Hanza Kaunas (DE) 2016

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INHALT

Über den Hansebund Kaunas, die Stadtbewohner und Ihr Alltag im 15. – 17. Jahrhundert

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Die Karte

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Essen und Getränke

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Die Hansestadt Kaunas und die Deutschen

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Verbringen Sie Ihre Freizeit in der Hansestadt Kaunas

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HERZLICH WILLKOMMEN IN KAUNAS – DER EINZIGEN HANSESTADT IN LITAUEN! Die Stadt Kaunas liegt in der Mitte Litauens und ist von den zwei großen Flüssen des Landes - Memel und Neris – umgeben. 1408 wurde der Stadt das Magdeburger Recht gewährt und somit auch das Recht auf Selbstverwaltung. Seitdem ist Kaunas schnell gewachsen und gewann als Zentrum für den Handel mit Westeuropa sowie als Hafenstadt an Bedeutung. Hier wurde 1441 der Handelssitz der HanseKaufleute gegründet. Zu diesem Anlass findet in Kaunas jedes Jahr das Stadtfest „Hanse-Tage der Stadt Kaunas“ statt und seit 1991 ist Kaunas die einzige litauische Stadt, die Mitglied des internationalen Städtebundes die Neue Hanse ist. Diesem Städtebund gehören 185 Städte aus 16 Ländern an.

Heutzutage ist Kaunas das Zentrum der litauischen Kultur, Traditionen und Geschichte, sie ist die zweitgrößte und zweitwichtigste Stadt Litauens, die auf eine lange Geschichte zurückblicken kann, sie spielt eine wichtige Rolle in Litauen sowohl wegen ihrer geographischen Lage als wegen ihrer Wirtschaft. Die Stadt pflegt nicht nur ihre alten Traditionen, sie hat sich auch als ein wichtiger Standort der Wissenschaft, Wirtschaft, Industrie und Kultur etabliert.

Die Stadt ist für verschiedene Festivals und Feste bekannt, die sie organisiert. Jeden Frühling und jeden Herbst findet hier das internationale Festival „Kaunas jazz“ statt, auf dem man mit bekanntesten Musikern die Jazz-Musik zusammen machen kann. Das weltweit bekannte Pažaislis-Festival der klassischen Musik findet in Kaunas den ganzen Sommer lang statt. Die Gäste des Festivals sind Stars aus der ganzen Welt. Kaunas ist auch ein Synonym für litauischen Basketball. Das Altstadtpanorama

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ÜBER DEN HANSEBUND

STADTBEWOHNER DER HANSE-STÄDTE

Der Begriff „Hanse“ wurde später in Litauen durch den Begriff „Hansa / Hanza“ ersetzt, ein deutsches Wort, das eine Vereinigung von Kaufleuten bedeutete, die zusammen auf Land oder See unterwegs waren. Die Hanse wurde im 13. Jh. als Städtebund der Städte Lübeck, Hamburg und anderen norddeutschen Städte gegründet und verfolgte das Ziel, den Handel über die Ostsee sicherer zu gestalten und nach neuen Handelswegen an der östlichen Küste der Ostsee zu suchen. Es war ein Bund von freien Städten, meistens Städte des Heiligen Römischen Reiches, der die Interessen seiner Kaufleute in den eigenen Städten und Ländern vertrat und an diplomatischen Verhandlungen über bessere Handelsbedingungen, die Suche nach neuen Waren und Märkten in der Ostsee- und Nordseeregion beteiligt war. Der Hanse gehörten zu ihrer Blütezeit, d. h. im 13. und 14. Jh. die absolute Mehrheit der norddeutschen Städte, der Großteil der preußischen Städte und der Städte an der Ostseeküste des Livländischen Ordens, sowie der Großteil der niederländischen Städte und der schwedischen Städte, die an diesem Bund ebenfalls aktiv beteiligt waren, an.

Das Bild der Stadt Lübeck, der wichtigsten und führenden Stadt der frühen Hanse, Hartmann Schedel Liber chronicarum, 1493, Nuremberg, A. Koberger

Innerhalb des Hansebundes bewegten sich nicht nur Waren sondern auch Menschen. Handwerker und Kaufleute migrierten zwischen den Hanse-Städten auf der Suche nach Reichtümern, einer Arbeit oder Glück. Sie waren meistens deutscher Abstammung und hatten Handwerker-Fähigkeiten, Kenntnisse, Kontakte sowie Beziehungen zu ihren Verwandten in den Heimatländern im Gepäck, was das Geschäftemachen, den Handel, das Kontakteknüpfen für diejenigen, die das alles benötigten, möglich machte.

Wojciech Gerson versuchte im Bild von 1865, Gdańsk w XVII wieku (Gdansk im 17. Jahrhundert), sich auszumalen wie der größte Handelsplatz in der östlichen Region der Ostsee zu seiner Blütezeit hätte ausgesehen haben können.

AUFSTIEG UND UNTERGANG DER HANSE-STÄDTE KONTORE DER HANSE Die Gilden der Handelsleute eröffneten ihre Kontore auch außerhalb des Handelsbundes: in den skandinavischen Ländern, im Britischen Königsreich, in Flandern und an der Ostseeküste, die alle mit der Aufgabe vertraut waren, den Handel zu organisieren. In der Hanse wurde überwiegend mit Rohholz, das bereits für verschiedene Verwendungsmöglichkeiten vorbereitet war und Rohholzprodukten wie z.B. Kohlenteer, Honig, Wachs, Getreide, die aus der Ostseeregion stammten und die gegen Stoffe, Fisch und in den Stadtfabriken hergestellte Produkte eingetauscht wurden, um später im Osten weiterverkauft zu werden, gehandelt. Auf diesem Wege landete aus der Ost- oder Nordsee stammender Hering oder weit weg gewonnener Salz auf dem Tisch von relativ armen Stadtbewohnern oder Bauern in Litauen, während das in litauischen Wäldern vorbereitete Holz, Kohlenteer und hier angebautes Getreide nach Westeuropa exportiert wurden. Die am tiefsten im Osten gelegenen Kontore befanden sich im Weliki Nowgorod, Pskov und Kaunas. Die Kontore am östlichen Rande der Einflusssphäre der HanseStädte wurden eröffnet, um auch hier den Handel besser organisieren zu können und näher zu den lokalen und regionalen Handelszentren und Gegenden zu sein, in denen die Güter hergestellt oder gewonnen wurden. Die Eröffnung eines Kontors in Kaunas wurde von den Stadtbewohnern von Danzig in einer Zeit initiiert, als die alten Zentren der Hanse, wie zum Beispiel Lübeck, immer mehr an Bedeutung verloren hatten und von neuen Zentren, wie z.B. Danzig, verdrängt wurden.

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Es gab mehrere Gründe für den Zerfall des Hansebundes. Erstens, das Wachstum der Staaten der frühen Neuzeit mit der Folge, dass die Herrscher von Dänemark, Polen und Großfürstentum Litauen die Handelsplätze und Kaufleute ihrer Länder unter ihren Schutz genommen haben. Aus diesem Grund hat das Kontor der Hanse in Kaunas lediglich ein Jahrhundert lang existiert. Die Großfürsten Litauens wollten die Position der Kaufleute aus Kaunas stärken und haben sie im Gegensatz zu den Ankömmlingen aus Danzig in Schutz genommen. Der zweite Grund für den Zerfall der Hanse war ihr Erfolg. Die Hanse hatte die immer schneller wachsenden Städte in Nord- und Westeuropa samt ihren Handelsplätzen mit den für das Wachstum und Überleben notwendigen Produktionszentren für Getreide, Holz- und Waldprodukte an der östlichen Küste der Ostsee verbunden, wodurch Lübeck und andere Hanse-Städte, die Vermittler, immer überflüssiger für die Organisation des Handels wurden. Darüber hinaus sind ab der Mitte des 15. Jh. die niederländischen Kaufleute in die Ostseeregion eingedrungen, die Danzig, das Zentrum für den Getreidehandel, mit Amsterdam, dem Handelsund Kapitalzentrum von ganz Europa verbunden haben. Trotz sämtlichen Veränderungen und historischen Geschehnissen galt Amsterdam bis Ende des 18. Jahrhunderts als wichtigstes Zentrum für den Handel mit Getreide, das aus der Ostseeregion importiert wurde.

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KAUNAS, DIE STADTBEWOHNER UND IHR ALLTAG IM 15. – 17. JAHRHUNDERT

STADTBEWOHNER VON KAUNAS Im 15. – 16. Jahrhundert wurde Kaunas zur zweitwichtigsten Stadt in ganz Großfürstentum Litauen was die Anzahl der Einwohner und die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt anbelangt. 1569 gab es in Kaunas 412 Häuser, in denen ca. 7000 Menschen gelebt haben könnten. Die Stadt wuchs sowohl von sich aus als auch durch den Zustrom von Migranten aus anderen Gegenden des Großfürstentums Litauen und aus dem Ausland (z. B. aus Deutschland, Holland). Die neuen Einwohner können auch aus so weit gelegenen Städten wie Utrecht in Holland (z.B. Gert Oland, der aus dieser Stadt stammte wurde 1569 zum Leiter der Webfabrik der Stadt ernannt) hergekommen sein. In der Stadt ließen sich auch Kaufleute aus Riga nieder. Es ist noch seit Ende des 15. Jahrhunderts bekannt, dass der Stadtrat von Kaunas den Bewohnern von Riga den Häuserbau in Kaunas

KAUNAS BURG Die erste historische Etappe der Stadt Kaunas ist eng mit der Kaunas Burg verbunden, die zum Schutz des Zusammenflusses der Flüsse Memel und Neris vor Angriffen der Kreuzritter gedacht war. Die erste Burg aus Mauerwerk wurde in Kaunas in der Mitte des 14. Jahrhunderts gebaut und die Kämpfe, die zwischen dem Großfürstentum Litauen und dem Deutschen Orden wegen dieser Burg ausgetragen wurden führten dazu, dass Kaunas zum ersten Mal als ein Ort (eine Burg) schriftlich erwähnt wurde. Im März 1362 haben die Kreuzritter mit Hilfe von mithelfenden Ausländern, die aus England, Italien und Deutschland stammten, die Burg umlagert und am 10. April 1362 sie eingenommen, die Verteidiger, deren Anführer Vaidotas der Sohn des Großfürsten Kęstutis war geschlagen, die Burg besetzt und anschließend zerstört. Die Burg, die heute am Zusammenfluss von Memel und Neris steht wurde erst später, am Anfang des 15. Jahrhunderts gebaut. Nach der Einnahme der Kaunas Burg dauerten die Kämpfe zwischen dem Kreuzritterorden und den Litauern um den Zusammenfluss der Memel und Neris weitere vier Jahrzehnte lang, bis der Kreuzritterorden nach der Niederlage in der Schlacht von Grünewald gnadenlos geschlagen wurde und der Handel und nicht der Krieg zum Alltagsgeschäft der Einwohner am Zusammenfluss der Memel und Neris wurde.

genehmigt hat. Die Stadt wurde auch von Kaufleuten aus anderen Ländern besucht. Aus den Daten der Zollbehörde von Jurbarkas geht zum Beispiel hervor, dass auch die französischen und holländischen Kaufleute ihre Ware nach Kaunas brachten, dass zu Friedenszeiten sich hier auch Kaufleute aus Moskau aufhielten.

DIE GEWÄHRUNG DES MAGDEBURGER RECHTS AN DIE STADT KAUNAS Noch bevor die Stadt Kaunas gegründet wurde, war die als Kaunas bezeichnete Gegend relativ dicht besiedelt. Die Gründung der Stadt Kaunas, der Gemeinschaft der Stadtbewohner ist jedoch mit der Gewährung des Magdeburger Rechts eng verbunden. Historiker sind sich einig, dass das erste Privileg der Stadt Kaunas im Jahr 1408 von dem Großfürsten Litauens Vytautas Kęstutaitis gewährt wurde. Mit dem Magdeburger Recht gewährten die Herrscher der Stadt das Recht auf Selbstverwaltung, auf das Betreiben von Handel und die Handwerksausübung sowie den Schutz für das Betreiben von Handel. Fast alle Namen der Stadtbewohner, die man in Kaunas am Anfang des 15. Jahrhunderts getroffen hätte, waren Deutsch und die Gemeinschaft der deutschstämmigen Stadtbewohner hatte in Kaunas bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts einen besonderen Status sowohl was ihren Reichtum als auch was ihren Stand in der Gesellschaft anbelangt genossen. Mit der Zeit haben sich neue Mitglieder der Stadtgemeinschaft angeschlossen und schließlich machten Litauer, Kaufleute und Handwerker aus ganz Großfürstentum Litauen einen bedeutenden Teil der Stadtbewohner von Kaunas aus. Stempel der Stadtkanzlei Kaunas aus dem 15. Jahrhundert

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Das Bild der Stadt Danzig aus dem Atlas Civitates Orbis Terrarum II 46 von Braun und Hogenberg aus dem Jahr 1575. Die Stadt Danzig war der wichtigste Markt für die aus Kaunas über den Fluss Memel gebrachten Waren und gleichzeitig das größte Kaufzentrum der Region. Es waren die Kaufleute von Danzig, die das Kontor der Hanse in Kaunas gegründet haben.

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KAUFLEUTE UND IHRE HÄUSER

STADTBÜRGER

Das Rathaus war von Häusern umgeben, die der Elite der Stadtbewohner von Kaunas angehörten: meistens den reichsten Kaufleuten, unter denen auch viele deutscher Abstammung waren, die mit anderen Angehörigen des Patriziats (die reichste Schicht der Stadtbewohner, die einen Sonderstatus in der Verwaltung von Städten hatten) in der Region verwandt waren. Das Haus Nr. 1 am Rathausplatz wurde von dem Stadtvogt von Kaunas, J. Pečiūga, gebaut und in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts von dem Kaufmann Tiefenbruck wiederaufgebaut. Das Haus Nr. 2 am Rathausplatz war eine Residenz der Kaufmannsfamilie Hoffmann, deren erste Etage als offener Handelsraum oder eine Kanzlei benutzt wurde, 1606 wurde dieses Haus von der Fürstenfamilie Oginskiai gekauft. Das Haus Nr. 3 gehörte dem Mitglied des Stadtrates J. Vamkau, ab 1634 gehörte es dem städtischen Krankenhaus. Das Haus Nr. 28 am Rathausplatz gehörte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dem Bürgermeister J. Puhatis, später dem Kaufmann F. Beker, im Haus befand sich ein Getreidespeicher, ein Pferdestall, ein Lager, eine Bierbrauerei und ein Brau-Raum, in den letzen 25 Jahren des 17. Jh. befand sich hier eine Apotheke. Das Haus Nr. 4 am Rathausplatz wurde von dem Stadtbewohner Kaspar Lübner gebaut, es gehörte später V. Venskavičius, der Familie Žodkevičiai und anschließend J. Ferkel. Das nebenan stehende Haus Nr. 5 am Rathausplatz gehörte der Familie Mačkovičiai, dann V. Vilkelis, im Jahr 1622 wurde es dann von dem Adligen A. Masalskis gekauft. Das Haus Nr. 23 am Rathausplatz gehörte Zigmantas Puhatis, ab 1620 – dem Kaufmann Jurgis Forkuntas, später Ernestas Hiršfeltas. In diesem Haus gab es vier separate Keller fürs Getreide, Honig, Bier, es gab eine Kneipe, eine Bier- und Weinbrauerei. Das Haus Nr. 29/1 am Rathausplatz gehörte 1614 dem Goldschmied H. Zager, 1621 dem Apotheker H. Mantas.

Die Stadtbürgerschicht war eine geschlossene Gemeinschaft. Um Stadtbürger von Kaunas zu werden, musste man Eigentümer eines Grundstücks, ein Christ (in den meisten Fällen katholisch), in einer rechtmäßigen Ehe geboren sein und aus der bereits bestehenden Gemeinschaft der Stadtbürger von Kaunas wenigstens ein paar alte Mitglieder gefunden haben, die für den Neuankömmling in der Gemeinschaft bürgen würden. Dann musste man im Rathaus der Stadt ein Eid ablegen und erst dann wurde man (zu jener Zeit waren es immer Vertreter des männlichen Geschlechts) zum Stadtbürger erklärt. Theoretisch war Kaunas eine Stadt der freien Luft, d. h. ungeachtet der Herkunft, der Schicht oder Zugehörigkeit eines Menschen, war er durch das Magdeburger Recht geschützt. Die Vertreter der Stadtbürgerschicht waren eine Minderheit, der Großteil der Stadtbewohner waren keine Vollmitglieder der Stadtgemeinschaft und der Großteil der Neuankömmlinge hat ihr Leben in Kaunas als einfache Bewohner (Lateinisch: incola) begonnen. Zu solchen Stadtbewohnern zählten Flussfahrer, Handwerker, Fahrer, Kneipenbesitzer, Arbeiter, Tagelöhner und sie waren nicht berechtigt an den Wahlen der Stadtregierung teilzunehmen, sie konnten auch nicht für die Ämter der Stadtbehörden gewählt werden, sie waren jedoch freie das Recht der Stadt befolgende Menschen.

T. Makovskis. Das Stadtpanorama von Kaunas (Anfang des 17. Jh.)

Durch Kriege in der Mitte des 17. Jahrhunderts und die großen Brände im 18. Jahrhundert ist ein großer Teil der alten Stadtarchitektur verloren gegangen, die Stadt und ihre Gemeinschaft haben darüber hinaus einen ernsthaften Rückgang erlitten. Die von den Stadtbewohnern, vor allem der wirtschaftlichen Elite, errichteten Bauten können allerdings bis heute besichtigt werden. Das eindrucksvollste Gebäude der Spätgotik in Kaunas ist ohne Zweifel das so genannte Haus des Donnergottes Perkūnas. Der Bürgermeister von Kaunas F. Bitner hatte es an den Burgvogt J. Lackis verkauft, der das Haus an die Jesuiten von Kaunas weiterverkaufte, die an diesem Ort in den sechziger Jahren des 17. Jh. mit der Gründung des Kaunasser Jesuitenkollegs begannen. Die Häuser in der T. Daugirdas Straße, z.B. das Haus Nr. 5/1 hat früher der Familie Štrunkai gehört (das Haus bekam den Namen dieser Familie im 17 Jh.). Das Haus Nr. 3 in der J. Jablinskis Straße gehörte der Familie der Stadtbewohner Linkai, später – dem Kaufmann J. Dietrich. In dem Haus Nr. 12 in der Muitinės Str., das der Familie der Stadtbewohner Spickevičiai gehörte, lebte am Anfang des 17 Jh. Albertas Vijūkas Kojelavičius, der Autor des ersten litauischen Geschichtsbuchs. Das Haus daneben, Nr. 14 in der Muitinės Str. gehörte in der ersten Hälfte des 17 Jh. dem Stadtvogt von Kaunas G. Knebelis, das Haus Nr. 20 in der Muitinės Str. gehörte zur gleichen Zeit dem Mitglied des Stadtrates J. Dėmeris.

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SELBSTVERWALTUNG DER STADT Das Hauptrecht der Stadt Kaunas bestand darin, aus den Mitgliedern der Gemeinschaft eine Regierung zu wählen: den von litauischen Großfürsten ernannten Stadtvogt, den aus der Mitte der Stadtbürger gewählten Stadtrat (Magistrat) sowie das Geschworenengericht. Der Stadtvogt vertrat die Stadt vor dem Stadtherr oder bei verschiedenen Gerichten, das Geschworenengericht war eine gerichtliche Instanz und für solche Fälle zuständig wie Streitigkeiten zwischen Stadtbürgern oder kriminelle Verbrechen, während der Stadtrat, dessen Mitglieder als „Tarejas“ bezeichnet wurden, die Exekutive bildete. Der Stadtrat hat aus seinen Mitgliedern einen Bürgermeister gewählt, der zwischen den Sitzungen des Stadtrates als vollziehende Gewalt agierte. Der Stadtrat legte die Regeln und Vorschriften für das Innenleben der Stadt fest, kündigte öffentliche Fragen an, verwaltete das Eigentum der Stadt, legte die Handels-, Handwerks- und sonstige Tätigkeitsordnung fest, verteilte Steuern, kümmerte sich um Weisen und Witwen, löste wegen Vermögensoder anderen Fragen zwischen den Mitgliedern des Stadtrates entstandenen Streitigkeiten. Der Stadtrat überwachte das Innenleben der Stadt und vertrat die Interessen der Stadt im Verhältnis zu anderen Subjekten – dem Herrscher, seinen Beamten, anderen litauischen und ausländischen Städten, den Institutionen der katholischen Kirche. Der Stadtrat von Kaunas führte sowohl neue Steuern ein und als auch erhob nationale Steuern. Der Stadtrat hatte auch gewisse Stadtdiener zur Verfügung, die auf Befehl des Stadtrates Verbrecher festnehmen und vor Gericht bringen mussten. Die Stadt verfügte auch über ein eigenes Gefängnis, das sich im Keller des Rathauses befand. Die Stadt verfügte auch über verschiedene Unternehmen: Wachsstube, Mühle, Schneiderei, deren Arbeit und die verwendeten Maßeinheiten von dem Stadtrat geregelt wurden. Bereits in der Mitte des 15. Jahrhunderts hatte Kaunas seine eigene Kanzlei und seinen eigenen Stempel. Der älteste gut erhaltene Stempel der Stadt Kaunas wurde im Jahr 1471 auf das Schreiben des Stadtrates, für den Stadtrat von Riga bestimmt, gedrückt. Auf seinem Wappenschild ist ein Auerochse zu sehen. Erst Ende des 15. Jahrhunderts, nachdem der alte Stempel erneuert wurde, erschien über dem Auerochsen ein Ritterkreuz. Der Stadtstempel wurde auf wichtige Stempel der Kaunasser Dokumente des Stadtrates gesetzt und bewies die Stadtkanzlei im 16. – 17. Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Stadt. Jahrhundert

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DIE AKTIVITÄTEN DES HANSE-KONTORS IN KAUNAS Die Wirtschaft der Stadt Kaunas war sehr eng mit Flüssen verbunden. Im Frühling jedes Jahres verließen Kaunas sobald das Eis auftaute die ersten voll mit Waren beladenen Schiffe. Der Handel auf Flusswegen dauerte jedes Jahr bis zum späten Herbst an. In der Mitte des 15.-16. Jahrhunderts hat es in Kaunas ein Kontor der Hanse gegeben. Diese Gemeinschaft bestand aus Kaufleuten von Danzig, die nach dem Ende der Memel-Schifffahrtssaison den Winter in Kaunas verbrachten und erst im Frühling nach dem Eis-Tau nach Danzig zurückkehrten. Die Städte der Hanse pflegten an solchen Orten wie Kaunas ihre Kontore zu eröffnen. In solchen Kontoren konnten sich die vorbeikommenden Kaufleute der Hanse vorübergehend niederlassen. Die Hauptbestimmung der Kontore war zusammen mit den Kaufmännern, die von den Städten der Hanse unterstützt wurden, günstigere Handelsbedingungen für die Städte der Hanse zu schaffen. In Kaunas waren es die Kaufmänner aus Danzig, Königsberg und Torno. Mit der steigenden Wirtschaftskraft der Kaufmänner von Kaunas ist es der Gemeinschaft der Kaunasser Kaufmänner gelungen von den von dem Herrscher neu eingeführten Zöllen zu profitieren und die Kaufmänner, die durch das Kontor der Hanse sich vereint hatten, aus Kaunas zu verdrängen. Auf diesem Wege haben sowohl die Stadt und als auch die Stadtbewohner an mehr wirtschaftlicher Eigenständigkeit gewonnen.

Der Stempel des Hanse-Kontors in Kaunas

DIE WICHTIGSTEN MARKTPLÄTZE UND JAHRMÄRKTE Die von dem Herrscher gewährten Privilegien machten es der Stadt Kaunas möglich zwei große und mehrere Tage lang dauernde Jahrmärkte zu veranstalten (sie fanden am Rathausplatz statt, der zu jener Zeit noch „Marktplatz“ genannt wurde): ein Mal im Frühling, am Tag des Heiligen Stanislaus (am 11. April) und ein Mal im Sommer, am Tag der Heiligen Mariä-Himmelfahrt (am 15. August). Während dieser Jahrmärkte war es in Kaunas für die Gäste der Stadt ausnahmsweise erlaubt den Handel untereinander uneingeschränkt zu betreiben. Die Zeit dieser für alle bekannten Jahrmärkte war gezielt an den Jahreszyklus des auf den Flusswegen stattfindenden Handels angepasst. Der Jahrmarkt im April fand zu einer Zeit statt, als die Kaufmänner sich auf den Weg nach Danzig machten, so konnten sie für ihre Reise genug Ware ansammeln, und der Jahrmarkt im August fand zu einer Zeit statt, in der die Kaufmänner aus Preußen die Memel aufwärts kamen.

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DIE WICHTIGSTEN IN KAUNAS GEHANDELTEN WAREN Die wichtigsten Güter des Großfürstentums Litauen, die über Kaunas exportiert wurden, waren: Getreide, Waldprodukte, d .h. Holz für Schiffsbau, Kohlenteer, Asche, Pottasche, Honigwein, Wachs, Flachs, Hopfen, Leder- und Holzprodukte wie z.B. Löffel oder Pöckelbecken. Nach Königsberg wurden Transportmittel oder ihre Teile wie z. B. Räder oder Schlitten exportiert. Aus dem Westen wurden über Kaunas vor allem Salz, Hering in Fässern, seltener geräucherter Fisch, Bier, Wein, Stoffe, Luxusware (Gewürze, Trockenfrüchte) und Metallprodukte transportiert. Der Handel wurde nicht nur auf Flusswegen sondern auch auf Landwegen betrieben. Die Kaufmänner von Kaunas haben oft ihren Einflussbereich zwischen Grodno, Vilnius und Riga versorgt.

DIE ZU HANSE-ZEITEN IN KAUNAS AUSGEÜBTEN HANDWERKE Kaunas war eine arbeitende Stadt. Dank ihrer günstigen geografischen Lage, den großen Waldflächen in der Nähe von Kaunas und der steigenden Nachfrage nach Holz und Holzprodukten auf dem Markt, wurde Kaunas zu einem wichtigen Zentrum für den Bau von Flussschiffen und den Handel mit Waldprodukten sowie zu einem bedeutenden Hafen. Der Stadtteil von Kaunas „Aleksotas“, wurde laut Prof. Zigmantas Kiaupa, nach einer Lastadie, die es zu jener Zeit dort gab, benannt. An diesem Ort haben die lokalen Meister verschiedene unterschiedlich große Schiffe gebaut. Ein Teil der Stadtbewohner hat als die so genannten Schipporen gearbeitet, d. h. sie haben sowohl die eigenen als auch die fremden Waren auf Flusswegen transportiert und nach den in Kaunas geltenden Handelsvorschriften wurden sie den Kaufmännern, die den höchsten Status in der Stadt hatten, gleichgesetzt.

HANDELSORDNUNG IN KAUNAS Der Marktplatz in Kaunas (heutzutage der Rathausplatz) zählte zu den ersten urbanen Stadtelementen. Traditionell wurde der Handel in Kaunas am intensivsten am Markttag, d.h. am Dienstag betrieben, nachdem meistens um 9 Uhr morgens ein Zeichen dafür gegeben wurde. Jeder Mensch durfte hier am Markt einkaufen oder etwas verkaufen. Dienstags kamen zu diesem Markt Händler aus ganz Litauen. Die Kaufmänner, die ihre Ware entweder weiter verkauften oder exportierten haben hier von den Marktbesuchern gebrachte Ware eingekauft: Wachs, Honig, Getreide, Mehl, Hopfen, Hanf, Flachs, manchmal kleinere Mengen an Waldprodukten: bearbeitetes Holz, Kohlenteer und Asche. Am Markt hat es auch stationäre Läden gegeben, in denen Fleischer, Bäcker, Salzbesitzer, Handwerker ihre Produkte verkauften, etwas weiter weg wurde auf den Ständern Fisch verkauft. Diese Läden standen immer am Marktplatz und manchmal wurden die zwischen solchen Läden entstandenen Räume in den historischen Quellen als Straßen bezeichnet.

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KNEIPEN UND UNTERHALTUNGSANGEBOT DER STADT Eine weitere wirtschaftlich bedeutende Einheit bildeten die Kneipen von Kaunas. 1570 waren von 416 Häusern in Kaunas sogar in 188 Kneipen eingerichtet, in denen meistens hausgemachtes Bier verkauft wurde, manchmal gab es jedoch auch importiertes Bier, Honigwein oder Branntwein. In den Kneipen konnte man auch Essen, übernachten und sogar das Pferd füttern. In den Kneipen kochte das Stadtleben. Hier konnte man alle möglichen Stadtbewohner treffen: Marktbesucher, auf die nächste Flussfahrtssaison wartende Flussfahrer, Verkäufer von Waldprodukten, Gäste der Stadt, darunter auch Bojaren, die zu den Sitzungen des Stadtvogtes gekommen sind und die Anhänger der Pfarrgemeinde, die zu Kirchfesten kommen. In den Kneipen musizierten Wandermusiker, traten Narren auf, es wurde getanzt, Karten- und Würfelspiele sowie Schach gespielt. Bis Mitte des 16. Jahrhunderts wurde in den Kneipen meistens Bier und Honigwein serviert, später gewann auch Branntwein an Beliebtheit. Dort, wo die Menschen sich so sehr amüsierten wurde auch gewettet. Zum Beispiel, 1543 klagte der Schmied Laurynas vor dem Gericht des Stadtvogtes von Kaunas, dass er am Vortag mit Juras aus der Stadt Kėdainiai um ein Fass Bier gewettet hatte, wer von ihnen den Eisen besser schmieden kann, sein Rivale zur angesetzten Zeit jedoch nicht erschienen ist. In einer weiteren Klage von damals hieß es, dass ein anderer Bewohner von Kaunas, Vincentas Brakaravičius, mit Juras Radvilavičius die Wette einging, wer von ihnen besser mit einem Sonderpfeil kämpfen kann, der Kampf allerdings nicht stattgefunden hat. Und nur in einer Kneipe war eine Wette von 1561 zwischen Stasys Čibulas und dem Schmied Mačys möglich, dass sie nie mit Karten oder Würfeln aus Geld spielen würden, sondern nur aus einem Glas Bier oder Honigwein.

BIER In Kaunas wurde Bier gebraut. Aus den archäologischen Funden geht hervor, dass das meiste Bier im 16. – 17. Jahrhundert in den südlich vom Rathaus gelegenen Stadtvierteln zwischen der heutigen Muziejaus Str. und T. Daugirdo Str. gebraut wurde. Hier hatten sich den Archäologen zufolge die meisten Unternehmen niedergelassen, die in großen Mengen Bier gebraut und Malz getrocknet haben. Die Bewohner von Kaunas haben nicht nur das vor Ort gebraute Bier und andere Alkoholgetränke getrunken, in den Quellen wird auch das helle und dunkle Bier aus Danzig, Königsberg und Leipzig, sowie Wein aus den Regionen Frankreichs und Pareins erwähnt.

HANDWERKE Kaunas war auch ein Handwerker-Zentrum. Man weiß von einem Dutzend verschiedenen Handwerksarten in Kaunas, z.B. Näher, Bartrasierer, Schmied, Kesselhersteller, Tischler, Pelzerer, Topfhersteller, die auch ihre Zünfte zu gründen pflegten.

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RELIGIOSITÄT DER STADTBEWOHNER Was die Konfessionen anbelangt war Kaunas eine vielfältige Stadt. Abgesehen von der katholischen St. Peter und Paul Kirche sowie den drei Kirchen in den Vororten (St. Nikolai, St. Gertruda und Heiliges Kreuz), von zwei Klöstern (Franziskaner und Bernhardiner Kloster), die ihre eigenen Kirchen hatten, gab es in Kaunas im 16. Jahrhundert auch eine orthodoxe Kirche. In den fünfziger Jahren des 16. Jh. bildete sich in Kaunas eine Gemeinde der Lutheraner, die südlich von dem Marktplatz eine lutherische Kirche gebaut hatten. Wie es zu jener Zeit üblich war vermischten sich hier die ethnische und religiöse Herkunft, die meisten Lutheraner in Kaunas waren deutscher Abstammung und in den historischen Quellen wurden die Anhänger dieser Konfession als Mitglieder der deutschen Kirche bezeichnet. Die Vertreter der Lutheranergemeinschaft in Kaunas hatten sich im 17. Jahrhundert das Recht zugesichert, dass einen Viertel des Stadtrates unbedingt Lutheraner ausmachen müssen. In Zeiten der Gegenreformation haben die Katholiken in Kaunas die LiteratenBrüderschaft der säkularen Stadtbewohner zum Leben wieder erweckt, auch das Bernhardiner-Kloster von Kaunas hatte sich erholt, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ließen sich hier die Benediktiner-Nonnen und Jesuiten nieder, die 1653 das Jesuitenkolleg in Kaunas gründeten. In der Stadt gab es rechtliche Auseinandersetzungen zwischen den Katholiken und Lutheranen. Aus den weniger bekannten Episoden der Neuzeitgeschichte von Kaunas sticht die Geschichte des Bildes der Gottesmutter hervor, das angeblich „über magische Kräfte“ verfügte und in dem Bernhardinerkloster von den Mönchen aufbewahrt wurde, die wir dank der Forschungsarbeit der Prof. Vaida Kamuntavičienė kennen. Während der schwedischen und russischen Besatzung in der Mitte des 17. Jahrhunderts, wurde dieses Bild auf dem Landgut von Raudonė, das der Familie Krišpiniai-Kiršenšteiniai gehörte, versteckt. Das Bild wurde in der Kapelle aufgehängt und hat in den Augen der Zeitgenossen angefangen Wunder zu vollbringen. Als die Angreifer aus Moskau am 8. August 1655 Vilnius besetzten, hat das Bild den Erzählungen zufolge angefangen zu weinen. Als die Moskauer Soldaten versucht haben vom Bild seine silberne Krone abzureißen, hat sich das Bild erfolgreich und ohne fremde Hilfe dagegen gewehrt. Dieses Bild hat seit 1669 als es in der St. Jurgis Kirche hing folgende „Wunder vollbracht“: es heilte Bauchschmerzen, Nasenblutungen, Epilepsie, Augenkrankheiten, Zahnschmerzen, milderte Geburtsschmerzen, wenn die Schiffsfahrer an das Bild dachten, retteten sie sich vor dem Ertrinken in dem unruhigen Memel-Fluß. Den Erzählungen über die Wunder dieses Bildes zufolge, halfen die Gebete vor diesem Bild gegen Verwünschungen und gegen das, was man früher als „Wahnsinn“ bezeichnete. Reichere Menschen haben sich für „Wunder“ bedankt, indem sie an das Bild eine Silberplatte den „Votas“ befestigten. Als die katholische Kirche die Verehrung von heiligen Bildern verboten hatte, es sei denn man konnte die Vollbringung der Wunder beweisen und die katholische Kirche würde das offiziell bestätigen, hörten die Wunder auf.

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ESSEN UND GETRÄNKE

Die wohlhabenderen Stadtbewohner oder Bojaren konnten sich mit gedunstetem, gekochtem und gebratenem Hecht oder Mandelgebäck verwöhnen.

Gedunsteter gekochter und gebratener Hecht Eine Art den ganzen Hecht gleichzeitig zu dunsten, zu kochen und zu braten.

Verschiedene Schichten der Stadtbewohner haben sich aus wirtschaftlichen Gründen auch unterschiedlich ernährt. Die Elite der Stadt (das Patriziat) konnte sich sehr unterschiedliche Gewürze leisten, ihre Gerichte haben sich nicht wesentlich von denen unterschieden, die auch Bojaren gewohnt waren. Tagelöhner und andere Arbeiter haben nur Brot und Suppe oder einen Eintopf aus der Kneipe genießen können. Das Essen und die Gerichte waren zu jener Zeit sehr saisonabhängig, alles hing davon ab welche Produkte zu einer bestimmten Jahreszeit erhältlich sind. Einige Produkte, die wir für selbstverständlich und alltäglich halten würden, wie z. B. Reis galten damals als Luxusware, andere Produkte, die heutzutage seltener vorkommen, wie z.B. Frischwasserfische oder Wildfleisch, wurden damals häufiger verwendet. Das typische Gericht der armen Stadtbewohner (und der armen Bauern) war ein Brei oder Pfannkuchen.

Nehmen Sie einen großen Hecht, entfernen Sie die Schuppen in den Bereichen um den Kopf und den Schwanz, in der Mitte allerdings nicht. Nehmen Sie den Fisch aus, spießen Sie ihn auf, die Mitte des Fisches wickeln Sie mit einem Leinentuch, den man davor im gesalzenen Weinessig feucht gemacht hat, herum, schnüren Sie ihn zu, den Kopf und den Schwanz bestreuen Sie mit Salz und legen Sie ihn aufs schwache Feuer. Drehen Sie den Fisch, halten Sie den gesalzenen Weinessig am Feuer, damit er kocht, und befeuchten Sie mit ihm regelmäßig den mit dem Leinentuch umwickelten Teil des Fisches. Den Kopf sollte man davor entweder mit Olivenöl oder einem einfachen Öl oder sogar Butter einreiben und leicht mit Mehl bestreuen, beim Braten diesen Vorgang zwei weitere Male wiederholen. Den Schwanz sollte man gegen Ende, wenn es bräunlich wird, ebenfalls einreiben, aber nicht mit Mehl bestreuen. Wenn der Fisch richtig heiß wird, kann das Leinentuch entfernt werden. So bekommt man am Ende einen gedunsteten, gekochten und gebratenen Hecht.

Ringförmiges Mandelgebäck AUTHENTISCHE REZEPTE AUS DEM 17. JAHRHUNDERT Ein typisches Gericht der armen Stadtbewohner (auch der armen Bauern) war ein einfaches Brei oder Pfannkuchen.

Pfannkuchen aus Buchweizenmehl

Die getrockneten Mandeln sehr fein hacken, durch Sieb durchstreichen und mit Sauerrahm vermischen. Genug Zucker und ein ganzes Ei sowie das Eigelb von zwei Eiern dazugeben. Den Teig getrennt zubereiten und mit der Mandelmasse vermischen. Ungesalzene Butter dazugeben, alles kneten, ringförmiges Gebäck formen und im Ofen backen.

Die Stadtbewohner haben oft heißes Bier getrunken.

Heißes Bier* 1,25 „kvorta“* Buchweizenmehl, ½ „kvorta“ Weizenmehl, 6 Eier, 4 Löffel Butter, Hefe, 1 Glas Butter, Salz. 1,25 „kvorta“* Buchweizenmehl mit 0,5 „kvorta“ Weizenmehl vermischen, eine „kvorta“ Mehl mit kochendem Wasser übergießen und stehen lassen. In den Teig 6 Eier und 4 Löffel geschmolzene Butter dazugeben, das restliche Mehl mit dem lauwarmen Wasser vermischen, alles gut umrühren und stehen lassen. Sobald der Teig aufgegangen ist, können Pfannkuchen wie gewöhnlich gebacken werden.

Frische Butter nehmen und sehr gut mit geriebenem Roggenbrot vermischen. Das Eigelb von ein paar Eiern dazugeben, fein geriebenen Zucker und Zimt dazugeben und daraus eine Masse formen. Erst dann die Masse löffelweise in das frisch gekochte Bier hineinmischen und immer wieder verrühren. So wird das Bier sehr gut schmecken, nur die Zutaten sollen gut aufgewärmt werden, nachdem das Bier umgerührt wurde. * Durch den Alkoholkonsum riskieren Sie ihre eigene Gesundheit und das Wohlergehen Ihrer Familie und der Gesellschaft Typisches Arbeitsumfeld eines Brotbäckers im Mittelalter

* Kvorta – alte Maßeinheit, die entweder 1,4 oder 0,7 Liter betrug

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DIE ALTEN HANDWERKE: BIERKOCHEN Das Bierbrauen hat einen wichtigen Teil der Stadtwirtschaft ausgemacht. Spuren von Bierbrauereien, die es einmal in Kaunas gab, wurden an vielen Orten der Kaunasser Altstadt entdeckt. Meistens stand in einer Bierbrauerei ein runder Ofen mit Sonderplatz für einen hineinsinkenden Kessel. Im Zusammenhang mit dem Bierbrauen stehen wohl auch die zahlreichen Ofen des Hypokaustumtyps, die für den Trocknungsprozess vorgesehen waren und die von den Archäologen in der Altstadt von Kaunas entdeckt wurden. Zu jener Zeit waren sie Musterbeispiele von Spitzentechnologien, da für das Bierbrauen Meister benötigt wurden, die Holzrohre sowie komplexe Pumpen herstellen konnten.

DIE HANSESTADT

Als Erstes war die Ausstattung zum Trocknen von Malz notwendig. Malz wurde meistens aus Hafer und Gerste hergestellt, für den Adel konnte er allerdings auch aus Weizen produziert werden. Obwohl keine Rezepte zum Bierbrauen aus der damaligen Zeit erhalten geblieben sind, haben die historischen Daten offenbart, dass in Litauen bereits im 15. Jahrhundert Hopfen angebaut wurde, der schon sehr früh zum Bestandteil von Bier wurde. In einer gewissen Hinsicht war das eine Innovation, die dem lokalen Bier einen neuen Geschmack verliehen hatte. Aus den historischen Quellen sowie den Erklärungen der Arbeiter, in denen sie versprechen mussten während der Arbeitszeit kein Alkohol zu trinken, geht hervor, dass in Kaunas das helle Weizenbier gekocht wurde, während das dunkle Bier aus Danzig und Königsberg importiert wurde.

DIE HANSE-KÜCHE VON HEUTE Es sind keine authentischen Kneipen oder Bierbrauereien, die in Kaunas mehrere Jahrhunderte lang existierten, erhalten geblieben, allerdings zumindest ein Teil davon, was die wohlhabenden Bewohner von Kaunas im 16. – 17. Jahrhundert hätten gegessen haben können wird in der Kneipe ,,Medžiotojų užeiga“ (Rathausplatz 10, Kaunas) unter den Wildfleischgerichten sowie den Gerichten, die mit dem Siegel der „Stiftung für kulinarisches Erbe“ gekennzeichnet sind und in der Kneipe ,,Bernelių užeiga“ (M. Valančiaus Str. 9; K. Donelaičio Str. 11) angeboten, sehr empfehlenswert ist die Steinpilzsuppe im Brotleib. Wenn Sie richtig authentische Gerichte probieren möchten, dann sollten Sie Suppen (z. B. Borschtsch), Pilze- und Wildfleischgerichte wählen. Ein Ort, der so ähnlich aussieht, wie einst eine Kneipe mit einer Bierbrauerei ist das Restaurant „Avilys“ (Vilniaus Str. 34), in dem auch die Biersuppe gekocht wird. Die traditionelle litauische Küche, die Sie heutzutage in Litauen erwartet, zeichnet sich durch Innovationen und neue Produkte aus, die sich ab dem 19. Jh. verbreitet haben und massenhaft verwendet werden. Die Königin der traditionellen litauischen Küche ist die Kartoffel, die in Hansezeiten ein fremdes, exotisches und seltsames Produkt war und sich erst im 18.-19. Jahrhundert etabliert hat.

Ein Mönch aus dem Mittelalter, der sein Bier geniesst

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UND DIE DEUTSCHEN Der Hansebund, der Handelsstädte vereinte, wurde zu seiner Zeit zu einem Ort des kulturellen und kommerziellen Austausches zwischen verschiedenen europäischen Ländern. Eine indirekte Konsequenz der Aktivitäten dieser Handelsunion war die Auswanderung der Deutschen aus dem Deutschen Reich in die mitteleuropäischen Städte. Das Beispiel von Kaunas ist besonders gut, noch bevor die Kriege mit dem Kreuzritterorden beendet wurden hat eine Gruppe von deutschen Kaufmännern mit der Zustimmung des litauischen Großfürsten Vytautas Magnus und einem Privileg für Kaunas das erreicht, was man in diesem Land als „deutsches“ Recht bezeichnete: nach dem Beispiel der deutschen Stadt Magdeburg wurde Kaunas das Recht auf Selbstverwaltung, auf Ernennung von selbstgewählten Beamten, auf die Ausübung des freien Handels und der Handwerke sowie der Schutz und Protektorat des Herrschers gewährt. In den erhaltenen Quellen aus dem 15. Jahrhundert dominierten Namen der deutschen Kaufmänner und erst mit der Zeit, als die Stadt weiter gewachsen war ist ihr Anteil gesunken während der Anteil der litauisch und polnisch sprechenden Stadtbewohner angestiegen ist. Dennoch war das eine einzigartige Gemeinschaft sowohl in der sozialen als auch in der kulturellen Hinsicht.


DIE DEUTSCHE GEMEINSCHAFT IN KAUNAS IN DER FRÜHEN NEUZEIT Die deutschsprachige und diese Identität pflegende Gemeinschaft bildete einige Jahrhunderte lang nach der Gründung der Stadt Kaunas einen Teil der reichsten Stadtbürger, den Patriziat, der relativ geschlossen war, wie es in jener Zeit gewöhnlich war. Zur Aufbewahrung ihrer Identität hat auch die Reformation beigetragen. Bereits in den fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts waren in Kaunas Lutheraner aktiv, die mit der Zeit ihre Diözese gegründet haben, was zum Erhalt ihrer Identität ebenfalls beigetragen hat. Bereits 1558 wurde der lutherische Pastor Dovydas Sommeris erwähnt, der von drei gekauften Grundstücken im südwestlichen Teil des Marktplatzes (Rathausplatz), die davor Jokūbas Hofmanas (Jakob Hoffmann), Henrikas Šparenbergis (Heinrich Sparenberger) und Motiejus Heinas (Mathias Heine) gehörten, ein Grundstück formte und darauf das lutherische Gebetshaus bauen ließ. Es ist kein Wunder, dass in den Unterlagen der Stadt die Lutheraner für Deutsche oder Sachsen gehalten wurden. Aufgrund einer spezifischen und einzigartigen Entwicklungsrichtung der europaweiten Reformation fühlten sich die in Kaunas und Vilnius lebenden Lutheraner näher zu ihren Glaubensbrüdern im Königreich Preußen (die Gemeinschaft befolgte die Konfessionshierarchie des Königreichs Preußen, absolut alle evangelisch-lutherischen Pfarrer in Kaunas stammten aus deutschen Städten) und nicht zu den evangelischen Reformationsanhängern, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts direkt neben Kaunas, im Norden Litauens lebten. Gegen Ende der Epoche der Reformation, im 17. Jahrhundert, ist es den in Kaunas lebenden Evangelisten-Lutheranern gelungen, ihre Positionen zu erhalten: im Stadtrat gehörte ihnen ein Viertel der Sitze. Diese Gemeinschaft hat auch ihre Schule und ein Obdachlosenheim beibehalten.

KULTURELLE AKTIVITÄTEN DER DEUTSCHEN IN KAUNAS UND DAS SCHICKSAL DER GEMEINSCHAFT Die Deutschen, die in Kaunas lebten, vor allem die lutherischen Geistlichen, haben nicht nur die Seelensorge betrieben, sondern waren auch im kulturellen Bereich aktiv. Zum Beispiel Pfarrer Paulius Oderbornas (1555-1604), der in Kaunas lebte, war ein Litarat, Autor von religiösen Liedern und Gedichten und Erzählungen, 1584 hat er in Kaunas die Biografie des Großfürsten von Moskau, Iwan dem Schrecklichen, (Ioannis Basilidis magni Moscoviae ducis vita) geschrieben und 1585 in Wittenberg veröffentlicht. Die Deutschen waren also sehr in das Leben und die Landschaft von Kaunas im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit integriert und stellten einen wichtigen Bestandteil der Gemeinschaft dar. Heine, Sommer, Bitner, Eckert, Hoffmann, Scheper, Forchund, Hening, Wessel, Müller, waren beliebte Namen in Kaunas in der Hansezeit. Durch die Assimilation, allerdings vor allem durch die tragische Wendung der Geschichte im 20. Jahrhundert, hörte die Existenz dieser Gemeinschaft auf, als ein fester Bestandteil der Geschichte von Kaunas verdient sie es jedoch nicht vergessen zu werden.

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Verbringen Sie Ihre Freizeit in der Hansestadt Kaunas! REISEANGEBOTE DAS REISEANGEBOT „HANSE-WOCHENENDE IN KAUNAS“ (2 T./ 1 N.)* Den Preis des Angebotes finden Sie hier: visit.kaunas.lt

1 Tag Stadtführung mit einem Reiseführer „Hansestadt Kaunas“ Dauer: ~ 2 -2,5 Stunden. Mittagessen

Oder

Führung durch das Rathaus von Kaunas: das Stadtmuseen- und Edukationsprogramm. Dauer ~1,5 Stunden Besuch des Hausmuseums „Perkūnas“ und Edukationsprogramm (wird für Touristengruppen organisiert) Dauer 2,5-3 Stunden Übernachtung im Hotel

2 Tag Ausflug ins Kloster Pažaislis, Kaunas Oder Schloss Raudondvaris Dauer 3-4 Stunden Der Nachmittag ist für Museumsbesuche vorgesehen (je nach Wahl). Museum der Teufel / M. K. Čiurlionis Kunstmuseum / Vytautas Magnus Kriegsmuseum / Museum 9. Fort

Im Angebotspreis bereits enthalten: Übernachtung und Frühstück, Mittagessen am ersten Reisetag, Reiseführerkosten für die Stadtführung „Hansestadt Kaunas“, Ticketreservierung.

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REISEANGEBOT “HANSEKULTURSTADT KAUNAS” (2 T./ 1 N.)* Den Preis des Angebotes finden Sie hier: visit.kaunas.lt

1 Tag Stadtführung mit einem Reiseführer “Hansestadt Kaunas” Dauer: ~ 2 -2,5 Stunden. Mittagessen Besuch des litauischen Museums für Medizin und Pharmazie Dauer: ~ 1 Stunde Stadtführung mit einem Reiseführer „Die alten Kirchen von Kaunas“ Dauer: ~ 1,5 Stunden Eine von dem Organisator der Reise empfohlene Kulturveranstaltung der Stadt

2 Tag Führung durch das Rathaus von Kaunas: das Stadtmuseen- und Edukationsprogramm. Dauer ~1,5 Stunden Führung durch das Museum für litauische Volksmusikinstrumente Dauer: ~ 1 Stunde Museumsbesuch (je nach Wahl). Museum der Teufel / M. K. Čiurlionis Kunstmuseum / Vytautas Magnus Kriegsmuseum / Museum 9. Fort * Im Angebotspreis bereits enthalten: Übernachtung und Frühstück, Mittagessen am ersten Reisetag, Reiseführerkosten für die Stadtführung „Hansestadt Kaunas“ sowie „Die alten Kirchen von Kaunas“, Ticketreservierung.

STADTFÜHRUNG MIT EINEM REISEFÜHRER „HANSESTADT KAUNAS“ Den Preis des Angebotes finden Sie hier: visit.kaunas.lt Im Laufe dieser Stadtführung werden Sie erfahren, wie Kaunas zu einer Stadt wurde, wie ihr Verhältnis zu den Kaufleuten der Hanse ist, wie der Alltag der Menschen ausgesehen hat, wie sie im Mittelalter gelebt haben. Gleichzeitig werden Sie die wichtigsten mittelalterlichen Objekte besichtigen, ihre Geschichte erfahren, den Ort besuchen, an dem die Geschichte von Kaunas begann. Dauer: ~ 2 -2,5 Stunden

Die Reisen werden organisiert von: Tourismusinformationszentrum und Konferenzbüro der Stadt Kaunas Laisvės al. 36, 44240 Kaunas

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Weitere Informationen und Reservierungen E-Mail: info@kaunastic.lt Tel. +370 37 323 436

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