ew i v e r /P e b o r Lesep
Vorwort Im Sommer 2018 startete das Goethe-Institut Indonesien einen offenen Aufruf für eine Reise nach Berlin, die eine besondere Gelegenheit zum internationalen Netzwerken bot. Im Blickfeld des Austauschs: Feminismus und Populärkultur. Aus den Hunderten von Bewerbungen, die hochmotivierte feministische Aktivist*innen, Künstler*innen und Journalist*innen aus Südostasien, Australien und Aotearoa einsendeten, wurden schließlich 16 Teilnehmer*innen ausgewählt. Der vom Missy Magazine ausgerichtete gemeinsame Aufenthalt in Berlin im August 2018 bescherte ihnen allen nicht nur eine aufregende Zeit vor Ort, gefüllt mit lebhaftem Austausch (und Spaß!), sondern erwies sich auch auf lange Sicht als äußerst fruchtbar. Anna Maria Strauss, Organisatorin der Reise und zu dem Zeitpunkt Leiterin der Programmarbeit in der Region, lud die Teilnehmer*innen zu einem Folgetreffen im Februar 2019 nach Jakarta ein. Zu den Fragen, die während der in diesem Rahmen durchgeführten Sessions aufgeworfen wurden, gehörten unter anderem: Wie könnte die Gruppe die enorme Dynamik nutzen, die sich während des Austauschs in Berlin und darüber hinaus entwickelt hatte? Wie würden sich ihre feministischen Bestrebungen noch nachhaltiger gestalten und einem breiteren Publikum vermitteln lassen? Ein immer wieder diskutiertes Thema stellte der Mangel an Archiven für feministische Aktivismen dar. Feministische Kämpfe und Beiträge, die nach wie vor viel zu selten Eingang in Geschichtsbücher und (pop-) kulturelle Kanons finden, bleiben unsichtbar. Das Ergebnis: Jede neue Generation von Feminist*innen spürt die Notwendigkeit, das Rad neu zu erfinden. Einer der Vorschläge, wie sich der Verlust feministischer „Herstories“ verhindern ließe, bestand darin, diese in der Form von Comics festzuhalten. In diesem Fall hieße das, die „Herstories“ nicht nur zu archivieren, sondern darüber hinaus für viele potenzielle Leserinnen und Leser unterschiedlichster Hintergründe zugänglich zu machen – Comics besitzen eine enorme popkulturelle Anziehungskraft. Dank einer Sonderförderung des Goethe-Instituts war es möglich, im Jahr 2020 einen weiteren offenen Aufruf zu starten – dieses Mal für die Erstellung von Comics über feministische Bewegungen. In den letzten Jahren ist zwar eine beeindruckende Zahl äußerst erfolgreicher feministischer Graphic Novels erschienen – so sind beispielsweise die Comics der schwedischen feministischen Künstlerin Liv Strömquist in unzählige Sprachen übersetzt worden – doch fanden Feminismen des Globalen Südens und weitaus weniger noch die Kämpfe indigener feministischer Aktivistinnen Beachtung. Entsprechend wurde dieser Schwerpunkt gesetzt. Angesichts zunehmender Naturkatastrophen im Zusammenhang mit der fortschreitenden Ausbeutung der Erde wird allzu deutlich, dass der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit immer auch mit dem Kampf für den Erhalt des Planeten
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verbunden sein muss. Indigene Feministinnen, die den Begriff „Geschlechtergerechtigkeit“ aufgrund seiner westlichen Prägung häufig vermeiden, haben genau diese Sensibilität für die ökologische Bedingtheit unseres Seins. Daher ist es notwendig, dass die ganze Welt ihnen zuhört und von ihnen lernt. Wir waren überaus positiv überrascht, 218 Bewerbungen von 325 Bewerber*innen aus 42 Ländern zu erhalten, und es war eine große Freude, so viele Menschen und Kollektive kennenzulernen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit und Ökologie einsetzen. Gemeinsam mit einer hochkarätigen Jury, bestehend aus Urvashi Butalia (Indien), Aua Mendes (Brasilien) und Johann Ulrich (Deutschland) haben wir 16 Geschichten ausgewählt, die den Reichtum und die Vielfalt der unterschiedlichen Bewegungen repräsentieren (zehn sind in diesem Buch versammelt, die übrigen werden auf www.goethe.de/movementsmoments veröffentlicht). Neben der Bewertung in den Kategorien „Künstlerische Relevanz“, „Erzählerische Qualität“ und anderen haben wir auch versucht, eine ausgewogene Gewichtung von Themen, Geografie und historischen Epochen zu erreichen. Dies ist uns leider nicht völlig überzeugend gelungen. Während des gesamten Projekts hat uns begeistert, Teil dieser Gruppe von Künstler*innen, Autor*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen zu sein, die voller Enthusiasmus ans Werk gingen, um die Geschichten hör- und sichtbar zu machen. Sie kommen ohne Ausnahme aus dem Globalen Süden. Einige haben indigene Wurzeln, andere nicht; die meisten identifizieren sich als weiblich, einige nicht; manche sind Comic-Profis, aber andere wiederum haben sich couragiert zum ersten Mal an ein längeres Comic-Format gewagt, um ihre Geschichten zu erzählen. Sie alle verband der große Respekt vor den Menschen und vor den Bewegungen, die sie porträtierten, sowie der Wunsch, voneinander zu lernen. Amruta Patil (Indien) und Nacha Vollenweider (Argentinien) standen den Autor*innen als Mentorinnen zur Seite, da diese zuvor ihr Interesse an einer Begleitung durch erfahrene Künstler*innen im Genre der Graphic Novels geäußert hatten. Ohne ihre unschätzbare Unterstützung hätte dieses Projekt nicht in dieser Qualität realisiert werden können. Letztlich ist dieses Buch ein Versuch, noch einmal aufzuzeigen, worum es beim Feminismus geht: Es ist das kollektive Streben, miteinander zu teilen, voneinander zu lernen und gegen Diskriminierung, Machtmissbrauch und Ausbeutung zu kämpfen. Wir danken allen, die bereit waren, ihre Geschichten zu teilen. Und wir sind zutiefst beeindruckt von dem Mut und der Stärke der indigenen feministischen Aktivist*innen, die für Gerechtigkeit gekämpft haben und weiterhin kämpfen. Wir hoffen, dass Sie als Leser*innen ebenso viel Freude an diesen inspirierenden Geschichten haben werden wie wir. Sonja Eismann, Maya, Ingo Schöningh
Künstler*innen:
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