4. Ausgabe - 08. + 09. Mai 2004
www.filmab.jmmv.de Begleitzeitschrift des Jugendmedienverbandes Mecklenburg-Vorpommern e.V. zum 14. FilmKunstFest Schwerin
Editorial
see-you `n Jahr später,
Eine Woche filmab! geht nun mit der vierten und letzten Ausgabe zu Ende. Es war eine aufregende Zeit mit erstklassigen Filmen, großartigen, frischen Schauspielern wie Nora von Waldstätten, und lang bekannten wie Götz George. Filmemacher wie Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier lasen unser Magazin und der Moderator Knut Elstermann gab mit Weitblick seinen Namen für Petitionen her. Wir konnten auch dieses Jahr von wunderschönen Ausstellungen und klangvollen Konzerten berichten. Doch keine Suppe ohne Haar darin. Die zu erwartenden Sparpläne in der Filmförderung haben nicht nur die Gemüter unserer Redaktion erhitzt, sondern verbreiteten sich wie ein Lauffeuer durch ganz Schwerin und weit darüber hinaus. Reih dich auch mit ein - wir bitten im Namen aller Leidtragenden um deine Unterstützung der Petitionen. eure filmab!-Redaktion Petitionssammlung unter: www.filmkultur.jmmv.de
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Artikel
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GRUNDGESETZ
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Ein Zensur findet nicht statt. Begeisterte filmab!-Leser: Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier
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Inhalt / Impressum
I n h a l t Ausblick Fremder Freund - ein Spielfilm 6 Kurzfilm bei Nacht - die Kurzfilmnacht 7 Strähl- ein Spielfilm 13
Rückblick Kunst oder Kommerz - eine Diskussion Island - Hoffnung und Fisch Kino für die Kleinen
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Einblick Filmtalk mit Knut Elstermann Umfrage Filmförderung - Teil II Hurensohn - ein Spielfilm
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Impressum Die filmab! ist eine unabhängige Seminarzeitung des JMMV e.V. zum FilmKunstFest. Leitung: Kontakt:
Friederike Richter, Matthias Baumgart Wismarsche Str. 126, 19055 Schwerin Fon: 0160 / 7 76 23 44, E-Mail: filmab@jmmv.de, homepage: http://www.filmab.jmmv.de/
Herausgeber:
Wir werden gefördert vom:
Jugendmedienverband Mecklenburg-Vorpommern e.V., Budapester Str. 7, 18057 Rostock
V.i.S.d.P.:
Friederike Richter
Redaktion:
Erik Jalowy [ej], Martin Bildat [mb], Ina Diedrich [id],
Partner:
Mandy Jochmann [maj], Daniela Kliesch [dk], Matthias Gäde [mg], Christin Bork [cb], Johannes Barthen [jb], Friederike Richter [fri], Matthias Baumgart [mab] Bildredaktion:
Johannes Barthen [jb]
Layout:
Karen Obenauf [ko], Katrin Kroll [kat]
Belichtung & Druck:
c/w Obotritendruck, Münzstr. 3, 19055 Schwerin
Auflage:
550
Ausgabe:
03/ 2004
Die Meinung der Autoren muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Gruß und Dank an: FilmKunstFest-Büro (Torsten Jahn, Uli Grunert, Hasso Hartmann, Barbara Zickermann, Anne Müller, Martin Romanski), Sozialwerk PRESSE-CLUB MV e.V. (Herrn Dr. Sabathil, Sibylle Ekat), Falko Fleischmann, Kinder- & Jugendverein Robin Hood e.V., c/w Obotritendruck, Terra Nord, Evangelische Jugend Schwerin e.V., Landesjugendring MV e.V. (Friedhelm Heilbrock, Karin Baresel), Tobias „Toasty“ von Mach.
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Rückblick
Da beißt sich der Hund selber in den Schwanz Auch 2004 bietet das FilmKunstFest seinen Gästen fünf Tage lang Veranstaltungen rund um die Kultur. Neu im Programm sind ab diesem Jahr die Diskussionsrunden mit Vertretern aus Kunst, Politik und Wirtschaft. Zum Gespräch mit Moderator Ralf Schenk im Festivalclub war gestern Bundestagspräsident Wolfgang Thierse als "Stargast" geladen. Daneben nahmen Schauspielerin Jutta Wachowiak, der Geschäftsführer des Radiosenders Antenne M-V, Hans-Ulrich Gienke, und Dr. Sebastian Nordmann, sowohl Geschäftsführer als auch künstlerischer Leiter der
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Mecklenburgischen Festspiele, auf dem Sofa Platz. Kulturjournalist Ralf Schenk begann das Gespräch mit den aktuellen Kürzungsplänen der Landesregierung, wozu Thierse äußerte: „Der Staat darf sich nicht aus der kulturellen Filmförderung verabschieden“, denn er habe eine öffentliche Verpflichtung der Kultur gegenüber. Momentan kommen 90 % der Fördermittel aus Staatsfinanzen. In Zukunft wird die Projektförderung zunehmend auf alternative Quellen wie Stiftungen oder Sponsoring zurückgreifen müssen. Vorreiter auf diesem Gebiet sind die Mecklenburgischen Festspiele, die lediglich 10 % ihrer Ausgaben vom Staat beziehen. Hans-Ulrich Gienke ist nicht sonderlich begeistert von der staatlichen Förderung. Er sieht dabei vor allem die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung durch die Tatsache, dass
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Rückblick
Fördergelder automatisch in die Planung des Jahreshaushaltes miteinbezogen werden. Stattdessen sollte Sparsamkeit die Devise sein, durch Kooperationen die fehlenden finanziellen Mittel versuchen auszugleichen. Nach Jutta Wachowiaks Erfahrung setzt das enormes Potential frei, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dadurch ein Erhalt des Niveaus erschwert wird. Nicht zuletzt leiden unter den zunehmenden Kürzungen im Kulturbereich die Projekte, die nicht sofort viel Geld abwerfen und rentabel sind. "Wo nur noch das Event zählt" spricht der Bundespräsident von der Verdrängung anderer Projekte mit Qualität. „Ist Kommerz denn schlimm?“, hält Gienke dagegen und führt zur Unterstreichung seiner Meinung an, wie Künstler nicht nur ihre Werke, sondern auch sich selbst vermarkten. Zudem sind kommerzielle Produkte nicht zwingend von mangelhafter Qualität. Als Frau Wachowiak auf die miss4/ 2004
liche Lage auf dem Arbeitsmarkt zu sprechen kommt das Interesse an Kultur damit in Zusammenhang bringt, schwenkt die Diskussion kurzzeitig zur Steuerpolitik um. Thierse verweist darauf, dass Deutschland bei den Steuern im europäischen Vergleich weit hinten liegt, wozu Hans-Ulrich Gienke bemerkt: „Das Schlimme am Leben ist ja, dass man mit Sachargumenten keine Emotionen aushebeln kann.“ Als Abschluss der einstündigen Gesprächsrund stellte Ralf Schenk an seine Gäste die Frage, ob sich eine Förderung, die nur sehr spezielle Bereiche von Kultur anspricht, überhaupt lohne. Bundespräsident Wolfgang Thierse machte deutlich, für wie elementar er den Einfluss der Eltern und Schulen hält. Bereits dort müsse kulturelles Interesse geweckt und ein Bedürfnis entwickelt werden, um später dann gewährleisten zu können, dass sich die Bürger für die Erhaltung von Kultur einsetzen. [ej] filmab!
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SF: Fremder Freund
Wenn du deinen besten Freund nicht mehr kennst
Keiner hat sie vergessen - die Bilder vom 11. September 2001. Mit den Szenen der erschütternden Anschlägen beginnt der Spielfilm „Fremder Freund“. Der Regisseur Elmar Fischer Film erzählt die Geschichte einer innigen Männerfreundschaft zwischen dem Deutschen Chris und Yunes, der aus Jemen stammt. Nach einer Party verschwindet der 22-jährige Yunes plötzlich spurlos. Es ist der 8. September 2001. In Rückblenden wird erzählt, wie sich der lebenslustige, junge Mann zu einem strenggläubigen Muslimen entwickelte. Chris glaubt trotz Zweifel seiner Freundin lange Zeit nicht daran, dass Yunes in die Attentate verwickelt ist. Er ist überzeugt, dass dieser keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte. Doch immer wieder muss er sich die Frage stellen, wie gut er seinen Freund wirklich kannnte. Je mehr der Film von den vergangenen Ereignissen berichtet, desto offensichtlicher wird, wie Yunes sich mehr und mehr dem Fundamentalismus hingab. So erhitzte er sich ständig darü6
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ber, wie benachteiligt Muslime in der westlichen Welt seien: Er vergleicht die Situation in Palästina mit dem Holocaust. Chris betreibt zwar intensive Nachforschungen, und seine Zweifel werden immer größer, aber eine konkrete Spur von dem verschwundenen Freund findet er nicht. Elmar Fischer gelingt es mit diesem Film vor allem durch die unruhige Handkamera eine sehr reale und intensive Geschichte zu erzählen. Insbesondere die einfühlsame Musik verstärkt die Emotionen. Eine derartige Herangehensweise an diese Thematik ist ungewöhnlich. Weil Fischer aus einer anderen Perspektive erzählt, rücken die Anschläge selbst in den Hintergrund. „Fremder Freund“ wirft somit die Frage auf, aus welchen Gründen ein normaler, junger Mann zum fundamentalistischen Terroristen wird, der sich selbst und unschuldige Menschen in die Luft sprengt. Das Thema und die brillanten Darsteller machen den Film besonders sehenswert. [dk] + [maj] 4/2004
Ausblick
Kurzfilm-Staccato bei Nacht Offene Leinwand und Open End
Auch die diesjährige Kurzfilmnacht des FilmKunstFestes verspricht ein abwechslungsreiches Programm: Neben den Preisträgern des Bundesvideofestivals 2003 - der Experimentalfilm „Etap“ und der Knetfigurentrickfilm „Rosenreigen“ werden mehr als 25 weitere Kurzfilme gezeigt. Beispielsweise „November“, in desssen 14 Minuten Spielzeit ein junger Mann auf sehr poetische Art und Weise das Ende einer Beziehung zu verarbeiten versucht. Aufgelockert wird der Abend durch die Pausen, die für die offene Leinwand eingeplant werden. Hierzu darf jeder seinen eigenen Kurzfilm zum Vorführen einreichen, insofern er die Chance nutzen möchte, die ehrliche Reaktion des Publikums zu spüren. Zum Abschluss zeigen Cornelia Cornelsen und Florian Giefer einen informativen Dokumentarfilm über die derzeit angesagteste Rock-Pop-Band Deutschlands: „Wir sind Helden“. Dementsprechend leitet sich auch der diesjährige Titel des Publikumsmagneten Kurzfilmnacht ab: „Helden - kurzgeschnitten“. Ein Sarg zum Reinkuscheln
Gleich an zweiter Stelle wird „Eiche oder Lärche?“ gezeigt. Unter der Anleitung des Regisseurs Karl-Heinz Lotz produzierten Jugendliche in einem Film- und Videokurs an der Musik- und Kunstschule Ataraxia diesen viertelstündigen Kurzfilm. Seit Oktober letzten Jahres waren die Kursteilnehmer mit Ideenentwicklung und Planung, Drehbuchschreiben und Casting beschäftigt. Karl-Heinz Lotz und sein junges Team „Die Idee hinter dem Projekt war, das Handwerk des Geschichtenerzählens den Jugendlichen beizubringen“, erklärte Lotz in einem Gespräch. Das tatsächliche Drehen war nach drei Wochenenden bewältigt; mit dem Schneiden des Films wurde dem Werk der letzte Schliff verpasst. Vor zwei Wochen erreichten die jungen Filmemacher ihr Ziel - einen präsentierfähigen Kurzfilm fertiggestellt zu haben. In dem Streifen sorgt ein vorgetäuschter Selbstmord für so einige Irrungen, Wirrungen und vor allem Überraschungen. Skurril ist beispielsweise der Leichenbestatter, der noch am Totenbett die aufgelöste Ehefrau mit den Worten „nun machen Sie sich mal keine Sorgen, das ist nicht der erste Tod in der Menschheitsgeschichte“ tröstet. Und: „Das Innenfutter des Sarges - fassen Sie mal drüber - ist doch zum Reinkuscheln.“ [id] 4/ 2004
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Länderreihe Island
Island Hoffnung und Fisch Die Wikinger besiedelten vor elfhundert Jahren die bis dahin unbewohnte Insel Island. Die Lebensbedingungen auf der Insel waren durch die rauen Naturgewalten sehr hart. In diesen Jahren sind auch die Islandsagas aufgeschrieben worden und nicht, wie zu der Zeit üblich auf Latein, sondern auf Isländsich. Elfen und Geistergeschichten waren ein Teil von ihnen. Sie stellen eine Phantasiewelt dar, in denen sich die Einwohner flüchteten. „In diesen Fiktionen sieht es wie in Island aus, nur sind die Häuser größer, die Wiesen grüner und die Schafe dicker“, schildert Olafur Sveinsson. Der isländische Filmemacher ist in diesem Jahr Mitglied der Kurzfilmjury. Weiter berichtet er, dass aufgrund der Isolation Islands die Sprache kaum einem Wandel unterlegen war und kann so von der heutigen Generation ohne Weiteres gelesen werden. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich in Island eine moderne Kultur. Trotz eines großen Traditionsbewusstseins verschließen sich die Isländer nicht vor anderen Kulturen, so ist in Island eine starke Amerikanisierung spürbar. Obwohl sich nur 290 000 Einwohner auf einer Fläche so groß wie die Neuen Bundesländer 8
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tummeln, gibt es die gleichen Probleme wie bei uns: Arbeitslosigkeit, Armut und Drogenkonsum. „Allerdings wollte das lange Zeit niemand sehen“, fügte Svinsson hinzu. In dem Dokumentarfilm „Die Slums von Reykjavik“ zeigt Olafur Sveinsson auf drastische Weise die Folgen der Urbanisierung. Bemerkenswert ist, dass die isländische Bevölkerung außerordentlich jung ist ganz im Gegensatz zu MecklenburgVorpommern: Ein Viertel der Einwohner ist unter 15 Jahre alt. [mb] Interview mit Baltasar Kormákur - Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur. filmab!: Warst du schon mal in Deutschland? Baltasar Kormákur: Ja, viele Male. Aber ich war seitdem die Mauer gefallen ist, noch nicht in den neuen Ländern. Ich bin zwar nur kurz durch die Stadt gelaufen, doch sie ist die bezaubernste in Deutschland, die ich gesehen habe. filmab!: Die Filmszene in Island müsste, an der Einwohnerzahl gemessen, sehr übersichtlich sein. Stimmt das? Baltasar: Allgemein ist die 4/2004
Länderreihe Island Filmszene auf der ganzen Welt sehr klein. Das heißt, dass man früher oder später alle kennt. Natürlich ist sie in Island klein, aber nicht so klein, wie du vielleicht denkst. Die Filmszene boomt, aber ich kenne jeden einzelnen Filmemacher dort. filmab!: Aber das heißt nicht, dass immer die gleichen Leute Filme zusammen machen? Baltasar: Nein, nicht zwangsläufig. Ich bringe zum Beispiel immer ausländische Leute mit ins Team: Ich hatte einen deutschen Kameramann in „101 Reykjavik“ dabei, und einen französischen in „Die See“. filmab!: In vielen isländischen Filmen spielen Außenseiter eine Hauptrolle, die aber mit sehr viel Respekt dargestellt werden. Akzeptieren Isländer Außenseiter mehr als andere Völker? Baltasar: Wenn man auf einer Insel wohnt, sieht man die Dinge manchmal etwas anders. Ich glaube, es würde nie einen Helden in einem islän-
Humor, den wir haben. filmab!: Wie präsent sind die Geschichten der isländischen Sagas im heutigen Leben? Baltasar: Ich glaube, es ist viel präsenter als die meisten Menschen glauben. Es ist wie mit der Bibel in der westlichen Gesellschaft. Die Menschen verhalten sich so, wie die in den Sagas. So ist es auch in unserer Politik: Es wird nicht über die Dinge diskutiert, sondern sie ähnelt eher einem Massaker. filmab!: Isländische Filme wirken immer sehr melancholisch und traurig. Ist das richtige Leben auch so? Baltasar: Wenn man 9 Monate dunklen Winter hat, wird man melancholisch. Ich versuche, dem in meinen Filmen, in denen ich Regie führe, etwas zu entkommen. Aber man kann nicht allen Filmen ein fröhliches Ende geben. Im richtigen Leben ist das auch nicht so. Zum Beispiel war „Die See“ in Island erfolgreicher als „Harry Potter“, die Leute waren fast geschockt, weil sie so viel Wahrheit im Film sehen konnten. Wenn
dischen Film geben, wie es sie in amerikanischen Filmen gibt. Das wäre irgendwie lächerlich. Es kommt von unseren Vorfahren, den Wikingern: Es gab keine reine Helden unter ihnen, weil sie immer viele Probleme hatten. Dazu kommt auch noch der schwarze
man genau hinsieht, werden wir alle alt und müssen sterben. Die Schönheit des täglichen Lebens fehlt oft, wenn sie nur grau und nicht farbenfroh dargestellt wird. Wir müssen realistisch sein, doch versuche ich das ernste Leben mit viel Humor zu mischen. [fri]
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Rückblick
Vertauschte Rollen: Knut Elstermann im Gespräch
mal gefragt, ob ich mir eine ähnliche Show wie beim Filmfest Saarbrücken vorstellen könnte. Dabei sollen die wichtigsten Filme des Tages, allerdings ohne Publikumsbeteiligung, zusammengefasst werden.
Legendär ist inzwischen schon der mittternächtliche Filmtalk mit dem Berliner Filmjournalist Knut Elstermann, der unter anderem für Radio 1 und den RBB arbeitet. Auf seinem Sofa nahmen schon viele Platz, die Rang und Namen im deutschen Filmgeschäft haben: Mario Adorf, Maria Schrader, Benno Führmann… Die filmab! passte den sympathischen Moderator Donnerstagnacht nach dem Filmtalk ab und bat zum Gespräch:
filmab!: Was ist für dich das Besondere am Festival in Schwerin? Knut: Ich mag, dass es ein totales Publikumsfest ist; es ist immer wieder toll. Die Kinos sind voll, auch bei schwierigen und nicht sehr prominenten Sachen. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Leute hier sehr ausgehungert sind, weil es kein richtiges Filmkunsttheater gibt.
filmab!: Wie und wann kamst du zum Filmtalk beim FilmKunstFestival? Knut Elstermann: Wie ich heute im Katalog las, bin ich seit 1998 dabei. Hasso Hartmann hat mich irgendwann
filmab!: Und wie sieht dann dein Vergleich mit anderen Festivals aus? Knut: Es ist alles viel intimer und persönlicher auf dem FilmKunstFest. Außerdem ist es super, wie Hasso es immer wieder schafft die verschiedensten Leute hierher zu holen, beispielsweise Götz George. Schaut euch mal die Jury an: Alles schwer beschäftigte Leute. Er hat einfach ein tolles Händchen die Leute herzubekommen. Und auch optisch ist die Trophäe eine der schönsten Deutschlands. filmab!: Du bist immer sehr gelassen beim Talk. Wie bereitest du dich überhaupt auf die Moderation vor? Knut: Ich bereite mich nicht groß vor, in der Regel schreibe ich mir auch nichts auf. Nun gut, bei den Namen habe ich manchmal einen Zettel. Aber sonst ist alles spontan. Und natürlich schaue ich mir die Filme vorher an.
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Regiereihe filmab!: Welcher ist dein persönlicher Spielfilmfavorit? Knut: Schwer zu sagen! Also, ich finde, dass „Fremder Freund“ wirklich sehr interessant geschrieben ist. Speziell mit seiner Art mit dem 11. September umzugehen. Ich mag aber auch "Mitfahrer" sehr. filmab!: Du hast sicherlich schon von den Sparmaßnahmen in der Kulturellen Filmförderung gehört. Kannst du uns deine Sicht der Dinge schildern? Knut: Ich habe die Petition des Landesfilmzentrums schon unterschrieben. [maj] + [mg]
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Kino für die Kleinen
Strahlende Gesichter, heiteres Gelächter und lautes Gemurmel - das ist das Kinderkino beim FilmKunstFest. Egal ob „Das kalte Herz“, „Schneewittchen“ oder „Hans im Glück“, für die ganz Kleinen ist es ein einzigartiges Erlebnis. Gespannt sitzen sie mit Popcorn und Bonbons im Kinosessel und verfolgen die Abenteuer der Figuren auf der großen Leinwand. In diesem Jahr locken alte DEFA-Märchen die ganze Familie und Kindergartengruppen ins Capitol: „Es ist mal eine Abwechslung für die Kinder“, meint eine junge Mutter, „und ich erinnere mich wieder an meine Kindheit.“ Schließlich kennt die Filme jeder. Der fünfjährige Clemens schaute sogar zwei Filme mit seiner Mutti: „Ich fand „Hans im Glück“ toll“, doch hatte er keine Angst vor der bösen Hexe, die Schneewittchen vergiften wollte, obwohl er kundtat: „Die war gemein!“ Am liebsten geht die kleine Bentje mit ihrem Papa ins Kino. Doch der musste leider arbeiten und so kam die Sechsjährige mit ihrer Oma her: „Ich habe die ganze Zeit gelacht. Am lustigsten war der Schluckauf von Hans.“ Das besondere Highlight wird auch dieses Jahr wieder die Kinder-Film-Party sein. Mit dem Film „Das singende, klingende Bäumchen“ aus dem Jahr 1957 beginnt die Feier am Sonnabend um 14:30 Uhr im Capitol. Danach geht es ab ins Festivalzentrum „Der Wurm“ um die Ecke, wo auf die Kleinen viele Überraschungen, Musik und Tanz um den Wunschbaum erwartet. Also jede Menge Spaß! [dk] + [maj] filmab!
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SF: Jargo
Filmförderung Ade?
Gabriele Kotte Leiterin der Filmförderung M-V „Wir warten händeringend auf eine Entscheidung, Projekte müssen beginnen und Filmproduktionen können nicht anlaufen. Denn bliebe alles beim Status Quo, müsste die Filmförderung schließen, das Landesfilmzentrum müsste in Insolvenz gehen und dies wäre eine Gefahr für das FilmKunstFest. Wir brauchen ein kulturell orientiertes Wirtschaftsmodell.“
Torsten Schländer Stellvertretender Standortleiter der Spielbank Schwerin „Wir haben hier in den letzten drei Tagen einen sehr großen Andrang gehabt, etwa 15 Prozent über der normalen Besucherfrequenz. [...] In dem Moment zu sparen, wenn das kleine Pflänzchen FilmKunstFest zu blühen beginnt, ist für mich nicht nachvollziehbar.“ Dipl. Ing. (FH) Hans-Ulrich Trosien DEHOGA M-V e.V. Präsidiumsmitglied Restaurant "Zum Stadtkrug" „Wir profitieren wirtschaftlich natürlich vom FilmKunstFest. Es ist auch ein Imagegewinn, weil wichtige Menschen angezogen werden, die etwas darstellen und Einfluss haben. Wir haben das Personal verdoppelt und durch das Festival sind die Hotels volller Gäste. Das soll man auch mal schön so lassen!“ Johann-Jacob Wulf & Norbert Krebs Abiturienten Goethe-Gymnasium „Es gibt ein klares Argument: wenn Götz George extra 14 Stunden aus Südafrika und Armin Mueller-Stahl aus Amerika anreisen, weil sie hier ein Ehrenpreis kriegen, ist das schon sehr viel. Und Schwerin kann es sich leisten, sie zu fragen, ob sie kommen.“ 12
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SF: Strähl
Strähl Der Protagonist Herbert Strähl hofft auf ein besseres Leben. Er ist Drogenfahnder und selbst tablettenabhängig, er ist ein sensibler und verständnisvoller Mensch. Das macht es ihm schwer, in seinem Beruf zu bestehen, denn er sieht die Menschen hinter der Fassade und ist im Zwiespalt zwischen Pflicht und Mitgefühl. Durch die Aufeinanderfolge unvorhergesehener Ereignisse lernt er Carol kennen. Sie hat eine Beziehung mit einem Drogenabhängigen. Bei einer Razzia stürzt sich dieser aus dem Fenster und sagt bei der Polizei aus, er sei von Strähl gestoßen worden. Als der daraufhin suspendiert wird, entführt er Carol, um ihren Freund zu einer Revision seiner Aussage zu bringen. Dabei verliebt er sich in Carol, die bald seine Gefühle erwidert. Carol ist der Meinung, dass, wenn man ohne hinzuschauen fünf Smarties aus der Packung nimmt, diese die Zukunft voraussagen können. Grün verheißt Hoffnung und die Farbe kommt in dem Film sehr häufig vor. So ist auch Carols Pullover grün. Mit seinem Debüt hat der Regisseur Manuel Flurin Hendry eine sehr gute Darstellung der Drogenszene geschaffen. Ein tragischer Film, dessen Ironie in Missgeschicken immer dann zum Tragen kommt, wenn versucht wird etwas im Leben zu verbessern. 4/ 2004
Zum Ausdruck kommt dies besonders, als Carol mit ihrem Freund die Wohnung von Strähl nach Tabletten durchsucht, weil sie keine Drogen besorgt bekommen. Mit den Tabletten hoffen sie, sich von ihrer Heroinsucht lösen zu können. Doch in diesem Moment betritt Strähl seine Wohnung mit einem halben Kilo Heroin. Er möchte damit Carols Freund animieren, dass er seine Aussage zurücknimmt. Besonders gut dargestellt sind die Beziehungen von Abhängigkeit, Angst, Gefahr und die Menschlichkeit. Doch letztlich sind die Charaktere mit ihren Problemen auf sich allein gestellt. Der Film zeigt keine Vorurteile auf, wie sie in Darstellungen über Drogenabhängigkeit im Vordergrund stehen. Es geht um eine Liebe zwischen zwei Menschen verschiedener Herkunft, die beide das Bedürfnis hegen, ihre Wahrnehmung für diese Welt zu ändern. Das Ende ist nur ein bedingt positives, vermittelt trotzdem ein glückliches Gefühl. Erneut wird das Smartieorakel befragt und prophezeit Schlechtes. [cb] filmab!
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SF: Hurensohn
Ozren und Silvia „Meine Mama heißt Silvia und sie ist Kellnerin“ plappert der kleine naive Ozren den Huren vor der häuslichen Hofeinfahrt entgegen. „Deine Mama ist gewiss keine Kellnerin und sie hat viele Namen“ bekommt als Antwort vom beistehenden Luden. Wie auch im gleichnamigen Roman von Gabriel Loidolt, erzählt die Filmgeschichte vom Leben des Jungen Ozren und seiner Mutter Silvia, die nach der Flucht aus Jugoslawien in Österrreich ihren Weg sucht. Auf der Reise zur Liebe seiner Mutter begleitet Onkel Ante, der Müllfahrer, und Silvias Schwester, zur Seite stehend, Ozrens Lebensweg. Als unbemerkt und wenig angepasst kann der Charakter des Jungen beschrieben Werden. Trotz dessen oder gerade weil die Figur ein solch tiefes Wasser widerspiegelt ist jede Geste und jeder Gefühlsausbruch vermehrt interessant. Wenn Ozren als kleiner Junge in seiner naiven Art von allen möglichen Menschen aus seinem Umfeld in Erfahrung bringen will was den eine Hure sei, oder seine Männlichkeit pro-
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klamiert wenn er mit seinem Onkel den ersten Schnaps trinkt. Am sticht hingegen seine feminine Weichheit gegenüber den Frauen und Mädchen hervor. Der Kamerablick, ist in „Hurensohn“ das dritte Auge welches dem Zuschauer erlaubt mit Ozren mitzuwachsen. Durch die immerwiederkehrenden Bilder, zum Beispiel der Wohnung und der umliegenden Straßen, wird dem Publikum die Möglichkeit gegeben, sich schnell in die Umgebung einzuleben und jede achso kleine aber wichtige Veränderung aufzunehmen. Der aufmerksame Beobachter wird nicht nur den langsamen Aufstieg der Mutter zur Edelhure mitbekommen, sondern auch das stetigen wachsende depressive Verhalten von heranwachsenden Ozren gespannt achten. „Hurensohn“ ist ein Film, welchem dem Zuschauer wirklich erlaubt in ein beachtenswertes Leben einzutauchen. Nach diesem Film wird sicherlich auch für das Publikum festzustellen sein, dass eine solche Wirklichkeit häufiger vorkommt als man glaubt. [mg]
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Rückblick
„O, Brother, where are you?“ ist der Überfilm!
Der Festivalfreitag ist vor allem von Schwerinern gut besucht gewesen. Vier Filme waren ausverkauft: „O Brother, Where Art Thou“ - ist einer unter mehrern sehr beliebten Filmen der Regiereihe. Ich fragte nach Eindrücken, der schon gesehenen Filme: „Schöne Frauen“ war top, am schönsten fand ich, dass die Persönlichkeiten in den Vordergrund gestellt wurden und dass ihr Leben der Schwerpunkt war, und nicht die Handlung im Vordergrund stand, sondern die einzelnen Persönlichkeiten und wie sie zueinander gefunden haben.“ „Nichts als die Wahrheit“: der ist einfach total genial gemacht. „Ich weiß, dass ein bisschen von mir in jedem von euch steckt!“ „So Nah - So Fern“ klang aus dem NDR-Special am interessantesten.“ 4/ 2004
„Engel des Universums“ fand ihn ganz gut, allerdings vom Thema her sehr ernst. Was ich an dem Filmkunstfest vermisse, sind die lustigen Filme wie „Verrückt nach Paris“. Gestern traf ich viele Besucher, die nicht in die ausverkauften Filme gekommen sind. Auf die Frage hin, ob sie enttäuscht darüber seien, bekam ich folgende Antworten: „Es wundert mich, dass es hier so gut besucht ist und die Leute aus dem Haus gehen. Also es ist schön, dass hier in Schwerin einmal etwas los ist. Ich habe lieber einen ausverkauften Film, als wenn die Besucher fehlen würden und damit das FilmKunstFest an Reiz verliert.“ „Ich finde es immer wieder beeindruckend, dass das Festival jedes Jahr so guten Anklang findet.“ [cb]
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Programm
Sonnabend, 8. Mai 2004
Sonntag, 9. Mai 2004
15.00 Uhr Capitol 2
10.00 Uhr Capitol 1
Hommage Götz George Aus einem deutschen Leben von Theodor Kotulla 15.00 Uhr Capitol 4 Regiereihe Fargo von Joel Coen 15.30 Uhr Capitol 3 Länderreihe Die See von Baltasar Kormákur 16.00 Uhr Capitol 5 Wettbewerb Jargo von Maria Solrun Sigurdardóttir Grounded von Christian Ditter 17.00 Uhr Capitol 4 Wettbewerb Fremder Freund von Elmar Fischer Sieben von André Kotte 17.00 Uhr FORUMKINO Der Film zur Ausstellung Manche mögen’s heiß von Billy Wilder 18.00 Uhr Capitol 3 Dokfilmreihe Grenze von Holger Jancke 18.00 Uhr FESTIVALCLUB „Island – ein Filmland?“ 18.30 Uhr Capitol 2 Länderreihe Nói Albinói von Dagur Kári 18.30 Uhr Capitol 5 Wettbewerb Zwischen Nacht und Tag von Nicolai Rohde Die Eisbaderin von Alla Churikova 19.30 Uhr Capitol 4 Wettbewerb Hurensohn von Michael Sturminger Zur Zeit verstorben von Thomas Wendrich 20.00 Uhr Capitol 1 Regiereihe O Brother, Where Art Thou? von Joel Coen 20.15 Uhr Capitol 3 NDR-Special/Preview Der Boxer und die Friseuse von Hermine Huntgeburth 20.30 Uhr Capitol 2 Länderreihe Fiasko von Ragnar Bragason 21.00 Uhr Capitol 5 Wettbewerb Muxmäuschenstill von Marcus Mittermeier Europa von Carlo Avventi und Christophe Bruncher 22.00 Uhr Capitol 4 Wettbewerb Strähl von Manuel Flurin Hendry Die Überraschung von Lancelot von Naso 22.00 Uhr SPEICHER KURZ-FILM-NACHT Helden - Kurzgeschnitten Offene Leinwand open end 22.15 Uhr Capitol 3 Hommage Götz George Mein Vater von Andreas Kleinert 22.30 Uhr Capitol 1 Hommage Götz George Solo für Klarinette von Nico Hofmann 23.00 Uhr Capitol 2 Regiereihe The Man Who Wasn´t There von Joel Coen 23.00 Uhr FESTIVALCLUB Ragnarök – Die Party Heiße Drinks und Coole Musik mit Eric Stoffer
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11.00 Uhr Capitol 3 11.00 Uhr Capitol 4 11.30 Uhr Capitol 2 11.30 Uhr Capitol 5 13.00 Uhr Capitol 3 13.15 Uhr Capitol 4 14.00 Uhr Capitol 2 14.30 Uhr Capitol 1 14.30 Uhr Capitol 5 15.00 Uhr Capitol 3 15.00 Uhr Capitol 5
16.30 Uhr Capitol 2 16.30 Uhr Capitol 5
17.00 Uhr Capitol 2 17.00 Uhr Capitol 4
19.30 Uhr Capitol 1 ab ca. 20.30 Uhr Capitol 5
Kinderkino Schneewittchen von Gottfried Kolditz Hommage Götz George Kirmes von Wolfgang Staudte Literarische Matinee „Das Glück wird niemals alt“ Lesung mit Katrin Sass Regiereihe Barton Fink von Joel und Ethan Coen Länderreihe Nói Albinói von Dagur Kári Hommage Götz George Mein Vater von Andreas Kleinert Länderreihe Engel des Universums von Fridrik Thór Fridriksson Regiereihe The Big Lebowski von Joel Coen Kinderkino Hans im Glück von Rolf Losansky Hommage Götz George Solo für Klarinette von Nico Hofmann Länderreihe Die Slums von Reykjavik Dokfilm von Ólafur Sveinsson Wettbewerb Hurensohn von Michael Sturminger Zur Zeit verstorben von Thomas Wendrich Dokfilmreihe Bilder finden von BenjaminGeissler Wettbewerb Fremder Freund von Elmar Fischer Sieben von André Kotte NDR-Special/Preview Katzenzungen von Torsten Fischer Wettbewerb Strähl von Manuel Flurin Hendry Die Überraschung von Lancelot von Naso Abschlussveranstaltung Aufführung Preisträgerfilme
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