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Ein Kinderkrankenhaus, in dem alles drin ist.“

Der ehemalige Oberbürgermeister von Nürnberg, Dr. Ulrich Maly, zählt zum Botschafterteam des neuen Kinderklinikums Nürnberg mit Geburtshilfe. Warum er sich für das Neubauprojekt stark macht und welche Erfahrungen er persönlich mit dem Klinikum Nürnberg gemacht hat, erzählt er im Interview. (jup)

Herr Maly, wie oft waren Sie als Kind in einem Krankenhaus? Welche Erinnerungen verbinden Sie damit? Und sind Sie zufällig im Klinikum Nürnberg geboren worden?

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Ja, ich bin tatsächlich in der „Flurstraße“, also in der Frauenklinik des Klinikum Nürnbergs, geboren. Da war ich aber nicht lange, weil mein fünf Jahre älterer Bruder zuhause auf seine (und meine) Mama gewartet hat. Erinnerungen verbinde ich damit natürlich keine. Die dann folgenden fast 62 Jahre habe ich ohne stationären Aufenthalt in irgendeinem Krankenhaus glücklich über die Bühne gebracht. Aber das allerbeste Krankenhaus ist ja immer das, das man nicht braucht. Und das „allerzweitbeste“ haben wir schon und machen es jetzt noch schöner.

Sie zählen gemeinsam mit weiteren bekannten Persönlichkeiten aus der Region zum Botschafterteam und machen sich stark für das Neubauprojekt Kinderklinikum mit Geburtshilfe Nürnberg. Warum ist Ihnen das Projekt wichtig?

Eigentlich habe ich gelobt aufzuhören, wenn ich aufhöre – heißt, mich nicht in dutzenden von Ehrenämtern unentbehrlich zu fühlen. Als mich aber die Frage von Prof. Jockwig erreicht hat, habe ich spontan zugesagt. Meine Frau und ich haben zwei Kinder, die mittlerweile erwachsen sind und eine gute gesundheitliche Konstitution aufweisen. Wenn die nur ein bisschen krank waren, das Übliche halt, war das schrecklich. Wenn man als Erwachsener krank ist, ist man alleine krank. Wenn ein Kind ernsthaft oder gar chronisch erkrankt, ist die ganze Familie in einer psychischen Ausnahmesituation. Leib und Seele, die kleinen Patienten und ihre Angehörigen, oft bis hin zur Schulklasse, in der das Kind fehlt – alle sind betroffen. Wenn jetzt ein großer dreistelliger Millionenbetrag investiert wird, soll es schon state of the art sein. Die bestmögliche Medizin ist selbstverständlich, aber eine „ganzheitliche“ interdisziplinäre, eben Leib und Seele umfassende Herangehensweise in einer kindgerechten, vielleicht sogar kinderfreundlichen Umgebung, ist aller Anstrengung wert. Deshalb bin ich dabei.

Sie waren 18 Jahre lang Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg und sind sicher eingebunden gewesen in die ersten Konzepte und Ideenskizzen für das Kinderklinikum Nürnberg. Wird das neue „Gesund-werd-Haus“ für Kinder am Ende auch ein bisschen „ihr Baby“ sein?

Ich halte nichts von Personalisierung von Projekten. Wer dazu neigt, muss sich immer die Frage stellen: Hätte das ein anderer Oberbürgermeister an deiner Stelle auch gemacht? Wenn das mit Ja beantwortet werden kann, ist es nicht „mein Baby“. Und das ist der Fall. Aber viele Babys wünsche ich mir dort schon, gesund und munter, laut schreiend und fröhlich glucksend mit erschöpften, aber glücklichen Müttern und nervösen Vätern dazu. Wunderbar!

Foto: Rudi Ott

Das Klinikum Nürnberg bietet bereits heute eine bestmögliche medizinische und pflegerische Versorgung von Babys, Kindern und Jugendlichen an. Was wird sich in Ihren Augen mit einem Neubau ändern?

Die Kunst wird sein, ein Kinderkrankenhaus zu bauen, in dem alles drin ist, was ein Kinderkrankenhaus braucht, das aber nicht so aussieht, als wäre alles drin, was ein Kinderkrankenhaus braucht. Kurze Wege, die kleinen Patienten im Mittelpunkt, ein offenes Ohr für die Angehörigen, Spielecken, Sportecken, Rückzugsräume, Kuschelräume, eine moderne Infrastruktur, ein strikt konsiliarisch ausgeprägtes Konzept. Kurz: Wir wollen die erste Adresse für alle Kinder in Nürnberg und Umgebung sein. Und auch für die werdenden Eltern; das heißt, die Geburtshilfe umfasst alle möglichen Wünsche und Methoden. Wir adressieren auch die Väter und Geschwisterkinder als notwendig für gelungenes Aufwachsen in der Familie, in welcher Familienform auch immer.

Was macht in Ihren Augen eine familiengerechte Ausstattung aus? Was ist für Sie das Mindestmaß – und was würden Sie sich zusätzlich wünschen, wenn Sie nicht aufs Geld achten müssten?

Wenn ich nicht aufs Geld achten müsste – solche Konjunktive verbieten sich in der (Real-)Politik. Man sollte immer auf das Geld achten. Unser Kinderklinikum wird großzügig gefördert aus den bayerischen Fördertöpfen, die sich bei der Krankenhausförderung – auch das sei hier mal erwähnt – zu gleichen Teilen aus dem Staatshaushalt und aus den Geldern, die alle bayerischen kreisfreien Städte und Landkreise über die Krankenhausumlage aufbringen, speisen. Das ist ein gutes System der dualen Finanzierung, das sich aus einem direkt steuerfinanzierten Element und dem von der kommunalen Familie aufgebrachten Solidarbeitrag zusammensetzt.

Aber natürlich kann aus so einem Topf nicht alles finanziert werden, was wir uns für unser Kinderklinikum wünschen. Deshalb sammeln wir Geld für alle die Dinge, die nach unseren Vorstellungen das Haus zum tollen Haus für kranke Kinder machen, die aber nicht förderfähig sind. Da geht es um den kleinen Unterschied, der ein gut ausgestattetes Kinderkrankenhaus in ein Haus der Maximalversorgung für Kinder von Morgen verwandelt und damit zum großen Unterschied wird.

Die Corona-Pandemie schärft den Blick für die Bedeutung der Gesundheitsversorgung in unserer Gesellschaft. Kinder und Jugendliche leiden körperlich und psychisch an den Folgen. Eine Fachrichtung am Kinderklinikum Nürnberg befasst sich mit der seelischen Gesundheit junger Menschen. Spielt Ihrer Meinung nach eine freundliche Ausstattung der Klinik jetzt eine noch größere Rolle als in Nicht-Krisenzeiten?

Die Verlierer von Corona sind unsere Kinder, das steht seit vielen Monaten schon fest. Die seelische Gesundheit unserer Kleinen hat unter der Pandemie (und ehrlich gesagt: unter den Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung) gelitten, wie es unisono alle verfügbaren Studien zeigen. Insofern spielt eine kinderfreundliche Ausstattung der Klinik eine wichtige Rolle. Noch schöner wäre es allerdings, wenn wir bald zu einer sozialen Normalität zurückkehren könnten, die das Aufwachsen junger Menschen einfach braucht: mit offenen Schulen, Sportvereinen und Jugendclubs, mit Partys und Sommer- oder Wochenendfreizeiten, Abschlussfahrten und allem, was uns außerhalb von Schule und Elternhaus zu Menschen macht.

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