NC-31-13-823-DE-N
25 Jahre
s u m s Era
http://ec.europa.eu/education/erasmus
doi:10.2766/14678
Allgemeine und beruiche Bildung
Europäische Kommission 25 Jahre Erasmus Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union 2013 — 76 S. — 21 x 21 cm Europe Direct soll Ihnen helfen, Antworten auf Ihre Fragen zur Europäischen Union zu finden
ISBN 978-92-79-29226-2 doi:10.2766/14678
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Zahlreiche weitere Informationen zur Europäischen Union sind verfügbar über Internet, Server Europa (http://europa.eu). Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2013 ISBN 978-92-79-29226-2 doi:10.2766/14678 © Europäische Union, 2013 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Printed in Belgium Gedruckt auf elementar chlorfrei gebleichtem Papier (ECF)
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I n h a l t s v e r z e i c h n i s
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Einführung
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66 Feiern
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I Das Erasmus Erbe
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S Euro, Autobahnen und Mobilität
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Z Den Horizont erweitern
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F Erasmus für Gleichgestellte
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L Erasmus als Vermittler
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S Die Klu überbrücken
30
L Den Geist der Gesellscha ändern
56
32
L Mobilität ist ein Muss
V K Staatliche und private Förderung
58
K Ein gutes Pferd wirbelt Staub auf
60
T Öffnung nach aussen
62
I Massive Auswirkungen
64
L Wie eine lokale Universität global wurde
66
N Wenn man Europa verstehen will ...
68
S Zurück zu Erasmus
70
Erasmus Manifest
4
B Erasmus: nicht ein Jahr im Leben, sondern ein ganzes Leben in einem Jahr
6
B Aufbau einer Erasmus Kultur
34
8
T R Erasmus: ein Tor nach Europa und zur Welt!
U Erasmus auf Facebook
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M Fenster einer Insel
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D Gastgeber beim Jubiläum
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N Eine liberale Denkweise
12
D Eine konkrete Vorstellung von Europa
40
Ö Sehr gut aufund angenommen
14
E Viele Farben von Erasmus
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P Den Keim legen
16
I Die Gelegenheit beim Schopfe packen
44
P Einmal Erasmus, immer Erasmus
18
G Ein Markenname
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R Identität heute
20
S Öffnung nach aussen
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S Ein produktives Jubiläum
22
F Generation Erasmus
2
2 5
J a h r e
E r a s m u s
ERASMUS – EINE ERFOLGSGESCHICHTE
E i n f ü h r u n g
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Jubiläen sind eine Gelegenheit, über die Vergangenheit nachzudenken und in die Zukunft zu blicken. Als die EU-Kommissarin Androulla Vassiliou im Januar 2012 die Feierlichkeiten zum 25jährigen Jubiläum von Erasmus eröffnete, fiel der Rückblick umfangreich aus. Bislang haben drei Millionen Studenten am Erasmus Programm teilgenommen. Neue Hochschullehrpläne und innovative Lehr-, Lern- und Prüfungsansätze gehen auf das Programm zurück. Darüber hinaus sorgte es für die Einführung und Etablierung des Europäischen Systems zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (ECTS), das die internationale Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit von Studienleistungen gewährleistet. Doch die 66 Studenten- und Personalbotschafter für Erasmus hatten sich auch zum Ziel gesetzt, das Programm weiter voranzubringen. Daher nutzten sie die Eröffnungskonferenz in Brüssel für die Erarbeitung eines Erasmus Manifests mit einem 10 Punkte umfassenden Aktionsplan (siehe Seiten 70-73). Das neue Erasmus+ Programm, das 2014 startet, wird zur Erfüllung dieser Ziele beitragen und eine an den gesellschaftlichen Bedürfnissen ausgerichtete Weiterentwicklung gewährleisten. Auf diese Weise wird Erasmus für junge Menschen, Hochschulreinrichtungen und Arbeitgeber in ganz Europa weiterhin von großer Bedeutung bleiben. In dieser Broschüre berichten die Studenten– und Personalbotschafter für Erasmus von ihren Erfahrungen mit dem Programm, von den Veranstaltungen in ihrem Land anlässlich des 25jährigen Jubiläums sowie – angesichts des baldigen Starts des neuen Programms – von ihren Hoffnungen für die Zukunft.
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BELGIEN ERASMUS: NICHT EIN JAHR IM LEBEN, Ein renoviertes Lagerhaus an einem Kanal in Brüssel bildete die Kulisse für einen ganz besonderen Erasmus Tag. Er wurde von AEF-Europe, der belgischen nationalen Agentur der Französischsprachigen Gemeinschaft, organisiert. Bei dieser Veranstaltung standen Qualitätsfragen im Vordergrund. Eine Podiumsdiskussion beschäftigte sich mit der Frage, wie man die institutionellen Akteure im Bereich der Mobilität stärker einbeziehen und ihre Arbeit aufwerten kann. Frühere Workshops haben zu einer „Mind-Map“ mit sieben Hauptthemen geführt, erklärt Catherine Devlamminck von AEF-Europe. Zwei davon hatten politische Aspekte. Ein Memorandum zu diesen beiden Themen wurden 50 Vertretern aus dem Bereich der Hochschulbildung zur Genehmigung vorgelegt. Anschließend wurde es dem zuständigen Minister für Hochschulbildung präsentiert. Auf dem Abendprogramm standen außerdem ein Pop-Konzert, eine Improvisationsvorstellung, deren Ausgangspunkt Erasmus Erfahrungen waren, und die Preisverleihung für die Gewinner des Foto- und Videowettbewerbs zum 25jährigen Bestehens von Erasmus. In Flandern veranstaltete die Agentur der Niederländischsprachigen Gemeinschaft EPOS an der Universität Gent eine besondere akademische Sitzung. „Dabei ging es um die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Programms“, berichtet Jan Ceulemans von EPOS.
Es wurden zwei Studien vorgestellt. Die Studie PRIME 2010 vom Erasmus Studentennetzwerk befasste sich mit Problemen bei der Anerkennung von Studienleistungen. Nach Auffassung von Ceulemans ist die Anerkennung von Studienleistungen „nach dem zu schließen, was Studierende nach einem Auslandsaufenthalt berichten, in Flandern immer noch ein gewisses Problem“. Die zweite Studie (von Educonsult) beschäftigte sich mit flämischen Indikatoren für Erasmus. Insgesamt hatten die Veranstaltungen in Belgien eine beachtliche Medienwirkung. Personalbotschafter Hugo Marquant und Studentenbotschafter Marc Goffart gaben Radio- und Fernsehinterviews. Eine große flämische Zeitschrift brachte sogar eine Erasmus Sonderausgabe. Programm für die Zukunft Das Image der EU sei von Erasmus „positiv beeinflusst“ worden, meint Goffart. „Auf diese Weise merken die Menschen, dass es bei der Europäischen Union nicht allein um Politik und Wirtschaft geht, sondern dass die EU auch das tägliche Leben beeinflusst.“ In Zukunft sollte es bei dem Programm „nicht nur um geografische, sondern auch um soziale Mobilität gehen“, sagt er. „Das Programm sollte Studierenden die Möglichkeit geben, auf der sozialen Leiter Fuß zu fassen, und die finanziellen Barrieren dürfen keine zu hohe Hürde für Studierende darstellen.“
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SONDERN EIN GANZES LEBEN IN EINEM JAHR „Erasmus ist das erfolgreichste Programm der EU“, betont Marquant, „und der Hauptgrund für diesen Erfolg ist die Beteiligung junger Menschen. Es ist ein Programm für die Zukunft.“ Aber „die institutionelle Anerkennung der Personalmobilität“ sieht er als größte bislang unerfüllte Voraussetzung. „Wenn beispielsweise eine belgische Lehrkraft für ein paar Wochen nach Spanien geht, um dort im Rahmen eines regulären Lehrangebots zu unterrichten, sollte dies in Belgien als Teil ihrer Unterrichtsstunden anerkannt werden. Mentalität oder Identität? „Wir drücken gerne Erasmus in steigenden Zahlen aus“, erklärt Jan Ceulemans, „aber wir sollten uns auch die Qualität von Auslandsaufenthalten sehr genau anschauen. Erasmus Intensivprogramme sind eine sehr gute Kooperationsmöglichkeit für Lehrkräfte. Wir hoffen, dass diese Maßnahmen im Rahmen des neuen Programms weiterhin gefördert werden. Den Lehrkräften sollten Elemente für den Aufbau einer qualitativen Kooperation im Bereich der Mobilität an die Hand gegeben werden.“ Ceulemans verweist auf die Aussage einer Doktorarbeit, die demnächst in Flandern präsentiert wird. Demnach hat Erasmus vor allem Einfluss auf die persönliche Einstellung der Teilnehmer und nicht so sehr auf den Aufbau einer europäischen Identität. „Es wird eher eine Mentalität als eine Identität geschaffen.“
Ein Leben in einem Jahr Ein Erasmus Aufenthalt „ist ganz sicher ein Pluspunkt in jedem Lebenslauf“, sagt Catherine Devlamminck. „Viele Studierende berichten, dass sie aufgrund ihres Auslandspraktikums eine Stelle gefunden haben.“ Außerdem ist es „eine unvergessliche Erfahrung. Einer unserer Koordinatoren formulierte es so: Ein Erasmus Aufenthalt ist nicht ein Jahr in einem Leben, sondern ein ganzes Leben in einem Jahr.“
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BULGARIEN AUFBAU EINER ERASMUS KULTUR Erasmus habe „großen Einfluss“ auf Internationalisierungsstrategien und Qualitätskontrolle in der bulgarischen Hochschulbildung, meint Savena Borisova vom bulgarischen Personalentwicklungszentrum. Insbesondere habe das Programm „innovative Lehrmethoden, Studentenwerke und neue Partnerschaften für die Lehrplanentwicklung sowie verschiedene Gemeinschaftsprojekte“ gebracht.
Von einem Abenteuer zu einem unbedingten Muss „Was sich zum Besseren verändert hat, ist der Bekanntheitsgrad von Erasmus in der Öffentlichkeit“, erklärt Studentenbotschafterin Boryana Klinkova. „Vor fünfundzwanzig Jahren gingen nur wenige Studierende ins Ausland. Das waren noch richtige Abenteurer. Heute ist es eine logische Ergänzung der Hochschulausbildung“.
Im Rahmen der Feierlichkeiten in Bulgarien wurden Sonderveröffentlichung herausgegeben und Video-, Essay-, Plakat-, Fotound Geschichtenwettbewerbe veranstaltet. Bei einer Jubiläumsvorstellung traten ehemalige Erasmus Studierende Seite an Seite mit professionellen Musikern und Schauspielern auf, und der jährliche Hochschulfeiertag wurde genutzt, um Erasmus in der Öffentlichkeit bekanntzumachen.
Sie muss es wissen. Klinkova ist heute internationale Programmkoordinatorin für Studierende – aber nicht in Bulgarien. Sie ist an einer deutschen Hochschule. „Ich bin zwar bulgarische Erasmus Botschafterin, aber ich denke, es ist wichtig, für das Programm zu werben, egal wo man ist. Deshalb habe ich viele Informationsveranstaltungen und andere Maßnahmen organisiert, um das Interesse der deutschen Studierenden an Erasmus zu wecken.“ Zurück in Bulgarien, gab sie anlässlich des Ereignisses Interviews im Radio und in der lokalen und landesweiten Presse. Von Deutschland aus hielt sie am Erasmus Tag eine Videokonferenz mit ihrer ehemaligen Heimatuniversität ab.
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Lehrpersonal beruhigt Zu den Werbeaktivitäten der Personalbotschafterin Rumyana Todorova im Jahr 2012 gehörte u. a. ein YouTube-Interview. Gerade zurück von Gesprächen in Brüssel, veranstaltete sie außerdem ein spezielles Seminar zu den künftigen Plänen für Erasmus. Sie hat das Gefühl, dass das Programm das bulgarische Lehrpersonal in einer Zeit großer Veränderungen beruhigt hat. „Wir konnten uns selbst davon überzeugen, dass wir mit dem, was wir bisher getan haben, im Einklang mit Kollegen an anderen europäischen Hochschulen sind.“ Erasmus „ist großartig – und es wird noch besser“, meint sie. „Es wird helfen, die öffentliche Meinung im ganzen Land zu bilden.“ Mit Blick auf die kommenden 25 Jahre erwartet sie, dass sich Erasmus verbessern wird, „weil das neue Programm auch Hochschulen aus anderen Erdteilen einbeziehen wird“. Sie vermutet aber, dass es mit der Zunahme der Studierendenmobilität eine stärkere Konkurrenz geben wird. „Heute kann jeder Bewerber praktisch sicher sein, dass seinem Antrag stattgegeben wird. In Zukunft werden die Chancen geringer sein.“ Das „hat auch seine Vorteile, denn die Bewerber werden sehen, dass sie mehr leisten müssen, um ins Ausland gehen zu können.“ Das Programm wird sich nach Auffassung von Boryana Klinkova sicherlich weiterentwickeln, denn „die Gesellschaft verändert sich ständig“. In praktischer Hinsicht hätte sie gerne weniger Formalitäten, mehr finanzielle Unterstützung der Mobilität für
einkommensschwache Studierende sowie die Lösung einiger Probleme im Zusammenhang mit Drittstaaten-Visa und der Anerkennung von Studienleistungen. Aber grundsätzlich gilt: „Das Ziel von Erasmus braucht nicht geändert zu werden.“ Öffnung zu Europa hin „Die positive Wirkung des Erasmus Programms zeigt sich sowohl auf persönlicher als auch auf institutioneller Ebene“, resümiert Savena Borisova. „Es hat zur Öffnung der Gesellschaft für europäische Themen geführt. In den 15 Jahren, die das Programm in Bulgarien läuft, ist eine Erasmus Kultur aufgebaut worden. Und wir werden alles tun, um diese Kultur in den nächsten 25 Jahren zu erhalten und weiterzuentwickeln.“
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TSCHECHISCHE REPUBLIK ERASMUS: EIN TOR NACH EUROPA 25 Stunden Trampolinspringen für 25 Jahre Erasmus: Das war nur eine der zahlreichen Veranstaltungen in der Tschechischen Republik anlässlich des Jubiläums. Am Trampolinspringen nahmen sogar Studierende aus Japan teil. Das Kernstück der Festveranstaltungen bildete ein Marathonlauf. Der Hochschulmarathon findet jedes Jahr statt, aber 2012 stand er unter der Schirmherrschaft von Erasmus. 33 Staffeln nahmen daran teil, wobei jede Staffel aus vier Studierenden bestand. Darüber hinaus fanden u. a. Poster- und Videowettbewerbe statt. Im Blickpunkt des Erasmus Label-Wettbewerbs standen innovative Multimediakonzepte zur Darstellung von Mobilität. „Die Verbreitung und Verwertung der Ergebnisse war sehr erfolgreich“, bemerkt Barbora Nájemníková von der Nationalen Agentur NAEP. „Die Bekanntheit des Programms in der Tschechischen Republik hat zugenommen.“
Treffen mit den Medien Ein Treffen mit Journalisten sorgte für ein großes Echo in den Medien. Im Laufe des Jahres gab die Personalbotschafterin Milada Hlaváčková eine Reihe von Zeitungs-, Fernseh- und Radiointerviews. „Es wurde gefragt, was das Erasmus Programm tschechischen Studierenden bringt, wie wir ausländische Studierende aufnehmen und was wir für sie tun.“ Bei einer Konferenz in Prag berichteten die Erasmus Botschafter des Landes über ihre Mobilitätserfahrungen. Durch die Veranstaltungen konnte den Menschen vermittelt werden, „dass Erasmus wirklich dazu beitragen kann, dass Studierende andere Arbeitsgewohnheiten als die ihres Heimatlandes kennenlernen“, sagt Studentenbotschafter Tomáš Vitvar. „Dies kann ihnen einmal von Nutzen in ihrer beruflichen Karriere sein, wenn sie anfangen, in internationalen Teams und in einer multikulturellen Umgebungen zu arbeiten.“ Datenbank mit Berichten von Studierenden Eine online zugängliche NAEP-Datenbank enthält bis jetzt rund 21 000 Schlussberichte von Studierenden, die im Rahmen des Erasmus Programms ins Ausland gegangen sind. Die Berichte zeigen „einen hohen Grad der Zufriedenheit mit dem Erasmus Programm“, bemerkt Barbora Nájemníková.
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UND ZUR WELT! Für Studierende, meint sie, ist das Programm „wichtig, denn es bringt ihnen persönliche, sprachliche und berufliche Vorteile“. Sie „erwerben internationale Kompetenzen und sind beim Übergang in die Arbeitswelt erfahrener und flexibler“. Lehrkräfte indessen „erwerben internationale und interkulturelle Kompetenzen und können in ihren Einrichtungen zu Hause Aktivitäten im Zusammenhang mit Erasmus organisieren“. Außerdem hilft ihnen das Programm, „die aktuellen beruflichen Trends zu verfolgen“. Hochschuleinrichtungen sehen Erasmus als „prestigeträchtiges Mittel, das zur Anziehung und Anwerbung von mehr motivierten Studierenden beiträgt“. Das Programm ist ein „wichtiges Instrument zur Internationalisierung“. Zurückhaltung beim Reisen? „Für Studienaufenthalte wären Länder wie das Vereinigte Königreich oder Finnland unseren Studierenden normalerweise zu teuer, aber mit Hilfe des Erasmus Programms können sie doch dort studieren. Und sie kommen mit ausgezeichneten Ergebnissen zurück“, so Milada Hlaváčková. Die Zahl der aus dem Ausland kommenden Erasmus Studierenden hat im Laufe der Jahre zugenommen, sagt sie. „Die Zahl der ins Ausland gehenden Studierenden leider nicht. Ich weiß auch nicht, warum. Denn Tests zeigen schließlich, dass ihre Sprachkenntnisse immer besser werden, und wenn sie von einem Erasmus Aufenthalt zurückkommen, wollen sie unbedingt wieder ins Ausland. Aber die Tschechen sind generell zurückhaltend mit Auslandsreisen.“
Hlaváčková hofft, dass das Erasmus Programm in den nächsten 25 Jahren fortgesetzt wird, „am besten mit etwas weniger Formalitäten. Es ist eines der besten Programme der EU.“ Tor nach Europa und zur Welt Die Jubiläumsfeiern „machten deutlich, dass Erasmus eine sehr wichtige Ergänzung zu Hochschulstudiengängen ist“, sagt Tomáš Vitvar. „Es kann der Ausgangspunkt für interessante internationale Karrieren sein. Nur gut ausgebildete Personen mit echter internationaler Erfahrung, die sie in jungen Jahren erwerben, können verstehen, wie man mit kulturellen Unterschieden umgeht, und eine gemeinsame Sprache finden. Erasmus ist wirklich ein Tor nach Europa und zur Welt.“
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DÄNEMARK GASTGEBER BEIM JUBILÄUM Im Alter von 25 Jahren war Picasso auf dem Höhepunkt seiner „blauen Periode“, in etwa dem gleichen Alter schrieb Paul McCartney den Song Yesterday, Albert Einstein arbeitete an der Relativitätstheorie, und im 25. Jahr seines Bestehens erreicht das Erasmus Programm die Rekordbeteiligung von über 230 000 Studierenden. Mit diesem Vergleich eröffnete der dänische Bildungsminister Morten Østergaard die Hauptkonferenz anlässlich des Erasmus Jubiläums. Zu diesem Zeitpunkt hatte Dänemark turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft inne. Deshalb kam dem Land eine entscheidende Rolle bei den Feierlichkeiten zu. Die von der dänischen Ratspräsidentschaft und der Europäischen Kommission organisierte Konferenz fand am 8. und 9. Mai 2012 in Kopenhagen statt. In ihrer Eröffnungsrede sagte Prinzessin Marie von Dänemark, dass sie immer wieder beeindruckt sei von der Energie und der Begeisterung von Studierenden, die einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland absolvieren. Auch sie habe im Ausland studiert und dort viele wertvolle Fähigkeiten erworben und Freundschaften geschlossen.
Die Drei-Millionen-Schwelle Androulla Vassiliou, EU-Kommissarin für Bildung, Kultur, Mehrsprachigkeit und Jugend, sagte auf der Konferenz, bis Ende 2013 könne das Ziel von drei Millionen Erasmus Studierenden erreicht werden. Die Strategie Europa 2020 habe zum Ziel, mehr in Qualifizierung und Kompetenzen zu investieren, betonte sie, und das neue Programm „Erasmus+“ trage zu diesem Ziel bei. Denn damit soll künftig fünf Millionen Menschen ein Auslandsstudium ermöglicht werden. Die Herausforderung besteht nun darin, die Angebote in Bildung und Ausbildung mit den Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt in Einklang zu bringen. Eine von Journalisten aus ganz Europa gut besuchte Pressekonferenz in Kopenhagen sorgte für eine breite Medienberichterstattung über Erasmus. Erasmus Manifest Die 66 Studenten- und Personalbotschafter aus ganz Europa präsentierten das Erasmus Manifest. Darin wird u. a. gefordert, die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen durch einen intensiveren Studierenden- und Personalaustausch und bessere Anerkennung der von Studierenden absolvierten Auslandspraktika zu verbessern. Außerdem soll Erasmus künftig auf eine breitere Basis gestellt werden und über mehr Mittel für unterrepräsentierte Gruppen verfügen. Darüber hinaus wird gefordert, das Programm über Europa hinaus auszuweiten.
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Bei einer Studentenveranstaltung an einem Platz in der Nähe des Konferenzorts wurden reichlich Live-Musik und Informationen über Erasmus geboten. „Wir haben in einer FacebookKampagne für dieses Konzert geworben“, sagt Lise Andersen von der Dänischen Agentur für Universitäten und Internationalisierung. „Die Agentur und das hiesige Erasmus Studentennetzwerk hatten Stände bei dem Konzert, und wir haben Werbematerial verteilt.“ Mobilitätskatalog Andersen betont, dass die Teilnahme der Studierenden am Erasmus Programm in Dänemark rapide zunimmt. „2011 verzeichneten wir einen Zuwachs von rund 300 Studenten. Das ist eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass die Gesamtzahl im Jahr davor bei 1 900 lag. Unsere Agentur arbeitet intensiv daran, im Rahmen von Austauschprogrammen mehr Studierende zu entsenden. Erasmus ist dabei ein wichtiger Teil.“ Personalbotschafterin Connie Væver meint, dass auch mehr dänische Lehrkräfte mobil werden sollten. „Wenn Lehrkräfte die Möglichkeit haben, andere Unterrichtsstile und Menschen an anderen Hochschulen kennenzulernen, wird sich das positiv auf ihren Lehralltag auswirken. Aber die Leute zu einem Auslandsaufenthalt zu bewegen ist gar nicht so einfach.“
Für Studentenbotschafterin Nina Siig Simonsen ist Erasmus so etwas wie „ein Reisekatalog. Man kann zwischen 300 Hochschulen in ganz Europa auswählen. Das macht es viel einfacher, mobil zu werden.“ Sie meint, das Programm „sollte globaler werden. Die gegenseitige Verflechtung nimmt zu, und die Internationalisierung macht sich überall in der Gesellschaft bemerkbar.“
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T i t r e
d e
l a
b r o c h u r e
DEUTSCHLAND EINE KONKRETE VORSTELLUNG VON EUROPA Das Jahr 2012 brachte für Deutschland ein doppeltes Erasmus Jubiläum. Neben dem Jahrestag konnte das Land den 400 000. Erasmus Studierenden feiern, der ins Ausland geht. „Das war ein sehr bewegender Augenblick“, erinnert sich Siegbert Wuttig vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Der DAAD brachte zwei Veröffentlichungen heraus, in denen die Erfolge des Programms in Deutschland dargestellt werden. Die Veröffentlichungen enthalten Berichte zum beruflichen Werdegang ehemaliger Erasmus Studierender. Außerdem ist in Deutschland eine Erasmus Sondermarke erschienen. Die nationale Konferenz „Europa in Bewegung – 25 Jahre Erasmus“ im Juni 2012 beschäftigte sich mit der erfolgreichen Entwicklung des Programms und seinem gegenwärtigen Stand. Außerdem wurden künftige Änderungen und Herausforderungen erörtert. Darüber hinaus wurden im ganzen Land regionale Erasmus Konferenzen veranstaltet.
Starkes Echo in der Presse All dies führte zu einer breiten Berichterstattung in den Medien. „Ich hatte noch nie so viele Interviewanfragen wie im vergangenen Jahr”, bestätigt Wuttig. „Unmittelbar vor der Hauptjubiläumsveranstaltung gab es im Radio sogar ein stundenlanges Sonderprogramm. Wir nahmen die Studierenden mit ins Studio und hatten eine großartige Diskussion über Erasmus. Außerdem wurde im Fernsehen viel über die Jubiläumsveranstaltungen berichtet. Das war schon etwas Besonderes. Normalerweise ist es schwer, mit Bildungsthemen ins Fernsehen zu kommen.“ Erasmus ist eines der bekanntesten EU-Programme, meint er. „Es ist eine echte Erfolgsgeschichte für die EU. Wenn man die Leute fragt, was die EU geleistet hat, wird Erasmus immer weit oben auf der Liste genannt.“ Personalbotschafterin Christiane Biehl sieht das Programm auch als Pluspunkt für Europa. „Für allzu viele Deutsche ist Europa ein ziemlich abstrakter Begriff”, sagt sie. „Erasmus vermittelt ihnen eine konkrete Vorstellung davon, was Europa sein kann.”
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Mobilität als Mittel zur Personalschulung Deutschland ist besonders bekannt für die hohe Zahl an Lehrkräften, die es im Rahmen von Erasmus Austauschen entsendet und empfängt: über 3 000 im Jahr in jede der beiden Richtungen. „Das ist sehr wichtig“, befindet Siegbert Wuttig. „Die Lehrkräfte sind die Impulsgeber, die Multiplikatoren.“ Christiane Biehl sieht das Programm als „eine Form der Weiterbildung und Qualifizierung“ für Lehrkräfte. „Sie lernen andere Lehrtraditionen kennen. Dadurch werden sie bisweilen dazu angeregt, neue Konzepte auszuprobieren. Wir werben auch bei jüngeren Wissenschaftlern dafür, denn auf diese Weise haben sie Gelegenheit, internationale Kontakte aufzubauen.“ Erweiterung des Horizonts Studentenbotschafterin Katja Krohn sagt: Erasmus „hat mein Leben wesentlich verändert“. Ihr erster Studienaufenthalt im Ausland führte sie nach Oviedo in Spanien. Später wurde sie in den internationalen Vorstand des Erasmus Studentennetzwerks gewählt und nutzte ihren Aufenthalt in Brüssel als Praktikumsteil ihrer Hochschulausbildung. „Ich denke, dass sich mein Horizont dadurch erweitert hat“, sagt sie. „Im Augenblick bin ich eigentlich mehr an der europäischen als an der deutschen Politik interessiert, denn in Europa sehe ich meine Zukunft.“ Sie wünscht sich mehr finanzielle Unterstützung für Erasmus Studierende auf nationaler
Ebene, damit auch einkommensschwache Studierende uneingeschränkten Zugang zu Mobilität haben. Investitionen in Bildung Durch einen Erasmus Aufenthalt „können die Studierenden sicherlich Soft Skills wie Sprachkenntnisse, Selbstvertrauen und das Knüpfen von Kontakten verbessern“, sagt Siegbert Wuttig. „Wir hoffen, dass sie dabei auch die Kenntnisse in ihrem Studienfach verbessern können. Aber wir haben nicht genügend Daten hierüber. Das ist eine der Aufgaben für die Zukunft: Wir müssen den Politikern beweisen, dass der Erasmus Aufenthalt den Lerneffekt verbessert. Gerade in Krisenzeiten müssen wir sie davon überzeugen, dass es sich lohnt, dafür Geld auszugeben. Tatsächlich sind Investitionen in Erasmus und in Bildung ganz allgemein ein Weg aus der Krise.“
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ESTLAND VIELE FARBEN VON ERASMUS Sprachlehrer sprechen vielleicht nicht immer die gleiche Sprache, aber in Sachen bewährte Verfahren und innovative Lehrmethoden können sie viel voneinander lernen. Deshalb war die Internationale Erasmus Sprachwoche in Estland eine sinnvolle Möglichkeit, das Jubiläum zu feiern. Lehrkräfte aus Estland, Lettland und Litauen nahmen daran teil. Die größte Jubiläumsveranstaltung in Estland war eine Konferenz zum Thema Studentenmobilität. Teilnehmer aus Hochschuleinrichtungen und Organisationen erhielten einen Überblick über das Erasmus Programm in Estland. Studierende und Lehrkräfte berichteten von ihren Erfahrungen und wurden über die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen informiert. Gesprächen über die Internationalisierung der Hochschulbildung in Estland folgten Workshop Sitzungen, bei denen sich jeder äußern konnte. „Viele Farben von Erasmus“ ist der Titel eines Videowettbewerbs für Studierende, der von der Nationalen Agentur, der Archimedes Stiftung, veranstaltet wurde. Die Agentur stellte für das Jubiläum auch eine Reihe von Werbematerialien zur Verfügung (von Postern bis hin zu Schlüsselbunden, Bechern und Taschen). Am Erasmus Programm teilnehmende Hochschuleinrichtungen beteiligten sich mit eigenen Informationstagen, Konferenzen und Plakatwettbewerben.
International sichtbar „Estnische Studierende und Lehrkräfte nehmen erst seit 19992000 am Erasmus Programm teil“, erklärt Terje Kaelep von der Archimedes Stiftung. „Aber bis Ende des laufenden Studienjahres werden durch das Programm rund 8 000 unserer Studierenden die einmalige Gelegenheit zu einem Studien- und/oder Praktikumsaufenthalt im Ausland erhalten haben. Ohne die Unterstützung durch das Erasmus Programm wäre das nicht möglich gewesen. Darüber hinaus hat das Programm zu Besuchen von rund 3 500 Lehrkräften und anderen Mitarbeiten beigetragen.“ Ein wichtiges Ergebnis der Erasmus Mobilität in Estland besteht darin, dass „Hochschuleinrichtungen international sichtbarer geworden sind“, sagt Personalbotschafterin Sirje Virkus. „Erasmus hat geholfen, viele berufliche Kontakte zu knüpfen und in der Folge gemeinsam weitere europäische Forschungs- und Entwicklungsprojekte aufzubauen. Außerdem hat es das Wissen über moderne Lehr- und Lernmethoden erweitert und die Entwicklung interkultureller Kompetenzen gefördert.“ Ein persönlicheres Europa Das Programm hat dazu beigetragen, dass die Esten „europäische Themen und Entwicklungen persönlicher und gestützt auf persönliche Kontakte und Erfahrungen wahrnehmen“. Virkus meint, „die virtuelle Dimension wird künftig stärker in das
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Erasmus Mobilitätsprogramm integriert werden“. Durch „virtuelle Mobilität“ können Hochschuleinrichtungen „neue innovative Wege des Lernens entwickeln und so nicht nur die Mobilität zwischen Ländern, sondern auch zwischen verschiedenen Disziplinen und Sektoren fördern“. Finanzieller Druck Studentenbotschafterin Helen Margus ist der Meinung, dass noch mehr getan werden muss, um die Hindernisse abzubauen, mit denen Studierende bei der Entscheidung für einen Erasmus Aufenthalt konfrontiert sind. Eines der Hindernisse ist der finanzielle Druck, das Studium rechtzeitig abzuschließen. „Die Hälfte der Studierenden in Estland geht arbeiten und studiert gleichzeitig in Vollzeit“, bemerkt sie. „Sie stehen unter einem starken finanziellen Druck, ihr Studium rechtzeitig zu beenden.“ Da auch die Hochschulen die leeren Kassen zu spüren bekommen, werden manche Lehrveranstaltungen nur alle zwei Jahre angeboten. „Wenn Studierende also meinen, dass sie durch den Auslandsaufenthalt möglicherweise ihre Prüfungen in dem betreffenden Jahr nicht bestehen, werden Sie sagen: ‚Nein, danke‘.“ Nach Auffassung von Margus muss der Prozess zum Kombinieren des Studiums in verschiedenen Ländern noch reibungsloser gestaltet werden.
„Bislang wurden die besten Ergebnisse in der europäischen Integration bei Themen im Zusammenhang mit der Hochschulbildung erzielt“, sagt Terje Kaelep. „Erasmus wird als europäische Erfolgsgeschichte gesehen. Mit dem Bologna-Prozess und der Förderung der europäischen Hochschulbildung wurde ein sehr guter Anfang gemacht. Aber es muss noch viel mehr getan werden, um die Hochschulausbildung mit dem europäischen Arbeitsmarkt und der Wirtschaft insgesamt zu verzahnen.“
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IRLAND DIE GELEGENHEIT BEIM SCHOPFE PACKEN Erinnern wir uns an den unerschrockenen spanischen Studenten Mariano Montesinos. Ende November 2012 brach er auf dem Fahrrad und mit dem Erasmus Logo auf dem Rücken zu einer neuntägigen, 1 000 Kilometer langen Tour durch Irland auf. „Unterwegs traf er viele Menschen und lernte das Novemberwetter in diesem Teil der Welt kennen“, erinnert sich Gerry O’Sullivan von der irischen Hochschulbehörde. Die Begegnung mit Menschen war bei den Jubiläumsfeiern in Irland ein sehr großes Thema. So erhöhte das irische Erasmus Team seine Präsenz auf den Hochschulmessen, bei denen sich Schulabgänger über Studienmöglichkeiten informieren. „Es ist wichtig, dass Schulabgänger wissen, dass es das Programm gibt und dass es nicht nur für Sprachstudenten da ist“, sagt Studentenbotscha erin Jessica Gough.
Förderung der Sprachkompetenzen Gegenwärtig kommen im Rahmen des Erasmus Programms weit mehr Studierende nach Irland, als Iren ins Ausland gehen. Die Hauptursache für diese Diskrepanz liegt in der Sprache begründet. Das Englische zieht ausländische Studierende nach Irland. Aber aus den gleichen sprachlichen Gründen überlegen es sich Iren sehr genau, ob sie tatsächlich in Kontinentaleuropa studieren möchten. Personalbotscha erin Miriam Broderick erklärt: „Irische Studierende befürchten, dass sie bei einem Studienaufenthalt im Ausland nicht die geforderten Studienleistungen erbringen können. Durch die bereits im Vorfeld immer häufiger angebotenen Sprachkurse ändert sich das aber.“ Bei einer Jubiläumskonferenz in Irland erläuterten Redner aus anderen kleinen europäischen Ländern die Rolle von Sprachen in ihren Schullehrplänen. Bei der Konferenz wurden außerdem die Beschä igungsmöglichkeiten in Kontinentaleuropa aufgezeigt, und irische Arbeitgeber betonten die zunehmende Bedeutung sprachlicher Kompetenzen. Diese Entwicklungen ermutigen die Hochschulen, IT- und Ingenieurstudiengänge mit integrierter Fremdsprache zu konzipieren. Außerdem beobachtet Broderick „bei den Studierenden ein neues Interesse an Sprachen und ein starkes Interesse an der Flexibilität, die Erasmus heute im Hinblick auf die Kombination von Praktika und Auslandsstudien bietet“.
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Erasmus beeinflusst ganz gewiss das Bild der Iren von Europa. „Seit Beginn des Programms im Jahr 1987 haben in Irland rund 32 000 Personen an einem Erasmus Aufenthalt teilgenommen“, betont Gerry O’Sullivan. „Wenn man ihre Familien, Freunde und Kollegen mitrechnet, bedeutet dies, dass 300 000 oder 400 000 Personen Kontakt mit Teilnehmern am Erasmus Programm gehabt haben. Und uns ist nie zu Ohren gekommen, dass jemand schlechte Erfahrungen gemacht hat und lieber zu Hause geblieben wäre. Das sind sehr positive Nachrichten über Europa, die da nach Irland kommen.“ Selbstbewusstsein lernen Jessica Gough rät allen, die einen Erasmus Aufenthalt in Erwägung ziehen, „die Gelegenheit beim Schopfe zu packen“. Als Sprachstudentin war sie im Rahmen des Erasmus Programms in Barcelona (Spanien) und macht jetzt eine Ausbildung zur Konferenzdolmetscherin. „Durch den Aufenthalt im Ausland“, sagt sie, „lernt man Hindernisse zu überwinden und selbstbewusst zu sein.“ Auch sie musste mit zahlreichen Hindernissen fertigwerden. Durch eine Zerebralparese ist ihre linke Körperhäl e geschädigt und ihr Gleichgewichtssinn beeinträchtigt. „Viele Menschen mit Behinderungen würden liebend gern im Ausland studieren“, glaubt sie, „aber sie haben Angst zu gehen, weil
die Unterstützungssysteme in jedem Land anders sind. Wir brauchen an jeder Hochschule eine einzige Anlaufstelle, die die Leute in Kontakt mit dem entsprechenden Amt bringen kann. Außerdem brauchen wir ein internationales Netzwerk von Studierenden mit Behinderungen.“ Ein guter Anlass für die Medien „Das 25jährige Jubiläum war ein guter Anlass, in die Medien zu kommen“, erklärt Gerry O’Sullivan. „Es ist nicht immer leicht, die Presse für positive Dinge zu interessieren – und Erasmus ist positiv.“
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GRIECHENLAND EIN MARKENNAME Erasmus ist „wohlbekannt in Griechenland. Es ist so etwas wie ein Markenname“, sagt Elina Mavrogiorgou, Erasmus Projektleiterin bei der griechischen Nationalen Agentur IKY. Personalbotschafterin Katerina Galanaki führt die Popularität des Programms auf häufige Werbebeiträge in der Presse und seinen guten Ruf bei Erasmus Teilnehmern zurück. Das Programm hat ihrer Meinung nach einen „sehr positiven“ Einfluss auf die Einstellung der Griechen gegenüber Europa gehabt. „Erasmus ist bei den Leuten sehr beliebt. Die griechische Öffentlichkeit war sehr besorgt, als berichtet wurde, Erasmus sei finanziell gefährdet.“ Sie hat alle griechischen Hochschuleinrichtungen über das Erasmus Manifest informiert. Anlässlich des 25jährigen Jubiläums fanden in Griechenland lokale Veranstaltungen von Hochschulen statt. Von der Hauptveranstaltung in Athen wurde landesweit in den Medien berichtet. Außerdem wurde ein neues Spiel mit dem Namen „Erasmusbook“ herausgebracht.
Die Krise überwinden Griechenland ist harten Sparmaßnahmen ausgesetzt. Ist es durch die Krise schwerer geworden, Studenten und Hochschulmitarbeiter von der Teilnahme an einem Erasmus Austausch zu überzeugen? „Wir haben befürchtet, dass dies so sein würde“, antwortet Elina Mavrogiorgou. „Aber im Augenblick ist eher das Gegenteil der Fall, denn ein Austausch wird als Chance gesehen. Insbesondere ist es aufgrund der durch Erasmus Praktika gewonnenen Arbeitserfahrung leichter, eine Stelle im Ausland zu finden. Deswegen sind solche Praktika in Griechenland beliebt und werden in Zukunft wohl noch beliebter werden.“ Elina Mavrogiorgou betont nachdrücklich, dass die Hochschulbildung in Europa „ihre Integrität behalten“ muss. Die Erfordernisse der Wirtschaft „dürfen nicht das einzige Kriterium für eine Studienreform sein. Hochschulbildung sollte ein Schritt nach vorne sein. Sie sollte richtungsweisend sein, statt bloß den allgemeinen Trends zu folgen. Der Aufbau Europas wird kein solides Fundament haben, wenn er sich nur auf finanzielle Kriterien gründet.“ Fortschritte bei der Anerkennung von Studien leistungen Katerina Galanaki, die selbst „Erasmus Pionierin“ war, meint, dass das Programm noch weit mehr in Anspruch genommen werden sollte. „Die wichtigste Errungenschaft der letzten
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25 Jahre war die gegenseitige Anerkennung von Studienleistungen zwischen den EU-Staaten. Das ist sehr wichtig, damit Hochschulabsolventen keine Zeit damit verschwenden müssen, das gleiche Lehrprogramm ein zweites Mal zu durchlaufen.“ Außerdem glaubt Galanaki, dass Erasmus die griechischen Studenten zu einer ausgewogeneren Betrachtung ihres eigenen Hochschulsystems geführt hat. „Früher beklagten sich die Griechen oft über die Hochschulausbildung in ihrem Land. Heute kommen Studierende aus dem Ausland zurück und sagen mir, was in der Einrichtung, in der sie studiert haben, gut war und was hier in Griechenland besser ist. Wir versuchen das Gute, das die Studierenden im Ausland sehen, hier zu übernehmen. In vielen Fällen sind Studienangebote von Studierenden selbst bewertet worden, nachdem sie unterschiedliche Konzepte einer kritischen Betrachtung unterziehen konnten.“ Brücken zu anderen Kontinenten Die griechische Studentenbotschafterin Maria Kaliambou unterrichtet heute europäische Ethnologie und Neugriechisch an der Universität Yale in den Vereinigten Staaten. „Beim Erasmus Austausch in Deutschland habe ich meine Leidenschaft für die Ethnologie entdeckt“, erinnert sie sich. „Damit wurden mir Möglichkeiten eröffnet, die mich schließlich zu einer der weltweit renommiertesten Hochschulen geführt haben.“
Ihrer Meinung nach sollte Erasmus neue Möglichkeiten für den akademischen Austausch, wie etwa Online-Unterricht, einbeziehen. Richtig eingesetzt könnten durch virtuelle Mobilität, kombiniert mit kurzzeitiger physischer Mobilität, Studierende einbezogen werden, die sonst aus finanziellen Gründen vielleicht außen vor bleiben müssten. Aufgrund ihrer Lehrerfahrung in Yale ist sie der Meinung, dass immer mehr Studierende an internationalen Austauschprogrammen interessiert sind. „Erasmus sollte unbedingt weitergeführt werden. Es sollte auf die ganze Welt ausgedehnt werden, sodass wir Brücken zu anderen Kontinenten bauen und Weltbürger werden können.“
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SPANIEN ÖFFNUNG NACH AUSSEN „Wenn man in Spanien auf der Straße jemanden fragt, ob er schon einmal etwas von Erasmus gehört hat, wird er sagen: ‚Ja, natürlich. Das ist doch das europäische Mobilitätsprogramm für Studierende‘.“ Das wird wohl seinen Grund haben, meint der spanische Erasmus Personalbotschafter Fidel Corcuera Manso. „Erasmus ist hier sehr bekannt, denn in gewisser Weise sind wir ja damit aufgewachsen. Der Beginn des Erasmus Programms vor 25 Jahren fiel in eine Zeit, in der sich Spanien immer mehr öffnete. Wir wendeten uns der Welt und insbesondere Europa zu.“ José M. González von der Nationalen Agentur OAPEE pflichtet ihm bei. „Das Jubiläumsmotto lautete ‚Neue Perspektiven, neue Horizonte’. Genau das sagen uns auch unsere Studierenden, wenn wir sie nach ihren Erfahrungen im Ausland fragen. 1987 hat Spanien nur 95 Studierende zu einem Erasmus Aufenthalt entsendet. 2013 schicken wir über 45 000. Dies bedeutet, dass ca. 10 % unserer Akademiker an dem Programm teilgenommen haben. Die Europäische Kommission hat für 2020 das ehrgeizige Ziel von 20 % Studentenmobilität festgelegt. Spanien wird dieses Ziel zweifellos erreichen, sofern die finanzielle Unterstützung sichergestellt ist.“
Für Hochschulmitarbeiter ist das Erasmus Programm hingegen „die Möglichkeit, die Zusammenarbeit mit europäischen Partnereinrichtungen zu intensivieren und aus den gegenseitigen Erfahrungen zu lernen. Es bereichert also unmittelbar ihre berufliche Entwicklung und indirekt ihre Heimateinrichtungen.“ Vier Themen für die Zukunft In Spanien wurde anlässlich des Jubiläums u. a. eine Tagung von Erasmus Studierenden an der Universität Granada abgehalten. Ehemalige und gegenwärtige Erasmus Studierende aus Spanien und dem Ausland diskutierten vier Themen: akademische Anerkennung, Beschäftigungsfähigkeit, Finanzierung und optimale Bedingungen für die Teilnahme am Programm. Diese Diskussionen führten zu einem Abschlussmanifest. Es folgte eine nationale Konferenz zum 25jährigen Jubiläum von Erasmus. Dabei wurden 25 Studierende, deren Geschichten für eine Sonderveröffentlichung zum Jubiläum ausgewählt worden waren, mit Preisen ausgezeichnet. Manuel Marín, Vizepräsident der Europäischen Kommission und 1987 für Bildung zuständig, wurde die Ehrendoktorwürde verliehen. „Er spielte eine wichtige Rolle zu Anfang des Programms“, erinnert sich González, „und hielt einen bemerkenswerten Vortrag darüber, wie das Programm nach Überwindung zahlreicher Hindernisse schließlich doch verabschiedet wurde.“
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Kulturell bereichernd, fachlich hilfreich Für den spanischen Studentenbotschafter Tomás Sánchez López ist Mobilität schon zur Gewohnheit geworden. Nach einem Erasmus Aufenthalt in Finnland, promovierte er in Südkorea und forschte in Cambridge (Vereinigtes Königreich). Heute arbeitet er in Wales (Vereinigtes Königreich) für den europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS an Informationsfusion.
Persönliches und öffentliches Interesse Sánchez López hofft, dass die EU künftig Richtlinien darüber festlegt, wie viele Studierende jedes Land im Rahmen von Erasmus entsenden sollte. „Ich verstehe, dass dies letztlich eine Entscheidung ist, die von den nationalen Instanzen getroffen wird. Aber es gibt feste Geldtöpfe. Deshalb müssen Erasmus Teilnehmer aus dem einen Land unter Umständen mit viel geringeren Beihilfen auskommen als Teilnehmer aus einem anderen Land.“ Er mahnt jedoch alle Erasmus Teilnehmer: „Denken Sie daran, dass Sie Geld von den europäischen Steuerzahlern erhalten, und nutzen Sie Ihre Zeit bestmöglich.“
„Die Hochschule in Finnland bot sehr spezielle Lehrveranstaltungen zu EDV-Aspekten an, die mich besonders interessierten“, sagt er. „Wenn ich in Spanien geblieben wäre, hätte ich keinen Zugang zu solchen Lehrveranstaltungen gehabt. Mein Erasmus Aufenthalt hat mich also kulturell bereichert und war fachlich sehr hilfreich.“
Nach Auffassung von Fidel Corcuera Manso ist dieses Geld gut angelegt: „Ich glaube nicht, dass Europa es sich leisten kann, auf ein Programm zu verzichten, das heute überall auf der Welt nachgeahmt wird. Es ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie persönliches und öffentliches Interesse miteinander verbunden werden können.“
An Universitäten in ganz Spanien fanden ebenfalls Jubiläumsveranstaltungen statt.
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FRANKREICH GENERATION ERASMUS Ein Flashmob von Studierenden in Bordeaux in Form der Zahl 25 bildete den offiziellen Auftakt zu den französischen Jubiläumsfeiern. Die Feiern waren eine gesunde Mischung aus ernsten und weniger ernsten Veranstaltungen. Antoine Godbert, Leiter der Agence Europe-Éducation-Formation France, erklärt, die Idee habe darin bestanden, „genau die Elemente zu kombinieren, die wir als beste Versinnbildlichung für den Erfolg des Programms sehen, nämlich den Kompetenzerwerb und den Geist der Verbundenheit und des Teilens – ein Jugendideal.“ Daher auch der Jubiläumsslogan „Generation Erasmus“. Das Programm sei in Frankreich bereits allgemein bekannt, aber die Jubiläumsveranstaltungen „halfen den Markennamen zu stärken“, sagt er. „Vom Unternehmensleiter bis zum Taxifahrer kennt jeder Erasmus.“ Erasmus Jahrgangswein Veranstaltungen von Hochschule und Wirtschaft in Paris, zu denen rund 7 000 Besucher kamen, betonten die Praktikumsseite von Erasmus. Eine Tagung von für internationale Beziehungen zuständigen Hochschul-Vizepräsidenten stand ebenso auf dem Jubiläumsprogramm wie eine „Tour de France“ des Erasmus Studentennetzwerks. An 25 Hochschulen im ganzen Land wurden eine Broschüre zum 25jährigen Jubiläum und andere Geschenke verteilt.
Apropos Jubiläumsgeschenke: In Frankreich wurde nicht nur eine Sonderbriefmarke herausgegeben, sondern auch ein spezieller Wein hergestellt – der Pessac-Léognan Génération Erasmus. Natürlich Jahrgang 2012. Ein ausgezeichnetes Jahr. Bewegende Hommage Auf künstlerischer Ebene erging ein grenzübergreifender Aufruf zur Einreichung von Kurzfilmen zum Thema „Generation Erasmus – freie Bewegung“. Die zehn Besten wurden beim internationalen Kino-Kurzfilmfestival gezeigt. Die nationale Agentur und das Europavox-Festival produzierten gemeinsam einen Rockmusikmix von 25 Künstlern aus 25 europäischen Ländern. Die CD wurde an die Besucher des Studentenfestivals in Clermont-Ferrand verteilt. Zurück nach Bordeaux zur Abschlussveranstaltung: einer zweitägigen Konferenz für Vertreter Nationaler Agenturen und Hochschulvertreter in den 33 Erasmus Staaten. Zur Abrundung des Ganzen fand im Museum für zeitgenössische Kunst eine große „Free to Move Party“ statt.
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Das Europa, das funktioniert Hat das nun die Einstellung der Franzosen zu Europa beeinflusst? Antoine Godbert behält sich ein Urteil vor: „Als Demokrat und europäischer Bürger meine ich, dass wir die Ergebnisse der Europawahlen abwarten sollten.“ Aber dennoch spürt er „im Augenblick einen totalen Konsens, dass Erasmus ‚das Europa ist, das funktioniert’.“ Für die französischen Medien hat es ganz bestimmt funktioniert. Ein Radioprogramm zum Zeitgeschehen brachte Berichte von Studierenden und Lehrkräften über Ihre Erasmus Erfahrungen. Außerdem gab es Berichte in landesweiten Zeitungen. Studentenbotschafter Julien Pea und Personalbotschafterin Nathalie Brahimi wurden von regionalen Fernseh- und Radiosendern interviewt. Es in Worte fassen Hochschuleinrichtungen ändern ihre Strategie, meint Pea. „Sie bauen Netzwerke innerhalb des Erasmus Netzwerks auf. Der Akzent verschiebt sich von der Quantität hin zur Qualität.“ Virtuelle Mobilität wird bald „ein Kernstück des Erasmus Programms“ sein, prophezeit er. Künftig wird man einen potenziellen Arbeitgeber allein mit dem Hinweis auf Erasmus im Lebenslauf nicht mehr beeindrucken können. „Erasmus Aufenthalte sind heute etwas ganz Alltägliches. Deshalb wird man erklären müssen, was einem der Aufenthalt konkret gebracht hat. Hochschulen legen großen Wert darauf, Studierende auf
einen Erasmus Aufenthalt vorzubereiten, aber weit weniger auf die Nachbetreuung nach der Rückkehr. Sie müssen den Studierenden helfen, ihre Erasmus Erfahrungen in Worte zu fassen.“ Für Bildungseinrichtungen bedeutet Erasmus Brahimi zufolge vor allem, „dass man einen Austausch mit Lehrkräften haben kann, die neue Lehrmethoden bringen und in ihrer Sprache unsere Studierende unterrichten können. Man kann mit Leib und Seele mit diesen Leuten zusammenarbeiten, weil man sich mit ihnen anfreundet. Das hat Erasmus stark gemacht und wird es weiterhin stark machen.“
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ITALIEN DAS ERASMUS ERBE Das Museum für zeitgenössische Kunst in Rom war die Kulisse für eine der Hauptveranstaltungen zum Erasmus Jubiläum in Italien. Bei dieser Gelegenheit gab es Gemälde, Skulpturen und Konzerte von Studierenden. Unternehmer, Journalisten und ehemalige Erasmus Studierende gingen der Frage nach, wie sich Erasmus verändert hat und wie es dazu beiträgt, junge Menschen am Arbeitsplatz wettbewerbsfähiger und anpassungsfähiger zu machen. Hochschulmitarbeiter, die Erasmus Botschafter und Regierungsvertreter erörterten die Herausforderungen für die nächsten 25 Jahre.
Claudia Peritore glaubt, dass „fast alle, die einen Studien-, Ausbildungs- oder Lehraufenthalt in Europa absolviert haben, aufgeschlossener für europäische Themen sind.“ Die Hochschulbildung spielt „eine Schlüsselrolle in der Strategie Europa 2020“, denn sie ist „das Hauptinstrument für die Entwicklung einer aufgeweckten und gut vorbereiteten Generation der Zukunft“. Aber Hochschuleinrichtungen „müssen in Kontakt mit der Außenwelt sein“. Dazu gehören nicht zuletzt auch die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt. Das war nach Auffassung von Peritore nicht immer der Fall.
In Fiesole beschäftigten sich Bildungspolitiker bei einer Veranstaltung des Europäischen Hochschulinstituts mit dem strategischen Wert der Erasmus Mobilität für die Entwicklung künftiger Generationen von Europäern.
Mit Blick auf die Zukunft ist sie überzeugt, dass es möglich wäre, „im Rahmen der Hochschulausbildung einen obligatorischen internationalen Studienabschnitt vorzusehen“. Aber „natürlich müssen alle teilnehmenden Studierenden finanziell unterstützt werden, und die berufliche Anerkennung für die teilnehmenden Lehrkräfte muss gewährleistet sein.“
Großes Echo Die Jubiläumsfeiern sorgten für „ein großes Echo in Italien“, berichtet Claudia Peritore, Leiterin des Erasmus Referats bei der Nationalen Agentur. Hochschuleinrichtungen und das Erasmus Studentennetzwerk veranstalteten im ganzen Land Konferenzen, Konzerte und Theaterstücke. „In der lokalen und landesweiten Presse und auf vielen Webseiten wurden Artikel und Interviews veröffentlicht. Im Fernsehen wurden Interviews gesendet.“
GaragErasmus Beim Jubiläum kam es zu „vielen zufälligen und glücklichen Bege gnungen“, erinnert sich Personalbotschafterin Ann Katherine Isaacs. Ein daraus hervorgegangenes Projekt ist GaragErasmus. „Das war wirklich eine Überraschung“, sagt sie, „und es ist etwas, das wirklich aus den Feiern heraus entstanden ist.“
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Die GaragErasmus Stiftung wurde von einer Gruppe erfolgreicher ehemaliger Erasmus Studierender ins Leben gerufen und von der Region Toskana „ausgereift“. Sie baut ein Expertennetzwerk ehemaliger Erasmus Teilnehmer auf. Ihr Ziel ist „eine wirklich vereinte europäische Gesellschaft“, die durch Förderung des „unternehmerischen Potenzials und der Ideen“ der Netzwerker Chancen für „Innovation und Entwicklung“ schaffen kann. Insbesondere sollen Existenzgründungen, Praktika und internationale Geschäftspartnerschaften gefördert werden. 2012 nahm die Datenbank „Check-In Europe“ den Echtbetrieb auf, und das Projekt wurde dem Europäischen Parlament vorgestellt. Erfahrung und Wissen Das Erasmus Programm hat einen „gewaltigen Erfahrungs- und Wissensschatz“ aufgebaut, betont Isaacs. „Im Rahmen von Erasmus werden nicht nur Menschen zum Studium ins Ausland geschickt. Erasmus hat auch sehr wichtige Programme wie beispielsweise den Aufbau des ECTS-Systems (Europäisches System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen) unterstützt. Dieses bildet jetzt in allen 48 Staaten des Europäischen Bildungsraums die Grundlage für die nationalen Systeme.“
Isaacs nennt auch das Projekt „TUNING - Harmonisierung der Bildungsstrukturen in Europa“, das im Jahr 2000 gestartet wurde, um Studienprogramme mit dem Bologna-Prozess und später mit der Lissabon-Strategie der EU abzustimmen. TUNING entwickelte neue Konzepte für die Gestaltung von Studiengängen, und diese werden heute weltweit angewendet. „Das ist etwas, das andere Länder von uns übernehmen“, sagt sie, „weil es ein kostenloses Angebot ist und etwas, das sie brauchen. All das verdanken wir Erasmus.“
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ZYPERN DEN HORIZONT ERWEITERN Zypern veranstaltet in Nikosia alljährlich eine Bildungsmesse, bei der Hochschuleinrichtungen von innerhalb und außerhalb Europas ihre Produkte verkaufen. Die Messe des Jahres 2012 bildete die Kulisse für die Hauptfeier des Erasmus Jubiläums.
An der Technischen Hochschule von Zypern wurde anlässlich des Jubiläums eine Mitarbeiterschulungswoche abgehalten. Außerdem veranstaltete die Technische Hochschule ein internationales Ernährungs- und Kulturfestival.
Konzerte von Erasmus Studierenden nahmen dabei einen breiten Raum ein. Außerdem wurde während der gesamten Veranstaltung Werbematerial verteilt. An den Feiern, die auch mit der EU-Initiative „Jugend in Bewegung“ verknüpft waren, nahmen EU-Kommissarin Androulla Vassiliou und der zyprische Minister für Bildung und Kultur teil.
Die Daheimgebliebenen überzeugen Die zyprische Nationale Agentur hatte ganz sicher etwas zu feiern. Sie konnte große kulturelle Barrieren überwinden und hat es geschafft, dass sich immer mehr junge Zyprer für Erasmus interessieren.
„Tausende Besucher aus Zypern und dem Ausland kamen zu dieser Messe“, berichtet Roula Kyrillou-Ioannidou von der zyprischen Nationalen Agentur. „Wir nutzten die Gelegenheit, um Erasmus und bewährte Verfahren im Bereich des lebenslangen Lernens vorzustellen.“ Bei Straßenfesten in Limassol und Nikosia anlässlich des 25jährigen Jubiläums des Programms prägten Diskjockeys, Luftballons und der Erasmus Geburtstagskuchen das Bild. Begeisterte Menschenmengen schauten sich Tanzvorführungen und eine Modeschau mit wiederverwerteten Materialen an. In Radio- und Fernsehwerbespots von Studierenden wurde für die Veranstaltungen geworben.
„Früher hatten wir hier keine Hochschulen“, erklärt KyrillouIoannidou. „Deshalb ging man zum Studieren ins Vereinigte Königreich und nach Griechenland. Nachdem wir eigene Hochschulen aufgebaut hatten, blieben die Studierenden eher in Zypern. Die Familienbande sind hier sehr stark. Am Anfang nahmen die jungen Leute eine zögerliche Haltung gegenüber Erasmus ein, und die Eltern sträubten sich, ihre Söhne und Töchter gehen zu lassen. Es kostete viel Zeit und Mühe, überhaupt einmal über die Hundertermarke zu kommen. Aber die Studierenden, die einen Auslandsaufenthalt wagten, waren bei ihrer Rückkehr so begeistert, dass sie die anderen mitrissen.“
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Der mobile Lebensstil Studentenbotschafterin Stavroulla Antoniou ist ein gutes Beispiel. „Ich glaube, die Leute sind es fast schon überdrüssig, zu hören, wie toll meine Erasmus Erfahrungen waren“, lacht sie. Sie hat in Rom englische Literatur studiert. „Ich war überrascht, dass die Italiener englische Literatur in ihrer Sprache unterrichten. Aber mein Italienisch hat sich dadurch ganz sicher verbessert.“ Erasmus sei „ein Lebensstil“, sagt sie. „Erasmus Studierende bleiben nicht nur in Sachen Arbeit, sondern auch hinsichtlich ihrer Beziehungen mobil. Sie bleiben Freunde oder heiraten sogar. In Limassol gibt es ein Erasmus Baby. Es heißt zwar nicht Erasmus, ist aber die Frucht von Erasmus.“ Europäische Bürger Erasmus Teilnehmer „können ihre Kommilitonen und Familienangehörigen, Verwandten und Freunde bei europabezogenen Themen beeinflussen“, glaubt Personalbotschafterin Maria Hadjimatheou. Überhaupt ist sie der Meinung, dass EUBildungsprogramme „den Sinn für die Unionsbürgerschaft“ stärken können. Sie nennt fünf Hauptfaktoren: „Anerkennung des europäischen Erbes, EU-Treue, Freizügigkeit, politische Beteiligung und aktive Bürgerschaft“.
Neue Perspektiven „Durch Erasmus ändert sich die Mentalität hier zum Besseren“, sagt Roula Kyrillou-Ioannidou. „Unsere Studierenden mögen zwar sehr intelligent sein, aber ihr Horizont ist eng, und oft sind sie sozial unreif. Alles wird ihnen von ihren Müttern abgenommen – selbst die Entscheidung über das Studienfach. Auslandsaufenthalte tun unseren jungen Leuten gut. Wir hoffen, 2013 über 300 Erasmus Studierende ins Ausland entsenden zu können.“
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LETTLAND ERASMUS ALS VERMITTLER Sage und schreibe 45 Geburtstagskuchen – einen für jede teilnehmende Hochschule – markierten den Beginn der Erasmus Jubiläumsfeiern in Lettland. Es wurden Foto-, Video- und Geschichtenwettbewerbe zu Erasmus Erfahrungen von Studierenden veranstaltet. Bei etlichen öffentlichen Veranstaltungen und Bibliotheken machte ein interaktiver Erasmus Stand die Runde. Bei Diskussionen in weiterführenden Schulen ging es um die Bereitschaft zur Teilnahme an einem Erasmus Austausch. Eine Konferenz für politische Entscheidungsträger und Hochschulexperten beschäftigte sich mit Erasmus und dem BolognaProzess. 3D-Kunstobjekte in den Straßen von Riga zeigten die beliebtesten Erasmus Zielorte lettischer Studierender und Lehrkräfte. Im Rahmen einer Erasmus Nacht für künftige Austauschteilnehmer wurde ein Marathonquiz zum Erasmus Programm und zu EU-Themen veranstaltet. Universitätslehrkräfte, Hochschulmitarbeiter und Erasmus Koordinatoren nahmen an einer Gala zum 25jährigen Jubiläum von Erasmus teil. Eine Preisverleihung sowie eine Ausstellung mit Gemälden und Mosaiken europäischer Städte von Personalbotschafter Aleksejs Naumovs, der Kunst lehrt, waren Teil der Veranstaltung.
Projekte und Ideen „Das Erasmus Programm“, sagt Naumovs, „hat sich für uns als eine Art Vermittler erwiesen. Es hat zu unzähligen hervorragenden Projekten geführt und Studierenden eine umfassende Welt des Wissens und der Kultur eröffnet. Für Universitätslehrkräfte und andere Hochschulmitarbeiter ist Erasmus eine Erfolgsgeschichte. Es ist eine großartige Gelegenheit, die Traditionen, Bildungssysteme und Lehrmethoden in anderen Ländern kennenzulernen. Es ergänzt und verbessert unsere Lehrangebote hier in Lettland. Die Mitarbeiter bringen von ihren Auslandsaufenthalten interessante Ideen mit, die wir in unseren Lehrangeboten zu berücksichtigen versuchen.“ Die Jubiläumsveranstaltungen fanden in Lettland große Beachtung in den elektronischen Medien. Eine Erklärung aller Erasmus Botschafter, wie wichtig die Fortführung des Programms ist, wurde ebenfalls verbreitet. Konkreter Nutzen der EU Studentenbotschafterin Madara Apsalone sah das Jubiläum als „Gelegenheit, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass Erasmus nicht nur etwas für die daran teilnehmenden Studierenden ist. Es ist Teil des weiteren Aufbaus der EU und einer breiteren sozialen Entwicklung. Ich glaube, diese Botschaft ist verstanden worden. Es ist immer gut, die positive Seite der EU zu zeigen.
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Sonst hören wir ja immer nur von Krisen. Erasmus bringt den Menschen konkrete Vorteile, und genau zu diesem Zweck ist die EU ja gegründet worden.“ 2006 absolvierte Apsalone einen Erasmus Aufenthalt an einer Wirtschaftsakademie in Kopenhagen. „Mir gefiel das Erasmus Programm sehr gut und deshalb ging ich zu einem weiteren Studienaustausch in die USA. Dort machte ich den MasterAbschluss. Ich bin immer gerne gereist. Aber im Ausland zu leben und in einem anderen Bildungssystem zu studieren – das ist eine ganz neue Erfahrungsebene. Wir haben heute in Europa vieles gemeinsam, und Grenzen sind kein großes Hindernis mehr.“ Heute beschäftigt sich Apsalone als Mitarbeiterin des lettischen Finanzministeriums mit internationalen Wirtschaftsund Finanzangelegenheiten. Die Frage ist nicht, ob man geht, sondern wohin Erasmus verändert sich und wird sich weiterhin verändern, meint Apsalone. Für die lettischen Studierenden von heute „lautet die Frage nicht, ob man geht, sondern wohin man geht“. Auch „die Verfahren verbessern sich, insbesondere die Anerkennung von Studienleistungen. Vor zehn Jahren war das ECTS – das Europäische System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen – ein großes Rätsel. Aber heute ist es Standard.“
Was ihrer Meinung nach immer noch fehlt, ist etwas Ähnliches bei den Noten. „Es gibt Tabellen, denen zu entnehmen ist, dass beispielsweise die Note A in dem einen Land der Note 8 in einem anderen Land entspricht. Aber es gibt kein wirkliches System, und die internationalen Koordinatoren der Hochschulen raten mehr oder weniger, was die Note sein soll. Das ist die nächste große Aufgabe, die es zu lösen gilt.“ „Ich bin sicher, dass Erasmus das Bild der Letten von der EU positiv beeinflusst hat“, meint Aleksejs Naumovs. „Europa ist durch die Mobilität zugänglicher und verständlicher geworden.“
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LITAUEN DEN GEIST DER GESELLSCHAFT ÄNDERN Als größtes Mobilitätsprogramm für Studierende und Lehrkräfte in Litauen hat Erasmus „einen großen Einfluss auf die Internationalisierung unserer Hochschulbildung“ gehabt, erklärt Ilona Kazlauskaitė, Leiterin des Referats für Hochschulbildung bei der litauischen Nationalen Agentur (Education Exchanges Support Foundation). Insbesondere hat das Programm „die Erstellung vieler englischsprachiger Module und Studienangebote beeinflusst“. Zur nationalen Feier des Erasmus Jubiläums trafen sich in Vilnius über 150 Lehrkräfte aus allen litauischen Hochschuleinrichtungen. Sie wurden von ihren Heimateinrichtungen als aktivste Erasmus Lehrkräfte nominiert. Erasmus Koordinatoren, die Auslandsaufenthalte des Hochschulpersonals organisieren, nahmen ebenfalls an der Veranstaltung teil. Die 12 aktivsten und erfahrensten Erasmus Lehrkräfte erhielten vom litauischen Minister für Bildung und Wissenschaft eine offizielle Anerkennung und von der Nationalen Agentur einen Preis. Am nationalen Mentorentag nahmen rund 130 Mentoren aus dem ganzen Land sowie Mitglieder des litauischen Erasmus Studentennetzwerks teil.
Planung für die Zukunft „Studierende und Lehrkräfte hielten auch gemeinsame Veranstaltungen ab, bei denen wir Erfahrungen austauschten und uns über die Zukunft unterhielten“, berichtet Personalbotschafterin Vilma Leonaviciene. Die Jahrestagung der institutionellen Erasmus Koordinatoren beschäftigte sich mit den Ergebnissen des Programms in den vergangenen 25 Jahren und den aktuellen Plänen für seine Zukunft. Sonderpostkarten, Anstecknadeln und eine Erasmus Seite auf Facebook erinnerten ebenso an das Jubiläum wie eine Broschüre mit Erasmus Erfolgsgeschichten. Das Programm hat sich „positiv auf die akademische und persönliche Entwicklung von Studierenden ausgewirkt“, sagt Ilona Kazlauskaitė. „Insbesondere hat es Schlüsselkompetenzen wie interkulturelles Bewusstsein und Fremdsprachenfertigkeiten verbessert. Nach einem Erasmus Praktikum stellen Hochschuleinrichtungen außerdem eine Verbesserung der beruflichen Fertigkeiten der betreffenden Studierenden fest.“
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Das Programm bringt auch positive Effekte für Lehrkräfte, denn „die meisten Hochschuleinrichtungen in Litauen erkennen die Lehrtätigkeit im Ausland als Teil der beruflichen Entwicklung der Lehrkraft an“. Was die Einrichtungen selbst anbelangt, ist Erasmus „ein wesentlicher Faktor, der sie darin bestärkt, ihre Studienangebote zu internationalisieren und deren Qualität zu verbessern.“ Europa 2020 Kazlauskaitė hofft, dass das Erasmus Programm fortbestehen wird und „in 25 Jahren noch genauso beliebt wie heute sein wird und für alle europäischen Studierenden zugänglich ist“. Die Qualität und die Internationalisierung der Hochschulausbildung hatte ihrer Meinung nach eine unmittelbare Auswirkung auf die Anwendung der Lissabon Strategie der EU. Ähnlich positiv werde das Programm auch die Umsetzung der gegenwärtigen Strategie Europa 2020 und „die Entwicklung Europas und seiner Wettbewerbsfähigkeit in der Welt“ beeinflussen, meint Kazlauskaitė. Begrüßungskurse In den letzten 10 Jahren hat Vilma Leonaviciene intensive Erasmus Sprachkurse für ins Land kommende Studenten organisiert. Diese Kurse konzentrieren sich auf den Aufbau der Kommunikationsfertigkeiten in der Landessprache.
Mit Blick auf die Zukunft meint sie, dass Erasmus „die Hochschulausbildung insgesamt und Europa verändern kann“. Die kleineren europäischen Staaten „müssen lernen, in einer globalisierten Welt zu überleben. Die Erasmus Erfahrung ist ein wichtiger Teil dieses Prozesses. In einem kleinen Land wie Litauen berührt Erasmus die ganze Gesellschaft. Es verändert den Geist der Gesellschaft. Die Menschen kommen mit neuen Ideen und Sprachfertigkeiten zurück und verbreiten eine Einstellung von Frieden und Toleranz.“
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LUXEMBURG MOBILITÄT IST EIN MUSS Bis zum 21. Jahrhundert gab es für Luxemburger, die studieren wollten, nur eine Möglichkeit: Sie mussten ins Ausland gehen. Dann wurde die Universität Luxemburg gegründet. Doch für die luxemburger Studierenden bleibt Mobilität nach wie vor ein Muss: „Die Satzung unserer Universität sieht vor, dass unsere Bachelor Studenten einen Teil ihres Studiums im Ausland verbringen müssen“, erklärt Karin Pundel von der Nationalen Agentur ANEFORE. „Das ist Pflicht seit der Gründung der Universität im Jahr 2003.“ Alle derzeitigen und ehemaligen Erasmus Studierenden in Luxemburg wurden zu einer Erasmus Jubiläumsfeier eingeladen. Auch der ANEFORE-Stand bei der jährlich stattfindenden Luxemburger Studentenmesse stand ganz im Zeichen des Jubiläums. Ein Schwerpunkt der Luxemburger Feierlichkeiten war die Initiative „We Mean Business“ der EU zur Förderung der Aufnahme in den Betrieben von Erasmus und Leonardo da Vinci Praktikanten. „Der Erfolg dieser Initiative zeigt sich an der großen Zahl von Unternehmen, die sich an die Nationale Agentur wenden, um mit möglichen Erasmus Praktikanten in Kontakt zu treten“, betont der Erasmus Botschafter des Personals Lucien Kerger.
25 Erfahrungsberichte In einer speziellen Broschüre, „The Erasmus Experience“, werden 25 Studierende vorgestellt, die in den vergangenen 25 Jahren am Erasmus Programm teilgenommen haben. Im Mittelpunkt steht dabei eindeutig die menschliche Dimension. „Wir wollten zeigen, dass es ganz normale Bürger sind, die an dem Programm teilnehmen“, erläutert Karin Pundel. „Anhand der Erfahrungen aus dem Alltag dieser Personen während ihres Auslandsaufenthaltes wollten wir den Menschen vermitteln, dass Mobilität wirklich etwas bewirken kann.“ Was die Mobilität der Studierenden betrifft, so Karin Pundel, „denke ich nicht, dass wir noch viel mehr tun könnten, als wir bereits tun“. In punkto Mobilität beim Personal allerdings, „sind die Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft. Nur etwa fünf Mitarbeiter pro Jahr sind derzeit an einem Erasmus Programm beteiligt.“ Aber eigentlich „sind viele der Dozenten unserer Universität in der Praxis schon von sich aus mobil, da sie aus dem Ausland kommen“.
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Gesellschaftliche Auswirkungen „Für die Bachelor Studiengänge der Universität Luxemburg sind derzeit 3 000 bis 3 300 Studierende eingeschrieben“, erklärt Lucien Kerger. „Sechzig Prozent davon stammen aus Luxemburg. Da ein Auslandsaufenthalt für Bachelor-Studenten vorgeschrieben ist, kann man davon ausgehen, dass jedes Semester 250 bis 300 Studierende ins Ausland gehen, die meisten davon im Rahmen von Erasmus. Man kann sich leicht die gesellschaftlichen Auswirkungen davon vorstellen, in einem Land mit gerade einmal einer halben Million Einwohnern.“ Kulturelle Bereicherung Passend zu dieser Aussage ist die Tatsache, dass Luxemburgs Erasmus Studentenbotschafter ein Franzose ist. Während seines Philosophiestudiums an der Sorbonne in Paris wollte Matthieu Cisowski „unbedingt noch etwas anderes kennenlernen als Frankreich.“ Sein Faible für die deutschen Philosophen veranlasste ihn zu einem Erasmus Aufenthalt jenseits des Rheins, in Deutschland. Daraufhin folgten weitere ausländische Studienaufenthalte: in die USA an der New Yorker Columbia Universität sowie nach Norwegen zu einem zweiten Erasmus Aufenthalt. Dann ließ er sich in Frankreich nieder, um dort Philosophie zu unterrichten. Als er dessen genug hatte, wandte er sich dem weniger spekulativen Bereich der Kunststoff-Spritzgussindustrie zu, genauer gesagt der Personalverwaltung eines in Luxemburg ansässigen Spezialunternehmens für Batterieformteile, Accumalux.
Genau hier kam ihm seine Erasmus Erfahrung zu Gute. Er empfand sie als „kultureller frischer Wind“, der ihm bei der Arbeit in einem Unternehmen mit Niederlassungen in Luxemburg, der Tschechischen Republik und Bulgarien sehr behilflich war. „Sprachkenntnisse sind in unserer Firma notgedrungen vielfältig gefordert. Erasmus war mir in meiner Arbeit im Personalwesen von grossem Nutzen, was Aufgeschlossenheit, Verständnis für Unterschiede und Umgang mit anderen betrifft.“
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UNGARN ERASMUS AUF FACEBOOK „Durch das Jubiläum war die Kommunikation im Jahr 2012 eindeutig von Erasmus geprägt“, erinnert sich Szabolcs Bokodi von der ungarischen Agentur Tempus Public Foundation. „Wir arbeiteten mit dem Studentenmagazin Moha zusammen, das eine Spezialausgabe Erasmus 25 mit einer Auflage von 10 000 Exemplaren herausbrachte. Diese enthielt persönliche Erfolgsgeschichten mit bunten Schaubildern und nützlichen Tipps zu Stipendien.“ Auch für die ungarische Erasmus Facebook-Seite war 2012 ein erfolgreiches Jahr mit mehr als 1 000 neuen Fans. Jeden Monat wurden Kurzinterviews mit jungen und ambitionierten ehemaligen Erasmus Studierenden auf der Seite veröffentlicht. Hier einige Zitate aus der Reihe Erasmus Faces: • „Während meines Erasmus Aufenthaltes in Berlin wurde ich unabhängig und erwachsen“ – Panni Néder, Regisseur. • „Ich hatte mir vorgestellt, in eine neue Welt hineinzuschnuppern, doch diese Erfahrung übertraf meine Vorstellung“ – Eszter Szigethy, Grafikdesignerin. • „Ich habe Freunde fürs Leben gefunden“ – Benedek Mohay, TV-Reporter. • „Ich konnte meine Sprachkenntnisse vertiefen. Ich fühle mich jetzt viel sicherer, wenn ich Deutsch spreche“ – Bálint Mohai, Musiker.
Ein Erasmus Fotowettbewerb führte zu 150 Uploads und 500 weiteren „Gefällt mir“-Kommentaren. Mobil und beschäftigungsfähig Die Erasmus 25-Konferenz in Ungarn, die sich im Wesentlichen an Führungspersonen und Entscheidungsträger aus der Hochschulbildung wendete, wurde von Norbert Kiss, für Hochschulbildung zuständiger stellvertretender Staatssekretär, eröffnet. „Keine Hochschule kommt ohne Erasmus aus“, stellte er in seiner Eröffnungsrede fest. Er unterstrich die Bedeutung strategischer Instrumente zur Verbesserung der Mobilität und deren Auswirkungen auf die Beschäftigungsfähigkeit. Fachleute stellten verschiedene Aspekte von Erasmus vor. Zu den Themen gehörten der Aufbau internationaler Netzwerke, die Steigerung der Mobilität, die Auswirkungen der Mobilität akademischer Mitarbeiter, die Stellung von Erasmus in der Hochschulstrategie und Erasmus als Karriereeinstieg. Die Konferenz endete mit einer Podiumsdiskussion über die Motivation der Studierenden und deren Aussichten nach ihrer Rückkehr. Die Presseresonanz auf diese Veranstaltung war sehr positiv.
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Abendveranstaltungen zu Erasmus In einer Reihe von sechs Abendveranstaltungen zu Erasmus sprachen 18 junge ehemalige Erasmus Studierende, die mittlerweile in sehr unterschiedlichen Bereichen tätig sind, über ihre derzeitige Arbeitsstelle. Mehr als 300 Menschen besuchten diese Abendveranstaltungen. „Es waren 18 wirklich erfolgreiche Personen“, erzählt Personalbotschafterin Mária Dudás. „Sie sprachen ein wenig über ihre Zeit als Erasmus Studierende, doch der Schwerpunkt lag auf ihrem Berufsalltag: was sie tun, warum es wichtig, warum es interessant ist und wie es mit Erasmus zusammenhängt.“ Sie hat an zahlreichen Personalaustauschmaßnahmen von Erasmus in ganz Europa teilgenommen und hält nun jährlich ein Seminar an einer deutschen Universität ab. Die ehemalige Sprachdozentin hat sich mittlerweile auf EU-Themen spezialisiert. Katalysator für die Forschung Dudás weist darauf hin, dass das Erasmus Programm seit dem Beitritt Ungarns im Jahr 1997 umfangreiche Auswirkungen auf das Land hatte. „Die 40 000 Studierenden, die an Erasmus teilgenommen haben, sind eine große Zahl für ein so kleines Land. Und die zu uns gekommenen Studierenden und Dozenten hatten einen gehörigen Einfluss.“
Universitäten bietet die Teilnahme am Programm eindeutige Vorteile. „Wenn man nicht international ist, ist man keine Universität“, sagt sie lachend. „Ich denke, die Universitätsleitungen haben das inzwischen verstanden. Doch Internationalisierung muss Schritt für Schritt erfolgen. Mobilitätsprogramme sind einer dieser Schritte. Die Informationstechnologie ist ein anderer: Man denke beispielsweise an Online-Unterrichtsmaterialien und virtuelle Universitäten. Der dritte Schritt ist gemeinsame Forschung. Erasmus fördert dies nicht direkt, gibt Universitätsmitarbeitern jedoch die Möglichkeit, Bekanntschaft damit zu machen. Anschließend können sie an dieser Stelle ansetzen und andere Finanzierungsmöglichkeiten finden. Ausgangspunkt für diese Zusammenarbeit ist aber das gegenseitige Kennenlernen. Und dieses geschieht sehr häufig im Rahmen von Erasmus.“
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MALTA FENSTER EINER INSEL „Bliet“ („Städte“) nannte sich die Hauptveranstaltung Maltas zum Jubiläum. Der Name stammt von einer Gedichtsammlung von Norbert Bugeja. Passend zum aktuellen Thema Mobilität wurden die Gedichte inspiriert von und geschrieben in verschiedenen Städten in ganz Europa. Alle Texte und Musikbeiträge der Feier waren von diesem Buch geprägt. Das Konzept der von einem ehemaligen Erasmus Studierenden in Auftrag gegebenen Aufführung sah ein „anderes als das normale Bühnenbild“ vor, erinnert sich Karl Mintoff von der maltesischen Agentur für EU-Programme EUPA. „Es hatte die Form eines offenen Areals, einer typischen europäischen Piazza, auf der sich verschiedene Tätigkeiten abspielen.“ Das Programm reichte von Gedichtsvorträgen über Live-Musik und Musikaufzeichnungen bis hin zu Jongliernummern. Europa 2020 als Ausgangsbasis Die EUPA führt inzwischen regelmäßig Gespräche am runden Tisch mit den drei Hochschulen des Landes über Erasmus Themen. „Diese Gespräche sind sehr effektiv, sowohl was die technischen Aspekte des Programms als auch was die Werbung betrifft“, berichtet Mintoff.
Die Ziele der EU-Strategie Europa 2020 „sollten unterstützt werden und als Ausgangsbasis dienen“, betont er, insbesondere durch „die Steigerung der Zahl der Studierenden, die eine Hochschullaufbahn einschlagen.“ Mit einer zunehmenden Zahl an Studierenden „könnte die Mobilität in Europa noch weiter gesteigert werden und vielleicht Teil eines jeden Studiengangs der europäischen Hochschulen werden.“ Fenster zur Welt „Die Studierenden sind vielleicht der Teil der maltesischen Gesellschaft, denen der EU-Beitritt Maltas unmittelbar spürbare Vorteile gebracht hat“, so Studentenbotschafter David Friggieri. „Ich bin mir sicher, dass sich die junge Generation maltesischer Studierender zu einem ganzen Kontinent zugehörig fühlt. Oder zumindest, dass Fenster und Türen zu diesem Kontinent weit geöffnet sind, wenn sie beschließen, loszuziehen, um das Leben außerhalb ihrer Heimatinsel zu erkunden.“ Er hofft, dass die Grundidee von Erasmus weitgehend unverändert bleibt. „Vielleicht sollte der Schwerpunkt insgesamt mehr auf die Integration der Studierenden in die Gasthochschule gelegt werden.“ Er ist ferner der Meinung, dass „Studierende und Lehrpersonal aus Randregionen oder diejenigen, die eine Gasthochschule in einer Randregion auswählen“, eine Entschädigung „entsprechend den tatsächlich entstandenen Kosten für die Reise zu und von ihrem Herkunftsort“ erhalten sollten.
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Die Ausgegrenzten erreichen Nach Ansicht von Personalbotschafter John Schranz muss Erasmus „den neuen, äußerst wichtigen Anforderungen unserer heutigen Zeit Rechnung tragen. Begriffe wie ‚marginalisiert’ und ‚benachteiligt’ treffen für einen stetig steigenden Prozentsatz der Weltbevölkerung zu.“ Drei „sehr naheliegende Kategorien“ von hiervon betroffenen Studierenden sind diejenigen mit persönlichen finanziellen Schwierigkeiten, diejenigen aus weniger wohlhabenden Ländern oder Regionen eines Landes und diejenigen „aus Ländern am äußersten Rand der Union“. Außerdem sollte Erasmus seiner Meinung nach eine weitere Gruppe berücksichtigen. Angesichts der „stetig zunehmenden Massenmigrationen von Völkern“ sollte „geprüft werden, was für die große Zahl an Kindern und Jugendlichen aus nichteuropäischen Ländern, die plötzlich Europäer werden, getan werden kann.“
Eine größere Gemeinschaft Malta ist ein „kleiner Inselstaat am Rande der Europäischen Union“, so Karl Mintoff. Erasmus „hat zweifellos ein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer größeren europäischen Gemeinschaft, die die gleichen Werte und Grundprinzipien wie unsere Gesellschaft pflegt, geschaffen. Das Programm hat Studierenden und Mitarbeitern gleichermaßen eine europäische Identität und Perspektive gegeben.“
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NIEDERLANDE EINE LIBERALE DENKWEISE „Sie ist mit Sicherheit unabhängiger und erwachsener geworden, als sie es vor ihrem Auslandsaufenthalt war. Sie hat viel über Menschen gelernt und ist unternehmungslustiger geworden. Darüber hinaus hat sie gesehen, dass zwar alle Wege nach Rom führen, aber manche besser als andere sind.“
Mobilität erforderlich „Erasmus gibt es bestimmt auch noch in 25 Jahren“, glaubt Heleen Ravenhorst von NUFFIC. „Mal sehen, was das neue Programm bringt. Vielleicht gibt es auch weitere Änderungen nach 2020, aber ich denke, die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass die europäischen Studierenden mobil sein müssen.“
Und insbesondere als „sie“ nach Finnland ging. Viele Erasmus Studierende wurden zu ihren Erfahrungen befragt. Die niederländische Zeitschrift Europa Expresse beschloss dagegen, deren Mütter und Väter zu befragen. Es handelte sich um einen Bericht in einer Erasmus Reihe, die über das gesamte Jahr 2012 hinweg in der Zeitschrift erschienen ist, die von der niederländischen Agentur NUFFIC herausgegeben wird. Darüber hinaus veranstaltete die Agentur eine Jubiläumsfeier, bei der den von einer Jury ausgewählten besten Erasmus Studierenden und Mitarbeitern Preise verliehen wurden. Bei einem anlässlich der EM 2012 veranstalteten Fußballturnier in Rotterdam traten indes 16 Teams aus Erasmus Studierenden gegeneinander an. Kroatien ging als Sieger hervor.
Das Jubiläum war „der Ausgangspunkt für zahlreiche gute Diskussionen darüber, wie es mit Erasmus weitergehen soll“, erklärt Studentenbotschafterin Désirée Majoor. „Das war der wichtige Teil, obwohl es natürlich auch lustig war, zurückzublicken und ein wenig zu feiern. Erasmus ist für uns mittlerweile etwas ganz Normales geworden. Da ist es gut, sich daran zu erinnern, dass die Dinge vor 25 Jahren etwas anders waren.“ Grundlegende Werte Eine positive Überraschung bei den Auswertungsgesprächen war für sie, „welche Bedeutung die Studierenden immer noch dem Austausch kultureller Werte, diesem grundlegenden Erasmus Konzept des gegenseitigen Kennenlernens, beimessen.“ Doch die Diskussion „hat sich auch, was durchaus berechtigt ist, in eine andere Richtung verlagert, und zwar, wie wir Erasmus nutzen können, um die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Wissenschaft und Forschung sowie Unternehmen zu fördern. Ich bin mir sicher, dass Erasmus die Forschungstätigkeit künftig stärker einbeziehen wird, denn die Verbindung zwischen Bildung
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und Forschung wird zunehmend enger. Es gibt auch immer mehr Möglichkeiten für Studierende, internationale Projekte mit Unternehmen durchzuführen, allerdings im Rahmen ihrer Ausbildung.“ Bildung „sollte nicht nur die historische, wirtschaftliche und kulturelle Rolle Europas hervorheben“, so Majoor, sondern sollte eine Öffnung bewirken. „Neben dem Erwerb von Fertigkeiten und Wissen ist es nach wie vor sehr wichtig, dass Bildung eine liberale Denkweise vermittelt. Man sollte mit Gedanken konfrontiert werden, mit denen man sich zuvor noch nie auseinandergesetzt hat, und genau das ist bei Erasmus häufig der Fall.“ Engagement von EU-Seite Bei den internationalen Tagungen in Brüssel und Kopenhagen im Jahr 2012 war Personalbotschafter Bram Peper „sehr beeindruckt vom Enthusiasmus meiner europäischen Kollegen und dem Engagement der Kommission für das Erasmus Programm.“ Er findet es jedoch etwas schwieriger, seine niederländischen Hochschulkollegen zu begeistern. „Natürlich gibt es zahlreiche internationale Forschungsgemeinschaften, doch auf der Bildungsebene gehört Internationalisierung nicht gerade zu den Prioritäten meiner Kollegen.“ Das rührt seiner Meinung nach teilweise daher, dass der Lehrauftrag der Universitäten gegenüber den Forschungsergebnissen und Veröffentlichungen zunehmend in den Hintergrund tritt.
Peper arbeitet auch an einem der Erasmus Intensivprogramme mit, die jährlich über einige Wochen hinweg zu einem speziellen Thema durchgeführt werden. „Wir haben über die zunehmenden Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt und im Bildungssystem gesprochen. Man erfährt etwas über die verschiedenen Lehrmethoden und arbeitet mit Kollegen und Studierenden aus 14 verschiedenen Ländern zusammen. Man kann sehen, wie sie aus der Interaktion und den gegenseitigen Fähigkeiten lernen.“
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ÖSTERREICH SEHR GUT AUF- UND ANGENOMMEN Österreich hatte 2012 ein doppeltes Jubiläum zu feiern: 25 Jahre Erasmus und 20 Jahre seit Beginn der Teilnahme des Landes an dem Programm. „Wir hatten einige offizielle Veranstaltungen“, erzählt Gerhard Volz von der Nationalen Agentur OeAD, „doch wir wollten darüber hinaus auch neue, nicht so ausgetretene Wege gehen.“ Vom Straßenfest bis zum Geocaching Erasmus Personalbotschafterin Elena Luptak, die selbst Tanzlehrerin ist, choreografierte eine Tanzvorführung, die im Rahmen der offiziellen Veranstaltung dargeboten wurde. Ein Erasmus Straßenfest fand statt und für diejenigen, die neue Wege erkunden wollten, gab es sogar ein Erasmus Geocaching Event. Geocaching ist eine Art Schatzsuche in der Natur mithilfe von GPS und verschiedenen geografischen Koordinaten. Zur Hauptfeier im Mai kamen etwa 300 Gäste, darunter zwei Minister, Universitätsvertreter, Erasmus Botschafter, Studierende und viele andere in ein altes Theater. Das Programm umfasste persönliche Geschichten von Mitarbeitern und Studierenden darüber, wie Erasmus ihr Leben beeinflusst hat. Über sämtliche Veranstaltungen wurde „sehr positiv“ in den Medien berichtet, so Gerhard Volz. „Insgesamt genießt das Programm einen recht guten Ruf bei uns. Ich würde sagen, Erasmus wird in Österreich sehr gut auf- und angenommen.“
Steigendes Interesse an Praktika Die Zahl österreichischer Studierender, die im Rahmen von Erasmus Praktika absolvieren, hat zugenommen. „Wir haben uns damit auseinandergesetzt und sind zu dem Schluss gekommen, dass unsere Studierenden inzwischen wohl stärker daran interessiert sind, Berufserfahrung zu sammeln, als sich weiteres theoretisches Wissen anzueignen“, so Volz. Generell sind die Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Österreich nicht so stark zu spüren und haben seiner Meinung nach die Reisebereitschaft der Studierenden nicht beeinträchtigt. Doch er sieht ein anderes mögliches Problem für die Zukunft: „Die Studienpläne werden strenger und anspruchsvoller. Dadurch wird es für Studierende immer schwieriger, einen Auslandsaufenthalt zeitlich unterzubringen.“ Erasmus wird es nach Volz’ Überzeugung auch in 25 Jahren noch geben, allerdings werden einige Anpassungen erforderlich sein. „Die Ausbildungswege werden flexibler. Personen, die zunächst in einen Beruf einsteigen und sich später weiterbilden, sollten ebenfalls die Möglichkeit haben, so etwas wie Erasmus zu machen.“
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Die Reichweite ausdehnen Eine Priorität sollte laut Volz die Integration sein. „Wir müssen die Türen für Studierende und Mitarbeiter mit nichttraditionellem Hintergrund oder spezifischen Bedürfnissen öffnen. Des Weiteren sollten wir Studierende, die kleine Kinder haben und sie mit ins Ausland nehmen müssen, stärker unterstützen.“ Ein Österreicher mit direkter Erfahrung mit spezifischen Bedürfnissen ist Studentenbotschafter René Kremser. Er hat einen Erasmus Aufenthalt in Finnland absolviert, wo er Sozialarbeit studiert hat. „Mein Semester war aufgeteilt in Unterricht und Praktikum. In der Gegend um Vaasa, wo ich studierte, habe ich verschiedene Bereiche der Sozialarbeit kennengelernt – zum Beispiel mit Behinderten, da ich selbst eine Behinderung habe, aber auch mit Flüchtlingen.“ Kremser ist blind. Zudem hat er eine zerebrale Bewegungsstörung und ist weitgehend auf den Rollstuhl angewiesen. Unterrepräsentierte Gruppen zu erreichen ist eines der Themen, die im Erasmus Manifest, das 2012 von den Erasmus Botschaftern erstellt wurde, behandelt wird. „Das ist jedoch kein reines Erasmus Problem“, betont er. „Es betrifft auch die Universitäten. Es geht darum, wie sie spezielle Informationen für Menschen mit Behinderungen präsentieren. Auf der ganzen Welt können wir alle noch viel mehr tun, damit Menschen mit Behinderungen die gleichen Rechte wie alle anderen haben.“
Neue Ideen voranbringen Für die österreichische Personalbotschafterin Elena Luptak besteht eine ihrer Hauptaufgaben darin, „neue Ideen voranzubringen“. So erzählt sie: „Wir entwickeln einige neue Masterstudiengänge, z. B. einen für ‚Social Design’, bei dem Kunst als Innovationsfaktor im urbanen Raum verstanden wird. Internationale Verbindungen waren bei der Entwicklung dieses Studiengangs sehr hilfreich.“ Erasmus wird sich ihrer Meinung nach weiter zunehmender Beliebtheit erfreuen, vor allem unter den Studierenden. „Sie sind generell begierig darauf, die komplexen Beziehungen in der Welt zu verstehen, und die einzig richtige Antwort auf alle ihre Fragen ist, sie reisen zu lassen.“
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POLEN DEN KEIM LEGEN Für polnische Bäume war April 2012 ein sehr guter Monat. Über 600 Studierende aus Polen und anderen Ländern nahmen an „Erasmus Wald“ teil, einer gemeinsamen Baumpflanz-Kampagne, die von der polnischen Sektion des Erasmus Studentennetzwerks (ESN) organisiert wurde. Zur Feier des 25jährigen Jubiläums pflanzten die Studierenden 25 000 Setzlinge und legten damit auch den Keim für eine umfassende Berichterstattung über das Erasmus Programm. „Mir gefällt, dass bei der Jubiläumsfeier auch der Umweltschutz eine Rolle spielt“ so Aneta Wilmańska, die nicht nur Unterstaatssekretärin des polnischen Umweltministeriums, sondern zudem als ehemalige Erasmus Studierende Botschafterin der „Erasmus Wald“-Kampagne ist. Zu den in Polen stattfindenden Jubiläumsveranstaltungen gehörte unter anderem die Erasmus Olympiade. Außerdem spielten Studierende bei der Schuman Parade, die in Warschau alljährlich anlässlich des Europatags abgehalten wird, eine wichtige Rolle in den Bereichen Konzert und Tanz. An einem Stand der Nationalen Agentur – der Stiftung für die Entwicklung des Bildungssystems – konnten sich die Besucher der Parade über das Studium im Ausland, über Praktika sowie über die ehrenamtliche Mitarbeit und Angebote von Jugendaustauschprogrammen informieren. Zudem waren Studierende anwesend, die über ihre eigenen Erasmus Erfahrungen berichteten.
Medienecho An der von der nationalen Agentur veranstalteten Jubiläumsgala nahmen Politiker und führende Vertreter der Wissenschaft teil. „Ziel war es, die Erfolge von 25 Jahren Erasmus zu zeigen“, erläutert die Agenturmitarbeiterin Beata Skibińska. Zudem fand eine Ausstellung zum Thema „Generation Erasmus“ statt. Bei sämtlichen dieser Veranstaltungen waren zahlreiche Medienvertreter anwesend. Zwischen dem 1. Januar und 15. November 2012 wurden zu den Erasmus Feierlichkeiten in Polen 681 Presseartikel sowie 273 Radio-, 50 Fernseh- und über 3 000 Online-Beiträge veröffentlicht. Das Optimismus-Prinzip „Erasmus ist für unsere Lehrenden eine wichtige Institution, da hier ein reger Ideenaustausch stattfindet“, erklärt Personalbotschafter Ryszard Zamorski, „und das gilt ebenso für unsere Studierenden. Zu meinen Aufgaben gehört es, die Teilnehmer nach ihrer Rückkehr zu befragen – und ich habe große Freude daran. Die Studierenden haben Aufregendes erlebt und zeigen viel mehr Offenheit als zuvor. Sie sind nicht nur Botschafter für das Erasmus Programms, sondern auch für Europa.“ Bildung „ist ein wirtschaftlicher Motor“, betont Zamorski. „Wir müssen in Europa mehr in die Hochschulausbildung investieren – die Frage ist natürlich, wie das am effektivsten möglich ist.
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Erasmus ist hier die perfekte Grundlage. Eine wachsende Anzahl Studierender – und ihre Familien – sehen Erasmus als Sprungbrett für eine bessere Ausbildung und einen guten Arbeitsplatz. Optimismus ist der Grundsatz des Erasmus Programms.“ Qualität und Markt Studentenbotschafterin Diana Dmuchowska vertritt einen pragmatischen Ansatz. Die Mitarbeiterin der Abteilung für Augenheilkunde eines polnischen Krankenhauses hat einen Teil ihres Medizinstudiums bei einem Erasmus Aufenthalt in Deutschland absolviert. „Der Aufenthalt eröffnete mir neue Perspektiven und Forschungsmöglichkeiten“, erinnert sich Dmuchowska. Für die kommenden 25 Jahre des Programms wünscht sie sich, dass „mehr Wert auf Qualität“ gelegt wird. Sie findet, dass sich Erasmus „auf die Anforderungen des Marktes und der europäischen Wirtschaft einstellen” sollte. „Der kulturelle Aspekt ist natürlich wichtig, aber ein Auslandsaufenthalt erhöht auch die Beschäftigungschancen und fördert die internationale Zusammenarbeit. Ich würde mich freuen, wenn es in diesem Bereich noch mehr Entwicklung gäbe. Außerdem sollte die Praxis stärker im Mittelpunkt stehen. Bildung sollte immer ein bestimmtes Ziel haben, genau wie die Forschung. Um auf dem Weltmarkt konkurrieren zu können, muss Europa den Schwerpunkt auf Qualität legen – und Bildung ist dabei ein wichtiger Faktor.“
Bleibende Werte Das Erasmus Programm entwickelt sich laut Beata Skibińska zwar immer weiter, aber „seine Werte und Ideen sind gleich geblieben. Das ist auch gut so, denn Erasmus verändert die Einstellungen der Menschen, ihr Leben, und es stellt menschliche Werte in den Mittelpunkt. Es wird immer auf Menschen einwirken. Auch wenn die Worte sich ändern, werden Werte wie gegenseitiges Vertrauen und Verständnis immer das bleiben, was sie sind.“
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PORTUGAL EINMAL ERASMUS, IMMER ERASMUS Wehendes Haar, flatternde Bücherseiten, ein Mikroskop im Fahrradkorb – die junge Frau muss richtig strampeln. Den Belém-Turm in Lissabon hat sie gerade hinter sich gelassen, jetzt fährt sie an der Sagrada Família von Barcelona und dem Schiefen Turm von Pisa vorbei. Das mag alles ein bisschen unrealistisch klingen. Kein Wunder, denn es handelt sich hier um das Motiv einer Briefmarke, die in Portugal zum Erasmus Jubiläum erschienen ist. Auch bei der Jubiläumsfeier in Portugal lag viel Symbolik in der Luft. Passend dazu fand die Feier am Flughafen statt. „Wir fanden, das sei der perfekte Ort für eine Feier zum 25jährigen Jubiläum“, erklärt Maria do Céu Crespo, Leiterin der Nationalen Agentur PROALV. „Denn hier beginnt ja für die meisten Teilnehmer ihr Auslandsaufenthalt.“ Unter den Festgästen befanden sich mehrere Minister – alles ehemalige Erasmus Studierende. Ergänzend zur Berichterstattung in den Medien wurden Erasmus Werbeanzeigen veröffentlicht, und die portugiesische Studierendenzeitschrift Fórum Estudante widmete dem Programm eine ganze Ausgabe. An Universitäten und polytechnischen Hochschulen im ganzen Land fanden Veranstaltungen statt, so unter anderem ein Filmfestival.
„Junge Menschen und Lehrende in Portugal waren schon immer begeistert vom Erasmus Programm“, betont Céu Crespo. „In den letzten 25 Jahren waren über 70 000 unserer Studierenden zu Studien- oder Praktikumsaufenthalten im Ausland, und mehr als 2 000 Lehrende übernahmen Erasmusbezogene Lehraufträge oder nahmen an Schulungen teil.“ Toleranz und Vielfalt „Toleranz und Respekt für die Vielfalt von Menschen ist ein bedeutender Bestandteil von Erasmus“, freut sich Céu Crespo. „Das Programm passt sich an jede neue europäische Generation an – Erasmus wird es immer geben, es wird seiner Zeit stets voraus sein und dazu beitragen, dass Europa eine ‚wahre Einheit in der Vielfalt‘ ist.“ Hochschuleinrichtungen sollten „sich stärker an den Arbeitsmarkt und die Anforderungen der wettbewerbsorientierten Wirtschaftssektoren anpassen. Sicherlich wird dies eine der größten Herausforderungen der Zukunft sein, und auch mithilfe von Erasmus kann diese bewältigt werden.“
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Ein besserer Ort Die Hochschulbildung „spielt eine wichtige Rolle beim Aufbau Europas“, erklärt Personalbotschafter José Marat-Mendes. „Wenn wir einmal so weit sind, dass der größte Teil unserer Politiker am Erasmus Programm teilgenommen hat, wird Europa sicherlich ein besserer Ort sein.“ Marat-Mendes organisierte im Rahmen des Erasmus Programms bereits zahlreiche Sommerkurse, an denen sowohl Lehrende als auch Studierende aus mehreren Ländern teilnahmen. „Noch heute besuchen mich ehemalige Studierende, die in diesen Kursen viele dauerhafte Freundschaften geschlossen haben. Das ist der Geist von Erasmus! Als Professor sehe ich es als meine Aufgabe, Menschen zu europäischen Bürgern heranzuziehen.“ Einmal Erasmus, immer Erasmus Studentenbotschafter Filipe Araújo besuchte während eines Teils des Jubiläumsjahrs Universitäten und weiterführende Schulen, um über seine Erasmus Erfahrungen zu berichten. Zudem gab er mehrere Zeitungs- und Radio-Interviews. „In den letzten zehn Jahren konnten viele Portugiesen im Ausland studieren“, freut sich Araújo, „aber es kamen auch zahlreiche Menschen aus anderen Ländern nach Portugal. So erfuhren viele Portugiesen mehr über Europa und seine Vielfalt. Das Programm ist Europas konstruktivstes Instrument. Ich bin Europäer wegen Erasmus.“
Das Programm „ermöglicht eine ganzheitliche Sicht auf die Welt“, glaubt der Studentenbotschafter, „und hilft dabei, die Art von Netzwerk aufzubauen, die man in einer globalisierten Welt benötigt. Heutzutage ist es schwieriger geworden, Arbeit zu finden. Noch schwieriger wird es, wenn man nicht mobil ist.“ „Eigentlich gibt es gar keine ehemaligen Erasmus Studierenden“, schließt er. „Einmal Erasmus, immer Erasmus.“ Araújo arbeitet heute als Filmemacher. Eines seiner Projekte für 2014 ist eine Dokumentation über Erasmus.
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RUMÄNIEN IDENTITÄT HEUTE Die „Erasmus Woche für Offenheit“ war die Hauptveranstaltung eines doppelten Jubiläums in Rumänien: 25 Jahre Erasmus und 15 Jahre Teilnahme des Landes am Programm. Personalbotschafter Ion Visa war von Anfang an dabei. „Ich glaube nicht, dass wir vor 15 Jahren schon ahnten, wie nützlich dieses Programm für Rumänien sein würde“, resümiert er. „Auf individueller Ebene kommen Studierende und Mitarbeiter in Berührung mit neuen akademischen Konzepten, Kulturen und Lebensentwürfen. Auf institutioneller Ebene wurden zahlreiche technische Projekte in Angriff genommen und es wurde sehr viel Forschung betrieben.“ Ein neuer Ansatz Die ersten Rückkehrer „berichteten unseren Mitarbeitern über die Lehrmethoden im Ausland, über die Infrastruktur und die Kommunikation zwischen Studierenden und Professoren zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen. Sie berichteten, dass ein großer Teil der Aktivitäten projektbasiert sei und Studierende in Teams an Projekten arbeiteten. So erwirbt man Fähigkeiten, die in der beruflichen Karriere hilfreich sind. Erasmus hat die Herangehensweise von Studierenden und Lehrenden an die universitären Aktivitäten verändert.“
„ERASMUS 15:25“ hieß die Hauptjubiläumsveranstaltung, bei der unter anderem Podiumsdiskussionen mit ehemaligen Erasmus Studierenden stattfanden, die heute für Spitzenunternehmen in Rumänien arbeiten. Außerdem warben Erasmus Studierende aus dem Ausland mit Präsentationen für ihre Heimatuniversitäten. Für Studentenbotschafterin Laura Popa war der absolute Höhepunkt „ein Labyrinth-Theater. Bei diesem neuartigen Konzept konnten Studierende, die nicht am Erasmus Programm teilgenommen haben, das Abenteuer mit verbundenen Augen nachempfinden und dabei alle ihre Sinne einsetzen, um z. B. die verschiedenen Geschmäcker europäischer Städte kennenzulernen.“ Medienkonzept Das Jubiläum war eine optimale Gelegenheit, die mediale Präsenz des Erasmus Programms in Rumänien zu verstärken. „Wir hatten von Anfang des Jahres an ein PR-Konzept“, erläutert Popa. „Bis dahin hatte die Presse noch nie mit in Rumänien aufgenommenen oder ins Ausland entsendeten Erasmus Studierenden gesprochen. Wir haben die Universitäten zur Kontaktaufnahme mit der Lokalpresse angeregt.“
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Für das Jubiläumsjahr wurde das Video „Generation Erasmus – Identität heute“ produziert. „Das ist das erste rumänische Video, in dem das Programm beworben wird. Mit dem Video sollen Studierende aus ganz Europa dazu angeregt werden, zu einem Erasmus Aufenthalt nach Rumänien zu kommen. Wir zeigen darin Erinnerungen ehemaliger Erasmus Studierender, die in unserem Land studiert haben.“ Die Botschaft kommt gerade zur rechten Zeit: 2011 gingen über 4 500 rumänische Erasmus Studierende ins Ausland, während die Zahl der aufgenommenen ausländischen Studierenden etwa 1 500 betrug. „Das ist ein großer Unterschied“, findet Popa. „Diese Tendenz lässt sich in ganz Osteuropa beobachten, denn die Ausbildungsmöglichkeiten wurden hier nicht ausreichend beworben. Nun ist es meine Aufgabe, Rumänien bekannter zu machen und Studierende aus dem Ausland anzuziehen.“ Anerkennung von Studienleistungen Unterdessen musste die rumänische Regierung ein anderes Problem in den Griff bekommen. Im Jahr 2012 wurde eine Ministerialverordnung erlassen, in der festgelegt wird, dass alle Universitäten Studienzeiten im Ausland voll anerkennen müssen. „Noch vor drei oder vier Jahren gab es zahlreiche Fälle, in denen zurückkehrenden Studierenden ihre Studienleistungen nicht anerkannt wurden“, erklärt Popa. „Aber im letzten Jahr – seitdem sich die Universitäten nicht mehr so verhalten dürfen – hat sich die Situation wesentlich geändert.“
„Wir müssen neue Modelle einführen und sehr flexibel sein“, fügt Ion Visa hinzu. „Wir können nicht erwarten, dass jeder im Ausland unterrichtete Gegenstand exakt den Anforderungen unseres Lehrplans entspricht. Wir sollten vielmehr die Inhalte und Kompetenzen anerkennen, die während eines Auslandsaufenthaltes erworben werden.“ Popa wünscht sich zudem, dass mehr Anstrengungen unternommen werden, um Studierende im letzten Studienjahr, Master-Studierenden und Doktoranden anzuziehen. „Damit würden diese Studierenden die Chance erhalten, im Ausland zu forschen und ihre Erkenntnisse sofort anzuwenden, wenn sie zurückkommen und in den Arbeitsmarkt eintreten.“
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SLOWENIEN EIN PRODUKTIVES JUBILÄUM „2012 war ein wahrhaft produktives Jahr“, resümiert die slowenische Personalbotschafterin Vesna Rijavec, „und das alles im Rahmen des Jubiläums. Wir freuen uns sehr, dass wir unseren Studierenden das Erasmus Programm weiterhin nahebringen können. Ich habe eine spezielle Präsentation an der Universität Maribor gehalten, zu der auch die neu aufgenommenen ausländischen Erasmus Studierenden eingeladen waren.“ Auf der jährlich im Oktober in Ljubljana stattfindenden Messe „Student Arena“ können sich Studierende über Job- und Studienangebote informieren. Studentenbotschafter Jure Kumljanc hielt hier Vorträge zum Thema „warum und wie am Erasmus Programm teilnehmen.“ Die Werbung auf der Student Arena führte zu „einer umfassenden Medienberichterstattung zum Thema Erasmus“, berichtet er, „und es geht noch weiter. Meiner Einschätzung nach ist das Programm durch das Jubiläum bekannter geworden, die Menschen konnten sich darüber informieren und wissen nun, wo sie diese Informationen erhalten.“
In Maribor organisierte die nationale Agentur CMEPIUS eine Jugendwoche, bei der die Universität „die ganze Stadt für junge Menschen geöffnet hat“, erinnert sich Vesna Rijavec. „Ich hatte Gelegenheit, auf dem Hauptmarkt mit den Organisatoren zu sprechen und möchte eine sehr wichtige Botschaft weitergeben: Wir müssen Erasmus als das erfolgreichste EU-Programm unterstützen.“ Während der Jugendwoche wurden unter anderem ein Foto- und ein Videowettbewerb veranstaltet. Die Regierung überzeugen Im November 2012 brachte die Universität Maribor Studierende und Professoren mit Regierungsvertretern zusammen. Bei dieser Veranstaltung wurde über sämtliche Aspekte des Erasmus Programms diskutiert. „Wir berichteten über unsere Erfahrungen und versuchten die Regierung davon zu überzeugen, das Programm weiterhin zu unterstützen“, erklärt Rijavec. „Das führte dazu, dass zahlreiche Zeitungen, Radio- und Fernsehsender über Erasmus berichteten.“ Jede slowenische Universität richtet eine Woche ein, in der keine Pflichtvorlesungen oder -kurse stattfinden. Stattdessen werden Seminare zu Themen von allgemeinem Interesse veranstaltet. Im Jahr 2012 lag der Schwerpunkt auf dem Erasmus Programm. Zudem fiel die jährliche Tagung der slowenischen Erasmus Koordinatoren im Jahr 2012 mit dem Jubiläum zusammen.
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Ein besseres Gleichgewicht Slowenien konnte laut Jure Kumljanc bei der Anzahl aufgenommener und entsendeter Erasmus Studierender ein besseres Gleichgewicht erzielen. Positiv ist, dass die Anzahl der aufgenommenen Studierenden aufgrund der Werbung für Slowenien als Reiseland zugenommen hat. Nicht so positiv ist, dass die Mobilität slowenischer Studierender weniger schnell wächst, da die Menschen „aufgrund der sogenannten Finanzkrise eine Riesenangst“ haben.
Bitte keine Kürzungen Unterdessen bemüht sich Vesna Rijavec weiterhin, ihre in der Lehre tätigen Kollegen von der Bedeutung des Erasmus Programms zu überzeugen. „Ich glaube, 2012 ist diese Botschaft zum ersten Mal richtig angekommen.“ Rijavec hat den Eindruck, dass das Programm von den slowenischen Lehrkräften recht gut genutzt wird. Aber „es sind immer die Gleichen, die daran teilnehmen. Wir müssen auch diejenigen erreichen, die noch nie ins Ausland gegangen sind.“
Den größten Einfluss hat das Programm in Slowenien auf den Arbeitsmarkt, glaubt Kumljanc. „Die Studierenden nehmen die Auslandserfahrungen in ihren Lebenslauf auf und erwähnen Erasmus bei den Bewerbungsgesprächen. Daher wird man sich in zahlreichen Wirtschaftssektoren der Bedeutung dieses Programms immer mehr bewusst. Zudem wird damit auch Werbung für die Europäische Union gemacht.“
„Das 25jährige Jubiläum stellt eine Art Grenzlinie dar“, schließt Rijavec. „Erasmus hat eine erfolgreiche Vergangenheit, aber nun müssen wir uns auf die Zukunft konzentrieren. Und wir sind alle ein bisschen besorgt über die Haushaltslage. Das Programm ist Teil unseres Systems geworden und zeigt langsam Erfolge. Ich würde sagen: Kürzt alles andere, aber nicht die Möglichkeit für junge Menschen, sich zu öffnen.“
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SLOWAKEI EURO, AUTOBAHNEN UND MOBILITÄT „Erasmus hat die Universitätslandschaft in der Slowakei nach und nach verändert“, erklärt Denisa Filkornova von der Nationalen Agentur des Programms für lebenslanges Lernen. „Die Hochschulausbildung ist eng mit den entscheidenden Entwicklungen hin zu einer globalen Wissensgesellschaft verknüpft. Mobilität wird in der Slowakei zu einem wesentlichen Bestandteil der Hochschulausbildung.“ Optimales Mobilitätsverhalten In der Tat war optimales Mobilitätsverhalten der Schwerpunkt einer nationalen Konferenz zum 25jährigen Jubiläum des Erasmus Programms in Europa und zum 15jährigen Jubiläum in der Slowakei. Bei der Veranstaltung verlieh die nationale Agentur den drei erfolgreichsten Hochschuleinrichtungen in diesem Bereich das „Erasmus Mobilitätslabel 2012“. Egal, in welcher Richtung: Mobilität steht an erster Stelle, wenn Slowaken an Europa denken. „In einer Umfrage wurde ermittelt, dass drei europäische Programme gut bekannt sind“, erläutert Personalbotschafter Jozef Ristvej. „Dies sind der Euro, der Autobahnbau und die Mobilität.“
Neue Gesichter In diesem Sinne wurde eine vom slowakischen Erasmus Studentennetzwerk (ESN) organisierte und von der Nationalen Agentur unterstützte Erasmus Bustour zu einem vollen Erfolg. Die Teilnehmer bringen es auf den Punkt: „Wir haben fünf Städte besucht, 5 000 Faltblätter verteilt und 50 000 neue Gesichter gesehen.“ Zudem richteten die meisten der Hochschuleinrichtungen des Landes eigene Feiern aus. Die EU-Vertretung in der Slowakei hielt im Rahmen des Jubiläums eine Pressekonferenz ab. „Es haben zahlreiche Journalisten teilgenommen und in verschiedenen Medien über die Erasmus Feierlichkeiten in Europa und den enormen Erfolg des Programms berichtet“, erinnert sich Denisa Filkornova. Auch die Informationskampagne der Agentur war sehr öffentlichkeitswirksam, insbesondere in Hochschulzeitschriften. Jozef Ristvej nahm an drei vom ESN organisierten Workshops zur Zukunft des Programms teil. „Wir müssen die Netzwerke und den Ideenaustausch in Europa stärken“, betont er. „Wenn ich an einem Erasmus Programm teilnehme oder wir hier jemanden aufnehmen, lernen wir neue Lehrmethoden, neue Präsentationsformen und neue Interaktionsmöglichkeiten mit den Studierenden kennen.“
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Im Rahmen des Erasmus Programms lehrte Ristvej in Portugal, Italien und der Türkei zu seinem Thema, der Verwendung von Informationssystemen beim Krisenmanagement. Sein Erasmus Austausch in Schweden, an dem er als Student teilnahm, hat ihn davon überzeugt, zu promovieren. „Ich sah, wie sehr sich Schweden und die Slowakei voneinander unterscheiden und wollte hier in der Slowakei etwas verändern.“ Der Multiplikatoreffekt Studentenbotschafterin Jana Vitvarová sieht ihre Aufgabe darin, „anderen Menschen über meine Erasmus Erfahrung zu berichten“, aber auch „zu zeigen, dass sich die Investitionen in das Programm wirklich lohnen. Ein offenes demokratisches Programm wie Erasmus wird neben anderen Programmen stets gebraucht werden. Der stärkere Einsatz von Fernunterricht-Angeboten wird zwar dafür sorgen, dass das Geld in Zukunft länger reicht, aber nicht alle Aspekte von Erasmus können auf virtueller Ebene stattfinden.“ Erasmus Babys Der „Multiplikatoreffekt“ von Studierenden, die von einem Erasmus Aufenthalt zurückkehren, ist laut Vitvarová die beste Werbung. „Die Menschen in der Slowakei bevorzugen Informationen aus erster Hand, sie vertrauen weniger den Medien.“
Die Studentenbotschafterin war bei ihrem Erasmus Aufenthalt in Frankreich, anschließend arbeitete sie für verschiedene französische Unternehmen. Wenn sie über das Programm spricht, fällt ihr jedoch nicht dieser Aspekt als Erstes ein. Für sie stellte sich der Multiplikatoreffekt unmittelbarer dar: „Ich vertrat die Slowakei auf einer Feier für den millionsten Erasmus Studierenden. Dort lernte ich einen jungen Mann kennen, einen Tschechen. Wir haben geheiratet, ein Jahr in Irland geforscht und sind dann nach Österreich gegangen.“ Die beiden haben mittlerweile einen Sohn und eine Tochter. Die beiden sind fünf und sieben Jahre alt. „Das sind echte Erasmus Babys: Sie wurden in Irland geboren, ihre Eltern sind ein Tscheche und eine Slowakin, und in Österreich sind sie in den Kindergarten gegangen.“
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FINNLAND ERASMUS FÜR GLEICHGESTELLTE Chancengleichheit – dies war das Motto der Erasmus Jubiläumsfeiern in Finnland. Bei einem Treffen für Hochschulvertreter fand dazu eine Podiumsdiskussion statt. Thema war die Gleichstellung im Rahmen der Internationalisierung des Hochschulsektors. Die Diskussionsteilnehmer brachten einige Probleme zur Sprache, bei denen Handlungsbedarf besteht. Die wichtigste Jubiläumsveranstaltung war jedoch ein Abend für Studierende, der von der Nationalen Agentur CIMO und dem Erasmus Studentennetzwerk in Finnland organisiert wurde. Die Veranstaltung fand im September statt, sodass neu eingetroffene Erasmus Studierende aus anderen Ländern und auch finnische Studierende begrüßt werden konnten. Akrobatische Darbietungen von Zirkusschülern und ein Big-Band-Konzert waren einige der Programmpunkte. Rundum ein Erfolg Traditionell tragen Studierende an jeder finnischen Fakultät oder Hochschule Arbeitskleidung in einer jeweils anderen Farbe und dekorieren diese Alltagskleidung mit Buttons. Deshalb wurden zur Erasmus Feier und zur Werbung für das Programm 8 500 Spezialbuttons angefertigt. Diese Sammelobjekte waren schnell vergriffen. Der Fotowettbewerb „My Erasmus“ zeigte eine Vielzahl von Studienerfahrungen. Daneben gab es viele Jubiläumsblogs und lokale Veranstaltungen in Finnland.
Rekordzahlen „Im Studienjahr 2011-12 haben mehr als 4 000 finnische Studierende im Rahmen des Erasmus Programms im Ausland studiert“, berichtet Anne Siltala von CIMO. „Rund 1 200 haben ein Praktikum im Ausland absolviert. Das sind Rekordzahlen. Beim Lehrpersonal sind die Zahlen recht stabil – etwa 1 100 jährlich. Auch annähernd 800 andere Mitarbeiter waren mit Erasmus im Ausland. Im internationalen Vergleich sind diese Zahlen ziemlich hoch.“ Aber die Anzahl aufgenommener ausländischer Studierender war sehr viel höher. „Im Studienjahr 2011-12 waren es etwa 7 000. Wir können uns wirklich nicht beklagen. Dies zeigt, dass Finnland ein attraktives Studienland ist. Als wir vor 20 Jahren zum ersten Mal am Erasmus Programm teilnahmen, kamen nur eine Handvoll Studierender hierher. Das lag hauptsächlich an der Sprachbarriere. Aber inzwischen haben unsere Einrichtungen viele Kurse und Module auf Englisch entwickelt. Außerdem gibt es gute Wohnmöglichkeiten, Mentoring für Besucher und Finnisch-Crashkurse.“
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Neue Ideen „Neue Kontakte, neue Menschen, neue Ideen und neue Erfahrungen“ erwarten jeden, der am Erasmus Programm teilnimmt, meint die finnische Personalbotschafterin Paula Pietilä. „Aber das sind nur ein paar Beispiele. Mein eigener Erasmus Aufenthalt in Dänemark hat meine Einstellung zu meiner Arbeit komplett verändert.“ Sie ist Koordinatorin für Menschen mit Behinderungen und lernte die Arbeit eines Hilfs- und Beratungszentrums an der Universität Aarhus in Dänemark kennen. Sie hat Zerebralparese. „Ich war auf der Suche nach neuen Ideen für unseren Service hier in Finnland. Das Wichtigste, was ich in Dänemark gelernt habe, war die Einstellung, dass man die Arbeit insgesamt weiterentwickeln und die betroffene Person als Ganzes betrachten muss.“ In Finnland würden nun mehr und bessere Informationen für Studierende mit Behinderungen angeboten, meint Pietilä. „Als Studentin hätte ich mir gar nicht vorstellen können, ins Ausland zu gehen. Heute ist es möglich, und das ist sehr gut.“ In Zukunft, so hofft sie, werde das Programm „besser zugänglich für alle, mit mehr Gleichberechtigung. Aber wie machen wir das? Wirtschaftliche Instrumente sind ein Teil der Lösung, aber das ist nicht alles. Man muss auch bewährte Verfahren und Instrumente für Zugänglichkeit und Gleichstellung entwickeln.“
Kurzaufenthalte Anne Siltala hofft, dass das Programm „künftig auch Wirkung über Europas Grenzen hinaus haben wird“ und dass es „flexibel genug sein wird, um an neue Bedürfnisse angepasst zu werden.“ Ein Beispiel dafür: „Institutionen fragen immer wieder nach kürzeren Mobilitätszeiträumen. Derzeit liegt die Mindestdauer der Studienaufenthalte bei drei Monaten. Für manche Studierenden, wie etwa solche mit Kindern, ist dies eine lange Zeit. Im nordischen Nordplus Programm haben wir die sogenannte ‚Express Mobilität‘, d. h. Kurzaufenthalte mit einer Mindestdauer von nur einer Woche. Natürlich ist der Schwerpunkt in diesem Fall ein anderer. Aber es könnte eine Art Einstieg für diejenigen sein, die nicht so viel Wert auf die Mobilität legen. Wenn es ihnen dann gefällt, könnten sie das nächste Mal für einen längeren Zeitraum ins Ausland gehen.“
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SCHWEDEN DIE KLUFT ÜBERBRÜCKEN Anlässlich des Jubiläums standen bei den schwedischen Tagen der Hochschulbildung Beispiele für bewährte Verfahren im Vordergrund. Dazu gehörte das Projekt „Erasmus in Schools“, bei dem Erasmus Studierende aus dem Ausland Schulen vor Ort besuchen und dort über ihre Heimatländer sprechen. Ein weiteres Beispiel sind die Maßnahmen der Universität Stockholm, die darauf abzielen, mehr Erasmus Praktikanten zu entsenden. Die Europäische Kommission präsentierte das kommende Programm „Erasmus für alle“, und der Präsident des Erasmus Studentnetzwerks International (ESN International) berichtete über die Ergebnisse einer aktuellen Studie über die Anerkennung der Erasmus Studienaufenthalte in den verschiedenen Ländern (PRIME 2010). Ein Träger des ECTS-Labels erläuterte außerdem, wie das Label zu einer höheren Qualität beigetragen hat. ECTS ist das Europäische System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen. Das Erasmus Studentennetzwerk und Schwedens Nationale Agentur veranstalteten an verschiedenen Universitäten Erasmus Wochen. Für Erasmus wurde auch bei einer Studentenmesse bei Schülern geworben, die im Abschlussjahr einer weiterführenden Schule sind.
Mehr ausländische Studierende aufgenommen, als Studierende ins Ausland entsendet Zwischen der Zahl der im Rahmen des Erasmus Programms aufgenommenen ausländischen Studierenden und der ins Ausland entsendeten Studierenden klafft in Schweden nach wie vor eine sehr große Lücke. „Wir entsenden nur halb so viele Studierende wie wir aufnehmen“, erklärt Studentenbotschafter Karl-Fredrik Ahlmark. „Seit wir am Erasmus Programm teilnehmen, haben wir etwa 55 000 Erasmus Studierende entsendet und 110 000 aufgenommen.“ Aber an seiner Universität soll sich das ändern. Dazu erklärt er weiter: „Wir arbeiten intensiv daran, die Anzahl der ins Ausland gehenden Studierenden zu erhöhen, denn das gehört zu den strategischen Zielen unserer internationalen Arbeit.“ Diese Kluft habe verschiedene Gründe, meint Jari Rusanen vom Programmbüro. Zunächst einmal führt der umfassende Einsatz der englischen Sprache an Schwedens Hochschulen dazu, dass das Land ein beliebtes Studienziel ist. „Zum Großteil ist dies auf Erasmus und den Bologna Prozess zurückzuführen. Diese Programme haben unsere Bildungsstrukturen internationalisiert.“
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Eine „zusätzliche Universität“ im Ausland Für die ins Ausland gehenden Studierenden bietet das Land auch verschiedene andere Austauschprogramme. „Insgesamt studieren ziemlich viele Schweden im Ausland“, erklärt Rusanen. „Die Anzahl entspricht einer zusätzlichen Universität: etwa 27 000 Studierende.“ Die starke Förderung von Studienreisen durch die Regierung hat nach Angaben von Rusanen folgende Auswirkung: „Die Studierenden in Schweden sind vielleicht weniger auf das Erasmus Programm angewiesen als in anderen Ländern.“ Aber, so erklärt er weiter: „Die Studienvereinbarungen und die Ankerkennung von Studienleistungen im Rahmen von Erasmus gewährleisten, dass die Zeit im Ausland für die Studierenden keine verlorene Zeit ist. Dies ist nicht immer der Fall, wenn sie auf eigene Faust ins Ausland gehen.“ Mehr Projektbedarf Rusanen würde es begrüßen, wenn es in den nächsten 25 Jahren „mehr Praktika für Erasmus Studierende gäbe und auch mehr Kooperationen mit Unternehmen, um die Studierenden auf das Arbeitsleben vorzubereiten.“ Er befürwortet auch „mehr Projekte“. Dazu meint er: „Erasmus Universitäten sollten intensiver mit ihren Partnern zusammenarbeiten.“
Karl-Fredrik Ahlmark meint: „Die Gesamtzahl der Länder und Menschen, die am Erasmus Programm teilnehmen, steigt rapide an.“ Er hofft, dass dies so weitergeht, gibt aber zu bedenken: „Es kann durchaus sein, dass die Wirtschaftskrise zu Hindernissen führt. Einige Mitgliedstaaten zahlen nicht die Beträge, zu denen sie sich verpflichtet haben. Allgemein kann es zu geringeren öffentlichen Ausgaben in diesem Politikbereich kommen. Ich würde es als tragisch bezeichnen, wenn dies längerfristig der Fall wäre, etwa von 2014 bis 2020. Denn die europäischen Ausgaben für Austauschprogramme wie Erasmus und Forschungsprogramme wie Horizont 2020 bringen bessere Ergebnisse, als es entsprechende nationale Ausgaben könnten.“ Bessere Charta Ahlmark sieht in der neuen Erasmus Charta für die Hochschulbildung „eine Verbesserung gegenüber den vorherigen Charten dieses Programms“ und bezeichnet dies als „positives Ergebnis des Jubiläumsjahres“.
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VEREINIGTES KÖNIGREICH STAATLICHE UND PRIVATE FÖRDERUNG „Wir schätzen Studienabsolventen mit internationalen Erfahrungen sehr und glauben, dass es sehr wichtig für Studierende aus dem Vereinigten Königreich ist, sich Fähigkeiten anzueignen, die man bei einem Berufspraktikum im Ausland erlangen kann.“ Diese Ansicht von Microsoft formulierte Steve Beswick, Direktor für Aus- und Weiterbildung bei Microsoft im Vereinigten Königreich, bei der britischen Jubiläumshauptveranstaltung. In dem multinationalen IT-Unternehmen sei man „stolz darauf, das Erasmus Programm zu unterstützen, indem wir den Studierenden Berufspraktika in unseren Niederlassungen in ganz Europa anbieten“, sagte er weiter und ermutigte auch andere Firmen dazu, „einzusteigen“. Gastgeber der Veranstaltung war der British Council, die Nationale Erasmus Agentur im Vereinigten Königreich. Der Vorsitzende Martin Davidson begrüßte „die Ankündigung der Regierung, das Programm weiterhin finanziell zu unterstützen“. Er fügte hinzu: „Die Hochschuleinrichtungen selbst und der Privatsektor müssen einen Weg finden, um mehr Studierende zur Wahrnehmung dieser Chance zu ermutigen. Und dies besonders im Hinblick darauf, dass das Erasmus Programm sich möglicherweise zukünftig auf Länder außerhalb Europas ausweitet.“
Landesweit ließen die Sektionen des Erasmus Studentennetzwerks Luftballons steigen und veranstalteten Grillfeste. „Dies führte zu einem beachtlichen Echo in der lokalen Presse“, erklärte Jude Wood vom British Council. „Wir haben die Universitäten auch zu eigenen Jubiläumsfeiern ermutigt. Etliche haben Galadinner mit verschiedenen Veranstaltungen und Erasmus Kuchen veranstaltet.“ Vertrauensschub Ein Erasmus Studienaufenthalt in Venedig „hat meinem Selbstvertrauen einen richtigen Schub gegeben“, erinnert sich die britische Studentenbotschafterin Kate Samways. „Und die Erwähnung in meinem Lebenslauf war auch vorteilhaft für meine Bewerbungsgespräche. Mein Vater sagt, ich sei als sehr viel selbständigere Person zurückgekommen. Und ich sage immer zu meinen Freunden und meiner Familie, dass nicht viele Menschen in meinem Alter in Südfrankreich, Venedig und Paris gelebt haben. Das habe ich Erasmus zu verdanken. Ich sehe mich in Zukunft als international tätige Journalistin. Ich möchte mit meinen Sprachkenntnissen Berichte übersetzen und selbst über andere Länder berichten. Ohne Erasmus hätte ich niemals das Selbstvertrauen gehabt, um die halbe Welt zu reisen.“ Und das hat sie getan. Nachdem sie für den Sender Eurosport gearbeitet hat, ist sie jetzt für das Fernsehen in Australien tätig.
Erasmus 1987−2012 Staff Opportunities
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Erasmus – enabling academic and administrative staff to teach or train in Europe
Multiplikatoreffekt „Der Name Erasmus wird im Vereinigten Königreich immer mehr zu einem Begriff“, meint David Hibler vom British Council. „Vielleicht weniger als auf dem Kontinent, aber wir arbeiten daran. Seit 2007/2008 hat sich die Zahl der Studierenden fast verdoppelt.“ Im Bildungssektor selbst, so Personalbotschafterin Julia Kennedy, „haben die Studierenden und Lehrkräfte eine sehr positive Einstellung zum Erasmus Programm. Aber wir müssen das Bewusstsein für die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten noch weiter stärken.“ Langsam ändert sich auch die Einstellung. Seit 1996 betreibt Kennedy an Tagen der offenen Tür für Schulabgänger Erasmus Stände. 2012 „standen die Leute zum ersten Mal an meinem Stand Schlange. Die zukünftigen britischen Studierenden erkennen langsam den Vorteil eines Auslandsaufenthalts.“ Weiter hofft sie, dass im Rahmen des Erasmus Programms künftig auch Kurzaufenthalte möglich sein werden. „Ein Mindestaufenthalt von drei Monaten kann einschränkend sein. Teilzeitstudierende oder solche, die zu Hause jemanden zu betreuen haben, können möglicherweise nicht drei Monate im Ausland verbringen, würden aber vielleicht doch gerne einen Auslandsaufenthalt absolvieren. Außerdem hat es sich gezeigt, dass Studierende nach einem kürzeren Aufenthalt später gerne auch mal längere Zeit ins Ausland gehen.“
Strategisches Denken David Hibler vom British Council ist der Ansicht, dass das Erasmus Programm sich positiv auf die Internationalisierungsstrategie auswirkt, die von den britischen Hochschulen verfolgt wird. „In den vergangenen Jahren war man stark von den Gebühren der ausländischen Studierenden abhängig. Diese werden auch weiterhin eine wichtige Einnahmequelle für die Hochschulen sein. Aber wir glauben, dass sich zunehmend ein Bewusstsein für die Bedeutung einer abgerundeten, ausgewogenen Strategie entwickelt, die auch die ins Ausland gehenden Studierenden berücksichtigt.“
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KROATIEN EIN GUTES PFERD WIRBELT STAUB AUF Das Erasmus Programm gibt es erst seit vier Jahren in Kroatien. Aber es hat sich dort sehr schnell ausgebreitet. 2009 nahmen lediglich 235 kroatische Studierende an dem Programm teil, aber bis 2012 war die Zahl schon auf 1 317 gestiegen. Der Beginn einer Bewegung „Es ist das erste große Programm, mit dem Studierende und Lehrpersonal von hier aus ins Ausland gehen können“, erklärt Ljubica Petrović Baronica von der Nationalen Agentur AMPEU. „Das Erasmus Programm hat in Kroatien eine richtige Bewegung ausgelöst.“ Dieses neue Interesse war auch bei dem Gespräch am runden Tisch und beim Workshop ersichtlich, die anlässlich des Erasmus Jubiläums stattfanden. Etwa 30 Erasmus Studierende aus Kroatien und anderen Ländern diskutierten darüber, was das Beste an der Hochschulbildung in Kroatien und Europa ist und was verbessert werden könnte.
Hervorgehoben wurden beispielsweise der Bedarf an mehr Kursen in Englisch an kroatischen Hochschulen, bessere Verzahnungen zwischen dem Arbeitsmarkt und dem Hochschulbereich, mehr Teamarbeit und mehr Möglichkeiten, praktische Erfahrungen zu sammeln. Die Teilnehmer gaben an, sich durch Erasmus neue Fertigkeiten aneignen und Kontakte knüpfen zu können. Das Programm bereite sie auch auf den Arbeitsmarkt vor und ermögliche es ihnen, Beispiele für bewährte Verfahren im Bildungsbereich zurück nach Kroatien mitzunehmen. Wünschenswert seien jedoch ein geringerer Verwaltungsaufwand und höhere Beihilfen. Ermutigung zur Innovation „Die durchschnittliche Beihilfe für Studierende im Erasmus Programm beträgt etwa 300 EUR“, erklärt Petrović Baronica. „Dies fördert keine Chancengleichheit bei der Mobilität. Wir haben in Kroatien keine Kofinanzierung. Wenn Europa führend im Bereich der Innovation sein soll, sollten mehr Studierende aus den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik dazu ermutigt werden, ins Ausland zu gehen.“ Personalbotschafterin Katica Šimunović, die an der Fakultät für Maschinenbau lehrt, pflichtet dem bei. „Allgemein ist es schwer, Studierende der Technikwissenschaften zur Teilnahme am Erasmus Programm zu motivieren, aber ich gebe mein Bestes.“
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Medienwirbel Bei einem Internationalen Erasmus Tag trafen sich ehemalige Erasmus Studierende aus Kroatien und anderen Ländern mit potenziellen künftigen Erasmus Studierenden sowie Koordinatoren und Botschaftsvertretern. Hier gab es auch Stände, an denen Studierende über ihre Länder informierten. Diese Veranstaltung traf auf beachtliches Medieninteresse. Im Hinblick auf die Medienberichterstattung über Erasmus meint Studentenbotschafterin Jelena Simić: „2012 war turbulent, aber auch erfrischend“. „Es begann mit der erfolgreichen Eröffnungsveranstaltung zum 25jährigen Jubiläum. Aber ich glaube, die meiste Beachtung in den Medien erfuhr das Erasmus Programm Anfang Oktober, als es die vielen Berichte über eine angebliche Einstellung gab.“ Ihrer Meinung nach haben diese Gerüchte nicht unbedingt geschadet. Das Medienecho habe bewiesen, dass Erasmus geschätzt wird und man an einer Fortsetzung des Programms interessiert sei. „In Kroatien heißt es: Ein gutes Pferd wirbelt Staub auf. Ich glaube, Erasmus wird weitergehen, denn es gehört zu den kosteneffizientesten Programmen der EU.“ Positiv fand Simić auch, dass der Rat der nationalen Vertreter des Erasmus Studentennetzwerks sich in Zagreb traf. „Kroatien ist ein sehr junges Mitglied im Erasmus Programm und ich bin sehr stolz, dass wir mit der Organisation dieses Treffens betraut wurden.“
Virtuelles Erasmus Programm? Katica Šimunović sieht indes Veränderungen voraus. „Ich glaube, dass Erasmus, wie alle Bildungsbereiche, durch die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien bald virtuell sein wird. Das meinen auch einige meiner Erasmus Kollegen, die an der Konferenz in Brüssel teilgenommen haben. Persönliche Kontakte sind nicht ersetzbar, aber ich glaube, es wird so etwas wie „Erasmus von zu Hause aus“ geben. Ich werde Studierende in Deutschland oder Ungarn von meinem Büro aus via Telekonferenz unterrichten können“, meint sie und erklärt weiter, dass für die Lehrkräfte der Hauptvorteil des Programms Kontakte sind. „Personalmobilität kann Auswirkungen auf Studierendenmobilität haben und umgekehrt. Aber Erasmus führt beispielsweise auch zu einer Kooperation bei wissenschaftlichen Forschungsprojekten.“
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TÜRKEI ÖFFNUNG NACH AUSSEN Taxifahrer sind Experten in Sachen Mobilität. Aber wenn ein italienischer Zeitungsartikel dazu führt, dass Studierende in der Türkei den Fahrern alles über Erasmus erzählen, ist klar, dass da etwas im Gange ist. „Wir versuchen, das Interesse in den allgemeinen Medien und den sozialen Netzwerken zu verstärken, ganz im Sinne von Umberto Ecos Interview in der Zeitung La Stampa“, erklärt die Studentenbotschafterin der Türkei, Begüm Yurdakök. Im Januar 2012 meinte Eco gegenüber der italienischen Tageszeitung, dass ein Erasmus Aufenthalt obligatorisch sein müsse, und zwar „nicht nur für Studierende, sondern auch für Taxifahrer, Klempner und andere.“ Also nahmen Yurdakök und andere Studierende Eco anlässlich des Jubiläums beim Wort. „Wir sind auf die Straße gegangen und haben Taxifahrern, Kellnern, Lotterieverkäufern und anderen erzählt, wie sie von der Mobilität profitieren können. Wir hatten auch aufgenommene ausländische Studierende dabei und haben sie diesen Menschen vorgestellt. Sie waren wirklich interessiert. Heute geht es überall um lebenslanges Lernen. Warum sollte also ein Taxifahrer aus Istanbul nicht ins Ausland gehen, nach Berlin oder Brüssel, um zu vergleichen, wie die dortigen Taxisysteme funktionieren?“
Mobilitätsvideos Die Türkei veranstaltete anlässlich des Jubiläums auch einen Video- und Fotowettbewerb für alle in der Türkei aufgenommenen und ins Ausland gehenden Studierenden. „Thema waren ihre Mobilitätserfahrungen“, sagt İlyas Ülgür vom türkischen Zentrum für EU-Bildungs- und Jugendprogramme. „Die Preisvergabe fand auf der Hauptfeier statt, auf der Studierende, Universitätsangestellte und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens anwesend waren. Es folgten Shows und ein Popkonzert, die wir zusammen mit dem hiesigen Erasmus Studentnetzwerk organisiert hatten.“ Unterdessen hielt Personalbotschafter Mustafa Çoban Informationsveranstaltungen zu Erasmus ab, über die auch in den landesweiten und lokalen Medien berichtet wurde. Insbesondere richtete er sich an ältere Menschen, die ihre Kinder und Enkelkinder dazu ermutigen könnten, an dem Programm teilzunehmen. Zielgruppe waren aber natürlich auch Studierende und Mitarbeiter, die noch nicht in den Genuss eines Erasmus Auslandsaufenthalts gekommen sind. Çoban möchte, dass sich die Industrie stärker in das Erasmus Programm einbringt, und ist in Gesprächen mit türkischen Firmen, um sie für ihre Teilnahme am Berufspraktika Programm zu gewinnen. „Ich möchte auch mehr Informationsmaterial über Erasmus auf Türkisch bereitstellen können. Viele Menschen hier sprechen keine andere Sprache.“
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Zum ersten Mal im Ausland Gleichzeitig hält İlyas Ülgür das Programm für „den wichtigsten Motor für die Internationalisierung der Hochschulbildung und zur Förderung des Lernens von Fremdsprachen. Über 80 % der türkischen Studierenden, die am Erasmus Programm teilnehmen, sind zum ersten Mal im Ausland.“ In manchen Gegenden der Türkei sind Ausländer außerhalb der großen Städte immer noch eine Seltenheit. „Daher ist es für die Menschen dort wichtig, in den Straßen ausländische Studierende zu sehen. Dadurch werden sie sicher empfänglicher für die europäische Agenda. Gleichzeitig können unsere türkischen Studierenden im Ausland dabei helfen, Europas Einstellung zu den Türken zu ändern. Bisher hat man dort hauptsächlich unsere Gastarbeiter kennengelernt. Durch Erasmus haben die Menschen die Möglichkeit, die intellektuelle Seite der Türkei kennenzulernen.“ Berufliche und persönliche Veränderung „Mobilität beeinflusst die berufliche und persönliche Entwicklung“, sagt Begüm Yurdakök. „Jeder macht eigene Erfahrungen mit Erasmus.“ Heute lehrt sie Pharmakologie und Toxikologie, aber „ohne mein Erasmus Praktikum hätte ich die Doktorarbeit nicht abschließen können, denn an meinem Praktikumsort in Schweden waren die Molekularverfahren sehr viel fortschrittlicher.“
Brücke zwischen Europa und Asien Die Türkei ist eine Brücke zwischen Europa und Asien, erklärt İlyas Ülgür. „Die aufgenommenen Studierenden können hier unsere großen kulturellen Schätze bewundern und in den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der Hochschulen hier mehr als verdoppelt. An vielen wird ausschließlich auf Englisch gelehrt. Erasmus war das wichtigste Instrument für die Internationalisierung unserer Universitäten. Das Programm hat auch geholfen, uns zu überzeugen, dass die europäischen Werte das sind, was die Türkei will.“
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ISLAND MASSIVE AUSWIRKUNGEN „Erasmus hat eine gewaltige Wirkung in Island, wie auch in den meisten anderen europäischen Ländern“, bestätigt Óskar Eggert Óskarsson von der Nationalen Agentur des Landes. Dazu kam es „direkt und indirekt durch den Bologna Prozess. Die isländische Gesetzgebung für die Hochschulausbildung wurde an den Bologna Prozess angepasst.“ Seiner Meinung nach ist Erasmus „bei Studierenden und Hochschulmitarbeitern sehr bekannt, und es wird als selbstverständlich angesehen, dass man im Rahmen des Studiums ein oder zwei Semester im Ausland verbringen kann. Dies war vor Erasmus sehr schwierig.“ Eine Universität wird universell Das Programm hat auch die Universität von Island verändert, meint Personalbotschafter Guðmundur Hálfdanarson. „Universitäten sind von Natur aus internationale Institute, aber an einem so isolierten Ort wie Island hatten die Studierenden früher nicht gerade diesen Eindruck. Nun schon. Selbst diejenigen, die nicht ins Ausland gehen und ihr gesamtes Studium in Island absolvieren, haben heute das Gefühl, dass es eine europäische Verbindung gibt.“
Als er selbst in den 70er- und frühen 80er-Jahren an der Universität von Island studiert hat, „war sie ein rein isländisches Institut“. Aber heute kommen „10 bis 20 % der Studierenden aus dem Ausland. Sie sind ein integraler Bestandteil des Hochschullebens.“ Presseartikel kam gut an Anlässlich des Jubiläums wurden in Island ein Videowettbewerb und eine Fotoausstellung veranstaltet. Bei einer Feier an der Universität von Island kamen ehemalige Erasmus Studierende zu Wort und es gab Musik und Tanz. Im Dezember veröffentlichten Islands Erasmus Botschafter in einer der landesweiten Zeitungen einen Artikel über das Jubiläum. „Der Artikel kam gut an“, berichtet Studentenbotschafterin Ásgerður Kjartansdóttir. Heute arbeitet sie als Beraterin für Bildung, Wissenschaft und Kultur bei der isländischen Auslandsvertretung bei der EU. Kjartansdóttir bestätigt, dass das Erasmus Programm Island beeinflusst hat. „Jedes Jahr studieren etwa 200 isländische Studierende an europäischen Universitäten und etwa 450 europäische Studierende kommen nach Island“, erklärt sie. „Isländische Professoren und andere Mitarbeiter haben ebenfalls von Erasmus profitiert. Somit hat sich das Programm auf die Individuen und auf das Hochschulsystem insgesamt ausgewirkt, denn dieses ist internationaler als im Jahr 1992.“
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Sie würde sich wünschen, dass das Programm „in Zukunft integrativer und internationaler wird“. Vielschichtige Identität Der Geschichtsprofessor Guðmundur Hálfdanarson ist auf die Beziehung zwischen nationaler und europäischer Identität spezialisiert. „Wir sollten nationale Identitäten nicht durch europäische ersetzen“, meint er. „Das ist weder möglich noch wünschenswert. Was wir brauchen, sind verschiedene Identitätsschichten, die nicht im Gegensatz zueinander stehen, sondern zusammenwirken können. Ich denke, genau darum geht es beim europäischen Projekt.“ Im Hinblick auf Island entspricht Erasmus diesem Muster. „Wenngleich wir ein Teil des Erasmus Programms und des Schengen Raums sind, so gehört Island doch nicht zur EU. Trotzdem kann ich sagen, dass Erasmus hier als eine der größten Erfolgsgeschichten des europäischen Projekts angesehen wird. Ich glaube, es liegt einfach daran, dass unseren Studierenden diese Erfahrung gefällt. Sie können viel aktiver in eine andere Kultur eintauchen, als sie es als Touristen könnten.“
Gefühl der Zugehörigkeit Gleichzeitig vertritt Hálfdanarson die Auffassung, Erasmus „kann ein Gefühl europäischer Zusammengehörigkeit innerhalb einer gebildeten Elite schaffen. Keine Elite im wirtschaftlichen Sinne, sondern Menschen, die man häufig in einflussreichen Positionen findet. Beispielsweise war eine der führenden Kandidatinnen bei unseren Präsidentenwahlen 2012 eine ehemalige Erasmus Studierende. Sie sprach bei unserer Jubiläumsfeier und erzählte uns, wie Erasmus ihre Sicht auf die Welt verändert hat. Der Erfolg von Erasmus muss also in individuellen Geschichten gesehen werden.“
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LIECHTENSTEIN WIE EINE LOKALE UNIVERSITÄT GLOBAL WURDE Die im Herbst stattfindende Liechtensteinische Industrie-, Handels- und Gewerbeausstellung LIHGA ist immer ein idealer Treffpunkt für Menschen. 2012 gingen ausländische Erasmus Studierende dorthin. Sie sprachen mit den Menschen über das Programm und ihre Heimatländer und verteilten Souvenirs. „Die Idee war, sie mit der hiesigen Bevölkerung in Kontakt zu bringen“, erklärt Trudi Ackermann, Direktorin des Büros für internationale Angelegenheiten an der Universität Liechtenstein. Die nationale Erasmus Agentur AIBA hatte auch einen Informationsstand auf der Messe.
Gute Kombination An einem Informationstag für Studierende, die ins Ausland gehen, beschrieb Gerold Büchel, welche Bedeutung Erasmus für ihn und seine Karriere hatte. Er ist Studentenbotschafter des Programms und heute Parlamentsabgeordneter. „Es war eine gute Diskussion“, erinnert er sich. „Der Universitätsprofessor wollte, dass das Erasmus Programm der Studierenden genau in ihre jeweiligen Studiengänge passt. Ich meine aber, dass es hauptsächlich um die sozialen Erfahrungen geht, die man macht, wenn man im Ausland lebt.“
Das Motto des jährlich stattfindenden Universitätsballs war 2012 Erasmus. „Die Erasmus Studierenden führten den Eröffnungstanz auf, und jeder Tisch war nach einem Land benannt“, erklärt Ackermann. Am Abend wurde Musik aus verschiedenen europäischen Ländern gespielt. Am Europatag besuchte der EUBotschafter die Universität, und die Erasmus Studierenden organisierten zu diesem Anlass verschiedene Aktivitäten.
Büchel selbst verbrachte im Rahmen des Erasmus Programms sechs Monate an einer Wirtschaftshochschule in der französischen Stadt Lyon und absolvierte ein achtmonatiges Praktikum in der nahe gelegenen Stadt Grenoble. „Das war eine gute Kombination. In einem anderen Land zu studieren und in einer der dortigen Firmen zu arbeiten sind zwei völlig unterschiedliche Erfahrungen. Ich denke, wenn irgend möglich, sollten Studierende beides tun.“
Die beiden Liechtensteiner Zeitungen berichteten über das Jubiläum. Radio- und Fernsehsender interviewten die Erasmus Botschafter zum Programm.
Wenn sie im Rahmen des Erasmus Programms nach Liechtenstein kommen, können sie darüber hinaus noch in andere Dimensionen vorstoßen. Einen Blick von oben auf die Feierlichkeiten ermöglichte ihnen Personalbotschafter Hansjörg Hilti, der sie auf eine Bergwanderung mitnahm.
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Einen Schritt weiter Trudi Ackermann hofft, dass auch weiterhin immer mehr Studierende im Rahmen von Erasmus ins Ausland gehen. „Ich glaube, das Programm hat ein großes Potenzial, die europäische Idee zu vermitteln, und wir haben die Grenzen des Möglichen noch nicht erreicht. Wir sollten einen Schritt weiter gehen. Die EU sollte europäische Masterprogramme fördern. Es sollte viel mehr integrierte Studienprogramme geben, nicht nur Austauschprogramme.“ „Erasmus leistet auch einen guten politischen Beitrag zur Förderung eines vereinten Europas“, sagt Gerold Büchel. „Ich vertraue darauf, dass das Programm sich auch weiterhin verbessern, weiterentwickeln und ausweiten wird.“ Liechtenstein ist kein EU-Mitglied, und er glaubt nicht, dass sich dies ändern werde. „Hier hat man das Gefühl, dass wir zu klein seien, um der EU beizutreten. Ein Beitritt würde den Menschen Sorgen bereiten.“, meint Büchel, fügt dann aber hinzu: „Geografisch sind wir in Europa und vielleicht hilft Erasmus uns dabei, uns mehr als Teil des Ganzen zu fühlen.“
Internationalisierung durch Erasmus Die Universität selbst ist mittlerweile sehr international geworden. „Erasmus hat viel dazu beigetragen“, sagt Hansjörg Hilti. „Als wir dem Programm 1995 beitraten, war dies hier nur eine Fachhochschule, und alle Studierenden kamen aus einem Umkreis von höchstens 50 km. Nun haben wir etwa 1 000 Studierende aus ungefähr 40 Nationen.“ „Ein Großteil unseres Studienprogramms ist nun auf Englisch“, betont Hilti weiter. „Erasmus war der Grund für diese Entscheidung. Ausländische Studierende sind heute ein gewohntes Bild in Liechtenstein und werden freundlich empfangen. Unsere hiesigen Studierenden haben ein Recht auf einen Studienaufenthalt im Ausland. An einigen Fakultäten ist es sogar Pflicht. Die meisten Studierenden entscheiden sich für Erasmus.“
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NORWEGEN WENN MAN EUROPA VERSTEHEN WILL... „Heute kommen zur Feier des 25jährigen Jubiläums des Erasmus Programms 130 Teilnehmer zu einer Festveranstaltung an die Norwegische Handelshochschule. Dabei werden sie auch einen Blick in die Zukunft werfen. Einer der Vorschläge der Europäischen Kommission für einen neuen Bildungsplan ab 2014 ist die Ausweitung des Erasmus Programms auf andere Kontinente (...) Erasmus wird künftig zweifellos noch wichtiger für die Internationalisierung der Hochschulbildung in Norwegen sein.“ Dies ist Teil eines recht ausführlichen Kommentars, der im November 2012 in Norwegens größter Zeitung Aftenposten veröffentlicht wurde. Er zeigt die Wirkung, die Jubiläen haben können. Denn, so Personalbotschafter Wolfgang Laschet: „Das Thema Erasmus lässt sich den Medien in Norwegen nicht immer gut verkaufen.“ Vidar Pedersen, der den Text schrieb, ist sich dessen wohl bewusst. Der Leiter der Abteilung für Hochschulbildung im norwegischen Dienst für internationale Bildungszusammenarbeit weiß, dass die Studierenden unter vielen grenzüberschreitenden Austauschprogrammen wählen können. Einige dieser Programme haben eine lange Tradition und bieten sehr großzügige staatliche Beihilfen. Norwegen ist aber nicht in der EU.
Starkes Modell Pedersen ist trotzdem froh, dass sein Land sich für die Teilnahme am Erasmus Programm entschieden hat. „Internationale Zusammenarbeit ist in den letzten zehn Jahren sehr wichtig im norwegischen Hochschulsystem geworden. Das schlägt sich auch in den Strategiepapieren der Regierung nieder, und Erasmus ist hier von grundlegender Bedeutung. Ich glaube nicht, dass unser Austausch mit anderen Teilen der Welt in einem anderen Rahmen als dem Erasmus Modell so intensiv geworden wäre.“ Hat sich dies denn auf Norwegens nicht gerade glühende Beziehungen zu der EU ausgewirkt? „Ich glaube nicht, dass die Studierenden das Programm im Hinblick auf übergreifende Ziele der europäischen Integration wahrnehmen. Sie möchten an einen interessanten Ort gehen und eine gute Ausbildung erhalten. Aber indirekt könnte es sie beeinflussen. Sie bekommen ein besseres Verständnis dafür, wenn sie in einem anderen europäischen Land gelebt haben. Aber die meisten Studierenden würden sich darüber nicht von Anfang an Gedanken machen. Und wir heben es auch nicht besonders hervor, wenn wir für das Programm werben.“
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Paketlösung Wolfgang Laschet hat ebenfalls eine pragmatische Einstellung. Erasmus sei „eine Paketlösung“, sagt er. „Man bekommt mehr oder weniger einen Haus-zu-Haus-Service und wählt aus einer Liste mit Partnereinrichtungen, die von den Hochschulmitarbeitern geprüft und zugelassen sind. Es gibt ein sehr gut organisiertes Verfahren zwischen den Einrichtungen, das helfen soll, den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten. Wenn man bei der Partnereinrichtung die Anforderungen des Erasmus Programms und des Bologna Prozesses kennt, sollte einer Anerkennung der dort erworbenen Studienleistungen nichts im Wege stehen.“ Für Norwegens Hochschuleinrichtungen „sind die Vernetzungsaspekte das Interessanteste“, meint Laschet. „Der Eintritt in das Erasmus Programm bedeutete für alle norwegischen Hochschulen einen großen Schritt nach vorne. Dabei geht es um die Ausweitung der Kontakte zu möglichen Partnereinrichtungen und Partnerländern. Das Programm hat uns sehr geholfen, unsere geografischen Netze auszuweiten.“
In den vergangenen 25 Jahren hat Brüssel „viel darüber gelernt, was ein gutes Funktionieren dieses Programms ausmacht“, fügt er hinzu. „Heute sind es oft die Einrichtungen, die sich das Leben gegenseitig schwer machen, indem sie den Verwaltungsaufwand erhöhen und in einigen Punkten sehr streng sind. Ich würde es begrüßen, wenn das Programm sich wieder mehr zu einer vertrauensvollen Partnerschaft entwickelt.“ Türen öffnen Norwegens Studentenbotschafter Frédérik Sardinoux möchte nicht zu viele Änderungen am Erasmus Programm. „Es funktioniert heute ganz gut“, meint er. „Es öffnet den teilnehmenden Studierenden und Mitarbeitern sehr viele Türen. Natürlich lassen sich immer Dinge verbessern, und etwas weniger Formalitäten wären begrüßenswert. Aber wenn man Europa verstehen will, lernt man mit Erasmus am schnellsten.“
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SCHWEIZ ZURÜCK ZU ERASMUS In der Schweiz fand anlässlich des Jubiläums eine Großveranstaltung in Bern statt. Karin Christen von der Nationalen Agentur – der ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit – beschreibt die Veranstaltung als „eine Mischung aus Reden von Politikerinnen und Politikern, einem Kulturteil unter Mitwirkung von Erasmus Studierenden, humorigen Beiträgen eines Komikerduos und Gelegenheiten zur Kontaktknüpfung.“ Über die Veranstaltung wurde ausführlich in den Medien berichtet. Daneben gab es auch einige Hintergrundberichte zu Erasmus. „Von den verschiedenen Bildungsprogrammen der EU ist Erasmus in der Schweiz wohl das Bekannteste“ meint Christen. „Es ist schon seit geraumer Zeit ein richtiger Markenname hier, auch weit über Hochschulkreise hinaus.“ Wieder Vollmitgliedschaft Die Beziehung der Schweiz zu Erasmus war keineswegs immer einfach. Als das Schweizer Volk 1992 den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum ablehnte, endete auch die volle Teilnahme des Landes am Erasmus Programm. Die Schweiz führte ein recht ähnliches System weiter, aber 2011 stieg man wieder offiziell in das Erasmus Programm ein.
Das hat unter anderem zur Folge, dass die Zuschüsse für Schweizer Erasmus Studierende nun stiegen, hebt Studentenbotschafter Marco Amherd hervor. Daher geht er davon aus, dass die derzeitige Kluft zwischen aufgenommenen Studierenden und ins Ausland gehenden Studierenden sich künftig verringert. „Viele Studierende in der Schweiz müssen in Teilzeit arbeiten. Daher sind sie zurückhaltend, wenn es darum geht, im Ausland zu studieren. Sie wissen nicht, welche finanziellen Konsequenzen das hätte.“ Er würde eine stärkere Vernetzung der schweizerischen und ausländischen Hochschulen sowohl bei der Lehre als auch bei der Forschung begrüßen. Ein Aufwand, der sich tausendfach auszahlt Amherd gibt potenziellen Erasmus Studierenden folgenden Rat: „Anfangs ist alles ein bisschen verwirrend – die Suche nach einer Universität und der ganze Verwaltungsaufwand. Aber wenn man sich zu diesem Schritt entschieden hat, zahlen sich alle Mühen tausendfach aus. Neben neuen geistigen Fähigkeiten erlangt man auch neue soziale Kompetenzen.“ Sprachen lernen ist für Schweizer Studierende ein wichtiger Anreiz, ins Ausland zu gehen. Viele Stellen erfordern gute Kenntnisse in mindestens zwei der vier Landessprachen. „Aus irgendeinem Grund ziehen es die Studierenden vor, diese Sprachen im Ausland zu lernen“, bemerkt Karin Christen. „Deutschsprachige Studierende aus der Schweiz gehen zunächst nach Frankreich und lernen erst später die Französische Schweiz richtig kennen.“
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Musikernetzwerk Marco Amherds Motivation war die Musik. „2011 habe ich im Rahmen des Erasmus Programms in Toulouse studiert, da dort eines der besten Lehrinstitute für Organisten ist. Ich interessiere mich außerdem besonders für das musikalische Repertoire Frankreichs. Dank der vielen ausländischen Orgelstudierenden und Spezialisten in Toulouse konnte ich ein neues Netzwerk von Organisten aufbauen. Während meines Aufenthalts wurde ich im Fernsehen und in Zeitungen zu meinen Erfahrungen mit Erasmus interviewt.“ „Die Veränderung ist enorm, wenn Erasmus Studierende zurück in die Schweiz kommen“, sagt Personalbotschafterin Antoinette Charon Wauters. „Sie bekommen Selbstvertrauen. Die Bedingungen und Lehrmethoden sind sehr unterschiedlich in anderen Ländern, und die Studierenden müssen sich anpassen. Anpassungsfähigkeit gehört zu den wichtigsten Kompetenzen, die sie erwerben. Und sie lernen, ihr eigenes Land mehr zu schätzen. Gerade Leute, die nie reisen, sind es, die ständig etwas herumzumäkeln haben.“
Eine Vorstellung vermitteln Ein großer Vorteil der neuerlichen Vollmitgliedschaft der Schweiz ist für Antoinette Charon Wauters, dass das Land nun auch Zugang zum Praktikumsteil des Programms hat. „Unsere Studierenden werden das sehr hilfreich finden“, erklärt sie. Auch Personalmobilität ist ihrer Meinung nach wichtig, denn „wenn Professoren aus anderen Ländern eingeladen werden, um hier Vorlesungen zu halten, kommt es auch den Studierenden zugute, die nicht ins Ausland gehen. Zumindest hatten sie dann schon einmal Kontakt mit anderen akademischen Denkweisen. Das vermittelt ihnen eine Vorstellung vom Studium im Ausland.“
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Treibende Kraft für Veränderungen in der Hochschulbildung Erasmus hat dazu geführt, dass Studierende, Lehrkräfte und akademisches Personal neue Lehrpläne entwickeln und innovative Lehr-, Lern- und Prüfungsansätze ausprobieren konnten. Damit sich diese Entwicklung fortsetzt, müssen nationale, regionale und europäische Stellen die strategische Zusammenarbeit mit finanziellen Mitteln fördern und Mitarbeiter dazu ermutigen, sich mit Kollegen aus anderen Ländern, Disziplinen und Bereichen zusammenzuschließen, um die Grenzen des Wissens zu erweitern, innovatives und kreatives Lehren zu gewährleisten und die Hochschulbildung stärker an die gesellschaftlichen Bedürfnisse anzupassen.
S U M ERAS FEST I N A M
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Anlässlich des 25jährigen Erasmus Jubiläums im Jahr 2012 arbeiteten die 66 Erasmus Studenten- und Personalbotschafter ein Erasmus Manifest aus. Es umfasst eine Auflistung von zehn wichtigen Bereichen, in denen das Programm zu Veränderungen beigetragen hat; sowie Vorschläge zu Maßnahmen, die die EU-Institutionen, die Mitgliedstaaten und andere Interessensträger ergreifen sollten, um die künftige Bedeutung des Programms zu stärken.
pazu beiget meinsamen euro Erasmus hat da uen und einen ge ba zu ten ab nn en kö em itt st hr iteren Sc Bildungssy ffen. In einem we ha sc zu um ra rn Internationalisierung von Erasmus weiten Le Trägern, einischen lokalen n, Erasmus, das weltweit umfangreichste akademische Austauschive Verbindungen zw at iti in rger rnehmen und Bü d programm, sollte über Europa hinaus ausgeweitet werden. an schließlich Unte sl Au de m en sc he n au s n Dadurch könnten Lernende und Lehrende ihren Horizont erweitern ge un d ju ng en M un ht inric en. Hochschule itt und neue Kenntnisse erlangen und die Einrichtungen könnten ihre geschaffen werd m e di e, asmus Studierend d, Kapazitäten erweitern und Partnerschaften mit Nachbarländern und ehemalige Er sin n ne io lussreichen Posit sowie weltweit verstärken. Die Verwirklichung dieses Ziels erforlerweile in einf n. le ie Schlüsselrolle sp dert die Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel sowie sollten dabei eine die Lösung von Visa Problemen.
Stärkung der Verbindungen zwischen der Ausbildung und der Arbeitswelt Eine Erasmus Erfahrung bringt unschätzbar wertvolle Qualifikationen für ein Unternehmen. Um die Vorteile bestmöglich nutzen zu können, ist jedoch eine stärkere Kooperation zwischen den Hochschuleinrichtungen, dem Arbeitsmarkt und den Studierenden sowie der Allgemeinheit erforderlich. Maßnahmen wie die Verbesserung der Mitarbeitermobilität zwischen Ausbildung und Arbeitsplatz und die Schaffung einer Plattform für Arbeitgeber, Hochschulen und Studierenden zur Bildung von Partnerschaften könnten das Wissen über und die Teilnahme am Erasmus Praktikumsprogramm fördern.
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Steigerung der Attraktivität durch stärkere Ergebnisorientierung Um die Attraktivität und den Reiz des Programms zu steigern, muss der Schwerpunkt stärker auf dessen Potenzial zur Verbesserung der Qualität der Hochschulbildung und die Vorteile der teilnehmenden Hochschuleinrichtungen, Lehrkräfte und Studierenden gelegt werden. Diesbezügliche Maßnahmen wären die Verbesserung Einführung neuer Lernwege und des Sprachunterrichts, die Beseitigung administratides virtuellen Austauschs ver Hürden und die Bereitstellung flexiblerer LernanEinrichtungen sollten möglichst vielen Studierenden die Gelegebote, um ein verstärktes Interesse bei Studierenden genheit zu internationalen Erfahrungen bieten. Eine Möglichkeit hervorzurufen und eine größere Beteiligung eines zur Erreichung dieses Ziels stellt die Informations- und Kombreiteren Personenspektrums zu fördern. munikationstechnologie dar. Sie fördert neue Wege des Lernens sowie die virtuelle Mobilität – entweder für sich genommen d un m oder kombiniert mit physischer Mobilität. Die Schaffung innoiu ud von St Anerkennung vativer neuer Lernwege bedarf einiger Maßnahmen. Nationale land n ge un ist Arbeit im Aus Le die Agenturen, Erasmus Koordinatoren, Lehrkräfte und Studierende ss da , Erfolg von Erasmus ist er ihr in Entscheidend für den es alt könnten sich beispielsweise an einer virtuellen Gemeinschaft nth ufe sa hrend ihres Ausland inule sch der Studierenden wä ch Ho beteiligen, um bilaterale Beziehungen aufzubauen und ihre Die n. and anerkannt werde s ing erd Einrichtung im Heimatl All r. Erfahrungen mit Erasmus sowie bewährte Vorgehensweisen rfü hie ge n über die Werkzeu ter Un te richtungen verfüge ärk rst bei Studium und Praktika auszutauschen. ve e insbesondere durch ein n. rde we könnte deren Einsatz rt sse rbe ve ropäische Kommission stützung durch die Eu inrichtungen ngen zu den Partnere hu zie Be die ten nn kö Ferner d unkomplizierte e überschaubare un ein um n, rde we t verstärk Auf Erasmus Erfahrungen aufbauen hrleisten. Anerkennung zu gewä Von einer Erasmus Erfahrung profitieren sowohl der bzw. die Teilnehmende selbst als auch sein bzw. ihr soziales, akademisches Personalaust und berufliches Netzwerk. Sie ist eine Bereicherung ausch und dessen Mult für die lokale Gemeinschaft, die Heimateinrichtung iplikator-Eff ekt Der Nutzen des Pe und für die europäische Integration. Eine stärkere rsonalaustauschs im Rahmen von Er häufig übersehen, Nachbetreuung von Erasmus Teilnehmern ist erforasmus wird obwohl er einen en ormen Beitrag für für innovative Lehr derlich, in deren Rahmen sie aufgefordert werden ne ue Ideen, pläne und Lehrmet hoden sorgt, die Zu beit mit den Einricht sollten, Feedback zu geben und von ihren Erfahrunsa mmenarungen im Ausland stärkt und Studieren europäischeren un gen zu berichten. Auf diese Weise kann auf den kulde zu einer d globaleren Sicht weise anregt. Die bilität muss stärke turellen, sozialen, sprachlichen und beruflichen Pe rso nalmor in die internationa le Strategie der Ho verankert werden Erkenntnissen aufgebaut werden. chschulen und eine höhere We rtschätzung durch schulleitung erfahr die Hochen und das Perso nal muss durch en Anreize zur Teilnah tsprechende me ermutigt werd en.
nifest kann unter Das vollständige Ma rden: heruntergeladen we folgender Adresse .pdf _en anifesto rasmus/doc/m
http://ec.europa.eu/education/e
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Erasmus Manifest erarbeitet in 2012 von 66 Erasmus Studenten- und Personalbotscha ern anlässlich des 25jährigen Erasmus Jubiläums Hugo Marquant
Connie Væver
Marc Goffart
Boryana Klinkova
Nina Siig Simonsen
Belgien
Dänemark
Jana Vitvarová
Bulgarien
Milada Hlaváčková
Jozef Ristvej Slowakei
Katerina GalanakiSpiliotopoulos
Maria Kaliambou
Rumyana Todorova
Tomas Vitvar Tschechische Republik
Jure Kumljanc
Antoinette Charon Wauters
Vesna Rijavec
Griechenland
Marco Amherd Schweiz
Slowenien Aleksejs Naumovs
Madara Apsalone
Tadas Zukas
Vilma Leonaviciene
Lettland Litauen Jelena Simić
Ann Katherine Isaacs
Katica Šimunović
Maurizio Oliviero
Laura Popa
Kroatien
Rumänien Helen Margus
Sirje Virkus
Hans Åhl
Estland
Elena Luptak
René Kremser Österreich
Ion Visa
Italien
Fidel Corcuera Manso
KarlFredrik Ahlmark Schweden Tomás Sánchez López
Spanien
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Julien Pea Frankreich
Elina Ylipelkonen
Jessica Gough
Nathalie Brahimi David Friggieri
Irland John Schranz
Malta Paula Pietilä
Piroska Bakos
Finnland
Miriam Broderick
Mária Dudás Filipe Araújo
Ungarn
José Marat-Mendes Portugal
Maria Hadjimatheou Zypern Bram Peper
Stavroulla Antoniou
Begüm Yurdakök
Mustafa Çoban Türkei
Désirée Majoor
Frederik Strand Sardinoux
Niederlande
Wolfgang Laschet Norwegen
Lucien Kerger
Matthieu Cisowski Luxemburg
Diana Dmuchowska Polen
Ryszard Zamorski
Ása Kjartansdóttir
Guðmundur Hálfdanarson Island Gerold Büchel
Julia Kennedy Kate Samways Vereinigtes königreich
Christiane Biehl
Katja Krohn Deutschland
Hansjörg Hilti Liechtenstein
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Europäische Kommission 25 Jahre Erasmus Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union 2013 — 76 S. — 21 x 21 cm Europe Direct soll Ihnen helfen, Antworten auf Ihre Fragen zur Europäischen Union zu finden
ISBN 978-92-79-29226-2 doi:10.2766/14678
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25 Jahre
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