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Erst Waschbär und Wildkatze, jetzt der Wolf – was ist los im Aachener Wald?
WALDMEISTERS NATURKOLUMNE 5
Erst Waschbär und Wildkatze, jetzt der Wolf – was ist los im Aachener Wald?
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„Auch das noch: Ein Wolf im Aachener Wald“, das finde ich im Netz. Was ist los bei uns, Invasion der Tiere? Im Aachener Wald gibt es Waschbären, die Wildkatze ist wieder da, rund um Gut Entenpfuhl leben Streifenhörnchen.
Zu Beginn fast jeder Führung lasse ich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich im Kreis aufstellen. Und dann soll jeder Mensch im Kreis nacheinander ein Tier nennen, das wohl hier bei uns im Aachener Wald lebt. Es werden die üblichen Verdächtigen genannt, vom Wildschwein bis zur Kellerassel, vom Mäusebussard bis zum Wildschwein, vom Einhörnchen bis zum Rotkälbchen. Und irgendwann kommen auch noch Wolf und Bär dazu. Zum Bär erkläre ich dann, dass es ihn hier gab, was aber schon sehr lange her ist. Heute gibt es vielleicht noch einen Brom-Bär oder einen Gummibär. Und Bärenfutter, zum Beispiel der leckere Bärlauch, der ist gerade jetzt an vielen Stellen in unserer Gegend zu finden. Und was ist mit dem Wolf? Da ist es ähnlich. Es gab einmal viele Wölfe im Öcher Bösch, aber auch das ist lange her. Der letzte Wolf im Aachener Wald wurde etwa vor 180 Jahren geschossen. An die Zeit mit den Wölfen erinnern noch Namen wie Wolfsschlucht, Wolfhaag, Wolfsheide, Gut Wolf … Übrigens gab es sogar Geld, eine Prämie für Menschen, die tatsächlich einen Wolf erlegt hatten. 34
Der „böse Wolf“ musste weg, aus Sicht von Schafbesitzern sicherlich zu verstehen. So oder ähnlich habe ich das den Menschen auf meinen vielen Führungen jahrelang erklärt. Und nun? Alles anders? Der „böse Wolf“ ist zurück, müssen wir uns Sorgen machen? Wölfe vor Wochen an der Eupener Straße, jetzt auch in Lintert? Willkommen, Wolf? Ist er im Öcher Bösch angekommen? Bleibt er hier?
Zu den Fakten: Der Wolf, wissenschaftlich heißt er Canis lupus oder Europäischer Grauwolf, in manchen Fabeln und in Märchen Meister Graubein und es gibt ihn als Isegrim in verschiedenen Märchen und Sagen. Der NABU Aachen schreibt dazu: „Die Geschichte keiner Stadt, außer vielleicht Rom, ist so eng mit dem Wolf verknüpft wie die von Aachen, zumindest der Sage nach: Denn die Fertigstellung des Aachener Doms gelang nur mit einem Wolf. Als den Aachenern das Geld zum Dombau ausging, baten sie den Teufel um Hilfe. Der half auch prompt, verlangte aber als Gegenleistung die Seele desjenigen, der den Dom bei der Einweihung als erster betreten würde. Er spekulierte dabei natürlich auf die Seele des Bischofs, die cleveren Aachener trieben aber als ersten einen Wolf durch die Tür. So kam es, dass der Teufel diese wutentbrannt zuknallte und entfloh. Der Riss in der ,Wolfstür‘ ist bis heute zu sehen, ebenso der im Türknauf abgerissene Finger des Teufels. Fazit: nur dank des Wolfes konnte der Dom fertig gestellt werden, und die Dombausage fasziniert bis heute Touristen aus aller Welt!“ Der Wolf wurde immer verfolgt und in den meisten Ländern Westeuropas nahezu, in Deutschland vollständig ausgerottet. In den Wäldern des preußischen Regierungsbezirks Aachen (umfasste u. a. die Kreise Monschau, Gemünd, Eupen, Malmedy und St. Vith) wurden in nur fünf Jahren, zwischen 1817 und 1822, 214 Wölfe erlegt. Die letzten beiden Wölfe in der Eifel wurden 1860 bei Gerolstein und 1888 bei Adenau erschossen.
In der Eifel ist es fast schon normal, Wölfe wurden und werden beobachtet rund um Monschau, Mützenich, Roetgen. Im Hohen Venn lebt inzwischen ein ganzes Wolfsrudel. Für Aachen ist es neu. Ein Wolf oder zumindest ein Tier, das aussah wie ein Wolf, ist im Januar im Aachener Stadtwald gesehen worden. Zwei Schafe in der Nähe der Eupener Straße haben diese Begegnung nicht überlebt. Inzwischen ist es sicher, das „wolfsähnliche“ Tier war tatsächlich ein Wolf, der erste Wolf in Aachen seit etwa 180 Jahren. Eine dauerhafte Ansiedlung von Wölfen in Städten wie Aachen ist sehr unwahrscheinlich und nicht zu erwarten, weiß das Presseamt der Stadtverwaltung. Wölfe seien nämlich im Gegensatz zu Wildtieren wie Füchsen oder Wildschweinen keine „Kulturfolger“, das
heißt: Sie folgen den Menschen nicht in die Siedlungen. Anders als zum Beispiel der Fuchs ernähren sich Wölfe nicht aus gelben Säcken, Mülltonnen, Essensresten. Sehr wahrscheinlich ist allerdings, dass in Zukunft immer mal wieder ein Wolf in Aachen oder der näheren Umgebung auftaucht. Erstaunlich ist das nicht, wenn man weiß, dass Wanderungen von 70 Kilometern am Tag für einen Wolf ganz normal sind. Und sicherlich wird er ab und zu mal nachsehen, was die Schafe so machen, ob der Zaun um die Herde vielleicht doch zu überwinden ist. Bleiben wird er hier nicht, dazu ist der Aachener Wald zu klein und zu stark von Waldbesuchern frequentiert.
Was sollte man noch wissen?
Der Wolf ist ein Fleischfresser. Dabei dominieren Rehe (52,2 Prozent), gefolgt von Rothirsch (24,7 Prozent) und Wildschweinen (16,3 Prozent). Einen geringen Anteil machen Hasen mit knapp drei Prozent aus. Nutztiere hingegen, wie zum Beispiel Schafe, stehen nur sehr selten auf der Speisekarte. Weniger als ein Prozent macht ihr Anteil aus. Seit es in Deutschland wieder Wölfe gibt, hat es keine einzige Situation gegeben, bei der freilebende Wölfe aggressiv gegenüber Menschen waren. Und wenn ich dann doch einem Wolf begegne? Ruhig bleiben. Der NABU rät: „Beobachten Sie den Wolf und halten Sie – wie zu anderen Wildtieren – respektvollen Abstand. Fühlen Sie sich unwohl, ziehen Sie sich langsam mit Blickrichtung zum Tier zurück. Rennen Sie – wie auch bei Begegnungen mit unbekannten Hunden – nicht weg, das könnte den Jagdreflex auslösen. Ziehen Sie sich langsam zurück und melden Sie Ihre Beobachtung an die zuständige Wolfsberatung oder an die zuständige Behörde (in Aachen der unteren Naturschutzbehörde).“
Man kann es auch so sehen: Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte des Arten- und Naturschutzes! In den hiesigen Wäldern wäre der Wolf eine Bereicherung für die biologische Vielfalt. Er kann helfen, das ökologische Gleichgewicht zu erhalten. Für die Umsetzung des am 15.12.2021 von fast allen Stadtratsfraktionen eingebrachten Antrags, den Aachener Wald zukünftig naturnäher wachsen zu lassen, wäre er ein Glücksfall, da der Wolf die Naturverjüngung durch Reduzierung des Wildverbisses begünstigen könnte. Nicht von ungefähr sagt ein altes russisches Sprichwort: „Wo der Wolf jagt, wächst der Wald“! Apropos, erinnert sich noch wer an den schwarzen Panther, der vor zwölf Jahren in unserer Region sein Unwesen trieb? Zuerst entdeckt von einem belgischen Pilzsammler in der Gegend von Malmedy, dann wochenlang Thema in den hiesigen Medien und darüber hinaus. Ich bekam Anrufe von Freunden aus Hamburg: Was macht denn der Panther bei euch? Eltern brachten ihre Kinder wochenlang nicht zu meinen Aktionen im Wald wegen des Panthers. Das Medieninteresse flaute schnell wieder ab. Was blieb davon? Ein unscharfes Video eines schwarzen katzenähnlichen Tieres, das war’s.
Was mir bis heute in Erinnerung geblieben ist: Noch nie sahen Kinder und Erwachsene in so kurzer Zeit so viele Panther im Aachener Wald, fast jedes Tier, jeder dunkle Hund, jede Katze war der ominöse Panther … Mein Fazit: Bitte weiter in den Wald gehen, entspannen, die Natur entdecken, den Frühling genießen. Es gibt keine gefährlichen Tiere im Öcher Bösch.
Einen schönen Frühling mit vielen spannenden Naturerlebnissen wünscht der Waldmeister Michael Zobel
Übrigens, wer sich weiter zum Thema Wolf informieren möchte, dem empfehle ich die Seite nabu-aachen.de/willkommen-wolf
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