ÖPNV-Finanzierung in Österreichs Städten

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ÖPNV-Finanzierung in Österreichs Städten

Aktuelle Finanzierung und neue Steuerungs- und Finanzierungsmodelle Endbericht verfasst von Mag. Manuel Köfel und Dr. Karoline Mitterer

KDZ Managementberatungs- und Weiterbildungs GmbH Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at



INHALT

Inhaltsverzeichnis I

II

III

IV

Einleitung .............................................................................................................................. 5 1

Ausgangssituation und Projektziele ............................................................................. 5

2

Inhalte ........................................................................................................................... 6

Zusammenfassung ............................................................................................................... 7 1

Problembereiche in Finanzierung und Steuerung aus städtischer Sicht ..................... 7

2

Wichtige Ergebnisse ..................................................................................................... 8

Finanzierung und Steuerung im städtischen ÖPNV ....................................................... 13 1

Die Rolle der Städte im ÖPNV ................................................................................... 13

2

Zuständigkeit und Finanzierung im ÖPNV in Österreich ........................................... 17

2.1

Gesetzliche Zuständigkeiten ...................................................................................... 17

2.2

Steuerungsansätze ..................................................................................................... 18

2.3

Finanzierung des Stadt- und Vororteverkehrs ........................................................... 19

2.4

Verkehrsanschlussabgabe ......................................................................................... 21

2.5

Weitere Finanzierungsquellen .................................................................................... 22

3

Finanzielle Belastung der Städte im engeren Sinn .................................................... 23

3.1

Methodische Anmerkungen ........................................................................................ 23

3.2

Ergebnisse .................................................................................................................. 24

4

Finanzielle Belastung im weiteren Sinn...................................................................... 28

4.1

Methodische Anmerkungen ........................................................................................ 28

4.2

Ergebnisse .................................................................................................................. 28

5

Fazit ............................................................................................................................ 34

Reformansätze .................................................................................................................... 35 1

Ganzheitlicher Reformansatz nach Schweizer Vorbild .............................................. 35

1.1

Schweizer Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr, das

Nationalstraßennetz sowie Hauptstraßen in Berggebieten und Randregionen .................. 35 1.2

Ganzheitlicher Reformansatz in Österreich – ÖPNV-Stadtregionsfonds................... 41

2

Reformoptionen für den städtischen ÖPNV in Österreich ......................................... 47

2.1

Auf- und Ausbau des städtischen ÖPNV ................................................................... 47 3 13.05.13


INHALT

2.2 V

4 13.05.13

Finanzierung des laufenden Betriebs im städtischen Ă–PNV ..................................... 51

Fazit und zentrale Schlussfolgerungen ........................................................................... 56


EINLEITUNG

I

Einleitung

1

Ausgangssituation und Projektziele

Die österreichischen Städte investieren in hohem Maße in den ÖPNV und tragen dadurch wesentlich zu einer hohen Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger einer ganzen Stadtregion bei. Sowohl der laufende Betrieb als auch die Investitionen im ÖPNV stellen die Städte dabei vor große finanzielle Herausforderungen, da die Städte immer stärker zum ÖPNV-Bereich zuschießen müssen, ohne die Mehrausgaben im Rahmen ihrer zentralörtlichen Funktion im Finanzausgleich entsprechend abgegolten zu bekommen. Hierbei ist auch festzuhalten, dass die finanzielle Belastung der Städte nur zu einem Teil in den Gemeindebudgets abgebildet wird, da wesentliche ÖPNV-Leistungen von gemeindeeigenen Gesellschaften erbracht werden und demzufolge nicht in den Gemeindehaushalten dargestellt werden. Dies hat jedoch zur Folge, dass in der Gemeindegebarungsstatistik nur ein Teil der tatsächlichen Belastungen der Städte durch den ÖPNV enthalten ist, sodass es hier einer gesamthaften Betrachtung von städtischem Budget und gemeindeeigenen Gesellschaften bedarf, um die tatsächliche finanzielle Belastung der Städte beurteilen zu können. Hinzu kommt, dass die bestehenden organisatorischen und finanziellen Strukturen im ÖPNV in Österreich komplex, unübersichtlich und länderweise unterschiedlich sind. So sind die österreichischen Städte zwar faktisch Aufgabenträger im städtischen ÖPNV, können aber an keine österreichweiten Konzepte oder klaren übergeordneten Strategien zum ÖPNV anknüpfen, die einen verlässlichen Rahmen für die Städte bilden würden. Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen der vorliegenden Studie die folgenden Zielsetzungen verfolgt: 

Erhebung der finanziellen Belastung der Städte durch den ÖPNV, wobei auch ausgegliederte Gesellschaften in die Betrachtung miteinbezogen werden. Darauf aufbauend werden die aktuellen Finanzierungsströme der ÖPVN-Finanzierung in den Städten skizziert und kritisch analysiert. Darstellen und kritisches Betrachten des Schweizer Infrastrukturfonds als Beispiel für eine ganzheitliche und langfristige Steuerung im Verkehrsbereich sowie Aufarbeiten von möglichen Umsetzungsmöglichkeiten in Österreich. Erarbeitung von neuen Steuerungs- und Finanzierungsmodellen im ÖPNV-Bereich, welche insbesondere dazu dienen, die städtische Leistungserbringung sicherzustellen.

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EINLEITUNG

2

Inhalte

Die Studie beinhaltet die folgenden Schwerpunkte:  Finanzierung, finanzielle Belastung und Steuerung im städtischen ÖPNV;  Ganzheitlicher Reformansatz nach Schweizer Beispiel;  Reformoptionen für den städtischen ÖPNV in Österreich. Finanzierung, finanzielle Belastung und Steuerung im städtischen ÖPNV Zunächst werden die Gemeinderechnungsabschlüsse im Hinblick auf die ÖPNV-Finanzierung analysiert. Ergänzend dazu wurde eine Befragung zur Finanzierungsleistung der Städte im Bereich des ÖPNV unter allen Städten mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Einwohner sowie den Landeshauptstädten durchgeführt. Dadurch kann die finanzielle Belastung der Städte durch den ÖPNV umfassend dargestellt werden. Schließlich werden viele städtische Leistungen im Bereich des ÖPNV in ausgegliederten Gesellschaften erbracht, die nicht unmittelbar im Gemeinderechnungsabschluss und der entsprechenden Gebarungsstatistik erfasst sind. Auf Basis der durchgeführten Befragung können auch diese Leistungen dargestellt werden. Darauf aufbauend kann ein Überblick gegeben werden, wie die derzeitige Steuerung und auch die Finanzierungsströme im ÖPNV verlaufen. Ganzheitlicher Reformansatz nach Schweizer Beispiel Ein möglicher Ansatz zur Reform von Finanzierung und Steuerung des ÖPNV in Österreichs Städten kann in Anlehnung an das Modell des Schweizer Infrastrukturfonds gefunden werden. In der Schweiz wurde mit dem Infrastrukturfonds die Grundlage für die Finanzierung im Verkehrsbereich sowie insbesondere für die Mitfinanzierung des Agglomerationsverkehrs geschaffen. Damit wird den Städten und Stadtregionen die Möglichkeit gegeben, bei Infrastrukturprojekten im Verkehrsbereich auf eine zentrale Förderung auf Basis klarer Beurteilungskriterien zurückzugreifen. Die Städte und Stadtregionen können sich hierbei an mehrjährig angelegten Agglomerationsprogrammen orientieren und haben damit eine Leistungsund Finanzierungssicherheit hinsichtlich des Ausbaus im Verkehrsbereich. Neben dem ÖPNV werden hierbei auch Straßenprojekte sowie der Langsamverkehr in das Gesamtkonzept miteinbezogen. Vor diesem Hintergrund werden in vorliegender Studie die wesentlichen Eckpunkte des Schweizer Infrastrukturfonds dargestellt und auf die österreichischen Rahmenbedingungen übertragen. Reformoptionen für den städtischen ÖPNV in Österreich Neben einem ganzheitlichen Reformansatz, zum Beispiel nach Schweizer Vorbild, scheint es auch möglich, die Finanzierung und Steuerung des ÖPNV in den österreichischen Städten partiell zu verbessern, um zumindest die nachhaltige Finanzierbarkeit des städtischen ÖPNV mittelfristig sicherzustellen. Dabei sind einerseits die Finanzierung des Auf- und Ausbaus des ÖPNV in Österreichs Städten und andererseits die Finanzierung des laufenden Betriebs bereits bestehender Angebote sicherzustellen. Zu beiden dieser Reformbereiche werden in vorliegender Studie Diskussionsgrundlagen vorgestellt, die am Österreichischen Städtetag 2013 diskutiert und in weiterer Folge konkretisiert und weiterentwickelt werden können.

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ZUSAMMENFASSUNG

II

Zusammenfassung

Die wesentlichen Ergebnisse des vorliegenden Projekts lassen sich wie folgt zusammenfassen.

1

Problembereiche in Finanzierung und Steuerung aus städtischer Sicht

Die derzeitige Steuerung und Finanzierung des städtischen ÖPNV wurde in den Vorkapiteln bereits als komplex beschrieben. Im Rahmen eines Workshops mit Städtevertreterinnen und -vertretern1 wurden die wichtigsten aktuellen Problembereiche zur Finanzierung und Steuerung aus städtischer Sicht herausgearbeitet. Strategische Rahmenbedingungen fehlen Eine österreichweite Strategie zum ÖPNV, welche auch den städtischen ÖPNV einbindet, fehlt. Für die Städte wäre hier ein Strategieplan hilfreich, welcher alle Akteurinnen und Akteure einbindet und somit zu einer verbesserten Koordination zwischen städtischem ÖPNV und Regional- und Nahverkehr im Stadt-Umland führen würde. Als kritisch werden auch die sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen für den städtischen ÖPNV je nach Bundesland gesehen. Dies betrifft sowohl die Organisation als auch die finanziellen Rahmenbedingungen. Unklar ist auch die Rolle des Bundes, welcher die Rolle als Gesamtkoordinator übernehmen könnte, um eine österreichweite ÖPNV-Strategie zu entwickeln. Auch bestünde die Möglichkeit, im Zuge einer Rahmengesetzgebung österreichweite einheitliche Vorgaben für den städtischen ÖPNV zu geben. Dies würde den Städten insofern helfen, als diese dann weniger stark von bundeslandspezifischen Rahmenbedingungen abhängen würden Kompetenz- und Schnittstellenproblematik Derzeit bestehen zahlreiche Kompetenzverflechtungen sowie unklare Kompetenzregelungen. So betrachtet das ÖPNRV-G 1999, welches die Zuständigkeit für die Nah- und Regionalverkehrsplanung den Ländern und Gemeinden zuweist, diese beiden Gebietskörperschaften gemeinsam. Es unterbleibt jedoch eine Kompetenzzuteilung zwischen Ländern und Gemeinden. Unklar ist auch, welche Kompetenzen nach wie vor beim Bund angesiedelt sind (so übernimmt er ja im Rahmen des Finanzausgleichs auch eine gewisse Finanzierungsverantwortung für den städtischen ÖPNV). Daneben bestehen vielfältige Schnittstellenprobleme. Zu nennen ist hier beispielsweise die Schnittstelle Land zu Stadt, welche je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. Probleme bestehen jedoch auch in der Schnittstelle Stadt zu Nah- und Regionalverkehr des Stadt-Umlandes. So bestehen auch Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Stadt- und Regionalverkehr. Hinzu kommen Schnittstellenprobleme zu anderen Politikbereichen, wie insbesondere zwischen Verkehrsbereich und Raumordnung.

1

Am Workshop nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Graz, Wien, Innsbruck und Salzburg sowie ein Vertreter des BMVIT teil.

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ZUSAMMENFASSUNG

Keine ausreichende Ballungsraumsicht Insgesamt kann festgehalten werden, dass derzeit keine ausreichende Ballungsraumsicht (im Sinne einer koordinierten Agglomerationspolitik) besteht und es deshalb zu Koordinationsschwierigkeiten innerhalb des Ballungsraums kommt. Dies ist in hohem Maße auch darauf zurückzuführen, dass es derzeit keine einheitliche Definition eines Agglomerationsraumes gibt. Weiters gibt es keine Verpflichtung bzw. ausreichende Anreize (z.B. Knüpfung an finanzielle Mittel) zur Zusammenarbeit. Intransparente und ungenügende Finanzströme Die derzeitigen Finanzströme können als intransparent und komplex bezeichnet werden. Die im Finanzausgleichsgesetz festgelegten fixen Verteilungsschlüssel zwischen den Städten haben einen historischen Hintergrund und gehen nicht mit der tatsächlichen Entwicklung bzw. heutigen Notwendigkeiten einher. Dies gilt insbesondere auch für die Ausgabenentwicklung, welche im ÖPNV-Bereich deutlich dynamischer erfolgt als die Einnahmenentwicklung der durch den Finanzausgleich bereitgestellten Mittel. Insgesamt können die über den Finanzausgleich bereitgestellten Mittel für den städtischen ÖPNV als unzureichend bezeichnet werden. Die Finanzierungslücke besteht sowohl im laufenden Betrieb als auch im Investitionsbereich. Eine Berücksichtigung weiterer Entwicklungen (Prognoserechnungen) erfolgt nicht. Die fehlenden Mittel aus dem Finanzausgleich können auch über andere Sonderfördermittel für den Investitionsbereich bei weitem nicht ausgeglichen werden. Sonderfördermittel sind hingegen meist innovations- und technologielastig sowie projekspezifisch und können keine Entlastung für den laufenden Ausbau bzw. Betrieb leisten. Eine Zweckbindung für den städtischen ÖPNV einzelner Steuermittel (z.B. Mineralölsteuer) erfolgt nicht bzw. wird bundesländerspezifisch gesondert gehandhabt. So erfolgt die Durchreichung der Mittel aus der Mineralölsteuer durch die Länder an die Städte und Ballungsräume nicht bzw. in unterschiedlicher Weise. Der derzeitige Finanzausgleich berücksichtigt nicht die hohe Aufgabenbelastung der großen Städte im Bereich des städtischen ÖPNV, da ein ausreichender Lastenausgleich ausbleibt. Der städtische ÖPNV stellt hierbei eine zentralörtliche Leistung dar. Es profitieren daher die Einwohnerinnen und Einwohner der gesamten Region vom städtischen ÖPNV-Angebot, ohne dass dies im Finanzausgleich entsprechend berücksichtigt wird. Eine ausreichende Mittelausstattung für die Aufgabenträger im Sinne des Äquivalenzprinzips unterbleibt. Vielmehr werden im Verkehrsbereich externe Kosten, welche durch die PendlerInnenströme verursacht werden, nicht berücksichtigt, sodass das Prinzip der Kostenwahrheit im ÖPNVBereich nicht gewährleistet ist. Schließlich führt die nicht ausreichende finanzielle Ausstattung zu einer Planungsunsicherheit auf der Seite der Städte.

2

Wichtige Ergebnisse

In vorliegender Studie wurde die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Österreichs Städten untersucht. Es wurde skizziert, welche Finanzierungs- und Steuerungsstrukturen in Bezug auf den städtischen ÖPNV vorliegen, wie hoch die finanzielle

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ZUSAMMENFASSUNG

Belastung der Städte durch den ÖPNV ist, welche strukturellen und finanziellen Probleme sich aus Städtesicht aktuell ergeben und es wurden mehrere Ansätze entwickelt, die zur Verbesserung der Finanzierungssituation der Städte im ÖPNV beitragen können. Finanzielle Belastung der Städte Der öffentliche Personennahverkehr wird zur immer stärkeren finanziellen Belastung für Städte und Gemeinden. Gemäß Gebarungsstatistik der Gemeinden2 geben alle Gemeinden in Österreich 2011 in Summe fast 163 Mio. Euro für den öffentlichen Verkehr aus. 2006 waren es in Summe ca. 67 Mio. Euro. Die Ausgaben haben sich in den letzten Jahren also mehr als verdoppelt. Dabei sind in dieser Statistik die Ausgaben der gemeindeeigenen Betriebe (die aus dem Gemeinderechnungsabschluss ausgegliedert sind) noch gar nicht mitberücksichtigt. Durch den ÖPNV finanziell besonders stark belastet sind jedenfalls die großen Städte mit mehr als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie vor allem jene Städte, die über ein Straßenbahnoder O-Bus-Netz verfügen, dessen Finanzierung besonders ressourcenintensiv ist (das sind Wien, Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg). Eine Umfrage unter Österreichs Landeshauptstädten und den Städten über 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern (exkl. Wien3) hat ergeben, dass unter Berücksichtigung aller ausgegliederten Betriebe und der entsprechenden Einnahmen der Gemeinden und Betriebe (Leistungserlöse, Transfers von Bund, Land und von Verkehrsverbünden, Finanzzuweisungen aus dem Finanzausgleich etc.) der Zuschussbedarf für den öffentlichen Verkehr aus den Gemeindebudgets von 124 Mio. Euro im Jahr 2006 auf 181 Mio. Euro im Jahr 2012 angewachsen ist (+46 Prozent). Dabei sind bei dieser Umfrage nur Daten von 10 der 14 Städte mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern (+Landeshauptstädte) eingegangen. Der gesamte Zuschussbedarf ist damit noch weitaus höher. Problembereich Finanzierung Durch den wachsenden Finanzierungsbedarf werden strukturelle Schwächen im Finanzierungssystem des städtischen ÖPNV deutlich. Generell ist nicht zu erwarten, dass öffentlicher Verkehr in einer Stadt durch Eigenerlöse kostendeckend erbracht werden kann. Zuschüsse aus allgemeinen Steuermitteln werden immer nötig sein, um die Kosten des öffentlichen Verkehrs zu decken. Die Städte alleine stehen, durch die stetigen Kostensteigerungen der letzten Jahre, an der Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit und sind auf finanzielle Unterstützung anderer Gebietskörperschaften angewiesen. Dabei ergibt sich für die Städte, vor allem was die finanzielle Unterstützung durch die jeweiligen Bundesländer betrifft, die mangelnde Planungssicherheit als Hauptproblem. Im Anlassfall werden seitens der Länder durchaus Sonderförderungen (in erster Linie für Infrastrukturinvestitionen) gewährt. Es mangelt allerdings an ausreichender Basisfinanzierung bzw. Mitfinanzierung der laufenden Betriebsausgaben. Ferner mangelt es an Transparenz darüber, in welchem Ausmaß Mittel verfügbar sind und nach welchen Kriterien sie vergeben werden. So steht zum Beispiel in einigen Bundesländern fest, dass die Mittel aus der Mineralölsteuer für öffentlichen Verkehr verwendet werden, in welchem Ausmaß die Städte daran aber beteiligt werden, oder ob überhaupt, ist aus der Sicht der Städte jedoch meist unklar. 2 3

Vgl. Statistik Austria: Gebarungsstatistik der Gemeinden, 2013. Wien ist aufgrund seiner mehrfachen Sonderrolle (Größe, Doppelfunktion als Stadt und Bundesland, etc.) nicht mit anderen Städten vergleichbar und wurde daher bei dieser Erhebung nicht mitberücksichtigt.

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ZUSAMMENFASSUNG

Die Finanzierungsunterstützung des Bundes für den städtischen ÖPNV ist vergleichsweise transparent geregelt (vgl. z.B. § 24 ÖPNRV-G 1999 oder § 20 FAG 2008). Allerdings handelt es sich hierbei um statisch festgeschriebene Zuweisungssummen, die nach festgelegten Schlüsseln vergeben werden. Somit basieren diese Regelungen auf historischen Gegebenheiten, die mitunter nicht mehr den realen Anforderungen der Städte entsprechen. Das heißt, dass sowohl die Fördersumme über die letzten Jahre nicht bzw. bei weitem nicht so dynamisch gewachsen ist, wie der Förderbedarf (bzw. Zuschussbedarf) und dass die Verteilung der Mittel aufgrund der festgeschriebenen Schlüssel nicht mehr den aktuellen Leistungsanforderungen in den einzelnen Städten entspricht. Steuerungsproblematik Gemäß ÖPNRV-G 1999 sind Länder und Gemeinden zuständig für die Nah- und Regionalverkehrsplanung. Eine exakte Regelung der damit verbundenen Rechte und Pflichten und vor allem die Verteilung der Zuständigkeit auf Länder und Gemeinden bleiben im ÖPNRV-G allerdings aus. Dies führt aus Städtesicht zum praktischen Problem, dass die Städte und Stadtregionen im Planungsprozess innerhalb eines Bundeslandes nicht ausreichend repräsentiert sind. Nah- und Regionalverkehrspläne entstehen in der Verwaltung der Bundesländer unter Zusammenarbeit mit den Verkehrsverbünden. Das Mitspracherecht bzw. die Mitsprachemöglichkeit der Städte ist sehr eingeschränkt. Dies führt dazu, dass in den Verkehrsplänen die Perspektiven der Ballungsräume häufig fehlen und die Pläne daher den Bedürfnissen des städtischen ÖPNV nicht optimal entsprechen. Diesbezüglich würde aus Städtesicht Verbesserungspotenzial bestehen, indem man Städte und Stadtumland als Agglomerationsraum verstärkt in die Nah- und Regionalverkehrsplanung einbeziehen würde und den Städten ein entsprechendes Mitspracherecht gewähren würde. Dies würde den Städten die Möglichkeit geben, die verkehrsplanerische Strategie eines Bundeslandes mit zu beeinflussen und sich gleichzeitig mit den eigenen Maßnahmen besser an der Gesamtstrategie auszurichten. Reformoptionen Basierend auf den sich ergebenden Problembereichen hinsichtlich Steuerung und Finanzierung des städtischen ÖPNV wurden mehrere Reformoptionen entwickelt. Hierbei wurde einerseits eine ganzheitliche Reform – in Anlehnung an den Schweizer Infrastrukturfonds – vorgeschlagen, welche sowohl eine Reform der Steuerungs- als auch der Finanzierungsstruktur beinhaltet und eine Agglomerationspolitik voraussetzt. Daneben wurden auch kurzfristig umsetzbare Reformoptionen vorgestellt, welche sich in erster Linie auf den städtischen ÖPNV konzentrieren. ÖPNV-Stadtregionsfonds als ganzheitlicher Reformansatz Der ÖPNV-Stadtregionsfonds stellt einen ganzheitlichen Reformansatz dar, welcher sowohl auf die Steuerungs- als auch Finanzierungsstruktur im ÖPNV Rücksicht nimmt. Wichtiges Element hierbei ist die Bildung von ÖPNV-Stadtregionsverbänden im Sinne einer Agglomerationspolitik, welche Zugang zum ÖPNV-Stadtregionsfonds haben. Die Mittelverteilung erfolgt nach transparenten Kriterien und basiert auf einer österreichweiten ÖPNV-Strategie, welche auch den städtischen ÖPNV integriert. Da in Österreich sowohl im Investitionsbereich als auch im laufenden Betrieb eine Finanzierungslücke besteht, wurden für den ÖPNV-Stadtregionsfonds zwei Ausgestaltungsvarianten formuliert. In Variante A werden ausschließlich Investitionsmaßnahmen

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ZUSAMMENFASSUNG

gefördert, in Variante B erfolgt zusätzlich auch ein Finanzierungsbeitrag für den laufenden Betrieb. Natürlich ist gerade für den Auf- und Ausbau des öffentlichen Verkehrs in erster Linie eine finanzielle Unterstützung bei Infrastrukturinvestitionen nötig. Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass jegliche Infrastrukturinvestition wieder steigende laufende Betriebskosten nach sich zieht. Variante B würde damit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Finanzierung des laufenden Betriebs leisten, sollte jedoch nicht eine Lösung im Rahmen des Finanzausgleichs ersetzen. In Tabelle 1 werden die wichtigsten Eckpunkte der beiden Varianten zusammengefasst dargestellt. Der vorgeschlagene Stadtregionsfonds ist ein umfassendes Instrument zur Finanzierung von ÖPNV, aber auch Straßen- und Schieneninfrastruktur im Zusammenhang mit einem ÖPNV-Ausbau. Insofern setzt er eine umfassende Bündelung der Mittel voraus. Das Aufsetzen einer solchen Lösung kann mitunter längere Zeit in Anspruch nehmen und gilt als mittelfristige strategische Option. Reformoptionen für den städtischen ÖPNV Die Städte haben aber bereits ein akutes Finanzierungsproblem im ÖPNV, das kurzfristig zu lösen wäre. Um dem gerecht zu werden, können Teile einer umfassenden Stadtregionsfondslösung im Rahmen des Finanzausgleichs oder anderer gesetzlicher Regelungen auch schon kurz- bis mittelfristig umgesetzt werden. So könnte beispielsweise § 20 FAG 2008 dermaßen umgestaltet werden, dass in den etablierten Strukturen höhere Fördermittel für laufenden Betrieb und/oder4 Investitionen im ÖPNV zur Verfügung stehen. Durch eine (teilweise) Zweckwidmung der Ertragsanteile aus der Mineralölsteuer könnten mehr Mittel für die Förderung des ÖPNV zur Verfügung gestellt werden. Idealerweise würde die Verteilung der Mittel anstatt der bisher statisch fixierten Schlüssel auf Basis von transparenten Kriterien (z.B. dem Umweltverbundrankingmodell von Sammer et al. 2012) erfolgen, um eine bedarfsgerechte Mittelzuweisung zu gewährleisten. Darüber hinaus können sich die Städte und Gemeinden verstärkt um die Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen bemühen (City Maut, Parkraumbewirtschaftung, Interessentenbeiträge etc.) und die entsprechenden Erträge für den öffentlichen Verkehr zweckwidmen. Darüber hinaus kann es Städten in Gemeindeverbandslösungen gelingen, die umliegenden Gemeinden in die Finanzierungsverantwortung miteinzubeziehen, die durch Aufbau und Betrieb von städtischem öffentlichem Verkehr entsteht. Schließlich profitieren umliegende Gemeinden auch von bedarfsgerechtem öffentlichem Verkehr in der Stadtregion. Die gemeinsame Gewährleistungs- und Finanzierungsverantwortung von Städten und Stadtumlandgemeinden kann die Städte entlasten und gleichzeitig zu einer effizienten Leistungserbringung und höherem Nutzen für alle Beteiligten beitragen.

4

In welchem Ausmaß Mittel für Investitionszwecke oder für den laufenden Betrieb bereitzustellen sind, müsste politisch entschieden werden.

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ZUSAMMENFASSUNG

Tabelle 1: Ausgestaltungsvarianten eines ÖPNV-Stadtregionsfonds

Fördergegenstand Förderbare Maßnahmen

ÖPNV-Stadtregionsfonds (Variante A) ÖPNV-Stadtregionsfonds (Variante B) stadtregionaler ÖPNV und Langsamverkehr, Straßen- und Schieneninfrastrukturbereich Investitionsmaßnahmen, zusätzlich auch laufender Investitionsmaßnahmen Betrieb

Ausgabenvolumen

mind. 50 Mio. Euro (50 Mio. Euro entsprichen 40% des durchschn. Investitionsvolumens der letzten 5 Jahre - 130 Mio. Euro) + Zuschlag Stadtregion

mind. 100 Mio. Euro (50 Mio. Euro gemäß ÖPNVStadtregionsfonds (A) + ergänzende Mittel für laufenden Betrieb (bei 50% Deckung wäre eine Dotierung in der Höhe von 53 Mio. Euro notwendig))

Alternative oder ergänzende Maßnahmen: .) Speisung aus FAG-Mitteln mittels Vorwegabzug .) Zusammenfassen bestehender Mittel .) Bereitstellen zusätzlicher Bundesmittel .) Ergänzung um zusätzliche Einkommensquellen

Finanzierung

Förderfähigkeit und -höhe nach transparenten Kriterien (z.B. Rankingmodell nach Sammer et.al. 2012)

zusätzlich zu (A): .) gesonderte aufgabenorientierte Verteilung der Mittel für den laufenden Betrieb ÖPNV-Stadtregionsverbände

Kriterien Fördernehmer

.) österreichweite ÖPNV-Strategie Planungs-, Steuerungs- .) ÖPNV-Stadtregionsverbände erstellen ein Stadtregionsund Verkehrsprogramm, welches anhand der Vergabekriterien Finanzierungsprozess bewertet und gefördert wird

.) Erstellen einer österreichweiten ÖPNV-Strategie .) Bilden von ÖPNV-Stadtregionsverbänden .) Bereitstellen zusätzlicher Finanzmittel

Voraussetzungen

Vorteile

Nachteile

.) ganzheitliche Betrachtung einer Stadtregion .) ganzheitliche Betrachtung des stadtregionalen ÖPNVAngebotes .) Verbesserte Koordination des ÖPNV-Angebotes in der Stadtregion .) Mittelverwendung nach transparenten und nachhaltigen Kriterien .) Zusammenführung Planung, Steuerung und Finanzierung .) Einbezug von energie-, umwelt- und verkehrspolitischen Zielsetzungen .) Sicherstellung Finanzierung von Investitionsmaßnahmen zusätzlich zu (A): im stadtregionalen ÖPNV .) Sicherstellung der Finanzierung des lfd. Betriebs .) sehr weitgehender Reformansatz - setzt das Bilden neuer Strukturen voraus .) Stadtregionen sind als Steuergsebene noch nicht verankert .) zusätzliche Finanzmittel in teils beträchtlichem Ausmaß sind notwendig .) erhöhter Verwaltungsaufwand bei der Mittelvergabe

Quelle: KDZ: eigene Darstellung, 2013.

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zusätzlich zu (A): .) Mittel für den lfd. Betrieb werden an die ÖPNVStadtregionsverbände übermittelt, welche diese an die einzelnen Gemeinden weiterleiten


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

III Finanzierung und Steuerung im städtischen ÖPNV 1

Die Rolle der Städte im ÖPNV

Der Schwerpunkt für den öffentlichen Verkehr wird seitens des Bundes und der Länder auf den überregionalen und regionalen Verkehr gelegt. Damit soll eine flächendeckende Versorgung einer Verkehrsverbundregion mit öffentlichem Verkehr sichergestellt werden. Generell legen die Österreicherinnen und Österreicher die meisten Wege zwischen Wohnort und Arbeitsplatz bzw. Ausbildungsort zurück5. Demzufolge ist ein großer Teil des Verkehrs zwischen Stadtumland, Land und Stadt durch Schülerinnen und Schüler sowie Erwerbspersonen begründet, die im Stadtumlandgebiet oder am Land wohnen, ihre Ausbildung bzw. ihre berufliche Tätigkeit aber im städtischen Zentrum absolvieren. Es zeigt sich auch, dass sich die PendlerInnenströme aus den Stadtumlandgemeinden sehr häufig in den Städten konzentrieren. In Abbildung 2 ist dies exemplarisch für die Stadtregionen Innsbruck und Salzburg dargestellt. In beiden Stadtregionen pendeln mehr als zwei Drittel der Erwerbstätigen der Gemeinden rund um die zentralen Städte der Stadtregion in diese Zentralorte, um ihrer Arbeit nachzugehen. Davon sind sowohl die Gemeinden betroffen, die unmittelbar an der Stadtgrenze liegen, aber auch jene, die weiter vom Zentralort entfernt sind. Zurzeit ist es weitgehend üblich, dass diese Wege, von den Umlandgemeinden in die regionalen Zentren, häufig in Form des motorisierten Individualverkehrs zurückgelegt werden. Auch in Zukunft ist zu erwarten, dass die Bedeutung des motorisierten Verkehrs anhält, was beispielsweise aus dem steigenden Motorisierungsgrad in Österreich abzuleiten ist (siehe Abbildung 1). Abbildung 1: Motorisierungsprognose

Quelle: TRAFICO / IVWL et al.: Verkehrsprognose 2025+ Teil 1, 2009,. S.41.

5

vgl. TRAFICO / IVWL et al.: Verkehrsprognose 2025+ Teil 4, 2009, S.14.

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Abbildung 2: Räumliche Beziehungen / PendlerInnenverflechtungen

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2013.

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Abbildung 3: BerufspendlerInnen 1961 – 2001

Quelle: TRAFICO / IVWL et al.: Verkehrsprognose 2025+ Teil 4, 2009,. S.8.

Abbildung 4: Verkehrsaufkommen 2002 bis 2025

Quelle: TRAFICO / IVWL et al.: Verkehrsprognose 2025+ Teil 4, 2009,. S.8.

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Darüber hinaus zeigt sich, dass der PendlerInnenverkehr in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen hat, und wohl auch in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird (siehe Abbildung 3). Je nach Szenario wird davon ausgegangen, dass bis 2025 das PendlerInnenaufkommen um bis zu 13 Prozent im Vergleich zu 2005 steigen wird6. Dabei wird davon ausgegangen, dass der öffentliche Verkehr geringfügig an Bedeutung gewinnt, insgesamt aber der motorisierte Individualverkehr das dominierende Verkehrsmedium bleibt (siehe Abbildung 4). Dabei wäre der öffentliche Verkehr aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive dem motorisierten Individualverkehr in vielfacher Hinsicht überlegen7. Für das Individuum scheint der motorisierte Individualverkehr nur deshalb vorteilhaft, weil nicht alle Kosten, die durch den motorisierten Individualverkehr verursacht werden, auch von den Verursacherinnen und Verursachern zu tragen sind. Natürlich haben Autofahrerinnen und Autofahrer die Fahrzeugkosten, Abgaben, Steuern, Versicherungen und Treibstoffkosten zu bezahlen. Sie wälzen allerdings so genannte externe Kosten – Luftverschmutzung, Feinstaub, Lärm, Treibhausgase, Unfallschäden, Verbrauch von Raum (z.B. für Parkplätze), Investitionskosten in die Infrastruktur (z.B. Straßen) etc. – an die Allgemeinheit ab. Solange diese externen Kosten nicht internalisiert werden, d.h. ebenfalls von den Verursacherinnen und Verursachern zu tragen sind, wird das KFZ, vor allem im ländlichen Raum, noch lange eine sehr attraktive Alternative zum öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr sein. Zur nachhaltigen Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs sind neben der Internalisierung von externen Kosten, die den motorisierten Individualverkehr unvorteilhafter macht, auch zusätzliche attraktive und kostengünstige Angebote im Bereich Bus-, Bahn- und Straßenbahn zu schaffen, um den Umstieg vom Individualverkehr zum öffentlichen Verkehr zu erleichtern oder überhaupt zu ermöglichen. Vor allem in Städten wächst die Nachfrage nach öffentlichem Verkehr allerdings zusehends, weil die Nebenwirkungen des motorisierten Individualverkehrs (Staus, Luftverschmutzung, Lärm, Parkplatzmangel etc.) die Lebensqualität in den Städten negativ beeinflussen. Sollte es in Zukunft vermehrt gelingen, die Verkehrsströme vom motorisierten Individualverkehr in den ÖPNV umzuleiten, ergibt sich im Zusammenhang mit der Attraktivierung des ÖPNV neben der Verbindung des ländlichen Raums mit den regionalen Zentren eine weitere Herausforderung. Es gilt nämlich auch die öffentliche Mobilität innerhalb des Zentrums sicherzustellen. Schließlich sind die Arbeitsplätze innerhalb der regionalen Zentren räumlich verstreut und unterschiedlich weit von den regionalen (öffentlichen) Verkehrsknotenpunkten entfernt. Bislang endet die Diskussion der Verkehrsplanung innerhalb einer Region häufig bei der Verbindung regionaler Zentren und der Anbindung des ländlichen Raums an diese Zentren. Selbstverständlich besteht durch den Ausbau von S-Bahn-Linien etc. auch ein Nutzen für die Städte. Wie der Verkehr allerdings innerhalb der Zentren gesteuert wird, wird häufig den Zentren selbst überlassen. Allerdings bleibt nicht nur die Steuerungsverantwortung, sondern auch die Finanzierungsverantwortung für Angebote des städtischen ÖPNV alleine bei den Städten. Die Städte stehen demnach der Herausforderung gegenüber, ihre städtischen Verkehrspläne an die regionalen Konzepte anzupassen und gleichzeitig ausreichende Mittel zur Finanzierung des nötigen Angebots aufzubringen. In beiden Fällen werden sie zurzeit von den Bundesländern bzw. den regionalen Planungsinstanzen zu wenig unterstützt bzw. in die regionale und überregionale Planung einbezogen.

6 7

vgl. TRAFICO / IVWL et al.: Verkehrsprognose 2025+ Teil 4, 2009,. S.29. vgl. Sammer: Rankingmodell, 2012, S. 2.

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Dabei zeigt sich gerade in Abbildung 2, dass von einer Weiterführung regionaler ÖPNV-Konzepte in den Städten, zur Mobilisierung des öffentlichen PendlerInnenverkehrs innerhalb einer Stadt, nicht nur die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt selbst, sondern auch eine Vielzahl der Einwohnerinnen und Einwohner umliegender Gemeinden profitieren würden. Somit wäre es sinnvoll, die Steuerungs- und Finanzierungskompetenz für den städtischen ÖPNV zumindest auf stadtregionale Ebene zu erweitern. Konkrete Ansätze dafür werden im nachfolgenden Abschnitt IV „Reformansätze“ skizziert.

2

Zuständigkeit und Finanzierung im ÖPNV in Österreich

Zunächst wollen wir aber den Status Quo bezüglich der Zuständigkeit für Steuerung und Finanzierung des ÖPNV in Österreichs Städten zusammenfassen. 2.1

Gesetzliche Zuständigkeiten

Gemäß Art. 10 des Bundes-Verfassungsgesetzes ist Verkehr in Österreich Bundesaufgabe. Als Ausnahmen werden in Art. 11 Angelegenheiten der Straßenpolizei und der Binnenschifffahrt als Gesetzgebungsaufgabe des Bundes allerdings in der Vollziehung in der Landesverantwortung ausgewiesen. „Öffentlicher Verkehr“ ist allerdings nicht explizit erwähnt und die Zuständigkeit damit nicht explizit geregelt. Die von den Gebietskörperschaften wahrgenommenen Verantwortungsbereiche sind vielmehr historisch gewachsen.8 Im Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (ÖPNRV-G 1999) regelt der Bund die „organisatorischen und finanziellen Grundlagen für den Betrieb des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Verkehr im ländlichen Raum)“ konkreter. Darin werden drei Aufgaben des ÖPNRV genannt:   

Schienenpersonenverkehr; Kraftfahrlinienverkehr; Nah- und Regionalverkehrsplanung.

Diese werden wie in Abbildung 5 dargestellt auf die Gebietskörperschaften verteilt. Es zeigt sich, dass der Bund die Verantwortung dafür übernimmt, dass jenes Grundangebot finanziert wird, das 1999/2000 vorhanden war. Die weitergehende Verkehrs(bedarfs)planung sowie die Anpassung des Systems an künftige Bedürfnisse werden den Ländern und Gemeinden überlassen. Es wird allerdings auch deutlich, dass Leistungen, die über das Grundangebot 1999/2000 hinausgehen, nicht vom Bund finanziert werden, gleichzeitig aber Einsparungen gegenüber dem Grundangebot 1999/2000 in die Qualitätssicherung des Angebots investiert werden müssen. Ergeben also die Nah- und Regionalverkehrspläne der Länder und Gemeinden, dass das Grundangebot im Bereich des öffentlichen Verkehrs ausgebaut werden soll, so kann man auf dieser Grundlage (ÖPNRV-G) indirekt davon ausgehen, dass der Bund sich nicht an der Finanzierung beteiligen wird, sondern diese den Ländern und Gemeinden überlässt.

8

Vgl. ÖVG: Handbuch, 2009, S. 138.

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Abbildung 5: Kompetenzverteilung im ÖPNRV-G Aufgaben

Zuständigkeit der Gebietskörperschaften für Aufgaben des ÖPNRV

Bund

Gebietskörperschaft

Länder

Gemeinden

Schienenpersonenverkehr

Kraftfahrlinienverkehr

Sicherstellung des vom Bund finanzierten Grundangebots im Umfang des Fahrplanjahrs 1999/2000 (exkl. der zu diesem Zeitpunkt von Ländern und Gemeinden finanzierten Leistungen)

Vor 1. Juni 1999 geltend gemachte Verlustabdeckungen von Kraftfahrlinienunternehmen

Durch Reduzierung der Fahrplankilometer freiwerdende Bundesmittel für qualitätssichernde Maßnahmen im ÖPNRV zur Verfügung stellen. + Abschließen von Verträgen über Verkehrsdienstleistungen im Personenregionalverkehr, die über das Grundangebot aus dem Fahrplanjahr 1999/2000 hinausgehen oder Angebotsverbesserungen im Kraftfahrlinienverkehr darstellen ("unter Berücksichtigung der budgetären Bedeckung")

Nah- und Regionalverkehrsplaung

Planung einer nachfrageorientierten Verkehrsdienstleistung

Quelle: ÖPNRV-G 1999, §§7-13; KDZ: eigene Darstellung, 2013.

2.2

Steuerungsansätze

Das ÖPNRV-G sieht ferner Verkehrsverbünde als Institutionen vor, die folgende Aufgaben erfüllen (vgl. §16 bzw. §18 ÖPNRV-G):  

Festsetzung der Beförderungspreise; Verkehrsplanung und Fahrplangestaltung (es sollen Vorschläge an die Länder und Gemeinden unterbreitet werden); Bestellung von Verkehrsdiensten; Qualitätskontrolle; Marketing- und Vertriebsaktivitäten sowie Kundeninformation.

  

Die räumliche Zuständigkeit der Verkehrsverbünde soll sich allerdings an den Fahrgastströmen orientieren und kann durchaus bundesländerübergreifend sein (vgl. §14 ÖPNRV-G). Praktisch zeigt sich allerdings, dass sich mit Ausnahme des Verkehrsverbundes Ost-Region (VOR) und des Verkehrsverbundes Niederösterreich/Burgenland (VVNB), die verbleibenden Verkehrsverbünde an den Bundesländergrenzen orientieren. Die Verkehrsverbünde sind in der Regel Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Eigentümer sind meist die jeweiligen Bundesländer. So ist das Land Oberösterreich alleiniger Eigentümer des OÖVV9, die SVG gehört zu 100 Prozent dem Land Salzburg10 und der VST ist im Alleineigentum des Landes Steiermark11 usw. Am VOR, als bundesländerübergreifende Organisation, sind die Länder Wien, Niederösterreich und Burgenland im Verhältnis 44:44:12 beteiligt12. Somit erfolgt die Nah- und Regionalverkehrsplanung, die formal in der Verantwortung der Länder und Gemeinden liegt, praktisch in Abstimmung zwischen den Ländern und den Verkehrsverbünden in einem Bundesland. 9 10 11 12

Quelle: OÖVV – online: http://www.ooevv.at/index.php?id=112 [18.März 2013] Quelle: SVG – online: http://www.svv-info.at/de/wir-ueber-uns/die-svg/ [18. März 2013] Quelle: VST – online: http://www.verbundlinie.at/service/organisation.php [18. März 2013] Quelle: VOR – online: http://www.vor.at/der-vor/organisation-team/ [18. März 2013]

18 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Natürlich bedeutet dies nicht, dass die Gemeinden keinen Einfluss auf die Verkehrsplanung nehmen können. So ist in der Steiermark z.B. die Stadt Graz im Lenkungsausschuss vertreten, der grundsätzliche verkehrspolitische Entscheidungen in der Steiermark trifft13. In Vorarlberg werden einzelne Leistungen des öffentlichen Verkehrs von Gemeindeverbänden und einzelnen Kommunen bestellt und der VVV bietet eine Art Dachmarke, die z.B. ein einheitliches Tarifsystem und die Corporate Identity sicherstellt.14 Abbildung 6: Kompetenzverteilung im ÖPNRV-G

Quelle: bmvit – online: http://www.bmvit.gv.at/verkehr/nahverkehr/verbuende/aufteilung.html [18.03.2013]

Alleine aus der Eigentümersituation der Verkehrsverbünde ist in den meisten Bundesländern allerdings schon zu erwarten, dass, bei den Nah- und Regionalverkehrsplanungen eine gewisse Dominanz der Länder zu erwarten ist. Allenfalls haben große Städte wie Graz oder Wien ein maßgebliches Mitspracherecht. Die Einflussmöglichkeiten der kleineren Städte halten sich allerdings in Grenzen. Dementsprechend unterrepräsentiert sind die städtischen oder stadtregionalen Interessen in den Verkehrsplänen.

2.3

Finanzierung des Stadt- und Vororteverkehrs

Für die Finanzierung des städtischen Verkehrs sieht das ÖPNRV-G im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich besondere Regelungen vor (§§24 und 25 ÖPNRV-G). Im Gesetz selbst wird diesbezüglich auf eine Stelle des zum Entstehungszeitpunkt des ÖPNRV-G gültigen Finanzausgleichs (FAG 1997) verwiesen. Mittlerweile ist dieser Verweis auf den gesamten § 20 FAG 2008 zu beziehen. Demzufolge gilt Folgendes (vgl. Abbildung 1): 13 14

Quelle: VST – online: http://www.verbundlinie.at/service/_grafiken/organigramm_gross.jpg [18. März 2013] Quelle: VVV – online: http://www.vmobil.at/index.php/228/0/ [18. März 2013]

19 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Der Bund gewährt an die Gemeinden Finanzzuweisungen von in Summe ca. 70 Mio. Euro in zwei Töpfen. Im Jahr 2011 wurden 75,2 Mio. Euro15 zugewiesen. Ca. die Hälfte der Finanzzuweisungen stehen auf Antrag (beim BMF) zur Finanzierung von „Autobus-, Obus- oder Straßenbahnlinien“ (vgl. § 20 Abs. 1 FAG 2008) zur Verfügung (dunkelblauer Topf). Die Mittel des dunkelblauen Topfes stehen zu 55 Prozent der Gemeinde Wien zur Verfügung. Die verbleibenden 45 Prozent des dunkelblauen Topfes können von allen anderen Gemeinden wenn sie Bus- oder Straßenbahnlinien betreiben, und von Wien, auf Grund seiner Beteiligung an der Wiener Lokalbahnen AG, beim BMF beantragt werden. Die Mittel werden „nach dem arithmetischen Mittel aus dem Verhältnis der Streckenlänge und der Anzahl der beförderten Personen“ (vgl. § 20 Abs. 2 FAG 2008) auf die antragstellenden Gemeinden aufgeteilt. Die Mittel aus dem hellblauen Topf werden zunächst zur Finanzierung „publikumsbestimmter, ortsfester Einrichtungen an Knotenpunkten öffentlicher Kraftfahrlinien des Personennahverkehrs (Autobusbahnhöfe)“ (vgl. § 20 Abs. 2 Z 1 FAG 2008) verwendet. Es stehen dafür maximal 500.000 Euro zzgl. 3 Prozent der 0,034 Prozent des Nettoaufkommens an den Abgaben mit einheitlichem Schlüssel gem. FAG zur Verfügung. 0,034 Prozent des Nettoaufkommens an den Abgaben mit einheitlichem Schlüssel waren zuletzt (2011) ca. 600.000 Euro. Werden diese Mittel nicht vollständig aufgebraucht, werden Sie nach denselben Regeln verteilt, wie die restlichen Mittel des hellblauen Topfs (vgl. § 20 Abs. 2 Z 3 FAG 2008). Die verbleibenden Mittel aus dem hellblauen Topf werden ausschließlich auf Wien (zu 64,7 Prozent), Graz (zu 11 Prozent), Innsbruck (zu 8,7 Prozent), Linz (zu 8,1 Prozent) und Salzburg (zu 7,4 Prozent) verteilt.

 

Zusätzlich zu den Mitteln gemäß FAG stellt der Bund noch gemäß § 24 Abs. 2 ÖPNRV-G 1999 zusätzlich insgesamt ca. 1,5 Mio. Euro zur Verfügung. Ein entsprechender Anteil dieser Mittel wird Gemeinden zugewiesen, wenn die Mittel, die einer Gemeinde aus dem gem. Abbildung 7 dunkelblauen Topf zugewiesen werden, zweckentsprechend verwendet wurden und die Gemeinde aus eigenen Mitteln zur Finanzierung entsprechender Leistungen zuschießen muss. Der Bund weist in diesem Fall zusätzlich bis zu 50 Prozent der ursprünglichen Unterstützung zu, wenn die Gemeinde aus eigenen Mitteln mindestens ebenso viel zur Finanzierung der entsprechenden Leistung zuschießen muss. Es zeigt sich, dass die Finanzzuweisungen des Bundes für den Stadt- und Vororteverkehr in hohem Ausmaß an die Stadt Wien fließen. Es ist davon auszugehen, dass auch Graz, Innsbruck, Linz und Salzburg durch die direkten Zuweisungen und das vorhandene öffentliche Verkehrsnetz in merklichem Ausmaß Mittel lukrieren können. Für die verbleibenden Gemeinden und kleineren Städte verbleiben nur in relativ geringem Ausmaß Mittel, die noch dazu beantragt werden müssen. Dies ist in erster Linie historisch begründet, da bei Einführung der entsprechenden Bestimmungen im Finanzausgleich, bezogen auf die Streckenlänge und die Anzahl der im öffentlichen Verkehr beförderten Personen, in erster Linie Wien, Graz, Innsbruck, Linz und Salzburg die Trägerstädte des öffentlichen Verkehrs sind16. Ob sich am Leistungsangebot seither Wesentliches verändert hat und somit die genannte Mittelverteilung auf die Städte angepasst 15

16

Vgl. BMF: Länderweise Anteile an den Ertragsanteilen und den wichtigsten Zweckzuschüssen und Finanzzuweisungen im Jahr 2011 – Gemeindeebene; www. bmf.gv.at; BMF (Version vom 15.10.2012). Vgl. Hüttner et al.: Finanzausgleichsgesetz, 2008, S. 182 ff.

20 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

werden sollte, müsste gesondert evaluiert werden. Man könnte außerdem im Finanzausgleich berücksichtigen, dass es neben den Städten, die zum Ausbau und zur Erhaltung vorhandener Verkehrsinfrastruktur Investitionsmittel benötigen, auch noch Städte Investitionsbedarf im öffentlichen Verkehr aufweisen, deren öffentliches Verkehrsangebot bislang unterdurchschnittlich ausgebaut ist. Um den städtischen öffentlichen Verkehr in Österreich umfassend zu fördern, könnte es daher sinnvoll sein, für solche Städte Investitionsfördermöglichkeiten zu schaffen. Abbildung 7: Schematische Darstellung § 20 FAG 2008

Quelle: § 20 FAG 2008; KDZ: eigene Darstellung, 2013.

2.4

Verkehrsanschlussabgabe

Zusätzlich zu den bisher vorgestellten Finanzierungsquellen ermächtigt der Bund die Gemeinden zur Einhebung einer „flächenbezogenen Abgabe zur Deckung der mit dem Anschluss von öffentlichen Verkehrsmitteln an Betriebsansiedlungen verbundenen Kosten“ (vgl. § 32 ÖPNRV-G 1999). Diese so genannte Verkehrsanschlussabgabe soll monatsweise oder in einmaliger Höhe eingehoben werden können und muss mindestens 0,07 Euro pro Quadratmeterfläche und Kalendermonat betragen. Sie soll dazu dienen, die Kosten für die Anbindung von Betrieben mit einer Fläche von mehr als 10.000 m² an das örtliche Verkehrsnetz zu finanzieren. (vgl. § 34 ÖPNRV-G) Als solche Betriebe gelten beispielsweise Einkaufszentren, aber auch Technologieund Freizeitparks, Gesundheitseinrichtungen, Kinos etc. (vgl. § 32 Abs. 2 ÖPNRV-G) Mit den dadurch entstehenden Mitteln könnte zumindest ein Beitrag zur Finanzierung des Ausbaus des öffentlichen Verkehrs in Städten geleistet werden. In der kommunalen Praxis zeigt sich allerdings, dass diese Möglichkeit zur Generierung von Einnahmen nicht genutzt wird. Als Gründe dafür werden die Befürchtung eines aus Gemeindesicht unvorteilhaften

21 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Steuerwettbewerbs17 und die damit verbundene Verschlechterung der Standortbedingungen angeführt18 & 19. Schließlich ist durch die Ansiedlung von Betrieben im Gemeindegebiet mit zusätzlichen Steuereinnahmen aus anderen Quellen zu rechnen (z.B. aus der Kommunalsteuer), die ein allfälliges Aufkommen aus einer Verkehrsanschlussabgabe übersteigen können. Insofern möchte man mit der Einführung einer Verkehrsanschlussabgabe, die es eventuell in der Nachbargemeinde nicht gibt, Betriebsansiedlungen nicht gefährden. Außerdem wird die entsprechende Regelung zur Verkehrsanschlussabgabe in § 32 Abs. 2 ÖPNRV-G 1999 auch aus juristischer Perspektive kritisiert20. Es ist nämlich geregelt, dass die Verkehrsanschlussabgabe bei Betriebsansiedlungen von gewerberechtlichen Betriebsanlagen eingehoben werden kann. Anschließend werden aber auch Arzt- und Gesundheitseinrichtungen als Beispiel für solche Anlagen aufgezählt, die aus der Sicht des Gewerberechts nicht als Betriebsanlagen zu sehen sind. Neben dieser begrifflichen Unklarheit bestehen noch viele andere „unbestimmte Gesetzesbegriffe“ die dazu führen könnte, dass es bei der Einhebung einer entsprechenden Abgabe zu entsprechenden Berufungsverfahren kommen könnte, die nicht nur dazu führen, dass die erhofften Einnahmen für Gemeinden vorläufig nicht zustande kommen, sondern dass auch entsprechende Belastung bei den „Abgabeberufungsinstanzen und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts“ entsteht21.

2.5

Weitere Finanzierungsquellen

Insbesondere, wenn Städte nicht Leistungsbesteller sondern Leistungserbringer sind (entweder unmittelbar durch die Stadt oder durch städtische Betriebe), stehen unmittelbar leistungsbezogene Finanzierungsquellen zur Verfügung. Dies sind in erster Linie Fahrpreise (für Fahrscheine, Jahreskarten etc.), die in der Regel allerdings keinen kostendeckenden Tarifen entsprechen. Darüber hinaus können „Verkehrsunternehmen des öffentlichen Verkehrs“ gemäß § 30f. Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 Verträge mit dem Bundesminister für Jugend und Familie abschließen, die einen finanziellen Ausgleich für die zu gewährende Schülerfreifahrt ermöglichen. Wenn solche Unternehmen für Schülerinnen und Schüler Fahrausweise anbieten, die abgesehen von einem Eigenanteil von 19,60 Euro pro Schuljahr, die freie Beförderung der Schülerinnen und Schüler gewährleisten, ersetzt der Bund die im Tarif jeweils vorgesehenen Fahrpreise für die Beförderung der Schülerinnen und Schüler zur und von der Schule. Ähnliches gilt auch gemäß § 30j. Familienlastenausgleichgesetz 1967 für Lehrlinge. Teilweise werden im Rahmen der Schülerfreifahrt auch günstige Netzkarten für Jugendliche angeboten, für die Verkehrsunternehmen eine pauschale Förderung aus dem Familienlastenausgleichsfonds erhalten. Häufig wird auch die Mineralölsteuer als Finanzierungsquelle für den öffentlichen Verkehr angesehen. De facto handelt es sich bei der Mineralölsteuer allerdings um eine gemeinschaftliche Bundesabgabe gem. § 8 FAG 2008, die im Zuge der Verteilung der Bundesabgabenertragsanteile nach bestimmten Schlüsseln und Verfahren auf Bund, Länder und

17 18 19 20

21

Vgl. Griebler: Verkehrsanschlussabgabe, 2000. Vgl. Rechnungshof: Einkaufszentren, 2007, S. 22 f. Vgl. Rechnungshof: Evaluierung ÖPNRV-G, 2005: S. 146. Vgl. z.B. in einer Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts (BKA-603.833/0001-V/A/5/2006 vom März 2006). – siehe z.B.: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXII/ME/ME_00376_22/index.shtml [24.04.2013] Vgl. Griebler: Verkehrsanschlussabgabe, 2000, S. 43.

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

die Gemeinden verteilt wird. Gemäß Bundesministerium für Finanzen22 fallen z.B. 2011 4,2 Mrd. Euro an Mineralölsteuer an, die nach dem Schlüssel 67,417:20,7:11,883 auf Bund Länder und Gemeinden aufgeteilt werden. Den Gemeinden kommen demzufolge ca. 500 Mio. Euro aus der Mineralölsteuer im Rahmen der Ertragsanteile zu. Eine entsprechende Zweckbindung der Einnahmen aus der Mineralölsteuer, z.B. für den öffentlichen Verkehr, steht zwar mitunter zur politischen Diskussion, ist aber aufgrund der aktuellen Rechtslage nicht gegeben. Insofern können die Einnahmen aus der Mineralölsteuer nicht als direkte Finanzierungsquellen für den öffentlichen Verkehr gewertet werden. In Zukunft könnte aber eine entsprechende Zweckwidmung eines Teiles der Mineralölsteuereinnahmen (von Bund, Länder und Gemeinden) für den öffentlichen Verkehr eine mögliche Quelle für die Dotierung zusätzlicher Fördertöpfe für den öffentlichen Verkehr sein. Darüber hinaus werden seitens der Bundesländer projektorientiert Fördermittel für den öffentlichen Verkehr vergeben (meist aus den Mineralölsteuermitteln der Länder). Dabei handelt es sich allerdings um Sonderförderungen, die keine langfristige Planungssicherheit für die Städte gewährleisten, weil meist die Folgekosten, die aus den geförderten Projekten entstehen, nicht mehr gedeckt sind.

3

Finanzielle Belastung der Städte im engeren Sinn

Zunächst soll dargestellt werden, inwiefern die Gemeinden in Österreich durch die Finanzierung des ÖPNV belastet sind. Damit beschränkt sich diese Analyse auf die im Gemeinderechnungsabschluss ausgewiesene Belastung. Darüber hinaus finanzieren vor allem größere Städte den öffentlichen Verkehr häufig in ausgelagerten Betrieben, die sich allerdings mehrheitlich oder vollständig im Gemeindeeigentum befinden. Diese finanzielle Belastung der Gemeinden im weiteren Sinn wird in nachfolgendem Kapitel vertiefend untersucht. In vorliegendem Kapitel bleibt die Analyse auf die Gemeinderechnungsabschlüsse und damit auf die finanzielle Belastung der Städte im engeren Sinn beschränkt.

3.1

Methodische Anmerkungen

Die finanzielle Belastung der Städte im engeren Sinn wurde auf Basis der Gemeindefinanzstatistik der Statistik Austria erhoben, in der alle Rechnungsabschlüsse der österreichischen Gemeinden enthalten sind. Die Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit dem öffentlichen Verkehr werden in den Gemeinderechnungsabschlüssen in den Unterabschnitten 875 „Straßenverkehrsbetriebe“ und 690 „Verkehr, sonstiges“ verbucht. Die entsprechenden Einnahmen und Ausgaben wurden für jede Gemeinde nach der Systematik des Voranschlags- und Rechnungsquerschnittes für Gemeinden gemäß Anlage 5b der VRV 1997 strukturiert. Die jeweiligen Gemeindeergebnisse wurden sowohl in Summe als auch nach EinwohnerInnengrößenklassen sowie nach Bundesländern zusammengefasst (arithmetisches Mittel innerhalb der jeweiligen Klassen) und analysiert. Aus Gründen der Vergleichbarkeit der Gemeinden untereinander wurden die Einnahmen und Ausgaben jeweils auch pro Kopf dargestellt. Es wurden 2.356 Gemeinden der insgesamt 2.357 Gemeinden untersucht. Wien 22

Vgl. BMF: Unterlagen zum Finanzausgleich. Berechnung der Ertragsanteile 2011. – online: http://www.bmf.gv.at/Budget/ BesondereBudgetthemen/Finanzbeziehungenzu_658/5361/UnterlagenzumFinanz_5364/BMF_EA_2011.xlsx [08.04.2013]

23 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

wurde bei der Analyse, aufgrund seiner Doppelrolle als Land und gleichzeitig auch Bundesland, nicht berücksichtigt. 3.2

Ergebnisse

In Abbildung 8 sind die Einnahmen und Ausgaben aller österreichischen Gemeinden (ohne Wien) für den ÖPNV in Anlehnung an die Querschnittssystematik (VRV 1997 Anlage 5b) zusammengefasst. Zunächst ist zu erkennen, dass die Gemeinden in Österreich (ohne Wien) 2011 fast 100 Mio. Euro für den laufenden Betrieb des öffentlichen Verkehrs ausgeben (siehe KZ 29) und zusätzlich noch über 70 Mio. Euro für Investitionen und Schuldendienst aufwenden (siehe Summe KZ 49 & 69). Somit geben die Gemeinden in Österreich 2011 (ohne Wien) insgesamt über 170 Mio. Euro für öffentlichen Verkehr aus. 2006 waren die Gesamtausgaben deutlich niedriger. Damals wurden „lediglich“ ca. 70 Mio. Euro für den öffentlichen Verkehr ausgegeben. Die laufenden Ausgaben haben sich in den letzten Jahren nahezu verdoppelt und die Ausgaben der Vermögensgebarung (Ausgaben im Zusammenhang mit Investitionen) haben sich fast versechsfacht. Grund für diese starken Ausgabensteigerungen sind vor allem die steigenden Transferbelastungen (siehe KZ 27 und KZ 44) sowohl an die Verkehrsverbünde aber vor allem an die gemeindeeigenen Gesellschaften. Die Einnahmen der Gemeinden (ohne Wien) im Bereich des öffentlichen Verkehrs haben sich bei weitem nicht so dynamisch entwickelt. Zwar haben sich die laufenden Einnahmen auch mehr als verdoppelt (siehe KZ 19), allerdings auf weitaus geringerem Niveau als die laufenden Ausgaben. Somit weisen die Gemeinden 2011 einen Zuschussbedarf des laufenden Betriebs aus (siehe KZ 91), der um 30 Mio. Euro höher ist als noch 2011. Dazu kommen die massiv gestiegenen Ausgaben der Vermögensgebarung (für Investitionen und Kapitaltransfers). Diese sind 2011 um über 50 Mio. Euro höher als noch 2006. In den letzten Jahren hat sich also ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von ca. 80 Mio. Euro ergeben, der aus den laufenden Budgets der österreichischen Gemeinden (ohne Wien) zu finanzieren ist (siehe auch Abbildung 9). Dieser zusätzliche Finanzierungsbedarf von 80 Mio. Euro kann keinesfalls aus Vermögenseinnahmen (siehe KZ30+31) oder Kapitaltransfers (z.B. Bedarfszuweisungen – siehe KZ 33) finanziert werden. Diese sind 2006 nur ca. 2 Mio. Euro höher als 2011. Stattdessen müssen Gemeinden vermehrt Schulden aufnehmen (siehe KZ 54+55) oder Rücklagen auflösen (siehe KZ 50+51), um den Finanzierungsbedarf im öffentlichen Verkehr decken zu können. Trotzdem ist der aus allgemeinen Steuermitteln zu bedeckende Betrag (siehe KZ 94) von 2006 (ca. 51 Mio. Euro) bis 2011 (ca. 78 Mio. Euro) um 27 Mio. Euro angewachsen. Zwischenzeitlich lag er sogar schon bei 107 Mio. Euro (2009). Der öffentliche Verkehr wird also zunehmend zur Belastung für die kommunalen Budgets. Dabei ist die Belastung nicht für alle Gemeinden gleich hoch. In Abbildung 10 ist zu sehen, dass vor allem die Gemeinden in Vorarlberg im Durchschnitt eine besonders hohe Belastung aufweisen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in Vorarlberg (insbesondere im Unterland und im Bregenzerwald) ein Bussystem besteht, das fast vollständig von Gemeindeverbänden finanziert wird. Zur Finanzierung dieser Verbände trägt eine große Zahl von Gemeinden durch Verbandsumlagen bei, sodass die durchschnittliche Belastung der Gemeinden in Vorarlberg relativ hoch ist. In den anderen Bundesländern sind verhältnismäßig wenige Gemeinden überhaupt von der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs betroffen, wodurch die durchschnittliche Belastung aller Gemeinden eines Bundeslandes relativ gering ist.

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Einnahmen aus Leistungen Laufende Transferzahlungen von Trägern des öffentlichen Rechts Sonstige laufende Transfereinnahmen sonstige laufende Einnahmen Summe 1: laufende Einnahmen Leistungen für Personal Verwaltungs- und Betriebsaufwand Laufende Transferzahlungen an Träger des öffentlichen Rechts Sonstige laufende Transferzahlungen sonstige laufende Ausgaben Summe 2: laufende Ausgaben Saldo 1: Ergebnis der lfd. Gebarung 91 (Öffentliches Sparen) 30+31 Veräußerung von unbeweglichem und beweglichem Vermögen 33 Kapitaltransferzahlungen von Trägern des öffentlichen Rechts 34 Sonstige Kapitaltransfereinnahmen 39 Summe 3: Einnahmen Vermögensgebarung ohne Finanztransaktionen 40 Erwerb von unbeweglichem Vermögen 41 Erwerb von beweglichem Vermögen 42 Erwerb von aktivierungsfähigen Rechten 43 Kapitaltransferzahlungen an Träger des öffentlichen Rechts 44 Sonstige Kapitaltransferzahlungen 49 Summe 4: Ausgaben Vermögensgebarung ohne Finanztransaktionen Saldo 2: Ergebnis Vermögensgebarung 92 ohne Finanztransaktionen Saldo 1 + Saldo 2 50 Veräußerung von Wertpapieren und Beteiligungen 51 Entnahmen aus Rücklagen 54+55 Aufnahme von Finanzschulden 56 Investitions- und Tilgungszuschüsse 59 Summe 5: Einnahmen Finanztransaktionen 60 Erwerb von Beteiligungen und Anlagewertpapieren 61 Zuführung an Rücklagen 65 Rückzahlung von Finanzschulden bei anderen 69 Summe 6: Ausgaben Finanztransaktionen 93 Saldo 3: Ergebnis der Finanztransaktionen Saldo 4: Jahresergebnis ohne Verrechnungen zwischen 94 ord. und ao Haushalt und ohne Abwicklungen

10 15 16 19a 19 20 24 26 27 29a 29

KZ 5.258,41 4.968,91 1.240,10 1.004,99 12.472,41 551,60 22.737,13 9.889,78 22.844,49 191,60 56.214,60 -43.742,19 12,00 4.445,69 1,55 4.459,24 1.376,12 94,86 0,00 367,57 18.277,65 20.116,21 -15.656,97 -59.399,16 10.182,09 1.099,98 0,00 1.721,72 13.003,80 0,00 87,20 429,32 516,52 12.487,27 -46.911,89

-46.010,03 -873,27 4.022,30 3,80 3.152,83 328,49 30,38 11,15 484,77 9.520,22 10.375,00 -7.222,17 -53.232,20 1.067,93 273,57 200,00 1.455,97 2.997,47 0,00 140,13 499,97 640,11 2.357,37 -50.874,84

2007

4.335,73 4.138,54 1.033,50 646,06 10.153,83 457,29 20.324,14 9.957,08 25.087,59 337,75 56.163,86

2006

2008

-101.327,44

-126.619,79 22.552,71 264,20 1.365,33 1.509,79 25.692,03 0,00 46,74 352,94 399,69 25.292,35

-29.909,97

0,00 5.384,54 0,67 5.385,20 1.225,04 442,86 0,00 1.574,44 32.052,85 35.295,18

-96.709,81

5.210,44 5.227,58 947,20 1.050,43 12.435,66 348,60 25.442,63 11.164,49 71.989,46 200,29 109.145,47

2009

-107.036,97

-122.927,65 15.080,88 230,49 0,00 1.275,10 16.586,47 0,00 291,16 404,63 695,78 15.890,68

-47.025,51

13,00 5.267,47 0,08 5.280,54 840,42 258,89 0,00 2.026,07 49.180,67 52.306,06

-75.902,13

8.408,33 6.403,23 603,54 2.674,20 18.089,30 313,33 29.756,07 13.517,31 50.235,52 169,20 93.991,43

in Tsd. Euro

-89.931,99

-120.735,39 9.424,36 19.323,37 1.668,50 1.169,24 31.585,47 0,00 297,05 485,03 782,08 30.803,39

-47.646,64

0,00 5.519,98 21,67 5.541,65 1.425,33 174,13 0,00 1.903,81 49.685,03 53.188,29

-73.088,75

6.432,72 10.484,87 623,09 1.320,26 18.860,94 327,01 32.513,07 15.225,51 43.475,27 408,83 91.949,69

2010

-77.895,20

-131.681,25 15.504,58 3.757,34 42.173,27 846,25 62.281,44 11,16 7.903,87 580,36 8.495,39 53.786,05

-57.672,51

0,00 5.812,96 17,18 5.830,14 1.109,58 88,94 0,00 1.950,11 60.354,02 63.502,65

-74.008,74

6.154,61 10.534,19 5.215,75 2.618,10 24.522,64 325,60 34.301,21 14.597,41 48.854,88 452,28 98.531,38

2011

FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Abbildung 8: Einnahmen und Ausgaben der österreichischen Gemeinden (ohne Wien) für ÖPNV im engeren Sinn (nur Ausgaben aus dem Gemeinderechnungsabschluss) 2006-2011

Quelle: Statistik Austria: Gemeindefinanzstatistik, 2012. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Abbildung 9: Saldo der laufenden Gebarung und der Vermögensgebarung der Gemeinden (ohne Wien) für den ÖPNV in Mio. Euro für die Jahre 2006 bis 2011

Quelle: Statistik Austria: Gemeindefinanzstatistik, 2012. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Abbildung 10: Durchschnittliche Querschnittssalden der Gemeinden (ohne Wien) für den ÖPNV in Euro pro Kopf nach Bundesland für die Jahre 2006 und 2011

Quelle: Statistik Austria: Gemeindefinanzstatistik, 2012. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

26 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Abbildung 11: Durchschnittlicher Zuschussbedarf aus allgemeinen Steuermitteln (Saldo 4) für den ÖPNV der Gemeinden (ohne Wien) in Euro pro Kopf nach Einwohnergrößenklasse

Quelle: Statistik Austria: Gemeindefinanzstatistik, 2012. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Neben den regionalen Unterschieden zeigt sich vor allem eine unterschiedlich starke Finanzierungsbelastung der Gemeinden nach EinwohnerInnengrößenklasse. Vor allem die Gemeinden mit mehr als 50.000 EW aber auch schon die Gemeinden ab 10.000 EW weisen besonders hohen Zuschussbedarf für den öffentlichen Verkehr aus allgemeinen Steuermitteln aus (siehe Abbildung 11). Hier kann der Zuschussbedarf bei bis zu 50 Euro pro Einwohnerin bzw. Einwohner liegen. Kleinere Gemeinden (unter 10.000 EW) geben hingegen weniger als fünf Euro pro Kopf für den öffentlichen Verkehr aus. Der Rückgang der Belastung bei den Gemeinden über 50.000 EW in den Jahren 2010 und 2011 weist lediglich auf einen geringeren Zuschussbedarf aus allgemeinen Steuermitteln hin. Tatsächlich wurde dieser aber nur dadurch erreicht, dass zwei Gemeinden, im Gegensatz zu den Jahren zuvor, dezidiert Fremdkapitel zur Finanzierung des ÖPNV aufgenommen haben, um damit (Kapital-)Transfers an die gemeindeeigenen Gesellschaften zu finanzieren, die vor allem ab 2008 einzelne große Städte massiv belasten (Innsbruck und Graz). Dabei sind die hier ausgewiesenen Zuschüsse nur jene, die aus dem Gemeindehaushalt unmittelbar abzuleiten sind. Vor allem größere Städte verfügen allerdings häufig noch über ausgegliederte Gesellschaften, die Leistungen des öffentlichen Verkehrs erbringen (Stadtwerke etc.). Deren Finanzierungsbedarf kann nicht unmittelbar aus dem Gemeinderechnungsabschluss abgeleitet werden. Diese finanzielle Belastung der Städte im weiteren Sinn soll nachfolgend detaillierter untersucht werden.

27 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

4

Finanzielle Belastung im weiteren Sinn

Im vorangehenden Kapitel hat sich gezeigt, dass die finanzielle Belastung durch den öffentlichen Verkehr in erster Linie Gemeinden mit über 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern betrifft. Es wurde außerdem bereits darauf hingewiesen, dass die im Gemeinderechnungsabschluss ausgewiesene finanzielle Belastung die tatsächliche finanzielle Belastung der Städte unterschätzt. Dies ist deswegen der Fall, weil die Städte häufig über ausgegliederte Gesellschaften verfügen, die ebenfalls Leistungen im ÖPNV erbringen. In nachfolgendem Abschnitt wird daher die finanzielle Belastung der Städte durch den ÖPNV im Speziellen und unter Berücksichtigung ausgegliederter Betriebe untersucht.

4.1

Methodische Anmerkungen

Die Gemeindefinanzstatistik bietet dazu keine ausreichende Datengrundlage, weil sie vor allem die aus dem Gemeindehaushalt ausgegliederten Gesellschaften nicht erfasst. Daher wurde zur Vertiefung der vorliegenden Analyse eine Umfrage unter Österreichs Städten über die finanzielle Belastung durch die ÖPNV-Finanzierung durchgeführt. Es sollten alle Städte mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und zusätzlich alle Landeshauptstädte befragt werden, weil dies jene Städte sind, die am stärksten mit der ÖPNVFinanzierung belastet werden (insgesamt 14). Zusätzlich wurden auch noch alle Mitglieder des Österreichischen Städtebundes gebeten, sich an der Umfrage zu beteiligen. So wurden insgesamt 244 Gemeinden zur Datenerhebung eingeladen. Es sind schließlich 18 ausgefüllte Erhebungsbögen eingegangen. Davon fielen zehn in die Kategorie der Städte mit mehr als 30.000 EW (+Landeshauptstädte). Es wurde somit in der Kernzielgruppe der Erhebung eine Rücklaufquote von 71 Prozent erreicht. Analysegegenstand ist unter anderem auch der „Nettozuschussbedarf“ für den ÖPNV. Hierunter wird der konsolidierte Saldo zwischen Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden und ihrer ausgegliederten Gesellschaften, exkl. der Transfers zwischen den Gemeinden und ihren Gesellschaften, verstanden. So wird jener Betrag dargestellt, der unmittelbar von der Stadt zur Finanzierung der Ausgaben des öffentlichen Verkehrs aufgebracht werden muss. Es handelt sich demzufolge um den Ausgabenüberschuss abzüglich Fahrpreis- und sonstiger laufender Einnahmen sowie Transfers von anderen Gebietskörperschaften oder den Verkehrsverbünden.

4.2

Ergebnisse

Die befragten 18 Städte geben 2012 in Summe ca. 433 Mio. Euro für den öffentlichen Verkehr aus. Diese Ausgabensumme ergibt sich aus einer konsolidierten Betrachtung von Gemeindeausgaben und Ausgaben der gemeindeeigenen Gesellschaften exkl. Transfer zwischen den Gemeinden und den gemeindeeigenen Gesellschaften. Die Ausgabenstruktur ist in Abbildung 12 dargestellt. Es zeigt sich, dass sich die Ausgaben im Wesentlichen auf laufende Betriebsausgaben und Investitionsausgaben beschränken. Vor allem die Jahre 2009 und 2010 waren sehr investitionsintensiv. Seither sinken die Investitionsausgaben allerdings stetig, während die laufenden Betriebsausgaben kontinuierlich steigen. In Summe sind die

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

konsolidierten und transferbereinigten Ausgaben der untersuchten Städte seit 2006 von 332 Mio. Euro auf 433 Mio. Euro gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von 30 Prozent. Abbildung 12: Konsolidierte und transferbereinigte Ausgabenstruktur der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Tabelle 2: Konsolidierte und transferbereinigte Ausgaben der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV AUSGABEN - konsolidiert (exkl. Transfers zwischen Gemeinde und Gesellschaften) in Tsd. Euro

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Veränderung 2006 - 2012

237.517

231.532

263.518

263.843

288.216

292.505

304.330

28%

einmalige Ausgaben (Investitionen)

62.299

85.090

89.693

125.981

120.802

105.668

89.605

44%

Transfers (z.B. an Verkehrsverbünde)

17.234

17.575

16.880

20.491

23.192

24.367

25.770

50%

Finanzierungsausgaben

14.932

19.537

9.979

5.619

7.810

11.349

13.310

-11%

331.982

353.734

380.071

415.935

440.020

433.889

433.015

30%

laufende Ausgaben

Summe

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Die Einnahmen der befragten Städte für den öffentlichen Verkehr belaufen sich im Jahr 2012 auf 252 Mio. Euro. Auch diese Summe ergibt sich aus der konsolidierten Betrachtung von Gemeindeeinnahmen und Einnahmen der gemeindeeigenen Gesellschaften exkl. Transfers zwischen den Gemeinden und den gemeindeeigenen Gesellschaften. In Abbildung 13 ist zu sehen, dass etwas mehr als ein Drittel dieser Einnahmen von Privaten (z.B. aus Tarifeinnahmen, Marketing etc.) stammen und etwas weniger als ein Drittel laufende Transfereinnahmen sind. Das sind Transfers vom Land (laufende Transfers, MÖSt-Mittel etc.), von den Verkehrsverbänden oder von anderen Gemeinden. Die Transfers, die die Gemeinden zur Abgangsdeckung der eigenen Gesellschaften zu leisten haben sind hier noch nicht inkludiert. Ein weiteres Drittel der Einnahmen stammt aus unterschiedlichen Quellen (z.B. Miet- bzw. Pachterträge, Versicherungserträge, sonstige Leistungserlöse etc.). Die Einnahmen der befragten 18 Städte

29 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

betrugen 2006 in Summe ca. 208 Mio. Euro und sind seither bis 2012 somit um 44 Mio. Euro gestiegen. Dies entspricht einem Zuwachs von 21 Prozent. Abbildung 13: Konsolidierte und transferbereinigte Einnahmenstruktur der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Tabelle 3: Konsolidierte und transferbereinigte Einnahmen der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV EINNAHMEN - konsolidiert (exkl. Transfers zwischen Gemeinde und Gesellschaften) in Tsd. Euro

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Veränderung 2006 - 2012

von Privaten

77.508

77.430

79.235

83.501

86.747

90.160

91.753

18%

laufende Transfereinnahmen

56.002

47.448

66.044

83.324

108.996

77.182

64.596

15%

gem. § 20 FAG

13.109

12.990

13.057

12.455

12.462

12.932

13.922

6%

einmalige Transfereinnahmen

5.951

3.296

1.635

255

2.536

2.315

2.359

-60%

SchülerInnenfreifahrt

1.738

1.451

1.737

3.033

596

1.903

1.713

-1%

53.770

55.971

71.213

66.670

69.593

75.225

77.466

44%

208.079

198.586

232.921

249.238

280.930

259.716

251.810

21%

weitere Einnahmen Summe

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

In der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben zeigt sich also, dass der Zuschussbedarf der Städte für den öffentlichen Verkehr seit 2006 massiv gestiegen ist. Während die Einnahmen lediglich um 17 Prozent gestiegen sind, sind die Ausgaben um 30 Prozent gewachsen. Der konsolidierte und transferbereinigte Zuschussbedarf der befragten Städte stieg

30 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

um 46 Prozent von 124 Mio. Euro auf 181 Mio. Euro (siehe Abbildung 1423). Grund dafür ist einerseits die erhöhte qualitative und quantitative Nachfrage im öffentlichen Verkehr, bei gleichzeitig restriktiver Tarifpolitik (geringe oder gar keine Fahrpreiserhöhung bei gleichzeitigem Leistungsausbau). Außerdem besteht im öffentlichen Verkehr auf der Ausgabenseite verhältnismäßig wenig Effizienzsteigerungspotenzial. Die Leistungserbringung ist einerseits personalintensiv (Fahrzeuge müssen durch Personen geführt werden deren Gehälter sich jährlich erhöhen) und gleichzeitig vor allem in den letzten Jahren massiv von den steigenden Energiekosten betroffen. Dass der tendenziell steigende Zuschussbedarf von 2007 auf 2008 und von 2009 auf 2010 sinkt hängt im Jahr 2008 mit im Vergleich zu den anderen Jahren geringen Investitionsausgaben einer großen Stadt zusammen24, während 2010 eine andere große Stadt sehr hohe einmalige Zuweisungen durch das Land erhält, die sich auf das Gesamtergebnis durchschlagen. Abbildung 14: Konsolidierter und transferbereinigter Zuschussbedarf der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Tabelle 4: Gegenüberstellung Einnahmen und Ausgaben der Städte und Betriebe ÖPNV Einnahmen und Ausgaben exkl. Transfers zwischen Städten und Betrieben; in Tsd. Euro Ausgaben der Städte Einnahmen der Städte Saldo Städte Ausgaben Betriebe Einnahmen Betriebe Saldo Betriebe Gesamtsaldo Ausgaben Städte + Betriebe Einnahmen Städte + Betriebe Gesamtsaldo

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Veränderung 2006 - 2012

49.856 31.161 -18.695 282.126 176.918 -105.208 -123.903 331.982 208.079 -123.903

52.582 28.133 -24.449 301.152 170.453 -130.699 -155.148 353.734 198.586 -155.148

57.642 28.388 -29.254 322.429 204.533 -117.896 -147.150 380.071 232.921 -147.150

58.629 27.249 -31.380 357.306 221.989 -135.317 -166.697 415.935 249.238 -166.697

70.288 27.750 -42.538 369.732 253.180 -116.552 -159.090 440.020 280.930 -159.090

67.500 32.662 -34.838 366.389 227.054 -139.335 -174.173 433.889 259.716 -174.173

68.668 30.613 -38.055 364.347 221.197 -143.150 -181.205 433.015 251.810 -181.205

38% -2% 104% 29% 25% 36% 46% 30% 21% 46%

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013. 23

24

Allfällige Unterschiede zur Erhebung aus dem Jahr 2010 ergeben sich einerseits daraus, dass sich an der damaligen Erhebung andere Gemeinden beteiligten als an der aktuellen und dass manche Gemeinden, die an beiden Umfragen teilgenommen haben, in der Befragung von 2013 ihre Angaben aus 2010 teilweise korrigierten. Diese Stadt gibt auch 2009 relativ wenig für Investitionen aus, was aber im Gesamtergebnis durch hohe Investitionsausgaben einer anderen großen Stadt ausgeglichen wird.

31 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Abbildung 15: Einnahmen und Ausgaben der Städte im ÖPNV (Stadt und Betriebe konsolidiert und transferbereinigt)

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Insgesamt ist zu beachten, dass sich dieser summierte Zuschussbedarf lediglich aus der Summe der Städte zusammensetzt, die sich an der durchgeführten Befragung beteiligten. In Summe aller Gemeinden dürfte dieser Zuschussbedarf weitaus höher sein. Dies ist einerseits der Fall, weil die Stadt Wien in der Erhebung aufgrund ihrer Sonderrolle als Stadt und Bundesland nicht berücksichtigt wurde. Andererseits hat sich eine der Städte, die aufgrund des vorherrschenden Angebots an öffentlichem Verkehr in dieser Stadt vermutlich einen hohen Zuschussbedarf ausweist, leider nicht an der Umfrage beteiligt hat. In Tabelle 4 ist der Zuschussbedarf der befragten Städte und deren Betrieb noch einmal in Zahlen dargestellt. Es zeigt sich, dass der Zuschussbedarf relativ vor allem für die Städte steigt (Verdoppelung seit 2006) in absoluten Zahlen sich aber vor allem bei den Betrieben niederschlägt. Dabei ist aber darauf hinzuweisen, dass die Gemeindeausgaben in Tabelle 4 keine Transfers enthalten, die von der Gemeinde an den gemeindeeigenen Betrieb fließen. Tatsächlich wächst die Transferleistung der Gemeinden zur Abgangsdeckung in den Betrieben in den letzten Jahren ebenfalls an (siehe Abbildung 16). Eine Berücksichtigung dieser Transfers würde das Ergebnis der Betriebe entsprechend verbessern und das Ergebnis der Gemeinde um diesen Betrag verringern.

32 13.05.13


FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Abbildung 16: Transferzahlungen der Gemeinden an die gemeindeeigenen Gesellschaften

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Abbildung 17: Gegenüberstellung des durchschnittlichen, konsolidierten und transferbereinigten Pro-Kopf-Zuschussbedarfs der Gemeinden nach EinwohnerInnengrößenklassen

Quelle: Befragung unter Mitgliedern des ÖStB. KDZ: eigene Darstellung, 2013.

Es zeigt sich jedenfalls auch bei der Befragung der Städte, wie schon bei der Analyse der Gemeinderechnungsabschlüsse aller Gemeinden, eine eklatant unterschiedliche finanzielle Belastung zwischen unterschiedlich großen Gemeinden. Wie in Abbildung 17 zu sehen ist, ist die pro-Kopf-Belastung (Gemeinden und ausgegliederte Gesellschaften exklusive Transfers zwischen Gemeinden und deren Gesellschaften) der städtischen Budgets in den Städten mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern weitaus größer als in den Städten mit geringerer Bevölkerung. Trotzdem ist auch die Belastung in den Städten unter 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern noch immer beachtlich (2012 ca. 40 Euro pro Kopf). Es zeigt sich, dass die Belastung der Städte auf Gemeindeebene (exkl. Transfers an die eigenen Gesellschaften) bei Städten mit über 50.000 EW ähnlich hoch ist wie bei kleineren Städten. Den großen Unterschied macht der Zuschussbedarf der gemeindeeigenen Gesellschaften. Dies ist vor allem auf das größere (und immer größer werdende) Angebot der Städte Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg im Bereich des öffentlichen Verkehrs zurückzuführen. Dazu kommt, dass jene Städte die Anforderungen an den öffentlichen Verkehr nur mit Straßenbahnen und O-

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FINANZIERUNG UND STEUERUNG IM STÄDTISCHEN ÖPNV

Bussen als ÖV-Rückgrat erfüllen können, die sowohl in Investition, Erhaltung und Betrieb hohe finanzielle Belastungen nach sich ziehen.

5

Fazit

Im vorangehenden kurzen Überblick über die Finanzierung und Steuerung des ÖPNV in Österreichs Städten zeigen sich folgende wesentliche Erkenntnisse: Verkehrsplanung und Steuerung Städte (Gemeinden) sind gemeinsam mit den Ländern für die Nah- und Regionalverkehrsplanung zuständig. Auf Länderebene erfolgt die Verkehrsplanung für den Nah- und Regionalverkehr in der Regel in den Verkehrsverbünden. Es ist zu beobachten, dass die Verkehrspläne sich häufig auf die Verbindung des ländlichen Raums mit Stadtregionen (S-Bahn) bzw. auf die Verbindung zwischen den Stadtregionen konzentrieren. Auch wenn dadurch bereits Nutzen für den städtischen Raum entsteht, so steht der öffentliche Verkehr in den Stadtregionen selbst zurzeit eher weniger im Fokus der Aufmerksamkeit. Städte haben jedoch, neben der Verantwortung zur Nah- und Regionalverkehrsplanung, auch die Verantwortung für den Stadt- und Vororteverkehr und nehmen diese auch wahr. Es stellt sich dabei allerdings zunehmend die Herausforderung der Finanzierung des erforderlichen Angebots. Finanzierung des ÖPNV in Städten Zur Finanzierung des Stadt- und Vororteverkehrs sind gem. § 20 FAG 2008 im Finanzausgleich Zuweisungen des Bundes zur Förderung von ÖPNV-Unternehmen und zur Investitionsförderung im Ausmaß von ca. 70 Mio. Euro vorgesehen. Darüber hinaus stehen den Städten zur Finanzierung des Stadt- und Vororteverkehrs noch Zuweisungen der Länder (z.B. aus MÖStMitteln) und direkte Erlöse aus der Leistungserbringung zur Verfügung. Außerdem bestünde die Möglichkeit für Gemeinden eine „Verkehrsanschlussabgabe“ gem. § 32 ÖPNRV-G 1999 einzuheben, die allerdings, zur Vermeidung eines vermeintlich ruinösen Steuerwettbewerbs, nicht eingehoben wird. Sowohl die Gemeinderechnungsabschlüsse als auch eine Erhebung unter Städten mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern bzw. den österreichischen Landeshauptstädten zeigt, dass in den Städten und Gemeinden nicht genügend Mittel zur Finanzierung des ÖPNV zur Verfügung stehen. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die entsprechenden Ausgaben (+30 Prozent) in den letzten Jahren fast doppelt so stark gestiegen sind, wie die Einnahmen (+17 Prozent). Alleine in den 18 Städten, die sich bei der Erhebung der finanziellen Belastung der österreichischen Städte im ÖPNV-Bereich beteiligt haben, ist der Zuschussbedarf in einer konsolidierten Betrachtung der Gemeindehaushalte und der aus dem Gemeindehaushalt ausgegliederten gemeindeeigenen Gesellschaften im Zeitraum 2006 bis 2012 um 57 Mio. Euro gestiegen (entspricht einem Zuwachs von 46 Prozent). Betrachtet man nur die Gemeinderechnungsabschlüsse, so ist der Zuschussbedarf aller österreichischen Gemeinden (ohne Wien) im Bereich des ÖPNV in der laufenden Gebarung und der Vermögensgebarung in den letzten sechs Jahren um 80 Mio. Euro gestiegen und ist damit 2011 eineinhalb mal so hoch wie 2006. Es besteht also dringender Handlungsbedarf, um die nachhaltige Finanzierung des städtischen ÖPNV sicherzustellen.

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REFORMANSÄTZE

IV Reformansätze 1

Ganzheitlicher Reformansatz nach Schweizer Vorbild

1.1

Schweizer Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr, das Nationalstraßennetz sowie Hauptstraßen in Berggebieten und Randregionen

In der Schweiz wurde mit dem „Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr, das Nationalstraßennetz sowie Hauptstraßen in Berggebieten und Randregionen“ ein zentrales Steuerungs- und Finanzierungsinstrument in Zusammenhang mit dem Agglomerationsverkehr geschaffen. Der Infrastrukturfonds stellt seit 2008 während 20 Jahren 20,8 Mrd. Franken (rund 17 Mrd. Euro) für folgende vier Bereiche bereit: 25  Fertigstellung Nationalstraßennetz: 8,5 Mrd. Franken (rund 7 Mrd. Euro);  Engpassbeseitigung beim bestehenden Nationalstraßennetz: 5,5 Mrd. Franken (rund 4,5 Mrd. Euro);  Infrastrukturen für den öffentlichen und privaten Agglomerationsverkehr: 6 Mrd. Franken (rund 4,9 Mrd. Euro), davon 2,56 Mrd. für dringende Projekte und 3,44 Mrd. für Agglomerationsprogramme;  Substanzerhaltung der Hauptstraßen in Berggebieten und Randregionen: 0,8 Mrd. Franken (rund 0,66 Mrd. Euro). Das Programm „Agglomerationsverkehr“ konkretisiert die Zuteilung derjenigen Mittel des Infrastrukturfonds, die für Infrastrukturen des Agglomerationsverkehrs vorgesehen sind. Nachfolgend werden die zentralen Eckpunkte des Programms „Agglomerationsverkehr“ dargestellt. Ausgangslage Im Jahr 2001 wurde in einem Bereich des Bundesrates festgehalten, dass sowohl die kleinen als auch die großen städtischen Gebiete der Schweiz als Motor des Wirtschaftslebens des Landes bezeichnet werden können, in welchen zwei Drittel der Bevölkerung leben. Diesen Gebieten stellen sich jedoch trotz ihrer Dynamik eine Reihe spezifischer Herausforderungen (wie beispielsweise eine fortschreitende Urbanisierung, wachsende Polarisierung, Suburbanisierung), welche sich negativ auf die nachhaltige Entwicklung der Schweiz auswirken können. Dabei wurde klar, dass die Städte und städtischen Gebiete die mit diesen Entwicklungen verbundenen Herausforderungen nicht mehr alleine lösen können, weshalb es zu einer Stärkung des finanziellen Engagements des Bundes in den Agglomerationen kommen sollte. Basierend auf der Volksabstimmung von 2004 über die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen wurde auch die Grundlage für ein stärkeres Engagement des Bundes im Agglomerationsverkehr in Form des „Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr, das Nationalstraßennetz sowie Hauptstraßen“ gelegt.26 25 26

vgl. Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 6. vgl. Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 5 f.

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REFORMANSÄTZE

Seit 2008 ist das Infrastrukturfondsgesetz in Kraft, mit welchem die notwendigen Mittel bereitgestellt wurden. Der Einsatz der Mittel im Infrastrukturfonds soll dabei auf einer Gesamtkonzeption basieren, „welche:  alle Verkehrsträger und -mittel mit ihren Vor- und Nachteilen einbezieht;  wirksame Alternativen gegenüber neuen Infrastrukturen vorzieht;  die langfristige Finanzierbarkeit und die Finanzlage der öffentlichen Hand berücksichtigt;  die Koordination mit der Siedlungsentwicklung und den Schutz der Umwelt beachtet;  eine angemessene Berücksichtigung der Landesteile anstrebt.“27 Ziel der Agglomerationspolitik ist dabei die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Agglomerationen. Daneben soll die Lebensqualität bewahrt und verbessert und es wird eine nachhaltige Entwicklung der Städte und Agglomerationen angestrebt werden28.  

Reduzierung von Verkehrsproblemen (insbesondere Staus), um die Standortqualität der Agglomerationsräume zu erhalten bzw. zu verbessern; Abstimmung der zukünftigen Siedlungsentwicklung mit den Verkehrsinfrastrukturen, Planung von Siedlung, Landschaft und Verkehr.

Fördergegenstand Über den Infrastrukturfonds werden Investitionen in Straßen- und Schieneninfrastrukturen finanziert, die innerhalb der Städte und Agglomerationen liegen und der Verbesserung der Verkehrssysteme innerhalb dieser Räume dienen. Hierzu zählen insbesondere:  

 

 

27

„Eisenbahnen des Ortsverkehrs (Anlagen wie Trams und Stadtbahnen, die auf eigenen Netzen und innerhalb der Städte und Agglomerationen verkehren); Eisenbahnen des Regionalverkehrs (S-Bahnen), soweit die entsprechenden Infrastrukturen der Verbesserung des Verkehrs innerhalb des Agglomerationsraums dienen (vgl. Ziff. 1.6.2); Maßnahmen zu Gunsten des öffentlichen Straßenverkehrs. Dazu zählen Businstallationen, Bus- und Taxispuren; Maßnahmen für den Langsamverkehr, soweit dadurch die Effizienz des ganzen Verkehrssystems verbessert wird. Dazu zählen insbesondere zusammenhängende und sichere Wegnetze sowie leicht verständliche Signalisationen; Maßnahmen zur Verkehrstrennung in Städten und Agglomerationen (Trennung von Schiene und Straße, Aufhebung von Niveauübergängen); Maßnahmen im Bereich der kombinierten Mobilität und zur Verbesserung der Intermodalität zwischen den Verkehrsträgern (Park-and-Ride, Velostationen an Bahnhöfen, Verkehrstelematik); Entlastungs- bzw. Umfahrungsstraßen, soweit es sich um Kantons- und Gemeindestraßen handelt.“29

siehe Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 8. vgl. Lorenzi: Bund unterstützt Agglomerationen, 2012, S. 2. 29 siehe Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 41. 28

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REFORMANSÄTZE

Nicht durch den Infrastrukturfonds mitfinanziert werden hingegen die folgenden Punkte:30      

Maßnahmen, welche das Nationalstraßennetz und den Eisenbahnfernverkehr betreffen; Kosten für Unterhalt und Substanzerhaltung; Bestimmte Maßnahmen im Eisenbahnbereich (z.B. Rollmaterial); Fahrzeuge; Kosten im Zusammenhang mit Mobilitätsmanagement; Planungskosten im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Agglomerationsprogramms.

Ausgabenvolumen Insgesamt wurden für den Agglomerationsverkehr 6 Mrd. Franken (rund 4,9 Mrd. Euro) bereitgestellt. Davon entfielen 2,56 Mrd. Franken auf dringende Projekte. Die noch bestehenden 3,44 Mrd. Franken (rund 2,8 Mrd. Euro) stehen für die Agglomerationsprogramme zur Verfügung. In der 1. Etappe wurden davon insgesamt 1,5 Mrd. Franken freigegeben. Hierfür mussten die Agglomerationen ihre Projekte bis Ende 2007 einreichen. Bis Ende 2007 wurden 30 Agglomerationen eingereicht. Diese Agglomerationsprogramme umfassen 37 Agglomerationen, die 90 Prozent der Agglomerationsbevölkerung und somit insgesamt rund zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung erfassen. Hinsichtlich der Finanzierung der 2. Etappe wird erst entschieden. Bis Ende Juni 2012 gingen 41 Agglomerationsprogramme der 2. Generation ein. Das zur Mitfinanzierung beantragte Investitionsvolumen betrug für den Zeitraum von 2011 bis etwa 2018 rund 17 Mrd. Franken (rund 14 Mrd. Euro). Bei einem Bundesanteil von durchschnittlich 40 Prozent ergäbe dies einen Finanzierungsbeitrag in der Höhe von 6,8 Mrd. Franken (rund 5,6 Mrd. Euro), was jedoch die zur Verfügung stehenden Mittel weit übersteigen würde.31

Finanzierung Der Infrastrukturfonds basiert auf einer Reorganisation der Spezialfinanzierung Straßenverkehr und wird mit einem Teil der zweckgebundenen Erträge aus der Mineralölsteuer und der Autobahnvignette sowie deren Reserve alimentiert (50 Prozent Mineralölsteuer, 100 Prozent Mineralölsteuerzuschlag, 100 Prozent Autobahnvignette). Agglomerationsprogramme „Ein Agglomerationsprogramm ist ein langfristiges Planungsinstrument, das periodisch erneuert wird. Es umfasst inhaltlich und zeitlich koordinierte und priorisierte Maßnahmen zur Lenkung der Siedlungsentwicklung nach innen sowie infrastrukturelle und betriebliche Maßnahmen der verschiedenen Verkehrsträger eines ganzen Agglomerationsraums.“32 Dabei sollen die Agglomerationsprogramme „den Agglomerationen helfen, nicht mehr sektoriell und innerhalb der Gemeindegrenze, sondern aus einer Gesamtsicht heraus und

30

vgl. Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 42.; Lorenzi: Bund unterstützt Agglomerationen, 2012, S. 3. siehe http://www.are.admin.ch/themen/verkehr/00250/00460/index.html?lang=de (download 25.3.2013). 32 siehe http://www.are.admin.ch/themen/verkehr/00250/00460/index.html?lang=de (download 25.3.2013). 31

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REFORMANSÄTZE

grenzüberschreitend zu agieren. Ziel ist die Gewährleistung einer koordinierten Entwicklung der Agglomeration durch eine verstärkte horizontale und vertikale Zusammenarbeit.“33 Agglomerationsprogramme zeigen auf, wie die zukünftige Siedlungsentwicklung mit den Verkehrsinfrastrukturen abgestimmt werden soll. Sie müssen dabei Infrastruktur- und betriebliche Maßnahmen berücksichtigen und sowohl den öffentlichen Verkehr als auch den motorisierten Individualverkehr und den Langsamverkehr kombinieren. Die Agglomerationsprogramme dienen als Grundlage für die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen im Rahmen des Schweizer Infrastrukturfonds. Für die Erstellung der Agglomerationsprogramme sind die Kantone und Gemeinden verantwortlich. Dabei müssen die Agglomerationsprogramme bestimmte Anforderungen erfüllen (so genannte Grundanforderungen und Wirksamkeitskriterien), worauf die Programme geprüft werden. Prozess Die Agglomerationen (Kantone, Gemeinden, eigene Trägerschaften) beantragen eine Mitfinanzierung des Bundes durch die Einreichung eines Agglomerationsprogramms. Die Beurteilung der Agglomerationsprogramme erfolgt aufgrund des Kosten-Nutzen-Verhältnisses der einzelnen Maßnahmen. Nach Prüfung der Agglomerationsprogramme hinsichtlich Grundanforderungen und Wirksamkeitskriterien werden Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen/Trägerschaften abgeschlossen. In den Leistungsvereinbarungen sind die Beitragszahlung durch den Bund sowie die Umsetzung der Maßnahmen durch die Agglomerationsträgerschaft geregelt. Ist eine Maßnahme bau- und finanzreif wird eine Finanzierungsvereinbarung zwischen der Agglomeration (grundsätzlich der Kanton) und dem Bund (zuständiges Amt) abgeschlossen, welcher die relevanten Umsetzungsfragen im Detail regelt. Nachfolgende Abbildung gibt den Prozess optisch wieder.

33

siehe. Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 11.

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REFORMANSÄTZE

Abbildung 18: Prozess Einreichung Agglomerationsprogramm bis Maßnahmenumsetzung

Quelle: Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 13.

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REFORMANSÄTZE

Prüfkriterien Einerseits gilt es gewisse Grundanforderungen zu erfüllen, zusätzlich erfolgt eine Betrachtung nach Wirksamkeitskriterien und ergänzend erfolgt eine Überprüfung der MaßnahmenPriorisierung. Grundanforderungen Grundanforderungen stellen Mindestanforderungen dar, damit ein Programm grundsätzlich förderfähig sein kann. „Sie dienen einerseits dazu, die Nachvollziehbarkeit des Agglomerationsprogramms zu gewährleisten. Andererseits tragen sie dazu bei, dass der Bund die Prüfung der Agglomerationsprogramme auf vergleichbare Grundlagen abstützen und damit eine möglichst gleichwertige Behandlung aller Agglomerationsprogramme sicherstellen kann.“34 Grundsätzlich müssen sechs Grundanforderungen erfüllt sein:35 1.

2.

3.

4.

5.

6.

Partizipation wird gewährleistet (Einbezug der betroffenen Akteurinnen und Akteure, d.h. die Gebietskörperschaften (Gemeinden, regionale Körperschaften und Kantone) einerseits und die Bevölkerung andererseits; Beteiligung an der Ausarbeitung, Umsetzung und Überarbeitung des Agglomerationsprogramms sowie den wichtigsten zugrunde liegenden Studien und Planungen); Bestimmung einer Trägerschaft (zur Sicherstellung einer effizienten und koordinierten Erarbeitung und Umsetzung des Agglomerationsprogramms; fungiert als zentraler Ansprechpartner für den Bund und steuert den Prozess in allen Etappen); Analyse von Ist-Zustand und Entwicklungstrends sowie Identifikation von Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken und Handlungsbedarf (soll helfen, das Agglomerationsprogramm auf die wichtigsten Herausforderungen und Prioritäten auszurichten); Entwicklung von Maßnahmen in allen Bereichen, in Kohärenz zu Zukunftsbild, Teilstrategien und Priorisierung (erkennbarer roter Faden, Bilden von Zukunftsbild – allgemeine Ebene, Teilstrategien – Zwischenebene und Maßnahmen. Maßnahmen sollen wirksam und finanziell tragbar sein); Beschreibung und Begründung der prioritären Maßnahmen (Die Priorisierung der Maßnahmen ergibt sich aus der Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen, also aus dem Kosten/Nutzen-Verhältnis. Für jede einzelne Maßnahme wird die Relevanz und die Priorität qualitativ-argumentativ erklärt.) Umsetzung und Controlling (das Agglomerationsprogramm und seine Maßnahmen sind in die Planung des Kantons eingebunden, Sicherstellung von Monitoring und Wirkungskontrolle des Agglomerationsprogramms).

Wirksamkeitskriterien Nach Erfüllung der Grundanforderungen wird ein Programm hinsichtlich Wirksamkeit überprüft. Darauf basierend bestimmt sich der Beitragssatz der Mitfinanzierung im Rahmen des Schweizer Infrastrukturfonds. Die Beurteilung anhand der Wirksamkeitskriterien erfolgt vor allem in qualitativer Hinsicht, wobei mit einem Punktesystem gearbeitet wird. Insgesamt bestehen vier Wirksamkeitskriterien, welche wiederum mit Unterkriterien differenziert werden. 34 35

Siehe Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 22. vgl. Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 22 ff.

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REFORMANSÄTZE

Die Wirksamkeit eines Agglomerationsprogramms oder einer Maßnahme wird dabei als Unterschied zwischen dem zukünftigen „Trendzustand“ und dem zukünftigen „Zustand mit Agglomerationsprogramm“ beurteilt. Die folgenden vier Wirksamkeitskriterien finden Anwendung:36 1. Qualität des Verkehrssystems: Verbesserung im Fuß- und Fahrradverkehr, Verbesserung des öffentlichen Verkehrssystems, Verbesserung des Straßennetzes, Erreichbarkeit, Verbesserung der Intermodalität, nachfrageseitige Maßnahmen, Verbesserung im Güterverkehr (fakultatives Element), Verbesserung im Freizeitverkehr (fakultatives Element); 2.

Siedlungsentwicklung nach innen: Konzentration von Arbeitsplätzen und Bevölkerung an geeigneten Standorten und in Koordination mit dem Verkehrssystem, Verringerung der Zersiedelung, Verbesserung der Qualität der öffentlichen Räume;

3.

Verkehrssicherheit: Erhöhung der objektiven Sicherheit, Erhöhung der subjektiven Sicherheit;

4.

Umweltbelastung und Ressourcenverbrauch: Reduktion der Luftschadstoff- und CO2-Emissionen, Reduktion der Lärmimmissionen, Verminderung der Flächenbeanspruchung und Aufwertung von Natur- und Landschaftsräumen.

Maßnahmen-Priorisierung Neben der Prüfung der Wirksamkeitskriterien erfolgt auch eine Überprüfung der MaßnahmenPriorisierung. Dabei werden die folgenden Kriterien herangezogen:37  

  

1.2

Infrastrukturfonds-Relevanz (entspricht den förderbaren Projekten); Relevanz für die Agglomeration und das Agglomerationsprogramm (Eine Maßnahme ist dann agglomerationsrelevant, wenn das Agglomerationsprogramm ohne sie eine geringere Wirkung entfalten würde.); Reifegrad (Unterscheidung in zwei Reifegrade); Kosten/Nutzen-Verhältnis (Nutzen auf Basis der Wirksamkeitskriterien); Bau- und Finanzreife.

Ganzheitlicher Reformansatz in Österreich – ÖPNV-Stadtregionsfonds

Der in der Schweiz verfolgte Ansatz zur Steuerung und Finanzierung des Verkehrsbereiches in Agglomerationsbereichen ist ein sehr weitgehender Ansatz, welcher mit einem zielgerichteten und transparenten Prozess verknüpft ist. Eine entsprechende Übertragung nach Österreich wäre grundsätzlich denkbar, wird jedoch nur langfristig realisierbar sein. Nachfolgend soll auf eine mögliche Ausgestaltung eingegangen werden.

36 37

vgl. Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 34 ff. vgl. Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Weisung Agglomerationsprogramme, 2010, S. 49 ff.

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REFORMANSÄTZE

Zielsetzungen Angesichts der chronischen Unterfinanzierung des ÖPNV in Österreich und der derzeit fehlenden gesamthaften Strategie zur Verkehrsplanung sollte ein ganzheitlicher Reformansatz folgende Zielsetzungen verfolgen:  Stärkung der Stadtregionen Die Stadtregionen spielen eine wesentliche Rolle als Motor der Wirtschaft, aber auch als Wohnraum für 66 Prozent38 der österreichischen Bevölkerung. Gleichzeitig bringt der Urbanisierungsprozess jedoch auch Nachteile mit sich wie eine erhöhte Verkehrs- und Umweltbelastung, soziale Probleme und finanzielle Engpässe der kommunalen Budgets. Durch eine Verbesserung des Verkehrsangebotes innerhalb der städtischen Gebiete sollen ein Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und eine Verbesserung der Lebensqualität für die Bevölkerung einhergehen.  Lösen von Verkehrsproblemen In vielen Stadtregionen und insbesondere in den Städten vermehren sich die Verkehrsprobleme aufgrund eines gestiegenen Verkehrsaufkommens und einem ungünstigen Verhältnis zwischen motorisiertem Individualverkehr und öffentlichem Verkehr. Eine gesamthafte Betrachtung des Verkehrssystems soll dazu beitragen, die zukünftigen Entwicklungen im Verkehrsbereich aktiv zu steuern.  Einbezug von energie-, umwelt- und verkehrspolitischen Zielsetzungen Im derzeitigen Fördersystem fehlt die Verknüpfung mit energie-, umwelt- und verkehrspolitischen Zielsetzungen weitgehend.  Erhöhung der Wirtschaftlichkeit Eine verstärkte Berücksichtigung von Kosten-Nutzen-Verhältnissen bei der Leistungserbringung soll dazu beitragen, jene Projekte prioritär zu behandeln, welche einen besonders hohen Nutzen bei vertretbaren Kosten aufweisen.  Ganzheitliche Betrachtung des Verkehrssystems innerhalb einer Stadtregion: Eine gesamthafte Betrachtung des gesamten Verkehrssystems soll dazu beitragen, dass die Verbesserung der Verkehrssysteme innerhalb einer Stadtregion verbessert werden. Hierzu zählen im Investitionsbereich sowohl Maßnahmen im Straßen- als auch im Schieneninfrastrukturenbereich, wie beispielsweise Straßenbahnen, Eisenbahnen, Busse, Bus- und Taxispuren, Fahrradwege, Verbesserung der Intermodalität zwischen den Verkehrsträgern (z.B. Park-and-Ride, Fahrradstationen an den Bahnhöfen), Umfahrungsstraßen.  Verbesserte Koordinierung beim Verkehrsangebot innerhalb von Regionen Innerhalb einer Stadtregion bestehen derzeit verschiedene Verkehrsangebote mit unterschiedlichen Trägerschaften, wodurch es zu Schnittstellenproblemen kommt. Insbesondere die Abstimmung zwischen Verkehrsangeboten der Städte und der umliegenden Gemeinden bedarf einer Intensivierung. Eine gesamthafte Betrachtung der Verkehrsangebote innerhalb einer Stadtregion soll zu einer verbesserten Koordinierung und so zu einer Verbesserung des Angebotes führen.  Zusammenführen von Planung, Steuerung und Finanzierung Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung sind derzeit stark getrennt. Insbesondere bei den Gemeinden sind damit verfassungsrechtliche Grundsätze verletzt, da beispielsweise durch die kontinuierliche Unterfinanzierung im städtischen ÖPNV die Grenzen der 38

Vgl. http://www.statistik.at/web_de/klassifikationen/regionale_gliederungen/stadtregionen/index.html (download: 26.3.2013). Anteil basiert auf den Bevölkerungszahlen 1.1.2012.

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REFORMANSÄTZE

Leistungsfähigkeit der Gemeinden (Sachlichkeitsgebot § 4 F-VG 1948) überschritten werden. Durch eine verstärkte Zusammenführung von Planung, Steuerung und Finanzierung soll einerseits ein koordiniertes und wirtschaftliches Vorgehen, andererseits eine ausreichende Finanzierung gesichert werden. Sicherstellung der Finanzierung des Leistungsangebotes im öffentlichen Nahverkehr in Stadtregionen Durch die Einführung eines ÖPNV-Stadtregionsfonds soll die Finanzierung des Leistungsangebotes im öffentlichen Nahverkehr in den Stadtregionen langfristig gesichert werden. Dies betrifft einerseits Investitionsmaßnahmen, andererseits kann dies auch den laufenden Betrieb umfassen, sofern dessen Finanzierung nicht auf anderem Wege gesichert werden kann.

Fördergegenstand Grundsätzlich soll eine Verschränkung von ÖPNV, Straße und Langsamverkehr erzielt werden, sofern dies zu einer Verbesserung der Verkehrssysteme innerhalb der Stadtregionen beiträgt. Dabei soll eine Konzentration auf die Stadtregionen erfolgen. Die Abgrenzung der Stadtregionen kann sich dabei an der Studie „Räumliche Entwicklungen in österreichischen Stadtregionen – Handlungsbedarf und Steuerungsmöglichkeiten“ (Auftragnehmer TU Wien)39 orientieren, in welcher insgesamt 38 Stadtregionen identifiziert und abgegrenzt wurden. Zur Verbesserung der Verkehrssysteme innerhalb einer Stadtregion können dabei verschiedene Maßnahmen beitragen, welche näher definiert werden müssten. Möglich wären hier sowohl Maßnahmen im Straßen- als auch im Schieneninfrastrukturenbereich, wie beispielsweise Straßenbahnen, Eisenbahnen, Busse, Bus- und Taxispuren, Fahrradwege, Verbesserung der Intermodalität zwischen den Verkehrsträgern (z.B. Park-and-Ride, Fahrradstationen an den Bahnhöfen), Umfahrungsstraßen. Wesentlich ist dabei, dass es nicht von vornherein eine Differenzierung der zu fördernden ÖPNV-Systeme (z.B. Bus, Bahn, intermodale Systeme) geben darf, sondern dass jene Maßnahmen gefördert werden sollen, welche für die Stadtregion insgesamt die besten Ergebnisse erzielen. In erster Linie soll der ÖPNV-Stadtregionsfonds einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung von Investitionsprojekten liefern. Der Finanzierungsbeitrag soll dabei abhängig vom Kosten-NutzenVerhältnis gewährt werden. In einer zweiten Ausgestaltungsvariante – sofern keine zusätzlichen Mittel über den Finanzausgleich bereitgestellt werden – sollen über diesen Fonds auch Mittel für den laufenden Betrieb beigestellt werden. Ausgabenvolumen Gemäß der im Vorkapitel durchgeführten Befragung zur ÖPNV-Finanzierung liegen die durchschnittlichen Investitionsausgaben bei rund 106 Mio. Euro pro Jahr. Da bei der Erhebung jedoch wenige große Städte teilgenommen haben, ist von einem zusätzlichen Ausgabenvolumen auszugehen. Bei entsprechender Hochrechnung und Berücksichtigung der fehlenden Städte ergibt sich ein Investitionsvolumen von rund 130 Mio. Euro p.a.40 Bei einem durchschnittlichen 39 40

ÖROK, TU Wien: Räumliche Entwicklungen in österreichischen Stadtregionen, 2009. Siehe hierzu die Erhebung gemäß Kapitel II-4: Finanzielle Belastung im weiteren Sinn. Bei der Hochrechnung handelt es sich um eine Schätzung, basierend auf den durchschnittlichen Investitionsausgaben der Städte über bzw. unter 50.000 EW der Jahre 2008-2012.

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REFORMANSÄTZE

Finanzierungsbeitrag von angenommenen 40 Prozent würde dies einer Dotierung des ÖPNVStadtregionsfonds in der Höhe von 52 Mio. Euro p.a. entsprechen. Da der ÖPNV-Stadtregionsfonds jedoch nicht nur den städtischen ÖPNV fördern soll, sondern Maßnahmen, welche die gesamte Stadtregion betreffen, bedarf es hier einer entsprechenden Aufstockung. Auch sollen nicht nur ÖPNV-Leistungen gefördert werden, sondern auch Maßnahmen des Langsamverkehrs oder intermodale Systeme. In welchem Ausmaß es hier einer Aufstockung bedarf, wäre noch abzuklären. Sollte neben den Investitionszuschüssen auch eine Förderung des laufenden Betriebes notwendig werden (da dieser über den Finanzausgleich nicht ausreichend abgegolten wird), sind hierfür ebenfalls Mittel bereitzustellen. Im Jahr 2012 bestand eine Finanzierungslücke bei den Städten in der Höhe von mind. 106 Mio. Euro (exkl. Investitionsausgaben)41. Diese Mittel wären in jenem Fall über den Fonds bereitzustellen, wobei auf eine entsprechende Wertanpassung zu achten ist und gesonderte Verteilungskriterien heranzuziehen wären, und gehen an den ÖPNVStadtregionsfonds und würden letztlich von diesem an die Gemeinden weitergeleitet. Finanzierung Je nachdem, ob ausschließlich Investitionsprojekte, oder auch der laufende Betrieb gefördert wird, verändert sich auch das Ausmaß der Finanzierung. Grundsätzlich sind dabei folgende Finanzierungsquellen denkbar. Speisung aus FAG-Mitteln Der ÖPNV-Stadtregionsfonds könnte über einen Vorwegabzug im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes finanziert werden. Zu diesem Zweck wird die Gesamtheit der Ertragsanteile um einen Beitrag für den ÖPNV-Stadtregionsfonds (analog zur Finanzierung im Bereich Pflege und Gesundheit) reduziert und dem Fonds zur Verfügung gestellt. Möglich wäre auch ein Vorwegabzug auf die Gemeinde-Ertragsanteile, um einen Teil der Mittel für den ÖPNV zweckzuwidmen. Zusammenfassen bestehender Mittel Ein Zusammenfassen bestehender Mittel für Investitionsprojekte ist nur bedingt möglich, da die derzeitigen Finanzierungsmittel vorwiegend für den laufenden Betrieb (§20 FAG, Schülerfreifahrten) gedacht sind. Daneben bestehen derzeit zusätzliche Fördermitteln über Förderprogramme, welche jedoch projektbezogen sowie zeitlich begrenzt sind und in der Regel sehr innovations- und technologielastig sind. Hier wäre zu klären, inwiefern es Sinn machen würde, zumindest einen Teil dieser Mittel einem ÖPNV-Stadtregionsfonds zur Verfügung zu stellen.

41

Siehe hierzu die Erhebung gemäß Kapitel II-4: Finanzielle Belastung im weiteren Sinn. Die erhobenen Werte wurden ergänzt um eine Schätzung, da nicht sämtliche große Städte an der Befragung teilgenommen haben. Die Hochrechnung ist eine Schätzung und basiert auf dem durchschnittlichen Zuschussbedarf der Städte über bzw. unter 50.000 EW exkl. Investitionsausgaben im Jahr 2012.

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REFORMANSÄTZE

Ergänzung um zusätzliche Einkommensquellen Zur Dotierung des ÖPNV-Stadtregionsfonds ist auch eine Eröffnung zusätzlicher Finanzierungsmittel möglich. Hier zu nennen sind insbesondere42 Nutznießerfinanzierungen (z.B. Pro-Kopf-Abgabe, Grundstückseigentümerabgaben bzw. Erschließungsabgabe, KFZBesitzerabgabe, Arbeitgeberabgabe, Betriebsabgabe nach Kundenfrequenz) und Finanzierungen durch Straßenbenutzungsgebühren für den fließenden bzw. ruhenden Verkehr (z.B. City-Maut, flächenhafte entfernungsabhängige Maut, Ökobonussystem in Abhängigkeit von der Intensität der Nutzung des PKW, Treibstoffabgaben, Straßenbenützungsgebühren für den ruhenden Verkehr auf öffentlichem und/oder privatem Grund). Bereitstellung zusätzlicher Bundesmittel Verfassungsrechtlich ist der Verkehr dem Bund zugeordnet. Dementsprechend hat dieser für die Leistungserfüllung sowie die Finanzierung zu sorgen. Im Rahmen der Kompetenzzuteilungen wurde der städtische ÖPNV an die beiden Gebietskörperschaftsebenen Länder und Gemeinden übertragen. Inwieweit dies auch die Finanzierung betrifft, wäre jedoch zu klären. Mit dem ÖPNV-Stadtregionsfonds kann der Bund – gemeinsam mit Ländern, Gemeinden und weiteren Trägern des ÖPNV – einer gesamthaften Steuerung des Verkehrsbereiches gerecht werden und somit verstärkte Aufgabenverantwortung im ÖPNV-Bereich wahrnehmen. In diesem Zusammenhang ist es jedoch notwendig, dass der Bund auch seiner Finanzierungsverantwortung nachkommt und ausreichend Mittel für die ÖPNV-Finanzierung – sowohl für den laufenden Betrieb als auch für die notwendigen Investitionen – zur Verfügung stellt. Vergabekriterien der Fördermittel Die Vergabe der Fördermittel für Investitionsmaßnahmen sollte anhand transparenter und nachvollziehbarer Kriterien erfolgen, sodass bei den FördernehmerInnen eine hohe Planungssicherheit entsteht. Auch sollten sich die Vergabekriterien an den Zielsetzungen des ÖPNV-Stadtregionsfonds orientieren und dementsprechend auch energie-, umwelt- und verkehrspolitische Indikatoren als auch wirtschaftliche Faktoren berücksichtigen. Welche Vergabekriterien konkret angewendet werden, bedarf noch einer weiteren Konkretisierung. Eine Möglichkeit wäre, das Rankingmodell des Institutes für Verkehrswesen der Universität für Bodenkultur 43 heranzuziehen, welches im nachfolgenden Kapitel „Reformoptionen für den städtischen ÖPNV in Österreich“ näher ausgeführt wird. In diesem wird der gesamtwirtschaftliche Nutzen als entscheidendes Verteilungskriterium herangezogen, aber auch der angestrebte Umweltnutzen und der betriebswirtschaftliche Erfolg findet seine Berücksichtigung. Eine andere Möglichkeit wäre, sich mehr am Schweizer Bewertungsmodell zu orientieren, wie dieses im Vorkapitel „Schweizer Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr, das Nationalstraßennetz sowie Hauptstraßen in Berggebieten und Randregionen“ beschrieben wird. Hinsichtlich der Fördermittel für den laufenden Betrieb – sofern dieser über diesen Fonds erfolgen soll bzw. kann – sind gesonderte Verteilungskriterien heranzuziehen. Diese sollten 42 43

Vgl. Sammer u. Klementschitz: Arbeitspapier ÖPNV-Finanzierung, 2010, S. 3 ff. Vgl. Sammer et. al.: Rankingmodell, 2012.

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jedenfalls eine Leistungsorientierung beinhalten, wie beispielsweise Streckenlänge oder Anzahl der beförderten Personen. Weiters sollte auch eine Mindesterschließung berücksichtigt werden, wobei hierbei auf verschiedene Rahmenbedingungen innerhalb des Agglomerationsraums zu achten ist. Planungs-, Steuerungs- und Finanzierungsprozess Analog zum Schweizer Infrastrukturfonds und den damit verbundenen Agglomerationsprogrammen ist in Österreich die Bildung von ÖPNV-Stadtregionsverbänden sinnvoll, welche gemeinsam ein Stadtregions-Verkehrsprogramm erstellen. Ein ÖPNVStadtregionsverband stellt dabei eine gemeinsame Kooperation von Bundesländern, Städten, Verkehrsverbünden innerhalb einer Stadtregion dar, welche die Verkehrsleistungen innerhalb der Stadtregion gemeinsam planen und steuern. Zu diesem Zwecke erstellen diese regelmäßig Stadtregions-Verkehrsprogramme. Diese basieren auf ausführlichen Analysen über den aktuellen Stand des Verkehrssystems in der Stadtregion und der damit verbundenen Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Verkehrsverhaltens. Darauf aufbauend gilt es, strategische Zielsetzungen für die einzelne Stadtregion zu formulieren (z.B. Umweltziele, Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs), welche danach anhand von mittelfristigen Zielen und schließlich konkreten Maßnahmen heruntergebrochen werden. Die Stadtregions-Verkehrsprogramme werden schließlich an den ÖPNV-Stadtregionsfonds übermittelt und hinsichtlich Finanzierung überprüft. Grundlage für das Handeln des ÖPNVStadtregionsfonds muss dabei eine österreichweite ÖPNV-Strategie sein, welche die grundsätzlichen Zielsetzungen beinhaltet und die Rahmenbedingungen der ÖPNV-Förderung absteckt. Die Steuerung des ÖPNV-Stadtregionsfonds obliegt dabei einerseits dem Bund, andererseits besteht ein Koordinierungskomitee, in welchem auch Länder- und Städtevertreterinnen und -vertreter beteiligt sind. Aufgabe des Koordinierungskomitees ist die grundsätzliche Ausformulierung der österreichweiten ÖPNV-Strategie sowie die Festlegung des Vergabeprozesses. Der ÖPNV-Stadtregionsfonds übernimmt schließlich die Stadtregions-Verkehrsprogramme und bewertet die eingereichten Maßnahmen mithilfe klarer Verteilungskriterien (siehe oben). Darauf basierend werden Leistungsvereinbarungen zwischen dem ÖPNV-Stadtregionsfonds und den ÖPNV-Stadtregionen abgeschlossen, welche bei entsprechender Umsetzungsreife in Finanzierungsvereinbarungen übergehen. Infolge bedarf es einer Verteilung der Mittel innerhalb der Stadtregion, was insbesondere dann relevant ist, wenn auch der laufende Betrieb finanziert werden soll. In diesem Fall sind die dem ÖPNV-Stadtregionsverband bereitgestellten Mittel auf die einzelnen Akteure aufzuteilen.

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REFORMANSÄTZE

2

Reformoptionen für den städtischen ÖPNV in Österreich

Eine umfassende Reform der Steuerung und Finanzierung des öffentlichen Verkehrs in Österreich, wie im vorangegangenen Abschnitt skizziert, kann, realistisch betrachtet, nicht ohne weiteres umgesetzt werden und braucht vor allem eine gewisse Vorlaufzeit, bis sie erwartungsgemäß funktioniert. Die österreichischen Städte sehen sich aber schon heute mit steigendem Finanzierungsbedarf im Bereich des öffentlichen Verkehrs konfrontiert, dem sie angesichts der engen finanziellen Spielräume nicht im nötigen Ausmaß nachkommen können. Daher gilt es kurzfristigere Lösungen zu finden, die eine unmittelbare finanzielle Unterstützung der Städte in der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs darstellen. Dabei kann es sich durchaus auch nur um Übergangslösungen handeln, bis ein im vorangegangenen Abschnitt skizziertes ganzheitliches Modell umgesetzt ist. Kurz- bis mittelfristig sind allerdings die folgenden Probleme in der städtischen ÖV-Finanzierung zu lösen:  

Es stehen nicht ausreichend Mittel zum Auf- und Ausbau des öffentlichen Verkehrs und den damit verbundenen Investitionsausgaben zur Verfügung. Die Finanzierung des laufenden Betriebs des städtischen öffentlichen Verkehrs wird zunehmend zur starken Belastung der Gemeindehaushalte (insbesondere der größeren Städte) und ist mitunter nicht mehr finanzierbar.

Nachfolgend wollen wir zwei Ansätze zur Diskussion stellen, die dazu dienen könnten, zur Lösung dieser Probleme beizutragen.

2.1

Auf- und Ausbau des städtischen ÖPNV

Wenn sich eine Stadt dazu entschließt, den ÖPNV im Stadtgebiet auszubauen, so sind damit häufig Investitionen verbunden: Haltestellen müssen errichtet werden, mitunter sind Fahrzeuge anzuschaffen, Schienen zu verlegen oder andere Investitionen in die öffentliche Infrastruktur der Stadt durchzuführen. Der Bund stellt grundsätzlich gemäß § 20 Abs. 2 FAG 2008 den Gemeinden in Summe eine Finanzzuweisung im Ausmaß von mindestens ca. 36 Mio. Euro (Stand 2011) für Personennahverkehrsinvestitionen zur Verfügung. Diese können aber nur für Autobusbahnhöfe verwendet werden oder sind darüber hinaus explizit den Städten Wien, Graz, Innsbruck, Linz und Salzburg vorbehalten. Die Verteilung der Mittel erfolgt auf die genannten Städte anhand von fixen Schlüsseln und die Städte haben lediglich dem Bundesminister für Finanzen im Nachhinein über die Verwendung der Mittel zu berichten. Die verfügbaren Mittel reichen aber nicht aus, um den Finanzierungsbedarf der Städte zu bedecken. Schaffung eines zusätzlichen Fördertopfes Um eine wirkungsorientiertere Verwendung der verfügbaren Mittel zu gewährleisten und gleichzeitig einen transparenten Zugang zu entsprechende Mittel zur Finanzierung von Investitionskosten für den Auf- und Ausbau des ÖPNV zu ermöglichen, schlagen wir folgende Neuregelung der entsprechenden Mittelvergabe vor: 

Der im § 20 Abs. 2 FAG 2008 explizit fixierte Betrag von 16,5 Mio. Euro wird nach dem bisherigen System auf die Städte Wien, Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg verteilt, um eine gewisse Planungssicherheit in diesen Städten zu gewährleisten.

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REFORMANSÄTZE

Die zusätzlich verfügbaren Beträge gem. § 20 Abs. 244 sowie gemäß § 20 Abs. 2 Z. 345 FAG 2008 werden in einem Fördertopf zusammengefasst und entsprechend verlautbart. Die Städte haben dann die Möglichkeit, Mittel aus diesem Fördertopf für die konkrete Finanzierung von Auf- und Ausbau des öffentlichen Verkehrs im Stadtgebiet zu beantragen. Zusätzlich könnte ein solcher Fördertopf auch aus zweckgewidmeten Erträgen aus der Mineralölsteuer finanziert werden bzw. die im Rahmen des § 20 Abs. 2 FAG verfügbaren Mittel könnten in Form eines Vorwegabzuges auf die Mineralölsteuerertragsanteile erhöht werden. Die Vergabe von Mitteln aus diesem Fördertopf erfolgt nach nachhaltigen und transparenten Kriterien.

Vergabe der Mittel nach dem Umweltverbund-Ranking-Modell nach Sammer et al. 2012 Die Kriterien zur Vergabe der Mittel aus diesem neu geschaffenen Fördertopf könnten sich am „Rankingmodell zur Evaluierung und Förderung von Umweltverbundmaßnahmen“46 orientieren, das das Institut für Verkehrswesen der Universität für Bodenkultur Wien im Auftrag des Österreichischen Städtebundes erarbeitet und im November 2012 publiziert hat. Das Modell ist in erster Linie dafür entwickelt worden, Maßnahmen zu bewerten, die den Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf den so genannten Umweltverbund (Öffentlicher Verkehr, Fußgängerverkehr und Radverkehr) fördern47. Gerade Investitionen zum Auf- und Ausbau des öffentlichen Verkehrs in Städten scheinen hierfür geeignet. Der Aufbau des Modells ist in Abbildung 19 vereinfacht schematisch dargestellt. Das Modell dient in erster Linie dazu, zu bewerten, ob ein bestimmtes Vorhaben (das kann sowohl den Bau einer gesamten Straßenbahnlinie als auch die Errichtung einer Fahrradabstellanlage und viele andere Vorhaben beinhalten) realisierungswürdig ist. Ist das der Fall, kann damit auch entschieden werden, welches der realisierungswürdigen Vorhaben schließlich auch durch die öffentliche Hand förderwürdig ist. Diese Entscheidung basiert auf fünf Säulen, die jeweils unterschiedlich großen Einfluss auf die Gesamtentscheidung haben. Die wichtigste Säule ist die des gesamtwirtschaftlichen Nutzens. Weiters hängt die Entscheidung über Realisierungs- und Förderwürdigkeit auch noch maßgeblich vom angestrebten Umweltnutzen und betriebswirtschaftlichen Erfolg ab und schließlich beeinflussen auch noch der Beitrag eines Vorhabens zu einer Gesamtstrategie (z.B. dem Nah- und Regionalverkehrsplan) bzw. die verfolgte Strategie des Vorhabens an sich die Realisierungs- und Förderwürdigkeit.48

44

45

46 47 48

Damit sind die angeführten 0,034 % des Nettoaufkommens an den Abgaben mit einheitlichem Schlüssel (§9 Abs. 1 FAG 2008) gemeint, die 2011 ca. 20 Mio. Euro ausgemacht haben. Hier ist geregelt, dass alle Förderungen von öffentlichen Personennahverkehrsunternehmen gem. § 20 Abs. 1 FAG 2008, die nicht in Anspruch genommen werden, automatisch nach § 20 Abs. 2 Z.2 nach einem fixen Schlüssel auf die Städte Wien, Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg aufgeteilt werden. Vgl. Sammer et al.: Rankingmodell, 2012. Vgl. Sammer et al.: Rankingmodell, 2012, S. 3. Vgl. Sammer et al.: Rankingmodell, 2012, S. 7 ff.

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REFORMANSÄTZE

Abbildung 19: Vereinfachte schematische Darstellung des Umweltverbundranking nach Sammer et al. 2012

Quelle: Sammer et al.: Rankingmodell, 2012. KDZ: eigene Darstellung 2013.

Der gesamtwirtschaftliche Nutzen wird im Umweltverbund-Rankingmodell auf Basis der anfallenden Kosten für ein Vorhaben (das sind sowohl Investitions- als auch Betriebskosten) und der zu erreichenden verkehrlichen Wirkungsmengen (z.B. Veränderung der Schadstoffemissionen, Veränderung der Reisezeiten, Lärmveränderung, Veränderung der Unfallkosten, Veränderung des Bedarfs an Stellplätzen etc.) ermittelt. Die jeweilige Veränderung von Kosten und Wirkungsmengen wird monetarisiert. Das heißt es wird dargestellt, wie hoch die Betriebs- und Investitionskosten pro Jahr sind (=Kosten) und welche Kosteneinsparungen durch Verringerung der Schadstoffemissionen, Reisezeiten etc. erreicht werden (=Nutzen). Das Verhältnis zwischen Nutzen und Kosten (jeweils in Euro) ist schließlich die Maßzahl, an dem der gesamtwirtschaftliche Nutzen eines Vorhabens gemessen wird. Ein Nutzen-Kostenverhältnis von über 1 sagt demnach aus, dass die Nutzen eines Vorhabens die Kosten überwiegen. Je weiter das Nutzen-Kostenverhältnis über 1 liegt, desto besser und desto realisierungs- und förderwürdiger ist ein Vorhaben. Ein Nutzen-Kostenverhältnis unter 1 verhindert die Realisierungs- und Förderwürdigkeit eines Vorhabens jedenfalls, weil die entstehenden Kosten größer sind als die zu erwartenden Nutzen.49 In erster Linie soll die Entscheidung über die Realisierungswürdigkeit eines Vorhabens auf Basis des gesamtwirtschaftlichen Nutzens gefällt werden. Nur wenn mehrere konkurrierende Vorhaben ein ähnliches Nutzen-Kosten-Niveau erreichen, sollen die anderen Säulen des Umweltverbund49

Vgl. Sammer et al.: Rankingmodell, 2012, S. 7 ff.

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Ranking-Modells in die Beurteilung miteinbezogen werden. Die Bewertung in diesen Säulen erfolgt nach einem ähnlichen Prinzip wie bei der zuvor erläuterten Säule „gesamtwirtschaftlicher Nutzen“50. Für die Förderwürdigkeit schlagen die Entwicklerinnen und Entwickler des UmweltverbundRanking-Modells vor, zumindest die Säulen „angestrebter Umweltnutzen“ und betriebswirtschaftlicher Erfolg“ in die Entscheidung miteinzubeziehen. Vorhaben sind demnach nur dann förderwürdig, wenn neben einem möglichst hohen gesamtwirtschaftlichen Nutzen-Kostenverhältnis auch ein positiver Umweltnutzen und ein entsprechender betriebswirtschaftlicher Erfolg (Kostendeckung durch Einnahmen) erreicht werden. In weiterer Folge werden alle Vorhaben, die realisierungswürdig und förderwürdig erscheinen, nach deren gesamtwirtschaftlichen NutzenKostenverhältnis in eine absteigende Reihenfolge gebracht. Das Vorhaben mit dem höchsten gesamtwirtschaftlichen Nutzen-Kostenverhältnis wird an erster Stelle gereiht, die anderen Vorhaben absteigend nach dem jeweiligen Verhältnis danach. So ergibt sich eine Reihenfolge, nach der die Projekte gefördert werden. Nach diesem Prinzip werden so lange Vorhaben gefördert, bis die Fördermittel aufgebraucht sind. Ist ein Projekt realisierungs- und förderwürdig, weist aber im Vergleich zu anderen realisierungs- und förderwürdigen Projekten ein zu geringes gesamtwirtschaftliches Nutzen-Kosten-Verhältnis auf, ist es durchaus möglich, dass es trotzdem keine Förderung erhält.51 Dieses Modell ist schon so weit konkretisiert, dass bereits Formulare vorliegen, die alle zur Durchführung des Rankings nötigen Informationen erheben. Außerdem sind auch schon die Algorithmen zu Berechnung der Ergebnisse definiert.52 Es wäre also grundsätzlich möglich, die Mittel eines neu zu schaffenden Fördertopfes nach diesem Modell zu vergeben. Städte, die Mittel aus diesem Fördertopf beanspruchen, müssten lediglich ein Konzept für das zu fördernde Vorhaben vorlegen und die entsprechenden Formulare ausfüllen. Allenfalls ist noch eine Stelle zu installieren, die mit der Bewertung der einzelnen Vorhaben betraut ist (z.B. im BMVIT oder auf Ebene der Landesregierungen), und ein Gremium zu nominieren (z.B. auf Bundesländerebene), das aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, des Landes und des Städte- und Gemeindebundes besteht, und schließlich die verbindliche Entscheidung über die Vergabe der Mittel trifft. So wäre denkbar, dass die verfügbaren Mittel jährlich vergeben werden und bis zu einem bestimmten Stichtag beantragt werden können. Unter den bis dahin eingegangenen Anträgen würden die Mittel gemäß dem vorgestellten Modell zur Verteilung kommen. Ein entsprechendes Gremium zur Vergabe der Mittel müsste nur einmal jährlich tagen und die Vorbereitung der Anträge könnte auf der Ebene der Landes- oder Bundesverwaltung erfolgen. Die neu zu schaffenden Strukturen würden sich also in Grenzen halten. Auswirkungen Ein solches Modell (Schaffung eines Fördertopfs aus den bisherigen Finanzausgleichsmitteln und Vergabe der Mittel nach dem Umweltverbund-Ranking-Modell) bewirkt mehr Transparenz und Wirkungsorientierung in der Vergabe der Fördermittel zur Finanzierung des städtischen ÖPNV. Die Abwicklung der transparenten und am Umweltverbund-Ranking-Modell orientierten Vergabe der Fördermittel wäre vermutlich mit einem etwas höheren Verwaltungsaufwand verbunden. Angesichts dessen, dass bestimmte Fördermittel gemäß FAG auch im Status-Quo bereits 50 51 52

Eine detaillierte Beschreibung ist bei Sammer et al. (2012) nachzulesen. Vgl. Sammer et al.: Rankingmodell, 2012, S. 18 f. Vgl. Sammer et al.: Rankingmodell, 2012.

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REFORMANSÄTZE

beantragt werden müssen, könnte der Mehraufwand unter Nutzung vorhandener Synergiemöglichkeiten wahrscheinlich in Grenzen gehalten werden. Wenn es nicht gelingt, zusätzliche Mittel für einen solchen Fördertopf zu lukrieren (etwa aus der Zweckwidmung der Mineralölsteuer) könnte allerdings eine finanzielle Umverteilung zwischen den Gemeinden entstehen. Dabei könnte zunächst auch der Eindruck entstehen, dass dies vor allem zu Lasten der großen Städte (Wien, Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg) erfolgt, die bisher am meisten von den Förderungen gemäß § 20 Abs. 2 FAG 2008 profitieren. Dies ist aber wahrscheinlich nicht der Fall. Schließlich haben diese Städte, genauso wie alle anderen Städte, die Möglichkeit, Förderungen aus dem neu zu schaffenden Fördertopf zu generieren, in dem sie entsprechende Anträge stellen, die nach den zuvor erläuterten Kriterien bewertet werden. Tatsächlich werden die Chancen gut sein, dass die Vorhaben der genannten Städte im Umweltverbund-Ranking relativ hoch gereiht werden, weil durch Vorhaben im ÖPNV im Bereich der großen Städte hoher Nutzen im Sinne von verkehrlichen Wirkungsmengen zu erwarten ist. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass diese Städte zusätzlich Mittel aus einem solchen Fördertopf lukrieren können, wenn ihr nachgewiesener Bedarf an Förderung jenes Förderausmaß übersteigt, dass ihnen gemäß der aktuellen Regelungen im Finanzausgleich zugesprochen wird. Ergänzend wird auch jenen großen Städten, die bisher keine Investitionsförderungen für den ÖPNV aus dem Finanzausgleich erhalten (z.B. Klagenfurt, Wels, Wiener Neustadt etc.) ebenfalls die Möglichkeit eingeräumt, sich mit konkurrenzfähigen Projekten um die verfügbaren Fördermittel zu bewerben.

2.2

Finanzierung des laufenden Betriebs im städtischen ÖPNV

Die Finanzierung des laufenden Betriebs des städtischen ÖPNV ist von wahrscheinlich noch größerer Bedeutung wie die zuvor erwähnte Finanzierung des Auf- und Ausbaus des öffentlichen Verkehrs in den österreichischen Städten. Schließlich machen Auf- und Ausbau des Angebots an öffentlichen Verkehrsdienstleistungen nur dann nachhaltig Sinn, wenn die Finanzierung der laufenden Folgekosten (Betriebs- und Finanzierungskosten) gesichert ist. Einzelne Städte können diese finanzielle Belastung in den allermeisten Fällen und mit der aktuellen Finanzierungsstruktur nicht alleine tragen (siehe Kapitel III3 und 0 ab Seite 23 in vorliegendem Bericht). Folgende Reformansätze könnten zur besseren Finanzierbarkeit der laufenden Betriebskosten des öffentlichen Verkehrs in Österreichs Städten beitragen. Einrichtung eines Finanzierungsfonds Im Sinne der Diskussionen zu einer stärkeren Aufgabenorientierung des Finanzausgleichs erscheint es sinnvoll, die Aufgaben im Bereich des öffentlichen Verkehrs als zentralen Bereich bei den zentralörtlichen Funktionen festzulegen und durch eine entsprechende Ausstattung der Mittel für die zentralörtlichen Funktionen auch die Finanzierung der Leistungen im öffentlichen Verkehr sicherzustellen. Einerseits bedarf es hier aufgrund der derzeitigen Unterfinanzierung des städtischen ÖPNV einer deutlichen Aufstockung der Finanzmittel, andererseits müssen klare Verteilungskriterien zwischen den Städten und Gemeinden geschaffen werden, welche noch mehr als bisher leistungsorientierte Elemente (z.B. beförderte Personen, Personenkilometer) beinhalten. Eine alleinige Verteilung pro Kopf wird aufgrund der mit der EinwohnerInnengröße steigenden Komplexität nicht empfohlen.

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REFORMANSÄTZE

Sollten über das Finanzausgleichsgesetz keine zusätzlichen Mittel für den (städtischen) ÖPNV bereitgestellt werden, bedarf es einer ergänzenden Finanzierung. In diesem Fall hätte ein (Steuerungs- und) Finanzierungsfonds, beispielsweise nach dem Vorbild des Pflegefonds zur Sicherung und zum bedarfsgerechten Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebotes (gem. Pflegefondsgesetz 2011), nicht nur das Ziel, Infrastrukturmaßnahmen mitzufinanzieren, sondern auch einen Beitrag zum laufenden Betrieb zu leisten. Bei der Verteilung der Mittel ist dabei zu beachten, dass 

bei der Verteilung der Mittel auch leistungsorientierte Parameter (z.B. beförderte Personen, Personenkilometer) berücksichtigt werden, eine hohe Planungssicherheit bei den Gemeinden und Städten entsteht, und grundsätzlich sämtliche Gemeinden in den Stadtregionen Zugang zu den Mitteln haben (dass daher nicht nur die großen Städte eine Basisfinanzierung erhalten).

 

Demzufolge würden die Gemeinden und Städte einen Antrag an den Finanzierungsfonds zur Basisfinanzierung einbringen. Auf Basis leistungsorientierter Parameter werden die Fördermittel auf die Antragstellerinnen und Antragssteller aufgeteilt. Am Ende erfolgt eine mittelfristige Finanzierungsvereinbarung, sodass eine ausreichende Planungssicherheit bei den Gemeinden und Städten besteht. Entsprechende Mittel zur Dotierung dieses Fonds könnten, analog zum Pflegefonds und zu anderen Belastungsschlüsseln des Finanzausgleichs, zu zwei Drittel aus dem Bundesbudget und zu einem Drittel aus den Budgets der Länder und Gemeinden aufgebracht werden. Alternativ oder zusätzlich dazu könnten Mittel aus dem Mineralölsteuerertrag dafür zweckgewidmet werden. Zu klären wäre lediglich, in welcher Höhe der Finanzierungsfonds dotiert werden soll. Der derzeitige laufende Betriebsabgang der Städte beläuft sich für das Jahr 2012 auf 106 Mio. Euro (exkl. Investitionsausgaben)53. Wenn dieser zur Gänze abgedeckt werden sollte, würde es einer Gesamtdotierung des Fonds in der Höhe von mind. 100 Mio. Euro bedürfen, bei einer Abdeckung von 50% läge die Dotierung bei 50 Mio. Euro. Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen auf Städteebene Natürlich können die Städte auch Selbstverantwortung zur Deckung der steigenden Betriebskosten übernehmen. Entsprechende Vorschläge zur Erschließung zusätzlicher städtischer Einnahmen, die für den öffentlichen Verkehr zweckgewidmet werden können, liegen schon lange vor und wurden mancherorts auch schon umgesetzt54 & 55 & 56: 

City Maut / Road Pricing Räumlich abgegrenzter Bereich der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur (meist Straßen in der Innenstadt) der nur gegen eine gewisse Mautgebühr (Vignetten, Mautstationen etc.) benützt werden kann. Vor allem für größere Städte relevant und in einigen europäischen Städten bereits etabliert (London, Stockholm etc.).

Parkraumbewirtschaftung Einhebung einer Gebühr für das Parken von Fahrzeugen im Stadtgebiet. Entweder für

53

54 55 56

Siehe hierzu die Erhebung gemäß Kapitel II-4: Finanzielle Belastung im weiteren Sinn. Die erhobenen Werte wurden ergänzt um eine Schätzung, da nicht sämtliche große Städte an der Befragung teilgenommen haben. Die Hochrechnung ist eine Schätzung und basiert auf dem durchschnittlichen Zuschussbedarf der Städte über bzw. unter 50.000 EW exkl. Investitionsausgaben im Jahr 2012. Vgl. Mayer et al., 1994, S. 101 ff. Vgl. Ruppe: Finanzierungsinstrumente, 1994, S. 114 ff. Vgl. Sammer / Klementschitz: ÖPNV-Finanzierung, 2010.

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Dauerparkerinnen und Dauerparker oder auch als Kurzparkgebühr. Im Idealfall werden die Erlöse für den öffentlichen Verkehr zweckgebunden. 

Interessentenbeiträge Bekanntes Beispiel hierfür ist die Wiener U-Bahn-Steuer, die von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern pro Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter an die Stadt bezahlt wird, weil ein attraktives öffentliches Verkehrssystem auch von Nutzen für die wirtschaftlichen Betriebe einer Stadt ist. Ähnlich gelagerte Interessentenbeiträge könnten auch von anderen Städten eingeführt werden. Dabei wären, neben den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, auch andere Steuersubjekte denkbar. Schließlich sind es nicht nur die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die von einem attraktiven öffentlichen Verkehrsangebot profitieren. So wäre auch eine Abgabe, die Grundstücks- oder Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer oder Kfz-Eigentümerinnen und -eigentümer belastet denkbar. Auch wäre eine befristete Einführung einer solchen Abgabe denkbar, um den Schuldendienst, der sich aus der Finanzierung von Investitionen in den öffentlichen Verkehr ergibt, zu bedecken. Nach Tilgung allfälliger Darlehen könnte die Abgabe wieder auslaufen.

Dabei gilt vor allem für City Maut und Parkraumbewirtschaftung, dass diese zwar auch zu geringfügig mehr Einnahmen führen, aber in erster Linie als Steuerungsinstrumente zur Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs in den Kernstädten dienen. Interessentenbeiträge werden hingegen nicht wegen ihrer Lenkungswirkung, sondern vordergründig als Finanzierungsquelle eingesetzt. Es ist generell festzuhalten, dass keine der genannten zusätzlichen Einnahmequellen für Städte in der Einführung besonders populär sein dürfte. Es lässt sich aber für alle diese Einnahmequellen potenzieller Nutzen aufzeigen und kommunizieren, der gegebenenfalls auch zur Zustimmung der Bevölkerung zur Einführung der Maßnahme führen kann. So wurde beispielsweise die City Maut in Stockholm mit einer Mehrheit in einer Volksbefragung eingeführt, weil viele positive Wirkungen (z.B. Reduktion des Verkehrs und der Emissionen und in weiterer Folge erhöhte Mobilität bei relativ geringen Gebühren etc.) nachgewiesen werden konnten und die Bürgerinnen und Bürger offensichtlich überzeugt haben .57 Selbiges scheint auch für Interessentenbeiträge und Parkraumbewirtschaftung möglich, wenngleich zuletzt in Wien entsprechende Volksbefragungen zu Ungunsten der Parkraumbewirtschaftung ausgegangen sind. Ferner ist zu erwarten, dass die Einführung entsprechender Finanzierungsmaßnahmen auf mehr Akzeptanz stößt, wenn diese Maßnahmen gemeinsam mit einer Ausweitung des Leistungsangebots im öffentlichen Verkehr eingeführt werden.58 Ergänzend dazu soll auch die Verkehrsanschlussabgabe gem. § 32 ÖPNRV-G 1999 erwähnt werden (siehe auch Kapitel III2.4 ab Seite 21 in diesem Bericht), deren Einhebung durch die Gemeinden vom Rechnungshof schon seit vielen Jahren gefordert wird59 & 60. Diese betrifft die breite Bevölkerung wesentlich weniger als beispielsweise eine City Maut oder Parkgebühren und würde bei der Einführung wohl auf weniger Widerstand stoßen. Sie wäre außerdem in erster Linie Finanzierungsinstrument. Schließlich soll sie explizit zur Finanzierung der Verkehrsanbindung

57 58 59 60

Vgl. Börjesson: et al.: Stockholm congestion chrages, 2012. Vgl. Sammer/Klementschitz: ÖPNV-Finanzierung, 2010. Vgl. Rechnungshof: Einkaufszentren, 2007, S. 22 f. Vgl. Rechnungshof: Evaluierung ÖPNRV-G, 2005: S. 146.

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neuer Betriebsansiedlungen eingehoben werden. Sie wurde aber wohl wegen ihrer möglichen Steuerungswirkung61 bisher nicht eingesetzt. Gemeindeverbandslösungen Der öffentliche Verkehr endet, wie schon an anderer Stelle in diesem Bericht erwähnt (vgl. Kapitel III1 in diesem Bericht), nicht an der Stadtgrenze. Einerseits ist eine Vernetzung des städtischen ÖPNV mit dem regionalen und überregionalen Verkehr zu gewährleisten und andererseits profitieren vom ÖPNV einer Stadt auch Bürgerinnen und Bürger umliegender Gemeinden, die sich in der Stadt als Pendlerinnen und Pendler, Schülerinnen und Schüler oder in der Freizeit bewegen. Die Finanzierungslast bleibt häufig allerdings schon auf die Stadt alleine beschränkt. Dies betrifft vor allem die laufenden Betriebskosten. Es existieren aber auch Modelle, in denen die Finanzierungslasten des öffentlichen Verkehrs auf die Gemeinden einer (Stadt)Region verteilt werden. So sind die Landbusse in Vorarlberg62 beispielsweise durch Gemeindeverbände finanziert, die gleichzeitig auch als Leistungsbesteller fungieren. Somit entscheiden die betroffenen Gemeinden selbstständig über die erbrachte Leistung (Linienführung, Frequenz, Fahrplan), finanzieren aber auch allfällige Abgänge im laufenden Betrieb über eine Verbandsumlage gemeinschaftlich. Dabei erfolgt ein interkommunaler Ausgleich, um die überörtlichen Spillovers abzugelten. Dies bedeutet, dass die Stadt-Umland-Gemeinden einen Finanzierungsbeitrag zur Finanzierung des städtischen ÖPNV leisten, da diese Nutznießer des Angebotes sind. Zusätzlich führt dies auch zu einer verbesserten Abstimmung zwischen Städten und Stadt-Umland im Leistungsangebot im ÖPNVBereich, da es hier zu einer verstärkt gemeinsamen Steuerung kommt. Die Belastung der Gemeinden durch eine solche Verbandsumlage zur Finanzierung allfälliger Abgänge aus dem laufenden Betrieb kann aufgrund der EinwohnerInnenzahl der Gemeinde erfolgen. Es ist aber auch denkbar, dass die Umlage sich an den Streckenlängen im jeweiligen Gemeindegebiet, an der PendlerInnenzahl der jeweiligen Gemeinde, an der Anzahl der jeweils beförderten Personen aus dem jeweiligen Gemeindegebiet oder, wie im Vorarlberger Fall, an der Anzahl der Haltestellenstopps63 im Gemeindegebiet bemisst. Ein derart organisierter ÖPNV in einer ganzen Stadtregion bietet die Möglichkeit für einen bedarfsgerechten öffentlichen Verkehr für alle beteiligten Gemeinden. Einzelne Gemeinden, die weiter vom Zentrum der Region entfernt liegen, können erschlossen werden, während die einzelnen Linien alle durch den zentralen Raum geführt werden und so im dichter besiedelten Gebiet eine umfassende Erschließung mit geringer Taktfrequenz ermöglichen. Gleichzeitig liegt die Finanzierungslast nicht ausschließlich auf den jeweiligen Zentralorten, sondern wird gerecht auf alle Gemeinden einer Stadtregion verteilt. Doch auch eine derartige breitere Verteilung der Finanzierungslast ändert nichts an der chronischen Unterfinanzierung des öffentlichen Verkehrs bei gleichzeitig steigenden Ansprüchen 61

62

63

Es ist beispielsweise ein Steuerwettbewerb zwischen den Gemeinden zu vermuten, wenn benachbarte Gemeinden unterschiedlich hohe Abgaben einheben. Außerdem könnte eine solche Abgabe in einer Gemeinde dazu führen, dass sich ein großer Betrieb für eine neue Ansiedlung eventuell für eine Gemeinde entscheidet, die keine Verkehrsanschlussabgabe einhebt. Dadurch würden der Gemeinde, die eine entsprechende Abgabe einhebt, sowohl die möglichen Kommunalsteuereinnahmen entgehen, und auch durch die Verkehrsanschlussabgabe könnten, mangels Ansiedlung, keine zusätzlichen Mittel lukriert werden. Vgl. z.B. Landbus Bregenzerwald: http://www.regiobregenzerwald.at/landbus-bregenzerwald.html [03.04.2013]) oder Winkler: ÖVVerantwortung der Gemeinden, 2013. Eine Gemeinde zahlt demnach einen Beitrag zur ÖPNV Finanzierung abhängig von der Anzahl der Haltestellenstopps im Gemeindegebiet. Diese hängen einerseits von der Anzahl der Haltestellen ab und andererseits von der Fahrplantaktung ab. Eine kürzere Taktung erhöht die Anzahl der Haltestellenstopps und damit die finanzielle Belastung der Gemeinde.

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REFORMANSÄTZE

der Nutzerinnen und Nutzer (z.B. Taktfrequenz, Niederflurfahrzeuge etc.). Auch der Zuschussbedarf der Verbandsgemeinden für Leistungen der Vorarlberger Landbusse steigt in den letzten Jahren deutlich64. Und doch wird so zumindest ein Angebot geschaffen, das in anderen Städten in Österreich in vergleichbarer Größe (noch) nicht geboten werden kann. Es scheint durchaus Potenzial vorhanden, ein ähnliches Modell, nämlich die Finanzierung von öffentlichem Verkehr durch Gemeindeverbände einer Stadtregion, auch in anderen österreichischen Stadtregionen zu etablieren.

64

Vgl. Winkler: ÖV-Verantwortung der Gemeinden, 2013.

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FAZIT UND ZENTRALE SCHLUSSFOLGERUNGEN

V

Fazit und zentrale Schlussfolgerungen

Zusammenfassend können die folgenden Schlüsse gezogen werden: Finanzierungslücken im ÖPNV werden immer größer Der Zuschussbedarf der Städte und Gemeinden im ÖPNV-Bereich ist sehr dynamisch und hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt. Insbesondere die großen Städte, welche auch über ein Straßenbahn- oder O-Bus-Netz verfügen, sind hier besonders betroffen. Sowohl Investitionsmaßnahmen als auch der laufende Betrieb sind unterfinanziert Die für den ÖPNV bereitstehenden Mittel aus dem Finanzausgleich sowie aus den Sonderfördertöpfen reichen nicht aus, um eine ausreichende Finanzierung im städtischen ÖPNV zu gewährleisten. Dies betrifft sowohl den Investitionsbereich als auch den laufenden Betrieb. Verteilungskriterien im Finanzausgleich sind nicht zeitgemäß Die derzeitigen Zuteilungsschlüssel im Finanzausgleich zu den einzelnen Städten sind historisch bedingt und orientieren sich nicht an aktuellen Bedürfnissen. Auch wird die dynamische Entwicklung im ÖPNV-Bereich nicht berücksichtigt. Unklare Kompetenzregelungen Es fehlen klare Kompetenzregelungen im Zusammenhang mit dem städtischen ÖPNV. Dabei wäre die Rolle der einzelnen Gebietskörperschaftsebenen sowie Akteurinnen und Akteure im ÖPNV zu klären. Denken in Ballungsräumen wäre wichtig Derzeit bestehen Schnittstellenprobleme zwischen städtischem ÖPNV und dem Nah- und Regionalverkehr im Stadt-Umland. Es fehlt eine ballungsraumweite Strategie bzw. Koordinierung der Leistungserbringung. Durch ein Denken in Ballungsräumen könnte auch das Problem des Auseinanderklaffens von Leistungserbringern und Leistungsnehmern im städtischen ÖPNV gemildert werden, da das städtische ÖPNV-Angebot derzeit ausschließlich von den Städten finanziert wird, es jedoch zu einer Mitnutzung durch die Bewohnerinnen und Bewohner der gesamten Region kommt. Strategische Rahmenbedingungen fehlen Eine österreichweite Strategie zum ÖPNV, welche auch den städtischen ÖPNV einbindet, fehlt. Diese wäre auch hilfreich, um die nach Bundesland sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen zumindest teilweise zu vereinheitlichen. Neue Steuerungs- und Finanzierungsmodelle sind notwendig Zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit des ÖPNV und auch zur verbesserten Steuerung im ÖPNV-Bereich ist eine Weiterentwicklung der bestehenden Steuerungs- und Finanzierungsstrukturen notwendig. Hierbei sind einerseits ganzheitliche Reformansätze möglich, welche sowohl in den Steuerungs- als auch Finanzierungsprozess eingreifen. Andererseits bestehen mehrere Möglichkeiten, um die Finanzierung des städtischen ÖPNV im Bereich der Investitionen und des laufenden Betriebs sicherzustellen.

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FAZIT UND ZENTRALE SCHLUSSFOLGERUNGEN

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Motorisierungsprognose............................................................................................ 13 Abbildung 2: Räumliche Beziehungen / PendlerInnenverflechtungen .......................................... 14 Abbildung 3: BerufspendlerInnen 1961 – 2001 ............................................................................. 15 Abbildung 4: Verkehrsaufkommen 2002 bis 2025 ......................................................................... 15 Abbildung 5: Kompetenzverteilung im ÖPNRV-G ......................................................................... 18 Abbildung 6: Kompetenzverteilung im ÖPNRV-G ......................................................................... 19 Abbildung 7: Schematische Darstellung § 20 FAG 2008............................................................... 21 Abbildung 8: Einnahmen und Ausgaben der österreichischen Gemeinden (ohne Wien) für ÖPNV im engeren Sinn (nur Ausgaben aus dem Gemeinderechnungsabschluss) 2006-2011 ....... 25 Abbildung 9: Saldo der laufenden Gebarung und der Vermögensgebarung der Gemeinden (ohne Wien) für den ÖPNV in Mio. Euro für die Jahre 2006 bis 2011 .............................................. 26 Abbildung 10: Durchschnittliche Querschnittssalden der Gemeinden (ohne Wien) für den ÖPNV in Euro pro Kopf nach Bundesland für die Jahre 2006 und 2011 .......................................... 26 Abbildung 11: Durchschnittlicher Zuschussbedarf aus allgemeinen Steuermitteln (Saldo 4) für den ÖPNV der Gemeinden (ohne Wien) in Euro pro Kopf nach Einwohnergrößenklasse ........... 27 Abbildung 12: Konsolidierte und transferbereinigte Ausgabenstruktur der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV .......................................................................... 29 Abbildung 13: Konsolidierte und transferbereinigte Einnahmenstruktur der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV .......................................................................... 30 Abbildung 14: Konsolidierter und transferbereinigter Zuschussbedarf der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV .......................................................................... 31 Abbildung 15: Einnahmen und Ausgaben der Städte im ÖPNV (Stadt und Betriebe konsolidiert und transferbereinigt) .............................................................................................................. 32 Abbildung 16: Transferzahlungen der Gemeinden an die gemeindeeigenen Gesellschaften ...... 33 Abbildung 17: Gegenüberstellung des durchschnittlichen, konsolidierten und transferbereinigten Pro-Kopf-Zuschussbedarfs der Gemeinden nach EinwohnerInnengrößenklassen ............... 33 Abbildung 18: Prozess Einreichung Agglomerationsprogramm bis Maßnahmenumsetzung ....... 39 Abbildung 19: Vereinfachte schematische Darstellung des Umweltverbundranking nach Sammer et al. 2012................................................................................................................................ 49

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Ausgestaltungsvarianten eines ÖPNV-Stadtregionsfonds ........................................... 12 Tabelle 2: Konsolidierte und transferbereinigte Ausgaben der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV ........................................................................................................ 29 Tabelle 3: Konsolidierte und transferbereinigte Einnahmen der Gemeinden und gemeindeeigenen Gesellschaften im ÖPNV ........................................................................................................ 30 Tabelle 4: Gegenüberstellung Einnahmen und Ausgaben der Städte und Betriebe..................... 31

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FAZIT UND ZENTRALE SCHLUSSFOLGERUNGEN

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FAZIT UND ZENTRALE SCHLUSSFOLGERUNGEN

Ruppe, Hans Georg: Finanzverfassungsrechtliche Aspekte der Finanzierungsinstrumente im Verkehrswesen Österreichs. In: Schönbäck, Wilfried (Hrsg.): Neuordnung der Kompetenzen und Finanzierungsmöglichkeiten im Verkehrswesen Österreichs. Wien: 1994. S. 69-124. Sammer, Gerd; Klementschitz, Roman: Überlegungen zur ÖPNV-Finanzierung in Österreich. Arbeitspapiert. Stand: 10.11.2010. Wien. Sammer, Gerd; Klementschitz, Roman; Stark, Juliane: Rankingmodell zur Evaluierung und Förderung von Umweltverbundmaßnahmen. Vorschlag eines Bewertungsverfahrens. Im Auftrag des Österreichischen Städtebundes. Wien: 2012. Schönbäck, Wilfried (Hrsg.): Kosten und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Wien. Ausgewählte Befunde und Optionen zur Umsetzung des Wiener Verkehrskonzepts. Wien: 1994. Schönbäck, Wilfried (Hrsg.): Neuordnung der Kompetenzen und Finanzierungsmöglichkeiten im Verkehrswesen Österreichs. Wien: 1994. Trafico; IVWL Uni Graz; IVT ETH Zürich; PANMOBILE; JOANNEUM RESEARCH; WIFO: Verkehrsprognose Österreich 2025+. Endbereicht. Wien: Juni 2009. Winkler, Karl-Heinz: Nachhaltige Verkehrslösungen für Länder & Gemeinden. ÖV Verantwortung von Gemeinden. Stadtbus Dornbirn / Landbus Unterland. Vortrag anlässlich der Tagung der österreichischen verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (ÖVG) und der Österreichischen Forschungsgesellschaft Straße, Schiene, Verkehr: „Nachhaltige Verkehrslösungen für Länder und Gemeinden“. Wien, 5. März 2013.

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