Informationsbrief April 2013

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Aus dem Inhalt

Neues aus Kirche und Welt Aus Lehre und Verkündigung Hefata! Vom Glauben her denken – im Glauben widerstehen Predigt zu Jesaja 60,1–6 Der Unterschied zwischen ­christlicher Mission und ­muslimischer Werbung Die prägnantesten »Ich bin«-Worte Jesu Christi Aus Kirche und Gesellschaft Buchempfehlung: Eduard Haller: Der Psalm von den zwei Wegen

ISSN 1618-8306

April 2013 Nr.  277

Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium«


kurz+bündig Personen Peter Strauch 70

Am 10. Januar konnte der frühere Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden, Peter Strauch (Wetter/ Ruhr), sein 70. Lebensjahr vollenden. Von 1991 bis 2008 stand er an der Spitze der Freikirche, die heute knapp 40 000 Mitglieder in 462 Gemeinden hat; in seiner Zeit als Präses kamen etwa 100 Gemeinden neu hinzu. Von 2000 bis 2006 war er Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz und von 1994 bis 1997 Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen. Strauch ist auch als Verfasser von Liedern hervorgetreten, von denen einige im Evangelischen Gesangbuch enthalten sind. Mehrmals hat er gegen die hohe Zahl der Abtreibungen und die Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe protestiert. Swoboda ­Vorsitzender der Evangelisten­ konferenz

Der Baptistenpastor und Liedermacher Jörg Swoboda (Buckow) wird neuer Vorsitzender der Deutschen Evangelistenkonferenz und löst den bisherigen Vorsitzenden, Pfarrer Johannes Eißler ab, der seit 2007 diesen Posten innehatte. Eißler, der seit 2005 bei den Missionarischen Diensten der Evangelischen Landeskirche in 2

Württemberg ist, wird Pfarrer in Eningen bei Reutlingen. Udo Vach, Lektor bei ERFMedien, hat als Geschäftsführer bei der Deutschen Evangelistenkonferenz aufgehört.

Kirche in Deutschland Bremische Kirche: ­Pfarrdienstgesetz nicht ­liberal genug

Als einzige Landeskirche lehnt die Bremische Evangelische Kirche (220 000 Mitglieder in 61 Gemeinden) die Übernahme des EKDPfarrdienstgesetzes ab. Mit 81 Ja- und 64-Nein-Stimmen bei sechs Enthaltungen wurde im »Kirchentag« (Synode) die nötige Drei-Fünftel-Mehrheit (92) verfehlt. Paragraph 39, nach dem Pfarrer mit gleich­ geschlechtlichen Partnern im Pfarrhaus wohnen dürfen, was in manchen Landes­kirchen und Synoden (etwa Württemberg und Sachsen) kontrovers ­behandelt wurde, geht der Bremischen Kirche die Regelung nicht weit genug. Die Bremische Kirche lässt nicht nur zu, dass Schwule und Lesben im Pfarrhaus zusammen­leben, sondern auch christ­liche und muslimische Partner.

Kirchlicher Segen für ­»eheliche« Gemeinschaft eines SPD-Abgeordneten mit Freund

Der Bundestagsabgeordnete der SPD, Michael Roth, hat in Rotenburg seinen Lebensgefährten Michael Klöppner

»geheiratet«. Kirchlich gesegnet wurden die beiden in der Rotenburger Stiftskirche von Prälatin Marita Natt (Personalchefin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck). Wie aus dem Landeskirchenamt verlautete, handelt es sich »nur« um eine Segnung, nicht um eine Trauung. Roth ist seit 2004 Mitglied der Landessynode der Evangelischen ­Kirche von KurhessenWaldeck.

Kirche weltweit Österreichischer ­Synodalpräsident bezieht Stellung gegen Abtreibung

Peter Krömer, Synodalpräsident der Evangelischen Kirche in Österreich, hat sich in seiner Predigt zum Auftakt der Synode Ende vergangenen Jahres entschieden gegen die Abtreibungspraxis gewandt und die hohe Abtreibungsrate kritisiert. Er ermutigte dazu, »werdenden Müttern und Familien beizustehen, dass Kinder auf die Welt kommen und in rechter Weise erzogen werden«. Solche Botschaft geht von bundesrepublikanischen Synoden nicht mehr aus. Kirchenleitende Personen beteiligen sich ja nicht einmal am alljährlich in

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Berlin stattfindenden »Marsch für das Leben«. Schätzungen zufolge werden in Österreich jährlich zwischen 30 000 und 40 000 Kinder abgetrieben, womit dieses Land bei den Abtreibungszahlen europaweit einen traurigen Spitzenplatz einnimmt. Christen in Ägypten fürchten sich

Christen in Ägypten fürchten die Einrichtung eines Kalifatstaates, so lautet die Aussage des koptischen Bischofs von Assint und Administrators des Patriarchats von Alexandrien, Kyrillos Samaan. In der neuen, von Präsident Mohammed Mursi unterstützten Verfassung, finde sich bei fast jedem Paragraphen die Einschränkung, dass er nur gelte, falls er nicht der Scharia widerspreche. Die Christen Ägyptens wollten sich dennoch nicht entmutigen lassen. »Nächstenliebe und Hoffnung sind unsere christlichen Waffen«, sagte Samaan.

Organist totgeschlagen

Auf dem Weg zur Christmette an Heiligabend 2012 ist der englische Organist Alan Greave (68) in der Nähe der anglikanischen Heilandskirche im nordenglischen Sheffield überfallen und so schwer zusammengeschlagen worden, dass er am 27. Dezember seinen schweren Kopfverletzungen erlegen ist. Greave war auch als Laienprediger in der Kirche tätig. Zwei tatverdächtige Männer wurden festgenommen. Interessant wäre zu wissen, was das Tatmotiv war.

Österreich: Evangelische Allianz seit 150 Jahren

Mitte Januar konnte die Evangelische Allianz Österreichs ihr 150-jähriges Jubiläum begehen. 1863 wurde erstmals eine Allianzgebetswoche in einer evangelischen Pfarrgemeinde im Burgenland veranstaltet.

kurz+bündig

Personen +++ Kirchen +++ Glauben +++ »Modernes Leben«

Ökumene Protestanten und Katholiken zur Kirchenlehre

Die 2012 zwischen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und dem Vatikan vereinbarte Gesprächsreihe über Fragen der Kirchenlehre hat mit einer ersten Begegnung vom 7. bis 10. Februar 2013 in Wien begon-

Jubilar Konrad Eißler wurde 80

Zwanzig Jahre, von 1975 bis 1995, war Konrad Eißler Pfarrer an der Stiftskirche in Stuttgart. Im vergangenen Dezember konnte der in Hülben auf der Schwäbischen Alb lebende Ruhestandspfarrer seinen 80. Geburtstag begehen. Gut besucht waren neben seinen Sonnund Feiertagsgottesdiensten auch seine 1978 eingeführten Jugendgottesdienste sowie seine Zwölf-Minuten-Gottesdienste und seine Adventsandachten. Bevor Eißler Stiftspfarrer wurde, war er einige Jahre Schriftleiter des Evangelischen Gemeindeblattes für Württemberg. Über etliche Jahre war er auch ehrenamtlicher Vorsitzender des CVJM-Landesverbandes in Württemberg.


kurz+bündig nen. Mögliche Fragestellungen der Konsultationen sollen laut GEKE die Einheit der Kirche Jesus Christi in ihrer Vielfalt und die gemeinsamen Herausforderungen für die Kirche in heutiger Zeit sein. Zur GEKE gehören 105 lutherische, reformierte, unierte, methodistische und vorreformatorische Kirchen, die einander Kanzelund Abendmahlsgemeinschaft gewähren. Die GEKE führte bereits »erfolgreiche Konsultationen« mit den orthodoxen und anglikanischen Kirchen sowie mit der Europäischen Baptisten Föderation. Am 25. September 2012 wurde der Bischof der EvangelischLutherischen Landeskirche in Braunschweig, Friedrich Weber (Wolfenbüttel) von der GEKE-Vollversammlung zum geschäftsführenden Präsidenten der GEKE gewählt; er ist Nachfolger von Thomas Wipf (Zürich), der bis 2010 Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes war.

Ökumene der Religionen Keine Religionsfreiheit

Weltweit haben die meisten Menschen keine Religionsfreiheit, so der württembergische Kirchenrat Klaus Rieth (Stuttgart). Drei Viertel der Weltbevölkerung leide unter staatlichem Druck. Im Vergleich zum Jahr 2011 habe es 2012 sogar fünf Prozent mehr betroffene Menschen gegeben. Auch die Lage der Christen habe sich in vielen Ländern verschlechtert. 4

Islam

Islamisten verletzen in Bonn indischen Studenten

Islamunterricht in Hessen

Nach jahrelangen Debatten will Hessen ab dem kommenden Schuljahr bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht einführen. Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) sprach von einer »historischen Entscheidung«. An bis zu 25 Schulen soll der Unterricht für die ersten Klassen eingeführt werden.

Deutsch-Türken wollen muslimische Mehrheit

Einer repräsentativen Studie mit dem Titel »Deutsch-Türkische Lebenswelten« zufolge wünscht sich fast jeder zweite Türke in Deutschland, dass hier irgendwann mehr Muslime als Christen leben. Für fast drei Viertel ist der Islam die einzig wahre Religion. Die Zahl der Türken, die Deutschland als Zuhause empfinden, ist seit 2009 von 21 auf jetzt 15 Prozent zurückgegangen. Das bedeutet, dass für in Deutschland lebende Türken der Islam eine zunehmende Bedeutung erhält. 55 Prozent der Befragten ist der Ansicht, in Deutschland müssten noch mehr Moscheen gebaut werden (2009 waren es 49 Prozent). Die Zahl derer, die sich selbst als »streng religiös« einstuft, ist seit 2009 von 33 auf 37 Prozent gestiegen. Sie sind am stärksten in der Altersgruppe der unter 30-Jährigen zu finden (64 Prozent). Überdies zeigt die jüngste Generation insgesamt bei religiösen Aspekten etwas radikalere Ansichten als die Älteren.

Am Heiligen Abend 2012 sollen zwei mutmaßliche Islamisten, nach denen die Polizei fahndet, in Bonn einem 24-jährigen Inder die Zunge zerschnitten haben, weil dieser sich weigerte, zum Islam überzutreten. Wie der Student zu Protokoll gab, hatten ihm zwei Männer gedroht, sie würden ihm die Zunge herausschneiden, falls er nicht konvertiere. Als er nicht reagierte, hätten sie ihn niedergeschlagen und anschließend an der Zunge verletzt. Die Polizei stuft die Aussagen des indischen Studenten als glaubhaft ein.

Gesellschaft Abtreibung ist häufigste Todesart

Der Bundesvorsitzenden der Christdemokraten für das Leben (CDL), Mechtild Löhr zufolge, wird Abtreibung international immer häufiger als Menschenrecht eingefordert und als vom Staat unterstützte Maßnahme angesehen. So werde in Deutschland jede Abtreibung staatlich finanziert. Weltweit werden, so Löhr, weltweit pro Jahr 40 Millionen abgetrieben. Abtreibung sei damit die häufigste Todesart. Eine Abtreibung entspreche aber in aller Regel gar nicht dem Willen der Frau, so Löhr weiter. Etwa 80 Prozent der Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen, würden von ihrem Umfeld dazu gedrängt. Viele litten unter Depressionen.

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Aus Lehre und Verkündigung mm Bei Christus die Sündenvergebung zu suchen, diese Verehrung ist die höchste Verehrung Christi. m Philipp Melanchthon, Apologie des Augsburger Bekenntnisses

mm Wir müssen noch eine weitere Erkenntnis zu Hilfe nehmen, um Gottes Kommen in stiller Verborgenheit, ohne Drohen, Toben und Schreien zu begreifen. Zum Wesen des Staates gehört, das hat Jesus selbst ausgesprochen, die Macht und die Gewaltanwendung. Der Staat bittet nicht, der Staat fordert und zwingt. Die Liebe dagegen gehört einer völlig anderen Dimension an. Liebe kann nicht befohlen, nicht erzwungen werden. Die Liebe ist ihrem Wesen nach immer wehrlose Liebe. Darum verzichtet Gott bei seiner Offenbarung durch die Art, wie er uns in Jesus Christus begegnet, auf jede Vergewaltigung. Adolf Köberle

mm Es ist unmöglich, die entstandene Ordnung der Kirche mit der von Christus selbst getroffenen grundlegenden Anordnung der Wortverkündigung und der Sakramente auf eine Stufe zu stellen. […] Das Verfasstsein in Wort und Sakrament ist absolut obligatorische Dauerordnung der Kirche. Diese ihre Verfassung ist jus divinum [göttliches Recht] im strengen Sinne, eine Ordnung die unbedingt gilt und in Geltung bleibt, auch wenn sie gebrochen wird. Werner Elert

mm Dreifaltig offenbart sich uns Gott und ist doch in allen dreien der einige, derselbige, wahre lebendige Gott. Es geht hier in göttlicher Weise aus Gott in Gott, von Gott durch Gott zu Gott. Niemand erkennt den Vater, es sei denn in Gott dem Sohn, es sei denn durch den Heiligen Geist. Gar einfältig ist das hohe Geheimnis, das alle Vernunft übersteigt: Gott will erkannt sein in Gott und durch niemand anders als durch Gott.

mm Die [Heilige] Schrift ist aus sich selbst heraus die sicherste, am leichtesten zugängliche Auslegerin ihrer selbst. m Martin Luther m

mm In fast allem, was Religion heißt, begegnet uns der Versuch des Menschen, eine eigene Gerechtigkeit zu gewinnen. […] Mit dem allen macht das Christentum ein Ende, wenn es stattdessen von der Gerechtigkeit Gottes oder der »Gerechtigkeit von Gott« spricht. m Anders Nygren

Heinrich Vogel m

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Hefata! Hansfrieder Hellenschmidt Und als er wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. Und sie brachten zu ihm einen, der taub und stumm war, und baten ihn, dass er die Hand auf ihn lege. Und er nahm ihn aus der Menge beiseite und legte ihm die Finger in die Ohren und berührte seine Zunge mit Speichel und sah auf zum Himmel und seufzte und sprach zu ihm: Hefata! das heißt: Tu dich auf! Und sogleich taten sich seine Ohren auf und die Fessel seiner Zunge löste sich, und er redete richtig. Und er gebot ihnen, sie sollten’s niemandem sagen. Je mehr er’s aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus. Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hörend und die Sprachlosen redend. Matthäus 7,31–37

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ir sehen Jesus unterwegs. Er durchwanderte weite Gebiete. Von Tyrus zog er nach Sidon und von dort in das heidnische Galiläa. An allen Orten begegnete ihm ein buntes Treiben. Das Leben pulsierte und ein jeder suchte sein Fortkommen und den Erfolg. Aber nicht allen stand das Leben so offen zur Verfügung. Da waren Menschen, die Leid und Krankheit gebeugt hatten. In ihren Herzen war es dunkel. Sie hörten den Gesang der Fröhlichen, aber ihnen hat es die Kehle zugeschnürt, denn da war nichts als Bitterkeit und Klage. Ausgestoßen schleppten sie sich müden Schrittes durch die Straßen. Für sie gab es keinen Arzt. Der Geldbeutel war leer und ihre Armut ließ sie nicht mehr hoffen. Und da war einer, den hatte es heftig erwischt. Er konnte weder hören noch reden. Lautlos war sein Leben. Kein Wort der Zuneigung und Liebe ist je in seine Seele gefallen. Und wollte er sich äußern, stieß er seltsam raue

Hansfrieder Hellenschmidt Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

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Laute aus. Von dieser Not angepackt, brachten ihn jene, die selbst hilflos waren und nichts hatten, zu Jesus: Herr, erbarme du dich über ihn! Wir haben nichts und können seinem Leid nicht wehren. Lege du ihm deine Hände auf und segne ihn. Mit aufgerissenen Augen stand der Taubstumme da. Hilflos und fragend: Was zerrt ihr mich herum? Was soll ich bei dem Wanderprediger? Schnell hatte sich eine Menge Neugieriger um Jesus und den Taubstummen versammelt. Was wird Jesus tun? Erregt gingen die Blicke der Menschen hin und her, vom Taubstummen zu Jesus und wieder zurück. Die Erwartung war groß. Aber Jesus wollte den Schaulustigen ihre Neugier nicht befriedigen. So ergriff er den Geschlagenen und entzog ihn der Menge. Abseits von ihr waren sie nun allein. Der, der nicht hören und reden konnte, stand dem gegenüber, der einst mit dem kräftigen Wort seines Mundes die Schöpfung hervorgebracht hat. Vollkommen stand sie am Schöpfungsmorgen im Raum und über ihr stand das Urteil: »Siehe, es war sehr gut!« Davon konnte beim Taubstummen nicht die Rede sein. Hier hatte der Blitz eingeschlagen und Verluste geschaffen. Das Ohr war taub und der Mund stumm. Vor Jesus stand ein gebrochener Mann. Auf seinen Wanderungen hatte Jesus viele dieser Menschen gesehen: gichtbrüchige Männer und Frauen und Aussätzige, deren Leiber zerfielen, Abbilder einer gefallenen Schöpfung, aus der der Lebensodem Gottes zu entweichen drohte. Und Jesus seufzte. Denn vor ihm stand ein Mensch, dem die höchste Gabe geraubt war, das, was den Menschen über die stumme Kreatur hinaushebt und in die Gemeinschaft mit seinen Nächsten und Gott stellt: das Gehör und die Sprache. Der Zufluss des lebendigen Wortes, das fortwährend Leben schafft und erhält, war gehemmt. Zeichen eines mangelhaften und hinfälligen Lebens hafteten an dem Taubstummen. Hart hatte Satan zugeschlagen. Die Schöpfung zu zerstören ist sein Wille. Dem Leben feind, greift Satan den Menschen auch an seinem Leibe an. Der Geist, der sich nicht, wie Gott in Christus, im Menschen verleiblichen darf, neidet dem Menschen seinen Leib. Mit jeder Krankheit treibt er das Gift des VerderApril 2013

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bens tiefer in ihn hinein. So musste sich auch im da, aber wie beim Taubstummen, nicht für die Taubstummen das Leben auf null hin neigen. neugierige Öffentlichkeit. Jesus kann heilen. Denn in jeder Krankheit steckt der Wurmfraß Unsere Hoffnung geht aber dahin, dass mit Jesu des Todes. Ein bitteres Los – und Jesus seufzte. Wiederkunft das nur Zeichenhafte in das VollJesu Seufzen war der Ausdruck seines Mitlei- kommene hinein verschlungen und aufgehoben dens. Jesus wusste, dass mit dem Sündenfall des wird und sich an uns der Ostersegen vollendet. Menschen ein dunkler Aufruhr in die Schöpfung Darum bitten wir nicht zuerst und vornehmlich gefahren war, der alles anfällt, überrennt und um das Wunder, das nicht bleibt, sondern um entstellt. Gottes Freude an der wohlgestalteten die Gabe des ewigen Lebens heute und um den Schöpfung: »Siehe, es war sehr gut« (1.Mose neuen Leib in der Auferstehung – und das ist 1,31), soll widerlegt, genichtet und eine Rück- nicht wenig, wenngleich das schwärmerische kehr der Schöpfung in ihre ursprünglich Gestalt Auge Wunder auf Wunder zu sehen begehrt verhindert werden. und auch dort Wunder zu sehen meint, wo keiDiesem dunklen Trieb und Willen stellte sich ne sind. Jesus entgegen. Sein Seufzen war keinesfalls Keiner soll nun wähnen, Christus vernachläsAusdruck der Kapitulation, sich schicksalhaft sige ihn, weil er die Hinfälligkeit seines Leibes dem Unheil zu beugen. In Jesu Seufzen zeigte Tag für Tag ertragen und die bedrängende Frasich der Wille, dem Verderben Einhalt zu gebie- ge aushalten muss: Gilt Jesu Tat am Taubstumten. Ohne Umschweife schritt darum Jesus zur men auch mir? Mein Leib ist krank, ich falle Tat. Mit dem Wort »Hefata!« »Tu dich auf!« dahin – und was dann? Wir müssen uns nicht war das göttliche »Es werde!« fürchten. Jesus lässt uns aus der Schöpfung wieder da. mm Mit dem Wort »Hefata!« m nicht leer ausgehen. Auch Zum Zeichen für die Macht »Tu dich auf!« war das m dann nicht, wenn der Leib zu heilen, aufzurichten und bricht; denn ein neuer Leib Neues zu schaffen, legte Jesus göttliche »Es werde!« aus der m ist uns verheißen. Wir werdie Finger in die Ohren des Schöpfung wieder da. den auferstehen und vollen Taubstummen und berührte Anteil an Jesu Auferstehung er seine Zunge mit Speichel. Wie ein Fanfaren- haben. Wir stehen in der Ganzheit unseres Lestoß fuhr das Wort Jesu: »Hefata!« in den Taub- bens unter seinem Segen. Uns zum Trost und stummen. Und das Wunder geschah: Die Fessel zur Vergewisserung berührt uns Christus in der der Krankheit wurde gesprengt und Gehör und Feier der Sakramente darum auch leiblich. WasStimme kamen in das Leben dieses behinderten ser, Brot und Wein sind in der heiligen HandMenschen. lung die Zeichen für die Erlösung, die Christus Mit dem »Hefata!« hatte Jesus der Krankheit dem ganzen Menschen nach Leib, Seele und einen Stich versetzt, der sie tötete. Sie wird ein- Geist zuwendet und in der Auferstehung vollmal nicht mehr sein. Jesus hatte hier am Taub- enden wird. stummen ein Zeichen für das Leben gesetzt und Auch in unserer Niedrigkeit gilt das »Hefadamit des Todes Tod angekündigt. Es war ein ta«, das »Tu dich auf«. Denn Jesus will uns mächtiges Zeichen, das über den Augenblick auch heute mit seiner Lebensmacht erfassen. hinaus auf das neue leibliche Leben in der Auf- Die heilenden und segnenden Kräfte der Auferstehung hinweist. Denn Gottes Ziel mit dem erstehung sollen uns allezeit gegenwärtig sein. Menschen ist der neue Leib in vollkommener Wo immer er sein »Hefata« über uns ausspricht, Gesundheit. So ist das Wunder am Taubstum- werden sich die Ohren unseres Geistes auftun men zum Zeugen für Jesu Verheißung gewor- und das ängstliche Fragen: »Was wird aus mir?« den: »Siehe, ich mache alles neu!« (Offenba- unter der Antwort: »Es wird gesät ein natürlirung 21,5) cher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Was hier zwischen Jesus und dem Taubstum- Leib« (1.Korinther 15,44), zur Ruhe kommen. men geschah, konnte nicht verborgen bleiben. Im Augenblick der Auferstehung wird alles ZeiDer Geheilte kehrte zu den Schaulustigen und chenhafte überwunden sein und das VollkomNeugierigen zurück. »Und«, so heißt es im mene an seine Stelle treten. Das dürfen wir mit Evangelium, »sie wunderten sich über die Ma- festem Glauben fassen. Jesus vernachlässigt und ßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; täuscht uns nicht. Vertrauen wir darum auch die Tauben macht er hörend und die Sprachlo- dann, wenn uns Krankheit, Leid und Leiden sen redend«. anfallen, seiner Verheißung: »Siehe, ich mache Noch heute ist Jesus der Gleiche. Noch heu- alles neu!« Die Zeichen sind gesetzt. Das Vollte hat er die Macht, am Leibe Zeichen für die kommene kommt, so wahr Christus unser Herr W neue Schöpfung zu setzen. Diese Zeichen sind und Erlöser ist. Informationsbrief 277

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Gegen den Trend: Vom Glauben her denken –– im Glauben widerstehen Günter R. Schmidt Zur Situation Wir sind Kinder unserer Zeit, sehnen uns nach Harmonie und scheuen Konflikte. So gibt es in Gesellschaft und Kirche mancherlei Strömungen, von denen sich auch viele Christen einfach so mittragen lassen, ohne vom Glauben her zu unterscheiden, wo uns Anpassung und wo uns Widerstand geboten ist. Gesellschaft und Kirche sind beide plural und manche Strömungen sowohl der Richtung als auch der Stärke nach höchst unterschiedlich. So muss man zwar vor Verallgemeinerungen und Pauschalurteilen auf der Hut sein, darf sich aber auch nicht einschüchtern lassen. Der Brief an die Hebräer mahnt die Christen zur Mündigkeit und beschreibt diese als »eine durch Übung erworbene Wahrnehmungsfähigkeit, die der Unterscheidung von Gutem und Schlechtem dient« (Hebräer 5,14). Nach Paulus ist die Fähigkeit zu solcher »Unterscheidung« (diakrisis) eine Gabe des Heiligen Geistes (1.Korinther 12, 10). »Diakrisis« ist von »krino« (d. h. ich urteile) abgeleitet, dem gleichen Verb, von dem auch unsere Wörter »Kritik« und »kritisch« kommen. Christen sollen sich in Gesellschaft und Kirche »kritisch« verhalten. Dies gilt von allen Kirchenmitgliedern, besonders aber von denen, die ein Amt innehaben. »Kritisch« heißt nicht einfach nur »negativ kritisch« im Sinne der Ablehnung fast sämtlicher gesellschaftlicher Gegebenheiten und Entwicklungen. »Kritisch« meint vielmehr auch »positiv kritisch« im Sinne eigenen Mitdenkens und Urteilens auf der Grundlage solider Information. Wer als Christ kritisch urteilt, vergleicht biblisch-christliche Grundsätze mit in der Gesellschaft verbreiteten Leitvorstellungen und beurteilt diese danach. Das Urteil bezieht sich auf die Werte und Leitvorstellungen, nicht

Günther R. Schmidt Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

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auf die Personen, die sie vertreten und danach handeln. Für andersdenkende Personen gilt vielmehr: »Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet« (Matthäus 7,1). Dies betrifft besonders den Fall, dass man einen Widerspruch zwischen den Grundsätzen, die ein anderer äußert, und seinem Verhalten wahrnimmt. Auf keinen Fall geht es an, einem anderen, der sich selbst als Christ oder gläubig bezeichnet, wenn man nicht mit ihm übereinstimmt, den Glauben abzusprechen. Der Glaube eines Menschen ist seine Beziehung zu Gott. Da hat sich unaufgefordert kein anderer einzumischen. Heftig einzumischen hat er sich jedoch, wenn Verständnisse des Glaubens geäußert werden, die mit Schrift und Bekenntnis nicht in Einklang zu bringen sind. Freundliche, aber nichtsdestoweniger deutliche und auch leidenschaftliche Kritik kann an der Weltanschauung und der Theologie eines anderen angebracht sein. Dazu ist der Christ nach dem Maß seiner Kenntnisse und Fähigkeiten sogar verpflichtet. Denn eine falsche Theologie, ein schrift- und bekenntniswidriges Denken über Inhalte des Glaubens, wirkt auch schädigend auf den Glauben selbst zurück. Kritik zurückzuhalten, wenn Glaubensinhalte verbogen oder gar geleugnet werden, ist schlicht verantwortungslos. Im politisch-gesellschaftlichen Bereich gibt es viele Orientierungen, die Christen und NichtChristen gemeinsam haben: Menschenrechte, Frieden zwischen gesellschaftlichen Gruppen, Nationen und Religionen, möglichst gewaltfreie Konfliktlösung, niemanden ausgrenzen, gerechte Verteilung von Bildungschancen, Einkommen und Vermögen, Selbstbestimmung, soweit die berechtigten Interessen anderer nicht verletzt werden und andere. Was aus solchen allgemeineren Leitvorstellungen für die Lösung konkreter Probleme folgt, ist strittiger als diese Leitvorstellungen selbst. Durch die weitgehende Übereinstimmung über solche Leitvorstellungen entgeht uns leicht, dass es in etlichen Fragen auch Gegensätze zwischen christlichen und nicht-christlichen Sichtweisen gibt. Viele Christen übersehen sie entweder oder geben dem Anpassungsdruck nach. Solche Gegensätze betreffen beispielsweiApril 2013

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se die Bewertung nicht-christlicher Religionen, sexualethische Fragen und Abtreibung. Längst sind Kirche und Gesellschaft nicht mehr deckungsgleich. Die Kirchenmitglieder sämtlicher Konfessionen machen gegenwärtig nur noch etwa zwei Drittel der Einwohner aus. Schon allein deshalb ist nicht davon auszugehen, dass das, was weithin in der Gesellschaft gilt, auch in der Kirche gelten müsse. An sich müssten sich christliche Laien darauf verlassen können, dass ihnen kirchliche Amtsträger und Theologen für ihr Leben und Denken unter Bezugnahme auf Schrift und Bekenntnis zuverlässige Orientierung bieten. Denn schließlich können sich Laien wegen der Aufgaben ihres familiären und beruflichen Lebens nicht rund um die Uhr mit Theologie beschäftigen und werden Amtsträger und Theologen vornehmlich auch für diese Aufgabe freigestellt. Vielfach drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass amtskirchliche Instanzen nur christlich verbrämt Forderungen wiederholen, die auch sonst viele Vertreter haben: Umweltschutz, Nuklear­ ausstieg u. a., sich aber hinsichtlich spezifisch christlicher Anliegen zurückhalten, weil sie das Gericht der öffentlichen Meinung mehr fürchten als das Gericht Gottes. Über manche wurde schon gesagt, sie nähmen nur eine »Echofunktion« wahr und ihr Gewissen seien statt Schrift und Bekenntnis die weltlichen Medien. So herrscht unter vielen Laien, aber auch theologisch Gebildeten gegenüber manchen kirchlichen Amtspersonen und Gremien – nicht zu Unrecht – beträchtliches Misstrauen: Sie orientierten sich in vielen ihrer öffentlichen Äußerungen an einer Theologie, die mit der Bibel, ihrer Auslegungstradition und den geltenden Bekenntnisgrundlagen kaum in Einklang zu bringen sei. Wegen des Eindrucks, Verantwortlichen sei teils der theologische Kompass abhanden gekommen, teils ersetzten sie ihn bewusst durch zeitgeistkonforme, liberalere theologische Leitvorstellungen, die ihnen nicht nur Konflikte mit »Meinungsmachern« ersparten, sondern von deren Seite sogar Beifall brächten, ziehen nicht wenige ernsthafte Christen die Konsequenz des Rückzugs in fromme Zirkel, des Übertritts zu einer evangelischen Freikirche oder der Konversion zum Katholizismus. Gelegentlich kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass etliche kirchliche Leitpersonen, die »Konservativen«, die »Frommen« – ihre innerkirchlichen Kritiker, die sie als theologisch rückständig einschätzen, weil sie bemüht sind, die überlieferte »gesunde Lehre« (sana doctrina, 1.Timotheus 1,10 u. a.) zu »bewahren« (1.Timotheus 6,20), sogar los werden wollen. Sie stünden der Entwicklung Informationsbrief 277

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zu einer »modernen« Kirche, die auch für Kirchenferne anziehend werden könne, im Wege. So gibt es in den evangelischen Landeskirchen zwischen »Konservativen« und »Liberalen« beträchtliche Konflikte. Längst besteht eine innere Kirchenspaltung, die auch zu einer äußeren führen kann. Vergröbernde Etikettierungen wie »konservativ« und »liberal« verwischen Konturen und lassen unterschiedliche Tendenzen innerhalb der beiden »Lager« leicht übersehen. In manchen Fragen denkt die gleiche Person »konservativ« in anderen »liberal«. Es ist offensichtlich, dass gegenwärtig kirchenleitende Positionen mehrheitlich von Liberalen eingenommen werden, die es sich leisten zu können meinen, über Einsprüche der Gegenseite einfach hinwegzugehen.

Gegensätze im Einzelnen

Als Sammelbegriff für Denkweisen und Einstellungen, die vielen schon fast als selbstverständlich gelten und nur noch von wenigen in Frage gestellt werden, dient der Ausdruck »Zeitgeist«. Im Folgenden können einige auffällige Gegensätze zwischen herkömmlicher christlicher Lehre und Strömungen des Zeitgeistes nur kurz skizziert und andeutungsweise Hinweise auf Möglichkeiten christlicher Kritik gegeben werden. Materialismus: Man hält Materie und Energie sowie die Naturgesetze für die letzte und einzige Wirklichkeit. Wirklich sei nur, was sich sinnlich unmittelbar oder vermittelt durch Instrumente wahrnehmen lasse. Darüber hinaus nach dem Woher, Worumwillen und Woraufhin des Kosmos zu fragen, sei sinnlos. Das Universum und darin unsere kleine Welt seien eben einfach so da und wiesen nicht über sich selbst hinaus. Folglich erübrige sich auch die Frage nach einem Ursprung und Sinn allen Seins. Es gebe keinen Sinn außer dem, den sich der Mensch selbst setze. Hier können Christen einwenden, dass die Meinung, es gebe keine Wirklichkeit außer der materiellen eine kritisierbare weltanschauliche Option darstelle, keine wissenschaftliche Erkenntnis. Die Annahme, der Kosmos sei ein bloßes Zufallsprodukt und verdanke sich nicht einem planenden und mächtigen Willen (Atheismus), liegt logisch keineswegs näher, als der Glaube an den Schöpfer (Theismus). Agnostizimus: Das Wort leitet sich ab von griechisch »agnoó« d. h. »ich weiß nicht«. Im Gegensatz zum Atheisten erlegt sich der Agnostiker einen Verzicht auf letzte Fragen auf, weil sie nicht mit zureichenden Begründungen zu beantworten seien. Hier können Christen 9


nur empfehlen, die Frage nach dem Ursprung und dem Sinn allen Seins nicht zu verdrängen, sondern sich um ein Verstehen des christlichen Glaubens zu bemühen. Relativismus: Hier geht man von der Einsicht aus, dass jede Religion/Weltanschauung in eine bestimmte Kultur eingefügt sei und sich in Wechselwirkung mit ihr ausforme. Aus dieser richtigen Einsicht in die Vielzahl und Vielfalt der Kulturen zieht man jedoch den falschen Schluss, alle darin vertretenen religiösen und ethischen Auffassungen seien gleichwertig und es gebe keine den Kulturen übergeordnete, allgemeingültige Wertmaßstäbe. Als ob einander inhaltlich widersprechende Behauptungen gleichzeitig wahr sein könnten! Als ob eine Religion, die Gewaltanwendung zu ihrer Durchsetzung befürwortet, einer anderen gleichwertig sein könnte, die nur den Glauben schätzt, der sich aus freier Zustimmung ergibt und für sich und andere Freiheit fordert! Aus der Gleichwertigkeit von Menschen, gleich welcher Religion, Weltanschauung oder Moral sie anhängen, folgt logisch nicht die Gleichwertigkeit ihrer unterschiedlichen weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen. Toleranz ist für Menschen gleich welcher Überzeugung zu fordern, nicht aber für beliebige weltanschauliche Behauptungen. Solche einfach unkritisch nebeneinander stehen zu lassen, drückt eher Trägheit des Denkens und Gleichgültigkeit aus als Menschenfreundlichkeit. Politisch gefährlich wird ethischer Relativismus, wenn er auch die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte in Frage stellt. Deren Grundlage ist die Anerkennung jedes Menschen als Person, d. h. als eines denkenden, fühlenden, wollenden und handelnden Wesens. Die Menschenrechte zu relativieren läuft auf die Behauptung hinaus, manche Menschen seien keine Personen, sondern bloße Dinge, die in ihrer Selbstbestimmung beliebig eingeschränkt und im Extremfall versklavt oder gar getötet werden dürften. Die freie Selbstbestimmung eines Menschen einzuschränken, ist nur in dem Maße begründet, wie dies nötig ist, um ihn an einem Übergriff auf die gleichen Freiheitsrechte eines anderen zu hindern. Der Ausdruck »Menschenwürde« ist die weltliche Entsprechung des christlichen Begriffs der »Gottesebenbildlichkeit«. Nicht zufällig sind die Menschenrechte, welche die Menschenwürde konkretisieren, im Verbreitungsgebiet des Christentums und nicht in dem einer anderen Religion formuliert worden. Hier ist der christliche Sauerteig – oft auch gegen den Widerstand der Amtskirche – zur Wirkung gekommen. 10

Nicht allen, welche die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte bejahen, ist bewusst, dass ihre Formulierung zu den Auswirkungen des Christentums gehört. Christen sollten sich allerdings darüber im Klaren sein, dass Nächstenliebe im christlichen Sinne zwar Achtung vor den Menschenrechten einschließt, aber bei weitem darüber hinausgeht. Christen setzen sich mit anderen menschenfreundlich Gesonnenen dafür ein, dass die Verbindlichkeit der Menschenrechte und die Verpflichtung die politischen Verhältnisse nach ihnen zu ordnen überall anerkannt wird und die Politik des eigenen Staates die Durchsetzung der Menschenrechte über wirtschaftliche Interessen stellt. Das elementarste Menschenrecht ist das Recht zu leben. Dieses Recht gilt von der Empfängnis – der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle – bis zum Tode. Die befruchtete Eizelle entwickelt sich kontinuierlich, und nur willkürlich lassen sich Einschnitte annehmen, vor denen ihr Lebensrecht weniger schützenswert wäre als danach. Dieser Sachverhalt ist für jedermann einsehbar. Leider entsprechen weder das öffentliche Bewusstsein noch die Abtreibungsgesetzgebung dieser Einsicht. Sie wird im Gegenteil verdrängt. Wer daran erinnert, wird vielfach als Störenfried angesehen. Dieses Verdrängen (Nicht daran denken!) hat weithin auch auf viele Christen übergegriffen, die hier doch auf Grund ihres Glaubens an den Schöpfer besonders sensibel sein müssten. Nennenswerter Widerstand rührt sich weder aus der Bevölkerung allgemein, noch von Seiten christlicher Laien, noch gar von Amtsträgern der evangelischen Kirche her. Gerade das Versagen der Letzteren springt hier besonders ins Auge. Statt angesichts der jährlich Hundertausenden von Abtreibungen durch lautstarke und schwer überhörbare Äußerungen ein Unrechtsbewusstsein zu wecken und wachzuhalten, reden sie lieber von Themen wie Umweltschutz, die ohnehin fast jeder Spatz von jedem Dach pfeift. Statt dass die Kirche in die Gesellschaft hineinwirkt, erliegt sie gesellschaftlichen Einwirkungen und fällt als wertorientierende Instanz in wichtigen Fragen aus. Im Hintergrund steht hier eine falsche Auffassung des Verhältnisses von Kirche und Gesellschaft. Gefühlsmäßig gehen viele noch von der Deckungsgleichheit von Kirche und Gesellschaft aus. Dies geht so weit, dass man in einem christlichen Land zu leben meint, obwohl nur noch knapp zwei Drittel der Einwohner Kirchenmitglieder sind und die meisten davon sich in Einstellung und Lebensweise kaum von den Nichtmitgliedern unterscheiden. April 2013

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In ethischer Hinsicht setzen auch kirchliche Leitungspersonen und -gremien voraus, dass Entwicklungen in der Gesellschaft auch die Kirche bestimmen müssten. Am deutlichsten zeigt sich dies an der Sexualmoral. Vor- und nichteheliche Beziehungen werden weder von frommen Gemeindegliedern noch von für die christliche Lehre Verantwortlichen problematisiert. Nach der vorherrschenden Moral können vor der Ehe befristete Freundschaften gelebt werden, bis sie eben »auseinandergehen«. Die wenigsten nehmen den Bedeutungswandel der Wörter »Freund« und »Freundin« wahr. Ehescheidungen und Zweitehen werden selbst bei höheren kirchlichen Amtsträgern akzeptiert. Die christliche Leitvorstellung lebenslanger Monogamie ist wie vergessen. Am deutlichsten zeigt sich das Überschwappen des Wandels gesellschaftlicher Orientierungen in die Kirche an der Bewertung homosexueller Verhaltensweisen. Wurde vor etwa 20 Jahren die Frage, ob stabilen HomoPaaren eine trauungsähnliche Zeremonie gewährt werden könne, noch zögerlich behandelt, so ist inzwischen – Bibel hin oder her – sogar das Zusammenleben homosexueller Geistlicher mit ihrem Partner im Pfarrhaus kirchenrechtlich legitimiert. Begründet wird dies mit dem Wandel der Wertvorstellungen in der Gesellschaft. Unliebsame Bibelstellen werden samt ihrer Auslegungstradition in der gesamten Christenheit einfach als »zeitbedingt« abgetan. Mit solchen Argumenten könnte man das gesamte Christentum als »zeitbedingt« beiseiteschieben! Natürlich kann und soll die Kirche nicht verlangen, dass das weltliche Recht jedermann christliche Grundsätze aufzwingt. Religions- und Gewissensfreiheit gilt in der Gesellschaft auch für Nichtchristen und Christen, die sich Abweichungen von der herkömmlichen christlichen Lehre erlauben. Es muss aber klar sein, dass die Kirche nicht nur ein Teil der Gesellschaft ist, die an vielen ihrer Entwicklungen teilhat, sondern auch ihr kritisches Gegenüber. Sie wird ihrer Verantwortung nicht gerecht, wo sie sich gegenüber dem »Wertewandel« mit einer bloßen Zuschauerrolle begnügt. Sie hat vielmehr in der Gesellschaft verbreitete Leitvorstellungen auf der Grundlage von Schrift und Bekenntnis zu überprüfen, die Christen vor unbedachter Anpassung zu warnen und der Entchristlichung publizistisch entgegenzuwirken. Die Kirche ist ihrem Wesen nach eine Art Kontrastgesellschaft, in der andere Maßstäbe gelten als außerhalb. Hier darf sie keine Zugeständnisse machen, nur um populär zu sein. Durch überzogene Anpassung wird sie nicht populärer, sondern überflüssig. Sie hat zwar ihre Botschaft Informationsbrief 277

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in Anpassung an veränderten Verstehensmöglichkeiten auszurichten, nicht aber die grundlegenden dogmatischen und ethischen Inhalte ganz oder teilweise preiszugeben. Neu müssen die Sprache und die Denkformen sein, in denen das Evangelium gelehrt und verkündigt wird, nicht aber sein Inhalt. Dieser ist am Neuen Testament und seiner Auslegungstradition abzulesen, nicht an den Erwartungen der »modernen« Menschen. Ein für alle Mal gilt besonders für kirchliche Verantwortungsträger die Mahnung des Paulus an seinen Schüler: »Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, indem du die unheiligen leeren Reden und Einwände der fälschlich so genannten Erkenntnis meidest …« (1.Timotheus 6,20). Mit dem »anvertrauten Gut« ist die überlieferte apostolische Lehre gemeint, die uns zu treuen Händen übergeben ist und die wir unversehrt weiterzugeben haben. Sie ist – wie eine Bankeinlage – anvertrautes Gut (parathéke, depositum), nicht einfach unser Privateigentum, über das wir nach Belieben verfügen könnten. Mit anderen Worten: Besserwisserei gegenüber klaren dogmatischen und ethischen Aussagen des Neuen Testaments kommt für Christen nicht in Frage.

Konflikte Paulus ist sich dessen bewusst, dass er seinen Schüler mit seiner Mahnung in Konflikte bringt. Er soll Konflikte nicht suchen, ihnen aber auch nicht aus dem Wege gehen. Sie sind, wenn er seiner Aufgabe, das überlieferte Glaubensgut zu bewahren nachkommt, unvermeidlich. Die Christen in Rom fordert Paulus auf: »Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist«. Christen sollen sich in Lebens- und Denkweise von einer Umgebung, die sich an anderen als christlichen Maßstäben orientiert, unterscheiden. In gewisser Weise ist dies heute leichter und schwerer als im damaligen Rom. Es ist leichter, weil sich nach einer zweitausendjährigen christlichen Wirkungsgeschichte »die Welt« wenigstens in etlicher Hinsicht an christliche Leitvorstellungen angeglichen hat; es ist schwerer, weil Christen wegen dieser teilweisen Angleichung nicht mehr so sehr mit Gegensätzen rechnen. Solange die Welt besteht, bleibt der Auftrag der Diakrisis (1.Korinther 12,10), der »Unterscheidung des Christlichen«. Sie ist zu erbetende Gabe des Heiligen Geistes und als Aufgabe W anzunehmen. 11


Nachbetrachtung zum ­Erscheinungsfest Predigt an Epiphanias zu Jesaja 60,1––6 Hans Lachenmann Liebe Gemeinde, mit Epiphanias, dem »Erscheinungsfest« geht die Weihnachtszeit zu Ende. Der Christbaum wird abgeräumt, die Geschenke verstaut und der Alltag beginnt. Das war’s also. Ist sie nun wirklich zu Ende, die »fröhliche, selige Weihnachtszeit«? Nein, Epiphanias ist nicht ein Abschluss, sondern ein Aufschluss. Der Blick geht nach vorn auf das, was das Kommen des Erlösers für uns und die Welt bedeutet. Deshalb hörten wir ein Wort aus dem Propheten Jesaja, das Zeugnis vom aufstrahlenden Licht über der Finsternis. Die Erzählungen von der Geburt in Bethlehem können uns helfen, die prophetische Botschaft zu verstehen. Es geht immer um drei Themen: Die Finsternis – das Licht – und die Menschen, was mit ihnen geschieht.

Die Finsternis »Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker.« Wenn die Nacht he­reinbricht und es finster wird, kommt die Angst. Die Kinder verlangen, dass wenigstens ein Türspalt noch Licht ins Zimmer lässt. Wenn wir nichts sehen können, wird es unheimlich. »Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe.« So beginnt die Bibel. Und in der Todesnot des gekreuzigten Herrn heißt es: »Und zur sechsten Stunde kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde«. Es ist die Todesnacht, in der alles Leben versinkt, vor der uns und allem Lebendigen graut.

Hans Lachenmann Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

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Aber ist die Nacht denn nur böse? »Nun ruhen alle Wälder, Vieh, Menschen, Städt und Felder, es schläft die ganze Welt«, singen wir mit Paul Gerhardt. Ist es nicht eine Wohltat, dass endlich alles zur Ruhe kommt, uns im Schlaf neue Kraft zufließt? Und ist es nicht ein schöner Anblick, das kleine Kind so friedlich schlafend in seinem Bettchen? Wir brauchen den Schlaf. Der Akku muss aufgeladen werden. Und deshalb gönnen wir der alten Oma ihr Nickerchen, auch wenn sie vor dem laufenden Fernseher eingeschlafen ist, wecken sie nicht auf, weil gerade eine Kochsendung mit Vinzent Klink kommt. Lasst sie in Ruhe, sie versäumt nichts Wichtiges! Schlimm ist der Sekundenschlaf, wenn einer mit Tempo 130 über die Autobahn brettert. Und der Kirchenschlaf ist auch nicht empfehlenswert. Es gibt offenbar zwei Qualitäten von Nacht, die wir genau unterscheiden müssen: Die »gute Nacht« die wir uns wünschen und die »böse Nacht«, die wir fürchten. Was macht den Unterschied? Ganz einfach: Es ist der Morgen. Wir singen: »Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt«. Der gute Morgen macht die Nacht zur »guten Nacht«. Und die Nacht ohne Morgen ist die »böse Nacht«. Es ist für uns unmittelbar einleuchtend, wie tief der Unterschied ist zwischen einem Menschen, seiner Grundhaltung und seiner Lebensgestaltung, der um den kommenden Morgen weiß und einem Menschen, für den der Tod ewig ist. Das prophetische Wort spricht von der Finsternis über der Völkerwelt. Es gibt Zeiten der Nacht in der Geschichte. Damals, als Jerusalem zerstört, die Menschen verschleppt wurden in das Elend der Gefangenschaft. Ein Teil war zwar heimgekehrt, aber so viele waren in der Fremde. War es eine Nacht ohne Morgen? Die älteren unter uns haben die Jahre von 1939 bis 1945 erlebt, es war die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte. Am Ende die Trümmer der Städte, Hunger, Not und Schande. Wir fragten: Ist es eine Nacht ohne Morgen? April 2013

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In der Milliarden von Jahren zurückreichenden Geschichte unseres Universums ist dieser kleine Ball der Punkt, auf den sich alles hin bewegt, die Spitze der Weltgeschichte. Sie stürzt und stürmt ihrem nahenden Ziel entgegen: dem Tag Jesu Christi, dem »Morgenglanz der Ewigkeit«.

Doch es ging weiter, gegen alles Befürchten. Heute leben wir in einem ungeahnten Wohlstand, angesehen und ohne Feinde im vereinten Europa. Zum neuen Jahr wünschten wir uns, dass es so weiter gehe. Nur, man kann es nicht verschweigen: Da gibt es Bedenken, Ängste, Unsicherheiten, die sich nicht wegwischen lassen. Auf dem Weihnachtstisch fand ich ein Buch mit dem Titel »Spielball Erde – Machtkämpfe im Klimawandel«. Der Verfasser, Claus Kleber, ist Sprecher beim Zweiten Deutschen Fernsehen. Er hat in den letzten Jahren den Globus bereist, um die Folgen des Klimawandels zu erkunden. Nach der Rückkehr berichtet er, wie rasch sich das Klima ändert und wie katastrophal die Folgen schon jetzt sind, dass sich der Wandel von Jahr zu Jahr beschleunigt. Und wie die Mächtigen der Erde nur an das eigene Land und dessen Überleben denken, sich deshalb neue politische und militärische Konflikte anbahnen. An den Anfang seines Berichts aber setzt Claus Kleber einen Text, den Russel Schweickhart, Pilot der Weltraumrakete Apollo 9, im Jahr 1969 nach der Rückkehr vom Mond auf die Erde verfasst hat. Er hatte die Erde als hell leuchtenden Ball im nachtschwarzen Weltraum gesehen. Er schreibt: »Die Erde wird so klein und zerbrechlich und ein kostbarer kleiner Punkt in diesem Universum. Da erkennst du, dass auf diesem kleinen, blauweißen Ding alles liegt, was für dich von Bedeutung ist. Die ganze Informationsbrief 277

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Geschichte und die Musik und die Poesie und die Kunst und der Krieg und der Tod und die Geburt und die Liebe und die Tränen und die Freude und die Spiele – alles findet sich auf diesem Punkt draußen, der so klein ist, dass dein Daumen ihn verdecken kann. Da wird dir klar, dass dieser Anblick dich verändert hat.« Claus Kleber schreibt im Hinblick auf das Bedrohliche, den Klimawandel auf unserer Erde in seinem wahnsinnigen Tempo: »Da erschien das Bild aus dem All wie ein Hilferuf. Es galt, diese zerbrechliche kleine Kugel vor dem kollektiven Wahnsinn des Menschen zu schützen.« »Wenn das so weiter geht, werden am Ende alle verlieren, weil wir im endlosen Schwarz eben nur diesen kleinen Ball haben, der uns trägt.« Kommt dann die Nacht ohne Morgen? So sieht es heute aus. Hier hören wir es neu: »Siehe Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker«. Lassen wir uns nichts vormachen. Da kommt etwas auf uns zu. Wir ahnen es.

Das Licht Nach der Finsternis nun das Licht, das zweite Thema. Hören wir auf die prophetische Botschaft: »Mache dich auf und werde licht; denn dein Licht kommt [...] Aber über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit erscheint über dir.« »Mache dich auf«, das ist der Weckruf am 13


Morgen. Damit beginnt der Tag, dass wir uns aus der Horizontalen, dem Liegen, erheben in die Vertikale. In Paul Gerhardts Morgenlied ist es »die güldne Sonne« die uns dazu bewegt und singen lässt: »Aber nun steh ich, bin munter und fröhlich, schaue den Himmel mit meinem Gesicht«. Jeder, den ein Unfall wochenlang zum Leben in der Horizontalen gezwungen hat, erfährt es wie eine Befreiung, wenn er sich zum ersten Mal wieder aufrichten kann und die Welt neu erlebt. Und was ist das für ein Ereignis, wenn das Kind im Krabbelalter zum ersten Mal auf den beiden Beinchen steht und den ersten Schritt tut. Was dieses Aufstehen und Licht-werden auslöst, ist im Prophetenwort des Jesaja nicht die »güldne Sonne«, sondern die über dem in Finsternis gefangenen Volk aufstrahlende »Herrlichkeit des Herrn«, heller als tausend Sonnen. Sie ist so gewaltig, dass sie der sterbliche Mensch nicht ertragen kann. »Weh mir, ich vergehe!«, ruft Jesaja, als ihm im Tempel Gottes Herrlichkeit begegnet. Hier in Jesaja 60 ist es – wie mit dem Gegenpol des Magneten – die nun anziehend wirkende Gottesmacht. Eine Faszination ohnegleichen. Nun kommen sie aus der Ferne, die geliebten Söhne und Töchter und es beginnt ein Umarmen und Lachen und Weinen vor Freude. Der Anziehungskraft der göttlichen Herrlichkeit können sich die fremden Völker nicht entziehen. Sie kommen zum Berg Zion und liefern freiwillig ihre Schätze ab und unterwerfen sich so dem Gott Israels. Und aus dem fernen Afrika bringen sie den kostbarsten Luxus, Gold und Myrrhe zum Geschenk. Doch kann das auch wahr werden, was der Prophet ansagt? Ist das bloß ein Wunschtraum? Oder hat der Prophet geahnt, dass Gottes Herrlichkeit die »böse Nacht« der Völkerwelt verwandeln will in die »gute Nacht« mit dem »guten Morgen«? Damit sind wir beim Zeugnis des Evangelisten Lukas, unserer so geliebten, erzählten, besungenen, gemalten und nachgespielten Geschichte von der Geburt des Heilands im Stall zu Bethlehem. Nacht ist es während der ganzen Geschichte. Über dem Städtchen und dem Hirtenfeld liegt schwarze Finsternis. Nur hier an dieser Stelle in der Welt bricht die Herrlichkeit des Herrn he­ rein und die Hirten packt das Entsetzen. Nur sie hören die Freudenbotschaft des Engels von der Geburt des von aller Kreatur ersehnten Retters, dort im Stall und der Krippe. Wie im Konzert fällt mit Urgewalt der ganze Himmelschor ein und erfüllt das All: »Ehre sei Gott in der Höhe 14

und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens«. Die Hirten, arme Kerle, ausgenützt, ungebildet und verachtet sind die Adressaten der Botschaft. Dazu passen die Notunterkunft und die Krippe, in der das Kind liegt. Die Hirten kommen und bringen nur sich selbst mit. So knien sie nieder und huldigen dem nun zur Welt geborenen Retter. Die Nacht schwindet nicht. Aber sie wird verwandelt. Aus der bösen Todesnacht wird »Stille Nacht, heilige Nacht«. Was uns Lukas als Bild vor die Augen malt, ist das Bekenntnis des Johannes: »Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wie sahen seine Herrlichkeit«. So geht die Vision aus dem Buch Jesaja in Erfüllung – aber ganz, ganz anders. Jesus wird die Armen selig preisen, denen das Himmelreich gehört, und die Traurigen, die getröstet, die Hungernden nach Gerechtigkeit, die satt werden sollen und die Verfolgten, denen das Reich gehört. Was ihm zuströmt sind nicht die Mächtigen und die Schätze der Großen, sondern die Vergessenen, Kranke, Schwache, Verirrte und Verwirrte, verwahrloste Kinder, sogar Huren und die verhassten Zöllner, ein Gesindel, über das man die Nase rümpft. Und er nimmt sie in den Arm, segnet und tröstet sie, heilt und hilft ihnen zum Leben, zum Licht der Liebe Gottes. Jesus macht nicht Karriere, sein Weg geht nach Jerusalem und endet am Kreuz als Verbrecher. Und dann folgt der Ostermorgen und der Ruf: »Christus ist erstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!« Es ist das große Wunder, dass Gottes Erbarmen mit seiner verlorenen, abtrünnigen, in der Nacht des Todes versinkenden Welt Mensch wird, bis in die tiefsten Tiefen der Nacht geht und so die Todesnacht verwandelt in die gute Nacht, der ein guter Morgen folgt. Nun wird wahr, was der Prophet gesehen hat: »Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit scheint über dir«. Das ist es, was wir an Weihnachten gehört und besungen haben, und was wir in jedem Gottesdienst erfahren.

Die Menschen und was mit ihnen geschieht Das sind wir. Erinnern wir uns an die beiden Zeugen unserer Zeit, das Staunen über den kleinen hellblauen Ball im Universum, auf dem sich alles findet, was ihm wichtig und wert ist, unser April 2013

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so zerbrechlicher Planet. Und das andere Zeug- hen ist nämlich anstrengend und auch gefährnis: Wenn das so weitergeht, werden am Ende lich. Uns aber weckt der kommende Morgen, alle verlieren, weil wir im endlosen Schwarz nur dass wir nicht einfach Mitläufer werden, die erst diesen kleinen Ball haben, der uns trägt – und hinterher merken, wem sie nachgelaufen sind. noch erträgt. Christen sind keine Mitläufer, sondern NachHier haben zwei Menschen die Augen auf- folger Jesu. Nachfolger aber gehen aufrecht, getan und sagen uns, wie es um uns steht und fragen nach dem was wahr ist, was gut und geunsere Welt. recht, was Gottes Gebot uns heißt. Eins ist jetzt wichtig, mm Wir leben in einer Zeit, die nichts Ihnen gilt auch der dass wir mit ganzem Ruf: »Werde licht, denn Herzen zu Christus mehr weiß und wissen will vom dein Licht kommt«. gehören als unserem kommenden Morgen. Das Leben ist Kein Licht, das wir nur Herrn, dem wir im Lewahrnehmen als das kleivon der Todesnacht fest umschlosben und Sterben gene weißblaue Ding im hören, von dem wir sen. Dann geraten wir leicht in den unendlichen Schwarz. bekennen: »… gelitten breiten, reißenden Strom, der ohne Wir erkennen: Das ist unter Pontius Pilatus, kein Produkt des Zufalls, gekreuzigt, gestorben Rücksicht auf die Mitmenschen sondern Gottes Schöpund begraben, hinab- und Mitgeschöpfe, die Natur und fung. In der Milliarden gestiegen in das Reich ihre Gesetze, auch ohne Rücksicht von Jahren zurückreichenden Geschichte des Todes, am dritten unseres Universums ist Tage auferstanden von auf kommende Generationen und dieser kleine Ball der den Toten, aufgefahren ohne Respekt vor dem Heiligen, nur Punkt, auf den sich alles in den Himmel; er sitz noch das bisschen Leben ausnüthin bewegt, die Spitze zur Rechten Gottes, von der Weltgeschichte. Sie dort wird er kommen, zen, genießen und wie eine Zitrone, stürzt und stürmt ihrem zu richten die Lebenden ausquetschen will bis zum letzten Ziel entgegen: und die Toten«. Tropfen. Dieser Strom will uns heute nahenden dem Tag Jesu Christi, Uns gilt daher der dem »Morgenglanz der Zuruf: »Mache dich auf alle mitreißen. Ewigkeit«. und werde licht, denn Jetzt umgibt uns noch die Nacht. Hass, Verdein Licht kommt und die Herrlichkeit des folgung und Tod drohen den Christen draußen Herrn geht auf über dir«. Mach dich auf, steh auf. Wir leben in einer in der Welt, und Spott und Verachtung auch in Zeit, die nichts mehr weiß und wissen will vom unserer modernen Welt ohne Gott. Das muss so kommenden Morgen. Das Leben ist von der sein. Es sind die Geburtswehen des kommenden Todesnacht fest umschlossen. Dann geraten wir Gottesreiches, das Zerbrechen der Schale, wenn leicht in den breiten, reißenden Strom, der ohne das Küken heraus ans Licht will. Wir hören hier Rücksicht auf die Mitmenschen und Mitge- die Stimme: »Siehe ich komme bald« (Offenbaschöpfe, die Natur und ihre Gesetze, auch ohne rung 22,7.12). Dieser Ruf: »Mache dich auf und Rücksicht auf kommende Generationen und werde licht«, soll uns nun leiten und begleiten ohne Respekt vor dem Heiligen, nur noch das in den Alltag des Lebens, an den Arbeitsplatz, in bisschen Leben ausnützen, genießen und wie der Schule, im eigenen Hause, an Orten, da wir eine Zitrone, ausquetschen will bis zum letzten Verantwortung tragen und auch da, wo wir Leid Tropfen. Dieser Strom will uns heute alle mit- erfahren. Denn Christus ist bei uns, das Licht, reißen, nicht nur unser eigenes Leben, sondern das durch uns in die Welt strahlen will. Am Heiligen Abend haben wir mit der brenauch das politische, wirtschaftliche, soziale, kulturelle Leben der Gesellschaft. Dies aber führt nenden Kerze in der Hand gesungen und sie dazu, dass die Maßlosigkeit und die unstillba- dann hinausgetragen in die Nacht: »Tragt in die re Gier nicht nur uns selbst, sondern auch die Welt nun ein Licht«. Die Predigt schließt diesErde, den kleinen weißblau leuchtenden Ball im mal nicht mit dem Amen des Pfarrers, sondern mit den vier Strophen dieses Liedes, in das wir Universum, für immer zerstört. Mache dich auf! Lass dich nicht einfach mit- nun einstimmen: »Tragt in die Welt nun ein nehmen, treiben vom Strom der Zeit und des Licht / Sagt allen fürchtet euch nicht / Gott hat Zeitgeistes. Das ist bequem, weil es ja alle so euch lieb groß und klein / Seht auf des Lichtes tun. Manche merken es nicht, wohin sie der Schein! / … zu den Alten … zu den Kranken … W Strom treibt. Aufstehen, hinstehen, widerste- zu den Kindern«. Informationsbrief 277

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Wort Gottes in Person oder religiöse Ideologie Wie christliche Mission und muslimische Werbung sich unterscheiden Eberhard Troeger Vorbemerkungen Sowohl das Christentum als auch der Islam sind Weltreligionen, die auf Ausbreitung bedacht sind, weil sie der Menschheit eine Botschaft verkündigen wollen, in der es um ewiges Heil und ewige Verlorenheit geht. Diese »Konkurrenz« hat dazu geführt, dass die Begegnung von Christen und Muslimen meist schwierig und oft von Konflikten begleitet war – bis heute. Leider ließen sich früher Christen nicht selten darauf ein, irdische Mächte zur Hilfe zu nehmen – ein Verhalten, das im Islam religiös legitimiert und deshalb normal ist. Andererseits haben Muslime, besonders in der Neuzeit, viele Methoden christlicher Mission nachgeahmt. Es ist deshalb wichtig, die wesentlichen Unterschiede zwischen Mission im biblischen Verständnis und muslimischer Werbung im koranischen Verständnis zu beachten. Da Mission ein genuin biblisches Anliegen ist, halte ich es nicht für hilfreich, dieses Wort für die muslimische Werbung zu verwenden, wie es besonders in den säkularen Medien geschieht. Durch diese »Gleichschaltung« wird einerseits der christlichen Mission menschlicher Aktionismus unterstellt, während andererseits die muslimische Werbung einen biblischen »Anstrich« erhält. Es ist wichtig, vorab die Begriffe zu klären. Das Wort »Mission« (Sendung) kommt zwar als Hauptwort nicht in den biblischen Schriften vor, fasst aber ein Grundthema der biblischen Botschaft zusammen: die Sendung des Wortes Gottes und des göttlichen Geistes in die Men-

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schenwelt. Der islamische Fachausdruck für die muslimische Werbung heißt Da’wa, was im Deutschen mit »Ruf, Einladung« wiedergegeben werden kann. Dabei geht es um die Aufforderung, Muslim zu werden. Durch diese Begrifflichkeit wird bereits ein wesentlicher Unterschied deutlich. In der christlichen Mission geht es zutiefst um Gottes Sendung, bei der muslimischen Da’wa geht es um eine von Allah angeordnete menschliche Aktivität.

Was ist christliche Mission? Die Heilige Schrift bezeugt, dass die Mission ihren Ursprung im innersten Wesen Gottes hat. Gott sendet sein Wort und seinen Geist in die Menschenwelt, um sie von ihren verkehrten Wegen zurückzuholen in die versöhnte Gemeinschaft mit ihm und untereinander. Der dreifaltige Gott wendet sich in seinem Reden und Handeln der Menschheit richtend und rettend zu. In der Mission Gottes geschieht nicht nur Heil, sondern auch Gericht, d. h. Scheidung zu Glaube und Unglaube, Heil und Verlorenheit, weil viele Menschen das gnädige Reden und Handeln Gottes ablehnen. In der Mission Gottes geht es um Leben und Tod. Den Höhepunkt erreichte die göttliche Mission in der Sendung Jesu Christi, der das »Wort Gottes in Person« ist. »Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn …« (Hebräer 1,1f.). Besonders das Johannesevangelium und die Paulusbriefe bezeugen diese göttliche Sendung in Jesus Christus. Sie machen deutlich, dass der Weg der göttlichen Mission über das Leiden (die Passion) zum Heil führt. Denn die Sendung durch den Vater war für Jesus zunächst ein »Gesandtwerden« (Passiv!) ins Leiden. Es ist deshalb problematisch, wenn aus dem Passiv (der »Leideform«) das Aktiv »missionieren« gemacht wird. Dadurch wird die göttliche Sendung in menschlichen Aktionismus verkehrt. April 2013

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Wenn wir als Christen an der göttlichen Mission teilhaben dürfen, so liegt das allein an der Berufung durch Jesus. Er nimmt die durch ihn erretteten Menschen auf den Weg seiner Mission mit. »Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch« (Johannes 20,21). Aus dem gesandten Jesus wird der Sendende. Die Nachfolger Jesu sind zunächst die Gesandten (Passiv), bevor sie in der Weltmission Gottes aktiv werden können. Als Gehorsame tragen sie durch ihre Verkündigung und ihr heilsames Tun Gericht und Heil Jesu Christi in die Menschenwelt. Weil es um Tod und Leben geht, gilt Gottes Mission allen Menschen. Deshalb ist sie auch nicht in das Belieben der Kirche gestellt. Sie ist vielmehr ein Befehl des auferstandenen Herrn (Matthäus 28,18–20), weil Gott will, »dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen« (1.Timotheus 2,4). Deshalb wird in der Mission nicht versucht, Menschen für die Kirche oder eine Gemeinde zu gewinnen; es geht vielmehr um die Rettung aus ewiger Verlorenheit. Das macht die Mission so dringlich und mahnt zum Einsatz aller Kräfte. Weil aber Jesus der Herr der Mission ist, trägt er dafür auch die Verantwortung. Das entlastet seine Boten und gibt ihnen in ihrem Dienst Gelassenheit. Menschen bekehren kann allein der Herr durch seinen Geist. Die Teilhaber an der Mission Christi dürfen staunend sehen, was ihr Herr tut.

Wo die christliche Mission nicht verboten werden kann, setzen die mit viel Geld aus dem Ölgeschäft ausgestatteten muslimischen Organisationen alles daran, die christliche Mission abzuwürgen, indem gut eingerichtete Schulen, Hochschulen, Kliniken, Krankenhäuser, Waisenhäuser usw. aufgebaut werden und großzügige Hilfe für die Armen gewährt wird.

Die Da’wa im muslimischen ­Verständnis Die muslimische Werbung wird mit einem Befehl Allahs an Mohammed begründet: »Ruf [die Menschen] mit Weisheit und einer guten Ermahnung auf den Weg deines Herren und streite mit ihnen auf eine möglichst gute Art …« (Koran-Sure 16,125, nach Paret 2001). Diese Anweisung wird als Gebot an alle Muslime verstanden. Der Ruf gilt als umfassend und soll sich an alle Menschen richten. Alle sollen aufgefordert werden, sich auf den »Weg Allahs« zu begeben, d. h. Muslime zu werden und dadurch Aussicht auf das ewige Leben im Paradies zu erlangen.

Die christliche Mission aus ­muslimischer Sicht Aus muslimischer Sicht darf es die christliche Mission eigentlich nicht mehr geben. Sie hatte nur eine vorläufige Berechtigung bis zum Auftreten Mohammeds und zur »Herabsendung« des Koran als der endgültigen Weisung Allahs. Weil der biblische Glaube durch den Islam Mohammeds angeblich überholt worden ist, können Muslime die christliche Mission nur als menschlichen Proselytismus verstehen, d. h. als den eigenmächtigen Versuch, mit irdischen Verlockungen Menschen zu Christen zu machen. Die christliche Mission unter »Heiden« können Muslime zur Not noch dulden als eine Art Vorbereitung auf den Islam. Dagegen gilt der Versuch als pervers, Muslime vom christlichen Glauben zu überzeugen und damit von der »wahren Religion wegzulocken«. Dieser Versuch gilt als Angriff auf den Islam und muss nach der Scharia mit dem Tod bestraft werden. Entsprechend verfährt man in muslimischen Ländern, in denen das Strafrecht der Scharia gilt. Informationsbrief 277

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In den letzten Jahrzehnten bieten muslimische Da’wa-Organisationen in Fußgängerzonen Schriften an, fördern die Koranverbreitung und sind im Internet sehr aktiv. Traditionell hat dieser Aufruf seinen umfassendsten Ausdruck im Adhân, der fünf- bis sechsmal täglich verkündigten Einladung zum rituellen muslimischen Gebet (Sallât), erhalten. In der Teilnahme am Sallât sollen sich die Menschen vor Allah beugen und ihm gehorchen. Deshalb geschieht der Adhân öffentlich, heute meistens durch Lautsprecher verstärkt. Deshalb fordern Muslime, dass auch in Europa der Adhân per Lautsprecher ertönen soll. Seine Werbewirksamkeit wird dadurch verstärkt, dass auch die Sallât möglichst öffentlich vollzogen wird. 17


Es wirkt eindrücklich, wenn Muslime in Reih und Glied und auf Kommando die gleichen Körperbewegungen zur Sallât vollziehen. Muslime lieben diese Demonstration, und sie hat im Laufe der Geschichte wesentlich zur Ausbreitung des Islam beigetragen. Deshalb legen auch in Europa Muslime Wert darauf, dass Nichtmuslime an der Sallât als Zuschauer teilnehmen, z. B. am Tag der offenen Moschee. In den letzten Jahrzehnten haben muslimische Da’wa-Organisationen viele Methoden der christlichen Mission nachgeahmt. Man lädt zu Vortragsveranstaltungen in öffentliche Räume ein, schult Muslime im argumentativen Gespräch, bietet in Fußgängerzonen Schriften an, fördert die Koranverbreitung, hat muslimische Rundfunk- und Fernsehsender geschaffen und ist im Internet sehr aktiv. Dabei wurden auch alte Tabus gebrochen. Der Koran wird jetzt in den Sprachen der Welt verbreitet, wenn der arabische Urtext neben der »Übertragung« steht. Grundsätzlich sollen Nichtmuslime nicht zur Annahme des Islam gezwungen werden. Dabei beruft man sich auf den Korantext: »In der Religion gibt es keinen Zwang« (Sure 2,256). Man ist aber überzeugt, dass der Islam so vernünftig ist, dass jeder einsichtige Mensch den Islam gern annehmen wird und dass er nur durch gesellschaftliche Rücksichten daran gehindert wird. In der Praxis wird allerdings viel psychischer und sozialer Druck ausgeübt, Muslim zu werden.

Die Da’wa im Rahmen des Djihâd Der »Ruf« richtet sich natürlich auch an alle »Namens-Muslime«, indem sie aufgefordert werden, zu beten, zu fasten und das Armenopfer zu geben. Da sie zu dieser religiösen Praxis von der Scharia verpflichtet sind, geht hier der Ruf in Zwang über. Wo die Scharia streng angewandt wird, werden Muslime gezwungen, die Riten zu vollziehen. Dies kann besonders für solche Muslime gelten, die den Islam verlassen wollen. Es gibt viele Beispiele dafür, dass »Abtrünnige« zu Sallât und Fasten gezwungen werden. Religionsfreiheit im modernen liberalen Verständnis kann der strenge Islam nicht akzeptieren. Hier wird deutlich, dass die Da’wa innerhalb einer islamischen Ordnung bzw. eines islamischen Staates zum Zwang wird. Deshalb kann je nach Situation die Da’wa nicht vom Djihâd getrennt werden. Djihâd heißt »Eifer, Bemühung« für Allah und umfasst alles, was zur Aufrichtung einer weltweiten islamischen Ordnung bzw. Islamisierung dient. Zum Djihâd gehört 18

die Werbung für den Islam ebenso wie der bewaffnete Kampf für den Islam. Nach der Scharia ist es erlaubt und geboten, nichtmuslimische Länder mit Waffengewalt zu erobern und hier eine islamische Ordnung aufzurichten. Zur Begründung wird gesagt, dass in einer nichtmuslimischen Gesellschaft die Menschen daran gehindert würden, den Islam freiwillig anzunehmen. Um dieses Hindernis für die Da’wa zu beseitigen, muss eine islamische Ordnung aufgerichtet werden. Hier wird deutlich, wie sehr die Da’wa mit Hilfe staatlicher Gewalt und Macht gefördert wird. Diese Verbindung wird auch daran deutlich, dass unter der muslimischen Ordnung sich Nichtmuslime in der Öffentlichkeit an muslimische Vorschriften halten müssen, z. B. was Kleidung und Essen (im Fastenmonat Ramadan) in der Öffentlichkeit anbelangt. Damit werden Nichtmuslime einem permanenten Druck ausgesetzt, zum Islam überzutreten. Denn unter der islamischen Ordnung ist christliche Mission verboten und nur islamische Werbung erlaubt.

Die christliche Antwort auf die Da’wa Christen, die davon überzeugt sind, dass Jesus »der Weg und die Wahrheit und das Leben« ist (Johannes 14,6), können die Da’wa nicht begrüßen, sondern werden vielmehr unter ihr leiden, weil die Da’wa ein Angriff auf das Herrsein Jesu Christi ist. Sie werden allerdings auch nicht nach staatlichen Verboten rufen können, weil sie sich damit auf die islamische Ebene der Verquickung von Religion und Macht begeben würden. In säkularen Gesellschaften muss der Staat entscheiden, wann die Da’wa die Grenzen der Freiheit überschreitet, was vor allem dann der Fall ist, wenn die Da’wa Gewaltmittel zur Hilfe nimmt. Die christliche Antwort auf die Da’wa kann nur das Zeugnis von Jesus Christus an Muslime sein – in der alltäglichen Begegnung und durch die heute zur Verfügung stehenden Medien. Dieses Zeugnis braucht die Begleitung durch das Gebet. Denn nur Gott kann durch seinen Geist dem Evangelium in den Herzen und Köpfen von Muslimen zum Durchbruch verhelfen, und nur er kann bewirken, dass die muslimische Da’wa ins Leere läuft und die Menschen erkennen, dass die Da’wa ihnen »Steine statt Brot« anbietet. Die Da’wa verkündigt eine religiöse Ideologie, die auf den ersten Blick zwar beeindruckend sein mag, aber dem Menschen nicht geben kann, was er im Tiefsten nötig hat: die Versöhnung mit Gott durch Jesus Christus. W April 2013

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Die prägnantesten »Ich bin«–Worte Jesu Christi G e r h a r d N a u j o k at Hinführung Die Macht des Wortes wurde schon früh erkannt und angewandt. Aber die sprachlichen Chancen und die Kraft der Rede wurden inzwischen eingeengt und überrundet durch die Wirkung des Bildes. Der optische Einfluss von Foto und Film auf die Sinne des Menschen ist fast grenzenlos geworden. Die publizistische Feststellung stimmt: »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte«. Es sind oftmals erstaunliche, beachtenswerte Bilder, Bildbegriffe und Symbole, die den Blick des Menschen überraschen, erfreuen oder auch erschrecken können. Die Kunst nutzte das und schuf über Jahrhunderte und Jahrtausende fast unvergängliche Werke in Höhlen, Kirchen und Denkmälern. Die Fotografie setzte dies technisch fort und Fernsehen und Internet perfektionierten und multiplizierten alles mittels elektronischer Möglichkeiten. Millionenfach stürmen Bilder nun auf uns ein, üben Einfluss aus und prägen deutlich das Verhalten. Das Auge des Menschen reagiert konzentriert, interessiert, forschend und fragend. Denn Bilder können den Blick fesseln und seelisch bewegen, Emotionen und Reaktionen auslösen. Sie können Denken und Fühlen beeindrucken und das Handeln des Menschen mitunter in kaum kontrollierbare Richtungen drängen. Philosophen, Religions- und Kunstgelehrte haben von jeher über das Wesen von Bildern und deren Aussagekraft nachgedacht. Und schon unsere biblischen Vorväter wussten davon und haben in Bildern und Symbolen gesprochen und geschrieben. Die Bibel ist voll von Gleichnissen: Vom Schafhirten, vom Weizenkorn, vom Acker der Welt, vom Quellwasser,

vom Salz, vom Sauerteig, vom verlorenen Sohn, vom barmherzigen Samariter, von den Posaunen- und Siegelgesichten, von der Hütte Gottes bei den Menschen. Die Bibel bespricht alles – direkt und indirekt – über Geburt und Tod, Heil und Unheil, Licht und Schatten, Liebe und Hass, Sünde und Versöhnung. Es ist daher schlüssig und eingängig, dass auch Jesus Christus viele Heilswahrheiten in Bildern kundtat und in verständlicher und alltäglicher, aber auch symbolhafter Sprache Botschaften formulierte, die zum Heil der Menschheit dienten. Die besondere Zuspitzung seiner Bildsprache erfolgte dadurch, dass Jesus die eigene Person in diese Symbolik einbezog und sich selbst mit festen Begriffen belegte und Aussagen festschrieb. Hiermit verdeutlichte der Sohn Gottes den geistlich-inhaltlichen Auftrag, den er von Gott zu erfüllen hatte. Er skizzierte mit den »Ich bin«-Worten seine göttliche Ermächtigung und die Nähe Gottes, denn Gott bleibt Anfang und Ende allen Denkens und Handelns. Im Neuen Testament finden sich mehrfach direkte »Ich bin«-Worte Jesu Christi. In Auswahl sollen hier einige Stellen aus dem Johannesevangelium angesprochen werden. Der Apostel Johannes, der griechisch gebildete Autor, beginnt sein Evangelium nicht mit der Geburt oder dem Werdegang Jesu Christi – wie die anderen Evangelien – sondern mit dem Logos, mit dem Wort, das am Anfang war. Gott war das Wort. Und dieses Wort wurde in Jesus irdische Wirklichkeit. Schon hier ist nicht nur eine symbolische Brücke vorgegeben, sondern die direkte Tat Gottes zur Erlösung der Welt. Man kann Gottes Handeln und ewig Gültiges meist nur mit irdischen Worten umschreiben. Darum verwendet Jesus bekannte Bildbegriffe und verknüpft sie mit seiner Person und seiner Botschaft.

»Ich bin das Licht der Welt« Johannes 8,12 Gerhard Naujokat Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30 Informationsbrief 277

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Eine Suche geht um den Erdball, beschäftigt die Menschen aller Völker: Die Suche nach charaktervollen Persönlichkeiten, nach uneigen19


nützigen Helfern, nach mutigen Vorbildern, nach Politikern mit Rückgrad, nach sauberer Gesinnung, nach kraftvollen Symbolen, denen man vertrauen kann, nach zuverlässigem Licht im Dunkel dieser Welt. Die Auswertung fällt schwach und spärlich aus. Anscheinend ist der Mensch selten befähigt, Werte, Maßstäbe und Beständiges langfristig aufzubauen und zu verkörpern. Das sah Gott auch so und gab Jesus Christus die Kraft zu sagen: »Ich bin das Licht der Welt«. Diese inhaltsreiche Aussage bedeutet, dass Jesus der Erhellende, der Maßgebliche, der Schwerpunkt, der Eckpfeiler, das Heil ist, der Gott, der gesucht wird. Das ist weder Anmaßung noch Hochmut von Jesus, sondern die Billigung und das Einverständnis Gottes zum Auftrag seines Sohnes auf dieser Erde. Menschen brauchen ein Fundament, einen Horizont, den Blick nach oben, ein Licht auf dem Wege. Licht ist eine Quelle der Helligkeit und der Leuchtkraft. Im Lichtschein wird das Umfeld erkennbar und was im Dunkeln liegt, wird sichtbar. Wissenschaftler betrachten Licht als eine Bewegung, die das ganze Weltall erfüllt. Umfassend und erfüllend sind gleicherweise das Leben und die Aufgabe Jesu Christi – damals, jetzt und ewig. Wer auf die Realität der Welt blickt, sieht unzählige Wunden und unendliche Not, erlebt Betrug, Bitterkeit, Hass, Rachsucht und Mord. Man muss viel Licht in sich aufnehmen, um das Grauenvolle überhaupt aushalten zu können. Was wünschten wir dringender, als dass Christus als das Licht der Welt, zur Geltung käme. Die Politik und gesellschaftliche Interessen setzen auf Fortschritt und Technik, um die Zukunft zu sichern und alles heller zu machen. Werden Computer und Elektronik das schaffen? Oder ist es ein Irrglaube zu meinen, dass wissenschaftliche Anhäufungen der Menschheit Sicherheit bringen? Ein Zukunftsforscher zog ein Fazit und sprach vom »Selbstmordprogramm einer Selbstmordgesellschaft«. Die Menschheit spürt den Mangel an Licht und möchte das Dunkel besiegen. Die Weihnachtszeit beispielsweise ist ein Anlass (den wahren Grund dieses Festes kennen nur noch wenige) tausende Kerzen anzuzünden und Bäume leuchten zu lassen. Die Geburt Jesu wird bei uns mit viel Licht gefeiert, mit vielen Lichtern, selbst von denen, die nicht glauben. Auch ein Jahreswechsel dient dazu, die Dunkelheit um Mitternacht rund um den Erdball zu erhellen durch Millionen von Leuchtraketen am Himmel. Der Mensch greift nach Zukunft und Zuversicht, nach Hoffnung und Helligkeit, wohl 20

Die notwendige Nahrung ist nie selbstverständlich. Die Maßlosigkeit unserer Gesellschaft hat das vergessen. Es geht nicht um Sonderwünsche, sondern um das Wenige, das der Mensch zum Leben braucht. Mit »Brot« ist symbolisch alles abgedeckt. Es ist das elementare Grundbedürfnis allen Lebens. Ob wir morgen Nahrung haben, ist nicht sicher. wissend, dass auch in jedem neuen Jahr Unsicherheit, Angst und Gewalt herrschen werden. Keine ominösen »Lichter und Leuchter«, auch kein Sonnenkult und Sternenglaube können uns helfen, wir brauchen das Licht, den Sohn Gottes mit seiner Zusage »Ich bin das Licht!« Wer nur in Dunkel und Dämmerung lebt, wird depressiv, verzweifelt an sich und seinem Dasein. Das Licht erhellt und erhält alle Vegetation, die Tierwelt und das Menschenleben. Geistlich gesehen werden das Dunkel und die Kette der persönlichen Schuld nur durchbrochen durch den Zugriff des Glaubens, den Glauben an Jesus Christus, der uns das Licht, das Heil bringt. Sagen wir es daher aller Welt: Christus ist das Licht! Die Nacht des Lebens kann hell werden. Die Verirrung der Seele, das schuldig gewordene Gewissen, findet durch Christus Vergebung und Erlösung. Jesus durchlitt im Tode am Kreuz, dass es Nacht um ihn ward, bis der Auferstehungsmorgen kam und Christus zum ewigen Licht wurde. Jetzt gilt: »Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt wurde, der nun zur Rechten Gottes sitzt und für uns eintritt« (Römer 8,34).

»Ich bin das Brot des Lebens« Johannes 6,35.48.51 Dieses elementare Bild des »Brotes«, das Symbol der Ernährung, blieb durch alle Zeiten aktuell und ist heute weltumfassend. Es ist ein unverzichtbares, aber strapaziertes Grundnahrungsmittel. Wo es reichlich vorhanden ist, wird es missachtet, weggeworfen, zertreten. Hungernde Menschen verschlingen es verschimmelt. April 2013

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Wenn man Fotos und Filmberichte mit ausgedörrten, knöchernen Körpern und Kindern in wüsten Gegenden und überschwemmten Gebieten sieht, schmeckt einem am Küchentisch die Butter auf dem Brot nicht mehr. Das Nahrungsproblem in Katastrophenzonen ist in unseren geographischen Breiten kaum in seinem wirklichen Umfang erfassbar. Der Autor gehört noch zu einer Generation, die wusste, was Hungern bedeutet. Dafür sorgten Bombentrümmer, Flucht und Elend. Tägliches Brot gab es nicht. Diese Erfahrung geht in der heutigen Zeit verloren. Wie bedeutsam ist es daher, wenn Jesus uns im »Vater unser« auf den Weg gab, zu bitten: »Unser tägliches Brot gib uns heute«. Die notwendige Nahrung war und ist zu keiner Zeit eine Selbstverständlichkeit und nicht einfach immer so vorhanden. Die Maßlosigkeit unserer Gesellschaft hat das vergessen. Es geht nicht um Sonderwünsche und Sonntagsnahrung, sondern um das Wenige, das der Mensch zum Leben braucht. Mit »Brot« ist symbolisch alles abgedeckt. Es ist das elementare Grundbedürfnis allen Lebens. Ob wir morgen Nahrung haben, ist nicht sicher. Wenn Jesus das Symbol des Brotes aufnimmt und auf sich bezieht, dann sagt er damit, dass er selbst in geistlicher Übertragung das elementar Lebenswichtige für den Menschen aller Zeiten ist. Er erinnert an das Schriftwort: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht« (Matthäus 4,4). Nicht nur der Leib, auch die Seele bedarf der Ernährung und braucht entsprechende Nahrung. Die Seele sucht Gott rund um den Erdball, um nicht zu verhungern. Informationsbrief 277

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Sie bedarf sogar eines gnädigen Gottes, um nicht zu verderben. Sorgenfreiheit und Besitzvermehrung sind nicht das Maß der Dinge. In einem Gleichnis in Lukas 12,20 spricht Gott: »Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Wes wird’s dann sein, das du bereitet hast?« Die Sorge um die Seele steht jetzt im Mittelpunkt. Sie hat ständigen Bedarf, denn sie hat keine Vorratstaschen, keine Speichermöglichkeit, ist auf »tägliches Manna« angelegt und angewiesen. Unsere Seele hat leere Hände und bringt nichts mit. Die »Gottentfremdung« lässt die Seele verdorren. Sie sehnt sich aber nach dem, was ewig ist und unvergänglich bleibt, sie braucht die Gegenwart Gottes. Unser Inneres hat Hunger nach der Güte des Herrn, nach der Barmherzigkeit Jesu Christi, nach Vergebung und Versöhnung, nach Ewigkeit. Wer Jesus als Brot des Lebens glaubend bejaht, »der wird leben in Ewigkeit« (Vers 51). Nachdenkenswert ist der Werdegang des Brotes. Es versinnbildlicht geistliche Wahrheiten. Das Kornfeld wird gemäht, die Körner zermahlen, die Frucht stirbt sozusagen. Ein biologisch schmerzhafter Prozess. Die Glut des Ofens und die Hitze des Backens bilden die Fortsetzung. Dann kommt das Schneiden oder Brechen des Brotes. Jesus nimmt in Vers 51 in Verbindung mit dem »lebendigen Brot« zum ersten Mal Bezug auf seinen Leidens- und Todesweg: »Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt.« Jesus verbindet im Auftrag des Vaters (»Brot vom Himmel gekommen«) das Essen des Brotes mit dem Opfer seines Lebens. Wer von Jesus lebt, mit ihm verbunden ist, wer das Brot vom Himmel annimmt, ist auch mit seinem Opfer und seinem Tod verbunden. Erst muss das Weizenkorn in der Erde ersterben, danach bringt es viele Früchte (12,24). Hier verschmelzen förmlich die biologische und die geistliche Nahrung ineinander. Brot wird zu einem starken Symbol der Lebens- und Glaubensgrundlagen und des Lebens in Ewigkeit.

»Das Wasser des Lebens« Johannes 4,5–18 Nochmals geht es um Elementares. Wasser ist ein lebenswichtiges Element. Kein Mensch, auch kein Tier und keine Pflanze, können ohne Flüssigkeit auskommen. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Aber Wasser hat eine weitere Bedeutung. Es ist auch ein Todeselement. Das wurde uns inzwischen klar bei den gewaltigen Überschwemmungen in vielen Teilen der Welt, 21


Wasser ist ein lebenswichtiges Element. Kein Mensch, auch kein Tier und keine Pflanze, können ohne Flüssigkeit auskommen. Ohne Wasser gibt es kein Leben.

bei den Flutkatastrophen, die unbeschreibliches Unheil brachten und unzähligen Menschen das Leben kosteten. Wasser kann zur Stätte des Todes werden. Auch in Gegenden, in denen es fehlt, wo riesige Landstriche versteppen und zur Wüste versanden. Was Wasser bedeutet, erfahren wir, wenn Wälder massiv brennen und Meere zu Ölkloaken werden. Wir erleben die Kontrasterfahrung der Trockenheit und der Überflutung, um wieder zu wissen, was frisches Wasser ist. Es gibt nicht nur eine körperliche, sondern auch eine seelische Lebensgefahr. Das zeigt der Psalmist: »Gott, hilf mir, denn das Wasser geht mir bis an die Seele« (69,2). Die existenzielle Situation des Menschen ist betroffen. Wasser verdeutlicht die außerordentliche Spannung zwischen Trinken und Ertrinken, von Untergehen und Überleben, von Leben und Sterben. »Lebendiges Wasser« das ist das Wort Jesu Christi an die Samariterin am Brunnen, als er bat: »Gib mir zu trinken!« Sie war ein Mensch wie viele, unlösbar verstrickt in ihr Lebensschicksal, hilflos im seelischen Dilemma. Jesus spricht ihr zu: »Wer von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten«. Sie bittet: »Herr, gib mir dieses Wasser!« Und sie spürt (Vers 29), dass er der Christus ist, der ihren Ur-Durst stillt. Der Mensch hat ein seelisches Bedürfnis, das im Grunde unersättlich ist. Durst nach Glück, Besitz, Lebenssinn, Sicherheit, Beruf, Partnerschaft, Zärtlichkeit, Familie – kein Leben ohne Durst. Man kann ihn nicht vergessen und wegschieben, denn letztlich ist er ein Ausdruck der Suche nach Gott. Jemand formulierte nachdenklich: »Wenn soviel Durst vorhanden ist, dann muss es auch einen unendlichen Ozean der Fürsorge Gottes geben.« 22

Das »Wasser des Lebens« gilt allen Durstigen, den Schuldiggewordenen und Hoffnungslosen, den Vereinsamten und Zukurzgekommenen, den Entwurzelten und Verzweifelten, den Lästigen und Entgleisten, auch den Übermütigen und Überheblichen und denen, die vor Menschen noch makellos dastehen mögen, vor Gott aber blass aussehen. Das »Wasser des Lebens« ist unbegreifbar, es ist gnädig dem Hilflosen und Reuigen, aber zornig dem Bösen, dem Boshaften, dem Gottesverächter. »Lebendiges Wasser« löst das unentwirrbare Knäuel menschlicher Schuld, wie bei der Frau am Jakobsbrunnen. Es findet sich auf dieser Erde wohl niemand, der nicht des »Wassers des Lebens« bedürfte. Die Naturgewalt des Wassers, der Schrecken der Meere, ist selten berechenbar und nicht bezwingbar. Aber Christus gebot den Winden und Wellen auf dem See und sie legten sich. Es gibt keine noch so stürmische Situation im Leben, die nicht durch Jesus zur Ruhe kommen könnte. Ja, er führt uns sogar an die richtige Quelle, wie bereits Psalm 36,10 zeigt: »Bei dir ist die Quelle des Lebens«. Und die Bibel kennt Verheißungen (Johannes 7,38), die von »Strömen lebendigen Wassers« sprechen. Zwar gibt es im Leben krumme Wege und sinnlose Strecken, Holzwege, Sackgassen, Irrungen, Wirrungen, dunkle Stunden, zermürbende Tage. Aber da gilt dem Glaubenden die Zusage von Psalm 23: »Er führet mich zum frischen Wasser«. Gott weiß den Weg dahin. Sein Weg ist nie ohne Ziel. Weg und Ziel gehören zusammen, auch wenn der Weg schmal wird. Die Zusage Jesu steht: »Ich bin der Weg; ich führe dich auf rechter Straße um meines Namens willen. Auf diesem Weg sollst du nicht dürsten, denn bei mir ist das Wasser des Lebens«. April 2013

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»Ich bin die Tür« Johannes 10,9 Jesus vergleicht sich hier mit einem Bild aus dem praktischen Alltag, mit einem Objekt in üblicher Umgebung. Eine Tür ist zunächst ein materieller Gegenstand, ein Teil eines Bauwerkes oder eines Gartenzaunes. Eine Tür oder ein Tor dient als Eingang und Ausgang, ermöglicht den Zugang oder Durchgang zu weiteren Räumen und Landschaften, führt also zu etwas hin, zu einem angestrebten Ziel. Die Tür ist auch eine Verbindung, ein Zwischenstück zwischen Zimmern oder Häusern. Es ist eine eindrückliche und einprägende Darstellung, wenn Jesus sagt: »Wer durch mich, wer durch diese Tür geht, der wird selig werden«. Er verbindet seine Person mit der jenseitigen Welt, mit dem was kommt, mit dem Seligsein. Wir haben dazu weitere Parallelen in der Schrift, etwa Johannes 3,36: »Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben«. In anderem Zusammenhang wird Jesus als »Mittler« zwischen Gott und dem Menschen bezeichnet, als der, der uns vor Gott vertritt, als Verbindungsperson und Fürsprecher. Das ist die Aufgabe einer Tür, dass sie auch zwei unterschiedliche Bereiche und Welten zusammenführen kann. Die Gemeinde der Gläubigen, die oft so irdischen Jünger, finden somit Zugang zum ewigen Gott. Ein Türdurchgang ermöglicht den Zutritt von Personen, von Freunden, Fremden und auch Feinden. Deshalb hat eine Tür ebenfalls eine notwendige Schutzfunktion. Bei Bedarf kann man sie verschließen. Man ist dennoch nie ganz sicher. Jesus spricht im Zusammenhang der Verse 8 bis 12 von Dieben, Mördern, Wölfen. Auch Menschen können zu Wölfen werden. Das lateinische Sprichwort sagt: »Homo homini lupus« (»Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf«). Immer schon gab es das Tier im Menschen. Menschen waren einander Gegner und Feinde. Jesu Wirken sollte und wollte diesen teuflischen Trend beenden und den Menschen bergen und schützen. Es gibt Bauwerke mit verstärkten Türen und Wächtern, um wertvolle Inhalte zu schützen. Christus, unser Schutz, ist wie eine starke Tür, die uns sichert und Böses abhält. Meine fromme Mutter betete: »Damit der böse Feind keine Macht an uns habe!« Wölfe können auch das Symbol sein für Anfechtung, Krankheit, Schmerz, Leid und Tod. Da brauchen wir den, der Trost, Geborgenheit und Zuversicht vermittelt. Wir brauchen Christus wie eine Tür, durch die sozusagen erst alles Schwere innerlich hindurchgeht: Jesus, der im Innern mit uns leidet. Schon der Prophet JesaInformationsbrief 277

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ja hat es so gesehen: »Er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten« (53,4f.). Das Symbol der Tür verdeutlicht, dass Christus der personelle Zugang zum ewigen Leben ist. Er ist die Tür zum allmächtigen Gott in Ewigkeit. Unser Leben schließt sich einst und bedarf einer Tür zum ewigen Leben. Gott hat den Menschen in eine vergehende Welt hineingestellt. »Seine Zeit fährt dahin wie ein Schatten.« Aber der Mensch ist nicht geschaffen, um zu sterben, sondern Gott lässt ihn sterben, um ihm das ewige Leben zu geben. Alle Freuden die er erlebte, das Leid, das ihn traf, alles Bittere, das er erfuhr, alles birgt den Ruf nach Ewigkeit. Der Mensch ist in den Plan und das Maß Gottes eingebunden. Christus wird ihm zur Tür, um zu glauben, zu dienen, zu lieben und zu leiden. Christus findet mit uns das Ziel. Dann bleibt uns der Anruf: »Gott, öffne uns bitte barmherzig die letzte Tür!«

»Ich bin der gute Hirte« Johannes 10,12 Wir kennen kaum noch Hirten. Es ist viele Jahre her, dass ich einen sah. Und die letzte Herde graste in ausdauernder Ruhe ohne Hirten und ohne Hund, weil die Fläche groß genug und gefahrlos war. Aber im Hintergrund bleibt der Hirte unentbehrlich. Warum wählt Jesus hier solch ein ruhiges, ja beruhigendes Symbol und vergleicht sich damit? Ist das Leben nicht beklemmender, maßloser, hektischer, zerrissener? Jesus wählte dieses Bild sicher nicht nur, weil es in die dortige Landschaft passte, sondern weil das stille Wort vom Hirten eine ungemeine Bedeutung und Wichtigkeit für alle Generationen und Zeiten hat. Es vermittelt Vertrauen zu einer Lebenskraft und Persönlichkeit, die weder aggressiv noch anmaßend oder austauschbar ist, sondern selbstlos, dienstfähig, opferwillig und hingebungsbereit. Ein Hirte ist im Normalfall eine Autorität mit einer festen, pflegenden, schützenden, aber gewaltfreien Führung. Seine Tiere kennen seine Stimme und folgen ihr, denn im Ernstfall lässt der Hirte sein Leben für sie. Der Verlauf der Menschheitsgeschichte lehrte uns nicht die Selbstlosigkeit und Gewaltfreiheit der Herrschenden und Machthaber. Die Absicht, den Menschen zum Bilde Gottes zu machen, wurde verzerrt und zertreten. Ist er zum Raubtier geworden, wie Oswald Spengler ihn bezeichnete? Die Anmaßung des Menschen 23


führte oftmals zu irrem Größenwahn und zu brutalen Grenzüberschreitungen. Die Begabung mit Vernunft soll es sein, die den Menschen zum Menschen macht und ihn über das Tier erhebt? Ist Vernunft das spezifisch Menschliche? »Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein, nur tierischer als jedes Tier zu sein« (Goethe in »Faust«). Das Tier im Menschen hat in Jahrtausenden grausame Feste gefeiert. Massenweise wurden Männer, Frauen und Kinder in sinnlosen Kriegen dahingemäht, zerbombt, verbrannt, versklavt. Ganze Völker wurden brutal geknebelt, vergewaltigt, nicht selten schlagartig vernichtet oder allmählich ausgerottet. Niemand sah die Angst in den Augen Verfolgter und die Todesfurcht in den Zügen Unschuldiger. Im Namen der Vernunft oder gar der Religion wüteten der Hass, der Neid, die Rachgier und zeugten Feindschaft, Verbitterung und tiefes Leid. Der Weg des Menschen wurde grauenhaft gezeichnet durch Schmerz und Not, durch Blut und Tränen. Nicht Seuchen und Epidemien waren die eigentlichen Geißeln der Menschheit – die kamen ja nicht aus Menschenhand. Der Schrecken der Zeiten war der Mensch, der über Menschen herrschte. Welche entsetzlichen Misshandlungen, Folterungen, Knechtschaften, Hexenprozesse und Rassenverfolgungen zeigte die Geschichte! Zu welcher Mordlust war der Mensch fähig – kein Tier handelt so! Irrsinnige Wahnsinnstaten entsprangen menschlichen Gehirnen. Das geistig höchststehende Geschöpf der Erde ist zum gefährlichsten geworden. Jetzt gewinnt das Bild des Hirten besondere Konturen und eine beachtenswerte Gewichtung. Nur Friedfertigkeit und ein selbstloses Zusammenstehen, nur Gehorsam dem Schöpfer gegenüber und Liebe untereinander kann uns die notwendigen Lebensbedingungen erhalten und uns vor drohender Selbstvernichtung bewahren. Die ganze Zukunft hängt von den Formen und Formationen ab, in denen sich unser gesellschaftliches und völkisches Verständnis weltweit entwickelt. Das Maß der Dinge muss von anderswo gesetzt werden. Es müsste von einer jenseitigen, göttlichen Kraft kommen, die nun im Diesseits, im Menschlichen wirksam wird. Es müsste eine Person geben, die wahrer Mensch und wahrer Gott ist. Dieser Gottes- und Menschensohn wäre imstande, das Maß der Dinge vorzuleben. Dieses Symbol ist uns im »guten Hirten« gegeben und zeichnet ein Bild, in dem durch Jesus Christus die Bestimmung des Menschen, seine wahre Menschlichkeit, verwirklicht werden kann. Erst der Mensch, der mit Gott im 24

Geist verbunden ist, bringt die Bestimmung des Menschen zur Erfüllung. Dann wird er gerne sagen: »Der Herr ist mein Hirte. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele« (Psalm 23,1–3).

»Ich bin der Weinstock« Johannes 15,5f. Wieder wählt Jesus ein starkes Bild, ein Bild aus der Natur und macht es zum Symbol in seiner Rede an die Jünger, die er als »Reben« am Weinstock bezeichnet. Beide gehören zusammen. Ohne den Weinstock, aber auch nicht ohne das Beschneiden der Triebe, bringen Reben keine Frucht. »Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.« Angesprochen ist damit das Verhältnis, das die Jünger, die Gemeinde Jesu, zu ihrem Herrn haben. Der Glaube lebt und wird ernährt durch die enge Verbundenheit und Abhängigkeit zu Christus als dem Weinstock. Der Weinstock trägt die Frucht und die Frucht lässt sich tragen. Die Bildrede zeigt den inhaltlichen Ernst: Der Lebensstrom geht vom Weinstock in die Reben. Die Rebe allein kann nicht existieren, sie ist angewiesen auf den Weinstock und seine lebensvermittelnde Kraft. Wer nicht in ihm bleibt, wird weggeworfen und verdorrt. In der christlichen Kunst wird Jesus als der Weinstock oft in Kreuzform dargestellt, so dass auch dieses

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Glaubenssymbol eingereiht wird in den Ablauf der Heilsgeschichte der Evangelien. Und da geht es um die Nachfolge Jesu, die nicht immer, sogar nur selten, ein »Höhenflug« ist. Nachfolge bringt Freiheit und Befreiung von vielen inneren Lasten, aber sie ist keine »grenzenlose Freiheit« und kein andauerndes Glücksgefühl. Sie beinhaltet Verantwortung und Selbstdisziplin, oft Begrenzung ichbezogener Wünsche und die Schmälerung einer überzogenen Egozentrik. Jünger Jesu, die Reben am Weinstock, wissen auch von Verzicht und Verlust, werden gewissermaßen als Reben »beschnitten« und zurechtgestutzt. Das schmerzt. Dieser gewisse Reinigungs- und Heiligungsvorgang bedeutet, dass der »Gärtner« Unbrauchbares wegschneidet. Ein alter Vers sagt: »Heil’ges Winzermesser, schneide tief hinein, bin noch nicht gereinigt, wie ich sollte sein«. Diese vergessenen Wahrheiten haben einen tiefen, geistlichen Sinn. Sie sollten hervorgeholt werden in heutiger Sprache. Beim Weinstock geht es um das »Fruchtbringen«. Wenn Frucht wächst, dann ist das keine Leistung, keine Anstrengung, weder Erfolg noch Technik. Frucht ist Frucht. Sie entsteht durch einen inneren Wachstumsprozess, ein nicht zu beschreibendes Geschehen. Wir werden danach gefragt in der Ewigkeit. Keine Frage ist so bohrend. Kein Ergebnis so offen. Können wir Frucht einbringen? Heute? Morgen? Und jetzt geht es um die glaubende Gemeinde, um die vielen Reben, die miteinander eine Gemeinschaft bilden. Es geht um die »Herde Christi«, die darum weiß, dass sie mit Christus einen »Glaubens- und Sterbensweg« geht. Aber wo ist diese Gemeinde? Ich setzte mich in eine Kirche. Hörte eine Orgel und eine Predigt. Und ging wieder hinaus. Niemand hatte mich wahrgenommen. Ich nahm den Eindruck mit, dass der Pfarrer die meisten gar nicht kennt und über die wenigen Köpfe hinwegredet. Gemeinde Jesu, wo ist sie? Haben Gemeinde und Kirche noch eine Botschaft? Die vom »Kreuz«, von der »Erlösungsbedürftigkeit« des Menschen oder vom »Weinstock«? Sind wir zu einer nichtssagenden Banalisierung der Verkündigung gekommen, bestenfalls zu einer Politisierung? Die leeren Bänke haben mit einer leeren Verkündigung zu tun, mit der leeren Lehre. »Ich suche eine Gemeinde«, fragte mich jemand. »Wo finde ich die geistliche Heimat? Ich ging schon hierhin und dorthin und fand Irrungen und Wirrungen. Ich prüfte Grundlagen und Voraussetzungen, gibt es Kriterien? Ich möchte nicht irgendwo hineinstolpern!« Informationsbrief 277

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Eine Gemeinde muss sich fragen, ob sie dem Wesen des Weinstockes nahe kommt. Eine »Traumgemeinschaft«, die ideale und immer gesunde Gemeinde gibt es nicht. Selbst im Neuen Testament ist diese nicht zu finden. Sie wird die Mängel und Schwächen aufzeigen, die Menschen jeweils in sich tragen. Auf dieser Erde ist nun einmal alles wurmstichig. Eine feste biblisch-dogmatische G ­ rundlage ist für eine Gemeinde unverzichtbar. Auch die Gefühlsebene besitzt einen notwendigen Stellenwert. Denn Gottes Botschaft erfasst den ganzen Menschen mit seinem Denken, Empfinden, Fühlen und seinen seelischen Impulsen. Dennoch zeigt sich auch eine Grenze. Wenn durch die Art der Predigt oder durch emotionale Mittel eine Überhöhung der Gemütswelle erzeugt wird, dann widerspricht das der Grundtendenz des Evangeliums und der Nüchternheit des Geistes Gottes. Im Mittelpunkt der Gemeindearbeit steht der Gottesdienst. Er hat vorrangige Aufgaben. Allerdings ist oftmals die wöchentliche Bibelstunde noch wichtiger für den Tiefgang und das geistliche Gefüge einer Gemeinde. Wirkliche Bibel-Arbeit ist nur in solchen Sonderstunden möglich. Insgesamt darf man fragen: 1. Wird in der Gemeinde biblisch und kenntnisreich das Evangelium verkündigt? 2. Beachtet die Gemeinde die ganze Botschaft der Bibel mit den Erfahrungen, Verheißungen, Geboten, Ermahnungen und Segnungen des Gottesvolkes im Alten und Neuen Testament? 3. Führt die Verkündigung des Wortes zu Jesus hin oder zu einer überschwänglichen oder erstarrten Gemeinde? 4. Bleibe ich ein eigenständig glaubender Mensch oder muss ich so glauben, wie es die Gemeindeleitung vorgibt? 5. Darf ich im Vertrauen auf Jesus leben oder reglementieren mich Gemeindeordnungen? 6. Werden mir Wärme, Verständnis und Geborgenheit entgegengebracht? Wird meine Hingabe und die Bereitschaft zum Dienst gebraucht ohne mich zu überfordern? 7. Ist das letzte Ziel des Glaubens und Lebens in dieser Gemeinde »Jesus allein«? Erlebe ich unter der Verkündigung des Wortes Vergebung und Glauben? 8. Die Gemeinde ist die »Versammlung« der Gläubigen und derer, die den Weg zu Christus suchen. Der Apostel Paulus nennt die Gemeinde den »Leib Christi« (1.Korinther 12,27). Diese Ausdrucksweise zeigt den hohen Wert, den das Miteinander von Menschen hat, die »Reben W am Weinstock« sind. Der Beitrag wird im nächsten Heft fortgesetzt. 25


Aus Kirche und Gesellschaft Überraschung bei der Präseswahl im Rheinland Als Vorreiter für Modernität oder was man dafür hält, versteht sich die Evangelische Kirche im Rheinland seit langem. Man denke nur an die inzwischen seit gut 15 Jahren andauernden Homodebatten. Mit all ihren nicht allein unschönen, sondern geradezu gottlosen Erscheinungen wurde diese Lawine in und von der rheinischen Kirche losgetreten; inzwischen hat sie meines Wissens alle evangelischen Landeskirchen erfasst. Doch, in einem Punkt scheint die rheinische Kirche dann doch »rückständig«. Bislang stand an deren Spitze immer ein männlicher Präses, wenn auch seit langem ein theologisch »progressiver« – aber immerhin ein Mann. Bereits 2003 scheiterte der Versuch von Petra Bosse-Huber, Präses der mit 2,8 Millionen Mitgliedern zweitgrößten Landeskirche zu werden. Statt ihrer wurde Nikolaus Schneider gewählt. Nun trat dieser mit 65 in den Ruhestand und so musste die Synode bei ihrer Tagung zu Beginn des Jahres 2013 in Bad Neuenahr einen Nachfolger bzw. eine Nachfolgerin finden. Die Wahl am 10. Januar endete an sich mit einer Überraschung. Von dreien, die sich um das Präsesamt beworben hatten, waren zwei Frauen: Zum einen wiederum die 54-jährige Petra BosseHuber (Wuppertal), Vizepräses der rheinischen Kirche und zum andern die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, die 44-jährige Ellen Ueberschär (Fulda). So waren die Frauen recht gut aufgestellt. Bosse-Huber galt als Favoritin. Doch gewählt wurde im dritten Wahlgang der männliche Bewerber, der für Personal zuständige Oberkirchenrat Manfred

Rekowski (Wuppertal). Beim dritten Wahlgang durfte Ellen Ueberschär, die im ersten Wahlgang 54 und im zweiten Wahlgang 38 Stimmen erhalten hatte, nicht mehr antreten. Der 54-jährige Manfred Rekowski erhielt 116 von 212 der abgegebenen Stimmen; Petra Bosse-Huber kam auf 93. Rekowski, der in Masuren in Ostpreußen geboren ist, in Bethel, Marburg, Bochum und Wuppertal Theologie studiert hat, verheiratet ist und zwei erwachsene Kinder hat, ist außerhalb seiner Landeskirche bisher noch nicht bekannt. Er amtiert seit 2011 als Oberkirchenrat und hautamtliches Mitglied der Kirchenleitung. Von 1993 bis 2011 war er Superintendet in Wuppertal. Es besteht offenbar Hoffnung darauf, die rheinische Kirche könnte unter seiner Leitung weniger politisch, dafür aber seelsorgerlicher werden. Rekowski kündigte an, er werde das Amt mit »einer gewissen Konzentration nach innen« ausüben. Er gilt als ausgleichender »Krisenmanager«, der Kontakt zur Gemeindebasis hat. Das wurde auch in seiner durchaus realistischen Einschätzung deutlich: »Die Aufgabe unserer Generation ist es, unaufgeregt die zu groß gewordenen kirchlichen Strukturen an die kleiner werdenden Zahlen anzupassen, um die Hände und den Kopf frei zu haben für das Beten und Arbeiten. Wir haben eindeutig über unsere Verhältnisse gelebt.« In dieselbe Richtung zielt auch seine Aussage, wonach wir »nicht mehr die Gemischtwarenladen-Gemeinden« benötigen, »sondern Gemeinden, die den Mut zu Schwerpunktsetzungen und zur Beschränkung haben«. Am 3. März wurde Manfred Rekowski als Präses in Düsseldorf eingeführt.

Petra BosseHuber, Ellen Ueberschär und Manfred Rekowski (v. l.) 26

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Doch neben dem Präses mussten weitere kirchenleitende Ämter besetzt werden. Wegen eines Finanzskandals der rheinischen Kirche (dadurch waren 21 Millionen Euro Kirchensteuermittel verschleudert worden), trat der bisherige Leiter der Abteilung »Finanzen und Vermögen«, Oberkirchenrat Georg Immel (59) nicht mehr zur Wiederwahl an. Sein Nachfolger wurde der 50-jährige Bonner Betriebswirt und Sozialökonom Bernd Bancks, der seit 2006 Leiter der Finanzen und Organisation des Deutschen Evangelischen Kirchentags ist und sich gegen zwei Mitbewerber durchsetzen konnte. Und das, obwohl er in einer eingetragenen homosexuellen Partnerschaft lebt. Als Hindernis wurde das wohl nicht eingestuft. Vielleicht hat dies ja auch geradezu für dieses wichtige Amt qualifiziert. Vizepräses Bosse-Huber wird weiterhin die Abteilung »Theologie und Diakonie« im Landeskirchenamt leiten. Neuer Leiter der Personalabteilung wurde der bisherige Trierer Superintendent Christoph Pistorius. Der bisherige leitende Jurist der Evangelisch-reformierten Kirche, Johannes Weusmann (Leer), wurde neues hauptamtliches Mitglied der Kirchenleitung als Leiter der Abteilung »Politik und Recht«. Er trat die Nachfolge des bisherigen Abteilungsleiters Christian Drägert an, der auch juristischer Vizepräses war; dieser ging in den Ruhestand. (Quellen des Berichts: ideaSpektrum 3/2013 vom 16. Januar 2013, S. 36 und 37, West; Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg 3/2013 vom 20. Januar 2013, S. 3)

DEA wird konfessionell zunehmend bunter und charismatischer Lässt sich die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) bei ihren Berufungen in den Hauptvorstand vermehrt vom gesellschaftlichen Wandel und der Vielgestaltigkeit der Ausprägung von Frömmigkeitsstilen leiten, auch von solchen, denen an Schrift und Bekenntnis orientierten Christenmenschen kaum zustimmen können, als von geistlichen Kriterien? Dieser Eindruck kann sich nach den Berufungen von 13 neuen Mitgliedern in den Hauptvorstand aufdrängen. In der DEA sind im Hauptvorstand mittlerweile 13 verschiedene evangelische Denominationen vertreten, wobei davon mit 57 Prozent noch eine knappe Mehrheit der 60 jeweils auf sechs Jahre gewählten Mitglieder aus evangelischen Landeskirchen kommt. Auch der Vorsitzende der DEA, Michael Diener, im Hauptamt Präses des Gnadauer Verbandes, ist landeskirchlicher Pfarrer und wirkte vor Antritt seines Amtes bei »Gnadau« als Dekan der pfälzischen Kirche in Pirmasens. Die 13 neu Berufenen vertreten Informationsbrief 277

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Charismatiker, Migranten, Jugend- und Frauenbewegungen. Dazu sagte der DEA-Vorsitzende Diener: »Wir stärken unser evangelisches und evangelikales Profil dank der Menschen, die unserer Berufung gefolgt sind«. Damit, so Diener weiter, stelle sich die Dachorganisation von Evangelikalen aus Landes- und Freikirchen der Herausforderung, »in einer sich verändernden gesellschaftlichen und kirchlichen Situation ein starkes, weit gespanntes und tragfähiges Netzwerk zu bleiben«. Diener zufolge sind die Mitglieder des Hauptvorstandes nicht Delegierte ihrer jeweiligen Kirche und Werke, sondern seien als Persönlichkeiten berufen worden. Jedenfalls wird der Hauptvorstand konfessionell immer bunter. Nun gehören drei ausgewiesene Charismatiker dem Hauptvorstand an: Pastor Peter Wenz, Leiter der charismatischen Freikirche »Gospel Forum« (früher Biblische Glaubensgemeinde); dazu kommt der Leiter der charismatischen Jugendbewegung »Jugend mit einer Mission«, Frank Bauer; und schließlich als Dritter im Bunde der Vertreter charismatischer Frömmigkeit, Pfarrer Henning Dobers von der Geistlichen Gemeinde Erneuerung (GGE). Der württembergische Evangelikalismus und Pietismus wird durch Dekan Ralf Albrecht, dem Vorsitzenden der ChristusBewegung »Lebendige Gemeinde«, vertreten. Erstmals hat auch die Selbständig Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) einen Vertreter im Hauptvorstand, den Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Stock. Auch ein afrikanischer Pastor ist im Hauptvorstand vertreten, der Baptist Richard Aido, der 1990 die »New Life Church« in Düsseldorf gegründet hat. Neben Frank Bauer von der charismatisch ausgerichteten »Jugend mit einer Mission« wurden drei weitere Vertreter missionarischer Jugendverbände berufen: Karsten Hüttmann, der Geschäftsführer von »Entschieden für Christus« (EC), weiter Simon Schuh sowie der (neue) Prior der (ökumenischen) »Offensive Junger Christen« (OJC), Konstantin Mascher. Zwei Vertreterinnen von Frauenorganisationen wurden ebenfalls berufen: Daniela Knauz, Referentin für Frauen und Senioren im Bund Freier evangelischer Gemeinden und Pfarrerin Astrid Eichler vom Verein »Es muss etwas Anderes geben«; der Verein engagiert sich hauptsächlich unter alleinlebenden Frauen. Zwei freie Werke sind mit Neuberufungen im Hauptvorstand vertreten. Peter Dück ist Vorsitzender des Verbandes Evangelischer Bekenntnisschulen und Geschäftsführer des Christlichen Schulvereins Lippe. Und schließlich gehört der freikirchliche Pastor Ulrich Eggers dem Hauptvorstand 27


an. Eggers ist Vorsitzender des Vereins Willow Creek Deutschland und Verlagsleiter des Bundes-Verlages in der Stiftung Christliche Medien (SCM). Im Bundes-Verlag erscheint eine stattliche Anzahl evangelikaler Zeitschriften. Mit der Berufung einiger der Neuen in den Hauptvorstand der DEA wurden auch solche berufen, für die bis vor etlichen Jahren eine Berufung nicht möglich gewesen wäre, ja deren

Lehren und Gebaren entschieden abgelehnt wurden, da die »Berliner Erklärung« von 1909 fraglos galt: Die Vertreter charismatischer Frömmigkeit und auch Vertreter von Willow Creek hätten wohl schlechte Karten gehabt. Wie sich die Zeiten doch so sehr ändern – meist nicht zum Besseren, was auch hier gilt. (Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 50/2012 vom 12. Dezember 2012, S. 9)

Buchrezension Eduard Haller: Der Psalm von den zwei Wegen. Die Seligpreisung in Psalm 1 Eine Auslegung Früher hing das Bild vom breiten und vom schalen Weg in so manchem christlichen Haus. Mit diesem Bild wurde ein Wort Jesu aufgenommen. Dieser wiederum griff auf den Psalm 1 zurück. Der wurde, dessen ist sich Eduard Haller sicher, als der Psalter feststand, diesem gewissermaßen als Absichtserklärung dessen, was die Psalmen sein wollen, vorangestellt; sie sollen den Weg zum Leben zeigen. Dem greisen, heute in einem Seniorenheim im schweizerischen St. Gallen lebenden Eduard Haller, einem aus Bayern stammenden Theologen, lange Jahre Dozent für Altes Testament und Hebräisch im mittelfränkischen Neuendettelsau und danach Pfarrer einer Berggemeinde im Toggenburg in der Schweiz, ist für seine umfassende Auslegung von Psalm 1 zu danken. Denn in seiner Auslegung arbeitet Eduard Haller – hier merkt man den einstigen Hebräisch-Lehrer – zum einen stark philologisch, also von der Wortbedeutung her, andererseits aber sucht er genauso den meditativen Zugang, was bei Psalmen, die ja vom Meditieren und Wiederholen leben und sich erschließen, angebracht erscheint. Dadurch wirkt seine Auslegung – vielleicht wäre Meditation gar die treffendere Ausdrucksweise – irgendwie überzeitlich. Sie wird, darin besteht zweifellos ihre Stärke, nicht veralten. Denn das, was Eduard Haller als Proprium dieses Psalmes herausarbeitet, ist immer aktuell, zeitlos, veraltet nicht. Deshalb sage niemand, dieser Psalm sei lediglich Weisheit seiner Zeit, wiewohl dieser, rein formal betrachtet, zur Weisheitsliteratur zu rechnen ist. Es geht in Psalm 1 um nicht weniger als um die lebenswichtige Entscheidung, welchen Weg ich 28

von zwei möglichen gehe, weshalb der Psalm ja auch der »von den zwei Wegen« genannt wird. Der Psalm fragt mich: Folgst du der lebenswichtigen Einladung Gottes, dem Weg, den er bereitet hat, welcher der Weg zum Leben ist oder dem, der keine Verheißung hat und ins Verderben führt? Damit ist dieser Psalm weit mehr Evangelium als Gesetz, weist er doch den Weg zum Leben. Er weist bereits deutlich hinüber ins Neue Testament und es verwundert nicht, dass Jesus ihn in seiner Bergpredigt aufnimmt und damit zur Nachfolge, die kein einfaches und bequemes Unterfangen ist, einlädt: »Geht hi­ nein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind’s, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden!« (Matthäus 7,13f.) Das Büchlein von Eduard Haller erschien in einer ansprechenden Aufmachung. Es mag sein, dass sich seine Psalmmeditation nicht auf einmal erschließt. Aber das tut der Psalter ja auch nicht. Mehrmaliges Lesen und Meditieren werden bei diesem Büchlein von Eduard Haller keineswegs verkehrt und überflüssig sein. Walter Rominger Freimund-Verlag, Neuendettelsau 2012 broschiert, 88 Seiten ISBN 978-3-86540-107-6 Das Büchlein ist außer über den Buchhandel auch direkt über den Verlag zu beziehen: Freimund-Verlag Missionsstraße 3 91564 Neuendettelsau Telefon (09874) 68933-0 Fax (09874) 68933-99 E-Mail: kontakt@freimund-verlag.de www.freimund.verlag.de April 2013

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Bibelfreizeit der Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« im Christlichen Gästehaus »Bergfrieden« in Oberstdorf in der Pfingstwoche vom 18. bis 25. Mai 2013 mit Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt Die Bergpredigt Jesu Ruf an seine Jünger – Ruf zum Gehorsam und zur Tat Die Bergpredigt im Matthäusevangelium ist ein Buch der Weltliteratur mit einer enormen Wirkungsgeschichte. Philosophen und Literaten hat sie beeinflusst. Wollten die einen aus der Bergpredigt politische Handlungsanweisungen gewinnen, suchten die anderen mit ihr ein »Christentum der Bergpredigt« zu schaffen. Auch Widerspruch hat die Bergpredigt erfahren. Nietzsche nannte sie eine Sklavenmoral, eine Religion des Ressentiments der Armen gegen die Reichen. Gegen anderslautende Auskünfte gilt die Bergpredigt allein den Jüngern Jesu. Denn mit der Bergpredigt stellt er die, die das Reich angenommen haben, unter den Willen seines himmlischen Vaters. Die Worte der Bergpredigt sind der Ruf zum Gehorsam und Anweisung zur frommen Tat. Auch die Seligpreisungen, die die Bergpredigt eröffnen, gehören den Jüngern Jesu. Ihnen zum Trost sind sie gegeben, denn sie werden um des Himmelreiches willen das Kreuz zu tragen haben. Darum sollen sie wissen, dass die Nachfolge einen reichen Lohn hat. Das Reich kommt und sie werden getröstet werden und Gott schauen dürfen.

Unterkunft und Verpflegung: Zweibettzimmer – je nach Ausstattung (Balkon, Dusche/Bad, WC), Lage und Größe 48,50 bis 52 Euro Einbettzimmer – je nach Ausstattung (Balkon, Dusche/Bad, WC), Lage und Größe 43,50 bis 55 Euro Diese Preise verstehen sich pro Person und enthalten Übernachtung, vier Mahlzeiten und die Mehrwertsteuer. Die ortsübliche Kurtaxe in Höhe von derzeit 2,60 Euro pro Tag kommt noch hinzu. Preise für Kinder können beim Christlichen Gästehaus Bergfrieden nachgefragt werden. Studierende und Auszubildende zahlen den halben Preis. Arbeitslosen wird ein Nachlass gewährt. Tagungsgebühren: 10 Euro für die gesamte Freizeit Anmeldeschluss: 4. Mai 2013 Auskunft: Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt Rötlenstraße 26 · 70794 Filderstadt Telefon (0 71 58) 6 95 69 · Fax (0 71 58) 9 15 74 95 E-Mail: hans.hellenschmidt@gmx.de

Anmeldung direkt beim Ferienheim: Christliches Gästehaus Bergfrieden e. V., Oytalstraße 4, 87561 Oberstdorf, Telefon (0 83 22) 95 98-0, Fax (0 83 22) 95 98-222, E-Mail: info@bergfrieden-oberstdorf.de, www.bergfrieden-oberstdorf.de Bitte abtrennen und in frankiertem Briefumschlag einsenden an Christliches Gästehaus Bergfrieden e. V., Oytalstraße 4, 87561 Oberstdorf

Anmeldung Hiermit melde ich mich zur Bibelfreizeit vom 18. bis 25. Mai 2013 im Christlichen Gästehaus »Bergfrieden« in Oberstdorf an: Name und Vorname

Telefon/E-Mail

Straße

Postleitzahl und Ort

Personenzahl

Unterkunftswunsch

Ort/Datum Informationsbrief 277

Unterschrift April 2013

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Geraten Christen in Europa ­zunehmend unter Druck? Vertraut man nachstehender Nachricht, so ist es um die Akzeptanz überzeugter Christen zumindest bei manchen gesellschaftlichen Gruppen in Westeuropa schlecht bestellt. Demokratischer Staaten, die sich als Rechtsstaaten verstehen, sind derartige Vorfälle unwürdig. Und es stößt einem auch sauer auf, dass deren Staatsmächte scheinbar nichts unternehmen, um die so bedrängten Christen vor derartigen Repressalien besser zu schützen. Die Beobachtungsstelle gegen Intoleranz und Diskriminierung von Christen bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien hat in den vergangenen sechs Jahren mehr als 800 Zwischenfälle registriert. So habe in Großbritannien jeder zweite Geistliche binnen eines Jahres diskriminierende Erfahrungen gemacht. 95 Prozent

aller anti-religiös motivierten Gewalttaten in Schottland zielten auf Christen. In Frankreich richteten sich mehr als drei Viertel aller Sachbeschädigungen gegen christliche Gebetsstätten. In Deutschland wird der seit Jahren immer im September in Berlin stattfindende »Marsch für das Leben«, der von Abtreibungsgegnern durchgeführt wird, immer wieder durch Gegendemonstranten zu behindern versucht. Opfer antichristlicher Aktionen seien vornehmlich Katholiken und Lebensrechtler. Für die meisten Übergriffe seien »radikale Linke«, antireligiöse und Antifa-Gruppen, Feministinnen und »Homo-Aktivisten« verantwortlich. Teilweise erhielten die linken Gruppierungen auch Zuschüsse aus Steuermitteln. (Quelle der Nachricht: Informationen des Arbeitskreises Christlicher Publizisten 3/2012, Oktober bis Dezember 2012, S. 22, nach idea)

Neu erschienen Auf zwei neu erschienene InfoSpezial, beide aus der Feder unseres langjährigen Autors, Studiendirektor Pfarrer Hanns Leiner, möchten wir hinweisen. Dabei handelt es sich zum einen um seinen Aufsatz »Jesus der Jude«, der bereits in zwei Teilen im Informationsbrief abgedruckt war, nämlich in den Ausgaben Nr. 274, Oktober 2012 und Nr. 275, Dezember 2012: InfoSpezial Nr. 168/2013: Hanns Leiner: Jesus der Jude. Ist damit schon alles über ihn gesagt?

Zum andern um eine erweiterte Fassung seines Aufsatzes »Was heißt Kirche?« (bisher InfoSpezial Nr. 96 von 2007) InfoSpezial Nr. 169/2013: Hanns Leiner: Was heißt hier eigentlich »Kirche«? Ist die heutige Kirche dieselbe wie die des Neuen Testaments? Beide Hefte können über die Geschäftsstelle bezogen werden (Adresse s. Seite 31). Am einfachsten und schnellsten lässt sich der Versand in digitalisierter Form abwickeln (per E-Mail an w.rominger@t-online.de).

Mitarbeiter an diesem Heft: Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt Rötlenstraße 26 70794 Filderstadt Telefon (07158) 69569 Fax (07158) 9157495 E-Mail: hans.hellenschmidt@gmx.de Kirchenrat Hans Lachenmann Mühlfeldstraße 26 74589 Satteldorf Telefon (07951) 6095 E-Mail: hans.lachenmann@gmx.de

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Pfarrer Gerhard Naujokat An den Rehwiesen 8 34128 Kassel Telefon (0561) 64003 Fax (0561) 6025162

Professor Dr. Günter Rudolf Schmidt Schinnerer Straße 11 91065 Erlangen Telefon und Fax (09131) 41793 E-Mail: guerusch@t-online.de

Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (07431) 74485 E-Mail: w.rominger@t-online.de

Pfarrer Eberhard Troeger Elsterweg 1 51674 Wiehl Telefon (02262) 751793 Fax (02262) 751795 E-Mail: troeger-wiehl@t-online.de

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Geschäftsführender Ausschuss Vorsitzender der Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« e. V. Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt Rötlenstraße 26 70794 Filderstadt Telefon (07158) 6 95 69 Fax (0 71 58) 9 15 74 95 E-Mail: hans.hellenschmidt@gmx.de Stellvertretender Vorsitzender Hans Lauffer Osterstraße 25 70794 Filderstadt Telefon (0 71 58) 48 31 Fax (0 71 58) 94 78 73 E-Mail: hans.lauffer@t-online.de

Weitere Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses Pfarrer Johannes Frey Ofener Straße 3 28816 Stuhr Telefon (04 21) 5 22 89 10 E-Mail: johannes.frey@nord-com.net Gottfried Meskemper Voltastraße 26 28357 Bremen Telefon (04 21) 25 60 40 Fax (04 21) 2 05 34 56 E-Mail: Gottfried.meskemper@t-online.de

Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« e. V. Geschäftsstelle: Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (07431) 74485 E-Mail: w.rominger@t-online.de www.keinanderesevangelium.de

Schriftführer Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (0 74 31) 7 44 85 E-Mail: w.rominger@t-online.de Kassenwart Gabriele Reimer Beurhausstraße 31 44137 Dortmund Telefon (0231) 5 84 46 96 Handy (0177) 2 99 77 76 Fax (0231) 5 89 36 37 E-Mail: Gabriele.Reimer@gmx.de

Impressum: Herausgeber und Verlag: Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« e. V. – zweimonatlich, kostenlos – Redaktion: Pfarrer Hansfrieder Hellenschmidt Satz und Layout: Grafisches Atelier Arnold, Dettingen an der Erms Druck: BasseDruck, Hagen ISSN 1618-8306

Mit Fragen bezüglich der Spendenbescheinigungen wenden Sie sich bitte an unseren ­Kassenwart Gabriele Reimer. Sie erreichen sie telefonisch unter (02 31) 5 84 46 96 am besten samstags. Ansonsten sprechen Sie bitte auf den Anrufbeantworter der angege­benen Rufnummer. Bankkonten Volksbank Filder e. G., (BLZ 611 616 96) Konto-Nr. 65 500 016 IBAN DE34 6116 1696 0065 5000 16 BIC (SWIFT)-Code: GENO DE S1 NHB Postgirokonto Schweiz: Postgiroamt Bern Nr. 30-195 56-2 IBAN CH21 0900 0000 3001 9556 2 BIC POFICHBEXXX

Fotos/Abb. auf Seite:   2: www.michaelroth.eu; Evangelischer Pressedienst Rupprecht   5: Wilfrid Laurier University Archives & Special Collections 13: NASA 20: MEV 22: CVJM Weltdienst 26: Vollrath-Pressebild, Hans-Jürgen Vollrath (DJV) restliche privat.

Nachsendeanträge bei der Post kommen bei der Bekenntnisbewegung nicht als Adressänderung an. Deshalb auch bei Umzügen die Adressänderung durch untenstehenden Abschnitt an die Geschäftsstelle weitergeben. Für Neubestellung, Adressänderung und Abbestellung ausschneiden und einsenden an: Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« Geschäftsstelle: Mehlbaumstraße 148, 72458 Albstadt

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Herr! Gib mir blöde Augen für Dinge, die nichts taugen, und Augen voller Klarheit für alle deine Wahrheit. Sören Kierkegaard Die Krankheit zum Tode


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