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I love to win“ – Interview mit „Monsieur Le Luxe“ Bernard Arnault
from Highlife 63
„I LOVE TO WIN“
Interview mit „Monsieur Le Luxe“ Bernard Arnault
viertem Geschmack und Sinn für gemäßigte Genüsse, der seine Arbeit
leidenschaftlich liebt, selten auswärts isst, sehr wenig trinkt und am
liebsten in seinem Pariser Haus Klavier spielt oder einer anderen Lei-
denschaft frönt: Tennis. Celia Walden sprach mit ihm für HIGH LIFE
über seine Familie (alle fünf Kinder arbeiten im Unternehmen),
Elon Musk, die Ukraine und Russland sowie den Wert von Qualität.
TEXT CELIA WALDEN/TMG
New Yorker „Wahrzeichen“: die berühmten gelben Taxi Cabs vor dem Louis Vuitton Store.
Als Bernard Arnault im letzten Jahr Jeff Bezos als reichsten Mann der Welt ablöste, wurde ich an etwas erinnert, was der LVMH-Chef bei unserem letzten Treffen vor sieben Jahren zu mir sagte: „Ich liebe es zu gewinnen. Ich liebe es, die Nummer eins zu sein.“ Der Chef des weltweit führenden Luxuskonzerns ist zu kultiviert, um abzuheben, aber ich stellte mir vor, wie er einen Moment stiller Genugtuung genießt – vielleicht sogar bei einem heimlichen Glas Dom Perignon, mit dem er sein Vermögen gemacht hat. Doch als ich ihn frage, was dieser Moment jetzt für ihn bedeutet, sagt der 73-Jährige: „Für mich hat er nichts bedeutet. Es ist nur eine Zahl.“ 186,3 Milliarden Dollar ist eine ganz schön große Zahl, um ehrlich zu sein. „Aber vergessen Sie nicht, dass diese Zahlen nicht viel bedeuten: Das ist kein Geld in meiner Tasche, sondern der Wert von LVMH, den sich Tausende von Aktionären und Pensionsfonds teilen.“ Er zuckt mit den Schultern. „Ja, durch unsere Arbeit ist der Wert des Unternehmens gestiegen, aber ehrlich gesagt, sehe ich solche Dinge nie als persönliche Meilensteine an.“ Wenn man bedenkt, wie oft diese Zahlen und Positionen schwanken, ist das vielleicht verständlich. Während ich schreibe, liegt Elon Musk an der Spitze, Arnault an zweiter Stelle und Bezos dicht dahinter. Aber seit Monaten dominieren diese drei die Spitzenplätze. Heute treffen wir uns nicht in der LVMH-Zentrale in Paris, sondern in der Londoner Saatchi Gallery, wo mir eine Vorschau auf die beeindruckende Ausstellung New Tiffany & Co Vision and Virtuosity gewährt wird, die sein Sohn Alexandre – 30-jähriger leitender Angestellter von Tiffany & Co. und einer von fünf milliardenschweren Geschwistern, die alle im Familienunternehmen arbeiten – in den letzten 18 Monaten geleitet hat.
Reise in die Vergangenheit – Überseekoffer von Louis Vuitton.
LVMH erwarb die Marke, die für den New Yorker Glamour der alten Welt steht, im Jahr 2020 für knapp 16 Milliarden Dollar, und als ich dort ankomme, haben die beiden bereits Stunden damit verbracht, die größte Tiffany’s-Ausstellung seit fast einem Jahrhundert zu besichtigen: eine Ausstellung mit 400 wertvollen Objekten, darunter mehr als 150 historische Artefakte, die zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, das (winzige) Givenchy-Kleid, das Audrey Hepburn in „Frühstück bei Tiffany“ trug, und einer der seltensten und exquisitesten gelben Diamanten der Welt: der 128,54 Karat schwere Tiffany-Diamant. Da ich Arnault schon einmal interviewt habe, weiß ich, dass der Chef eines 75 Marken starken Imperiums, zu dem Christian Dior, Dom Perignon, Bulgari, Louis Vuitton, Celine, Givenchy, Fendi, Loro Piana, Sephora und Tiffany & Co. gehören, ein Mann mit feinem Geschmack und gemäßigten Freuden ist, der seine Arbeit mit Leidenschaft ausübt. Er isst selten auswärts, trinkt sehr wenig und ist am glücklichsten, wenn er entweder in seinem Pariser Haus, das mit Kunstwerken von Jean-Michel Basquiat, Damien Hirst, Maurizio Cattelan, Andy Warhol und Pablo Picasso geschmückt ist, Klavier spielt – oder seiner anderen Leidenschaft nachgeht: dem Tennisspielen.
Luxus und Raffinesse: Weekender von Louis Vuitton in neuem Gewand.
Einblicke in den exklusiven New Yorker Louis Vuitton Store.
Loro Piana gehört mit zu den teuersten und edelsten Modemarken. 2013 kaufte Arnault 80 Prozent des Unternehmens für zwei Milliarden Euro.
Während des Interviews erzählte mir Arnault von der Überraschung, die ihm seine Kinder Wochen zuvor bereitet hatten, als er zu einem „Familienspiel“ erschien und dort Roger Federer vorfand – zum Aufschlag bereit. Und ich bekam einen starken Eindruck davon, wie viel Arnaults Familie ihm bedeutet und wie eng seine fünf Kinder (aus zwei Ehen) miteinander verbunden sind, die alle im Familienunternehmen arbeiten. Neben Alexandre sind dies Delphine, 46, Vizepräsidentin von Louis Vuitton, Antoine, 44, Leiter der Kommunikations- und Imageabteilung von LVMH, Frédéric, 27, Geschäftsführer von TAG Heuer, und der 23-jährige Jean, Direktor für Marketing und Entwicklung von Louis Vuitton Uhren. Alexandre hat sich heute zu uns in die Saatchi Gallery gesellt, und es ist schön zu sehen, wie normal der Umgang zwischen Vater und Sohn ist. Während unseres Gesprächs stellt Arnault Alexandre Fragen in Sachen Popkultur. Es war die Idee seines Sohnes, Emma Raducanu sowie Beyoncé und Jay-Z – persönliche Freunde von ihm, die letztes Jahr bei seiner Hochzeit mit der Gründerin der Accessoire-Marke D’Estrëe, Géraldine Guyot, in Venedig zugegen waren – als Tiffany-Botschafter zu verpflichten. Und Alexandre genießt sichtlich die kleinen, sanften Sticheleien wie jedes Kind, wenn es um den vorsichtigen Umgang des Vaters mit Technologie geht. Im Jahr 2015 gestand mir der Leiter eines globalen Unternehmens mit 175647 Mitarbeitern, dass er zwar ein Telefon besitze, aber „nie SMS schreibe, sondern nur anrufe“, und dass er keine E-Mails nutze. „Aber ich habe Fortschritte gemacht!“, versichert mir Arnault heute, schlank und adrett im marineblauen Anzug seiner Marke Christian Dior und den handgefertigten Slippern von Berluti, einen burgunderroten Kaschmirschal um den Hals gewickelt. „Ich bin jetzt per E-Mail unterwegs. Ich schaue auf Instagram und TikTok. Dank Alexandre und seinen Brüdern bin ich viel mehr auf dem Laufenden.“ In Anbetracht der Tatsache, dass Arnault schon immer sehr zurückgezogen lebte, ist es überraschend, dass er sich zum Thema Familie öffnet. „Ich bin in Nordfrankreich aufgewachsen, wo die Nachkommen dieser großen Familien-Textilimperien lebten“, erzählt er mir, wobei seine Stimme etwas heiser ist, weil er „gestern zu viel geredet hat – keine Sorge, das ist nicht Covid“. „Eine Zeit lang ruhten sich diese Erben auf den Lorbeeren aus“, erklärt er, „und dann gaben sie die Arbeit schließlich ganz auf und ihre Unternehmen gingen unter. Bei meinen Kindern war es also sehr wichtig, dass wir ihnen von Anfang an eine starke Arbeitsmoral mitgegeben haben. Sie sollten ihre Abschlüsse machen und sich von klein auf an das Arbeiten gewöhnen. Wir haben sie dazu erzogen, fleißig zu sein“, sagt er. „Und das sind sie auch.“ Es war vorauszusehen, dass es viele Ränkespiele um die Nachfolge an der Spitze von LVMH geben würde, über die Arnault heute nicht mit mir sprechen will. Deshalb frage ich ihn, was passieren würde, wenn eines seiner Kinder sich aus dem Familienunternehmen zurückziehen wollte, so wie es Prinz Harry bei der königlichen Familie getan hat. „Ich würde nicht über eine Situation urteilen, von der ich nichts weiß, und ich mag und respektiere Christian Dior
„Der reichste Mann der Welt zu sein, hat mir nichts bedeutet.“
Bernard Arnault
Harrys Vater.“ Er hält inne, grinst. „Aber ich will sagen, dass ich mich sehr gefreut habe, Meghan bei der Jubiläumsfeier in Dior gekleidet zu sehen. Sie war sehr schick – magnifique.“ Ist er ein Fan? „Das bin ich. Sie werden sich daran erinnern, dass sie bei ihrer Hochzeit auch Givenchy trug, ebenfalls eine unserer Marken. „Nein“, schüttelt er den Kopf und kommt wieder auf seine eigene Familie zu sprechen. „Bei meinen Kindern hieß es immer: ,Wenn ihr mit mir arbeiten wollt, müsst ihr eine gute Ausbildung haben.ʻ Aber vor allem muss man es auch wollen. Wenn sie lieber etwas anderes gemacht hätten, wäre das auch absolut in Ordnung gewesen. Es gibt nichts Schlimmeres, als aus Pflichtgefühl zu arbeiten, aber sie tun es alle aus echtem Wunsch heraus. Und ich sage Ihnen etwas“, er beugt sich vor, „wenn ich jetzt noch arbeite, dann deshalb, weil ich an jedem einzelnen Morgen, wenn ich mich an die Arbeit setze, Spaß daran habe. Das ist das Geheimnis des Erfolgs.“
© Erick Saillet
Das Weingut Cheval Blanc in St. Emilion gehört zu den berühmtesten Châteaus der Welt, die Weine unterliegen den höchsten Qualitätsstandards. Bernard Arnault erwarb das Weingut 1998 für 131 Millionen Euro. Der Jahrgang 1947 des Cheval Blanc gilt schon lange als der vielleicht beste Wein, der im Bordelais jemals abgefüllt wurde, bei einer Versteigerung erzielte er einen Preis von 267000 Euro. Dagegen ist der aktuelle Jahrgang 2021 mit 750 Euro ein echtes Schnäppchen.
Als ich ihn frage, wie es war, die Queen zu treffen – was er im Laufe der Jahre mehrmals getan hat –, erhellt sich sein Gesicht. „Oh, sie ist beeindruckend. Und wissen Sie, dass sie wie Sie fließend Französisch spricht? Sie ist wirklich großartig.“ Auch als er im Jahr 2013 zum Ritter geschlagen wurde, war dies ein wichtiger Moment für ihn. „Ich war sehr stolz darauf“, sagt er und fügt scherzhaft hinzu: „Wenn ich Brite wäre, würde man mich Sir Bernard nennen.“ Arnaults ausgesprochene Detailliebe muss ebenfalls eine große Rolle für seinen Erfolg gespielt haben. Schließlich ist er ein Mann, der daran glaubt, seine Fabriken und Boutiquen auf der ganzen Welt zu besuchen, seine Mitarbeiter zu treffen und seine Produkte anzufassen. Und gelegentlich geht der Magnat immer noch gerne inkognito in seine Läden. „Ich tu’s!“ Er schmunzelt. „In Frankreich ist das schwierig, weil die Leute mich erkennen.“ Im Gegensatz zu vielen Geschäftsleuten, die es genossen, während der Pandemie zu Hause zu bleiben, hat Arnault – Besitzer einer Superyacht, von Häusern in Paris, London und Saint-Tropez sowie eines Schlosses in Bordeaux – es gehasst, nicht reisen zu können, und hat die Pandemie nicht zum Anlass genommen, zu entschleunigen. Besonders vermisst habe er das Vereinigte Königreich, das er immer als ein Zentrum der Kreativität angesehen
habe, da er in der Vergangenheit britische Talente wie Alexander McQueen, John Galliano und Phoebe Philo beschäftigt habe. Und natürlich arbeitet Arnault, der heute Miteigentümer der Marke Stella McCartney ist, weiterhin eng mit der Designerin zusammen, die ihn in Sachen Nachhaltigkeit berät. „Die Dinge werden jetzt so viel einfacher, Gott sei Dank, und vor ein paar Monaten haben wir angefangen, wieder nach Japan und China zu reisen.“ Das Geheimnis, das Arnaults Konkurrenten am liebsten lüften würden, ist, dass er genau weiß, wann er kränkelnde Marken aufkauft und ihnen mit Midas-Flair neues Leben einhaucht. Mit einem Anflug von Entsetzen im Gesicht erzählt er mir von dem Moment im Jahr 2019, als er über die Übernahme von Tiffany nachdachte: „Ich habe einmal eine Tiffany-Schaufensterauslage gesehen, in der eine Reinigungskraft versehentlich Fensterreiniger neben dem Schmuck, den sie verkauften, hinterlassen hatte. Fensterreiniger!“ Er schaut zu Alexandre, um sich diesen Affront gegen den Luxus bestätigen zu lassen. „Damals wussten wir, dass wir sehr viel Aufmerksamkeit und Erfahrung in die Marke einbringen konnten. Tiffany ist eine Traummarke. Sie war jahrelang in einer Art Dornröschenschlaf, aber jetzt erwecken Alexandre und unser wunderbares Team die Begehrlichkeit wieder, die diese Marke in der Vergangenheit immer hatte.“ Als wir uns das letzte Mal trafen, sprach er jedoch vorsichtig von Instinkt. „Man muss der reinen Rationalität im Geschäftsleben genauso misstrauen wie dem reinen Bauchgefühl“, sagte er mir und betonte, dass eine ,Kombination aus Instinkt und konkreten Faktenʻ entscheidend sei. Von Anfang an hat der in Roubaix geborene Sohn eines Bauingenieurs beides genutzt, um sich in die heutige Stratosphäre zu katapultieren. Nach seinem Abschluss an der renommiertesten Ingenieurschule Frankreichs, der École Polytechnique, trat er in das Bauunternehmen seines Vaters ein, der ihn später dazu überredete, das Baugeschäft zu verkaufen und sich stattdessen auf Immobilien zu konzentrieren. Nachdem er das Unternehmen in den USA ausgebaut hatte, kehrte er nach Frankreich zurück, wo er durch die Rettung von Boussac in die Textilindustrie expandierte, ein Imperium, das eine Reihe von strauchelnden Unternehmen umfasste, darunter auch Dior, das zur Hauptmarke von LVMH wurde. Dior übte auf Arnault eine besondere Anziehungskraft aus: Seine Mutter, die in seiner Jugend immer das Parfüm Diorissimo trug, war von der Marke fasziniert. Und ich frage mich, ob, wenn nicht Instinkt, so doch persönliche Gründe eine größere Rolle für Arnaults Erfolg spielen, als ihm selbst bewusst ist. Hinter seinem förmlichen, zurückhaltenden Äußeren ist klar, dass er ein Sinnesmensch ist, der sich zu echter, physischer Schönheit und Kreativität mehr hingezogen fühlt als zu virtueller. Nach der Trennung von seiner ersten Frau, Anne Dewavrin, im Jahr 1990 führte Arnaults musikalisches Herz ihn im folgenden Jahr in eine zweite Ehe mit der kanadischen Konzertpianistin Hélène Mercier, die er mit seiner eigenen Darbietung von Chopins Etüden umworben haben soll. Ihre gemeinsame Liebe zur Kunst veranlasste ihn 2014 zur Gründung eines Museums, der Fondation Louis Vuitton, in Paris, und abgesehen von einigen InternetInvestitionen in den frühen Nullerjahren hat er stets einen überlegten Ansatz für die Online-Welt gewählt. So erklärte der LVMH-Chef in einem Interview im Januar, er habe kein Interesse daran, „virtuelle Turnschuhe für zehn Euro zu verkaufen. Das ist nichts für uns.“ Arnault hat auch vor modischen „Blasen“ gewarnt und lediglich eingeräumt, dass Dinge wie das Metaverse und NFTs für bestimmte Marken „eine Zukunft haben könnten“. Vor diesem Hintergrund bin ich neugierig, was er von Elon Musk hält? „Ich habe ihn getroffen“, sagt er strahlend und nickt seinem Sohn zu. „Wir haben ihn zusammen getroffen. Wir waren beim Start von Space X in L.A. dabei, und er setzte mich auf den Fahrersitz eines seiner neuesten fahrerlosen Autos. Er sagte mir, ich könne meine Füße von den Pedalen und meine Hände vom Lenkrad nehmen und es würde mich zurück ins Büro bringen.“ Amüsiert und enthusiastisch klatscht Arnault in die Hände: „Und das tat es!“ Hatte er Angst? „Ich war ein bisschen angespannt“, sagt er und lächelt etwas gequält. „Aber Elon war großartig. Ich habe allerdings einen kleinen Fauxpas begangen. Als er mir sagte: ,Ich werde den Mars kolonisierenʻ, musste ich lachen. Ich hatte nämlich noch nie von so etwas gehört und dachte, er mache Witze. Aber er meinte es ernst, und ich glaube, er war nicht besonders erfreut. Jedenfalls ist er wirklich ein Genie.“ Es ist schwer vorstellbar, dass zwei so unterschiedliche Menschen so nah beieinander auf jeder Reichenliste stehen. Während es Arnault um greifbare Talente und die Wiederbelebung vergangener Kreativität geht, blickt Musk in eine fantastische Zukunft,
Die legendäre Champagnermarke Dom Pérignon mit der exklusiven Limited Edition Rosé Vintage 2005.
Auch das Gourmet-Restaurant „Plénitude“ im Cheval Blanc in Paris gehört zur LVMH Group.
Das atemberaubende Dior-Spa im Cheval Blanc Paris mit dem wohl größten Hotel-Pool in Europa.
in der nichts unmöglich ist. „Ist die Welt der Luxusmarken angesichts des täglich wachsenden Risikos eines globalen Abschwungs in größerer Gefahr als die meisten anderen?“, frage ich und beziehe mich dabei auf die Entscheidung der Financial Times, ihr Magazin ,How To Spend Itʻ im vergangenen Monat in ,HTSI’ umzubenennen, um den „Wandel der Zeiten und Prioritäten“ in einer Welt der finanziellen Ungleichheit und „vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine“ zu reflektieren. „Luxus kann für diejenigen, die das Wort mit Frivolität und Angeberei assoziieren, einen abwertenden Beigeschmack haben“, sagt Arnault mit einem Stirnrunzeln, „aber ich ziehe es vor, den Begriff ,Produkte von hoher Qualitätʻ zu verwenden. Denn wenn die Menschen die Mittel haben, wollen sie Dinge von hoher Qualität kaufen, und das wird sich nie ändern. Qualität ist keineswegs frivol. Sicherlich ist sie unendlich viel mehr wert als der Wiedererkennungswert. Qualität kann viel länger als ein Leben lang halten. Die Menschen scheinen auch oft zu vergessen, „wie viele Arbeitsplätze und wie viel Arbeit“ Unternehmen wie das seine bieten, betont er. Eine kürzlich in Frankreich durchgeführte Studie über die sozialen Auswirkungen ergab, dass von den 35000 direkten LVMH-Beschäftigten sechsmal so viele wirtschaftlich vom Erfolg des Konzerns abhängig sind. Sicherlich hat das Land des Philanthropen weder seine Zusage vergessen, 200 Millionen Euro für die Restaurierung der vom Feuer verwüsteten Kathedrale Nôtre Dame zu spenden, noch wie sehr LVMH in der Lage war, das Land zu unterstützen, als es sich zu Beginn der Pandemie im Ausnahmezustand befand und Arnault in der Lage war, in seinen Fabriken tonnenweise Desinfektionsmittel und Millionen von medizinischen und FP2-Masken sowie 261 Beatmungsgeräte herzustellen und zu beschaffen und an französische Krankenhäuser zu spenden. „Wir waren alle so stolz, dass wir das tun konnten.“ Als jemand, der schon viele Finanzkrisen überstanden hat, was würde er Unternehmern jetzt raten? „Man muss mittelfristig zuversichtlich bleiben“, sagt er souverän. „Man muss vermeiden, auf die Quartalsergebnisse zu schauen, denn in einer Krise haben sie keine Bedeutung. Und Sie müssen weiter investieren. Immer. Denken Sie daran, dass die Menschen, wenn sie besonders schwere Zeiten durchgemacht haben, nach vorne blicken wollen. Sie wollen optimistisch sein.“
Das Cheval Blanc in Saint-Tropez, eines der wahren Schmuckstücke an der Côte d’Azur.
Sieben Meter hohe Decken unterstreichen den extra- vaganten Loftstyle der Villen im Cheval Blanc Randheli. Was den Krieg in der Ukraine angeht, so hat Arnault zwar alle LVMH-Aktivitäten in Russland „vorübergehend“ eingestellt, aber er glaubt, dass „der französische Präsident Recht hat in seinem Vorhaben, mit dem russischen Präsidenten im Gespräch zu bleiben, denn auch in solchen Zeiten muss man weiter miteinander sprechen.“ Er findet es auch richtig, dass zwei russische Meisterwerke, die in seiner jüngsten Morozov-Ausstellung in der Fondation zu sehen waren, an das Puschkin-Museum und die Eremitage zurückgegeben wurden. „Wir sind keine Diebe. Diese Gemälde gehörten russischen Museen, mit denen wir immer ausgezeichnete Beziehungen hatten, und Museen sollten nicht mehr in die geopolitische Situation verwickelt sein als wir. Obwohl es sehr schwierig war, ist es uns gelungen, vom französischen Präsidenten die Erlaubnis zu erhalten, sie zurückzuschicken.“ Während unseres letzten Gesprächs sagte mir Arnault, dass er nicht vorhabe, in den Ruhestand zu gehen, und ich sehe, dass LVMH gerade dafür gestimmt hat, das Rentenalter zu erhöhen. Wird er noch weitere zehn Jahre im Amt bleiben? „Mindestens! Solange ich mit meinem Freund Roger Federer Tennis spielen kann, werde ich weiterarbeiten.“ Haben sie seit dem Überraschungsspiel wieder zusammengespielt? „Wir haben letztes Jahr gespielt, und ich habe einen Punkt gewonnen, aber dieses Jahr hoffe ich, zwei zu holen.“ Es ist wichtig, Ziele im Leben zu haben. Arnaults graublaue Augen glitzern: „Genau.“ ■
Ein ultimatives Hotel-Erlebnis: das Cheval Blanc Randheli im Indischen Ozean.