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Karla Leonhardt-Zacharias Über Wolfgang Zacharias

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Die Autor*innen

Die Autor*innen

Karla Leonhardt-Zacharias Über Wolfgang Zacharias Visionär und Macher

Ich denke, alle die ihn kannten, wissen: Wolfgang war ein Visionär und ein Macher. Das war toll, konnte aber manchmal auch ziemlich anstrengend sein. Eines seiner Husarenstücke war auf alle Fälle die Idee von Inter@ktiv. Quasi von Geburt an Künstler und Kunsterzieher (er kam aus einer ebensolchen Familie), war er großartig im Entwickeln von neuen Ideen, neue gesellschaftliche Entwicklungen dabei aufgreifend.

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Mitte der Neunzigerjahre hatten sich die Medien als gesellschaftlicher Faktor soweit entwickelt, dass ihre Bedeutung auch für den pädagogischen Bereich nicht mehr zu leugnen war. Schon vorher hatten wir als Pädagogische Aktion vom Lernen aus erster (sinnlichreal) und zweiter (medial, damals noch TV, Kassettenrekorder u.a.) Hand gesprochen. Nun entwickelte sich in unseren Konzepten zunehmend die Bezeichnung „Sinnenreich & Cyberspace“ und wir versuchten, mit neuartigen Projekten beide Bereiche zu verbinden.

Was lag da näher, als mal wieder gesamtkommunal ein etwas größeres Fass aufzumachen. Die Idee von Inter@ktiv war geboren. Und weil Wolfgang Zacharias, ohne dies jetzt negativ zu bewerten, oft das Motto „Nicht kleckern, sondern klotzen!“ zum Vorbild nahm, wurde im Herbst 1995 eine Veranstaltung konzipiert, die es in sich hatte: An vier verschiedenen (Haupt-)Orten (Forum der Technik, dem Deutschen Museum vorgelagert; Muffathalle; Gasteig und ein Zelt auf der Isarinsel) fand in den Herbstferien 1995 ein

weit gespanntes Programm statt.

Auszug aus dem Programmheft: „Vom Kinderzirkus bis zu Computerspielen, von der Abenteuerlandschaft bis zu Bastelwerkstätten, vom Sinnesspiel bis zum Kinderkino, vom Mitspieltheater bis zum Internetsurfen, vom Kindermuseumslabyrinth bis zu Tanz, Theater und Musik ... Die Hauptsache: Selbermachen, mit anderen spielen und lernen, aber mit Spaß und Spannung, sinnvolle und sinnenreiche Ferien, vom Körpertraining über Kunst bis in den Cyberspace. Für Erwachsene bietet das Programm Informations-

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Interaktiv historisch Wolfgang Zacharias

gelegenheiten, lnfostände, Workshops und Seminare, themenzentrierte Foren und eine bundesweite Tagung.“

Es war ein großer Wurf, sehr komplex zu organisieren mit vielen Kooperationspartnern:

Landeshauptstadt München, Sozialreferat/Stadtjugendamt und Kulturreferat

und in Verbindung mit Partnern:

Bundesverband Jugendkunstschulen und kulturpädagogische Einrichtungen (BIkE), Unna; FWU – Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht;

Stiftung Lernen, München; Naturfreundejugend Deutschlands, Remagen; Outward Bound, Deutsche Gesellschaft für Europäische Erziehung e.V., München;

Europäische Fachgruppe Kinder- und Jugendmuseen; Landeszentrale für Neue

Medien, München; Centre d‘Animation Pedagogique et de Loisirs, Luxemburg; Österreichischer Kulturservice (ÖKS), Wien; Österreichische Gesellschaft für

Kinderphilosophie; Münchner Volkshochschule, Abt. Kultur (MVHS); Pädagogisches Institut/Schulreferat LHM; Sportamt/Schulreferat LHM; Mediensalon in

Marstall, München; Medienlabor München; Medienwerkstatt der Akademie der

Bildenden Künste, München; Rhythmikon, München; Kinder- und Jugendmuseum München; Freies Musikzentrum München; FestSpielHaus, München; Input,

München; FastFood: Impro-Theater; Tatwort: lmpro-Theater u.a.

mit Unterstützung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Wolfgang selbst beurteilte die Veranstaltung in der nachfolgenden Dokumentation wie folgt:

„Es war eine Mammutveranstaltung, organisatorisches Surfen hart am Abgrund, ein Kraftakt für Mensch und Material, Ende Oktober, Anfang November 1995 in München. Das motivierende, antreibende Interesse war, ein zeitaktuelles Thema spiel- und kulturpädagogisch einzuholen, ohne Verluste eigener zum Beispiel kultureller, kulturpädagogischer und soziokultureller Ausgangsziele, an die es sich immer wieder auch kritisch zu erinnern gilt: Die schönen neuen Medienwelten, der Mensch interaktiv auch mit der digitalen virtuellen Welt als Phänomen und Herausforderung für Kunst, Kultur und Bildung. Kleiner geht das zur Zeit nicht. „INTERAKTIV `95 war der Versuch, bisherige und neue Themen von Kultur und Pädagogik, Ästhetik und Bildung, alten und neuen Medien aufeinander zu beziehen, in Theorie und Praxis.“ (sic!)

Die Finanzierung hat Wolfgang immer nicht so eng gesehen und so standen wir nach der Veranstaltung erstmal mit einem fetten Minus da. Ob meine frühen weißen Haare hier ihren Ursprung haben, wurde immer mal wieder gemunkelt. Aber Wolfgang wäre nicht Wolfgang gewesen, wenn es am Ende nicht doch gelungen wäre, die Idee zu verstetigen und aus diesem Paukenschlag von Eröffnungsveranstaltung und dank seiner genialen Vernetzungs- und Überzeugungskraft zusammen mit einigen hier nicht genannten, aber sehr wichtigen Mitkämpfern eine bundesweit einmalige Struktur zu entwickeln: Die AG Interaktiv, finanziert über die drei auch inhaltlich beteiligten Referate Sozialreferat/ Kulturreferat/Schulreferat (um in der damaligen Benennung zu bleiben).

Neun Jahre organisierte PA/SPIELkultur e.V. die Geschäftsstelle von Inter@ktiv, bevor 2004 SIN/Studio im Netz e.V. die Koordination übers Jahr und das Medienzentrum München die Organisation des jährlichen Herbst-Events übernahmen und seitdem gemeinsam die Entwicklung des Netzwerks Interaktiv voranbringen.

Ich würde sagen, dass dieses Netzwerk Interaktiv eines der erfolgreichsten Vermächtnisse von Wolfgang ist und in diesem Sinne: Weiter so!

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