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Habsburg‘sche Schlafmütze

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Lilly

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Sonderausstellung „Wir Friedrich III. und Maximilian I. – Ihre Welt und ihre Zeit“ im Stift Admont

Habsburg‘sche Schlafmütze soll noch mehr Besucher anlocken

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„Dem Himmel nahe“ (Skulptur der Hl Anna Selbdritt, Dauerausstellung Gotik) Die weltweit wohl einmalige Stiftsbibliothek macht Admont zu einem der gefragten Touristenziele der Steiermark. Nun hoffen die Benediktinermönche des Stifts, dass sie mit der Sonderausstellung „Wir Friedrich III. und Maximilian I.“ noch mehr Besucher anlocken.

Zwei fröhliche Benediktinermönche im stiftseigenen Weingarten „Dveri Pax“ und Fässer im Weinkeller auf plakatgroßen Fotos in Vitrinen, unmittelbar vor dem Eintritt in die Ausstellung, sollen dem Besucher signalisieren: Bleib entspannt! Neben dem lieben Gott, unserem Ordensspruch „ora et labora“, hat der Wein als weltliches Genussmittel Jahrhunderte lange Tradition hinter Klostermauern. Doch darüber ein anderes Mal.

Die wohl wichtigsten Kaiser der frühen Habsburger Zeit, Friedrich III. und Maximilian I., Vater und Sohn, sind die Hauptdarsteller der Sonderausstellung im Stift Admont. Als Besucher taucht man zuerst in die kirchliche Welt der Gotik ein. Der heute hoch betagte Kunstsammler Kuno Mayer vermachte dem Stift 2017 einen Teil seiner unglaublich reichhaltigen Sammlung – Raritäten von schwer abschätzbarem Wert. Und die Admonter entwickelten und gestalteten eine hochkarätige Skulpturen- und Bilderschau mit dem Titel „Dem Himmel nahe“. Sie ist gleichsam so etwas wie die Ouvertüre zur Sonderausstellung „Wir Friedrich III. und Maximilian I.“, die sich stimmig in weiteren Räumen anschließt. Da die Mehrheit der Besucher und KLIPP-Leser die zahllosen Habsburger Kaiser, Erzherzöge, Prinzen, Fürsten nicht so leicht auf die Reihe bringt, geben

Foto: Archiv Mayer / Konrad Rainer, Salzburg

Foto: Kuno Mayer, Quellfotos von Rupert Larl, Innsbruck Landsknecht Musketier Kardinal von Salzburg Graf Siegmund v. Herberstein Zehn Grafen mit Sarg des Kaisers mit den Reichskleinodien Junker Frundsberg mit Schwert des Kaisers Reichsmarschall Leonhart Rauber Herold des Kaisers

die Mönche Nachhilfeunterricht in Geschichte über Vater und Sohn – natürlich aus ihrem Blickwinkel.

Für die damalige Zeit eine Ausnahme: Während die durchschnittliche Lebenserwartung damals 30 Jahre war, starb Kaiser Friedrich III. am 19. August 1493 in Linz im Alter von 78 Jahren. Er war 41 Jahre römischdeutscher Kaiser, 53 Jahre deutscher König, lebte davon 27 Jahre nicht in Deutschland und regierte 58 Jahre Innerösterreich. Graz baute er zur Residenzstadt aus. Die Grazer Burg und den Dom ließ er in dieser Zeit erbauen.

Missgünstige Zeitgenossen oder möglicherweise auch Historiker verpassten ihm den Spitznamen „Habsburg’sche Erzschlafmütze“. Ein Abstecher in die Gegenwart: Den 78-jährigen US-Präsidenten Joe Biden nennen Kritiker „Sleepy Joe“. Seine Politik ist aber alles andere als einschläfernd. Daran denke ich auf der Rückfahrt von Admont nach Graz. Friedrichs „Verdienst“ war es offensichtlich, alle Widersacher überlebt zu haben und sich vom Erreichen einmal gesteckter Ziele nicht abbringen zu lassen. Gegen Ende der 60erJahre des 15. Jahrhunderts probte der steirische Adel unter der Führung von Andreas Baumkircher den Aufstand. Teile der Steiermark werden besetzt. Friedrich III. begnadigt Baumkircher zunächst, lädt diesen mit Gefolge und bei Zusicherung von freiem Geleit zu Verhandlungen nach Graz ein. Doch kaum ist er in der Stadt, wird Baumkircher festgenommen und beim Murtor enthauptet.

Abt Gerhard Hafner vom Benediktinerstift in Admont bei der Eröffnung: „Das 15. und 16. Jahrhundert war die Zeit des großen Umbruchs, der Neu- und Umorientierung vom Mittelalter in die Neuzeit. Drei Ereignisse waren besonders prägend: Der Fall Konstantinopels, die Entdeckung Amerikas und die Reformation. Vielleicht sind gewisse Parallelen zu unserer Zeit zu ziehen, wo auch Umbrüche in vielen Bereichen stattfin en. gen ir a s dieser Epoche von Friedrich III. und Maximilian I. lernen, dass nur im Miteinander und in der Toleranz ein fruchtbares, sich gegenseitiges Achten entstehen kann.“ In der Ausstellung wird einem als Besucher klar, dass sich Friedrich III. als Universalherrscher der Welt sah. Europa, Afrika und ein wenig von Asien – das war das Weltbild von damals. 1436 war er auf einer Pilgerreise ins Heilige Land gewesen. Für die damalige Zeit eine unvorstellbare Herausforderung. Diese Reise hat sein Weltbild stark geprägt und auch sein Interesse an der Ferne geweckt. In der christlichen artografie ar er r kreis umspült von Ozeanen. Die Weltkarten waren ein streng gehütetes Geheimnis, nur dem Adel zugänglich. 1437 taucht dann im Notizbuch des damals 22-Jährigen erstmals die Buchstabenkombination a f. iese fin et sich in den folgenden Jahrzehnten auch auf allem, was Friedrich erbauen

„Die letzten Ritter“

1 Funeral-(Begräbnis-)Schilder

Foto:Koch Trauerzug Maximilian I.

Foto:Koch

GEWISSE EHRFURCHT

Foto: Steiermärkisches Landesarchiv „Mit insgesamt 20 gotischen Objekten ist das Joanneum ein wichtiger Leihgeber und erfolgte auch deren Restaurierung und Konservierung für die Ausstellung“, schildert Restaurator Valentin Delic den Ablauf. Er betreut seit 2009 einen Großteil der Sammlung des Museums für Geschichte und leitete die umfangreichen Vorarbeiten. „Es beschleicht selbst den abgeklärtesten Restaurator eine gewisse Ehrfurcht, wenn er Objekte dieses Alters, dieser Bedeutung und aus diesem Kontext in den Händen halten kann. Wir Kuratoren sind ja die einzigen, die diese Objekte – natürlich mit Handschuhen – so aus der Nähe betrachten und auch berühren dürfen.“

ORDEN VOM GOLDENEN VLIES

Aus Austellungskatalog: Foto: Sonja Dünnebeil Der Orden wurde 1430 vom Herzog von Burgund bei seiner Hochzeit gegründet. Die Herzoge von Burgund entstammen einer Nebenlinie des französischen Königshauses. Aufgabe des Ordens war die Verteidigung des Glaubens und die lorifi ierun des Rittertums. Nur Ritter und Adelige konnten Mitglieder des Ordens werden. Diese

Abt Johann von Kremsmünser Abt Wolfgang von Lambach Hofkapläne Thomas Krieger und Wilhelm Waldner Zwei Ministranten Ritter mit Reichsfahne Hofkantorei Zwei Trommler Zwei Trompeter Zwei Landsknechte

ließ und damit als sein Eigentum betrachtete. Es gibt viele Interpretationen über deren Bedeutung. Die den Habsburgern angenehmste: Austria erit in orbe ultima, was so viel heißt wie: „Österreich wird ewig bestehen“. Auch am Wappenstein der Grazer Burg, der in der Ausstellung gezeigt wird, ist das A-E-I-O-U kunstvoll angebracht. „Alles Erdreich ist Österreich untertan“ – auch diese Erklärung wollen Historiker für die Buchstabenkombination herausgefunden haben.

Es ist keine Schande, wenn man als Österreicher zwar die zwei Namen kennt, aber nicht, welche Bedeutung Friedrich III. und Maximilian I., sein Sohn, in der Entwicklung der Habsburger Monarchie gehabt haben. Dabei waren Friedrich III. und Maximilian I. jene Kaiser, die mit ihrer Heiratspolitik das Fundament für die spätere Größe der Habsburger Monarchie gelegt haben. Friedrich III. und Maximilian I. waren aber auch für die Steiermark und deren Entwicklung von historischer Bedeutung. Das wird auch in der Sonderausstellung in Admont aufgezeigt.

1452 heiratete Friedrich die Infantin Eleonore von Portugal. Damit bekam er Zugang zum neuen Wissen der Welt. Denn auf Entdeckungs- und Eroberungsfahrten nach Afrika hatten die Portugiesen Landgewinne gemacht und der Wohlstand des Königshauses stieg gewaltig an. Nicht in Admont ausgestellt ist der vergoldete Hochzeitswagen, der im Joanneum in Graz zu sehen ist. Portugal war kein Kaiserreich, aber am Rande Europas zu einer Weltmacht aufgestiegen. Keine im Vergleich zu den Habsburgern, was die Ländereien betraf, aber vergleichbar in etwa mit den Saudis von heute, denen das Öl den Reichtum gebracht hat. Das spanische Königshaus war der große Gegenspieler n es kam z sch eren on ikten zwischen den beiden Ländern. Ob Friedrich III. noch von der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus (1492) erfahren hat, ist historisch nicht gesichert. Friedrich III. schloss während seiner Regierungszeit für seinen Sohn Maximilian I. einen Heiratspakt mit Herzog Karl von Burgund. Durch den Handel war das Herzogtum wohlhabend geworden. Die Habsburger, ohnehin ständig in Geldnot, wollten ihren Anteil daran haben. Als der Herzog von Burgund bei einer Schlacht gegen die Schweizer – er wollte diese unterwerfen und durch ein Bündnis mit Tirol einen Staat bis zum Mittelländischen Meer errichten – in der Schlacht bei Nancy 1477 sein Leben verliert, handelt Friedrich III. rasch. Er pocht auf die seinerzeitige Vereinbarung, dem Heiratsversprechen für seinen Sohn Maximilian.

Dieser heiratet dann die 20 Jahre alte Maria von Burgund auf Schloss Ten Walle in Gent. Die glückliche Ehe endet fünf Jahre später abrupt. Maria stürzt bei der Falkenjagd vom Pferd und stirbt drei Wochen später am 27. März 1482 bei der Fehlgeburt ihres dritten Kindes. Ihre Länder Burgund und die Niederlande (Flandern, Brabant, Luxemburg, Holland und andere) fallen bis zur Volljährigkeit ihrer aus der Ehe mit Maximilian I. stammenden Kinder an Maximilian I. Dieser Machtzuwachs für die Habsburger ist gewalDer Kaiser mit dem tig. Der gleichzeitig entstandene Reichsapfel in voller Pracht on ikt mit Frankreich as mit aller Gewalt Burgund zurückerobern will, ebenso. Die daraus resultierende unbarmherzige, mehrhundertjährige Feindschaft erreicht erst 1918 mit der Zerschlagung der Habsburgischen Monarchie einen ihrer Höhepunkt und das Ende. Maximilian I. geht als „letzter Ritter“ und als „der Vater der Landsknechte“ in die Geschichte ein. Kuratorin Barbara Eisner-B.: „Der Zeitraum umfasst den Wandel vom Spätmittelalter mit der Spätgotik zur Renaissance. Ein Zeitraum, der für Europa einen gravierenden Umbruch bedeutete.“

Foto: Thomas Sattler Wappenstein Friedrich III.

Foto:Koch

trugen eine goldene Kette um den Hals. In der Anfangszeit trugen 30 bis 50 Ritter die goldene Kette. Ihr Gelöbnis war, sich dem Herrscher gegenüber loyal zu verhalten und dem Souverän im Krieg mit Tapferkeit zur Seite zu stehen. Ehebruch wurde gerügt, aber Feigheit vor dem Feinde mit dem Tode bestraft. Das Goldene Vlies hängt an einem goldenen Widderfell. 1478 ging die Leitung an Maximilian I. über. Seit damals ist der Machtanspruch der Habsburger mit dem Goldenen Vlies untrennbar verbunden.

Foto: Archiv Mayer / Konrad Rainer, Salzburg Kunstsammler Kuno Mayer schenkte Stift einen Teil seiner Sammlung.

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