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Ausgabe 01/2013
Heft 5
Keinerlei kommerzielle Vermarktung, die Bereitstellung dieses Magazin erfolgt kostenneutral über das Internet. Verantwortlich für den Inhalt sind die jeweiligen Autoren und Fotografen der Artikel.
Naturfotografen-for-Nature MAGAZIN
Fotoziele: Marokko - Singvögel und Wüstenlandschaft Zum Vogelzug nach Helgoland Tierportrait: Der Häherkuckuck Interview: Kranichschutzverein Kurztrip: Winter auf Jasmund Technik: Erfahrungen mit der Nikon 1
Vielen Dank
f端r die Unterst端tzung bei unserer Wanderausstellung!
Vorwort Naturschutz, Social Media, GDT Naturschutz ist und bleibt ein Dauerbrenner. Dem Wandel der Zeit unterliegt allenfalls der Umgang mit den Themen der Zeit, die Art der Präsentation und - leider - die Tiefe der Beschäftigung mit Meldungen dazu. Einige schöne Beispiele dazu finden wir auf der Social Media Plattform schlechthin. So stelle ich mir immer wieder die Frage, wie man Berichte zum sinnlosen Abschlachten von Walen, den versehentlichen Abschuss von einem Wolf, etc., „liken“ kann. In mir drängt sich da die Vermutung auf, das die Schnelllebigkeit des Netzes auch hier nicht Halt macht. Die wenigsten den Beitrag richtig lesen, noch viel weniger einem Link folgen, um ganze Artikel anzuschauen, zu lesen, zu verstehen. Berichterstattung und Berichtkonsum werden scheinbar immer oberflächlicher. Eine Agentur schreibt von der anderen ab und wir sind mittendrin. In einem Beispiel veröffentlicht ein Fotograf und Jäger ein Bild einer Fuchsjagd, bei welchem das Tier nach Aufbruch des Baus an den Hinterläufen gepackt aus dem Bau gezogen und durch die Luft Richtung Feld geworfen wird. Leider versäumte es der Bildautor, diesem Bild einen Text hinzu zu fügen, welcher das Bild in einem verständlichen Kontext erschienen ließ. Die Distanzierung von dieser Art des Jagdverhaltens kam viel zu spät und nur auf Druck der Öffentlichkeit. Die Diskussionen auf Facebook nahmen teils unterirdische Formen an, sollten die Schreiber ihren Aussagen Taten folgen lassen so kann einem Angst und Bange werden. Schaue ich mir dann noch an, welche Bilder die Beteiligten posten, wie sie es anstellen und sich in der Natur bewegen, um eben diese Aufnahmen zu machen, dann kann ich mich des Eindrucks einer gewissen Heuchelei nicht erwehren. Vor dem Tippen einfach einmal nachdenken kann ich da nur empfehlen. Auch Seminare zur Selbstreflektion sollen schon hier und da Hilfe geleistet haben... Auf den Forumsseiten der GDT distanzierte sich diese (Folgerichtig) von
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ihrem Mitglied, eine Menge an Meinungen wurde im Forum geäußert. Dem Grunde nach finde ich das gut und richtig. Trotzdem muss sich auch die GDT fragen lassen, wie sie zum aktiven Naturschutz steht. Ich will gar nicht vermuten, ob der Fotograf mit diesem Bild und einem entsprechenden Text nicht sogar bei der GDT einen Preis gewonnen hätte. So ist es eben mit der Macht von Bildern und einer bereits bestehenden Meinung des Betrachters. Und noch eine Frage treibt mich um. Was genau tut diese anerkannte, respektierte Fotografenvereinigung aktiv für die Natur? Wo sind die Projekte, welche unterstützt werden? Was passiert mit den Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen? Ich kann das nicht beurteilen. Die Macht, aktiv Einfluss zu nehmen, hätte sie sicherlich. Dem Aufruf die Natur zu schützen folgen per Klick auf den Social Media Plattformen sehr schnell sehr viele Menschen. Von einem Klick jedoch ändert sich nichts. Anpacken, aktives Gestalten, einfach persönlich Mitmachen, nur davon ändert sich etwas. Mit unseren Aktionen wollen wir genau dies tun. Neben unseren Kalenderverkäufen für einzelne Projekte, starten wir in diesem Jahr erstmals eine Wanderausstellung, deren Einnahmen jeweils in kleine, bedürftige regionale Projekte fließen sollen. Unser Projekt startet im Zoo Heidelberg am 18. Mai 2013. Die Ausstellung findet gemeinsam mit der NABU Gruppe Heidelberg statt, die eingenommenen Spenden fließen dann in das regionale Projekt zum Schutz der Wanderfalken. Jan Bleil im März 2013
Jan Bleil Redaktion und Layout NFN-Magazin Naturfotograf aus Leidenschaft
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Naturfotografen for Nature Magazin
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Nationalpark Jasmund oder Winterzauber auf Rügen
Bilder zur kalten Jahreszeit haben ihre ganz eigene Faszination. Sie beeindrucken mit anderen Farben und geben der Natur ein völlig neues Aussehen. Dies gilt für den Nationalpark Jasmund mit seiner Kreideküste gleichermaßen.
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Fotoziel Marokko Christine Jung begeistert uns mit einem weiteren ihrer ganz wunderbaren Reiseberichte. Wieder einmal war sie gemeinsam mit ihrem Partner Mathias Schäf unterwegs. Sie gibt uns Tips für den Besuch des Landes und berichtet von ihren Erfahrungen dort.
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Spendenprojekte 2011/12
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Kalenderverkauf und Workshops sollten wieder Geld für den Naturschutz einbringen. Hier können Sie nachlesen, was an Spenden für die gewählten Projekte eingenommen werden konnte..
Projekt Paasmühle e.V. Unser Projekt Nummer 2 im Jahr 2013 ist die Greifvogelschutzstation Paasmühle e.V., welche praktischen Naturschutz lebt. Einer kurze Vorstellung des Vereins und seiner Arbeit sollen einige Zeilen gewidmet sein.
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Zum Vogelzug nach Helgoland Folgen Sie Hartmut Feht auf seiner Reise auf die Insel der Basstölpel, Lummen und Robben. Erhalten Sie wertvolle Tipps und Tricks für ihren Inselbesuch.
40 Der Häherkuckuck Den schönen spanischen Brutparasiten hat Marion Vollborn für uns beobachtet und dabei ganz wunderbare Bilder mitgebracht. Tauchen Sie ein in das Leben des Häherkuckucks.
NFN Empfehlung Literatur
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NFN - Wir stellen aus!
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Nationalparke stehen ebenso für die schützenswerte Natur, wie die Arktis. Passend dazu stellen wir zwei wunderbare Bücher vor, zum lesen, staunen und lernen gleichermaßen.
Gemeinsam mit dem NABU und dem Heidelberger Zoo gestalten wir eine Ausstellung mit Bildern der heimischen Natur. Wir unterstützen damit die AG Wanderfalkenschutz der NABU Gruppe Heidelberg
NFN Interview 52 Unser diesjähriges Projekt: Der Verein zum Schutze und Erhalt des Kranichrastplatzes Rügen Bock-Region e.V., Inhalte, Ziele, aktuelle Arbeiten. Jan Bleil im Interview mit Georg Rüting, dem Vereinsvorsitzenden.
NFN Tipps - Nikon 1
Kevin winterhoff teilt mit uns seine Erfahrungen im Umgang mit Nikons spiegellosen System.
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NFN - Buchtipp: Florian Schulz
Ein Jahr in der Arktis Wer von Ihnen, liebe Leser, in Lünen beim letztjährigen Internationalen NaturfotoFestival der GDT war, der wird sich ganz sicher an den Vortrag von Florian Schulz erinnern. Für mich persönlich war dieser Vortrag das Highlight eines wunderbaren
NFN - Buchtipp: Succow, Jeschke, Knapp
Naturschutz in Deutschland Rückblicke-Einblicke-Ausblicke Die Nationalparke in den neuen Bundesländern haben eine bewegte Geschichte. Heute sind sie wesentlicher, fast selbstverständlicher Bestandteil unseres Landes. Die gilt ebenso für jene in den alten Bundesländern. Die Autoren berichten über die Entwicklung der Parke und geben einen Ausblick auf die kommenden Jahre in Deutschland. Naturinteressierten erhalten interessante Einblicke und vielleicht wird sogar die Lust gewekct, bisher unbekannte Gebiete zu besuchen. Gebundene Ausgabe: 336 Seiten Verlag: Ch. Links Verlag; Auflage: 1., Aufl. (19. September 2012) ISBN-10: 3861536862 ISBN-13: 978-3861536864 Größe: 25,4 x 21,6 x 3 cm
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Wochenendes. Nun haben wir die Möglichkeit, die Bilder und die zugehörige Geschichte nochmals zu erleben. Neben den teils gewaltigen Bildern schafft es der Autor, die Notwendigkeit zum Schutze der Natur ebenso glaubhaft wie eindrucksvoll zu vermitteln. Gespickt mit teils sehr persönlichen Erlebnissen bekommt auch dieses Buch unsere Empfehlung. Naturliebhaber und Fotografen werden ihre Freude beim Blättern im Buch haben.
Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit National Geographic. Für einen Naturfotografen kann es wohl kaum eine höhere Auszeichnung geben. Gebundene Ausgabe: 212 Seiten Verlag: National Geographic Deutschland; Auflage: 1., Aufl. (6. Dezember 2012) ISBN-10: 3866903006 ISBN-13: 978-3866903005 Größe: 38,8 x 26 x 2,4 cm
N F N - S P E N D E N P R O J E K T E 2 0 11/12
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P
rojekterfolge der NFN
2011/12 in Rheinland-Pfalz kamen dieses Mal die Einnahmen zu Gute. So konnten wir insgesamt stolze 1.320€ übergeben!
Die Unterstützung für den Kranichschutzverein aus dem Jahre 2012 läuft noch. Wir haben die Kalender dem Verein kostenfrei zur Verfügung gestellt. Einen Abschluss können wir erst Von links: Michael Schmolz, Geschäftsführer der GNOR - Dr. Peter Keller, Vorstandsvorsitzender der GNOR - Melanie Wagner, Mitarbeite- machen, wenn auch die rin im NaturErlebnisZentrum - Anne Laux, Mitarbeiterin im NaturErlebnisletzten Kalender verkauft Zentrum und unsere Christine Jung worden sind. Aktuell ist der Durch den Verkauf unseres Kalenders, Kranich-Utkiek© in Hohensowie durch direkte Spenden, konn- dorf wieder geöffnet. Wer also noch ten wir auch im Jahre 2011 wieder einen Kalender benötigt, schaut dort ein Projekt unterstützen. Der Wildkatze einfach einmal vorbei.
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Paasmühle e.V.
Links:
Paasmühle e.V. www.paasmuehle.de
Am 18. Mai startet die gemeinsame Wanderausstellung „Faszination Natur“ der Naturfotografen for Nature und des NABU Heidelberg im Heidelberger Zoo. Die Ausstellung wird um 14.30 Uhr eröffnet und die Bilder können dann bis zum 18. August bestaunt werden. Im Rahmen der Eröffnung werden der NABU Heidelberg und die Naturfotografen for Nature näher vorgestellt und im Laufe der Ausstellung der ein oder andere spannende Vortrag angeboten. Besonders am Herzen liegen uns zwei regionale Projekte zum Schutz der Wanderfalken und der Feldhamster. Für die AG Wanderfalkenschutz möchten wir außerdem mit Hilfe der Ausstellung zu einer Spendenaktion aufrufen. Die AG Wanderfalkenschutz setzt sich seit vielen Jahren für die Wanderfalken in der Region Heidelberg ein und die Bruterfolge der Falken, die in Heidelberg in der Heiliggeistkirche nisten, können regelmäßig per Webcam von Besuchern aus aller Welt beobachtet werden.
Links:
ZOO Heidelberg - Ausstellung www.zoo-heidelberg.de/Termine AG Wanderfalkenschutz Heidelberg www.ag-wanderfalken.de
N FN - WAN D E RAU S T E LLU N G
Seit mehr als 20 Jahren leitet Thorsten Kestner die Vogelauffangstation „Paasmühle“ in Hattingen. Auf ca. 15 .000 Quadratmetern sind mehrere Teichanlagen, einige Wasservogelgehege, zehn Volieren und eine Krankenstation untergebracht. Ungefähr 700 bis 800 Vögel im Jahr versorgt Thorsten Kestner und sein Team dort ehrenamtlich. Die kranken Tiere werden von Privatpersonen, Tierarztpraxen, Tierschutzvereinen und Behörden zur Paasmühle gebracht. Es werden dort verletzte, zum Teil auch schwer verletzte Vögel oder Findlinge, die dort abgegeben wurden, gesund gepflegt. Viele von ihnen sind laut Kestner durch Autounfälle, Stacheldraht, Strommasten, Angelhaken oder Schüsse verletzt worden. Manchmal sind es auch vergiftete Vögel oder Tiere von Ölunfällen. Nach ärztlicher Versorgung (u.a. Dr. Ludger Kamphausen - Leiter Taubenklinik) und hervorragender Pflege können fast alle „Patienten“ wieder ausgewildert werden. Im Jahr 2011 wurde die Paasmühle dann ein eingetragener Verein, mit dem Ziel, eben einen Beitrag zur Arterhaltung der heimischen Tierwelt zu leisten. Einen besonderen Fokus legt der Verein auf Förderung, Schutz und Erhalt einer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt in Nordrhein-Westfalen.
NFN & NABU Gruppe Heidelberg: Wanderausstellung startet im Zoo Heidelberg
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Text und Fotos: Jan Bleil
Nationalpark Jasmund oder
R端gens Kreide im Winterzauber
Wenn es den Fotografen beim Anblick aktueller Fernsehbilder in den Fingern juckt, wenn er seit Jahren vor hat die Kreidek端ste im Winter zu fotografieren und sich nun endlich die Gelegenheit dazu ergibt, dann gibt es kein Halten mehr.
Der Rasende Roland
Die Entscheidung
Das ganze Wochenende schon war ich unruhig. Bereits zwei Wochen vorher hatte ich eine Kurzreise auf die Insel Rügen geplant. Die Kreideküste, insbesondere der phänomenale Ausblick von der Viktoriasicht ließen mich nicht mehr los. Im Oktober 2012 konnte ich wunderbare Aufnahmen der Kreideküste, umrahmt von den in allen erdenklichen Farben leuchtenden Buchenwäldern machen. Die Idee, diese Motive zu verschiedenen Jahreszeiten im Bild festzuhalten, war bereits vor einigen Jahren geboren. Jedoch hat es mit einer Fotoreise im Winter nie geklappt. Entweder spielte das Wetter nicht mit, oder aber ich hatte einfach keine Zeit. Umstände, die Sie, liebe Leser, sicher nachvollziehen können. Die Absage zur Reise zwei Wochen vorher ärgerte mich noch immer. Jetzt saß ich daheim und sah die tolle weiße Pracht auf der Insel im Fernsehen. Meiner besseren Hälfte blieb dies nicht verborgen und irgendwann am Sonn-
tag Nachmittag sagte sie: “Du nervst! Fahre mit Gott, aber fahre!“. Nun, sofort klärte ich die notwendigen zwei Tage Urlaub und während das Rheinland sich auf den Rosenmontag mit seinen Umzügen freute, setzte ich mich morgens um 02:36 Uhr ins Auto und fuhr auf die Insel.
Der Nationalpark Jasmund
Dieser im Nordosten der Insel Rügen liegende Nationalpark umfasst eine Fläche von rund 3.100 ha, welche sich auf 2.400 ha Land und 700 ha Wasser verteilt. Er erstreckt sich vom Sassnitz bis Lohme. Die Stubnitz reicht bis auf 161m über die See hinauf, ihr Fundament besteht im überwiegenden Teil aus Kreidekalk. Sie wird bedeckt von einem wunderbaren Buchenwald. Wohl DAS Highlight allerdings bildet die Kreideküste, eine Steilküste, welche immer-währender Veränderung unterliegt. Den Höhepunkt bildet der Königsstuhl, welcher um die 118m über das Meer hinauf ragt. Wer schließlich kennt nicht die berühmten Gemälde von Caspar David Friedrich, welche in grandioser
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Weise diese unbeschreibliche Natur wiedergeben? Kreidefelsen, Buchenwälder, dazu kleine Quellen, Bäche, Moore und nicht zuletzt das Meer, all dies umfasst der auf der gleichnamigen Halbinsel liegende Nationalpark. Immer wieder gibt es Diskussionen um die Naturbelassenheit der Küste. Denn Abbrüche gehören zum Alltag und damit einhergehend sind nach und nach die Menschen davon betroffen, welche dort Häuser oder Gartenlauben haben. Denn die Abbruchkante kennt kein Erbarmen. Derzeit ist die Philosophie des Nationalparks „Natur Natur sein lassen.“. Natürlich sind die Interessen beider Seiten nachvollziehbar. Und natürlich können all Jene, die selbst nicht betroffen sind, uneingeschränkt die Ziele des Nationalparks unterschreiben. Allerdings scheint mir ein derartiger Umgang innerhalb der Gesellschaft zu eindimensional und zu einfach. Es ist schwer, Dialoge zu führen, welche erklären und begründen, stichhaltige Argumente hervor zu bringen und dabei die Beweggründe des Gegenübers zu verstehen und zu respektieren. Natürlich muss am Ende eine Entscheidung her. Aber jenen, die seit Jahren dort leben, nun zu sagen sie wären selber Schuld daran, dort gebaut zu haben, ist mir persönlich zu einfach. Ich denke, hier wird das Konfliktpotenzial in den kommenden Jahren eher steigen. Es wartet noch eine Menge Überzeugungsarbeit auf die Nationalparkverwaltung und die Naturschützer.
dung. So zog ich mir festes Schuhwerk an, nahm meine 5D MKIII, das 17-40 und das 70-200 zusammen mit einigen Filtern und machte mich auf den Weg. Die 2.500m führen den Besucher durch den Buchenwald in Richtung Nationalparkzentrum. Ganz alleine unterwegs, genoss ich den Anblick der Schnee bedeckten Buchen. Ein Rudel Rotwild, angeführt von einem prächtigen Hirsch, querte meinen Weg. Hier und da riss der Himmel nun auf. Mein Blick ging unweigerlich gen Himmel. Eingerahmt von den hohen Buchen um mich herum fühlte ich mich klein. Tausende von kleinen Armen reckten sich bis in die Fingerspitzen als wollen sie die Wolken am Himmel kitzeln. Ein tolles Bild! Ein Bild? Na klar, also Kamera raus und auf den Chip gebannt! Dann bekam ich doch für einen kurzen Moment Besuch von einer Spaziergängerin mit zwei Hunden, welche aber bereits nach kurzer Zeit umkehrte. So ging ich weiter den Weg Richtung Königsstuhl. Rechts und links des Weges gab es immer wieder kleinere Moore und Teichlandschaften. Ganz friedlich lag die Landschaft vor mir. Einzig der Wind brachte Veränderung in den Anblick. Der bahnte sich seinen Weg durch die nackten Kronen der Buchen und brachte sie damit dazu, hier und
Himmelstürmer und Zuckerhüte
Gegen 08:00 Uhr kam ich nach einer relativ entspannten Fahrt am Parkplatz in Hagen an. Schon die Fahrt über die Insel, welche durch teils märchenhaft verschneite Wälder führte, belästigte mich in meiner spontanen Entschei-
Aussichtskorb an der Viktoriasicht
Blick von der Viktoriasicht hinaus auf die Ostsee und die Kreidek端ste
Weißstorch (Ciconia ciconia) © Christine Jung Blick von der Viktoriasicht hinaus auf die Ostsee und die Kreideküste
Fast habe ich es geschafft, als ich die Restaurationen aus DDR-Zeiten passiere und der Beschilderung zur Viktoriasicht folge. Diese hat ihren Namen 1885 vom damaligen König von Preußen, Wilhem I., erhalten, als dieser mit der Kronprinzessin Victoria, seiner Schwiegertochter, diese Stelle besuchte. Am Ziel angekommen, legte ich meine Fototasche auf die kleine Bank und stellte mich in den Aussichtskorb. Der Blick war phänomenal. So hatte ich mir das gewünscht. Der kalte Wind, so schien es, wollte es mir nicht leicht machen und blies nun stetig. Hier oben konnte er so richtig zeigen, wer das Sagen hatte.
Königsstuhl im Winter
da Schnee abzuwerfen. Immer wenn das der Fall war, entwickelte sich ein Dominoeffekt und ich kam mir vor, als würde es schneien. Die Bewirtschaftung der Buchenwälder findet nicht mehr statt. Doch der Wildbesatz stellt eine große Herausforderung dar. Die Mengen an Dam- und Rotwild müssen reguliert werden. Sie hindern den Wald an der notwendigen Verjüngung, zu süß sind die Verlockungen, junge Sprösslinge zu verspeisen. Ebenfalls ein Opfer wahrscheinlich des Damwildes sind die Orchideen in den Kalkbuchenwäldern. Insbesondere der Frauenschuh scheint auf den Küstenhängen ein Opfer des Damwildes geworden zu sein (Lebrecht Jeschke/
Hans Dieter Knapp, Nturschutz in Deutschland).
Aber ich war nicht gekommen, um nun klein bei zu geben. Ich nahm die Kamera aus der Tasche, setzte den Filter davor und schaute nochmals auf mein Handy. Hier hatte ich die Bilder des letzten Herbstes gespeichert. So konnte ich versuchen, mich den damaligen Bildausschnitten anzunähern , um später einen schönen Vergleich über den Wandel der Jahreszeiten zu haben. Das Farbspiel der kalten Ostsee von der Küste weg hinaus in die tieferen Bereiche war umwerfend. Wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, man könnte es kaum glauben. Unter mir die kleine Stubbenkammer mit ihren beiden heraus ragenden Kreidekliffen war bedeckt vom frischen Schnee der letzten Nacht. Ein herrlicher Anblick! Wie Zuckerhüte sahen sie aus. Die Bäume, welche unten das Ufer säumten, erschienen ohne gefüllte Krone noch kleiner. Ich machte meine Bilder und freute mich wie ein kleiner Junge. Dann ging es einige Meter weiter Richtung
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Blick von der Viktoriasicht
Norden, um den Blick auf den Königsstuhl ins fotografische Visier zu nehmen. Noch immer war ich ganz alleine hier oben. Es war einfach wunderbar! Zurück fuhr ich dann mit dem Bus zum Parkplatz und suchte mir nach einem leckeren Brunch mit Freunden noch eine Stelle, an welcher ich den Rasenden Roland fotografieren konnte. Auch dies gelang, wenn auch noch nicht ganz zufrieden stellend. Mit der nun aufsteigenden Müdigkeit in den Knochen ging es ins Hotel, um eine erholsame Nacht zu verbringen. Am kommenden Morgen war der Himmel dicht und verhangen, es war zu dunkel für eine Sonnenaufgangsaufnahme unterhalb der Steilküste. So ging es nach dem Frühstück mit dem Auto wieder gen Heimat. Im Sommer bin ich wieder vor Ort, dann stehen weitere, spannende Motive der
Insel und des Nationalparks auf dem Programm. Bis dahin zehre ich vom Anblick der gemachten Bilder und erfreue mich daran.
Jan Bleil
ist Mitglied der Gruppe Naturfotografen-for-Nature und im Kranichschutzverein. Die Naturfotografie ist sein Hobby, in diversen Magazinen veröffentlicht er regelmäßig Artikel und Bilder. Geboren 1971 in Rostock lebt er seit vielen Jahren in Dortmund, hat jedoch die Liebe zu seiner Heimat nie verloren. www.janbleil.de
Informationen: Nationalpark Jasmund http://www.nationalpark-jasmund.de Rasender Roland http://ruegensche-baederbahn.de Kreidemuseum Rügen
Marokko
Dezember 2008 / Januar 2009
Von Christine Jung Seit Mathias im Jahr 1992 einen Bericht über Vögel im Winter in Marokko in der Limicola gelesen hat, hegte er den Wunsch, selbst einmal im Winter in dieses Land zu fahren. Als er nun 16 Jahre später den Vorschlag machte, dieses in die Tat umzusetzen, war ich anfänglich wenig begeistert. Vorurteile und eher schlechte Erfahrungen aus Tunesien geisterten durch meinen Kopf. Trotz allem stimmte ich am Ende zu – und um vorneweg zu greifen: Ich habe diesen Entschluss nicht bereut. Nach einer ausgiebigen Literaturrecherche im Internet und dem Austausch mit anderen Fotografen und Birdern brachen wir kurz nach Weihnachten zu der dreiwöchigen Marok-
korundreise auf. Nach nur 4 Stunden Flug landeten wir in Agadir, wo uns eine völlig andere Kultur empfing: Am Flughafen wimmelte es von Menschen in weißen, wallenden Gewändern, die gerade mit einer anderen Maschine angekommen waren. Wir kämpften uns durch die Menschenmenge und die entsprechenden Gepäckberge, holten unser Mietauto ab und machten uns auf den Weg nach Guelmim, einem Ort 200 km südlich von Agadir. Auf dem Weg dorthin bekamen wir trotz des Regens schon einmal einen Eindruck von der landschaftlichen Vielfalt Marokkos. Nach einem Beinaheunfall kamen wir schließlich in dem ausgewählten Hotel in Guelmim an und blieben dort 4 Nächte. Guelmim Am nächsten Morgen machten wir uns trotz des Regenwetters auf, um die Gegend südlich von Guelmim zu
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erkunden. Hier sollten laut Limicola -Bericht aufgrund einer hohen Nagerdichte viele Greifvögel vorkommen. Landschaftlich handelt es sich bei dem Gebiet um eine Steinwüste, so dass auch fast alle der Wüstenarten dort anzutreffen sein sollten. Das Gebiet ist riesig, weshalb wir erst einmal eine lange Strecke an der Straße entlang gefahren sind und immer wieder angehalten haben, um mit dem Fernglas die Umgebung zu scannen. Viele der farblich sehr gut an dieses Habitat angepassten Vögel lassen sich nur auf diese Weise entdecken. Ab und zu gehen Schotterpisten von der Straße ab. Manchen sind wir gefolgt, doch meist hat es sich als fotografisch nicht sehr ergiebig erwiesen. In den meisten Fällen haben wir von der Straße aus dem Auto heraus fotografiert, da die Vögel an der Straße weniger scheu waren. An einem Hang haben wir in einiger Entfernung ein Knackerlerchenpärchen entdeckt und versucht, diese zu Fuß zu fotografieren. Zu unserem Erstaunen waren sie wenig scheu, so dass dies sehr gut geklappt hat.
Knackerlerche in der Umgebung von Guelmim
Dieses Gebiet eignet sich wunderbar, um Fahlbürzelsteinschmätzer zu fotografieren, die in unbewohnten Nagerbauten brüten und jetzt im Januar sogar schon mit dem Nestbau beschäftigt waren. Auch Wüstensteinschmätzer und der hübsche Diademrotschwanz
kommen hier vor. Obwohl letzterer im Vogelbuch als wenig scheu bezeichnet wird, haben wir eher das Gegenteil erlebt. Es leben auch diverse Lerchen-
Flussregenpfeifer in der Umgebung von Guelmim
arten in dem Gebiet und mit etwas Glück und Geduld gelingen – wie im Fall der Knackerlerche – gute Aufnahmen. Da es ein recht feuchter Winter war, gab es neben der Straße immer wieder größere Pfützen und an einer hielten sich Flussregenpfeifer und ein Zwergstrandläufer auf. Limikolen in der Wüste! Wüstengimpel hört man meist erst, bevor man sie sieht. Sie fressen Pflanzensamen und da die Pflanzen oft direkt neben der Straße wachsen, ergeben sich hier immer wieder gute Fotogelegenheiten. Um Agadir Nach diesem ersten Eindruck in der Wüste sind wir zurück Richtung Agadir, um uns hier die Avifauna an den Flüssen (Oued Souss und Oued Massa südlich von Agadir) und die letzten freilebenden Waldrapps bei Tamri nördlich von Agadir anzuschauen. Leider haben sich hier unsere Erwartungen nicht ganz erfüllt. Der Oued Souss ist für Autos gesperrt, so dass man hier seine Fotoausrüstung tragen müsste. Aus diesem Grund sind wir nur ein Stück ohne Ausrüstung am Fluss entlang gelaufen. Gesehen haben wir einiges, doch kamen uns die Vögel recht scheu vor. Außerdem
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Hausammer in Massa
Waldrapp bei Tamri
Ohrenlerche in Oukaimeden
Saharohrenlerche bei Boumaine de Dades
macht die Breite des Flusses und die daraus resultierenden großen Entfernungen zu den Motiven ein Fotografieren schwierig. Am Oued Massa ist es ähnlich: Bei den letzten 3 km bis zur Flussmündung handelt es sich um einen Nationalpark, der für Autos gesperrt ist. 6 km mit großer Ausrüstung abzulaufen war uns dann doch zu viel. Die Straße zum Nationalpark verläuft oberhalb und ein Stück neben dem Fluss und wir wissen nicht, ob man im Nationalpark näher an den Fluss herankommt. Damit wir nicht ganz umsonst vor Ort waren, sind über das Hochplateau nach Sidi Rabat, dem Ort, der in der Nähe der Flussmündung liegt, gefahren. Laut unseren Büchern kann man hier Rennvögel, Flughühner und Triele sehen, nach denen wir jedoch stundenlang ohne Erfolg gesucht haben. Am nächsten Tag haben wir uns deshalb einen Guide genommen (nicht zu verfehlen ;-)), der uns Rennvögel zeigen wollte. Und siehe da: Nach 30-minütiger Suche hatte er einen gefunden. Zum Fotografieren war er jedoch nicht geeignet, da er sich mitten auf einem Feld aufhielt und beim Anpirschen zu Fuß das Weite suchte. Dieser Rennvogel sollte dann auch der einzige des ganzen Urlaubs bleiben. Für Rennvögel war es wohl doch etwas zu früh; im Frühling, wenn sie aus ihrem Winterquartier zurückkehren, sind die Chancen sicherlich besser. Mit den Guides sollte man sich übrigens vorher auf einen Preis einigen; zu uns hatte er gesagt: Gebt, was ihr wollt. Der Betrag, den wir ihm geben wollten, passte ihm nicht, woraufhin die Verhandlungen losgingen. Am Ende haben wir uns einigen können. Zurück zu den Vögeln. Kurz vor Sidi Rabat hat ein Pärchen Steinkäuze einige Steinhaufen zu seinem Revier erklärt und dort ließen sie sich wunderbar fotografieren. Im Ort Massa selbst gibt es die typischen Stadtvö-
gel wie Einfarbstar, Hausammer, Elster (marokkanische Unterart), Diademrotschwanz, Graubülbül etc. Allerdings ist das Fotografieren recht schwierig, da die Vögel oft in den Gärten sitzen. Befinden sie sich neben der Straße dauert es nicht lange, bis ein paar Einwohner vorbei kommen und sich anschauen, was die Touristen da wieder komisches machen. Die „Im-Ort-Fotografie“ haben wir somit etwas entnervt aufgegeben. Was man jedoch mit etwas Geduld gut fotografieren kann, sind die Atlashörnchen, die immer wieder auf den niedrigen Steinmauern sitzen. Nachdem diese 2 Orte keine große fotografische Ausbeute brachte, hofften wir auf die Waldrapps bei Tamri – und wir wurden nicht enttäuscht. Ab Cap Rhir, ein paar Häuser plus Leuchtturm, sollte man nach den Waldrapps Ausschau halten, die rechts und links der Straße auf Nahrungssuche sein können. Wir haben sie vom Straßenrand aus fotografiert und teilweise kamen sie so nah, dass das 100-400er zum Einsatz kam. Wenn man bedenkt, dass Waldrapps zu den gefährdetsten Arten der Welt gehört, war es schon ein toller Anblick, Trupps mit bis zu 50 Individuen zu sehen. Oukaimeden Nach einer Woche an der Küste Marokkos ging es anschließend ins Landesinnere. Marokkos einziger Wintersportort, Oukaimeden, war das nächste Ziel, welches wir nach einem Kulturtag in Marrakesh aufsuchen wollten. Marrakesh ist zum Autofahren übrigens nicht sonderlich empfehlenswert: Die Straßen sind schlecht beschildert, und wir haben uns regelmäßig verfahren. Den Weg nach Oukaimeden haben wir jedoch gut gefunden und haben unterwegs sogar einen Atlasgrünspecht an einem Telefonmast gesehen. Bis auf die Straßen war in dem Wintersportort alles verschneit und aus der Literatur wussten
Oukaimeden
wir, dass Ohrenlerchen gerne an den Schneekanten nach Nahrung suchen. Und die Literatur hatte recht. Einige Ohrenlerchen pickten in aller Seelenruhe nur wenige Meter neben unserem Auto im Schnee. Allerdings war der dreckige Schnee kein besonders schöner Hintergrund. Schnell hatten wir die Aufmerksamkeit der Skiverleiher auf uns gezogen, die nicht glauben konnten, dass wir nicht zum Skifahren da sind. Interessiert schauten sie unserem Treiben zu. Als uns das zu bunt wurde, sind wir ein Stück weiter gefahren, um Alpendohlen und –krähen zu fotografieren. Bei diesen Vögeln stellt die Belichtung eine große Herausforderung dar: Schwarze Vögel im weißen Schnee. Leider waren die Rabenvögel vom Licht her oft auf der falschen Seite und so hofften wir auf den Abend. Dum-
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merweise machte uns hier das Wetter einen Strich durch die Rechnung: Am Nachmittag zog es sich total zu. Wir nutzten die schlechte Witterung, um zu Fuß nach Alpenbraunellen zu suchen; gefunden haben wir sie jedoch nicht. In der Hoffnung auf besseres Wetter am nächsten Morgen begaben wir uns ins warme Hotelzimmer. Am nächsten Morgen sah es wettertechnisch vielversprechend aus; es hatte allerdings in der Nacht geschneit. Als wir aus dem Hotel raus kamen, sahen wir, dass die Straße noch nicht richtig geräumt war und es somit keine Schneekante für die Ohrenlerchen gab. Also schnell zu den Alpenkrähen, doch da zog es sich auch schon wieder zu. An diesem Morgen haben wir in Oukaimeden nichts mehr fotografiert.
wir. Ansonsten kann es hier am Anfang etwas frustrierend sein (unser Vogelbuch hatte uns vorgewarnt). Wir sind am ersten Vormittag kreuz und quer durch die Wüste gefahren und haben etwa alle 30 min einen Vogel gesehen, der dann auch noch hunderte von Metern weggeflogen ist. Die Vögel hier sind extrem gut an ihren Lebensraum angepasst und es dauert eine Weile, bis man sich „eingeschaut“ hat. Wir haben es nach dieser Erfahrung vorgezogen, an der Straße zu fotografieren, da die Vögel hier viel weniger Scheu vor uns zeigten. Außerdem haben sie – vor allem morgens – direkt neben der Straße nach Futter gesucht. Speziell Saharaohrenlerchen haben wir gut fotografieren können.
Boumalne de Dades Weiter ging es zu unserem nächsten Ziel, Boumalne de Dades, dem besten Ausgangspunkt für den „berühmten“ Tagdilt Track. Unterwegs legten wir einen kurzen Einkaufsstop in Ouarzazate ein und stellten dabei fest, dass ein Reifen so gut wie platt war. Zufälligerweise gab es hier eine Niederlassung der Autovermietung und ein Mitarbeiter fuhr mit uns in die nächste Werkstatt, wo der Reifen repariert wurde. Durch diese Verzögerung kamen wir im Dunkeln in Boumalne an und waren gespannt, was uns am nächsten Tag erwarten würde. Der Tagdilt Track ist eine Schotterpiste, die durch die dortige Steinwüste in den Ort Tagdilt führt. Von „dem“ Track kann man eigentlich nicht wirklich sprechen, da es eine Unmenge an Gabelungen gibt und man sich am besten selbst den vielversprechendsten aussucht. Die Avifauna entspricht in etwa der von Guelmim, doch besteht hier die Möglichkeit, dass Rotflügelgimpel in kalten Wintern aus den Bergen in die Ebene kommen. Dieses Glück hatten
Nach 5 Tagen ging es weiter nach Osten; die Sandwüste bei Erfoud stand auf dem Programm. Von dort aus oder über Rissani kann man in die Wüste fahren. Ab
Erfoud / Merzouga
Erfoud sind die ersten Kilometer asphaltiert, dann geht es über in Sandpisten. Verfahren kann man sich eigentlich nicht, doch ein GPS schadet nicht. So kann man auch den „Guides“ klarmachen, dass man weiß, wo man hin will. Des Weiteren sollte man ihnen nicht glauben, wenn sie sagen, dass man mit dem Auto nicht diese oder jene Strecke fahren kann. Wir sind mit dem Dacia Logan überall durchgekommen. Die Wüste hier ist zuerst eine Mischung aus Sand- und Steinwüste bis man Erg Chebbi erreicht, das einzige Sanddünensystem Marokkos, dessen Dünen eine Höhe von 150 m erreichen können. Die meisten Vögel haben wir in den Arealen mit etwas Bewuchs gefunden. Arten, von denen wir Fotos machen wollten waren Wüstensperlinge, Sandlerchen, Wüstenläuferlerchen und Atlasgrasmücken. Allerdings zeigte sich auch in diesem Fall, dass sich die in der Literatur dargestellten Szena-
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rien nicht immer wiederholen lassen. Da wurde einem von Wüstensperlingen und Sandlerchen berichtet, die an den Kamelhaufen nach Nahrung suchen und teilweise nur eine Armlänge vom Beobachter entfernt sind. Die Realität sah so aus, dass wir ein Wüstensperlingspärchen ganz oben in einer Palme gesehen haben, die Sandlerchen waren scheuer als gedacht und an den Kamelhaufen war außer ein paar Hausspatzen gar nichts. Wüstenläuferlerchen dagegen waren sehr kooperativ und es war toll, ihnen bei ihrem Balzverhalten zuzuschauen. Hierbei singen sie erst kurz von einem Busch aus, fliegen von dort aus ein gutes Stück nach oben, um anschließen im Sturzflug nach unten zu sausen. Dabei wird das schwarz-weiße Flügelmuster des ansonsten eintönig braunen Vogels sichtbar. Saharasteinschmätzer kann man vor allem in der Nähe von Gebäuden finden; es kam uns fast so vor als hätte jedes Hotel sein eigenes Saharasteinschmätzerpärchen. Hat man die Lieblingssitzwarte des Vogels ausfindig gemacht, können sehr gute Fotos gelingen. Bei der „Verfolgung“ eines Saharasteinschmätzers bemerkten wir, dass er auch von einem anderen Vogel verfolgt wurde. Der Verfolger wurde als Wüstengrasmücke identifiziert und zu Fuß versuchten wir, uns an diese anzuschleichen. Nach einigen missglückten Versuchen blieb sie auch mal länger sitzen und wir stellten bald fest, dass das eine ihrer Singwarten war. Während wir nun diese Grasmücke ausgiebig fotografierten, bemerkten wir ein paar Büsche weiter eine weitere Grasmücke. Sie setzte sich nur kurz etwas freier hin, doch es war lange genug, um ein paar Fotos zu machen. Später stellte sich heraus, dass es sich um eine Atlasgrasmücke handelte.
Wüstenläuferlerche in der Umgebung von Erfoud
Ein Pärchen Sharaseinschmätzer bei Erfoud
Wüstengimpel bei Guelmin
Steinkauz bei Sidi Rabat
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Ein Mitarbeiter des Hotels erzählte uns, dass es dieses Jahr ziemlich viel geregnet hat. Deshalb waren die nur temporär auftretenden Seen bei Merzouga und am Cafe Yasmina gut gefüllt. Das war schon ein lustiger Anblick: Flamingos im See und im Hintergrund Sanddünen. Zum Fotografieren war es jedoch nicht geeignet, da die Seen einfach zu groß und die Vögel somit zu weit entfernt waren.
Zurück in Guelmim
Nach 5 Tagen in der Wüste beschlossen wir, noch einmal zu unserem Ausgangsort zurückzukehren. Wir machten uns leider erst mittags auf den Weg, da wir nicht gedacht hatten, dass wir für die knapp 900 km fast 11 h brauchen würden. Auf dem Weg in die Wüste sind wir „obenrum“ über Boumalne gefahren; zurück zur Küste ging es „untenrum“ über Agdz. Vor allem der Anfang der Strecke war landschaftlich beeindruckend, da es aussah wie eine afrikanische Steppe (bloß ohne Großsäuger). Leider war die Strecke insgesamt nicht so gut ausgebaut wie auf dem Hinweg, so dass es über weite Strecken nur eine breite Spur war und das Fahren – besonders in der Dunkelheit – überaus anstrengend war. Völlig ausgehungert und müde sind wir schließlich in Guelmim angekommen. Die Mitarbeiter des Hotels haben sich sehr über das Wiedersehen gefreut und uns sogar ein besseres Zimmer als beim ersten Mal gegeben. Das Wetter entsprach auch dem ersten Aufenthalt: Regen bei der Ankunft und auch am nächsten Vormittag. Anschließend wurde es wieder besser. Die letzten Tage der Reise haben wir uns auf Wüstensteinschmätzer und Diademrotschwanz konzentriert, die aber nicht so kooperativ waren wie wir das gerne gehabt hätten. Dafür haben wir den männlichen Fahlbürzelsteinschmätzer sehr gut vor die Linse
bekommen, und die Wüstengimpel sind uns fast ins Auto gelaufen. Damit wir nicht unter Zeitdruck die ganze Strecke nach Agadir zum Flughafen zurücklegen mussten (unser Flug ging um die Mittagszeit), haben wir die letzte Nacht ein Stück weiter nördlich in Tiznit verbracht. Zuvor haben wir noch mal einen Abstecher nach Sidi Rabat unternommen, wobei uns die besten Steinkauzbilder des Urlaubs gelangen. Wir hatten überlegt, auch noch morgens vor dem Aufbruch zum Flughafen in Massa zu fotografieren. Nachdem es sich abends jedoch zugezogen hatte, beschlossen wir, am letzten Morgen auszuschlafen. Dies war die richtige Entscheidung, denn am nächsten Morgen schüttete es in Strömen. Nach einem guten Frühstück ging es gemütlich Richtung Flughafen und als ob sich Marokko noch einmal in bestem Licht zeigen wollte, klarte es wieder auf.
Fazit
Im Vergleich zu Florida oder auch Lesbos stellt das Fotografieren in Marokko – zumindest im Januar – eine Herausforderung dar. Doch mit etwas Glück und Geduld gelingen auch hier viele gute Bilder. Wer also gerne etwas abseits der Mainstream-Fotoplätze fotografiert und keine Scheu vor Einblicken in eine uns fremde Kultur hat, der wird in Marokko voll auf seine Kosten kommen. Es war sicherlich nicht das letzte Mal, dass wir in Marokko waren.
Allgemeines, Tipps und Infos Wetter / beste Reisezeit
Das Wetter war bei uns überwiegend gut, doch es gab immer wieder Tage mit Regenschauern oder Bewölkung. Generell ist das Wetter im Winter recht unbeständig; wer eine Gut-WetterGarantie möchte, sollte seine Reise besser in den Frühling legen. Vor allem im Winter gehört lange Unterwäsche
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ins Gepäck, da es aufgrund der Höhe mancher Orte empfindlich kalt werden kann – und dies bis in den Frühling hinein. Den Sommer sollte man meiden, da es in der Regel sehr heiß ist und die Aktivitätsperiode der Tiere sich auf die frühen Morgenstunden beschränkt. Für den Herbst gilt das Gleich wie für den Frühling. Für die Vogelfotografie sind die Zugzeiten im Frühling und Herbst am interessantesten. Doch auch der Winter hat viel zu bieten, da Marokko Überwinterungsgebiet vieler Arten ist. Hotels Wir haben uns unsere Hotels aus dem „Lonely Planet“ und dem Dumont-Reiseführer herausgesucht. Hauptkriterium für uns war, dass Dusche und Toilette mit im Zimmer sind. Der Preis der Zimmer lag zwischen 11 und 18 Euro pro Nacht und bei 27 Euro pro Nacht mit Halbpension. Möchte man eine Heizung im Zimmer haben – was bei den Temperaturen in manchen Orten sehr angenehm gewesen wäre – muss sich etwas teurere Hotels (ab ~45 Euro mit Halbpension) suchen. Die Zimmer waren generell sauber, aber nicht alle haben Handtücher zur Verfügung gestellt. In jedem Hotel sollte man die Zimmer vorher inspizieren; wir hatten einmal ein Zimmer angeschaut, bei dem der Putz von der Decke aufs Klo gefallen war. Hier haben wir uns ein anderes Hotel gesucht. Sind die Preise nicht an der Rezeption festgeschrieben, so kann man versuchen, beim Zimmerpreis noch zu handeln. Besonders empfehlenswert sind das Al Manader in Boumalne de Dades und die Auberge Les Hommes Bleus in der Wüste. Essen und Trinken Vorneweg: Wir hatten überhaupt keine Magen-/Darmbeschwerden und haben so ziemlich alles gegessen und getrunken. Zum Zähneputzen haben
wir allerdings Wasser aus der Flasche verwendet. Das Essen in Marokko ist sehr gut, im Vergleich mit den Übernachtungskosten jedoch verhältnismäßig teuer. Zum Frühstück bekommt man Kaffee in unterschiedlichen Zubereitungsarten (wir haben Café au lait bevorzugt), frisch gepressten Orangensaft, diverse Croissantarten, Brot, Marmelade und Honig etc. Sehr beliebt ist auch der Minztee, den die Einheimischen „Berberwhisky“ nennen. Als Hauptmahlzeit gibt es meist eine Tajine in verschiedenen Variationen. Tajine heißt eigentlich der „Topf“ in dem das Essen zubereitet wird und das Ganze brutzelt eine ziemlich lange Zeit darin. Zubereitet wird es mit Lamm oder Hähnchen, mit und ohne Gemüse, aber immer bekommt man das sehr leckere marokkanische Brot dazu. Couscous habe ich einmal gegessen, war aber nicht sonderlich begeistert, was aber hauptsächlich an der Zubereitung in dem Restaurant lag. Auch Pizza haben wir gegessen, die erstaunlicherweise richtig gut war. Als Snack für zwischendurch eignen sich Salate, Omelette und Sandwiches oder – für den etwas größeren Hunger – ein viertel oder ein halbes gegrilltes Hähnchen. Alkohol Da Marokko ein islamisches Land ist, ist es je nach Region nicht so einfach an Alkohol zu kommen. Hotels und Restaurants brauchen für den Alkoholausschank teure Lizenzen, weshalb nur die wenigsten Alkohol ausschenken. Am einfachsten ist es, sich in Agadir, Marakesh oder einer anderen Großstadt in den großen Supermärkten etwas zu kaufen. Hier gibt es etwas separiert Alkoholabteilungen. Wichtig ist, dass man den Alkohol an den dafür vorgesehenen Kassen bezahlt und nicht an denen, wo jeder bezahlt. Den Andrang in dieser Abteilung fanden wir – dafür
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dass Alkohol ja eigentlich im Islam verboten ist – ziemlich erstaunlich.
Erg Chebbi Sprache Alle Marokkaner, mit denen wir zu tun hatten, sprachen französisch. Aus diesem Grund ist es auf jeden Fall von Vorteil, wenn man zumindest 2-3 Sätze und die Zahlen auf französisch kann (z.B. die Frage nach einem Doppelzimmer und wie viel es kostet). Viel mehr konnten wir auch nicht. In den Hotels in Boumalne, Erfoud und in der Wüste konnte zumindest einer im Hotel englisch, was alles ziemlich erleichtert. Außerdem haben wir so bei Gesprächen viel über Land und Leute erfahren. Wir haben sogar 2 Marokkaner getroffen, die deutsch sprechen. Verkehr Die Straßen in Marokko sind meist recht gut, allerdings nur einspurig in jede Richtung. Auf manchen Strecken gibt es sogar nur eine etwas breitere Straße und man muß bei Gegenverkehr oder beim Überholen auf den Schotterstreifen neben der Straße ausweichen. Sehr beliebt sind Kreisverkehre, deren Vorfahrtsregeln wir jedoch nicht ganz verstanden haben. Autofahren an sich stellt zumindest in den Städten eine Herausforderung dar, denn solch ein Durcheinander aus Eselskarren, Fußgängern, Mofa- und Radfahrern und anderen Autos ist man aus Deutschland nicht gewohnt. Wird es dunkel, kommt noch erschwerend die nicht eingeschaltete Beleuchtung der Zweiräder hinzu, sodass auf Landstraßen plötzlich aus dem Nichts ein Mofafahrer vor dem Auto auftauchen kann. An die Geschwindigkeitsbegrenzungen (60 km/h in Städten, 100 km/h außerorts) sollte man sich tunlichst halten, da die marokkanische Polizei überall mit Laserpistolen bewaff-
net zu finden ist. Wir haben einmal eine Geschwindigkeitsbegrenzung übersehen und sie haben uns gleich erwischt. Und ein Strafzettel ist nicht so billig. Marokkaner und die Umwelt Man merkt an einigen Dingen, dass man sich in einem Mittelmeerland befindet. Zum einen bekommt man in jedem Supermarkt Unmengen an Plastiktüten für seinen Einkauf, die sich anschließend nicht im Müll, sondern in der Landschaft wiederfinden. Mehr als einmal haben wir im ersten Augenblick eine flatternde Tüte im Baum für einen Vogel gehalten. Zum anderen gibt es auch in Marokko die Tradition des Vogelabschießens. Mehrere Marokkaner haben uns erzählt, dass sie als Kind Vögel mit einer Steinschleuder abgeschossen haben. Die Vögel wurden anschließend gegessen. Wir wurden daraufhin gefragt, ob wir in Deutschland auch Vögel essen. Daran sieht man, dass das Essen von Vögeln eine ganz normale Sache für die marokkanische Bevölkerung ist. Allerdings haben alle gesagt, dass sie heute als Erwachsene keine Vögel mehr abschießen. Insofern kann man Marokko nicht mit manch anderen Mittelmeeranrainern vergleichen. Christine Jung
ist Mitglied der Gruppe Naturfotografen-forNature. Mit ihrem Partner geht sie regelmäßig auf Fotoreisen rund um die Welt. Mit viel Gefühl für das richtige Bild hält sie Flora und Fauna im Bild fest. www.living-nature.eu
Informationen Ornithologische Trip Reports und mehr von Marokko www.go-south.org Noch mehr ornithologische Trip Reporst www.travellingbirder.com Die Auberge Les Hommes Bleus in Rissani www.hommebleu.net Mehr Bilder von Marokko in unserem Special unter: www.living-nature.eu Den „Birdwatchers’ Guide to Morocco“ gibt es hier: http://www.nhbs.com/title.php?tefno=4859 „Finding Birds in Southern Morocco“ gibt es hier: http://www.nhbs.com/title.php?tefno=13243
30 - Naturfotografen-for-Nature Magazin 01/2013
Diese Ausstellung wird unterst端tzt von
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Die Ausstellung
Die auf dieser und den folgenden Doppelseiten gezeigten Motive stellen die Bildauswahl der NFN für unsere Wanderausstellung gemeinsam mit dem NABU, Gruppe Heidelberg dar. Für die Präsentation der Natur haben die Mitglieder wieder einmal in ihren Fotoarchiven gewühlt und fantastische Aufnahmen bereit gestellt. Mit den Spendeneinnahmen aus der Ausstellung wird die AG Wanderfalkenschutz Heidelberg unterstützt. Vielen Dank an die spendenden Fotografen!
Diese Ausstellung wird unterstützt von
Rote Mordwanze © Christine Jung
Laubfrosch © Magdalena Schaaf
Kürbisspinne © Thomas Hinsche
Feuersalamander © Christoph Jansch
Fasan © Falko Scheidt
Uferschnepfe © Thomas Hinsche
Rehkitz © Kevin Winterhoff
Schlüsselblume © Sandra Schänzer
Kreuzotter © Sandra Panienka
Rothirsch © Jan Bleil
Buschwindröschen © Magdalena Schaaf
Mittelmeer - Raubwürger © Christine Jung
Schwarzspecht © Jan Bleil
Fadenhaft © Christian Falk
Klatschmohn © Marion Vollborn
Feuriger Perlmuttfalter © Christoph Jansch
Polarlicht © Kerstin Langenberger
Polarfuchs © Ludger Heinze
Maggia Wasserfall © Sandra Schänzer
Eyjafjallajökull © Kerstin Langenberger
40 - Naturfotografen-for-Nature Magazin 01/2013
Text und Fotos: Marion Vollborn
Häher kuckuck
Spanien, für viele Deutsche ist es das Urlaubsland. Auch Marion Vollborn verbringt einen nicht unerheblichen Teil des Jahres dort. Sie leitet Workshops, bei denen Geparde als Fotomotiv dienen, aber diese Geschichte erzählen wir ein anderes Mal. Kennen Sie den Häherkuckuck? Nein? Dann lesen Sie die kommenden Seiten und genießen die Bilder der erfolgreichen GDT-Fotografin. Sie kennen ihn schon? Egal, lesen Sie trotzdem, es lohnt sich!
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junger Häherkuckuck hält Ausschau nach Nahrung
Elster oder Kuckuck?
Man steht in lockerem Buschland in Spanien, hört ein laut ratterndes „tjerrtjerr-tje-tje-tje“ oder „ki-ki-ki-kriä-kriäkriä...“ und wundert sich. Danach ein rollendes, gackerndes gi-gi-gi-gi-gikü-kü-kü und ist komplett verwirrt. Ein Steinschmätzer ? Ein Grünspecht ? Die Augen suchen die Gegend ab und entdecken einen Vogel auf einem Ast: sieht aus wie eine Elster? Beim Wegfliegen wird dann schnell klar, dass es sich um eine Kuckucksart handelt.
Wie sieht er denn nun aus?
Was wir hier entdeckt haben ist der Häherkuckuck, ein etwa 40 cm großer Vogel, der seinen Lebensraum in weiten Teilen Südeuropas, Nordafrika und südlich der Sahara hat. In Mitteleuropa ist diese stimmfreudige und laute Kuckucksart nur noch selten anzutreffen. In Südeuropa zieht er schon zeitig im Sommer wieder nach Afrika, meist in kleinen Gruppen oder paarweise. Die Häherkuckucke sind unverkennbar durch ihre auffallende Haube, den
langen, gestuften, dunkelbraunen Schwanz mit breiten weißen Säumen und durch die braune, kräftig weiß gefleckte Oberseite. Die Kopfseiten und die Unterseite sind rahmfarben, die Kehle ist gelblich gefärbt. Aus der Nähe betrachtet fällt der leuchtend orangefarbene Augenring auf. Junge Häherkuckucke haben noch keine Haube, einen schwärzlichen Kopf und kastanienbraune Handschwingen. Sie fliegen wie Kuckucke mit raschem Flügelschlag und kurzen eingelegten Gleitstrecken, was an den Flug eines Sperbers erinnert. Auf dem Boden und im Gezweig hüpfen sie mit etwas angehobenem Schwanz. Auf dem Boden sind sie meist mit der Nahrungssuche beschäftigt. Er ernährt sich vornehmlich von Insekten aller Art, wobei aber auch kleine Eidechsen nicht verschmäht werden. Seine Hauptnahrung stellen allerdings Schmetterlingsraupen dar, wobei er der einzige Vogel ist, der auch die stark nesselnden Raupen der
Bild oben Altvogel mit Futter Bild unten Altvogel Bild linke Seite jung und jung gesellt sich gern
Eichblatt-Radspinne
H채herkuckuck mit fetter Beute
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hier sieht man wie unterschiedlich sie gefärbt sein können
Prozessionsspinner mit Genuss verzehrt.
Liebe & Co.
Wie es sich für einen echten Kuckuck gehört, ist der für uns interessanteste Teil dessen Fortpflanzung. Die monogam lebenden Häherkuckucke beginnen mit der Paarungszeit im Frühjahr – abhängig vom Brutzyklus ihrer Wirtsvögel – von April bis Juni. Im südlichen Afrika erstreckt sich die Paarungszeit von Oktober bis Februar. Während der Balz wartet das Männchen mit Geschenken auf. Die Liebe geht hier sprichwörtlich durch den Magen. Findet das Weibchen gefallen an ihrem Verehrer dann nimmt sie die Nahrung an. Dabei halten beide Geschlechter das Insekt im Schnabel und ziehen leicht dran. Die nun folgende Kopulation kann zwischen einer und zwei Minuten dauern. Nach der Kopulation überlässt das Männchen dem Weibchen die dargereichte Nahrung.
Selbst brüten?
Und natürlich brütet auch dieser Kuckuck seine Eier nicht selber aus. Er ist ebenso ein Brutparasit und legt seine Eier in die Nester von Rabenvögeln, wie Eichelhäher, Dohle, Krähe und sogar Kolkrabe. In Spanien bevorzugt er allerdings fast ausschließlich Blauelstern, insbesondere aber die Elster als Wirtsvögel. Kurz vor der Eiablage lockt das Männchen die Wirtsvögel aus dem Nestgebiet um dem Weibchen die Gelegenheit zu geben, unbemerkt ihr Ei in das fremde Nest abzulegen. Dabei wird auch das eine oder andere vorgefundene Ei entfernt. Nach und nach sucht das Brautpaar die diversen Nester auf und kann bis zu 18 Eier in einer Brutsaison unterbringen. Die dann schlüpfenden Küken haben nach 12-14 Tagen die Schale durchbrochen. Die Elsterküken sind dabei erst nach 16-24 Tagen geschlüpft. Die zuerst geschlüpften
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fliegende Elster
groĂ&#x;er Hunger bei den Kuckucken
junger H채herkuckuck bettelt Elster um Futter an
Fütterung durch die Elster
Küken veranlassen die Wirtsvögel, sofort mit dem Füttern zu beginnen, wodurch das weitere Brutgeschäft eingestellt wird. Die Chance des Überlebens der Wirtsjungen ist daher nicht hoch. Nur wenn sie 5-6 Tage vor den Küken der Häherkuckucke schlüpfen, können sie flügge und somit selbständig werden.
Brutparasit - ein Erfolgsrezept?
Selbst Häherkuckucksküken, die drei Tage nach dem ersten Häherkuckuck schlüpfen, kommen oftmals nicht durch. Ein Entfernen der Wirtsvogelküken durch die jungen Kuckucke, wie vom europäischen Kuckuck bekannt, findet hier nicht statt. Natürlich kümmern sich die Kuckuckseltern nicht um ihre Brut, das übernehmen komplett die Wirtseltern. Im Alter von 8 Tagen haben die jungen Häherkuckucke die Augen geöffnet und keine 6 Tage später sitzen sie schon auf dem Nestrand. Doch die Eltern haben noch lange keine Ruhe.
Wenn die Kuckucke nach knapp 3 Wochen das Nest verlassen, müssen die Wirtseltern immer noch für sie auf Nahrungssuche gehen, bis zu zwei Monaten. Etwa Dreiviertel der in Elsternestern abgelegten Eier werden von den Elstern auch angenommen. In unvollständigen Wirtsgelegen mit nur ein bis drei Eiern werden 92 % der Jungen flügge, in vollständigen Wirtsgelegen nur 10 %. In Spanien überleben 63% der flügge gewordenen Jungen bis zur Selbständigkeit. Über das Höchstalter von Häherkuckucken gibt es keine gesicherten Angaben.
Marion Vollborn
ist Mitglied der Gruppe Naturfotografenfor-Nature und der GDT. Die Liebe zu den Tieren lenkte sie schon früh zu ihrem fotografischen Schwerpunkt der Tierfotografie. Angefangen als großes Hobby entwickelte sich die Begeisterung später zu einer freiberuflichen Tätigkeit. www.ma-vo.de
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junger H채herkuckuck
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NFN INTERVIEW Das Interview führte Jan Bleil
Im Interview: Georg Rüting,Vorsitzender des Vorstandes im Verein zum Schutze und Erhalt des Kranichrastplatzes Rügen Bockregion e.V.
NFN - INTERVIEW
Georg, der Name des Vereins geht ja nicht gerade leicht über die Lippen, Warum ein so langer Name? Tatsächlich habe auch ich länger gebraucht, bis ich den Namen einigermaßen sicher zusammenbekommen habe. Wir haben auch schon versucht, Kurzformen zu finden. Das Anliegen unseres Vereins ist der Schutz der Rügen-Bockregion und damit auch der Schutz eines der wichtigsten Kranichrastgebiete Europas. Georg Rüting Es geht also um den Schutz einer ganzen Region mit all ihren Besonderheiten und natürlichen Funktionen. Der Schutz des grauen Kranichs ist dabei ein wichtiges Ziel aber nicht das ausschließliche, so dass Namen wie „Kranichschutzverein“ ausschieden. Inzwischen kann man mit dem sperrigen Namen aber Gespräche, Vorträge oder Interviews prima einleiten. Wie bist Du zum Verein gekommen? Eigentlich ist der Verein da auf mich zugekommen. Die Initiatorin des Vereins, Frau Dr. Erika Rüting - meine Mutter - hatte einige Enthusiasten um sich gescharrt und fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, in meiner Freizeit etwas für unsere Heimat zu tun. Da musste ich dann nicht so ganz lange nachdenken! An der Seite kompetenter, bewundernswerter Idealisten durfte ich so die Gründung unseres Vereins am 29.09.1995 in der Pension zum Kranich in Klausdorf miterleben.
Erzähle unseren Lesern bitte etwas über die Arbeit, über die Projekte des Vereins. Augenblicklich geht es uns vor allem darum, den Generationswechsel hinzubekommen. Und so versuchen wir, junge Menschen von unserer Arbeit zu begeistern. Aber auch rüstige Rentner, die mit ihren Erfahrungen immer eine Bereicherung für die Vereinsarbeit sind, versuchen wir für uns zu gewinnen. Unsere Arbeit ist im Augenblick darauf gerichtet, das Natura 2000-Erlebniskabinett in Klausdorf weiter mit Leben zu füllen, den europäischen Naturschutzgedanken erlebbar zu machen. Das Kabinett konnten wir 2011 mit finanzieller Unterstützung des Landes Mecklenburg-Vorpommern als einer Maßnahme der Umweltbildung, -erziehung und -information von Vereinen und Verbänden realisieren. In Klausdorf haben wir gemeinsam mit der NABU-Fledermausgruppe Greifs-
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wald einer Turmruine der alten Gutsparkanlage zu einem neuen Leben verholfen. In dem alten Gemäuer konnten wir so vielen Arten ein neues Zuhause geben. Dabei wurden wir von der Gemeinde Klausdorf, dem Landkreis Vorpommern-Rügen, dem StaLU Stralsund und der NUE Umweltstiftung unterstützt. Das Ergebnis ist ein sehr schönes Beispiel für die Zusammenarbeit von Natur- und Denkmalschutz.
Wo liegen aktuell die größten Herausforderungen für den Verein und seine Arbeit? Das Wichtigste bei der Umsetzung unserer Vorhaben ist die Begeisterung der Menschen für die Sache. Aber natürlich hilft die Begeisterung nicht mehr weiter, wenn das Geld am Ende nicht reicht. Fördermittel sind da sicher ein wichtiger Baustein in der Projektfinanzierung. Aber unsere laufende Arbeit und anteilig die Projekte finanzieren wir in erster Linie aus den Beiträgen und Spenden unserer Mitglieder. Allerdings liegen die Jahresbeiträge bei € 8,00 für Senioren, Studenten, Auszubildende bzw. € 16,00 für Erwerbstätige. Damit fallen die Sprünge aber noch nicht so sehr weit aus. Zu Hilfe kommen uns da einerseits der Verkauf von Souvenirs und Informationsmaterial im „KranichUtkiek“ und andererseits aber auch das Engagement einzelner Freunde unserer Arbeit. Die Unterstützung durch die Naturfotografen-for-Nature kam für uns völlig
Welche Projekte stehen vor der Tür? Eines unserer nächsten Ziele wird die Anerkennung unseres Vereins nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz durch das Land M-V sein, so dass wir die Belange der Umwelt notfalls auch mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen können. Die Unterstützung des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft, aber auch die Erhaltung unserer Kulturlandschaft, z.B. mit einer nachgewiesenen Beweidung seit dem 17 Jhd. in Einklang mit den Interessen des Prozessschutzes zu bringen, wird ein künftiges Hauptaufgabenfeld sein. Die Sicherung und Entwicklung der Beobachtungs- und Informationsmöglichkeiten im „Kranich-Utkiek“ wird weiter zu unseren zentralen Zielen gehören. Außerdem gibt es noch so viele weitere Konfliktpunkte zwischen den verschiedenen Interessengruppen im Bereich der Umwelt und Natur, an deren Lösung wir uns tatkräftig beteiligen möchten. Die Rügen Bockregion stellt ein begehrtes Tourismusziel dar. Immer mehr Urlauber, Naturbegeisterte und Fotografen strömen zu den Hotspots der Kranichbeobachtung. Das alles geschieht in der wichtigsten Jahreszeit für die örtlichen Landwirte, einerseits ist Erntezeit und andererseits wird das Wintergetreide ausgebracht. Wie bewertet der Verein diese Herausforderungen? Es gehört zu den zentralen Aufgaben
NFN - INTERVIEW
Unser ehrgeizigstes Projekt ist gegenwärtig die Renaturierung des Polders Bresewitz. Das Gebiet zählt wegen seiner Nähe zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, den Vogelinseln Kirr und Barther Oie sicher zu einem der schönsten Flecken unserer Heimat.
überraschend. Ein Teil des Verkaufserlöses des Kalender 2013 soll unserem Verein zu Gute kommen. Das ist eine ganz tolle Hilfe. Die Aufnahmen der vorangegangen Jahre belegen die hohe Qualität und lassen uns mit Spannung die nächste Ausgabe erwarten. Vielen Dank für diese geniale Idee!
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NFN - INTERVIEW
der Gegenwart und Zukunft, die Interessen der Landwirte, Touristiker und Naturschützer unter einen Hut zu bringen. Übrigens möchte ich deine Frage noch um die Interessengruppe der Energiewirtschaft erweitern. Denn erst wenn die Frage nach der Energieversorgung der Zukunft optimal beantwortet ist, wird es einer aberwitzigen Subventions- und Marktpolitik nicht mehr bedürfen, die den Anbau von Monokulturen begünstigt und Grundprodukte der Lebensmittelherstellung zur Energieerzeugung missbraucht. Die Touristiker werden verstärkt zu lernen haben, dass Quantität kein Alleinstellungsmerkmal ist. Es ist doch die Natur und vorzugsweise die „unberührte“ Natur, die viele Menschen zum Verweilen, zum Buchen eines Urlaubs in unserer Region bewegt. Und so wünsche ich mir auch weitaus deutlichere Akzente der Tourismusindustrie für den Naturschutz. Andererseits wird der Erfolg des Naturschutzes auch daran zu messen sein, wie er es den Menschen vermittelt, was schützenswert ist, d.h. die Natur muss dem interessierten Besucher erfahrbar gemacht und erklärt werden und das sowohl mit den modernsten Mitteln der Kommunikation als auch mit der Wucht des unmittelbaren Erlebens. Der stets erhobene Zeigefinger sorgt doch eher für viele Missverständnisse und Frust. Georg, was möchtest Du unseren Lesern noch mit auf den Weg geben? Wichtig ist doch, dass wir uns alle, genau wie die Fotografen-for-Nature in ihren Aufnahmen und auch wie die Kinder, den Blick für das Wunderbare, das uns umgibt, erhalten. Wenn wir die Details registrieren und innehalten in dem Erstaunen vor der Vielfalt der Natur, wird es uns gelingen, im All-
tagsstress Freiräume zu schaffen, um uns zu engagieren! Denn unsere Kinder haben einen Anspruch auf eine Zukunft in einer Umwelt im Gleichgewicht. Vielen Dank für das sehr interessante Interview. Wir wünschen Dir, dem Verein und vor allem der Region alles Gute und viel Erfolg bei der Umsetzung Eurer Vorhaben! Jan Bleil, Klausdorf, Februar 2013
Informationsquellen: Kranichschutzverein www.kranichschutzverein.de www.facebook.com/kranichschutzverein post@kranichschutzverein.de Deutsches Meeresmuseum www.meeresmuseum.de STARKOW Backstein Geist und Garten e.V. www.starkow.de Nationalpark www.nationalpark-vorpommersche-boddenlandschaft.de Amt Altenpleen www.altenpleen.de Hansestadt Stralsund www.stralsund.de
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NFN - INTERVIEW Der Artenschutzturm in Klausdorf bietet nun nicht nur Flederm채usen Platz.
Text und Fotos: Hartmut Fehr
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um Vogelzug nach Helgoland
Kegelrobbenkolonie auf der Dühne
Knapp 60 km von der niedersächsischen Küste bei Cuxhaven entfernt liegt Deutschlands einzige Hochseeinsel: Helgoland. Den Beinamen „Vogelinsel“ trägt Helgoland zu Recht, wurden doch bislang 426 Vogelarten auf diesem nur 1,7 Quadratkilometer großen Eiland (Hauptinsel und Düne) nachgewiesen. Dies verleiht der Insel weit über die Grenzen Deutschlands und gar Europas hinaus einen ganz besonderen Status. Vögel sind hier allgegenwärtig. Somit eignet sich die ganze Insel zur Vogelbeobachtung und Fotografie.
der Masse der Vögel, hervorragende Möglichkeiten für gute Vogelfotos. Insbesondere zur herbstlichen Vogelzugzeit bietet sich dem Besucher ein einmaliges Schauspiel, wenngleich Helgoland zu jeder Jahreszeit eine Reise wert ist. Neben dem avifaunistischen Reichtum lassen sich zudem Seehunde und Kegelrobben auf der Düne beobachten und fotografieren. Auch hier gilt – gerade zur Zeit der Geburten und der Jungtieraufzucht – Abstand halten; mit Teleobjektiven aber gar kein Problem.
Im Gegensatz zu den meist mit Spektiven ausgestatteten Ornithologen müssen wir Naturfotografen selbst mit großen Teleobjektiven aber ein stückweit näher ans Tier heran. Es versteht sich von selbst, dass dieser Abstand vom Tier bestimmt wird und nicht vom Fotografen. Verhält man sich ruhig und rücksichtsvoll, so ergeben sich gerade auf Helgoland, allein aufgrund
Ich besuchte Helgoland zuletzt im September/Oktober 2011. Das Wetter war ausgezeichnet, sonnig und warm. Die mitgenommene Ausrüstung bestand aus einer Nikon D300s und drei Objektiven (18-105mm, 70-300 mm und 200400 mm) sowie 1,7fach Telekonverter, dazu Manfrotto-Stativ und Benro Gimbalhead (GH2) sowie einem Funkfernauslöser und reichlich Speicherkarten.
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Wer mit dem Schiff anreist (Alternativen sind der Katamaran oder das Flugzeug), der wird in der Saison bis Ende September „ausgebootet“. Einige hundert Meter vor dem Hafen heißt es dann samt Gepäck „umsteigen“ auf ein sogenanntes „Börteboot“. Nötig ist dieses Schauspiel eigentlich nicht. Bislang siegt aber die Tradition und für so manchen Touristen bedeutet dies einen der Höhepunkte der Reise. Bei höherem Wellengang schaukelt die Angele-
genheit gewaltig. Gerade als Fotograf trägt man ja meist deutlich mehr als der übliche Tagestourist mit sich. Insofern ist hier optimales Packen umso notwendiger. Einmal angelandet kann es dann zum Hotel oder zur Pension gehen. Die Insel hat hier in allen Preisklassen etwas zu bieten. Wo man untergebracht ist, ist eigentlich weniger wichtig. Die Wege zu allen guten Fotopunkten sind kurz. Wer im Oberland untergebracht ist, ist von dort aus am schnellsten am
Karte von Helgoland. Ergänzt durch die im Text beschriebenen Fotopunkte 1-4. 1. Lange Anna/Lummenfelsen; 2. Nordstrand; 3. Kringel; 4. Düne
© Kurverwaltung Helgoland - Vielen Dank
Baßtölpel (Morus bassanus) über dem Felswatt
„Lummenfelsen“ und der „Langen Anna“. „Unterländer“ sind hingegen schnell am „Kringel“. Damit sind schon zwei besonders gute Bereiche genannt, an denen gute Vogelfotografien ermöglicht werden. Ein dritter Punkt ist der Nordstrand, insbesondere für das Fotografieren von Watvögeln (Limikolen). Darüber hinaus ist die Düne ein Muss. Hier lassen sich Vögel und Robben gleichermaßen gut fotografieren. Insgesamt ist die ganze Insel fototauglich. Gerade zur Zugzeit landen rastende Kleinvögel an allen möglichen Stellen. So wird der Strauch oder die Pfütze vorm Hotel schnell zum Beobachtungspunkt. Auf zu den Baßtölpeln 1991 brütete am Lummenfelsen erstmals ein Baßtölpelpaar. Tragischerweise ver-
fing sich der Jungvogel in einem als Nistmaterial verwendeten Fischernetz und starb. Der Bestand stieg zunächst langsam, dann aber sprunghaft an, so dass mittlerweile über 400 Brutpaare zur Eiablage kommen, davon über 100 auf der langen Anna. Der Ausflug der Jungvögel erstreckt sich von Mitte August bis spätestens Mitte Oktober. Anfang Oktober 2011 wurden noch 3 Jungvögel gefüttert, die dann allesamt bis zum 3. Oktober ausgeflogen waren. Mittlerweile sind Baßtölpel ganzjährig auf Helgoland zu beobachten. Wer also im Herbst anreist, um den Vogelzug mitzubekommen, der wird in jedem Fall noch Baßtölpel antreffen – aber nicht mehr unbedingt Jungvögel. Zum Lummenfelsen und der Langen Anna gelangt man vom Unterland am besten über den Aufzug zwischen Unter- und Oberland. Alternativ kann
man die daneben liegende Treppe benutzen, was mit der mitgenommenen Ausrüstung das Warmlaufen überflüssig macht. Oben angekommen geht man entweder einfach geradeaus durchs Oberland in Richtung Leuchtturm und schwenkt von dort aus auf den Klippenrandweg ein, oder man hält sich vom Fahrstuhl aus scharf rechts oder links, um direkt auf den Klippenrandweg zu gelangen. Wie auch immer man geht, bis zum Zielpunkt braucht es je nach Gehtempo etwa 15-20, maximal 30 Minuten. Es sei denn, man bleibt unterwegs an durchziehenden Drosseln, Wiesenpiepern oder Finken hängen, die einem vor die Linse fliegen. Und davon gibt es an guten Zugtagen mehr als reichlich. Um diese fotogen abzulichten, gibt es aber bessere Möglichkeiten. Daher ist es empfehlenswert, geradewegs den Lummenfelsen anzusteuern. Ich finde besonders die Lichtsituation am Morgen/Vormittag sehr attraktiv. Außerdem sind dann die Tagestouristen noch nicht gelandet, um die Aussichtspunkte zur Langen Anna zu stürmen. Wer früh aufsteht hat also das beste Licht und seine fotografische Ruhe. Früh heißt Ende September/Anfang Oktober, dass man spätestens gegen 9.00 Uhr vor Ort sein sollte. Bis 11 oder 12 Uhr hat man dann die besten Möglichkeiten und das schönste Licht.
Die Baßtölpel kündigen sich schon von weitem durch ihr lautes Gezeter an. Da viele zu dieser Jahreszeit nicht mehr brüten, umfliegen sie v.a. die Lange Anna. Selbst mit großen Teleobjektiven hat man dann für Portraits schlechte Karten. Es gelingen aber schöne Ansichten des imposanten Felsens mit der Kolonie.
oben und unten: Baßtölpel (Morus bassanus) mit beinahe flüggem Jungvogel
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Baßtölpelkolonie (Morus bassanus) auf der Langen Anna
In der Regel sitzen aber auch am Lummenfelsen noch Baßtölpel und die bekommt man teilweise sogar ohne Telebrennweiten. Viele Aufnahmen dort habe ich mit einem 70-300 mm Objektiv gemacht. Mit dem Zoom ist man flexibel. Außerdem ist es gerade noch so leicht, dass man aus der Hand Flugaufnahmen machen kann. Viele Baßtölpel fliegen die Küstenlinie ab, nachdem sie vom Meer kommend die Lange Anna ansteuern. Dann fliegen sie nur wenige Meter an einem vorbei und das ist die Gelegenheit für gute Fotos. Am besten stellt man bei möglichst kurzen Belichtungszeiten auf „Dauerfeuer“. Bereits nach kurzer Zeit sind in der Regel gute Aufnahmen gelungen – insbesondere dann, wenn man als Hintergrund das tiefblaue Meer mit dem farbigen Felswatt wählt, also nicht gegen den Himmel, sondern leicht nach unten fotografiert.
Reizvoll sind auch Wischerfotos. Durch das Mitziehen der Kamera und längere Belichtungszeiten erhält man so sehr dynamische Bilder. Im Frühjahr und Sommer sind neben den Baßtölpeln weitere Felsenbrüter vor Ort, v.a. Trottellummen und Dreizehenmöwen, ferner auch Tordalke, Silbermöwen und Eissturmvögel. Höhepunkt des sommerlichen Prozederes ist der Lummensprung. Der Lummenfelsen reicht direkt ins Meer hinein, so dass die vom Felsen herabspringenden Jungvögel im Wasser bzw. dem dortigen Felswatt landen. Dieses Schauspiel findet in der Regel im Juni statt, ist aber fotografisch kaum festzuhalten, da es sich abends bzw. nachts abspielt. Zudem ist dieser Bereich aus Naturschutzgründen nicht zugänglich. Überhaupt sollte man sich strikt an die Absperrungen halten. Wer die Zäune am Klippenrandweg übersteigt, der riskiert sein Leben und stört das Brutgeschehen erheblich.
Limikolen am Nordstrand Vom Hauptaussichtspunkt der Langen Anna bis zum Nordstrand sind es über den Klippenrandweg nur einige hundert Meter. Luftlinie wohl gemerkt. Denn vom Randweg aus muss man zum Strand über eine steile Treppe absteigen. Kein Problem für jemanden, der gut zu Fuß ist. Wer diesbezüglich Schwierigkeiten hat, dem sei der gut ausgebaute, ebenerdige Weg vom Nordosthafen aus empfohlen, der zunächst am Schwimmbad und später an der Jugendherberge vorbei führt. Der Nordstrand ist hervorragend geeignet für die Fotografie von Watvögeln. Am besten setzt man sich einfach hin und wartet darauf, dass die Tiere näher kommen. Ein Tarnumhang oder –zelt ist sicher hilfreich und verkürzt die Wartezeit, ist letztlich aber nicht nötig, zumal wenn weitere Besucher den Strandabschnitt bevölkern. So mancher Zeitgenosse achtet dabei nicht auf die am Strand stehenBunter Limikolenmix
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den Vögel und scheucht sie auf. Ärgern lohnt sich aber nicht, denn das kann einem auch zum Vorteil gereichen, wenn der Limikolenschwarm dann plötzlich nur wenige Meter vor einem landet. Ich finde das flach einfallende Seitenlicht am Nachmittag am schönsten. Dieses erzeugt auf dem Wasser glitzernde Lichtfunken und zeigt die am Strand entlanglaufenden Vögel in wunderschönen, warmen Farben. Zur Zugzeit kann man an dieser Stelle ein ganzes Sammelsurium an Watvogelarten beobachten und fotografieren, darunter Pfuhlschnepfen, Alpenstrandläufer, Sanderlinge, Steinwälzer, Austernfischer, Rotschenkel und Kiebitzregenpfeifer, um nur einige zu nennen. Zur Zeit meiner Anwesenheit wurde auch der sehr seltene GraubrustStrandläufer gesichtet. Leider hatte ich dieses Glück nicht. Neben den Limikolen bevölkern auch durchziehende Kleinvögel den Strand, allen voran Wiesenpieper und Stare, die sich mit den
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Alpenstrandläufer (Calidris alpina)
Austernfischer (Haematopus ostralegus)
Steinwälzer (Arenaria interpres)
Ohrenlerche (Eremophila alpestris)
Tangfliegen den Bauch voll schlagen. Wer Glück hat (und dieses Mal hatte ich solches), der erwischt auch die Ohrenlerche.
liegt im Süden der sogenannte Kringel. Dieser stellt die zum Meer abfallende Außenseite eines riesigen Sprengtrichters aus dem Jahr 1947 dar. Der Sprengtrichter selbst bildet Apropos Tangfliegen: empfindlich das sogenannte Mittelland. sollte man nicht sein, wenn man am Nordstrand auf Vögel ansitzt. Der Die Hangbereiche sind zu beiden dort angespülte Tang ist nämlich Seiten mit Büschen bewachsen. Das Brutstätte für diese Art, die in unzäh- macht diesen Bereich zur Zugzeit liger Zahl den Strand bevölkert. Aber ungemein attraktiv für Kleinvögel. gerade das macht seine Attrakti- Im Schlepptau des Kleinvogelzuvität für durchziehende Vögel aus. ges ist der Sperber Dauergast. Wer Im Grunde genommen müssen die Glück hat, kann auch Merlin und Vögel nur den Schnabel aufhal- Wanderfalken beobachten. Man ten, um sich reichhaltig zu stärken. erreicht den Kringel am besten vom Unterland aus über das BinKleinvogelzug am Kringel nenhafengelände. Von der Hafenstraße zweigt dann unscheinbar Am genau dem Nordstrand entge- der Weg „Am Kringel“ ab. Kommt gen gesetzten Ende der Hauptinsel man vom westlichen Klippen-
oben: Zilpzalp (Phylloscopus collybita) mitte: Sperber (Accipiter nisus) unten: Rotkehlchen (Erithacus rubecula)
randweg, so kann man den Kringel auch über unbefestigte Wege bergab laufend erreichen. Die Masse der durchziehenden und in den Büschen und am angrenzenden Kringelstrand nahrungssuchenden Kleinvögel ist beeindruckend. Am besten, man positioniert sich mit Stativ und Teleobjektiv einfach in der Nähe eines Busches und harrt der Vögel, die da kommen. Rot- und Braunkehlchen, diverse Drosselarten, Finkenvögel, Stare, Laubsänger und vieles mehr fliegen die Büsche an. Wiesenpieper, Steinschmätzer und Bachstelzen bevölkern die strandnahen Kies- und Steinflächen. An guten Zugtagen sitzen hier hunderte von Vögeln und noch mehr ziehen einem
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Steinschm채tzer (Oenanthe oenanthe) auf der D체ne.
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Millionen von Tangfliegen sorgen dafür, dass die Zugvögel nur mit geöffnetem Schnabel auf die Beute warten müssen wie dieser Wiesenpieper (Anthus pratensis). Schlaraffia auf Helgoland.
über den Kopf hinweg in Richtung Süden zum Festland – ein beeindruckendes Schauspiel. Da man sich hier überall gut positionieren kann und die grundlegende Exposition Süd ist, spielt die Tageszeit eine weniger wichtige Rolle. Selbst bei „hartem“ Mittagslicht gelangen mir viele schöne Aufnahmen. Überfahrt zur Düne: Seehunde und Kegelrobben Östlich der Hauptinsel liegt die etwa 0,7 Quadratkilometer große zweite Insel, genannt Düne. Für kleines Geld verkehrt eine regelmäßige wechselnde „Fähre“ zwischen den Inseln. Wer auf die Düne übersetzt, will v.a. eines sehen: Robben.
Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es hier nicht nur gebärende Seehunde, sondern auch Kegelrobben (2010/2011 mit 100 Jungtieren). Damit sind gleich zwei Robbenarten auf der Düne vertreten. Die Tiere liegen meistens am nördlichen Strand, der gerade einmal 150 Meter vom Hafen entfernt beginnt. Es gilt das Gebot, von den Tieren 30 Meter Abstand zu halten. Bei der Größe der Tiere ist das mit Teleobjektiven überhaupt kein Problem. Am besten, man setzt sich in dieser Entfernung ruhig hin. Bei schönem Wetter im Herbst ist das Licht (ähnlich wie am Nordstrand der Hautpinsel) am Nachmittag am schönsten. Die Kamera sollte einen möglichst tieflie-
Im richtigen Moment ausgelÜst: Dem Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) weht der frische Seewind ins Gefieder.
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oben: Kegelrobben (Halichoerus grypus) nutzen gerne die Bojen als Spielzeug rechts und folgende Doppelseite: Junger Seehund (Phoca vitulina)
genden Standpunkt haben. Wer sein Stativ sehr flach aufbauen kann, ist klar im Vorteil. So bekommt man die schönste Vorder- und Hintergrundsituation. Im Einzelfall kann es sogar von Vorteil sein, sich flach hinzulegen und die Kamera auf einen Bohnensack oder einfach den Fotorucksack aufzulegen. Zwischen den Kegelrobbenbullen kann es schon mal zu Gerangel kommen. Für solche Situationen sollte die Serienaufnahme eingeschaltet sein. Manchmal spielen die Kegelrobben mit den Bojen. Meistens liegen die Tiere aber einfach nur am Strand und ruhen sich aus. Bei ruhiger See gelingen einem so sehr friedlich wirkende Aufnahmen. Während die Seehunde ihre
Jungtiere im Sommer gebären, kommen die kleinen Kegelrobben erst im Winter zur Welt. Wer im Herbst auf die Insel kommt, wird also „nur“ junge Seehunde antreffen. Neben diesen beiden Robbenarten lohnt sich ein Ausflug auf die Düne zur Vogelzugzeit aber auch wegen der vielen Kleinvögel. Insbesondere Wiesenpieper und Steinschmätzer kommen in großen Mengen in Strandnähe mit seinen aufgeworfenen Tanghaufen und den Millionen Tangfliegen vor; aber auch viele andere Arten, darunter seltenere Vögel wie Ohrenlerche, Sporn- oder Schneeammer. Die Dünenmitte ist gebüschreich. Dementsprechend dominieren viele beerenfressende Kleinvögel, ähnlich wie am Kringel. Die größten
Junger Seehund (Phoca vitulina)
„Vögel“ auf der Düne sind motorisiert. Bei gutem Wetter herrscht reichlich Flugverkehr. Insgesamt ist die Düne aber wenig baulich erschlossen. Westlich der Startund Landebahn liegen zwei Süßwasserteiche, die allerdings nicht sonderlich spektakulär sind.
– gibt es aber zur Herbstzugzeit. Zu empfehlen ist ein breites Spektrum an Brennweiten vom Weitwinkelbis zum großen Teleobjektiv. Gute Dienste für Flugaufnahmen leistet ein Zoom bis 300 mm, mit dem noch Aufnahmen aus der Hand möglich sind. Für längere Brennweiten ist ein stabiles Stativ unumgängFazit lich. In diesem Artikel habe ich die besten Fotopunkte beschrieben. Helgoland ist für den Natur- und Dies sind der Lummenfelsen und die Tierfotografen ein absolutes Muss. Lange Anna, der Nordstrand, der Die exponierte Lage in der Nordsee Kringel und die Nachbarinsel Düne. macht die Sonderstellung der Insel(n) Letztlich lassen sich aber an vielen aus, die zu einem unglaublichen Stellen gute Fotos machen. Vogelreichtum führt. Ein Besuch Hartmut Fehr ist Jahrgang 1966. Er hat als Diplom-Biologe und leidenschaftlicher lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Die Natur- und Tierfotograf sein Hobby zum Beruf und gleichzeitig wieder zum Hobby größten Vogelmassen – mal abgegemacht. 2011 hat er sich der Gruppe Naturfotografen-for-nature angeschlossehen vom Brutgeschehen am Lumsen. menfelsen und der Langen Anna www.faszination-tierfotografie.de
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Text und Fotos: Kevin Winterhoff
Nikon
1
Ohne Spiegel in die Naturfotografie
Den spiegellosen Systemkameras gehört die Zukunft, davon sind viele überzeugt Ob die Systeme heute schon die klassische DSLR im Bereich der Naturfotografie ersetzen können hat GDT-Jugendgruppenmitglied Kevin Winterhoff für uns getestet.
Einleitung Eine Mischung aus Desinteresse und Enttäuschung überkam mich, als am 21. September 2011 die Nikon 1-Serie vorgestellt wurde. Desinteresse, weil ich diese Kamera als nicht praktikabel für mich als Naturfotografen ansah und Enttäuschung, weil ich heimlich auf eine neue DSLR gehofft hatte. Aus purer Neugier an der technischen Neuerung informierte ich mich dennoch über das neue Nikon-System. Ein „neuer Sensortyp für Nikon“ hieß es da, mit „Brennweitenerweiterung um den Faktor 2,7“ und weiter „zudem lassen sich mit dem FT-1 Adapter auch F-Nikkore mit Autofokus nutzen“. Spätestens als die ersten Tests mit Supertele Objektiven im Internet aufkreuzten, war mein, bis dahin relativ ruhig gestelltes Interesse, schlagartig geweckt.
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woraus sich die oben erwähnte Brennweitenverlängerung von 2,7 ergibt. Wie bei einer normalen DSLR, lassen sich alle Funktionen manuell steuern. So lässt sich im Menu einstellen, ob man nun Zeitautomatik, Blendenautomatik oder Komplettautomatik bevorzugt. Auch die Isowerte lassen sich entweder spezifisch einstellen oder von drei verschiedenen Automatikmodi (100-400, -800, -3200). Zudem bietet die Nikon 1 natürlich auch die Wahl zwischen verschiedenen Jpeg-Größen und dem RAW als Aufnahmeformat. Zudem wirbt Nikon damit, mit der Nikon 1 den schnellsten Autofokus und die schnellsten Serienaufnahmen der Welt auf den Markt gebracht zu haben.
Aber kommen wir zuerst zu den technischen Daten des Nikon 1-Systems. Ich werde mich hierbei auf die, für mich relevanten Sachen beschränken, welche für Naturfotografen interessant sind.
Der schnelle Autofokus beruht auf einer neuen Hybridtechnik, welche jedoch bei angesetzten Nikkoren nicht so schnell ist, wie mit Nikon 1-Objektiven. Die Serienaufnahmen sind in der Tat sehr interessant und mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 B/s wirklich herausragend. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass dabei die Nikon 1 auf die IsoAutomatik mit Isowerten bis 3200 zurückgreift. Warum diese Funktion damit nur in den seltensten Fällen
Die Nikon 1 gibt es in zwei Ausführungen, der J1 und der V1. Beiden Kameras ist gemein, dass sie das neue Nikon 1-Bajonett mit 39,8 mm Durchmesser besitzen, welches deutlich kleiner als das bisher bekannte F-Bajonett ist. Zudem haben beide den ebenfalls neuen CX-Sensor , welcher 10,1 MP aufweist und 13,2 mm x 8,8 mm misst,
Nikon V1 im Überblick • Nikon-1-Bajonett • Effektiver Bildwinkel entspricht ca. der 2,7-fachen Brennweite bei Kleinbild (Nikon-CX-Format) • 10,1 Millionen Pixel • Bildsensor CMOS-Sensor, Größe: 13,2 mm x 8,8 mm • ISO 100 bis 3200 • Straßenpreis: Nikon 1 V1 inkl. 1 NIKKOR VR 10-30 mm und 10 mm Pancake Objektive 860 ~ 1..000 EUR
Technische Daten
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kleine Kamera an großer Optik
interessant sein sollte, erkläre ich Kamera und konnte bereits nach später. einigen Tagen ein Päckchen in meinen Händen halten, welches Die Unterschiede zwischen den zwei die Nikon V1 in schwarz beinhalModellversionen beruhen im größ- tete. Nach ersten Tests mit dem ten Teil auf zwei Sachen. Die V1 hat kleinen Nikon 1-Objektiv und der im Gegensatz zur J1 einen digitalen Sichtung dieser Bilder am Computer Sucher mit 1.440.000 Bildpunkten entschied ich mich, den FT-1 Adapund 100 % Sucherfeldabdeckung. ter, mit dem man die „normalen“ Zudem hat sie einen Blitzschuh, wel- Nikkore nutzen kann, ebenfalls zu cher unter einer Abdeckung ver- kaufen. Nachdem dieser angekomborgen ist. Die J1 hat wiederum im men war, konnte ich es kaum erwarGegensatz zur V1 einen integrierten ten, die Kombination aus großem Blitz, welcher eine Leitzahl von 5 Tele und Nikon 1 im Feld zu testen. Metern aufweist. Also nahm ich die Nikon V1 einfach in mein Rucksackequipment auf Der Selbstversuch in der und testete sie bei verschiedenen Naturfotografie Ansitzen und Reisen. Ende Januar hatte ich die Chance recht günstig an eine Nikon V1 mitsamt 10-30 Kitobjektiv zu kommen und schlug zu. Ganz gespannt wartete ich auf die Lieferung der
Dabei wurden schnell die Möglichkeiten einer solchen Kombination, aber auch die Schwächen deutlich. So wurde mir schnell klar, dass die hochgepriesenen Isowerte der
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Ein ungewohnter Anblick, die Kompakte am groĂ&#x;en Objektiv.
Frontalaufnahmen sollten f端r keinen Kopf eine Herausforderung darstellen.
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Nikon 1 höchstens im Amateurbereich begeistern können. Bei ernsthafter Naturfotografie mit Anspruch auf Bildqualität wird es schwerlich möglich sein, Werte jenseits von 400 Iso zu nutzen. Zwar wird das Rauschen von 800 zu 3200 nicht deutlich stärker, befindet sich dabei aber bereits auf einem Niveau, welches die Qualität der Bilder mindert. Eine andere Enttäuschung war der Autofokus, welcher mit Nikon 1-Objektiven ganz hervorragend arbeitet, bei großen Telebrennweiten aber manchmal ungenau und relativ langsam ist. Zudem lässt sich mit dem FT-1 Adapter lediglich das mittlere AF-Feld nutzen, welches nicht weiter schlimm ist, da sowieso nur der AF-S (also nicht fortlaufender Autofokus) zur Verfügung steht. Flugaufnahmen kann man damit abhaken, die Kamera ist mit großen Nikkoren mehr für statische Aufnahmen geeignet.
Umso geringer, desto besser! Was die Farben betrifft, so hadere ich ein wenig mit der Nikon 1. Erstens lässt sich kein bestimmter KelvinWert beim Weißabgleich einstellen, was mitunter ärgerlich ist. Zudem hab ich verstärkt das Gefühl, dass die Kamera sehr grünstichige Bilder produziert. Zwar legt sich das Gefühl ein wenig bei der Betrachtung der Bilder am Computer, dennoch musste ich immer bei der Nachbearbeitung an der Farbzusammenstellung drehen, was eigentlich so nicht sein darf. Bedienung
Wie auf den Fotos zu sehen, muss man schon einen Sinn für Humor haben, eine solche Kamera an einem großen Objektiv auszuprobieren. Das wirkt wie ein Trabi mit Porschemotor... Wer aber über diesen „ästhetischem Makel“ hinBildqualität wegsehen kann, wird neue Horizonte in den Möglichkeiten der Die Bildqualität hat mich im Großen Telefotografie erfahren. und Ganzen jedoch überzeugt. Ich konnte die Kamera unter ver- Zugegeben, die Kamera ist klein, ist schiedenen Lichtsituationen und nichts für dicke Finger und vermittelt mit ganz unterschiedlichen Einstel- natürlich nicht das gleiche Gefühl lungen und Objektiven testen. So wie eine Flaggschiff-DSLR. Überraproduzierte die Kamera sogar mit schenderweise musste ich jedoch dem 1,4er und 1,7er Konverter noch beim Fotografieren selten Einstelabsolut scharfe Bilder. Die Detail- lungen an der Kamera vornehmen. zeichnung geht zwar erwartungs- Ich stellte vor dem Fotografieren die gemäß ein wenig zurück, ist aber Zeitautomatik ein, wählte Iso 200 deutlich besser als z.B. die einer und fing dann an zu fotografieren. Digiskopie. Der Blendenwert lässt sich jederzeit über den Kippschalter neben dem Die Isowerte sollten sich dabei, wie digitalen Sucher verändern, welbereits geschrieben im Bereich zwi- cher mit dem Daumen gut erreichschen 100-400 bewegen, hier zählt: bar ist.
Nikon V1 mit 400 f/2.8D, 400mm, f/3.2, ISO200, 1/100s
oben: Nikon V1, 800mm, f/8.0, ISO200, 1/320s links: Nikon V1, 550mm, f/4.0, ISO200, 1/125s Nikon V1, 650mm, f/5.0, ISO200, 1/125s
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oben: Nikon V1, 650mm, f/5.0, ISO200, 1/1000s rechts: Nikon V1, 650mm, f/5.0, ISO200, 1/500s
Eine ganz andere Gefahr stellen Verwacklungen durch die große Brennweite, bedingt durch den Cropfaktor, dar. Dies hab ich versucht zu minimieren, indem ich viel mit dem Infrarot-Auslöser ML-L3 von Nikon gearbeitet habe. Dabei bleibt manches Mal die Gestaltung zurück, sodass diese Methode wirklich nur für sehr statische Motive übrig bleibt. Bei Vögeln oder dergleichen muss direkt mit der Kamera fokussiert und ausgelöst werden.
daraus eine 1080mm Brennweite. Die Nikon 1 bietet Möglichkeiten, die mir keine DSLR bieten kann. Ich kann Details von Tieren aufnehmen, die ich sonst nur doch einen großen Beschnitt erreichen kann. Sicherlich kann sie nicht die Qualität und Wertigkeit einer DSLR erreichen, dies muss sie aber auch nicht, um den Besitzer einer solchen Kamera zu begeistern. Die Nikon 1 ist sicher kein Must-Have für den Naturfotografen, sie ist aber eine sehr nette und sinnvolle techFazit nische Neuerung, welche gerade bei statischen Motiven ihre Stärken Ist die Nikon V1 eine Bereicherung ausspielt und hier auch voll überin der Naturfotografie? Ja! zeugen kann. Ich glaube um das zu verdeutlichen, Kevin Winterhoff Sein Vater brachte ihn am zarten Alter muss man nur einmal erklären, was von 4 Jahren bereits mit der Natur und Naturfotografie in Berührung. Die Liebe bei angesetzter Nikon 1 aus einem zur Natur stellt deswegen auch heute noch den Grund seiner fotografischen bspw. 2,8/400 Objektiv wird. Bei Arbeit dar. Kevin ist in der GDT und engagiert sich auch außerhalb der NFN gleichbleibender 2,8er Blende wird für den Naturschutz. www.faszination-tierfotografie.de
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