Kommunale Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme

Page 1

www.kdz.or.at

Kommunale Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme Programme in Deutschland und Ausgestaltungsvarianten für Österreich Endbericht 3. März 2015

verfasst von Dr. Karoline Mitterer MMag. Clemens Hödl

KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at



INHALT

Inhaltsverzeichnis I

II

III

Einleitung .............................................................................................................................. 5 1

Ausgangslage und Zielsetzung................................................................................. 5

2

Inhalte .......................................................................................................................... 5

Notwendigkeit der Entschuldung und Konsolidierung von Gemeinden ....................... 6 1

Verschuldungssituation in Österreich ..................................................................... 6

1.1

Verschuldung, Schuldendienst und Haftungen gemäß Rechnungsabschluss ............ 7

1.2

Öffentliche Schulden der Gemeindeebene gemäß ESVG ......................................... 10

2

Investitionstätigkeit und Investitionsrückstau ...................................................... 13

3

Ökonomische Argumentarien ................................................................................. 15

Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme in Deutschland .............................. 18 1

Ausgewählte Programme im Detail ........................................................................ 18

1.1

Hessen ........................................................................................................................ 18

1.2

Nordrhein-Westfalen ................................................................................................... 20

1.3

Rheinland-Pfalz .......................................................................................................... 22

1.4

Niedersachsen ............................................................................................................ 24

2

Gegenüberstellung der Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme ...... 26

IV

Kommunaler Rettungsschirm in Österreich.................................................................... 28

V

Anhang ................................................................................................................................ 33 1

Verzeichnisse ............................................................................................................ 33

2

Methodische Hinweise ............................................................................................. 35

3 03.03.15



EINLEITUNG

I

Einleitung

1

Ausgangslage und Zielsetzung

In Deutschland ist die finanzielle Situation in mehreren Gemeinden und Städten prekär. Diese benötigen daher entsprechende Unterstützungsmaßnahmen, um sich aus der Verschuldungsspirale wieder lösen zu können. Deshalb bestehen in den Ländern verschiedene kommunale Entschuldungsfonds und Konsolidierungshilfen für die kommunale Ebene. Auch in Österreich weisen einzelne Städte und Gemeinden eine hohe Verschuldung auf, welche aus eigener Kraft kaum bewältigbar ist, ohne gravierende Einschnitte im Leistungsangebot in Kauf nehmen zu müssen. Vor diesem Hintergrund interessiert, ob auch in Österreich ein Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramm installiert werden kann. Dabei wäre insbesondere zu klären, wie ein solches Programm ausgestaltet sein könnte bzw. wo dieses ansetzen kann. Im Rahmen dieses Argumentationspapiers werden daher die folgenden Zielsetzungen festgehalten: Überblick über die Verschuldungssituation in Österreich: Hier soll eine Gesamtsicht zur kommunalen Verschuldung gegeben werden. Überblick über Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme in Deutschland: Ein entsprechender Überblick über bisher bestehende Programme zeigt die Möglichkeiten auf, wie Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme grundsätzlich konzipiert und umgesetzt werden können. Ausgestaltungsvarianten für Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme in Österreich: Schließlich interessiert, welche Möglichkeiten es in Österreich gibt, ein Programm zu installieren, um den Gemeinden und Städten eine Entschuldung zu ermöglichen.

2

Inhalte

Zu Beginn erfolgt eine Gesamtsicht zur kommunalen Verschuldung. Dabei wird auf die Gesamtsituation hinsichtlich Schulden, Schuldendienst und Haftungen eingegangen. Auch erfolgt eine nähere Betrachtung von Investitionen. In einem zweiten Teil erfolgt ein Überblick über den aktuellen Stand zu Entschuldungs- und Konsolidierungsprogrammen in Deutschland. Insbesondere betrachtet werden sollen dabei Zielsetzungen, Finanzvolumen, Organisation, Auswahl der Gemeinden und Förderbedingungen. Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Umsetzbarkeit in Österreich. Hierzu wurden in einer Arbeitsgruppe mit Städtevertretern verschiedene Umsetzungsstrategien zur Entschuldung und Konsolidierung von Gemeinden diskutiert. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei den kommunalen Experten für die wertvolle Unterstützung!

5 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

II

Notwendigkeit der Entschuldung und Konsolidierung von Gemeinden

Bei der Betrachtung der finanziellen Situation der Gemeinden im Zeitverlauf zeigt sich eine tendenzielle Verschlechterung. Vor diesem Hintergrund interessiert, inwieweit sich die kommunale Verschuldungssituation verändert hat und inwiefern es zu einem besonderen Konsolidierungsbedarf bei einzelnen Gemeinden kommt.

1

Verschuldungssituation in Österreich

Zu Beginn interessiert ein Überblick über die aktuelle kommunale Verschuldungssituation in Österreich.1 Gerade in Zeiten, in denen die finanziellen Spielräume der Gemeinden tendenziell geringer werden, ist es unerlässlich, die Entwicklung der Verschuldung zu beobachten, um zu beurteilen, welche Spielräume für eine zusätzliche Fremdkapitalfinanzierung bestehen. Dies wird insbesondere durch die engen Vorgaben im Rahmen des Österreichischen Stabilitätspaktes relevant, wonach die Gemeinden nicht zur Netto-Neuverschuldung beitragen dürfen. In Abbildung 1 wird ein Überblick über die Verschuldungssituation der österreichischen Gemeindeebene gegeben. Dabei können grundsätzlich die öffentlichen Schulden der Gemeindeebene und die Gesamtschulden gemäß Rechnungsabschluss der Gemeinden dargestellt werden, welche jedoch eine gemeinsame Schnittstelle haben. Zur Berechnung der öffentlichen Schulden der Gemeindeebene werden von den Gesamtschulden der Gemeinden gemäß Rechnungsabschluss die Schulden der Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit (Abschnitt 85-89) (Farbe braun) abgezogen. Gleichzeitig werden zu den öffentlichen Schulden der Gemeinden (Farbe dunkelblau) jene Schulden von Gemeindeverbänden und gemeindeeigenen Gesellschaften hinzugezählt, welche dem öffentlichen Sektor hinzugezählt werden (Farbe hellblau). Die öffentlichen Schulden der Gemeinden sowie der Gemeindeverbände und gemeindeeeigenen Gesellschaften ergeben gemeinsam daher den öffentlichen Schuldenstand der Gemeindeebene. Davon zu unterscheiden ist der Gesamtschuldenstand gemäß Rechnungsabschluss, in welchem auch die Schulden der Eigenbetriebe enthalten sind. Der Gesamtschuldenstand setzt sich daher aus den Schulden der Gemeinden (Farbe dunkelblau) und den Schulden der Eigenbetriebe (Farbe braun) zusammen. Ebenfalls dargestellt sind die Haftungen (Farbe orange). Hier ist darauf hinzuweisen, dass Haftungen wesentlich zur Besicherung von Schulden in ausgelagerten Gesellschaften und Gemeindeverbänden dienen und sich daher in weiten Teilen mit den öffentlichen Schulden der Gemeindeverbände und gemeindeeigenen Gesellschaften überschneiden. Während die Verschuldung der Eigenbetriebe (Nicht-Maastrichtschulden der Gemeinden) von 2004 auf 2013 um 4 Prozent zurückgegangen sind, stiegen die Maastrichtschulden der Gemeinden um 40 Prozent. Die in ausgegliederten Gesellschaften und Gemeindeverbänden bestehenden öffentlichen Schulden sind ebenfalls leicht angestiegen. Da die Werte der Gemeindeebene ohne Wien vor 2010 von der Statistik Austria jedoch nicht veröffentlicht werden, kann nur der Zeitraum ab 2010 betrachtet werden. Von 2010 bis 2013 wuchs die Verschuldung 1

Nachfolgendes Kapitel ist ein Auszug aus der Publikation Mitterer et.al.: Österreichische Gemeindefinanzen 2015 – Entwicklungen 2004 bis 2018, 2015.

6 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

der sonstigen Gemeindeebene um 9 Prozent. In Summe stiegen die Maastricht-Schulden (Gemeinden und sonstige Gemeindeebene) von 2010 bis 2013 um 9 Prozent in einem ähnlichen Bereich wie das BIP mit 10 Prozent. Die Haftungen (wobei hier auf Einschränkungen aufgrund der statistischen Erfassung hinzuweisen ist – siehe später) sind von 2004 bis 2013 um 83 Prozent angestiegen. Hier ist darauf hinzuweisen, dass es sich zu großen Teilen um Haftungen für die Maastrichtschulden der sonstigen Gemeindeebene handelt. Eine Addition von den hier dargestellten Schulden und Haftungen ist daher nicht möglich. Abbildung 1: Gesamtübersicht Verschuldung 2004 bis 2013 16.000

14.000 3.123 12.000

0

in Mio. Euro

10.000

3.208 6.484*

3.361

3.120

3.409

3.308 6.742*

3.534

3.468

2.632

7.086*

6.775* 3.677

8.000

11.491**

10.655** 4.000

8.370

8.022

11.684** 8.324

8.107

7.891

7.674 6.446

5.939

5.619

5.119

4.831

2.000

11.351**

11.359**

11.641** 6.000

3.373

0 2004 Nicht-Maastrichtschulden Gemeinden

2009 Maastrichtschulden Gemeinden

2010

2011 Maastrichtschulden sonstige Gemeindeebene

2012 Haftungen

2013 keine Werte vorhanden

Quelle: Statistik Austria - Öffentliche Finanzen; KDZ - eigene Berechnungen 2014. Anmerkung: Nicht-Maastrichtschulden der Gemeinden sind jene Schulden aus den UA 85 bis 89. * Öffentlicher Schuldenstand der Gemeindeebene; ** Gesamtschuldenstand der Gemeinden gemäß Rechnungsabschluss

Quelle: Mitterer et.al.: Österreichische Gemeindefinanzen 2015, S. 36.

1.1

Verschuldung, Schuldendienst und Haftungen gemäß Rechnungsabschluss

Nachfolgend wird die Entwicklung des Schuldenstandes sowie der Haftungen der Gemeinden in den letzten zehn Jahren gezeigt. Der Schuldenstand erhöhte sich bis 2010 kontinuierlich und ist seitdem wieder zurückgegangen. Damit ist der Schuldenstand 2013 gegenüber dem Jahr 2004 um 7 Prozent gestiegen, im Vergleich zum Jahr 2009 leicht zurückgegangen. Der Rückgang des Schuldenstandes in den letzten Jahren ist nicht zuletzt auf die deutliche Dynamik des Schuldendienstes zurückzuführen. So erhöhte sich der Schuldendienst seit 2004 um 23 Prozent, seit 2009 um 11 Prozent. Die aus den Schulden resultierende jährliche Belastung der Gemeinden variiert in Abhängigkeit des jeweiligen Zinsniveaus und der unterschiedlichen Tilgungsraten.

7 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

Gemäß dem Stabilitätspakt 2012 sollen künftig auch die Haftungen in die Beurteilung der Schuldensituation der Gemeinden miteinbezogen werden und Haftungsobergrenzen für die Gemeinden gelten. Bei der Interpretation der Haftungen ist auf Schwierigkeiten bei der Datenqualität zu verweisen. So weisen ein Viertel der Gemeinden im Datensatz der Statistik Austria keine Haftungen auf. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es nur vereinzelt Gemeinden ohne Haftungen gibt. Grundsätzlich ist in Bezug auf die Haftungen der Gemeinden zu beobachten, dass diese seit 2004 nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnis zu den Finanzschulden überproportional stark angewachsen sind. Betrugen die Haftungen der Gemeinden im Jahr 2004 noch rund 3,4 Mrd. Euro bzw. 32 Prozent bezogen auf die Schulden in diesem Jahr, so erreichten die Haftungen im Jahr 2013 mit rund 6,7 Mrd. Euro bereits 59 Prozent der Schulden der Gemeinden. Dieser starke Anstieg kann einerseits auf die steigende Anzahl an ausgegliederten Unternehmungen zurückgeführt werden. Andererseits muss auch darauf hingewiesen werden, dass sich die Qualität der Datenerfassung im Laufe der Jahre verbessert hat und damit auch vermehrt Gemeinden mit Haftungen überhaupt erfasst werden. So wiesen im Datensatz der Statistik Austria im Jahr 2004 noch 38 Prozent der Gemeinden keine Haftungen auf, im Jahr 2013 sind es nur mehr 24 Prozent. Es wird erwartet, dass sich die Anzahl der Gemeinden mit Haftungen im Jahr 2014 durch eine Veränderung der Datenschnittstelle nochmals massiv erhöhen wird. Tabelle 1: Schuldenstand, Schuldendienst und Haftungen 2004 bis 2013

Verschuldung der Gemeinden 2004

Schuldenstand Schuldendienst Haftungen

10.655 1.063 3.373

2009

2010

2011

Veränderung 2013

2012

2013

in Mio. Euro 11.491 11.684 11.641 11.359 1.182 1.169 1.232 1.417 4.831 5.119 5.619 5.939

11.351 1.308 6.446

Index 2004 = 100

2009 = 100

107 123 191

99 111 133

Quelle: Statistik Austria - Gebarungsdaten der Gemeinden; KDZ - eigene Berechnungen 2014.

Die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung ist bei den Kleinstgemeinden am höchsten und verringert sich mit steigernder EW-Klasse ( Tabelle 2). So ist die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung bei den Gemeinden bis 500 EW um 56 Prozent höher als bei den Städten über 50.000 EW. Auch hier muss darauf hingewiesen werden, dass einerseits die Infrastrukturleistungen – und damit verbundene Darlehensaufnahmen – bei Kleinstgemeinden auf weniger Köpfe aufgeteilt werden können, wodurch eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung entsteht. Andererseits wurden insbesondere bei den Städten verstärkt Schulden und Investitionen in gemeindeeigene Gesellschaften ausgelagert. Gemäß einer Schätzung für den Österreichischen Staatsschuldenausschuss beträgt der außerbudgetäre Schuldenstand der Gemeindegesellschaften (ohne Wien) für das Jahr 2010 rund 7 bis 10 Mrd. Euro. Dieser Betrag läge daher noch deutlich über den bereits erfassten Haftungen.2

2

Vgl. Staatsschuldenausschuss: Bericht über die öffentlichen Finanzen 2011, 2012, S. 153. Schätzung basiert auf einer Rücklaufquote von 14 Prozent bei der Befragung der österreichischen Gemeinden.

8 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

Tabelle 2: Pro-Kopf-Verschuldung nach EW-Klassen 2004 bis 2013 Verschuldung pro Kopf EinwohnerInnenklassen

0 bis 500 EW 501 bis 1.000 EW 1.001 bis 2.500 EW 2.501 bis 5.000 EW 5.001 bis 10.000 EW 10.001 bis 20.000 EW 20.001 bis 50.000 EW 50.001 bis 500.000 EW Gemeinden gesamt

2004

2.570 1.884 1.681 1.556 1.492 1.584 1.694 1.581 1.753

2009

2.943 2.112 1.894 1.650 1.524 1.651 1.709 1.421 1.942

2010

Veränderung 2013

2011

2012

2013

in Euro pro Kopf 2.947 2.940 2.107 2.108 1.922 1.894 1.680 1.654 1.531 1.494 1.649 1.655 1.802 1.765 1.473 1.499 1.961 1.941

2.854 2.045 1.839 1.603 1.428 1.603 1.734 1.511 1.882

2.786 1.995 1.792 1.576 1.378 1.583 1.741 1.577 1.838

Index 2004 = 100

2009 = 100

108 106 107 101 92 100 103 100 105

95 94 95 96 90 96 102 111 95

Quelle: Statistik Austria - Gebarungsdaten der Gemeinden; KDZ - eigene Berechnungen 2014.

Auch nach Bundesländern (Tabelle 3) variiert die Pro-Kopf-Verschuldung. Eine vergleichsweise hohe Pro-Kopf-Verschuldung besteht in Vorarlberg, in Niederösterreich und in Oberösterreich. Unterdurchschnittliche Werte finden sich im Burgenland, in Kärnten und in Salzburg. So ist die Vorarlberger Pro-Kopf-Verschuldung um das 2,4-fache höher als im Burgenland. Diese unterschiedlichen Werte sind auch auf divergierende Entwicklungen beim Schuldenstand zurückzuführen. So reduzierte sich im Burgenland der Schuldenstand seit 2004 deutlich um 19 Prozent, in Kärnten kam es hingegen zu einem Anstieg um 26 Prozent. Tabelle 3: Pro-Kopf-Verschuldung nach Bundesländern 2004 bis 2013 Verschuldung pro Kopf Bundesländer

Burgenland Kärnten Niederösterreich Oberösterreich Salzburg Steiermark Tirol Vorarlberg Bundesländer gesamt

2004

1.390 1.116 2.102 1.800 1.651 1.596 1.589 2.453 1.753

2009

1.309 1.444 2.372 2.170 1.593 1.715 1.748 2.411 1.942

2010

Veränderung 2013

2011

2012

2013

in Euro pro Kopf 1.279 1.224 1.488 1.432 2.403 2.378 2.239 2.244 1.550 1.508 1.709 1.689 1.745 1.692 2.447 2.581 1.961 1.941

1.162 1.434 2.317 2.145 1.495 1.634 1.622 2.601 1.882

1.129 1.406 2.281 2.036 1.436 1.592 1.603 2.695 1.838

Index 2004 = 100

2009 = 100

81 126 109 113 87 100 101 110 105

86 97 96 94 90 93 92 112 95

Quelle: Statistik Austria - Gebarungsdaten der Gemeinden; KDZ - eigene Berechnungen 2014.

In der regionalen Verteilung (Abbildung 2) häufen sich die Gemeinden mit hoher Pro-KopfVerschuldung überwiegend in den weniger dicht besiedelten peripheren Regionen wie beispielsweise im nördlichen Mühlviertel, im niederösterreichischen Waldviertel und den Alpen. Die dichter besiedelten und zumeist größeren Gemeinden in zentralen Lagen weisen großteils eine niedrigere Pro-Kopf-Verschuldung auf. Insbesondere bei den Städten ist jedoch zu

9 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

berücksichtigen, dass die Schulden ausgegliederter Betriebe in der Gemeindefinanzstatistik nicht erfasst werden und in dieser Darstellung folglich nicht berücksichtigt sind.3 Abbildung 2: Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinden 2013

Quelle: Mitterer et.al.: Österreichische Gemeindefinanzen 2015, S. 34.

1.2 Öffentliche Schulden der Gemeindeebene gemäß ESVG Öffentlicher Schuldenstand Mit den Finanzdaten 2013 gilt mit dem ESVG 2010 eine neue statistische Erfassung der öffentlichen Schulden der Gemeindeebene. Öffentliche Schulden sind dabei jene Schulden, welche dem Sektor Staat (staatliche Einheiten) zugeordnet werden. Gegenüber dem bisher geltenden ESVG 1995 kommt es zu einer Verschiebung der Grenzen zwischen Sektor Staat und „nichtstaatlichen“ Einheiten bzw. zwischen Markt- und Nichtmarktproduzenten. So wurde der Begriff des beherrschenden Einflusses neu definiert und es werden nun auch reine Hilfseinrichtungen zum Sektor Staat hinzugezählt. Für die Gemeindeebene bedeutet dies, dass nun v.a. auch diverse Errichtungs- und Betriebsgesellschaften dem öffentlichen Sektor zugeordnet werden. Durch die neue statistische Erfassung gemäß ESVG 2010 hat sich die Anzahl der Gemeindeeinheiten deutlich gegenüber der bisherigen Erfassung gemäß ESVG 1995 erhöht. So waren in der bisherigen Regelung neben den 2.356 Gemeinden bereits 1.316 weitere Einheiten 3

Zur Bildung von Quintilen werden die österreichischen Gemeinden nach der Höhe der Pro-Kopf-Verschuldung geordnet und in fünf gleich große Quintile geteilt. Im 1. Quintil finden sich demnach die 20 Prozent der Gemeinden mit der niedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung.

10 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

(hauptsächlich Gemeindeverbände und Gesellschaften der großen Städte) erfasst. Mit dem ESVG 2010 kamen nun weitere 1.276 Einheiten hinzu.4 Dies hat zur Folge, dass sich auch der Schuldenstand der Gemeindeebene gegenüber der bisherigen Erfassung deutlich erhöht hat. In der nachfolgenden Tabelle 4 wird der öffentliche Schuldenstand des Gesamtstaates den Schulden der Gemeinden bzw. der Gemeindeebene gegenübergestellt. Die Verschuldung des Gesamtstaates gemäß ESVG 2010 hat sich seit 2004 um 67 Prozent erhöht. Demgegenüber stieg die öffentliche Verschuldung der Gemeinden (ohne ausgelagerte Einheiten) mit 26 Prozent in einem vergleichsweise geringen Ausmaß. Die Veröffentlichung der Werte für die Gemeindeebene ohne Wien erfolgt erst seit dem Jahr 2010. Für die Vorjahre wurden von der Statistik Austria keine Daten zur Verfügung gestellt. Von 2010 bis 2013 kam es zu einem Anstieg der Verschuldung auf der gesamten Gemeindeebene (ohne Wien) um 9 Prozent. Hier ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Verschuldung für die im ESVG 2010 neu erfassten ausgegliederten Gesellschaften für die Vorjahre zurückgerechnet wurde und daher keine genaue Erhebung zugrunde liegt. In der Tabelle 4 wird für die Gemeindeebene sowohl der bis zum Jahr 2012 gültige Schuldenstand gemäß ESVG 1995 als auch der ab dem Jahr 2013 gültige und für die Vorjahre rückwirkend erfasste Schuldenstand gemäß ESVG 2010 dargestellt. Demnach erhöhte sich der Schuldenstand 2012 um 2,5 Mrd. Euro gegenüber dem Schuldenstand gemäß ESVG 1995. Für den Österreichischen Stabilitätspakt von Relevanz ist dabei insbesondere die Relation der Verschuldung zum BIP. Bei den Gemeinden zeigt sich in den letzten Jahren ein relativ konstanter Anteil der Gemeinden an der Verschuldung (1,2 bzw. 1,3 Prozent des BIP). Die Gemeindeebene insgesamt weist nach ESVG 1995 einen Anteil von 1,3 bzw. 1,4 Prozent auf, nach ESVG 2010 einen Anteil von 2,1 bzw. 2,2 Prozent. Die gesammtstaatliche Verschuldung hingegen hat deutlich zugenommen und ist von 2004 auf 2013 von 64,8 Prozent auf 81,2 Prozent des BIP gestiegen. Tabelle 4: Gesamtwirtschaftlicher und kommunaler Schuldenstand gemäß ESVG, 2004 bis 2013 Gesamtwirtschaftlicher und kommunaler öffentlicher Schuldenstand 2004 Öffentlicher Schuldenstand Gesamtstaat gemäß ESVG 2010

2004 = 100

2009 = 100

in Mio. Euro 156.501 228.166 242.442 253.293 259.263 261.978

167

115

126

113

Gemeinden laut ESVG 2010 (ohne Wien) in Prozent des BIP 1)

Gemeindeebene laut ESVG 2010 (ohne Wien) in Prozent des BIP

82,4%

82,1%

81,7%

81,2%

3.141

3.525

3.723

3.848

3.775

3.966

1,3%

1,2%

1,3%

1,2%

1,2%

1,2%

6.484

6.742

6.775

2,2%

2,2%

2,1%

3.900

4.170

4.310

4.260 -

1,4%

1,4%

1,4%

1,3% -

k.A. -

k.A. -

2012

79,7%

k.A.

2)

in Prozent des BIP

2011

64,8%

-

Gemeindeebene laut ESVG 1995 (ohne Wien)

2010

Index

2013

in Prozent des BIP

2009

Veränderung 2013

7.086 -

-

2,2%

-

-

Quelle: Statistik Austria; KDZ - eigene Berechnungen 2014. Anmerkung: 1) Berechnungstand 30.09.2014. 2) Berechnungstand 30.09.2013. (beides budgetäre Notifikationen) k.A. = keine Werte verfügbar

Öffentliches Defizit 4

Vgl. Statistik Austria: Übersicht über die Einheiten des Öffentlichen Sektors gemäß ESVG - Stand September 2014. www.statistik.at.

11 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

Die zweite wesentliche Maßzahl der öffentlichen Verschuldung ist das „Maastricht-Defizit” – auch öffentliches Defizit genannt – (gegebenenfalls auch ein Überschuss). Auch für diese Berechnung findet das neue ESVG 2010 seine Anwendung. Es drückt die Entwicklung der Finanzkraft der Verwaltungen ohne Eigenbetriebe (ausgenommen die Zuschüsse an oder die Ablieferungen von diesen) aus und stellt die Neuverschuldung (gegebenenfalls auch eine Entschuldung) der öffentlichen Haushalte ohne den Unternehmensbereich (Eigenbetriebe) nach Vornahme der Investitionen und Investitionsförderungen dar. Auch hier wird die Gemeindeebene insgesamt – inkl. relevante Gemeindeverbände und gemeindeeigene Gesellschaften – dargestellt. Über den gesamten Betrachtungszeitraum von zehn Jahren wurde ein gesamtstaatliches öffentliches Defizit erwirtschaftet. 2009 und 2010 war das Defizit aufgrund der ungünstigen konjunkturellen Lage trotz strengerem Österreichischen Stabilitätspakt besonders negativ und ist 2011 und 2012 wieder besser geworden. In den Jahren zuvor bestand regelmäßig ein stärkeres Defizit. Im Jahr 2013 lag das Defizit nur bei 1,5 Prozent. In Abbildung 3 werden die Maastricht-Ergebnisse nach Gebietskörperschaften von 2004 bis 2013 gezeigt. Es ist zu sehen, dass vor allem das Maastricht-Ergebnis des Bundes stärkeren Schwankungen unterworfen ist und insgesamt deutlich negativer ausfällt als jenes der Länder und Gemeinden. Das insgesamt schwache Ergebnis der Jahre 2009 und 2010 (Defizit von -5,3 bzw. -4,5 Prozent) wurde von allen Gebietskörperschaften (mit Ausnahme der Sozialversicherungsträger) mitbegründet. Seit 2011 kommt es bei sämtlichen Gebietskörperschaften zu einer Verbesserung, wobei die Gemeinden nach den beiden negativen Jahren 2009 und 2010 wieder positive Ergebnisse erwirtschaften. Abbildung 3: Öffentliches Defizit nach Teilsektoren des Staates 2004 bis 2013

2004

2009

2010

2011

2012

2013

1,0%

Defizit (-) / Überschuss (+) in Prozent des BIP

0,0%

-1,0%

-2,0%

-3,0%

Bundessektor Landesebene (ohne Wien) Gemeindeebene (mit Wien) (bis 2009)

-4,0%

Wien (ab 2010) Gemeindeebene (ohne Wien) (ab 2010) Sozialversicherungsträger

-5,0% Quelle: Statistik Austria, Budgetäre Notifikation. Daten gemäß ESVG 2010. Bundesländer einschließlich außerbudgetärer Einheiten. Landeskammern sind den einzelnen Bundesländern zugeordnet. Berechnungsstand 30.09.2014. KDZ - eigene Berechnungen 2014.

12 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

2

Investitionstätigkeit und Investitionsrückstau

Die tatsächlich getätigten Investitionen geben noch keinen Hinweis hinsichtlich des Investitionsbedarfs. So bleibt offen, ob die erfolgten Investitionen ausreichen, um die kommunale Infrastruktur entsprechend zu erhalten bzw. auszubauen. Die Lücke zwischen Investitionsbedarf und tatsächlich getätigten Investitionen wird auch Investitionsstau genannt. Dies bedeutet, dass dringend notwendige Investitionen nicht getätigt werden. Wie hoch der investitionsstau bei Österreichs Gemeinden ist, lässt sich jedoch nicht beantworten, da es hierzu keine entsprechenden Untersuchungen gibt. Dennoch weisen einige Fakten darauf hin, dass ein bedeutender Investitionsstau im Bereich der kommunalen Infrastruktur besteht. Zum einen ist ein kontinuierlicher Rückgang der Investitionen der Gemeinden erkennbar. Betrachtet man die Summe der Investitionen gemäß Rechnungsabschlüssen zeigt sich ein klarer Abwärtstrend bei den Investitionen. Die Investitionen sanken 2013 um 9 Prozent gegenüber dem Jahr 2004 und um 8 Prozent gegenüber dem Jahr 2009. Insbesondere in den Jahren 2010 und 2011 zeigten sich Einbrüche aufgrund der Wirtschaftskrise. Im Jahr 2012 gab es gegenüber dem Jahr 2011 erstmals ein Plus von knapp 10 Prozent. Insgesamt wurde 2013 aber nur der Wert aus dem Jahr 2010 erreicht. Der langfristige Trend, nachdem die Gemeindeinvestitionen der öffentlichen Haushalte zurückgehen, ist damit nicht gebremst. Abbildung 4: Entwicklung der Gemeindeinvestitionen 2004 bis 2013 2.500

100

114

236 248

in Mio. Euro

2.000

119 253

230

72 198 210

1.500

1.000

80

131

2.058

1.945 1.593

1.448

1.578

1.713

500

0 2004

2009

2010

2011

2012

2013

Erwerb von unbeweglichem Vermögen

Erwerb von beweglichem Vermögen

Erwerb von aktivierungsfähigen Rechten

Erwerb von Beteiligungen und Wertpapieren

Quelle: Statistik Austria - Gebarungsdaten der Gemeinden; KDZ - eigene Berechnungen 2014.

Dieser offensichtliche Rückgang der Gemeindeinvestitionen ist jedoch unter dem Blickwinkel der in den letzten Jahren erfolgten Aus- und Umgliederungen kommunaler Aufgaben zu sehen. Kosten und Finanzierungen kommunaler Aufgaben, die von privaten Unternehmungen oder dem privaten Sektor zugerechneten öffentlichen Unternehmungen getätigt werden, sind nicht in den Gemeindehaushalten ausgewiesen und werden daher statistisch nicht erfasst. Somit sind die in den Gemeindehaushalten zu erkennenden Investitionsrückgänge nur zum Teil auf eine verringerte kommunale Investitionstätigkeit zurückzuführen, welche sich vielmehr in 13 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

ausgegliederte Gesellschaften verlagert hat. Nach einer Erhebung für den Österreichischen Staatsschuldenausschuss für das Jahr 2010 beläuft sich das geschätzte außerbudgetäre Investitionsvolumen der Gemeindegesellschaften (ohne Wien) für das Jahr 2010 zwischen 1,2 und 1,6 Mrd. Euro. Damit würden sich die Gemeindeinvestitionen verdoppeln.5 Der Rückgang der Investitionen dürfte nicht zuletzt auf die enger werdenden finanziellen Spielräume der Gemeinden zurückzuführen sein. Eine Umfrage des Gemeindebundes legt den Schluss nahe, dass eine Haushaltskonsolidierung auch über die Nichtdurchführung von Investitionen getätigt wird, wobei insbesondere bei Neuinvestitionen gespart wird. Abbildung 5: Bereiche, in denen in den nächsten Jahren Einsparungen erfolgen werden 0%

20%

bei Neuinvestitionen

38,6

bei Sanierungen

bei laufenden Gemeindeaufgaben

40%

14,6

5,7

große Einsparungen

60%

80%

41,8

50,4

100%

19,6

35

60,7

kleine Einsparungen

Prozent

33,7

keine Einsparungen

Quelle: Kommunalnet: Kommunalbarometer 2014, S. 15. Eine konkrete Erhebung zum Investitionsrückstau in Österreichs Gemeinden fehlt hingegen. In Deutschland beispielsweise wird jährlich im Rahmen einer breit angelegten Umfrage6 auch die Eckpunkte des Investitionsstaus abgefragt. So werden jene Bereiche abgefragt, in welchen ein Investitionsrückstau besteht und auch die Höhe des Rückstaus erhoben. Eine entsprechende Befragung bei Österreichs Gemeinden könnte erste Schätzzahlen zum tatsächlichen Investitionstau geben.

5

6

Vgl. Staatsschuldenausschuss: Bericht über die öffentlichen Finanzen 2011, 2012, S. 153. Schätzung basiert auf einer Rücklaufquote von 14 Prozent bei der Befragung der österreichischen Gemeinden. KfW-Kommunalpanel 2014.

14 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

3

Ökonomische Argumentarien

In den bisherigen Darstellungen ist ersichtlich, dass die Verschuldung in den letzten Jahren tendenziell laufend ansteigt und dass es mehrere Gemeinden mit einer besonders hohen Verschuldung gibt. Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern Entschuldungsprogramme auch ökonomisch sinnvoll sind. Arten von Hilfsmaßnahmen Hilfsmaßnahmen können dabei an verschiedenen Ebenen ansetzen:7 Einmalige Krisenhilfe („Entschuldungsprogramme“): zur Bewältigung von Altlasten – kombiniert mit eigenen Konsolidierungsanstrengungen der Gemeinden; Strukturelle Verbesserung der Finanzausstattung: verbesserte – auch aufgabenorientierte – Finanzausstattung über den Finanzausgleich, Verringerung der Transferlast der Gemeinden; Haushaltskontrolle: präventive Beobachtung zwecks frühzeitigem und striktem Eingreifen zur Vermeidung neuer Haushaltsschieflagen. Gründe für und gegen Entschuldungsprogramme Gründe für Entschuldungsprogramme Gemäß Boettcher8 besteht durchaus eine ökonomische Begründbarkeit für Entschuldungsprogramme. Dabei werden insbesondere die folgenden drei Argumente genannt: Durch Bund und Länder eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden: Gemeinden sind in ihrer Gestaltungsmöglichkeit nicht uneingeschränkt, sondern werden von bundes- und landesgesetzlichen Vorgaben eingeschränkt. Daraus ist eine Begrenzung des finanzwirtschaftlichen Selbsthaftungsprinzipes ableitbar. Dies trifft insbesondere bei einer fehlenden institutionellen Kongruenz zu (daher Entscheidungs-, Durchführungs- und Finanzierungskompetenz liegt nicht in einer Hand). Durchbrechung eines finanzpolitischen Gefangenendilemmas: Befindet sich eine Gemeinde bereits in einer schwerwiegenden Haushaltsnotlage ist es zwar ökonomisch klar, dass die Verschuldung zurückzuführen ist. Allerdings ist ein Sparkurs oftmals mit hohen politischen Kosten (Gefahr des Verlustes an WählerInnenstimmen) verbunden, weshalb die betroffenen politischen Akteurinnen und Akteure zumeist die Strategie der Problemvertagung anwenden. Dieses Gefangenendilemma lässt sich durch eine vorübergehende externe Hilfe durchbrechen. Vermeidung externer Effekte: Existiert eine Haushaltsnotlage bei großen Städten mit zahlreichen zentralörtlichen Funktionen, besteht im Falle von Leistungskürzungen die Gefahr von negativen Wirkungen auf den mitversorgten Raum. Werden Leistungen reduziert oder sogar eingestellt, sind kleinere Städte gezwungen, die entsprechenden Leistungen selbst bereitzustellen. Dies kann sowohl zu einer Überanspruchung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit als auch zu Ineffizienzen in der Leistungserstellung und -versorgung führen.

7 8

Vgl. Holler: Kommunale Entschuldungsfonds, 2012, S. 11. Vgl. Boettcher: Finanzhilfen für Kommunen, 2012, S. 2 f.

15 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

Hinsichtlich des Handlungsspielraumes der österreichischen Gemeinden ist darauf hinzuweisen, dass dieser teils deutlich eingeschränkt ist. So können rund 60 Prozent der laufenden Einnahmen von den Gemeinden nicht (bzw. in nur geringem Maße) beeinflusst werden. Dies betrifft die Ertragsanteile mit 38,5 Prozent sowie die eigenen Steuern mit 21,1 Prozent.9 Hinzu kommen 8,2 Prozent an laufenden Transfereinnahmen, welche auch in hohem Maße von landesgesetzlichen Vorgaben abhängen. Auf der anderen Seite kann auch ein Drittel der laufenden Ausgaben (32,2 Prozent laufende Transferausgaben, d.h. Umlagen) von den Gemeinden nicht beeinflusst werden. Ein weiteres ökonomisches Argument ist die Notwendigkeit einer ausreichenden Infrastrukturfinanzierung. Bei einer hohen Verschuldung bzw. engen finanziellen Spielräumen stellt sich die Frage, inwiefern die vorhandene kommunale Infrastruktur ausreichend erhalten wird oder ob ein Investitionsrückstau besteht. Da es hierzu keine entsprechende Studie für die österreichischen Kommunen gibt, kann hierzu jedoch keine Aussage getroffen werden. Es ist jedoch – insbesondere auch vor dem Hintergrund rückläufiger kommunaler Investitionen10 – davon auszugehen, dass tendenziell ein steigender Investitionsrückstau11 besteht. Gründe gegen Entschuldungsprogramme Gegen finanzielle Hilfen spricht insbesondere das Argument, dass dies ein Verstoß gegen das kommunale Selbsthaftungsprinzip darstellt. So besteht die Gefahr von Moral-hazard-Risiken. Dieser Begriff umschreibt die Gefahr einer ungewünschten Verhaltensänderung als Folge einer – vermeintlichen oder tatsächlichen – Versicherung gegen ein Risiko. Durch Entschuldungsprogramme könnte daher ein Anreiz ausgehen, übermäßige Risiken einzugehen, da im Schadensfall dieser von der Solidargemeinschaft übernommen werden müsste (Effektivitätsrisiko). Dieses Risiko ist umso höher, desto weniger Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlanreizen bestehen. Daneben besteht jedoch auch ein Effizienzrisiko, wenn die externen Finanzhilfen anstatt eigener Konsolidierungsanstrengungen verwendet werden. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn es sich um eine voraussetzungsfreie, ausschließlich belastungsabhängige Hilfsgewährung handelt. Ausgestaltung von Entschuldungsprogrammen Die mit Entschuldungsprogrammen verbundenen Risiken verdeutlichen, dass der Erfolg eines Programmes auch von der Ausgestaltung desselben abhängt. Um Fehlanreize zu vermeiden, sind dabei mehrere Möglichkeiten denkbar:12 Ansätze zur Vermeidung von Fehlanreizen: Abschreckende Wirkungen haben insbesondere zwei Aspekte: - Einschränkung der finanzpolitischen Selbstständigkeit: z.B. Knüpfung der Hilfen an Vorgaben der Haushaltsführung, Konsolidierungsauflagen, Einsetzung eines staatlich Beauftragten bis hin zur Zwangsfusion. - Spürbare Kostenbeteiligung der Kommune: z.B. Leistungskürzungen, Abgabenerhöhungen, Lohn- und Gehaltskürzungen bzw. Personalabbau.

9

Werte jeweils für 2012. Vgl. Mitterer et.al.: Österreichische Gemeindefinanzen 2003 bis 2012, 2014, S. 20. Vgl. Mitterer et.al.: Österreichische Gemeindefinanzen 2003 bis 2012, 2014, S. 32 f. Die Investitionen 2012 liegen um etwa ein Viertel unter den Investitionen im Jahr 2003. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch der steigende Anzahl an Investitionen in ausgegliederten Unternehmen. 11 Siehe zum Thema Investitionsrückstau in Deutschland Dedy: Finanzierung städtischer Infrastruktur, 2013. 12 Vgl. Boettcher: Finanzhilfen für Kommunen, 2012, S. 4 ff. 10

16 03.03.15


NOTWENDIGKEIT DER ENTSCHULDUNG UND KONSOLIDIERUNG VON GEMEINDEN

Strategien der Verhaltenssteuerung bzw. -begrenzung: Grundsätzlich können hier drei Strategien unterschieden werden: - Steuerung durch Zielvorgaben: z.B. Ge- und Verbote, konkrete Ziele; - Steuerung durch Prozessvorgaben: auch der Weg zur Zielerreichung wird vorgegeben; - Steuerung durch Institutionen: Bei komplexen Fragestellungen verbleiben Regelungslücken, welche durch Institutionen (z.B. Aufsichtsbehörde) gedeckt werden müssen. Hier besteht jedoch das Problem der politischen Einflussnahme, weshalb diese Steuerung nur ergänzend sein soll. Ausgestaltungsoptionen anreizkonformer Finanzhilfen: - Institutionelle Elemente sollen so weit wie möglich zugunsten einflussresistenter regelbasierter Governance-Strategien zurückgedrängt werden. Diese umfassen eindeutige Verhaltensvorgaben, wirksame Überwachung der Regeleinhaltung und glaubwürdige sowie abschreckende Sanktionsfolgen. - Monetäre Sanktionen können einerseits in einer Reduzierung von Mittelzuweisungen bzw. Auferlegung von Strafzahlungen, andererseits durch die Anhebung kommunaler Abgaben bzw. die Reduzierung lokaler Leistungen bestehen. Bei der Ausgestaltung kurzfristiger Krisenhilfen sollten dabei nach Holler13 mehrere Anforderungen berücksichtigt werden. So sollte in erster Linie der Haushaltsausgleich und erst in zweiter Linie ein Schuldenabbau verfolgt werden. Die Auswahl der Empfänger und die Verteilung der Mittel sollte anhand eindeutiger – vergangenheitsbezogener – Indikatoren erfolgen. Die Mittelvergabe sollte weiters in Verbindung mit lückenlosen und konsensfähigen Verhaltensvorgaben erfolgen. Die Überwachung sollte wirksam und indikatorengestützt sein und es sollte auch Sanktionen bei Nichterreichung der Zielvorgaben geben.

13

Vgl. Holler: Kommunale Entschuldungsfonds, 2012, S. 17.

17 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

III Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme in Deutschland Aufgrund der – teils – dramatischen Situation der kommunalen Finanzsituation in Deutschland ist die Implementierung von Entschuldungsprogrammen notwendig geworden. Insbesondere dort, wo hohe Kassenkreditbestände (Liquiditätskredite) bestehen, sind konkrete Maßnahmenpakete für eine Entschuldung von Kommunen beschlossen oder in der Umsetzung.14 Nachfolgend werden vier Konsolidierungsprogramme exemplarisch dargestellt.

1

Ausgewählte Programme im Detail

1.1

Hessen

Das Hessische kommunale Schutzschirmgesetz wurde im Jahr 2012 im Landtag beschlossen. Der kommunale Schutzschirm ist ein Entschuldungsfonds, in den defizitäre Kommunen unter bestimmten Umständen einen Teil ihrer Altschulden einbringen können. Die in den Entschuldungsfonds eingebrachten Schulden (Investitions- und Kassenkredite) sind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Bilanz der Kommunen angeführt. Die Darlehenstilgung übernimmt das Land, den Zinsendienst müssen weiterhin die Kommunen leisten. Abbildung 6: Zinshilfe für abgelöste Darlehen

Quelle: www.kommunalerschutzschirm.net.

Das Ziel des Schutzschirms ist die Wiederherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit in konsolidierungsbedürftigen Landkreisen, Städten und Gemeinden. Dabei soll den Kommunen durch die sofortige partielle Entschuldung sowie durch Zinsdiensthilfen und den damit verbundenen sinkenden Zinsaufwendungen geholfen werden. Das Land Hessen bedient sich dazu der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank), die die Investitions- und 14

vgl. Frischmuth: Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme, 2013, S. 2 ff.; vgl. Holler: Kommunale Entschuldungsfonds, 2012, S. 3 ff. vgl. Boettcher: Finanzhilfen für Kommunen, 2012, S. 1 f.

18 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

Kassenkredite ablöst. Die WIBank refinanziert sich auf dem Finanzmarkt. Der Zeitraum der Refinanzierung beträgt 30 Jahre. Das Land übernimmt die Tilgung und zahlt der WIBank jährlich 1/30 der ursprünglichen Darlehenssumme. Weil mit der längeren Laufzeit auch höhere Zinsen verbunden sind, gewährt das Land Hessen neben der Entschuldungshilfe auch Zinsdiensthilfen. Einen Prozentpunkt Zinsverbilligung bringt das Land 30 Jahre lang auf. Auf Antrag gibt es für die ersten 15 Jahre einen weiteren Prozentpunkt und für die restlichen 15 Jahre einen halben Prozentpunkt. Um unter den Schutzschirm zu kommen, werden als Indikator für eine besonders schlechte Haushalts- und Verschuldungslage einer kreisangehörigen Gemeinde oder einer kreisfreien Stadt drei Kriterien herangezogen: Entweder die Kommune hatte im Durchschnitt der Jahre 2009 und 2010 Kassenkreditschulden von mehr als 1.000 Euro pro EinwohnerIn (jeweils gemessen zu den Stichtagen 31.12.2009 und 31.12.2010); Oder sie hatte im Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2009 ein negatives Ordentliches Ergebnis und Kassenkredite von mehr als 470 Euro (wiederum im Durchschnitt der Stichtage 31.12.2009 und 31.12.2010) je EinwohnerIn; Als dritte Kategorie sind Städte und Gemeinden als konsolidierungsbedürftig bezeichnet worden, die zwar keine Kassenkredite, aber ein negatives Ordentliches Ergebnis von mehr als 200 Euro pro EinwohnerIn im Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2009 hatten. Nicht teilnehmen dürfen Städte und Gemeinden, die in den Jahren 2005 bis 2009 mindestens dreimal die Mindestschlüsselzuweisungen15 erhalten haben, auch wenn die anderen Bedingungen zutreffen sollten. Die Zahlen werden aus der amtlichen Statistik des Hessischen Statistischen Landesamtes abgeleitet. Anhand dieser Berechnungen wurden für das Land Hessen 106 Kommunen als besonders konsolidierungsbedürftig eingestuft. Da die Teilnahme am kommunalen Schutzschirm freiwillig ist, haben 102 der 106 Kommunen einen Teilnahmeantrag gestellt. Von den 102 Antragstellern haben 100 Kommunen einen Vertrag mit dem Land Hessen unterzeichnet. Dies entspricht rund einem Viertel der hessischen Kommunen. Durch die Vereinbarung mit dem Land verpflichten sich Schutzschirmkommunen ihren Haushalt im Ordentlichen Ergebnis schnellstmöglich und anschließend dauerhaft jahresbezogen auszugleichen. Eine teilnehmende Kommune wird im Gegenzug beachtliche Teile der Schulden los und bekommt über die Dauer der Zinsbindungsfrist ein niedriges Zinsniveau garantiert. Bereits bei der Antragstellung müssen Kommunen konkrete Maßnahmen nennen, wie der Haushaltsausgleich erreicht werden soll. Grundsätzlich kann dies über höhere Erträge (z.B. höhere Steuern, Gebühren und Beiträge) aber auch über reduzierte Ausgaben (z.B. Reduzierung von Personal- und Sachkosten) erfolgen. Die Einhaltung der Vereinbarung wird durch die Aufsichtsbehörden überwacht. Bei Nichteinhaltung des Vertrages können Zwangsmaßnahmen gemäß der Gemeindeordnung (z.B. Bestellung eines Beauftragten, der alle oder einzelne Aufgaben der Gemeinde wahrnimmt) ergriffen werden, sowie die Entschuldungshilfe und die Zinsdiensthilfen für die Zukunft eingestellt und für die Vergangenheit rückabgewickelt werden. 15

Kreisangehörige Gemeinden erhalten in Hessen jährliche Schlüsselzuweisungen. Die Höhe bemisst sich für die einzelne Gemeinde im Verhältnis zu anderen Gemeinden nach ihrer Steuerkraft und ihrer auf den Einwohner bezogenen durchschnittlichen Aufgabenbelastung; besondere zentralörtliche Funktionen werden berücksichtigt.

19 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

Insgesamt stellt das Land Hessen 2,8 Mrd. Euro zur Tilgung kommunaler Darlehen aus Landesmitteln zur Verfügung. Im Unterschied zu den Programmen anderer Länder müssen die hessischen Gemeinden keinen finanziellen Beitrag zum Schutzschirm leisten. Zusätzlich zur Tilgung werden vom Land 400 Mio. Euro für Zinsdiensthilfen bereitgestellt. Für Städte und Gemeinden, die am Schutzschirm teilnehmen, übernimmt das Land 46 Prozent des Betrages der an das Hessische Statistische Landesamt gemeldeten Kreditmarktschulden und Kassenkredite der Kernhaushalte, die zum 31.12.2009 bestanden haben.16 1.2

Nordrhein-Westfalen

Das Land Nordrhein-Westfalen stellt in den Jahren 2011 bis 2020 Gemeinden – im Rahmen des Stärkungspaketes Stadtfinanzen – Konsolidierungshilfen zur Verfügung. Das Ziel des Programms ist es, den Gemeinden in einer besonders schwierigen Haushaltssituation den nachhaltigen Haushaltsausgleich zu ermöglichen. Für überschuldete oder von Überschuldung bedrohte Kommunen stehen im Rahmen des Programms Konsolidierungshilfen in der Höhe von insgesamt rund 5,85 Mrd. Euro zur Verfügung. Diese setzen sich folgendermaßen zusammen: Land 3,5 Mrd. Euro: In den Jahren 2011 bis 2020 werden vom Land jeweils 350 Mio. Euro pro Jahr bereitgestellt. Gemeinden Vorwegabzug Finanzausgleich 2,26 Mrd. Euro: Zusätzlich bestehen Komplementärmittel durch einen Abzug bei der Finanzausgleichsmasse der Gemeinden von 65 Mio. Euro im Jahr 2012, 115 Mio. Euro im Jahr 2013 und 297 Mio. Euro von 2014 bis 2020. Gemeinden Solidaritätsumlage 91 Mio. Euro: Die Solidaritätsumlage wird von jenen Gemeinden erbracht, bei denen die Steuerkraftmesszahl die Ausgangsmesszahl im aktuellen Jahr übersteigt und in mindestens zwei der vier vorangegangenen Jahre überstiegen hat. Gemeinden, die am Stärkungspaket teilnehmen, werden nicht zur Solidaritätsumlage herangezogen. In der ersten Stufe des Sanierungsplans möchte das Land in besonders dringlichen Fällen vorgehen. 34 Kommunen, die akut von Überschuldung betroffen (2010) sind bzw. bei denen eine Überschuldung (mittelfristig 2011-2013) zu erwarten war, wurden ab dem Jahr 2011 mit finanziellen Mitteln bei der Haushaltskonsolidierung unterstützt. Für diese Gemeinden ist die Teilnahme am Stärkungspakt verpflichtend. In einer zweiten Stufe werden seit dem Jahr 2012 27 weitere Kommunen in den Konsolidierungspakt einbezogen, bei denen die Haushaltsdaten 2010 eine Überschuldung in den Jahren 2014 bis 2016 erwarten lassen. Die Teilnahme an der zweiten Stufe ist freiwillig und kann von den Gemeinden beantragt werden. Grundsätzlich unterliegen auf Antrag teilnehmende Gemeinden den gleichen Verpflichtungen wie pflichtig teilnehmende Gemeinden.

16

Vgl. Landesregierung Hessen: Schutzschirmgesetz, 2012 Vgl. Hessisches Ministerium der Finanzen: Kommunaler Schutzschirm, 2013 Vgl. http://www.wibank.de/de/Downloads Fragen und Antworten zum kommunalen Schutzschirm Hessen, (aufgerufen am 12.3.2014) Vgl. www.kommunalerschutzschirm.net Was genau ist der Schutzschirm?, (aufgerufen am 12.3.2014) Vgl. Beck, Weber: Kommunale Entschuldungsprogramme der Bundesländer, 2013, S. 12 ff. Vgl. Wohltmann: Länderprogramme zur (Teil-)Entschuldung der Kommunen, 2013, S. 350 ff.

20 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

Abbildung 7: Stufen des Konsolidierungspakts

Quelle: Timm-Arnold: Nachhaltige Konsolidierung, 2014, S. 5 f.; KDZ: eigene Darstellung 2014.

Im Gegenzug zur Sanierungshilfe müssen die Empfängergemeinden einen jährlichen Haushaltssanierungsplan vorlegen. Der kommunale Haushalt muss mit dem Geld aus dem Stärkungspakt innerhalb von fünf Jahren (Stufe 1) bzw. sieben Jahren (Stufe 2) ausgeglichen sein. Bis spätestens zum Jahr 2020 muss ein Haushaltsausgleich erreicht werden. Dazu werden mit den Kommunen individuelle Konsolidierungsvereinbarungen abgeschlossen. Die Einhaltung des Haushaltssanierungsplans wird von der Bezirksregierung (Kommunalaufsicht) überwacht. Von den Gemeinden kann eine Sanierungsberatung, welche von der GPA (Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen) angeboten wird, in Anspruch genommen werden. Dabei werden Beratungs- und Unterstützungsleistungen angeboten. Es besteht eine klare Rollenteilung zwischen Kommunalaufsicht (Entscheidung) und GPA NRW (Beratung). Abbildung 8: Ablauf eines Konsolidierungsvorhabens

Quelle: Timm-Arnold: Nachhaltige Konsolidierung, 2014, S. 7.

Kommt eine Gemeinde ihren Pflichten nicht nach, weicht sie vom Sanierungsplan ab oder werden deren Ziele aus anderen Gründen nicht erreicht, wird der Gemeinde eine angemessene

21 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

Frist gesetzt, um die Ziele des Sanierungsplans einzuhalten. Ergreift eine Kommune diese Maßnahmen nicht, ist durch das zuständige Ministerium ein Beauftragter („Sparkommissar“) gemäß Gemeindeordnung zu bestellen. Ab Ende 2013 wird der bisherige Erfolg des Programms evaluiert. Dabei wird die Möglichkeit geprüft weitere Gemeinden, deren Haushaltsdaten des Jahres 2010 den Eintritt der Überschuldung in den Jahren 2017 bis 2020 erwarten lassen, Konsolidierungshilfen aus den Mitteln zur Verfügung zu stellen, die für den Haushaltsausgleich der bereits teilnehmenden Gemeinden nicht mehr benötigt werden.17

1.3

Rheinland-Pfalz

Im Land Rheinland-Pfalz wurde ein kommunaler Entschuldungsfonds zum 1.1.2012 gegründet. Dieser soll für die Dauer von 15 Jahren bis zum 31.12.2026 betrieben werden. Mit Hilfe des Fonds sollen die Liquiditätskredite der Kommunen in der Höhe von 4,6 Mrd. Euro, zum Stand 31.12.2009, aller teilnehmenden Gemeinden um zwei Drittel reduziert werden. Daraus errechnet sich eine geplante Tilgung von rund 3,1 Mrd. Euro. Zuzüglich der Zinsen von etwa durchschnittlich drei Prozent über einen Zeitraum von 15 Jahren ergibt dies ein Gesamtvolumen des Entschuldungsfonds von 3,825 Mrd. Euro. Das entspricht einem jährlichen Schuldendienst von 255 Mio. Euro. Der Fonds finanziert sich zu einem Drittel (1.275 Mrd. Euro) durch das Land, einem weiteren Drittel durch einen Solidarbeitrag der Kommunen und einem Drittel durch eigene Mittel der teilnehmenden Gemeinden. Das Land Rheinland-Pfalz hat zum 1.1.2012 den Entschuldungsfonds gegründet und mit eigenen Mitteln zu einem Drittel finanziert. Aufgabe des Fonds ist es, den teilnehmenden Gemeinden jährliche Zuweisungen zum Kapitaldienst für die Liquiditätskredite zu leisten und die dafür notwendigen Mittel zu vereinnahmen. Die Kommunen leisten einen Solidarbeitrag zum Entschuldungsfonds in der Höhe von einem Drittel des Gesamtvolumens. Der Solidarbeitrag wird aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs finanziert, indem jährlich bis zu 85 Mio. Euro dem Entschuldungsfonds zur Verfügung gestellt werden. Die teilnehmenden Gemeinden verpflichten sich im Rahmen individuell vereinbarter Maßnahmen zu tiefgreifenden Konsolidierungsschritten, um die Ausgaben zu senken und die Einnahmen zu erhöhen. Die damit frei werdenden Finanzmittel sind als Anteil der Kommunen für den Entschuldungsfonds vorgesehen und betragen rund ein Drittel des Gesamtvolumens. Die Drittelbeiträge des Landes, des kommunalen Finanzausgleichs und der Kommunen fließen in den Fonds, der die Entschuldungshilfen an die teilnehmenden Kommunen leistet, solange die vereinbarten Konsolidierungsmaßnahmen durchgeführt bzw. erfüllt werden. Über die Laufzeit sollen mindestens 80 Prozent der Jahresleistungen aus dem Entschuldungsfonds zur Tilgung der Liquiditätskredite verwendet werden. Daraus folgt, dass maximal 20 Prozent zur Finanzierung der Zinsen herangezogen werden können.

17

Vgl. Landesregierung Nordrhein-Westfalen: Stärkungspaktgesetz, 2011 Vgl. Beck, Weber: Kommunale Entschuldungsprogramme der Bundesländer, 2013, S. 12 ff. Vgl. Wohltmann: Länderprogramme zur (Teil-)Entschuldung der Kommunen, 2013, S. 350 ff.

22 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

Abbildung 9: Kommunaler Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz

Quelle: Homepage Rheinland-Pfalz, 2014.

Grundsätzlich fallen die Entlastungswirkungen des Entschuldungsfonds zwischen den Kommunen aufgrund der verschiedenen Verteilung der Liquiditätskredite unterschiedlich aus. Eine Gleichverteilung der Entlastung je EinwohnerIn wird hierbei nicht angestrebt. Jede Kommune entscheidet selbstständig ob und inwieweit sie am Entschuldungsfonds teilnimmt. Bei einer Beteiligung wird die Einhaltung und Umsetzung der vereinbarten Konsolidierungsmaßnahmen durch die Kommunalaufsicht begleitet. Für die notwendigen Konsolidierungsanstrengungen gelten folgende Anforderungen und Bedingungen: Die eigenen Ertragsquellen müssen ausgeschöpft werden. Es muss der Nachweis erbracht werden, dass Vermögensveräußerungen (z.B. kommunale Unternehmen, Wertpapiere, Grundstücke etc.) nicht möglich oder unwirtschaftlich sind bzw. die Daseinsvorsorge gefährden. Bei den Krediten sind Optimierungsmaßnahmen (z.B. verbessertes Kreditmanagement) zu prüfen und umzusetzen. Aufwendungen und Auszahlungen müssen sich auf unbedingt notwendige Verpflichtungen beschränken. Neue Investitionen müssen sich auf unbedingt notwendige Vorhaben beschränken und sind zeitlich zu strecken. Die Personalausgaben sind auf den unbedingt notwendigen Bedarf zu beschränken. Im Bereich des Energiemanagements sind Optimierungsmöglichkeiten zu prüfen und umzusetzen. 23 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

Zur Förderung des Konsolidierungsprozesses wird die Einführung von standardisierten Kennzahlenvergleichen (Benchmarking) durch die teilnehmenden Kommunen angestrebt. Folgende Kennzahlen sind dabei mindestens vorgesehen: Einnahmen aus Realsteuern in Euro pro EinwohnerIn; Sozialausgaben nach Arten in Euro pro EinwohnerIn; Schulausgaben nach Arten in Euro pro EinwohnerIn; Personalausgaben nach Arten in Euro pro EinwohnerIn; Zinsausgaben in v.H. der Schulden und in Euro pro EinwohnerIn; Finanzierungssaldo. In Rheinland-Pfalz wird eine mögliche Kündigung bzw. Aussetzung des Konsolidierungsvertrages individuell im Vertrag zwischen Land und Kommune geregelt. Der Mustervertrag des Landes sieht dabei Folgendes vor: Wird der kommunale Konsolidierungsbeitrag nicht realisiert und zwischen Kommune und Aufsichtsbehörde keine Einigung über einen nachträglichen Ausgleich erzielt, kann der Konsolidierungsvertrag nach Anhörung der Kommune vom Land ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Bei einer Kündigung werden für das laufende Jahr offene Bewilligungsmittel des Landes nicht mehr ausbezahlt. Weiters besteht die Möglichkeit der Rückforderung bereits ausbezahlter Entschuldungshilfen. Statt einer Kündigung besteht einmalig auch die Möglichkeit den Vertrag für ein Jahr auszusetzen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Gemeinde nach dieser Frist den Konsolidierungsbeitrag wieder erbringt. Die Umsetzung des Entschuldungsfonds hat planmäßig im Jahr 2012 begonnen. Von 2.493 Kommunen nehmen 1.108 am Entschuldungsfonds teil. Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz stellt in seinem Kommunalbericht 2013 fest, dass im Jahr 2012 rechnerisch für die Kommunen eine Gesamttilgung von 192 Mio. Euro möglich gewesen wäre. Dem gegenüber standen jedoch Zuwächse bei den Liquiditätskrediten von 1.474 Mio. Euro. Damit war zum Jahresende 2012 die Neuverschuldung durch Liquiditätskredite deutlich höher als die rechnerische Entlastung durch den Fonds. Der Rechnungshof kommt zu dem Schluss, dass der Entschuldungsfonds allein nicht ausreicht um das Problem der Liquiditätskreditverschuldung zu lösen. Solange die Ausgaben nicht durch Einnahmen gedeckt werden können, sind auch neue Liquiditätskredite zu erwarten. Daraus folgt, dass weitere Konsolidierungsmaßnahmen gesetzt werden müssen, die auf den Ausgleich der Haushalte abzielen.18

1.4

Niedersachsen

Im Land Niedersachen haben die Landesregierung sowie kommunale Landesverbände einen Zukunftsvertrag beschlossen. Dieser umfasst mehrere Maßnahmen um die Leistungsfähigkeit der Kommunen zu stärken. Ein Schwerpunkt des Vertrages ist die Wiederherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen. Aufgrund besonderer struktureller Probleme (geringe EinwohnerInnenzahl, hohe Arbeitslosigkeit, rückläufige Bevölkerungsentwicklung etc.) sind einige

18

Vgl. Landesregierung Rheinland-Pfalz et al.: Kommunaler Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz, 2010 Vgl. Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur: Leitfaden Kommunaler Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz, 2011 Vgl. Rechnungshof Rheinland Pfalz: Kommunalbericht, 2013, S. 62 ff. Vgl. Beck, Weber: Kommunale Entschuldungsprogramme der Bundesländer, 2013, S. 12 ff. Vgl. Wohltmann: Länderprogramme zur (Teil-)Entschuldung der Kommunen, 2013, S. 350 ff.

24 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

Kommunen trotz Konsolidierungsbemühungen nicht in der Lage einen Haushaltsausgleich herbeizuführen. Ziel ist es, die finanzielle Leistungsfähigkeit der betroffenen Kommunen zu verbessern bzw. wiederherzustellen. Voraussetzung ist, dass die betreffenden Kommunen in ihrer EinwohnerInnengrößenvergleichsgruppe über unterdurchschnittliche Steuereinnahmenkraft verfügen und ihre Schulden aus der Aufnahme von Liquiditätskrediten weit überdurchschnittlich sind und sie trotz starker Konsolidierungsbemühungen keinen Haushaltsausgleich erreichen. Die Teilnahme der Gemeinden erfolgt auf freiwilliger Basis. Zur Verbesserung der Haushalte werden diesen Gemeinden unter bestimmten Umständen bis 31.12.2009 aufgelaufene Liquiditätskredite in der Höhe von 75 Prozent abgenommen (Entschuldungshilfe). In den Genuss dieser Hilfe kommen Kommunen, die zum Zweck der Haushaltskonsolidierung Fusionen mit anderen Kommunen anstreben, soweit diese zur finanziellen Gesundung beitragen. Außerdem sollen Kommunen unterstützt werden, die ihre Leistungsfähigkeit auch ohne Fusion wiederherstellen können. Das Land Niedersachsen stellt seit 2012 für den Entschuldungsfonds jährlich 70 Mio. Euro zur Verfügung, wobei die Hälfte dieses Betrages von den kommunalen Gebietskörperschaften aus dem Finanzausgleich über eine Entschuldungsumlage zur Verfügung gestellt wird. Der Anteil der Gebietskörperschaften an der Umlage bemisst sich dabei an ihrem Anteil an den Schlüsselzuweisungen19. Prozesse, die zu flächenmäßigen Neugliederungen führen, und damit zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung beitragen können, werden von der Landesregierung unterstützt. Hierfür stellt das Land Mittel zur Erstellung von Fusionsgutachten sowie die Moderation von Fusionsprozessen zur Verfügung. Insgesamt wurden bisher Entschuldungsverträge in der Höhe von rund 950 Mio. Euro abgeschlossen. Bisher wurden einige Fusionen erreicht, jedoch überwiegt vom finanziellen Volumen her die Eigenentschuldung von Kommunen ohne Strukturreform. Da das Interesse an der Entschuldungshilfe größer war als zunächst erwartet, hat die Landesregierung im Jahr 2013 eine Anschlussfinanzierung zum Zukunftsvertrag beschlossen, damit alle Anträge zum Zug kommen können. Maßnahmen des Landes, falls Kommunen den getroffenen Vereinbarungen nicht nachkommen, werden im Zukunftsvertrag nicht erwähnt.20

19

In Niedersachsen werden Schlüsselzuweisungen finanzkraftabhängig verteilt. Als Grundsatz gilt, dass der Unterschied zwischen Bedarf und Steuerkraft zu 75 % durch Schlüsselzuweisungen ausgeglichen wird. Ist die Steuerkraft hingegen höher als der Bedarf, wird der überschießende Betrag mit der sogenannten Finanzausgleichsumlage zu einem Fünftel abgeschöpft und in die Zuweisungsmasse einbezogen. 20 Vgl. Land Niedersachsen et al: Zukunftsvertrag, 2009 Vgl. Beck, Weber: Kommunale Entschuldungsprogramme der Bundesländer, 2013, S. 12 ff. Vgl. Wohltmann: Länderprogramme zur (Teil-)Entschuldung der Kommunen, 2013, S. 350 ff.

25 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

2

Gegenüberstellung der Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme

Nachfolgend werden zentrale Eckpunkte der hier näher betrachteten Entschuldungsprogramme gegenübergestellt, welche sich teils deutlich voneinander unterscheiden. So bestehen bereits sehr unterschiedliche Laufzeiten der Programme. Aber auch das grundsätzliche verfügbare Hilfsvolumen ist unterschiedlich. Weitere deutliche Differenzen bestehen im Bereich der Finanzierung. So werden die Mittel in Hessen zu 100 Prozent vom Land getragen, in Rheinland-Pfalz hingegen nur zu einem Drittel. In den Ländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachen werden auch die Gemeinden im nennenswerten Umfang an der Finanzierung beteiligt. Teils handelt es sich um einen Vorwegabzug im Rahmen des Finanzausgleichs, teils um eine Umlage der Gemeinden. In Rheinland-Pfalz besteht eine Art Konsolidierungsbeitrag der am Entschuldungsprogramm teilnehmenden Gemeinden. Tabelle 5: Ausgewählte Entschuldungsprogramme im Überblick – Teil 1

Name des Entschuldungsprogramms Laufzeit Hilfsvolumen

Finanzierung

Zieloperationalisierung Kommunale Gesamtverschuldung pro EinwohnerIn

Hessen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Niedersachsen

Kommunaler Schutzschirm

StärkungspaktStadtfinanzen

Kommunaler Entschuldungsfonds

Zukunftsvertrag

2013-2047

2011-2020

2012-2026

2012-2029

255 Mio. Euro p.a.

70 Mio. Euro p.a.

2,8 Mrd. Euro gesamt 5,85 Mrd. Euro, bis Tilgungshilfen, zu 650 Mio. Euro p.a. 400 Mio. Euro Zinshilfen

100% Land

33,3% Land, 60% Land, 33,3% Gemeinden 50% Land, 40% Gemeinden Vorwegabzug im 50% Gemeinden Vorwegabzug im Finanzausgleich, Entschuldungsumlage Finanzausgleich sowie 33,3% Gemeinden (abhängig von der Höhe Solidaritätsumlage (von Selbstfinanzierung der der Schlüsselzuweisungen besonders finanzkräftigen Gemeinde durch im Finanzausgleich) Gemeinden) Konsolidierungsmaßnahm en

Gesamtschuldentilgung i.H.v. 34-46%, Zinshilfen (Schulden + Kassenkredite)

Haushaltsausgleich aus eigener Kraft bis 2020

Übernahme von 2/3 der Kassenkredite

Übernahme von bis zu 75% der Kassenkredite

5.393 Euro

5.010 Euro

4.998 Euro

3.355 Euro

Quelle: Vgl. Beck, Weber: Kommunale Entschuldungsprogramme der Bundesländer, 2013, S. 12 ff., Vgl. Holler: Kommunale Entschuldungsfonds, 2012, S. 17.; KDZ: eigene Darstellung.

Ebenfalls unterschiedlich ist die Form der Unterstützungsmaßnahmen. So ist in Hessen eine teilweise Schuldtilgung sowohl bei den Schulden als auch bei den Kassenkrediten möglich. In den Ländern Rheinland-Pfalz und Niedersachsen wird der Schwerpunkt auf die Kassenkredite gelegt. In Nordrhein-Westfalen wird ein ausgeglichener Haushaltsausgleich angestrebt. Die Teilnahme an den Programmen ist dabei in der Regel freiwillig. Nur in Nordrhein-Westfalen wurden in einer 1. Stufe Gemeinden mit besonders hoher Verschuldung zur Teilnahme verpflichtet. Damit Gemeinden an den Programmen teilnehmen können, müssen diese meist bestimmte Kriterien erfüllen. In Hessen und Niedersachsen sind beispielsweise

26 03.03.15


ENTSCHULDUNGS- UND KONSOLIDIERUNGSPROGRAMME IN DEUTSCHLAND

überdurchschnittliche Kassenkredite ein Kriterium. Weitere Kriterien in den Ländern sind beispielsweise ein nicht ausgeglichener Haushalt oder eine unterdurchschnittliche Finanzkraft in der jeweiligen EinwohnerInnenklasse. Zur Teilnahme an den Entschuldungsprogrammen wird in der Regel ein individueller Konsolidierungsvertrag ausverhandelt, welcher die Konsolidierungsmaßnahmen sowie die angestrebte Zielsetzung beinhaltet. Die Aufsicht über die Einhaltung des Konsolidierungsvertrages obliegt dabei in der Regel der Gemeindeaufsicht. Bei Nicht-Einhaltung der Maßnahmen werden meist die Zahlungen eingestellt bzw. es erfolgt eine Rückabwicklung der bereits getätigten Zahlungen. Jedoch auch die Einsetzung eines Beauftragten zur Wahrnehmung von Gemeindeaufgaben ist möglich. Tabelle 6: Ausgewählte Entschuldungsprogramme im Überblick – Teil 2

Empfängerauswahl

Bedingungen

Maßnahmen bei Nicht-Einhaltung

Hessen

Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz

Niedersachsen Freiwillige Teilnahme (unterdurchschnittliche Finanzkraft in der EWKlasse + überdurchschn. Kassenkredite + bestehende starke Konsolidierungsbemühungen)

Freiwillige Teilnahme nach indikatorengestützter Kandidatenauswahl (hohe Kassenkredite und/oder hohes negatives ordentliches Ergebnis)

1. Stufe verpflichtend (besonders hohe Verschuldung), 2. Stufe freiwillig (indikatorengestützt)

Freiwilliger Beitritt (bei aufsichtsrechtlich vorausgesetzter Alternativlosigkeit)

Individueller Konsolidierungsvertrag (Ziel ausgeglichener ordentlicher Haushalt)

Individueller Konsolidierungsvertrag (Haushaltsausgleich binnen 5 bzw. 7 Jahren)

Individueller Konsolidierungsvertrag (Inhalt: eigener Abbau von 1/3 der Kassenkredite, Konsolidierungs-kriterien)

Gemeindefusion oder Haushaltsausgleich im ersten Jahr

Zwangsmaßnahmen (z.B. Bestellung eines Beauftragten zur Wahrnehmung von Gemeindeaufgaben), Einstellung der Zahlungen oder Rückabwicklung der bereits getätigten Zahlungen

Bestellung eines Beauftragten zur Wahrnehmung von Gemeindeaufgaben

Einstellung der Zahlungen oder Rückabwicklung der bereits getätigten Zahlungen

k.A.

Quelle: Vgl. Beck, Weber: Kommunale Entschuldungsprogramme der Bundesländer, 2013, S. 12 ff., Vgl. Holler: Kommunale Entschuldungsfonds, 2012, S. 17.; KDZ: eigene Darstellung.

Schließlich kann festgehalten werden, dass die Programme teils unterschiedlich, teils ähnlich ausgestaltet sind. In der Regel ist die Entschuldung im Bereich der Kassenkredite im Mittelpunkt und es wird das Ziel eines langfristig ausgeglichenen ordentlichen Haushalts verfolgt.

27 03.03.15


KOMMUNALER RETTUNGSSCHIRM IN ÖSTERREICH

IV Kommunaler Rettungsschirm in Österreich Die kommunale Verschuldungssituation hat sich in den letzten Jahren – trotz Ausgliederungen – über einen längeren Zeitraum tendenziell verschlechtert. Auch besteht eine nennenswerte Anzahl an Gemeinden mit hoher Verschuldung, sodass es hier notwendig erscheint, diese Gemeinden mit kurzfristigen Hilfsmaßnahmen zu unterstützen. Die Ursachen für eine hohe Verschuldung von Gemeinden sind vielfältig und es unterscheidet sich die Ausgangslage für die Gemeinden. So ist der finanzielle Erfolg einer Gemeinde von verschiedenen Faktoren abhängig. Entsprechend einer vom KDZ durchgeführten Studie21 kann zwischen organisationsinternen und -externen Faktoren unterschieden werden. So ist innerhalb der Verwaltung die Qualität der Führungsebene und Kooperationen mit dem MitarbeiterInnenTeam, Motivation der MitarbeiterInnen, eine gute Qualität der Steuerung, von Prozessen und Strategien relevant. Auch ein klares Standortprofil mit einer fundierten Investitionsplanung sowie die Bereitschaft zur interkommunalen Zusammenarbeit stellen Erfolgsfaktoren dar. Daneben bestehen organisationsexterne Faktoren, welche eine Gemeinde nicht beeinflussen kann. Dies ist in erster Linie die geografische und wirtschaftliche Lage der Gemeinden. Hinzu kommen die finanziellen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit dem aktuellen Finanzausgleichssystem. So ist im Zeitverlauf eine Verschiebung der Finanzmittel von größeren zu kleineren Gemeinden erkennbar. Dies ist einerseits auf die verschiedenen Finanzausgleichsgesetze22, andererseits auch auf die Transferbeziehungen zwischen Bundesländern und Gemeinden zurückzuführen. Auch werden die konkreten Funktionen der Gemeinden (zentralörtliche Funktion, Bezirksverwaltungsagenden) – und damit ein entsprechender Aufgabenbezug – nicht ausreichend berücksichtigt.23 So befinden sich mehrere Gemeinden und Städte in einer Verschuldungsspirale. Unabhängig davon, ob die Gründe für die hohe Verschuldung in organisationsinternen oder -externen Faktoren zu suchen sind, gilt es, diesen Kommunen die Möglichkeit zu geben, ihre Altlasten abbauen zu können. Ein im Rahmen der aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen zu erwartender reformierter Gemeinde-Finanzausgleich kann dabei durchaus dazu beitragen, die bestehenden strukturellen Mängel des Finanzausgleichs einzudämmen, indem er beispielsweise verstärkt auf die Funktionen der Gemeinden im Rahmen einer verstärkt aufgabenorientierten Mittelverteilung eingeht. Etwaige Altlasten aus Vorperioden müssen hingegen ergänzend zu einem neuen Finanzausgleich gelöst werden. Vor diesem Hintergrund wurde vom KDZ und einer Expertengruppe des Österreichischen Städtebundes24 ein Vorschlag für einen Kommunalen Rettungsschirm ausgearbeitet, welcher nachfolgend dargestellt wird.

21

Bauer u. Mitterer: Managementqualitäten zur Sicherung des Finanzerfolges, 2007. Vgl. Mitterer et.al.: Österreichische Gemeindefinanzen 2015 – Entwicklungen 2004 bis 2018, 2015, S. 25 f. Vgl. Mitterer et.al.: Aufgabenerfordernisse der Gemeinden und Mittelverteilung im Gemeinde-Finanzausgleich, 2014, S. 81 ff. 24 In der Expertengruppe waren Finanzdirektoren mehrerer Städte vertreten. Näheres siehe Anhang. 22 23

28 03.03.15


KOMMUNALER RETTUNGSSCHIRM IN ÖSTERREICH

Eckpunkte eines kommunalen Rettungsschirms Nachfolgende Übersicht beinhaltet die Eckpunkte eines kommunalen Rettungsschirms für Österreichs Gemeinden. Tabelle 7: Eckpunkte eines kommunalen Rettungsschirms Eckpunkte

Grundsätzliche Zielsetzung Finanzvolumen und Finanzierung

Organisationsform

Teilnahmebedingungen

Konkretisierung Kommunaler Rettungsschirm Mittelfristiger Haushaltsausgleich des ordentlichen Haushalts (ohne Ausgleichsdarlehen) für möglichst alle Gemeinden sichern: .) Ausgleichsmechanismen bei nicht beeinflussbaren Rahmenbedingungen (demografische Entwicklungen, regionale Strukturschwäche); .) Nachhaltigkeit (Schwerpunkt Konsolidierung im Leistungsportfolio); .) keine dauernde Stützung von strukturellen Problemen (mittelfristig Entfall der Ausgleichsmechanismen) .) vorgeschlagenes Finanzvolumen: jährlich 200 Mio. Euro; .) Finanzierung: z.B. Vorwegabzug bei Gemeinde-Bedarfszuweisungsmitteln und/oder Mittel des Gemeindekopfquotenausgleichs und/oder Mittel vom Bund. .) bundesweiter Fonds; .) Vorgabe bundesweit einheitlicher Kriterien: Koordinationsgremium mit VertreterInnen aus Bund, Ländern, Städtebund und Gemeindebund; .) Abwicklung und Kontrolle: Gemeindeaufsicht. Zwei Schwerpunkte: 1) Mittelfristig belastete Gemeindefinanzen in der Vergangenheit: Mix an Finanzkennzahlen im 5-Jahres-Schnitt; 2) Präventiv bei exogenen Faktoren: z.B. starke demografische Entwicklungen, besondere Aufgabenübertragungen (nur normative Vorgabe) ; Zwei Stufen: 1) Verpflichtend: bei besonders schlechten Finanzkennzahlen oder hohem Konsolidierungsbedarf; 2) Freiwillig: bei weniger schlechten Finanzkennzahlen oder leicht überhöhtem Konsolidierungsbedarf.

.) Konsolidierungsvereinbarung: Konsolidierungspfad inkl. eigenem Beitrag der Gemeinden (Ausgabenreduzierung, Leistungsreduzierung, Einnahmenerhöhung); .) Transparente Darstellung zu Zielvorgaben und Zielerreichung; Förderbedingungen .) laufende Berichterstattung an die Gemeindeaufsicht. Art der Finanzzuweisung nicht rückzahlbare Zuschüsse .) Rückzahlung der Zuschüsse; Sanktionen .) Einstellung zukünftiger Zahlungen. Quelle: Arbeitsgruppenergebnis Jänner 2015.

Grundsätzliche Zielsetzung Gemäß dem vorliegenden Vorschlag sollte der mittelfristige Ausgleich des ordentlichen Haushalts für möglichst alle Gemeinden (ohne Sondereffekte) im Mittelpunkt stehen. Ein Ausgleich mittels eines Ausgleichsdarlehens stellt dabei keinen ausgeglichenen Haushalt dar. Den Gemeinden soll die Möglichkeit gegeben werden – unabhängig von den verursachenden Gründen – mittelfristig wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Dabei sollen die folgenden Schwerpunkte gelegt werden: Implementieren von Ausgleichsmechanismen bei nicht-beeinflussbaren Rahmenbedingungen: Hierzu zählen beispielsweise die demografische Entwicklung oder eine regionale Strukturschwäche. 29 03.03.15


KOMMUNALER RETTUNGSSCHIRM IN ÖSTERREICH

Nachhaltigkeit: Der Konsolidierungsprozess sollte soweit wie möglich nachhaltig erfolgen. Dementsprechend sollte der Schwerpunkt auf der Konsolidierung im Leistungsportfolio und nicht in einer Vermögensveräußerung liegen. Gemeinden sollten nicht gezwungen werden können, Vermögen zu veräußern, um am Programm teilnehmen zu können. Keine Stützung von strukturellen Problemen: Es soll keine dauerhafte Fortführung von strukturellen Problemen erfolgen. Ziel muss vielmehr sein, dass mittelfristig auch ohne diesem Ausgleichsmechanismus ein ausgeglichener Haushalt möglich sein muss. Als strukturelle Probleme können beispielsweise die teure Kostenstruktur von Kleinstgemeinden, die überdimensionale Infrastruktur bei Abwanderungsgemeinden oder die unterdimensionierte Infrastruktur bei Zuzugsgemeinden genannt werden. Ein entsprechendes Instrument zur Stützung von verschuldeten Gemeinden würde auch dazu beitragen, das Vertrauen in die Bonität der öffentlichen Schuldner Österreichs weiter zu stärken und in weiterer Folge auch die Finanzierungskosten zu reduzieren. Derzeit besteht keine Beistandspflicht der Bundesländer für die Kommunen, sodass eine Insolvenz von Gemeinden theoretisch nicht ausgeschlossen werden kann. Ein entsprechendes Instrument würde deshalb vertrauensbildend und damit auch kostensenkend wirken. Finanzvolumen und Finanzierung Um sowohl eine Konsolidierung des ordentlichen bzw. laufenden Betriebes als auch eine kontinuierliche Reduzierung der Maastricht-Schulden zu ermöglichen, wird die Festlegung des Finanzvolumens bei jährlich mindestens 200 Mio. Euro vorgeschlagen. Zur Finanzierung dieser Summe wären dabei mehrere Wege denkbar:25 Vorwegabzug bei den Gemeinde-Bedarfszuweisungsmitteln (ohne Wien) in der Höhe von 25 Prozent (=200 Mio. Euro); Verwendung der gesamten Mittel des Gemeindekopfquotenausgleichs (§ 21 Abs. 7 bis 10 FAG) in der Höhe von 102 Mio. Euro (inkl. Wien) + Verdoppelung durch den Bund; Kombination: Vorwegabzug bei den Gemeinde-Bedarfszuweisungsmitteln (ohne Wien) in der Höhe von 12 Prozent (=97 Mio. Euro) + Verwendung der gesamten Mittel des Gemeindekopfquotenausgleichs (§ 21 Abs. 7 bis 10 FAG) in der Höhe von 102 Mio. Euro (inkl. Wien). Ein Vorwegabzug bei den Gemeinde-Bedarfszuweisungsmitteln erscheint zweckmäßig, da diese Mittel unter anderem auch für die Aufrechterhaltung und Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt zweckgewidmet sind bzw. auch zum Ausgleich von Härten gewährt werden sollen. Auch die Mittel für den Gemeindekopfquotenausgleich dienen einer Finanzkraftstärkung und damit einer verbesserten Finanzausstattung der Gemeinden. Dies gewinnt insbesondere an Bedeutung, da der jetzige Gemeindekopfquotenausgleich nur bedingt dazu geeignet scheint, Abgangsgemeinden zu verhindern. So erhielten im Jahr 201226 44 Prozent der Gemeinden einen Gemeindekopfquotenausgleich gemäß § 21 Abs. 7 und 8 FAG27, gleichzeitig lag der Anteil an 25

Zur Information: Das aktuelle Aufkommen im Jahr 2012 lag bei den Gemeinde-Bedarfszuweisungen bei 1,085 Mrd. Euro mit Wien bzw. 807 Mio. Euro ohne Wien. Die Mittel für den Gemeindekopfquotenausgleich § 21 Abs. 7 bis 10 FAG lagen bei 102 Mio. Euro mit Wien bzw. 83 Mio. Euro ohne Wien. BMF: Sonderauswertung zum Finanzausgleichsgesetz 2012; KDZ: eigene Berechnungen 2014. 26 Nachfolgende Berechnungen basieren auf vom BMF zur Verfügung gestellten Daten für das Jahr 2012. 27 Finanzzuweisungen gemäß § 21 Abs. 9 und Abs. 10 sind nicht berücksichtigt. Zu diesen Finanzzuweisungen können keine Aussagen getroffen werden, da diese Daten einerseits nicht transparent von den Ländern veröffentlicht werden, andererseits von den Gemeinden nicht einheitlich und transparent verbucht werden müssen.

30 03.03.15


KOMMUNALER RETTUNGSSCHIRM IN ÖSTERREICH

Abgangsgemeinden an der Summe der Gemeinden bei 37 Prozent. Nicht einmal die Hälfte der Abgangsgemeinden erhielt jedoch auch einen Gemeindekopfquotenausgleich gemäß § 21 Abs. 7 und 8 FAG. Gleichzeitig erhielten etwa ein Viertel der Gemeinden einen Gemeindekopfquotenausgleich, ohne eine Abgangsgemeinde zu sein. Organisationsform Die Mittel für den kommunalen Rettungsschirm sollen in einen bundesweiten Fonds übermittelt werden. Die Verwaltung des Fonds soll durch ein bundesweites Koordinationsgremium, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern sowie Städte- und Gemeindebund, erfolgen. Wichtigste Aufgabe des Koordinationsgremiums ist die Vorgabe bundesweit einheitlicher Kriterien zur Mittelvergabe. Die Abwicklung und Einhaltung der Konsolidierungsvereinbarungen soll im Bereich der Gemeindeaufsicht der Länder liegen. Alternativ oder ergänzend wäre auch die Einrichtung einer zentralen österreichischen Kontrollstelle möglich. Teilnahmebedingungen Um am Programm teilnehmen zu können, müssen von Seiten der Gemeinden bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Dabei werden grundsätzlich zwei sich ergänzende Schwerpunkte vorgeschlagen: Mittelfristig belastete Gemeindefinanzen in der Vergangenheit: Nur Gemeinden, welche im 5-Jahres-Schnitt schlechte Finanzkennzahlen aufweisen, können/müssen am Programm teilnehmen. Die Auswahl der Finanzkennzahlen soll dabei sowohl Informationen zu laufenden strukturellen Problemen (Maastricht-Defizit) als auch die aktuelle Verschuldungssituation berücksichtigen (Maastricht-Schuldenstand). Bei der Berechnung sind Sondertilgungen oder Tilgungsaussetzungen zu berücksichtigen. Präventiv bei exogenen Faktoren: Ein Teil der Mittel sollte auch dafür verwendet werden, dass zukünftige unverschuldete Haushaltsungleichgewichte verhindert werden. Hier können – zeitlich befristet – zusätzliche Mittel bei besonders starken demografischen Entwicklungen (z.B. für Ausbaubedarf aufgrund starkem Bevölkerungswachstum oder Rückbaubedarf aufgrund starkem Bevölkerungsrückgang, Abwanderung eines Leitbetriebes führt zu hohem Rückgang der Kommunalsteuer) ausgeschüttet werden. Auch besondere Aufgabenübertragungen aufgrund normativer Vorgaben können hier berücksichtigt werden. Der Kommunale Rettungsschirm sollte dabei zwei Stufen aufweisen: Stufe 1 – Verpflichtende Teilnahme: Bestehen besonders schlechte Vergangenheitswerte bei den Finanzkennzahlen ist eine verpflichtende Teilnahme vorgesehen. Auch bei einem besonders hohen zu erwartenden Konsolidierungsbedarf ist die Teilnahme verpflichtend. Stufe 2 – Freiwillige Teilnahme: Auch für die Stufe 2 wird eine Bandbreite bei den vergangenen Finanzkennzahlen sowie dem zukünftigen Konsolidierungsbedarf definiert und den Gemeinden so die Teilnahme ermöglicht.

31 03.03.15


KOMMUNALER RETTUNGSSCHIRM IN ÖSTERREICH

Tabelle 8: Elemente und Stufen des Kommunalen Rettungsschirms Stufen

Schwerpunkte Überschuldung in der Vergangenheit

Prävention bei exogenen Faktoren (z.B. demografische Mix an 2-3 Finanzkennzahlen Entwicklungen, Abwanderung Leitbetrieb, besondere 1. Stufe im 5-Jahres-Schnitt; Aufgabenübertragungen aufgrund normativer verpflichtend Vorgaben); je nach Ausprägung verpflichtend oder freiwillig je nach Ausmaß des Konsolidierungsbedarfs 2. Stufe freiwillig verpflichtend oder freiwillig Quelle: Arbeitsgruppenergebnis 2014; KDZ: eigene Darstellung 2014.

Förderbedingungen Um tatsächlich gefördert zu werden, bedarf es eines deutlichen Eigenbeitrags der Gemeinden. Hierzu wird eine Konsolidierungsvereinbarung vorgeschlagen, welche neben den Zuschüssen aus dem Kommunalen Rettungsschirm auch die Maßnahmen der Gemeinde, wie insbesondere Ausgaben- und Leistungsreduzierungen und Einnahmensteigerungen, enthält. Weiters müssen konkrete Zielvorgaben, ein klarer Konsolidierungspfad sowie ein kontrollierbarer Zeitplan integriert sein. Um die Einhaltung der Konsolidierungsvereinbarungen zu gewährleisten, bedarf es einer laufenden Berichterstattung an die Gemeindeaufsicht, um die vereinbarten Zielvorgaben kontrollieren zu können. Art der Finanzzuweisung Es soll sich um nicht rückzahlbare Zuschüsse handeln. Sanktionen Sollte die Konsolidierungsvereinbarung nicht eingehalten werden, sind als Sanktionen die Rückzahlung an bereits bezahlten Zuschüssen und die Einstellung zukünftiger Zahlungen denkbar.

32 03.03.15


ANHANG

V

Anhang

1

Verzeichnisse

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Gesamtübersicht Verschuldung 2004 bis 2013 Abbildung 2: Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinden 2013 Abbildung 3: Öffentliches Defizit nach Teilsektoren des Staates 2004 bis 2013 Abbildung 4: Entwicklung der Gemeindeinvestitionen 2004 bis 2013 Abbildung 5: Bereiche, in denen in den nächsten Jahren Einsparungen erfolgen werden Abbildung 6: Zinshilfe für abgelöste Darlehen Abbildung 7: Stufen des Konsolidierungspakts Abbildung 8: Ablauf eines Konsolidierungsvorhabens Abbildung 9: Kommunaler Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz

7 10 12 13 14 18 21 21 23

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Schuldenstand, Schuldendienst und Haftungen 2004 bis 2013 8 Tabelle 2: Pro-Kopf-Verschuldung nach EW-Klassen 2004 bis 2013 9 Tabelle 3: Pro-Kopf-Verschuldung nach Bundesländern 2004 bis 2013 9 Tabelle 4: Gesamtwirtschaftlicher und kommunaler Schuldenstand gemäß ESVG, 2004 bis 2013 11 Tabelle 5: Ausgewählte Entschuldungsprogramme im Überblick – Teil 1 26 Tabelle 6: Ausgewählte Entschuldungsprogramme im Überblick – Teil 2 27 Tabelle 7: Eckpunkte eines kommunalen Rettungsschirms 29 Tabelle 8: Elemente und Stufen des Kommunalen Rettungsschirms 32

33 03.03.15


ANHANG

Literaturverzeichnis Boettcher, Florian: Finanzhilfen für Kommunen? Voraussetzungen und Ausgestaltungsoptionen einer finanziellen Hilfegewährung für teilautonome Gebietskörperschaften. Forschung für Kommunen. Arbeitspapier 02/2012. Dedy, Helmut: Finanzierung städtischer Infrastrukturen in Deutschland – Wer was warum zahlt. Strategien und Mechanismen mit ihren Vorteilen und Herausforderungen. Vortrag am Schweizerischen Städtetag am 29.8.2013. Fragen und Antworten zum Kommunalen Schutzschirm Hessen: http://www.wibank.de/de/Downloads (aufgerufen am 12.3.2014) Frischmuth, Birgit: Entschuldungs- und Konsolidierungsprogramme für Kommunen in den Ländern. Unterlage Finanzausschuss 21.6.2013. Frischmuth, Birgit: Entschuldungshilfen der Länder für die Kommunen. Unterlage Finanzausschuss 21.6.2013. Hessisches Ministerium der Finanzen: Kommunaler Schutzschirm – Pressegespräch zum Abschluss der Verträge mit den Schutzschirm-Kommunen, Februar 2013 Holler, Benjamin: Kommunale Entschuldungsfonds – Weg aus der Schuldenfalle?; Vortrag auf der Fachtagung der KfW am 17.4.2012. Homepage Rheinland-Pfalz: http://www.fm.rlp.de/startseite/finanzen/kommunale-finanzen/entschuldungsfonds/ (aufgerufen am 12.3.2014). KfW: KfW-Kommunalpanel 2014, KfW, Mai 2014. Kommunalnet: Kommunalbarometer 2014, Kommunalnet 2014. Kommunalschutzschirm in Hessen: www.kommunalerschutzschirm.net (aufgerufen am 12.3.2014). Land Niedersachsen; Niedersächsischer Städtetag; Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund; Niedersächsischer Landkreistag: Zukunftsvertrag, Hannover, Dezember 2009 Landesregierung Hessen: Hessisches kommunales Schutzschirmgesetz, Wiesbaden, Mai 2012. Landesregierung Nordrhein-Westfalen: Gesetz zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz), Dezember 2011. Landesregierung Rheinland-Pfalz; Städtetag Rheinland-Pfalz; Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz; Landkreistag Rheinland-Pfalz: Kommunaler Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz, Mainz, September 2010. Ministerium des Inneren, für Sport und Infrastruktur: Leitfaden „Kommunaler Entschuldungsfonds RheinlandPfalz“, Mainz, September 2011. Mitterer, Karoline; Biwald, Peter; Haindl, Anita; Hochholdinger, Nikola: Österreichische Gemeindefinanzen 2015 – Entwicklung 2004 bis 2018, in: Stadtdialog; Schriftenreihe des Österreichischen Städtebundes Jänner 2015. Nordrhein-Westfalen: http://www.mik.nrw.de/fileadmin/user_upload/Redakteure/Dokumente/ Themen_und_Aufgaben/Kommunales/Staerkungspakt/2014-02-26_staerkungspakt_finanzierung _und_solidaritaetsumlage_2014_1.pdf (aufgerufen am 12.3.2014). Rechnungshof Rheinland-Pfalz: Kommunalbericht 2013, 2013. Timm-Arnold, Klaus-Peter: Nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Die Task Force der GPA NRW im Stärkungspakt. Stadtfinanzen. Präsentation zum Bundeskongress Haushalt und Finanzen, Berlin am 2.4.2014. Was genau ist der Schutzschirm?: www.kommunalerschutzschirm.net (aufgerufen am 12.3.2014) Weber, David; Beck, Stefanie: Kommunale Entschuldungsprogramme der Bundesländer, in: Public Governance, Winter 2013. Wohltmann, Matthias: Länderprogramme zur (Teil-)Entschuldung der Kommunen, in: Der Landkreis, 7-8/2013.

34 03.03.15


ANHANG

2

Methodische Hinweise

Arbeitsgruppe Ziel der Arbeitsgruppe war die gemeinsame Entwicklung von Ausgestaltungsvarianten zur Implementierung von Entschuldungs- und Konsolidierungsprogrammen in Österreich sowie die kritische Diskussion des hier vorliegenden Gesamtberichtes. An den Arbeitsgruppen haben sechs kommunale Vertreter (Karl Kamper, Axel Maurer, Christian Mürkl, Christian Schmid, Hannes Weinzierl, Thomas Wolfsberger) sowie ein Vertreter des Österreichischen Städtebundes (Oliver Puchner) teilgenommen. Die Arbeitsgruppe wurde vom KDZ (Karoline Mitterer) geleitet. Wir möchten uns an dieser Stelle sehr herzlich für die Unterstützung und Mitarbeit in der Arbeitsgruppe bedanken. Insgesamt gab es drei Arbeitsgruppensitzungen. In der 1. Arbeitsgruppensitzung wurden die bisherigen Ansätze zu Entschuldungs- und Konsolidierungsprogrammen in Deutschland sowie die Verschuldungssituation der österreichischen Gemeinden diskutiert. Weiters erfolgte eine Einschätzung zu möglichen Ausgestaltungsvarianten von Entschuldungs- und Konsolidierungsprogrammen in Österreich (siehe nächstes Kapitel) und es wurden die Eckpunkte eines Vorschlags zu einem kommunalen Rettungsschirm festgelegt. In den folgenden beiden Arbeitsgruppensitzungen wurde auf Basis der Ergebnisse der 1. Arbeitsgruppensitzung die konkrete Ausgestaltung eines kommunalen Rettungsschirmes diskutiert und der Vorschlag finalisiert.

35 03.03.15


KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.