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AMTSGERICHT/TIMS THESEN

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Das Amtsgericht

Aus dem Amtsgericht Immer schön freundlich

In den 1990er Jahren ging ein Gerichtsverfahren durch die Presse, in dem die Aussage „Soldaten sind Mörder“ behandelt wurde –Beleidigung oder freie Meinungsäußerung? Das Urteil erfolgte damals zugunsten des Tucholsky-Zitats. Und was Karlsruhe kann, kann Blankenese schon lange.

Sie glauben, der Ausdruck „Leck mich am A...“ sei eine Beleidigung? Ist er möglicherweise auch, also lassen Sie es lieber, vor allem Beamten gegenüber. Aber wer im Deutschunterricht aufgepasst hat, erinnert sich vielleicht daran, Götz von Berlichingen gelesen zu haben. Geschrieben von? Natürlich Goethe. Dieser lässt seinen Titelhelden sagen: „Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!“

Man könnte zur Verteidigung also anführen, nur den Dichterfürsten zitiert zu haben. Musikliebhaber können sich auch auf Mozart berufen, der ein Lied unter dem Titel „Leck mich im Arsch“ komponierte. Im Schwäbischen gilt der Ausdruck als normaler Bestandteil der Alltagssprache (Wikipedia: Schwäbischer Gruß). Nur – Schwaben ist von Hamburg ganz schön weit weg. Also vielleicht lieber „Klei mi ann Mors“ verwenden? Diese plattdeutsche Wendung wurde immerhin von einem Hamburger Gericht nicht als Beleidigung gewertet. Leider kommt das Gericht am angesetzten Verhandlungstag nicht dazu, die Frage „Beleidigung – ja oder nein?“ zu diskutieren. Denn es stellte sich kurzfristig heraus, dass der Angeklagte Simon P. (Name geändert) noch ein anderes Verfahren in einer anderen Abteilung des Amtsgerichts Blankenese anhängig hat. (Das Problem, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte macht, ist bekanntlich weit verbreitet.) Und in dem geht es um weit mehr als um verbale Fehlgriffe. Drogenhandel steht im Raum. Zudem hat Herr P., der sich vor Gericht selbst vertritt, noch eine Bewährungsstrafe laufen, die Einfluss auf Urteil und Strafrahmen haben könnte. Da die Bewährung also möglicherweise aufgehoben und die Freiheitsstrafe dann angetreten werden müsste, kann das Verfahren nur mit einem Pflichtverteidiger stattfinden. Der ist so schnell nicht zur Hand.

Option A wäre nun, das Verfahren gegen eine Geld buße einzustellen, dann wäre es vom Tisch. Damit ist der Angeklagte aber gar nicht einverstanden: „Ich bin mir keiner Schuld bewusst.“

Deshalb also Option B: Das Verfahren wird vorläufig eingestellt im Hinblick auf das andere, schwerwiegendere Verfahren. „Wenn da ‘ne Strafe rauskommt, dann vergessen wir das hier. Wenn nichts rauskommt oder ein Freispruch, dann gucke ich mir das wieder an“, erklärt die Richterin die Entscheidung in einfachen Worten. Alke Dohrmann

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THEMA: Kommt die Viertagewoche?

Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse

Meine kleine Tochter (9) setzt sich nach einer missglückten Mathearbeit für ein verlängertes Wochenende von drei Tagen ein, weil sie der Ansicht ist, fünf Tage Schule pro Woche seien „einer zu viel“.

Ich kann das nicht wirklich beurteilen und habe daher schön die Klappe gehalten. Außerdem genieße ich bereits eine Viertagewoche und das gefühlt seit dem späten 18. Jahrhundert. Damals war die Entscheidung exotisch, heute ist sie normal. Um mich herum wimmelt es geradezu von Eltern, bei denen beide um die 32 Stunden arbeiten und so einen funktionierenden und erfreulichen Alltag schaffen. Andere haben auf 28 Stunden umgestellt; wieder andere ackern mit Wonne über 40 Stunden pro Woche. Es ist reiner Zufall, wenn sich bei einer Gruppe von Berufstätigen zwei Modelle decken.

Gleichzeitig lesen wir, dass immer mehr Stimmen die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich fordern – analog zu 1967, als die Sechstagewoche in Deutschland endete. Die Argumente klingen nicht unplausibel. Die Arbeit nehme durch die Digitalisierung ab; die Produktivität leide Untersuchungen zufolge nicht, Leute ließen sich leich-

ter anwerben etc. Selbst Handwerksbetriebe, bisher bekannt für Zero-Tolerance Arbeitsmodelle (7 bis 16 Uhr, fünf Tage, Maul halten), schwenken um, weil die Leute fehlen. Schnitzelzulage allein zieht nicht mehr. Gegner der Viertagewoche haben ebenfalls plausible Argumente. Die Digitalisierung führte nicht zu weniger Arbeit, sondern lediglich zu anderen Formen. Weiterhin wird bezweifelt, dass man jene Studienergebnisse, nach denen die Produktivität gleich bleibt, auf alle Branchen übertragen kann. Der Friseur schneidet in 32 Stunden so viel Haar wie in 40? Schwer vorstellbar. Insofern, wie gesagt, plausible Argumente von beiden Seiten. Nun der Schwenk zur These. Ich und andere beobachten, dass die Vier- oder Fünftagewoche eine andere ist, als noch ein paar Jahre zuvor. Wer sich seine Arbeit selbst organisieren kann, macht sie, wenn sie anfällt – völlig egal, ob das Stundenkonto voll oder leer ist. Es gibt Kollegen, bei denen habe ich vergessen, ob sie nun Voll- oder Teilzeit arbeiten. Es Wer sich spielt keine Rolle. Es seine Arbeit selbst organisieren kann, der macht wird ein Produkt in definierter Qualität zu einem definierten Zeitpunkt geliefert und nicht über Stunsie, wenn sie den geschwafelt. anfällt … Meine These ist daher, dass sich weder die Viertagewoche durchsetzen wird, noch die Fünftagewoche bestehen bleibt. Langfristig werden sich diese Modelle auflösen. Dann entscheidet jede Branche selbst, jeder Betrieb, jedes Team und letztlich jeder Beschäftigte, wieviel Zeit er für wie viel Geld verkauft. Für eloquente, gefragte Leute gliche das einem Paradies. Eher bitter könnte es werden für Arbeitnehmer, die am unteren Ende der Qualifikationskette stehen und sich um Stellen jenseits des Fachkräftemangels bewerben. Die könnten sich eine Sekunde nach Unterschreiben des Arbeitsvertrags im Jahr 1966 wiederfinden.

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