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KREUZFAHRT DURCH HAMBURG
Hafenromantik pur: Nicht nur bei Sonnenuntergang bietet der Hamburger Hafen vom Schiff aus einen tollen Anblick
Mit der „Liinsand“ vom Fischmarkt bis nach Stadersand Kleine Kreuzfahrten
Zahlreiche Kreuzfahrten beginnen in Hamburg. Aber für ein paar schöne Stunden auf dem Wasser muss man keine Giganten besteigen – die Hafenfähren reichen dafür schon völlig aus.
Bin ich hier wirklich richtig?“, überlege ich und checke nochmal Google Maps. Ja, genau hier soll die Fähre fahren. An leger Fischmarkt. Aber nicht irgendeine Fähre, sondern der Katamaran „Liinsand“. Aber genau für den hängt hier nirgends ein Plan oder ein Schild oder sonst irgendein Hinweis. Naja, fünf Minuten sind es ja noch bis zur Abfahrt.
Die nächste Hadag-Fähre der Linie 62 kommt und kurz überlege ich, einfach die zu nehmen. Kreuzfahrt durch Hamburg … eine Runde mit der 62 ist auch eine MiniKreuzfahrt, immerhin eine Stunde. Und die Strecke über Övelgönne ist auch schick. Aber nichts Neues, mit den Hafenfähren bin ich schon in alle Richtungen, auf allen Linien gefahren. Die meisten Menschen, die mit mir gewartet haben, steigen auf die Fähre. Fast niemand ist ausgestiegen, es wird ruhiger. Gut 20 Wartende bleiben übrig. Eine Großmutter mit zwei Enkeln, eine, wie ich vermute, Reisegruppe. Nur noch eine Minute, ich werde nervöser. Bin ich doch falsch?
Aber da kommt ein Schiff auf uns zu, das nicht wie die gewohnten Fähren aussieht. Komplett weiß. Es fährt auf die andere Seite vom Anleger. Liinsand steht drauf. Puh, ich bin richtig. Ab aufs Schiff, die schmale Treppe nach oben. Erstmal bin ich verwundert, es gibt ziemlich wenig Sitzplätze auf Deck. Drei Bänke, zwei Stühle und einen Stehtisch. Der vordere Teil ist abgesperrt (zu viel Trubel im Sichtfeld des Kapitäns, erfahre ich später). Eine Bank ist noch frei und die schnappe ich mir. Bei 35 Grad sitze ich doch lieber in der Sonne als unter Deck. Das denken sich einige, denn die wenigen Plätze draußen sind schnell besetzt.
Vom Fischmarkt bis Wedel
Kurz darauf sind alle eingestiegen und es geht los. Die Tickets werden kontrolliert oder verkauft. Die „Liinsand“ gehört nicht zu den HADAG-Fähren und somit sind hier das 9-Euro-Ticket oder andere hvv-Karten nicht gültig. Die Tickets kann man entweder vorher online oder direkt an Bord kaufen – nur wenn es zu voll wird, kommt man dann vielleicht nicht mehr mit. Wenn eine Fahrt ausverkauft ist, steht das aber auch schon auf der Webseite.
Der emissionsarme Hybrid-Katamaran
Kleiner als die Hafenfähren, aber dafür mit längerer Strecke: Der Katamaran Liinsand fährt vom Fischmarkt bis nach Stadersand
bietet Platz für 50 Passagiere und bis zu 15 Fahrräder. Mit einem Tempo von 16 Knoten fährt er dreimal am Tag zwischen dem Fischmarkt und Stadersand hin und her. Eine komplette Rundfahrt dauert ziemlich genau vier Stunden und kostet 36 Euro.
Wir verlassen den Anleger, ab durch den Hamburger Hafen in Richtung Wedel. Kurz bin ich etwas skeptisch. Ob die vier Stunden so eine gute Idee waren? Es ist zwar nicht windig – abgesehen vom Fahrtwind und der macht die Fahrt auch am heißesten Sommertag angenehm – aber trotzdem schaukelt der Katamaran mehr, als ich es von den anderen Fähren gewohnt bin. Logisch, er ist leichter und kürzer, erklärt mir einer aus der zweiköpfigen Besatzung. Die beiden fahren die Tour dreimal am Tag, sieben Tage lang – danach wird gewechselt.
Am Anfang gibt es viel zu beobachten: An Deck wird noch fleißig mit Sonnencreme gesprüht, die Sonnenbrillen und Hüte werden aus der Tasche gekramt. Verständlich. Ich setze ebenfalls meine Cap auf und muss feststellen, dass die Sonnenbrille wohl auf dem Schreibtisch liegen geblieben und Rundfahrten. Auf dem Airbus-Gelände stehen riesige Flugzeuge in allen Farben. Es geht vorbei am alten Schweden, dem Fähranleger Teufelsbrück und schon sieht man den ersten Blankeneser Leuchtturm und kurz darauf das malerische Treppenviertel. Wunderschön, aber ich bin froh, dass ich heute vorbeifahre und nicht die Treppen hochmuss.
Das Schaukeln hat sich gelegt, darüber bin ich ganz froh und genehmige mir erstmal ein kleines Frühstück. An das extra eingepackte Buch traue ich mich aber noch nicht ran, dafür gibt es auch viel zu viel zu sehen. Wir passieren das Kraftwerk in Wedel mit seinen mächtigen Schornsteinen und schon erspähe ich den ersten Stopp: in Wedel, direkt beim Willkomm Höft. Kurzer Blick auf die Uhr: Knapp eine Stunde sind wir schon unterwegs, so lang kam es mir gar nicht vor.
Angekommen in Wedel
Der Katamaran dreht und nähert sich vorsichtig dem Anleger. Ein blaues Tau hinten, ein gelbes Tau vorne, dreimal
Malerischer Blick auf das Treppenviertel
ist. Mist. Eine Getränkekarte wurde entdeckt, das erste Alsterwasser wird zischend geöffnet.
Aber auch außerhalb des Schiffs ist einiges los. Die Hafenkräne sind im Einsatz und beladen fleißig die Containerschiffe, rund um den Museumshafen herrscht schon Trubel: In den kleinen Restaurants sieht man von Weitem viele Sonnenbrillen funkeln, die besten Plätze am Strand sind schon mit kunterbunten Handtüchern und Sonnenschirmen belegt. Eine Segelschule fährt vorbei, ebenso wie zahlreiche Motorboote drumgeschlungen – angelegt. Die weiße Tür wird knarzend geöffnet und ein kleiner Metallsteg ausgefahren. Und noch bevor der richtig liegt, ist schon das erste Rentner-Paar ausgestiegen. Die scheinen es aber eilig zu haben. Aber die meisten bleiben an Bord, fünf neue Passagiere steigen dazu und nach ein paar Minuten wird der Steg wieder eingeholt, die Taue gelöst und es geht weiter.
Aber eigentlich mache ich das falsch: Zu einer Kreuzfahrt gehören ja auch Landgänge. Die lassen sich an allen Hal-
Die Schiffsbegrüßungsanlage in Wedel
testellen super mit dem Fahrrad bestreiten. In Wedel muss man bevor man losfährt aber eigentlich ein paar Schiffe begrüßen. Das geht bestens bei der Schiffbegrüßungsanlage mit einem leckeren Stück Kuchen oder anderen kulinarischen Highlights wie einer Seafood-Etagere.
Auch die Stadt Wedel mit ihrer über 800jährigen Geschichte ist einen Rundgang wert. Und am Strand kann man bestens ausspannen und je nach Gezeit auch schön am Wasser spielen.
Mit dem Fahrrad geht es auf dem Deich Richtung Haseldorfer Marsch und man kann sich den Wind ins Gesicht pusten lassen – wenn der mal zu stark bläst, biegt man landeinwärts ab und bewundert die Weidelandschaften, die von etlichen Schafen bewohnt wird.
Im ersten Abschnitt der Fahrt ist viel los auf dem Wasser – auch Segelschulen kreuzen den Weg
Sobald man das Hafengebiet verlässt, sind kaum noch andere Schiffe unterwegs. Nur die Containerriesen kommen ab und zu vorbei.
Endstation: Stadersand. Und auf geht’s, wieder zurück nach Hamburg! Plötzlich waren wir allein auf der Elbe – nur Bojen und Wasser um uns herum
Ein weiteres Highlight sind der Schlosspark und der Obstgarten Haseldorf, der dem Erhalt alter Obstsorten dient und in dem man rund 180 Sorten Äpfel, Birnen und Pflaumen bestaunen kann, die man im Handel gar nicht mehr findet.
Wedel bis Lühe
Ab jetzt ist es Neuland für mich. Weiter als Wedel bin ich die Elbe noch nie hochgefahren. Es geht einmal quer über die Elbe – die ist hier deutlich weniger befahren als noch im Hamburger Hafen. Ein riesiges Containerschiff mit hochgestapelten, bunten Containertürmen kommt uns entgegen, aber Fähren und Motorboote sind keine mehr zu sehen. Kaum sind wir über die Elbe drüber, haben wir den nächsten Stopp erreicht: Lühe. Festgetaut, Steg raus, vier Menschen runter, drei wieder drauf, Steg rein, Taue los, weiter.
Auch von Lühe aus kann man die Umgebung am besten mit dem Rad erkunden. Egal ob Yachthafen, Edel-Brennerei, die schmucke Altstadt von Buxtehude, die idyllische Deichlandschaft oder Obstpflücken im Alten Land – eine Tour lohnt sich!
Lühe bis Stadersand
Die Elbe wird breiter, links und rechts am Ufer sind keine Häuser mehr. Strände und grüne Wiesen, Schafe auf Deichen, kleine, große, rote und schwarze Leuchttürme, rot-weiße Stahltürme (die sind rund 190 Meter hoch und tragen die E-Kabel vom Elbe-Nordufer via Lühesand zum niedersächsischen Südufer) und ab und zu ein bisschen Industrie, das war‘s. Das geschäftige Treiben aus dem Hamburger Hafen scheint weit weg, spielende Kinder am Strand ebenfalls. Nicht mal ein Containerschiff ist zu sehen. Es scheint, als wären wir plötzlich alleine auf der Elbe. Nur Möwen fliegen herum und rote und grüne Bojen weisen schwimmend den Weg. Die Elbe ist hier noch ruhiger, wir haben freie Bahn und sind schneller. Man hört nur den Motor und das Wasser, das in kleinen Wellen gegen das Boot schwappt. Irgendwie idyllisch.
Aber die Idylle hält nicht lang: Hinter uns taucht ein Containerschiff auf und setzt zum Überholmanöver an. Aber so einfach ist das gar nicht. Wir liefern uns ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Riesen und gehen sogar wieder in Führung. Dann drehen wir allerdings nach links ab, werden langsamer und steuern aufs Ufer zu. Stadersand, steht dort in großen Buchstaben. Angelegt, festgetaut, Motor aus. Abgesehen von mir verlassen alle das Schiff.
„Du bleibst hier?“, fragt mich der Kapitän, der aus seiner Kabine kommt und in mich reinrennt. Ich nicke und mache ihm den Weg frei – aber vor seiner Tür war nun einmal Schatten.
Vom Anleger ist es nicht weit nach Stade – mit dem Rad oder Bus erreicht man die historische Altstadt. Die Sehenswürdigkeiten sind dann alle fußläufig erreichbar. Der Holztertkran am alten Hafen erinnert an die maritime Geschichte der Hansestadt und dient mittlerweile als Informationszentrum. Die bunten und aufwendig restaurierten Fachwerkhäuser sind ebenso
Das Wedeler Kraftwerk verschwindet langsam in der Ferne
imposant wie das Rathaus und die kunstvoll geschmückte Barockorgel in der Kirche Ss. Cosmae et Damiani. Wem 178 Stufen nicht zu viel sind, der hat vom Turm aus eine tolle Aussicht.
Und zurück zum Fischmarkt
Der Katamaran wird jetzt voller. Die Plätze oben sind schnell besetzt, einige Köpfe werden hochgesteckt und verschwinden dann direkt wieder die Treppe runter. Ein Fahrradfahrer-Paar handelt mit dem Mitarbeiter aus, dass es sich hinter die Absperrung setzen darf, denn da ist Schatten. „Alles besetzt“, ist oft zu hören. „Dann gehen wir unten nach vorne, da kann man immerhin stehen.“ Unten und vorne? Da muss ich gleich auch nochmal hin. Aber erst, wenn es losgeht, sonst ist mein Platz direkt weg. Ich verteidige meine Bank erfolgreich, muss sie aber jetzt teilen. Ein älterer Herr zieht seine Birkenstocks aus, klettert zwischen Bank und Geländer, legt die braun gebrannten, leicht ledrigen Arme drüber und dann den bemützten Kopf drauf. Hmm. Warum bin ich nicht darauf gekommen? Sieht gemütlich aus.
Der Motor geht an, es geht wieder los. „Huch, ich dachte es ist wärmer. Der Fahrtwind ist ja toll“, sagt mein neuer Sitznachbar. Ich stimme zu und verschlucke mich dabei fast an meinem letzten Rest Wasser. Dann mache ich es ihm nach und lehne mich gemütlich übers Geländer. „Sind das Kühe da drüben?“, fragt er. „Ich dachte, Schafe.“ „Große, sehr dicke Schafe dann aber.”
So geht es weiter, ich zeige ihm Kamerafunktionen auf seinem Smartphone, er erzählt von seinen Lieblingskneipen und Messen in Hamburg. Er und seine Frau machen Urlaub im Alten Land – ihr war es aber zu warm.
Dann muss ich doch einmal runter, gucken, was denn „unten vorne“ so los ist. Auf der kleinen Fläche haben es sich mehrere Passagiere gemütlich gemacht und auf dem Weg dahin sehe ich, dass auch die Plätze im Innenraum größtenteils belegt sind. Nach vorne rausgucken hat auch seinen Reiz, aber da alle Plätze am Geländer schon belegt sind und ich auf der Hinfahrt ja überwiegend nur eine Seite gesehen habe, mache ich es mir wieder neben meinem Sitznachbarn gemütlich.
Wir passieren Lühe und Wedel, ich empfehle den Kuchen im Willkomm Höft, wir beobachten die planschenden Menschen an den Stränden, nähern uns dem Hafen und ich erzähle alles, was ich zu den Gebäuden, Kränen und Schiffen weiß.
Und schon sind wir wieder am Fischmarkt. Das ging schnell. Sobald ich aufstehe, merke ich, dass vier Stunden Sonne doch viel waren. Mein Kopf dröhnt ordent-
Von Wedel nach Hamburg ist man fast eine Stunde unterwegs – aber die Hafenkräne sieht man schon von Weitem! Viele Plätze an Deck der Liinsand gibt es nicht – da muss man schnell sein oder stehen
lich. Ich verabschiede mich noch von ... hmm, nach dem Namen hab ich gar nicht gefragt, aber er schwingt sich auch schon auf sein E-Bike und düst Richtung Portugiesenviertel zu seinem Lieblings-Fischrestaurant.
Erstmal eine neue Flasche Wasser kaufen und dann hab ich mir das Eis redlich verdient!
Autorin: sophie.rhine@kloenschnack.de Infos: www.elblinien.com
ZUR SACHE: Fähren in Hamburg
Acht HADAG-Fähren fahren im Hamburger Hafen. Linie 61: Landungsbrücken – Neuhof Linie 62: Landungsbrücken – Finkenwerder Linie 64: Finkenwerder – Teufelsbrück, Linie 68: Teufelsbrück – Airbus Linie 72: Landungsbrücken – Elbphilharmonie Linie 73: Landungsbrücken – Ernst-August-Schleuse Linie 75: Landungsbrücken – Steinwerder Elbfähre:Cranz – Neuenfelde – Blankenese
Dazu kommen der Fährdienst Elblinien mit der beschriebenen Liinsand vom Fischmarkt bis Stadersand und die Lühe-Schulau-Fähre.