Pyrenäen (de)

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Katalonien

Pirineus



Katalonien Die Pyren채en


Alt Empordà

Alt Urgell

Alta Ribagorça

Berguedà

Cerdanya

Garro


otxa

Pallars Jussà

Pallars Sobirà

Ripollès

Solsonès

Val d’Aran


Die katalanischen Pyrenäen, das unendliche Gebirge

landschaftlicher Vielfalt voller Kontraste, interessanter

Die katalanischen Pyrenäen bilden ein Gebiet von großer

Schnee, der während des halben Jahres die Gipfel bedeckt. Die Sonneneinstrahlung, die Temperatur und

Naturräume, Sonderschutz zonen und Schutzgebiete.

der Einfluss des Menschen bestimmen die äußerst

Zum Weltkulturerbe erklärte romanische Baudenkmäler

vielfältige Vegetation und mit ihr die Tierwelt.

und geschichtsträchtige Täler. Eine herausragende Gastronomie und ihre uralten Feste und Feiern machen die katalanischen Pyrenäen zu einem unvergleichlichen

gewesen. Die Spuren aus allen Epochen, von den

touristischen Reiseziel.

Dolmen und Menhiren in der Serra de l’Albera bis hin

Im Osten kämmt der Nordwind Tramuntana die braune

hat der Lauf der Geschichte dafür gesorgt, dass unser

Küste der Serra de l’Albera. In der Garrotxa erstreckt

Land hier geboren wurde. Von jener Zeit zeugt noch

sich ein Vulkanfeld. Oberhalb des Heiligtums Núria

heute in praktisch jedem Dorf eine romanische Kirche.

erheben sich die Pyrenäen bis zu dreitausend Meter

Und auch die Gegenwart findet in einer lebendigen

hoch. Die Serra del Moixeró, der Pedraforca und die

Kultur voller Legenden, Rezepte, Tänze, Lieder und

Serra del Cadí bewahren, Inseln gleich, natürliche

Volksfeste ihren Ausdruck. Auf den folgenden Seiten

Schätze des Hochgebirges. Der höchste Gipfel

möchten wir Ihnen einen ersten Eindruck verschaffen,

Kataloniens ist der 3 143 Meter hohe Pica d’Estats.

Sie auf den Geschmack bringen. Viel mehr können wir

Ganz in der Nähe erstreckt sich der Nationalpark

uns nicht vornehmen, denn die komplette Liste wäre

Aigüestortes i Estany de Sant Maurici mit seiner

endlos. Die katalanischen Pyrenäen sind eine Region

herrlichen Seenlandschaft. Und im Norden öffnet sich

mit ganz eigener Prägung und bei allen begehrt, die

das Arantal in Richtung der Ebenen der Gascogne.

gern einmal ein paar ruhige oder abenteuerliche

Vom Cap de Creus bis hin zum Panorama des Aneto

Tage verbringen. Das Gebirge ist von Wanderwegen

beschenken uns die katalanischen Pyrenäen mit einer

durchzogen; außerdem gibt es hier den Schnee,

schier unerschöpflichen landschaftlichen Vielfalt.

den die Skifahrer im Winter suchen, Felswände zum

Das Klima ist von Tal zu Tal unterschiedlich und reicht vom rein Mediterranen – dort, wo das Gebirge ins Meer hinab-gleitet – bis hin zu den atlantischen Winden, die die Wolken ins Arantal tragen. Hinzu kommt der 4

Die Pyrenäen sind schon im Altertum besiedelt

zu den neuesten Stauseen, sind unzählig. Außerdem

Klettern und Flüsse zum Kajak fahren. Die Pyrenäen locken auf ihrer ganzen Länge mit einer unendlichen Palette touristischer Reize.


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Der Pedraforca, ein mythischer Berg


Der Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici

Dreitausend Meter hohe Gipfel, Felsküsten, Geröll-felder,

Seen, so viele, wie sonst nirgendwo in den Pyrenäen

Schluchten, Hunderte von Seen, Wasserfälle und Teiche,

auf einem vergleichbar großen Gebiet zu finden sind.

Wiesen,

Schwarzkiefernwälder

mit

Heidelbeeren

und Alpenrosen als Unterholz, Tannen und Buchen, Gemsen,

Auerhühner

und

ein

Schon bald begann sich Vegetation in den freien

patrouillierender

Räumen auszubreiten. Auf den Talböden wuchsen

Bartgeier: Der Nationalpark umfasst eine einzigartige,

Birken, Eichen, Espen und Buchen, während sich an

höchst vielfältige Hochgebirgslandschaft, die Jahr für

den Hängen Waldkiefern und Tannen an- siedelten.

Jahr tausende Besucher anzieht.

Die Schwarzkiefer traute sich mit einem Unterholz aus

Vor über 500 Millionen Jahren. begannen die Faltungen, die zur Entstehung des Gebirgs-zugs der Pyrenäen führten; ihre heutige Form verdanken die Gebirge und die Täler des Nationalparks jedoch der Kraft des Eises. Durch die Täler schoben sich zig Kilometer lange Gletscher, die Dicken von mehreren hundert

Heidelbeeren, Alpenrosen und Wacholder sogar noch in größere Höhen, bis heran an die Baumgrenze, oberhalb derer sich nur noch mit Enzian, Nelken und Hahnenfuß gesprenkelte Bergwiesen erstrecken. In den Mooren hat die Wasserfeder weite Verbreitung gefunden, und in den Geröllfeldern wachsen Immortellen und Steinbrechgewächse. Selbst die blanken Felswände

Metern erreichten und mit ihrer ungeheuerlichen Kraft

in der Nähe der Gipfel sind mit Moosen und Flechten

die ihnen im Weg stehenden Felsen glatt schliffen. Die

bewachsen.

letzte Gletscherperiode endete vor rund zehntausend

6

Jahren. Als die Gletscher schließlich schmolzen,

Jedes

hinterließen sie weite Gletschertalkessel und U-förmige

Während auf den höchsten Felsen die Silhouetten

Habitat

hat

auch

seine

eigene

Fauna.

Täler (Trogtäler) mit steilen bis senkrechten Wänden und

von Gemsen auszumachen sind, versteckt sich das

flachen Böden. Und an jeder natürlichen Barriere bildete

Alpenschneehuhn an den verschneiten Hängen,

sich ein See. Im Nationalpark gibt es Hunderte von

während der Steinadler vorbeifliegt oder der Bart- und


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Nationalpark Aig端estortes i Estany de Sant Maurici


der Gänsegeier am Himmel ihre Kreise ziehen. Auf den Bergwiesen ist oft das Pfeifen der Murmeltiere zu vernehmen, und in den Wäldern, in denen sich Wildschweine und Rehe verstecken, bekommt man das Klopfen der Spechte und in der Balzzeit die Arien des Auerhahns zu hören. In den Flüssen versuchen sich die Fischotter unterdessen am Forellenfang. In die höchsten, wenig einladenden Bergregionen wagten sich nur wenige Menschen vor Zu ihnen zählten die Schäfer, die ihre Herden über Jahrhun-derte hinweg jeden Sommer hier herauftrieben, wovon bis heute die Hütten zeugen, die ihnen Unterschlupf boten. Außer den Hirten kamen eigentlich nur Holzarbeiter und Jäger hier hinauf. Das blieb so bis zum Beginn des vergangenen Jahr- hunderts, als man begann, die Wasserkraft industriell zu nutzen. Diese Entwicklung führte dazu, dass Arbeitertrupps entsandt wurden, um die Seen zu stauen und die Wasser-leitungen zu den Turbinen zu legen. Dadurch ergab sich aber auch die Notwendigkeit, das Hochgebirge zu schützen. In diesem Sinne wurde 1955 per Erlass der Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici, der einzige National-park Kataloniens, eingerichtet, den die

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Estany Llong

katalanische Regierung mit dem Gesetz Nr. 7/1988 vom 30. März 1988 erweiterte und neu regelte. Der Nationalpark erstreckt sich im Wesentlichen in den Landkreisen Alta Ribagorça und Pallars Sobirà, reicht aber auch in die Kreise Pallars Jussà und Val d’Aran hinein. Seine Gesamtfläche beträgt 40 852 ha, wobei 14 119 ha zur inneren Zone, also dem eigentlichen Park, und 26 733 ha zur äußeren Zone gehören. Wie bereits am Namen des Parks zu erkennen, umfasst er zwei Teile, nämlich Aigüestortes in Alta Ribagorça, das vom Boí-Tal aus erreichbar ist, und Sant Maurici in Pallars Sobirà, dessen Hauptzugang das Espot-Tal bildet. In jedem Teil des Parks gibt es eine Informationsstelle. Im Abschnitt Aigüestortes sind über 3 000 Meter hohe Gipfel zu finden. Neben dem Punta Alta ragt der Grat heraus, der den Comaloformo mit den Besiberris verbindet. Die meisten Besucher empfängt jedoch das sich zum Boí-Tal öffnende Flusstal des Sant Nicolau. Dieses Tal, das man zu Fuß oder mit dem Taxi erreicht, führt zum Llebreta-See und zu den Ebenen, in denen der Fluss Mäander zeichnet und sich in zahlreiche Nebenläufe teilt, auf die der Name Aigüestortes


Roter Fingerhut (Digitalis Purpurea)

Murmeltier

(„gewundene Gewässer“) zurückgeht. Von dort führt das Tal weiter über den Estany Llong und den Portarró d’Espot in ein anderes, zum östlichen Teil des Parks gehörendes Becken. Den Abschnitt Sant Maurici erreicht man von Espot aus mit dem Taxi oder zu Fuß. Der namensgebende See, Estany de Sant Maurici, ist von Wiesen und Wäldern umgeben. Über ihm ragt Els Encantats auf, ein Berg mit Doppelgipfel, über den die Legende zu berichten weiß, zwei Jäger seien hier zu Stein geworden, weil sie nicht an der Messe teilgenommen hatten. Die Piste zum See von Sant Maurici führt weiter zu den Estanys d’Amitges, unterhalb der steilen Agulles d’Amitges, die zahlreiche Kletterer anziehen. Ein weiterer Zugang von Pallars Sobirà zum Park führt unterhalb des Passes Port de la Bonaigua zum Estany de Gerber, der von dichten Tannenwäldern umgeben ist. Auch von Pallars Jussà aus ist der Park zugänglich, und zwar über den oberen Abschnitt des Tals Vall Fosca. Vom Stausee von Sallente führt eine Drahtseilbahn zum Gento-See

hinauf. Den Abstieg kann man gut zu Fuß machen. Dazu folgt man zunächst den alten Bahngleisen, auf denen Baumaterial zu den Stauseen befördert wurde, und dann dem Weg direkt hinunter nach Sallente. Im Val d’Aran ragt auf dem Gebiet des Parks der gut unterscheidbare Pic de Montardo heraus. Noch um rund einhundert Meter höher ist mit 2 936 m jedoch der Gran Tuc de Colomers. Dieser Gipfel beherrscht einen weiten Talkessel, in dem das Wasser auf dem Weg in die Garonne mehr als sechzig kleine Seen durchfließt. Der Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici ist ein wertvoller Naturraum, ein natürliches Juwel, eine wunder-bare Kombination von Fels, Wasser und Vegetation, der zugleich aber auch sehr sensibel und den potenziellen Gefahren der zahlreichen Besuche ausgesetzt ist. Deshalb sollte man es vermeiden, irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Wer eine Nacht im Park verbringen möchte, muss einen Platz in einer der Schutzhütten reservieren. In diesem Sinne möchten wir auf die beliebte Route „Carros de Foc“ (Feuerwagen) 9


hinweisen, die die neun betreuten Schutzhütten verbindet. Man darf auch nie vergessen, dass es sich bei dem Nationalpark um ein Hochgebirgsgebiet handelt, in dem in wenigen Stunden ein Gewitter entstehen kann, die Temperaturen mitunter rasant sinken und es das ganze Jahres über zu jeder Zeit schneien kann. Man sollte also immer gut vorbereitet und entsprechend

Die Bergweiden: ein natürlicher Reichtum der Pyrenäen

ausgerüstet sein.

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Estany de Sant Maurici

Pic de Montardo

Riu de Sant Nicolau im Abschnitt Aig端estortes

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Naturschutzgebiete Die reine Natur

Die katalanischen Pyrenäen beherbergen zahlreiche

zeichnet sich durch eine sehr vielfältige Vegetation aus.

sehr wertvolle und aus kultureller wie touristischer Sicht

Der Wald von Virós ist ein weiteres natürliches Juwel

höchst interessante Naturräume. Einige dieser Gebiete

des Parks, wie auch das Tal Vall de Santa Magdalena

sind in verschiedenen Kategorien geschützt, um die

mit einigen Weilern, Hütten und sehr sehenswerten

Erhaltung der landschaftlichen Qualität, der vorhandenen

Einsiedeleien.

Flora und Fauna, aber auch des kulturellen Erbes zu gewährleisten.

Nach vielen Jahren der Abwesenheit durchstreift jetzt auch der Braunbär wieder dieses Gebiet, und das

Naturpark Hochpyrenäen. Dieser größte Naturpark

rätselhafte Auerhuhn hat hier die größte Population im

Kataloniens umfasst beinahe 70 000 Hektar einer

ganzen Land. Anzutreffen sind aber auch Steinadler,

Hochgebirgslandschaft, die bis heute nahezu unberührt

Bartgeier, Raufußkauz und Alpenschneehuhn und

geblieben ist und von einer außergewöhnlich viel-

Huftiere wie Gemse, Mufflon, Reh, Damhirsch, Rothirsch

fältigen Tier- und Pflanzenwelt bevölkert wird. Er liegt

oder Wildschwein. Im umfassenden Netz der Flüsse

im schönen Zentrum der Pyrenäen, wo er sich in die

und Seen tummeln sich zahlreiche Fischarten, wie zum

Landkreise Pallars Sobirà und Alt Urgell erstreckt.

Beispiel Forellen, und die Pflanzenwelt zählt rund 1 500 Arten, von denen viele nur in den Pyrenäen heimisch

Zu den schönsten Plätzen im Park zählen das Bonabé-

sind.

Tal mit seinen dichten Tannen- und Schwarzkieferwäldern und das nur zu Fuß erreichbare Àrreu-Tal, in dem

Im Hochgebirgsteil des Parks erheben sich einige

ein nahezu unberührtes natürliches Erbe von großem

der emblematischsten und höchsten Berge der

Wert erhalten ist. Auch das Noarre-Tal ist fast im

Pyrenäen, wie der Pica d’Estats, der mit 3 143

ursprünglichen Zustand erhalten, und die kleine Ebene

Metern den höchsten Gipfel Kataloniens besitzt.

Pla de Boavi, an der sich mehrere Täler treffen,

Möchte man den Park näher kennenlernen, dann bieten

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Estany de Naorte


Ars

Traditionelle Architektur

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sich dazu das umfangreiche Netz an Wanderwegen und gekennzeichneten Routen, aber auch sportliche Aktivitäten wie Mountainbike-Touren, Bergsteigen, Schneeschuhwandern, Skilanglauf, Skibergsteigen und Ausritte oder Aktivitäten an den Flüssen an. Zu den größten Sehenswürdigkeiten des Parks zählen zweifellos die zahlreichen romanischen Kirchen und Einsiedeleien, zum Beispiel Sant Pere del Burgal, Sant Serni de Baiasca, Santa Maria d’Àneu, Sant Pau d’Esterri de Cardós, Santa Maria de Ginestarre, Sant Joan d’Isil – am Ufer des Noguera Pallaresa – oder Santa Maria de Ribera. In den Dörfern sind interessante Beispiele der traditionellen Architektur und einige erwähnenswerte historische Komplexe erhalten, wie der ummauerte mittelalterliche Stadtkern von Escaló oder das historische Zentrum von Castellbò, die gute Beispiele alter Organisationsformen darstellen. Auch Säge-werke, Überreste alter Schmieden, Mühlen, Taubenschläge und Köhlereien zeugen von der Nutzung der natürlichen Ressourcen in diesem Tälern.

Der Naturpark Cadí-Moixeró umfasst die Serra de Cadí, die Serra del Moixeró, das zur Naturlandschaft von nationalem Interesse erklärte PedraforcaMassiv, das Gresolet-Tal, einen Teil des Tossa d’Alp und den Puigllançada. Zu den charakteristischsten und bekanntesten Ansichten des Parks gehören die Nordseite des Cadí mit ihren riesigen, nahezu senkrechten Felswänden und tiefen, bewaldeten Tälern und die Silhouette des Pedraforca, der einen der emblematischsten Berge des katalanischen Bergsports darstellt. Andere besonders schöne Plätze sind die Prat de Cadí und der Roca de l’Ordiguer an der Nordseite des Cadí oder das Gréixer-Tal, über dem die vom anmutigen Penyes Altes de Moixeró gekrönte Serra de Moixeró aufragt, an seiner Südseite. In vielen Orten ist traditionelle Architektur erhalten, wie in Bagà, dem ehemaligen Hauptort der Baronie Pinós, mit einem Teil seiner mittelalterlichen Mauern und seinem schönen, von Säulengängen umgebenen Platz, oder in Bellver de Cerdanya, dem Hauptort einer ehemaligen Vogtei, der die Segre-Ebene beherrscht. Auch in

Isil. Kirche Sant Joan

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einigen der ausnahmslos in schönen Umgebungen gelegenen Bergdörfer gibt es sehenswerte Beispiele ziviler und religiöser Architektur; hierzu zählen Adraén, El Querforadat, Cornellana, Cava, Ansovell, Gisclareny, Gréixer, Gósol, Gresolet, Bastanist, das Kloster Sant Llorenç prop Bagà, die Kirche von Talló, Sant Julià de Pedra, Bor, Coborriu, Tartera, Mosoll, Talltendre ... Die Serra de l’Albera und der Naturpark Cap de Creus. Diese beiden Gebiete sind die letzten Abschnitte der Pyrenäen, bevor diese in das Mittelmeer hinabtauchen. Das zur „Naturlandschaft von nationalem Interesse“ erklärte Massiv der Serra de l’Albera bildet die natürliche

Grenze zwischen

zwei

ausgedehnten

katalanischen Ebenen, nämlich dem Empordà und dem Roussillon, und weist Gipfel wie den Puig Neulós (1 257 m) auf. Der westliche Teil, um Requesens, umfasst

die

feuchtesten

und

höchstgelegenen

Abschnitte und ist mit Korkeichen-, Steineichen-, Kastanien-, Stieleichen- und Buchenwäldern und Bergwiesen bedeckt. Im Zentrum des östlichen Teils steht das Kloster Sant Quirze de Colera. Die Serra de l’Albera zählt zu den europäischen Gegenden mit der höchsten Konzentration an Megalithdenkmälern. Die Halbinsel des Cap de Creus ist von einer einmaligen Meereslandschaft umgeben und verbindet die Schönheit der Küste mit der des Binnenlands. Dank ihrer landschaftlichen Vielfalt weist sie eine große Biodiversität auf, die auch einige endemische Arten

umfasst.

Glanzpunkt

des

umfangreichen

Rodes. In unmittelbarer Nachbarschaft der Halbinsel erstreckt sich der Naturpark Aiguamolls de l’Empordà, das zweitbedeutendste Feuchtgebiet Kataloniens, mit einigen Aussichtspunkten über die Tümpel und Schwemmwiesen. Naturpark stark

von

Vulkangebiet menschlichen

La

Dieses

Garrotxa.

Einflüssen

Schlucht von Mont-rebei

architektonischen Erbes ist das Kloster Sant Pere de

geprägte

Explosionskratern

und

Basaltlavamassen

die

bedeutendste Vulkanlandschaft der Iberischen Halbinsel. Die herausragenden landschaftlichen Elemente sind die steilen Basaltwände bei Castellfollit de la Roca 16

Schutz gebiet ist mit rund dreißig Schlackenkegeln,


und Sant Joan les Fonts, die Vulkane El Croscat, Santa Margarida und El Montsacopa und der in einem Gedicht von Joan Maragall verewigte Buchenwald Fageda d’en Jordà. In nördliche Richtung wird die Landschaft der Garrotxa mit so emblematischen Plätzen wie Sant Aniol d’Aguja oder dem Bac-Tal zunehmend rustikaler. Die Schlucht von Mont-rebei. Der Noguera Ribagorçana hat auf seinem Weg durch die Serra del Montsec diese tiefe Schlucht gegraben, die als einzige in Katalonien im ursprünglichen Zustand erhalten ist, also von keiner Straße, Eisenbahnstrecke oder Stromleitung durchquert wird. Besichtigen kann man die spektakuläre Klamm mit ihren teilweise über 500 Meter hoch aufragenden senkrechten Wänden von einem zum Teil direkt in den Fels geschlagenen Pfad aus.

Arsèguel und die Serra de Cadí

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Das Arantal Ein kleines okzitanisches Land

Im äußersten Westen der katalanischen Pyrenäen gelegen, weist das nach Norden geöffnete Val d’Aran eine ganze Reihe an Eigenheiten auf, die sonst nirgendwo in Katalonien zu finden sind. Die Ausrichtung des Tals erlaubt das Eindringen der feuchten atlantischen Winde. Im Arantal gibt es deshalb regelmäßigere Niederschläge als in den restlichen katalanischen Pyrenäen, die wettermäßig eher von den klimatischen Launen des Mittelmeers abhängen. Das Wasser fließt hier über Sturzbäche und Flüsse in die Garonne ab, die als großer Fluss die Ebenen Aquitaniens durchquert, bevor sie in den Atlantik mündet. Wie die Wolken und die Niederschläge konnten sich auch der Handel und die Kultur im Arantal stets ungehindert nach Norden orientieren, während das Gebirge die Kommunikation mit den südlich gelegenen Katalonien und Aragonien erschwerte. Außerdem waren die Bergpässe bis vor kurzem wegen des Schnees sechs Monate im Jahr unpassier-bar. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Römer dem Lauf der Garonne folgend in das Tal vordrangen und dass die eigene Sprache, das Aranesische, ein Dialekt des Gaskog-nischen ist, das wiederum zum Okzitanischen, 18

der Sprache der mittelalterlichen Trobadore, gehört. Trotz allem sorgten die Wechselfälle der Geschichte dafür, dass das Arantal unter den Einfluss der aragonesischen und katalanischen Grafschaften geriet. 1313 gewährte Jakob II. den Aranesen das Privileg der Querimònia, einer Grundrechtscharta, die dem Tal bedeutende wirtschaftliche Entlastungen brachte. Verwaltungstechnisch war das Arantal in sechs als terçons (Drittel) bezeichnete Bezirke unterteilt, die Vertreter in den Conselh Generau (Generalrat) entsandten, der zunächst bis 1835 bestanden hatte und 1991 wiederhergestellt wurde. Sobald man den Vielha-Tunnel passiert hat, stellt man fest, dass die Berghänge grüner sind, dass ein anderes Klima herrscht und dass sich auch die Orte unterscheiden, wie sich zum Beispiel an den spitzen Dächern der Kirchtürme erkennen lässt. Vielerorts sind noch die altherge-brachten Strukturen und die traditionelle Architektur erhalten, aber Vielha, die in der Talmitte gelegene Hauptstadt, zeigt sich lebendig und modern. Während der Ortsname auf den römischen Ursprung hinweist, zeugen die romanischen und gotischen Elemente der Kirche Sant Miquèu von der mittelalterlichen Vergangenheit. In ihr ist der interessante Christus von Mijaran zu sehen, eine Schnitzfigur, die


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Gausac


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Vielha. Der Christus von Mijaran in der Kirche Sant MiquĂŞu

<

<

Arties


zu einer romanischen Kreuzabnahme gehörte. Im alten Ortskern sind bedeutende Herrenhäuser wie das auch als Tor deth Generau Martinhon bekannte Casa de Santesmasses zu finden. Hier ist heute das Museum des Arantals untergebracht, das eine komplette Übersicht über alle interessanten Aspekte der Region bietet. Das künstlerische Erbe ist über dasganze Tal verstreut In der Nähe der französischen Grenze ist in Bossòst, am linken Ufer der Garonne, mit der Kirche Era Mair de Diu dera Purificacion aus dem 12. Jahrhundert ein schönes Beispiel eines romanischen Gotteshauses mit drei im lombar- dischen Stil dekorierten Apsiden, zwei Portalen – davon eines dreibogig –, skulptierten Säulen und Kapitellen sowie einem Tympanon mit dem Pantokrator in Begleitung der vier Evange- listen erhalten. In Vilamòs, hoch über dem rechten Ufer, steht eine weitere romanische Kirche, die zu den ältesten gehört. Außerdem befindet sich hier das in ein Museumshaus um- gewandelte Casa Joanchiquet.

Sant Estèue sehenswert, dessen Keilsteine aufwändig figürlich skulptiert sind, und in Gausac steht die ebenfalls gotische Kirche Sant Martin, deren robuster Glockenturm auch als Wehrturm diente. Dies ist übrigens kein Einzelfall, vielmehr gibt es zahlreiche Kirchen, die zugleich Verteidigungsanlagen waren. So war auch Santa Maria d’Arties von einem ummauerten Gelände umgeben. In dieser roma-nischen Kirche mit dem Grundriss einer Basilika sind das gotische Retabel aus der Werkstatt des Meisters von Vielha und einige dem Jüngsten Gericht gewidmete spätgotische Fresken sehenswert. Der Ort Arties wuchs um die Kirche herum und bildet dort heute ein Mosaik von Schieferdächern. Unter seinen Herrenhäusern ragen das Ço de Paulet aus dem 16. Jahrhundert und das Casa dels Portolà, das Stammhaus der Familie des ersten Gouverneurs von Kalifornien, Gaspar de Portolà, mit seinem soliden Turm heraus. Außerdem ist in Arties die im streng gotischen Stil, jedoch auf romanischen Fundamenten errichtete Kirche Sant Joan zu sehen, die heute als Saal für Wanderausstellungen genutzt wird.

Folgt man der Garonne flussaufwärts, so erreicht man, bereits in unmittelbarer Nähe von Vielha, Betren und

In Salardú steht die interessante Kirche Sant Andrèu aus der Übergangszeit von der Romanik zur Gotik, die drei

Gausac. In Betren ist das gotische Portal der Kirche

Schiffe und drei Apsiden sowie einen beeindruckenden

Riu Torà

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Glockenturm mit achteckigem Grundriss besitzt. Sie

findet in der Karwoche in Bossòst eine Prozession

beherbergt eine wundervolle romanische Christusfigur,

statt, und am 13. Mai werden zum Fest des Kreuzes die

vergleichbar mit der, die flussabwärts in der Kirche von

Kreuze aller acht Dörfer der Gemeinde um den Heiligen

Casarilh erhalten ist, und spätgotische Malereien, die

Christus von Salardú zusammengetragen. Unter den

gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts restauriert

am 23. Juni stattfindenden Sommersonnenwendfeiern

worden sind. Oberhalb von Salardú liegt das Dorf

sind die in Les und Arties besonders erwähnenswert

Unha mit der romanischen Kirche Santa Eulària,

(siehe Kapitel „Feuer und Tanz – Ein Jahr voller Feste“).

deren Glockenturm ein spitzes Zwiebeldach trägt. Die

Darüber hinaus feiert jeder Ort sein Patronatsfest.

Bevölkerung dieser Ortschaften lebte traditionell vor

Moderneren Ursprungs ist das Hèsta d’Aran, mit dem

allem von der Vieh- und Waldwirtschaft, es gab aber

am 17. Juni der Wiederherstellung des aranesischen

auch noch andere Gewerbe. Eine lange Geschichte hat

Generalrats gedacht wird. Große Popularität genießt

zum Beispiel der mit Eisen-, Kobalt-, Galenit- und vor

auch der Corsa Aran per sa Lengua, ein Volkslauf

allem Zink- und Bleiminen vertretene Bergbau. Davon

zur Verteidigung der aranesischen Sprache, an dem

zeugt auch die restaurierte Mina Victòria im Norden

Läufer aus den verschiedenen Verwaltungsbezirken

der Gemeinde Arres. In Vielha kann eine alte Wollfabrik

teilnehmen und der mit einem Konzert endet.

besichtigt werden, die die Wasserkraft des Nere nutzte. Außerdem wird in Salardú zu Vorführungszwecken

Das Arantal ist aber mehr als Dörfer, Arbeit und Feste.

noch die alte Kornmühle betrieben.

Unbedingt empfehlenswert ist ein Abstecher ins

Neben der Arbeit brauchten die Menschen aber auch

in über zwei-tausend Metern Höhe. Tausende Besucher

Feste und Tänze, und einige alte Traditionen werden bis

nutzen jedes Jahr in den Wintermonaten die Anlagen

heute gepflegt. Der erste wichtige Termin im jährlichen

der Skistation Baqueira Beret. Aber es gibt noch viele

Festtagskalender ist der Magràs oder Karneval. Dann

andere interessante Orte und Angebote. Ein Muss ist der

Gebirge. Ein Drittel des aranesischen Territoriums liegt

Unha

Arròs. Volkstanz

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Besuch von L’Artiga de Lin und Es Uelhs deth Joèu, wo das Wasser des Aneto-Gletschers herabrauscht. Der Montcorbison, in unmittelbarer Nähe von Vielha, bietet eine einfache Aufstiegsroute mit herrlichen Aussichten. Bereits erwähnt haben wir, im Kapitel über den

Colomèrs mit seiner bedeutenden Seenplatte. An der Nordseite des Tals verläuft der klassische Wanderweg, der über die Hochebene Pla de Beret zum Heiligtum Mair de Diu de Montgarri führt und sich im Winter auch für Schneeschuhwanderungen anbietet. Außerdem gibt es überall Hänge, die unzählige Möglichkeiten für Skibergsteiger bieten. Im Sommer empfängt der Norden des Tals trotz seiner interessanten Gipfel, wie dem Tuc de Maubèrme, relativ wenige Besucher. Für die Stärkung nach einem aktiven Tag hat die Küche des Tals einiges zu bieten. Im Kapitel zur Gastronomie werden wir darauf noch näher eingehen. Außerdem steht zu diesem Thema, wie auch zu anderen Aspekten des Arantals, in derselben Reihe wie der vorliegende Titel eine monografische Broschüre zur Verfügung.

Gipfel des Pic de Montardo und den Talkessel Circ de

Salardú. Spätgotische Wandmalereien in der kirche Sant Andrèu

Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici, den

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Das Vall de Boí Erbe der Menschheit

Das Vall de Boí hat mit seiner außergewöhnlichen

Überführung der meisten Malereien vorzubereiten, um

Ansammlung von Kirchen aus dem 10., 11. und 12.

der Gefahr von Plünderungen zuvorzukommen. Die

Jahrhundert einen der absoluten Höhepunkte der rein

Fresken wurden aus den alten Gemäuern entfernt und

romanischen Baukunst zu bieten. Hier sind nicht nur

sind nun im Nationalen Kunstmuseum von Katalonien

die Glockentürme erhalten geblieben, sondern auch

(MNAC) in Barcelona zu sehen. Die Kirchen Santa

eine sehenswerte Außendekoration und weltweit

Maria und Sant Climent in Taüll wurden bereits

bekannte religiöse Wandgemälde. Die neun Kirchen

1931 zu „Kunsthistorischen Denkmälern“ erklärt.

umfassende Gruppe des Boí-Tals (Santa Maria de

Jahre später erklärte die katalanische Regierung das

l’Assumpció in Cóll, Santa Maria in Cardet, Sant Feliu

komplette Ensemble der romanischen Kirchen des

in Barruera, Nativitat de la Mare de Déu und Sant Quirc

Boí-Tals zum „Gut von kulturellem Interesse“. 1994

in Durro, Santa Eulàlia in Erill la Vall, Sant Joan in Boí

wurde ein Plan zur architektonischen Restauration der

sowie Santa Maria und Sant Climent in Taüll) ist von

Bauwerke in die Wege geleitet, und im Jahr 2000 gab

der UNESCO in die Liste des Welterbes aufgenommen

die UNESCO offiziell die Aufnahme in die Welterbeliste

worden.

bekannt.

Juwelen der Romanik. Der Bau dieser Kirchen

Eine Route durch das Boí-Tal. Eine der ersten

wurde von den Herren von Erill betrieben, einem

romanischen Kirchen des Tals ist die von Cóll, die etwas

alten Adelsgeschlecht, dessen Existenz seit dem

außerhalb des Ortes steht. Die kleine Kirche besitzt ein

Jahr 1077 dokumentarisch belegt ist und dessen

romanisches Portal aus dem 12. Jahrhundert.

Herrschaftsgebiet

Tal

Etwas oberhalb von Cóll liegt Cardet, wo die einschiffige

erstreckte. Die abgeschiedene Lage trug wesentlich

romani- sche Kirche Santa Maria besichtigt werden

sich

über

das

gesamte

dazu bei, dass die Baudenkmäler größtenteils bis

kann, die eine Apsis von bemerkenswerter Höhe besitzt,

heute erhalten geblieben sind. In den Jahren 1919

in der sich die Figur der Mutter- gottes von Cabanasses

bis 1923 begann der Museumsrat von Barcelona die

befindet.

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25

Barruera. Kirche Sant Feliu


Cardet. Kirche Santa Maria

Die Kirche Sant Feliu von Barruera steht ebenfalls etwas

Stils. Die Kirche besitzt eine seitliche Arkade mit

außer- halb des Dorfes. Sie ist einschiffig und besitzt

Rundbogen und einen höchst eleganten Glockenturm.

einen sehr robusten Glockenturm mit quadratischem

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in der Sakristei

Grundriss. Nach Durro gelangt man auf einer

eine hölzerne roma- nische Skulpturengruppe entdeckt,

Nebenstraße. Bei der romanischen Kirche Nativitat de

die aus dem 12. Jahrhundert stammt und die

la Mare de Déu aus dem 12. Jahrhundert handelt es

Kreuzabnahme Christi darstellt. Heute befinden sich

sich um einen einschiffigen Bau mit Tonnengewölbe und

einige der Skulpturen im Bischöflichen Museum in Vic

seitlichen Arkaden. Der Glockenturm mit quadratischem

und andere im MNAC. In der Kirche ist jedoch eine

Grundriss ist mit lombardi-schen Bogenfriesen verziert,

getreue Kopie der kompletten Gruppe zu sehen. Eine

während das Kirchportal Archivolten aufweist, die auf

Abzweigung führt von der Landstraße nach Boí. Hier

einem doppelten Säulenpaar ruhen. Im MNAC ist eine

steht die Kirche Sant Joan, von der der romanische

aus Durro stammende romanische Madonna aus dem

Glockenturm im lombardischen Stil und eine Apsis

12. Jahrhundert zu sehen, die aus einer Kreuzabnahme

erhalten sind. Der Rest des Gebäudes ist das Ergebnis

stammt.

diverser Restaurationen. Im Innenraum sind Kopien der

Erill la Vall liegt am rechten Ufer des Noguera de Tor. Seine aus dem 12. Jahrhundert stammende Pfarrkirche Santa Eulàlia mit einem Schiff, einer Apsis und zwei Apsidiolen, die das Querschiff bilden, gehört zu den Juwelen der romanischen Architektur lombardischen 26

ursprüng- lichen Wandmalereien aus dem 11. und 12. Jahrhundert zu sehen. Schließlich führt die Landstraße zum nur etwas über einen Kilometer entfernten Taüll. Dieser Ort hat zwei Teile, die jeweils um eine der beiden


Fragment der Altarfront aus der Kirche Sant Pere in Boí (um 1260), MNAC

Taüll. Kirche Sant Climent

Sant Climent in Taüll. Die Hand Gottes (MNAC)

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romanischen Kirchen – Santa Maria und Sant Climent

bedeuten-den farbenfrohen Wandmalereien auf, die

– entstanden sind. Die Kirche Santa Maria de Taüll

eine Kopie des be- rühmten Pantokrator (Christus als

wird als Pfarrkirche genutzt. Sie stammt aus dem 12.

Weltenherrscher) in der zentralen Apsis umfassen.

Jahrhundert, steht am zentralen Plaça Major und hat drei durch Säulen voneinander getrennte Schiffe mit je einer Apsis und einen Glockenturm mit quadratischem Grundriss. Im Innen- raum der Kirche sind Kopien der Originalmalereien zu sehen, mit denen sie geschmückt war. Im unteren Teil des Dorfes steht die Kirche Sant Climent de Taüll, die im 12. Jahrhundert gleichzeitig mit der Kirche Santa Maria errichtet wurde. Geweiht

Ein Kurort mitten im Gebirge. Zur Entspannung nach so viel Kultur oder dem Besuch des Nationalparks Aigüestortes i Estany de Sant Maurici bietet sich ein ausgiebiges Bad an. In Caldes de Boí gab es bereits im 18. Jahrhundert ein Badehaus. Heute hat der Ort zwei Hotels, ein Thermalzentrum, ein Schönheitszentrum und diverse Tagungssäle zu bieten.

wurden beide Kirchen wurden im Dezember 1123 vom Bischof von Roda. Auch Sant Climent hat drei durch Säulen voneinander getrennte Schiffe und drei Apsiden, die mit den typischen lombardischen Bogenfriesen und Zwillingsfenstern dekoriert sind, sowie einen sechsstöckigen Glockenturm. Im Innenraum fallen die

Caldes de Boí

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Der Pantokrator aus der Kirche Sant Climent in Ta端ll


Der Kontrast der Täler Lebendige Ufer

Die Flüsse, die von den Gipfeln der Pyrenäen herunterfließen, haben zahlreiche Täler gegraben, die alle verschieden sind. Wir haben sieben aus-gewählt, die sehr unterschiedliche Bevölkerungs-strukturen und Reize besitzen, und sie dem Lauf der Sonne entsprechend von Ost nach West geordnet. Es handelt sich um eine kleine Auswahl, die wesentlich größer hatte ausfallen können. Das Sant-Aniol-Tal. Garrotxa bedeutet raue, schwer begehbare Erde, und man versteht, warum der Landkreis so heißt, wenn man die Täler betritt, die ihn im Norden begrenzen. Folgt man dem Llierca flussaufwärts, so trifft man auf eine mittelalterliche Einbogenbrücke, die sich über den an dieser Stelle hohen Ufern des Flusses erhebt. Etwas oberhalb der kleinen Pfarr- kirche von Sadernes wird das Vall de Sant Aniol von hohen Kalksteinwänden eingezwängt. Dann schlängelt es sich zwischen der Serra de Gitarriu und dem Puig de Plansesserres hindurch, bevor das klare Wasser an einigen tiefen Stellen im Fluss zur Ruhe kommt. Steineichen, Buchsbäume, Kastanien und Stieleichen flankieren hier den Lauf des Llierca. Am linken Ufer führt ein Weg zum Puig de Bassegoda, auf der anderen Seite des Flusses einer zum verlassenen Dorf Taleixà. Folgt man dem Fluss weiter, so gelangt man schließlich zur wunder- voll gelegenen Einsiedelei Sant Aniol d’Aguja, wo der Roman La punyalada (Der Dolchstoß) des Schriftstellers Marià Vayreda beginnt. Noch etwas weiter aufwärts finden wir den Wasserfall Salt del Brull. 30

Das Núria-Tal. Die Zahnradbahn von Núria kann man in Ribes de Freser oder in Queralbs, dessen romanische Kirche man besuchen sollte, besteigen. Auf ihrem Weg lässt die Bahn Eschen und Haselsträucher ebenso hinter sich wie die Eichenwälder in den Tal- gründen und die Schwarzkiefern an den Hängen. Vorbei an Sturzbächen und Felswänden erreicht sie schließlich das Ufer eines Sees, auf dessen gegenüberliegender Seite sich der Komplex des Heiligtums Núria einschließlich der Kapelle mit der aus Holz geschnitzten romanischen Madonna aus dem 12. Jahrhundert befindet. Der Komplex umfasst auch Restaurants, Läden und ein Hotel, und etwas weiter oben gibt es außerdem eine Herberge. Wir befinden uns hier in zweitausend Metern Höhe, und die Berge, die das Núria-Tal umgeben, erreichen sogar beinahe die Dreitausendmetermarke. Neben einer kleinen Skistation und einem im Sommer geöffneten Reithof hat das Tal eine ganze Reihe an Ausflugsrouten zu bieten, wie die Aufstiege auf den Puigmal, den Pic de Noufonts, den Pic de la Fossa del Gegant oder den Pic de l’Infern oder Trekkingtouren nach Ulldeter und den Gorges de Carançà. Die Cerdanya. Im Gegensatz zu den anderen Pyrenäentälern, die nach Norden oder Süden ausgerichtet sind, verläuft das Vall de Cerdanya zwischen dem Hochgebirge der Pyrenäen auf der einen und dem Moixeró und dem Cadí auf der anderen Seite in Ost-West-Richtung. Der Grund liegt darin, dass die Cerdanya durch eine tektonische Verwerfung entstand. Von der vorrömischen Be- siedlung zeugen


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Br端cke 端ber den Llierca


bis heute Ortsnamen wie Bor, Urús, Alp oder Das, und aus dem Mittelalter sind eine ganze Reihe romanischer Kirchen, wie Sant Pere d’Olopte, Santa Cecília de Bolvir oder die majestätische Basilika Santa Maria de Talló, und die alte Mauer von Bellver erhalten. Durch das Pyrenäenabkommen von 1659 wurde das Tal jedoch geteilt, und zwar völlig willkürlich, wie sich am Beispiel der Enklave Llívia erkennen lässt, die vollständig von dem Frankreich zugesprochenen Gebiet umgeben ist. Im Zentrum der Cerdanya erhebt sich auf einer Anhöhe ihre Hauptstadt Puigcerdà, von der aus sich schöne Aussichten auf den Landkreis bieten. Zu Beginn des vergan-genen Jahrhunderts begann sich der Tourismus wegen der sauberen Luft und der frischen Sommer für die Cerdanya zu interessieren. Heute bietet sie im Winter ein großes, durch die Zusammenlegung der Skistationen Masella und La Molina entstandenes Wintersportzentrum und im Sommer zahllose Wanderrouten durch die Kiefernund Tannenwälder des Natur- parks Cadí-Moixeró, zu den Seen Estany de la Pera und Estany de Malniu oder zu den Gipfeln an der Grenze zu Andorra. Das Tal des Aigua d’Ora. Im äußersten Osten des Landkreises Solsonès schlängelt sich der Aigua d’Ora von der Ortschaft Navès aus durch ein langes Tal. Neben robusten Bauernhäusern befindet sich hier

auch ein Ökomuseum, in dem man unter anderem ein altes Sägewerk und eine Mühle zu sehen bekommt, die mit Wasserkraft betrieben werden. Zu einer Seite des Tals bildet die Serra de Busa eine von Felswänden aus Sedimentgestein umgebene Hochebene. Darunter steht an einer Talenge die unbedingt sehenswerte romanische Kirche Sant Pere de Graudescales. Diese Kirche aus dem 12. Jahrhundert, einst Teil eines nur für kurze Zeit existierenden Klosters, hat einen Grundriss in Form eines lateinischen Kreuzes mit Vierungskuppel und drei Apsiden. Das Cardós-Tal. Die Landstraße bahnt sich nur mit Mühe einen Weg in das enge Tal des Noguera de Cardós, das sich dann weiter flussaufwärts öffnet und den Blick auf den Ort Ribera de Cardós freigibt, in dem es einige kleine Hotels und ein recht umfangreiches Abenteuersportangebot gibt. Sehenswert sind hier der romanische Turm neben der Kirche, die schmalen Gassen und die Schiefermauern und -dächer der typischen Häuser. In dem von Gipfeln des Naturparks Hochpyrenäen umgebenen Tal hat man die wenigen Ebenen, die bewirt-schaftet werden können, zur Gründung von Dörfern genutzt, wie Surri, Anàs, das auf einem Felsvorsprung liegende Estaon, Ginestarre, dessen Zugang von einer kleinen romanischen Kirche bewacht wird, das sich an eine Felswand klammernde

Heiligtum Núria

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Aineto oder Tavascan. Darüber herrscht das Gesetz des Gebirges. Die Àneu-Täler. Im Norden des Landkreises Pallars Sobirà umfassen die Valls d’Àneu vier Gemeinden mit insgesamt 24 Dörfern. Das naturlandschaftliche Interesse dieser vom Naturpark Hochpyrenäen und vom Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici umgebenen Region ist unbestreitbar. Darüber hinaus hat sie ein reiches architektonisches Erbe mit Kirchen wie Sant Joan d’Isil oder Santa Maria d’Àneu in Escalarre, dem Ensemble von Son de Pi, dem Benediktinerkloster Sant Pere del Burgal in Escaló und den Brücken von Espot und Esterri d’Àneu sowie dem Ökomuseum der Àneu-Täler (siehe Kapitel „Das Leben im Gebirge“) zu bieten. Eine weitere interessante Einrichtung ist die Stiftung Fundació Territori i Paisatge in Les Planes de Son, die sich der Wissensvermittlung über Natur und Landschaft verschrieben hat. Das Vall Fosca. Wie der Name „Dunkles Tal“ andeutet, geht die Sonne in diesem von hohen Bergen eingeschlossenen Tal früh unter. Sein oberer Abschnitt reicht in den Nationalpark Aigüestortes i Estany de Sant Maurici hinein. Von dort erstreckt sich das Tal, dem Lauf des Flamisell folgend, nach Süden. In Cabdella, dem höchsten Dorf des Vall Fosca, ist die romanische Kirche Sant Vicenç sehenswert, von der aus sich

Olopte

herrliche Aussichten bieten. Unterhalb dieser Kirche kann in La Central de Cabdella das Wasserkraftmuseum besucht werden. Weiter südlich stehen in Espui die romanische Kirche Sant Julià und in La Torre de Cabdella die Einsiedelei Sant Martí. In Estavill ist die mittelalterliche Struktur eines ummauerten Ortes mit einigen überdachten Straßenzügen erhalten.

Sant Pere de Graudescales

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La Seu d’Urgell Kreuzpunkt in den Pyrenäen

Die Hauptstadt von Alt Urgell befindet sich in privilegierter Lage: Im Zentrum der katalanischen Pyrenäen, zwischen den Bergen Andorras und den letzten Ausläufern der Serra de Cadí, gelegen, beherrscht sie die von den Flüssen Segre und Valira aufgeschwemmte Ebene, die einen uralten Kreuzpunkt zwischen dem Pallars Sobirà, Andorra und der Cerdanya darstellt und Schauplatz historischer Ereignisse gewesen ist. Die Kathedrale. Die ursprüngliche, Orgellia genannte Stadt nahm die Anhöhe ein, auf der sich heute der Ortsteil Castellciutat erstreckt. Der Bischofssitz wurde jedoch von den Moslems geplündert. Später verlegte man die Stadt in die Ebene, wo auch eine Kathedrale entstand, die im 9. Jahrhundert geweiht wurde. Diese wurde im 12. Jahrhundert durch die große, in einem vorzüglichen lombardischen Stil errichtete romanische Kathedrale Santa Maria d’Urgell ersetzt. Diese besitzt einen der heraus-ragenden Kreuzgänge der katalanischen Romanik, mit Säulen, deren vom Roussillon-Stil beeinflussten Granitkapitelle mit Figuren der mittelalterlichen Mythologie skulptiert sind. An den Kreuzgang angebaut ist die romanische Kirche Sant Miquel, die als einzige der im 11. Jahrhundert auf Initiative des heiligen Armengol errichteten Bischofskirchen erhalten geblieben ist. 34

Das Diözesanmuseum von Urgell. Dieses direkt neben der Kathedrale befindliche Museum besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen mittelalterlicher Kunst in Katalonien. Die wertvolle Sammlung religiöser Kunst, die aus dem ganzen Bistum Urgell zusammengetragen wurde, umfasst unter anderen diverse romanische Madonnenfiguren. Am be-kanntesten sind jedoch Stücke wie der berühmte Beatus von Liébana, ein illustrierter Kodex aus dem 10. Jahrhundert, das 1364 von Pere Serra geschaffene gotische Retabel aus Abella de la Conca oder die Silberurne des heiligen Armengol vom Barockgoldschmied Pere Lleopart (1755). Der mittelalterliche Ortskern. In unmittelbarer Nähe der Kathedrale befinden sich die beiden von Bogengängen gesäumten Straßen der Stadt. Dabei handelt es sich zum einen um die Carrer dels Canonges, die Hauptstraße der Altstadt, in der bemerkenswerte Gebäude wie Cal Botxí, Cal Roger oder Ca l’Armenter, mit gotischen Fenstern und verzierten Balken, stehen, und zum anderen um die Carrer Major, wo die Maße ausgestellt sind, mit denen in der Kornwaage das Gewicht des Getreides bestimmt wurde. Hier sind außerdem einige Herrenhäuser zu sehen. Die Carrer Capdevila und die Carrer de les Eres wurden im Zuge der Stadterweiterung im 13. Jahrhundert angelegt.


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Kreuzgang der Kathedrale


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Olympischer Park des Segre. Kanusport

<

<

Die Silberurne des heiligen Armengol


Die Märkte. In La Seu d’Urgell gibt es seit 1029 einen Wochenmarkt und mindestens seit dem Jahr 1048 auch einen Jahrmarkt. Gegenwärtig findet in den Straßen der Altstadt an jedem Dienstag und Sonnabend ein Markt mit zahlreichen Ständen statt. In den Läden der Stadt sind die kunsthandwerklichen und autochthonen Produkte der Pyrenäen zu finden, darunter die besten Käse der Region, Butter, Wurstwaren, Honig, eingemachte Pilze, Fleisch und frisches Obst und Gemüse. Der Olympische Park des Segre. Diese einzigartige Sportanlage für Kanusport, Rafting und Hydrospeed wurde anlässlich der Olympischen Spiele von 1992 eingerichtet. Sie umfasst Still- und Wildwasserkanäle und ein System mechanischer Aufzüge, das es den Sportlern erlaubt, den Stillwasserkanal wiederholt zu befahren, ohne ihre Boote verlassen zu müssen.

Der Beatus von Liébana

Die Kulturstadt. Im Laufe des Jahres finden in La Seu d’Urgell Veranstaltungen wie das Internationale Musikfestival Joan Brudieu (im Juli und August), die Aufführungen des Retabel des heiligen Armengol (erste Augusthälfte) oder der Jahrmarkt Fira de Sant Ermengol (dritter Sonntag im Oktober) statt. Der Jahrmarkt umfasst vier thematische Bereiche: die Messe der handwerklich herge-stellten Käse der Pyrenäen, die Messe der Tourismusprodukte der Pyrenäen und des Nordischen Skisports, die Schau traditioneller Lebensmittelerzeugnisse Fet i Pastat a la Seu und einen pyrenäischen Kunsthandwerkermarkt in der Carrer dels Canonges. In der gotischen Kirche Sant Domènec, die heute einen Kultursaal beherbergt, finden zahlreiche Ausstellungen, Tagungen und Konzerte statt.

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Olot Hauptstadt der Vulkane

Wenn von Explosionen, Erdbeben, Feuerzungen und Lavaströmen die Rede ist, denken wir vielleicht an die Tore zur Hölle, aber nicht an die Landschaft des Landkreises Garrotxa oder seine Hauptstadt Olot. Und doch ist Olot unmittelbar von vier Vulkanen umgeben: dem Bisaroques, dem Montolivet, dem Garrinada und dem Montsacopa. Am deutlichsten ist der Montsacopa auszumachen, an dessen Hängen die Stadt emporwächst und an dessen Kraterrand die Einsiedelei Sant Francesc steht. Man braucht nichts zu befürchten: Die Vulkane sind vor über 11 000 Jahren erloschen und die letzten beiden verheerenden Erdbeben liegen fünfhundert Jahre zurück. Damals blieb praktisch kein Stein auf dem anderen, und die Oloter nutzten die Gelegenheit, die Stadt zu verlegen. Zugleich verließen sie auf diese Weise das vom Kloster Ripoll kontrollierte Gebiet und entzogen sich seiner Rechtsprechung. Die Stadt, die sich am Fuß des Montsacopa erstreckt, wurde also völlig neu angelegt. Wenn man vom Vulkan hinabsteigt, sollte man die auch als Firal (Jahrmarktsgelände) bekannte Passeig d’en Blay aufsuchen, wo jeden Montag Markt gehalten wird. Hier steht das Casa Solà Morales, das herausragende Bauwerk des Modernisme (katalanischer Jugendstil) in der Stadt, das nach Anleitung von Lluís Domènech i Montaner renoviert wurde und mit Karyatiden des Bildhauers Eusebi Arnau geschmückt ist. Die nächste Station der Stadtbe-sichtigung ist die robuste Kirche Sant Esteve mit Fassade und Retabel aus dem Barock, deren Pfarrmuseum ein Gemälde von El Greco besitzt.Direkt nebenan steht das in ein Museum umgewandelte Herrenhaus Can Trincheria. 38

Das Kreismuseum ist im ehemaligen Hospiz untergebracht. Es befasst sich mit der Entwicklung des Landkreises und zeigt neben Werken zahlreicher Künstler, die hier gelebt haben, auch Wanderausstellungen. Besondere Erwähnung verdienen die Säle, die der von den Brüdern Joaquim und Marià Vayreda und Josep Berga gegründeten Schule von Olot gewidmet sind, deren Mitglieder als erste im Land ins Freie hinausgingen, um zu malen. Herausragende Exponate des Museums sind neben Skulpturen von Miquel Blay und Josep Clarà das Gemälde Der Angriff von Ramon Casas und die Sammlung von Werbeplakaten für „Cigarrillos París“. Im Zentrum von Olot sollte man auch einen Spaziergang durch die Straßen um den Plaça Major machen und das ehemalige Karmelitinnenkloster Claustres del Carme, einen Gebäudekomplex im Renaissance- stil, der heute die Kunstschule von Olot beherbergt, besichtigen. Über die Südseite des Plaça de Josep Clarà gelangen wir auf die von riesigen Platanen beschattete Passeig de Barcelona. Hier beginnt das Eixample Malagrida, ein Gartenstadtprojekt eines reichen Amerikaheimkehrers, der in Argentinien als Tabak- händler zu Wohlstand gekommen war. Auch er selbst ließ sich hier ein Haus bauen, nämlich die herrschaftliche Torre Malagrida, in der sich inzwischen eine Jugendherberge befindet. Am anderen Ufer des Fluvià liegt der Neue Park, in dem man in einem Stieleichenwald spazieren gehen kann, wie er die ganze Ebene von Olot bedecken würde, wäre diese nicht gerodet worden. Zu finden sind aber auch Linden, Eschen, Ulmen, Kirschbäume und Ahorn


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Santa Pau


mit Unterholz aus Stech- palmen, Haselsträuchern, Buchsbäumen und Hagedorn. Außerdem beherbergt der Park das Vulkanmuseum. Dieses Museum ist im alten Palais Torre Castanys untergebracht und erklärt die Entstehung, den Ablauf bzw. die Funktionsweise und die Wirkung von Erdbeben und Vulkanen. Unter anderem lässt sich hier in einem Simulator die Erfahrung eines Erdbebens nachvollziehen. Außerdem werden die wichtigsten Ökosysteme der Garrotxa erläutert, die man sich natürlich auch vor Ort anschauen sollte. Ganz in der Nähe des Museums findet man zum Beispiel das Feuchtgebiet La Moixina und etwas weiter entfernt den vom Dichter Joan Maragall besungenen Buchenwald Fageda d’en Jordà und die Vulkane Croscat und Santa Margarida. Man kann sich aber auch aufs Fahrrad schwingen und eine Tour auf der CarriletRoute machen, die einer still- gelegten Eisenbahnlinie nach Girona folgt.

Casal dels Volcans”

Die Wäscherinnen, Joaquim und Marià Vayreda (MCG)

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Vulkan Santa Margarida


Solsona Steinerne Wurzeln

Die starke Persönlichkeit Solsonas zeigt sich am

Die Altstadt. Ein Spaziergang durch die steingepflasterten

umfangreichen historischen und kulturellen Erbe, das

Straßen sollte unbedingt am mit Bogengängen

von Dauerhaftigkeit, von jahrhundertelangem Aufbau

gesäumten Plaça Major vorbeiführen, auf dem freitags

auf soliden Fundamenten zeugt. Die von Bogengängen

Markt gehalten wird. Von diesem Platz geht die Carrer

gesäumten Straßen, die Palais aus Gotik, Renaissance

del Castell ab, an der das Renaissance- gebäude des

und Klassizismus, die anmuti-gen Brunnen sind allemal

Rathauses und der Torre de les Hores (Stundenturm)

einen gemächlichen Spaziergang wert und werden

stehen. In unmittelbarer Nähe ist der aus dem 15.

mitunter, wenn der umfangreiche Festtagskalender

Jahrhundert stammende Brunnen des Plaça de Sant

es so vorsieht, zum Schauplatz lebhaften Treibens

Joan zu finden. Südlich von der Carrer del Castell

mit trabucaires (Freischärler) mit laut knallenden

verläuft die Carrer de Llobera; hier befinden sich

Donnerbüchsen, gegants (Riesenfiguren) und bèsties

ein weiteres Stadttor, zahlreiche vom Wohlstand

(Fabeltiere). Solsona und der Landkreis Solsonès

ihrer Erbauer zeugende Häuser und das Messer-

besitzen darüber hinaus ein sehr umfangreiches Erbe

und Schneidwerkzeugemuseum, das sich mit der

aus dem Barock, aus dem das Heiligtum El Miracle und

industriellen Tradition der Stadt beschäftigt, die im

das Retabel der Kapelle der Mare de Déu dels Colls in Sant Llorenç de Morunys herausragen.

Bereich der Eisenverarbeitung mit bekannten Zentren wie Olot oder Toledo konkurrierte.

Das Diözesan- und Kreismuseum. Im emblematischen

Das Portal del Pont. Von der Stadtmauer, die Solsona

klassizistischen Bischofspalast. Die bemerkenswerte

seit dem 11. Jahrhundert umgab, ist ein guter Teil bis

Sammlung beginnt chronologisch mit prähistorischen,

heute erhalten. Das sich darin öffnende so genannte

iberischen und römischen Gebrauchsgegenständen.

Brückentor vom Ende des 18. Jahrhunderts dient nach

Ein wesentlicher Teil des Museums ist jedoch dem

wie vor als Hauptzugang zum Herzen der Altstadt.

Mittelalter gewidmet. Besondere Erwähnung verdienen

Hinter dem Tor erhebt sich die Kathedrale mit ihren drei

die vorromanischen Fresken aus Sant Quirze de Pedret,

romanischen Apsiden.

die Madonnenfiguren, die Seitenflügel des Altars aus Sagàs und das gotische Heilige Abendmahl von

Die Kathedrale. Die gotische Kathedrale, wie sie

Jaume Ferrer I. Außerdem ist eine umfangreiche

heute zu sehen ist, umfasst die drei Apsiden und den

Sammlung liturgischer Geräte aus späteren Epochen

Glockenturm ihrer Vorgängerin. In ihr wird neben einem

zu sehen.

barocken Retabel die Muttergottes vom Kreuzgang,

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Solsona. Diรถzesan - und Kreismuseum


die Schutzpatronin der Stadt, bewahrt. Die schön skulptierte Steinfigur stammt aus dem 12. Jahrhundert. Olius. Sechs Kilometer östlich von Solsona steht die romanische Kirche Sant Esteve. Wer sie betritt, entdeckt eine behagliche romanische Krypta mit sechs feinen Säulen, die ein Gewölbe aus grob behauenen Steinen tragen. Auf der anderen Seite der Landstraße liegt ein 1916 von Bernadí Martorell entworfener und von Gaudí inspirierter Friedhof, der eine Einheit mit seiner natü rlichen Umgebung bildet. El Miracle. Zwölf Kilometer südlich von Solsona ist das Heiligtum El Miracle zu finden. Es umfasst mehrere Gebäude,

deren

Schmuck-losigkeit

im

starken

Kontrast zum beeindruckenden Barock-retabel der Basilika steht, an dem der Bildhauer Carles Morató und der Vergolder Antoni Bordons je zehn Jahre arbeiteten. Das Ergebnis mutet mit seinen gestikulierenden Heiligen und Engeln, dem goldenem Glanz, den Voluten und Wolkenspiralen opernhaft an.

Diözesan- und Kreismuseum und kathedrale

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Olius. Krypta Sant Esteve


Riner. Retabel im Heiligtum El Miracle

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Gebirgsstädte

Einige der kleinen Städte, die direkt im Herzen

umfangreiche Auswahl an Waffen zu sehen, die in Ripoll

des Pyrenäen an strategischen Punkten angelegt

hergestellt wurden.

wurden, entwickelten sich zu historischen Wegekreuzungen und zentralen Schaltstellen zwischen

Puigcerdà. Die Hauptstadt von Cerdanya liegt auf

dem Gebirge und der Ebene. Dies ist der Fall bei

dem Gipfel des Berges, der ihr den Namen gibt, und

Ripoll, Puigcerdà und Berga, aber zum Beispiel

beherrscht von dort die Cerdanya- Ebene mit einer

auch bei Tremp, Sort und El Pont de Suert.

der

Wir reden von historischen Orten mit glanzvoller

Puigcerdà ist schon immer ein bedeutendes Markt-

spektakulärsten

Aussichten

Vergangenheit, die auch heute noch als Markt-

und

und Handelszentren für die Menschen aus den

Sehenswürdigkeiten betrifft, ragen die gotischen Fresken

umliegenden Gebirgsregionen dienen. Städte mit

des Klosters Sant Domènec und Baudenkmäler wie die

Persönlichkeit.

gotische Brücke Pont de Sant Martí, das Hospiz oder

Dienstleistungszentrum

ganz

gewesen.

Kataloniens. Was

die

Can Deulofeu heraus. Besondere Erwähnung verdient Ripoll. Die Beschaffenheit des Tals bestimmte die

aber vor allem die Umgebung des großen Sees. Um

Lage der Kreisstadt von Ripollés am Zusammenfluss

das ursprüngliche Bewässerungs-becken aus dem

der Flüsse Ter und Freser. Direkt in ihrem Zentrum

14. Jahrhundert herum wurden zu Beginn des 20.

erhebt sich die Kirche des vom Grafen Wilfried im

Jahrhunderts von wohlhabenden Bürgern, die wegen

9. Jahrhundert gegründeten Klosters, an deren

des frischen, stärkenden Klimas die Sommer hier

Glockenturm stets sein Banner mit den vier roten Streifen

verbrachten, geräumige Villen und Sommerhäuser

weht. Das Kloster war über Jahrhunderte hinweg das

errichtet, die bis heute ein herrschaftliches Bild bieten.

bedeutendste des Landes, bis es 1835 geplündert und niedergebrannt wurde. Besonders sehenswert ist das

Berga. Die Kreisstadt von Berguedà liegt in strategischer

einzigartige romanische Portal. Die Stadt entstand um

Lage, die sie gewissermaßen zum Grenzposten

das Kloster herum und wurde schon bald für seine

zwischen dem Gebirge und der Ebene macht, am Fuß

Eisen- und Stahlindustrie bekannt, in der das Verfahren

der Vorpyrenäen. Von der historischen ummauerten

der so genannten „katalanischen Schmiede“ zum

Stadt und ihrer Burg sind einige Abschnitte der

Einsatz kam. Im örtlichen Völkerkundemuseum ist eine

alten Stadt- und Burgmauern, wie der mit dem Tor zum

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Roques Ripoll. Romanisches d’en Benet Portal


Sort. Die Kreisstadt von Pallars Sobirà liegt am rechten Ufer des Noguera Pallaresa, direkt am Fuß ihrer mittelalterlichen Burg. In der Altstadt sind die großen Rundtürme, die gotische Fassade und die Mauern der inzwischen restaurierten Burg erhalten, die heute als Mehrzweckraum für Ausstellungen und andere Aktivitäten genutzt wird. Sort ist ein bedeutendes Ausflugszentrum, und zur Gemeinde gehören eine Reihe weiterer Ortschaften des ÀssuaTals, wie Altron, Sorre oder Llessui. Die Stromschnellen des Noguera Pallaresa sind ein beliebtes Ziel für Freunde des Wildwasserkanusports, für den Sort eine Pionierrolle spielt. Tremp. Hier sind drei der ursprünglich sechs Wehrtürme der alten Stadtmauer erhalten. Sehenswert sind in Tremp außerdem das ehemalige Armenhospital, die Basilika Mare de Déu de Valldeflors und die romanische Brücke Pont de Sant Jaume. Das Gemeindegebiet der Hauptstadt von Pallars Jussà reicht als größtes in Katalonien aber weit über die Stadtgrenzen hinaus und umfasst mit La Terreta ein Gebiet mit Eichen-, Buchen- und Eibenwäldern, durch das sich zahlreiche Wanderrouten ziehen. El Pont de Suert. Die Hauptstadt von Alta Ribagorça liegt am Schnittpunkt der Täler Vall de Barravés, Vall de Boí, Vall de Castanesa und Vall Viu am Ufer des Noguera Ribagorçana. In der Altstadt sind der Plaça Major, der Plaça del Mercadal, die Alte Kirche und der Abtspalast sehenswert. Das herausragende Baudenkmal des Ortes ist jedoch die Neue Kirche aus dem Jahr 1955. 48

Puigcerdà. See

Plaça de Santa Magdalena, erhalten. Herausragende Sehenswürdigkeiten sind die romanische Kapelle Sant Pere de Madrona, die Kirche Sant Joan mit gotischen Elementen und die Überreste des historischen Judenviertels, aber auch das Jugendstiltheater und -casino. Die Umgebung der Stadt bietet wundervolle Ausflugsziele: Das Heiligtum Queralt, die mittelalterliche Brücke und die vorromanische Kirche Sant Quirze in Pedret oder die Gebirgslandschaft der Rasos de Peguera sind dafür nur einige repräsentative Beispiele. Und schließlich darf, wenn man von Berga spricht, auch das von der UNESCO zum immateriellen Weltkulturerbe erklärte populäre Patum-Fest nicht unerwähnt bleiben.


Berga

<

Sort <

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Die Essenz des Mittelalters

Die Pyrenäen waren das Rückgrat der Entwicklung Kataloniens. Die Schlüsselrolle, die dieses Gebirge im Mittelalter als Zufluchtsort spielte, lässt sich am Umfang und an der Qualität des erhaltenen historischen und kulturellen Erbes ablesen. Die Kunst aus jener Zeit ist überall zu finden: in den romanischen Kirchen und Klöstern und in der Zivilarchitektur, aber auch in den kleinen Kapellen, die an den am schwierigsten erreichbaren Stellen errichtet wurden. Sant Pere de Rodes. Die Legende berichtet, in diesem oberhalb von El Port de la Selva gelegenen Kloster seien die Reliquien des Apostels Petrus und anderer Heiliger aufbewahrt worden. Die Kirche, so wie sie heute zu sehen ist, stammt wahrscheinlich aus dem 11. Jahrhundert, weist jedoch auch Elemente aus vorromanischer Zeit auf. Ihre drei sehr hohen Schiffe sind durch Pfeiler und Säulen mit hohen Unterbauten oder Podien voneinander getrennt, die korinthische Kapitelle mit tierähn-lichen Köpfen und vieleckige Kapitelle mit geometrischer Dekoration aufweisen. Der 27 Meter hohe Glockenturm ist dem lombardischen Stil zuzuschreiben. Ein Pfad führt von hier zur in Gratnähe gelegenen Burg Sant Salvador empor, von der aus sich ein weiter Rundblick bietet. Das Kloster Sant Joan de les Abadesses. In diesem im 9. Jahrhundert von Wilfried dem Behaarten gegründeten Kloster wird eine herrliche Skulpturengruppe der 50

Kreuzabnahme aus dem 13. Jahrhundert bewahrt, die als Heiliges Mysterium bekannt ist. Sehenswert sind des Weiteren die dem heiligen August und der Weißen Madonna gewidmeten gotischen Retabel und das ebenfalls gotische Grab des seligen Mirus. Der gotische Kreuzgang mit dem kleinen romanischen Fenster des Kapitelsaals in einer Wand und die barocke Schmerzenskapelle, in der sich eine schöne zeitgenössische Pietà befindet, komplettieren das Ensemble. Sant Quirze de Colera. Diese kleine, 1123 umgeweihte Benediktinerabtei steht am Fuß der Serra de l’Albera. Das Mauerwerk ist im Fischgrätenverband ausgeführt. Die Kirche hat drei Schiffe und drei Apsiden im lombardischen Stil; außerdem umfasst der Komplex Reste einer älteren Kirche, des Kreuzgangs und von Befestigungs-anlagen. In der Nähe steht die ehemalige Pfarrkirche Santa Maria de Colera, ein kleiner einschiffiger Bau mit Apsis aus dem 12. Jahrhundert. Das Kloster Santa Maria de Ripoll. Das ursprünglich aus westgotischer Zeit stammende Kloster wurde im 9. Jahrhundert vom berühmten Grafen Wilfried der Behaarte neu gegründet. Unter seinem Schutz wurde das Kloster immer wohlhabender und besaß schließlich eine der herausragenden Klosterbibliotheken der Epoche. Ab dem 10. Jahrhundert entstanden unter Abt Oliba die romanischen Elemente des Gebäudes. Das


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Sant Pere de Rodes


Sant Jaume de Frontanyà

Sant Joan de les Abadesses. Das Heilige Mysterium

aus dem 12. Jahrhundert stammende Portal des Klosters gilt als bedeutendste romanische Bildhauerarbeit Kataloniens. Außerdem ruhen hier, im gräflichen Pantheon, die sterblichen Überreste des Grafen Wilfried. Sant Jaume de Frontanyà. Dieses ehemalige augustinische Chorherrenstift stellt mit seinem Grundriss in Form eines lateinischen Kreuzes, seinen drei Apsiden und seiner schmucklosen Fassade ein heraus-ragendes Beispiel für die lombardische Romanik des 11. Jahrhunderts dar. Es besitzt ein in Katalonien einzigartiges majes- tätisches, zwölfseitiges, von Kegeltrompen getragenes Kuppelgewölbe, das bei der Restauration des Klosters Ripoll als Vorbild herangezogen wurde. Santa Maria de Gerri. Das charakteristischste Element dieser ehemaligen Abtei in der Nähe des Noguera Pallaresa ist ihre von einer dreistöckigen Glockenwand gekrönte Fassade. Der dreischiffige Bau ist wesentlich geräumiger als sich von außen vermuten ließe. Sant Serni de Tavèrnoles. Diese Abtei existierte bereits zu Beginn des 9. Jahrhunderts. Ihr Einflussgebiet reichte zeitweise von Berguedà bis nach Andorra, 52

von der Cerdanya bis nach Isona und in das Pallars und sogar hinein nach Aragonien und Kastilien. Das erklärt auch die Größe der 1040 geweihten Abtskirche, deren Chor- haupt vollständig erhalten ist. Die Kapitelle aus dem Kreuzgang und die Altarfront sind im Nationalen Kunstmuseum von Katalonien (MNAC) zu sehen, während in La Seu d’Urgell einige Dokumente und vor allem das Urkundenbuch der Abtei bewahrt werden.während in La Seu d’Urgell einige Dokumente und vor allem das Urkundenbuch der Abtei bewahrt werden. Kleine Kirchen. Überall in den Pyrenäen finden sich kleine Schmuckstücke der religiösen Architektur. Zu ihnen zählt zum Beispiel die Kirche Sant Cristòfor de Beget (Ripollès), in der eine über zwei Meter große hölzerne Christusfigur mit einer langen und langärmeligen Tunika erhalten ist. In der Nähe von Cercs (Berguedà) steht Sant Quirze de Pedret, eine Kirche aus dem 9. und 10. Jahrhundert mit romanischen Elementen und bedeutenden Wandmalereien aus dem 10. und 12. Jahrhundert. Santa Maria de Talló (Cerdanya) ist eine große Kirche mit merk-würdigen, für die katalanische Architektur der Romanik recht unüblichen äußeren Stützpfeilern, auf deren Gelände


auch einige anthropomorphe Gräber zu finden sind. Die Kirche Sant Esteve in Abella de la Conca (Pallars Jussà) dominiert seit dem 11. Jahrhundert den oberen Teil dieses Ortes. In ihr sind Wandmalereien aus dem 12. bis 13. Jahrhundert zu sehen. Aus dieser Kirche stammt auch ein gotisches Retabel mit Szenen aus dem Leben der Heiligen Jungfrau, das im Diözesanmuseum von Urgell bewahrt wird. Die Kirche Sant Joan d’Isil (Pallars Sobirà) steht unmittelbar am Ufer des Noguera Pallaresa und besitzt eine außergewöhnliche Südfassade, die mit Rundbogenfriesen und menschlichen und zoomorphen Symbolen geschmückt ist. Auf zwei Basreliefs sind Adam und Eva vor und nach dem Sündenfall dargestellt. Die Zivilarchitektur. Unter den mittelalterlichen Zivilbauten ragen einige Brücken heraus. Über die Alte Brücke von Besalú erreicht man die von Bogengängen gesäumten Gassen, die romanischen und gotischen Häuser und die einzigartigen jüdischen Bäder des Ortes. In Sant Joan de les Abadesses gibt es ebenfalls eine Alte Brücke gotischen Stils, deren Unterbauten

von einer 1138 fertig gestellten romanischen Vorgängerin stammen. Nach deren Zerstörung durch das Erdbeben von 1428 wurde sie im gotischen Stil mit einem höchst eleganten Bogen, der sie zur gotischen Brücke mit der größten lichten Weite auf der ganzen Iberischen Halbinsel macht, wiedererrichtet. Die Neue Brücke von Camprodon aus dem 13. Jahrhundert führt mitten im schönen Ortszentrum über den Ter; sie besitzt einen großen, aus grob behauenen Quadersteinen errichteten Bogen. An ihrer westlichen Seite ist mit dem Portal de Cerdanya eines der Tore der alten Stadtmauern erhalten. Andere Beispiele der mittelalterlichen Architektur sind die Burgen, unter denen die von Mur herausragt. Es handelt sich um einen kompakten Bau mit einem Turm, der sich im Besitz der Grafen von Pallars befand. Auf der Esplanade der Burg, von der aus man das ganze Becken von Tremp überblickt, steht die Kirche Santa Maria.

Santa Maria de Gerri de la Sal

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Die Route der Pyrenäengrafschaften

Die Route der Pyrenäengrafschaften entspricht einer Reise zu den Ursprüngen Kataloniens. Einer Reise, die die beeindruckenden Gebirgs-landschaften mit der schlichten Schönheit der romanischen Kirchen und Klöster kombiniert, in denen noch stets die Schritte herausragender historischer Persönlichkeiten, etwa von Abt Oliba oder Graf Wilfried dem Behaarten, nachzu hallen scheinen. Vom Empordà nach Ribagorça führt die Route vor der Kulisse des Hochgebirges durch wunder- schöne Landschaften, die die Wiege historischer Figuren und der Schauplatz großer Heldentaten, Legenden, Mythen und Traditionen gewesen sind. Ein natürliches und vom Menschen geformtes Milieu mit verstreuten Klöstern, Kirchen und Burgen, die an die alten Zeiten erinnern, die auch die der Entstehung Europas, des Feudalismus, der Kreuzzüge und der romanischen Kunst gewesen sind. Die Route der Pyrenäengrafschaften hält für jeden Besucher ein touristisches Angebot bereit, das seine jeweiligen Wünsche und in den Landkreisen, durch die die Route führt, von kleinen Hotels über Landunterkünfte bis hin zu zahlreichen Campingplätzen reicht. Überall können auch die katalanische Bergküche verkostet und ein breites Angebot an Qualitätsprodukten, von den Wurstsorten llonganissa aus Vic und xolís aus dem Pallars bis hin zu allen möglichen traditionell hergestellten Käsesorten, erstanden werden. Hinter jeder Kurve der auf Nebenstraßen durch wunderschöne Landschaften führenden Route lässt sich die Geschichte der Entstehung Kataloniens entdecken 54

und begreifen, wie eine auf der römischen und westgotischen Welt beruhende Gesellschaft im 9. bis 12. Jahrhundert eine eigene Persönlichkeit entwickelte, die in einem architektonischen Stil – der Romanik –, einer Sprache – dem Katalanischen – und dem Namen eines Landes – Katalonien – ihren Ausdruck findet. Die Route führt durch das Gebiet elf ehemaliger Grafschaften und kann in einem Rutsch oder aber Stück für Stück, Graf-schaft für Grafschaft erschlossen werden. Von Ost nach West bietet die Route Touristen die Möglichkeit, eine Auswahl an mittelalterlichen Ensembles, Denkmälern und Museen zu besuchen, die einen mühelos in die Zeiten Altkataloniens und des Grafen Wilfried, des Abts Oliba, des Ritters Arnau Mir de Tost, der Gräfin Ermensinde oder des Kriegers Bernat Tallaferro zurückführen. Chronologisch reicht die Route der Pyrenäengrafschaften vom wenig bekannten 9. Jahrhundert, in dem Wilfried der Behaarte den Prozess initiierte, der zur Unabhängigkeit der katalanischen Grafschaften führen sollte, bis in das 15. Jahrhundert, als der Tod Martins des Menschlichen ohne lebende Nachkommen zum Erlöschen des Hauses Barcelona führte, das Katalonien für mehr als fünf Jahrhunderte regiert hatte. Die folgenden Zeilen beschreiben kurz zusammengefasst, was es in den einzelnen ehemaligen Grafschaften entlang der Route zu entdecken gibt. Die Grafschaft Berga: im Schatten des Pedraforca. Das sich unter dem majestätischen und emblematischen Doppelgipfel des Pedraforca erstreckende Berguedà


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Ripoll. Klosterkirche


war zwischen dem 11. und dem 14. Jahrhundert nicht nur Heimat faszinierender historischer Persönlichkeiten, wie des Barons von Pinós oder des Trobadors Guillem de Berguedà, sondern auch ein Gebiet, in dem die Katharer unauslöschliche Spuren hinterließen. In dieser privilegierten natürlichen Umgebung bestehen kleine Dörfer und Weiler wie Gósol, Saldes und Maçaners neben verstreut liegenden romanischen Bauwerken, wie den Kirchen Sant Llorenç prop Bagà, Santa Maria de Lillet, Sant Vicenç de Rus, Sant Jaume de Frontanyà, Sant Sadurní de Rotgers, Sant Quirze de Pedret und Sant Vicenç d’Obiols. In diesem Rahmen und der praktisch intakten Landschaft lässt sich die Essenz der mittelalterlichen Vergangenheit der katalanischen Grafschaften gut nachempfinden. Gleiches ermöglichen die uralten Feste, wie das FiaFaia-Fest in Bagà oder das Patum-Fest in Berga, das als symbolträchtigstes katalanisches Volksfest von der UNESCO in die Welterbeliste aufgenommen worden ist. Die Grafschaft Besalú: der Hof Tallaferros. Das Gebiet der einstigen Grafschaft Besalú entspricht in etwa dem des heutigen Landkreises Garrotxa und lässt Durch-reisende und Touristen in den Genuss zweier wesentlicher landschaftlicher Elemente kommen: der Üppigkeit der Wälder und Anbauflächen und der Schönheit der Vulkanlandschaften, etwa der

Besalú. Brücke über den Fluvià

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Basaltsäulenwand von Castellfollit de la Roca. Die ehemalige Grafschaft Besalú und vor allem ihre Hauptstadt bieten darüber hinaus ideale Bedingungen für Besucher, die anhand eines kunsthistorischen Erbes, das von Baudenk-mälern wie der wundervollen FluviàBrücke bis hin zu den Reminiszenzen der jüdischen Kultur reicht, die mittelalterliche Vergangenheit der gräflichen Epoche nachvollziehen wollen. Das inmitten der Berge der Garrotxa gelegene Santa Pau stellt als eines der harmonischsten architektonischen Ensembles des ganzen Landes ein wahrhaftes Kompendium der katalanischen Volksarchitektur dar. Die Vizegrafschaft Cardona: die ungekrönten Könige. Der Anblick des beeindruckenden architektonischen Ensembles der Stadt Cardona und ihrer Festung, die hoch oben auf einem vom Cardener umflossenen Felskegel liegt, macht deutlich, welche Bedeutung das Haus Cardona in der gräflichen Epoche hatte. Der Beiname „Herren des Salzes“, unter dem das Adelsgeschlecht bekannt war, zeugt vom wirtschaftlichen Gewicht der Salzbergwerke von Cardona und von der Macht der Vizegrafschaft. Die Cardonas gehörten in der katalanischen Politik des Mittelalters zu den einflussreichsten Familien; sie waren wahrhafte „ungekrönte Könige“. In westliche Richtung bildet die im Zentrum der schönen Hochebene, die als


Wasserscheide zwischen dem Llobregat und dem Segre wirkt, gelegene Barockstadt Solsona das notwendige Gegengewicht zum mittelalterlich wirkenden Cardona. Östlich von Manresa zeugt das Kloster Sant Benet de Bages vom Fortschritt der Wiederbesiedelung in der gräf- lichen Epoche nach der Rückeroberung von den Moslems. Die Grafschaft Empúries: die unabhängige Grafschaft. Im wundervollen Rahmen des seit über zweitausend Jahren besiedelten Empordà spielten Castelló d’Empúries und das Kloster Sant Pere de Rodes eine Schlüsselrolle in der Geschichte der ehemaligen Grafschaft Empúries und zählen bis heute zu den herausragenden Elementen des kunst- und kulturhistorischen Erbes Kataloniens. In Castelló d’Empúries gibt es für Besucher zahlreiche Baudenkmäler zu entdecken, die in der ehemaligen Hauptstadt der Grafschaft Empordà bis heute erhalten geblieben sind. Darüber hinaus erlaubt es das in der Naturlandschaft des Cap de Creus, eines wahrhaften katalanischen finis terrae, im gleichnamigen Gebirge gelegene Kloster Sant Pere de Rodes – ein ebenso altes Pilgerziel wie Santiago de Compostela –, den Einfluss des Benediktiner-ordens auf die Entstehung der katalanischen Romanik nach- zuvollziehen. Sehenswert sind auf dem Gebiet der ehemaligen Grafschaft

Castellfollit de la Roca

darüber hinaus die Klöster Sant Quirze de Colera und Santa Maria de Vilabertran, die Burg von Requesens und das mittelalterliche Ensemble von Peralada. Die Grafschaft Girona: die Grenze des Karolingerreichs. Die Monumentalität der in den ersten Ausläufern der Bergkette Les Gavarres am rechten Ufer des Onyar und am Fuß des Montjuïc gelegenen Altstadt von Girona erlaubt es jedem Besucher mit einem Mindestmaß an Sensibilität, sich mühelos in die Zeit zurückzuversetzen, in der die katalanischen Grafschaften entstanden. Es handelt sich um die Epoche nach der Rückeroberung der Stadt durch Karl den Großen, auf die auch das umfangreiche jüdische Erbe in der Stadt am Ter verweist, das seinen höchsten Ausdruck im höchst sehenswerten historischen Judenviertel, dem call, findet, in dem so berühmte Persönlichkeiten wie Isaak der Blinde lebten. An einem Ende der Grafschaft Girona helfen La Bisbal d’Empordà und seine Burg, die Führungsrolle der Kirche und den Einfluss des Bistums Girona auf die katalanische Politik im Mittelalter zu verstehen. Unbedingt sehenswert sind darüber hinaus die Orte Pals und Peratallada, die Beispiele für mittelalterliche urbane Strukturen und ihre Umgebungen in der Epoche der katalanischen Grafschaften darstellen.

Girona. Blick vom Kreuzgang der Kathedrale auf den Turm Karls des Großen

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Vic. Kathedrale


Covet

Die Grafschaft Osona: der Schlussstein Altkataloniens. Osona gehört zu den eigentümlichsten Landkreisen Kataloniens. Der Name nimmt Bezug auf den Ibererstamm der Ausetaner und ihre Hauptstadt, das iberische und römische Ausa, das ab dem 5. Jahrhundert als Bischofssitz diente und bereits im 2. Jahrhundert vor Christus in römischen Chroniken erwähnt worden war. Strategisch günstig zwischen der „Wiege Kataloniens“, also den Pyrenäengrafschaften, und Barcelona, der Cap i Casal (Haupt- und Stammstadt) der katalanischen Grafschaften, gelegen, wurde Osona nach der Wiederherstellung als Grafschaft und Bistum zum Schlussstein Altkataloniens. Ein von Wilfried wiederbesiedeltes und anschließend durch die immense Leistung Abt Olibas, der das Bistum nach Westen bis über die Segarra hinaus erweiterte, konsolidiertes Gebiet. Der Einfluss Olibas ist in Form des schlanken Glockenturms der Kathedrale von Vic, den er persönlich in Auftrag gab, übrigens bis heute zu sehen. Umweit von Vic führt die schmucklose Architektur des isoliert auf einem der vom Ter umflossenen steilen Felsen stehenden Klosters Sant Pere de Casserres seine Besucher zurück zu den Ursprüngen der katalanischen Grafschaften. Vervollständigt werden die aus jener Epoche verbliebenen Schätze durch die Klöster Santa Maria de Lluçà und Santa Maria de l’Estany und die Ruinen der mittelalterlichen Siedlung L’Esquerda, die in strategischer Lage auf einem Mäander des Ter errichtet worden war.

Die Grafschaft Pallars Jussà: die Herren des Gebirges. Von allen Seiten von Bergen umgeben, erstreckte sich die ehemalige Grafschaft Pallars Jussà zwischen der Schlucht Estret de Collegats und dem Montsec-Gebirge, einer wahr- haften natürlichen Mauer, die in der Epoche der katalanischen Grafschaften von zahlreichen Burgen und Grenzfestungen, wie den beeindruckenden Burgen von Mur, Llordà und Sant Gervàs, in denen die Erinnerung an Arnau Mir de Tost leben dig geblieben ist, verteidigt wurde. Geschützt wurde so auch die Stadt Àger, die sich ihr mittelalterliches Antlitz bis heute bewahrt hat. Im schönen Zentrum der ehemaligen Grafschaft öffnet sich das vom Noguera Pallaresa durchflossene Becken von Tremp, ein fruchtbares Gebiet inmitten der Pyrenäen, in dem die drei sakrosanten Kulturpflanzen der mediterranen Welt – Weizen, Wein und Olive – bestens gedeihen. Dieser landwirtschaftliche Reichtum machte das Pallars Jussà für die Herren des Gebirges zum wichtigsten Expansionsziel, zur Basis für die Vorbereitung der Eroberung der lleidatanischen Ebenen. Die kleine romanische Kirche Santa Maria de Covet stellt in diesem geografischen Kontext ein wahrhaftes verbor genes Juwel, einen noch fast unerschlossenen Schatz dar. Die Grafschaft Pallars Sobirà: Romanik inmitten der Berge. Das Pallars Sobirà erstreckt sich über den von den höchsten Gipfeln der Pyrenäen, wie dem Pica d’Estats, dem Dach Kataloniens (3 145 m), bis zur 59


Die Grafschaft Ripoll: Land der Grafen und Äbte. An den südlichen Ausläufern der östlichen Pyrenäen ist in strategisch günstiger Lage am Zusammenfluss von Ter und Freser die Stadt Ripoll zu finden, die als „Wiege Kataloniens“ gilt. Hier entwickelte sich 60

Ripoll. Kapitell

<

Die Grafschaft Ribagorça: das Licht der Bilder. Das Territorium der ehemaligen Pyrenäengrafschaft Ribagorça ist heute zwischen Katalonien und Aragonien aufgeteilt, wobei der Lauf des Noguera Ribagorçana die Grenze bildet. Das Gebiet reicht von der beeindruckenden Schlucht von Montrebei bis zum hohen Bergrücken, der das Arantal von der Ribagorça trennt. Oberhalb von El Pont de Suert markiert der Noguera de Tor den Verlauf des Boí-Tals, in das bis Mitte des 20. Jahrhun-derts keine Straße führte und das eine wahre Schatzkammer der katalanischen Pyrenäen darstellt. Durch die jahrhunderte-lange Isolierung ist hier nämlich das überragende Ensemble romanischer Kirchen Kataloniens erhalten geblieben, das wegen seines künstlerischen Wertes von der UNESCO in die Welterbeliste aufgenommen wurde. Die Kirchen von Durro und Erill la Vall, Sant Joan in Boí, Sant Feliu in Barruera, Santa Maria de l’Assumpció in Coll, Santa Maria in Cardet und vor allem Sant Climent und Santa Maria in Taüll sind, wie ihre Wand-malereien – allen voran der einzigartige Pantokrator von Taüll –, wahre Ikonen der katalanischen Romanik.

La Seu d’Urgell. Kapitell

<

Schlucht Estret de Collegats, der natürlichen Grenze zum Pallars Jussà, reichenden oberen Teil des Tals des Noguera Pallaresa. In dieser bis in die hintersten Ecken jedes einzelnen Seitentals mit kleinen Weilern gespickten Hochgebirgslandschaft können Besucher das romanische Ensemble der Àneu-Täler entdecken, das einige bemerkenswerte Werke der katalanischen Romanik, wie die Kirchen Santa Maria d’Àneu, Sant Pere de Sorpe und Sant Pere del Burgal, umfasst. In der zuletzt genannten sind Wandmalereien zu finden, die vermutlich die Gräfin Lucia de la Marca zeigen und einen Hinweis auf die soziale und politische Stellung der Frau in den katalanischen Grafschaften bietet. Von Sort, mit seiner Burgruine und der Ausstellung über den Grafen Hugo Roger III., bis hin nach Esterri d’Àneu, von Espot bis hin nach Àreu oder Tabescan hat jedes Dorf Schätze zu bieten, die es zu entdecken gilt: Mal handelt es sich um eine Burg, mal um eine romanische Kirche, dann wieder um eine ehemalige Schmiede am Fluss oder die alte Mühle eines Herrenhauses. Und all dies inmitten einer wundervollen Naturlandschaft.


Vic. Altarfront aus dem Kloster Lluçà (13. Jh.)

einst das von Wilfried dem Behaarten gegründete Kloster Santa Maria de Ripoll, in dem auch Gerbert von Aurillac, der als Silvester II. später der Papst der ersten Jahrtausendwende sein sollte, seine Studienzeit verbrachte, zu einem der ersten kulturellen Brennpunkte des westlichen Christentums. Das Kloster Ripoll, an dem Oliba Abt war, bietet ideale Voraussetzungen dafür, sich gedanklich in die Zeit der Entstehung Kataloniens zurückzuversetzen. In der Umgebung, konkret im malerischen Dorf Beget, steht auch die Kirche Sant Cristòfol, deren relativ geringe Größe ihr nichts von ihrer Monu- mentalität nimmt. Seinen Gegenpart im Gebiet der ehemaligen Grafschaft Ripoll hat der heldenhafte Graf Wilfried im mythischen Helden Arnau, der das Land von der Burg Mataplana und dem Gipfel des Montgrony aus beherrschte. Unter den Einheimischen ging das Gerücht, ein geheimer Gang verbinde Montgrony mit dem Kloster Sant Joan de les Abadesses, dem legendären Schauplatz unaussprechlicher Sünden. Die Grafschaft Urgell: eine Kathedrale zwischen Ketzern und Heiligen. Die Existenz der Stadt Orgellia,

Sitz des Bistums und der Grafschaft gleichen Namens, ist seit dem 5. Jahrhundert dokumentarisch belegt. Der genaue Zeitpunkt der Gründung des Bistums und der Grafschaft Urgell ist unbekannt, aber La Seu d’Urgell wurde bereits gegen Mitte des 9. Jahrhunderts zu einem der ersten Brennpunkte der politischen Macht in den katalanischen Grafschaften. Mit dem Fortschritt der Reconquista weiteten das Bistum und die Grafschaft ihr Einfluss- bzw. Herrschaftsgebiet ausgehend von ihrer pyrenäischen „Wiege“ in Richtung der lleidatanischen Ebenen aus. In La Seu d’Urgell, Heimat von Grafen und Bischöfen, von Ketzern und Heiligen, ist bis heute die herrliche romanische Kathedrale erhalten geblieben, in der der Nachlass des heiligen Armengol, des großen Bischofs von Urgell, bewahrt wird. Folgt man dem Segre flussabwärts, so gelangt man nach Organyà, wo mit den Aufzeichnungen eines kleinen Dorfpfarrers zur Sonntagsmesse, den Homilies d’Organyà, das älteste erhaltene schriftliche Zeugnis für die Entstehung der katalanischen Sprache in dieser Pyrenäengrafschaft entstand. 61


Das Leben im Gebirge

Den schwierigen landschaftlichen Bedingungen zum Trotz ist das katalanische Hochgebirge nie ein geschlossener und selbstgenügsamer Raum gewesen; eher ist das Gegenteil der Fall. Die Bewohner lebten von der Nutzung der in schier unermesslichen Mengen verfügbaren natürlichen Rohstoffe, wie Holz, Eisen oder Kohle, die auch in das Tiefland exportiert wurden, während auf den Hochgebirgsalmen im Sommer Tausende von Rindern weideten. Es waren die Zeiten, in denen das Holz von Flößern flussabwärts gelenkt wurde und das Wasser der Flüsse traditionelle Mühlen und Sägewerke antrieb. Später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wurden dann die Wasserkraftwerke errichtet, die die zweite katalanische Industrialisierung ermöglichten. Inzwischen zeigt ein umfangreiches Netzwerk von Museen, wie dieses Leben im Gebirge bis vor wenigen Jahren aussah. Die Mehlfabrik von Castelló d’Empúries. Die von Ende des 19. und aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammenden Maschinen und die Ausstellung bieten einen Einblick in die Geheimnisse der traditionellen Mehlherstellung. Erläutert wird der Weizenanbau ebenso wie der Produktionsprozess, der auf die Ernte folgt. Die Fabrik wurde mit Wasserkraft betrieben; das dafür benötigte Wasser wurde durch den Rec del Molí, einen mittelalterlichen Kanal, zu einer Francis-Turbine von 1905 geleitet. Die Schmiede Farga Palau in Ripoll. Diese im 17. Jahrhundert gegründete Eisenschmiede war bis 1978 in Betrieb. Erhalten sind neben zwei Schwanzhämmern mit Stiel aus Ulmenholz und Stahlkopf auch die 62

Wasserstrahl-pumpen, ein Kohlebehälter, ein Ofen und eine Feuerstelle. Vor der Schmiede wurde das Flusswasser des Freser in ein Becken und von dort auf ein Wasserrad geleitet, um den zum Schmieden erforderlichen Wind zu erzeugen; eine für die katalanische Schmiede typische Methode. Ebenfalls in Ripoll: das Völkerkundemuseum. Das Bergbaumuseum von Cercs. Die Kolonie Sant Corneli wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts für die in den Kohlebergwerken arbeitenden Arbeiter und ihre Familien angelegt. Im Museum werden die Eigenschaften des Lignits – des Kohletyps, der in den Minen von Fígols abgebaut wurde – und seine Verwendung sowie das Arbeits-, Familienund Sozialleben der Bergarbeiter erläutert. Der emblematischste Bereich ist der wieder hergerichtete alte Stollen, den man mit einer Grubenbahn erreicht. Das Museumshaus Can Trincheria in Olot. Dieses Herrenhaus, das zu den bedeutendsten der Stadt zählt, stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und wurde später mehrfach aus- und umgebaut. Inzwischen ist ein Teil des Gebäudes als Museumshaus hergerichtet worden. Besichtigt werden kann die Beletage, in der man erfährt, wie eine wohlhabende Familie lebte. In verschiedenen Räumen, unter denen das von Joan Carles Panyó gestaltete „Schlafzimmer des Generals“ herausragt, hängen Originalgemälde an den Wänden. Erwähnenswert ist auch das monumentale Krippenbild, das von Ignasi de Trincheria im 18. Jahrhundert begonnen wurde.


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Ökomuseum der Valls d’Àneu


Olot. Museumshaus Can Trincheria. Krippengemälde

Die Apotheke von Llívia. Die Ursprünge dieser Apotheke, deren Existenz seit 1594 schriftlich dokumentiert ist, gehen wahrscheinlich auf das Jahr 1415 zurück. Betrieben wurde die Apotheke zuletzt über sieben Generationen hinweg von der Familie Esteve, bis sie gegen Mitte des vergangenen Jahrhunderts endgültig geschlossen wurde. Heute ist die Originalausstattung im Stadtmuseum von Llívia zu sehen. Besonders interessant sind die Weltkarte, auf der die Herkunft verschiedener Produkte verzeichnet ist, die aus der Renaissancezeit stammenden Schubkästen, die blauen Keramikgefäße und der vielfarbig dekorierte barocke Arzneimittelschrank aus vergoldetem Holz. Das Zementmuseum Asland in Castellar de n’Hug. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab Eusebi Güell den Bau der ersten katalanischen Portlandzementfabrik „El Clot del Moro“ in der Gemeinde Castellar de n’Hug in Auftrag. Der Architekt, Rafael Guastavino, verwendete katalanische Gewölbe, die er später auch in die USA exportierte. Heute werden in der Fabrik die Geschichte, die Herstellung und die Verwendung des Zements sowie das Leben der dort beschäftigten 64

Frauen und Männer erklärt. In der Nähe des Museums können in La Pobla de Lillet die von Antoni Gaudí gestalteten Artigas-Gärten besucht werden. Das Kräuterfrauen-museum in Tuixent. Viele Frauen aus der Umgebung, die die Kräuter und Heilpflanzen des Tals gut kannten, die so genannten trementinaires, zogen im Winter durch das ganze Land, um diese zu verkaufen.In diesem Museum werden ihre Geschichte, die Routen, die sie zu Fuß zurücklegten, die von ihnen hinterlassenen Zeugnisse und die Produkte, mit denen sie handelten, erläutert. Die Wollfabrik von Arsèguel. Dieser Familienbetrieb, der Bettschuhe für den pyrenäischen Winter, Schals und Hirtendecken fertigt, wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Die Maschinen, unter denen der Reißwolf zum Auflockern und Zerfasern der Wolle und die Mule Jenny, eine im 18. Jahrhundert entwickelte Spinn-maschine, herausragen, werden mit Wasserkraft betrieben. Ebenfalls in Arsèguel: das Akkordeonmuseum. Das Ökomuseum der Àneu-Täler. Umfasst verschiedene Einrichtungen. Das Casa Gassia aus dem 18.


Jahrhundert im historischen Teil von Esterri d’Àneu bietet einen Einblick in das häusliche Leben einer Bauernfamilie; seine Originalstruktur ist erhalten, und es wird erklärt, welche Funktion jeder Raum hatte. Im Sägewerk von Alòs d’Isil ist die Holzverarbeitung vom Fällen der Bäume bis hin zum Sägen der Bretter und Balken dokumentiert. Der Denkmalskomplex von Son erlaubt es, sich anhand eines Ensembles, das den romanischen Glockenturm der Kirche, das gotische Retabel, den Friedhof und den Uhrenturm, von dem aus man sich bemühte, die Unwetter zu vertreiben, dem religiösen Empfinden der früheren Bewohner anzunähern. Letzte Außenstelle des Ökomuseums ist das Kloster Sant Pere del Burgal in Escaló, in dem das klösterliche Leben im Mittelalter vorgestellt wird.

Ökomuseum Çò de Joanchiquet in Vilamòs. Die Existenz von Çò de Joanchiquet, das zu den reichsten Häusern in Baix Aran zählte, ist seit dem 17. Jahrhundert dokumentiert. Das Haus ist unter Bewahrung des Ambientes, des Mobiliars und der Aufteilung von Beginn des 20. Jahrhunderts restauriert worden. Zu sehen sind außerdem drei Ställe und ein Taubenschlag, die um einen geschlossenen Hof herum angeordnet sind. Im Arantal können des Weiteren die alte Wollfabrik, die Mina Victoria in Arres, die alte Kornmühle von Salardú und das Museum des Arantals besichtigt werden.

Llívia. Apotheke

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Aktivtourismus

Für Freunde des Abenteuersports bieten die

zum Beispiel auch nächtliche Abfahrten mit dem

Pyrenäen alle nur erdenklichen Möglichkeiten. Es

Schneemobil,

kann aus einem umfangreichen Angebot an Aktivitäten

auf Schneeschuhen, Schneeradfahrkurse, Ausritte im

für einzelne Tage, Wochenenden oder auch längeren

Schnee oder der Bau von Iglus angeboten.

Ausflüge

mit

Hundeschlitten

oder

Aufenthalten für Alleinreisende, Gruppen und Familien gewählt werden.

Wassersport. Die Wildwasserflüsse der Pyrenäen bieten Gelegenheit zu Aktivitäten wie Wasserschlitten,

Wandersport. In den meisten Pyrenäentälern gibt es

Wasserbob oder dem populären Rafting. In den ersten

gekennzeichnete Wander- wege unterschiedlicher Längen

Julitagen findet in Sort die Europa- meisterschaft im

und Schwierigkeitsgrade. Diverse Durchquerungsrouten

Kajak-Rodeo statt. Auch in La Seu d’Urgell finden

nutzen dieses Wanderwegenetz und die Schutzhütten

internationale

des Hochgebirges. Dies ist zum Beispiel der Fall

Olympischen Park des Segre.

Wettbewerbe

statt,

und

zwar

im

bei den Durchquerungsrouten „Carros de Foc“ (Feuerwagen) im Nationalpark Aigüestortes i Estany

Mountainbiking. In den katalanischen Pyrenäen gibt

de Sant Maurici, „Porta del Cel“ (Himmelspforte),

es diverse Mountainbike-zentren mit Hunderten von

die die grenzüberschreitenden Wege im Norden des

gekennzeichneten Routen. Die Einrichtungen sind

Landkreises Pallars Sobirà nutzt, und „Cavalls del

für Mountainbikefahrer frei zugänglich und dienen als

Vent“ (Pferde des Windes) im Naturpark Cadí-Moixeró.

Routenstartpunkte mit Fremdenverkehrsinformation

Eine weitere bekannte Route ist der „Weg der guten

und Dienstleistungen für Radfahrer. Die Mountainbikeroute

Menschen“, der der alten Katharerroute von Berga zur

„Pedals de Foc“ (Feuerpedale) führt in diversen Etappen

okzitanischen Burg Montségur folgt.

um den Nationalpark Aigüestortes herum.

Skisport. In den katalanischen Pyrenäen gibt es elf alpine und sechs nordische Skistationen, die ein ausgezeichnetes Netzwerk für die Ausübung aller Wintersportdisziplinen bilden. Außer Skisport werden

Flugsport. Eine Fahrt im Heißluftballon oder ein Flug

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mit dem Ultraleichtflugzeug oder dem Gleitschirm sind Erfahrungen, die man nie vergisst. In den Landkreisen

Cerdanya

und

Berguedà

gibt

es


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Rafting auf dem Noguera Pallaresa


Gleitschirmflug

Ein

in La Seu d’Urgell. Von Prullans aus kann man den

privilegierter Ort für Flugsportfreunde ist Àger am

„Weg der guten Menschen“ und andere Gebirgsrouten

zahlreiche

Angebote

im

Flugsportbereich.

Fuß des Montsec-Gebirges, das hervorragende

auf dem Pferderücken erkunden. In Camprodon gibt

natürliche Voraussetzungen bietet. Möglich sind auch

es zwei weitere Reitsportzentren, und von Sant Jaume

Überquerungen des Vulkangebiets Garrotxa oder der

de Llierca aus werden Ausritte zum Cap de Creus und

Pyrenäen, von Cerdanya aus.

zur Mündung des Ter angeboten.

Bergsteigen und Klettern. Die hohen Gipfel, die

Golf. Die Golfplätze in den Pyrenäen umfassen

zahlreichen Felswände und das Unterkunftsangebot

in der Regel auch eine Golfschule und bieten alle

bieten Kletterern und Bergsteigern das ganze Jahr

erforderlichen Einrichtungen für einen ein- oder

über die Möglichkeit, ihrer Leidenschaft zu frönen. In

mehrtägigen Aufenthalt, wie Restaurants, Hotels,

den Pyrenäen gibt es überall Bergsportvereine und kleine

Bars und Läden. Einige verfügen sogar noch über

Bergführerunternehmen, die die Vorbereitung von

ein ergänzendes Sportangebot, wie Tennis- oder

Besteigungen und Klettertouren unterstützen.

Paddleplätze, beheizte Schwimmbäder oder Saunen.

Im Trab. Es gibt verschiedene Reiterrouten durch die Pyrenäen. In Alt Urgell, dem Pallars oder dem Arantal ist es nicht schwer, Angebote in verschiedenen Schwierigkeitsgraden zu finden. Auch in den Tälern des Cadí gibt es diverse Reitsportzentren, davon zwei 68


Ausflug zu Pferd

Baqueira-Beret

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Die Kultur des Feuers Ein Jahr voller Festes

Der katalanische Festtagskalender begleitet das ganze Jahr: Karneval und Karwoche, Fronleichnam, die Johannesnacht zur Sommersonnenwende, die allerorten stattfi ndenden Patronatsfeste und Jahrmärkte, die Wallfahrten zu den Einsiedeleien, die Erntefeste und schließlich die Wintersonnenwende mit dem Weihnachtsfest. Einige Feste haben ihren Ursprung im bäuerlichen Leben, andere in der Kirche, und wieder andere haben eine so lange Tradition, dass niemand mehr genau weiß, wie sie eigentlich begonnen haben. Und schließlich gibt es auch solche, die bereits fest verwurzelt sind, obwohl es sie noch gar nicht lange gibt. Alle zusammen bilden ein weiteres der tausend Gesichter dieses Gebirges. Karneval von Solsona. „Zu Karneval ist alles erlaubt“, sagt man. Es ist ein Fest der Maskerade, ein Fest, bei dem man sich gehen lässt; und in Solsona wird, wenn König Karneval eintrifft, ein Esel – aus Karton – am Uhrenturm aufgehängt. Der Überlieferung zufolge erinnert dies daran, dass man früher einen Esel empor hievte, damit er das auf dem Dach gewachsene Gras abfresse. Der Esel ist aber nicht das einzige Tier, das im Karneval von Solsona eine Rolle spielt: Es gibt auch noch die Kuh, die Eule, den Drachen und die Raupen. Und zum Rhythmus eines Pasodoble drehen sich die Gegants Bojos, die „verrückten Riesen“. Das Fest dauert anderthalb Wochen, bis der Esel am Aschermittwoch wieder heruntergelassen wird. Bekannt ist auch der Karneval von Roses mit seinen rund hundert Gruppen und einem festlichen Reisessen. 70

Fest der Wolle und der Bauernhochzeit in Ripoll. Mitte Mai. Wenn der Frühling kommt, wird das Winterfell der Schafe geschoren. Mit diesem Fest wird der Schafschur gedacht und außerdem ein traditionelles Hochzeitsfest dargestellt. Darüber hinaus finden eine Folkloreschau sowie ein Kunsthandwerksund Antiquitätenmarkt statt. Ebenfalls in den Mai fällt das Fest der Kräuterfrauen in Tuixent (Alt Urgell). Patum-Fest in Berga. Fronleichnam. Der Festtagskalender des Frühjahrs wird durch das bewegliche Osterfest bestimmt, von dem die Daten vorangehender (wie Karneval oder der Palmsonntag) und nachfogender Feste (wie Pfingsten) abhängen. Am Pfingstsonntag findet in Sant Aniol d’Aguja (Garrotxa) das „Franzosentreffen“ statt und am Tag danach in La Pobla de Lillet (Berguedà) der Falgars-Tanz. Die großen Feiern folgen zwei Wochen nach Pfingsten, zu Fronleichnam, zum Beispiel in Solsona oder in Bossòst (Val d’Aran). In Sant Llorenç de Morunys (Solsonès) werden die Straßen mit Laubschmuck dekoriert. Das be-rühmteste Fest jedoch findet in Berga statt: das Patum-Fest. Mittelpunkt dieses von der UNESCO zum Meisterwerk des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit erklärten Festes ist der Plaça de Sant Pere. Am Vortag von Fronleichnam findet mittags ein Umzug der gegants (Riesenfiguren) statt, und am Abend folgt ein weiterer, an dem dieses mal auch andere Figuren, wie guites (Maultiere) und maces (Keulen), teilnehmen. Der zentrale Tag des Patum-


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Berga. Patum-Fest


Festes ist jedoch der Fronleichnams-Donnerstag. An diesem Tag findet mittags die Patum de lluïment, die „Vorführ-Patum“, statt und in der Nacht, die komplette Patum, mit den plens, Gruppen von diables (Teufel), die Knallkörper an ihren Hörnern tragen und durch die Menge laufen. Beschlossen wird das Fest mit dem Tanz Tirabol, an dem alle auf dem Platz anwesenden Figuren und Zuschauer teilnehmen. Am Freitag findet die Kinder-Patum statt, wiederum mit der Vorführvariante am Mittag und der kompletten Ausgabe am Abend, und am Sonntag wird das ganze Programm noch einmal in der „Erwachsenen-Ausführung“ wiederholt. Crema deth Haro in Les (Val d’Aran). 23. Juni. Die Sommersonnenwende wird überall mit Feuer gefeiert. An verschiedenen Orten der Pyrenäen werden brennende Kiefernstämme, die falles, in die Dörfer hinabgeschleppt. Am eiligsten hat man es dabei in Durro, wo das Fest bereits eine Woche früher als andernorts begangen wird. Am Vorabend des Johannestags folgen dann Isil (Pallars Sobirà) und Taüll (Alta Ribagorça). In Les wird ein zwölf Meter hoher Stamm auf dem Dorfplatz aufgestellt und entzündet, während die Dorfjugend eshalhes, Fackeln aus Kirschbaumrinde, verbrennt. Anschließend wird getanzt und heißer Wein ausgeschenkt. Ebenfalls im Arantal, aber in Arties, wird in der Johannesnacht der taro, die schönste Tanne, entzündet und nach einer Weile umgekippt und durch die Straßen gezogen. Les. Crema deth Haro

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Tag der Flößer in La Pobla de Segur (Pallars Jussà). Erstes Wochenende im Juli. Dieses Fest erinnert daran, wie die zu Flößen zusammengebundenen Stämme der im Gebirge gefällten Bäume traditionell schwimmend die Flüsse hinunter-transportiert wurden. Es beginnt mit dem Bau der Flöße unterhalb des Stauwehrs von Llània. Nach dem Frühstück wird dann mit dem Flößen begonnen. Die Strecke endet bei der Brücke von Claverol, sechs Kilometer flussabwärts, wo ein festliches Reisessen folgt. Im Juli wird in Sant Joan de les Abadesses (Ripollès) Der Mythos des Grafen Arnau aufgeführt, und Bagà (Berguedà) wird für eine Woche zu einem mittelalterlichen Dorf. Am 16. des gleichen Monats, am Namenstag Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel, finden in Cadaqués und in Llançà, also dort, wo die Pyrenäen das Mittelmeer erreichen, Fischerfeste statt. Akkordeonistentreffen der Pyrenäen in Arsèguel (Alt Urgell). Letztes Wochenende im Juli. Zu diesem Anlass, in dessen Mittelpunkt das diatonische Akkordeon steht, treffen Musiker aus aller Welt auf ein umfangreiches Publikum. Die Konzerte beginnen am Freitagabend und dauern bis zum Sonntagvormittag. Das Fest umfasst eine Instrumentenbauermesse, und Besucher sollten sich auch die Besichtigung des örtlichen Akkordeonmuseums nicht entgehen lassen. Schäferhundwettbewerb in Castellar de n’Hug (Berguedà). Letztes Wochenende im August. Dieser Ripoll. Bauernhochzeit


Solsona. Karneval

Wettbewerb findet bereits seit über vierzig Jahren statt, als sich eine Gruppe von Schäfern aus dem Landkreis traf, um zu sehen, wer die fähigsten Hunde besaß. Alle teilnehmenden Hunde müssen zwei Prüfungen bestehen. Die erste besteht darin, einer mit Fähnchen markierten Route zu folgen, die zweite darin, eine Schafherde durch ein Gattertor zu treiben. Schäferhundewettbewerbe finden auch in Bellver (Cerdanya), Llavorsí (Pallars Sobirà) und Ribes de Freser (Ripollès) statt. Tria de Mulats von Espinavell in Molló (Ripollès). 13. Oktober. Es beginnt kalt zu werden, und das Vieh verlässt das Gebirge. Das Fest in Molló beginnt mit dem Abtrieb der Pferde, die den ganzen Sommer in den Bergen, bis hinauf zu den Ebenen von Espinavell, verbracht haben. Wenn die Stuten, Hengste und Fohlen (mulats) gegen elf Uhr morgens eintreffen, beginnen die Verhandlungen zwischen Besitzern und potenziellen Käufern. Die besten Tiere werden prämiert, und am Nachmittag findet die Auswahl (tria) der Fohlen bzw. Trennung von Fohlen und Stuten statt. Dann kehren die Hengste und Stuten auf die Bergweiden zurück, bis die Besitzer sie bei m ersten Schneefall auf ihre Höfe holen. Ungefähr gleichzeitig finden auch Viehmärkte in Fontalba (Queralbs, Ripollès), Barruera (Alta Ribagorça), Bellver (Cerdanya) und Esterri d’Àneu (Pallars Sobirà) statt. Fia-Faia-Fest in Bagà (Berguedà). 24. Dezember. Mit Weihnachten nähert sich das Ende des jährlichen Festtagskalenders. Am Heiligabend wird in Bagà – und im benachbarten Sant Julià de Cerdanyola – nach Einbruch der Dunkelheit das Feuer von dort geholt, wo man die Sonne untergehen sah, und mit zwei Fackeln hinunter-getragen. Wenn diese im Dorf eintreffen, werden die Lichter des Hauptplatzes gelöscht und die aus geflochtenem Gras gefertigten faies entzündet. Wenn sie so weit abgebrannt sind, dass man sie nicht mehr halten kann, werden sie zu brennenden Haufen zusammengelegt, über die die Kinder hinweg springen. Auf der Glut wird anschließend Brot geröstet, das man dann mit Quitten-Allioli bestreicht. Dazu wird Wein in porrons, typischen gläsernen Schnabelkrügen, gereicht. Das Feuer spielt am Heiligabend auch in Les (Val d’Aran) eine Rolle, wo vor der Kirche der Weihnachtsbaumstamm verbrannt wird. Nach der der Hahnenmesse wird am Feuer gesungen, und der Ortsvorstand lädt zu warmer Schokolade, Fladenkuchen und Muskateller ein. 73


Gastronomie Ein Fest althergebrachter Geschmäcke

Die Küche der Pyrenäen bietet uralte Rezepte, mit Geduld auf kleiner Flamme zubereitete Gerichte mit den besten Zuta ten des Gebirges; eine Kombination kräftiger Geschmäcke und starker Aromen, hinter denen sich eine Jahrhundertelange Geschichte verbirgt, die sich in großartigen Haschees, Brat-, Süßsauer- und Fleischgerichten manifestiert. Die Produkte der Erde werden in der Küche zu wahrhaften kulinarischen Kunstwerken verarbeitet, wie den Bohnen aus Santa Pau, den patates emmascarades aus Berguedà, dem trinxat aus Cerdanya, dem aranesischen Eintopf, den ebenfalls aranesischen Kohlrouladen, dem berühmten – vom Schnee verbrannten – schwarzen Kohl mit Trüffeln und Speck oder dem beliebten Eintopf von geschältem Mais. Hinzu kommen Gerichte wie auf Schieferplatten gebratenes Schaf- oder Kalbfleisch oder Forellen mit Speck sowie andere, die dazu gedacht sind, für weniger ertragreiche Zeiten konserviert und eingelagert zu werden, wie eingemachtes Schweinefleisch. Die Käse und die Desserts ergänzen diese Sinfonie der Geschmäcke: ein Genuss aus dem Gebirge für anspruchsvollste Gaumen. 74

Pilze. Sie wachsen das ganze Jahr über in den Wäldern und auf den Wiesen. Im Frühjahr erscheinen die ersten Morcheln, Mairitterlinge und Nelkenschwindlinge, die bestens zu Fleisch oder als Beilage zu Omeletts und Reisgerichten passen. Ebenfalls in dieser Jahreszeit ist der Maipilz zu finden, der üblicherweise in Schmorgerichten verarbeitet wird. Gegen Ende des Sommers wachsen dann die ersten Pilze in den Bergkiefernwäldern, zum Beispiel Pfifferlinge oder Echte Reizker, die mit Speck und etwas Knoblauch auf dem heißen Stein zubereitet werden, oder auch die beliebten Steinpilze, die auch roh verzehrt werden können und Schmorgerichten und Cremesuppen einen herzhaften Geschmack verleihen. Nach Herbstbeginn lassen sich dann auch Schnecklinge, Kaiserlinge, Erdritterlinge, Starkriechende Pfifferlinge, Geflecktblättrige Purpurschnecklinge und Totentrompeten finden. In Berguedà werden zu dieser Jahreszeit zahlreiche Pilzmessen und -feste veranstaltet. In der Cerdanya gibt es diverse Läden, in denen Pilze verkostet und gekauft werden können, und im Pallars pflegt man die Pilze direkt nach dem Sammeln einzulegen und verarbeitet sie häufig in Salaten.


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Auswahl traditioneller K채sesorten. Alt Urgell


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XolĂ­s

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Echter Reizker


Castelló de Tor

Rindfleisch aus den Pyrenäen. Die Rinder und ihre Kälber wachsen im Freien auf und ernähren sich von Gräsern und anderen Futterpflanzen. Im Oktober sind die Tiere dann unter anderem auf dem Viehmarkt von Bellver de Cerdanya oder am zweiten Samstag des Monats bei der Viehzuchtmesse mit Rasseschau für BrunaKälber aus den Pyrenäen in Ribes de Freser zu sehen. In der Küche eignet sich das Fleisch sehr gut für Schmorgerichte, zum Grillen oder zum Braten in der Pfanne, auf dem Blech oder auf dem heißen Stein. In den östlichen Pyrenäen findet sich die autochthone Rasse des kleinwüchsigen Albera-Rinds und weiter im Westen die Pallaresa-Rasse. Das Schaf. Schafe sind neben den Schweinen über Jahrhunderte hinweg die Fleischreserve der Pyrenäen gewesen. Die Tiere werden vollständig verwertet: Von der Keule werden schon seit uralten Zeiten Keulenscheiben geschnitten; die Rippen werden gegrillt; die Eingeweide werden in der girella, einer für das Pallars typischen Reiswurst, verarbeitet, die frisch gebraten zum Kalbs- fleischgericht capipota gereicht wird; vom Schwanz des Lamms wird carn de bèstia viva zubereitet; und Blut und Leber schließ- lich kommen mit einer süßsauren Sauce von Essig und Honig als freginat auf den Tisch. Zu den bekanntesten autochthonen Schafrassen gehören das kleine, aber

kräftige Xisqueta-Schaf und das Ripollesa-Schaf, dessen Fleisch sehr geschätzt wird. Zu über der Glut gegrilltem Lammfleisch passt übrigens nichts besser als eine köstliche und feine Quitten- oder Birnen-Allioli, wie sie in vielen Restaurants der Pyrenäen zu finden ist. Das Schwein. Die llonganissa, die rohe Schweinemettwurst par excellence, wird bevorzugt gegrillt verzehrt. Für die secallona wird ein dünner Darm mit bestem Fleisch gefüllt und getrocknet; beim xolís, einer der gastronomischen Kostbarkeiten des Pallars, wird ganz ähnlich verfahren, nur dass das Fleisch hier in einen größeren und dickeren Darm abgefüllt und getrocknet wird. Überhaupt gibt es, was die Wurstwaren betrifft, eine sehr große Vielfalt: bull de la llengua (eine Art Presssack mit Zunge), botifarra blanca (helle Bauernwurst) botifarra traïdora (Zungenwurst), botifarra bringuera (roter Presssack), botifarra negra (Blutwurst) ... Die Namen können allerdings von Tal zu Tal variieren. Fisch. Die Flussforelle findet in den pyrenäischen Wasserläufen, wie dem Segre, dem Noguera Ribagorçana oder dem Noguera Pallaresa, ihren zahlreichen Zuflüssen und den Seen an den Oberläufen einen idealen Lebensraum. In den Flüssen wird die Gemeine Forelle gefangen, deren schlanker Körper schwarze 77


und rote Flecken aufweist und deren Fleisch so zart ist, dass es auf der Zunge zergeht. Trotzdem stammen die meisten der schmackhaften Forellen, die in den Restaurants der Pyrenäen angeboten werden, aus regionalen Zuchtbetrieben. Die Forelle wird meist mit Speck gefüllt und gebraten oder gegrillt. An einigen Orten in den Pyrenäen kann auch Störkaviar aus dem Fischzuchtbetrieb in Les im Arantal verkostet werden. Wild. Wildbret von frei lebenden Tieren, wie Hirsch, Gemse, Wildschwein oder Hase, bildet eine eigene Kategorie in der Pyrenäenküche. Es wird mit einer großen Vielfalt möglicher Zutaten stets als Schmorgericht zubereitet und stundenlang gekocht. Auch von Wildgeflügel werden köstliche Gerichte gezaubert, wie zum Beispiel das Rebhuhn mit Kohlrouladen in den Àneu-Tälern. Käse. Die Käse der Pyrenäen werden aus Ziegen-, Kuhund Schafs- milch hergestellt. In den verschiedenen Gegenden des Gebirges sind zahlreiche verschiedene Typen zu finden: in Öl eingelegt, mit Blauschimmel, Quark und andere Frischkäse, Garrotxa, Weich- und Hartkäse ... Zu den charakteristischsten gehören der mit Schnaps zubereitete Tupí und der Rohmilchkäse Serrat. Einige Käsereien produzieren auch Joghurt, den beliebten Mató, einen Frischkäse, der gern mit Honig als Nachtisch gegessen wird, oder die bekannte Butter des Cadí. Und als Dessert ...Die coques genannten Fladenkuchen werden überall in den Pyrenäen gebacken. Gerade aus dem Ofen gekommen, mit Zucker bestreut und mit Anis aromatisiert, sind sie ein Genuss für die Sinne. Im Pallars werden aus dem gleichen Teig wie die coques die so genannten redorts (Teigkringel) gebacken. Andere typische Desserts der Pyrenäen sind Pflaumen mit Cognac, gebrannte Walnüsse, der von Most, Mehl und Walnüssen zubereitete mostillo, die aranesischen crespèths (Crêpes) oder Birnen aus Cerdanya. Beschlossen werden kann eine Mahlzeit aber natürlich auch mit mató amb mel i nous (Frischkäse mit Honig und Walnüssen), einer Biskuitrolle oder crema catalana (mit Karamellkruste überzogene Cremespeise). Ein kulinarisches Fest.

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Trinxat amb rosta

Forelle

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Allgemeine Informationen

Torisme Val d’Aran Ctra. Gausac, 1 - 25530 Vielha e Mijaran Tel. [+34] 973 640 688 www.torismearan.org

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Karte die Pyren채en


Park oder sehenswertes Naturdenkmal Religiöses Baudenkmal Sehenswürdigkeit Denkmalskomplex Burg, Schloss Archäologische Fundstätte Kurort Weltkulturerbe

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© Generalitat de Catalunya Ministerium für Unternehmen und Beschäftigung

Direcció General de Turisme Redaktionsrat: Raimon Portell und Jaume Font Kartographie: GEA Tractament Geogràfic del Territori, SL Fotografien: J. Tous, S. Sánchez, J. Pareto, O. Alamany, Patronat de turisme de l’Alta Ribagorça, F. Muntadas/Sincronia, T. Soriano, T. Vidal, J. Bardella/Arxiu d’Aigüestortes, J. Altadill, R. Manent, F. Tur, J. Balanyà, Conseh Generau d’Aran, F. Gomà, Turisme de Catalunya, Arxiu Vall de Núria, Image M.A.S., Rambol, Arxiu Ajuntament de la Seu d’Urgell, Arxiu Imatges d’Olot/JM Pararols, MNAC, cedit pel Museu Comarcal de la Garrotxa, O.T. d’Olot, I. Rovira/Obac, Ajuntament de Solsona, J.A. Adell, Patronat de Turisme de Puigcerdà, E. Costa, Servicios Editoriales Georama, J. Trullàs, Museu de la Ciència i de la Tècnica de Terrassa, Arxiu d’Imatges d’Olot, J. Moragues, F. Bedmar, Magma, R. Peña, Ajuntament de Tremp.

Druck: EADOP D.L.: B-12050-2012 Printed in EU

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Pirineus


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