich die Teams und Menschen in ihrer Art und Weise zu arbeiten und zu kommunizieren stark voneinander unterschieden. x Innovativ arbeiten: Die Leistungsvorgaben wurden mittels eines digitalen Modells erstellt (briefbuilder®). Es konnte auf alle Anforderungen und Leistungskriterien hinsichtlich Bau und Betrieb einfach zugegriffen werden, Änderungen an dem Modell konnten einfach umgesetzt werden. Das Modell wurde außerdem zur Überprüfung genutzt. x Mit gutem Beispiel vorangehen. Die Planung war heilig. Alle Unterlagen wurden pünktlich überreicht. Das ist für die Glaubwürdigkeit als öffentlicher Auftraggeber entscheidend. x Kooperativ sein. Ein PPP an sich bedeutet, zusammenzuarbeiten, ein wachsames Auge auf die Bedürfnisse und Interessen der anderen Partei zu haben und Verständnis für diese aufzubringen. x Entschlussfreudig sein. Halten Sie die Entscheidungsträger und die wichtigsten Beteiligten jederzeit auf dem Laufenden und sprechen Sie regelmäßig mit ihnen. Ein entscheidender Vorteil, den PPP-Projekte gegenüber der traditionellen Beschaffungsvariante haben, ist, dass die Abläufe und Verfahren das Projektteam dazu erziehen, sich gut auf den Projektbeginn vorzubereiten. Ich hoffe aufrichtig, dass sich PPP in den Niederlanden in den nächsten Jahren weiter durchsetzen wird und die gewonnenen Erkenntnisse auch bei traditionellen Projekten genutzt werden.


Von Henri Krecké

Überrascht waren wir schon, als es urplötzlich hieß: „ … and the winner is Differdange.“ Nach der Überraschung über die Auszeichnung mit dem „Innovationspreis PPP 2012“ folgte dann aber eine gewisse Genugtuung, denn den noch unbekannten PPP-Weg vor über vier Jahren in Luxemburg zu beschreiten war eher mit einem Marathon als mit einem gemütlichen Waldlauf zu vergleichen. Trotz vieler Unkenrufe und teils einseitiger Kritik hielt die Stadt Differdingen an ihrem Kurs fest und erntet heute erste Lorbeeren für ihre Courage. Außer dem preisgekrönten Bau von drei Fußballfeldern mit Tribüne und Parkhaus gibt es noch ein zweites Projekt, den Bäderkomplex Aquasud mit Wellness und Fitness. Als Trumpfkarte der PPP-Projekte Oberkorn sticht ein Masterplan hervor, der sich sowohl mit den bestehenden Sportinfrastrukturen als auch mit den neuen Nutzungsflächen befasst. Masterplan und Synergieeffekte Bevor ein erster Spatenstich erfolgte, saß das ­dreiköpfige Projektteam der Stadt Differdingen – bestehend aus Sportschöffe Jean Lorgé, Stadtarchitekt Manuel Lopes Costa und mir – in über 50 Gesprächsrunden mit den begleitenden Beraterteams zusammen, um Bau-, Qualitäts- und Ausstattungsbeschreibungen sowie die Unterhalts-, Betriebs- und Dienstleistungen im Detail zu erstellen. Insgesamt umfasst das Sportareal „Parc des Sports“ eine Gesamtfläche von zirka 93.000 Quadratmetern. Darauf befinden sich heute eine Multisporthalle mit den festgeschriebenen Normen und Markierungen für alle Hallensportarten auf Parkettboden und einer Tribünenkapazität von 842 Zuschauerplätzen, die sowohl für Sport als auch für Musikevents oder Ausstellungen wie

Henri Krecké, Secrétaire communal der Stadt Differdingen, Luxemburg

Musikbazar, Wohnungsmesse „Urban Living“, Hobby- oder Trödelwarenmarkt u.a. dient. Verschiedene kleinere Säle im Untergeschoss dienen hauptsächlich den Kampfsportlern sowie den im Sportpark aktiven Vereinen für intensivere Muskelaufbautrainings. Daneben ermöglicht eine Turnhalle mit internationalem Format alle Disziplinen: vom Bodenturnen bis hin zum Geräteturnen sowie in einem zweiten Saal auch rhythmische Tanzdarbietungen.

Angrenzend an die Multisporthalle und über einen gemeinsamen Eingangsbereich erreichbar, steht das mittlerweile 40-jährige Schwimmbecken, ein 25-Meter-Becken mit 5 Bahnen. Dieses wird Ende 2013 dem Bäderkomplex Aquasud weichen. Nach dem Abriss entsteht hier eine weitere Planungseinheit des Sportparks. Die Wärmezufuhr erfolgt über ein Nahwärmenetz gekoppelt an ein Gasblockheizkraftwerk mit einer Gesamtleistung von 4,1 Megawatt, das auf dem Areal­installiert wurde und neben den Sportanlagen das angrenzende Wohnviertel, zwei Schulen, eine Kirche sowie ein Kulturzentrum energetisch beliefert. Lage und Zufahrt Ein großes Plus des Parc des Sports ist seine Nähe zum Schienennetz, die Haltestelle Oberkorn befindet sich knapp 200 Meter entfernt und ermöglicht eine problemlose Vernetzung mit den anderen Regionen des Landes bei größeren Sport- oder

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INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN

PPP in Luxemburg: Sport und Freizeit im Parc des Sports Oberkorn


Kulturevents. In Zusammenarbeit mit der Eisenbahngesellschaft wurde dieser Halt näher an den Sportpark verlegt und eine behindertengerechte Rampe verbindet das Areal mit dem Bahnsteig. Außerdem ist am Eingang zum Sportpark eine Haltestelle der regionalen sowie der städtischen Buslinien vorhanden. Das auf dem Areal neu gebaute Parkhaus hat eine­ Kapazität von 522 PKWs und 44 Nutzfahrzeugen. Zusätzlich werden für Kurzzeitparker, z.B. Kiss and go für Eltern, die ihre Kinder zum Sportverein bringen, im Außenbereich 15 Stellplätze sowie 3 Bushalteplätze eingerichtet. Die zentralurbane Lage des Parc des Sports ermöglicht darüber hinaus etlichen Nutznießern aus der Stadt eine Anbindung über die Fahrradwege oder per pedes. König Fußball Das Fußballstadion verfügt neben dem Hauptspielfeld über ein synthetisches Feld mit den vorgeschriebenen Normen und über ein zweites kleineres Naturrasenfeld. Die Haupttribüne bietet insgesamt 1.820 überdachte Sitzplätze und verfügt neben den Sozial-, Sanitär- und Vereinsräumen über einen Gastronomiebereich mit VIP-Areal sowie über die notwendigen Einrichtungen für die Medien. Auf der Gegengerade befinden sich 400 nicht überdachte Sitzplätze und ein kleinerer Ausschank. Die nicht überdachten Sitzreihen

zum tiefer gelegenen synthetischen Spielfeld bieten zirka 1.500 Zuschauern Platz. Mittels Aufzug und großzügig angelegten Gängen wird Rollstuhlfahrern ermöglicht, alle Einrichtungen der Haupttribüne zu nutzen, und extra eingerichtete Plätze mit Panoramaübersicht auf das Spielfeld stehen ihnen selbstverständlich auch zur Verfügung. Nicht von ungefähr hat diese Sportanlage beim Fußballverband sowie bei den Vereinen großen Gefallen gefunden und diente schon als Austragungsort mehrerer internationaler Spiele. Es lagen sogar konkrete Entwürfe für einen möglichen Ausbau als Nationalstadion mit einer Fassungskapazität von über 8.000 überdachten Sitzplätzen vor, die kurzzeitig als mögliche Alternative zur bestehenden Sportinfrastruktur in Luxemburg Stadt gehandelt wurden. Neben dem Nutzen als Sportstätte wurde das Sportstadion von Anfang an so konzipiert, dass auch andere Musik- und Kulturevents hier stattfinden können. So ermöglichen eingeplante Fluchtwege, infrastrukturelle Verstärkungen und Anbindungen das Veranstalten von Events mit einer Zuschauerkapazität von mindestens 15.000 Personen. Termingerecht zum 1. August 2012 hat der Auftragnehmer, die Strabag AG, das städtische Stadion fertiggestellt und am 5. August erfolgte der Anpfiff in die diesjährige Meisterschaft mit einem Auftaktderby als Leckerbissen. Alternative Energien und Ökokonzept

Luftaufnahme des Gesamtareals: vorne rechts die Multisport- und die Turnhalle, linker Hand vom Stadion das Parkhaus sowie das Freilichtbad und der sich im Bau befindliche Bäderkomplex Aquasud, im Hintergrund führt die Bahnlinie unmittelbar am Sportpark vorbei

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Neben dem bereits erwähnten Nahwärmenetz befinden sich zwei Photovoltaikanlagen im Sportpark, eine dritte ist in Planung. Interessant zu ­erwähnen ist hierbei, dass die auf dem Stadion­ dach angebrachte Anlage mit einer Leistung von 185 kWp mittels Bürgerbeteiligung gebaut wurde. So sind heute 47 Differdinger Bürger Mitinhaber dieser umweltfreundlichen Anlage. Beim Bau aller Anlagen wird auf den Einsatz umweltfreundlicher Materialien geachtet und über


eine Zisterne wird die Spielfeldberieselung mit Regenwasser beliefert. Das Oberflächenwasser auf dem Areal wird in offen liegende und kaskadenhaft angelegte Versickerungsgräben für Oberflächenwasser geleitet. Der Bäderkomplex entspricht den neuesten Wärmeschutzverordnungen und verfügt über den entsprechenden Energiepass. Die bereits geschilderte Nähe zu den öffentlichen Transportmitteln sowie eine optimierte zentrale Anbindung per Fahrrad oder zu Fuß sollen die A ­ utoanfahrten mindern. Reinigung und Unterhalt Bei beiden PPP-Verfahren wurden ­neben dem Bau zusätzlich der Unterhalt, die Reinigung und der Betrieb über 25 Jahre vertraglich mit dem Auftragnehmer geregelt. Nicht ins Preiskalkül des PPP-Verfahrens „Stadion und Parkhaus“ einbezogen sind die Einnahmen der Parkgebühren sowie der Betrieb des Gastronomiebereichs. Im Bäderkomplex Aquasud, in dem der Auftragnehmer sämtliche Einnahmen und Ausgaben in eigener Verantwortung trägt, sieht das Wirtschaftlichkeitskonzept eine geteilte Haftungsregelung vor, die festlegt, dass sich beide Parteien – Auftraggeber und Auftragnehmer – jeweils „den Kuchen teilen“ müssen. Sollte beispielsweise die Jahresbilanz schlechter sein als durchschnittlich anhand der Zahlen der Vorjahre erwartet, so teilen sich ggf. beide Partner die vorhandenen Mehrausgaben. Sollte hingegen das Betriebsjahr besser als erwartet ausfallen, so wird auch der positive Mehrbetrag unter beiden Parteien geteilt. Diese Abmachung dürfte beim Auftragnehmer den Anreiz schaffen, ein bestmögliches Resultat, sprich ein Maximum an Kunden, anzuziehen. Dies geschieht nur im Einklang mit einem tadellosen Angebot und entspricht somit voll und ganz dem Wunsch des Auftraggebers. Erstes Fazit Bereuen wir mittlerweile den PPP-Weg? Die Antwort fällt ganz klar aus: NEIN. Auch wenn es

Eine für Amateurverhältnisse gute Kulisse beim Meisterschaftsauftaktspiel am 5. August 2012

noch verfrüht erscheint, um fundierte Aussagen über Betriebsleistungen zu machen, so kann heute schon ganz klar festgestellt werden, dass in puncto Bauplanung, Termineinhaltung und, ganz besonders, Projektkosten das PPP-Verfahren eindeutiger Testsieger im Vergleich zu klassischen öffentlichen Projekten ist, wo leider immer noch allzu oft Fehlplanungen mit Verzögerungen und Mehrkosten auf der Tagesordnung stehen. Bei diesen Projekten standen uns die Beratungsteams von Ernst & Young, Universum Architekten, Schroeder & Associés Ingenieurbüro und Luther und Theisen Rechtanwaltskanzleien kompetent zur Verfügung. Das kommt nicht von ungefähr: In meiner mittlerweile 23-jährigen kommunalen Berufserfahrung war ich noch nie an einem Projekt beteiligt, in dem auf die gleiche akribische Art und Weise bis ins kleinste Detail in etlichen Projektrunden an den Schräubchen und Rädchen gedreht wurde. Dies müsste eigentlich immer so sein, ist aber keinesfalls der Fall. Die PPP-Verfahren waren eine sehr interessante Erfahrung und ein Weg, den ich persönlich bereits morgen erneut einschlagen würde. Zukunftsplanungen Im Herbst dieses Jahres wird der Bäderkomplex Aquasud, das zweite PPP-Projekt, mit seinem 25-Meter-Sportbecken mit 6 Bahnen, seinen Lehrschwimmbecken, dem Planschbecken für Kleinkinder und den Vergnügungsbecken mit Wasserrutschen, Massagedüsen, externem Strö183


Das kommunale Stadion in Oberkorn kurz vor seiner Inbetriebnahme im August 2012

mungskanal etc. seine Türen öffnen. Neben dem Wassersport bietet er zusätzlich eine Wellnesslandschaft sowie moderne Fitnesseinrichtungen mit Kardiogeräten und Gruppenkursen und eine Kinderbetreuung. Ein wesentlicher Synergieeffekt zwischen Alt und Neu besteht in der Anbindung des bereits renovierten Freilichtbades an den neuen Bäderkomplex. Diesem Umstand wurde bei den Planungen Rechnung getragen, um vor allem eine intensivere Nutzung der Außenbecken zu ermöglichen, wissend, dass in unseren Breitengraden nicht tagtäglich mit einem mediterranen Wetter zu rechnen ist. Auch bewirkt diese Ankopplung eine bessere Kosteneffizienz und trägt zu einer eindeutigen Attraktivitätssteigerung bei. Bäderanlagen mit einem großzügigen Angebot sowohl im Innen- als auch im Außenbereich sind doch eher Mangelware. Im Eingangsbereich des Sportparks, angrenzend an den Bäderkomplex, plant ein Privatinvestor den Bau eines Hotels mit 66 Zimmern, BarLounge, Tagungsräumen und Restaurant. Das entsprechende Projekt wird in enger Zusammen-

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arbeit mit der Stadtverwaltung, derzeitige Besitzerin des Grundstücks, ausgearbeitet. Des Weiteren hat die Stadt Differdingen noch drei weitere Planungseinheiten in der Reserve. So wurden u.a. schon intensive Gespräche mit Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor geführt, und auch Schulinfrastrukturen oder ein Indoor-Spielplatz wären in diesem Multisportareal mit Sicherheit keine Fehlplanung. Insgesamt umfassen die Planungen eine Grundfläche von ca. 10.000 Quadratmetern. Betrachtet man die bereits vorhandenen Sportinfrastrukturen, die Verkehrsanbindung und die sich in der Planung oder im Bau befindlichen Projekte, so bergen diese Planungseinheiten ein enormes Potenzial sowohl für öffentliche als auch für private Investoren. Nicht von ungefähr ist der Parc des Sports der Stadt Differdingen ein Sportjuwel im Kleinstaat Luxemburg, und getrost kann man die Stadt Differdingen mit ihren 44 im Sportbereich aktiven Vereinen, die bereits etliche Meistertitel gewonnen haben, als eine äußerst aktive, dynamische Stadt im Wandel bezeichnen.


Von Carsten Müller

Kanada hat in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur vorangetrieben und dabei die Beschaffungsvariante PPP als alternatives Modell eingeführt und kontinuierlich ausgeweitet. Bei der Entscheidung für diese Beschaffungsvariante ist die Einhaltung des Budget- und Zeitrahmens ein wesentlicher Faktor. Heute wird ein Großteil der Infrastruktur über die Beschaffungsvariante PPP erfolgreich an private Partner vergeben. Als wesentlicher Vorteil dieser Beschaffungsvariante wird in Kanada immer wieder zuerst die Einhaltung der Budgetund Zeitrahmen genannt. Dies ist ein hohes Gut, bedenkt man, wie schädlich sich Projekte für alle Projektbeteiligten auswirken, wenn diese Ziele nicht eingehalten werden. Mit dem Eingeständnis, dass der Kapselung von Risiken Kosten gegenüberstehen, wird klar, dass dieser Beschaffungsprozess, insbesondere wenn große Risiken zu kontrollieren sind, sehr sinnvoll sein kann.

Value for money

Traditional Base Costs

PPP Financing Costs

Private Sector Risk Premium

Ancillary Costs

Retained Risk

Vergleich der Kosten- und Risikostruktur zwischen einer traditionellen Beschaffungsvariante und PPP

PPP versus klassische Beschaffungsvariante

Carsten Müller ist Senior Projektleiter bei der Bilfinger Hochbau GmbH, Niederlassung Project Development.

In den Veröffentlichungen von „The Canadian Council for Public-PrivatePartnerships“ findet sich eine Darstellung des Begriffs Value for Money im Zusammenhang mit Gesamtprojektkosten ­eines PPP-Projekts. Interessant ist die Darstellung der Risikoprämie einer PPP-Variante gegenüber einer traditionellen Beschaffung. Dieser Aspekt wird bei Diskussionen in Deutschland über die Realisierung von PPPProjekten gerne im Nachhinein angeführt. Somit gerät die Diskussion aber in ein falsches Licht. Die virtuelle Risikobetrachtung kann nur vor Ausführung eines Projekts abgeschätzt werden, nicht danach. Wichtig hierbei ist die Einsicht, dass der Betrag, der am Ende zu bezahlen ist, eben nicht nur gegen das Anfassbare zu rechnen ist, sondern auch in Zeit, Verlässlichkeit, Kostensicherheit und Risikotransfer. Eine offene Diskussion hierüber würde sicherlich auch in Deutschland das Verständnis dafür wecken, welchen Preis man am Ende zahlt, wenn es nur um die vordergründig günstigere Variante geht ohne ausreichende Berücksichtigung der Risiken. Jüngste Beispiele bei deutschen Großprojekten zeigen, dass Kosten aus dem Ruder laufen und Terminpläne nicht eingehalten werden. Wenn ein Projekt, das nicht als PPP ausgeschrieben wurde, in Bezug auf Kosten und Zeit den Rahmen sprengt, sollte man die Chance nutzen und genau analysieren, welches Risiko tatsächlich eingetreten ist und wie es sich

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INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN

PPP in Kanada: Pragmatischer Umgang mit PPP


monetär auswirkt. Das Resümee sollte also sein, dass man die Risiken verfolgt, geeignetes Datenmaterial zur Verfügung hat und dieses richtig bewertet. Dann trifft man die richtige, langfristig wirtschaftlichere Entscheidung, vor der Projektausführung. Dies erfordert kontinuierliches Monitoring, einen gewissen Deal-Flow und den Mut, auch eine Lernkurve zu akzeptieren. Öffentliche Großprojekte in Ontario Für die Vergabe und Durchführung öffentlicher Großprojekte in der Provinz Ontario ist „Infrastructure Ontario“ (IO) mit Sitz in Toronto zuständig. Dort werden Projekte vorbereitet und zur Reife geführt, während des Baus betreut und später während der Betriebsphase gebündelt gemanagt. Zum Vorteil der Bündelung des Know-hows kommt hinzu, dass IO nicht nur für die über 30 Jahre laufenden Design-BuildFinance-Maintain-Verträge (DBFM) zuständig ist, sondern auch für gewissermaßen reine GU/ GÜ-Vergaben, die mehr als 20 Millionen kanadische Dollar (rund 14,8 Millionen Euro) inklusive Bauzeitfinanzierung betragen. Diese werden als Design-Build-Finance- Projekte (DBF) bezeichnet. Mit dieser Flexibilität kann ein Projekt ohne Zuständigkeitswechsel zwischen der DBF- und der DBFM-Variante wech­seln, was häufiger geschieht. Die Abwägung der Kosten-Risiko-Analyse und die Ermittlung des Public Sector Comparator (PSC) kann jederzeit überprüft und korrigiert

Innenansicht: das Women‘s College Hospital in Toronto

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Erfolgreiches PPP-Projekt: das Women‘s College Hospital im kanadischen Toronto

werden, bis der Vergabeweg entschieden ist. Genauso verhält es sich mit der Lebenszyklusbetrachtung. Die Frage, ob die Unterhaltung für einen sehr langen Zeitraum vergeben werden soll und ob der private Partner das Risiko der Auskömmlichkeit eines Instandhaltungsbudgets tragen soll, wird von der gleichen Stelle geprüft und entschieden. So ist alles einem ständigen Prozess der Optimierung unterworfen. Deal-Flow ermutigt Ein strukturierter und standardisierter Vergabeprozess sowie der stetige Projektnachschub ermöglichen eine attraktive Marktsituation für Bieter und fördern somit den Wettbewerb. Der frühzeitig veröffentlichte Deal-Flow ermutigt viele, auch europäische Unternehmen, in den Markt in Kanada einzusteigen. Erheblich günstigere Bau- und Betriebskosten sorgen für eine deutliche Belebung des Geschäfts. Letztlich lernen alle voneinander und werden besser – also ein Erfolg für alle Beteiligten. Lagen die Angebotspreise, also die abgezinsten­ Vertragskosten, der sogenannte Net Present ­Value (NPV), zuAnfang in Kanada deutlich aus­ einander, so näherten sich diese mit laufender Routine immer mehr an. Zu Anfang galt die


Shortlisting N:3:1

Das Vernon Jubilee Hospital in Vernon, Kanada

Die Auswahl im Vergabeverfahren läuft immer zweistufig: Aus n Bewerbern schaffen drei die Präqualifikation und von diesen bekommt einer den Zuschlag. Die Präqualifikation ist also bereits eine sehr hohe Hürde. Dementsprechend fällt die Vorbereitung auf die Präqualifikation deutlich intensiver aus als in Deutschland. Neben der obligatorischen Bewertung von Firmenreferenzen

Faustformel: „Liegt man im Baupreis zu hoch, hat man das Projekt verloren.“ Später wurde deutlich erkennbar, dass ein Projekt auch im Bereich des Facility-Managements (FM), der Finanzierung oder der Lebenszykluskosten, wenn nicht marktgerecht bepreist, den Zuschlag zunichte machen kann. Hier erweist es sich als Vorteil, dass es mehrere gute Projekte mit zahlreichen Wettbewerbern und eingespielten Teams am Markt gibt. Standardisierte Verträge vereinfachen In Deutschland ist die VOB eine Erfolgsgeschichte. Für den PPP-Bereich in Deutschland sucht man standardisierte PPP-Verträge hingegen vergeblich und fragt stattdessen: „Wer ist Berater der öffentlichen Hand?“ Anders ist das in Kanada, in diesem Fall auch wieder Ontario, weil federführend, als Beispiel genannt. Seit 2006 hat IO 26 Milliarden kanadische Dollar (rund 19,2 Milliarden Euro) in Projekte in Ontario investiert und auf den Weg gebracht. Die Verträge werden jedes Mal standardisiert verwendet. Während oft 50 bis 80 Prozent der Bieterfragen in Deutschland zu vertraglichen Punkten gestellt werden, kann man sich bei der Projektbearbeitung in Kanada nahezu völlig auf die Ausarbeitung und das Projekt konzentrieren. Der Deal-Flow bewirkt, dass die Risikoallokation von Banken und sonstigen finanzierenden Institutionen bekannt und anerkannt ist. Das senkt die Rechtsberatungs- und Angebotskosten enorm und bewirkt gar, dass man mit verbindlicher Finanzierung ein Angebot vorlegen kann.

Auch bei Nacht ein beeindruckendes Gebäude: das Women‘s College Hospital in Toronto

werden genaue Beschreibungen der Konsortien verlangt: x

Wer hat welches Projekt bereits erfolgreich gemeinsam bestritten? x Welche Personen nehmen welche Rolle im Projekt ein und welche persönliche Projekterfahrung können diese Personen nachweisen? x Wo gibt es gemeinsame Referenzen auf Firmen- oder Projektbasis? x Wie arbeiten die Firmen genau zusammen, passen HSEQ-Systeme etc.? x Wie genau läuft die Finanzierung, wie laufen die internen Genehmigungsprozesse und Gremienfreigaben? Die Erstellung von Präqualifikationsunterlagen erfordert bereits eine enge Zusammenarbeit der Konsortialpartner. In der jüngsten Vergangenheit haben sich bis zu acht Konsortien an Projekten beteiligt, dennoch wurden „nur“ drei zur Angebotsabgabe zugelassen. Das scheint hart, aber 187


auch das spart Angebotskosten und eröffnet bessere Chancen für die verbleibenden Teams. Die Angebotsphase ist ein intensiver Kommunikationsprozess mit der Vergabestelle. Üblich ist während einer fünf- bis siebenmonatigen Angebotsphase, dass im Schnitt mindestens einmal wöchentlich ein Treffen mit der Vergabestelle und insbesondere mit den Nutzern stattfindet. Die Fairness wird während des Verfahrens durch einen sogenannten Fairness-Monitor gewährleistet. Dabei handelt es sich um eine Person, die extern sämtliche Kommunikation verfolgt, jeder Sitzung beiwohnt und überwacht, dass keine unerlaubten Informationen ausgetauscht werden. Die Unterhaltung bei Sitzungen ist dadurch oft ein wenig gezwungen, denn die Auftraggeber sind gehalten, Kommentare auf die Vertragskonformität der vorgestellten Idee zu beschränken. Es darf nicht geholfen werden, eine präferierte Lösung zu finden. Es wird lediglich darauf hingewiesen, wo die Ausschreibungsunterlagen möglicherweise verletzt werden. Letztlich erhält man aber einen guten Eindruck über das eigene Angebot und kann gut einschätzen, ob und wie man die Vorgaben bei Angebotsabgabe eingehalten hat. Schließlich wird der Angebotsprozess mit 10 Millionen kanadischen Dollar (rund 7,4 Millionen Euro) bei Angebotsabgabe durch jeden Bieter besichert, damit die Vergabestelle die Sicherheit hat, dass ein belastbares Angebot als Preferred Bidder ausgewählt wird. Es wird zusätzlich darauf geachtet, dass bereits eine verbindliche Finanzierungszusage dem Angebot beiliegt. Dies ist vertretbar bei nur drei Bietern und bei bekannten Vertragsunterlagen. Insbesondere Banken und Investoren kennen die Vertragsbedingungen und müssen keine unvorhergesehenen Risikoverteilungen immer wieder neu mit ihren Gremien diskutieren. Man kann sich auf die technische und finanzielle Leistungsfähigkeit der Konsortien konzentrieren.

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Bonds bite Banks Der positive Deal-Flow und die sonstigen positiven Randbedingungen haben auch auf der Finanzierungsseite den Wettbewerb deutlich belebt und neue Finanzierungsformen angestoßen. Während in Deutschland mangels Alternative überwiegend langfristige Kredite privater Banken und Landesbanken, zuletzt auch immer häufiger mit Unterstützung durch die Europäische Investitionsbank (EIB), für PPP-Projekte verwendet wurden, hat sich in Kanada seit 2009 ein Bond-Markt etabliert, bei dem letztlich das Fremdkapital eines Projekts frei gehandelt wird. Dieses Produkt hat sich als besonders robust behauptet. Mit zunehmendem Druck auf Banken, die Eigenkapitalreserven zu erhöhen, wurden – sofern überhaupt noch eine langfristige Finanzierung angeboten wurde – die Konditionen in den letzten Jahren kontinuierlich schlechter. Bondfinanzierungen kamen entsprechend in den letzten Jahren fast ausschließlich für Langfristfinanzierungen zur Anwendung. Daneben sind auch Pensionsfonds und ähnliche institutionelle Anleger bei kleineren Projekten bereit, eine Finanzierung zu übernehmen – wenn sie nicht den Umweg über die Bonds gehen. In diesem Fall hat man zusätzlich den Vorteil, dass keine Rating-Agenturen eingeschaltet werden müssen. Neue Wege gehen Der kanadische PPP-Markt entwickelt sich weiter. Lag das Hauptaugenmerk der vergangenen Jahre auf Straßenbau, Gesundheitssektor und Strafvollzug, so werden nun neue Wege beschritten. Britisch Columbia schreibt derzeit ein Wasserkraftwerk aus, weitere Energieprojekte sind in Vorbereitung, ebenfalls im Bereich Wasseraufbereitung und öffentlicher Nahverkehr. Ob und inwieweit sich das Modell der integrierten Finanzierung hier auch bewährt, wird sich zeigen. Aber wenn diese Projekte ebenfalls so strukturiert und engagiert angegangen werden wie in den vergangenen Jahren, dann ist die erfolgreiche Abwicklung auf einem guten Weg.


Von Oliver Lauw

In den 1970er Jahren war die Vision einer mautfreien Autobahnverbindung zwischen Melbournes östlichen Stadtteilen und der MorningtonPeninsula-Autobahn nicht mehr als ein Wahlversprechen. Jetzt, 40 Jahre später, ist die Vision Realität geworden. Seit Beginn des Jahres verbindet die „PeninsulaLink“-Autobahn die wunderschöne und historisch interessante Naturlandschaft der Mornington-Halbinsel mit dem Stadtzentrum sowie den äußeren östlichen Stadtteilen von Melbourne. Am 18. Januar 2013 wurde das AUD 759-Millionen-Dollar-Projekt (584,46 Millionen Euro) für den Verkehr freigegeben. Für die Region ist es ein wichtiges Stück Infrastruktur. Verkehrsstaus in zahlreichen Gemeinden entlang der alten Landstraße gehören seitdem der Vergangenheit an. Die Reisezeit zwischen Melbourne und Mornington, die früher über eine Stunde dauerte, wird nun auf

Der 27 Kilometer lange Peninsula Link Freeway verbindet den Mornigton Peninsula Freeway in Mount Martha mit der East Link Toll Road in Carrum Downs

ca. 17 Minuten verkürzt, da das neue 27 Kilometer lange, vierspurige Stück Autobahn die Lücke zwischen der Autobahn „EastLink“ und dem Mornigton Peninsula Freeway schließt.

Oliver Lauw ist Projektmanager bei Bilfinger Project Investments, Australien, und dort für die Projekte im Betrieb verantwortlich.

Klassische PPP-Struktur Am 20. Januar 2010 erhielt das von Bilfinger Project Investments geleitete Konsortium „Southern Way“ den Zuschlag zum Planen, Bauen, Finanzieren und Betreiben der Peninsula-LinkAutobahn. Nach nur zwei Wochen, am 8. Februar 2010, wurde der Financial Close erzielt. Bereits zu diesem Zeitpunkt verfügte das Projekt über einen sehr hohen Bekanntheitsgrad, da es nicht wie sonst in Australien üblich als Mautmodell, sondern als Verfügbarkeitsmodell realisiert wurde. Die Umsetzung des Projekts erfolgt innerhalb einer klassischen PPPStruktur durch die Projektgesellschaft „Southern Way“ sowie das Bauunternehmen Abigroup, verantwortlich für Planung und Bau, und Lend Lease Infrastructure Services, zuständig für 189

INTERNATIONALE ERFAHRUNGEN UND ENTWICKLUNGEN

PPP in Australien: Peninsula Link als Meilenstein beim Ausbau des Autobahnnetzes


So wurde beim Bau des Peninsula Link erstmalig im Staat Victoria ein neuer Payment Certifier Typ von Lärmschutzwand installiert. Linking Melbourne Authority (State) (Davis Langdon) Die einzelnen Wandelemente besteIR Facility Agent (ANZ) (AECOM, Balfe) Southern Way (Project Company) hen aus recyceltem Polyethylen, einem Finance, D&C, O&M, hand back Debt - $770M 27 years and 10 months Finance extrem robusten Plastikkunststoff mit Equity - $124M Bilfinger Project Investments (Project Co Manager) hoher Lebensdauer. Die sogenannten Poly Panels, hergestellt durch einen Proof Engineer (SMEC) lokalen Produzenten in unmittelbaDCOM ABI Group LLIS* D&C, 3 years O&M, 25 years Interface Agreement rer Nähe der Autobahn, überzeugen SKM / Aurocon ARM / Urbis *Lend Lease Infrastructure Services durch ihre hohe UmweltfreundlichDJV AJV keit. Im Vergleich zu üblichen Lärmschutzwänden, z.B. aus Beton, ist der CO2-Ausstoß bei der Produktion der Poly Panels den 25-jährigen Betrieb. Bilfinger Projects Investments hält 33 Prozent der Anteile am Projekt sehr gering. Die Oberfläche der einzelnen Paneeund managt gleichzeitig die Projektgesellschaft le lässt sich nach Bedarf gestalten. So wurde eine während der Planungs-, Bau- und Betriebsphase. nichtporöse Oberflächenstruktur gewählt, die den Reinigungsaufwand reduziert, die Lebensdauer erhöht und gleichzeitig die Paneele resistenter geBetrachtet man die Projektdaten, wird die techgen Graffiti macht. Das Vandalismusrisiko durch nische Herausforderung des Projekts deutlich: Im Graffiti liegt während der 25-jährigen BetriebsZuge der dreijährigen Bauphase wurden entlang dauer beim Betreiber Lend Lease. der gesamten Strecke vier Millionen Kubikmeter Erdreich bewegt und 375 vorgefertigte Betonträger eingebaut – einige der größeren ­Träger sind Um den Standards für die Reduzierung von Ver32 Meter lang und wiegen einzeln 80 Tonnen, kehrslärm im Staat Victoria zu entsprechen, erinsgesamt 24.000 Tonnen. Außerdem wurden 400.000 Tonnen Asphalt gelegt, über 6.400 Lärmschutzwandelemente installiert und ca. 1,7 Millionen Gräser, Büsche und Bäume angepflanzt. Der Projektumfang beschränkt sich nicht nur auf den Bau der neuen Autobahn samt 11 Anschlussstellen, 3 Autobahnkreuzen sowie 28 Brücken. Der Bau von 25 Kilometer Geh- und Fahrradweg sowie die Installation von mehreren urbanen Kunstelementen entlang der Autobahn sind Teil des PPP-Vertrags. Struktur des Peninsula-Link-Projekts

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Innovative bauliche Lösungen

Lärmschutzwand bestehend aus recyceltem Polyethylen. Die nichtporöse Oberflächenstruktur macht die Paneele resistenter gegen Graffiti

Sehr hohe Umweltschutzanforderungen haben zur Komplexität des Projekts beigetragen. Daher war es umso wichtiger, innovative bauliche Lösungen einzusetzen, die sich problemlos in den Bauprozess integrieren ließen und gleichzeitig den hohen australischen bautechnischen Standards sowie Umweltschutzauflagen entsprachen.

folgte die Anordnung der Lärmschutzwände nach einem strengen Lärm-Modell-Prozess. Die Poly Panels sind entlang der Autobahn in Abschnitten von Frankston, Carrum Downs, Seaford und Baxter aufgestellt. In anderen Bereichen wurden oxidierte Stahlwände oder Erdwälle als Lärmschutz verwendet. Das Gesamterscheinungsbild aller


Lärmschutzwände gliedert sich harmonisch in die Landschaft ein. Umweltmanagement-Strategie Wie die meisten großen Straßenbauprojekte sah sich auch der Bau des Peninsula Link einigen umwelttechnischen Herausforderungen gegenüber. So wurde eine Umweltmanagement-Strategie für das Projekt entwickelt, um die Auswirkungen auf Umwelt und Natur entlang des Autobahnkorridors in Grenzen zu halten. Die Strategie deckt Bereiche wie z.B. Flora und Fauna, Erde und Wasser, Luftqualität und Gräsermanagement ab und setzt sich aus zehn verschiedenen Managementplänen zusammen. Der optimale Erhalt des bestehenden Ökosystems war dabei oberste Priorität. Es wurde z.B. für den Bereich Flora und Fauna vor Beginn der Baumaßnahme eine umfassende Studie erstellt. Entsprechend dieser Untersuchung wurden Samen der natürlichen Pflanzenwelt gesammelt und für die spätere Rekultivierung in einer Samenbank eingelagert. Des Weiteren wurde unter Berücksichtigung des Know-hows der lokalen Gemeindemitglieder der natürliche Bewuchs entfernt, umgesiedelt und bei der Revitalisierung später wieder eingesetzt. Während der Bauphase wurden No-Go-Gebiete rund um geschützte Vegetationszonen und Kulturstätten der Urbevölkerung eingerichtet und von den Bauarbeiten separiert. Bei der Landschaftsplanung wurde darauf geachtet, dass der natürliche Lebensraum der Tierwelt erhalten blieb. Waren Tiere dennoch von den Bauarbeiten betroffen, wurden diese durch qualifizierte Wildtierpfleger umgesiedelt. Mehrere Tiertunnel wurden entlang der Strecke errichtet, sodass eine Querung der neuen Autobahn für die Tierwelt weiterhin möglich ist. Kunst am Bau Die Installation mehrerer urbaner Kunstelemente ist ein wesentlicher Bestandteil des PPP-Vertrags.

„Rex Australis“ des Melbourner Künstlers Dean Colls, erschaffen aus korrodiertem Stahl, ist eine der Skulpturen entlang des Peninsula Link

Durch die Aufstellung von Kunstwerken entlang der Autobahn soll die visuelle Attraktivität der Autobahn erhöht und Unfälle, insbesondere durch Ermüdung, vermieden werden. Die Projektgesellschaft Southern Way ist dazu eine einzigartige Partnerschaft mit der McClelland-Galerie und einem Skulpturenpark eingegangen. Die Partnerschaft sieht vor, dass alle vier Jahre zwei der zahlreichen Skulpturen entlang der Autobahn ausgewechselt und durch neue Kunst – ausgewählt im Zuge eines Skulpturenwettbewerbs – ersetzt werden. Während der 25-jährigen Betriebsphase wird die Projektgesellschaft Southern Way somit die Schaffung von 14 Skulpturen in Auftrag geben. Skulpturen, die ersetzt werden, finden ihren endgültigen Bestimmungsort im nahe gelegenen Skulpturenpark. Das Peninsula-Projekt bietet somit der McClelland-Galerie die großartige Möglichkeit, ihr Repertoire vorzustellen. Gleichzeitig wird die bewegte Kunstgemeinde auf der Peninsula gefördert und das kulturelle Angebot der angrenzenden Gemeinden erhöht. Natürlich sind es nicht nur die Skulpturen, die den Peninsula Link gut aussehen lassen. Sorgfältig durchdachtes und sensibles Design helfen die Autobahn mit der Umgebung in Einklang zu bringen. So wurden für die Lärmschutzwände Erdfarben ausgewählt, für Brücken und Pfeiler hingegen lebhafte Farben. Bei Nacht werden Peninsula 191


Portal, Skye Road, Cranbourne Road und die Willow-Road-Brücke beleuchtet. Zusammenarbeit mit den angrenzenden Gemeinden Da der Peninsula Link ein Kernstück des Autobahnnetzes der Region sein wird, war eine umfangreiche Einbindung der angrenzenden Gemeinden umso wichtiger. Zu Beginn der Bauphase wurde daher eine kommunale Beratungsgruppe eingerichtet, eine sogenannte community advisory group (CAG). Die CAG bestand aus Vertretern des Stadtrats von Frankston und Mornington Peninsula, Anwohnern, verschiedenen Interessengruppen, Linking Melbourne Authority, einer Zweigstelle des Straßenbauamtes des Staates Victoria und der Projektgesellschaft Southern Way. Aufgabe dieses Gremiums war, das bestmögliche Ergebnis aus Sicht der Anwohner zu erzielen und gleichzeitig eine gute Kommunikation zwischen den vom Bau betroffenen Gemeinden und der Projektgesellschaft Southern Way sicherzustellen. Zusätzlich wurden ehrenamtliche Mitarbeiter aus den einzelnen Gemeinden rekrutiert, um verschiedene Gebiete entlang der geplanten Autobahn zu repräsentieren. Dadurch wurde gewährleistet, dass wertvolles Wissen über die lokalen Rahmenbedingungen der Projektgesellschaft zur Verfügung stand und dass die Auswirkungen der Bauarbeiten auf die angrenzenden Gemeinden so gering wie möglich blieben. Auch das eingerichtete Informationszentrum hat den Informationsaustausch verstärkt und zu dem guten Kontakt zwischen Bevölkerung und der Projektgesellschaft beigetragen. Während der Bauphase wurden dort für die interessierte Bevölkerung die einzelnen Phasen des Bauprozesses anhand von Modellen erklärt. Ein Modell der fertigen Autobahn einschließlich der nördlichen und südlichen Anschlussstellen half den zahlreichen Besuchern, sich mit der neuen Infrastruktur vertraut zu machen. Die Resonanz seitens der Bevölkerung ist seit Freigabe der Autobahn durchweg positiv. 192

Erfolgsfaktoren des Projekts Wenn es um die Messung von Erfolg bei PPP-Projekten geht, werden am häufigsten die Faktoren Zeit und Kosten betrachtet. Die Erfolgsfaktoren des Peninsula-Link-Projekts sind jedoch weitreichender. Zusätzlich zu den Zeit- und Kostenvorteilen, die das PPP-Modell im Vergleich zur konventionellen Realisierung bietet, kann das Projekt eine Vielzahl von nicht direkt messbaren Erfolgen aufweisen: x

Für die Bauphase wurden sehr hohe Arbeitssicherheitsstandards eingeführt. Die konsequente Anwendung dieser Standards spiegelt sich in einer Million Arbeitsstunden ohne unfallbedingte Arbeitsausfälle wider. x Die dreijährige Bauphase bot 8.000 Menschen Arbeit. Dabei wurden insbesondere lokale Unternehmen in das Projekt eingebunden. Auch während der Betriebsphase wird es ein wichtiger Jobmotor für die Region bleiben. x Die einfühlsame und nachhaltige Planung und Ausführung stellt sicher, dass sich die Autobahn harmonisch in die Landschaft eingliedert. Mit dem umfangreichen Programm zum Schutz von Australiens gefährdeten Pflanzen und Tieren hat das Peninsula-Link-Projekt neue Standards hinsichtlich Ökologie gesetzt. Der Peninsula Link wurde von hohen politischen Persönlichkeiten als Erfolg gefeiert und ist ein gutes Beispiel, wie außergewöhnliche Ergebnisse mittels eines PPP-Modells erzielt werden können. Das Projekt wurde ausgeführt von einem Projektteam mit spezialisiertem technischem Personal, das auch in kommerziellen Bereichen in der Lage war, sich mit den Kunden und den verschiedenen Interessengruppen auf jeder Ebene auseinanderzusetzen. Die umweltschonende Ausführung des Projekts durch Southern Way – trotz aller He­ rausforderungen, die mit der Realisierung einhergingen – wird noch viele Jahre als Meilenstein und Vorzeigeprojekt des australischen PPP-Straßenbaus gelten.


DIE BRANCHE IM ÜBERBLICK

INVESTOREN/ENTWICKLER / BETREIBER

BERATER/PLANER A1



DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER

DIE INVESTOREN/ ENTWICKLER/ BETREIBER A3


DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER

TELEFON: +49 611 / 33 480 0

FAX:

Bilfinger Project Investments GmbH Gustav-Stresemannring 1 65189 Wiesbaden

+49 611 / 33 480 299

E-MAIL: info@pi.bilfinger.com

INTERNET: www.pi.bilfinger.com

Ihre Ansprechpartner

Dirk Söhngen, Martin Pugh Telefon: +49 611 / 33 480 0 E-Mail: volker.ellenberg@pi.bilfinger.com Bilfinger Project Investments GmbH – Volker Ellenberg Bilfinger Hochbau GmbH – Hans-Peter Richter, Lorenz Kohlbecker

WAS WIR ÜBER DIE INVESTITION HINAUS BIETEN: Planen Bauen x Finanzieren x Betreiben x Instandhalten x x

WARUM WIR DER RICHTIGE INVESTOR FÜR SIE SIND: Der Ingenieur- und Dienstleistungskonzern deckt alle Leistungen über den Lebenszyklus einer Immobilie und Infrastruktureinrichtung ab.

BETEILIGUNGSKRITERIEN: Größenordnung des Investments:

Sektorale Schwerpunkte:

Geografische Schwerpunkte:

Dazu gehören als Partner: Bilfinger Project Investments GmbH Gustav-Nachtigal-Straße 3 65189 Wiesbaden

Realisierung:

Bilfinger Hochbau GmbH Herriotstraße 1 60528 Frankfurt am Main Bilfinger HSG Facility Management GmH An der Gehespitz 50 63263 Neu-Isenburg

Bilfinger ist im Segment des öffentlichen Hochbaus wie Schulen, Krankenhäuser, Gefängnisse und Verwaltungsgebäude sowie im Bereich der Verkehrsinfrastruktur bei Straßen, Tunnel, Brücken und Schienen tätig. Ein weiterer Schwerpunkt sind erneuerbare Energieprojekte. Bilfinger ist vertreten in Europa, hier insbesondere in allen deutschsprachigen Ländern, Osteuropa, Skandinavien, Großbritannien/Irland sowie in Australien und Nordamerika. Bilfinger bevorzugt eine langfristige Eigenkapitalbeteiligung in PPP-Projekte mit Betriebszeiten von bis zu 30 Jahren.

UNTERNEHMENSDATEN: Vorstand:

Gründungsjahr: Mitarbeiter: Standorte:

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Der Ingenieur- und Dienstleistungskonzern Bilfinger SE ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung von Betreiberprojekten für die öffentliche Hand und die Privatwirtschaft. Seit Markteintritt wurden über 72 privatwirtschaftlich realisierte Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 15 Milliarden Euro realisiert. Es wurde hierbei Eigenkapital von rund 630 Millionen Euro investiert.

Roland Koch (Vorstandsvorsitzender), Thomas Töpfer, Joachim Enenkel, Joachim Müller, Dr. Jochen Keysberg 1999 ca. 65.000 Deutschland, Großbritannien, Australien und Kanada


TELEFON: +49 521 / 94 88 1511

FAX: +49 521 / 94 88 1519

E-MAIL: info@goldbeck.de

INTERNET: www.goldbeck.de

Ihr Ansprechpartner

Dr. Andreas Iding Telefon: +49 521 / 94 88 1510 E-Mail: andreas.iding@goldbeck.de

WAS WIR ÜBER DIE INVESTITION HINAUS BIETEN: x

BETEILIGUNGSKRITERIEN: Größenordnung des Investments: GOLDBECK Public Partner ist mit insgesamt 20 Projektreferenzen im ÖPP-Markt erfolgreich vertreten. Die angebotenen Investitionsgrößen liegen zwischen 3 und 100 Millionen Euro. Finanzierungsphase: GOLDBECK investiert in Einzelfällen Eigenkapital bzw. arbeitet mit strategischen Investoren für ÖPP-Projekte zusammen. GOLDBECK strukturiert die Finanzierung sowohl für Forfaitierungs- als auch für Projektfinanzierungsmodelle. Branchen: GOLDBECK deckt den öffentlichen Hochbau ab und hat sich auf Büro- und Verwaltungsgebäude, Schulen, Sporthallen sowie Feuerwachen spezialisiert. Geografische Schwerpunkte: GOLDBECK bietet bundesweit in jeder Region Projekte an. Beteiligungszeitraum: GOLDBECK ist langfristiger Vertragspartner. Dies gilt im Einzelfall als strategischer Finanzinvestor, in jedem Fall als operativ langfristiger Partner für das Gebäudemanagement.

UNTERNEHMENSDATEN:

Vorstand/Geschäftsführer: Jan-Hendrik Goldbeck, Dr. Andreas Iding Gründungsjahr: GOLDBECK-Gruppe: 1969, GPP: 2006 Mitarbeiter: GOLDBECK-Gruppe: ca. 3.300, GPP: 30 Standorte: GOLDBECK verfügt in Deutschland über 29 Standorte, international über 9 Standorte.

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Die GOLDBECK Public Partner GmbH (GPP) ist integrativer Bestandteil in der inhabergeführten und mittelständisch geprägten GOLDBECK-Firmengruppe. Wirtschaftliche Unabhängigkeit und exzellente Bonität. GOLDBECK hat eigene Werke für die industrielle Produktion von Bauelementen. Dies schafft Unabhängigkeit vom Beschaffungsmarkt und hohe Flexibilität beim Einsatz der Ressourcen.

WARUM WIR DER RICHTIGE INVESTOR FÜR SIE SIND: Eine langfristige und für beide Seiten gewinnbringende Partnerschaft ist oberstes Primat der GPP. Wirtschaftlichkeit und Architektur sind für uns kein Widerspruch, sondern eine Herausforderung. Wir bieten alles aus einer Hand. Über 300 Architekten, Fachplaner und Ingenieure bei GOLDBECK bringen ihr Know-how in die ÖPP-Projekte ein. Die Prozesssicherheit und der Einsatz von vorgefertigten Bauelementen ermöglicht Witterungsunabhängigkeit bei der Realisierung, einen deutlich höheren Qualitätsstandard und sehr kurze Bauzeiten. GOLDBECK strebt eine direkte Vertragsbeziehung an und sichert eine langfristige Personenkontinuität der Ansprechpartner zu.

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DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER

GOLDBECK Public Partner GmbH Ummelner Straße 4-6 33649 Bielefeld


DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER

TELEFON: +49 69 / 633 05 - 0

FAX:

HANNOVER LEASING GmbH & Co. KG Wolfratshauser Straße 49 82049 Pullach

+ 49 69 / 633 05 - 111

E-MAIL: kontakt@hannoverleasing.de

INTERNET: www.hannoverleasing.de

WARUM SIE MIT UNS ZUSAMMEN ARBEITEN SOLLTEN: Hannover Leasing entwickelt für Investitionsmaßnahmen individuelle Finanzierungslösungen mit ausgewogenen Sicherheitenkonzepten. Wir sind über den gesamten Projektablauf – von der Präqualifikation bis zum Ablauf der Nutzungsphase – alleiniger Ansprechpartner des öffentlichen Auftraggebers. Somit ist die Kontinuität und die Qualität des Investitionsvorhabens während des gesamten Immobilienlebenszyklus sichergestellt.

WARUM WIR DER RICHTIGE INVESTOR FÜR SIE SIND:

Ihr Ansprechpartner

Martin Eilbacher, Bereichsleiter Assetklasse Public Private Partnership Telefon: +49 69 / 63 305 - 0 E-Mail: martin.eilbacher@hannover-leasing.de

BETEILIGUNGSKRITERIEN: Größenordnung des Ab einem Investmentvolumen von Investments: 20 Mio. Euro. Leistungsspektrum: Hannover Leasing ist spezialisiert auf die Entwicklung von maßgeschneiderten Finanzierungsstrukturen für die erfolgreiche Durchführung von öffentlich-privaten Vorhaben im Miet-, Leasing- und Inhabermodell. Unser Investitionsvolumen der im öffentlichen Sektor realisierten Projekte beläuft sich auf rund 1,9 Mrd. Euro bei einem investierten Eigenkapital von etwa 600 Mio. Euro. Realisierung:

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Hannover Leasing steht für Qualität, Erfahrung, Termintreue sowie Kreativität und ist ein verlässlicher Partner für eine nachhaltige Kooperation mit dem öffentlichen Auftraggeber. Unsere langfristige wirtschaftliche Stabilität wird insbesondere durch unseren Gesellschafterhintergrund mit der Landesbank Hessen-Thüringen und dem Sparkassenverband HessenThüringen gestärkt.

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Feuerwache Mülheim an der Ruhr Neubau der Hochtaunus-Kliniken, Bad Homburg und Usingen Justiz- und Verwaltungszentrum, Wiesbaden Bildungszentrum HLL, Dreieich

UNTERNEHMENSDATEN: Gründungsjahr: 1981 Mitarbeiter: 219 Standort: Pullach


TELEFON: +49 201 / 824 - 1273

FAX: +49 201 / 824 - 91273

E-MAIL: info-ppp@hochtief.de

INTERNET:

Ihr Ansprechpartner

www.hochtief-solutions.de

Peter Coenen, Vorsitzender der Segmentleitung PPP Solutions Telefon: +49 201 / 824 - 2071 E-Mail: peter.coenen@hochtief.de

BETEILIGUNGSKRITERIEN:

WAS WIR ÜBER DIE INVESTITION HINAUS BIETEN: x

Sektorale Schwerpunkte:

Geografische Schwerpunkte:

Portfolio:

Die PPP-Experten von HOCHTIEF Solutions sind in den Geschäftsfeldern Straßen und Soziale Infrastruktur aktiv und engagieren sich darüber hinaus in den Bereichen Energie (Offshore-Windparks, Geothermie-Kraftwerke, Pumpspeicherwerke) sowie Häfen und Hafenterminals. In der Verkehrs- und sozialen Infrastruktur bietet das Unternehmen seinen Partnern der öffentlichen Hand alle Leistungen aus einer Hand: Planung, Finanzierung, Bau/Sanierung und Betrieb. Das Segment PPP Solutions der HOCHTIEF Solutions AG verfügt über Standorte in Europa (Deutschland, Griechenland, Großbritannien), Nordamerika (Kanada, Vereinigte Staaten), Südamerika (Chile) und Asien (Indien). Das Portfolio im HOCHTIEF-Solutions-Segment PPP Solutions umfasst zurzeit 31 PPP-Projekte mit einem Investitionsvolumen von mehr als sieben Milliarden Euro. Dazu gehören zehn Projekte der Straßenverkehrsinfrastruktur mit einer Gesamtlänge von mehr als 800 Kilometern. Die 21 Projekte der Sozialen Infrastruktur beinhalten 123 Schulen mit ca. 90.000 Schülerinnen und Schülern, 18 Polizeieinrichtungen, ein Bürgerzentrum und eine Kaserne. Darüber hinaus ist das Unternehmen an der Entwicklung von zwei Geothermiekraftwerken und einem Pumpspeicherwerk sowie einem Offshore-Windpark beteiligt.

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WARUM WIR DER RICHTIGE INVESTOR FÜR SIE SIND: x

UNTERNEHMENSDATEN: x

Vorstand:

Dipl.-Ing. Wolfgang Homey, Dipl.-Ing. Ullrich Reinke

Segmentleitung PPP Solutions:

Peter Coenen, Wilfried Rammler

Gründungsjahr:

2011

Mitarbeiter: Standorte:

15.000 Die HOCHTIEF Solutions AG ist in Europa und vielen Wachstumsregionen weltweit tätig.

Unsere Angebotspalette für privat finanzierte Infrastrukturprojekte umfasst Planen, Finanzieren, Bauen und Betreiben aus einer Hand. Damit decken wir den kompletten Entstehungs- und Lebenszyklus eines Projekts ab. Wir analysieren und optimieren Projektstrukturen durch erfahrene Teams aus Finanz- und Vertragsexperten. Wir bieten maßgeschneiderte und nutzerorientierte Projektlösungen.

Wir entwickeln innovative und optimierte Projektstrukturen und Finanzierungskonzepte, die für alle Beteiligten zu Win-WinLösungen führen. Dabei profitieren wir von unseren weltweiten Verbindungen zu Banken und Institutionen. Wir bringen unser Know-how und die Erfahrung aus zahlreichen PPP-Projekten weltweit auch in Ihr Projekt ein. In Deutschland gehören zu unseren Referenzen beispielsweise das derzeit bundesweit größte PPPHochbauprojekt im Bildungsbereich – 50 Schulen im Kreis Offenbach (Los Ost) sowie die beiden A-Modelle A4-Umfahrung Hörselberge und A8-UlmAugsburg. Zudem setzen wir mit der Fürst-Wrede-Kaserne das erste PPP-Hochbauprojekt des Bundes um.

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DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER

HOCHTIEF Solutions AG Segment PPP Solutions Alfredstraße 236 45133 Essen


Wir fördern Ihre Kommune. Zinsgünstige und maßgeschneiderte Finanzierungslösungen sowie Beratungsangebote zum kommunalen Zins- und Finanzmanagement: So fördern wir Ihre Kommune. Nutzen Sie unsere Beratungs- und Finanzierungsexpertise – zum Beispiel, um mehr Energie- und Ressourceneffizienz in Ihrer Kommune zu fördern. Fragen Sie uns: Tel. 0211 91741-4600 (Rheinland) oder 0251 91741-4600 (Westfalen). www.nrwbank.de


TELEFON: +49 251 / 91 741 4185

FAX: +49 251 / 91 741 2666

E-MAIL: oeffentliche-kunden @nrwbank.de

Ihre Ansprechpartner

Kundenbetreuung Öffentliche Kunden Dr. Jörg Hopfe (Leiter), Telefon: +49 251 / 91 741 - 41 84 Ralph Ishorst, Telefon: +49 251 / 91 741 - 24 24

FINANZIERUNGSKRITERIEN:

INTERNET: www.nrwbank.de

WAS WIR ÜBER DIE INVESTITION HINAUS BIETEN: Die NRW.BANK ist die Förder-

Größenordnung des Kapitalanteils der NRW.BANK: in der Regel bis zu 50 Mio. Euro Finanzierungsphase: grundsätzlich alle Phasen Branchen: Öffentliche Infrastruktur Geografische Schwerpunkte: Nordrhein-Westfalen und mit NRW-Bezug Finanzierungszeitraum: je nach Transaktionsstruktur bis 30 Jahre

UNTRNEHMENSDATEN:

Vorstand/Geschäftsführer: Dietmar P. Binkowska (Vorsitz) Klaus Neuhaus Michael Stölting Dietrich Suhlrie Gründungsjahr: 2002 Mitarbeiter: 1.255 Sitze: Düsseldorf, Münster

bank für Nordrhein-Westfalen. Sie unterstützt die Kreise, Städte und Gemeinden des Landes bei der Umsetzung ihrer Projekte und der Finanzierung ihrer Haushalte. Die NRW.BANK bietet zudem zahlreiche Förderprogramme für Infrastrukturmaßnahmen an und finanziert klassische Infrastrukturprojekte insbesondere der kommunalen Gesellschaften. In der Kommunalfinanzierung stellt die NRW.BANK ihren Kunden Beratung sowie bedarfsgerechte Finanzprodukte für Zins- und Liquiditätssteuerung zur Verfügung. Ein umfassendes Angebot zum kommunalen Finanzmanagement rundet das Leistungsspektrum ab.

WARUM WIR DER RICHTIGE FINANZIERER FÜR SIE SIND: Die NRW.BANK bietet die Strukturierung und Finanzierung von ÖPP-Transaktionen mit Bezug zu Nordrhein-Westfalen an. Unabhängig davon, ob das Projekt als ÖPP oder Eigenrealisierung erfolgen soll, unterstützt die NRW.BANK die Kombination der drei Aspekte Beratung, Förderung und Finanzierung. In enger Abstimmung mit der Task Force des Landes unterstützt und finanziert die NRW.BANK die erfolgreiche Umsetzung von ÖPP-Maßnahmen des Landes und der Kommunen.

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DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER

NRW.BANK Kavalleriestraße 22 Friedrichstraße 1 40213 Düsseldorf 48145 Münster


DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER

SKE Facility Management GmbH Siegmund-Schuckert-Straße 3 68199 Mannheim

TELEFON: +49 621 / 8509 7351

FAX: +49 621 / 8509 7309

E-MAIL: fmgma@ske.eu

INTERNET: www.ske.eu

Ihr Ansprechpartner

WAS WIR ÜBER DIE INVESTITION HINAUS BIETEN: x

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Sicherheiten und Finanzkraft – als Unternehmen der zur VINCI-Gruppe gehörenden Firmen, dem führenden Bau- und Konzessionsunternehmen weltweit. Wissen und Know-how – das Unternehmen mit über dreißigjährigen Erfahrungen im Facility Management. Experten und Fachleute – sie ergänzen das Portfolio des Unternehmens im Bereich des ÖPP. Auftragnehmer des größten ÖPP-Projekts „Kreis Offenbach“ deutschlandweit. Anbindung und Erfahrungsaustausch – durch die Verknüpfung anderer VINCI Unternehmen, insbesondere Unterstützung von ÖPP in Osteuropa.

Dipl.-Ing. Johannes Huismann Telefon: +49 621 / 8509 7351 E-Mail: jhuismann@ske.eu

BETEILIGUNGSKRITERIEN: Größenordnung des Investments:

Finanzierungsphase:

Leistungsspektrum:

Geografische Schwerpunkte: Beteiligungszeitraum:

WARUM WIR DER RICHTIGE INVESTOR FÜR SIE SIND: x

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Wir bereiten speziell entwickelte Gesamtlösungen für Ihre Immobilien vor. Wir bieten Ihnen alle Leistungen von der Planung über Bau und Finanzierung bis hin zum Betrieb. Unsere Herausforderung ist, für Sie den Wert Ihrer Gebäude und Liegenschaften zu erhalten, zu steigern und dabei gleichzeitig Kosten zu senken. Wir machen Ihre Immobilie zu unserem Kerngeschäft.

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SKE Facility Management GmbH (SKE), eines von 35 Tochterunternehmen innerhalb der VINCI Facilities Gruppe in Deutschland, ist heute mit über 1,14 Milliarden Euro Auftragseingang an vierzehn PPP-Projekten beteiligt. SKE investiert in Eigenkapital. Sie entwickelt und strukturiert langfristige Finanzierungen als Forfaitierungs- und auch Projektfinanzierungsmodelle. SKE hat sich 1976 aus einem Bauunternehmen zum Dienstleister für Facility Management entwickelt und spezialisiert. Inzwischen bietet die Unternehmensgruppe ein weites Spektrum an Bau- und Baudienstleistungen über die Projektentwicklung, Planung und Finanzierung, Bau und Ausbau, Technische Gebäudeausrüstung, Instandhaltung und Sanierung sowie alle FM-Leistungen inklusive Betrieb über den gesamten Lebenszyklus einer Liegenschaft. SKE realisiert ÖPP-Projekte national und international. Die Unternehmensgruppe ist europaweit und in den USA tätig. SKE realisiert zurzeit ÖPP-Projekte mit einer Vertragslaufzeit bis zu dreißig Jahren mit Optionen auf Vertragsverlängerungen.

UNTERNEHMENSDATEN: Vorstand/ Geschäftsführer:

Gründungsjahr: Mitarbeiter: Standorte:

Geschäftsführer SKE Facility Management GmbH: Dipl.-Ing. Rainer Beisel, Dipl.-Ing. Johannes Huismann, Dipl.-Ing. (FH) Rainer Langer, Hermann Merkl SKE GmbH 1988 VINCI Facilities Gruppe: 1.928 Mitarbeiter SKE Facility Management GmbH: 174 Mitarbeiter SKE Facility Management GmbH: Deutschland VINCI Facilities Gruppe: Europaweit und USA


TELEFON: +49 30 / 24 62 69 600

FAX: +49 30 / 24 62 69 90

E-MAIL: officeVHP@vamed.com health. care. vitality.

INTERNET: www.vamed.de

Ihre Ansprechpartnerin

Dr. Petra Beckefeld, Geschäftsführerin Telefon: +49 30 / 24 62 69 600 E-Mail: petra.beckefeld@vamed.com

BETEILIGUNGSKRITERIEN: Größenordnung des Investments:

Sektorale Schwerpunkte:

Als international tätiger Dienstleister im Gesundheitswesen hat VAMED bereits 15 PPP-Projekte erfolgreich verwirklicht. Weitere zwei werden derzeit umgesetzt. Insgesamt hat VAMED mehr als 600 Gesundheitsprojekte in 70 Ländern erfolgreich realisiert. VAMED ist ausschließlich auf das Gesundheitswesen spezialisiert. Zu unseren Kunden gehören Krankenhäuser von der Grundversorgung bis hin zu Universitätsklinika und Krankenhausketten, Rehabilitations- und Gesundheitszentren, Kurbetriebe und Seniorenresidenzen, Thermen und Wellnessresorts sowie Labor- und Forschungseinrichtungen.

Geografische Schwerpunkte:

VAMED ist in Europa, Asien, Afrika, in Latein- und Südamerika sowie im Nahen und Mittleren Osten tätig. Ansprechpartner für Planungs-, Bau-, Sanierungs- und Finanzierungsprojekte in Deutschland ist die VAMED Health Project GmbH mit Sitz in Berlin.

Realisierung:

VAMED bietet die gesamte Wertschöpfungskette im Gesundheitswesen von der Beratung und Entwicklung über die Planung bis zur Errichtung und zum Management. Unsere Leistungen sind modulartig aufgebaut und können je nach Bedarf auch einzeln abgerufen werden. VAMED hat dabei stets den gesamten Lebenszyklus einer Einrichtung im Blick.

UNTERNEHMENSDATEN: Gründungsjahr: Mitarbeiter: Standorte:

1982 (VAMED-Gruppe)

WAS WIR ÜBER DIE INVESTITION HINAUS BIETEN: Errichten und erneuern: x Projektentwicklung x Betriebsorganisationsplanung x Masterplanung x Fachplanung x Neubau und Sanierung x Inbetriebnahme Betreiben und managen: Medizintechnik x Krankenhausbetriebstechnik x Informationstechnik x Sterilgutversorgung x OP x

WARUM WIR DER RICHTIGE INVESTOR FÜR SIE SIND: VAMED ist ausschließlich auf das Gesundheitswesen spezialisiert und verfügt über 30 Jahre Erfahrung in der Planung, Errichtung und im Betrieb von Gesundheitseinrichtungen. Wir sind mit den Prozessen rund um die medizinische Versorgung von Patienten eng vertraut und kennen die Anforderungen von Ärzten und Pflegekräften an eine optimale bauliche, technische und logistische Infrastruktur.

3.724 (VAMED-Gruppe weltweit) 38 weltweit

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DIE INVESTOREN/ENTWICKLER/BETREIBER

VAMED Health Project GmbH Schicklerstraße 5-7 10179 Berlin


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Jahrestagung Verwaltung & IT Chancen und Grenzen der IT-Unterstützung im öffentlichen Sektor 26. November 2013 | Frankfurt am Main

SAVE THE DATE Informationen erhalten Sie von: Dr. Mark Schiffhauer Tel. 0 69 / 79 40 95 - 62 ms@convent.de


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DIE BERATER / PLANER

Ernst & Young Real Estate GmbH Graf-Adolf-Platz 15 40213 Düsseldorf

TELEFON: +49 211 / 9352 12639

FAX: +49 211 / 9352 18288

INTERNET: www.de.ey.com

Ihre Ansprechpartnerin

Monica A. Schulte Strathaus Telefon: +49 211 / 9352 12639, Fax: +49 211 / 9352 18288 E-Mail: anna-maria.tabbi@de.ey.com WARUM SIE MIT UNS ZUSAMMENARBEITEN SOLLTEN! Die Ernst & Young Real Estate GmbH steht für objektive und proaktive Beratung auf höchstem fachlichen Niveau. Das Unternehmen ist eng in die deutsche Ernst & Young-Gruppe und das internationale Netzwerk eingebunden. Interdisziplinäres Arbeiten gehört zum täglichen Geschäft. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Entwicklung von maßgeschneiderten Lösungen im Bereich PublicPrivate-Partnership. Durch eine sehr gute und fachlich fundierte Beratung haben wir uns im PPP-Markt in Europa eine führende Position erarbeitet. Wir verfügen über umfangreiche Erfahrungen in der Durchführung von PPP-Projekten im Hochbau und Verkehrsbereich für Auftraggeber der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft.

BERATUNGSSCHWERPUNKTE: Branchen: Spezialisierung:

PPP-Beratung:

Wir verstehen uns als integrativer Dienstleister bei allen Fragen rund um das Thema Immobilie sowie bei der Lösung wirtschaflicher Fragestellungen bei (Verkehrs-) Infrastrukturprojekten. Mit den Kollegen aus anderen Unternehmensbereichen der Ernst & Young-Gruppe stellen wir lösungsorientierte Teams zusammen, die die Vielzahl von wirtschaftlichen, technischen und juristischen Aufgaben in Infrastrukturprojekten lösen. Öffentliche Hand: - Erstellung von Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen - Durchführung von Markterkundungen - Erstellung von Ausschreibungsunterlagen - Begleitung von Vergabeverfahren - Projektmanagement und Projektcontrolling Privatwirtschaft: - Immobilienwirtschaftliche Beratung - Financial Advisory und Modelling - Begleitung des Angebotsprozesses - Projektmanagement und Projektcontrolling - Strategisches Facility Management - Technische Due Dilligence

UNTERNEHMENSDATEN: Vorstand/ Geschäftsführer: Gründungsjahr: Mitarbeiter: Standorte: Referenzkunden:

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Real Estate Consulting

Hartmut Fründ 1998 157 Berlin, Düsseldorf, Eschborn/ Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart, Troisdorf Freie und Hansestadt Hamburg, Landeshauptstadt Düsseldorf, Großherzogtum Luxemburg, Kanton Bern, Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Kanton Luzern, Helmholtz Zentrum München, Stadt Nürnberg, Bundesministerium der Verteidigung, Finanzministerium NRW, Justizministerium Niedersachsen, Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt, BAM PPP Deutschland GmbH, Firmengruppe Max Bögl, Implenia Development AG, LHI Leasing GmbH, Rhein-Erft-Kreis, Kreis Unna.


St.-Martin-Straße 76 81541 München

TELEFON: +49 89 / 550 545 - 0

FAX: +49 89 / 550 545 - 100

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INTERNET:

Ihr Ansprechpartner

www.turnerandtownsend.de

Dr. Stefan Reimoser Telefon: +49 89 / 550 545 - 121 E-Mail: stefan.reimoser@turntown.com

BERATUNGSSCHWERPUNKTE: Branchen:

Spezialisierung:

PPP-Beratung:

Infrastruktur: Luftfahrt, Bahn, Ver- und Entsorgung Immobilien: Verwaltung, Gesundheitssektor, Gewerbe, Produktionsanlagen und Reinräume, etc. Energieversorgung: Öl & Gas, erneuerbare Energien Turner & Townsend bietet technische Dienstleistungen über alle Projektphasen hinweg an, von der ersten Idee bis hin zum laufenden Betrieb. Masterplanung und Machbarkeitsstudie Lebenszykluskostenmodellierung und PSC-Ermittlung x Technische Beratung x Erstellung funktionaler Leistungs beschreibungen x FM-Beratung x Projektsteuerung x Technische Due Diligence x Projektmonitoring x x

UNTERNEHMENSDATEN: Vorstand/Geschäftsführer:

Turner & Townsend GmbH Managing Board: Bernd Engelhardt, Dr. Stefan Reimoser, Jonathan White, Vincent Clancy

Gründungsjahr:

1946

Mitarbeiter:

3.100

Standorte: Referenzkunden:

München, Frankfurt, Berlin, Basel, Wien und weitere 75 Standorte weltweit

WARUM SIE MIT UNS ZUSAMMENARBEITEN SOLLTEN! Turner & Townsend ist ein globales Dienstleistungsunternehmen und berät Organisationen und Unternehmen bei der Entwicklung, Planung, Errichtung und dem Betrieb von Immobilien und Anlagen (Assets). Wir unterstützen unsere Kunden weltweit bei Projekten rund um Immobilien, Infrastruktur, Energieversorgung und Rohstoffgewinnung. Die Zusammenarbeit mit uns zahlt sich aus: Ziel unserer Arbeit ist es, Kunden dabei zu unterstützen, ihre Visionen, Ideen und Projekte erfolgreich umzusetzen und die gewünschten Ergebnisse zu erreichen – so effizient und risikoarm wie möglich. Wir bieten Ihnen die internationale Erfahrung aus über 200 betreuten PPP-Projekten weltweit, gepaart mit der lokalen Kompetenz im deutschsprachigen Raum.

BBR, Auswärtiges Amt, Hessisches Immobilienmanagement, div. Universitätsklinika, Deutsche Bahn, Siemens, Roche, Masdar, Novartis, Pfizer, RBS, Erste Bank, NIBC, SMBC, Kommunalkredit, Deka, Münchener Rück, Bayern LB, Nord LB, Deutsches Museum, BAM, Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV).

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DIE BERATER / PLANER

Turner & Townsend GmbH


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Im Vorhinein wissen, worauf man sich in Sachen Immobilien einlässt. Höchste Planungskompetenz und Ausführungsqualität integrieren. Kostensicherheit und Ressourcentransparenz nutzen. Für Eigentümer und Nutzer von Immobilien ist das oft eher Fiktion als Fakt. Bilfinger one ändert diese Spielregeln und macht aus Einschätzungen Gewissheit. Bilfinger one ist eine völlig neue, integrierte und ganzheitliche Art, Immobilien zu denken. Bilfinger one bündelt Fachkompetenzen von Planung bis Betrieb und eröffnet dem Eigentümer oder Nutzer eine neue Dimension von Planbarkeit, Wertschöpfung und Kosteneffizienz. Und weil diese Transparenz zu konkreten Resultaten führt, wird ein positives, planbares Ergebnis vertraglich garantiert – wenn Sie wollen über den gesamten Lebenszyklus Ihrer Immobilie!

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Katze im Klarsichtbeutel

Jahrbuch

2013

Jahrbuch 2013 DETLEF KNOP (HRSG.)

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