Herend Herald 42. - Deutsch

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2014/I. | NR. 42

Herend Herald DAS MAGAZIN DER PORZELLANMANUFAKTUR HEREND

hinter den kulissen

Vรถgel der Erwartung KULTUR

Die vier Saiten der Leidenschaft


2014 | 2015

Where a world unfolds Ahol kinyílik a világ

Gergely Leblanc ballet dancer / balettművész

www.opera.hu


GR USS WO R T

Verehrte Leser des Herend Her ald! Von Anbeginn ist der Mensch auf der Suche nach ewigen Werten – unabhängig von Zeit und Raum. Wir suchen sie in der Schönheit der Natur, in unseren Beziehungen, in der Kunst, der Wissenschaft, der Gesellschaft, den Naturschätzen, der Philosophie, den Religionen, den Kunstwerken. Manche finden ihre ewigen Werte rasch, andere nie. Manche kämpfen um sie, andere warten einfach ab. Manche finden und verlieren sie wieder, andere halten sie auf ewig in Ehren. Für manche stehen ewige Werte mit Materiellem in Verbindung, für andere ist Materielles eitler Schnickschnack. Für manche ist ein Sonnenaufgang selbstverständlich, für andere ist ein Regenbogen eine ersehnte Botschaft aus der Ferne! Wir freuen uns, wenn wir bei dieser Suche einen guten Freund finden, der uns kennt und begleitet. Wir sollten uns nicht schämen, ihm ein Haiku zu schicken. Wir freuen uns, wenn wir einen Gefährten finden, der uns unsichtbar begleitet, wir sollten uns nicht schämen auszusprechen: Gut, dass es dich gibt! Werte sind gegenwärtig, doch wurzeln sie in der Vergangenheit und weisen in die Zukunft. Wir erhalten sie von unseren Vorfahren und geben sie an die Nachwelt weiter. Mit den Werten gehen auch die täglichen Mühen einher, doch nicht mehr, als man meistern kann. Auch das Porzellan aus Herend ist mehr als ein Kunstwerk der Gegenwart, es trägt die Traditionen der Vergangenheit in sich, weist aber zugleich in die Zukunft. In jedem Stück stecken die wissenschaftlichen Entdeckungen der Porzellanherstellung, die Erfolge bei Weltausstellungen, die auf Tradition basierende ständige Erneuerung, die natürliche Schönheit, die Kreativität, die Qualität und Einzigartigkeit, die Liebe zur kreativen Arbeit, die Handarbeit, der Luxus der Marke Herend, die Eleganz und die Zuwendung. In Herend wird das Porzellan bei der Fertigung von Hand zu Hand weitergegeben, also reichen etwa achthundert

fotó: Burger Zsolt

Kollegen unseren Kunden die Hände. Sie reichen ihnen Sorgfalt, schöpferische Kraft und die Liebe zum Porzellan weiter, denn Porzellan aus Herend mehr als ein Gebrauchsgegenstand, es ist von ewigem Wert! In unserem aktuellen Magazin empfehle ich Ihnen nicht nur den Artikel zum Instrument der Leidenschaft, der Violine, der zeigt, mit welchem Engagement und mit welcher Demut die Geigenbauer ihrem Beruf nachgehen. Es ist immer spannend, ferne Kulturen zu entdecken, dieses Mal geht es um IKEBANA, die japanische Kunst des Blumenarrangements. Machen Sie auch Bekanntschaft mit der Geschichte des Szekler-Tors und lassen Sie sich in die Zeit der Ritterturniere zurückversetzen. Ich bedanke mich für Ihr Interesse und hoffe, dass unser Magazin bei Ihnen auch dieses Mal Gefallen findet. Ich wünsche Ihnen beim Lesen gute Unterhaltung und einen angenehmen Zeitvertreib! Mit freundlichen Grüßen, Ihr Dr. Attila Simon Geschäftsführer

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IN H A LT

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INTERIEUR

GASTRONOMIE

Vom Schloss zum Minimalismus

Empfehlung des Restaur ants Apicius

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12 HINTER DEN KULISSEN

KULTUR

Die vier Saiten der Leidenschaft

Vögel der Erwartung

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Aktuelles

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Ikebana – Die gefundene Bedeutung

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Für den Kommenden Herberge, für den Gehenden Frieden

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1014 Jahre ungarischer Münzprägung

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Die vier Saiten der Leidenschaft

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Gold, Waffen und stolze Rösser

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Vom Schloss zum Minimalismus

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So ein Käse

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Vögel der Erwartung

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Schenken sie Porzellan aus Herend!

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Herend Herald impressum Herausgegeben von der Porzellanmanufaktur Herend AG  Chefredaktion: Anna Rajkó Verantwortlicher Redakteur: Dr. Attila Simon  Redaktion: Rita Cserhalmi Layout: György Protzner  Korrektur: Ildikó Endreiné Szemõk Übersetzung: Eva Zador  Lektorat: Clemens Prinz  Foto: Shutterstock Redaktion: Fidelio Média GmbH, H-1066 Budapest, Nyugati tér 1, Telefon: +36 1 485 9000, fidelio@fidelio.hu Druck: Keskeny Nyomda Porzellanmanufaktur Herend AG H–8440 Herend, Kossuth Lajos u. 140. Telefon: +36 88 523 100, Fax: +36 88 261 518 E-Mail: info@herend.com  Web: www.herend.com Facebook: www.facebook.com/Herendporcelan  ISSN 1585-1397

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A K T U EL L E S

Erfolge von Herend bei der Frankfurter Ambiente Bei der bedeutendsten Fachmesse 2014, sie wurde in 5 Tagen von 144.000 Besuchern aus 161 Ländern besucht, machte die Porzellanmanufaktur Herend mit einem neuen und frischen Image auf sich aufmerksam. Unter den mehreren Hundert neuen Stücken aus Herend erweckten ein monumentales Porzellanbild der afrikanischen Savanne, eine Zierschale mit 91 cm Durchmesser, auf der eine Wasserszene dargestellt ist, und die dazugehörige Ziervase in limitierter

Serie besonderes Interesse. Erstmals waren auch das Schachspiel des Designers Ákos Tamás und das mit mehreren Dekors verzierte Cosier-Service der Künstlerin Etelka Meixner zu sehen. Als neues Dekor präsentierte sich die moderne Variante des Viktoria-Musters unter dem Namen Viktoria Grande, auch die überaus elegante Dekorfamilie Hermitage erntete große Anerkennung, ebenso wie das Dekor FORET in Türkis und Platina sowie die Schuppenfiguren Vieux Herend.

Ein Sieger gibt nie auf! Unter diesem Motto begrüßte der ungarische Botschafter Vince Szalay-Bobrovniczky die Ausstellung der Porzellanmanufaktur Herend im Porzellanmuseum im Wiener Augarten. Zu sehen waren ausschließlich historische, museale Exponate aus Herend, deren Mehrzahl selbstverständlich einen Bezug zur Kaiserstadt hatte. Außer den historischen Dekors – Wales, FranzJoseph-Service, Gödöllõ-Service – wurden auch Stücke gezeigt, die das Publikum nur selten sieht, so etwa zwei Zierteller mit dem Panorama von Schönbrunn bzw. Wien.

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A K T U EL L E S

Blühendes Herend Die Düfte des Frühlings und blühende Kirschbäume… Als Teil des Sakura-Festes im Budapester Botanischen Garten wurde eine besondere Auswahl der Porzellanmanufaktur Herend gezeigt. Zu sehen waren nahezu 200 Kunstwerke, ausschließlich mit Blumendekor verziert, darunter ein gedeckter Tisch und zahlreiche Exponate, die nur selten ausgestellt sind. So etwa die Serie mit den Wildblumen Amerikas oder ein faszinierend schönes, einzigartig bemaltes Tête-à-Tête-Service mit Orchideen-Dekor in limitierter Ausgabe. Bei der Eröffnung betonte der japanische Botschafter Yamamoto Tadamichi, dass die Produkte der Porzellanmanufaktur Herend, die ungarische Geschichte und Traditionen bewahren, in Japan überaus begehrt seien, ja sogar das Kaiserhaus ein Faible für das schöne Porzellan habe.

GE SCH Ä F T

Die Geburt eines Meilensteins Das Bluck’s auf den Bermudas, ein exklusiver Partner der Porzellanmanufaktur Herend, hat wenn auch nicht das tausendjährige Jubiläum so doch einen wichtigen Meilenstein erreicht. Das 1844 auf einer kaum 52 km2 großen Insel inmitten des Atlantischen Ozeans gegründete Geschäft ist das erste, in dem mehr als tausend Armbänder aus Herend verkauft wurden. Die Geschäftsphilosophie des in diesem Jahr 170-jährigen Bluck’s war schon immer, die exzellentesten Produkte aus der ganzen Welt zu vertreiben. Seit mehr als 70 Jahren wird das Geschäft von der Familie Darling betrieben. Den derzeitigen Geschäftsführer Peter Darling erfüllen seine Familie und die Beziehungen zu Herend mit Stolz. Er hat bereits zahlreiche Unikate, nur in seinem Geschäft vertriebene Stücke aus Herend bestellt, darunter die Serien Bermuda Flowers und Bermuda Reef Fish, oder aber auch exquisite Porzellanpräsente für Königin Elisabeth II. sowie die jordanische Königin Noor. Eine besondere Geste des Bluck’s ist, dass jedes Staatsoberhaupt, das den Bermudas einen Besuch abstattet, ein Geschenk aus der Serie Bermuda Reef Fish erhält.

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K U R I OSE S

Für den Kommenden Herberge, für den Gehenden Frieden

FÜR DIE UNGARN IN SIEBENBÜRGEN IST ES DAS SINNBILD DER ZUSAMMENGEHÖRIGKEIT, FÜR DIE SZEKLER SYMBOLISIERT ES TÜCHTIGKEIT. DAS SZEKLER-TOR – VON DEM ES KEINE ZWEI GLEICHEN GIBT – IST JEDOCH NICHT NUR MIT DIESER R EGION VERBUNDEN.

Foto: Imre Antal

Seine Vorläufer sind u. a. in Tschechien und Bulgarien zu finden, manche glauben seine Verbreitung sei auf der Achse China-Ungarn zu verfolgen, andere Forschungen gehen davon aus, dass sich auch in Deutschland und den Niederlanden Spuren finden lassen. Eine Zeitlang war man in dem Glauben, dass die unmittelbaren Vorläufer dieser wundervollen Portale die Tore der mittelalterlichen Husarenburgen waren, heute weiß man, dass vermutlich die Tore der Herrenhäuser als Vorbild galten. Szekler-Tore wurden aus schönem, astfreiem Holz angefertigt, vor allem aus der widerstandsfähigen Eiche oder Zerreiche. Das Tor bestand immer aus einem kleineren und einem größeren Teil, durch den kleineren verkehrten die Personen, durch den größeren die Wagen, daher betrug die Höhe etwa vier Meter. Die Tore waren mal schlichter, mal verspielter, jedes wurde mit Schnitzereien, Bemalungen und Aufschriften versehen. Die Schnitzerei symbolisierte die Familie, die Volksgruppe, das Geschlecht, zugleich erzählte es vom Besitzer, dessen Weltanschauung, Wertesystem und Geschmack. Betrachtet man ein Szekler-Tor aus der Nähe, erkennt man rasch, dass die wichtigeren Schnitzereien über dem kleinen Tor zu finden sind. Die Zierelemente können Planeten, Vögel, Pf lanzen sein, doch oft sind hier auch Wappen oder Embleme zu sehen. Am oberen Teil der Pfosten ruhen Blüten auf

einem Palmwedel. Am Torrahmen befinden sich ebenfalls Verzierungen, am Tor selbst allerdings nicht. Erst seit dem 18. Jh. gibt es die rot, weiß, grün und blau bemalten Tore. Aufschriften – Datum der Errichtung, Name des Besitzers oder Erbauers, gute Wünsche – waren jedoch von Anbeginn unerlässlicher Zierrat. Das heute wieder beliebte Szekler-Tor kann für den Menschen den Erhalt von Traditionen bedeuten, zugleich kann es aber auch ein Ausdrucksmittel sein, wenn sich ästhetisches Gespür und grundlegendes Wissen miteinander paaren. Die Anfertigung dieser Tore erfordert Zeit und Energie, man muss das entsprechende Holz auswählen, das Muster, die Aufschrift und auch weitere wichtige Kriterien über die Form hinaus kennen. Als Szekler-Tor gilt nämlich nur das Tor, dessen Muster, Schnitzereien und Formen keinem Gebäude auf dem Grundstück ähneln. Die obere Öffnung ist durchbrochen und gewölbt, zudem darf bei den Symbolen die Sonne nicht fehlen. Es bewahrt Werte, die Menschen der vergangenen Jahrhunderte in ihm verewigt haben, und bleibt – wenn auch mit der Erneuerung einiger Elemente – , was es früher war: ein Durchgang zwischen der geschlossenen, sicheren Innenwelt des Zuhauses und der aufregenden, doch oft keineswegs ungefährlichen Außenwelt.

Wussten Sie schon…

dass man nicht weit von Székelyudvarhely, in Szejkefürdõ, am Grabmal des Schriftstellers und Volkskundlers Balázs Orbán mehrere Szekler-Tore aus der Nähe betrachten kann? Zu sehen sind kunstvolle Tore aber auch in Bálványos, Nyergestetõ und Sepsiszentgyörgy. Das größte Tor dieser Art ist das 15,06 m breite und 9,5 m hohe Eichentor am Ortseingang von Torja.

Sarolta Szálka

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K U LT U R

DIE VIOLINE

INSTRUMENTEN AB. SIE GEBURT IST GEHEIMNISVOLL. AUCH DEN NAMEN STRADIVARI HABEN SCHON ALLE GEHÖRT. WORIN LIEGT DIESES GEHEIMNIS? IM HOLZ? IM L ACK? IN DER HAND DES MEISTERS? GIBT ES NOCH EIN INSTRUMENT, DAS DERART VIEL AUFMERKSAMKEIT ERHÄLT? HEBT SICH VON ALLEN

SCHEINT EDLER, DENN IHRE

Die vier Saiten der

Leidenschaft Es gibt Menschen, die arbeiten mit modernster Technik: Mit computergesteuerten Geräten tasten sie Instrumente ab, messen und berechnen Durchschnittsdaten, um dann mit programmierten Werkzeugen das „perfekte“ Instrument anzufertigen. Meistergeige… Bei diesem Wort erscheinen Bilder von Geigenbauern, die in ihrer Werkstatt über das Material gebeugt nächtelang nach dem Geheimnis der Bearbeitung suchen. Denn auch totes Holz ist lebendig. Man muss seine Entwicklung nach Jahresringen kennen, seinen verborgenen Klang hören. Die Technik kann sich ändern, der Meister aber nicht. Auch heute gilt, was schon vor 200 300 Jahren: Bei der Anfertigung des Instruments erforscht der geübte Geigenbauer das Material mit voller Aufmerksamkeit. 2012 wurden Geigenbauern nach Veszprém, in die „Stadt der Königinnen“, eingeladen, um die Stadt zum Geburtstag von Lipót Auer, dem weltberühmten Geigenvirtuosen und Musikpädagogen, der hier aufgewachsen war, mit Geigenklang und Streichmusik zu erfüllen. Ehrengast der Veranstaltung war Gio Batta Morassi, Vorsitzender der Geigenbauer von Cremona. Viele lauschten seinem Vortrag, manche dachten wohl, nun würde das Geheimnis der Stradivari gelüftet. Und gewissermaßen war dem auch so. Wir saßen und lauschten den Worten des Meisters. Vor uns entfaltete sich eine Persönlichkeit, die in Kunst und Kultur, Geschichte, Biologie, Chemie, Physik, Ästhetik und Musik bewandert war. Ein Mensch, der die Welt in ihrer Komplexität betrachtete, der sich nicht mit Halbwissen begnügte. Da verstanden wir: Der Mensch selbst ist das Geheimnis.

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K U LT U R Im Film über Stradivari gibt es eine Szene, die sehr viel verrät. Antonio wird auf einen Wortwechsel in der Werkstatt aufmerksam. Als er eintritt, findet er seinen Sohn und einen wütenden Mann vor, der ein Fläschchen in der Hand hält und gestikulierend auf den Jungen losgeht: „Gib mir das Geld zurück, das ich für das Geheimrezept deines Vaters bezahlt habe! Das ist auch nur gewöhnlicher Lack!“ Antonio sieht seinen Sohn, der für Geld zum Verräter geworden ist, entsetzt an und wendet sich an den Mann: „Mein Geheimnis willst du? Hier hast du mein Geheimnis.“ Und er streckt ihm seine Hände hin. „Mit ihnen schnitze ich meine Instrumente, rühre ich meine Lacke“, und er fügt, nachdem er dem Jungen eine Ohrfeige gegeben hat, hinzu: „Und mit ihnen erziehe ich auch meinen Sohn.“ Der Meister selbst ist also das Geheimnis. Yehudi Menuhin sagte einst über die Violine: „Wenn Gott, wie es heißt, den Menschen nach seinem Abbild geschaffen hat, dann können wir getrost behaupten, dass der Mensch die Violine nach seinem Abbild erschaffen hat; nach dem Bild der Frau. Denn die Violine ist eine wundervolle Göttin.“ Die Violine hat einen Korpus, einen Körper. Sie hat einen Kopf, einen Hals, sie hat Wirbel… Und ja, sie hat eine Seele. Hört man einem Meister zu, dann fesselt einen die Leidenschaft, mit der er von seiner Arbeit spricht. Es bedarf Tausender von feinen und doch kraftvollen Handgriffen, bis ein Stück Holz zum Instrument wird, das die Menschen verzaubert. Sieht man dem Meister zu, erkennt man, mit welch unendlicher Geduld er mit dem Hobel über das Material fährt, es dünner macht und ausformt. Er hält das Instrument dann und wann ans Ohr, um den Klang zu prüfen. Dem Besucher einer solchen Werkstatt steigen Harz- und Pflanzendüfte in die Nase, es herrscht eine besondere Atmosphäre; man fühlt sich in eine Zeit vor der Technik versetzt, in der Mensch und Natur in Harmonie lebten. Und diese Harmonie spürt man beim Anblick der fertigen Violine, diese Harmonie erfüllt uns beim Hören der Musik, die den vier Saiten der Leidenschaft entspringt. Vielleicht gibt es deshalb so viel Rummel und Neugier rund um die Violine. Ilona S. Hegyi

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I N T ER IEU R

K AFFEESERVICE IM NEOROKOKO-STIL

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LITHOPHANE, DESIGN L ÁSZLÓ HORVÁTH

LUSTERVASE MIT SELADONGLASUR UND EIDECHSENRELIEF

Wussten Sie schon,  dass der Minimalismus sich in den 60ern von New York aus auf seinen Eroberungsfeldzug begeben hat? Großen Einf luss hatten z. B. Picasso und Morandi.

 dass die Stauräume bzw. HiFi-Anlagen bei minimalistischen Einrichtungen meist in der Wand versteckt sind und Kleidung in Garderobeschränken?

 dass das minimalistische Design in Europa bis zum Konstruktivismus und Bauhaus zurückzuführen ist und mit dem Namen von Walter Gropius verbunden ist?

 dass ein perfekt gestalteter minimalistischer Innenraum zwar schön ist, man jedoch, wenn man darin lebt, einige ungewohnte Objekte zur Zierde hinstellen bzw. auf hängen sollte? Z. B. interessante, farbige Kleinplastiken oder Porzellane, ein vibrierendes Gemälde, eine bunte Bodenvase.

 dass die Grundlage des Minimalismus das Gleichgewicht ist? Ordnung und Klarheit, Rhythmus und Symmetrie sind feste Bestandteile.

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I N T ER IEU R

Vom

Schloss

zum Minimalismus ES

1500. ÜBERALL GOLD, KNALLIGE FARBEN UND ÜPPIGE MUSTER. K IRCHEN UND SCHLÖSSER STRAHLEN IN ÜBERIRDISCHER PRACHT. STOFFTAPETEN UND SCHNÖRKELIGE HOLZSCHNITZEREIEN. DOCH WIE WASSER STEINE GLÄTTET, WERDEN LINIEN, FARBEN UND FORMEN VON DEN JAHRHUNDERTEN ABGESCHLIFFEN. IST UM

BLÜTENBLATTSCHALE, DESIGN ÁKOS TAMÁS

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In der Gotik wurden Fensterscheiben, Textilien bereits bunter, die Einrichtung zierten immer ungewöhnlichere Muster. In der Renaissance erwachten die Fassaden zum Leben, Raum und Form erlangten wunderbare Harmonie. Im Barock und Rokoko wucherten in der Architektur und Innenausstattung der oberen Zehntausend üppig Prunk und Glanz, gab es wogende, sich kringelnde Linien und teure Stoffe. Auf den Wandtapeten faszinierten aufregende Zeichnungen, die Beine der Kanapees, der Tische und Sessel wurden gleichsam lebendig, anstelle einfacher Stuhlbeine gab es nun Tierpfoten.

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Ganz plötzlich hatte man von dieser übermäßigen Verzierung genug, das Schlichte wurde zum Trend, und dieser Trend scheint – mit der ein oder anderen aufregenden Ausnahme – bis heute anzuhalten. Der Jugendstil, das Art nouveau des beginnenden 20. Jahrhunderts haben sich trotz ihrer Verspieltheit eine Existenzberechtigung verschafft, denn die leichten und anmutigen Paravents, die Kommoden und Tischchen, die an Ranken hängenden Lampen, das Tiffanyglas, die zu diesem Stil passenden Mucha-Bilder wurden überaus beliebt.

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Heute wiederum sind riesige Räume auf dem Vormarsch, große monochrome Oberf lächen, Fensterfronten statt Wänden. Gerade oder in sanften Bögen verlaufende Linien, Streifen, Diagonale. Alles puritanisch, doch die Auswahl der Materialien und die Art und Weise

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K AFFEESERVICE, DESIGN PÁLMA BABOS

der Gestaltung sind besonders anspruchsvoll und damit kostspielig. Fast jeder Gegenstand entsteht aus natürlichem Material: Stein, Holz, Metall, Wolle, Leinen, Porzellan. Und das individuell entworfen und möglichst handgefertigt, auf authentische Weise, oft mit modernster Technologie.

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Rabenschwarz, Braunschwarz, Kaffeebraun, Kakaofarben, Beige, Vanille-, Zimt-, Walnuss-, Eierschalenfarben, Grau, Alabaster- und Schneeweiß – sind heute die bevorzugten Farben. Vielleicht noch Kaki, Apfelgrün, Hellviolett, Türkisblau, Zitronengelb, doch nur sehr zart, mit Gefühl, in geringer Menge. In solch einem Milieu lohnt es auch, mit den Schatten der Möbel zu spielen, daher gehört die Beleuchtung untrennbar zu den im Zeichen des Minimalismus eingerichteten Räumen. Eine Stehlampe mit großem Schirm oder kleine Lichtquellen, egal, nur besonders muss es sein, schlicht und attraktiv.

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Das Gesamtbild vermag das gut platzierte, in Form und Farbe geschickt gewählte Porzellan zu beleben. Zum Minimalismus passen am ehesten Bodenvasen, leicht geschwungen oder von robusterer Form. Es lohnt sich, dem Esstisch mit geschmackvollen Läufern und exklusivem Teller- oder Tassenservice aus Herend ein wenig Farbe der besonderen Art zu verleihen. Sarolta Szálka

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H IN T ER

D EN

KU L ISSEN

Vögel der

DIE MEISTER DER PORZELLANMANUFAKTUR HEREND HABEN EIN NEUES MEISTERSTÜCK GEFERTIGT. THEMA DER ÜBERWÄLTIGENDEN VASE IST DIE SYMBOLIK DES EWIGEN K REISLAUFS VON FRÜHLING UND NEUANFANG.

Erwartung Der Frühling erfüllt die Welt mit langersehntem Leben. Das Warten ist nie vergebens: Der Frühling trifft früher oder später ein. Er ist wie ein ferner, fröhlicher Verwandter, bei dem man nie wissen kann, wann er genau kommt. Doch ist er da, dann tritt er heiter und unwiderstehlich in unser Leben. Hastig, lachend erzählt er, Zimmer, Straßen, Plätze und Städte füllen sich mit Sonnenschein und dem Geschmack von Wind. Die Natur des Frühlings ist auch das Thema eines der neuesten Stücke aus der Porzellanmanufaktur Herend. Das Werk gilt nicht nur aufgrund der Dekoration als außergewöhnlich, vielmehr ist es der bislang größte, durchbrochene Ziergegenstand der Manufaktur. Auf der Vase wird eine idyllische Szene am Seeufer lebendig. Obwohl das Bild bukolische Ruhe ausstrahlt, ist es doch voller Energie und Bewegung. Die Brautente ist im Norden der USA und in Kanada beheimatet. Den Winter verbringt sie jedoch auf den Karibischen Inseln, zuweilen auch in den Küstengebieten Mexikos, um dann wieder heimzukehren und den Frühling und das Leben an die Großen Seen zu bringen. Auch die Farbenwelt der Vase spiegelt diese Erneuerung wider: In das Blassblau des Himmels, das dezente Grün der Bäume und Pf lanzen bringen die roten und blauen Federn der Enten den Frühling. All das wird von goldenen Ornamenten umrahmt, wie auch der Frühling, auf den wir stets warten, unserem Leben einen Rahmen verleiht. András Dezsõ Horváth

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H IN T ER

D EN

KU L ISSEN

Die Anmut der Geduld – Interview mit dem Meistertöpfer Ferenc Köller  Woher kam Ihnen die Idee zu dieser Vase? Die Grundform der Vase existierte bereits, nach ihr sind fünf Exemplare entstanden. Beim letzten hatte ich selbst auch geholfen. Zur diesjährigen Frankfurter Fachmesse Ambiente haben wir uns überlegt, auf der Vase die Motive des Frühlings zu verewigen. Die Brautente ist ein wundervoller Vogel. Wenn wir ihn auf einer Fläche darstellen wollen, brauchen wir viel Platz, gerade so viel, wie auf der Vase zur Verfügung steht.  Wie stark hat Sie das Design des Meistermalers Sándor Vida inspiriert? Das Ätherische des Bildes hat mich überwältigt. Ich bin auf sehr vieles stolz, doch glaube ich, dies ist eines der herausragendsten Werke, an denen ich mitwirken durfte. Ein majestätisches Werk voller Anmut. Ein wahres Meisterstück des Kunstgewerbes.  Wie war die Herstellung? Sie war ein Arbeitsprozess, der besondere Konzentration erforderte. Wir mussten auf jede Bewegung achten, durften keinen einzigen Durchbruch verfehlen. Es brauchte viel Geduld und Disziplin, zu einem solchen Werk braucht es Zeit und Entschlossenheit.

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K U R I OSE S

Ikebana Die gefundene Bedeutung SO WIE DIE JAPANISCHE ARCHITEKTUR, MALEREI UND PORZELLANKUNST, SO HÄTTE SICH DAS IKEBANA, DIE KUNST DES BLUMENARRANGEMENTS, NICHT OHNE TEEMEISTER ZUR PERFEKTION ENTWICKELN KÖNNEN. L AUT IHRER PHILOSOPHIE IST DAS PERFEKTE ÜBERALL ZU FINDEN, WENN MAN BEREIT IST, ES ZU ERKENNEN.

FREUNDSCHAFT

Bei den buddhistischen Zeremonien gab es bereits ab dem 6. Jh. Blumenopfer, einige Jahrhunderte später wurde die Blume zum Hauptakteur verschiedener aristokratischer gesellschaftlicher Spiele. Das mit Musik- und Tanzvorstellungen, lyrischen Abenden untermalte Blumenfest chinesischer Herkunft steigerte den japanischen Blumenkultus. Dessen Höhepunkt war das Erscheinen der damals noch Tatebana genannten Ikebana-Kunst im 15. Jh.

Eine einzige Prunkwinde Sen no Riky ū, der Meister der Teezeremonie, platzierte erstmals ein Ikebana in das Heiligtum, die Tokonoma-Nische seines Teezimmers, mit dem Ziel, dass die Blume in der Vase die perfekte Harmonie von Schönheit und Geist widerspiegeln sollte. Und damit sind wir beim Kern des auf der Zen-Philosophie basierenden Ikebana (ursprüngliche Bedeutung: „Blume im Wasser“) angelangt. Das Gefäß, der Zweig und die Blüte müssen gemeinsam über ihre Schönheit hinausweisen. Wenn sich jemand auf die Komposition versteht, spornt er mit der Darstellung der natürlichen Harmonie zu einer Art Selbstfindung an und ruft damit ein kathartisches Erlebnis hervor. So wie Meister Riky ū bei seinem General:

FREUND MEINER SEELE IST JEDERZEIT LIEBEVOLL MIR STETS ZU SEITE.

Weniger ist mehr Die Misho-ryu Sasaoka Schule kombiniert bei ihren Performances westliche klassische Musik, japanische traditionelle Musik, das Kabuki- und das Ky gen-Theater mit der Ikebana-Kunst, um dem heutigen Publikum die japanische Blumenkunst näher zu bringen. Sie arbeitet mit wenigen Blumen, viel leerem Raum und leicht zu erlernender Technik und zeigt damit jenen einen Weg, die sich die Geheimnisse des Ikebana aneignen wollen.

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K U R I OSE S

„General Toyotomi Hideyoshi (1535–1598) war neugierig auf die im Garten Riky ūs blühende Prunkwinde. Riky ū lud ihn zu einer morgendlichen Teezeremonie ein. Doch der General suchte im Garten vergeblich, nirgends fand er die Blume. Toyotomi betrat empört das Teezimmer und sein Blick fiel als Erstes auf eine wundervolle Prunkwinde, die in einer besonderen Bronzevase die Atmosphäre des Zimmers beherrschte wie eine in einen prachtvollen Kimono gekleidete wunderschöne Kaiserin. Der Herrscher schwieg beschämt, denn er erkannte die Wahrheit der Kunst. Hätte Riky ū die Prunkwinde im Garten gelassen, wäre sie nur eine zufällig dort vergessene, einsame Blume gewesen. Hätte der General im Garten aber eine Menge von sich wiegenden Prunkwinden gefunden, hätte er die wahre Schönheit dieser Blume nie erkannt.“ (Quelle: Ivaki Toshiko, Ikebana) Die Kunst der dynamischen Asymmetrie Über die Jahrhunderte haben sich unzählige Stilrichtungen und Schulen des Ikebana herausgebildet. Anfangs konnte man nur pf lanzliches Material verwenden und das Ikebana diente der religiösen Andacht, später rückte das Schaffen einer Atmosphäre in den Mittelpunkt. Den Platz der Priester nahmen im Ikebana ab dem 17. Jh. Weltliche ein, ab dem 19. Jh. zunehmend Frauen. 1948 setzte die avantgardistische Ikebana-Bewegung ein, bei der die Meister bereits auch mit Muscheln, Steinen, Kunststoff und Eisenstücken arbeiteten, womit sie sich von der traditionellen Schule abwandten. Ab den 50-er Jahren wurde diese japanische Kunst auch im Ausland beliebt. 1956 wurde die Ikebana Internationale gegründet, die bis heute in 60 Ländern über mehr als 7.000 Mitglieder verfügt, die jährlich mehrmals an Messen und Ausstellungen teilnehmen. Auch derzeit existieren verschiedene Schulen nebeneinander, mit abweichenden Regeln und Stilen, einheitlich aber sind das Bestreben, die Einzigartigkeit der Pf lanze zu betonen, und das Wesen des schöpferischen Prozesses. Der Künstler muss die Pf lanze unter künstlichen Bedingungen zum Leben erwecken, mit der Sonne zugewandten Blütenblättern, emporstrebend, wie in der Natur. Die Künstler des Ikebana arbeiten – abweichend von den westlichen Traditionen im Blumenbinden – mit einer dynamisch ausgeglichenen Asymmetrie, pinselstrichartigen Linien, wenigen Pf lanzen und viel leerem Raum. Ziel ist, jedes Element in seiner vollkommenen Schönheit, samt seiner kleinen Fehler (!) zu präsentieren. Die Komposition muss mit der Vase und dem Raum eine feste Einheit bilden. Ein Ikebana anzufertigen ist nach Ansicht der Japaner eine große Verantwortung, denn die Komposition muss die über allem stehende Harmonie von Mensch und Natur widerspiegeln und dies ungekünstelt. Anna Rajkó

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GE SCHI CH TE

1014 Jahre ungarischer Münzprägung

ZUR L ANDNAHMEZEIT HATTEN DIE UNGARN NOCH KEIN EIGENES GELD, SIE ZAHLTEN MIT FELLEN UND TIEREN, ALS ZAHLUNGSMITTEL DIENTEN AUCH ARABISCHE DIRHAMS UND BYZANTINISCHE GOLDMÜNZEN. EINE EIGENE WÄHRUNG ERHIELTEN SIE ERST MIT DER STAATSGRÜNDUNG.

Deutsche Qualität statt italienischem Design Obwohl die Bezeichnung „Forint“ von „fiorino d’oro“ herzuleiten ist und vom Namen Florenz stammt, ließ König Stephan ihn nicht nach italienischem Design, sondern nach fränkisch-bayerischem Vorbild anfertigen. Auf den Münzen stand „REGIA CIVITAS“ (Stadt des Königs), demnach befanden sich die ersten ungarischen Münzstätten in Esztergom oder Székesfehérvar.

Die Jahrhunderte des schönen Forint Zur Belebung des ungarischen Handels brauchte man aber eine wertvollere Währung, so erschien nach einem Erlass von Karl I. Robert (1325) nach f lorentinischem Muster der

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Goldgulden. Obwohl die Goldmünzen in Buda geprägt wurden, ließ erst Ludwig I. von Ungarn ungarische Motive wie das Anjou-Wappen zu. Auch König Matthias stand ihm in der Münzgestaltung um nichts nach: In seinen Münzstätten von Nagybánya (Baia Mare), Szeben (Sibiu), Körmöcbánya (Kremnica), Buda und Kassa (Ko ice) wurde die Gottesmutter als Patrona Hungariae auf die Goldmünzen geprägt. Sie war noch bis 1939 auf ungarischen Münzen zu sehen, zuletzt auf der Zwei-Pengõ-Münze. Die Ungarische Krone tauchte als Symbol erst auf den Silbergulden von Vladislav II. auf und auf diese gelangte auch erstmals die Jahreszahl der Prägung: 1499. Ab dem 15. Jh. spielte das ungarische Geld eine wichtige überregionale Rolle, es war aufgrund seines Edelmetallgehalts und seiner Schönheit


GE SCHI CH TE

Wussten Sie schon… dass auf den Münzen Franz Rákóczis das Porträt des Fürsten nicht zu sehen ist? Im 18. Jh. war es üblich, das Porträt des Herrschers auf die Münzen zu prägen. Rákóczi ließ aber keine Goldmünzen mit seinem Porträt in Umlauf bringen. Auf seine Goldmünzen gelangten das Landeswappen und die Madonna, auf die nach polnischem Muster angefertigten Kupfermünzen aber sein Motto „CUM Obwohl Ungarn bis zum 19. Jh. vielerlei Münzen DEO PRO PATRIA ET LIBERTATE“ (Mit Gott hatte, befand sich auf ihnen bis 1848 keine ungarische für Heimat und Freiheit) – daher auch ihre Aufschrift. Kossuth, zur Zeit des Freiheitskampfes an Bezeichnung als Libertas-Münze. der Spitze des Finanzministeriums, ist das eigenständige ungarische Finanzwesen zu verdanken. Umgangssprachlich wird das Papiergeld aus dieser Zeit daher auch „KossuthSchein“ genannt. Es waren Ein- und Zwei-Forint-Scheine, ausgegeben von der Pester Ungarischen Handelsbank. Kossuth ließ auch Münzen prägen, auf diesen waren erstmals ungarische Aufschriften.

Wussten Sie schon…

beliebt. In ausländischen Rechnungsbüchern und Urkunden wird es erwähnt, einige Länder leiten den Namen ihrer eigenen Währung von den ungarischen Goldmünzen her. Doch dann kamen die Habsburger und über das ungarische Geld wurde nicht mehr in Ungarn entschieden. Die Rückseite des ungarischen Guldens zierte das Porträt des jeweiligen Herrschers. Die neue Münze, der Taler, wurde zunächst in Nagyszeben, dann auch in Körmöcbánya geprägt.

Die ungarische Münze – eine Überlebenskünstlerin Körmöcbánya ist in der Geschichte der ungarischen Münzprägung ein wichtiger Ort, auch unter den Habsburgern galt die hiesige

Münzstätte als vorbildlich. Durch den Vertrag von Trianon lag die damals einzige ungarische Münzprägeanstalt plötzlich in der Tschechoslowakei. 1918 brachte man die Maschinen mit einem Teil des Personals nach Budapest. In einem „Übergangsquartier“ wurden unter anderem noch Fillér-Münzen mit dem Prägezeichen K.B. gefertigt. Die endgültige Münzprägeanstalt wurde unter dem Namen Königl. Ung. Staatl. Münzprägeanstalt in der einstigen Husarenkaserne an der Üllõi-Straße eingerichtet. Hier entstanden ab 1919 die Pengõ-Münzen und nach der großen Inf lation von 1946 die Forint-Münzen. Seit 2008 befindet sich die Münzprägeanstalt am Stadtrand von Budapest. In der Anstalt mit Logistikzentrale entstehen die Münzen nach tausendjähriger Tradition, aber mit neuester Technologie. András Dezsõ Horváth

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SP O R T

Gold, Waffen und stolze Rösser DER RITTER ROMANTISCHER HELD IN FILMEN UND ROMANEN, DER EDLE TATEN VOLLBRINGT. DIE WIRKLICHKEIT KAM OHNE DIESES PATHOS AUS: R ITTER WAREN ANFANGS NÄMLICH UNGEBILDETE, BRUTALE RÜPEL, DIE IHREN WILLEN MIT GEWALT DURCHSETZTEN.

Der Ursprung liegt im Norden Die Entstehung des Rittertums wird auf das Ende des 9., Anfang des 10. Jh. datiert. Das Kräftemessen der kühnen Recken, das Turnier, wurzelt in derselben Zeit. Obwohl viele denken, Turniere seien mit der angelsächsischen Geschichte verknüpft, sind sie doch keine Erfindung der Normannen oder Kelten, sondern der Germanen. Gemäß den Aufzeichnungen wurde das erste Turnier von Heinrich I. dem Vogler zum Gedenken an den Sieg über die Ungarn im ersten Drittel des 10. Jh. in Magdeburg abgehalten. Das Ur-Turnier war ein Kampf auf Leben und Tod, bei dem es keine Regeln gab. Zwar wurden hier Männlichkeit und Kraft unter Beweis gestellt, die Schar der Ritter dezimierte sich allerdings rasch, sodass die Burgherren die Zusammenstöße in geregeltere Bahnen lenken mussten. Während der vier Jahrhunderte der Ritterzeit (9. 13. Jh.) wandelten sich auch die Turniere: Die anfänglichen Blutbäder wurden von Gruppenkämpfen bzw. Mann-gegen-MannKämpfen abgelöst. Der bekannte Kampf um das Taschentuch und die Gunst der ersehnten Dame tauchte erst Ende des 13. Jh. auf. Anfangs wurde nicht allzu großes Gewicht auf die Allgemeinbildung der Ritter gelegt, sondern vielmehr auf den Gebrauch der Waffe und das wirkungsvolle Töten. Die primäre Aufgabe der Ritter war nun mal der Kampf. Zum 11. Jh. wurde das Bild differenzierter: Eine Grundvoraussetzung war nun die Kenntnis von Tänzen und Liedern, später auch von Sprachen.

Waffen Der Rittertitel war nicht erblich, vielmehr wurde damit das Bestehen in Schlachten, die Verteidigung eines Herrschers belohnt. Unerlässliche „Werkzeuge“ waren das eigene, starke Pferd bzw. die Bewaffnung und das notwendige Geld für deren Erwerb. Das Geld wurde häufig von den Adeligen oder adeligen Damen bereitgestellt. Wichtige Ausrüstungsgegenstände waren außerdem der eigene Sattel und das kurze, zweischneidige Schwert, mit dem man vom Pferd wirkungsvoll zuschlagen konnte. Langschwerter und riesige Äxte sollten die Stärke der Ritter zeigen und wurden vor allem, doch nicht ausschließlich bei Turnieren verwendet. Ihre Anwendung erforderte viel Kraft und Konzentration.

Typen Das Turnier im heutigen Sinne ist eigentlich der Übergang zwischen dem sog. Buhurt (Gruppenkampf) und dem Duell. Zwei Reitergruppen gingen mit stumpfen Lanzen aufeinander los, um den Gegner aus dem Sattel zu stoßen. Eine besondere Art war der Gerichtskampf, der zugleich als Gottesurteil angesehen wurde, auf Leben und Tod gehen konnte und seinen Ursprung in der Antike hatte. Bereits die Griechen und Chinesen kämpften auch in Friedenszeiten, um nicht aus der Übung zu kommen. Das Kämpfen mit dem leichten Schwert, wurde schon im 14. 15. Jh. auch als Sport ausgeübt. Vor allem die Deutschen und Italiener fochten damals schon. Der Fechtgruß, der Handschlag, war noch nicht allgemein verbreitet, über den Verlierer entschied der Veranstalter des Turniers oder dessen Gehilfe. Gut 100 Jahre später war das Fechten bereits eine Domäne der Franzosen: Die Ausdrücke von Henri SaintDidier werden im Fechtsport bis zum heutigen Tage verwendet.

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Unterdessen in Ungarn In Ungarn wurde das erste Turnier relativ spät, gegen Ende des 13. Jh. veranstaltet, obwohl es zur ritterlichen Kultur gehörte und schon unter König Béla III. Hof gehalten wurde. Eine Stiftungsurkunde von Andreas III. aus dem Jahre 1291 belegt das erste ungarische (Wiener) Turnier. Regelmäßig wurden Turniere aber erst im 14. 15. Jh. veranstaltet. Damals trafen westliche Ritter als Begleiter ausländischer Könige ein, sie maßen dann ihre Kräfte mit den ungarischen Rittern im Rahmen besonderer Festlichkeiten. Gábor Petrikó

Die Besten ungarischen Fechter Wurde ein Herrscher herausgefordert, konnte das Duellfechten auch ein Diener übernehmen. Der Fechter von Karl I. Robert hieß Miklós Vermes, er errang zahlreiche Siege im Namen seines Herrn. Nicht nur Karl I. Robert, auch Ludwig I. und Ladislaus I. waren sogenannte Ritterkönige, die regelmäßig ihre Kräfte maßen. Doch glänzten die Ungarn im mittelalterlichen Duellfechten nicht so sehr, wie später in der olympischen Disziplin. Seit 1908 tun sich die Ungarn im Fechten hervor. Im Säbelfechten gewannen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – u. a. Jenõ Fuchs, Sándor Pósta, aber auch Gyõzõ Kulcsár und István Osztrics Gold. Das Fechten war anfangs ein ausgesprochener Männersport, dies änderte sich aber im Laufe des 20. Jh. mit Gold für Ilona Elek, Ildikó Rejtõ im Florett und Tímea Nagy im Degen. Auch Silber gab es reichlich: So haben Béla Zulavszky und Lajos Balthazár sowohl im Säbel- als auch im Degenfechten olympisches Silber gewonnen, Jenõ Kanuti im Florett, Ernõ Kolczonay im Degenfechten und Krisztián Kulcsár sowie Gábor Boczkó im Degen-Mannschaftswettbewerb.

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G A S T R O N O M I E

Wirklich extrem Der Casu Marzu aus Sardinien ist nur für Menschen mit gutem Magen zu empfehlen. Auf dem Schafskäse lassen sich Käsef liegen nieder und legen ihre Eier ab. Die Maden machen den Käse cremig und sorgen für ein besonders starkes Aroma. Einheimische verzehren ihn gerne, während dies für Fremde eher einer Mutprobe gleichkommt.

So ein

)

Käse

DIE K ÄSEHERSTELLUNG IST PRAKTISCH GLEICHALT MIT DER DOMESTIZIERUNG VON SCHAFEN. AUCH DIE GASTRO -HISTORIKER SIND SICH ÜBER DEN GENAUEN URSPRUNG IM UNKLAREN: EINES IST SICHER, IN EUROPA UND IN NAHOST HAT SICH DER K ÄSE DURCH DIE RÖMER VERBREITET.

Möglicher Ursprung

Das Mysterium

Die Käseherstellung galt schon immer als ein Mysterium, obwohl der Prozess wesentlich einfacher ist, als der Laie denkt: Hefepilze, die sich in der Milch und/oder dem Gefäß befinden, sind für die Ausscheidung der Molke bzw. die Gärung verantwortlich. Ursprünglich war die Käseherstellung wohl einem Zufall zu verdanken: Der Legende nach wurde sie von einem arabischen Nomaden entdeckt, der – um seinen Durst zu stillen – Milch (Schafs- oder Ziegenmilch) in der Satteltasche mittrug. Das Material beinhaltete – so denkt man – Chymosin (bekannter als Gerinnungsenzym), das gemeinsam mit der Wärme und der Bewegung die Milch in Molke und Dickmilch verwandelte. Doch wie dem auch sei, unsere Vorfahren perfektionierten diesen Prozess im Laufe der Jahrtausende.

Die verschiedenen Arten von Käse werden meist in Kategorien wie Hart-, Halbhart-, Schmier-, Räucher-, Schimmelkäse usw. eingeteilt (es gibt unzählige Varianten), doch die Hauptsache ist stets der Geschmack. Die Regel bei der Käseherstellung zu Hause ist – ebenso wie beim Kochen – der Mut zum Experiment.

Unterdessen in Ungarn In Ungarn haben die aus Kuhmilch hergestellten Käsesorten den Vorrang, Produkte aus Ziegenoder Schafsmilch gelten eher als Spezialitäten. Die Popularität ungarischen Käses beruht auf dem natürlichen Geschmack, dem Know-how der Handfertigung, seiner Einzigartigkeit. Gábor Petrikó

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G A S T R O N O M I E

foto: Gellért Áment

Empfehlung des

Restaurants Apicius ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN

ZIEGENKÄSEROULADEN MIT BÄRLAUCH, GEDÖRRTEN FEIGEN UND BALSAMICO MIT TANNENHONIG Den Ziegenkäse cremig rühren, würzen und zu Rouladen formen. Die Hälfte des Bärlauchs klein schneiden, die Rouladen darin wenden, die andere Hälfte der Blätter überbrühen und die Rouladen mit Hilfe einer Folie in diese einwickeln, im Kühlschrank erstarren lassen. Den Zucker karamellisieren, mit Tokajer ablöschen und mit den Feigen auf kochen, dann abkühlen lassen.Die Rouladen in Scheiben schneiden, mit den Feigen, dem mit Tannenhonig verfeinerten Balsamico sowie mit Blattsalat servieren.

Ziegenkäse gedörrte Feigen Zucker Tokajer Szamorodni Bärlauchblätter Balsamico-Essig mit Tannenhonig Knoblauch, Salz, Pfeffer Olivenöl

200 g 200 g 1 Esslöffel 5 cl 8–10 3 Esslöffel

ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN gesäuberte Kalbsmedaillonscheiben 500 g Frühstücksspeck 4 Scheiben Spargel 240 g Cocktailtomaten 120 g cremiger Schafskäse 90 g Eier 4 grob gehackte Walnüsse 2 Esslöffel Mehl 10 g Buttersauce 4 Portionen Salz, Pfeffer, Estragon, Olivenöl, Butter, Schnittlauch

GEGRILLTE K ALBSMEDAILLONS MIT SCHAFSKÄSE-SOUFFLÉ UND SPARGEL Die Kalbsmedaillons mit Salz, Pfeffer und Estragon würzen, dann mit Olivenöl beträufeln und im Kühlschrank ruhen lassen. Den Spargel mit Salzwasser überbrühen, abkühlen und mit den Frühstücksspeckscheiben kleine Garben binden, Butterstückchen darauf geben und im Grill braten. Für das Souff lé 2/3 des Schafskäses mit dem Eigelb cremig rühren, mit Salz, Pfeffer und fein geschnittenem Schnittlauch würzen, das Eiweiß schaumig schlagen und zu der angerührten Masse hinzugeben, die grob gehackten Walnüsse unterrühren und das verbliebene Drittel Schafskäse dazugeben. Zum Schluss das Mehl vorsichtig unterheben, in gebutterten Förmchen direkt vor dem Servieren 5 6 Minuten bei 200 Grad backen. Die Medaillons grillen, mit dem Spargel, dem Souff lé, gegrillten Cocktailtomaten und Buttersauce servieren.

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