JP Grätzelbericht 2015

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AUSGABE 4 / H E R B S T 2015

J P I M MO B I L I E N P R Ä S E N T I E R T

VON DER N EU L ING GA S SE BIS Z U M NIBELU NGE N V IERT EL

Der Grätzel Bericht 03

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Neulinggasse

Hauptbahnhof & Favoritenstraße

Nibelungenviertel und mehr

fi Pulsierendes Leben in den Parks fi Originelle Papeterie fi Traditionelle Wiener Küche fi Kaffeehaus mit Schanigarten

fi Angesagter Treffpunkt für die Favoritner fi 15 süße Minuten fi Bahn belebt fi Stahl- und Glaselemente auf 30.000 Quadratmeter

fi Spätphase der Wiener Secession fi König der Vielfalt fi Kultureller Treffpunkt mit Lesungen fi Mediterrane Lebensfreude


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EINLEITUNG

Wiener Gr채tzel


EINLEITUNG

EINE STADTEROBERUNG MIT DEM R AD Der bereits vierte Grätzel Bericht ist auf etwas andere Art entstanden als seine Vorgänger. Hoch vom Fahrrad haben wir drei Erkundigungen gestartet.

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inmal ging es die Neulinggasse entlang zwischen Modenapark und Arenbergpark. Dann durchforsteten wir, wie sich die Gegend um den Hauptbahnhof entwickelt hat. Sie war schon einmal Thema im Grätzel Bericht und wir prognostizierten ihr eine gute Entwicklung, weil Verkehrsinfrastruktur Menschenströme mit sich bringt und damit Belebung und Wohlstand. Wir scheinen richtig gelegen zu sein. Schließlich sind wir in das pulsierende Nibelungenviertel gefahren und haben dort eine junge, frische Szene entdeckt.

Schön, wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser uns symbolisch mit dem Rad begleiten, um diese drei Grätzeln Wiens kennenzulernen. Die Produktion des Grätzel Berichts war diesmal einigermaßen herausfordernd. Es sollten zusätzlich zum gedruckten Magazin auch wieder kurze Filme entstehen, die das Geschriebene mit bewegten Bildern unterlegen. So radelten eine Fotografin und

die Produktionsleiterin bei der brütenden Hitze des heurigen Sommers durch die Gegend – und waren noch gut dran. Denn das dreiköpfige Filmteam hatte das notwendige Equipment zu tragen und zu bedienen, keine einfache Aufgabe, wenn die TemperaturAnzeige schon mal an der 40 Grad Celsius-Marke kratzt.

Alle drei Grätzel verbindet ihr jeweils eigener Charme. Die Grätzel, die wir für Sie aufbereitet haben, könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch stellen sie, jedes für sich, einen typischen und klassischen Teil Wiens dar. Die vornehme, „DIPLOMATENVIERTEL“ genannte Gegend rund um die Neulinggasse, das in einer dynamischen Entwicklung befindliche Grät-

zel rund um den Hauptbahnhof, wo noch so vieles gebaut und fertig gestellt wird, und schließlich eine aufstrebende Gegend im 15. Bezirk, wo die Mieten erschwinglich sind und sich Menschen aus den verschiedensten Ländern und viele Studierende niedergelassen haben. Alle drei Grätzel verbindet ihr jeweils eigener Charme und die unbedingte Zuneigung ihrer Bewohner. Die alten Damen aus dem Arenbergpark sind ebenso davon überzeugt, in der ultimativen Gegend zu wohnen, wie der Wirt neben dem Bahnhof oder Herr Natanov, der aus Usbekistan kam und im Nibelungenviertel heimisch geworden ist. Er verkörpert das multikulturelle Wien und ist so etwas wie ein kleiner Bürgermeister eines ebenso kleinen Grätzels. Wer sieben Sprachen kann, Menschen aller Nationen betreut und dabei immer freundlich ist, steht für ein schönes Bild unserer Stadt. Schwingen Sie sich also auf ein symbolisches Fahrrad, vergessen Sie für diese Übung den Helm und folgen Sie uns in drei schöne Gegenden unserer Stadt. Viel Lesevergnügen!

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3. BEZIRK, NEULINGGASSE

Die Neulinggasse VOM MODENA- BIS ZUM ARENBERGPARK.

Die Neulinggasse zwischen Modenapark und Arenbergpark, ist ein wahres Wohlfühl-Grätzel. Prächtige Gemeindebauten aus den 1930 er - Jahren mit klaren, teils schlichten Fassaden reihen sich neben prachtvolle Palais und Bürgerhäuser mit ausladenden Balkonen.

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eschäftiges Treiben auf den Straßen, pulsierendes Leben in den Parks und die Nähe zur Innenstadt schaffen eine ganz besondere Atmosphäre. Viele Botschaften und Konsulate haben sich hier angesiedelt, was der Gegend eine internationale Ausstrahlung verleiht. Die beiden Parks bilden kleine Naturinseln inmitten der städtischen Struktur.

Den heutigen Namen erhielt die Gasse, die seinerzeit Grasweg, dann Grasgasse hieß, im Jahr 1862 nach Vinzenz Neuling (1795 – 1846). Dieser Gastwirt und Bierbrauer erbte von seinem Vater, einem wohlhabenden Juwelier mehrere Besitztümer in der damals noch dörflichen Gegend. Seinen Wohlstand verwendete er zur Förderung von Kultur und zur Unterstützung armer

Menschen. Er veranstaltete Hauskonzerte, eröffnete ein Theater und war Wohltäter unter anderem für zahlreiche Obdachlose nach der großen Überschwemmung, dem Donauhochwasser von 1830. Das tragische Intermezzo des Nationalsozialismus bescherte ihr vorübergehend einen weiteren Gassennamen. Weil die Neulings jüdischer

Abstammung waren, wurde die Gasse zur Schredtgasse umbenannt, was 1945 schließlich wieder korrigiert wurde. Gleich am Beginn unseres Spaziergangs entlang der Neulinggasse an der Ecke zum Modenapark stößt man auf den geschichtlich und architektonisch interessanten „ALICE UND HEINRICH SCHEUER-HOF“ . In der Zwischenkriegszeit vom Schweizer Architekten Armand Weiser erbaut, gilt der Hof noch heute als Vorzeige-Wohnhausanlage. Das Gebäude wurde auf dem ehemaligen Grundstück des Palais SalmVetsera errichtet, in dem dann Helene Baronin Vetsera und ihre Tochter Mary Vetsera, deren tragisches Schicksal viele Menschen bis heute beschäftigt, wohnten.

Das Haus zeichnet sich durch langgezogene Balkone und eine verglaste Veranda im Zentrum der Fassade zur Neulinggasse hin aus und verfügt über Rundbalkone an der Ecke zum Modenapark.

Prachtvolle und schlichte Fassaden

Im Sommer 2008 wurde die Wohnhausanlage in „ALICE UND HEINRICH SCHEUER-HOF “ unbenannt. Der Journalist Heinrich Scheuer und seine Frau hatten viele Jahre bis zu Ihrer Deportation nach Minsk im Jahre 1942 in der Wohnhausanlage gelebt. Mit der Umbenennung wurde ein sichtbares Zeichen der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus gesetzt.


3. BEZIRK, NEULINGGASSE

Der Modenapark ITALIENISCH MONDÄNER NAME

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reten wir also ein, in den Modenapark. Die etwa 8.000 m2 große Parkanlage wurde im Jahr 1700 als Ziergarten angelegt. Nach einigen Besitzwechseln kaufte sie Erzherzogin Beatrix d’Este von Modena (1750 – 1829), die hier ein inzwischen längst abgerissenes Palais besaß. Ihr verdankt der Park also den italienischmondänen Namen „MODENA“ . Rund um den Park, vor allem an der Ostseite gibt es privat errichtete Bauten aus der Zwischenkriegszeit. Das ist eine Seltenheit aus einer Zeit, in der die Kommune – Stichwort „ROTES WIEN“ – großflächig baute, um die herrschende Wohnungsnot zu mildern. In der Mitte des Parks steht die

von Josef Müllner geschaffene Skulpturengruppe „KNABE MIT PANTHERN“ oder Scherzogruppe. Die Bronzefiguren haben ein wechselvolles Schicksal

hinter sich und können jetzt, hundert Jahre nach ihrer ersten Aufstellung hoffen, endlich ein ruhiges Plätzchen gefunden zu haben. Die Gruppe stand

ursprünglich im Arenbergpark, einer der nächsten Stationen unseres Spaziergangs, wurde jedoch 1929 gestohlen, vermutlich um in der damaligen Depression das Rohmaterial anderen Zwecken zuzuführen. Die von der Gemeinde Wien ersetzte Skulptur wurde von der nationalsozialistischen Verwaltung 1942 aus dem Park entfernt und auf der Rampe des Schwarzenbergplatzes aufgestellt. „Scherzo“, in der Musik ein zumeist schnell-bewegtes, heiteres und lebendiges Stück wurde ja damals wirklich nicht gespielt. Schließlich kam das gute Stück 1948 in den Modenapark, wo der Jüngling jetzt auf Dauer mit seinen Panthern spielen darf.

Originelle Papeterie

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orbei an schönen Häuserfassaden und kleinen Geschäften stoßen wir auf die Ungargasse, die sich links bis zur Invalidenstraße und rechts bis zum Rennweg erstreckt. Gleich rechts von unserem Weg, etwa 150 Meter von der Ecke Neulinggasse entfernt auf Ungargasse

55 befindet sich ein kleines Geschäft namens „PAPIER FLIEGER “. Seit einem Jahr betreibt Katerina Widauer dort ihre originelle Papeterie. Von Papierwaren aller Art, Schul- und Büroartikel bis hin zu Duftkerzen und Originellem für Küche und Tisch führt sie ein buntes Sortiment.

Genussvolles kurzes Gässchen

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evor wir weiter zum Arenbergpark radeln, machen wir einen Abstecher in die Posthorngasse. Dort erschallt zwar kein Horn mehr und auch der Postmann klingelt selten zwei Mal, weil das Gässchen nur sehr kurz ist. Aber hier residiert auf Haus Nummer 6 die Labe - Station „WINKLERS ZUM POSTHORN“. Wo früher die „FRAU STEFFI“ das Koch- und Wirtsszepter schwang, war auch Helmut Qualtinger gerne zugegen und das oft bis in die frühen Morgenstunden oder Friedensreich Hundertwasser und viele andere Genussmenschen. Herr Winkler, der jetzt amtierende Wirt, ist am Modenapark aufgewachsen, lebt seit vierzig Jahren hier und hat vor einiger Zeit die Gastwirtschaft übernommen. Der Park hat seine Jugend begleitet, weil er dort jeden Tag

dem Fußball nachlief. Die Matches der Parkmannschaften in den „Käfigen“ waren legendär. Wenn die Modenaparkler auf die Gymnasiasten der Stubenbastei trafen, die ihren Platz im Stadtpark hatten, ging es nicht immer nur fair zu. Herr Winkler aber ist über jeden Verdacht erhaben, er ist heute ein honoriger Wirt, der sein Grätzel liebt, wie die Grätzel-Bewohner sein Wirtshaus. „Wo kann man besser leben als hier“, fragt er, und es ist klar, dass er das nur rein rhetorisch meint, „Unser Grätzel ist toll und es hat einfach alles“. Im „WINKLERS ZUM POSTHORN“ gibt es einen wichtigen Teil von diesem „allen“, über das der Wirt so schwärmt, näm­lich traditionelle Wiener Küche, wie etwa Rindsuppe mit Leberknödeln oder Frittaten, eine feine Rübensuppe mit Krennockerl oder „darf ’s ein Tafelspitz-

sülzchen sein?“ Auch für den klei­­ nen Hunger gibt es Abhilfe: Schweinsbratenbrot mit Pfefferoni und Kren, geröstete Knödeln mit Ei und einen knackigen Blattsalat dazu. Oder was sagen Sie zu

Zwiebelrostbraten mit Braterdäpfel und Fächergurkerl? Alleine die Speisekarte zu lesen, ist ein Genuss und die Speisen halten das, was sie in aller Ausführlichkeit verspricht.

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3. BEZIRK, NEULINGGASSE

Der Arenbergpark D

er nach dem Essen angesagte Spaziergang führt uns weiter zum zweiten großen Park des Grätzels, dem Arenbergpark. Er ist Zentrum und Treffpunkt in der Neulinggasse und hat alles, was ein Wiener Park und seine Besucher benötigen: Viel Grün, ausreichend Wege zum Flanieren, einen großen Spielplatz für die Kleinen, ein kleines Kaffeehaus für die Großen, Zonen für Hunde und ihre Besitzer – und auch die Jugend kommt mit einem eigenen, wenngleich kleinen Sportplatz auf ihre Rechnung. In das Gezwitscher von Vögeln mischt sich Kinderlachen, es riecht nach Sonne und Natur. Hier ist immer etwas los, im Schatten der Bäume wird gejausnet, geplaudert und gelacht. Und auf einer offenen, frei zugänglichen Fläche garteln AnrainerInnen, SchülerInnen und Kindergartenkinder der Umgebung zur eigenen Freude und zur jener der vorbeikommenden Parkbesucher. Die Geschichte des Arenbergparks ist von adeligen Namen geprägt. Nikolaus Fürst Esterházy hat ihn im Jahr 1785 nahe des früheren EsterházyPalais errichten lassen. Dieses Palais an der Landstrasser Hauptstraße wurde im Jahr 1958 Opfer der Stadtgestaltung. Es wurde abgetragen, um einen Durchstich für die Neulinggasse zu schaffen, Im Jahr 1810 wurde der Park von Erzherzog Carl erworben. Er galt seinen Zeitgenossen als großer Held, hatte er doch 1809 den zu diesem Zeitpunkt noch unbesiegbar geglaubten Napoleon

in der Schlacht von Aspern zumindest einmal zurückdrängen können. Heinrich von Kleist widmete Erzherzog Carl schwülstige Verse wie „ÜBERWINDER DES UNÜBERWINDLICHEN“, und heute noch steht seine Statue neben Prinz Eugen auf dem Heldenplatz. Doch zurück zum Park. Der ging später an eine Prinzessin aus dem Adelshaus Arenberg, die ihn im Jahr 1900 an die Gemeinde Wien verkaufte. Der

Adel verschwand von der Bildfläche des Parks, der Name blieb erhalten. Im Jahr 1940 wurden im Arenbergpark zwei der insgesamt sechs Wiener „FLAKTÜRME“ errichtet. Sie sollten helfen, feindliche Flieger abzuwehren. In einer Historie über die Flaktürme kann man nachlesen, dass die beiden hier den Codenamen „BALDRIAN“ trugen. Viel mehr als eine minimale, nervliche Beruhigung hatten sie, wie

wir wissen, tatsächlich nicht zu bieten. So stehen sie heute im Park als monumentale Mahnung vor einer dunklen Zeit. Einer von ihnen dient als Lager für das Museum für Angewandte Kunst (MAK), in dem Gegenwartskunst gespeichert ist. Hier werden auch Kunstaktionen unter dem Motto „CAT – CONTEMPORARY ART TOWER“ veranstaltet, anlässlich derer der Turm für das Publikum offen steht.


3. BEZIRK, NEULINGGASSE

Barocker Pavillon zum Verweilen

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och heute kann man ein Relikt aus der seinerzeitigen Gartengestaltung des Schlossparks sehen. Es ist ein kleiner barocker Pavillon an der Neulinggasse, der in der warmen Jahreszeit als Kaffeehaus mit Schanigarten genutzt wird. Diese Art von mobilen Outdoor-Locations wurde angeblich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingeführt. Der Name „SCHANIGARTEN“ soll von einem Piccolo stammen, der die Tische und Sessel bei Schönwetter aus dem Kaffeehaus zu tragen hatte. Er hieß Hans, oder wie der Wiener sagt „SCHANI“ und ihm wurde vom Prinzipal befohlen: „Schani, trag’ den Garten raus“. Wenn es nicht stimmen sollte, so ist es doch schön erfunden, wie viele kleine Geschichten aus dem großen Wien. Setzen wir uns also in dieses Kaffeehaus, einen ganz reizenden und unprätentiösen Treffpunkt für Eltern mit Kindern, Pensionisten und Anrainer. Hier wird, nachdem der Garten hinausgetragen wurde, bescheiden - einfach, aber schmackhaft aufgetischt. Wo sonst bekommt man heute noch „Sauermilch gespritzt“ oder dicke Butterbrote? Unbedingt probieren sollte man den tagesaktuellen Kuchen. Es herrscht absolute Wohlfühlstimmung. Der Park bietet aber an allen seinen Ecken ganz jenseits der Geschichte von Adeligen und Kriegshelden spie-

lenden Kindern, Ruhebedürftigen und Sonnenanbetern, Joggern und Hundefreunden einen angenehmen Platz zur Entfaltung. Man könnte nicht besser in den Tag starten, den Sonntagmorgen genießen oder einfach eine Ruhepause zwischen Arbeit und Einkauf einlegen. Ein paar Schritte jenseits des Pa­ villons sitzen ein paar ältere Damen, die sich zur gemütlichen Jause im Park

Es herrscht absolute Wohlfühlstimmung. zusammen gefunden haben. Hier trifft man sich, kommt leicht ins Gespräch und tauscht die neuesten Nachrichten über böse Nachbarn, vorlaute Hundebesitzer und über die Enkerln aus. „Entschuldigen Sie, ist noch ein Platzerl frei?“, möchte eine ältere Dame wissen. Eine Andere nickt bejahend. Seit gut dreißig Jahren kommt sie hierher in den Park. Ja, es gefällt ihr in dieser, ihrer Wohngegend. „Es ist ein feines Grätzel“, sagt sie mit Überzeugung und die anderen Damen stimmen ihr heftig nickend zu. „Man nennt das hier ja nicht umsonst Diplomatenviertel“, und wieder lächelt die Damenschar erfreut.

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H A U P T B A H N H O F U N D F AV O R I T E N ST R A S S E

RUND UM DEN HAUP TBAHNHOF

Angesagter Treffpunkt für die Favoritner A

merikanische Geschäftsleute werden den Europäern oft als Vorbild hingestellt. Sie sagen nie, dass sie Probleme hätten, nein, sie sprechen von Herausforderungen und verstrahlen stets Optimismus. Es stimmt, in unserer Kultur ist man ein wenig zurückhaltender und feiert die Erfolge lieber am Ende als vor dem Anfang. Ein alter Witz bringt es auf den Punkt. Sagt ein Wiener Kaufmann zum Anderen: „Wie geht das Geschäft?“, antwortet der Andere: „Wer redet von gehen? Tragen muss man es!“ René Ringsmuth ist ein erfolgreicher Wiener Wirt. Sein Gasthaus in der Johannitergasse, wenige Schritte vom Hauptbahnhof entfernt war immer schon der angesagte Treffpunkt für die Favoritner, die Bewohner des zehnten Bezirks. Der zum europäischen Knotenpunkt mutierte Bahnhof beschert ihm jetzt viele neue Kunden. Dennoch ist er zurückhaltend, renommiert nicht mit seinen Erfolgen, sondern bleibt bescheiden: „Früher war es sehr hart, heute ist es immer noch hart. Aber natürlich ist es leichter geworden, es sind in der Umgebung viele Hotels entstanden und es kommen Gäste aus Nah und Fern“. Tatsächlich ist die Kombination von wunderbarer, traditioneller Wiener Küche und dem belebten Platz eine Erfolgsgarantie. Wer zur Mittagszeit oder am Abend zum „RINGSMUTH “

René Ringsmuth – Wirt des Gasthaus „Ringsmuth“

essen gehen will, ist gut beraten einen Tisch zu reservieren. Das Publikum ist bunt, wie der Fahrplan der Bahn vis á vis. Geschäftsleute aus der Umgebung treffen auf Rucksacktouristen, Wanderer, die auf ihren Zug warten auf Gäste aus der Umgebung.

Bahn belebt, das ist eine alte Weisheit. Mit dieser Ansicht treffen wir uns im Übrigen mit den Amerikanern. Präsident Lincoln hat bereits im Laufe des Bürgerkriegs den Bau einer Eisenbahnverbindung nach Kalifornien genehmigt, mit der klugen Strategie,

das große Land auch faktisch zu verbinden. Bahn verbindet Menschen, aber sie bringt auch und vor allem Wohlstand. Der imposante Knoten Hauptbahnhof macht das Reisen über alle Grenzen einfacher, lässt Nord und Süd, West und Ost zusammenkommen.


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15 süße Minuten N

icht nur weit entfernt wohnende Menschen, die neuerdings ohne mühsames Umsteigen Wien im Zug passieren können, profitieren vom Hauptbahnhof. Auch die unmittelbare Umgebung verändert sich rasch. Daniel Colakovic hat auf der inneren Favoritenstraße, im Haus Nummer 45 ein Café Bistro namens „15 SÜSSE MINUTEN“ eröffnet. Ja, die Nähe zum neuen Bahnhof sei die Motivation gewesen, neben seinem in der Nachbarschaft gelegenen Bäckereibetrieb dieses junge, frische Lokal aufzumachen. Während René Ringsmuth mit seiner traditionellen Küche auf Haubenniveau punktet, sind es hier die Angebote für ein jugendliches Publikum, das die Plätze füllt. Da gibt es den „VEGANEN MONTAG“, den „FRISCH

und den „SCHNITZEL MITTAuf der Facebook-Seite des Lokals postet Wisanu Tuntawiroon aus Bangkok seinen Teller voll mit Mohnnudeln und beweist bestens, wie sich die Gegend zum Treffpunkt von Nah und Fern entwickelt. In Abwandlung eines alten Spruches kann man sagen: FREITAG“

WOCH“ .

„Reisen und Essen bringt die Leute zusammen.“ Der Platz für ein Café am nördlichen Ende der inneren Favoritenstraße ist

auch deshalb gut gewählt, weil ganz in der Nähe, an der Ecke zur Kolschitzkygasse ein Denkmal an Georg Franz Kolschitzky erinnert. Er hat angeblich das Kaffeetrinken in Wien eingeführt. Der Überlieferung nach hätte er in waghalsiger Manier die türkischen Truppen während der Belagerung von 1683 ausgekundschaftet und dafür nach dem Abzug der Feinde einige Säcke Kaffee bekommen. Eine andere Version spricht davon, dass die Türken einen Teil ihres Kaffeevorrats einfach vergaßen, Kolschitzky sich diesen angeeignet und gleich auch ein Kaffeehaus eröffnet hätte. Am Ende der inneren Favoritenstraße in Sichtweite des Bahnhofs befindet sich der Südtiroler Platz, dessen Name daraufhin weist, dass hier ein

wichtiger Verkehrsweg nach Süden verlaufen ist. Heute fahren die Autos ein wenig weiter westlich über die Triesterstraße, die ihren Zielort ebenfalls im Namen trägt, zur A 2, der „Südautobahn“. Der Südtirolerplatz ist heute ebenso weitläufig wie unattraktiv. Das soll sich nach Plänen der Stadtregierung bald ändern. Es ist an eine begrünte Begegnungszone gedacht, die hier ein neues Eingangstor in Richtung Zentrum bilden soll.

Das wird die Wohngegend an der Grenze vom vierten zum fünften Bezirk attraktiver gestalten und auch neue, hochwertigere Geschäfte anziehen.

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Äußere Favoritenstraße D

ie Stadt Wien ist ab Beginn des 19. Jahrhunderts aus ihrem historischen Kern, in den ungefähren Grenzen des heutigen 1. Bezirks, in die Vorstädte hinausgewachsen. Die Hauptachsen vom Zentrum in alle Himmelsrichtungen nennt man hierzulande „Ausfallstraßen“. Sie sind die wichtigsten Verkehrswege auch nach dem Schleifen der Stadtmauer in den 1860 er-Jahren geblieben.

Vom städtischen Zentrum aus konnte man mit der Kutsche und später mit dem Auto hinaus ins Grüne fahren, oder von den Dörfern in die große Stadt gelangen. Wikipedia lehrt uns, dass solche Ausfallstraßen stellenweise Sichtachsen auf markante Stadtkörper (historische Altstädte, Schlösser usw.) ausbilden. In Stadtrandzonen allerdings würden sie in vielen Fällen nicht sonderlich einladende Eingangsberei-

che einer Stadt prägen, die in der Wahrnehmung eines Besuchers eher als unattraktiv und vernachlässigt erschienen.

Die Favoritenstraße ist in früheren Zeiten beides gewesen, attraktiver Weg durch den Bürgerbezirk Wieden und Arme-Leute-Straße in den weiter entfernten Bereichen im Arbeiterbezirk Favoriten. Hier im 10. Wiener Gemeindebezirk haben sich die ersten „Gastarbeiter“ angesiedelt. Es waren das zugewanderte Böhmen, die so genannten „ZIEGELBEHM “, die in den Ziegeleien südlich der Stadt schlecht bezahlte Arbeit fanden. Eine gelungene Infrastruktur-  Maßnahme hat die Straße bereits vor rund vierzig Jahren zwischen dem Columbusplatz und dem Reumannplatz deutlich attraktiviert. Parallel zum Bau der Untergrundbahn U  1 wurde dort eine Fußgängerzone eingerichtet, die belebter nicht sein könnte. Auch hier weht internationaler Flair, wohnen doch viele vom Balkan oder aus der Türkei zugewanderte Menschen in den kleinen Seitengassen. Vor etwa zehn Jahren wurde die Fußgängerzone von der Landgutgasse bis zum Südtiroler Platz erweitert und reicht heute über 900 Meter voll von Geschäften, Lokalen und einem großen Markt. Wer sich oft schon gefragt hat, warum keine Bäume die Einkaufsstraße säumen, dem sei gesagt, dass wegen der relativ knapp unter dem Straßenniveau liegenden U-Bahn-Trasse eine Bepflanzung nicht möglich ist.

Columbus UND SIR FRANCIS DRAKE

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pazieren wir also die Favoritenstraße nach Süden, oder „stadtauswärts“, wie die Wiener sagen, erreichen wir gleich einmal den Columbusplatz. Wo Columbus draufsteht, muss es immer auch etwas zu entdecken geben. Hier ist es das Haus Nummer 6, das dem großen Seefahrer gewidmet ist. Der „COLUMBUSHOF“ wurde 1892 erbaut und vor rund dreißig Jahren prächtig renoviert. Die Fassade des späthistorischen Hauses ist im obersten Geschoß reich bemalt. Dort sieht man auch Reliefs von Columbus und einem anderen berühmten Seefahrer, Sir Francis Drake, der ein ziemlicher Brandschatzer und Plünderer war,

worüber aber die offizielle Geschichte den noblen Mantel des Vergessens legt. Wir brauchen nicht zu plündern, sondern machen einen Abstecher ins Columbus-Center, wo ebenso große

Brandschatzer und Plünderer Betriebsamkeit herrscht, wie auf der Favoritenstraße. Hier gibt es alles, was der Mensch braucht oder zu brauchen glaubt.

Späthistorisches Haus – der „Columbushof“


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Der Hauptbahnhof V

or sechs Jahren wurde mit dem Umbau der früheren Südbahnhofs begonnen. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2015 ist die unmittelbare Bautätigkeit abgeschlossen und werden alle Fernzüge hier durchkommen oder von hier abfahren. Mussten früher Reisende, die vom Westen kamen und in den Osten oder Süden wollten, am Westbahnhof samt ihrem Gepäck in die Straßenbahn oder in ein Taxi steigen und zum Südbahnhof fahren, so gibt es heute dank neuer Tunnelverbindungen eine direkte Anbindung der beiden Strecken. Heute fährt man daher beispielsweise von Graz nach Prag um eine ganze Stunde schneller als früher. Der Bahnhof hat auch als Gebäude imponierende Ausmaße. Das Rautendach aus Stahl- und Glaselementen mit seinen 30.000 Quadratmetern überspannt 200 Meter. Im Gebäude

Gastronomische Vielfalt

Mit der Raaberbahn nach Wien W

eiter südlich stoßen wir auf die Raaber-Bahn-Gasse. Die Raaberbahn, früher RaabÖdenburg-Ebenfurter Bahn war auch in den finsteren kommunistischen Zeiten unseres Nachbarlandes immer eine Art „Joint Venture“ zwischen Österreich und Ungarn. Als „Györ-Sopron-Ebenfurte Vasút“ markiert sie die Stationen ihres Weges. Ihre Züge fahren auch heute noch vom Hauptbahnhof ab und bringen niederösterreichische, burgenländische und ungarische Pendler an ihr Ziel. So haben die Zeiten der Monarchie zumindest, was die Verkehrswege betrifft, ein wenig überlebt. Die nächste Station unseres Spaziergangs ist der Keplerplatz. Der Umstand, dass ein Platz mitten in Favoriten nach dem Astronomen, Mathematiker

und Philosophen benannt ist, deutet darauf hin, dass ein dem Prinzip der Aufklärung verpflichtetes Bürgertum den Arbeitern in Favoriten ihre Bildung aufdrängen wollte. Dank der U-BahnStation kennen heute viele Wiener Johannes Kepler und die meisten von ihnen wissen wohl, dass sich die Planeten um die Sonne bewegen. Viel ist vom Platz nicht zu berichten. Die größte Sensation der letzten Jahre spielte sich Anfang Oktober ab, als eine Frau eine leblose Fledermaus in der MetroStation entdeckte und sie unter großer Beteiligung des umstehenden Publikums in ein Taschentuch eingewickelt zur Polizei brachte. Dem Vernehmen nach konnte die herbei gerufene Tierrettung das Opfer wieder zum Leben erwecken.

befinden sich außer den Bahnsteigen noch ein 20.000 Quadratmeter umfassendes Einkaufszentrum mit rund 90 Gastronomiebetrieben und Geschäften. Der Bahnknotenpunkt kann durch eine Vielzahl von innerstädtischen öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Acht S-Bahnlinien, die U-Bahn, drei Straßenbahnverbindungen und zwei Buslinien schaffen ein neues, innerstädtisches Zentrum.

In Richtung Osten entstehen derzeit viele Büro- und Wohngebäude, deren Mieter von der guten Infrastruktur profitieren werden und die ihrerseits eine Garantie für die Aufwertung des gesamten Viertels rund um den Hauptbahnhof sind.

Der Hauptbahnhof wird in den nächsten Jahren seine Wirkung über die gesamte Favoritenstraße ausdehnen und neue Geschäfte und Wohnviertel werden der Gegend einen kräftigen Schub geben.

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15 . B E Z I R K , N I B E L U N G E N V I E R T E L

Wie die Nibelungen nach Wien kamen V

or rund hundert Jahren wurde ein Teil des ehemaligen Exerzier- und Paradeplatzes auf der „SCHMELZ“ verbaut. Im heutigen 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus enstand eine neues Grätzel, das Nibelungenviertel. Die vier- bis fünfgeschossigen Bürgerhäuser, die damals errichtet wurden, widerspiegeln die Spätphase der Wiener Secession. Ganz im Gegensatz zum friedlichen Anspruch der Secessionisten, der Wiener Jugendstil-Künstler wurden den Gassen des Viertels Namen aus dem kriegerischen Nibelungenlied gege-

ben. Alberich, Brunhilde, Dankwart, Gunther, Giselher und Kriemhild sind hier unter anderem verewigt. Das Grätzel heißt folgerichtig Nibelungenviertel und beherbergte damals wie heute ganz sicher deutlich weniger Römer und Germanen als Menschen anderer Herkunft. Wie im Nibelungenlied bildet auch im gleichnamigen Viertel Kriemhild, besser der nach ihr benannte, von Pappeln gesäumte Platz gemeinsam mit der Allee der Markgraf-Rüdiger-Straße den Mittelpunkt. Viele „Völker“ leben im Grätzel friedlich zusammen.

Kleingartenverein „Zukunft Schmelz“


NIBELUNGENVIERTEL UND MEHR

Das heimliche Zentrum E

iner von ihnen und so etwas wie ein Prototyp des Mehrsprachigen und der Freundlichkeit ist Schamael Natanow. Er führt ein Geschäft auf der Hütteldorferstraße, oder besser er hält dort Hof als König der Vielfalt. Seit 33 Jahren ist er im Grätzel präsent, kennt es wie seine Westentasche – und wer in der Nähe wohnt, kommt zu ihm. „Viele der Leute, die hier wohnen sind meine Stammkunden. Wir kennen uns schon lange“, sagt Natanow nicht ohne Stolz. Im Jahr 1982 hat Natanow „WAREN ALLER ART“ , das Geschäft an der Ecke zur Tannengasse übernommen. Es war früher eine Glaserei, ein ganz kleiner Laden, den er in diesen mehr als drei Jahrzehnten stetig erweiterte. Mit nun bereits rund 350 Quadratmeter und einer Länge von ungefähr vierzig Meter ist das Geschäft heute schon riesig groß. Wenn Herr Natanow in diesem Tempo weitermacht, wird er bald die zweihundert Meter entfernte Stadthalle erreicht haben. Es gibt nichts, was Schamael Natanow in seinem Geschäft nicht hat und von jedem Produkt hat er viel. Sind es doch beinahe 700 Artikel, die er führt. Jeder Zentimeter Wand oder Bodenfläche ist genutzt, dicht sind Elektrogeräte, Werkzeuge, Töpfe, Kunststoffbehälter, Kluppen, Wolle, Geschirr und vieles mehr aneinander gereiht. Der einzige, der sich wirklich in dieser Fülle zu Recht findet, ist Herr Natanow selbst. „Mischa, geh nach hinten, rechts

oben sind die Pfannen. Die dunklen mit dem roten Griff. Nicht dort, nein weiter unten“, so dirigiert er seine Mitarbeiter, die bereitwillig ihrem stets freundlichen Chef folgen.

ich da, viele Kunden kennen mich. Und mögen mich. Wenn ich nicht da bin, fragt Kunde, wann kommt Papa und kommt selber erst wieder, wenn ich da bin“, sagt Natanow verschmitzt auf die

„Viele der Leute, die hier wohnen sind meine Stammkunden. Wir kennen uns schon lange.“ Herr Schamael Natanow in seinem Geschäft „Waren aller Art“

Vielen seiner Kunden fällt erst angesichts der Warenfülle im Geschäft ein, was sie alles noch so brauchen könnten. Es ist einfach alles da. Und wenn es tatsächlich mal einen Engpass bei ausgefallenen Wünschen gibt, notiert er die Telefonnummer des Nachfragers und besorgt das Gewünschte prompt. Man sagt, es gäbe nichts, was er nicht beschaffen könne. „Fast 90 Prozent bin

Frage, ob er angesichts seines Alters an den Ruhestand denke. Sein Sohn hat die Firma bereits übernommen, aber ans Aufhören denkt Schamael Natanow keineswegs, er geht immer noch jeden Tag ins Geschäft. Natanows Publikum ist bunt, wie auch der fünfzehnte Bezirk. Alle schätzen ihn und kommen gerne. „Ein Paket Kaffee, Chef,“ ruft ein Stammkunde, und

Das Buch lebt E

in weiteres Zentrum des freundlichen Miteinanders und beliebter Treffpunkt ist die Buchhandlung „BUCHKONTOR“ am Kriemhildplatz, Ecke Markgraf Rüdiger-Straße, einer durch eine Allee und mit Grünflächen und Bänken geteilten Straße. Auf dem Platz ist immer viel los, im Schatten der Bäume wird geplaudert, junge Leute auf ihren Fahrrädern drehen dort ihre Runden und ältere Damen mit Hut und Herren mit Spazierstock schlendern des Weges einher. In das geschäftige Treiben mischt sich helles Lachen vom nahen Kindergarten am Platz. Ulla Harms, die Buchhändlerin im Nibelungenviertel hat ihren „BUCHKONTOR“ nun schon seit 2009 hier

Natanow lässt ihm rasch das Gewünschte bringen. Der Handel mit Kaffee, der eigenen Marke „AMIGOS“ ist neben dem Geschäft eine gute Einnahmequelle. Das schwarze Gold wird schon seit 28 Jahren in Italien produziert und von Natanow nach Serbien, Bosnien, Ungarn und Kroatien weiter verkauft. Seine Kunden fühlen sich bei ihm wohl und bleiben oft für einen kleinen Plausch. Verständigen kann sich Schamael Natanow mit vielen in ihrer Muttersprache, spricht er doch seine in Usbekistan erworbene

am Kriemhildplatz. Das Buchkontor ist seitdem stetig gewachsen und hat sich als die Institution für Bücher, ausgewählte Papierprodukte, sowie als kultureller Treffpunkt mit regelmäßigen Lesungen und Veranstaltungen für Groß und Klein im Nibelungenviertel etabliert.

Hier wird auf das Eindrucksvollste bewiesen, dass der Abgesang des Buches eine glatte Fehlmeldung darstellt. „Es ist ein Super-Grätzel. Ich bin sehr froh, dass ich hier bin“, so Ulla Harms voll Enthusiasmus. Ursprünglich suchte sie nur ein Büro, eine Buchhandlung ist es letztendlich geworden.

Ulla Harms – Die Buchhändlerin

Muttersprache Persisch, dazu Hebräisch, Russisch, Serbokroatisch, Polnisch, Englisch, ein wenig Italienisch und natürlich Deutsch. Kein Wunder, dass sich Menschen aller Herkünfte bei ihm so wohl fühlen. Eine ältere Dame aus dem Bezirk kommt zwei Mal in der Woche ins Geschäft. Mal um Batterien zu tauschen, dann um Nähseide oder Knöpfe zu kaufen, oder eben einfach für eine nette Plauderei mit dem Chef.

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NIBELUNGENVIERTEL UND MEHR

Die Zukunft PR ÄSENTIERT SICH IN GROSSER VIELFALT

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iegt man an der Ecke der Buchhandlung von Ulla Harms links ab und spaziert den Kriemhildplatz entlang und weiter in die Gun-

therstraße, stößt man an deren Ende an den Eingang zum Kleingartenverein „ZUKUNFT SCHMELZ“ . Ein kleines Dorf mitten in der Stadt. Das Areal des

Kleingartenvereins hat alles, was man zum Verweilen benötigt: Viel Grün, Vogelgezwitscher wie am Land, Spazierwege, Bänke um die Ruhe zu genießen und mitten drinnen das „SCHUTZHAUS ZUKUNFT AUF DER SCHMELZ“ . Dieses Gasthaus mit seinem prächtigen, von großen Bäumen beschatteten Garten füllt sich mittags und abends mit Studierenden, die im Viertel wohnen und mit den Bewohnern des nahe gelegenen Kleingartens. Dazwischen sitzen Geschäftsleute im Anzug und junge Familien mit ihren kleinen Kindern. Es herrscht das pralle Leben ohne große soziale Grenzen und in schöner Harmonie. Bekannt ist das Schutzhaus aber weit über das Nibelungenviertel hinaus. Der lang-

Schutzhaus „Zukunft auf der Schmelz“

Und es gibt ihn doch – DEN WIENER GREISSLER

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pazieren wir von der Schmelz die Schweglerstraße entlang bis zur Märzstraße, dann erreichen wir bald das Geschäft von Ünsal Yildiz. „ÜNSAL FEINKOST“ und die daneben liegende, mit dem Geschäftslokal verbundene Bäckerei befinden sich direkt gegenüber der U3-Station Schweglerstraße. Ünsal Yildiz, Bäcker aus Leidenschaft macht alles selbst. Fladenbrot, Bagels, Börek und Baklava – beste, frisch zubereitete Handarbeit. Betritt man das Geschäft in der Märzstrasse 44, wird man vom Duft der Süßspeisen, des Obstes und des frischen Fladenbrots betört. In den Regalen liegen getrocknete Maulbeeren, Granatäpfel, verschiedene Melonen, Passionsfrüchte und vieles mehr. In der großen Glasvitrine im vorderen Teil des Geschäftes gibt es Ziegenkäsespezialitäten, selbst gemachte Pistazienrouladen, diverse Baklavas und eine große Auswahl an Oliven und in Öl eingelegtes Gemüse, alles appetitlich und mit viel Liebe zum Detail präsentiert. Nur einen Blick in das Geschäft zu werfen, ohne etwas mitzunehmen hat

noch kaum jemand geschafft. Zu groß ist hier die Versuchung. „Entschuldigen Sie, kann ich mal zu dem schönen Obst?“, möchte eine Dame wissen, der wir den Weg dorthin versperren. Der Chef lächelt, unterbricht unser Gespräch und fragt, ob er ihr behilflich sein kann. Sie verneint, schwärmt über das so appetitlich angerordnete Obst und geht glücklich beseelt mit wunderschönen und wie wir aus einem Selbsttest wissen – wohlschmeckenden Früchten zur Kasse. Obst und Gemüse werden hier seit 1993 durch Ünsal Yildiz von ihrer appetitlichsten Seite präsentiert. Seine Stammkunden kennt er per Namen, ebenso wie ihre genüsslichen Vorlieben und weiß genau, was sie üblicherweise einkaufen. „Meine Kunden wünschen den persönlichen Kontakt, legen auf kulinarische Besonderheiten viel Wert und kommen deshalb zu uns“, so Ünsal. Das wegen der vielen Supermärkte schon ausgestorben geglaubte Institut des „WIENER GREISSLERS“ hat hier schöne Auferstehung gefeiert.

Bäcker Ünsal Yildiz

gestreckte Gastraum dient als Ort für viele Kulturveranstaltungen. Da werden die Tische aneinandergereiht, bis riesige Tafeln entstehen, an denen links und rechts das vergnügte Publikum Platz findet. Vor dem Kunstgeschehen werden Schnitzel und Bier serviert, wenn es klassisch zugehen soll, oder ein „Schutzhaus Burger mit Erdäpfelspalten“, Spareribs, Palatschinken und andere Wiener Spezialitäten von der umfangreichen Speisekarte. Zu erleben gibt es hier Konzerte, einmal für Jung, einmal für ein bisschen Älter und auch Kabarett. Im Herbst stehen ein „FRANK SINATRA TRIBUTE“ , Chris Lohner, die „STEHAUFMANDERLN“ oder die „GENARATION M’S GLAMOROUS DISCO SHOW“ auf dem Programm. Die Homepage des Schutzhauses verrät noch mehr über die kulturelle Vielfalt.


NIBELUNGENVIERTEL UND MEHR

Wo die Pizza durch die Lüfte fliegt

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uert man den Reithofferpark kommt man an dessen Ende in die Goldschlagstraße. In das abebbende Stimmengewirr vom Park mischt sich hier das Klirren und Klappern von Besteck und Geschirr, es riecht nach frischem Oregano, Basilikum und feiner Tomatensauce. Das Restaurant „IL TAVOLIERE“ mit der auffällig roten Fassade gegenüber des Parks in der Goldschlagstraße 34 ist ein beliebter Treffpunkt im Grätzel. Hier im Restaurant oder sommers im kleinen straßenseitigen Gastgarten wird bei Spaghetti, Pizza und feinem gegrillten Fisch geplaudert und gelacht. Seit mehr als drei Jahren verwöhnt Ivan Mascia seine Gäste mit authentischer, bodenständiger italienischer Küche und ausgezeichneten Weinen. Die mediterrane Lebensfreude und die luftige Atmosphäre seiner Heimat Apulien sind spürbar. Im Il Tavoliere gibt es beispielweise eine wunderbare Zuppa di Pesce, feinstes Trüffel-Risotto und herrliches Tartare vom Branzino. Im Gespräch entdecken wir eine besondere Fähigkeit von Maestro Mascia. Er ist ein Großmeister unter den Pizza-Artisten. Weil wir von dieser Kunstfertigkeit noch nie gehört haben, trägt der Meister einen Tisch auf die Straße und gestaltet eine Vorführung. Er beginnt mit einem dicken, im Umfang

kleinen Teigstück zu jonglieren. Die Augen können den Ereignissen kaum folgen, so schnell wirft er den Teig in die Höhe, lässt ihn um die Faust gewickelt rund um seinen Körper kreisen und erreicht auf wunderbare Weise, dass das eben noch unförmige Stück mehr und mehr einer Pizza zu gleichen beginnt. Unter den Beinen durch, wieder in den Himmel geworfen, aufgefangen und

Er ist ein Großmeister unter den Pizza-Artisten. plötzlich hat er eine riesige, gleich förmige Flade in der Hand, ohne Riss und Tadel. In Italien, so lernen wir, gibt es eigene Meisterschaften für Pizza-Artisten, an denen mitunter auch unser Wirt teilnimmt. Während sich die Menschen zerstreuen, die der Aufführung von Ivan Mascia stauend zugeschaut haben, trägt er Tisch und Pizza ins Restaurant.

„Ich muss jetzt aber wirklich kochen“, verabschiedet er sich von uns. Die Abendgäste kommen bald und dann will alles perfekt vorbereitet sein.

Ivan Marcia – der die Pizzas durch die Luft wirbeln lässt

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