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SCHUBERT Rosamunde Complete incidental music

Ileana Cotrubas soprano Rundfunkchor Leipzig Horst Neumann Staatskapelle Dresden Willi Boskovsky


Franz Schubert’s “Rosamunde” “It is ironic that we should owe Schubert’s heavenly music to such an awful concoction.” Max Kalbeck

In late 1823, Schubert was commissioned by the Theater an der Wien to provide incidental music for the play Rosamunde, Princess of Cyprus, a work by Helmina von Chézy. The poetess, central figure of the “Tea Parties for Dresden’s Poetic Community” and a friend of Friedrich Schlegel, had previously fashioned the libretto for Weber’s Euryanthe. While in Vienna to attend the premiere of that opera, she was asked by Josef Kupelwieser to write a new play for his company. The reason why Kupelwieser approached this rather eccentric lady was not sheer enthusiasm but his hope of finding a suitable title role for Emilie Neumann, a young actress who was his mistress at the time. Apparently, Kupelwieser deserves most of the credit for the fact that Schubert received – and indeed accepted – the commission for the incidental music. Working under great pressure, he was given barely two weeks to compose entr’actes, ballet music and choral number’s. The dance episodes were rehearsed two days before the premiere, and there was only a single rehearsal for the music, which was hardly sufficient for a thorough understanding of the score. The first performance or Rosamunde took place at the Theater an der Wien on 20 December 1825, and the second – and final – performance the following night. The play was a total failure, dealing a major setback to Emilie Neumann’s acting ambitions. Schubert’s music, however, won the acclaim of audiences and critics alike. Helmina von Chézy had already drawn many adverse comments from Viennese critics for her Euryanthe libretto, but her “grand romantic play” fared no better. Criticism did not so much focus on the story itself (the heroine, prospective ruler of Cyprus, is saved by her husband-to-be when the power-hungry ex-king tries to poison 2

her), which was more or less what people expected at the time, as on the lack of dramatic tension, the slow-moving plot and the uninspired, pedestrian verse. Thrown on the defensive, the poetess issued a public statement outlining what she believed were the real causes of the fiasco: the reckless haste surrounding the production, the insufficient number of rehearsals, the inexperienced staff, the sparse décor, the questionable taste of suburban audiences (then accustomed to even more lurid fare) and, last but not least, the alleged Weber clique who she claimed boycotted the performance out or pure spite after Schubert had dared to tell Weber that he liked Der Freischütz much better than Euryanthe. The only person exempted from any blame was Helmina von Chézy herself. To her credit, the resourceful poetess recognized the value of Schubert’s music immediately, ungrudgingly admitting that the public acclaim was well-deserved. In her own inimitable idiom, she enthused: “As the music surged onwards in its majestic sweep, gently transfiguring the play, mirror-like, through all its ramifications, grandiose, exquisitely melodious, tender and indescribably poignant and profound, the irresistible force of the sonorities kept everyone spellbound.” The score comprises ten numbers: three entr’actes, two ballets, a romanza for contralto, a brief shepherd’s tune and three choruses. Since Schubert was given very little time to accomplish his task, he solved the problem in his own way. Rather than write an overture, he made use of a piece which he had composed for his opera Alfonso und Estrella – without any regrets as he considered the overture “too assertive” for the opera anyway. For his first ballet in B minor he borrowed material from the first entr’acte of Alfonso und Estrella and changed a chorus of the third act of the opera into the second entr’acte. All other pieces were written specifically for the play. As far as the overture is concerned, he later found a different solution, picking the orchestal introduction from the incidental music written in 1820 for the play Die Zauberharfe (The Magical Harp) likewise considered unworthy of the music by the critics - as his overture to Rosamunde. Without this change, the entire music for Die 3


Zauberharfe may well have fallen into oblivion once and for all. Possibly, Schubert anticipated the possibility of the Rosamunde music becoming completely dissociated from the play for which it was intended and making its way into the concert hall. But it is highly unlikely that he expected this music, and notably the overture, to figure among his most popular works. © Dorothea Diekmann Translation: Bernd Zöllner

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Franz Schuberts “Rosamunde” »Es hat etwas Tragikomisches, daß wir einem solchen Narrentrödel die himmlische Musik Schuberts zu verdanken haben.« Max Kalbeck

Gegen Ende des Jahres 1823 erhielt Schubert einen Auftrag vom Theater an der Wien: er sollte die Musik zu dem Schauspiel Rosamunde, Fürstin von Cypern liefern. Autorin war Helmina von Chézy, Mittelpunkt des Dresdner »Dichter-Thee’s« und Freundin Friedrich Schlegels, die auch das Textbuch zu Webers Euryanthe verfaßt hatte. Anläßlich der Uraufführung dieser Oper war sie eigens nach Wien gereist und dort von Josef Kupelwieser um ein neues dichterisches Opus gebeten worden. Allerdings war Kupelwieser keineswegs aus schierer Bewunderung an diese offenbar recht exzentrische Dame herangetreten, sondern weil er sich für seine damalige Flamme, die junge Schauspielerin Emilie Neumann, einen durchschlagenden Erfolg als Titelheidin erhoffte. Es scheint, als habe Kupelwieser einen guten Teil dazu beigetragen, daß der Kompositionsauftrag an Schubert ging und, vor allem, daß dieser ihn auch annahm. Von nun an war Eile das Gebot der Stunde: Schubert schrieb in einem Zeitraum von höchstens zwei Wochen Zwischenaktmusiken, Ballette und Chöre; zwei Tage vor der Premiere wurden die Tänze einstudiert, und für die Musik blieb eine einzige Probe, die kaum zum Kennenlernen reichte. Die erste Vorstellung der Rosamunde ging am 20. Dezember 1823 über die Bühne im Theater an der Wien, die letzte einen Tag später. Das Stück war zu einem vollstündigen Fiasko geraten und Emilie Neumann auf ihrer Karriereleiter um mehrere Sprossen heruntergefallen. Nur eines fand den Beifall des Publikums und der Kritik: die Musik Franz Schuberts. Hatte Helmina von Chézy mit ihrem Libretto zur Euryanthe schon so manche Schmähung seitens der Wiener Kritik einstecken müssen, so erging es ihr mit diesem 5


»Großen Romantischen Schauspiel« um Rosamunde nicht besser. Dabei entzündete sich die Kritik weniger am Inhalt, der gar nicht aus dem Rahmen des damals üblichen fiel, und an dem kein Kritiker ernstlich Anstoß nahm cyprische Regentin in spe wird von ihrem prinzlichen Gemahl in spe vor hinterhältigem Giftmord durch machtgierigen Ex-Herrscher bewahrt sondern vielmehr an der mangelnden dramatischen Gestaltung, an dem umständlich-schleppenden Gang der Handlung und an den uninspirierten, blutleeren Versen. Die Dichterin, solcherart in die Verteidigung gedrängt und durchaus anderer Meinung, publizierte eine Erklärung, um der Öffentlichkeit kundzutun, was in Wahrheit zu dem Mißerfolg ihrer Rosamunde geführt habe: nämlich die halsbrecherische Eile bei der Inszenierung, die geringe Anzahl an Proben, das unerfahrene Personal, die dürftige Ausstattung, der verdorbene Geschmack des Vorstadt-Publikums – das tatsächlich an noch viel geistlosere Schauerstücke gewöhnt war – und nicht zuletzt die vermeintliche Weber-Clique, die aus purer Mißgunst die Aufführung boykottiert habe, nachdem Schubert gegenüber Weber zu bemerken gewagt hatte, daß ihm der Freischütz »um gar vieles lieber« sei als die Euryathe. Kurz: alle hatten Schuld, nur Helmina von Chézy nicht. Eines allerdings muß man der umtriebigen Dichterin zugute halten: daß sie nämlich von Anfang an den Wert der Musik Schuberts erkannt und den Beifall, der ihr zuteil wurde, vollkommen neidlos akzeptiert hat. In der ihr eigenen Sprache schwärmte sie: »Ein majestätischer Strom, als süß verklärender Spiegel der Dichtung durch ihre Verschlingungen dahinwallend, großartig, rein melodiös, innig und unnennbar rührend und tief, riß die Gewalt der Töne alle Gemüter hin.« Die Schauspielmusik besteht aus zehn Stücken: drei Zwischenaktmusiken, zwei Ballettmusiken, einer Romanze für Altstimme, einer kurzen Schäfermelodie und drei Chören. Die Zeit für die Komposition war knapp bemessen, und Schubert hat dieses Problem auf seine Weise gelöst: er hat keine Ouvertüre geschrieben, sondern jene zur Oper Alfonso und Estrella hergegeben, leichten Herzens, weil er sie für die Oper ohnehin »zu aufhauerisch« fand. Er hat das Material zur ersten Ballettmusik in 6

h-Moll der ersten Zwischenaktmusik von Alfonso und Estrella entnommen und einen Chor des dritten Opernaktes in die zweite Entreacte Musik verwandelt. Alle anderen Sätze schrieb Schubert eigens für die Rosamunde. Was übrigens die Ouvertüre betrifft, so fand er später noch eine andere Lösung: er bestimmte das Vorspiel seiner 1820 komponierten Musik zu dem Schauspiel Die Zauberharfe (einhelliger Tenor der Kritik auch hier: schade um die Musik...) zur Ouvertüre der Rosmunde. Da ohne diesen Ouvertürentauseh höchstwahrscheinlich die gesamte Musik zur Zauberharfe sang – und klanglos verschwunden wäre, scheint es fast, als habe Schubert geahnt, daß sich einst die Rosamunden-Musik von dem Schauspiel, für das sie gedacht war, vollständig emanzipieren, und die Nachwelt sie für den Konzertsaal entdecken würde. Daß sie, und gerade die Ouvertüre, zu einem seiner populärsten Werke werden sollte, hat er sich vermutlich nicht vorstellen können. © Dorothea Diekmann

Recording: March 1977, Lukaskirche, Dresden, Germany Recording producer: John Mordler Balance engineer: Horst Kunze Recording engineer: Gerald Junge Edition: Breitkopf & Härtel Cover image: Jan Mytens, Portrait of a Woman, c.1660. Digital image courtesy of the Getty’s Open Content Program p 1978 Edel Gesellschaft für Produktmarketing mbH © 2015 Brilliant Classics Licensed from Edel Germnay GmbH

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