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Postvertriebsstück G3045

60. Jahrgang · Januar 2013 · D: € 4,95 · A: € 5,00 · CH: CHF 8,20

Jahresvogel Bekassine » Rückblick: Vogelzug im Herbst » Jagd auf Amurfalken » Feuerwerk und Vögel » Bestandstrends in Europa


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Impressum DER FALKE – Journal für Vogelbeobachter ISSN 0323-357X, Erscheinungsweise: monatlich Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Internet: www.falke-journal.de Redaktionsbüro im Verlag: AULA-Verlag GmbH Industriepark 3 56291 Wiebelsheim Tel. 06766/903-141, Fax 06766/903-320 E-Mail: falke@aula-verlag.de Redaktion: Dr. Norbert Schäffer (verantwortlich; sch), E-Mail: norbert.schaffer@falke-journal.de Georg Grothe, Redaktionsbüro Tel.: 06766/903-252, Fax: 06766/903-341 E-Mail: g.grothe@falke-journal.de Fachredaktion: T. Brandt (tb), Dr. J. Dierschke (jd), H.-J. Fünfstück (fü), Dr. W. Irsch (wir), Dr. K. Richarz (ri), Dr. H. Stickroth (hs) Dr. C. Sudfeldt (cs) Redaktionelle Mitarbeit: Anita Schäffer Redaktionsassistentin: Dominique Conrad, Redaktionsbüro, Tel.: 06766/903-236; Fax: 06766/903-341; E-Mail: falke@aula-verlag.de Gestaltung/Satz AULA-Verlag: Julia Schiwek, Rolf Heisler (Ltg.) Wirtschaftlich Beteiligte: Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co.

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Manuskripte: Sollten Sie einen Beitrag oder eine Manuskriptidee für DER FALKE haben, senden Sie uns bitte zunächst eine etwa zehnzeilige Inhaltsangabe oder setzen Sie sich vorab mit der Redaktion oder einem der ständigen Mitarbeiter in Verbindung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung und Daten der Autoren, nicht unbedingt der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzung und die journalistische Bearbeitung von Beiträgen vor. Zum Abdruck angenommene Arbeiten und Abbildungen gehen in das uneingeschränkte Nutzungsrecht – sowohl in gedruckter, als auch in elektronischer Form – des Verlages über, wenn nichts anderes schriftlich vereinbart wurde. Originaldias werden regelmäßig, Fotoabzüge, sonstige Abbildungen und Datenträger werden nicht zurückgeschickt. Sind eingereichte Beiträge bereits veröffentlicht worden, so ist der Einsendung die Angabe über Zeitpunkt und Art der Veröffentlichung sowie das Einverständnis des erstveröffentlichenden Verlages beizufügen. Das gilt auch für Artikel, die bereits in einer anderen Sprache veröffentlicht wurden. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen, die Annahme bleibt vorbehalten. Die veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch das der Übersetzung in fremde Sprachen, sind vorbehalten. Eine eventuelle Nachdruckgenehmigung muss schriftlich erteilt werden. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfältigt werden, sei es als Kopie, Mikrofilm oder anderes Verfahren oder in eine von Maschinen lesbare Sprache übertragen werden. Unsere genauen Bedingungen entnehmen Sie bitte den Manuskriptrichtlinien, die wir Ihnen auf Anfrage gerne zuschicken.


Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Freunden ein glückliches und gesundes neues Jahr! Vielerorts wird das neue Jahr traditionell mit einem Feuerwerk begrüßt. Zunehmend gehören zum Teil spektakuläre Feuerwerke auch zu Volksfesten oder privaten Feiern wie Hochzeiten oder Jubiläen. Für unsere Vogelwelt sind Feuerwerke, insbesondere in sonst eher ruhigen Schutzgebieten und über Wasserflächen, eine immense Störung. Bekassine. Hermann Stickroth, Mitglied der Fachredaktion von Der Falke, hat wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema für Sie zusammengefasst. Wir wollen keine Spaßverderber sein, halten es aber für wichtig, auf dieses Thema hinzuweisen. Aus diesem Grund haben wir den Beitrag von Herrmann Stickroth auch vor Erscheinen der Januarausgabe von Der Falke, und damit vor dem Silvesterfeuerwerk, an einige Naturschutzverbände und Fachjournalisten weitergeleitet. Vielleicht haben Sie hierdurch in der Tagespresse von diesem Thema gelesen.

Einen Sturm der Entrüstung hat im November der Massenfang von Amurfalken in Nordostindien ausgelöst. Wichtig bei der Verbreitung der Meldung war wieder einmal das Internet. Wir wollten von den indischen Kollegen direkt hören, wie die Situation von Vogelschützern eingeschätzt wird. Die Antwort finden Sie in diesem Heft. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) haben die Bekassine zum Foto: M. Schäf. Vogel des Jahres 2013 gewählt. Nachdem Sie unseren Beitrag hierzu gelesen haben, werden Sie die Bekassine, besonders deren langen Schnabel, ganz anders betrachten. Nach zwei Jahren und insgesamt 24 Artkapiteln ist unsere Serie „Gartenvögel“ zu Ende gegangen. Wir wollen jedoch auch weiterhin über häufige Vogelarten berichten und wenden uns im Jahr 2013 Vögeln an Gewässern zu. Im vorliegenden Heft finden Sie den ersten Beitrag dieser Rubrik: Passend zur Jahreszeit schauen wir uns die Blässgans etwas genauer an.

Sicherlich ist Ihnen aufgefallen, dass wir den Preis für unsere Zeitschrift etwas anheben mussten. Dies war durch höhere Kosten unvermeidbar. Vielleicht entschädigt Sie hierfür unsere neue Serie „Mitmachaktionen“, in der wir beginnend mit dem Märzheft jeden Monat Projekte vorstellen werden, an denen Sie sich unmittelbar beteiligen können. Weiterhin beabsichtigen wir, eine neue Serie „Fotogeschichte“ abzudrucken. Es sieht ganz danach aus, dass in diesem Jahr ein Masseneinflug von Seidenschwänzen stattfindet. Also unbedingt die Augen aufhalten – und Beobachtungen beim Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) melden (www.ornitho.de). Bitte vergessen Sie auch nicht, sich am ersten Januarwochenende an der von NABU und LBV durchgeführten Stunde der Wintervögel zu beteiligen (www.stunde-der-wintervoegel.de). Ich wünsche Ihnen dabei viel Freude!

Beste Grüße, Ihr

Dr. Norbert Schäffer

Inhalt

Ornithologie aktuell

Neue Forschungsergebnisse

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Beobachtungstipp

Christoph Moning, Christopher König, Christian Wagner, Felix Weiß: Die Insel Borkum in Niedersachsen – Die Vielfalt der Nordsee auf einer Insel vereint 5

Vögel an Gewässern

Anita Schäffer: Schwarze Bauchbänder und V-Flug: Blässgans

9

31

Neha Sinha: Massaker in Nordostindien: Illegale Vogeljagd auf Amurfalken

32

Christopher König, Stefan Stübing, Johannes Wahl: Vögel in Deutschland aktuell: Herbst 2012 – Faszinierender Vogelzug mit Arten von nah und fern 22

Leute & Ereignisse 12

Vogelschutz

Christopher König: Alarmierend: Europaweite Bestandstrends häufiger Brutvogelarten 2012

Christoph Zöckler, Jing Li, Tong Menxiu: Löffelstrandläufer: Bedeutender Rastplatz in China

Projekt

Jahresvogel

Hermann Stickroth: Vogel des Jahres 2013: Die Bekassine – Meckern allein reicht nicht

Hermann Stickroth: Millionenfacher Verstoß gegen das Bundesnatur­schutz­ gesetz: Vögel fliehen in Massen vor Feuerwerken 28

Termine, TV-Tipps

35

Bild des Monats

Rätselfoto und Auflösung

20

38

Veröffentlichungen

Neue Titel

40

Der Falke 60, 2013

1


Ornithologie aktuell

Blauracke: Nestfeinde zum „Kotzen“ Die Jungen der Blauracke würgen bei Bedrohung ein übel riechendes, orange gefärbtes Sekret aus, das nicht nur sich nähernde Beutegreifer abschrecken soll, sondern auch die Elternvögel vor möglichen Angreifern warnt. Eissturmvögel sprühen Magenöle gegen sich nähernde Angreifer, Löffel- und Eiderenten defäkieren über ihre Gelege, um sie zu schützen. Zur innerartlichen Kommunikation, beispielsweise bei der Partnerwahl, dienen diese Signale jedoch nicht. Sie richten sich nur nach außen gegen potenzielle Beutegreifer. (wir) D. Parejo u. a., Biol. Lett. 10.1098/rsbl.2012.0124, 2012.

Vogelrufe als Marker Auf einer Forschungsplattform in der Deutschen Bucht wurden von 2004 bis 2007 Rufe ziehender Vögel von 100 Arten im Tagesund Jahresverlauf automatisch erfasst. Die Analyse ergab 95 318 Individuen (ohne Großmöwen), drei Viertel davon Sperlingsvögel – überwiegend Drosseln – sowie vor allem Limikolen, Seeschwalben und Kleinmöwen, davon 79,4 % in der Nacht. Hohe Individuenzahlen konzentrierten sich auf oft wenige Tage/Nächte oder gar Stunden, wobei das Vogelaufkommen zur Wegzugzeit wesentlich höher war als zur Heimzugzeit mit einem Maximum in der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober 2005 mit über 5236 Vögeln (392 Individuen/ Stunde). Generell stieg die Häufigkeit mit Beginn der Nacht stetig an und erreichte ihr Maximum zum Sonnenaufgang. Die wenigsten Vögel wurden am späten Nachmittag registriert. (wir) K. Hüppop u. a., Vogelwarte 50, 2012: 87-108.

Vangawürger: Rasante Artbildung Die morphologische Vielfalt der auf Madagaskar verbreiteten Vangawürger ist enorm. Mit 22 Arten decken sie, was die Körpergröße angeht, das ganze Spektrum der 6000 Arten von Sperlingsvögeln ab. Die kleinsten gehen mit ihren dünnen Schnäbeln auf Insektenjagd, die größten jagen Beute bis zur Reptiliengröße. Die am spektakulärsten gefärbte Art, der Helmvanga (Euryceros prevostii), frisst mit ihrem riesigen, blauen Schnabel Eidechsen, Frösche und

Geckos. In diesem Grad der Spezialisierung hinsichtlich Schnabelform und Ernährungsweise übertreffen sie sogar die Darwinfinken. Ihr Stammbaum begann, als vor 25 Millionen Jahren der Urahn der Vangawürger von Afrika in Madagaskar einwanderte. Da viele potenzielle Fressfeinde und Futterkonkurrenten fehlten, konnten sie sich schnell zahlreiche offene Nahrungsnischen erobern. Der damals in einer ersten Welle in schneller Folge vollzogenen Artbildung schloss sich ein zweiter Schub vor zehn bis fünf Millionen Jahren an. Hier gab vor allem die Entwicklung der Schnabelform den Ausschlag, wie Computermodellierungen zeigen. Veränderte Landnutzung und Klimawandel sind heute die neuen Herausforderungen der Evolution. (wir) K. A. Jonsson u. a., Proceedings of the National Academy of Sciences, 2012; DOI: 10.1073/pnas.1115835109.

Schnabelfärbung: Gesundheitsbarometer Der Schnabel des Vogels dient nicht nur als Werkzeug zur Nahrungsaufnahme, sondern ist auch ein bedeutender Signalgeber über den körperlichen Gesundheitszustand, der Auskunft gibt über körperliche Fitness und Kampfbereitschaft seines Trägers. Da Korrelation mit dem Immunsystem besteht, wie es durch die körpereigenen Antikörper charakterisiert ist, erkennen potenzielle Rivalen, ob es für sie besser ist zu fliehen oder sich dem potenziellen Gegner gegebenenfalls zu stellen. Insofern kommen dem Schnabel gemeinsam mit dem Gesang auch wichtige geschlechtsspezifische Funktionen zu, etwa beim Paarungsverhalten. (wir) http://www.queensu.ca/news/print/36434

Heidelerche: Spezialisten-Dilemma In der Südschweiz hat die Heidelerche ein akutes Problem. Zwar hatte die intensive Landwirtschaft generell in den letzten Jahren zu einem Rückgang der Bestände geführt. In den weniger intensiv genutzten Parzellen und Brachflächen konnte der Kurzstreckenzieher, der am Boden sowohl brütet als auch Nahrung sucht, jedoch überleben – vor allem in Weinbergslagen, wenn diese biologisch bewirtschaftet wurden. Herkömmlich bewirtschaftete Flächen bieten aufgrund der systematischen Anwendung von Herbiziden zu wenig Bodenvegetation, die wenigen biologisch bewirtschafteten Höfe wiederum eine zu dichte. Vorteilhaft wäre, jeweils eine zweite Reihe so zu managen, dass das Optimum von 55 % Deckungsgrad erreicht wird. Rebflächen, in denen eine Anwendung von Herbiziden in jeder zweiten Reihe von Rebfluren ein alternierendes Muster von bewachsenen und unbewachsenen Reihen ergibt, scheinen sich vorteilhaft auszuwirken. (wir) R. Arlettaz u. a., J. Ornithol. (2012) 153: 229-238.

Pakistans Langschnabelgeier im Aufwind?

Rebflächen mit abwechselnd unbewachsenen und verkrauteten Reihen scheinen für Heidelerchen besonders günstig. Foto: G. Bachmeier. Möhrendorf, Mai 2008.

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Der Langschnabelgeier (Gyps indicus) ist eine in Pakistan und dem nordwestlichen Indien verbreitete Arten, die in Kolonien auf Felsen brütet. Durch Reste des für Geier toxischen entzündungshemmenden und schmerzstillenden Arzneistoffes Diclofenac in Rinderkadavern ist die pakistanische Population der Langschnabelgeier seit den späten 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts um mehr als 95 % eingebrochen. Die Produktion von Diclofenac für die Tiermedizin ist in Pakistan seit 2006 verboten. Systematische

Der Falke 60, 2013

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Zählungen in einer der größten Kolonien im Südosten des Landes (Karunjar Hills, Provinz Sindh) in den Jahren 2003 bis 2012 deuten auf eine positive Entwicklung hin: Die Gesamtzahl der Langschnabelgeier stieg von einem Minimum von 130 im Jahr 2006 wieder auf 287 Individuen an und erreichte damit fast den Wert von 335 im Jahr 2003 zu Beginn der Zählung. Diese Anzahl ist seit 2008 ungefähr konstant geblieben. Besonders auffällig ist der Anstieg des Anteils an Juvenilen von < 20 bis 35 in den Jahren 2004/2005 und 2005/2006 auf 95 im Zählzeitraum 2008/2009. Die Anzahl der Nester hat sich inzwischen bei ca. 50 % des Ausgangswertes stabilisiert und die Produktivität ist mit circa 0,5 Jungvögeln/Nest wieder fast normal. Langschnabelgeier leben in ariden Gebieten. Die Landwirtschaft ist hier wenig entwickelt. Zudem stehen relativ viele Kadaver von Wildtieren zur Verfügung, daher wurde die Population weniger mit Diclofenac belastet als die der indischen Bengalgeier, und knapp 5 % der ursprünglichen Population blieben erhalten. Da die Jungvögel frühestens mit etwa fünf Jahren zu brüten beginnen, kann man mittelfristig eine stärkere Erholung der Brutpopulation erwarten. Es ist zu hoffen, dass die in dieser Referenzpopulation beobachteten Entwicklungen sich in anderen Gebieten bestätigen lassen. Im Moment sieht es so aus, als ob die Schutzmaßnahmen zu greifen begännen. (Jürgen Dämmgen) M. J. I.Chaudry u. a. Bird Conservation International, Nov. 2012, 1-9.

Kanadagans: Vogelschlagabwehr Kollisionen von Flugzeugen mit Vögeln sind eine ernsthafte Bedrohung der zivilen und militärischen Luftfahrt, deren Abwehr mit 1,2 Mrd. Dollar im Jahr weltweit nicht unerhebliche Kosten verursacht. Obwohl die meisten Anstrengungen zur Vogelabwehr Flughäfen unmittelbar betreffen, beweisen die Geschehnisse um die dramatische Notwasserung des US-Airways Fluges 1549 auf dem Hudson River in New York im Jahr 2009 nach Kollision mit Kanadagänsen, dass auch Maßnahmen in der unmittelbaren Umgebung in die Überlegungen mit einbezogen werden müssen. Um die unmittelbare Scheuchwirkung von Flugzeugen zu testen, hat man die Reaktion von Kanadagänsen auf ferngesteuerte Modelle in dreierlei Weise getestet: einmal mit Beleuchtung, einmal ohne

Um Flugzeugen ausweichen zu können, müssen Vögel wie Kanadagänse diese Foto: W. Irsch. Mettlach, 11.5.2007. rechtzeitig als Gefahr wahrnehmen.

Beleuchtung und einmal mit dem „Outfit“ eines Greifvogels. Ergebnis: Die Beleuchtung zeigte ebenso eine abschreckende Wirkung wie die Tarnung als Beutegreifer. Nun wollen die Forscher gezielte Muster herausarbeiten, sodass Vögel die Flugzeuge rechtzeitig wahrnehmen können. (wir) B. F. Blackwell u. a., Journal of Apllied Ecology, 10.7.2012 DOI: 10.1111/j.1365-2664.2012.02165.x.

Pieperwaldsänger: Wurmflucht Dem Pieperwaldsänger (Seiurus aurocapilla) als Bodenbrüter machen die ursprünglich aus Europa stammenden Regenwürmer das Leben schwer, wie sich nun in einigen nordamerikanischen Waldgebieten herausgestellt hat. Eingeschleppt wurden die Würmer im Ballastwasser von Schiffen oder den Wurzelballen von

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14.12.2012 11:16:42 Uhr


Ornithologie aktuell

Kulturpflanzen. Betroffen sind die Pieperwaldsänger vor allem in ZuckerahornMischwäldern (Acer saccharum) und Wäldern mit Beständen aus Amerikanischer Linde (Tilia americana). Dort gehen die Bestände des Pieperwaldsängers in dem Maße zurück, wie die Regenwürmer zugenommen haben. Diese verdünnen die Laubschicht und verändern die Bodenvegetation zum Nachteil der Vögel, statt einer lockeren Laubstreu breiten sich plötzlich Gräser und Seggen aus. Keinen Einfluss hatten die Regenwürmer als invasive Arten dagegen auf andere Vögel wie Wilson-Drossel (Catharus guttatus), Einsiedlerdrossel (Mniotilta varia) oder Baumläuferwaldsänger (Catharus fuscescens). (wir) S. R. Loss u. a., Landscape Ecology, 2012; DOI: 10.1007/ s10980-012-9717-4.

Sumpfammern: Sensible Sänger Lärm lässt Vögel nicht nur lauter singen, sondern ändert auch ihr Repertoire. In einer lauten Umgebung lernen junge Sumpfammern (Melospiza georgiana) andere Gesänge als in ruhigeren. Als amerikanische Forscher ihnen die Gesänge von Artgenossen vorspielten, prägten sich die Jungvögel nur diejenigen Tonfolgen ein, die klar und unverzerrt bei ihnen ankamen. Zwölf Wochen lang wurden die Vögel zwei Mal am Tag mit sechzehn Gesangstypen „beschallt“, acht davon waren im Abstand von 25 m aufgenommen, verfremdet und mit Umgebungslärm durchsetzt, die anderen direkt aus nächster Nähe der singenden Männchen aufgenommen. Nach der Lernphase wiederholten die Jungvögel allesamt ausschließlich die klaren und eindeutigen Gesangsstrophen ohne lärmdurchsetzte Tonfolgen – ein Ergebnis, das in dieser Klarheit selbst die Forscher überraschte und belegt, wie selektiv die jungen Singvögel die für sie relevanten Lautfolgen wahrnehmen. (wir) S. Peters u. a., Biology Letters, 2012; DOI: 10.1098/rsbl.2012. 0446.

Indiens „Gänsegeier“: Abwärtstrend gebrochen?

Durch die Aufnahme des für Bengalgeier (Gyps bengalensis) hochgiftigen Arzneistoffes Diclofenac aus Rinderkadavern ist deren Population seit Mitte der 1990er Jahre auf weniger als 0,1 % der ursprünglichen Größe zusammengebrochen. Die Bestände der verwandten Langschnabelgeier (Gyps indicus) und Dünnschnabelgeier (Gyps tenuirostris) schrumpften in demselben Zeitraum um etwa 97 %. Nach systematischen Zählungen entlang von Straßen in den Jahren 1991–1993, 2000, 2002 und 2007 wurde im Jahr 2011 wieder eine Erfassung von Gyps-Arten auf einer Länge von mehr als 15 000 km in Indien und von 640 km in Nepal durchgeführt. Die Auswertung der komplizierten Studie deutet darauf hin, dass die Geschwindigkeit der Abnahme der Populationen sich deutlich verzögert hat. In der Tat ist sogar ein leichter Anstieg der Populationen zu vermuten. Wegen der nur noch geringen Anzahl von Beobachtungen und der aus methodischen Gründen großen Unschärfe der Daten ist der letztere Effekt jedoch statistisch nicht signifikant. Offensichtlich haben aber sowohl Lebensdauer als auch Bruterfolg zugenommen. Dieser Schluss wird gestützt durch die Tatsache, dass in Indien und vor allem in Nepal die Zugänglichkeit von Diclofenac für Tierhalter und Tierärzte stark erschwert und hierdurch die Kontamination der untersuchten Rinderkadaver zurückgegangen ist. Andererseits hatte die Nachweisbarkeit des für die Geier ungefährlichen entzündungshemmenden und schmerzstillenden Wirkstoffes Meloxicam als Ersatz von Diclofenac deutlich zugenommen. Die Berichte belegen, dass die auf dem indischen Subkontinent eingeleiteten Maßnahmen zur Eliminierung von Diclofenac aus der Tiermedizin und zum Schutz der überlebenden Geier zu ersten Erfolgen geführt haben. Es darf aber nicht vergessen werden, dass höchstens jeder tausendste Bengalgeier die Katastrophe überlebt hat und dass Diclofenac weiterhin in erheblichem und gefährlichem Ausmaß eingesetzt wird. Der Schutz der Lebensräume und die Anstrengungen zum Aufbau einer Reservepopulation in Gefangenschaft müssen daher mit unvermindertem Einsatz fortgeführt werden. Nur dann können wir hoffen, dass auch nach der nächsten Zählung wieder über erfreuliche Trends berichtet werden kann. (Jürgen Dämmgen) V. Prakash u. a., PLOS ONE, 7(11), Nov. 2012, 1-10.

Eulen: Farben und Evolutionstempo

Arten mit verschiedenen Farbvarianten wie der Waldkauz entwickeln sich evolutionsbiologisch schneller als „einfarbige“. Foto: H.-J. Fünfstück. München, 14.11.2011.

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Flexibilität in der Farbe gibt Arten offenbar mehr „Speed“. Mit dieser Kurzformel lassen sich salopp formuliert die Erkenntnisse australischer Forscher der Universität Melbourne umschreiben. Arten mit verschiedenen Farbvarianten wie Waldkauz (Strix aluco) oder die in Amerika verbreitete Ostkreischeule (Megascops asio) sind demnach evolutionsbiologisch „schneller“ als solche, die nur einfarbig auftreten. Dies ergab eine vergleichende Genomanalyse im Zeitvergleich des Stammbaumes, die sogenannte Speziationsrate. Eine Verknüpfung zwischen Farbpolymorphismus, wie er auch bei anderen Vogelgruppen zum Beispiel den Prachtfinken wie der Gouldamadine (Erythrura gouldiae) auftritt, mit der Evolutionsgeschwindigkeit wurde bereits in den 50er Jahren durch den namhaften Biologen Julian Huxley propagiert und konnte nun erstmals am Beispiel von Habicht, Adler und Ziegenmelker durch genetische Analyse mit moderner Methodik bestätigt werden. (wir) A. F. Hugall u. D. Stuart-Fox, Nature, 2012; DOI: 10.1038/ nature11050.


Beobachtungstipp

Weite Watten und Sande prägen die Süd- und Foto: C. Moning. 17.8.2007. Ostseite Borkums.

Die Insel Borkum in Niedersachsen – Die Vielfalt der Nordsee auf einer Insel vereint

D

ie Nordseeinsel Borkum ist die westlichste und mit knapp 31 km² auch die größte der Ostfriesischen Inseln. Sie liegt 12 km nördlich der niederländischen und 20 km vor der ostfriesischen Küste zwischen dem großen randzel-Watt und der offenen Nordsee. Auf Borkum finden sich kleinräumig nahezu alle typischen Lebensräume der deutschen Nordseeküste, was Borkum zu einer der artenreichsten Inseln in der Nordsee macht. Über hundert Vogelarten brüten alljährlich. Neben den typischen Küstenarten gehören Löffler, Kornweihen und Sumpfohreulen zu den spektakulären Brutvögeln. Nicht nur durch einen umfangreichen Kleinvogelzug hat Borkum nahezu unbegrenzt Potenzial für die Beobachtung von Seltenheiten.

» Landschaftsgeschichte und Lebensräume Borkum liegt nördlich der emsmündung und ist der niederländischen Küste näher als dem deutschen Festland, was die 5200 einwohner zäh-

lende gleichnamige Stadt zur westlichsten Niedersachsens macht. Noch 1863 bestand Borkum aus zwei separaten Inseln, Westland und Ostland, die durch einen Priel voneinander getrennt waren. Das Tüskendör („Zwischendurch“) zeigt die alte Trennlinie an. Die beiden Inselteile weisen deutlich die hufeisenförmige Gestalt der konzentrisch verlaufenden Dünenketten auf, die zum randzel-Watt hin offen sind. Das Innere der Dünenbögen ist von eingedeichten Marschen aus Grünland und Salzwiesen vor dem Seedeich geprägt. Im Gegensatz zu den Nordfriesischen Inseln besitzt Borkum, wie die Ostfriesischen Inseln insgesamt, keinen Geestkern. Die Insel liegt auf einem mindestens einige 10 000 Jahre alten Sockel, der durch die Anlagerung von Sanden in der Zeit um Christi Geburt zur Insel wurde. Der Name Borkum leitet sich von altnordisch „burkn“ für Farnkraut ab. eine Besiedlung von Borkum ist erstmals 1406 geschichtlich dokumentiert. Die Inselbevölkerung fand vor allem im 18. Jahrhundert ihr Aus-

kommen im Walfang, von dem noch heute Zäune aus Walkinnladenknochen zeugen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts gewann der Tourismus an Bedeutung, der heute der wichtigste Wirtschaftsfaktor ist. Schon früh zog Borkum ornithologisches Interesse auf sich. Gesundheitliche Gründe führten den Ornithologen Ferdinand von Droste zu Hülshoff zwischen 1863 und 1868 mehrfach auf die Insel. Während dieser erholungsaufenthalte entstand seine 1869 erschienene Beschreibung der Vogelwelt von Borkum, die die Insel und ihre Vogelwelt über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt machte. Nicht zuletzt die arten- und individuenreiche Vogelwelt führte dazu, dass große Teile Borkums 1986 Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer wurden. Seit einigen Jahren finden intensive erfassungen zum Vogelleben auf der Nordsee vor Borkum statt, um mögliche Auswirkungen von Windparks auf die Vogelwelt zu untersuchen. rund 45 km nördlich von Borkum befindet Der Falke 60, 2013

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Beobachtungstipp

sich der erste deutsche Offshorewindpark alpha ventus. Weitere Windparks sind genehmigt und teilweise im Bau, unter anderem der Windpark Borkum Riffgat circa 15 km vor der Küste, mit dessen Bau 2012 begonnen wurde.

»»Besondere Vogelarten und Reisezeit Die Lebensraumvielfalt zieht ganzjährig ein reiches Vogelleben an. Wer im Winter nach Borkum fährt, findet in Abhängigkeit des Witterungsverlaufs überwinternde Wat- und Wasservögel. Neben Austernfischern lassen sich auch Ringelgänse, Pfeifenten und besonders im Watt Kiebitzregenpfeifer, Alpenstrandläufer und Große Brachvögel beobachten. Typische Vogelarten auf Borkum, deren Status und günstige Beobachtungszeit (in Klammern). h = häufiger, r = regelmäßiger, s = seltener B = Brutvogel, W = Wintergast, D = Durchzügler, N = Nahrungsgast Art

Status (beste Beobachtungszeit)

Kurzschnabelgans

rD (Feb., Okt.)

Ringelgans

hD (März–Mai, Sep.–Nov.)

Brandgans

hB, hW, hD, hN (ganzjährig)

Pfeifente

hD, hW (Sep.–Apr.)

Eiderente

rB, hW, hD, hN (ganzjährig)

Trauerente

rW, hD (Sep.–Mai)

Löffler

rB, rD (Mai–Sep.)

Sterntaucher

rW, hD (Sep.–Apr.)

Kornweihe

rB, rW (ganzjährig)

Merlin

rW, hD (Apr.–Mai, Sep.–Nov.)

Austernfischer

hB, hW, hD, hN (ganzjährig)

Säbelschnäbler

rB, hD (Apr.–Sep.)

Uferschnepfe

rB (März–Juni)

Meerstrandläufer

rW (Okt.–März)

Steinwälzer

rD, rW (Aug.–Mai)

Sanderling

hD, rW (Apr.–Mai, Aug.–Sep.)

Seeregenpfeifer

rB, rD (Apr.–Sep.)

Zwergseeschwalbe

sB, rD (Mai–Aug.)

Küstenseeschwalbe

rB, hD (Mai–Aug.)

Hohltaube

rB, rD (ganzjährig)

Sumpfohreule

rB, rW (ganzjährig)

Ohrenlerche

rW, rD (Okt.–Apr.)

Strandpieper

rW, rD (Sep.–März)

Berghänfling

rW, rD (Okt.–März)

Schneeammer

rW (Okt–März)

Kleinvogelzug

(März–Mai, Sep.–Okt.)

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Der Falke 60, 2013

An den Stränden suchen Sanderlinge und Schneeammern nach Nahrung, während an den Buhnen bis zu zwanzig Meerstrandläufer und regelmäßig auch Steinwälzer überwintern. Silbermöwen rasten zahlreich an den Stränden. Ohrenlerchen, Berghänflinge und Strandpieper bevorzugen die Salzwiesen und Spülsäume. Auf dem Meer fressen Eider- und Trauerenten Muscheln sowie einzelne Sterntaucher Fische. Mit etwas Glück kommen Beobachtungen von Raufußbussarden und Merlinen hinzu. Ab März setzt wieder deutlicher Vogelzug ein. Einige Tausend Ringelgänse und Alpenstrandläufer rasten. In den Wiesen kommen Kiebitze, Rotschenkel, Uferschnepfen, Feldlerchen und Wiesenpieper an. Ende April ist der Durchzug von Kiebitzregenpfeifern, Pfuhlschnepfen und Knutts auf seinem Höhepunkt. Seeschwalben werden ab jetzt zu einem lautstarken Bestandteil der Inselvogelwelt. Durch die enge Verzahnung unterschiedlicher Lebensräume brüten Brandgänse, Löffel- und Eiderenten, Löffler, Säbelschnäbler, Sandregenpfeifer, Uferschnepfen, Rotschenkel, verschiedene Möwen- und Seeschwalbenarten sowie Feldschwirle, Schilfrohrsänger und Steinschmätzer in räumlicher Nähe zueinander. Kornweihen und Sumpfohreulen haben national bedeutende Brutpopulationen auf Borkum. Auch Niedersachsens größte Brutpopulation von Seeregenpfeifern liegt hier, jedoch sind die Zahlen rückläufig. Hohltauben brüten im Gegensatz zum Festland in Kaninchenhöhlen und im Schutz von Lachmöwenkolonien. In den Sommermonaten versammeln sich bis zu 30 000 mausernde Eiderenten um Borkum und auch Brandseeschwalben zählen dann zu den regelmäßigen Nahrungsgästen. Nur kurz währt im Sommer die Phase des ruhenden Vogelzugs, denn schon im Juli sind die meisten Watvögel wieder auf dem Rückzug. Anfangs noch im Prachtkleid mausern sie nach ihrer Ankunft zunehmend in das unscheinbare Winterkleid. Die größten Scharen bilden die Altvögel mit den später eintreffenden Jungvögeln ab Mitte August bis Anfang Oktober über dem Wattenmeer. Im September und Oktober erreicht der Singvogelzug seinen Höhepunkt,

insbesondere Wiesenpieper, Rot- und Singdrosseln ziehen oder rasten in beeindruckender Zahl. Bei Nordweststürmen lassen sich am Riffgrund mit etwas Glück auch Hochseevogelarten wie Raubmöwen, Sturmtaucher oder Basstölpel beobachten. Borkum liegt zudem auf der Zugroute von Kurzschnabel- und Weißwangengänsen sowie von Zwergmöwen. Ab Mitte November haben die meisten Durchzügler das Wattenmeer verlassen.

»»Beobachtungsmöglichkeiten Zur Brutzeit gehören die Greune Stee (= grüne Stelle), ein Mosaik aus Wald, Gewässern, Schilf und moorigen Bereichen, sowie die angrenzenden Salzwiesen der Ronden Plate zu den besten Beobachtungsstellen auf Borkum. Die Greune Stee (1) bietet Waldvogelarten wie Waldschnepfen, Schwanzmeisen, Birkenzeisigen, Gelbspöttern und der einzigen brütenden Sumpfmeisenpopulation der Ostfriesischen Inseln Lebensraum. Zu den Zugzeiten rasten hier viele Singvögel, darunter zahlreiche Drosseln. Entlang des Weges am Nordrand der Ronden Plate (2) lassen sich Säbelschnäbler, Sumpfohreulen, Rohr- und Kornweihen beobachten, während die Schilfflächen von Blaukehlchen, Bartmeisen, Teich- und Schilfrohrsängern besiedelt sind. In der Lagune rasten Brandgänse und gelegentlich Löffler. An den Buhnen bei (3) halten sich im Winterhalbjahr gerne Meerstrandläufer und Steinwälzer auf. Bei Hochwasser rasten hier viele Limikolen. Vor der Kurpromenade am Nordwestrand Borkums erstreckt sich die Seehundbank „Hohes Riff“ (4). Sie ist nicht nur Ruheplatz für Seehunde und Kegelrobben, sondern auch Brutplatz für Sand- und Seeregenpfeifer sowie für Zwergseeschwalben. Daneben rasten hier verschiedene Möwenarten, Sanderlinge, Knutts und Brandseeschwalben. Bitte beachten Sie unbedingt die Absperrungen in diesem Bereich. Die Waterdelle (5), ein ursprünglich baumfreies Dünental, ist heute ein Bruchwald, in dem sich vor allem Singvögel wie Singdrosseln und Nachtigallen wohlfühlen. Daneben wird man aus den eingestreuten Schilfflächen Wasserrallen quieken und mit


etwas Glück in der Abenddämmerung im Frühjahr die dumpfen Rufe von Rohrdommeln sowie Waldschnepfen und Waldohreulen hören können. Im angrenzenden Muschelfeld (6) brüten Dorngrasmücken und Bluthänflinge. Von den beiden Aussichtsdünen (7, 8) lassen sich regelmäßig Rohr- und Kornweihen sowie Sumpfohreulen beobachten. Diese Dünen sind auch ein guter Platz für die Beobachtung des Singvogelzuges. Der Tüskendörsee, 1975 als Bodenentnahmestelle für den Deichbau entstanden, ist eines der besten Beobachtungsgebiete auf Borkum. Vom südlich angrenzenden Deich aus kann man dieses einzige größere Binnengewässer Borkums gut einsehen (9). Um die verschiedenen Enten- und Watvogelarten genießen zu können, ist ein Spektiv unerlässlich. Im Sommerhalbjahr halten sich hier regelmäßig Löffler auf. In den an den See angrenzenden Wiesen brüten Graugänse, Austernfischer, Säbelschnäbler, Kiebitze und Uferschnepfen. In den Gräben am Deichfuß fühlen sich unter anderem Haubentaucher, Feldschwirle, Teich- und Schilfrohrsänger wohl, während sich am Ausfluss außendeichs (10) vor allem bei Hochwasser Ringelgänse, Eiderenten, Austernfischer und andere Watvogelarten einfinden. Säbelschnäbler,

Ringelgänse rasten zu Tausenden auf Borkum.

Rotschenkel, Lachmöwen, Fluss- und Küstenseeschwalben brüten hier. An den Ostlagunen (11) schwanken die Beobachtungsbedingungen mit dem Wasserstand. Die flachen Senken werden bei Sturmfluten mit Salzwasser überspült. In dem Bereich brüten Austernfischer, Säbelschnäbler, Uferschnepfen, Große Brachvögel, Sand- und Seeregenpfeifer. Bei niedrigen Wasserständen rasten zu den Zugzeiten typische Arten des Brackwassers wie verschiedene Wasserläuferarten. Im Winter finden sich hier Ohrenlerchen, Schneeammern und Berghänflinge ein.

Foto: C. Moning. Lauwersmeer, 3.1.2010.

Die Ostspitze der Insel, das Hoge Hörn (12), ist der größte Hochwasserrastplatz auf Borkum. Zu den Zugzeiten versammeln sich hier bis über 100 000 Vögel, vor allem Alpenstrandläufer, Kiebitzregenpfeifer, Große Brachvögel und Pfuhlschnepfen. Aufgrund der großen Beobachtungsdistanzen benötigt man ein Spektiv. Wasserfestes Schuhwerk ist empfehlenswert, da der Weg zum Hoge Hörn bei Hochwasser überflutet sein kann. Die weitläufigen kurzrasigen Flächen des Flughafens bieten Goldregenpfeifern und Kiebitzen Rast-

Knutts, Alpenstrandläufer und Austernfischer bilden zu den Zugzeiten große Rastgemeinschaften.

Foto: C. Moning. Tetenbüllspieker, 30.7.2009.

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Beobachtungstipp

möglichkeiten. Auch Kornweihen und Sumpfohreulen jagen über dem Gelände, das vom Weg nördlich des Flugplatzes aus eingesehen werden kann (13). Im Hafengelände rasten zu den Zugzeiten viele Pieper, Steinschmätzer, Schwarz- und Braunkehlchen, Drosseln und andere Singvögel (14). Der Teerdamm nördlich der Jugendherberge (15) bietet hervorragende Möglichkeiten für Beobachtungen am Wattenmeer sowie an den angrenzenden Salzwiesen. Das Hafengelände ist über einen Damm mit dem rest der Insel verbunden. Der Weg südlich der Gleise (16) erlaubt schöne einblicke auf die ronde Plate und angrenzende Wattflächen.

» Weitere Freizeitmöglichkeiten Neben zahlreichen Wassersport- und Bademöglichkeiten im Sommerhalbjahr bietet die Insel ganzjährig Sehenswürdigkeiten. Zu ihnen zählen der Alte Leuchtturm (1576), das älteste Gebäude der Insel und ihr Wahrzeichen und Aussichtsturm sowie der Neue Leuchtturm (1879) an der Westseite der Insel, der Kleine Leuchtturm am Südstrand (1888), drei Kirchen, die zwischen 1882 und 1899 erbaut wurden, sowie seit 1989 das ehemalige Feuerschiff Borkumriff im Borkumer Schutzhafen (14). es wurde im Juli 1988 als letztes deutsches Feuerschiff außer Dienst gestellt und dient seitdem als Informationseinrichtung für den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Das Heimatmuseum Dykhus (= Deichhaus) liegt in unmittelbarer Nähe des Alten Leuchtturmes. Von Borkum verkehren Ausflugsschiffe zur benachbarten Insel Juist. Auf der Fahrt passiert man die gewaltige Möwenkolonie auf Memmert.

Anfahrt Mit Bahn und Bus:

Mit der Bahn fährt man bis emden-Außenhafen. Von dort verkehren Fähren (Fahrzeit etwa 2 Std.) und ein Katamaran (Fahrzeit etwa 1 Std.) weiter nach Borkum. Wenn man seine Bahnfahrkarte bis Borkum löst, sind die Kosten für die Fährfahrt im Gesamtpreis enthalten. Vom Borkumer Hafen fährt die Inselbahn in den Ort. In den Sommermonaten fahren auch vom Anleger am Knock und von Greetsiel Fähren nach Borkum. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, vom Flugplatz in emden zur Insel zu fliegen. Mit dem Auto:

In emden ist der Fähranleger mit „Borkumkai/emden-Außenhafen“ ausgeschildert. es empfiehlt sich, das Auto auf dem Festland zu lassen und in einer bewachten Garage oder auf Parkplätzen bei den reedereien abzustellen. Der Ortskern von Borkum ist während der Sommermonate für den Autoverkehr ohnehin gesperrt und auf der Insel können alle Beobachtungspunkte bequem mit dem Fahrrad oder zu Fuß erreicht werden. Auch die Busverbindungen sind sehr brauchbar.

Adressen Nationalparkschiff „Feuerschiff Borkumriff“, Am Nordufer, 26757 Borkum, Tel.: 04922/2030, e-Mail: fsbr@gmx.de, www.feuerschiff-borkumriff.de. Die Nationalparkwacht bietet ornithologische Führungen an, deren Termine in „Borkum-Aktuell“ bzw. bei der Touristeninformation und Kurverwaltung bekannt gegeben werden.

Christoph Moning, Christopher König, Christian Wagner, Felix Weiß Infomaterial/Literatur

Dierschke J, Lottmann r, Potel P 2008: Vögel beobachten im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, Wilhelmshafen. Gerdes K 2000: Die Vogelwelt im Landkreis Leer. Verlag Schuster, Leer. Moning C, Weiß F 2007: Vögel beobachten in Norddeutschland. Franckh-Kosmos Verlags, Stuttgart.

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GPS Feuerschiff Borkumriff (14)

53°33'45" N

6°45'06" O

Hoge Hörn (12)

53°36'08" N

6°49'04" O

Deich nördlich Jugendherberge (15)

53°34'09" N

6°44'48" O

Ausfluss Tüskendörsee (10)

53°35'18" N

6°43'55" O


Vögel an Gewässern

Schwarze Bauchbänder und V-Flug:

Blässgans Zahlreiche Vogelarten sind in Deutschland nur im Winter und zum Teil nur regional zu beobachten. Ein typischer „Wintervogel“ im Norden Deutschlands ist die Blässgans. oft vergesellschaftet mit anderen Gänsearten lassen sich die Vögel gut bei der Futtersuche auf Wiesen und Weiden beobachten, wo sie Energiereserven für den Rückzug in die Brutgebiete und die anschließende Brut im kalten Norden anlegen. Zunehmend überwintern Blässgänse auch in südlicheren Regionen Deutschlands, allerdings nur in geringen Zahlen von wenigen Hundert Individuen.

D

ie Blässgans ist die häufigste nordische Wildgans. Zusammen mit Graugans, Kurzschnabelgans, Saatgans und Zwerggans, die alle in Deutschland zu beobachten sind, sowie einigen anderen Gänsearten zählt die Blässgans zu den Feldgänsen oder echten Gänsen. Feldgänse suchen ihre Nahrung vorwiegend auf Flächen mit kurzer Vegetation wie Wiesen, Weiden und Äckern, häufig im Binnenland. Im Gegensatz dazu bevorzugen Meeresgänse wie ringelund Weißwangengans Wattflächen und Salzwiesen an der Küste. erwachsene Blässgänse sind am Namen gebenden weißen Federfeld um den Schnabel und starker, unregelmäßiger schwarzer Querfleckung am Bauch von anderen Gänsearten zu unterscheiden. Die schwarze Bauchbänderung ist auch im Flug gut zu sehen. Jungvögel bleiben bis zum zweiten Lebensjahr ohne gefleckten Bauch und Blesse und sind daher leicht mit der etwas größeren Graugans zu verwechseln. In der regel halten sich Jungvögel jedoch im Familienverband mit adulten Blässgänsen auf und können daher meist als solche bestimmt werden. Familien bestehen oft bis zum Frühjahr. Schwarze Bauchfleckung kommt sonst noch bei der Zwerggans vor, die jedoch etwas kleiner ist, mit gedrungenerer Kopfform und weißem Schnabelgrund, der sich bis auf die Stirn zieht. Aus der Nähe ist bei der Zwerggans als Unterscheidungs-

merkmal noch ein gelber Lidring zu erkennen. Die Füße der Blässgans sind kräftig orange gefärbt. Vögel mit rosa Schnabel gehören zur Nominatform Anser albifrons albifrons, daneben sind in Deutschland gelegentlich auch Blässgänse der Unterart A. a. flavirostris mit orangem Schnabel zu beobachten. Blässgänse rufen meist zweisilbig, hoch und klangvoll „kajak ujuk“ und sehr hoch „kli-ji“.

» Brutgebiet im hohen Norden Blässgänse brüten in der arktischen Tundra russlands und Nordamerikas. erst im zweiten Lebensjahr suchen

sich Blässgänse einen Partner, mit dem sie in der regel ein Leben lang zusammenbleiben. Die Paarbildung findet oft noch im Winterquartier statt. Nach der Ankunft im Brutgebiet werden in meeresnahen Senken und Sumpfniederungen in lockeren Kolonien Nester angelegt, die meist nur aus einer kleinen, mit Federn ausgepolsterten Vertiefung an erhöhten, trockeneren Stellen bestehen. Ab Mitte Mai legt die Gans fünf bis sechs gelblich-weiße eier, die sie alleine etwa vier Wochen lang bebrütet. Die sofort aus dem Nest flüchtenden Jungen werden 40 bis 43 Tage von beiden eltern geführt und bleiben auch nach

Das weiße Federfeld um den Schnabelgrund hat der Blässgans ihren Namen gegeben. Unverkennbares Merkmal ist die dunkle Querfleckung am Bauch. Foto: H.-J. Fünfstück. Helgoland, 11.10.2011.

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Vögel an Gewässern

Im Flug sind Blässgänse leicht am unregelmäßig dunkel gefleckten Bauch zu erkennen. Jungvögeln (oben rechts) fehlt die dunkle Bauchfleckung noch, sie Foto: H.-J. Fünfstück. Päwesin (Brandenburg), 29.10.2010. fliegen aber immer im Familienverband mit adulten Blässgänsen.

dem Flüggewerden noch im Familienverband mit den Altvögeln zusammen. Während der anschließenden Mauserzeit im Sommer sind alte wie junge Blässgänse flugunfähig, jetzt schließen sich mehrere Familien zu großen Herden zusammen, immer in der Nähe von Gewässern, auf die sie leicht in Sicherheit flüchten können. Ab Mitte August starten die Vögel dann in neuem Federkleid den mehrere Tausend Kilometer langen Zug in die Überwinterungsgebiete in mil-

deren Gefilden. Diese reichen zum Teil bis weit nach Süden, beispielsweise ans Kaspische und Schwarze Meer. Die Reise dauert mit mehreren Zwischenstopps über Osteuropa drei Monate. Der Großteil der Blässgänse verbleibt jedoch von Dezember bis März in Mittel- und Westeuropa, vor allem entlang der deutschen und holländischen Nordseeküste, wo sie als häufige und regelmäßige Durchzügler und Wintergäste gelten. Nach plötzlichen Kälteeinbrüchen kann es zu

Massenwanderungen bis weiter nach Frankreich kommen. Flache Gewässer als Ruheplatz und Nahrungsgründe, beispielsweise ausgedehnte, ruhige Grünland- und Ackerflächen in den Niederungen großer Flussläufe, können mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen. Blässgänse ernähren sich von Pflanzenteilen, hauptsächlich verschiedene Gräser, aber auch Samen, Getreide, Klee und Raps. Die pro Tag verzehrte Menge entspricht etwa einem Drittel des eigenen Körpergewichtes. Um das zu erreichen, beschäftigen sich die Gänse die lichten Tagesstunden mit fast nichts anderem als Fressen. Unter den fressenden Gänsen sieht man immer wieder einzelne Vögel, die mit gerecktem Hals Wache halten. Bei drohender Gefahr lassen sie einen Warnruf hören, woraufhin der gesamte Trupp auffliegt. Zum Auffliegen benötigen die schweren Vögel besonders viel Energie, sodass unnötige Störungen unbedingt vermieden werden sollten. Nur wenn die Gänse sich ausreichend Fett angefressen haben, schaffen sie ab März den wiederum drei Monate langen Rückzug in die Brutgebiete der Tundren, um Einzelne Blässgänse unter den fressenden Artgenossen, hier vergesellschaftet mit Kranichen, halten ständig Ausschau nach Gefahren. Foto: H.-J. Fünfstück. Päwesin (Brandenburg), 29.10.2010.

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dort erfolgreich zu brüten. Schlecht konditionierte Vögel haben Studien zufolge einen geringeren Bruterfolg als Vögel in gutem ernährungszustand.

» Gänseflug in V-Formation etwa die Hälfte des Jahres verbringen Blässgänse auf dem Zug. Die von allen Gänsearten verwendete Flugtechnik ist der ruderflug oder Schlagflug. Dabei werden die Flügel gleichmäßig mit sich änderndem Anstellwinkel auf- und abgeschlagen, wodurch zur gleichen Zeit Vorund Auftrieb erzeugt wird. Diese aktive Flugtechnik verbraucht relativ viel energie, die bei zahlreichen Zwischenstopps entlang der Zugrouten aufgestockt werden muss. Um energie während des Fluges zu sparen, ziehen einige Vogelarten wie Gänse und Kraniche in der Formation des Keil- oder V-Fluges, bei der die Vögel versetzt hintereinander fliegen und so einen einfachen oder doppelten Keil oder hintereinander mehrere V- oder Schrägformationen bilden, an deren Spitze ein einzelner Vogel fliegt. Aufgrund der aerodynamischen Bedingungen des Gänsekörpers entstehen hinter den Flügeln Wirbel und Strömungen, die den nachfliegenden Vogel im sogenanntnen Schleppflug „mitziehen“ und seine Kräfte schonen. Versuche im Windkanal haben ergeben, dass im Schleppflug bis zu 20 Prozent energie eingespart werden können. Da der Leitvogel an der Spitze des Keils die meiste energie aufwenden muss, wechseln sich einzelne Individuen als Anführer der Formation ab. Der genaue Mechanismus für den Führungswechsel ist noch nicht geklärt. Möglicherweise wechselt der Leitvogel aktiv seine Position in der Formation und überlässt die Spitze einem anderen oder einer der nachfolgenden Vögel übernimmt die Spitze, sobald der Leitvogel zu müde ist und abfällt. Häufig sieht man leicht verschobene V-Formen der am Himmel ziehenden Gänse, die sich aufgrund von Winden und Luftströmungen ergeben.

» Bestand und Gefährdungen Verlust von Nahrungsflächen durch Grünlandumbruch oder Trocken-

Beobachtungstipps zur Blässgans Auffälligstes Merkmal: braungrau, unregelmäßige schwarze Querfleckung am Bauch, weißes Federfeld um den Schnabel, orange Beine, rosa (A. a. albifrons) bzw. oranger (A. a. flavirostris) Schnabel Wann: November bis März Wo: kurzrasige Flächen und Felder zur Nahrungssuche, flache Gewässer zur rast Was: Unterschied zu anderen Gänsearten, Nahrungsaufnahme, „Wachposten“, Begrüßung und Gruppenbildung am Gewässer, Keilflug

Beobachten, ohne zu stören Besonders gut lassen sich überwinternde Gänse auf sogenannten Gänsetouren beobachten. Die geführten Touren werden von Naturschutzverbänden angeboten, beispielsweise in Kranenburg am Niederrhein in NordrheinWestfalen (http://nrw.nabu.de/naturerleben/nabustationen/kranenburg/10317.html ), wo sich jedes Jahr neben zahlreichen anderen Arten auch etwa 200 000 Blässgänse einfinden, am Dollart in Niedersachsen oder in der Haseldorfer Marsch in Schleswig-Holstein (http://schleswig-holstein.nabu.de/naturerleben/zentren/haseldorf/naturtiere/03373.html ). Autos oder Busse werden von den Gänsen nicht als Gefahr betrachtet, sodass man relativ nah an die Tiere herankommen kann, ohne zu stören – solange man im Fahrzeug bleibt und nicht aussteigt!

legung von Feuchtgebieten haben dazu geführt, dass früher in Südosteuropa überwinternde Blässgänse ihre Winterquartiere weiter nach Mittel- und Westeuropa verlegt haben. Hier haben die Winterbestände stark zugenommen. In Deutschland rasten oder überwintern jährlich 300 000 bis 400 000 Blässgänse. Blässgänse und andere Gänsearten suchen ihre Nahrung hauptsächlich auf Grünland und Feuchtgrünland. Nur gelegentlich weichen sie auf Ackerflächen aus, wo sie die Sprösslinge von Wintergetreide fressen und hier auch Schaden anrichten können. In der regel werden die betroffenen Landwirte über Ausgleichszahlungen entschädigt. Der weltweite Gesamtbestand der Blässgans wird auf 1,5 Millionen Vögel geschätzt, die Art gilt als nicht gefährdet. Allerdings müssen jedes Jahr hohe Verluste durch Jagd verzeichnet werden. Von ruhezonen sowie Jagdruhe in rast- und Nahrungsflächen würde die Blässgans sicher profitieren. eine weitere Gefahr für die großen Vögel liegt in Windkraftanlagen, hier besteht noch viel Forschungsbedarf. Anita Schäffer

Von den Brutgebieten in der russischen Tundra fliegen Blässgänse zur Überwinterung zum Teil bis ans Mittelmeer (dunkelblau = Brutgebiet; hellblau = Rastgebiet und Zug; grau = Winterquartier). Karte: Taschenlexikon der Vögel Deutschlands.

Informationen zum Thema: Bauer H-G, Bezzel e, Fiedler W 2005: Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. AulaVerlag, Wiebelsheim. Berthold P 2007: Vogelzug: eine aktuelle Gesamtübersicht. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt. Fünfstück H-J, ebert A, Weiß I 2010: Taschenlexikon der Vögel Deutschlands. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim. http://nrw.nabu.de/themen/jagd/ wasservoegel/04839.html www.tierlexikon.ch www.lfu.bayern.de/natur

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Jahresvogel

Vogel des Jahres 2013:

Die Bekassine – Meckern allein reicht nicht NABu und LBV haben die Bekassine zum „Vogel des Jahres 2013” gekürt. Als „Botschafterin für die Lebensräume Moore und Feuchtwiesen“ soll die in Deutschland vom Aussterben bedrohte Art für den Erhalt von Mooren und Feuchtwiesen werben. Man sieht der Bekassine mit ihrem beige-braunen Federkleid und dem markanten Schnabel kaum an, dass sie voller technischer Kunststücke der Natur steckt. und die Technik wiederum ist es, welche dem etwa drosselgroßen Schnepfenvogel den Garaus zu machen droht.

M

an kann sich von dem, was um die Bekassine geschehen ist, wohl kaum ein Bild machen, wenn man nicht alte Bericht über die „Gemeine Sumpfschnepfe“ zu rate zieht. Nach Johann Andreas Naumann („Naturgeschichte der Vögel Deutschlands“ 1836) kam sie „fast überall in unglaublicher Zahl“ und „in unermeßlicher Menge“ vor, und sei „in ganz Deutschland [...] ein so gemeiner und so häufiger Vogel als der gemeine Kiebitz gewesen“. Dies

galt nicht nur für die norddeutschen Tiefländer, auch Bayerns Chronist Andreas Johannes Jäckel („Systematische Übersicht der Vögel Bayerns“ 1891) bezeichnete die Bekassine noch um die Jahrhundertwende als ein „auf allen Moosen, großen Sümpfen, Moräste, Torfmooren, versumpften Weideplätzen, Wiesengründen und Walddestrikten ein gemeiner Brüteund Zugvogel“. Dass dies nicht bloße Übertreibung war, kann man etwa an den zahllosen

Namen der Bekassine ablesen (siehe Kasten S. 17). Zweifellos war sie den Menschen landauf, landab bestens bekannt, nicht zuletzt, weil sie laut Naumann manchenorts säckeweise zu Markte getragen wurde, wobei – vermutlich wegen des hohen Angebotes – der Verkaufspreis so niedrig war (4–6 Groschen), dass die Jäger durch den erlös angeblich kaum ihre Kosten decken konnten. ein guter Schütze vermochte nach Naumann 70 bis 80 Stück am Tag zu erlegen.

Der Vogel des Jahres 2013 ist eine kleine, aber umso markantere Charakterart der Moore, Sümpfe und Feuchtwiesen.

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Foto: J. Borris. Bei Münster, 2.7.2006.


»»Angriff der Heerschnepfe Auch der Name Heer- oder Heerdschnepfe wird mit dem massenhaften Auftreten in Verbindung gebracht, wobei Naumann wortreich erklärt, warum sie den Namen eigentlich nicht verdiene: „Wenig Schnepfenartige Vögel sind ungeselliger als unsere Bekassine, und wenn auch auf geeigneten Plätzen solcher sich oft viele versammeln, so bilden sie doch nie einen Verein, welcher so viel Zusammenhang hätte, dass er den Begriffen von Heer oder Herde entspräche. Sie liegen dicht neben einander, ohne dass sich ein Nachbar um den andern bekümmerte, und stieben aufgescheucht einer hier-, der andere dorthin, jeder läßt sich, wann und wo es ihm beliebt, wieder nieder, ohne auf den anderen zu achten. So ziehen sie einzeln fort und kommen wieder einzeln an, obwohl viele zu gleicher Zeit dieselbe Straße wandern.“ Evolutionsbiologisch muss man solch einen häufigen Vogel als Erfolgsmodell der Natur ansehen, ein Siegertyp, gut angepasst, konkurrenzfähig. Und genau betrachtet stimmt das auch, denn die Bekassine steckt voller erstaunlicher Erfindungen der Natur. Dabei müssen wir gar nicht auf all die fantastischen Sonderanfertigungen im Vogelkörpers eingehen, die sie mit den anderen Vögeln teilt (etwa die Feder, Vogellunge, flugspezifische Skelettmerkmale von der Schnabel- bis zur Zehenspitze). Wie es sich für einen Watvogel gehört, hat sie lange Beine, die ihr das Leben im Offen- und Halboffenland überall dort ermöglichen, wo es auch nass wird, vom Seeufer bis zum Waldrand, vom Tieflandmoor bis zum Hochmoor der Gebirge. Diese Nische beherrscht sie nahezu allein auf der ganzen Nordhalbkugel, und so ist ihr Verbreitungsgebiet das größte aller Limikolenarten. Im Winter dringt sie auch in den Süden vor, aber selten weiter als bis zum Äquator. Auf der Südhalbkugel gibt es andere Vertreter der Gattung Gallinago, die dort ihren Platz einnehmen, aber weitgehend als Semispezies der Superspezies Gallinago gallinago angesehen werden. Als Brutvogel fehlt die Superschnepfe Bekassine lediglich im tropischen Asien und in Australien. Daneben gibt es noch

Bekassinenpaar bei der Balz. Häufig gehen der Kopulation Flugsprünge voraus. Mit ausgebreiteten Flügeln lädt das Weibchen (am Boden) das Männchen zur Kopula ein. Foto: R. Martin. Island, 12.7.2007.

eine ganze Reihe weiterer GallinagoArten und naher Verwandter nahezu gleichen Bautyps – auch im Areal der Bekassine –, die um Lebensraum und Nahrung konkurrieren, was zu einer vielseitigen Einnischung der Schnepfen in die Feuchtlebensräume der Wälder, Halboffen- und Offenlandschaften geführt hat.

»»Schnepfe heißt Schnabel Die Bezeichnung Schnepfe geht auf das althochdeutsche „snepfa“ zurück und ist seit dem 9. Jahrhundert belegt: Vermutlich bedeutet es einfach „Schnabel“. Dieser ist zugegebenermaßen das auffälligste Merkmal der Schnepfenvögel und

erreicht bei der Bekassine mit bis zu 75 mm etwa ein Viertel der Körperlänge. Diese meisterliche Konstruktion gleicht einer Bodensonde und ist an der abgeflachten Spitze dicht mit Gruppen von Tastsinnesorganen (Herbstsche Körperchen) besetzt, um tief im Boden Fressbares von nicht Fressbarem unterscheiden zu können. Allerdings gibt es ein Problem: Steckt der Schnabel einmal im Boden, lässt er sich nicht mehr oder nur unter größter Kraftanstrengung öffnen. Wie also kann solch ein Bodenstocherer die Nahrung ergreifen? Möglich macht das der einzigartige Umbau des Schnabels (siehe Kasten Seite 17): Nasenbein, Zwischenkieferknochen und Oberkieferbein, die

Regionale und populäre Namen der Bekassine Schnepfe (Schneppe, Schnippe, Schnepflein, Schnepfchen), Gemeine Schnepfe, Moos-, Moor-, Sumpf-, Bruch-, Ried-, Wasser-, Grasschnepfe, Gräser, Halbgräser, Heer-, Heerd-, Haar-, Herren- (Herr-), Fürstenschnepfe, Meckerschnepfe (-goiß, -vogel), Himmelsziege, Himmelsgais (-geiß), Habergeiß (-gäs,-gas, Häbbergois), Haberziege, Haberbock, Haberlämmchen, Moosgeiß, Donnerziege, -pferd, Kut-, Kätschnepfe, Kätsch, Hätscher, Schnerzl, Haarekenblatt, Houttergans, Storchenschwalbe, Bekasse, Vogel Casper, Kleine Pfuhlschnepfe, auch irreführende Namen wie Wasserhühnchen und Sumpfläufer (zusammengestellt aus: Naumann 1836, Jäckel 1891, Wüst 1981).

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Jahresvogel zusammen den Oberschnabel bilden und bei den meisten Vögeln ein mehr oder weniger massives Arbeitsgerät formen, sind nur an der äußersten Schnabelspitze miteinander verwachsen, wodurch sich die Knochen wie Gestänge gegeneinander verschieben lassen. Da im vorderen Schnabeldrittel der Zwischenkieferknochen oben nur noch ein dünner,

elastischer Stab ist, biegt sich die Schnabelspitze auf, wenn das untere „Gestänge“ nach vorne gepresst wird. Die ertastete Beute, die aus Würmern, Schnecken und Insekten, gelegentlich auch Sämereien und Beeren besteht, kann wie mit einem endoskop ergriffen und möglicherweise sogar bei im Boden steckendem Schnabel geschluckt werden.

Damit der Schnabel beim einstechen sich nicht verbiegt oder gar abbricht, sind die beweglichen Teile des Schnabels versteift oder so angeordnet, dass sie mit möglichst geringer Kraft eingesetzt werden können. Am Auffälligsten ist dabei die Verschiebung des Kiefergelenks vom Hinterkopf unter die Augen. Witzigerweise haben sich dabei auch die

Meisterwerk Schnabel Der Vogelschnabel ist ein vielseitiges Werkzeug. Da Vögel mit den Vordergliedmaßen fliegen, ersetzt er die Greifhände vierfüßiger Wirbeltiere. Gleichzeitig dient er zum Zerkleinern der Nahrung. Da ihm Zähne fehlen, ist er superleicht und verbessert das Flugvermögen. Durch zahllose Anpassungen ermöglicht er den Vögeln die Nutzung unterschiedlichster Nahrung. Wie bei anderen Wirbeltieren besteht er aus zahlreichen Knochen, die mehr oder weniger stark miteinander verwachsen oder verbunden sind (Abb. 1). Durch geschickte Hebelwirkungen lässt sich der Standardvogelschnabel öffnen. er ist nur oben über das Nasenbein mit dem Gehirnschädel verbunden (Abb. 1; schwarzer Pfeil). Das Kiefergelenk wird vom beweglichen Quadratbein gebildet, das über den Gaumenbogen (aus Flügelbein und Gaumenbein) und das Jochbein unten Kontakt mit dem Oberkieferbein hat. Zwei Muskeln, von denen einer direkt am Quadratbein und der andere am Gelenkbein des Unterkiefers ansetzt, können das Kiefergelenk vorwärts bewegen. Dies bewirkt, dass Gaumenbogen und Jochbein und somit auch das Oberkieferbein nach vorne gedrückt werden, wobei der Gaumenbogen an der Unterseite des Schädels entlang gleitet, sodass sich der Oberschnabel hebt und gleichzeitig der Unterschnabel senkt (Abb. 2). Der Schnepfenschnabel unterscheidet sich hiervon in mehreren Punkten: Am Auffälligsten ist die Verschiebung des Quadratbeins vom Hinterkopf unter die Augen und ganz nahe zur Mittelachse des Schnabels. Dadurch wird die Kräfteübertragung beim Stochern im Boden optimiert. Dem gleichen Zweck dient die Versteifung des Nasenbeins (7) durch einen kräftigen Knochenkamm. Allerdings lässt sich der Oberschnabel jetzt nicht mehr heben. Deshalb wurde die biegbare Stelle zum Zwischenkieferknochen (6) ins vordere Drittel des Schnabels verschoben (Abb. 3: schwarzer Pfeil). Der Oberkieferknochen (5) ist beiderseits nur noch eine dünne Stange und erst an der äußersten Schnabelspitze mit dem Zwischenkieferknochen verbunden; auch zum Nasenbein (7) hin existiert nur eine dünne, biegsame Querstrebe. Wird der Oberkieferknochen nun nach vorne gedrückt, verschiebt sich er sich gegen das Nasenbein und biegt den Zwischenkieferknochen an der elastischen Spitze hoch (Abb. 4). Auch die Muskulatur zum Öffnen des Schnabels wurde den veränderten Kräfteverhältnissen angepasst, was man etwa am langen Fortsatz des Gelenkbeins (9) erkennen kann, an welchem der Unterschnabelmuskel ansetzt; dadurch ergibt sich eine höhere Hebelwirkung auf den Unterschnabel und indirekt auf das Quadratbein, um die Spitze des im Boden eingestochenen Schnabels zu öffnen.

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Abb. 1 und 2: Standardschnabel (Mantelmöwe), Abb. 3 und 4: Schnepfenschnabel (Waldschnepfe) 1 = Quadratbein (Knochen zwischen Unterkiefer und „Oberkiefer“; in den Abbildungen blau markiert); 2 = Flügelbein; 3 = Gaumenbein; 4 = Jochbein; 5 = Oberkieferbein; 6 = Zwischenkieferknochen; 7 = Nasenbein (einzige Verbindung zum Gehirnschädel) mit biegbarer Stelle (Pfeil); 8 = Unterkiefer; 9 = Gelenkbein.


Durch die abgespreizten Schwanzfedern erzeugt die Bekassine im Balzflug ein meckern­des Geräusch. Foto: A. Hofmann. Usedom, 12.6.2008.

noch Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland gebrütet hat, kennt der Volksmund nur wenige Namen für sie wie Große Sumpfschnepfe, Große Bekassine, Großer Gräßer oder Große Moosschnepfe. Das Maß der Dinge war offensichtlich immer die weitaus häufigere Bekassine.

»»Sturz der Fürstenschnepfe

Ohröffnungen verschoben, die nun ebenfalls vorne unter den Augen liegen. Ob das nur Zufall ist oder auch funktionelle Gründe hat, konnte ich nicht in Erfahrung bringen; aber vielleicht hören Bekassinen „Regenwürmer husten“.

»»Flugbalz der Himmelsziege „Himmelsziege“ ist der wohl bekannteste Populärname der Bekassine, den es in zahllosen regionalen Varianten bis hin zum Meckervogel gibt. Hintergrund ist ihr meckernder Revier „gesang“, den sie jedoch nicht mit ihren Stimmbändern, sondern mithilfe der speziell geformten äußersten Schwanzfedern erzeugt. Im Sturzflug über dem Revier werden diese mit Muskelkraft abge­spreizt, sodass sie zu vibrieren beginnen und das meckernde Geräusch verursachen. Die Bekassine ist indes keineswegs stumm: Neben diesen Instrumentallauten erzeugt sie richtige Stimmtöne, die sich wie „Ticke ticke …“ anhören und auch sitzend von sich gegeben werden. Soweit bekannt, erzeugen auch fast alle anderen Gallinago-Schnepfen während der Flugbalz Geräusche mit den Schwanzfedern, immer aber artspezifisch, denn die Bekassine lebt in ihrem Verbreitungsgebiet keineswegs allein: Immerhin sechs weitere Gallinago-Arten (von insgesamt 16)

konkurrieren um Lebensräume und Weibchen. Damit die Arten sich nicht vermischen, hat die Evolution kräftig mit den Schwanzfedern gespielt: Diese unterscheiden sich in der Gesamtzahl, wurden teilweise stark vermehrt und sind in unterschiedlicher Weise modifiziert; auch die Zahl der modifizierten Federn variiert. Resultat ist ein unterschiedliches Gesumme und Gebrumme im Sturzflug, an dem sich die Schnepfen erkennen. Nur die Doppelschnepfe balzt nicht im Flug: Sie singt im Chor von bis zu zwanzig Männchen in einer Balzarena am Boden, die versuchen, mit twischernden, klickenden, trommelnden und wiehernden Lauten ein Weibchen zu beeindrucken. Doppelschnepfen verteidigen zudem sehr kleine Territorien. Obwohl die Art

Ab dem 18. Jahrhundert nahm die Bevölkerung massiv zu, da durch Bauernbefreiung und Wegfall des Zunftzwangs die Geburtenrate anstieg. Gleichzeitig nahm durch bessere Hygiene und Ernährung (Einführung der Kartoffel!) die Sterberate ab. Um die Nahrungsversorgung sicherzustellen, waren eine Produktionssteigerung der Landwirtschaft und eine Vergrößerung der Anbauflächen erforderlich. Die effektivere Landwirtschaft setzte jedoch auch Arbeitskräfte frei und förderte die industrielle Revolution im beginnenden 19. Jahrhundert. Die neuen Maschinen ließen umgekehrt Landveränderungen in immer größerem Maßstab zu, sodass sich Agrarrevolution und industrielle Revolution gegenseitig verstärkten und in eine Bevölkerungsexplosion mündeten, die Moore und Ödländer nur noch als ungenutzte Produktionsflächen sehen musste. Groß angelegte Fluss-

Der lange Sondierschnabel ermöglich Nahrungsfindung und -aufnahme in Boden, Schlamm oder Flachwasser; zum Greifen der Beute ist die Schnabelspitze beweglich. Foto: H. Glader. Mallorca, 4.4.2012. Der Falke 60, 2013

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Jahresvogel

begradigungen und Deichbauten sorgten dafür, dass die Bemühungen um „Melioration“ nicht vergeblich sein mussten. Als die gründliche avifaunistische Erforschung Deutschlands einsetzte, die erst Mitte der 1950er Jahre durch das Erscheinen der ersten deutschsprachigen, umfassend bebilderten Feldführer entscheidend vorangebracht wurde und 1968–1970 mit der Gründung des DDA auch einen Dachverband bekam, war die Fürs­tenschnepfe schon vom Thron gestürzt. Die Autoren des Kompendiums der Vögel Mitteleuropas schätzen, dass in den 1970er Jahren lokal schon 75 % des Ausgangsbestandes der Bekassine in Mitteleuropa verschwunden waren. Bis Anfang oder Mitte der 1990er Jahre verschwanden durch die Intensivierung der Landwirtschaft weitere 50 % oder mehr – und seitdem noch einmal mehr als die Hälfte. Haben Sie mitgerechnet? Weniger als 10 %, eher gegen 5 % der ursprünglichen

Bestände im 18. und 19. Jahrhundert sind übrig geblieben.

»»Am Boden: Die Meckerschnepfe Zahlen aus unterschiedlichen Landesteilen belegen diese Entwicklung: In Schleswig-Holstein gab es von 1970 bis 2000 einen Bestandseinbruch bei der Bekassine von über 90 %; ehemals 10 000 bis 15 000 Brutpaare waren auf 1200 geschrumpft. In Bayern wurde der Bestand in den 1960er Jahren noch auf 1800 bis 2700 Brutpaare geschätzt, in den 1970ern schon nur noch auf 1200 bis 1800 und heute auf 600 bis 900 Brutpaare. In Deutschland brüten derzeit nur noch 5500 bis 6700 Bekassinenpaare; vor zehn Jahren waren es noch 6200 bis 9800, Mitte der 1990er 12 000 bis 18 000. Rechnet man die Schätzungen des Kompendiums zurück, dann muss man von einem früheren Bestand von etwa 100 000 bis 150 000 Brutpaaren in Deutschland ausgehen.

Die Bekassine hätte also guten Grund, sich zu beschweren, denn ihr Lebensraum schwindet noch immer. „Es wird allerhöchste Zeit, die letzten Moore in Deutschland streng zu schützen – auch im Interesse des Klimaschutzes. Gleiches gilt für Feuchtwiesen. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass der Grundwasserspiegel abgesenkt und Flächen entwässert, Grünland umgepflügt, Ackerkulturen wie Mais für Biogasanlagen großflächig angebaut, Torf abgebaut und Wiesen aufgeforstet werden“, sagte NABU-Vizepräsident Helmut Opitz. Zu allem Überfluss werden nach Angaben des NABU in der Europäischen Union auf dem Zug und in den Winterquartieren jährlich mehr als 500 000 Bekassinen durch Schrotkugeln getötet. Ein furchtbarer Aderlass für eine Art, die in Deutschland als vom Aussterben bedroht gilt und auch in vielen anderen europäischen Ländern abnimmt. Der Lebensraumverlust betrifft neben der Bekassine auch viele andere Vogelarten, darunter nahe Verwandte wie den Großen Brachvogel oder die Uferschnepfe. Naturschützer fordern daher einen konsequenten Schutz für alle Arten der Feuchtwiesen und Moore. Doch muss man sich fragen, ob diese Maßnahmen nicht noch zu kurz greifen.

»»Vorbote der Klimakatastrophe Was bewirkten eigentlich die Melio­ rationen? Das Mikrorelief der Feuchtwiesen wurde eingeebnet, weshalb feuchte Senken und lückige Vegetation verschwanden. Drainagen entwässerten den Untergrund. In den ausgetrockneten Böden können die Bekassinen nicht mehr nach Nahrung stochern, da diese viel härter sind als feuchte Böden. Der Pflanzenwuchs im Grünland wird höher und dichter, sodass für die Bekassine und ihre Jungen kein Durchkommen mehr ist. Häufigere Mahden, mechanische Bearbeitung und Grünlandumbruch geben ihr den Rest. Kalte Füße sind für die Bekassine normal: Absteigende Blutgefäße geben nach dem Prinzip des Wärmetauschers ihre Wärme an aufsteigende Blutgefäße ab. Dadurch friert sie nicht, wenn sie in kaltem Wasser steht. Foto: T. Winger. Landkreis Karlsruhe, 21.5.2012.

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Die langschnäbelige Verwandtschaft Im „Handbuch der Vögel der Welt“ (HBW Vol. 3) werden 15 Bekassinen-Arten aufgeführt, doch werden mehrere Unterarten auch als eigene Art diskutiert: So kann man die Amerikanische Bekassine als Unterart Gallinago gallinago ssp. delicata unserer Bekassine oder als Semispezies G. [g.] delicata innerhalb der Superspezies Bekassine betrachten, zu der auch die südamerikanische Magellanbekassine G. [g.] paraguaiae (einschließlich Subspezies oder Semispezies andina = Punabekassine) und vielleicht auch die Afrikanische Bekassine G. nigripennis und die Madagaskarbekassine G. macrodactyla gehören. Daneben leben in der Paläarktis fünf weitere Gallinago-Arten (Doppelschnepfe G. media, Spießbekassine G. stenura, einsiedlerbekassine G. solitaria, Waldbekassine G. megala, Nepalbekassine G. nemoricola und Japanbekassine G. hardwickii) und in Südamerika fünf weitere, meist große Arten einschließlich der riesenbekassine (G. undulata), die schwerer als Wald- und Uferschnepfe ist. Letztere sind zwei Vertreter der Gattungen Scolopax (weltweit sechs Arten) und Limosa (vier Arten, holarktisch), deren Bauplan dem der Bekassine sehr ähnlich ist, dazu kommen noch die Gattungen Lymnocryptes (eine Art: Zwergschnepfe L. minutus, paläarktisch), Limnodromus (Schlammläufer: drei Arten, holarktisch) und Coenocorypha (zwei australisch/antarktische Inselarten). Da stellt sich die Frage, wie so viele ähnliche Arten nebeneinander existieren können, denn nach dem Konzept der „ökologischen Nische“, die weniger einen Ort als eine Funktion oder einen Beruf im Umweltgefüge darstellt, können nicht zwei Arten gleichzeitig die gleiche Nische besetzen; aufgrund der Konkurrenz würde eine Art verdrängt. Bei der Bekassine und ihren Verwandten sind mehrere Möglichkeiten realisiert:

Over-all-Mittelwert

Wie eng die Bekassine und ihre langschnäbeligen Verwandten miteinander verflochten sind, zeigt die Verteilung der Körpergrößen. Diese sind nicht zufällig und in jeder Gattung unabhängig verteilt, sondern quer durch die Gattungen immer in Gruppen etwa gleichgroßer Arten. Und die nächste Größenklasse ist ebenfalls kein Zufall: Sie ist immer etwa 60 % größer (gemessen am Körpergewicht) als die vorherige Gruppe: In europa reihen sich im Offenland aus vier Gattungen sechs Arten verschiedener Größenklassen hintereinander (siehe unten im Bild). In den Wäldern der Paläarktis ist unter der Waldschnepfe Scolopax rusticola noch Platz für die doppelschnepfengroße Nepalbekassine Gallinago nemoricola und die bekassinengroße Waldbekassine Gallinago megala. Insgesamt sind bei Gallinago vier Größenklassen realisiert: die Punabekassine in der Zwergschnepfen-Klasse, sechs Arten in der Bekassinen-Klasse, neun Arten in der Doppelschnepfenklasse und dann noch die riesenbekassine, die abweichend von der Größenregel etwa doppelt so groß ist wie die nächstkleinere Klasse; das liegt vielleicht daran, dass es in Südamerika keinen größeren Vertreter dieses Lebensformentyps gibt.

78 121 187

300

477

813 Gramm

sonstige Gattungen

• Auswandern = die gleiche Planstelle wird in einem anderen Land oder Kontinent besetzt (etwa die afrikanischen und amerikanischen Bekassinen oder die Inselarten); manchmal sind solche Planstellen von nicht verwandten Arten besetzt, dann spricht man von Stellenäquivalenz (etwa die CoenocoryphaArten). • Ausweichen = eine ähnliche Planstelle wird in einem anderen Lebensraum besetzt (etwa die zur Bekassine sympatrischen paläartischen Arten): So sind Waldbekassine und Nepalbekassine Waldbewohner, wo sie jedoch in Konkurrenz zu den stellenäquivalenten Waldschnepfen (Scolopax sp.) treten; Spießbekassine und Japanbekassine bewohnen trockenere Standorte, und die einsiedlerbekassine asiatische

Hochgebirge bis 5000 Meter über dem Meer; die ähnlichen Limosa- und Schlammläufer-Arten etwa bewohnen Tundra- oder Steppenlebensräume. • Aufteilen der Planstelle = Es ist ein Griff in die Trickkiste der evolution, dass bei ausreichendem Größenunterschied nahe verwandte Arten im gleichen Lebensraum koexistieren können (etwa die Doppelschnepfe); größere Schnepfen fressen größere Nahrung und erreichen sie in größeren Tiefen, was offensichtlich ausreicht, um die Konkurrenz so gering zu halten, dass sich die Arten nicht mehr gegenseitig verdrängen.

Scolopax Limosa Numenius Gallinago

Gewicht (g)

0

100

200

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400

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800

900

Gruppenmittelwert Die sechs Größenklassen der „Wiesenlimikolen” in Europa: die kleine Zwergschnepfe, die Bekassine, die größere Doppelschnepfe, die Uferschnepfe, der Regenbrachvogel und der Große Brachvogel (nicht genau maßstabsgetreu); in Deutschland sind offensichtlich nicht alle Planstellen besetzt!).

Der Falke 60, 2013

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Bestandsentwicklung der Bekassine Jahresvogel in Bayern

Gesamtgebiet

Langenauer Ried

Brutpaare

Schwäbisches Die Bestandsentwicklung der Bekassine in Leipheimer Moos Index [%] Donaumoos Gundelfinger Moos Bayern verlief ähnlich dramatisch wie in ganz 400 Mitteleuropa: Nach Daten des „Farmland-Bird40 350 Index Bayern“ verringerte sich ihr Bestand im 35 Zeitraum 1965–1995 um über drei Viertel (von 300 312 auf 67 Prozent). Seitdem ist eine leichte 30 Bestandserholung zu verzeichnen auf heute 250 25 knapp 100 Prozent, die im rahmen der ADe200 BAr-Kartierung (2005–2009) auf 600 bis 900 20 Brutpaare geschätzt – möglicherweise über150 15 schätzt – wurden. Jedenfalls ist die dargestellte 100 Zunahme nicht das ergebnis allgemein besse10 rer Lebensbedingungen, denn die Arealände50 5 rung gegenüber der Kartierung 1996–1999 beträgt unvermindert bestürzende minus 38 0 0 1963 1970 1972 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 Prozent. Vielmehr hat die Bekassine sich in 1962 1965 1971 Ab 1992 Kartierungsdaten der Ornithologischen Arbeitsgruppe Schwäbisches Donaumoos „Kernlebensräumen“ konzentriert, wo mithilfe aktiver Managementmaßnahmen eine positive Bestandsentwicklung der Bekassine seit den 1960er Jahren im Schwäbischen Donaumoos (rechte Skala: in Brutpaaren, Quelle: ARGE Donaumoos) und in ganz Bayern (linke Skala: entwicklung stattgefunden hat, soll sagen: Sie Bestandsindex in Prozent bezogen auf das Jahr 2000, Quelle: Farmland-Bird-Index Balebt fast nur noch in Schutzgebieten! yern, LfU, in Stickroth 2011). Dass mit gezieltem Management tatsächlich Großes für die Bekassine erreicht werden kann, zeigt die Arbeit der „ArGe Donaumoos“ im bayerisch- moorkörpers, um dessen typische Lebensgemeinschaften, deren schwäbischen Donautal, welche zur Zeit des Bestandstiefpunktes „Leitvogelart“ die Bekassine ist, zu erhalten. Bis 2010 konnte die gegründet wurde: Ganze neun Brutpaare wurden bei der ersten ArGe ihren „Wappenvogel“ wieder auf 39 Brutpaare aufpäppeln Bestandsaufnahme 1993 gefunden, bei der vorangegangenen und hat damit die Bestandsgröße der 1960er Jahre erreicht – Wiesenbrüterzählung sogar nur drei Brutpaare. Seit über zwan- eine tolle erfolgsstory. zig Jahren arbeiten dort kommunale Gebietskörperschaften, Landwirtschaft und Naturschutzverbände zusammen, um das Literatur: „Gesamtökologische Gutachten Donauried” Wirklichkeit wer- Mäck et al 2011: Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos e.V. – Geschäftsbericht „20 Jahre ArGe Donausmoos“. Leipheim-riedheim. den zu lassen. eckpfeiler hierbei sind die (Wieder-)Herstellung rödl T et al 2012: Atlas der Brutvögel in Bayern – Verbreitung 2005 bis eines ökologisch zuträglichen Wasserhaushalts, das Anstreben 2009. Ulmer, Stuttgart. einer extensiven, grünland geprägten Landwirtschaft außerhalb Stickroth H 2011: „Farmland-Bird-Index 2010“ für Bayern – Indikatorisch bedeutsame Vögel der Agrarlandschaft. Unveröff. Bericht, Augsburg. der Naturschutzkernbereiche und die reaktivierung des Nieder-

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Der Falke 60, 2013 Foto: M. Schäf. Offstein, 6.8.2005.

Itai Shanni

Für die Wiesenbrüter ist fatal, dass die sich abzeichnende Klimaerwärmung die Austrocknung der Böden verstärken wird. Für die Bekassine wird im Klimaatlas europäischer Brutvögel (2007) befürchtet, dass ihr europäisches Verbreitungsgebiet auf nur noch die Hälfte des derzeitigen Areals zusammenschmelzen könnte. Auch die Bestände in Deutschland dürften betroffen sein. ein ähnliches Schicksal wird ebenfalls für andere Wiesenbrüter und -vögel erwartet, wie Uferschnepfe, Großer Brachvogel, Kiebitz, Weißstorch, Wachtelkönig, Wiesenpieper und Braunkehlchen. Goldregenpfeifer, Kampfläufer, rotschenkel, Waldwasserläufer, Kranich und Tüpfelsumpfhuhn könnten sogar ganz aus Deutschland verschwinden. Die Klimaerwärmung macht natürlich auch nicht vor dem Menschen Halt und wirkt sich auf Land- und Forstwirtschaft sowie zahlreiche andere Bereiche aus (Wetter, Küstenschutz usw.).

‫ רועי‬:‫ע‬

M


Hinzu kommt, dass durch das Austrocknen der Moore und Feuchtgebiete klimaschädliche Gase aus den Böden entweichen und zu einem positiven Feedback führen können. Moore bedecken zwar nur drei Prozent der erde, speichern aber doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder weltweit. Deutschlands restbestände von Feuchtlebensräumen mögen dazu vielleicht nur einen unbedeutenden Teil beitragen, denkt man an die riesigen Moore in Taiga und Tundra, im Baltikum und in Sibirien sowie an die ganzen Permafrostregionen rund um den Globus, in denen die Klimaerwärmung voraussichtlich viel höher ausfallen wird als bei uns. Die Katastrophe betrifft nicht nur uns, sondern auch die zahllosen Wat- und Wasservögel, die dort leben und die uns als Zugvögel erreichen, im Wattenmeer oder in Feuchtgebieten des Binnenlands niedergehen, hier rasten oder überwintern. Wir können aber nicht von anderen verlangen, was wir nicht selbst bereit sind zu tun: die Moore und Feuchtgebiete schützen und (funktionsfähig!) erhalten. ‫ רועי‬:‫ | ביצוע‬6

» Den Teufelskreis durchbrechen es wäre jedoch falsch zu glauben, dass wir auf das, was in den Mooren russlands geschieht, keinen einfluss hätten. Haben nicht die Verbraucher auch das unsinnige e10-Vorhaben, für welches Biolebensmittel zu Autosprit verarbeitet wurden, ins Leere laufen lassen? Zum Schutz der Moore muss ebenfalls die Macht der Märkte mobilisiert werden: Nach Angaben des BUND werden in Deutschland derzeit jährlich ca. zehn Millionen Kubikmeter (!) Torf aus Mooren verbraucht. Sogar in Deutschland findet noch Torfabbau statt – hauptsächlich in Norddeutschland auf einer Fläche von rund 30 000 Hektar. Um aber den riesigen Bedarf an Torf zu befriedigen, kommt ein großer Teil der in Deutschland verwendeten Torfe aus den baltischen und russischen Hochmooren, wo die Moorzerstörung fortgesetzt wird – die klimaschädlichen Gase aus verrottendem Torf steigen aus Deutschlands Gärten auf! Millionen von Gartenbesitzern

Hermann Stickroth

6 ‫צד‬6 6 666‫במצדר‬66 | ‫צ”צ‬6666x6‫ צצ‬:‫ | גודל‬MacServer:billet:Merkaz Zaparut Yossi Leshem:Eilat Spring Advertisment:Eilat Spring Advertisment_GER_216x155.indd

Frühling in Eilat, der Inbegriff des Vogelzugs! Itai Shanni

haben also unmittelbaren einfluss, indem sie auf torfhaltige Blumenerde verzichten und sich solidarisch mit der Bekassine zeigen – entsprechend dem Motto von NABU und LBV: Gemeinsam „meckern“. Zur erhaltung der Moore und Feuchtgebiete in Deutschland sind Unterschutzstellung oder Ankauf von Flächen für den Naturschutz sowie deren fachkundige Betreuung und entwicklung (z. B. Wiedervernässung) wichtige Strategien, in denen sich Naturschutzverbände und behördlicher Naturschutz stark und teilweise mit erfolgen engagieren. In Bayern ist der Bekassinenbestand in der Fläche so dramatisch zusammengebrochen, dass aktuelle Zunahmen im Bestandsindex unmittelbar die erfolge in den Schutzgebieten widerspiegeln. Zudem ist es „ein sehr effizienter Beitrag zum Klimaschutz“, so LBV-Vorsitzender Ludwig Sothmann. Offensichtlich stärker als bei früheren Jahresvögeln bilden Bekassine und Mensch eine Schicksalsgemeinschaft.

Yoav Perlman

Das “Eilat Birds Festival” (Vogelfestival in Eilat) ist eine einwöchige Veranstaltung Angeboten werden vielfältige Vogelausflüge, Fotografie und Bestimmungs Kurse, Präsentationen und vieles mehr. Dies alles findet im Frühling, während der spektakulären Hauptmigrationszeit in süd- Israel statt. Das siebte “Eilat Birds Festival” wird in der Zeit vom 13ten bis 20sten März 2013 sein. Die Platzanzahl ist limitiert, bitte buchen sie daher rechtzeitig.

Für Vogelbeobachter, welche die Region selbst erkunden möchten, bieten wir gerne ein neues “Fly and Drive” (fliegen und fahren) Paket an Diese unabhängigen Pakete sind jederzeit, zwischen dem ersten März und dem 15ten Mai verfügbar und enthalten: Komfortable, Vogelbeobachter freundliche Unterkünfte (Sie wählen selbst aus drei verschiedenen Avi Meir Kategorien Ihre Hotels). Ein Mietwagen für die Dauer Ihres Aufenthalts. Optionen für freie, geführte Touren und Präsentationen am Abend. Ein informatives Willkommenspaket, inklusive Kontaktadressen, Checklisten und Informationen, um Ihre Tour so produktiv und eindrucksvoll wie möglich zu gestalten. Besuchen Sie uns und genießen Sie dieses Vogelbeobachtungsparadies. Gönnen Sie sich diese einmalige Erfahrung eines Vogelbeobachtungs- und Natur-Urlaubs der Extraklasse. Der Falke 60, 2013

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Mehr Informationen über das “Eilat Birds Festival” und die “Fly and Drive” Pakete finden Sie hier:www.eilatbirdsfestival.com Für Buchungen und genauere Informationen kontaktieren Sie: eilatbirdsfestival@gmail.com


Vogelschutz

Im freien Fall? Die europäischen Bestände des Baumpiepers sind seit 1980 um mehr als die Hälfte zusammengebrochen. Foto: H. Glader. Niederrhein, Mai 2011.

Alarmierend:

Europaweite Bestandstrends häufiger Brutvogelarten 2012

S

eit dem Jahr 2010 erscheint die alljährliche Übersicht „Population Trends of Common european Breeding Birds“ als praktisches Faltblatt. Der Bericht fasst die Aktivitäten des paneuropäischen Brutvogelmonitorings (PeCBMS) zusammen. Die Bestandstrends von 148 in europa häufigen Brutvogelarten für den Zeitraum von 1980 bis 2010 werden kurz und bündig dargestellt. Herausgeergänzende Informationen zu den “Population Trends of Common european Breeding Birds” erhalten Sie auf der Homepage des eBCC (www.ebcc.info ). Dort steht das Faltblatt auch zum Download bereit. In gedrucker Form können Sie das Faltblatt auch gegen einen frankierten DIN-A5-rückumschlag anfordern bei: redaktion Der FALKe AULA-Verlag GmbH Industriepark 3 56291 Wiebelsheim

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Der Falke 60, 2013

ber des Berichtes ist der european Bird Census Council (eBCC) in Zusammenarbeit mit der royal Society for the Protection of Birds, BirdLife International, der Czech Society for Ornithology und dem Bureau of Statistics of the Netherlands. Insgesamt 25 europäische Staaten steuerten Daten aus ihren nationalen Monitoringprogrammen für die Auswertungen bei. Mehr als 10 000 ehrenamtliche Kartierer beteiligten sich an den erfassungen. Aus Deutschland stellten Martin Flade, Johannes Schwarz und Sven Trautmann die Daten aus dem Monitoring häufiger Brutvögel des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten (DDA) bereit. Seit 1989 werden mit diesem erfassungsprogramm die Bestandsentwicklungen aller häufigen Brutvogelarten mithilfe standardisierter Methoden überwacht, um unter anderem Fragen wie „Wie entwickeln sich die Brutbestände weit verbreiteter, häufiger Vogelarten wie Amsel, Kohlmeise oder ringeltaube?” beantworten zu können. Seit 2004 finden


die erfassungen auf 1 x 1 km großen Probeflächen statt, auf denen zwischen März und Juni vier Begehungen entlang einer circa drei Kilometer langen route durchgeführt werden. Die ergebnisse des Programms werden jährlich im Bericht „Vögel in Deutschland” (Bezug über www.ddaweb.de ) fortgeschrieben und fließen auch in den Indikator „Artenvielfalt und Landschaftsqualität” der Bundesregierung (BfN) ein.

Christopher König

Indikatoren der häufigen Brutvogelarten Europas nach den Daten des paneuropäischen Brutvogelmonitorings. Der generelle Trend der Bestandsveränderungen hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. Während der Rückgang der Vögel der Agrarlandschaft anhält, sind die Bestände der Waldvogelarten stabil, wenngleich fluktuierend.

Die Bestände des Waldlaubsängers sind in Europa in den vergangenen dreißig Jahren Foto: L. ritzel. Fischerhude, Mai 2012. um rund 36 Prozent gesunken.

Individuen (geschätzt in Mio.)

80

Feldsperling Goldammer Dorngrasmücke

70 60 50 40 30 20 10 0 1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

Veränderung der Häufigkeit ausgewählter Vogelarten der Agrarlandschaft nach den Daten des paneuropäischen Brutvogelmonitorings. Einst besonders häufige Arten wie Feldsperling und Goldammer haben enorme Bestandsverluste erlitten und selbst Arten mit langfristig positiven Trends, wie die Dorngrasmücke, zeigen nur geringe Zunahmen.

140 120

+2%

100

Index (%)

Von den 148 in den “Population Trends of Common european Breeding Birds” behandelten Arten haben die Brutbestände über den Betrachtungszeitraum durchschnittlich um 14 % abgenommen. Zu den Verlierern gehören einmal mehr die Arten der Agrarlandschaft (siehe FALKe 2012, H. 8, S. 316–317). Der auf 37 Arten basierende europäische Agrarvogelindikator zeigt für den betrachteten Zeitraum eine Abnahme um 52 %. Stabil (+ 2 %) – wenngleich fluktuierend – zeigt sich der Verlauf des Indikators für häufige europäische Waldvogelarten, der sich auf die Trendentwicklung von insgesamt 33 Arten stützt. Doch auch hier gibt es einige Verlierer. Der europäische Bestand der Weidenmeise hat beispielsweise seit 1980 um 69 % abgenommen. Ganz ähnlich sieht es beim Wintergoldhähnchen aus: Hier ist ein rückgang um 51 % zu beklagen. Im langfristigen Trend (1980 bis 2010) sind auch die Waldlaubsängerbestände pro Jahr um mehr als 2 % gesunken, nur auf die letzten zwanzig Jahre bezogen sind es jährlich sogar knapp 3 %. Auch wenn es unter den Waldvogelarten – wie beim Gartenrotschwanz (+ 25 %) – auch steigende Bestände gibt, so sind die enormen Verluste bei einigen Arten alarmierend. Der rückgang der Vogelbestände beschränkt sich also nicht nur auf Arten der Agrarlandschaft, sondern ist habitatübergreifend in ganz europa zunehmend bemerkbar.

80

– 14 %

60 40 20 0

– 52 %

alle häufigen Arten Arten der Agrarlandschaft Arten der Wälder 1980

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2005

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Projekt

Vögel in Deutschland aktuell:

Herbst 2012 – Faszinierender Vogelzug mit Arten von nah und fern Spätestens, wenn die Blätter der Bäume sich bunt färben und vielerorts die ersten Züge der Gänse und Kraniche zu sehen sind, wird es allen bewusst: Der Herbst hat begonnen. Viele bedauern die fallenden Temperaturen und das ungemütliche Wetter und sehnen bereits den nächsten Sommer herbei. Anders die Vogelbeobachterinnen und Vogelbeobachter: Für sie ist der Herbst neben dem Frühjahr die vielleicht interessanteste Jahreszeit. Hunderte Millionen Zugvögel weichen den sich verschlechternden klimatischen Bedingungen aus und fliegen überall auf der Welt in Richtung ihrer Überwinterungsgebiete. Das Phänomen Vogelzug ist dabei im Herbst aufgrund der großen Zahl an Jungvögeln und des oft vorherrschenden Gegenwinds noch eindrucksvoller zu erleben als im Frühjahr. Hinzu kommt, dass sich unter den Massen der Durchzügler auch immer die eine oder andere Seltenheit versteckt. Der Herbst 2012 hatte in dieser Hinsicht manche Überraschung parat.

W

Summe gemeldeter Ind. / Dekade (in Millionen)

er sich mit der systematischen erfassung des Vogelzuges beschäftigt (siehe zum Beispiel Der FALKe 2011, H. 11), kam von Mitte September für gut vier Wochen aus dem Staunen und Schwärmen kaum heraus. Vor allem Buchfinken und ringeltauben sowie Blau- und Kohlmeisen, aber auch andere Arten waren so häufig, dass viele Stationsrekorde gebrochen wurden. Der Wegzug der ringeltaube kumulierte sehr deutlich in der zweiten Oktoberdekade, als in ornitho mehr als 1,4 Millionen Individuen gemeldet wurden. Vormittägliche Maxima betrugen an einzelnen Orten stellenweise mehr als 40 000 durchziehende ringeltauben. Von der letzten Septemberbis zur zweiten Oktoberdekade wurden zudem jeweils 1,6 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4

» Vogelzug so intensiv wie selten zuvor Dass dieses enorme Zuggeschehen auch andernorts festgestellt wurde, zeigen die ergebnisse im südschwedischen Falsterbo, wo seit 40 Jahren Zugvögel erfasst werden. Die in diesem Herbst dort festgestellten gut 280 000 Blaumeisen (mit einem unglaublichen Tagesmaximum von mehr als 80 000 Individuen) liegen um das 13-fache über dem langjährigen Mittelwert. Die fast 2,5 Millionen Buch- und Bergfinken stellen gegenüber dem Mittel eine Verdreifachung, die fast 500 000 ringeltauben immerhin eine Verdopplung dar (www.artportalen.se/birds/inventeringar/falsterbo_ str.asp?lang=eng) . Die genauen Ursachen für dieses intensive Zuggeschehen vieler häufiger Arten liegen bislang noch im Dunkeln. Doch auch bei den seltenen Gästen bot der Herbst 2012 Außergewöhnliches, wie die folgenden Beispiele zeigen.

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Jahreszeitliche Verteilung gemeldeter Ringeltauben in Deutschland und Luxemburg nach den Daten aus ornitho für das Jahr 2012 (Stand: 13.12.2012). Dargestellt ist die Individuensumme je Dekade (10-Tageszeitraum). Oft sind es wenige Massenzugtage, an denen Ringeltauben in Trupps von mehreren Hundert Individuen auftreten. Sie sind dann ein auffälliges Phänomen, vor allem in der westlichen Hälfte Deutschlands. Im Herbst werden besonders ziehende Vögel gemeldet, Doppelzählungen spielen deshalb eine untergeordnete Rolle.

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230 000 bis 300 000 Buchfinken gemeldet, Anfang und Mitte Oktober jeweils fast 10 000 Blaumeisen. In kleinen Gebieten des Binnenlandes zogen in nur wenigen Stunden stellenweise mehr als 1000 Blaumeisen. Dabei fand der Herbstzug vieler Arten gegenüber normalen Jahren um etwa ein bis zwei Wochen früher statt.

Der Falke 60, 2013

» Raubseeschwalbe – in ganz Deutschland ein seltener Durchzügler? Die raubseeschwalbe ist eine der seltensten Brutvogelarten in Deutschland. Ihr einziges, inzwischen nicht mehr alljährliches Brutvorkommen liegt bei rügen. In weiten Teilen Deutschlands, besonders im Binnenland, ist die größte europäische Seeschwalbenart mit dem imposanten, leuchtend roten Schnabel hingegen eine sehr seltene erscheinung. Vielen unbekannt dürfte deshalb sein,


Summe Ortsdekadenmax. [%; n = 1.698]

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Jahreszeitliches Auftreten der Raubseeschwalbe 2012 in Deutschland und Luxemburg nach den Daten aus ornitho. Bei den gemeldeten Individuen handelt es sich vorwiegend um rastende Vögel. Dargestellt ist die relative Verteilung der Individuen je Dekade (berechnet aus der Summe der Ortsmaxima je Dekade; Stand: 21.11.2012).

als separate biogeographische Populationen betrachtet. Der Bestand der Ostseepopulation wird auf gerade einmal 4500 bis 5300 Vögel geschätzt. Der Schwellenwert für Rastgebiete internationaler Bedeutung (1 %-Wert) liegt für diese Population damit bei nur 50 Individuen. Das verdeutlicht die herausragende Bedeutung des äußersten Nordostens Deutschlands für diese Population. Verteilung der Raubseeschwalben-Beobachtungen in Deutschland nach den Daten von ornitho. Abseits der bedeutenden Rastgebiete an der vorpommerschen Ostseeküste sind Raubseeschwalben sehr seltene Gäste. Dargestellt ist die Maximalzahl der gemeldeten Individuen je Ort seit dem 1.7.2011 (Stand: 21.11.2012).

dass es an der vorpommerschen Ostseeküste im Herbst zu international bedeutenden Rastansammlungen kommt. Die wichtigsten Rastgebiete mit Tagesmaxima von mitunter mehreren hundert Individuen finden sich im Raum Darß–Hiddensee–Rügen–Greifswalder  Bodden. Im Binnenland des nordöstlichen Mecklenburg-Vorpommerns machen Raubseeschwalben auf dem Wegzug an größeren Gewässern ebenfalls Zwischenstation; in den letzten Jahren war der Kummerower See das bedeutendste Rastgebiet. Im Gegensatz zu den unsteten Brutvorkommen haben die Rastbestände in den letzten Jahren zugenommen. Der Wegzug der Raubseeschwalben beginnt Anfang Juli und gipfelt in der zweiten Augusthälfte. Im September, spätestens bis Ende Oktober, verlassen die Vögel die Region in Richtung ihrer Überwinterungsquartiere am Mittelmeer und in Afrika. Ab Ende März, mit einem Höhepunkt um Mitte April, ziehen die Vögel zurück in die Brutgebiete. Die Rastgemeinschaften sind während des Heimzuges allerdings wesentlich kleiner als während des Wegzuges. Die bei uns rastenden und brütenden Raubseeschwalben gehören der Ostseepopulation an, die bisher mit den Brutvögeln Südosteuropas (Schwarzes Meer, Türkei) zu einer gemeinsamen biogeographischen Population zusammengefasst wurden. Die Auswertung tausender Ringablesungen und -funde verdeutlichte die vollständige Trennung der Brutvögel im Ostseeraum von jenen in Südosteuropa. Folgerichtig werden die Ostseevögel in der aktuellen Auflage der Waterbird Population Estimates

»»Gelbbrauen-Laubsänger – attraktiver Gast aus der Taiga Die Taigawälder zwischen Ochotskischem Meer und Ural sind das Brutgebiet der Gelbbrauen-Laubsänger. Jedes Jahr werden im Herbst auch in Westeuropa zahlreiche Individuen des kleinen Laubsängers entdeckt, obwohl die Hauptüberwinterungsgebiete in den Subtropen und Tropen Asiens liegen. Die meisten Feststellungen gelingen zwischen Mitte September und Mitte Oktober, meist in den Küstenregionen des nördlichen Europas. Erstaunlich wenige Nachweise erfolgen im europäischen Binnenland.

Der Gelbbrauen-Laubsänger ist an der Nordseeküste und vor allem auf Helgoland ein alljährlicher Herbstgast. Im Binnenland sind die Nachweise hingegen spärlich. Foto: L. Ritzel. Helgoland, Oktober 2009.

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Projekt

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Individuen / Tag (n = 110)

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Zeitliche Verteilung der in Deutschland im Herbst 2012 beobachteten Gelbbrauen-Laubsänger nach den Daten von ornitho unter Berücksichtigung der Daten der OAG Helgoland. Mehrfachmeldungen derselben Individuen an einzelnen Tagen wurde soweit möglich eliminiert.

Räumliche Verteilung der Gelbbrauen-Laubsänger-Nachweise im Herbst 2012 in Deutschland und Luxemburg nach den Daten von ornitho. Die starke Konzentration auf die Küste ist auch durch die – vor allem auf Helgoland – höhere Beobachterdichte und gezielte Nachsuchen bedingt. Im Binnenland werden sicherlich viele Vögel übersehen. Dargestellt ist die Summe aller gemeldeten Individuen je Ort (Mehrfachmeldungen deshalb enthalten).

Die Gründe für das alljährliche Auftreten von Hunderten von Gelbbrauen-Laubsängern in Westeuropa sind noch nicht endgültig geklärt. Als mögliche Ursache wird unter anderem eine genetisch fixierte, anhaltende Missorientierung der Vögel genannt. Auch wohin die bei uns durchziehenden Gelbbrauen-Laubsänger fliegen, ist bisher nicht bekannt. Bei den angesichts des recht zahlreichen Auftretens im Herbst erstaunlich wenigen Frühjahrsfeststellungen in Mitteleuropa dürfte es sich um zurückziehende, den Winter über in (Südwest-)europa gebliebene Vögel handeln. In diesem Jahr wurde der erste Gelbbrauen-Laubsänger sehr früh am 10.9. in Niedersachsen entdeckt. Gewöhnlich erscheinen die ersten Gelbbrauen-Laubsänger ab Mitte September, regelmäßig anzutreffen sind sie ab der dritten Septemberdekade. Bereits in der ersten Oktoberdekade wird im langjährigen Mittel das Maximum erreicht. Nach Mitte Oktober werden meist nur noch wenige Gelbbrauen-Laubsänger beobachtet. Anfang November klingt der Durchzug aus. Der Herbstzug 2012 zeigte ein vom langjährigen Muster etwas abweichendes Bild. er lässt sich in drei Phasen einteilen. Die erste Phase begann mit dem erscheinen des (nach ornitho und den Daten der OAG Helgoland) zweiten Gelbbrauen-Laubsängers am 22.9. auf Helgoland. Diesem folgten dort sowie an der deutschen Nordseeküste und auf der Ostseeinsel Greifswalder Oie rasch weitere. Am 26.9. wurde mit zehn Individuen ein erstes Maximum erreicht. Am 28.9. endete mit einer Tagessumme von mindestens 24

Der Falke 60, 2013

fünf Vögeln die erste Phase. Diese fällt in eine Periode mit Winden aus östlicher richtung. Schon Heinrich Gätke war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf Helgoland aufgefallen, dass östlicher, besonders südöstlicher Wind und warmes, sonniges Wetter die „von diesem Vögelchen geliebte reisegelegenheit“ bieten. Um die Monatswende wurden nur noch maximal ein bis zwei Gelbbrauen-Laubsänger pro Tag gemeldet. Dies änderte sich am 6. Oktober: Insgesamt sieben Individuen wurden an verschiedenen Stellen entlang der Nordseeküste und vor allem auf Helgoland gesichtet. Nachdem diese jedoch offensichtlich über Nacht bereits weitergezogen waren und es am folgenden Tag nur drei Beobachtungen gab, wurde am 8.10. noch einmal mit zehn GelbbrauenLaubsängern (davon drei auf Helgoland) der Maximalwert dieses Herbstes erreicht. Anschließend gingen die Beobachtungen rasch bis Mitte des Monats zurück. Am 15./16.10. wurden keine Gelbbrauen-Laubsänger gemeldet. Diese Phase ließ sich nicht mit klimatischen ereignissen in Verbindung bringen. Ab dem 18.10. gelangten in breitem Strom warme Luftmassen von Süden nach Mitteleuropa, in der deutschen Bucht drehten die Winde zudem auf eine östlichere richtung. Diese guten Bedingungen begünstigten vermutlich eine dritte und letzte stärkere Ankunft von GelbbrauenLaubsängern mit Tagessummen von fünf Individuen am 19. und 20. Oktober. Mit den anschließend rapide fallenden Temperaturen gab es nur noch einzelne Beobachtungen auf Helgoland. Am 1.11. wurde der letzte GelbbrauenLaubsänger dieses Herbstes beobachtet. Mindestens sieben Nachweise (etwa sechs Prozent) gab es auch aus dem Binnenland. Das Verhältnis Küste zu Binnenland entsprach damit 2012 fast exakt dem langjährigen Mittel.

» Raritätenkabinett östlicher Herkunft* ebenso wie das Frühjahr ist der Herbst eine „seltenheitenträchtige“ Jahreszeit. Der Herbst enttäuschte in dieser Hinsicht nicht – im Gegenteil, er war einer der abwechs* Die Prüfung durch die jeweiligen Avifaunistischen Kommissionen steht für alle hier erwähnten Nachweise dokumentationspflichtiger Arten noch aus (gilt auch für den Gelbbrauen-Laubsänger). Die Angaben haben deshalb vorläufigen Charakter.


lungsreichsten der letzten Jahre. Der folgende Überblick erhebt aufgrund der in diesem Jahr besonders zahlreichen interessanten entdeckungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr soll so manche außergewöhnliche entdeckung genauer erläutert und ein eindruck von der Vielzahl und der Spanne der Irrgäste aus verschiedenen erdteilen gegeben werden. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die entdeckung einer Zwergtrappe in der Wedeler Marsch bei Hamburg am 30. September. Bis ins 19. Jahrhundert noch Brutvogel in Mitteleuropa, sind Nachweise der Art in unserem raum heute extreme Ausnahmen. Die letzte anerkannte Meldung stammt von einer rupfung aus dem Januar 2004 auf der Greifswalder Oie. In diesem Herbst gab es neben der Wedeler Zwergtrappe auch zwei Artgenossen in Polen sowie je einen in Finnland und Ungarn, so dass eine Herkunft aus dem russischen Verbreitungsgebiet, wo die Art als ausgesprochener Zugvogel gilt, wahrscheinlich ist. Insgesamt besuchten bis zum 21.10. mehr als 500 Beobachter die Carl-Zeiss-Vogelstation in der Wedeler Marsch, von wo aus der Vogel meist am besten zu sehen war. In den Herbstmonaten gelangten mit den Ausläufern von Hurrikanen regelmäßig Brutvögel Nordamerikas nach europa. Der Herbst 2012 zeichnete sich vor allem im Westen europas durch einen außergewöhnlichen einflug amerikanischer Limikolenarten aus. So wurden unter anderem über 100 Graubrust-Strandläufer und mehrere Dutzend Grasläufer in Großbritannien entdeckt. In Deutschland spiegelte sich dieser einflug nach den vorliegenden Daten kaum wieder. eher im Gegenteil: Nur zwei der mindestens elf Nachweise des Graubrust-Strandläufers stammen von der Nordseeküste. Die übrigen wurden im Binnenland entdeckt, vorwiegend im Süden und Osten.

Eine Zwergtrappe lockte im Laufe des Oktobers zahlreiche Beobachter in die Wedeler Marsch bei Hamburg. Foto: T. Demuth. Wedel, Oktober 2012.

Das spricht eher gegen eine nordamerikanische Herkunft und stützt vielmehr die bereits geäußerte Vermutung, dass die bei uns auftretenden Graubrust-Strandläufer überwiegend aus Sibirien stammen. Nach der entdeckung des in Deutschland bislang nur wenige Male nachgewiesenen Drosseluferläufers im Juli in Bayern, gelang ein weiterer Nachweis in den letzten

Ein Gänsegeier auf Reisen in Norddeutschland Die fallenden Temperaturen und das oft unbeständige Wetter in den Herbstmonaten sind eigentlich keine guten Bedingungen für Thermikflieger. Mindestens ein Gänsegeier verbrachte diese Zeit trotzdem an Nord- und Ostsee. Auch wenn es sich trotz zahlreicher Fotos nicht sicher klären lässt, ob die Sichtungen zwischen Anfang August und Mitte November wirklich immer denselben Vogel betrafen, so lässt die zeitliche Abfolge und die räumliche Anordnung der Beobachtungen von West nach Ost dies zumindest vermuten. Am 5. August trauten Bewohner der Nordseeinsel Langeoog kaum ihren Augen, als am Nachmittag ein Gänsegeier von Westen angeflogen kam und auf dem Funkmast landete. Am folgenden Tag wurden dann sogar zeitgleich zwei verschiedene Gänsegeier auf den benachbarten Inseln Langeoog und Baltrum beobachtet, von denen zumindest der erstgenannte noch bis zum 7.8. blieb. Am Folgetag wurde dann ein Gänsegeier auf der östlich benachbarten Insel Spiekeroog fotografiert, bei dem es sich sicherlich um einen der beiden ostfriesischen Geier gehandelt hat. Dessen östliche route lässt vermuten, dass die Sichtung eines am 10.8. an der Küste bei Horumersiel auf einer Wiese rastenden Gänsegeiers ebenfalls diesen Vogel betraf. es ging von da aus weiter in den Großraum Cuxhaven, wo zwischen dem 12. und 20.8. an verschiedenen Stellen ein Gänsegeier beobachtet wurde. Dessen Weg führte aber vermutlich noch weiter nach Osten, denn die Nacht vom 21. auf den 22.8. verbrachte ein Gänsegeier auf einem Hausdach nördlich von Hamburg. Bereits am folgenden Tag wurde dann ein Gänsegeier von der Ostseeküste bei Wismar gemeldet, wo er vier Tage blieb. Ab September wurden Gänse-

Gänsegeier-Beobachtungen in Norddeutschland von August bis November 2012 nach den Meldungen über ornitho. Aufgrund der zeitlichen Abfolge der Beobachtungen von West nach Ost wird vermutet, dass es sich stets um denselben Vogel gehandelt hat. Die Farbgebung von Gelb (5.8.) nach Rot (15.11.) gibt den zeitlichen Verlauf der Beobachtungen wider.

geier-Sichtungen seltener und teilweise nur noch über Artikel in Tageszeitungen unter den Vogelbeobachtern bekannt. So konnte in der ersten Septemberwoche ein Gänsegeier im raum Stralsund entdeckt werden, von wo es ihn offenbar auf die Insel rügen zog. Dort wurde ab dem 27.9. mehrfach ein Gänsegeier beobachtet und von Inhabern eines Wildgeheges mit Fleisch gefüttert. Die lange reise des mächtigen Vogels nahm schließlich leider ein trauriges ende: Am 15.11. wurden die sterblichen Überreste des Gänsegeiers unter einem Strommast am rande des Nationalparks Jasmund gefunden.


Projekt

50 Summe Ortsdekadenmax. [%; n = 79]

Septembertagen in Sachsen. Ob es sich dabei um den bayerischen Vogel gehandelt hat oder der Drosseluferläufer frisch aus Amerika ins deutsche Binnenland verdriftet wurde, lässt sich wohl nicht klären. Ähnlich selten ist in Deutschland der Prärie-Goldregenpfeifer, das nordamerikanische Pendant zu „unserem“ Goldregenpfeifer. Je einer wurde am 31.8. auf rügen und am 19.9. an der schleswigholsteinischen Westküste entdeckt. Falkenraubmöwen brüten in der Arktis und treten alljährlich vor allem im Herbst in der Nordsee sowie an der Nordseeküsten in geringer Zahl auf. In der dritten August- und ersten Septemberdekade kam es in diesem Jahr zu einem verstärkten Auftreten. Ungewöhnlich zahlreich erschienen die eleganten raubmöwen dabei auch in der Ostsee und weit im Binnenland, wo sie sich teilweise über mehrere Tage an größeren Seen aufhielten. Die meisten Falkenraubmöwen wurden als Diesjährige bestimmt, sodass ein guter Bruterfolg die Ursache für das überdurchschnittliche Auftreten gewesen sein könnte. Mit Tauben verbindet man in der regel keine seltenen Irrgäste, doch gibt es auch in dieser Vogelfamilie einige Vertreter, die hin und wieder als Ausnahmeerscheinungen in europa auftauchen. Neben der noch selteneren amerikanischen Carolinataube ist dies vor allem die aus Sibirien und Mittelasien stammende Orientturteltaube. Bisher sind weniger als fünf Vertreter dieser Art in Deutschland festgestellt worden. Seit 1977 gelang nur der Nachweis eines Vogels mit zweifelhafter Herkunft im Jahr 2000. Um so überraschender war am 28.10. die entdeckung eines Vogels unter Türkentauben im hessischen Wabern. In der Umgebung einer Schweinemastanlage blieb der Vogel zur

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Auftreten der Falkenraubmöwe in Deutschland 2012 nach den Daten von ornitho (Stand: 6.12.2012). Dargestellt ist die relative Verteilung der Individuen je Dekade (10-Tageszeitraum; berechnet aus der Summe der Ortsmaxima je Dekade).

Freude zahlreicher Beobachter über mehrere Wochen und war sogar im Dezember noch anwesend. Helgolands isolierte Lage in der Deutschen Bucht und die im Herbst sehr hohe Beobachterdichte sind Garanten für zahlreiche Nachweise seltener Arten. Der Herbst war jedoch auch in dieser Hinsicht besonders. So konnten im Oktober Isabellwürger, gleich mehrere Bart- und mindestens ein Dunkellaubsänger, Buschspötter, rosenstar, Schwarzkehldrossel sowie etwa fünf Waldpieper und mehrere Zwergammern entdeckt werden. Angesichts des recht zahlreichen Auftretens (weit) östlicher Brutvögel erstaunt es etwas, dass nur ein Goldhähnchen-Laubsänger

Die Überwinterungsgebiete der Falkenraubmöwe liegen im südlichen Atlantik und Pazifik. In Deutschland ist die Art fast ausschließlich im Herbst, selten aber regelmäßig als Durchzügler an der Nordsee anzutreffen. In diesem Jahr wurden besonders viele Individuen auch weit im Binnenland beobachtet. Foto: r. Martin. Bodensee, September 2012.

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Der Falke 60, 2013


Kranichzug über Europa „live“ bei ornitho Im März 2012 berichteten wir kurz nach dem Start von ornitho. de und ornitho.lu in Der FALKe über erste faszinierende einblicke in das aktuelle vogelkundliche Geschehen durch das neue Internetportal. Dabei ließen sich zwei Massenzugereignisse, an denen mehrere 10 000 Kraniche von den großen rastplätzen in Norddeutschland in richtung Frankreich aufbrachen, sehr anschaulich anhand der über das Portal gewonnenen Daten darstellen. Auch in diesem Herbst ließ sich der Durchzug der Kraniche wieder gut mitverfolgen. Welche Möglichkeiten die länderübergreifende Nutzung von ornitho-Portalen bietet, zeigt das Beispiel des Zugwegs einer Kranichgruppe ende Oktober. Im Oberallgäu südwestlich von Kempten wurde nach den Daten von ornitho.de bei Zugbeobachtungen am 21.10. um 9.15 Uhr ein Trupp von elf Kranichen beim Durchzug in südwestlicher richtung beobachtet. Sogar das Alter der Vögel (neun Alt- mit zwei Jungvögeln) konnte dabei bestimmt werden. Genau 3,5 Stunden später wurde derselbe Trupp um 12.45 Uhr in der Schweiz über Gunzwil-Waldi nordwestlich von Luzern weiter in richtung Südwesten ziehend gesichtet und über ornitho.ch gemeldet. Über die dort vorhandenen Kranichmeldungen dieses Tages lässt sich der Weg sogar noch weiter verfolgen: Sieben Minuten später konnte der Trupp auf Helgoland entdeckt und ein weiterer auf Oland gefangen wurde. Seit den 1990er Jahren sind fünf oder mehr Nachweise eher die regel als die Ausnahme. Der außergewöhnlichste Vogel des Herbstes hatte vermutlich auch den weitesten Weg hinter sich: Am 16.10. wurde ebenfalls auf Helgoland ein Kronenlaubsänger entdeckt. es handelt sich dabei erst um den siebten Nachweis für die Westpaläarktis und nach einem Vogel im Jahr 1843, der für mehr als 150 Jahre die einzige Feststellung in europa blieb, um den zweiten Nachweis für Helgoland und Deutschland. Das Brutgebiet dieser Art liegt an der Pazifikküste Ostasiens. Abseits von Helgoland war ein Isabellsteinschmätzer, der sich vom 14. bis 20.10. auf Spiekeroog aufhielt, eine der herausragenden entdeckungen des Herbstes. Dieser Vogel stellt den fünften deutschen Nachweis seit der erstbeobachtung im Jahr 1997 dar. Nur wenig häufiger ist der Nonnensteinschmätzer, von dem Mitte Oktober ein Jungvogel bei Bremerhaven entdeckt wurde. Mehrere Spornpieper-Beobachtungen, zahlreiche davon in Süddeutschland, runden diese Zusammenstellung seltener Arten in diesem Herbst ab.

» Machen Sie mit! Der Herbst 2012 wird vielen Vogelkundlern sicher noch lange in erinnerung bleiben. Doch jede Jahreszeit hält Überraschungen in der Vogelwelt bereit. Sind es vielleicht keine seltenen Gäste aus Fernost, so erfreuen dennoch Bergfinken und zahlreiche andere Wintergäste das Bild beim Blick aus dem Fenster. einen maßgeblichen einfluss auf die entwicklungen in der Vogelwelt wird die Witterung haben. Noch kann man nicht voraussehen, ob ein harter Winter ausgesprochen viele Wintergäste aus Nordost in unsere Breiten ausweichen lässt oder ob es aufgrund eines milden Winters zu vielen Überwinterungen von Singdrossel, Mönchsgrasmücke oder Hausrotschwanz kommt. einige Beobachter, besonders in Norddeutschland, hatten bereits das Glück, Seidenschwänze zu beobachten. Im April-Heft mit der nächsten Ausgabe der rubrik „Vögel in Deutschland aktuell“ werden wir in einem rückblick

über dem sechs Kilometer entfernten Ort Sursee erneut beobachtet werden. Um 14.20 Uhr passierte die Gruppe die Stadt Bern und konnte letztmalig, dann bereits über französischem Terrain, gegen 17.00 Uhr an der rhone am Fort de l’Écluse entdeckt werden. Die anhand der Daten der ornitho-Portale nachvollziehbare Mindestzugstrecke dieses Kranichtrupps beträgt circa 375 km, die Fluggeschwindigkeit über 48 km/h. ein schönes Beispiel, welch spannende erkenntnisse die systematische Sammlung von Zufallsbeobachtungen erbringen kann.

Das schlammige Ufer eines Teiches in Sachsen gefiel einem nordamerikanischen Drosseluferläufer offensichtlich so gut, dass er ab Ende September für rund drei Wochen dort Rast machte. Foto: O. Krome. Lommatzsch, Oktober 2012.

auf den Winter 2012/2013 auch über deren Auftreten berichten. Machen Sie mit und tragen Sie durch die Meldung Ihrer Beobachtungen auf ornitho dazu bei, das Bild über das Auftreten und die Verbreitung der Vogelarten in Deutschland im Winter zu vervollständigen! christopher König, Stefan Stübing, Johannes Wahl

Literatur zum Thema: Barthel PH 2004: Was avifaunistische Daten seltener Vogelarten aussagen können. Limicola 18: 185–202. DAK 2012: Seltene Vogelarten in Deutschland 2010. Seltene Vögel in Deutschland 2010: 10–49. Dierschke J, DierschkeV, Hüppop K, Hüppop O, Jachmann KF 2011: Die Vogelwelt der Insel Helgoland. OAG Helgoland, Helgoland. eichstädt W, Sellin D 2011: Zum Vorkommen der raubseeschwalbe im Nordosten Deutschlands. DDA-Monitoring-rundbrief 1/2011: 24–26. Krüger T, Dierschke J 2004: Das Vorkommen des GelbbrauenLaubsängers Phylloscopus inornatus in Deutschland. Vogelwelt 125: 41–52.

Wetlands International 2012: Waterbird Population estimates 5. http://wpe.wetlands.org, aufgerufen am 12.12.2012.

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Vogelschutz

Millionenfacher Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz:

Vögel fliehen in Massen vor Feuerwerken Was man bislang nur vermutet hatte, lässt sich nun belegen: Die mitternächtliche Silvesterknallerei ist für Vögel ein Schockerlebnis. In den Niederlanden konnten Wissenschaftler unter Anwendung einer neuen Methode mittels Wetterradar quasi in Echtzeit beobachten, wie in den Silvesternächten 2007/2008 bis 2009/2010 nach Einsetzen des Feuerwerks aufgeschreckte Vögel in Schockwellen vor der Knallerei flohen.

N

ächtliche Vogelaktivität ist nur schwer zu erfassen. Schon länger wird hierfür radar eingesetzt, sowohl im rahmen der Vogelzugforschung als auch zunehmend für Vogelschlagprognosen in der Flugsicherheit. Der einsatz eines speziellen Vogelradars (zum Beispiel vom Typ „Superfledermaus“) ist jedoch sehr teuer und nur wenigen Spezialisten wie etwa den Mitarbeitern der Vogelwarten vorbehalten. Attraktiv ist daher die Zweitnutzung von radardaten, die ohnehin erhoben werden. In einem länderübergreifenden Forschungsprojekt der meteorologischen Institute der Niederlande, Belgiens

und Frankreichs mit der Schweizerischen Vogelwarte Sempach wurde nun eine vollautomatische Methode entwickelt, um aus den Daten eines arbeitenden Wetterradars (dopplerisierte C-Band-Geräte, wie sie auch vom Deutschen Wetterdienst eingesetzt werden) die Höhe, Dichte, Geschwindigkeit und richtung des Vogelzuges darzustellen. Die modernen radargeräte erkennen aufgrund der reflexionsmuster die verschiedenen Zustände des kondensierten Wassers in der Atmosphäre (sogenannte Hydrometeore: regentropfen, Hagelkörner, Schneeflocken usw.), nehmen aber auch feste Bestandteile in der Luft (Aerosole, Vögel)

wahr. Durch den parallelen einsatz eines speziellen Vogelradars vom Typ „Superfledermaus“ konnten die spezifischen reflexionsmuster ziehender Vögel identifiziert und aus dem Gesamtecho herausgefiltert werden. Da die ergebnisse beider radare eng miteinander korrespondieren, können nun die spezifischen Vogelreflexionen des Wetterradars in Vogeldichte (Vögel pro Quadratkilometer) umgerechnet werden.

» Lebensbedrohliche Störungen Diese Methode wurde in den Silvesternächten 2007/2008 bis 2009/2010 im niederländischen De Bilt ange-

Über die Wirkung von Feuerwerken auf die Vogelwelt ist bislang nur wenig bekannt – ihr Schadpotential wurde bislang anscheinend unterschätzt. Foto: H.-J. Fünfstück. Garmisch-Partenkirchen, 7.2.2011.

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Quelle: J. Shamoun-Baranes u. a.

radar ist die Abkürzung für „radio Detecting And ranging“ = erkennung und entfernungsbestimmung mit radiowellen. Durch das Aussenden gepulster elektromagnetischer Strahlung und die Analyse zurückgestreuter Signale werden ähnlich wie beim echolot Intensitäten, entfernungen sowie richtungen von Zielobjekten bestimmt. Die verwendete Wellenlänge der Strahlung ist von der Aufgabenstellung abhängig. ein Wetterradar verwendet das C-Band, was für eine Wellenlänge von circa fünf Zentimetern steht (zum Vergleich: UKW-radiowellen sind circa drei Meter lang). Quelle: Kleines ABC der Radar-Meteorologie http://radar-info.fzk.de/abc.html

Kohlmeise im Nistkasten in der Silvesternacht (links). Durch die einsetzende Knallerei schreckt sie auf und drückt sich verängstigt in eine Ecke (rechts). Das Originalvideo auf www.youtube.com/watch?v=fDnoiU4PXtE zeigt, wie sie bei lauten Böllern zusammenzuckt Video: B. Feldner. Silvesternacht 2007/2008. oder verschreckt hin und her hüpft. Dec 30 12000

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Vogelflugbewegungen im Radarbereich von De Bilt/NL zum Jahreswechsel 2007/2008 (A/ grün), 2008/2009 (B/blau) und 2009/2010 (C/rot). Die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang ist grau hinterlegt; Abbildung D und E umfassen die Zeit von 23:00 bis 2:00 in der Silvesternacht 2008/2009. VIR = Vertikale Integrierte Reflektivität.

Stichwort: Radar

Höhe über Grund [km]

wandt. Die ergebnisse der jeweils viertägigen Untersuchungen zeigen in den Nächten vorher und nachher nur geringe Vogelaktivitäten, die in typischer Weise in der ersten Nachthälfte abklingen und erst am Morgen wieder ansteigen. In der Silvesternacht wird die Nachtruhe der Vögel, die noch um 0.00 Uhr ahnungslos an ihren Schlafplätzen sitzen, jäh unterbrochen: Innerhalb weniger Minuten explodiert die Dichte der Vögel im Luftraum. Tausende von Vögeln schrecken von ihren Schlafplätzen auf und steigen in Massen auch in große Höhen auf. Der Dichte-Spitzenwert von bis 100 000 cm2/km2 entspricht 666/2000/9090 Vögeln pro Quadratkilometer für die Größenklassen Gans/ente/Kleinvogel und liegt bei 500 Metern über dem Grund. es dauert etwa eine Dreiviertelstunde, bis allmählich wieder ruhe einkehrt. Die aus den Daten erstellte Grafik macht jedoch deutlich, dass noch lange nach Mitternacht in Höhen bis fast 1000 m über dem Grund eine erhöhte Aktivität zu verzeichnen ist. In einigen Fällen war klar zu erkennen, dass die aufgeschreckten Vögel dicht besiedeltes Gebiet (also mit viel Feuerwerk!) sogar ganz verließen. Im niederländischen Untersuchungsgebiet zeigten sich die stärksten Fluchtreaktionen an Gewässern und in Feuchtgebieten, wo es auch zahlreiche Schutzgebiete (u. a. Natura 2000-Gebiete) gibt. Dieses Schreckensszenario war kein einmaliges ereignis, sondern wiederholte sich in der Studie Jahr für Jahr in ähnlicher Weise an Silvester. In den Jahren 2007/2008 und 2008/2009 ergaben die Aufzeichnungen jeweils eine Doppelspitze der Fluchtbewegungen, die die Autoren mit der „Champagner-Pause“ in Verbindung bringen, nach der es noch einmal richtig losgeht. Für die aufgeschreckten Vögel ist dies indes kein Spaß. Sie steigen in viel größere Höhen auf, als sie es für ihre täglichen Pendelflüge (meist unter 100 Meter) normalerweise tun. Das

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Vogelschutz

Fliegende Stare bei Nacht - ihr sensibles Orientierungssystem kann durch nächtliche ­Beleuchtung, Lasershows oder Feuerwerke gestört werden. Foto: K. Gauger. Nordsee (Niedersachsen, offshore, Oktober 2009.

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C Vogeldichte [Vögel pro km2]

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Höhe über Grund [km]

Höhe über Grund [km]

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verbringen, einen neuen Rastplatz zu suchen. All dies verschlechtert ihre Kondition und kann die Vögel im Extremfall in eine lebensbedrohliche Notlage bringen. Natürlich können

Vogeldichte [Vögel pro km3]

kostet sie unnötigerweise Energie, die sie im Winter viel dringender zum Überleben bräuchten. Es kostet sie auch Schlaf und Zeit zum Ausruhen und Fressen, welche sie nun damit

0 02.10.2007

03.10.2007

04.10.2007

05.10.2007

06.10.2007

Zeit Vergleich der Höhen-Profile der von Vögeln verursachten Reflexionen (Reflektivität Z, logarithmisch dargestellt in dBZ; dB = Dezibel), wie sie durch (a) Vogelradar und (b) Wetterradar ermittelt wurden. (c) zeigt die daraus berechneten Vogeldichten in den verschiedenen Höhenbändern für Wetterradar (rot) und Vogelradar (blau). Die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang ist grau hinterlegt. Die Fähnchen in (c) zeigen Richtung und Stärke des Windes in der jeweiligen Höhe an (jede Halbfahne steht für 10 km/h, jede ganze Fahne für 20 km/h). Quelle: A. M. Dokter u. a.

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Der Falke 60, 2013

sie auch die Orientierung verlieren, durch die Feuerwerke geblendet und durch Feuerwerksrauch in ihrer Sicht behindert werden, sodass sie an Hindernisse fliegen. Die Silvesterknallerei ist also für Vögel nachweislich eine erhebliche, mitunter lebensbedrohliche Störung. Das Bundesnaturschutzgesetz sagt dazu in § 39 Abs. 1: „Es ist verboten, [1.] wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen“. Was ist daraus zu schlussfolgern? Es gibt wohl niemanden, der dieses Verbot in Bezug auf Feuerwerke konsequent durchsetzen wird. Aber wer kann, sollte auf das Silvesterfeuerwerk verzichten. Im Umfeld von Gewässern, Feuchtgebieten und Schutzgebieten, wo es häufig winterliche Ansammlungen von Vögeln gibt, oder an Massenschlafplätzen der Saatkrähe wären jedoch kommunale Ordnungsmaßnahmen denkbar. Aber auch die Meise in Ihrer Nachbarschaft verbringt bange Minuten während Jahreswechsels, wie die Silvester-Aufzeichnung aus einem Nistkasten zeigt: www.youtube. com/watch?v=fDnoiU4PXtE – das sollten Sie gesehen haben! – der nächste Jahreswechsel kommt bestimmt. Feuerwerke sind nicht nur zum Jahresende beliebt: Auch bei sportlichen Großveranstaltungen, Jubiläen, Hochzeiten und anderen Ereignissen sollte man sich überlegen, welche Auswirkungen die nächtliche Knallerei mit sich bringen kann. Zur Brutzeit durchgeführte Feuerwerke an oder über Gewässern, bei denen die Spiegelung im Wasser für das Publikum einen Zusatzeffekt liefert, könnten möglicherweise den Bruterfolg schmälern. Weitere Untersuchungen wären wünschenswert. Hermann Stickroth

Informationen zum Thema: Dokter AM, Liechti F, Stark H, Delobbe L, Tabary P, Holleman I 2011: Bird migration flight altitudes studied by a network of operational weather radars. J. R. Soc. Interface 8: 30-43. Shamoun-Baranes J, Dokter AM, van Gasteren H, van Loon E, Leijnse H, Bouten W 2011: Birds flee en mass from New Year’s Eve fireworks. Behav. Ecol. 22: 1173–1177. http://horizon.science.uva.nl/fireworks/


Vogelschutz

Löffelstrandläufer:

Bedeutender Rastplatz in China In einem 120 Kilometer langen Abschnitt des Wattenmeeres bei Rudong in der chinesischen Provinz Jiangsu (nahe Shanghai) wurden vom 12. bis 15. Oktober 2012 insgesamt 106 Löffelstrandläufer gesichtet. Das entspricht einem Viertel der geschätzten Gesamtpopulation dieser vom Aussterben bedrohten Art und ist die höchste Anzahl beobachteter Individuen dieser Vogelart seit dem Beginn der Schutzbemühungen im Jahr 2000.

e

rst seit zwei Jahren ist rudong als überaus wichtiger rastplatz auf der langen Zugroute der Löffelstrandläufer von ihren Brutgebieten in Tschukotka im Nordosten russlands in ihre Überwinterungsquartiere hauptsächlich in Myanmar und Bangladesch bekannt. Hier rasten die gefährdeten Watvögel, mausern und können ausreichend Nahrung für die Weiterreise ins Winterquartier finden. Um den Stellenwert dieses rastplatzes für den Löffelstrandläufer und andere Vogelarten innerhalb des Zugweges bewerten zu können, untersuchte ein internationales Team von Wissenschaftlern während der Zugzeit die Vogelwelt in einem Gebiet von Jianggang und Dongtai im Norden bis nach Dongling am südlichen ende des Wattgebiets in der Jiangsu Provinz.

Da nicht alle möglichen Hochwasserrastplätze in die Zählung einbezogen waren, nimmt das expertenteam an, dass die Anzahl der erfassten rastenden Löffelstrandläufer bis zu 50 Prozent des circa 350 bis 400 Tiere zählenden Weltbestandes betragen könnte. Während der Beobachtungen wurde mindestens ein Löffelstrandläufer mit einem hellgrünen Fähnchen gesehen, der aus dem Brutgebiet von Meinypyl‘gino in Tschukotka, russland, stammt und dort vor mehreren Jahren als Küken beringt wurde.

» Ohne Rastplätze keine Löffelstrandläufer Im Anschluss an die Bestandserfassung der Watvögel in rudong wurde ein expertenworkshop zum Schutz des Löffelstrandläufers durchgeführt. Dort

diskutierten die Teilnehmer Strategien zum Schutz der verbliebenen Wattgebiete, die Notwendigkeit vermehrter Öffentlichkeitsarbeit und die Umsetzung eines Schutzprogramms für die wichtigsten Flächen entlang der chinesischen Küste. An dem Workshop nahm neben dem WWF, der Shanghai Bird Watching Society auch die Hong Kong Bird Watching Society (HKBWS, BirdLife Partner-Designate) teil. Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Wattflächen bei rudong als sehr bedeutsamer rastplatz für Löffelstrandläufer und andere Watvogelarten einzustufen sind. Die fortschreitende eindeichung und die nicht nachhaltige entwicklung der Wattflächen sind die Hauptgefährdungsursachen für Watvögel in diesem Gebiet. Schon bald könnten weitere wichtige rastplätze verschwunden sein und das Überleben der Löffelstrandläufer weiter bedrohen. Unter den möglichen Maßnahmen zum Schutz der Wattflächen bei rudong wurden unter anderem die Ausweisung neuer Schutzgebiete und ein nachhaltiges Management der wichtigen Lebensräume diskutiert. Bei der Weiterentwicklung dieser Pläne und der Ausarbeitung einer geeigneten Strategie besteht dringender Handlungsbedarf. Weiterhin wurde die empfehlung abgegeben, den Löffelstrandläufer in die rote Liste gefährdeter Arten von China aufzunehmen. Christoph Zöckler, Jing Li, Tong Menxiu

Im äußersten Nordosten Russlands wurde dieser Löffelstrandläufer vor mehreren Jahren als Küken mit einem hellgrünen Fähnchen beringt. Foto: T. Zhenhua. Yangkou, rudong, Jiangsu Province, China, 14.10.2012.

Die Bestandserfassung und der Workshop wurden organisiert von ArcCona Consulting, der Hong Kong Bird Watching Society sowie der Wild Bird Society Shanghai und wurden erst durch großzügige Spenden vom US Fish and Wildlife Service, von Audubon California und des east Asian Australasian Flyway Partnership (eAAFP) möglich gemacht.

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Vogelschutz

Massaker in Nordostindien:

Illegale Vogeljagd auf Amurfalken Mitte Oktober 2012 sind Vogelschützer auf ein unglaubliches Massaker an Amurfalken im Nordosten Indiens aufmerksam geworden. Die Nachricht wurde sehr schnell über das Internet verbreitet und viele Vogelschützer von E-Mails mit Hinweisen auf die skandalösen Zustände regelrecht überschwemmt. Daraufhin kam eine Flut von Aktivitäten ins Rollen. Wir haben unsere indischen Kollegen gebeten, uns Details des Falles aus erster Hand zu schildern. Neha Sinha von der Bombay Natural History Society (BNHS) in Indien ist dieser Bitte nachgekommen. Sie schildert eine Tragödie, die aber auch hoffen lässt.

I

m Oktober 2012 unternahm eine Gruppe von Naturschützern eine expedition in einen entlegenen Teil des Nagaland im Nordosten Indiens. Nach langer Wanderung und 45 Minuten Bootsfahrt erreichten sie das Doyang reservoir, das vor über zehn Jahren zur „umweltfreundlichen“ Stromerzeugung angelegt worden war. Hier wurden sie von einem rätselhaften Anblick überrascht: Feine Netze waren systematisch entlang des Ufers aufgestellt. Die zwischen Bäumen befestigten Netze waren lang, hoch und breit. Darin hoffnungslos verfangen hatten sich kreischende „Trophäen“: Amurfalken. Die Jäger pflückten die Vögel aus den Netzen wie reife Früchte von Bäumen und brachen ihnen die Flügel. Tausende Amurfalken wurden jeden Tag gefangen. Sobald sie flugunfähig gemacht

waren, wurden die gelähmten, kreischenden Vögel an Pflöcken aufgehängt und für den illegalen Fleischmarkt fortgetragen. Amurfalken sind kleine Greifvögel mit etwa 30 cm Körperlänge, die sich von Insekten ernähren. Im Sturzflug auf ihre Beute erreichen sie erstaunliche Geschwindigkeiten. Diese kleinen Falken bilden einen großen Teil des Vogelzuges. Von Sibirien fliegen sie jeden Herbst nach Asien, mit einer rast in Nagaland in Indien. Von Indien aus, wo sie Libellen jagen, ziehen sie über den Indischen Ozean weiter in die Winterquartiere nach Somalia, Malawi und Südafrika. Amurfalken ziehen in großer Zahl, oft bei Nacht. In seinem Buch „Migrating raptors of the world, their ecology and conservation“ beschreibt Keith Bildstein den jährlichen Zug der Amurfalken

als eine rundreise von erstaunlichen 22 000 Kilometern. Möglicherweise ist dies eine der längsten Zugrouten von Greifvögeln weltweit, sicher gilt sie mit der Überquerung des Indischen Ozeans als die längste Zugroute über offenem Wasser. Die ergebnisse von Satellitentelemetrie ergaben eine Distanz von 4000 Kilometern, die Amurfalken von Südwestindien bis ins tropische Afrika über dem Meer fliegen. Als Insektenfresser spielen sie eine große rolle bei der Abwendung von Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen (siehe FALKe 2011, H. 2).

» Hohe Nachfrage oder leichte Beute? In Nagaland rasten die Amurfalken am Doyang reservoir. Aus der Luft erscheint es wie eine endlose Wasserfläche. Man nimmt an, dass das Gebiet für die Vögel zum Aufladen ihrer energiereserven vor dem Zug über das Meer von enormer Bedeutung ist. Die in Massen gemeinsam ziehenden Amurfalken rasten auf hohen elektroleitungen, wo sie normalerweise außer reichweite der Jäger sind. Die Jäger haben jedoch die Ankunft der zahlreichen Vögel über Jahre beobachtet und sich gut überlegt, wie sie daraus Gewinn schlagen können. Von den rastplätzen auf den Leitungen fliegen die Vögel ans Ufer des reservoirs. Hier haben die Jäger ihre Netze aufgespannt, wo sich unfehlbar alle Falken verfangen.

In feinen Netzen, die zwischen Bäumen am Ufer des Reservoirs befestigt waren, verfingen sich Tausende von Amurfalken.

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Schon in den letzten Jahren kamen Naturschützern Gerüchte über die Jagd auf Amurfalken zu Ohren. Einige tote Vögel tauchten auf Märk­ ten in Nagaland auf, eine Gegend, die unrühmlicherweise dafür bekannt ist, dass dort im wahrsten Sinne des Wortes „alles gegessen wird, was sich bewegt“. Oft heißt es, dass man wilde Tiere hier nicht in den Wäldern und anderen Lebensräumen, sondern verschnürt, tot oder geräuchert zum Verkauf angeboten auf den Märkten findet. Was die Naturschützer im Jahr 2012 entdeckten, war jedoch bestürzend. Erwartet hatten sie ein paar wenige tote Vögel. Stattdessen wurden sie Zeugen, wie täglich Tausende von Amurfalken den Jägern zum Opfer fielen. Naturschützer und Wissenschaftler schätzten die Zahl auf 10 000 – jeden Tag. Jedes Netz enthielt etwa 80 Vögel, um die 20 Netze waren gestellt. 70 bis 80 Trupps von Jägern waren unterwegs. Daraus ergibt sich eine Gesamtzahl gefangener Vögel von mehr als 100 000! Höchstwahrscheinlich wurden Amurfalken zum ersten Mal in der Geschichte in solchem Ausmaß bejagt. Damit das Fleisch frisch blieb, töteten die Jäger die Vögel nicht sofort. Die sterbenden, toten, halbtoten oder gelähmten Vögel wurden in Lieferwagen wegtransportiert, wahrscheinlich zu lokalen Märkten. Die hohe Anzahl der gefangenen Amurfalken wirft unweigerlich die Frage auf, woher die Nachfrage nach diesen Vögeln stammt und wie die Marktlage gegebenenfalls Angebot und Nachfrage steuert. Vielleicht wurden die Vögel ja auch nur gefangen, weil die Jäger hier leichte Beute machen konnten? Fest steht, dass einige der Amurfalken von den Jägern selbst verzehrt wurden, weitere wurden in Städte in Nagaland geliefert. Es gab jedoch auch massenhaft „Abfall“, den die Naturschützer in Mülleimern entdeckten, da die Zahl der gefangenen Vögel die Möglichkeiten zum Abtransport und Verkauf bei Weitem überstiegen. Bei dem hohen Angebot wurden die Vögel für den geringen Betrag von 16 Indischen Rupien (etwa 0,20 Euro) verkauft!

Die relativ kleinen Amurfalken legen mit 22 000 Kilometern jährlich wahrscheinlich die weiteste Zugstrecke unter den Greifvögeln zurück. Foto: J. O. Kriegs. Oman, 25.11.2010..

»»Zusammenarbeit von Naturschutz und Regierung Nach dem Bekanntwerden des Massakers an Amurfalken trat die Bombay Natural History Society (BNHS-India, BirdLife in Indien) in Aktion. Zusammen mit anderen Naturschützern wie Conservation India und hier allen voran Ramki Sreenivasan, einer der Expeditionsteilnehmer, rief BNHS in einer nationalen Kampagne dazu auf, etwas gegen die Jäger zu unternehmen. Mithilfe von BirdLife International, der Royal Society for Protection of Birds (RSPB, Birdlife im UK) und anderen wurde die Aktion auch weltweit bekannt. Dabei stellte BNHS sicher, dass die Kampagne im Blickwinkel der derzeitigen politischen

Lage gesehen wurde, die in diesem Fall von hoher Wichtigkeit ist. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist im kontinentalen Indien die Jagd auf Wildtiere für Fleisch sowie jegliche andere Art der Jagd auf wild lebende Tiere für Trophäen, weiterverarbeitende Industrie und Ähnliches gesetzlich untersagt. Zudem hat Indien die Konvention zum Schutz wandernder Arten (Convention on Migratory Species, CMS) unterzeichnet und ist damit verpflichtet, Zugvögeln Schutz zu gewähren. Die letzte Konferenz der Konvention zum Erhalt der Artenvielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) wurde im Oktober 2012 in Indien veranstaltet, das Land hat den Vorsitz der CBD für die nächsten zwei Jahre. Auf der CBD-Konferenz wurde

Jäger pflückten die verfangenen Falken aus den Netzen wie Früchte von Bäumen.

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Vogelschutz

Um das Fleisch frisch zu halten, wurden die Falken nicht sofort getötet, sondern lebend weitertransportiert.

empfohlen, dass aufgrund der Gefahr durch Jagd auf wandernde Arten die Zusammenarbeit zwischen Konventionen wie CBD, des Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (CITES), der Konvention zum Schutz wandernder Arten (CMS) und anderer internationaler Vereinbarungen verstärkt werden sollte. Im Hinblick auf das Jagdverbot zur Fleischproduktion in Indien ist der Schutz von Zugvögeln von besonderer Bedeutung. Das Massaker der Amurfalken hat gezeigt, dass diese Jagd nicht nur illegal, sondern auch völlig unnachhaltig ist. BNHS betont ausdrücklich, dass vor allem das Ausmaß der Jagd

beunruhigend ist. Schon lange versuchen Naturschützer, Jagd in Nagaland und anderen nordöstlichen Regionen Indiens, wo es fast keine kulturellen Tabus gegen Jagd gibt, zu stoppen. Hier liegt eine andauernde Herausforderung für die Naturschützer, nicht nur das Gesetz durchzusetzen, sondern auch die Werte im Glauben an das Recht auf Jagd wild lebender Tiere zu ändern. Auf einen Brief von BNHS an das indische Ministerium für Umwelt und Wälder hin wurde das Töten der Amurfalken in Nagaland umgehend gestoppt. In einem Schreiben gab die Regierung von Nagaland bekannt, dass 1000 Amurfalken befreit und die Netze abgebaut wurden. Im Anschluss an die Kampagne hat die lokale Kirche in Nagaland einen leidenschaftlichen Aufruf veröffentlicht, keine Amurfalken mehr zu jagen. Weiterhin heißt es, es bestünde die Möglichkeit, Doyang als Important Bird Area (IBA) auszuweisen sowie ein gegebenes Potenzial für Ökotourismus auszunutzen. Die Naturschützer werden die Entwicklung in den kommenden Jahren aufmerksam verfolgen und daran arbeiten, dass die Jagd auf Amurfalken und andere Vögel in diesem Ausmaß unterbunden oder zumindest beschränkt wird. Um sicherzustellen, dass Amurfalken nie wieder bejagt werden und die Nachfrage nach Amurfalken – vor allem in größeren Städten, wo Verbraucher mehr Geld ausgeben – keine eigenen Wege geht, bleibt den Naturschützern

ein Handlungszeitraum von jetzt bis zur nächsten Zugzeit. Es gibt jedoch noch viel zu tun. Das Doyang Wasserkraftwerk mit einer Leistung von 75 Megawatt wurde im Jahr 2000 erbaut. Das entstandene Doyang Reservoir, eine riesige Wasserfläche als attraktives Rastgebiet für die Vögel, könnte den Zugweg der Amurfalken für immer verändert haben. Langfristig planen die Vogelschützer, den Einfluss von neu entstandener Infrastruktur auf die Zugrouten und Rastplätze von Vögeln zu erfassen und daraus möglicherweise auch Empfehlungen beispielsweise für Umweltverträglichkeitsstudien abzuleiten.

»»Zum Schluss noch eine gute Nachricht Nicht alle Amurfalken sind dem Massaker in Nagaland zum Opfer gefallen. Ein mit Satellitensender ausgestattetes Falkenweibchen verließ das Doyang Reservoir am 4. November 2012. Die nationale Kampagne zum Stopp des Massakers war in der letzten Oktoberwoche gestartet worden, was darauf hoffen lässt, dass weitere Vögel durch die gute Zusammenarbeit von Naturschützern und Regierung gerettet werden konnten. Das besenderte Weibchen wurde in Somalia geortet; dies ist sein dritter Zug, wahrlich eine heroische Reise. Wir hoffen, dass im nächsten Jahr zahlreiche solcher heroischen und wunderbaren Zugvogelreisen weiterhin Rekorde brechen – in Nagaland ebenso wie in Afrika. Neha Sinha

Literatur zum Thema: Bildstein K 2006: Migrating Raptors of the world: their ecology and conservation. Cornell University Press, Ithaca, New York. Neha Sinha studierte Biologie mit Schwerpunkt Schutz der biologischen Vielfalt in Oxford und ist Advocacy and Policy Officer bei BNHS-India.

Bei dem hohen Angebot an Amurfalken wurden die einzelnen Vögel für umgerechnet 0,20 Euro verkauft. Fotos, wenn nicht anders angegeben: Conservation India.

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Weitere Informationen sowie ein kurzer Film zum Massaker der Amurfalken (nichts für schwache Nerven!) sind im Internet zu finden: www.birdlife.org/

community/2012/11/help-required-to-end-hunting-massacre-in-nagaland-india/


Einflug von Seidenschwänzen – Meldungen bitte an den DDA

Foto: P. Meister.

Am 23. Oktober wurden die ersten Seidenschwänze über ornitho von der Greifswalder Oie gemeldet. Ihnen folgten schnell weitere auf Helgoland und kurz darauf auch die ersten größeren Trupps entlang der Ostseeküste. Mittlerweile wurden Ansammlungen von 100 und mehr Vögeln entdeckt, teilweise bereits weit im Binnenland (s. aktuelle ornitho-Karte). In Großbritannien wurden in den letzten sechs Wochen ersten Schätzungen zufolge bereits mehr als 5000 Seidenschwänze festgestellt. Kündigt sich wieder ein größerer Einflug an? Die letzte große Seidenschwanz-Invasion gab es im Winter 2004/2005, als viele Tausend Vögel nach Mittelund Westeuropa einflogen und im Laufe des Winters bis Italien und Spanien gelangten. Dieser Einflug wurde nicht nur in Deutschland sehr gut dokumentiert – hierzulande noch aufwendig mithilfe von Excel-Tabellen. In der Schweiz verhalfen sie dem damals noch auf den französischsprachigen Teil des Landes beschränkten ornitho.ch zum endgültigen Durchbruch. Um den Verlauf der Invasion in Deutschland und Luxemburg bestmöglich dokumentieren zu können, bittet der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) darum, nicht nur alle Beobachtungen von Seidenschwänzen bei ornitho einzutragen, sondern auch noch Folgendes zu beachten: Machen Sie unter „Präzisierung der Beobachtung“ bitte Angaben zum Verhalten der Vögel (zum Beispiel ras­tend, Nahrung suchend, umherfliegend oder ziehend). Sollten Sie die Seidenschwänze bei der Nahrungsaufnahme beob-

achten, geben Sie bitte – wenn möglich – auch an, wovon sich die Seidenschwänze ernährten. Bitte tragen Sie auch möglichst immer die Uhrzeit der Beobachtung ein, sodass einzelne Trupps differenziert werden können. Die Uhrzeit tragen Sie hinter dem Datum mit Leerzeichen getrennt ein (z. B. 14.11.2012 12:30). Seidenschwänze sind auffällige, starengroße Vögel mit rötlich beigefarbenem Gefieder und einer auffälligen Kopfhaube. Sie streifen in Trupps umher und sind dabei häu-

fig in der direkten Nähe des Menschen, in Gärten, Parks und Alleen anzutreffen. Die Nahrung der Seidenschwänze besteht hauptsächlich aus Beeren. Auch an Bäumen verbliebenes Obst und Mistelbeeren stehen auf ihrer Speisekarte. In der Nähe ihrer Nahrungsstellen rasten sie gerne auf höheren Bäumen. Die Seidenschwänze machen häufig mit ihren charakteristischen, „klingelnden“ Rufen auf sich aufmerksam. In der Tongalerie von ornitho finden Sie bereits erste Aufnahmen. In der Fotogalerie von ornitho können Sie Ihre Bestimmung zudem anhand einer Reihe von Aufnahmen überprüfen. Quelle: www.ornitho.de

Vogelschutz

Vogelfutter nicht in Netzen anbieten!

Mit zunehmendem Winter schwindet das Angebot natürlicher Nahrung für Vögel in Gärten und Parks, Schnee­ decken erschweren die Nahrungssuche am Boden und bei Minustemperaturen ist auch verfügbares Wasser knapp. Künstliche Fütterungen können dem aufmerksamen Vogel­freund zu interessanten Beob­achtungen verhelfen. Allerdings muss das Futter fachgerecht angeboten werden. Zahlreiche bei der britischen ­Royal Society for the Protection of Birds (RSPB, BirdLife UK) gemeldete Beobachtungen beispielsweise haben gezeigt, dass die Verpackungen einiger Vogelfutterprodukte trotz des gut gemeinten zusätzlichen Nahrungsangebotes zu den größten Gefahren für die gefiederten Garten­bewohner zählen. In Netzen und Maschen um „Meisenknödel“, Fettfutterblöcke oder Erdnüsse können sich Füße und Schnäbel von Vögeln verheddern. Auch NABU und LBV empfehlen, solchermaßen verpackte Futtermittel aus der Verpackung zu entfernen und in dafür geeigneten Futterbehältern anzubieten. Zu beachten ist dabei, dass Vögel nicht im Futter sitzen und es verunreinigen können. Meisenknödel lassen sich in korbartigen Vorrichtungen oder auf einem sogenannten Zweigausleger (auch für Äpfel geeignet) ausbringen sowie in Behältern aus stabilem Draht, die vor allem passend für Fettfutterblöcke erhältlich sind. Für Energiekuchen gibt es Aufhängevorrichtungen, bei denen auf jegliche Maschen verzichtet wurde, und auch Meisenknödel werden mittlerweile direkt zum Aufhängen angeboten. Eher ungeeignet scheinen sogenannte Futterfedern oder -spiralen für Meisenknödel aus weniger stabilem Material zu sein, da sie sich evtl. verbiegen und die Vögel hier ebenfalls hängen bleiben können. Neben energiereichem Futter wie gemischten Sämereien, Sonnenblumen- und Erdnusskernen sowie Fettfutter sollte auch Wasser angeboten werden, das die Vögel hauptsächlich zur Gefiederpflege benötigen. Im Handel erhältliche Vogeltränken sind hier genauso geeignet wie ein großer, mit einem passenden Stein beschwerter Topf­ untersetzer. Aus Hygienegründen muss das Wasser täglich gewechselt werden. Ein kleiner schwimmender Ball, durch dessen Bewegung auf der Wasseroberfläche immer ein kleiner Bereich eisfrei gehalten wird, hilft das Zufrieren von Wasseroberflächen zu verhindern. Zahlreiche Infos zu Vogelfutter und wie man es am besten anbietet, finden sich unter anderem unter www.lbv.de und www.nabu.de.

Der Falke 60, 2013

Leute & Ereignisse

Ornitho

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TV Programmvorschau Januar 2013 Regelmäßige Sendungen: Mo – Fr

» » » » »

Bayerisches Fernsehen, 9.15 Uhr: Giraffe, erdmännchen & Co. hr, 11.55 Uhr: eisbär, Affe & Co. WDr, 12.00 Uhr: eisbär, Affe & Co rbb, 17.05 Uhr: eisbär, Affe & Co. NDr, 17.10 Uhr: Das Waisenhaus für Wildtiere

Weitere Sendungen: Samstag, 5. Januar

» » » »

3sat, 9.35 Uhr: Im Schnee am See arte, 14.00 Uhr: mareTV: Feuerland – Fjorde, Gletscher, Pinguine WDr, 14.05 Uhr: Tief im Westen: Winterzauber in NrW 3sat, 19.20 Uhr: Dschungel am Fuß der Anden

Sonntag, 6. Januar

» hr, 8.05 Uhr: Perlmuschel, eremit und eisvogel: Seltene Tiere in Hessen » hr, 12.25 Uhr: Vogelwelt Texel » NDr, 20.15 Uhr: Land im Gezeitenstrom – Von den Halligen bis zur elbe Montag, 7. Januar

» Bayerisches Fernsehen, 6.30 Uhr: Natur und Technik: Angezogen und abgestoßen – Magnetismus in Natur und Technik » NDr, 11.30 Uhr: Vögel auf Wohnungssuche Dienstag, 8. Januar

» NDr, 13.05 Uhr: NaturNah: Leben an der Autobahn » NDr, 20.15 Uhr: expeditionen ins Tierreich: Wildes Deutschland – Der Schwarzwald Donnerstag, 10. Januar

» NDr, 14.15 Uhr: Bilderbuch Deutschland – Dithmarschen Freitag, 11. Januar

» NDr, 11.30 Uhr: Die Schwäbische Alb – Im Auge des Falken Samstag, 12. Januar

» MDr, 12.45 Uhr: Schottland – Herbe Schönheit am Atlantik Sonntag, 13. Januar

» NDr, 6.45 Uhr: Schätze der Welt: Wrangel Island, russland – Treibhaus der Arktis » arte, 8.20 Uhr: einfach tierisch! » NDr, 20.15 Uhr: Mein schönes Land TV Montag, 14. Januar

» MDr, 11.30 Uhr: Seenparadies Mecklenburg – Unter Fischadlern und Wisenten » 3sat, 16.45 Uhr: Im reich des eisvogels Freitag, 18. Januar

» SWr, 1.30 Uhr: Im Nationalpark eifel » NDr, 11.30 Uhr: Der Darß – Küste der Kraniche » NDr, 21.15 Uhr: Der Kampf um das Ökosiegel Samstag, 19. Januar

» Phoenix, 20.15 Uhr: Die Wanderung der Pinguine

» 3sat, 12.30 Uhr: Weltkulturerbe Neusiedlersee » NDr, 18.15 Uhr: NaturNah: Leben an der Autobahn » MDr, 20.45 Uhr: Wildnis in Mitteldeutschland: Das Haselbacher Vogelparadies

Dienstag, 22. Januar

Mittwoch, 9. Januar

Freitag, 25. Januar

» NDr, 11.30 Uhr: Im reich des eisvogels

» NDr, 18.15 Uhr: NaturNah: Natur an der Stadt – Die Leineauen Mittwoch, 23. Januar

» hr, 14.30 Uhr: Im Schatten des Himalaya – Chinas weiter Westen » arte, 5.30 Uhr: X:enius: Was sind die Geheimnisse der Vögel?

Tanz der Kraniche ...

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Auflösung vom Dezember:

Ornitho(logie) – nicht nur für Anfänger

Zugegeben, der Rätselvogel vom Dezember war nicht das, was man um diese Jahreszeit an einem Gewässer erwarten würde. Dass wir mit der Auswahl aber nicht völlig daneben lagen, zeigen nicht weniger als 24 Beobachtungen im November und Dezember 2012, die bis Redaktionsschluss in ornitho eingestellt waren. Haben Sie eigentlich schon entdeckt, was da alles geht? Also ich – ich flog gerade eben an die Beobachtungsorte, mit Google Earth und völlig störungsfrei: Wissenschaft, die Spaß macht!

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ur gleichen Zeit können die Artgenossen schon irgendwo im Winterquartier sitzen, so wie unser rätselvogel, der am 30.11.2008 in Oman fotografiert wurde. Was ist das nun für ein Bursche? er watet im Wasser, hat lange Beine, auch wenn man sie nicht vollständig sieht, und er hat einen langen Schnabel. Kein Zweifel, er ist ein Watvogel, eine Limikole, Verwandter der Bekassine, die Ihnen in diesem Heft als Vogel des Jahres 2013 vorgestellt wird. Wieso kann man aber sagen, dass die Beine lang sind? Weil das, was zu sehen ist, nämlich

Grünschenkel, Altvogel im Schlichtkleid.

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Der Falke 60, 2013

die Unterschenkel, sehr lang sind. Bei den meisten Vögeln ragen sie nur sehr kurz aus dem Körper, oft nur so weit, wie die Befiederung reicht. Der längste Teil, der dann zu sehen ist, ist der Lauf. Der entspricht unserem Fuß, genauer gesprochen den Fußwurzel- und Mittelfußknochen. Somit ist der Vogel ein Zehengänger, wie wir das in der Schule von Hund und Katze lernen. Beim rätselvogel ist vom Lauf noch gar nichts zu sehen, da kommt also noch einiges. Doch selbst bei Watvögeln gibt es hinsichtlich der Beinlänge noch gewaltige Unterschiede; genau fest-

Fotos: H.-J. Fünfstück. Oman, 30.8.2011.


legen können wir uns nicht. Wir sehen jedoch, dass die Beine bräunlich-grün sind. Das hilft schon sehr viel, weil wir dadurch ganz viele Arten mit eindeutig anderen Beinfarben ausschließen können (zum Beispiel rotschenkel, Gelbschenkel und auch diverse Arten, die ihre Beinfarbe nicht im Namen führen).

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uch der Schnabel gibt uns wichtige Anhaltspunkte: er ist mittellang, entsprechend etwa der eineinhalbfachen Kopflänge, leicht aufwärtsgebogen und wie die Beine von braungrüner oder vielleicht graugrüner Farbe; zur Spitze hin wird er dunkler. Im Übrigen ist die rätsellimikole eher unauffällig gefärbt: unterseits weiß, oberseits dunkler (Details sind nicht zu erkennen). An Kopf, Nacken und Hals sehen wir eine feine Strichelung. Die Brust, welche sich bei vielen Limikolenarten in irgendeiner Weise vom Bauch abhebt, ist in unserem Fall weiß.

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ie ganzen kurzschnäbeligen (regenpfeifer, viele Strandläufer) und die langschnäbeligen Verwandten (Schnepfen) scheiden also aus, ebenso alle Arten mit abwärts gebogenen Schnäbeln (manche Strandläufer, Brachvögel). Mittellange Schnäbel haben vor allem die Wasserläufer (Gattung Tringa) und ihnen nahestehende Gattungen (Xerus, Actitis), aber auch der Kampfläufer oder die Wassertreter, die dafür bekannt sind, im Wasser eher zu schwimmen, als im Uferbereich herum zu waten. Aus der infrage kommenden Gruppe haben aber nur wenige einen solchen aufwärtsgebogenen Schnabel, der Terekwasserläufer (Xerus cinereus) und der Grünschenkel (Tringa nebularia). Den Großen Gelbschenkel (Tringa melanoleuca) haben wir schon vorher wegen der Beinfärbung aus der engeren Auswahl entlassen.

Meldungen des Grünschenkels vom 1.11. bis 11.12.2012 in Deutschland nach den Daten von ornitho.de. Dargestellt ist die Summe aller gemeldeten Individuen je Ort (Mehrfachmeldungen deshalb enthalten).

Gewinner

des Dezember-Rätsels: Friedrich Wilhelm Wegener, Brake Bernd Stemmer, Soest Rüdiger Wittenberg, Bredenbek

Wir gratulieren. eingesandte Lösungen: 178 davon Grünschenkel (136), Sanderling (20), Teichwasserläufer (9), Terekwasserläufer (6), Waldwasserläufer (3) sowie Flussuferläufer, Pfuhlschnepfe, rotschenkel uns Strandläufer.

U

nd nun geht es ganz schnell, denn auch der Terekwasserläufer hat gelbe Beine. Der aufwärtsgebogene Schnabel ist zudem deutlich länger als beim rätselvogel und an seiner Basis wie die Beine gelblich. Zu guter Letzt ist der Terekwasserläufer vergleichsweise kurzbeinig, wobei nicht sicher ist, ob man das auf dem Foto klar erkennen könnte. Folglich sehen wir auf dem rätselbild einen Grünschenkel. Neben der namengebenden Beinfärbung ist auch der an der Basis graue Schnabel ein typisches Merkmal. Der helle Kopf und der weiße Vorderhals lassen erkennen, dass es sich um einen Altvogel im Schlichtkleid handelt, denn im Jugendkleid ist der Kopf durch eine kräftige Strichelung dunkler, und auch die Brust wäre gleichmäßig gestrichelt.

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er Grünschenkel brütet in der nördlichen Waldzone von Schottland und Skandinavien bis Ostsibirien. Seine Winterquartiere reichen von Westeuropa über das Mittelmeergebiet bis nach Ostafrika und Südasien. Als Zugzeiten gelten April und Mai sowie Juli bis Oktober, aber der aktuelle Blick in ornitho hat gezeigt, dass 2012 auch noch im November und Dezember Grünschenkel anwesend waren. In der ersten Novemberdekade gab es elf Beobachtungen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen und Baden-Württemberg mit insgesamt mehr als 14 Individuen, in der zweiten Dekade nur noch neun Beobachtungen mit neun bis zehn Vögeln in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Sachsen und Bayern, in der dritten Dekade zwei Beobachtungen des jeweils gleichen Vogels in Hessen und in der ersten Dezemberdekade jeweils ein Grünschenkel in Sachsen und Hessen, letzterer 44 Kilometer weiter südwestlich als im November und wohl dasselbe exemplar. Man kann fast zuschauen, wie die Vögel abziehen, und was noch schöner ist: In Google earth lassen sich die Fundorte über die geografischen Koordinaten anfliegen und betrachten. Das geht im Übrigen auch bei den satellitentelemetrierten Vögeln: Wer will, kann sich somit anschauen, in welchen Landschaften berühmte Vögel wie Prinzeßchen oder Tönn ihre Winter verbrachten. Jeder kann hier zum Forscher werden, und vielleicht lassen sich gerade durch diese neuen Möglichkeiten junge Menschen für die Vögel begeistern. Hermann Stickroth

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Veröffentlichungen

catching the Bug – A Sound Approach Guide to the birds of Poole Harbour Von M. Constantine, N. Hopper & The Sound Approach 288 S., zahlr. Farbfotos und Sonagramme, 2 CDs, Hardcover, 30 x 21 cm. The Sound Approach, Poole, Dorset, UK, 2012. ISBN 978-90-810933-0-9. EUR 40,99. The Sound Approach – das ist eine englisch-holländische Birdergruppe, die eine Belebung der Vogelstimmenkunde anstrebt. Ihr Markenzeichen sind seit 2006 Bücher im DIN A4-Querformat, sodass lange Sonagramme auf eine Seite passen. Die Bücher ragen aus jedem regal heraus, wenn man sie nicht horizontal vor eine stehende Buchreihe legt; das macht bei den vier vorliegenden Bänden schon fast zehn Zentimeter. Märchenhaft schöne, oft ganzseitige und zudem noch dokumentarische Fotos schmücken das neueste Buch genauso wie die Zeichnungen von Killian Mullarney, als hochklassiger Illustrator bekannt aus dem Svensson. Auf englische Art sehr persönlich geschrieben und eingebettet in viele Birderstorys findet man „harte“ und mit speziellen Sonagrammen oder gezeichneten Tafeln illustrierte Feldornithologie, dazu an die 200 Tonaufnahmen auf den beiden CDs. Da sind Themen angesagt wie „Bestimmung des Sibirischen Zilpzalps“, „Zugrufe von Drosseln bis Stelzen“ (einschließlich Strandund Bergpieper), „Kleider und Lautäußerungen der Provencegrasmücke“, „Unterschiede zwischen atlantischen (carbo) und kontinentalen Kormoranen (sinensis)“. Die Darstellung ist ( populär, also ohne Statistik, aber die Literatur ist bis 2011 zitiert. Das alles ist drapiert um Poole Harbour, eine Bucht an der südenglischen Kanalküste, ein Mekka für Birder. Übersetzen? Das hat wenig Zweck. Wer das Vergnügen an diesem Buch genießen und viel Feldornithologie lernen will, muss es in der Originalsprache lesen. „Catching the Bug“ heißt wörtlich übersetzt „die Wanze zu fangen“. Gemeint ist eher so etwas wie „Der frühe Vogel fängt den Wurm“. H.-H. Bergmann Das Schwäbische Donaumoos. Niedermoore, Hang- und Auwälder Von Ulrich Mäck & Hans Erhardt 240 S., zahlr. Farbfotos und Grafiken, Hardcover. Schuber-Verlag, Ulm, 2012. ISBN 978-3-9815230-3-3. EUR 29,80. Auf 240 Seiten erweitert, mit neuen Beiträgen und einer Fülle neuer Bilder porträtiert die Zweitauflage des 1995 erschienenen und inzwischen vergriffenen Vorgängers des Buches das Arbeitsgebiet der „Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos e. V.“. Geschrieben wurde es von sechzehn Fachexperten. Das Buch ist gegliedert in drei Themenkomplexe. Der erste Abschnitt „Lebensräume“ erklärt die Landschaft mit ihrer entstehung und Nutzungsgeschichte sowie ihren Lebensräumen. In den Abschnitten „Pflanzenwelt(en)“ und „Tierwelt(en)“ werden die Pilzflora, die Vegetation des Niedermoores und der Au- und Hangwälder sowie die Insekten, diverse wasserlebende Taxa („Gewässertiere“), Amphibien, reptilien, Vögel und Säugetiere des Donaumooses vorgestellt. Mit mindestens 270 beobachteten Vogelarten und fast 150 Brutvogelarten (nach 1980 noch 134) zählt das Gebiet zu den herausragenden Lebensräumen Deutschlands. Der

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abschließende Abschnitt „Lebensraumschutz- und entwicklung“ zieht Bilanz über die 20-jährige Arbeit der ArGe Donaumoos und entwickelt eine Vision für die dauerhafte Sicherung. Den beiden Herausgebern gelang ein Buch, das sowohl Bildband als auch Fachbuch ist. Die zahlreichen schönen Fotos laden zum Schmökern ein und die instruktiven Grafiken zur Vertiefung in die vielfältigen Aspekte des Moorschutzes. Damit repräsentiert es auch die ganze Bandbreite der Tätigkeit der ArGe Donaumoos, von der Umweltbildung, über die Forschung bis hin zu Arten-, Biotop- und Landschaftsschutz, welcher hier in beispielhafter Weise in einer Kooperation aller Akteure im Donaumoos vorangebracht wird. es wird die eigene Tätigkeit, aber auch den Moorschutz im ganzen Land befördern, welcher angesichts des Klimawandels in diesem Jahrhundert vor einer epochalen Herausforderung steht. Wir wünschen dem Buch eine weite Verbreitung. Wer einen unverbindlichen Blick hineinwerfen will, kann das auf der Internetseite des Verlags tun (www.schuberverlag-ulm.de/epaper/page19.html#/0). (hs)

Kurz vorgestellt Der Kosmos Vogelführer – Große Ausgabe Alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens Von K. Mullarney, D. Zetterström & L. Svensson 442 S. durchg. Farbabb., Karten, Hardcover, 22 x 31,5 cm. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart, 2012. ISBN 978-3-440-13461-0. EUR 79,99. In der großformatigen Ausgabe des Standardwerks kommt die ausgezeichnete Qualität der Zeichnungen noch besser zum Ausdruck.

ornithopoesie „Die Vögel sind das Gedächtnis der Landschaft“ Von Georg Jappe, hrsg von L. Fischer, Kunsthalle Hamburg 132 S., 115 Abb., Softcover, 25,5 x 21 cm. Dölling und Galitz Verlag, München, 2012. ISBN 978-3-86218-028-8. EUR 29,90. Der Ausstellungsband befasst sich mit dem Werk des an Vogelkunde interessierten Literaturkritikers und Künstlers Georg Jappe (1936–2007). Gesang, Flüge und die Vielfalt der Vögel inspirierten den Künstler zu Figurengedichten, Vogeltagebüchern, Fotografien und Zeichnungen, die in diesem ansprechend gestalteten Kunstband versammelt sind.

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