Kommunaler Investitionsfonds

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Kommunaler Investitionsfonds

Empfehlungen 26. Mai 2020

verfasst von Dr.in Karoline Mitterer

KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at



INHALT

Inhaltsverzeichnis I

Management Summary ........................................................................................................ 5

II

Einleitung .............................................................................................................................. 9

III

Grundlagen zu Investitionen ............................................................................................. 10

IV

V

1

Investitionsvolumen .................................................................................................... 10

2

Verschuldung .............................................................................................................. 16

3

Überschüsse aus dem laufenden Betrieb .................................................................. 18

4

Bisherige Investitionsprogramme: .............................................................................. 19

5

Rückschlüsse aus den bisherigen Entwicklungen ..................................................... 21

Vorschlag Kommunaler Investitionsfonds ...................................................................... 23 1

Zielsetzung.................................................................................................................. 23

2

Inhaltliche Schwerpunkte ............................................................................................ 25

3

Förderquote, Zeitraum, Prozess ................................................................................. 28

4

Volumen ...................................................................................................................... 29

Anhang ................................................................................................................................ 31 1

Literatur- und Quellenverzeichnis ............................................................................... 31

2

Tabellen ...................................................................................................................... 33

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MANAGEMENT SUMMARY

I

Management Summary

Die aktuelle Gesundheitskrise hat zu beträchtlichen Einnahmenrückgängen bei den österreichischen Gemeinden geführt. Aktuelle Prognosen gehen von einem Minus von bis zu 2 Mrd. Euro aus.1 Ohne Investitionsprogramm ist zu befürchten, dass es wie bei der Finanzkrise 2008/2009 zu einem Einbruch der Investitionen kommen wird. Die Rückgänge könnten dabei noch deutlich stärker ausfallen als in den Jahren nach 2009. Bisheriges Investitionsvolumen Aktuell liegt der Anteil der Gemeinden an den öffentlichen Investitionen2 bei 30 Prozent, dies sind 3,5 Mrd. Euro. Damit sind die Gemeinden ein zentraler Akteur und sie könnten wesentlich zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes beitragen. Hinzu kommen noch weitere Investitionen außerhalb des öffentlichen Sektors („Eigenbetriebe“). Dies betrifft vor allem den Bereich der Ver- und Entsorgung, welcher im Gegenteil zum öffentlichen Sektor vorwiegend gebührenfinanziert ist. Addiert man die öffentlichen Investitionen und die Investitionen der Eigenbetriebe3 kommt man auf ein Investitionsvolumen 2018 von 4,3 Mrd. Euro. Nach der Finanzkrise 2008/2009 kam es zu einem Einbruch der Investitionen. Der Tiefststand wurde 2011 mit 2,9 Mrd. Euro erreicht, dies ist ein Rückgang um 16 Prozent gegenüber 2008. In Absolutwerten (daher nicht inflationsbereinigt) erreichten die kommunalen Investitionen erst 2014 wieder das Niveau von 2009. Im Verhältnis zum BIP konnten die Investitionen bisher nicht an das Vorkrisenniveau anschließen. Für 2019 ist aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage ebenfalls von einem Anstieg der Investitionen auszugehen.

Mio. Euro

Abbildung 1: Investitionen nach Kategorien – in Mio. Euro 2008-2019 5.000 4.500 4.000

gesamt 2008: 3.404 Mio. Euro

3.500

gesamt 2018: 4.261 Mio. Euro gesamt 2011: 2.867 Mio. Euro (-16% zu 2008)

2018: 924 Mio. Euro

3.000 2008: 876 Mio. Euro

2018: 785 Mio. Euro

2.500

2011: 986 Mio. Euro 2.000 2008: 899 Mio. Euro

2018: 2.553Mio. Euro

2011: 627 Mio. Euro 2008: 1.629 Mio. Euro 1.000 2011: 1.254 Mio. Euro 500 1.500

0 2008

2009

2010

2011

Öffentliche Investitionen Kernhaushalt

2012

2013

2014

Investitionen Eigenbetriebe

2015

2016

2017

2018

Prognose 2019 Öffentliche Investitionen ausgelagerter Einheiten

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz, Investitionen Sektor Staat nach Teilsektoren. Anmerkung: Prognose 2019 auf Basis der Entwicklungen der drei letzten verfügbaren Jahre.

1

Biwald/Mitterer: Prognose Gemeindeeinnahmen, 2020. Öffentlicher Sektor gemäß ESVG 2010 (Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen). Diese Definition liegt etwa der Berechnung der öffentlichen Verschuldung bzw. des „Maastricht-Defizites“ zugrunde. 3 Dies sind Bereiche innerhalb der Gemeindebudgets, welche jedoch nicht dem öffentlichen Sektor zugeordnet werden. 2

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MANAGEMENT SUMMARY

Bestehende Investitionsprogramme des Bundes innerhalb des Betrachtungszeitraums beeinflussten dabei auch das Investitionsvolumen der Gemeinden. Mit 2008 starteten die Ausbauprogramme für die Kinderbetreuung. Während die Investitionen aller anderen Aufgabenbereiche im Jahr 2010 absackten, stiegen die Investitionen im Kinderbetreuungsbereich. Ein markanter Anstieg der Investitionen ist ab 2014 erkennbar, hier startete das Ausbauprogramm für Ganztagsschulen. 2017 und 2018 folgte das kommunale Investitionsprogramm (KIP), was erneut mit einem deutlichen Anstieg der Investitionen zusammenfällt. Vorschlag für einen kommunalen Investitionsfonds Basierend auf der Analyse der Entwicklung der Gemeindeinvestitionen, der Erkenntnisse aus der Finanzkrise 2008/2009 sowie der bisherigen Investitionsprogramme erfolgt ein Vorschlag für ein kommunales Investitionsprogramm (Abbildung 2). Ein Investitionsprogramm sollte dabei eines von mehreren Maßnahmen zur Unterstützung der Gemeinden sein und kann etwa nicht zur Lösung von kurzfristigen Liquiditätsproblemen der Gemeinden herangezogen werden. Ein Investitionsprogramm ist daher idealerweise Teil eines Gesamtpaketes für die Gemeinden.4 Zielsetzungen Der vorgeschlagene Investitionsfonds soll eine stark aufgabenbezogene Ausrichtung erhalten. Im Fokus stehen dabei Zukunftsprojekte sowie die Sicherung der kommunalen Infrastruktur ebenso wie ein Beitrag der Gemeinden zur Stabilisierung der Beschäftigung. Wichtig wäre auch, einem differenzierten Ansatz den Vorzug zu geben, da die Gemeinden auch unterschiedliche Ausgangslagen aufweisen. Förderschwerpunkte Es werden die Aufgabenschwerpunkte Bildung, Soziales, öffentlicher Verkehr und Daseinsvorsorge vorgeschlagen. Hierbei handelt es sich um Zukunftsbereiche, in welchen ein gesamtstaatliches Interesse zur Weiterentwicklung besteht. Ergänzend dazu sollen Projekte höher gefördert werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden. Hier werden vorgeschlagen: Klimaschutzkriterien, die Berücksichtigung der regionalen Perspektive (interkommunale Kooperation sowie Projekte mit regionaler Versorgungsfunktion), das Bestehen einer notwendigen Ersatzinvestition sowie Bedarfe aufgrund der demografischen Entwicklung. Durch die Anwendung unterschiedlicher Kriterien kann auch eine ausreichende Differenzierung gewährleistet werden. Eckpunkte Es wird vorgeschlagen, den kommunalen Investitionsfonds für einen Zeitraum von drei Jahren aufzulegen. Die Förderquote könnte sich zwischen 30 und 70 Prozent bewegen. Bei einer durchschnittlichen Förderquote von 50 Prozent ergibt dies ein Fördervolumen von 2 Mrd. Euro im ersten Jahr, um sämtliche kommunale Investitionen abzusichern. Bei einer Beschränkung auf einzelne Aufgabenbereiche läge das Fördervolumen im ersten zwischen 1 und 1,6 Mrd. Euro. Die Förderquote – und damit auch die Summe des jährlichen Fördervolumens – könnte im Zeitverlauf abhängig von der Entwicklung der Gemeindeeinnahmen sinken.

4

Mitterer: Ein Hilfspaket für Gemeinden, 2020.

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MANAGEMENT SUMMARY

Abbildung 2: Eckpunkte Vorschlag kommunaler Investitionsfonds

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020.

Steuerungspotenziale nutzen Angesichts des Volumens von zumindest 1 Mrd. Euro sollten bestehende Steuerungspotenziale genutzt werden5, um hier strukturelle Mängel der Vergangenheit zu reduzieren sowie zukunftsgewandte gesamtstaatliche Zielsetzungen zu verfolgen. Themen wie Effizienzsteigerungen durch Gemeindekooperationen sowie eine starke Ausrichtung auf Klimaziele sollten Gebot der Stunde sein. Es bleibt dabei noch Zeit, um eine ausreichend differenzierte Regelung zu entwickeln, welche an den unterschiedlichen Anforderungen der Gemeinden ansetzt. So macht es einen Unterschied, 5

Schratzenstaller, Margit: Corona-Krise als Chance nutzen (https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2061421-Corona-Krise-alsChance-nutzen.html)

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MANAGEMENT SUMMARY

ob eine Gemeinde auch eine regionale Versorgungsfunktion übernimmt und etwa Hallenbad, Straßenbahnen oder zentrale Sport- und Kultureinrichtungen anbietet, oder ob solche zusätzlichen Aufgaben nicht finanziert werden müssen. Auch ergeben sich Unterschiede aufgrund der Demografie. So ist der Investitionsbedarf in wachsenden Gemeinden drängender, um etwa strukturelle Defizite (etwa im Kinderbetreuungs- oder Schulbereich) zu verhindern. Eine Verteilung der Mittel pro Kopf kann eine solche Differenzierung hingegen nicht gewährleisten. Wichtig ist auch zu betonen, dass ein Investitionsprogramm keine kurzfristigen Entlastungsmaßnahmen zur Sicherung der Liquidität der Gemeinden im Jahr 2020 ersetzen kann. Ein Investitionsprogramm kann daher nur Teil eines Gesamtpaketes für die Gemeinden sein.6 Es wäre jedenfalls eine vergebene Chance, wenn die Mittel aus einem Investitionsprogramm durch die Gemeinden nicht abgerufen werden, weil die notwendigen Eigenmittel nicht aufgestellt werden können. Da der Ausfall der Kommunalsteuer und Fremdenverkehrsabgabe (von der nur die Gemeinden betroffen sind) sowie die Reduktion der Ertragsanteile die finanziellen Spielräume der Gemeinden stark einengen, werden daher zusätzlich zum Investitionsprogramm auch ein Ersatz der Einnahmenverluste (insbesondere der gemeindeeigenen Steuern) sinnvoll und erforderlich sein.

6

Mitterer, Karoline: Ein Hilfspaket für Gemeinden: Sicherung der Daseinsvorsorge sowie Investitionen in die Zukunft. (https://www.kdz.eu/de/content/ein-hilfspaket-f%C3%BCr-gemeinden-sicherung-der-daseinsvorsorge-sowie-investitionen-die-zukunft)

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EINLEITUNG

II

Einleitung

Die finanziellen Rückgänge werden die Gemeinden in der aktuellen Krise deutlich stärker treffen als in der Finanzkrise 2008/2009. Gemäß einer aktuellen Prognose des KDZ7 kann ein Einnahmenrückgang auf Gemeindeebene (inkl. Wien) je nach Szenario um bis zu 2 Mrd. Euro erwartet werden. Dies ergibt, dass von folgenden Entwicklungen auszugehen ist:   

kurzfristige Liquiditätsprobleme v.a. in den Monaten Mai bis September 2020 deutlicher Anstieg an Abgangsgemeinden starker Investitionsrückgang

Insbesondere der dritte Aspekt soll nachfolgend analysiert werden. Die Gemeinden tragen rund 30 Prozent der öffentlichen Investitionen und stärken damit insbesondere auch die regionale Wirtschaft. Ein rasches Anlaufen der Investitionen unterstützt dabei, Arbeitsplätze zu sichern. Nach der Finanzkrise 2008/2009 erfolgte kein kommunales Investitionsprogramm, weshalb die kommunalen Investitionen mehrere Jahre brauchten, um sich wieder zu erholen. Folgend werden zwei Schwerpunkte ausgeführt: 

In einem ersten Schritt werden die Grundlagen zum bisherigen Investitionsniveau im Zeitraum 2008 bis 2018 für die Gemeinden inkl. Wien8 aufgearbeitet. Dies betrifft die Entwicklung verschiedener Investitionskategorien und der beiden Steuerungsgrößen Saldo der laufenden Gebarung und Verschuldung. Ergänzend wird ein Überblick über bisherige Investitionsprogramme gegeben und Rückschlüsse aus den Erfahrungen aus der Finanzkrise 2008/2009 sowie bisherigen Programmen gezogen. Im zweiten Schritt erfolgt ein Vorschlag für einen kommunalen Investitionsfonds. Ausgeführt werden dabei die Zielsetzungen und Förderschwerpunkte, der Prozess sowie das Fördervolumen. Im Fokus steht dabei ein aufgabenorientierter Ansatz, um gezielt zukunftsweisende Projekte zu fördern.

Vielen Dank an DI Marion Seisenbacher für die Unterstützung bei der Datenaufbereitung. Die vorliegende Ausarbeitung erfolgte im Auftrag des Österreichischen Städtebundes.

7 8

Biwald/Mitterer: Prognose Gemeindeeinnahmen, 2020. Darstellungen ohne Wien sind entsprechend benannt.

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

III Grundlagen zu Investitionen Im ersten Teil werden die Entwicklungen im Investitionsbereich, bei der Verschuldung sowie beim Saldo der laufenden Gebarung dargestellt. Es wird der Zeitraum 2008 bis 20189 betrachtet, sodass hier auch auf die Geschehnisse der Finanzkrise 2008/2009 Bezug genommen werden kann. Setzt man diese drei Steuerungsgrößen in Bezug, können Aussagen hinsichtlich der Stabilität der Gemeindefinanzen getroffen werden. Ergänzend dazu werden die bestehenden Investitionsprogramme innerhalb dieses Zeitraumes ausgeführt. Dies betrifft jene für den Ausbau der Kinderbetreuung sowie der Ganztagsschulen als auch das KIP (Kommunales Investitionsprogramm). Schließlich werden Rückschlüsse aus den bisherigen Entwicklungen gezogen. Die Auswertungen liegen dann dem im Folgekapitel ausgeführten Vorschlag für einen kommunalen Investitionsfonds zugrunde.

1

Investitionsvolumen

Verschiedene Investitionsbegriffe Wenn von kommunalen Investitionen gesprochen wird, muss zwischen mehreren Investitionskategorien unterschieden werden: 

öffentliche vs. nicht-öffentliche Investitionen: Nur ein Teil der Investitionen der Gemeinden wird dem öffentlichen Sektor10 zugeordnet. Aufgabenbereiche, in welchen ein hoher Kostendeckungsgrad besteht (wie etwa in der gebührenfinanzierten Ver- und Entsorgung) werden nicht zum öffentlichen Sektor gezählt. innerhalb des Gemeindebudgets vs. außerhalb des Gemeindebudgets: Der Gemeindesektor umfasst neben den Gemeinden selbst auch noch Gemeindeverbände sowie ausgelagerte Gemeindegesellschaften. Blickt man in die Gemeindebudgets wird daher nur ein Teil der tatsächlichen Investitionen der Gemeinden erfasst.

Insgesamt ergeben sich damit vier Investitionskategorien (Tabelle 1), an welche ein kommunaler Investitionsfonds andocken kann.

9

2018 ist das letzte verfügbare Jahr für die Gemeindeebene. Gemäß ESVG 2010 – Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen.

10

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

Tabelle 1: Investitionskategorien der Gemeindeebene Verschuldungskategorie

Beispiele

im Gemeindebudget ausgewiesen

dem öffentlichen Sektor zugeordnet

öffentliche Investitionen Kernhaushalt

Kindergarten, Schule, Straße, Sport- und Freizeitinfrastruktur

ja

ja

nicht öffentlichen Investitionen der Eigenbetriebe (Abschnitte 85-89)

Wasser/Abwasser/ Müll (ohne Gemeindeverband)

ja

öffentliche Investitionen ausgelagerter Gesellschaften und Gemeindeverbände

Schulen (Gemeindeverbände), Sportund Freizeitinfrastruktur (z.B. Mehrzweckhallen Hallenbäder,), div. Gemeindeimmobilien (kommunale Immobiliengesellschaften), öffentlicher Verkehr, Sozialhilfeverbände, Musikschulverbände

nein

nicht-öffentliche Investitionen weiterer ausgelagerter Gesellschaften und Gemeindeverbände

Wasser/Abwasser/ Müll-Gemeindeverbände; Energieversorgung

nein

Datenverfügbarkeit

Gemeindefinanzdatensatz gemeindeweise

nein

Gemeindefinanzdatensatz gemeindeweise

ja

Übersichten ESVG 2010 zum Sektor Staat nicht gemeindeweise

nein

nicht verfügbar

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020.

Investitionsvolumen im Zeitverlauf Die Summe des Investitionsvolumens11 ergibt sich aus der Summe dieser vier Kategorien. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Daten nicht vollständig verfügbar sind, da es keine gesonderte Erfassung zu den nicht-öffentlichen Investitionen weiterer ausgelagerter Gesellschaften und Gemeindeverbände gibt. Hierunter fallen nicht unbeträchtliche Investitionen der zahlreichen Wasser-, Abwasser- und Abfallverbände der Gemeinden, die jedoch in hohem Maße gebührenfinanziert sind. 11

Siehe hierzu auch Mitterer et al.: Gemeindefinanzen 2020, 2020, S. 25 ff.

11 26.05.20


GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

Zählt man die drei Investitionskategorien zusammen, in welchen Daten verfügbar sind, kommt man auf ein Investitionsvolumen 2018 in der Höhe von 4,3 Mrd. Euro. Die öffentlichen Investitionen im Kernhaushalt belaufen sich auf 2,6 Mrd. Euro, jene der Investitionen der Eigenbetriebe auf 785 Mio. Euro und die öffentlichen Investitionen der ausgelagerten Einheiten liegen bei 924 Mio. Euro. Nach der Finanzkrise 2008/2009 kam es zu einem Einbruch der Investitionen. Der Tiefststand wurde 2011 mit 2,9 Mrd. Euro erreicht, dies ist ein Rückgang um 17 Prozent gegenüber 2009 bzw. um 16 Prozent gegenüber 2008. In Absolutwerten (daher nicht inflationsbereinigt) erreichten die kommunalen Investitionen erst 2014 wieder das Niveau von 2009.

Mio. Euro

Abbildung 3: Investitionen nach Kategorien – in Mio. Euro 2008-2019 5.000 4.500 4.000

gesamt 2008: 3.404 Mio. Euro

3.500

gesamt 2018: 4.261 Mio. Euro gesamt 2011: 2.867 Mio. Euro (-16% zu 2008)

2018: 924 Mio. Euro

3.000 2008: 876 Mio. Euro

2018: 785 Mio. Euro

2.500

2011: 986 Mio. Euro 2.000 2008: 899 Mio. Euro

2018: 2.553Mio. Euro

2011: 627 Mio. Euro 1.000 2008: 1.629 Mio. Euro 2011: 1.254 Mio. Euro 500 1.500

0 2008

2009

2010

2011

Öffentliche Investitionen Kernhaushalt

2012

2013

2014

Investitionen Eigenbetriebe

2015

2016

2017

2018

Prognose 2019 Öffentliche Investitionen ausgelagerter Einheiten

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz, Investitionen Sektor Staat nach Teilsektoren. Anmerkung: Prognose 2019 auf Basis der Entwicklungen der drei letzten verfügbaren Jahre.

Betrachtet man die Indexentwicklung zeigt sich, dass nach der Finanzkrise 2008/2009 die Investitionen in den beiden Folgejahren zurückgingen und sich erst ab 2012 wieder erholten. Im gesamten Zeitraum entwickelten sich die Gemeindeinvestitionen schwächer als das BIP. Unter Berücksichtigung des Baukostenindex12 haben die Investitionen im Jahr 2017 das Investitionsniveau von 2008 erreicht. Differenzierter zeigen sich die Entwicklungen nach Investitionskategorien. Die Investitionen der Eigenbetriebe gingen von 2009 auf 2011 deutlich zurück und stiegen danach nicht mehr auf das Niveau von vorhin. Dies hängt in hohem Maße mit Ausgliederungen (v.a. der Wohn- und Geschäftsgebäude in Immobiliengesellschaften) zusammen, welche mit der Finanzkrise verstärkt stattgefunden haben.13 Die Ausgliederungen zeigen sich auch bei der Entwicklung der öffentlichen Investitionen ausgelagerter Einheiten, welche 2009 und 2010 deutlich anstiegen. Hier kam es daher zu einer 12 13

Baukostenindex für Wohnhaus und Siedlungsbau der Statistik Austria. Mit der der Krise fanden vermehrt Auslagerungen der Gemeindeimmobilien statt, welche nach dem damaligen Regelwerk nicht dem öffentlichen Sektor zugeordnet wurden und daher nicht dem öffentlichen Schuldenstand zuzuordnen waren. Mit dem seit 2014 geltenden ESVG 2010 wurden auch die Immobiliengesellschaften dem öffentlichen Sektor zugeordnet.

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

Verschiebung aus dem Kernhaushalt in ausgelagerte Einheiten – v.a. Immobilieninvestitionen im öffentlichen Bereich (z.B. Schulen, Kindergärten, Amtsgebäude). Dies erklärt auch die stark zurückgehenden öffentlichen Investitionen im Kernhaushalt. Betrachtet man die letzten Jahre zeigt sich eine deutliche Erholung der Gemeindeinvestitionen in den Jahren 2017 und 2018. Auch für 2019 kann man von steigenden Gemeindeinvestitionen ausgehen. Besonders deutliche Anstiege zeigen sich dabei bei den öffentlichen Investitionen im Kernhaushalt. Dies ist nicht zuletzt auf das kommunale Investitionsprogramm (KIP), aber auch auf die Ausbauprogramme in den Bereichen Ganztagsschulen und Pflichtschulen14 zurückzuführen.

Index

Abbildung 4: Investitionen nach Kategorien – Indexentwicklung 2008-2019

180

Öffentliche Investitionen Kernhaushalt

160

Investitionen Eigenbetriebe

140 Öffentliche Investitionen ausgelagerter Einheiten Investitionen gesamt

120

100

Baukostenindex 80 BIP nominell

60 2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018 Prognose 2019

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz, Investitionen Sektor Staat nach Teilsektoren, Bruttoinlandsprodukt nach Wirtschaftssektoren (laufende Preise). Anmerkung: Prognose 2019 auf Basis der Entwicklungen der drei letzten verfügbaren Jahre.

Investitionen nach Aufgabenbereichen Bei Betrachtung der Investitionen nach Bereichen zeigt sich folgende Struktur: 2018 entfielen 26 Prozent der Investitionen auf den Straßenbau (inkl. Breitband), 25 Prozent wurden von Eigenbetrieben geleistet (v.a. Ver- und Entsorgung). 15 Prozent der Investitionen 2018 betrafen den Pflichtschulbereich, weitere 9 Prozent Dienstleistungsbetriebe im Kernhaushalt (ebenfalls v.a. Ver- und Entsorgung). Auf den Kinderbetreuungsbereich entfielen 6 Prozent der Investitionen. Unter die Kategorie Weiteres entfielen v.a. Investitionen für Feuerwehren, Gemeindeimmobilien und Sporteinrichtungen.

14

Ausführungen dazu später.

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

Mio. Euro

Abbildung 5: Investitionen nach Aufgabenbereichen – in Mio. Euro 2008-2018 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Weiteres Eigenbetriebe (v.a. Ver-/Entsorgung) Dienstleistungen/Kernhaushalt (v.a. Ver-/Entsorgung) Straßenbau, Breitband, etc. Schulen Kinderbetreuung Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz. Anmerkung: ausschließlich Investitionen gemäß Gemeindehaushalt.

2018

Nach der Finanzkrise sanken die Investitionen in sämtlichen Aufgabenbereichen. Davon ausgenommen ist der Kinderbetreuungsbereich, was eine Konsequenz des damals startenden Investitionsprogrammes für den Kinderbetreuungsbereich sein könnte. Warum es dann 2011 und 2012 bei der Kinderbetreuung wieder zu einem Einbruch gekommen ist, würde einer näheren Betrachtung bedürfen. Während die Investitionen in allen Aufgabenbereichen (Ausnahme Kinderbetreuung) in den Jahren 2010 und 2011 sanken, verlaufen die Entwicklungen seither durchaus unterschiedlich. Eine Vervierfachung der Investitionsausgaben zeigt sich im Bereich der Pflichtschulen. Seit 2011 läuft auch das Ausbauprogramm für Ganztagsschulen. Keine Erholung der Investitionen zeigt sich hingegen bei den Eigenbetrieben, was auf Ausgliederungen (insbesondere bei Gemeindeimmobilien) zurückgeführt werden kann.

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

Index

Abbildung 6: Investitionen nach Aufgabenbereichen, ohne Wien – Indexentwicklung 2009-2018

450

Pflichtschulen, etc. 400 Kinderbetreuung 350

Schulen Straßenbau, Breitband, etc.

300

Dienstleistungen/Kernhaushalt (v.a. Ver-/Entsorgung) 250

Eigenbetriebe (v.a. Ver/Entsorgung) Weiteres

200

150

Weiteres (z.B. Feuerwehren, Gemeindeimmobilien)

Kinderbetreuung

Straßenbau Dienstleistungen/Kernhaushalt 100

Eigenbetriebe 50 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz. Anmerkung: ausschließlich Investitionen gemäß Gemeindehaushalt.

Anteil der Gemeinden an den öffentlichen Investitionen Der Anteil der Gemeindeinvestitionen an den öffentlichen Bruttoinvestitionen15 lag im Jahr 2018 bei 30 Prozent (Abbildung 7). Im Vergleich dazu lag der Anteil der Gemeinden (inkl. Gemeindeverbände und Wien) an den Einnahmen der Gebietskörperschaften aus dem Finanzausgleich i.w.S. bei 16 Prozent.16 Gemeinden investieren daher – im Vergleich zu den anderen Gebietskörperschaften – überdurchschnittlich viel. Der Einbruch der Gemeindeinvestitionen zeigt sich auch bei einer Anteilsbetrachtung. Während der Anteil der Gemeinden in den Jahren 2009 und 2010 bei 27 bzw. 26 Prozent lag, sank dieser

15 16

Bruttoinvestitionen im Sektor Staat. Dies ist die Summe aus Ertragsanteilen, eigenen Abgaben und Transfers. Vgl. Mitterer/Pichler: Finanzausgleich kompakt, 2020, S. 9.

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

in den Jahren 2011 und 2012 auf 24 bzw. 25 Prozent. Seit 2014 liegt der Anteil wieder auf rund 29 Prozent. 2018 wurde der bisher höchste Anteil mit 30 Prozent erreicht. Abbildung 7: Anteil der Gebietskörperschaften an den öffentlichen Bruttoinvestitionen in Prozent, 2009 bis 2018 100% 90% 80%

1%

2%

2%

2%

2%

2%

3%

1%

2%

1%

27%

26%

24%

25%

27%

29%

29%

28%

29%

30%

16%

17%

17%

17%

15%

15%

14%

14%

15%

13%

55%

56%

58%

56%

56%

54%

54%

57%

55%

56%

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Bund

Länder (exkl. Wien)

Gemeinden (inkl. Wien)

SV-Träger

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2020 auf Basis Statistik Austria: öffentliche Finanzen 2009 bis 2018 mit Stand 30.09.2019

2

Verschuldung

Eine weitere Kenngröße für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden ist die Verschuldung. Nachfolgend werden einerseits die öffentlichen Schulden der Gemeindeebene (inkl. Wien) sowie die Schulden der Gemeindehaushalte17 dargestellt. Die öffentliche Verschuldung der Gemeinden lag 2008 bei 7,4 Mrd. Euro und erhöhte sich bis 2011 auf 12 Mrd. Euro. Dies ist ein Plus von 61 Prozent. In den folgenden Jahren erhöhte sich der Schuldenstand moderat. Insgesamt ist daher zu beobachten, dass nach der Finanzkrise 2008/2009 zwar der Schuldenstand stieg, dennoch der Einbruch bei den Investitionen nicht aufgefangen werden konnte.18 Konstanter verlief die Verschuldung der Gemeindehaushalte – daher (im Vergleich zur öffentlichen Verschuldung) inkl. etwa der Ver- und Entsorgung im Rahmen der Eigenbetriebe, aber dafür ohne Investitionen in ausgelagerten Einheiten.

17 18

daher inkl. Eigenbetriebe, exkl. öffentliche Schulden ausgelagerter Gesellschaften. Hinzuweisen ist auch auf Änderungen im ESVG. Mit der der Krise fanden vermehrt Auslagerungen der Gemeindeimmobilien statt, welche nach dem damaligen Regelwerk nicht dem öffentlichen Sektor zugeordnet wurden. Mit dem seit 2014 geltenden ESVG 2010 wurden auch die Immobiliengesellschaften dem öffentlichen Sektor zugeordnet.

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

Mio. Euro

Abbildung 8: Verschuldung nach Kategorien – in Mio. Euro 2008-2018 20.000 18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 2008

2009

2010

2011

2012

2013

Öffentliche Verschuldung

2014

2015*

2016*

2017*

2018*

Verschuldung Gemeindehaushalte

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz, Verschuldung Sektor Staat nach Teilsektoren. * Anmerkung: 2008 bis 2014 gemäß Stand 22.9.2016, 2015 bis 2018 gemäß Stand 21.10.2019. Gemäß ESVG 2010.

Index

Abbildung 9: Verschuldung nach Kategorien – Indexentwicklung 2008-2018 240 220 Öffentliche Verschuldung

200 180 160 140

Verschuldung Gemeindehaushalte

120 100 2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014 2015* 2016* 2017* 2018*

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz, Verschuldung Sektor Staat nach Teilsektoren. * Anmerkung: 2008 bis 2014 gemäß Stand 22.9.2016, 2015 bis 2018 gemäß Stand 21.10.2019. Gemäß ESVG 2010.

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

Entwicklung des öffentlichen Defizits Die zweite wesentliche Maßzahl der öffentlichen Verschuldung ist das öffentliche Defizit – auch „Maastricht-Defizit” genannt (gegebenenfalls auch ein Überschuss). Es berücksichtigt die Gemeindehaushalte ohne Gebührenbereiche zuzüglich dem öffentlichen Sektor zugeordnete Gemeindeverbände und gemeindeeigene Gesellschaften. In Abbildung 10 wird das öffentliche Defizit nach Gebietskörperschaften von 2009 bis 2018 gezeigt. Über den gesamten Betrachtungszeitraum von zehn Jahren wurde ein gesamtstaatliches öffentliches Defizit erwirtschaftet. 2009 und 2010 war das Defizit aufgrund der Krise deutlich negativ. Wenngleich der Bund den größten Anteil am Defizit trug, wurde es in diesen beiden Jahren von allen Gebietskörperschaften (mit Ausnahme der Sozialversicherungsträger) gemeinsam verursacht. Die Gemeinden erreichten seit 2011 immer ein ausgeglichenes Ergebnis. Abbildung 10: Öffentliches Defizit nach Teilsektoren des Staates in Prozent des BIP, 2009 bis 2018

Defizit (-) / Überschuss (+) in Prozent des BIP

2009 1,0%

2010

2014

2015

2016

2017

2018

0,0%

-1,0%

-2,0%

-3,0%

-4,0%

Bundesebene Landesebene (ohne Wien) Gemeindeebene (mit Wien) (bis 2010) Wien (ab 2011) Gemeindeebene (ohne Wien) (ab 2011) Sozialversicherungsträger

-5,0%

Quelle: KDZ: eigene Berechnung 2020 auf Basis Statistik Austria: Öffentliches Defizit (Stand 30.09.2019) und BIP.

3

Überschüsse aus dem laufenden Betrieb

Eine weitere Kenngröße ist der Überschuss aus dem laufenden Betrieb (Saldo 1 gemäß Rechnungsquerschnitt), welcher für Investitionen verwendet werden kann. Stellt man die Überschüsse der lfd. Gebarung den Investitionen gegenüber, sieht man in den Jahren 2009 und 2010 deutliche Differenzen zwischen diesen Größen. Die Differenz musste anderweitig gedeckt werden (Schuldaufnahmen, Auflösung von Rücklagen, Finanzzuweisungen). Bei dieser Darstellung ist darauf hinzuweisen, dass in Wien das Verhältnis zwischen Saldo 1 und den Investitionen deutlich anders liegt als in den Gemeinden ohne Wien. Dies ist in hohem Maße darauf zurückzuführen, dass in den Gemeinden ohne Wien auch Investitionszuschüsse

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

(Gemeinde-Bedarfszuweisungen) zur Finanzierung der Investitionen zur Verfügung stehen. Bei den Gemeinden ohne Wien beträgt der Saldo1 daher etwa 70 Prozent der Investitionen.

Mio. Euro

Abbildung 11: Überschuss der lfd. Gebarung sowie Investitionen, 2008-2019 4.000 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 2008

2009

Überschuss lfd. Gebarung

2010

2011

2012

2013

2014

Investitionen Gemeindehaushalt

2015

2016

2017

2018

Prognose 2019 öffentliche Investitionen Gemeindeebene

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz, Investitionen Sektor Staat nach Teilsektoren.

4

Bisherige Investitionsprogramme:

Tabelle 2 gibt einen Überblick über Investitionsprogramme seit dem Jahr 2008. Im Wesentlichen sind dies:   

Ausbauprogramm Kinderbetreuungsbereich: Hier werden seit 2008 von 15 bis 100 Mio. Euro p.a. zur Verfügung gestellt19 Ausbauprogramm Ganztagsschulen: Der Rahmen liegt seit 2011 bei 38 bis 109 Mio. Euro p.a.20 Kommunales Investitionsprogramm (KIP): Insgesamt 175 Mio. Euro für die Jahre 2017/2018.

Die Programme sind dabei durchaus unterschiedlich ausgestaltet. Während es sich bei den Ausbauprogrammen um programmatische Förderungen mit klaren Zielsetzungen und aufgabenspezifischen Förderungen (etwa Zuschuss pro Gruppe) handelt, ist das KIP ein allgemeines Konjunkturprogramm (bei bereits guter Konjunkturentwicklung), welches allen Gemeinden unabhängig von konkreten programmatischen Schwerpunkten gewährt wurde. Die Ausbauprogramme zeigten – wie bereits oben ausgeführt – durchaus Wirkungen. So stiegen die Investitionen für die Kinderbetreuung trotzt Finanzkrise im Zeitraum 2009 und 2010, sanken danach aber wieder ab, um dann schließlich wieder zu steigen. Im Schulbereich konnte 2018 ein viermal höheres Investitionsvolumen als noch in den Jahren vor dem Ausbauprogramm erzielt werden. Das KIP fällt mit Rekordinvestitionen der Gemeinden in den Jahren 2017 und 2018 zusammen. 19 20

Über die tatsächliche Ausschöpfung sind keine Werte bekannt. Über die tatsächliche Ausschöpfung sind keine Werte bekannt.

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Ziel

Fördergegenstand

Zeitraum

Fördersumme und Ausschöpfung 1. Vereinbarung: 2008-2010: 15 Mio. Euro p.a. 2. Vereinbarung 2011-2014: 10-15 Mio. Euro p.a. 3. Vereinbarung 2014/2015: 100 Mio. Euro 2016-2017: 52,5 Mio. Euro für den Ausbau: 2018: 36-41 Mio. Euro 2019/2020: 47-54 Mio. Euro (daher ohne letztes Kindergartenjahr und Sprachförderung) 1. Vereinbarung: 2011: 70 Mio. Euro 2012: 49 Mio. Euro 2013: 43 Mio. Euro 2014: 38 Mio. Euro 2. Vereinbarung: 2015: 109 Mio. Euro 2016: 99 Mio. Euro 2017: 114 Mio. Euro 2018: 103 Mio. Euro

Erhöhung * Schaffung neuer Betreuungsplätze Betreuungsquoten und * Schwerpunkt unter 3-Jährige Ausbau des Angebotes an * auch Tageseltern und Ausbildung von Hilfspersonal ganztägiger Betreuung

2008-2017

15a-Vereinbarung Elementarpädagogik

u.a. Stärkung elementarer Bildungseinrichtungen; Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

* Ausbau des Kinderbildungs- und -betreuungsangebots (Erreichen Barcelonaziel) * beitragsfreier Besuch für 20 Wochenstunden im letzten Kindergartenjahr * Stärkung der Sprachkompetenz

2018-2020

15a-Vereinbarungen Ausbau Ganztagsschulen (inkl. Verlängerung)

Ausbau Ganztagsschulen

* infrastrukturelle Maßnahmen * Personalkosten im Freizeitbereich der schulischen Tagesbetreuung

2011-2018 (ursprünglich bis 2015; dann Verlängerung bis 2018)

Ausbau Ganztagsschulen

* Verbesserung der schulischen Infrastrukturen für ganztägige Schulformen * Maßnahmen im Personalbereich für ganztägige Schulformen (zusätzliches Personal)

2017: 20 Mio. Euro 2018: 60 Mio. Euro 2019/2020: 65 Mio. Euro 2021/2022: 60 Mio. Euro 2023: 50 Mio. Euro geplant: 2017-2025 2024: 35 Mio. Euro ab 2020 Novellierung inkl. 2025: 13 Mio. Euro Verlängerung (siehe unten) Werte ab 2020 nicht mehr gültig! Mittel 2017-2019 wurden nicht ausgeschöpft, deshalb Verlängerung zusätzliche Fördergegenstände

Bildungsinvestitionsgesetz - Ausbau Ganztagsschulen Verlängerung (Novellierung und -betreuung sowie des BIG 2017) Ferienbetreuung

* Verbesserung der schulischen Infrastrukturen für ganztägige Schulformen * Maßnahmen im Personalbereich für ganztägige Schulformen (zusätzliches und bestehendes Personal)

2020-2033

KIP (Kommunales Investitionsprogramm

* Errichtung, Erweiterung und Sanierung von Kindertageseinrichtungen und Schulen * Errichtung, Erweiterung und Sanierung von Einrichtungen für die Seniorenbetreuung und Betreuung von behinderten Personen * Abbau von baulichen Barrieren (Abbau von Barrieren in Gebäuden sowie deren barrierefreier Zugang) * Errichtung und Sanierung von Sportstätten und Freizeitanlagen im Eigentum der Gemeinde 2017+2018 * ÖffentlicherVerkehr (ohne Fahrzeuginvestitionen) * Schaffung von öffentlichem Wohnraum * Sanierung (insbesondere auch thermische Sanierung) und Errichtung von Gebäuden im Eigentum der Gemeinde * Abfallentsorgungsanlagen und Einrichtungen zur Abfallvermeidung * Wasserversorgungs-und Abwasserentsorgungseinrichtungen * Maßnahmen in Zusammenhang mit dem flächendeckenden Ausbau von Breitband-Datennetzen

Bildungsinvestitionsgesetz 2017

Modernisierung der Infrastruktur

* Bildung von länderweisen Töpfen (Verteilung pro unter 3-Jährige) * Höchstbetrag pro Gruppe

* Bildung von länderweisen Töpfen * Höchstbetrag pro Gruppe

* Bildung von länderweisen Töpfen * Höchstbetrag pro Gruppe * Knüpfung an Bedingungen (v.a. Öffnungszeiten)

* Bildung von länderweisen Töpfen * Höchstbetrag je zusätzlicher/m SchülerIn * Knüpfung an Bedingungen (v.a. Öffnungszeiten)

2020: 32,5 Mio. 2021/2022: je 30 Mio. 2023 bis 2033: je 30,5 Mio.

* Bildung von länderweisen Töpfen * Höchstbetrag je Gruppe * Knüpfung an Bedingungen (v.a. Öffnungszeiten)

in Summe 175 Mio. Euro; wurde voll ausgeschöpft

* nur für zusätzliche Projekte * 25% Förderquote * maximale Förderhöhe je zur Hälfte nach den Schlüsseln Volkszahl und abgestufterBevölkerungsschlüssel

GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

15a-Vereinbarungen zum Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung

Förderbedingungen

Tabelle 2: Bisherige Investitionsprogramme des Bundes für Gemeinden

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis der genannten gesetzlichen Grundlagen.

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Programm


GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

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Rückschlüsse aus den bisherigen Entwicklungen

Investitionseinbrüche/Investitionsstopp Angesichts der absehbaren finanziellen Einbußen ist – ähnlich 2009-2011 – mit einem Rückgang der Investitionen zu rechnen, sollten keine Gegensteuerungsmaßnahmen getroffen werden. Dies wird auch noch dadurch verstärkt, dass es bereits in mehreren Bundesländern die Vorgabe an Gemeinden gibt, nicht-systemrelevante Investitionen aufzuschieben. Investitionsrückstau? Eine wichtige Fragestellung lautet, inwieweit Investitionen nicht bereits gesättigt sind oder ob ein Investitionsrückstau besteht. Da hierzu in Österreich keine Studien bestehen, kann diese Frage nicht beantwortet werden. Im Rahmen einer aktuellen Erhebung unter Österreichs Städten21 soll dieser Frage jedoch zumindest ansatzweise nachgegangen werden. Im Besonderen läuft aktuell auch eine Erhebung zu den Investitionsnotwendigkeiten im städtischen öffentlichen Verkehr22, deren Ergebnisse demnächst vorliegen sollten. Lehren aus der Finanzkrise 2008/2009 Nach der Finanzkrise 2008/2009 bestand kein gezieltes Investitionsprogramm für den Gemeindesektor. Ergebnis war ein markanter Einbruch der öffentlichen Gemeinde-Investitionen 2010 (-8 Prozent bzw. rund 300 Euro) und 2011 (-17 Prozent bzw. rund 600 Mio. Euro) gegenüber 2009 – bei einem Rückgang des Saldo 1 um rund 740 Mio. Euro 2009 sowie rund 1 Mrd. Euro 2010 gegenüber 2008. Die Investitionen haben sich im Verhältnis zum BIP über Jahre nicht erholt. Gleichzeitig erhöhte sich die Verschuldung in den Krisenjahren deutlicher (von 2009 auf 2011 um 3 Mrd. Euro), was die Handlungsspielräume der Gemeinden weiter einengte. Insgesamt zeigt sich, dass es zweckmäßig ist, mehrere Steuerungsgrößen zu betrachten, um die finanzielle Situation der Gemeinden zu beurteilen. Insbesondere zu nennen sind hier der Saldo der laufenden/operativen Gebarung, die Investitionen und die Verschuldung. Diese Indikatoren wirken zusammen23 und bieten damit wertvolle Erkenntnisse und Ansatzpunkte für eine weitergehende Steuerung. Generell waren bei den Konjunkturprogrammen nach der Finanzkrise 2008/2009 die Schwerpunkte auf Zukunftsbereiche nur schwach ausgeprägt: „Die Chance, konjunkturstabilisierende Maßnahmen so zu gestalten, dass sie auch langfristige Ziele zur Förderung der Resilienz sowie einer nachhaltigen Entwicklung unterstützen, wurde allerdings in der Krise 2008/2009 unzureichend genutzt. So zeigt (sich), dass (nur) knapp 30 Prozent der Konjunkturstabilisierungsmaßnahmen im weiteren Sinne Zukunftsbereichen (Infrastruktur, F&E, Bildung, „grüne“ Technologien) zuzurechnen waren; dabei dominierten allerdings traditionelle Infrastrukturinvestitionen.“24

21

Erhebung durch das KDZ im Zeitraum Mitte bis Ende Mai 2020 im Auftrag des Österreichischen Städtebundes. Erhebung durch das KDZ im Zeitraum Anfang bis Mitte Mai 2020 im Auftrag des Österreichischen Städtebundes. Hier können auch Indikatoren herangezogen werden, wie etwa die Verschuldungsdauer oder die Substanzerhaltungsquote. 24 Köppl et al.: COVID-19, Klimawandel und Konjunkturpakete, 2020, S. 7. 22 23

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GRUNDLAGEN ZU INVESTITIONEN

Lehren zu bisherigen Investitionsprogrammen Die programmatischen Investitionsprogramme für die Bereiche Kinderbetreuung und Ganztagsschulen haben klare Zielsetzungen und führen dadurch zu messbaren Ergebnissen. So konnte die Betreuungsquote der unter-3-Jährigen deutlich ausgebaut werden, ebenso wie die Anzahl an Ganztagsschulplätzen. Insbesondere bei den Programmen zum Ausbau der Ganztagsschulen zeigte sich jedoch, dass die Programme nicht voll ausgeschöpft wurden, weshalb diese auch mehrmals gestreckt wurden. Dies wird von Gemeinden insbesondere auch damit begründet, dass die Investitionen auch laufende Folgekosten (v.a. zusätzliches von den Gemeinden zu tragendes Personal) nach sich ziehen, welche im bestehenden Finanzausgleich nicht berücksichtigt sind. In Bezug auf das KIP ist darauf hinzuweisen, dass hier konkrete aufgabenbezogene Zielsetzungen oder spezifische Förderkriterien fehlten. Insbesondere zu benennen ist:    

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Die Mittel wurden unabhängig von den bestehenden Bedarfen allen Gemeinden im gleichen Ausmaß zur Verfügung gestellt („Gießkannenprinzip“). Es wurde kein Schwerpunkt auf klimafreundliche Infrastrukturen gelegt. Es bestanden keine weiteren Förderkriterien, um insbesondere bestehende Ineffizienzen aufgrund mangelnder horizontaler Kooperationen zwischen Gemeinden zu beheben. Gefördert wurden ausschließlich „neue“ Projekte. Dies hatte zur Folge, dass einerseits Projekte aus den folgenden Jahren vorgezogen wurden, andererseits wurden auch neue Projekte konzipiert, welche ansonsten nicht realisiert worden wären. Das Förderprogramm nahm somit auf die beschlossenen mittelfristigen Finanz- und Investitionspläne keinen Bezug.


VORSCHLAG KOMMUNALER INVESTITIONSFONDS

IV Vorschlag Kommunaler Investitionsfonds Ein kommunaler Investitionsfonds würde dabei helfen, Arbeitsplätze zu sichern und vor allem zukunftsträchtige Investitionen zu fördern. Nachfolgend dazu ein Vorschlag.

1

Zielsetzung

Bei Auflage eines kommunalen Investitionsfonds sollten die Zielsetzungen, welche mit diesem verfolgt werden, ausreichend konkretisiert sein. Zu den Zielen bedarf es freilich einer politischen Diskussion. In ersten Vorschlägen des WIFO und der Arbeiterkammer Wien werden etwa Schwerpunkte auf die Bereiche Beschäftigung, Klimaschutz oder das Stärken der Resilienz gelegt.25 Im hier vorliegenden Papier sollen die folgenden Zielsetzungen vorgeschlagen werden:     

Vermeiden eines Investitionsrückstaus der kommunalen Infrastruktur Beitrag zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes Nutzen des Potenzials der Gemeinden für den Klimaschutz und anderer Aufgabenziele Umsetzen von Investitionen in Zukunftsprojekte mit positiven sozialen Auswirkungen Berücksichtigen unterschiedlicher Aufgabennotwendigkeiten

Vermeiden eines Investitionsrückstaus der kommunalen Infrastruktur Wie die Analyse der Investitionstätigkeit nach der Finanzkrise 2008/2009 gezeigt hat, kommt es ohne ein entsprechendes Investitionsprogramm zu einem Einbruch der kommunalen Investitionstätigkeit. Der dadurch entstehende Investitionsrückstau ist dabei schwierig aufzuholen. Dies betrifft insbesondere den städtischen Raum, in welchem es aufgrund der demografischen Entwicklung einen stärkeren Investitionsbedarf aufgrund von erhöhten Ausbaubedarfen gibt. Auch im ländlichen Raum würde ein Investitionsrückstau die bestehenden demografischen Ströme vom Land in die Stadt noch weiter verstärken. Wichtig wäre hierbei, dass ein Investitionsfonds – anders als das KIP26 (kommunales Investitionsprogramm 2017/2018) – ermöglicht, zumindest die bisher geplanten Investitionen gemäß den mittelfristigen Finanzplänen der Gemeinden umzusetzen, um einen Investitionsstau zu verhindern. Dabei sollte der Fokus auf jene Projekte gelegt werden, bei welchen durch einen Aufschub langfristige Folgen zu erwarten wären. Dies betrifft etwa den Ausbau von Kinderbetreuungs- und Schulbauten in stark wachsenden Gebieten. Ohne Förderprogramme durch den Bund müssten solche Projekte über eine Neuverschuldung realisiert werden. Eine hohe Verschuldung der Gemeinden birgt die Gefahr, dass diese ihre Probleme nur in die Zukunft verschieben. Wie problematisch dies sein kann, zeigt ein Blick auf Deutschland. Dort gibt es bereits jetzt etwa 2.000 Gemeinden, deren Kassenkredite so hoch sind, dass sie die Zinsen nicht mehr bedienen können.27 Eine gewisse Verschuldung wird angesichts 25

Siehe hierzu beispielsweise auch: Feigl et al.: Budget 2020, 2020, S. 15.; Köppl et al.: COVID-19, Klimawandel und Konjunkturpakete, 2020, S. 4 f. Dieses hat nur „neue“ Projekte gefördert. 27 Spiegel: Nach meiner Ansicht macht Herr Scholz alles falsch, 2020. 26

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VORSCHLAG KOMMUNALER INVESTITIONSFONDS

der Lage sicherlich tragbar sein, aber die Verschuldung sollte als Steuerungsgröße jeweils im Blick behalten werden. Beitrag zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes 30 Prozent der öffentlichen Investitionen wurden 2018 von Gemeinden getätigt. Kommt es hier zu einem Einbruch, würde dies auch negative Folgen auf die Beschäftigung nach sich ziehen und bestehende negative Entwicklungen verstärken. Dies betrifft primär den Bausektor, welcher rasch stabilisiert werden sollte. In weiterer Folge werden jedoch gerade durch kommunale Investitionen auch langfristig Arbeitsplätze geschaffen. Man denke hier beispielsweise an den Ausbau der Kindergärten und -krippen bzw. der Nachmittagsbetreuung von PflichtschülerInnen, in einigen Bundesländern auch an den Sozial- und Gesundheitsbereich. Nutzen des Potenzials der Gemeinden für den Klimaschutz und anderer Aufgabenziele Gemeinden tragen ein großes Potenzial in sich, an der Entwicklung hin zu einer klimafreundlichen Gesellschaft beizutragen. Der Beitrag der Gemeinden zur Erreichung der Klimaziele zieht sich dabei durch alle Aufgabenbereiche der Gemeinden: von der Siedlungsentwicklung und Raumplanung, über den öffentlichen Verkehr, über die thermische Sanierung öffentlicher Gebäude, über Optionen für eine Ökologisierung der kommunalen Abgaben bis hin zur Verankerung der Klimaziele in der Steuerung (Klimabudgets).28 Bestehende Förderprogramme, insbesondere auch die Vorgaben bei der Verteilung der Gemeinde-Bedarfszuweisungen, berücksichtigen dieses enorme Steuerungspotenzial derzeit noch unzureichend.29 Eine starke Ausrichtung eines bundesweiten kommunalen Investitionsfonds an Klimazielen würde dieses wichtige Bewusstsein sowohl auf der Länder- als auch auf der Gemeindeebene stärken und somit langfristig zu einem Umbau in Richtung klimafreundliche Gemeinde beitragen. Umsetzen von Investitionen in Zukunftsprojekte mit positiven sozialen Auswirkungen Ein Investitionsprogramm in der bestehenden Krise bietet die Chance, positiv steuernd auf die Zukunft einzuwirken. Zentrale Zukunftsfragen betreffen hierbei auch den Gemeindesektor. Neben dem bereits genannten Beitrag der Gemeinden zum Klimaschutz ist dies insbesondere der Bereich der Bildung. Durch das Schaffen von Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen sind positive Effekte auf die Gesellschaft zu erwarten, in dem etwa die Bildungschancen aller SchülerInnen verbessert werden.30 Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist gerade nach dieser Krise, in der Frauen wieder verstärkt in veraltete Rollenaufteilungen gedrängt wurden31, Gebot der Stunde. Berücksichtigen unterschiedlicher Aufgabennotwendigkeiten Die Gemeindeebene besteht aus einer Vielzahl an inhomogenen Gemeinden. Die Aufgabenbedarfe der Gemeinden variieren etwa in Abhängigkeit des Zentralitätsgrades oder der demografischen Rahmenbedingungen. Insbesondere die Funktion der Gemeinde ist dabei ausschlaggebend, welche Dienstleistungen und Infrastrukturen bereitgestellt werden müssen. Ein zentraler Ort mit regionaler Versorgungsfunktion muss mehr Angebote aufrechterhalten als eine 28

Brait et al.: Fünf Maßnahmen für mehr Klimaschutz in den Gemeinden, 2020. Im Gegenteil, so werden klimafreundliche Maßnahmen der Gemeinden – etwa die Installierung einer Photovoltaikanlage – in einigen Bundesländern im Rahmen der Bedarfszuweisungsprozesse explizit nicht gefördert. 30 Bund: Wirkungsmonitoring, 2020; Mitterer u. Seisenbacher: Fact Sheets: Pflichtschule und Tagesbetreuung, 2019, S. 7. 31 Allmendinger: Frauen verlieren ihre Würde, 2020. 29

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Gemeinde im Stadtumland. Eine Tourismusgemeinde weist andere Aufgabenbedarfe auf als eine landwirtschaftlich geprägte Gemeinde. Das 2017/2018 aufgelegte KIP (kommunales Investitionsprogramm) hatte etwa keinen differenzierten Ansatz. Die Gelder wurden pro Kopf – daher mit der „Gießkanne“ – auf die Gemeinden verteilt. Unterschiedliche Aufgabenbedarfe von Gemeinden wurden nicht berücksichtigt, dies hätte jedoch die Effektivität der Mittel erhöht. Durch eine wenig differenzierte Vorgehensweise besteht die Gefahr, dass in Gemeinden mit höheren Investitionsbedarfen aufgrund ihrer spezifischen Funktionen keine ausreichende Finanzierung von Investitionsprojekten erfolgt.

2

Inhaltliche Schwerpunkte

Abgeleitet von den Zielsetzungen stellt sich die Fragestellung nach inhaltlichen Schwerpunkten. Betrachtet man bisherige kommunale Investitionsprogramme zeigen sich einerseits programmatische Schwerpunkte (Kinderbetreuung, Ganztagsschulen), andererseits besteht mit dem KIP (kommunales Investitionsprogramm 2017/2018) ein Investitionsprogramm ohne konkrete Aufgabenziele. Entsprechend der oben genannten Ziele sollte ein Verteilen der Gelder mittels „Gießkanne“ vermieden werden und stattdessen an bestehende aufgabenbezogene Steuerungsziele angedockt werden. Im Folgenden werden die folgenden inhaltlichen Schwerpunkte vorgeschlagen: Schwerpunkte auf Aufgabenbereiche   

Bildung und Soziales Daseinsvorsorge Öffentlicher Verkehr

Schwerpunkte auf Steuerungsaspekte (Förderkriterien)    

Klimaschutz regionale Perspektive notwendige Ersatzinvestition demografische Bedarfe

Schwerpunkte auf Aufgabenbereiche Es werden Schwerpunkte in drei zentralen Aufgabenbereichen vorgeschlagen. Hierbei handelt es sich einerseits um zukunftsorientierte Investitionen, andererseits um Projekte zur Sicherung der Versorgungssicherheit. Bildung und Soziales Hierbei wären insbesondere die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:    

Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten – Kinderkrippen, Kindergärten, Horte Ausbau von ganztätigen Angeboten im Pflichtschulbereich – Ganztagsschulen, Nachmittagsbetreuung Ausbau von Infrastrukturen aufgrund demografischer Notwendigkeiten Ausbau von sozialer Infrastruktur – z.B. Pflegeeinrichtungen (auch Tageszentren)

In den Bereichen Elementarpädagogik und Ganztagsschulen ist zu berücksichtigen, dass bereits programmatische Förderungen vorliegen, an welche hier angedockt werden kann.

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Daseinsvorsorge Im umfangreichen Bereich der Daseinsvorsorge wäre ein Schwerpunkt auf die folgenden Bereiche zu legen:  

Ver- und Entsorgung – Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Abfallentsorgung Bereitstellen technischer Infrastruktur (inkl. Breitband)

Auch bei der Daseinsvorsorge sind bereits bestehende Förderprogramme zu berücksichtigen, wie etwa für die Siedlungswasserwirtschaft oder den Breitbandausbau. Öffentlicher Verkehr Der öffentliche Verkehr ist nicht nur für einen starken Klimaschutz ein zentraler Baustein, sondern er garantiert auch das Zusammenwirken in funktionalen Räumen. Für die Gemeindeebene von besonderer Bedeutung hierbei sind Förderungen in den folgenden Bereichen:     

Ausbau des städtischen ÖPNRV (Angebotsausweitungen und alternative Antriebe) Ausbau der Radweginfrastruktur Investitionen in Verkehrsberuhigung, Rad- und Fußwege im städtischen Raum innovative Lösungen für einen Mikro-Öffentlichen-Verkehr im ländlichen Raum Errichtung von Nahverkehrsdrehscheiben

Insbesondere in Stadtregionen besteht ein hoher Ausbaubedarf der Infrastrukturen im ÖPNRV.32 Die vom Bund geplante Nahverkehrsmilliarde33 stellt dabei voraussichtlich vorrangig auf stadtgrenzenüberschreitende Verkehre ab. Die Finanzierung von Projekten innerhalb der Stadtgrenzen, wie etwa der Ausbau von Straßenbahnen, könnte damit gefährdet sein. Auch besteht hier bereits bisher ein Investitionsrückstau, da entsprechende Förderinstrumente für den städtischen ÖPNRV fehlen. Jedenfalls sollte hier eine Abstimmung dieser beiden Förderprogramme stattfinden. Gleiches gilt für die für den ländlichen Raum vorgesehene Regionalverkehrsmilliarde, welche jedoch vorrangig durch die Bundesländer ausgeschöpft werden sollte. Die Errichtung von Nahverkehrsdrehscheiben ermöglicht die Integration der verschiedenen Verkehrsmodi (Fuß-, Rad-, öffentlicher Verkehr sowie shared Lösungen).34

Schwerpunkte auf Steuerungsaspekte Unabhängig vom jeweiligen Aufgabenbereich sollten noch weitere Schwerpunkte gesetzt werden. Die Einhaltung dieser Kriterien könnte dann die Förderquote entsprechend erhöhen. Klimaschutz Ein starker Fokus auf den Klimaschutz könnte an den folgenden Themen ansetzen35:     32

thermische Sanierung Neuerrichtung nach klimafreundlichen Standards erneuerbare Energien (z.B. Photovoltaik-Anlagen) Umrüstung der kommunalen Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe

Mitterer et al.: Bedarfserhebung ÖPNRV-Infrastruktur in Stadtregionen, 2018. Regierungsprogramm 2020-2024. Köppl et al.: COVID-19, Klimawandel und Konjunkturpakete, 2020, S. 9. 35 Siehe hierzu auch Köppl et al.: COVID-19, Klimawandel und Konjunkturpakete, 2020, S. 9.; Brait et al.: Fünf Maßnahmen für mehr Klimaschutz in den Gemeinden, 2020. 33 34

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 

Förderung der Elektromobilität Raumplanungs- und Stadtentwicklungsmaßnahmen (Rückbau von Hitzeinseln in Ortszentren, Renaturierungsprojekte) bis hin zur Smart City36

Mit einer erhöhten Sanierungsrate im Bereich öffentlicher Gebäude können relevante Einsparpotenziale an Energie- und Treibhausgasemissionen erschlossen werden.37 Sowohl bei Neubauten als auch bei Generalsanierungen können dabei klimafreundliche Standards verfolgt werden. Ein Beispiel, wie dies gelingen kann, zeigt die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), welche bei Neubauten und Sanierungen Mindeststandards definiert hat (Holistic Building Program-Kriterienkatalog, klimaaktiv Silber – Gebäudeausweis).38 Zersiedelung, Einkaufszentren an den Ortsrändern und hoher Bodenverbrauch prägen die letzten Jahrzehnte. Die Entwicklung sollte daher stärker in Richtung Eingrenzung des Bodenverbrauchs, Verhinderung von Zersiedelung sowie Sicherstellung einer verdichteten, kompakten Siedlungsund Gewerbegebietsentwicklung gehen. Eine Anknüpfungsmöglichkeit gibt es etwa an den europäischen Green Deal. Es wäre jedoch noch zu prüfen, ob und in welcher Form dies möglich wäre. Regionale Perspektive Eine stärker regionale Abstimmung der Dienstleistungen und Infrastrukturen der Gemeinden soll die Effizienz- und Effektivitätspotenziale heben. Bereits bisher zeigen sich immer wieder Ansätze zur Förderung von Gemeindekooperationen – etwa im Finanzausgleichsgesetz –, allerdings greifen diese meist zu kurz. Um die Anreize für Gemeinden zu erhöhen, um über Kooperationsprojekte nachzudenken, sollte die Förderquote auch hier ansetzen. Dies umfasst etwa  

niedrigere Förderung, wenn ein Projekt in Kooperation effizienter umgesetzt werden könnte, aber dennoch nicht in Kooperation erfolgt höhere Förderung bei Projekten mit regionaler Versorgungsfunktion

Auch eine Integration der regionalen Perspektive (z.B. Stadtregionen) wäre sinnvoll, um etwa die Stadt-Umland-Problematik aufzugreifen. Notwendige Ersatzinvestition Die Gemeinden haben im Rahmen der VRV 2015 ihr Vermögen erfasst. In diesem Zusammenhang wissen sie mittlerweile sehr genau das Alter, die restliche Nutzungsdauer und den Buchwert ihrer Vermögensgegenstände. Die Notwendigkeit eines Investitionsprojektes kann daher auch in Abhängigkeit der Restnutzungsdauer bzw. des Restbuchwertes eines Objektes abgeleitet werden. Daher: Wenn ein Objekt – wie z.B. ein Gebäude oder eine Wasserleitung – weitgehend abgeschrieben ist, ist eine Ersatzinvestition notwendig. Demografische Bedarfe Darüber hinaus sind die Infrastrukturbedarfe der Gemeinden auch in hohem Maße von den demografischen Entwicklungen abhängig. Insbesondere die stark wachsenden Ballungsräume 36

Siehe hierzu beispielhaft den Smart-City-Ansatz der Stadt Wien, welcher insbesondere auch den Klimaschutzaspekt berücksichtigt. https://smartcity.wien.gv.at/site/ Kranzl et al.: Effekte einer Steigerung der thermischen Sanierungsrate öffentlicher Gebäude, 2012. 38 BIG: Nachhaltiger Mindeststandard (https://nachhaltigkeit.big.at/schaffen/nachhaltiger-mindeststandard). Dieser sieht vor: Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, erhöhte Klimaenergerieeffizienzstandards, ökologische Gesamtbewertung von Gebäuden, Limitierung der CO2 – Emissionen, Verpflichtende Lebenszykluskostenanalysen, Vermeidung von klimaschädlichen Baustoffen. 37

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sind auf einen raschen Ausbau ihrer Infrastrukturen abhängig, allen voran in den Bereichen Elementarpädagogik und Pflichtschulen. Da ein Aufschub solcher Projekte als kritisch anzusehen ist und die Finanzierung dann in hohem Maße wohl ausschließlich über eine höhere Verschuldung erfolgen könnte, sollte hier ein eigener Förderschwerpunkt gesetzt werden. Dieser Schwerpunkt setzt daher daran an, jene Projekte zu identifizieren, welche selbst trotz Coronakrise nicht gestoppt werden sollten/können.

3

Förderquote, Zeitraum, Prozess

Förderquote Zeitraum Klarheit über Kriterien Förderprozess

Beschreibung zwischen 30 und 70% in Abhängigkeit der oben genannten Förderschwerpunkte 2021-2023 Anfang September 2020 Anknüpfung an bestehende Genehmigungsverfahren durch die Länder

Förderquote In Abhängigkeit der oben genannten Förderschwerpunkte sollte eine unterschiedliche Förderquote zwischen 30 und 70% bereitgestellt werden:  

Projekte in Bildung, Soziales, Daseinsvorsorge und öffentlichen Verkehr erhalten höhere Quoten als Projekte in anderen Aufgabenbereichen Je mehr Förderkriterien erfüllt sind, desto höher fällt die Förderquote aus. Daher ein klimafreundliches Kooperationsprojekt (bzw. ein Projekt mit hoher regionaler Versorgungsfunktion) in einer wachsenden Gemeinde erhält die höchste Förderquote.

Durch eine Knüpfung der Förderquote an Förderkriterien können jene Projekte mit höherer Dringlichkeit vorrangig behandelt werden. Bei den Förderkriterien bewusst nicht integriert ist die Finanzkraft der Gemeinde. Dies deshalb, weil davon auszugehen ist, dass eine Ko-Finanzierung durch die Länder erfolgt und in den bestehenden Vergabesystemen der GemeindeBedarfszuweisungen bereits ein hoher Ressourcenausgleich vorgesehen ist.39 Der hier vorgesehene Ansatz setzt hingegen an den Aufgaben sowie konkreten inhaltlichen Zielsetzungen (wie Klimaschutz) an und möchte daher primär einen aufgabenorientierten Steuerungsansatz verfolgen (= Geld folgt Aufgabe). Zeitraum Ein kommunaler Investitionsfonds sollte die Jahre 2021-2023 umfassen. Der Zeitraum über drei Jahre wurde gewählt, da davon auszugehen ist, dass die Investitionen – ähnlich wie nach der Finanzkrise 2008/2009 – über mehrere Jahre einbrechen werden, wenn nicht entsprechend gegengesteuert wird. Der Startzeitpunkt ab 2021 wird als ausreichend eingeschätzt, da: 

39

bereits 2020 gestartete Projekte aktuell noch fortgeführt werden und ein Einbruch der Investitionen – wie auch nach der Krise 2008/2009 – erst ab 2021 zu erwarten ist

Siehe hierzu etwa Mitterer/Seisenbacher: Umsetzungsstand FAG 2017 zu Transfers an Gemeinden, 2019.

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 

meist noch Rücklagen in den Gemeinden bestehen, welche für die Investitionsprojekte 2020 verwendet werden können es ausreichend Vorbereitungszeit für die Umsetzung der Regelungen von Seiten des Bundes und der Länder bedarf

Für die Gemeinden von Bedeutung ist weiters, dass die Regelungen zu einem Investitionsfonds bis Anfang September 2020 vorliegen sollten, damit dies bereits in den Voranschlägen für 2021 berücksichtigt werden kann. Gemeinden brauchen hier möglichst rasch Planungssicherheit. Förderprozess Ein aufgabenbezogener Investitionsfonds sollte an bestehende Prozesse andocken, um bestehende Synergien zu nutzen. Es wird daher vorgeschlagen, hier an die bestehenden Prozesse der Projektgenehmigung durch das Land anzudocken und die genannten Schwerpunkte als zusätzliche Kriterien in den Prüfungsprozess zu integrieren. Ein ähnlicher Prozess besteht etwa bereits in Salzburg. Dort wird das Förderungsausmaß im Wesentlichen anhand eines Sockelförderungssystems mit entsprechenden Zu- und Abschlägen berechnet. Neben Indikatoren zur Finanzkraft werden dort bereits jetzt auch Energie- und Ökopunkte berücksichtigt, ebenso wir die interkommunale Zusammenarbeit.40

4

Volumen

Wie hoch das Volumen eines kommunalen Investitionsfonds sein soll, hängt von den spezifischen Zielsetzungen ab. Gemäß unseren Vorschlägen läge das Volumen – wie nachfolgend beschrieben – zwischen 1 und 2 Mrd. Euro im 1. Jahr. Als Grundlage für die folgenden drei Varianten dienen die Analysen des bisherigen Investitionsvolumens im ersten Kapitel. Das zu fördernde Investitionsvolumen setzt dabei am Durchschnitt der letzten drei Jahre an. Weiters werden allen drei Varianten die folgenden Grundannahmen zugrunde gelegt:  

durchschn. Förderquote von 50 Prozent im 1. Jahr, danach sinkende Förderquote Dauer drei Jahre

Möchte man der Stabilisierung des Arbeitsmarktes eine hohe Priorität beimessen, wird man an sämtlichen kommunalen Investitionen ansetzen müssen, um das bisherige Investitionsniveau der Gemeinden zu erhalten (Variante 1 in Tabelle 3). Hier läge das Fördervolumen dann bei 2 Mrd. Euro. Dies würde auch den voraussichtlichen Einnahmenentfällen der Gemeinden 201941 entsprechen, welche die Einnahmenverluste 2020 auch in den Folgejahren mitziehen werden müssen. Auch ist davon auszugehen, dass zumindest auch 2021 das Steueraufkommen nicht das Vorkrisenniveau erreichen wird.42 Ab 2022 könnte die Förderquote – entsprechend der Erholung der Gemeindefinanzen – reduziert werden. Bei den Varianten 2 und 3 wird der Fokus stärker auf inhaltliche Aspekte gelegt, was insgesamt zu einem geringeren Fördervolumen führt. Erfolgt eine Konzentration auf die öffentlichen Investitionen – daher auf jene Bereiche, welche nicht in hohem Maße durch andere Einnahmen (wie Gebühren) gedeckt werden können – läge das Fördervolumen bei 1,6 Mrd. Euro im 1. Jahr. 40 41 42

Land Salzburg: Gemeindeausgleichsfonds. Biwald/Mitterer: Prognose Gemeindeeinnahmen, 2020. Siehe hierzu die aktuellen Wirtschaftsprognosen etwa von WIFO und IHS.

29 26.05.20


VORSCHLAG KOMMUNALER INVESTITIONSFONDS

Konzentriert man sich ausschließlich auf die Bereiche Bildung und Soziales, öffentlicher Verkehr sowie Daseinsvorsorge wäre ein Fördervolumen von 1 bis 1,5 Mrd. Euro43 notwendig. Tabelle 3: Mögliche Varianten zum Investitionsvolumen Variante

zu fördernde Investitionen

Volumen (im 1. Jahr)

mögliche primäre Zielsetzung

Variante 1

alle öffentlichen und nichtöffentliche Investitionen: 4 Mrd. Euro

2 Mrd. Euro

Stabilisierung des Arbeitsmarktes

Variante 2

alle öffentlichen Investitionen (daher v.a. ohne Ver- und Entsorgung): 3,2 Mrd. Euro

1,6 Mrd. Euro p.a.

Sicherung von Investitionsprojekten, welche sich zu weniger als 50 Prozent aus Gebühren und Leistungsbeiträgen selbst finanzieren können – daher z.B. Bildung, Soziales, öffentlicher Verkehr; aber auch Kultur- und Sportstätten sowie Gemeindegebäude

Variante 3

nur die genannten Aufgabenschwerpunkte (daher keine Förderungen für z.B. Gemeindestraßen, Kultur, Sport): geschätzt 2-3 Mrd. Euro

1-1,5 Mrd. Euro p.a.

Fokus auf zukunftsträchtige Projekte (Bildung, Soziales, öffentlicher Verkehr) und die Versorgungssicherheit im Bereich der Daseinsvorsorge

Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020.

Bei der Bestimmung des Investitionsvolumens wären noch Wechselwirkungen mit bestehenden Förderungen zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere: 

  43

Kapitaltransfers von den Ländern an die Gemeinden: In den letzten Jahren standen den Investitionen 30 bis 40 Prozent44 an Investitionszuschüssen gegenüber. Dies betrifft in hohem Maße die Weitergabe der Gemeinde-Bedarfszuweisungen, teils auch eigene Investitionsprogramme der Länder. Dabei bestehen nennenswerte Differenzen nach Gemeinden unterschiedlicher Größe. So werden bei Gemeinden bis 2.500 EW im Durchschnitt (2014-2018) 47 Prozent der Investitionssumme bezuschusst, bei Gemeinden über 2.500 EW 33 Prozent. Bestehende Investitionsförderprogramme des Bundes: Dies betrifft die Ausbauprogramme in den Bereichen Kinderbetreuung und Ganztagsschulen. Weitere Förderprogramme, wie etwa für die Siedlungswasserwirtschaft, Breitbandausbau, Katastrophenfonds etc.

Bei Variante 3 kann eine konkrete Bestimmung des Investitionsvolumens nicht erfolgen, da es zu den Investitionen außerhalb der Gemeindebudgets keine Analysen nach Aufgabenbereichen gibt. Die vorliegenden Statistiken zum Investitionsvolumen geben keine Auskunft darüber, für welche Aufgabenbereiche die Investitionen in ausgelagerten Gesellschaften getätigt werden. Investitionen in ausgelagerten Gesellschaften, welche nicht dem öffentlichen Sektor zugeordnet werden, werden gar nicht verfasst. Dies betrifft insbesondere auch die zahlreichen Abwasser-, Wasser- und Abfallverbände. 44 Ohne Wien.

30 26.05.20


ANHANG

V

Anhang

1

Literatur- und Quellenverzeichnis

Allmendinger, Jutta: Die Frauen verlieren ihre Würde; In: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-05/familie-corona-krise-frauenrollenverteilung-rueckentwicklung [download 15.5.2020] Biwald, Peter; Mitterer, Karoline: Prognose Gemeindeeinnahmen in mehreren Szenarien . In: https://www.kdz.eu/de/content/kdz-prognose-zur-entwicklung-der-gemeindeeinnahmenmehrerern-szenarien [download 15.5.2020] Brait, Romana; Mitterer, Karoline; Schratzenstaller, Margit: Fünf Maßnahmen für mehr Klimaschutz in den Gemeinden. In: A&W-Blog 10. Februar 2020. https://awblog.at/mehrklimaschutz-in-den-gemeinden/ [download 15.5.2020] Bund: Wirkungsmonitoring des Bundes. https://www.wirkungsmonitoring.gv.at/ [download 15.5.2020] Feigl, Georg; Marterbauer, Markus; Schultheiss, Jana; Schweitzer, Tobias; Zangerl, Felix; Brait, Romana; Pirklbauer, Sybille; Schnell, Philipp; Theurl, Simon; Zotter, Thomas: Budget 2020: Schritte zur Überwindung der Corona Krise; in: Working Paper-Reihe der AK Wien. Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft 200, 2020. Köppl, Angela; Schleicher, Stefan; Schratzenstaller, Margit;Steininger, Karl W.: COVID-19, Klimawandel und Konjunkturpakete; in: WIFO Research Briefs 1/2020. Kranzl, Lukas; Bayr, Michael; Müller, Andreas; Hummel, Marcus: Effekte einer Steigerung der thermischen Sanierungsrate öffentlicher Gebäude. Kurzstudie im Auftrag von GLOBAL 2000. In: https://publik.tuwien.ac.at/files/PubDat_214856.pdf [download 15.5.2020] Land Salzburg: Gemeindeausgleichsfonds. In: https://www.salzburg.gv.at/verwaltung_/Seiten/gemeindeausgleichsfonds.aspx [download 15.5.2020] Mitterer, Karoline: Ein Hilfspaket für Gemeinden: Sicherung der Daseinsvorsorge sowie Investitionen in die Zukunft. In: https://www.kdz.eu/de/content/ein-hilfspaket-f%C3%BCrgemeinden-sicherung-der-daseinsvorsorge-sowie-investitionen-die-zukunft [download 20.5.2020] Mitterer, Karoline; Biwald, Peter; Seisenbacher, Marion: Österreichische Gemeindefinanzen 2020 – Entwicklungen 2009 bis 2023. Stadtdialog. März 2020. Mitterer, Karoline; Pichler, Dalilah: Finanzausgleich kompakt. Fact Sheets 2020 zum Finanzausgleich mit Fokus auf Gemeinden. Wien 2020. Mitterer, Karoline; Seisenbacher, Marion: Fact Sheets - Pflichtschule und Tagesbetreuung. Wien 2019. Mitterer, Karoline; Seisenbacher, Marion: Umsetzungsstand FAG 2017 zu Transfers an Gemeinden. Änderungen bei Finanzzuweisungen des Bundes und bei den Länder-GemeindeTransferbeziehungen. Wien 2019. Mitterer, Karoline; Hochholdinger, Nikola; Seisenbacher, Marion: Bedarfserhebung ÖPNRVInfrastruktur in Stadtregionen. Wien 2018.

31 26.05.20


ANHANG

Regierungsprogramm 2020 – 2024. Aus Verantwortung für Österreich. In: https://gruene.at/themen/demokratie-verfassung/regierungsuebereinkommen-tuerkis-gruen [download 15.5.2020] Spiegel: Nach meiner Ansicht macht Herr Scholz alles falsch, vom 17.5.2020. In: https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/olaf-scholz-cdu-und-csu-kritisieren-geplantenmilliarden-schutzschirm-fuer-kommunen-a-419a8a30-16c6-42e1-b810-7fe0fa21025a [download 15.5.2020]

32 26.05.20


2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

Veränderung Veränderung Veränderung 2008-2018 2009-2011 2014-2018

Investitionen inkl. Wien 1629 899

1.690

1.400

1.254

1.393

1.567

1.899

1.974

1.993

2.311

2.553

809

690

627

689

668

724

732

653

712

785

57% -13%

-26% -22%

34% 8%

876

2.505

961 2.651

1.096 2.497

986 2.240

979 2.372

1.081 2.649

986 2.885

1.016 2.990

1.000 2.993

953 3.264

924 3.477

5% 39%

3% -16%

-6% 21%

2.528

2.499

2.090

1.881

2.082

2.235

2.623

2.706

2.646

3.023

3.338

32%

-25%

27%

25%

-17%

18%

34%

26%

26%

Investitionen gesamt (aber ohne nicht-öffentliche Investitionen ausgelagerter Gesellschaften) 3.404 3.460 3.186 2.867 3.060 3.316 3.609 3.722 3.646 3.976 4.261 * Anmerkung: 2018 bereinigt um ein Rekommunalisierungsprojekt einer großen Stadt, welches als Reorganisationsmaßnahme zu werten ist. Überschuss lfd. Gebarung Überschuss lfd. Gebarung inkl. Wien

2.334 2008

1.595

2009

1.298

2010

2.003

2011

2.364

2012

2.431

2013

2.476

2014

2.634

2015

2.418

2016

2.876

2017

3.123

2018

Veränderung Veränderung Veränderung 2008-2018 2008-2011 2014-2018

Verschuldung inkl. Wien Öffentliche Verschuldung* Verschuldung Gemeindehaushalte

7.404

8.845 10.672 11.939 12.099 12.658 13.022 14.577 15.324 15.735 16.197

119%

61%

24%

12.687

13.365 14.755 15.668 15.708 15.987 16.165 16.678 17.138 17.445 18.305

44%

24%

13%

* Anmerkung: 2008 bis 2014 gemäß Stand 22.9.2016, 2015 bis 2018 gemäß Stand 21.10.2019

Tabellen

Öffentliche Investitionen Kernhaushalt* Investitionen Eigenbetriebe Öffentliche Investitionen ausgelagerter Einheiten Öffentliche Investitionen Investitionen Gemeindehaushalte

ANHANG

2010

2

2009

33 26.05.20

Quelle: Quelle: KDZ: eigene Darstellung 2020; auf Basis: Statistik Austria: Gemeindefinanzdatensatz, Investitionen Sektor Staat nach Teilsektoren. Investitionen Sektor Staat nach Teilsektoren

Tabelle 4: Investitionen, Überschuss lfd. Gebarung, Verschuldung, 2008-2018

2008


ANHANG

34 26.05.20



KDZ Zentrum für Verwaltungsforschung Guglgasse 13 · A-1110 Wien T: +43 1 892 34 92-0 · F: -20 institut@kdz.or.at · www.kdz.or.at


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