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Interview mit Norman Raddatz, Oberst - leutnant

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KLEINANZEIGEN

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Raddatz’ Einheit trifft auf staunende Kinder. Die Soldaten übergeben ihnen Malbücher und Stifte.

Wie ging es Ihnen als werdender Vater, wenn Sie im Einsatz mit Kindern zu tun hatten?

Wir hatten immer Präsente dabei, gerade für die Kinder, etwa Malbücher und Stifte. Da gab es ein spezielles Erlebnis: Wir sind rausgefahren. Es war weit und breit gar nichts, mitten in der Wüste. Wir hielten an, bauten die äußere Sicherung auf und es dauerte keine drei Minuten, bis rund um uns Kinder standen. Da habe ich mich hingesetzt, versucht, mit den Kindern Kontakt aufzunehmen, habe diese Malbücher rausgeholt, in ein Buch gemalt und habe die Bücher und Stifte dann übergeben. Dieses Funkeln, das wir da in den Augen wahrgenommen habe, war so besonders, dass ich und andere Kameraden uns entschieden, Kontakt mit unseren Familien aufzunehmen. Wir wussten, da stehen hier und da brauchbare Sachen in den Kellern herum, und wir haben uns diese Dinge schicken lassen, um sie gerade bei solchen Gelegenheiten zu verteilen. Das war uns eine Herzensangelegenheit, denn dieses Funkeln, das war für uns Gold wert.

Es zeigte uns, dass es nicht verkehrt ist, dort zu sein, zu unterstützen und den Kindern Freude zurückzubringen. „Dieses Funkeln, das war für uns Gold wert.“

Sie haben afghanische Polizeikräfte ausgebildet und auch die afghanische Armee wurde von der Bundeswehr ausgebildet. Können Sie sich erklären, warum die Taliban einfach durchmarschieren konnten?

Bedauerlicherweise nicht. Ich stelle mir oft die Frage, was haben wir dort eigentlich gemacht? Ich muss ganz klar sagen, was wir getan haben, war richtig und gut. Die Ausbildung und das taktische Vorgehen waren gut und auch zielführend.

Ich kann mir rückblickend nicht erklären, wie die jetzige Situation eintreten konnte.

Würden Sie sagen, dass die Mission sinnlos war?

Das würde ich nicht sagen. Wenn wir über die ganzen 20 Jahre sprechen, ist schon viel vorangekommen, gerade die Sicherheit auf den Straßen und die Polizeipräsenz oder die Ausstattung der Kräfte. Im Nachhinein bin ich aber enttäuscht.

Präsident Biden sagte um die Zeit des amerikanischen Abzugs aus Afghanistan, die USA würden keinen Krieg mehr für ein Land führen, das selbst nicht kämpfen will. Ihr Eindruck scheint ein anderer zu sein.

Am Beginn der Operation 2001 war es so: Die Menschen waren kriegsmüde, die Menschen wollten Veränderung und ich bin der Meinung, die haben wir gebracht. Man sieht im Nachhinein, das Land hat Fortschritte gemacht. Ich kann für mich sagen, dass es wichtig war, dass wir dort waren. Wie es jetzt weitergeht, bleibt Spekulation.

Würden Sie wieder nach Afghanistan gehen?

Ich würde wieder gehen.

Wie sieht Ihr jetziger Dienst aus?

Ich bin seit einigen Jahren im Landeskommando Einsatzleiter im Lagezentrum. Dort bin ich im Bereich zivil-militärische Zusammenarbeit tätig.

In diesem Zuge waren Sie auch für die Amtshilfe in der Pandemie zuständig?

Genau. Das ging alles über meinen Schreibtisch. Das ist natürlich eine Ausnahmesituation gewesen. Wir hatten hier auch Amtshilfen ganz anderer Art, zum Beispiel für eine kurzfristig umquartierte Feuerwache.

Die Kooperation mit den zivilen Behörden, etwa für Aufgaben der Nachverfolgung von Corona-Fällen oder pflegerische Unterstützung durch „helfende Hände” – eine Initiative der Bundeswehr im Pflegebereich –gehörte zu meinen Aufgaben.

Herr Raddatz, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Fragen: michael.wendland@kloenschnack.de Infos: www.bundeswehr.de

ZUR PERSON: Norman Raddatz

wurde 1986 in Hagenow geboren. Er trat 2006 in die Bundeswehr ein und war dort bis 2020 bei den Feldjägern tätig. Er absolvierte mehrere Auslandseinsätze, so etwa 2009, 2011 und 2018 in Afghanistan. Dort bildete er unter anderem Kräfte der afghanischen Nationalpolizei aus und war als Einsatzoffizier bei der Planung und Durchführung von Einsätzen einer multinationalen Military Police-Station tätig. Seit April 2020 leitet Oberleutnant Raddatz das Lagezentrum im Landeskommando Hamburg. Er koordiniert dort die Amtshilfeeinsätze der Bundeswehr in Hamburg.

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