Infoblatt zum Arbeitskampf TÜMTİS / DHL

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Infoblatt zum Arbeitskampf TÜMTİS / DHL August 2012

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Seit über einem Jahr organisiert die türkische Verkehrsgewerkschaft Türkiye Motorlu Taşıt İşçileri Sendikası (TÜMTİS) Beschäftigte bei DHL Deutsche Post Türkei. In diesem Zeitraum wurden 22 Beschäftigte offensichtlich aufgrund ihrer Bemühungen um gewerkschaftliche Organisationsarbeit entlassen. TÜMTİS – eine Mitgliedsorganisation der Internationalen TransportarbeiterFöderation (ITF) – hat mehrmals versucht, mit der örtlichen Unternehmensleitung Gespräche aufzunehmen und im Hinblick auf die fortwährenden Entlassungen eine Konfliktlösung herbeizuführen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Papiers berichteten Mitglieder der TÜMTİS, dass die Beschäftigten weiterhin vom örtlichen DHL-Management einzeln angesprochen und vor die Wahl gestellt würden, entweder aus der Gewerkschaft auszutreten oder ihren Job zu verlieren. 1. Infos zu TÜMTİS TÜMTİS wurde am 14. Juli 1949 als Elektrizitäts-, Gas- und Kraftfahrzeugsgewerkschaft (IETT) gegründet. Die ersten Organisierungsinitiativen wurden bei Istanbul Elektrizität, Beschäftigten der Straßenbahn- und Tunnel-Verwaltung und den Beschäftigten der Straßenbahngesellschaft KadıköyUskudar gestartet. TÜMTİS ist eine der Gründungsmitglieder des türkischen Gewerkschaftsbunds (TÜRK-Iş) und zudem der ITF angeschlossen. 2. Infos zur ITF Der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) gehören

708 unabhängige Gewerkschaften an, die über 4,5 Millionen Verkehrsbeschäftigte in 154 Ländern vertreten. Die ITF ist einer von mehreren globalen Gewerkschaftsverbänden, die dem Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) angeschlossen sind. 3. Infos zu DHL Deutsche Post DHL wurde 1969 in den USA gegründet. Im Jahr 2002 wurde das Unternehmen von Deutsche Post, dem früheren deutschen Postdienstunternehmen, übernommen und hat nun als DHL Deutsche Post weltweit 467.000 Vollzeitbeschäftigte in 220 Ländern oder Gebieten. Europa ist der geographische Mittelpunkt des Unternehmens und im Jahr 2009 verlegte es sein europäisches Regionaldrehkreuz nach Leipzig/ Halle (Deutschland). Deutsche Post DHL ist weltweit in vier Geschäftssparten unterteilt. DHL Express verfügt über 100.000 Beschäftigte, die internationale und Inlands-Expresskurierdienste erbringen, während DHL Supply Chain Lösungen im Logistikbereich anbietet. DHL Global Forwarding and Freight ist für den Transport per Schiene, Straße, Luft oder See zuständig. DHL Freight ist Vorreiter im Straßentransportgeschäft zwischen Europa und dem Nahen Osten. Alle per Straße von Europa in den Nahen Osten beförderten Versandstücke, werden am Hauptsitz von DHL Supply Chain in Istanbul (Türkei) umgeschlagen. In der Türkei ist die DHL über drei, rechtlich selbstständige privatwirtschaftliche Unternehmen tätig: DHL Supply Chain, DHL Ex-

press und DHL Global Forwarding. DHL Supply Chain, bei der die Gewerkschaft TÜMTİS derzeit organisiert, verfügt über 25 Arbeitsstätten in der ganzen Türkei. Etwa ein Drittel der lokalen DHLExpress-Zweigstellen werden von Agenturen geführt. 4. Warum befindet sich TÜMTİS im Arbeitskonflikt mit DHL? TÜMTİS vertritt seit über einem Jahr Beschäftigte bei DHL Supply Chain. Aufgrund der Organisierungsaktivitäten wurden Beschäftigte entlassen: Das Management von DHL Türkei fing im April 2011 an, Mitarbeiter/innen zu entlassen. Bis Anfang August 2012 belief sich die Zahl der entlassenen Gewerkschaftsmitglieder auf 22. Das DHL-Management behauptet, dass die Beschäftigten entlassen wurden, da sie die Arbeitsschutzbestimmungen nicht eingehalten, keine Überstunden geleistet und andere Arbeitnehmer/innen dazu gebracht hätten, ebenfalls Überstunden zu verweigern. Allerdings verfügen die Arbeitnehmer/innen über von der DHLGeschäftsleitung anerkannte Arbeitszeitkarten, die belegen, dass sie Überstunden geleistet haben. Das türkische Arbeitsgericht hat bisher acht der Entlassungsfälle untersucht und für unzulässig erklärt. Die Gewerkschaft sieht dies als starkes Indiz dafür, dass die Beschäftigten aufgrund ihres Gewerkschafts-

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www.respectatDHLturkey.org beitritts entlassen worden waren. DHL hatte die Wahl, die Beschäftigten, die vor Gericht gewonnen hatten, entweder wiedereinzustellen oder ihnen eine Abfindung zu zahlen. Das Unternehmen entschied sich für die Abfindung. Entlassene Beschäftigte werden beim Arbeitsgericht von einem Rechtsanwalt der TÜMTİS vertreten, und sämtliche Prozesskosten von der Gewerkschaft getragen. TÜMTİS-Mitglieder und Mitarbeiter/innen von DHL Türkei berichten, dass das einschüchternde Verhalten seitens des örtlichen Managements von Tag zu Tag zunimmt. Sie berichten, dass Vertreter/innen des Unternehmens auf sie zugekommen sind und ihnen gesagt haben, dass sie aus der Gewerkschaft austreten müssen, da sie sonst ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Gewerkschaft ist davon überzeugt, dass auch weiterhin Beschäftigte von DHL entlassen werden, wenn dem Unternehmen nicht die nachdrückliche Botschaft überbracht wird, dass die internationale Gemeinschaft dies nicht akzeptiert. 5. Was wollen TÜMTİS und die Beschäftigten? Die entlassenen Beschäftigten möchten ihren Arbeitsplatz zurückhaben. Sie fordern auch das Recht, der TÜMTİS beizutreten sowie sich ohne jegliche Einschüchterung bzw. Entlassungsandrohungen gewerkschaftlich betätigen zu können. TÜMTİS appelliert an das DHLManagement, sich an die Ver-

pflichtungen des Unternehmens als globaler Arbeitgeber zu halten und die Entlassenen umgehend wiedereinzustellen, die Gewerkschaft nach türkischem Recht anzuerkennen und einen Kollektivvertrag für die Beschäftigten von DHL Türkei auszuhandeln. 6. Was ist mit international anerkannten Kernarbeitsnormen und sozialer Unternehmensverantwortung? Nach türkischem Gesetz ist Gewerkschaftsmitgliedschaft gültiges und grundlegendes Recht. Dies ist in den Artikeln 51-53 des Verfassungsrechts der türkischen Republik, Gewerkschaftsrecht Artikel 31, verankert. Die Türkei hat auch die Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Grundprinzipien und Rechte am Arbeitsplatz, wie etwa die IAO-Übereinkommen Nr. 87 und 98 über Vereinigungsfreiheit und Schutz des Vereinigungsrechts sowie das Recht auf Kollektivverhandlungen ratifiziert. DHL hat den Global Compact der Vereinten Nationen, ein Abkommen zwischen dem internationalen Lieferdienstgiganten und der UN über die Einhaltung universeller Prinzipien bei allen unternehmerischen Tätigkeiten weltweit, unterzeichnet. Der Global Compact enthält klare Leitlinien für multinationale Unternehmen im Hinblick auf Menschenrechte, Beschäftigung, Umwelt sowie Verhinderung von Korruption. Gemäß diesen Grundsätzen muss DHL Deutsche Post die gebotene Sorgfalt walten lassen, um Missbrauch oder Verstöße, die das

Unternehmen verursacht oder zu denen das Unternehmen beiträgt, zu beheben. Das heißt, dass Deutsche Post DHL dazu verpflichtet ist, die Verantwortung für die gesamte Geschäftstätigkeit und die Dienstleistungen des Unternehmens zu übernehmen. Das Unternehmen muss also unverzüglich bei der türkischen Geschäftsleitung intervenieren. In der unternehmenseigenen Verpflichtung zu sozialer Unternehmensverantwortung steht, dass DHL sich dazu verpflichtet, das Vereinigungsrecht der Beschäftigten ohne jegliche Einmischung von Managementseite anzuerkennen. 7. Ist das die erste internationale Kampagne der TÜMTİS? TÜMTİS organisierte von 2009 bis 2011 erfolgreich beim internationalen Logistikunternehmen UPS. Während der Mitgliederwerbekampagne wurden 162 Beschäftigte entlassen. Allerdings unterzeichnete UPS im Anschluss an eine nachhaltige und effiziente internationale Solidaritätskampagne, die von der ITF koordiniert und von allen Teilen der Gewerkschaftsfamilie mitgetragen wurde, am 24. Januar 2011 ein Protokoll mit TÜMTİS. Dies garantierte die Wiedereinstellung der meisten der 162 Arbeitnehmer/innen, die während der UPSOrganisierungskampagne aufgrund ihres Gewerkschaftsbeitritts entlassen worden waren,

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www.respectatDHLturkey.org und dass TÜMTİS künftig ungehindert ihrer Organisationsarbeit in UPS-Betrieben nachkommen kann. 8. Wer sind die Kunden der DHLLagerhäuser? In der Türkei nehmen etwa 150 Unternehmen die DHL-Lagerhäuser in Anspruch. Lagerhäuser auf der anatolischen Seite in Esenyurt und Kıraç werden von großen Pharmaunternehmen wie Novo Nordisk und Johnson & Johnson benutzt. Lagerhäuser auf der europäischen Seite werden von großen Unternehmen aus vielen Branchen, darunter IKEA, Nestlé und Kraft, in Anspruch genommen. Es folgt eine kurze Liste einiger dieser Unternehmen: Merck Sharp Dohme, Novo Nordisk, Lund Beck, Cilag Janssen, Bahringer Ingelheim, Johnson Medikal, BMS, Eli Lilly&Company, Eczacıbaşı, Chiesi, H.M. Textile, Takeda, Covidien, Astellas, Intesdis, Merk, Jonson Ote, Genzyme, Pensa Pharma, Phere Fabre, Aktellan, Lilly Elanco, Celgene, Teofarma, Guerbet, Şaya Textile, Nestlé, IKEA, Samsung, LG, Novartis, Henkel, Kraft, Ford, Vaillant, Kipa, Marshall, Dyo

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