ROYAL CANIN Fernkolleg f端r Tiermedizinische Fachangestellte
Adipositas bei Hund und Katze gesund abnehmen, Normalgewicht halten!
Kurs 01/14 (Januar - April 2014)
Adipositas bei Hund und Katze – gesund abnehmen, Normalgewicht halten! 1.
Einleitung
2. 2.1. 2.2. 2.3.
Welche Faktoren begünstigen die Entwicklung von Übergewicht? Risikofaktoren für eine zu hohe Energieaufnahme Risikofaktoren für eine Verringerung des Energiebedarfs Kastration
3. 3.1. 3.2. 3.3 3.4. 3.5. 3.6. 3.7. 3.8
Hauptgesundheitsrisiken bei übergewichtigen Tieren Diabetes mellitus Hyperlipidämie Hepatische Lipidose Kreislaufbelastung und Herzerkrankungen Gelenkerkrankungen Nierenerkrankungen Tumoren Hauterkrankungen/Wundheilung
4. 4.1. 4.2. 4.3.
Wie stellt man Übergewicht fest? Wiegen Body Condition Scoring (BCS) Feline body mass index
5. 5.1. 5.2. 5.3.
Reduktionsdiät Beginn der Reduktionsdiät Rationsberechnung und Dokumentation Gesund abnehmen – das richtige Futter
6. 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5. 6.6.
Fütterungspraxis Energiebedarf Futterwahl und Futtermenge Optimaler Gewichtsverlust Dauer der Gewichtsabnahme Gewichtskontrollen Jojo-Effekt verhindern
7. 7.1. 7.2. 7.3. 7.4. 7.5. 7.6.
Motivation der Tierbesitzer Behandlungsstrategie für Übergewicht festlegen Tierbesitzer gezielt informieren und aufklären Wartezimmergestaltung Übergewichtiges Tier - wie sagt man es dem Besitzer? Der Therapieplan Prophylaxe von Übergewicht, Gewichtserhalt nach Reduktionsdiät
8. 8.1. 8.2.
Produktübersicht Produkte für Katzen Produkte für Hunde
1.
Einleitung
Übergewicht ist die häufigste ernährungsbedingte Erkrankung bei Hund und Katze. Nach aktuellen Studien sind in Deutschland zurzeit 47% aller Katzen und 44% aller Hunde übergewichtig (BECKER et al. 2009). Hier gibt es Unterschiede je nach dem, in welchem Land die Daten erhoben wurden: In den USA liegt der Prozentsatz übergewichtiger Tiere noch deutlich höher (siehe Abb. 1). In China sind die Verhältnisse vergleichbar mit denen in Deutschland. Auch wenn es vielen Tierbesitzern und auch manchen Tierärzten nicht bewusst ist: Adipositas ist eine Krankheit und stellt eines der Hauptgesundheitsrisiken für Hunde und Katzen in den westlichen Industrieländern dar. (Das gilt übrigens auch für Menschen.) Nach der wissenschaftlichen Definition wird eine Überschreitung des Normalgewichts um 1020 % als Übergewicht, ab 30 % als Fettleibigkeit (Adipositas) eingestuft.
Abb. 1: Häufigkeit von Übergewicht bei Hunden und Katzen in unterschiedlichen Ländern Warum werden Hunde und Katzen übergewichtig? Ähnlich wie Menschen werden auch Hunde und Katzen übergewichtig, wenn sie über einen längeren Zeitraum mehr Energie aufnehmen als sie verbrauchen (Abb. 2). Obwohl dieser einfache Zusammenhang leicht nachvollziehbar ist, handelt es sich dabei dennoch um ein sehr komplexes Problem. Prinzipiell ist die Nahrungsaufnahme so reguliert, dass die Tiere nur die Futtermenge fressen sollten, die sie zur Deckung ihres Energiebedarfs auch wirklich benötigen, um das Körpergewicht nahezu konstant auf einem gewissen „Sollwert“ (Normalgewicht) zu halten. Die Selbstregulation der Energieaufnahme ist jedoch nicht bei allen Tieren gleich gut ausgeprägt und zahlreiche Risikofaktoren, die eine übermäßige Gewichtszunahme begünstigen, sind bei unseren Hunden und Katzen wissenschaftlich untersucht.
Energieaufnahme Energieverbrauch
Abb. 2: Übergewicht = Diskrepanz zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch 2.
Welche Einflussfaktoren begünstigen die Entwicklung von Übergewicht?
Verschiedene Risikofaktoren tragen zu einer Energieüberversorgung bei Hunden und Katzen bei, die durch die Aufnahme von zu viel Futter (Polyphagie) und /oder eine Überschätzung des tatsächlichen Bedarfs zustande kommt. 2.1.
Risikofaktoren für eine zu hohe Energieaufnahme
• Ständiges Nahrungsangebot (ad libitum Fütterung) Freier Zugang zum Futter (ad libitum Fütterung) kann zu einer übermäßigen Futteraufnahme führen. Besonders bei Hunden ist eine restriktive Zuteilung mit genau abgewogenen Tagesrationen zu empfehlen, da die Futteraufnahmekapazität aufgrund des außerordentlich dehnbaren Magens sehr hoch ist. Hunde sind daher in der Lage große Nahrungsmengen pro Mahlzeit – und damit insgesamt ein Mehrfaches ihres Erhaltungsbedarfs aufzunehmen. Bei Hunden im Erhaltungsstoffwechsel genügt es deshalb, einmal täglich zu füttern. Bei empfindlichen Tieren oder wenn durch besondere Leistungen höhere Mengen benötigt werden, empfiehlt es sich die notwendige Futter(tages-)menge auf 2-3 Mahlzeiten zu verteilen. Zur Gewöhnung an regelmäßige Fresszeiten sollte das Futter zu jeder Mahlzeit nicht länger als 30 Minuten angeboten werden. Nicht gefressene Reste werden danach entfernt. Das natürliche Fressverhalten von Katzen ist im Gegensatz zum Hund selten „gierig“: Sie bevorzugen es, viele kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu fressen, so dass ein ständiger Zugang zum Futter dem natürlichen Nahrungsaufnahmeverhalten am ehesten entsprechen würde. Um eine übermäßige Futteraufnahme zu vermeiden,
wird deshalb bei übergewichtigen Katzen die tägliche Futterration auf mehrere Mahlzeiten über den Tag verteilt angeboten. Ist die Katze an ad libitum Fütterung gewöhnt, kann alternativ versucht werden, die Tagesration als Trockenfutter genau abzuwiegen und sie dann zur freien Abb. 3: Futterball Verfügung anzubieten. Zu beachten ist dabei, dass die Futtermenge genau kontrolliert wird und nicht nach kurzer Zeit alles schon aufgefressen sein sollte. Um die Futteraufnahme zu verlangsamen, kann auch die Verabreichung über interaktives Abb. 4: regulativer Futternapf Spielzeug (z.B. Futterball) oder ein regulativer (Slow-Down-Napf) Futternapf sinnvoll sein. (Abb. 3 und 4). • Hohe Akzeptanz Das Füttern von sehr schmackhaftem Futter, besonders wenn es Hunden und Katzen frei zur Verfügung steht, reduziert die Sättigungskontrolle und kann die Aufnahme über den Bedarf hinaus erhöhen. Bei Hunden wird häufiger beobachtet, dass bei einem Futterwechsel das neue Futter dem alten vorgezogen wird. Dieser Effekt („Neophilie“ = Präferenz für eine neue Nahrung) ist meist nur von kurzer Dauer und scheint eher durch den „Reiz des Neuen“ geprägt zu sein. Auch bei Katzen – wenn auch seltener - kommt dieses Verhalten vor und hängt von den Erfahrungen der Tiere in der Vergangenheit ab (hat das Tier verschiedene Futtermittel erhalten oder wurde immer nur das Gleiche verwendet?). Katzen scheinen stärker als Hunde bestimmte Nahrungsvorlieben zu entwickeln und protestieren dann oft mit Futterverweigerung gegen eine Umstellung der Ration. Für den Erfolg von Diätprogrammen ist eine gute Akzeptanz des Futters ist in Verbindung mit einer guten Sättigung ausschlaggebend für die Compliance (Die Bereitschaft, aktiv und zuverlässig an der Therapie mitzuwirken) der betreuenden Zweibeiner: Wird das Diätfuttermittel ungern oder überhaupt nicht gefressen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Tierhalter die Diät frühzeitig abbrechen. Wichtig für einen reibungslosen Übergang vom alten zum neuen (Diät-)Futtermittel ist die schrittweise Umstellung (neues Futter über mehrere Tage dem alten Futter in steigender Mengen zumischen) und bei Katzen und mäkeligen Hunden das häufige Angebot frischer Portionen des neuen Futters (es hat wenig Sinn, die nicht gefressene Futterportion längere Zeit stehen zu lassen oder nach 2 Stunden noch einmal anzubieten). • Hohe Energiedichte der Nahrung Das Risiko einer übermäßigen Energieaufnahme steigt auch bei einer hohen Energiedichte des Futters, die vor allem vom Fettgehalt der Ration bestimmt wird. Je höher der Fettgehalt in der Nahrung, desto stärker wird die Speicherung von abdominalem Fett (Depotfett) gefördert (KIM et al. 2003). Eine hohe Energiedichte bewirkt zudem, dass nur eine geringe Futtermenge zur Bedarfsdeckung aufgenommen werden muss und sich somit ein volumenbedingtes „Sättigungsgefühl“ kaum einstellen kann. Schlecht gesättigte Tiere können durch ständiges Betteln ihren Besitzern ziemlich lästig werden.
• Stress Katzen zeigen bei emotionaler Belastung verschiedene Verhaltensmuster zu Selbstberuhigung. Orale Aktivitäten (Fressen, Putzen) spielen eine wichtige Rolle bei der Stressbewältigung; und übermäßige Fellpflege sowie gesteigerte Nahrungsaufnahme gelten als klassische Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten, die z. B. nach Umzügen, bei fehlenden Rückzugsmöglichkeiten und bei Änderung der familiären Situation (z.B. neuer Lebenspartner des Besitzers, ein neues Baby, das plötzlich alle Aufmerksamkeit bekommt) gehäuft auftreten können. • Verhalten des Besitzers Bestimmte typisch vermenschlichende Verhaltensweisen sind eine der Hauptursachen für eine übermäßige Futteraufnahme. Die meisten Besitzer füttern ihre Tiere gerne. Nach dem Motto: „Liebe geht durch den Magen“ wird das Futter und das damit verbundene Fütterungsritual verwendet, um sich mit dem Tier zu beschäftigen und ihm Zuneigung zu zeigen. Menschen nehmen ihre Mahlzeiten gemeinsam ein, teilen ihr Essen mit ihrer Familie und ihren Freunden und nutzen Mahlzeiten auch zur Kontaktaufnahme und Kommunikation. Dieses menschliche Verhalten – Essen als sozialer Akt – wird vielfach auf unsere Haustiere übertragen, wodurch es leicht zu Missverständnissen zwischen den Besitzern und ihren Tieren kommt. Auch beim Hund hat die Nahrungsaufnahme eine starke soziale Bedeutung: Wölfe jagen im Rudel, das ranghöchste Tier frisst zuerst und nimmt sich die besten Stücke. Wenn Hunde ständig den Besitzer um Futter anbetteln, ist es in vielen Fällen eher der Versuch Aufmerksamkeit einzufordern und beachtet zu werden, ggf. sogar die eigene Rangordnungsposition zu verbessern. Seltener ist ein echtes Hungergefühl die Ursache. Für Hunde gilt: Wer die Ressourcen kontrolliert, ist der Boss! Wenn sie sich ständig Zugang zur Ressource Futter verschaffen können, fühlen sie sich stark. Bei Katzen besitzt die Futteraufnahme keine soziale Funktion: Katzen jagen alleine und fressen ihre Beute alleine an einem geschützten Ort.
Abb. 5: Berechnung des „Bettelscore“ bei Hunden und Katzen
In vielen Fällen hat Übergewicht seinen Ursprung im falschen Verständnis des Menschen für die Verhaltensweisen ihrer Hunde oder Katzen. Jedes Betteln wird als „Hunger“ interpretiert, oder es wird versucht, die Zuneigung des Hundes oder der Katze durch Futter zu „erkaufen“. Diesen Zusammenhang können Hunde und Katzen sehr schnell erlernen und fordern dann das Futter energisch ein. Bettelverhalten kann sich in unterschiedlichen Verhaltensweisen äußern und beeinträchtigt die Compliance der Tierbesitzer bei einer Reduktionsdiät. Daher sollte die Ration für Hunde und Katze, die abnehmen sollen, so beschaffen sein, dass das Betteln nicht Überhand nimmt. Mit Hilfe der Bettelskala (Abb. 5) können Tierhalter Veränderungen im Bettelverhalten ihrer Tiere während der Abnehmphase erfassen. Bei der Ausbildung von Hunden wird Futter als Belohnung und zur Motivation eingesetzt und ermöglicht eine „sanfte“ Erziehungsmethode (Abb. 6). Wird die Energiemenge, die während des Trainings aufgenommen wird, nicht von der Tagesration abgezogen, kommt es zwangsläufig zu einer Energieüberversorgung. Das Gleiche gilt auch bei anderen Arten der unkontrollierten Beifütterung wie z.B. Speiseresten und „Leckerli“, die meist sehr energiereich sind: Beispielsweise hat eine Scheibe Wurst oder Käse etwa genau so viele Kalorien wie eine ganze Mahlzeit für eine Katze. Der Energiegehalt von Snacks sollte bekannt sein, damit eine entsprechende Menge Futter von der Tagesration abgezogen werden kann. Ein EDUC von Royal Canin hat beispielsweise knapp 3 kcal. Abb.6: Futterlob findet bei der Erziehung häufig Anwendung Nicht selten erkennen Tierhalter auch gar nicht, dass ihr Hund oder ihre Katze zu dick ist. Viele finden es unbedenklich, wenn der Liebling etwas mehr „auf den Rippen“ hat oder sind gar nicht erst in der Lage, den Ernährungszustand des Tieres zu beurteilen. Teilweise ist Besitzern nicht bewusst, dass Futter abgewogen werden sollte, um die Futtermenge (und damit die Energieaufnahme) zu kontrollieren. Die Angaben zur empfohlenen Futtermenge der Hersteller auf der Verpackung sind lediglich Richtwerte, die je nach Individuum und Haltungsbedingungen um bis zu 30 % (bis maximal 50%, NRC 2006) vom tatsächlichen Bedarf abweichen können. Die kompetente Aufklärung über das Gesundheitsrisiko „Übergewicht“, eine Beurteilung des Ernährungszustandes und der Energieversorgung des Tiers von Seiten des Praxisteams sind daher der erste und wichtigste Schritt zur Vorbeugung und Behandlung von Übergewicht. Medikamente Die Verabreichung verschiedener Medikamente führt dazu, dass die Tiere mehr Futter aufnehmen als zur Bedarfsdeckung nötig ist. Dazu zählen in erster Linie Kortisonpräparate (besonders wenn sie als Dauertherapie eingesetzt werden), •
Arzneimittel zur Zyklusunterdrückung (Verhinderung der Läufigkeit bzw. Rolligkeit) und Antiepileptika. 2.2. •
Risikofaktoren für eine Verringerung des Energiebedarfs Wohnungshaltung
Der Lebensraum der meisten Haustiere hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Bei Katzen ist der Anteil der Tiere, die freien Auslauf haben, rückläufig, da ein Großteil der Katzen aufgrund der drohenden Unfallgefahr im Straßenverkehr ausschließlich in der Wohnung gehalten wird. Katzen mit Freigang haben ein abwechslungsreiches Leben. Sie verbringen die meiste Zeit des Tages mit Jagdgängen (statistisch gesehen ist nur einer von 15 Jagdversuchen erfolgreich), Verteidigung ihres Territoriums und Erforschung ihrer Umwelt.
Abb. 7: Die typischen Verhaltensweisen der Katze Diese natürlichen Verhaltensweisen sind für die Mehrzahl der Wohnungskatzen nicht in ausreichendem Maße möglich, so dass durch andere Möglichkeiten wie z.B. Spielen (Jagd- und Bewegungsspiele) für eine ausreichende geistige und körperliche Beschäftigung gesorgt werden sollte. Im Vergleich zu wilden Artgenossen schlafen domestizierte Katzen viel mehr und sind – besonders wenn die Wohnung nicht „katzengerecht“ eingerichtet ist (z.B. müssen Möglichkeiten zum Klettern, Kratzen, Verstecken etc. vorhanden sein) - auch während ihrer Wachphase relativ wenig aktiv, so dass der Energieverbrauch deutlich absinkt. Hunde wurden früher überwiegend als Gebrauchshunde, z.B. Hof-, Hüte- und Jagdhunde gehalten. Heutzutage ist das Verhältnis des Menschen zum Hund ein anderes, und die meisten Hunde werden als Familienmitglied und Begleiter
betrachtet, die in engem Kontakt mit „ihren Menschen“ leben und keine speziellen Aufgaben zu erledigen haben. •
Geringe Aktivität
Bewegungsmangel ist einer der Hauptgründe für einen geringen Energiebedarf und kann ähnlich wie beim Menschen auch bei unseren Haustieren als klassische „Zivilisationskrankheit“ bezeichnet werden. Hunde, die täglich lediglich ½ bis 1 Stunde gemächlich an der Leine spazieren geführt werden und den Rest des Tages gemütlich auf dem Sofa verbringen, haben keinen zusätzlichen Energiebedarf für die Bewegung. Solche körperlichen Aktivitäten werden mit dem Erhaltungsbedarf bereits vollständig abgedeckt. Ebenso führt der freie Auslauf im Garten nicht automatisch zu einem höheren Energieverbrauch und entbindet den Besitzer nicht von regelmäßigen Spaziergängen (wenn möglich auch sportliche Aktivitäten wie Joggen oder Fahrrad fahren mit dem Hund) und sonstiger aktiver Beschäftigung mit seinem Vierbeiner.
Abb. 8: Zu einem effektiven Diätprogramm gehört auch ein körperliches Training – am besten nach festem Programm. Wie bereits erwähnt, verbringen die meisten Hauskatzen ihre Zeit in der Wohnung relativ inaktiv. Deshalb ist der Energiebedarf bei reinen Wohnungskatzen im Allgemeinen geringer ist als bei Katzen mit Freigang. In der Wohnung müssen Anreize und Gelegenheiten zur Bewegung erst geschaffen werden. Dazu eignen sich beispielsweise Kratz- und Kletterbäume, sowie verschiedene Jagd- und Bewegungsspiele. •
Geschlecht
Bei Katzen scheinen die Kater ein höheres Risiko zu haben, an Adipositas zu erkranken. Bei Hunden ist es genau umgekehrt: Hier neigen die weiblichen Tiere stärker dazu, übergewichtig zu werden. Nach der Kastration ist das Risiko für Hündinnen und Rüden gleich hoch. Kastrierte Kater sind die Gruppe mit dem höchsten Adipositasrisiko innerhalb der gesamten Katzenpopulation.
•
Alter
Ältere Hunde und Katzen sind häufiger übergewichtig als jüngere Tiere, nur wenige Hunde und Katzen unter 2 Jahren werden als zu dick eingestuft. Dies hat verschiedene Gründe. Im Alter lässt meist die körperliche Aktivität nach, die Tiere werden ruhiger und gelassener und damit sinkt der Energieverbrauch. Zum anderen ist im Alter Fettgewebe das einzige Gewebe, das zunimmt und z. T. die übrigen Gewebe ersetzt, wodurch der Fettanteil im Körper steigt. Fettgewebe verbraucht jedoch deutlich weniger Energie als magere Körpermasse (Muskulatur). Wird die Fütterung diesen Veränderungen nicht angepasst, entsteht schnell Übergewicht. Des Weiteren führt eine Reihe von Erkrankungen, die besonders im Alter auftreten, zu pathologischen Fettablagerungen. Dies gilt besonders für einige hormonelle Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) und Nebennierenüberfunktion (Morbus Cushing). Auch wenn Hunde und Katzen bereits während der Wachstumsphase zu schwer sind und im Laufe des Lebens immer etwas an Gewicht zunehmen, kann dies zu einer manifesten Adipositas im Alter führen. Da die Anzahl der Fettzellen während der Wachstumsphase festgelegt wird, neigen zu schwere Welpen eher dazu im Erwachsenenalter übergewichtig zu werden. Dies trifft besonders für kleine Hunderassen zu. Junghunde großer Rassen neigen bei einer Energieüberversorgung eher zu Knochen- und Gelenkerkrankungen. Es ist daher in jedem Falle sinnvoll, bei Hunden im Wachstum auf eine gesunde Entwicklung des Körpergewichts zu achten. Das Gefährliche ist, dass die häufig schleichende Entwicklung von deutlichem Übergewicht durch eine geringe, aber stetige Gewichtszunahme über einen langen Zeitraum den meisten Besitzern kaum auffällt, so dass erst sehr spät – wenn überhaupt - Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Für Adipositas gilt jedoch wie für jede andere Erkrankung: Vorbeugen ist besser als Heilen.
•
Abb. 9: Der Labrador Retriever hat eine genetische Disposition, übergewichtig zu werden.
Rassedisposition
Manche Rassen neigen dazu, eher adipös werden als andere. Bei Hunden sind Labrador Retriever, Golden Retriever, Beagle, Cocker Spaniel, Basset, Boxer, Rottweiler, Dackel sowie einige Terrier-Rassen wie z.B. der Scottish Terrier besonders häufig von Übergewicht betroffen (Meyer et al., 1978; Edney und Smith, 1986; Lund et al., 2006). Von einer tatsächlichen genetischen Prädisposition für Adipositas kann derzeit nur beim Labrador Retriever und beim Cocker Spaniel ausgegangen werden. Vertreter beider Rassen weisen einen erhöhten Körperfettanteil auf. Bei Katzen ist keine Rassedisposition für Übergewicht beschrieben. Die meisten übergewichtigen Katzen sind Mischlinge bzw. Europäisch Kurzhaar Katzen.
2.3.
Kastration
Die Kastration ist einer der größten und bedeutsamsten Risikofaktoren für Übergewicht. So steigt die Wahrscheinlichkeit für Adipositas bei Katzen durch die Kastration etwa um den Faktor 3,4 im Vergleich zu ihren unkastrierten Artgenossen. Bei Hunden verdoppelt sich das Risiko (JEUSETTE et al. 2005). Folgende Gründe werden dafür angeführt: • • •
Gesteigerter Appetit Verminderte Bewegungsaktivität Höherer Körperfettanteil => verminderter Energiebedarf
Durch die Kastration verändern sich sowohl der Stoffwechsel als auch das Futteraufnahmeverhalten. Viele Hunde sind nach der Kastration ruhiger als vorher und zeigen nicht mehr so viel Spontanaktivität. Es ist daher davon auszugehen, dass der Energiebedarf nach der Kastration um etwa 30% sinkt. Dies würde bedeuten, dass die Tagesfuttermenge der gewohnten Nahrung nach Kastration um ein Drittel gekürzt werden müsste, damit das Tier sein Gewicht hält. Andere Autoren gehen davon aus, dass ein verändertes Fressverhalten nach der Kastration (deutlich gesteigerter Appetit) die Erklärung für die zu beobachtende Gewichtszunahme ist: Bei Katzen steigt die Futteraufnahme unmittelbar (bereits innerhalb der ersten 48 h) nach dem Eingriff deutlich (um ca. 20%) an, wenn Katzen freien Zugang zu ihrem Futter haben. Dieser Effekt ist zwar oft nur vorübergehend, aber es dauert sehr lange, bis die Katzen ihre Futteraufnahme wieder dem Energiebedarf anpassen (ca. 80 Tage). Bis dahin können sie schon erhebliche Fettpolster gebildet haben. Wird die Futtermenge nicht begrenzt, können Katzen im ersten Jahr nach der Kastration bis zu 55% ihres ursprünglichen Gewichts zunehmen. In einer Studie von Fettman et al. (1997) erhielten Katzen Futter ad libitum (= ständig freier Zugang zu Futter) und nahmen bereits in den ersten drei Monaten nach der Kastration 33% zu (siehe Abb. 9).
Abb. 9: Gewichtszunahme bei kastrierten Katzen: 33 % Anstieg innerhalb von 3 Monaten ad libitum Fütterung (Fettman et al. 1997)
Bei den nicht kastrierten ad libitum gefütterten Kontrolltieren betrug die Gewichtszunahme im selben Zeitraum nur 13%. Der Einfluss der Kastration wird hier also sehr deutlich. Es wird weiterhin angenommen, dass sich kastrierte Katzen weniger bewegen und ihr Energieverbrauch auch dadurch geringer ist. Alle durch das Sexualverhalten motivierten Aktivitäten fallen weg oder sind zumindest deutlich reduziert. Zum Beispiel werden die Kontrollgänge eines Katers mit Freigang durch sein Revier kürzer, da er dieses im Allgemeinen nach der Kastration verkleinern wird. Bei Hunden scheint das veränderte Fressverhalten die Hauptursache für eine Gewichtszunahme zu sein: In einer Untersuchung von HOUPT et al. (1978) fraßen Hündinnen bei ad libitum Fütterung nach der Kastration etwa 20% mehr und nahmen dementsprechend auch an Gewicht zu. Ist das angebotene Futter besonders schmackhaft, sind ggf. noch deutlich größere Steigerungen der Futteraufnahme (um bis zu 60%) zu erwarten. Es scheint daher bei Hunden und Katzen angebracht, das Futterangebot nach der Kastration zu kontrollieren (restriktive Fütterung). Als Richtwert für die Erhaltung des aktuellen Gewichts vor Kastration gilt: 30% Energie weniger. Die nachfolgende Tabelle (Tab. 1) gibt eine Empfehlung zur Berechnung des Tagesenergiebedarfs von Hunden und Katzen. Wichtig ist, dass als Bezugsgröße für die Berechnung das Zielgewicht (normale Körpergewicht) in kg verwendet wird. Tab. 1: Empfehlungen zur Berechnung des Tagesenergiebedarfs von Hunden und Katzen in Abhängigkeit von Lebensstil und Kastrationsstatus (Quelle FEDIAFGuidelines 2012)
In der Tabelle sind auch Kalorienangaben für kastrierte und zu Übergewicht neigende Tiere enthalten, die dem verringerten Energiebedarf von Hunden und Katzen in westlichen Industrieländern oder nach Kastration Rechnung tragen. Die Futtermengen für die Reduktionsdiäten OBESITY MANAGEMENT und SATIETY („Beginn der Diät“) im Produktbuch von Royal Canin wurden auf der Basis von ca. 60-80% des Erhaltungsbedarfs kastrierter oder wenig aktiver Tiere berechnet. Nimmt ein Tier auch bei der in der Tabelle angegebenen Kalorienzufuhr nach der Kastration zu, kann die Ration noch weiter gekürzt werden (siehe Empfehlung im Produktbuch „nach 4 Wochen ohne Gewichtsabnahme“, um ca. 10-15%). Zum Vergleich: Früher wurde der Erhaltungsbedarf für einen adulten Hund mit 132 kcal
/kg TBW 0,75 angegeben (ermittelt an kurzhaarigen, jungen adulten, im Rudel, im Zwinger gehaltenen Hunden). Auch bei Hunden (Rüden und Hündinnen) kann eine deutliche Verringerung des Bewegungsdranges nach Kastration beobachtet werden: Viele Hunde haben nach der Kastration längere tägliche Ruhezeiten und zeigen weniger spontane Bewegungsaktivität. Auffällig ist die Veränderung der Risikoverteilung: Neigen bei nicht-kastrierten Hunden die weiblichen Tiere eindeutig stärker zu Übergewicht, so ist das Risiko übergewichtig zu werden bei kastrierten Hunden für beide Geschlechter gleich groß. Eine mögliche Erklärung für das höhere Adipositas-Risiko bei kastrierten Hunden ist der Einfluss der Sexualhormone auf die Futteraufnahme: Viele Hündinnen fressen während der Läufigkeit weniger, man führt dies auf den „appetitzügelnden“ Effekt des weiblichen Sexualhormons Östrogen zurück. In der Phase der Eierstocksruhe zwischen zwei Läufigkeiten (Anoestrus) ist die Futteraufnahme wieder höher. Bei der Kastration werden die Eierstöcke entfernt, dadurch fallen die Wirkungen des Östrogens (und somit auch eine natürliche „Fressbremse“ bei der Hündin) weg. Bei intakten Rüden kann die Östrogenwirkung zwar nicht als Erklärung herangezogen werden, aber sexuelle Aktivität wirkt sich bei ihnen auch auf die Futteraufnahme aus: Rüden, die eine „läufige Hündin in der Nase“ haben, stellen das Fressen manchmal sogar ganz ein. Eine Frühkastration scheint beim Hund mit einem geringeren Risiko für Übergewicht verbunden zu sein als ein Eingriff in fortgeschrittenem Lebensalter. Bei Katzen machte es hingegen im Hinblick auf eine Gewichtszunahme keinen Unterschied, ob die Kastration im Alter von 7 Wochen oder 7 Monaten durchgeführt wurde. Übergewicht nach der Kastration verhindern – wie geht das? Unmittelbar nach der Kastration sollten Maßnahmen ergriffen werden, die eine langfristige und wirksame Kontrolle des Körpergewichts gewährleisten. ! Mit der Kastration (am besten schon 2 Wochen vorher) sollte eine Futterumstellung auf eine Nahrung mit geringerer Energiedichte erfolgen. Spezialnahrungen für kastrierte Tiere bzw. zur Gewichtskontrolle sind hierfür gut geeignet. ! Die Energieaufnahme muss kontrolliert werden, um das Normalgewicht aufrecht zu erhalten. Allerdings ist hierzu eine Reduktion der Energiezufuhr um 20-30% im Vergleich zu vor der Kastration erforderlich. Diese gelingt besser durch einen Wechsel Abb. 10: Die Tagesfuttermenge sollte täglich auf ein energieärmeres Futter Gramm genau abgewogen und kontrolliert als durch drastische Kürzung zugeteilt werden. der Futtermenge ! Der mit Hilfe von Formeln berechnete Energiebedarf eines Hundes oder einer Katze kann immer nur ein Richtwert sein. In der Praxis kann der tatsächliche Energiebedarf eines Tiers um bis zu 30% (nach oben oder unten) von diesen
! !
!
!
3.
Richtwerten abweichen. Daher muss das Körpergewicht durch regelmäßiges Wiegen kontrolliert und die Futtermenge ggf. entsprechend angepasst werden. Das Futter sollte täglich abgewogen und nicht „nach Gefühl“ zugeteilt werden. Verwendung eines geeigneten Alleinfutters: Eine Nahrung für Tiere mit erhöhtem Risiko für Übergewicht sollten bei geringerer Energiedichte (niedriger Fettgehalt, unter 350 kcal/100 g bei Adult-Trockenfutter) eine ausreichende Versorgung mit allen Nährstoffen (inkl. Vitaminen und Mineralstoffen) sicherstellen. Ein hoher Protein- und Fasergehalt sorgen für den Erhalt der Muskelmasse und eine gute Sättigung. Mit solchen Produkten können kastrierte Tiere ihr Normalgewicht leichter und sicherer halten, als wenn eine „FDH“-Diät mit dem alten Futter versucht wird. Keine ad libitum-Fütterung mehr: Fressen „nach Lust und Laune“ ist spätestens ab der Kastration tabu! Auch bei Katzen, die ständigen Zugang zu Trockenfutter gewöhnt sind, sollte man die tägliche Futtermenge im Auge behalten und begrenzen, um einer Gewichtzunahme nach der Kastration vorzubeugen. Energieverbrauch steigern durch ein gezieltes Bewegungsprogramm: bei Hunden ist es relativ einfach, ein regelmäßiges körperliches Training in den Tagesablauf einzuplanen. Je nach Fitness des Hundes (und des Tierhalters) kann dieses von zügigen Spaziergängen an der Leine bis zum Laufen am Fahrrad, Joggen oder Schwimmen verschiedene Aktivitäten beinhalten. Wichtig ist die konsequente und regelmäßige Durchführung. Mehr Bewegung für Katzen lässt sich durch eine katzengerechte Gestaltung der Wohnung (abwechslungsreich mit Kratzbäumen, Höhlen, erhöhten Sitzplätzen etc.) und durch Spiele mit dem Besitzer realisieren. Fast noch wichtiger als beim Hund ist, dass die „Spielzeiten“ zu einer täglichen Routine (möglichst täglich zur selben Zeit, am selben Abb. 11: Ein gezieltes Bewegungsprogramm Ort) für Besitzer und Katze steigert den Energieverbrauch. werden. Hauptgesundheitsrisiken bei übergewichtigen Tieren
Übergewicht kann verschiedene typische Begleiterkrankungen nach sich ziehen (siehe Abb. 12). Die negativen Folgen für die Gesundheit sind zahlreich und betreffen nahezu alle Organe: von Herz-Kreislaufbeschwerden über Arthrose, Diabetes mellitus, erhöhtem Narkoserisiko und schlechterer Wundheilung bis hin zu einer erhöhten Neigung zu Harnsteinen und Hauterkrankungen sind die Risiken von „zu viel auf den Rippen“ bestens dokumentiert. Bei übergewichtigen Katzen besteht tierartspezifisch ein deutlich höheres Erkrankungsrisiko für Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit, Risiko 4x so hoch), Hepatische Lipidose und Hyperlipidämie
(Leberverfettung, erhöhte Blutfettwerte). Außerdem sterben sie im Durchschnitt früher als normalgewichtige Katzen.
Abb. 12: Mit Adipositas vergesellschaftete Erkrankungen Übergewichtige Hunde neigen ebenfalls häufiger zu Diabetes mellitus (infolge einer so genannten Insulinresistenz und einer daraus resultierenden übermäßigen Insulinausschüttung). Weitere typische Begleiterkrankungen von Übergewicht bei Hunden sind Hyperlipidämie, Herz-Kreislauferkrankungen, Atemwegsprobleme und Gelenkerkrankungen und eine geringe Belastungstoleranz z.B. bei Hitze oder körperlicher Bewegung (infolge einer höheren Kreislaufbelastung). Auch dicke Hunde haben eine deutlich verkürzte Lebenserwartung. Seltener beschriebene Gesundheitsrisiken, die mit Übergewicht in Verbindung gebracht werden, sind: häufigeres Auftreten von Nierenerkrankungen, Harnsteinen (vor allem bei Katzen) und bestimmten Tumoren. Bei übergewichtigen Tieren besteht außerdem ein erhöhtes Risiko bei Operationen (Narkose, Übersicht im OP-Bereich eingeschränkt, erhöhtes Risiko für Blutungen und
Wundheilungsstörungen) sowie für eine Schwächung der Immunabwehr. Man kann außerdem davon ausgehen, dass das Wohlbefinden und die Lebensqualität adipöser Tiere deutlich eingeschränkt sind, was starkes Übergewicht nicht zuletzt auch zu einem tierschutzrelevanten Problem macht. 3.1.
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Bei Diabetes mellitus ist die Regulation des Blutzuckers (Glukose) und die Ausschüttung des Hormons Insulin gestört: Die Glucose kann nicht mehr adäquat aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen werden, entweder weil zu wenig Insulin vorhanden ist oder weil die Körperzellen nicht mehr richtig auf das vorhandene Insulin ansprechen (Insulinresistenz). Dies führt zu einem starken Anstieg des Blutzuckerspiegels (Hyperglykämie) und der Ausscheidung von Glukose mit dem Harn (Glukosurie). Beim gesunden Tier ist kein Zucker im Harn nachweisbar. Liegt eine Insulinresistenz vor, spricht man vom Diabetes Typ 2 (beim Menschen auch Altersdiabetes genannt, weil er sich bei ursprünglich gesunden Individuen im Laufe der Zeit entwickelt). Demgegenüber beruht der Diabetes Typ 1 von Anfang an auf einer gestörten oder fehlenden Insulinproduktion. Da dieser Defekt auch angeboren sein kann und beim Menschen praktisch immer schon im Kindesalter auftritt, wird er auch als juveniler (übersetzt: Jugend-) Diabetes bezeichnet.
Abb. 13: Adipositas als Risikofaktor für Diabetes bei der Katze Diabetes mellitus Typ 2 ist der dominierende Typ bei der Katze und tritt sehr häufig in Verbindung mit Übergewicht auf (siehe Abb. 13). Fettzellen sind normalerweise sehr insulinempfindlich, da dieses Hormon ihren gesamten Stoffwechsel reguliert: es löst die Zellreifung aus, fördert die Fetteinlagerung und hemmt den Fettabbau. Bei Übergewicht sprechen die stark gefüllten Fettzellen jedoch oft nicht so gut auf Insulin an: Es liegt eine Insulinresistenz vor, die der Körper zunächst durch eine höhere Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse auszugleichen versucht. In der Folge kommt es zum Insulinmangel, wenn die insulinproduzierenden Zellen des Pankreas erschöpft sind. Die Konsequenz ist ein schlecht bis gar nicht steuerbarer Blutzuckerspiegel, der meistens chronisch erhöht ist, aber auch Episoden einer lebensgefährlichen Unterzuckerung (Hypoglykämie) aufweisen kann. Das Risiko und der Schweregrad der Insulinresistenz steigt mit zunehmender Dauer der Adipositas und hängt vom Verteilungsmuster der überschüssigen
Fettdepots ab: Eine so genannte zentrale Fettverteilung, bei der sich die Fettpolster vor allem im Bereich des Abdomens und in der Bauchhöhle befinden, ist im Hinblick auf das Risiko für Diabetes besonders kritisch: Beim Hund ist gerade das Fettgewebe in der Bauchhöhle rund um die Eingeweide besonders insulinresistent. Diabetes bei Hund und Katze ist unheilbar, aber häufig gut therapierbar. Mit der richtigen diätetischen Therapie gehen etwa 25-50% der diabetischen Katzen in die Remission (nicht-insulinpflichtiges Stadium; Reusch 2011). Die Therapie stellt hohe Anforderungen an den Tierbesitzer (konsequente Diät, tägliche Insulininjektionen, Kontrolle von Blutzucker und Urin zu Hause) und ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden (Medikamente, Spezialfutter, regelmäßige Kontrollen beim Tierarzt). Die Prognose hängt im Wesentlichen davon ab, wie gut die Tierbesitzer bei der Therapie mitarbeiten und ob es gelingt, den Blutzucker langfristig „in den Griff zu bekommen“. Gelingt die Einstellung des Blutzuckers können Hunde und Katzen mit Diabetes noch etliche Jahre bei guter Lebensqualität überleben (Reusch 2011). Tiere mit Diabetes und einer erhöhten Konzentration an Ketonkörpern im Blut (Ketoazidose) haben eine schlechtere Prognose: Die Mortalitätsrate bei diesen Tieren beträgt 26–30 %. 3.2.
Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte)
Bei Übergewicht sind häufig die Blutfettwerte (Triglyceride, Cholesterin) erhöht: Dies liegt zum einen daran, dass viele Fette über die Blutbahn zu ihrem Bestimmungsort (diverse Fettdepots) transportiert werden müssen, zum anderen daran, dass der Abbau dieser Fette und ihre Entfernung aus dem Blut ( = Clearance) gehemmt ist (siehe Abb. 14), weil die dafür zuständigen Enzyme bei AdipositasPatienten eine geringere Aktivität aufweisen. Zu den Erkrankungen bei Hunden und Katzen, die sekundär eine Hyperlipidämie hervorrufen können, gehören Hypothyreose, Pankreatitis, Diabetes mellitus, das nephrotische Syndrom, Morbus Cushing, Cholestase, Adipositas. Gelegentlich ist auch eine sehr fettreiche Fütterung ursächlich beteiligt. Abb. 14: Normales (links) und Beim Menschen besteht ein Zusammenhang zwischen lipämisches Serum erhöhten Blutfettwerten und Arteriosklerose (= Verstopfung bei Hunden. kleiner Blutgefäßen durch Fettablagerung, erhöhtes Herzinfarktrisiko). Dieser konnte für Hund und Katze jedoch bisher nicht generell bestätigt werden. Ausnahme: Bei Hunden, die gleichzeitig an einer Schilddrüsenunterfunktion litten, traten infolge erhöhter Blutfettwerte vereinzelt Veränderungen an den Blutgefäßen und an den Augen (Cornea) auf. In jedem Fall begünstigt eine Hyperlipidämie die Entstehung einer hepatischen Lipidose (Leberverfettung) bei der Katze und das Auftreten einer akuten Pankreasentzündung beim Hund. Beide Erkrankungen können für die betroffenen Tiere lebensbedrohlich sein. Gelegentlich werden auch Anfallsleiden ursächlich mit einer Hyperlipidämie in Verbindung gebracht.
3.3.
Hepatische Lipidose (Leberverfettung) bei der Katze
Diese Lebererkrankung kommt vor allem bei überernährten Katzen vor. In schwerwiegenden Fällen besteht akute Lebensgefahr, wenn sie nicht früh genug erkannt und sofort intensivmedizinisch behandelt wird. Bei den betroffenen Katzen kommt es zu einer Ansammlung von Fett in den Leberzellen und einer damit einhergehenden Störung der Leberfunktion: bei überstürzter Mobilisierung großer körpereigener Fettreserven (z.B. nach mehrtägigem Hungern oder einem starken Gewichtsverlust innerhalb kurzer Zeit) ist die Leber nicht mehr dazu in der Lage, die anfallenden Fettsäuren zur Energiegewinnung zu verwerten und es kommt zu einer Verfettung der Leberzellen (Abb. 15 und 16). Neben einem stark gestörten Allgemeinbefinden (Katzen sind apathisch, fressen nicht mehr und sind nicht selten zu schwach zum Aufstehen) zeigen die Patienten neben Magen-Darm-Symptomen wie Übelkeit Abb. 15: Leber einer Katze mit (starkes Speicheln, Erbrechen), Durchfall oder hepatischer Lipidose: stark vergrößert, gelb verfärbt und brüchig. Verstopfung z. T. eine Gelbsucht (Ikterus). Es ist zu beachten, dass oft eine akute Schockgefahr besteht, so dass Stress durch Fixierungsmaßnahmen, stationäre Aufnahme (bellender Hund in der Nachbarbox) und Behandlungen so weit wie möglich zu reduzieren ist, da er lebensbedrohlich sein kann.
a)
b)
Abb. 16: Histologie der Leber einer gesunden Katze (a) und einer Katze mit hepatischer Lipidose, bei der die Leberzellen stark verfettet sind (b). Vergrößerung: 400 X (a), 600 X (b). Fettansammlungen stellen sich weiß dar.
Im Hinblick auf das Risiko einer hepatischen Lipidose dürfen Reduktionsdiäten bei Katzen nicht zu radikal angegangen werden (zu schnelle Gewichtsverluste vermeiden, auf keinen Fall Null-Diät!). Auch sollten Besitzer übergewichtiger Katzen darauf hingewiesen werden, dass eine Nahrungsverweigerung ihrer Katze nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf nach dem Motto: „Naja, sie/er hat ja genug Reserven.“ Katzen, die länger als 48 h nicht gefressen haben, sollten auf jeden Fall in der Tierarztpraxis vorgestellt werden.
3.4.
Kreislaufbelastung und Herzerkrankungen
Der Kreislauf übergewichtiger Hunde und Katzen ist einer hohen Belastung ausgesetzt, denn der Körper ist aufgrund der überschüssigen Körpermasse (Fettansammlung) „zu groß für das Herz-Kreislaufsystem“: Das Herz muss also eine höhere Leistung erbringen, um die Durchblutung der umfangreicheren Körpermasse sicherzustellen, und das Tag und Nacht, nicht nur kurzfristig, wie z.B. bei körperlicher Belastung durch Bewegung. Außerdem können Fettansammlungen in den Körperhöhlen (Bauch- und Brustraum) das Herz und die Blutgefäße einengen und den Blutfluss somit behindern. Äußerlich erkennbar ist die Herz-Kreislaufbelastung daran, dass die Tiere bei zusätzlicher Belastung durch körperliche Bewegung, Hitze oder Stress schnell erschöpft sind und schwer atmen. Die chronische Überlastung begünstigt das Entstehen einer Herzinsuffizienz: Bei übergewichtigen Hunden und Katzen erscheint das Herz oft „älter“ als das Tier tatsächlich ist. Aus Studien am Menschen ist jedoch bekannt, dass sich durch eine rechtzeitig eingeleitete Gewichtsreduktion in solchen Fällen die Herzfunktion wieder erheblich verbessern lässt. Übergewicht geht außerdem häufig mit Bluthochdruck einher. Was beim Menschen schon lange bekannt ist, konnte inzwischen auch für den Hund belegt werden, allerdings ist der Mechanismus dafür noch nicht vollständig geklärt. 3.5.
Gelenkerkrankungen (Arthritis, Arthrose)
4 - Gelenkhöhle
7 - Knorpeldefekte
Abb. 17: Gelenkveränderungen bei Arthritis und Arthrose
Abb.18: Die Hüftgelenksdysplasie wird durch ein zu hohes Körpergewicht klinisch deutlich verschlimmert.
Der Grundstein für diese Erkrankung wird bereits im Welpenalter gelegt: Energieüberschuss durch Überfütterung (und damit eine allgemeine Nährstoffüberversorgung) und in der Folge ein zu schnelles Wachstum gehören zu den wichtigsten Risikofaktoren für Skelettund Gelenkerkrankungen und verschlimmern nachweislich die klinische Ausprägung erblich bedingter Skelettentwicklungsstörungen wie der Hüftgelenksdysplasie (Abb. 18). Es ist leicht nachzuvollziehen, dass die Überlastung der Gelenke durch zu hohes Körpergewicht auf Dauer zu einer Schädigung des Gelenkknorpels und der
Knochensubstanz führen kann (Abb. 17). Gewichtsreduktion bzw. eine restriktive Fütterung sind wirksame Maßnahmen, um einen fortschreitenden Gelenkverschleiß aufzuhalten. Die entzündlichen Begleiterscheinungen solcher Krankheiten und der Knorpelabbau können ebenfalls durch die Ernährung positiv beeinflusst werden (Grünlippenmuschel, Omega-3-Fettsäuren, Glykosaminoglykane). 3.6.
Nierenerkrankungen
Beim Hund konnte nachgewiesen werden, dass Übergewicht histologische und funktionelle Veränderungen in der Niere verursachen kann. Die Folgen entsprechen einer Niereninsuffizienz im Frühstadium: Bluthochdruck in der Niere führt zunächst zu einer Hyperfiltration (übermäßige Flüssigkeitsausscheidung), später kann die Filtrationsleistung der Niere eingeschränkt sein und es werden vermehrt Proteine mit dem Harn ausgeschieden (Proteinurie). 3.7.
Tumoren
Nach klinischen Beobachtungen neigen sehr fette Tiere stärker zur Bildung von Tumoren. Das gilt jedoch nur für bestimmte Arten von Krebs, zum Beispiel für Mammatumoren bei Hündinnen, die schon in sehr jungem Alter stark übergewichtig sind. Der Grund dafür ist vermutlich ein erhöhter Östrogenspiegel im Blut, denn dieses Sexualhormon wird in geringem Umfang auch von Fettgewebszellen synthetisiert. Auch Eierstocks-, Prostata-, Harnblasen- und Darmkrebs treten bei stark übergewichtigen Individuen häufiger auf. 3.8.
Hauterkrankungen und verzögerte Wundheilung
Dicke Tiere neigen stärker zu Hauterkrankungen, weil es infolge der Fettpolster zu einer vermehrten Hautfaltenbildung kommt. In diesen Hautfalten ist das Mikroklima für das Wachstum von Bakterien und Hautpilzen günstig. Außerdem können insbesondere dicke Katzen sich aufgrund mangelnder Beweglichkeit häufig nicht mehr richtig putzen. Fettgewebe ist arm an Blutgefäßen. Je dicker das Unterhautfettgewebe, desto schlechter die Hautdurchblutung. Dies wirkt sich nachteilig auf die Wundheilung aus. 4.
Wie stellt man Übergewicht fest?
Die Einschätzung, ob ein Hund oder eine Katze über- oder untergewichtig ist oder Normalgewicht hat, sollte sorgfältig vorgenommen werden. Nur ein kurzer Blick auf das zu beurteilende Tier reicht in der Regel nicht aus. Dies birgt zum einen die Gefahr, dass die Beurteilung äußerst subjektiv ist und beim Tierhalter Abwehr hervorruft, zum anderen, dass rassespezifische Merkmale (z. T. deutliche Unterschiede bei verschiedenen Hunderassen, siehe Abb. 19) nicht ausreichend berücksichtigt werden. In der tierärztlichen Praxis werden verschiedene Verfahren verwendet, um den Ernährungszustand eines Tieres zu beurteilen. Durch den Vergleich mit dem „normalgewichtigen Ideal“ ist es dann möglich, die Körperkondition des Hundes oder der Katze zuverlässig einzuschätzen. Bei Rassenhunden kann der Rassestandard als Leitfaden für das Normalgewicht dienen (Unterschiede zwischen Rüden und Hündinnen beachten). Bei Mischlingshunden kann in der Regel das Gewicht bei Erreichen der endgültigen Körpergröße (mit ca. einem Jahr) als Normalgewicht herangezogen werden.
Abb. 19: Die rassetypische Morphologie der einzelnen Hunderassen ist so unterschiedlich, dass eine einheitliche Bewertung der Körperkondition allein „mit dem geschulten Blick“ zu subjektiv ist. BCS und Wiegen stellen objektive Beurteilungsmöglichkeiten dar (hier: nach Rassestandard normalgewichtige Englische Bulldogge).
Schließlich kann das Normalgewicht auch mit Hilfe des Body Condition Scores (BCS, siehe Kapitel 4.2) geschätzt werden: Jede Stufe Abweichung vom idealen Score 5 nach oben entspricht dabei 10% Übergewicht. 4.1.
Wiegen
Wiegen ist die einfachste Methode, das Körpergewicht zu kontrollieren, die sowohl von Besitzern jederzeit zu Hause als auch in der Tierarztpraxis durchgeführt werden kann.
Rassen und ihre Gewichte Hunde kleine Rassen Chihuahua Yorkshire Terrier Zwergdackel Zwergpudel Parson Jack Russel Terrier Standarddackel
0,5-3 bis 3,1 max. 4 bis 5 6-8 6-9
kg kg kg kg kg kg
22-40 25-40 30-35 32-36,5 32-42 40-47
kg kg kg kg kg kg
große Rassen Deutscher Schäferhund Weimarer. Riesenschnauzer Rhodesian Ridgeback Dobermann Berner Sennenhund
mittlere Rassen Cocker Spaniel Sibirian Husky Colli Dalmatiner Boxer Irish Setter
12,5-14,5 15,5-28 18-30 24-32 25-30 27-32
kg kg kg kg kg kg
Riesenrassen Irish Wolfhound Deutsche Dogge Neufundländer Leonberger Bernhardiner Mastiff
40,5-54,5 50-70 54-60 60-80 75-80 75-90
kg kg kg kg kg kg
Katzen Katzenrassen Siam Europäische Kurzhaar Kartäuser Burma Perser Norwegische Waldkatze Maine Coon Birma
2,5-5,5 3-6 3-6 3,5-5 3,5-7 3-9 4-10 4,5-6
kg kg kg kg kg kg kg kg
Abb. 20: Beispiele für das Idealgewicht verschiedener Hunde- und Katzenrassen (Rassestandard) Das aktuelle Gewicht wird mit dem Normalgewicht (siehe oben und Abb. 20) verglichen. Bringt beispielsweise ein Cocker Spaniel 18 kg auf die Waage, ist er mit hoher Wahrscheinlichkeit zu dick, da Hunde dieser Rasse ein Normalgewicht
zwischen 12,5 und 14,5 kg aufweisen sollten. Ein Europäisch Kurzhaar Kater mit 6 kg Körpergewicht kann zu dick oder aber normalgewichtig sein: Das typische Gewicht liegt zwischen 3 und 6 kg. Abschließend beurteilen lässt sich dies im einzelnen Fall nur unter Einbeziehung des Body Condition Scores (siehe 4.2.). In Abbildung 20 sind die Normalgewichte einiger Hunde- und Katzenrassen beispielhaft angegeben. Zu beachten ist, dass Rüden bzw. Kater meist größer und schwerer sind als weibliche Tiere. Werden die Tiere regelmäßig gewogen, ist es möglich Gewichtsveränderungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern. Die jährliche Gewichtskontrolle bei der Impfuntersuchung mit Dokumentation des aktuellen Gewichts in der Patientenkartei sollte in jeder Tierarztpraxis Standard sein. Zur Vorbeugung von Übergewicht ist den Besitzern grundsätzlich zu empfehlen, den Hund bzw. die Katze regelmäßig etwa einmal pro Monat zu wiegen. Bei einem übergewichtigen Tier, das an einem Diätprogramm teilnimmt, reicht dieser 4wöchige Abstand nicht aus. In diesem Fall werden wöchentliche Wiegetermine durchgeführt, um den Abb. 21: Katzen wiegt man am genauesten auf einer LaborErfolg zu dokumentieren, die Motivation des Besitzers oder Babywaage. aufrecht zu erhalten und ggf. Änderungen des Diätplans (z.B. Futteranpassung, Korrektur des Zielgewicht etc.) vorzunehmen. Die drei wichtigsten Regeln für Wiegetermine während einer Reduktionsdiät sind: • Hund bzw. Katze einmal pro Woche wiegen • immer auf derselben Waage • Gewicht schriftlich festhalten (Wiegekarte) Am einfachsten gestaltet sich das Wiegen zu Hause so: Der Besitzer bestimmt zunächst sein eigenes Körpergewicht und stellt sich danach mit dem Hund oder der Katze auf dem Arm noch einmal auf die Waage. Die Differenz der angezeigten Kilogramm entspricht dem Gewicht des Tieres. Bei großen Hunden ab etwa 30 kg ist es leider nicht mehr so einfach, da hilft nur Üben bis der Vierbeiner ruhig auf der Waage sitzen bleibt. Idealerweise sollte den Tierbesitzern angeboten werden, zum regelmäßigen „Kilo-Check“ die Tierarztpraxis aufzusuchen, da hier zumeist eine Tierwaage mit größerer Wiegeplattform und rutschfester Gummimatte (Abb. 22) zur Verfügung steht, was das Wiegen großer Hunde deutlich vereinfacht. Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung des Ernährungszustandes durch die Gewichtsbestimmung bei Mischlingshunden, weil hier oft keine Vergleichsdaten für das Normalgewicht vorliegen. Auch individuelle Unterschiede sind möglich, so dass immer auch eine direkte Beurteilung des Ernährungszustandes mit Hilfe einer standardisierten Methode am Tier selbst durchgeführt werden sollte. Das sogenannte Body Condition Scoring eignet sich hierfür sehr gut.
Abb. 22: An das Wiegen auf einer bodennahen Tierwaage in der Tierarztpraxis – am besten mit rutschfester Gummimatte ausgestattet- gewöhnen sich große Hunde schnell.
4.2.
Body Condition Scoring (BCS)
„Body Condition Scoring“ (Beurteilung des Ernährungszustands anhand der Köperfettdepots) beschreibt eine Methode, bei der durch eine körperliche Untersuchung des Tiers beurteilt werden kann, ob ein Hund oder eine Katze zu dick, zu dünn oder normalgewichtig ist. Der BCS sollte daher fester Bestandteil aller „Gesundheits-Checks“ in der Tierarztpraxis sein. Beim Body Condition Scoring werden die Fettdepots des zu untersuchenden Tieres beurteilt, indem man die äußerlich sichtbaren Fettdepots (das Unterhautfettgewebe) über den Rippen, entlang des Rückens, um die Schwanzbasis abtastet und betrachtet. Der Verlauf der unteren Bauchlinie (aufsteigend oder gerade Richtung Knie) gibt Aufschluss über Fettansammlungen in der Bauchhöhle. Die Sichtbarkeit einer Taille (von oben) sowie die Fühlbarkeit der Beckenknochen sind ebenfalls Kriterien, anhand derer der Grad des Übergewichts beurteilt werden kann. Die erhobenen Befunde werden anschließend mit einem festgelegten Schema der verschiedenen Körperkonditionen verglichen. Die Kategorien („Score“) des üblicherweise verwendeten neunstufigen Originalscore nach Laflamme (1997) reichen von sehr mager (Score 1) bis fettleibig (Score 9), wie in Abb. 23 schematisch zu erkennen ist. Es existieren auch vereinfachte BCS-Skalen mit 3,5 oder 6 Stufen. Deshalb muss bei der Beurteilung des Ernährungszustandes mit BCS immer angegeben werden, welche Skala verwendet worden ist. Beispielsweise bedeutet BSC 5/9 idealer Ernährungszustand (Score 5) bei Verwendung von 9 unterschiedlichen Beurteilungsstufen, auf der fünfstufigen Skala wäre jedoch BCS 3/5 ideal. Natürlich ist der BCS ein subjektives Bewertungs-Verfahren. Es zeichnet sich jedoch durch eine sehr gute Standardisierbarkeit aus: In Studien, in denen die Wiederholbarkeit und Variation der Beurteilung des Ernährungszustandes mit Hilfe des BCS durch verschiedene Personen beim gleichen Tier vorgenommen wurde, ergab sich eine Übereinstimmung von rund 90 %. Die Bestimmung des BCS erlaubt auch eine quantitative Einschätzung des Übergewichts: Jede Stufe oberhalb der idealen Scores von 5 entspricht etwa 10%
Übergewicht. Auf diese Weise kann das Normalgewicht auch näherungsweise berechnet werden, wenn keine Daten dazu vorliegen (siehe Tab. 2). Tab. 2: Berechnung des Normalgewichts anhand des BCS BCS Score
% vom Idealgewicht (TBW)
Wie berechne ich das Zielgewicht? (TBW = Target Body Weight)
5
100% TBW
= Zielgewicht
6
110 % TBW
= aktuelles Gewicht/1.1
7
120% TBW
= aktuelles Gewicht/1.2
8
130% IBW
= aktuelles Gewicht/1.3
9
140% IBW
= aktuelles Gewicht/1.4
Zu beachten ist bei der prozentualen Schätzung des Übergewichts, dass der höchste Score von 9 immer „mindestens 40% Übergewicht“ bedeutet. Es kann auch deutlich mehr sein. 50% Übergewicht, bei Katzen sogar 100% (8 kg Katze mit 4 kg Normalgewicht), sind leider keine Seltenheit.
Abb. 23: Beurteilung der Körperkondition bei kleinen Hunden mit Hilfe des BCS („Body Condition Score“ nach Laflamme 1997) 4.3.
FBMI (feline body mass index)
In Anlehnung an den beim Menschen gebräuchlichen BMI (body mass index, Beurteilung des Ernährungszustandes anhand von Körpergröße und Gewicht) wurde
auch bei Tieren eine Möglichkeit gesucht, den Körperfettgehalt durch die Messung einfach zu bestimmender Körpermerkmale zu ermitteln. Abb. 24: Messen der Unterschenkellänge
% Körperfett =
Abb:25: Messung des Bruskorbumfangs
(
(
)
)
Brustkorb - LIM 0,7067
0,9156
- LIM
Brustkorb = Messung des Umfangs (cm) auf Höhe der 9. Rippe LIM = Leg Index Measurement (Bein-Index-Messung) Messung der Distanz (cm) zwischen Kniescheibe und Tuber calcaneus (Tarsus) der linken hinteren Gliedmaße
Abb. 26: Schätzung des Körperfettanteils anhand des Feline Body Mass Index (FMBI) Bei wissenschaftlichen Untersuchungen im WALTHAM Center for Pet Nutrition in England konnte festgestellt werden, dass der Körperfettgehalt von Katzen eng mit dem Verhältnis ihres Brustkorbumfang zur Unterschenkellänge korreliert. Dazu wird mit einem Maßband der Abstand von der Kniescheibe zum Fersenbeinhöcker („Leg Index Measurement“ = LIM) sowie der Brustumfang in Höhe der 9. Rippe gemessen (Achtung, Maßband nicht zu fest anlegen) und die beiden Werte in die Formel (Abb. 26) eingetragen. Der errechnete Wert entspricht dem prozentualen Anteil des Körperfetts und ist ein verlässliches Maß für den Ernährungszustand. Die Messungen sollten an der stehenden Katze erfolgen, die Beine sollten dabei etwa im 90°-Winkel am Boden stehen und der Kopf in aufrechter Position sein. Liegt der
„body mass index“ über 30, ist die Katze adipös, normalgewichtige Katzen weisen Werte von 11 bis 30 auf. Beispiel: 34 cm Umfang und 15 cm Unterschenkel = FMBI 21 = normal 44 cm Umfang und 15 cm Unterschenkel = FMBI 37 = übergewichtig 5.
Reduktionsdiät 5.1. Wann sollte man mit einer Reduktionsdiät beginnen?
So früh wie möglich denn auch für die Adipositas gilt: Vorbeugen ist besser als Heilen. Es nützt dem Tier nichts, eine bei einem Routine-Check in der Tierarztpraxis festgestellte Gewichtszunahme „höflich zu übersehen“, weil das Tier ja noch nicht dick aussieht. Denn zur Vorbeugung von Stoffwechselstörungen wie Zuckerkrankheit, ist es wichtig, das Problem Übergewicht bereits in der „dynamischen Phase“ anzugehen: Während zusätzliche Fettdepots gebildet werden, liegen zumeist noch keine Veränderungen der Laborparameter im Blut (Blutfettwerte, Insulin) und somit auch noch keine nachhaltigen Gewebeschäden vor. Diese treten in der so genannten „statischen Phase“ der Adipositas auf, wenn das Körpergewicht auf (viel zu) hohem Niveau Abb. 27: Poster und Broschüren in konstant bleibt. der Praxis helfen, Tierhalter für Besonders wichtig ist daher eine das Problem Übergewicht Gewichtskontrolle zu den regelmäßigen frühzeitig zu sensibilisieren. Impfterminen. Bei der ersten Impfung nach einer Kastration sollte man besonders genau hinschauen und mit dem Gewicht vor Kastration vergleichen (hier liegen in der Regel aktuelle Daten vor, da das Tier zur korrekten Dosierung der Narkose beim OPTermin gewogen wurde). Da der Energiebedarf nach Kastration im Durchschnitt um 30% sinkt, besteht nach dem Eingriff ein höheres Risiko für Übergewicht, wenn die Tierhalter keine Anpassung der Fütterung vornehmen. Ein weiteres schlagendes Argument dafür, Übergewicht gar nicht erst entstehen zu lassen: Tiere, die einmal übergewichtig waren, können auch nach erfolgreicher Reduktionsdiät nicht wieder so wie normalgewichtige Tiere gefüttert werden: Ihr Energie-Erhaltungsbedarf ist niedriger als bei Tieren, die immer normalgewichtig waren. Um einen Jojo-Effekt zu vermeiden, muss die Energiezufuhr für diese Kandidaten auf Dauer niedrig gehalten und ihr Gewicht häufig kontrolliert werden (siehe Kapitel 6.6).
5.2.
Rationsberechnung und Dokumentation
Sollen Hunde oder Katzen an einem Diätprogramm zur Gewichtsreduktion teilnehmen, sind zunächst verschiedene Vorüberlegungen wichtig. Den Besitzer einfach damit zu konfrontieren: „Das Tier ist zu dick und sollte dringend abnehmen“ und ihm einen Sack einer Reduktionsdiät zu verkaufen, reicht für eine erfolgreiche Diät nicht aus. Auch eine bloße Umstellung auf „Light-Futter“ wird nicht zum Erfolg führen. Für eine nachhaltige Gewichtsreduktion ist es sinnvoller, Tier und Besitzer über die gesamte Dauer der Gewichtsabnahme kontinuierlich zu betreuen. Das heißt mit dem Besitzer wird besprochen, welches Produkt geeignet ist und warum, das gewünschte Zielgewicht wird festgelegt und die erforderliche Tagesfuttermenge unter Berücksichtigung der individuellen Haltungsbedingungen (z.B. welche körperlichen Aktivitäten?) berechnet.
Abb. 28: Beispiel für eine computergestützte Dokumentation der Gewichtsabnahme Auch die Erstellung eines realistischen Zeitplans für die Diät ist wichtig, da so Enttäuschungen des Besitzers aufgrund falscher/zu hoher Erwartungen vermieden werden können. Durch regelmäßige Gewichtskontrollen wird der Erfolg der Maßnahmen überprüft und dokumentiert. Mit der Sofware „Vet Follow-Up“ von Royal Canin (Abb. 28) können die wöchentlichen Wiege-Ergebnisse vom Tierarzt oder Tierhalter (2 verschiedene Farben) in die Wiegekarte eingetragen werden. Die grüne Linie markiert das Zielgewicht, die gestrichelte und gepunktete Linie jeweils den zu erwartendenden Gewichtsverlauf bei 1 und 3% Gewichtsabnahme pro Woche (bezogen auf das Ausgangsgewicht).
•
Bestimmung des Energiegehaltes im Futter
Für eine zufrieden stellende Gewichtsabnahme ist eine Verringerung der Energieaufnahme unumgänglich („Kalorienzufuhr reduzieren“). Um ein geeignetes Produkt auszuwählen, muss deshalb der Energiegehalt der Nahrung bekannt sein. Der Energiegehalt von Futtermitteln für Hunde und Katzen wird auf der Stufe der umsetzbaren Energie angegeben. Dieser kann auf zwei Wegen ermittelt werden: •
Berechnung anhand der Brennwerte der energieliefernden Inhaltsstoffe Fett, Protein, Kohlenhydrate: Multiplikation der verdaulichen Nährstoffe mit ihrem Brennwert (Energiegehalt). Hierfür stehen verschiedene Schätzformeln zur Verfügung. Bei der Berechnung des Energiegehaltes in den Royal Canin Produkten wird die derzeit aktuelle Formel vom NRC (National Research Council, USA 2006) zugrunde gelegt.
•
Ermittlung im Fütterungs- und Verdauungsversuch unter Verwendung kalorimetrischer Verfahren: mittels Kalorimeter (in dem das Probenmaterial vollständig verbrannt und die dabei frei werdende Energie in Kalorien gemessen wird) wird der Energiegehalt im Futter und im Kot bestimmt. Die Differenz ist die Energiemenge, die „im Tier“ verbleibt und dem Hund bzw. der Katze zur Verfügung steht.
Für Reduktionsdiäten können die üblichen Formeln zur Berechnung des Energiegehaltes in Futtermitteln für Hunde und Katzen nicht verwendet werden, da aufgrund des hohen Fasergehaltes die Verdaulichkeit geringer ist. ROYAL CANIN verwendet seit 2011 für alle OBESITY MANAGEMENT und SATIETY Nahrungen die Formeln nach NRC 2006 mit Faserkorrektur auf der Basis des Gesamtfasergehaltes (TDF = total dietary fibre). Hintergrundinformation: Berechnungsgrundlage für den Energiegehalt der ROYAL CANIN Reduktionsdiäten (nach NRC 2006): 1. Zur Berechnung des Energiegehaltes muss zunächst die Bruttoenergie GE (Gross Energy) einer Nahrung nach der folgenden Formel berechnet werden: GE (kcal/100g) = (5.7 x % Protein) + (9.4 x % Fett) + (4.1 x (% NfE + % Rohfaser)) Der Anteil der Stickstoff-freien Extraktstoffe NfE entspricht in etwa der Menge der Kohlenhydrate im Futter. Er ist auf der Verpackung nicht deklariert und muss daher separat berechnet werden. Dazu werden von 100 g Futter der Wassergehalt (Feuchte) und die Inhaltsstoffe (sind der Deklaration zu entnehmen) abgezogen. Das ergibt sich aus folgender Formel: NfE (%) = 100 – Feuchte (%) – Rohprotein (%) – Rohfett (%) – Rohfaser (%) – Rohasche (%) 2. Umrechnung der Bruttoenergie GE in umsetzbare Energie. Hier wird mit der Verdaulichkeit, die anhand des Gesamtfasergehaltes (TDF = total dietary fibre) geschätzt wird gerechnet, um auf die Stufe der verdaulichen Energie zu kommen. Anschließend erfolgt noch eine Protein-Stickstoff-Korrektur (da über
den Urin ausgeschiedener Harnstoff noch Energie enthält, die dem Tier nicht zur Verfügung steht). Das Ergebnis ist die umsetzbare Energie ME. Für Hunde und Katzen existieren unterschiedliche Formeln: Berechnung der Verdaulichkeit (V): Hund: Vh% = 96,6 – 0,97 x TDF (% in der TS) Katze: Vk% = 95,6 – 0,89 x TDF (% in der TS) Berechnung der umsetzbaren Energie ME: Hund: ME (kcal/100g) = GE x Vh% - (1,04 x % Protein) Katze: ME (kcal/100g) = GE x Vk% - (0,77 x % Protein) Die zur Berechnung benötigten Werte TDF in der Trockenmasse und Protein in der Originalsubstanz finden sich im Produktbuch von ROYAL CANIN. Bei anderen Hunde- und Katzenfuttersorten wird der Energiegehalt im Futter häufig nach der Formel von ATWATER geschätzt, die vom National Research Council (NRC) 1985 als offizielle Schätzgleichung veröffentlicht wurde. Danach liefern Proteine und Kohlenhydrate die gleiche Menge an Energie, Fette mehr als doppelt so viel. ATWATER-Formel zur Berechnung der umsetzbaren Energie ME (NRC 1985): ME (kcal /100g) = 3,5 kcal x % Protein + 8,5 kcal x % Fett + 3,5 kcal x % NfE Diese Formel wurde in Untersuchungen an Hunden entwickelt und auf Katzen übertragen. Als Grundlage wird hier eine pauschale Verdaulichkeit von 80 % der Proteine, 90 % der Fette und 85 % der NfE angenommen. Bei Diäten mit mehr als 8% Rohfaser (die meisten Reduktionsdiäten und viele „Light“-Produkte) ist die Verdaulichkeit der Nährstoffe reduziert und somit liefern die Nährstoffe weniger Energie. Die ATWATER-Formel würde für diese Produkte zu viele Kalorien ergeben (Überschätzung des Energiegehaltes). Das wird bei Verwendung der Berechnungsgrundlage mit Faserkorrektur (siehe oben) vermieden. Sehr genaue Ergebnisse liefert die Bestimmung der umsetzbaren Energie im Verdauungsversuch. Dazu wird Hunden oder Katzen ein bestimmtes Futter verabreicht und der Energiegehalt der aufgenommenen Futtermenge sowie der Ausscheidungen (Kot und Harn) im Bombenkalorimeter erfasst. Solche Untersuchungen sind zwar aufwendig und müssen im Labor durchgeführt werden, liefern aber sehr präzise Ergebnisse und gelten daher als Goldstandard. ROYAL CANIN hat die Ergebnisse aus Fütterungsversuchen und der Berechnung nach NRC 2006 (siehe oben) verglichen und Abweichungen von im Durchschnitt unter 5% festgestellt, was die Verwendung des Berechnungsverfahrens rechtfertigt. Der Energiegehalt muss laut Futtermittelrecht bei Diätfuttermitteln zur Gewichtsreduktion auf der Verpackung angegeben werden. Für alle anderen Futtermittel ist diese wichtige Angabe noch freiwillig. Man findet die Information häufig im Produktbuch des Herstellers oder in der Produktbeschreibung auf der Homepage.
5.3. •
Gesund abnehmen – das richtige Futter Anforderungen an die Diät
Ein zur Gewichtsreduktion geeignetes Diätfutter für Hunde und Katzen sollte die folgenden Eigenschaften aufweisen:
Abb. 29: Ein „high protein, high fibre“ Nährstoffprofil erhält die Muskelmasse und unterstützt die Sättigung.
! Reduzierter Energiegehalt ! Zufuhr anderer lebensnotwendiger Nährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe) auch bei reduzierter Futtermenge noch bedarfsdeckend ! Gute Sättigung (Hungergefühl führt zu übermäßigem Bettelverhalten). ! Hohe Schmackhaftigkeit (Das Tier soll das Futter ohne Probleme fressen => entscheidend für die Compliance des Tierhalters) ! auch bei langfristiger Anwendung keine unerwünschten Nebenwirkungen (z.B. Blähungen, Durchfall, stumpfes Fell) ! Gewichtsabnahme hauptsächlich durch Abbau von Fettreserven, nicht von Muskelmasse
Reduzierter Energiegehalt Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Energiegehalt in einer Nahrung im Vergleich zu Standardfutter zu senken: • • •
Verringerter Fettgehalt Erhöhter Fasergehalt Erhöhter Feuchtigkeitsgehalt
Fett ist der Nährstoff mit der höchsten Energiedichte: pro Gramm enthält es etwa 9 kcal umsetzbare Energie und damit mehr als doppelt so viel wie ein Gramm Kohlenhydrate oder Proteine. Die Verminderung des Fettgehaltes ist daher ein sehr effizientes Mittel, um die Energiedichte in einem Futter zu senken. Nahrungsfasern liefern selbst keine Energie und können daher in einer Reduktionsdiät zur Senkung der Energiedichte bei Erhalt oder sogar Steigerung der Futtermenge erfolgreich eingesetzt werden. Einen weiteren Beitrag zur Senkung der Energiedichte liefern die Fasern, indem sie die Verdaulichkeit der anderen Nährstoffe senken: die Energieausbeute aus z.B. Kohlenhydraten ist somit in einer Ballaststoff reichen Diät geringer als in einer hochverdaulichen (mit wenig Fasern). Bei Feuchtnahrung kann durch eine Steigerung des Wassergehaltes eine „Energieverdünnung“ im Produkt erreicht werden, denn Wasser enthält selbst keine Kalorien.
Ausreichende Zufuhr aller lebensnotwendigen Nährstoffe Lässt man ein Tier nach der Methode FDH („friss die Hälfte“) abnehmen, indem man schlicht sie Menge des alten Futters halbiert, kann es leicht zu Engpässen in der Nährstoffversorgung kommen. Das gilt insbesondere für Vitamine und Mineralstoffe, denn diese sind in einem Futter, das als Alleinfutter deklariert ist, so dosiert, dass sie bei Fütterung der vollen Tagesration für das Tier den Bedarf decken. Bei einer deutlichen Reduktion der Futtermenge ist eine ausreichende Versorgung unter Umständen nicht mehr gewährleistet. Kommerzielle Reduktionsdiäten sind daher häufig stärker mit Mineralstoffen und Vitaminen supplementiert, um auch bei deutlicher Kürzung der Tagesration (die manchmal aufgrund des ausbleibenden Diäterfolgs im individuellen Fall nötig wird) die Deckung des Nährstoffbedarfs sicherzustellen. Gute Sättigung Entscheidend für den Diäterfolg ist, dass das Tier durch die Diätnahrung ausreichend gesättigt wird und kein übermäßiges Bettelverhalten zwischen den Mahlzeiten zeigt. Dies verbessert die Mitarbeit (Compliance) des Tierhalters, der sein Tier nicht leiden sehen möchte.
Abb. 30: Bettelscore zur Einschätzung des Bettelverhaltens während der Diät Die in der Abbildung 30 aufgezählten Verhaltensweisen können Ausdruck eines massiven Bettelverhaltens „hungriger“ Hunde und Katzen sein und dem Besitzer das konsequente Durchhalten der Diätmaßnahmen bei seinem Tier erschweren. Eine gute Sättigung kann mit Hilfe von Diätnahrungen erreicht werden, die sich sowohl durch einen erhöhten Ballaststoff- als auch Proteingehalt auszeichnen. Dies konnte in Studien an Hunden und Katzen gezeigt werden. Nahrungsfasern leisten gleich in mehrfacher Hinsicht einen Beitrag zu Sättigung: • Sie verringern den Energiegehalt im Produkt, weil sie selbst keine Energie enthalten. Das ermöglicht die Fütterung größerer Mahlzeiten.
• •
Ballaststoffe (unlösliche Fasern) sorgen über eine Füllung des Verdauungstraktes für eine Sättigungsgefühl (mechanische Sättigung). Lösliche Fasern mit gelbildenden Eigenschaften (z.B. Psyllium) verzögern über eine Steigerung der Viskosität des Nahrungsbreis die Magenentleerung. Das verzögert das erneute Auftreten des Hungergefühls nach der Mahlzeit.
Hohe Schmackhaftigkeit Übergewichtige Tiere sind nicht selten besonders verwöhnt, was die Futterwahl betrifft. Umgekehrt achten Besitzer übergewichtiger Tiere häufig besonders darauf, dass ihrem Tier das Futter „auch richtig schmeckt“. Die Fütterung einer wenig schmackhaften Reduktionsdiät liefert zwar schnell erste Resultate, weil das Tier die Futteraufnahme freiwillig einschränkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Tierhalter die Diät abbricht, ist jedoch sehr hoch, da er den Eindruck gewinnt, dass es seinem Tier mit der Diät nicht gut geht. Hohe Schmackhaftigkeit trotz reduziertem Fett- und erhöhtem Fasergehalt ist eine der großen Herausforderungen bei der Herstellung von Diätnahrungen zur Gewichtsreduktion. Ein hoher Proteinanteil im Produkt ist eine gute Methode zur Realisierung einer guten Akzeptanz beim Tier. Keine unerwünschten Nebenwirkungen Ein hoher Fasergehalt in der Ration kann unerwünschte Effekte auf die Kotqualität haben: sowohl zu weicher als auch zu harter Kot kommen vor. Ein hoher Anteil an fermentierbaren Fasern führt zu einer hohen bakteriellen Aktivität im Dickdarm. Weicher Stuhl und Blähungen können die Folge sein. Speziell bei Hunden kleiner Rassen und bei Katzen wird infolge eines sehr hohen Ballaststoffanteils in der Ration die Neigung zu Verstopfung und hartem Kot beobachtet. Die wird mit den wasserbinden Eigenschaften mancher Ballaststoffe (z.B. gereinigter Zellulose) in Verbindung gebracht. Gezielter Fettabbau Die Rezeptur einer Diätnahrung zur Gewichtsreduktion sollte so konzipiert sein, dass die Gewichtsabnahme hauptsächlich durch den Abbau von Körperfett erzielt wird. Die „Magermasse“ (Muskulatur) soll weitestgehend erhalten bleiben. Dies gelingt am besten mit einem hohen Proteinanteil im Futter. Moderne Reduktionsdiäten sind daher „high protein, high fibre“ Rezepturen: Die Bereitstellung von ausreichend hochwertigem Protein verhindert einen Abbau des Muskelproteins zur Deckung des Aminosäurebedarfs. Ganz verhindern lässt sich der Verlust von Muskulatur in der Abnehmphase nicht. Im günstigsten Fall verlieren Hunde & Katzen, die mit einer solchen Diät ernährt werden, jedoch an einem Kilo Gewicht 800 g Fett und nur 200 g „Magermasse“. • Diätstrategien bei Hund und Katze Reduktion der Menge des alten Futters: „auf die harte Tour“ Abb.31: Bei drastischer Verringerung der Futtermenge droht ein Nährstoffmangel.
Prinzip: Geringere Energieaufnahme durch weniger Futter (FDH = „Friss die Hälfte“)
• Vorteile: Kosten sparend, einfach zu verstehendes Prinzip • Nachteile: Gefahr der Unterversorgung (vor allem mit Protein, essenziellen Fettsäuren, Mineralstoffen, Vitaminen); starkes Hungergefühl, Betteln, Futterstehlen; keine Änderung der Fütterungs- und Lebensgewohnheiten => kein nachhaltiger Diäterfolg Die Futtermenge zu reduzieren, kann zu einer effektiven Gewichtsreduktion bei Hund und Katze führen, wenn sie konsequent durchgeführt wird. Bei Hunden ist unter strikter tierärztlicher Kontrolle sogar eine Nulldiät möglich. Bei Katzen ist diese jedoch lebensgefährlich, da sie in kürzester Zeit eine hepatische Lipidose auslösen kann. Eine starke Kürzung der Futterration eines herkömmlichen Futters birgt jedoch das Risiko einer Mangelversorgung mit bestimmten Vitaminen, Mineralstoffen etc., weil die Nährstoff-Konzentration in einem Fertigfutter immer an den Energiegehalt angepasst ist. Das heißt, eine ausreichende Versorgung mit ihnen ist nur dann gewährleistet, wenn ein Hund oder eine Katze die Menge des Futters aufnimmt, die seinen Erhaltungsbedarf an Energie deckt. Bekommt ein Tier z.B. nur 50% der Ration, ist sein Bedarf an Vitaminen, Spurenelementen mit unter Umständen nicht gedeckt. Bei den wasserlöslichen Vitaminen des B-Komplexes und bei Proteinen tritt sehr schnell eine Mangelsituation auf, weil es keine nennenswerten körpereigenen Reserven gibt. Für die Proteine bedeutet das: Bei einer FDH-Diät geht es sehr schnell „ans Eingemachte“, d.h. es wird in größerem Umfang Muskulatur abgebaut.
Abb. 32: FDH führt nicht selten zu penetrantem Bettelverhalten.
Eine starke Reduktion der Futtermenge führt außerdem bei den meisten Tieren zu einem starken Hungergefühl, das die Ursache für unerwünschte Verhaltensweisen (siehe Abb. 30) sein kann, welche dem Besitzer das Durchhalten des Diätprogramms bei seinem Tier erschweren (Abb. 32) Diese Diätform führt langfristig nur selten zum Erfolg, sondern eher zu Frustration bei Tier und Besitzer.
• Faserreiche Diäten: „der klassische Ansatz“ Prinzip: „Verdünnung“ der Kalorien im Futter durch einen erhöhten Rohfasergehalt. Unverdauliche Faserstoffe (z.B. Zellulose) liefern keine Energie, füllen aber den Magen-Darm-Trakt (Sättigung), wobei sie viel Wasser binden (siehe Abb. 33). • Vorteile: Hunde und Katzen können relativ große Mengen Futter zugeteilt bekommen, fressen dann nicht so gierig und betteln weniger (Sättigungseffekt). Außerdem regulieren die Ballaststoffe die Verdauung sehr gut.
• Nachteile: große Kotmengen, z. T. sehr harter Kot durch die starke Wasserbindung der Rohfaser, geringe Schmackhaftigkeit, möglicherweise stumpfes Fell durch den geringen Fettgehalt (knappe Versorgung mit essenziellen Fettsäuren). • Wie bereits in Kapitel 5.2. erwähnt, weisen die Hauptnährstoffe des Futters recht unterschiedliche Gehalte an umsetzbarer Energie auf: Während Kohlenhydrate und Proteine etwa 3,5 kcal/g liefern, ist der Energiewert von Fett mit 8,5 kcal/g zu veranschlagen. Die Energieausbeute aus Rohfaser ist nahezu 0 kcal/g, da sie für Monogastrier (Tiere mit einhöhligem Magen => Hunde und Katzen) unverdaulich ist. Da liegt es nahe, in einer Reduktionsdiät zur Senkung der Energiedichte den Fettgehalt zu reduzieren und den Rohfasergehalt zu erhöhen. Ein hoher Gehalt der Nahrung an unverdaulichen Fasern führt dann über einen erhöhten Füllungsgrad des Magen-Darm-Kanals zu einem mechanischen Sättigungseffekt.
Abb. 33: Wasserbindungs- und Quellvermögen von Futterzellulose In der Theorie ist das logisch und leicht vorstellbar, in der Praxis ist diese Annahme jedoch inzwischen umstritten. Ein Sättigungseffekt durch ein erhöhtes Volumen der Nahrung ohne Steigerung der Nährstoff- und Energiedichte führt zwar über das Signal einer stärkeren Ausdehnung des Magens kurzfristig zu einer Verminderung der Futteraufnahme. Entleert sich der Magen jedoch allmählich und folgen dann keine weiteren Sättigungssignale aus dem Dünndarm durch Abbauprodukte der Energie liefernden Nährstoffe, so wird das Tier bald wieder anfangen zu fressen: Das Intervall zwischen zwei Mahlzeiten wird verkürzt. Somit ist das Tier zwar bei einer Fütterung schneller satt und lässt vielleicht sogar Futter übrig, nimmt aber mehr Mahlzeiten pro Tag auf als vorher, wenn es die Wahl hat, bzw. bekommt schneller wieder Hunger. In Verbindung mit der Tatsache, dass viele faserreiche, fettarme Futtermittel nicht besonders gut schmecken und von vielen Hunden und Katzen nur ungern aufgenommen werden, entsteht so nur der Eindruck, das Tier sei satt. Von „satt und zufrieden“ kann jedoch keine Rede sein, und der Besitzer muss sich im Klaren darüber sein, dass das Tier seine Suche nach anderen Nahrungsquellen u. U. verstärken wird: Hunde können sich auf den Spaziergängen zu wahren „Müllschluckern“ entwickeln, so dass man sie nur noch an der Leine ausführen kann, Katzen mit Freigang suchen sich vielleicht eine „Zweitfamilie“, bei der sie schmackhafteres Futter erhalten, und kommen seltener nach Hause. Die klassischen Diäten („high fibre, low fat“) eignen sich u. U. für Hunde, die beim Fressen besonders gierig und nicht wählerisch sind und ihre Besitzer durch Betteln stark bedrängen. Für solche Tierbesitzer ist eine Diät bei ihrem Hund oft leichter durchzuhalten, wenn der Napf nicht immer binnen Sekunden vollständig leer
gefressen ist, sondern das Tier auch mal freiwillig ein wenig Futter übrig lässt. Für diesen psychologischen Effekt zur Motivation des Besitzers spielt es keine Rolle, ob es sich um eine echte oder eben nur um eine scheinbare Sättigung handelt. c. Proteinreiche Diäten: Erhalt der „mageren Körpermasse“ Prinzip: Gezielte Verringerung der Fettdepots unter Schonung der Muskulatur, Nutzung des niedrigen Nettoenergiegehaltes der Proteine • Vorteile: Guter Sättigungseffekt, hohe Schmackhaftigkeit, Zusammensetzung entspricht der natürlichen Nahrung von Fleischfressern, günstige Wirkung bei Diabetes mellitus. • Nachteile: nicht geeignet für nierenkranke Tiere (bei älteren Tieren, die abnehmen sollen, Labor-Check-up erforderlich), aufgrund der hohen Schmackhaftigkeit u.U. hohe Futteraufnahme bei ad libitum Fütterung oder vehementes Betteln. „High protein“ Diäten ähneln der Atkins-Diät beim Menschen: Eiweißreiche Diäten haben den Vorteil, dass die Muskelmasse weitgehend erhalten bleibt, wenn das Tier an Gewicht verliert. Aus Diätversuchen an Hunden ist bekannt, dass Hunde, die während der Diät proteinreich gefüttert wurden, nicht nur einen besseren Erhalt der Muskulatur aufwiesen, sondern auch einen stärkeren Abbau von Fettdepots als die Kontrollgruppe. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Gewichtsabnahme bei proteinreicher Fütterung schneller erfolgt. Die Begrenzung des Muskelverlustes während der Diät hat nicht nur einen günstigen Einfluss auf die Figur des Tieres, sondern verbessert auch seine Energiebilanz: Fettfreie Körpermasse benötigt mehr Energie für ihren Stoffwechsel als Fettgewebe. Je höher der Anteil der Muskulatur im Vergleich zum Körperfettanteil nach Abschluss der Diät ist, umso leichter wird es für das Tier, anschließend sein Normalgewicht auf Dauer zu halten. Proteine liefern trotz gleichem Gehalt an umsetzbarer Energie (3,5 kcal/g) weniger Nettoenergie als Kohlenhydrate. Als Nettoenergie bezeichnet man die Energiemenge, die schließlich nach allen Ab- und Umbauvorgängen im Stoffwechsel dem Körper für eine Leistung zur Verfügung steht (mit „Leistung“ kann dabei auch Fettansatz gemeint sein). Bei der Umwandlung der umsetzbaren Energie aus Proteinen in Nettoenergie gibt es im Vergleich zu Kohlenhydraten oder Fett relativ hohe Verluste in Form von Wärme. Proteine liefern daher auf der Stufe der Nettoenergie etwa 30% weniger Energie als die gleiche Menge Kohlenhydrate: ein weiterer Grund, den Proteinanteil in einer Reduktionsdiät zu erhöhen. Ein Problem vieler kalorienreduzierter Futtermittel ist die unzureichende Schmackhaftigkeit, Proteine sind jedoch für Hunde und Katzen gleichermaßen „lecker“: Vor allem ein hoher Gehalt an tierischem Eiweiß ist dazu geeignet, die Akzeptanz fettarmer Reduktionsdiäten deutlich zu verbessern. Hierbei spielt aber nicht allein die Proteinmenge, sondern vor allem auch die Auswahl der Rohstoffe (biologisch hochwertiges Protein) eine große Rolle. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die hohe Schmackhaftigkeit der proteinreichen Reduktionsdiäten ein Hindernis für eine erfolgreiche Gewichtsabnahme sein kann: Die Tiere fressen die Ration sehr schnell auf und betteln viel. Tierhaltern fällt es unter diesen Bedingungen schwer, die Diät durchzuhalten. Der Sättigungseffekt proteinreicher Diäten ist nicht so ausgeprägt, dass Katzen ihre Futteraufnahme freiwillig begrenzen: Sie nehmen von dem Diätfutter dann zu hohe Mengen auf, wenn es ihnen nicht ganz restriktiv zugeteilt wird.
d) „high protein, high fibre“: das Beste von beiden Prinzip: Die beiden zuvor genannten diätetischen Konzepte wurden in modernen Reduktionsdiäten wie SATITY von Royal Canin zu einer „high protein, high fibre“ Rezeptur vereinigt. Vorteile: Mit solchen Diätnahrungen ist es mögliche, bei der Gewichtsreduktion gezielt Körperfett abzubauen: Studien an Hunden zeigen, dass der Gewichtsverlust zu über 90% auf einem Abbau der Fettdepots beruht (German et al. 2010). Des Weiteren ermöglicht der erhöhte Fasergehalt und eine spezielle Kombination aus unlöslichen und löslichen (gelbildenden) Nahrungsfasern einen besonders guten Sättigungseffekt: • Vermehrte Füllung des Verdauungstraktes durch Ballaststoffe mit hoher Wasserbindungskapazität (gereinigte Zellulose, siehe Abb. 33) • Verzögerte Magenentleerung durch Fasern mit gelbildenden Eigenschaften wie Psyllium (Abb. 34); die Viskosität des Mageninhaltes Abb. 34: Psyllium (Flohsamen): wird erhöht, die Entleerung des Magens gelbildende Eigenschaften bei Kontakt mit Wasser. dauert daher länger => bessere Sättigung „High protein, high fibre“-Diäten schmecken Hunden und Katzen vielfach besser als die klassischen faserreichen Diäten. Eine optimale Compliance der Tierhalter wird erreicht, wenn diese das Gefühl haben, dass ihr Tier satt ist und die Diät gerne frisst. Wenn sich dann noch zügig erste Diäterfolge einstellen, ist der Tierhalter am ehesten bereit, die begonnene Diät bis zum Zielgewicht mit seinem Tier durchzuhalten. Welche Nahrungsergänzungen sind in einer Reduktionsdiät sinnvoll? o L-Carnitin L-Carnitin wird in der Leber und Niere aus den beiden Aminosäuren Methionin und Lysin gebildet. Es wird als vitaminähnlicher Stoff beschrieben und ist semiessenziell. Das heißt, nur bei Mangel an den o. g. Aminosäuren oder bei gesteigertem Bedarf sind Hunde und Katzen auf eine Zufuhr mit dem Futter angewiesen, sonst genügt die körpereigene Synthese.
Abb. 35: L-Carnitin dient als Transporter für Fettsäuren in die Mitochondrien, wo die Fettverbrennung zur Energiegewinnung stattfindet.
L-Carnitin spielt eine wichtige Rolle im Fettstoffwechsel: Es transportiert langkettige Fettsäuren in die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle, wo die Fettsäuren zur Energiegewinnung abgebaut werden. Kurz gesagt fördert L-Carnitin also die Fettverbrennung (Abb. 35). Fleisch ist reich an L-Carnitin, während pflanzliche Rohstoffe nur geringe Mengen davon enthalten. o GAGs (Glykosaminoglykane) Zu den gelenkwirksamen Substanzen gehören die GAGs Glucosamin und Chondroitinsulfat. Da die Gelenke übergewichtiger Tiere chronisch sehr stark belastet sind, haben Nahrungsergänzungen zur Unterstützung der Gelenkgesundheit ihre Berechtigung in Diäten zur Gewichtsreduktion. Glucosamin ist ein Bestandteil der Knorpelgrundsubstanz mit der Fähigkeit, große Mengen Wasser einzulagern. Dies ist die Basis für die stoßdämpfenden Eigenschaften des Gelenkknorpels. Chondroitinsulfat kann helfen, knorpelabbauende Enzyme in ihrer Aktivität zu hemmen und trägt so zum Erhalt des Gelenkknorpels bei. o Bestimmung des Idealgewichtes/Zielgewichtes Vor Beginn der Gewichtsreduktion sollte das Idealgewicht entsprechend des Rassestandards festgelegt werden. Bei sehr starkem Übergewicht (mehr als 30%) ist es sinnvoller, die gesamte Gewichtsabnahme in kleinere Etappen zu unterteilen und zunächst ein Zielgewicht festzulegen, das zwar noch über dem Idealgewicht liegt, aber in einem überschaubaren Zeitraum erreicht werden kann (Abb. 36). Die Vorteile sind, dass für den Besitzer schneller ein Erfolg erzielt wird und dass gesundheitliche Risiken, die sich durch eine zu schnelle Abb.36: Bei stark übergewichtigen Gewichtsabnahme ergeben, minimiert werden Tieren sollten Etappenziele für das Gewicht festgelegt werden. können. Es ist allerdings zu beachten, dass auch für das Etappenziel schon das End-Zielgewicht zur Berechnung des Energiebedarfs und der Futtermenge herangezogen werden muss, um eine erfolgreiche Gewichtsabnahme zu gewährleisten. o Festlegung des Energiebedarfs Die Zuteilung des Futters erfolgt bei übergewichtigen Hunden und Katzen in der Abnehmphase auf der Basis von etwa 60-80% des Erhaltungsbedarfs an Energie. Dieser wird ausgehend von Normalgewicht des Tieres berechnet. Die nachfolgende Tabelle 3 enthält die Formeln zur Berechnung der Energiezufuhr in der Gewichtsreduktionsphase (60-80% der Energie-Erhaltungsbedarfs).
Tab. 3: Empfehlungen für die tägliche Energiezufuhr während der Gewichtsreduktionsphase bei Hunden und Katzen unter Berücksichtigung des Sexualstatus Anhand dieser Formeln werden auch die Empfehlungen zu den Tagesfuttermengen für die Produkte SATIETY und OBESITY MANAGEMENT im Produktbuch berechnet (Diätbeginn). Sie sind nur als grobe Orientierung zu verstehen und müssen im Abgleich mit dem Wiegeprotokoll individuell angepasst werden. Das Körpergewicht in kg muss mit dem angegebenen Exponenten potenziert werden, um das sogenannte metabolische Körpergewicht zu erhalten. Das macht die Rechnung zwar etwas kompliziert, ermöglicht aber die Anwendung der Formeln für Tiere mit ganz unterschiedlichem Normalgewicht (z.B. Yorkshire Terrier und Bernhardiner, bei Katzen Maine Coon und Siam). Der Energiebedarf pro kg Körpergewicht geht mit zunehmender Körpergröße zurück: Bildlich gesprochen verbraucht ein Kilogramm Bernhardiner weniger Kalorien als ein Kilogramm Yorkshire Terrier. Bei der Verwendung des Exponenten (z.B. beim Hund: kg 0,75) bleibt die Kalorienzahl pro kg metabolisches Körpergewicht unabhängig von der Größe annähernd konstant, was die Definition einer einheitlichen Formel für Tiere aller Größen ermöglicht. Normalgewichtige Hunde mit ca. 1 Stunde Bewegung pro Tag, die ihr Körpergewicht einfach nur halten sollen, benötigen 95-105 kcal/kg 0,75 Körpergewicht. Bei Europäisch Kurzhaar Katzen (normalen Hauskatzen) kann der Energiebedarf auch vereinfacht auf das Gewicht in kg bezogen berechnet werden, da sich EKH in ihrem Normalgewicht nicht so deutlich unterscheiden. Bei schlanken Katzen mit Freigang liegt der Energiebedarf bei ca. 60 kcal/kg Körpergewicht. Kastrierte Katzen benötigen in der Regel deutlich weniger Energie, einige kommen mit 40 kcal/kg/Tag aus. Es ist zu beachten, dass diese Werte zur Gewichtsabnahme nur zu 60-80% abgedeckt werden dürfen. 6.
Fütterungspraxis
6.1.
Energiebedarf
Bei Hunden mit starkem Übergewicht werden ca. 60 % des ErhaltungsEnergiebedarfes für das Zielgewicht (!) gefüttert. Nehmen die so gefütterten Hunde innerhalb von ein bis zwei Wochen nicht ab oder ist die bisherige Gewichtsreduktion unzureichend, wird die Futtermenge in einem 2. Schritt weiter gekürzt (auf ca. 50% des Erhaltungsbedarfs). Im ROYAL CANIN Produktbuch sind diese zwei Schritte als „Diätbeginn“ und „nach 4 Wochen (ohne Gewichtsverlust)“ in den Tabellen zu den Tagesfuttermengen definiert. Bei Katzen wird etwas vorsichtiger vorgegangen, um das Risiko für eine hepatische Lipidose zu begrenzen. Eine Katze mit starkem Übergewicht enthält zunächst ca. 7080 % des Energiebedarfs einer normalgewichtigen Katze, bei Ausbleiben des Diäterfolges wird auf ca. 60 % reduziert.
6.2.
Futterwahl und Futtermenge
Sind die Energiegehalte im Diätfutter sowie der Energiebedarf bekannt, wird die tägliche Futtermenge berechnet. Diese Menge muss genau abgewogen werden und wird auf mehrere Mahlzeiten verteilt. Bei Diätnahrungen zur Gewichtsreduktion ist der Energiegehalt auf der Verpackung angegeben. Bei normalem Futter ist dies oft nicht der Fall. Informationen zum Kaloriengehalt des Produkts finden sich dann in der Produktbroschüre oder in der Produktbeschreibung auf der Homepage des Herstellers im Internet. Hunde und Katzen können sowohl mit Feucht- als auch mit Trockennahrung sowie einer Mischung aus beidem oder einer selbstgekochten Ration erfolgreich abnehmen. Die nachfolgende Tabelle 4 listet die Vor- und Nachteile verschiedener Fütterungsmethode auf. Tabelle 4: Unterschiedliche Möglichkeiten der Rationsgestaltung zur Gewichtsreduktion (aus: Royal Canin Focus TFA: Übergewicht und Adipositas bei der Katze)
6.3.
Optimaler Gewichtsverlust
Eine Gewichtsabnahme von 1-2 % pro Woche ist optimal. Für Hunde kann die Obergrenze ggf. bis auf 3% nach oben verschoben werden. Dies sollte dann aber ein Einzelergebnis in einer Diätwoche sein und keinesfalls der Durchschnittswert für die gesamte Abnehmphase. Ein schnellerer Gewichtsverlust ist als ungesund einzustufen, da er den Stoffwechsel stark belastet. Durch den schnellen Fettabbau wird vor allem der Fettstoffwechsel in der Leber überfordert (Gefahr der Leberverfettung). Außerdem geht eine solche „Radikaldiät“ sehr zu Lasten der Muskulatur (fettfreie Körpersubstanz).
Auf der anderen Seite ist ein Gewichtsverlust von mindestens 0,5 % des Ausgangsgewichtes pro Woche notwendig, um einen Erfolg für den Besitzer erkennen zu lassen und um das Gewichtsreduktionsprogramm in einer angemessenen Zeitspanne zu beenden. 6.4.
Dauer der Gewichtsabnahme
Wie lange es dauert, bis das Zielgewicht erreicht ist, hängt von der Gewichtsabnahme ab. In dem unten abgebildeten Beispiel (Abb. 37) sind selbst bei optimaler Gewichtsabnahme von wöchentlich 1 % rund 10 Monate zum Erreichen des „Wunschgewichts“ nötig. Besitzer sind unbedingt auf diese Zeitspanne hinzuweisen, da sonst leicht die Motivation darunter leidet und das Programm dann häufig abgebrochen wird. Baut sich bei den Tierhaltern eine Frustration auf nach dem Motto: „Mein armes Tier hungert jetzt schon so lange, nur um ein paar Gramm abzunehmen.“ Kann es hilfreich sein, einen Vergleich zum Menschen zu ziehen. Zum Beispiel: • Westhighland White Terrier, aktuell 12 kg schwer, Normalgewicht 8kg => Das entspricht 50% Übergewicht. • Vergleich zu 50% Übergewicht beim Menschen: Frau mit einem Normalgewicht von 60 kg wiegt aktuell 90 kg, muss also 30 kg abnehmen. Ein langsamer Gewichtsverlust erhöht die Erfolgsquote, das Gewicht später auch zu halten.
Abb. 37: Dauer der Gewichtsabnahme in Abhängigkeit vom wöchentlichen Gewichtsverlust
6.5.
Gewichtskontrollen: Wie oft sollte das Gewicht überprüft werden?
Bewährt hat es sich, das Gewicht 1x wöchentlich über die Dauer des Diätprogramms zu kontrollieren. Innerhalb der ersten zwei Wochen nach Beginn der Diät sollte eine Gewichtsabnahme in den o.g. Grenzen feststellbar sein, wenn alle Berechnungen zum Diätplan stimmen und die Diät eingehalten wird. Werden kürzere Abstände zwischen den Wiegeterminen gewählt, besteht die Gefahr, dass noch kein messbarer Erfolg zu sehen ist bzw. dass es so aussieht, als würde das Tier zwischenzeitlich wieder zunehmen (beachte auch Messgenauigkeit der Waage, besonders wichtig bei kleinen Tieren => Babywaage für kleine Abb. 38: Bei einer Reduktionsdiät ist einmal wöchentliches Wiegen zur Hunde und Katzen verwenden). Sind die Verlaufskontrolle ausreichend. Gewichtskontrollen zu selten, besteht das Risiko, dass der Besitzer demotiviert wird bzw. Fehler (z.B. Futter wird nicht richtig abgewogen) zu lange unentdeckt bleiben. 6.6.
Jojo-Effekt verhindern: Fütterungsempfehlung zum Erhalt des Normalgewichts (Anschlussfütterung)
Bei einem Gewichtsmanagementprogramm geht es nicht nur darum, dass die Tiere Gewicht abnehmen, sondern vielmehr, dass sie ihr normales Gewicht auf Dauer konstant halten. Nachdem das Zielgewicht erreicht ist, sollten deswegen weiterhin regelmäßig Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden. Wird wieder das alte Futter verwendet, wenn auch in geringerer Menge, und auch sonst in „alte Gewohnheiten“ verfallen, z.B. zusätzliche Leckerli auf dem Spaziergang, wenig Spielaktivitäten mit der Katze, nehmen viele Tiere wieder an Gewicht zu. Deshalb sollte nach Abschluss des Diätprogramms entweder die Diätnahrung zur Gewichtsreduktion weiterhin verwendet werden oder auf ein spezielles Futter zum Gewichtserhalt (z.B. Spezialnahrung für kastrierte Tiere) umgestellt werden. Die Energieaufnahme (Futtermenge), die zur Erhaltung des „neuen“ reduzierten Körpergewichts benötigt wird, sollte individuell festgelegt werden. Nicht nur für Menschen ist bewiesen, dass zuvor adipöse Patienten nach Erreichen des Normalgewichts einen 10-15% geringeren Energieerhaltungsbedarf haben als eine zeitlebens normalgewichtige Person mit dem gleichen Gewicht. Dies scheint nach neueren Untersuchungen auch für Hunde und Katzen zuzutreffen. Nach erfolgreicher Gewichtsreduktion müssen die ehemaligen „Dickerchen“ also auf Dauer knapper gefüttert werden als ihre dauerhaft schlanken Artgenossen gleichen Gewichts, wenn sie nicht wieder zunehmen sollen. In einer Studie von German (2011) wurde festgestellt, dass sich der Energiebedarf von Hunden nach einem erfolgreichen Gewichtsreduktionsprogramm von 95 – 105 auf 68 kcal pro kg 0,75 vermindert.
Abb. 39: Dokumentation: Der „Kilo-Check“ von ROYAL CANIN
Die Ergebnisse einer Langzeitstudie aus England an 33 Hunden verschiedener Rassen (German et al. 2012) zeigte, dass etwa 50 % der an der Studie teilnehmenden Hunde, die erfolgreich Gewicht abgenommen hatten, dazu neigten, anschließend wieder zuzunehmen. Allerdings betrug die Zunahme bei den meisten dieser Hunde (90%) weniger als die Hälfte des ursprünglich verlorenen Gewichts. Durch die Fütterung einer speziell zusammengesetzten Gewichtsmanagement-Diät oder die Reduzierung der Futteraufnahme konnte der Jojo-Effekt nach einem erfolgreichen Gewichtsabnahmeprogramm deutlich begrenzt werden. Um das Körpergewicht nach der Gewichtsabnahme konstant zu halten, dient der reduzierte Erhaltungsbedarf ehemals übergewichtiger Tiere (siehe oben, für Hunde: 68 kcal/kg 0,75) als Orientierung. Bei der Fütterungsempfehlung „Gewichtserhalt“ im Royal Canin Produktbuch ist dies schon berücksichtigt. Es gilt weiterhin: Futtermenge genau abwiegen und Tier wöchentlich wiegen. Nimmt das Tier wieder zu, wird die Energieaufnahme um 10 % gekürzt. Verliert es weiter an Gewicht, wird die Futtermenge um 10 bis 20 % erhöht. Sie wird so lange angepasst, bis das Gewicht über mindestens 4 Wiegetermine konstant bleibt. Diese Futtermenge wird dann dauerhaft beibehalten und der zeitliche Abstand zwischen den Wiegeterminen allmählich verlängert (von „einmal im Monat“ bis maximal alle 3 Monate, wenn das Tier sein Gewicht hält). 7.
Motivation der Tierbesitzer
Motivierte, gut informierte Tierbesitzer – der Schlüssel zum Erfolg: So steigern Sie die Compliance der Besitzer Ein Gewichtsmanagementprogramm für Hunde und Katzen in der Kleintierpraxis ist eine anspruchsvolle, beratungsintensive Aufgabe für das Praxisteam und für alle Beteiligten – Tier, Besitzer, Tierarzt und Tierarzthelferin - eine echte Herausforderung. Die Ziele sind: • Abbau von überschüssigen Pfunden • dauerhafte Erhalt des Normalgewichts bzw. • verhindern, dass Übergewicht überhaupt entsteht. Der Erfolg eines Programms zur Prophylaxe und Behandlung von Übergewicht hängt davon ab, ob es gelingt: • den Tierhalter dauerhaft für diese anspruchsvolle Aufgabe zu motivieren • sie/ihn durch umfassende und verständliche Informationen für eine zuverlässige Mitarbeit „fit zu machen“ • die beratungsintensiven Aufgaben im Praxisteam richtig zu verteilen und • den Service für alle Patienten individuell anzupassen und zur Verfügung zu stellen (knapp die Hälfte aller Hunde und Katzenpatienten sind übergewichtig, nach jeder Kastration ist eine Beratung zur Prophylaxe von Übergewicht sinnvoll und ebenso bei allen Welpen- und Erst-Tierhaltern). . Eine intensive kompetente Beratung der Tierbesitzer ist dabei zu jedem Zeitpunkt der wichtigste Aspekt. Diese erfordert neben viel Zeit und Fachwissen auch Einfühlungsvermögen und Verständnis der Psychologie von Besitzer und Tier. Diese Aufgabe kann sehr gut von einer geschulten TFA übernommen werden.
Hinzu wie • • • • •
kommen bei der Erstvorstellung in der Adipositas-Sprechstunde Maßnahmen klinische Untersuchungen Laboruntersuchungen, Behandlung von Begleiterkrankungen, Erstellen eines Diätplans, Wiegen einschließlich Dokumentation (Wiegekarte ausfüllen, Body Condition Scoring durchführen) etc.
Ein so umfassender Service kann natürlich nur durch eine koordinierte Zusammenarbeit von Tierärzten und Tierarzthelferinnen geleistet werden. Die Tierärztin/der Tierarzt entscheidet, welche Patienten an dem Behandlungsprogramm teilnehmen sollen, führt die notwendigen Untersuchungen und eine einleitende Beratung durch und „überweist“ die Patienten dann an eine Tierarzthelferin, die die Weiterführung des Behandlungsplans (Beratung der Besitzer, Patientenbetreuung einschließlich Wiegen etc.) übernimmt. 7.1.
Behandlungsstrategie für Übergewicht festlegen Die Erfolgsquote von Diäten zur Reduktion von Übergewicht (d.h. der Prozentsatz übergewichtiger Patienten, die erfolgreich abnehmen und ihr Gewicht danach auch halten) ist erschreckend gering: In der Humanmedizin liegt sie bei maximal 20%. Für Hund und Katze kann man ähnliche Zahlen annehmen, da ja in erster Linie „ihre Menschen“ für den Erfolg oder Misserfolg einer solchen Therapie verantwortlich sind. Ein strukturierter Behandlungsplan zur Bekämpfung der Adipositas kann die Erfolgsquote in Ihrer Tierarztpraxis deutlich verbessern und stellt einen hochwertiges Serviceangebot für Ihre Klientel dar.
Abb. 40: Die Erfolgsquote von Adipositasbehandlungen in der Kleintierpraxis liegt bei unter 50%.
In folgenden Schritten können Sie ein solches Behandlungsprogramm individuell für Ihre Praxis erstellen:
1. Sich selbst Fachwissen zum Thema Übergewicht aneignen: Um Besitzer kompetent beraten zu können, muss das Praxisteam selbst fachlich bestens informiert und auf dem neuesten Stand sein. Dafür bestehen folgende Möglichkeiten:
• Fragen Sie bei der Industrie (Futtermittelhersteller) nach Informationsmaterial, Fachartikeln zum Thema, Seminaren, Praxisschulungen vor Ort und sonstigen Fortbildungsmöglichkeiten (z. B. Fernkolleg). • Informieren Sie sich in der tierärztlichen Fachpresse, fragen Sie Ihre(n) Chef(in) nach gut verständlichen Büchern, Zeitschriftenartikeln oder Internetseiten sowie Fortbildungsveranstaltungen für TFA. • Fragen Sie in der Berufsschule nach, ob man das Thema Übergewicht im Unterricht behandeln kann, tauschen Sie sich innerhalb Ihrer Berufsschulklasse über Erfahrungen zum Thema aus. 2. Praxisinterne „Marschroute“ festlegen: Bei dieser Teambesprechung sollten alle Mitglieder des Praxisteams anwesend sein. Wichtige Fragen, die vorab geklärt werden müssen, sind: • In welcher Hinsicht kann die Praxis von einem strukturierten Behandlungsprogramm für Adipositas profitieren (Einnahmen durch zusätzliche Behandlungen, Beratung, Futterverkauf, Kundenbindung durch Langzeitbetreuung, neues Betätigungsfeld für motivierte Tierarzthelferinnen)? • Welche Investitionen (Zeit, Geld) sind dem gegenüberzustellen? • Besteht in der Praxis ausreichend Bedarf an einer solchen Maßnahme? • Können alle Beteiligten ihre Arbeitsabläufe so gestalten, dass sie genug Zeit für diese Aufgabe haben? • Und schließlich: Sind alle bereit, sich in dem Diätprogramm zu engagieren? Wird die letzte Frage mit ja beantwortet, kann man das Vorgehen im Detail besprechen und einen Gesprächsleitfaden festlegen, denn es ist wichtig, dass die Kommunikation des Themas Übergewicht gegenüber den Tierhaltern einheitlich ist. Zum Beispiel sollten alle Mitarbeiter die gleichen Verfahren zur Diagnose einer Adipositas und zur Erstellung eines Fütterungsplans anwenden, die gleichen Empfehlungen zur Fütterung, begleitender Bewegungstherapie etc. geben. Diese Aspekte sollten im Team abgestimmt und auch kurz schriftlich festgehalten werden. 3. Aufgaben verteilen: Jetzt sollten die im Rahmen des Diätprogramms anfallenden Aufgaben konkret einzelnen Personen zugewiesen werden und Verantwortlichkeiten eindeutig festgelegt werden. Dabei können in gewissem Umfang auch individuelle Interessen und Vorlieben berücksichtigt werden, vor allem müssen zum Schluss aber alle Arbeitsbereiche des Programms verteilt sein, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Aufgaben für Tierärzte sind: • Allgemeinuntersuchung vor Beginn des Diätprogramms, • Labor-Screening zur Abklärung des allgemeinen Gesundheitszustands. • Abklärung und ggf. Behandlung möglicher Grunderkrankungen, die mit Übergewicht in Verbindung stehen können (z.B. Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion), • Stellung der Erstdiagnose Übergewicht und erstes Beratungsgespräch, • Überweisung nur solcher Patienten an die zuständige TFA, deren Besitzer in diesem ersten Gespräch signalisiert haben, dass sie wirklich an einem Gewichtsreduktionsprogramm für ihr Tier interessiert sind.
Abb. 41: Die Erstdiagnose der Adipositas gehört in den Aufgabenbereich des Tierarztes/der Tierärztin.
Aufgaben für Tiermedizinische Fachangestellte sind: • Erhebung eines ausführlichen Vorberichts zur Ernährung des übergewichtigen Tieres (sog. Fütterungsanamnese), • Berechnung der aktuellen Energieaufnahme (kcal/Tag), • Festlegung des angestrebten Zielgewichts und des Energiebedarfs während der Diät (kcal/Tag), • Erstellung eines individuellen Diätplans, • regelmäßige Nachkontrollen des Patienten (Wiegen, BCS, Beratung, Anpassung der Ration), • Dokumentation des Falls in der Patientenkartei (ggf. mit Fotos des Patienten).
Abb. 42: Die Auswertung der Probephase erfolgt im Rahmen einer Teambesprechung
4. Probephase durchführen: Das Gewichtsmanagement-Programm sollte zunächst über einen angemessenen Zeitraum in der Praxis erprobt werden. Dieser muss geeignet sein, Erfolg oder Misserfolg bei den Patienten beurteilen zu können, darf aber bei Problemen den Arbeitsalltag der Praxis nicht unnötig lange belasten, auch wenn man am Anfang nicht gleich aufgeben sollte, weil alles noch nicht so reibungslos abläuft und viel Zeit kostet. Ein geeigneter Zeitraum sind 6 Monate. Für das Ende der Probephase sollte eine weitere Teambesprechung eingeplant und im Terminkalender vermerkt werden. Ein Mitglied des Praxisteams sollte bestimmt werden, das ein stichwortartiges Protokoll über Vor- und Nachteile des Diätprogramms im
Praxistest anfertigt. Alle anderen sind dazu angehalten, diesem Schriftführer während der Probephase entsprechend Rückmeldung zu geben. 5. Gemeinsame Auswertung der Probephase: In der zweiten Teambesprechung wird der Erfolg des Diätprogramms von allen kritisch beurteilt: ☺ Was lief gut, was schlecht? ☺ Wie ließen sich die einzelnen Maßnahmen in den Arbeitsalltag integrieren? ☺ Wie kam das Programm bei den Tierbesitzern an? ☺ Welche Erfolge sind bei wie vielen Patienten zu verzeichnen? Gab es Misserfolge (was waren die Gründe dafür)? ☺ Ist jeder im Team mit der Aufgabenverteilung zufrieden? ☺ Lassen sich Aufwand und Nutzen schon gegeneinander aufrechnen? ☺ Soll das Programm weitergeführt werden? Wird die letzte Frage mit ja beantwortet, sollten alle einzelnen Maßnahmen des Programms noch einmal daraufhin überprüft werden, was man verbessern und vereinfachen kann. Ggf. sollten Aufgaben umverteilt werden. 6. Dauerhafte Behandlungsroutine bestimmen: Nachdem die Entscheidung für die dauerhafte Etablierung des Gewichtsmanagements gefallen ist wird auf der Basis der ersten Erfahrungen mit dem Diätprogramm die Behandlungsroutine zur Bekämpfung und Prävention von Übergewicht endgültig festgelegt. Jetzt ist es auch Zeit, einen Aktenordner zum Thema anzulegen, in dem das gesamte Programm ausführlich schriftlich festgehalten wird. Eine Kurzversion als Merkblatt für Tierbesitzer sollte ebenfalls angefertigt werden. Außerdem können in diesem Ordner Fachartikel zu Übergewicht bei Hund und Katze, Produktinformationen über Diätfuttermittel etc. abgelegt werden. So wird zum einen der Standard des Programms eindeutig festgelegt, zum anderen kann sich jeder Praxismitarbeiter bei Bedarf informieren und die Einarbeitung neuer Mitarbeiter wird erleichtert. 7. Ziele und Belohnungen festlegen: Ist das Gewichtsreduktionsprogramm erfolgreich in der Praxis eingeführt und läuft alles nach Plan, sollte der/die Praxisinhaber/in dafür sorgen, nicht nur die Motivation der Tierbesitzer sondern auch die der Mitarbeiter langfristig aufrecht zu erhalten. Es sollten Ziele definiert werden, die in einem überschaubaren Zeitraum zu erreichen sind, z.B. • Anzahl der Patienten im Diätprogramm, • Erhöhung der Kundenkontakte pro Jahr je Patient durch bessere Kundenbindung, • Außendarstellung der Praxis (Dokumentation von erfolgreichen Fällen im Wartezimmer), • Steigerung des Futterverkaufs in der Praxis. Ein individuelles Belohnungsprogramm für die beteiligten Mitarbeiter kann sich dabei sehr positiv auf den Erfolg des Programms auswirken. Hierfür bieten einige Firmen speziellen Bonussystemen als Unterstützung an (z.B. SlimFitBonussystem für Tierarzthelferinnen und Prämienshop von Royal Canin, siehe Abb. 43).
Abb. 43: Beispiel für ein Prämiensystem zur Belohnung eines erfolgreichen Gewichtsmanagements in der Kleintierpraxis (Quelle: Homepage Royal Canin) 7.2.
Tierbesitzer gezielt informieren und aufklären
Unter Compliance (= engl. Einwilligung, Bereitschaft) im medizinischen Sinne versteht man die Bereitschaft eines Patienten bzw. Tierbesitzers zur gewissenhaften und zuverlässigen Mitarbeit bei diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Die Compliance ist unter anderem von folgenden Faktoren abhängig: • Persönlichkeit: Ist der Besitzer konsequent, neigt er dazu, sein Tier zu vermenschlichen? Ist er selbst übergewichtig? Ist er sehr besorgt um das Wohlergehen seines Tieres? Wie ist das Verhältnis zwischen Tier und Besitzer? • Problembewusstsein: Begreift der Besitzer den Zusammenhang zwischen Übergewicht und den verschiedenen Folgeerkrankungen? • „Leidensdruck“: Wie empfindet der Tierbesitzer das Zusammenleben mit einem übergewichtigen Tier subjektiv? Macht er sich Sorgen, stört es ihn, ist es ihm peinlich oder egal? • Verhältnis zum/zur Tierarzt/-ärztin bzw. zur TFA: Besteht ein vertrauensvolles Verhältnis? Kommt der Besitzer gerne in die Praxis? Wendet er sich bei Fragen rund ums Tier häufig an das Praxisteam? • Verständlichkeit der Anweisungen: Ist der Diätplan für den Tierhalter nachvollziehbar? Gibt es ein schriftliches Handout zum Mitnehmen, eine Wiegekarte, ein Diättagebuch etc.? • Art der Therapie und erforderliche Verhaltensänderungen: Lässt sich das Diätprogramm für den Besitzer praktisch umsetzen und in seinen Alltag
integrieren, ohne dass er sein Leben komplett „umkrempeln“ muss? Lösungen bei mehreren Tieren im Haushalt/mehreren Pflegeverantwortlichen?
TIPP: Es ist sinnlos, dem Tierhalter das Füttern von Leckerlis ganz zu verbieten, wenn dies ein fester Bestandteil in der Kommunikation zu seinem Tier ist. Der Kaloriengehalt der Snacks sollte jedoch bekannt sein und die Tagesfuttermenge entsprechend gekürzt werden. Um die Ausgewogenheit der Nährstoffversorgung während der Diät nicht zu gefährden, sollten die Leckerli nicht mehr als 5% der Energieaufnahme ausmachen.
7.3.
Wartezimmergestaltung
Zunächst muss der Tierbesitzer Übergewicht als ernst zu nehmendes Gesundheitsrisiko begreifen und seine(n) Tierarzt/-ärztin bzw. das Praxisteam als kompetente Ansprechpartner für dieses Problem anerkennen. Das Wartezimmer bietet hierfür ein geeignetes Informations-Forum. Folgende Tipps zur Wartezimmergestaltung bieten dem Tierbesitzer die Möglichkeit, sich erst einmal unverbindlich und quasi „anonym“ zum Thema Übergewicht zu informieren. Im Fokus der Informationen sollten hierbei immer die Gesundheit und das Wohlergehen des Tieres stehen. •
Broschüren zum Thema Übergewicht auslegen: Futtermittelhersteller bieten hier nicht nur Prospekte zu ihren Produkten, sondern auch eine Vielfalt von gut verständlichen Informationen für den Tierbesitzer an (z.B. SLIM FITTierhalterbroschüren Hund/Katze von Royal Canin)
Abb.44: Vorher-Nachher-Fotos von Tieren, die erfolgreich abgenommen haben, demonstrieren eindrucksvoll die Wirksamkeit einer konsequent durchgeführten Reduktionsdiät (hier: Pinnwand der Royal Canin Obesity Clinic in Liverpool; Foto: Rade)
•
•
•
•
•
Poster aufhängen: Futtermittelhersteller bieten ebenfalls ein reichhaltiges Sortiment an Postern zum Thema Übergewicht an (z.B. Übergewicht und die Folgeerkrankungen, Hundeund Katzenrassen mit den Normalgewichten laut Rassestandard, Wachstumskurven von Hundewelpen etc.) Pinnwand mit Themenschwerpunkt Übergewicht selbst gestalten: VorherNachher-Fotos und kurze Fallberichte von Tieren, die erfolgreich abgenommen haben, Kurzbeschreibung des Diätprogramms, Fotos der Diätberater(innen) der Praxis mit Namen und Angabe der Aufgaben, ggf. Zeitungsartikel zum Thema Waage im Wartebereich platzieren: Wiegeservice routinemäßig für jedes Tier, das in der Praxis behandelt wird, anbieten. So entsteht bei den Besitzern übergewichtiger Tiere nicht der Eindruck, dass sie gezielt „herausgepickt“ werden. Gewicht immer mit Datum in der Patientenkartei vermerken. Vitrine gestalten: Neben Diätfuttermitteln zur Gewichtsreduktion bzw. Prophylaxe von Übergewicht oder Gewichtserhaltung nach erfolgreicher Diät kann man hier z. B. eine Waage und abgewogene TrockenfutterRationen (z.B. für eine 4-kg-Katze, einen 20-kg-Hund) ausstellen, um den Besitzern einen optischen Eindruck von einer üblichen Tagesfutterration zu vermitteln. Auch Bücher für Tierhalter zum Thema, die es inzwischen schon in relativ großer Zahl gibt (z.B. Cadmos- oder GU-Verlag) und interaktive Spielzeuge wie z.B. Futterbälle oder –würfel, die geeignet sind, die Bewegungsaktivität der Hunde und Katzen zu steigern, können hier gezeigt werden, sofern diese in der Praxis erhältlich sind. Diät-Wettbewerb veranstalten: Hier kann man entweder praxisintern Preise für erfolgreiche Teilnehmer am Diätprogramm ausloben oder die Praxis beteiligt sich an entsprechenden Aktionen der Futtermittelhersteller (z.B. SLIM FIT-Aktion von Royal Canin: Auslobung von Waage und Futterbällen während bzw. Futter zur Anschlussfütterung nach der Diät, siehe SLIM FIT-Broschüre).
Abb. 45: Ein Diätwettbewerb, bei dem Preise und Urkunden verliehen werden, motiviert die Tierhalter und ist ein Aushängeschild für die Praxis (Foto: Rade; Obesity Clinic Liverpool)
7.4.
Übergewichtiges Tier - wie sagt man es dem Besitzer?
„Ihr Hund/Ihre Katze ist zu dick.“ – Das hört kein Tierbesitzer gern. Trotzdem nützt es nichts, „um den heißen Brei herumzureden“: Schließlich will man den Besitzer dazu bringen, sein Verhalten, was die Fütterung seines Haustieres angeht, grundlegend zu ändern. Dazu muss man sicher gehen, dass er das Problem verstanden hat, d.h. man muss ihm die Tatsache, dass sein Tier übergewichtig ist, so vermitteln, dass er dies weder bewusst missverstehen noch einfach ignorieren kann. Trotzdem sollte man sich vor einem solchen Aufklärungsgespräch in die Lage des Tierbesitzers hineinversetzen: 1. Vielen Tierbesitzern ist nicht klar, dass ihr Tier übergewichtig ist, schließlich sah es nicht von einem Tag auf den anderen so aus sondern wurde langsam immer dicker. Diese Tierhalter fallen bei der Diagnose „aus allen Wolken“, und reagieren oft sofort mit Abwehr, weil sie sich plötzlich angegriffen/kritisiert fühlen. In solchen Fällen ist es sinnvoll, die Besitzer die Diagnose quasi selbst stellen zu lassen, indem man sie unter Anleitung den Body Condition Score selbst durchführen lässt oder sie mit „offenen Fragen“ (Fragen, die mit einem W-Wort beginnen: Wie, wann, warum…?) zu der Erkenntnis „mein Tier ist zu dick“ leitet, z. B. beim Wiegen des Tieres: „Ihr Hund wiegt jetzt 40 kg. Wann wurde er denn zuletzt gewogen? Was hat er damals gewogen?“
Abb. 46: Die Diagnose „Ihr Tier hat Übergewicht.“ hört kein Tierhalter gern. Eine einfühlsame aber bestimmte Ansprache, die unterschiedliche Typen von Besitzern berücksichtigt, führt zum Erfolg. 2. Andere Tierbesitzer wissen, dass ihr Tier zu dick ist. Das ist ihnen unangenehm und sie haben schon vorher Angst, in der Tierarztpraxis
darauf angesprochen zu werden. Hier sollte man das Übergewicht direkt thematisieren, und darauf gefasst sein, dass diese Besitzer auch schon häufig eine Ausrede parat haben wie „Unsere Oma steckt ihm dauernd was zu“ oder „Ich habe schon alles probiert, sie nimmt einfach nicht ab“. In solchen Fällen ist es besonders wichtig, nicht vorwurfsvoll oder belehrend auf die Besitzer einzuwirken. Greifen Sie die „Ausrede“ ernsthaft auf und lassen Sie sich den Sachverhalt genau erklären. Gehen Sie das Thema humorvoll an (wenn es Ihnen gelingt, den Tierbesitzer zum Lachen zu bringen, wird er sich Ihren Vorschlägen gegenüber eher offen zeigen), schlagen sie einen konkreten Lösungsweg vor, vermitteln sie dem Tierbesitzer dabei, dass Sie optimistisch sind, dass er und sein Tier dies schaffen können. 3. Wenn die Tierbesitzer selbst übergewichtig sind, kann es im Beratungsgespräch leicht zu peinlichen Situationen kommen, denn viele Sachverhalte, die man erklären muss, treffen auf den Menschen genauso zu. Versuchen Sie, jede Aussage nur auf das Tier zu beziehen, z.B. „Viele Katzen neigen dazu, bei Stress übermäßig viel zu fressen, das ist bei dieser Tierart eine Strategie zur Selbstberuhigung.“ statt „Sie wissen doch sicher, Fressen beruhigt und entspannt.“ Oder: „Hunde, die mehr Energie aufnehmen als sie brauchen und sich wenig körperlich bewegen, werden schnell übergewichtig.“ statt „Ganz einfach: Zuviel Futter, zu wenig Bewegung, da wird jeder früher oder später fett.“ Abb. 47 gibt einen kurzen Leitfaden für Beratungsgespräche mit übergewichtigen Tierhaltern.
Spezialfall: Übergewichtige Tierhalter • Sensibles Terrain! • Ihr Fokus ist das Tier. • Seien Sie natürlich. • Achtung! Hier keine Vergleiche “wie x% beim Menschen” • Suchen Sie typische Tierbeispiele: • „…mag nicht hinter dem Ball her rennen“ • „…springt nicht mehr auf den Schrank…“ Abb. 47: Tierhalter, die selber übergewichtig sind, benötigen eine besondere Form der Ansprache. 4. Zur vierten Kategorie gehören Tierbesitzer, die vom Praxisteam schon mehrfach auf das Übergewicht ihrer Tiere angesprochen wurden, die aber bisher nicht bereit waren, daran etwas zu ändern. Hier ist die Befürchtung durchaus berechtigt, dass sie den Tierarzt wechseln könnten, wenn man ihnen weiterhin mit dem Thema „auf die Nerven geht“. Trotzdem sollte man
auch hier nicht einfach aufgeben, sondern den Besitzern signalisieren, dass einem die Situation bewusst ist und sie nach ihrer Meinung fragen. Zum Beispiel „Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole…“ oder „Wahrscheinlich langweilt es Sie inzwischen schon, aber…“ Erklären Sie den Tierbesitzern,… …dass es Ihr Job als Tierarzt und auch als Tiermedizinische Fachangestellte ist, sich um die Gesundheit der Tiere zu kümmern, …dass sie also beruflich dazu verpflichtet sind, auf gesundheitliche Risiken wie Übergewicht hinzuweisen, …dass Sie dies aber gerne in Zukunft unterlassen können, wenn der Besitzer dies ausdrücklich wünscht (wichtig: So einen Wunsch auf jeden Fall in der Patientendatei vermerken!). 7.5.
Der Therapieplan: Schritt für Schritt zum Normalgewicht 1. Fütterungsanamnese: Besonders wichtig: der ausführliche Vorbericht zur bisherigen Fütterung. Hierbei müssen Sie sehr diplomatisch vorgehen: Schließlich weiß der Besitzer eines übergewichtigen Tieres, dass er bei der Fütterung wohl so einiges falsch macht, und wird Ihnen interessante Details verschweigen, wenn Sie ihn in strengem oder belehrenden Ton befragen. Verwenden Sie „offene“ Fragen (siehe oben, z.B. „Welche Leckerlis bekommt Ihr Hund jeden Tag?“ statt „Bekommt Ihr Hund Leckerlis?“). Verkneifen Sie sich bewertende Kommentare zu den Antworten. Ideal ist es, wenn Sie und der Tierbesitzer während dieses Gesprächs plötzlich auf einen Faktor stoßen, der vermutlich die Hauptursache für das Übergewicht bei diesem Tier ist und sich leicht ändern lässt. Beispiel: Der Besitzer berichtet, er füttere seinem Hund täglich 3 Becher von Futter X, wie auf der Packung empfohlen. Sie bitten ihn, diesen Becher doch mal in die Praxis zu bringen. Dabei stellt sich heraus: Es ist kein Original-Messbecher des Futterherstellers, sondern ein großer Kaffeebecher. Beim Nachwiegen der Futtermenge stellen Sie fest, dass der Hund seit langem doppelt so viel Futter erhält, wie er eigentlich braucht.
Zu erfragen sind: # Welches Futter (genauer Name des Produktes und des Herstellers) wird in welcher Form (trocken/feucht) und Menge (Gramm/Tag) gefüttert? # Welche Leckerlis/Snacks werden täglich gegeben (Produkt, genaue Menge)? # Bekommt das Tier Essenreste vom Tisch (Was genau? Menge?) # Welche Personen füttern das Tier? # Hat das Tier Zugang zum Futter anderer Tiere? # Neigt es dazu, Lebensmittel/Futter zu stehlen oder sich über den Mülleimer herzumachen? # Bekommt das Tier Medikamente, Ergänzungsfuttermittel, Vitaminpräparate? Werden diese mit Futter (in Wurst oder Käse versteckt) gegeben? Wenn ja, welche Mengen Futter erhält das Tier so zusätzlich jeden Tag?
Natürlich ist die Lösung des Problems nicht immer so einfach. Doch wenn Sie anhand dieser Liste bei der Befragung des Tierbesitzers vorgehen, können Sie relativ sicher sein, dass Sie nichts Wesentliches übersehen. 2. Anhand dieses Vorberichts kann die tägliche Energieaufnahme berechnet werden (siehe Kapitel 5.2.). Dafür ist es hilfreich, wenn der Tierbesitzer Verpackungen der Futtermittel und Snacks mit der Deklaration in die Praxis bringt. Die Angabe des Kaloriengehaltes auf Hunde- und Katzennahrung ist zwar inzwischen erlaubt, wird aber noch nicht flächendeckend umgesetzt. Zunehmend häufiger findet man die Angabe des Energiegehaltes auf kommerziellen Snacks (z.B. schon konsequent bei allen Pedigree® und Frolic® Artikeln) Auch die Internetseiten der Futtermittelhersteller helfen hier oft weiter, da die vollständige Analyse im Gegensatz zur Pflichtdeklaration zumeist auch den Energiegehalt beinhaltet. Der Energiegehalt einiger Lebensmittel, die häufig an Hund und Katze verfüttert werden, kann in Büchern nachgeschlagen werden (z.B. im Tabellenanhang von MEYER/ZENTEK: „Ernährung des Hundes: Grundlagen – Ernährung - Diätetik“ 7. Auflage, 2013, Enke-Verlag). 3. Festlegung des Zielgewichts und der täglichen Energieaufnahme während der Diät: Wichtig ist es, hier realistisch zu bleiben und zunächst ein Ziel zu wählen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erreichen ist, auch wenn das Tier in Wirklichkeit noch viel mehr abnehmen müsste. 1015% Gewichtsverlust sind zunächst ein annehmbares Etappenziel. Aber Achtung: Zur Berechnung der Energiezufuhr während der Abnehmphase muss immer das ursprüngliche Normalgewicht des Tieres zugrunde gelegt werden. Wenn der Tierbesitzer nach dieser ersten Etappe der Diät feststellt, dass sein Tier erheblich an Lebensfreude gewonnen hat (dass es z.B. wieder mehr spielt, längere Spaziergänge mitmacht etc.), wird er von sich aus motiviert sein, die Diät fortzusetzen. Zur Berechnung der Energieaufnahme und Futtermenge während der Diät siehe Kapitel 5.3. und 6. 4. Vervollständigung des Diätplanes: Am Ende sollten individuelle Empfehlungen für jedes einzelne Tier gegeben werden, z.B. auf die bisherigen Snacks teilweise zu verzichten oder andere kalorienärmere Belohnungen zu verwenden, die körperliche Aktivität zu steigern („Trainingsplan“), das Futter zu wechseln, Anleitung zur allmählichen Futterumstellung etc. 5. Nachkontrollen: Vor allem Abb. 48: Hunden und Katzen, die im Haus gehalten werden, mangelt es häufig an Bewegung: Hier gilt zu Beginn der Diät sollte es, einen Trainingsplan zu entwerfen, der Tier und engmaschig nachkontrolliert Besitzer Spaß macht. werden, damit man schnell merkt, ob der Besitzer den Diätplan verstanden hat oder wenn er frustriert ist. Es empfiehlt sich, das Tier wöchentlich in der Praxis zu wiegen und
sich bei dieser Gelegenheit kurz mit dem Besitzer zu beraten. Ist es dem Besitzer nicht möglich, so oft in die Praxis zu kommen, kann er das Tier auch wöchentlich zu Hause wiegen und das Ergebnis in eine Wiegekarte eintragen. Dann sollte aber eine regelmäßige telefonische Besprechung mit der TFA und regelmäßige Besuche in der Praxis in größeren Abständen (z.B., wenn Nachschub an Diätfutter besorgt werden muss) vereinbart werden. 6. Dokumentation: Unterlagen zu den aktuell am Diätprogramm teilnehmenden Hunden und Katzen sollten in einem separaten Ordner gesammelt werden. Neben dem jeweiligen Diätplan sollte dieser die letzten Untersuchungs- und Laborbefunde enthalten sowie eine Wiegekurve, aus der der Erfolg der Diät abzulesen ist. Auf einem Extrablatt können besondere Probleme (Begleiterkrankungen, Verhaltensänderungen) des Tieres bzw. Dinge, die dem Tierbesitzer während der Diät aufgefallen sind, vermerkt werden. Wenn möglich, sollten Vorher-Nachher-Fotos des Tieres gemacht werden.
Abb. 49: Schneller als ein sichtbarer Gewichtsverlust stellt sich bei übergewichtigen Tieren, die erfolgreich abnehmen, eine Steigerung der Aktivität und Lebensfreude ein – eine positive Erfahrung für jeden Tierbesitzer. 7.6
Prophylaxe von Übergewicht, Gewichtserhalt nach Reduktionsdiät – eine Chance zur Kundenbindung
Die wirksamste Methode Übergewicht bei Hund und Katze zu vermeiden, ist ihre Besitzer über die richtige Fütterung aufzuklären und ihnen beizubringen, die körperliche Verfassung ihres Tieres richtig einzuschätzen (BCS), bevor Gewichtsprobleme entstehen. Eine solche Beratung sollte Bestandteil jedes Erstbesuchs eines Patienten in der Tierarztpraxis sein, unabhängig davon, wie alt das Tier ist. Außerdem sollte sie einen festen Bestandteil der Kastrationsberatung darstellen. Nach der Kastration sinkt der Energiebedarf eines Hundes oder einer Katze um etwa 25-30%. Daher bei jedem solchen Eingriff eine Ernährungsberatung
angezeigt. Dabei können Futtermittel mit entsprechend geringerer Energiedichte empfohlen werden. Natürlich ist der beste Zeitpunkt für eine solche Besitzerschulung der Neuerwerb eines Hundes oder einer Katze. Tierbesitzern, die sich schon im Welpenalter mit der richtigen Fütterung ihres Tieres auseinander gesetzt haben, gelingt es leichter, ihren Hund/ihre Katze lebenslang schlank und fit zu halten. Die Besitzer sollten bei ihrem Tier selbst ein Body Condition Scoring nach fachkundiger Anleitung durch eine Tierärztin oder Tiermedizinische Fachangestellte durchführen können. Es ist auch sinnvoll, ihnen „Startpakete“ mit Futterproben, Literatur zur (Welpen-)Fütterung, Wachstums- bzw. Wiegekurven und einer BCSMemokarte mit nach Hause zu geben. Nach erfolgreicher Diät gilt: „Nur nicht nachlassen!“ Ein Rückfall in „alte Gewohnheiten“ führt bei vielen Tieren zu einer erneuten Gewichtszunahme. Deshalb sollte nach Abschluss des Diätprogramms entweder weiterhin die Diätnahrung oder eine Spezialnahrung zum Gewichtserhalt (z.B. für kastrierte Tiere) gefüttert werden. Die Energieaufnahme (Futtermenge), die zur Erhaltung des „neuen“ reduzierten Körpergewichts benötigt wird, liegt bei Hunden zumeist unter dem durchschnittlichen Erhaltungsbedarf von immer normalgewichtigen Artgenossen (siehe Kapitel 6.6). Tierbesitzer, die sich von Anfang an hinsichtlich der Ernährung ihres Tieres in Ihrer Praxis gut beraten fühlen, werden sich immer wieder mit Fragen zur Fütterung vertrauensvoll an Sie wenden. Viele kaufen dann auch gerne ihr Hunde- oder Katzenfutter in der Tierarztpraxis. Dies bietet Ihnen hervorragende Möglichkeiten für eine dauerhafte Kundenbindung.
8. Produktübersicht: Effektive Gewichtsreduktion und dauerhafter Erhalt eines gesunden Körpergewichts bei Hund und Katze– mit Spezialnahrungen von ROYAL CANIN Erfolgreiche Gewichtsabnahme und -kontrolle bei Hund und Katze ist keine „Medizin der schnellen Erfolge“, sondern erfordert eine langfristige, vertrauensvolle Zusammenarbeit von Tierarzt bzw. TFA, Tierbesitzer und Tier. Die hierfür eingesetzten Produkte müssen ebenso wirksam wie schmackhaft sein und dabei auch bei restriktiver Fütterung noch eine ausreichende Versorgung der Tiere mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen sicherstellen. Diese Kriterien erfüllen die in der Tabelle aufgelisteten Futtermittel der Produktlinien „Veterinary Diet“ und „Veterinary Care Nutrition“, die auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse konzipiert und ständig verbessert werden. Hiermit steht für die Bekämpfung von Übergewicht in der Kleintierpraxis ein tirarztexklusives Alleinfuttersortiment zur Verfügung, dass eine optimale Wirksamkeit mit hervorragender Akzeptanz verbindet.
Tabelle 1: ROYAL CANIN-Produkte zur Gewichtsreduktion und –erhaltung bei Hund und Katze 8.1.
Produkte für Katzen
NEUTERED SATIETY BALANCE und NEUTERED WEIGHT BALANCE Nach der Kastration besteht für Katzen ein um den Faktor 3,4 erhöhtes Risiko für Übergewicht im Vergleich zu unkastrierten Katzen. Nach dem Eingriff sinkt der Energiebedarf um ca. 30%, während die Futteraufnahme bei unbegrenztem Futterangebot häufig ansteigt. Durch die Umstellung auf eine kalorienreduzierte Spezialnahrung und ein kontrolliertes Futterangebot kann Übergewicht verhindert
werden. Den Begleitrisiken Diabetes sowie Harnsteinen sollte ebenfalls diätetisch vorgebeugt werden.
Empfehlungen zur Fütterungstechnik: Kastrierte Katzen verlieren häufig die Fähigkeit, ihre Futteraufnahme an ihren Energiebedarf anzupassen: Dieser Effekt tritt schon 48 h nach dem Eingriff ein. NEUTERED SATIETY BALANCE Trockennahrung besitzt deshalb einen verbesserten Sättigungseffekt. In einer Studie von ROYAL CANIN nahmen Katzen sogar bei einem ad libitum Angebot der Nahrung nicht mehr Energie auf, als sie tatsächlich verbrauchten. Aufgrund des reduzierten Energiegehaltes und der moderaten Harnansäuerung ist NEUTERED SATIETY BALANCE Trockennahrung bzw. NEUTERED WEIGHT BALANCE Feuchtnahrung nicht geeignet für wachsende
Katzen im ersten Lebenshalbjahr sowie tragende oder säugende Kätzinnen.
SATIETY und OBESITY MANAGEMENT für Katzen Übergewicht ist die häufigste ernährungsbedingte Erkrankung der Katze: inzwischen sind in Deutschland 47% aller Hauskatzen davon betroffen. Für eine effektive Gewichtsreduktion haben sich Produkte mit einer „high fibre, high protein“ Rezeptur besonders bewährt. Diesem Ansatz entspricht die Trockennahrung SATIETY WEIGHT MANAGEMENT am besten. Des Weiteren steht mit OBESITY MANAGEMENT eine weitere, seit langem bewährte kalorienreduzierte Diät für Katzen als Trocken- und Feuchtnahrung zur Verfügung, deren Fasergehalt jedoch etwas geringer ist als der von SATIETY. Der hohe Gehalt beider Diäten an
hochwertigem Protein fördert zum einen den Erhalt der mageren Körpermasse (Muskulatur) und sorgt zum anderen für eine exzellente Schmackhaftigkeit.
Das individuelle Zielgewicht, die Dauer und die entsprechenden Futtermengen richten sich nach dem Grad des Übergewichtes, der z.B. anhand des Body Condition Scores festgelegt werden kann. Die optimale Gewichtsabnahmerate beträgt 0,5–2% pro Woche. Eine individuelle und engmaschige Kontrolle ist wichtig, denn: Katzen mit zu schneller Gewichtsabnahme unterliegen einem erhöhten Risiko einer hepatischen Lipidose. Nach Erreichen des Ziel- /Normalgewichtes sollte das Körpergewicht weiterhin regelmäßig etwa 1-2 x im Monat kontrolliert und dokumentiert werden. Als Anschlussfütterung eignen sich SATIETY, OBESITY MANAGEMENT oder VETERINARY CARE NUTRITION NEUTERED Nahrungen für kastrierte Katzen. Die Energiezufuhr sollte bei der Anschlussfütterung max. 10 % höher sein, als in der letzten Phase der Reduktionsdiät.
Weitere Vorteile und Produkteigenschaften von SATIETY und OBESITY MANAGEMENT f端r Katzen:
Produktbeschreibungen und F端tterungsempfehlungen:
Wussten Sie das? • Alle Diätnahrungen OBESITY MANAGEMENT und SATIETY für Katzen besitzen den S/O-Index • Bei Mischfütterung von Trocken- und Feuchtnahrung ersetzt ein Frischebeutel OBESITY MANAGEMENT 21 g Trockenfutter SATIETY.
Energiereduzierte Diätnahrungen für Katzen Viele Diätnahrungen sind hochverdaulich und sehr energiereich. Da ein zunehmender Teil der Katzenpopulation (nahezu die Hälfte) zu Übergewicht neigt, ist es sinnvoll, häufig verwendete Diäten in einer kalorienreduzierten Variante anzubieten, die an den Bedarf dieser Zielgruppe besser angepasst ist. Für Katzen, die außer (der Neigung zu) Übergewicht noch eine weitere diätpflichtige Erkrankung haben, gibt es die folgenden Diätnahrungen auch in der Variante „Moderate Calorie“: • URINARY S/O zur Harnsteintherapie (Struvit) und –prophylaxe (Struvit und Oxalat) • GASTRO INTESTINAL bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes Der Energiegehalt der Moderate Calorie Diäten ist im Vergleich zum Standardprodukt um etwa 10-15% reduziert. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über die Kaloriengehalte im Einzelnen:
URINARY S/O Moderate Calorie Übergewicht ist ein Risikofaktor für Harnsteinerkrankungen. Der angepasste Energiegehalt von URINARY S/O Moderate Calorie kann bei Katzen mit Neigung zu Übergewicht (nach der Kastration, wenig Bewegung, Rasse bedingt) helfen, das Idealgewicht zu erhalten. Wird eine übergewichtige Katze mit Harnsteinen in der Praxis vorgestellt, sollte zunächst URINARY S/O Moderate Calorie bis zur Auflösung der Struvitharnsteine/-kristalle gefüttert werden. Danach kann auf OBESITY MANAGEMENT oder SATIETY mit S/O-Index (Harnsteinprophylaxe) umgestellt werden, bis das Normalgewicht erreicht ist.
Abb. 50: Fütterung einer Katze mit Übergewicht und Harnsteinen mit tierarztexklusiven Produkten von Royal Canin Produktbeschreibungen und Fütterungsempfehlungen:
GASTRO INTESTINAL Moderate Calorie Magen-Darm-Diäten zeichnen sich durch eine besonders hohe Verdaulichkeit und Energiedichte aus. Tiere die aufgrund einer empfindlichen Verdauung oder einer chronischen Magen-Darm-Erkrankung langfristig mit einer Magen-Darm-Schonkost ernährt werden müssen, neigen nicht selten zu Gewichtszunahme. Die kalorienreduzierte Variante GASTRO INTESTINAL Moderate Calorie ist zur Dauerfütterung solcher Patienten gedacht, um einer ungewollten Gewichtszunahme vorzubeugen. Produktbeschreibungen und Fütterungsempfehlungen:
Wussten Sie schon? GASTRO INTESTINAL Moderate Calorie kann insbesondere in Fällen chronischer
Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) bei Katzen lebenslang verwendet werden. 8.2.
Produkte für Hunde
NEUTERED JUNIOR und NEUTERED ADULT Nach der Kastration besteht für Hunde ein doppelt so hohes Risiko für Übergewicht im Vergleich zu ihren unkastrierten Artgenossen. Nach dem Eingriff sollte daher die Ernährung umgestellt werden, um Übergewicht vorzubeugen, denn der Energiebedarf sinkt um ca. 30%, während der Appetit und das Bettelverhalten häufig zunehmen. Durch den Wechsel zu einer kalorienreduzierten Spezialnahrung mit gutem Sättigungseffekt kann Übergewicht effektiv vorgebeugt werden. VET CARE NUTRTION NEUTERED bietet maßgeschneiderte kalorienreduzierte Spezialnahrungen für Hunde, die je nach Größe des Hundes unterschiedliche Begleitrisiken berücksichtigt. NEUTERED Produkte gibt es für wachsende und ausgewachsene Hunde. Die folgende Abbildung gibt eine Übersicht über die ausschließlich in der Tierarztpraxis erhältlichen NEUTERED Produkte für Hunde. Diese sind nicht nur für kastrierte Hunde geeignet: NEUTERED JUNIOR LARGE DOG ist die optimale Ernährung für die restriktive Aufzucht schnell wachsender Junghunde. NEUTERED ADULT ist für alle ausgewachsenen, gesunden Hunde geeignet, die zu Übergewicht neigen.
Die Produkte der NEUTERED Reihe unterstützen den Erhalt des Normalgewichts durch ihre speziell abgestimmte Rezeptur: Ein reduzierter Fett- und erhöhter Fasergehalt senken die Energiedichte in der Nahrung. Die Nahrungsfasern sorgen
außerdem für eine gute Sättigung über eine vermehrte Füllung des Verdauungstraktes (Ballaststoffe => Rohfaser) und eine verzögerte Magenentleerung (lösliche, gelbildende Fasern wie Psyllium).
Abb. 51: Gewichtserhalt mit den NEUTERED Produkten von Royal Canin 1
gilt für ADULT Produkte, JUNIOR-Nahrungen: 13%–17% Fett, 9% Diätetische Faser
Produktbeschreibungen und Fütterungsempfehlungen: Alle NEUTERED Rezepturen enthalten einen spezifischen, innovativen Rohfaserkomplex, der einen positiven Einfluss auf das Sättigungsgefühl hat, und einen patentierten Antioxidanzien Komplex aus Vitamin E und C, Taurin und Lutein.
In den NUTERED JUNIOR Produkten sorgen ausgewählte Nährstoffe für ein gesunde Ökosystem im Darm: Die Kombination aus hochverdaulichen Proteinen, Präbiotika (Fructo- und Mannan-Oligosaccharide), Reis und Fischöl (Quelle für Omega-3-Fettsäuren) unterstützt eine optimale Verdauung. NEUTERED ADULT SMALL DOG ist gekennzeichnet mit dem S/O-Index: Diese Nahrung kann nach beendeter Harnsteintherapie zur Rezidivprophylaxe von Struvit- bzw. Kalziumoxalatharnkristallbildung eingesetzt werden.
In NEUTERED ADULT und JUNIOR LARGE DOG helfen ausgewählte Nährstoffe (Chondroitin, Glukosamin, Omega-3-Fettsäuren EPA & DHA) und ein ausgewogener Protein- und Mineralstoffgehalt die Knochen- und Gelenkgesundheit zu erhalten. SATIETY und OBESITY MANAGEMENT für Hunde Übergewicht ist die häufigste ernährungsbedingte Erkrankung bei Hunden: inzwischen sind in Deutschland 44% aller Hunde davon betroffen. Für eine effektive Gewichtsreduktion haben sich Produkte mit einer „high fibre, high protein“ Rezeptur besonders bewährt. Diesem Ansatz entspricht die Trockennahrung SATIETY WEIGHT MANAGEMENT am besten. Des Weiteren steht mit OBESITY MANAGEMENT eine weitere, seit langem bewährte kalorienreduzierte Diät für Hunde als Trocken- und Feuchtnahrung zur Verfügung, deren Fasergehalt jedoch etwas geringer ist als der von SATIETY. Der hohe Gehalt beider Diäten an hochwertigem Protein fördert zum einen den Erhalt der mageren Körpermasse (Muskulatur) und sorgt außerdem für eine exzellente Schmackhaftigkeit.
Abb. 52: Übergewichtsdiäten für Hunde von ROYAL CANIN OBESITY MANAGEMENT und SATIETY sind beide Reduktionsdiäten auf der Basis einer „high protein, high fibre“ Rezeptur. Beide Produkte gibt es sowohl als Trockenals auch als Feuchtnahrung. SATIETY weist einen höheren Gehalt an diätetischen Fasern und einen spezielle Faserkombination auf. Enthalten sind Ballaststoffe (gereinigte Zellulose) mit einer hohen Wasserbindungskapazität. Diese erhöhen die Füllung des Magen-DarmTraktes und helfen, einen rasch eintretenden und lang anhaltenden Sättigungseffekt zu realisieren. Der Sättigungseffekt der Fasern verstärkt sich noch in Kombination mit einem hohen Proteingehalt in der Nahrung. Hochwertige Proteine in ausreichender Menge optimieren den Gewichtsverlust auf Kosten des Körperfettanteils: Die Muskulatur bleibt weitestgehend erhalten. Royal Canin SATIETY ist die kommerzielle Reduktionsdiät für Tiere, die in den meisten wissenschaftlichen Publikationen sowie in von Experten begutachteten Forschungsarbeiten empfohlen wird. Daher ist SATIETY auch die erste Wahl zur
Gewichtsreduktion bei Hunden. OBESITY MANAGEMENT ist das historisch ältere, ebenfalls bewährte Produkt. Es sollte vor allem bei Tieren mit Kotabsatzstörungen (z.B. Obstipation, Megacolon, Kot-Inkontinenz) eingesetzt werden, für die große Kotmengen oder eine feste Kotkonsistenz aufgrund des erhöhten Fasergehaltes ein Problem darstellen. Wissenschaftlich überprüfte Studien belegen für SATIETY Nahrungen von Royal Canin:
Neu im Sortiment von Royal Canin seit 2013 ist das Produkt SATIETY SMALL DOG. Es wurde speziell für kleine Hunde unter 10 kg Adultgewicht entwickelt. Das Trockenfutter weist eine besondere, kleine Krokette mit Zahnpflegeeigenschaften auf, die optimal an die Kiefer kleinerer Hunde angepasst ist. Außerdem besitzt das Produkt den S/O-Index, d.h. es bietet eine Prophylaxe gegen Harnsteine (Struvit und Oxalat), von denen kleine Hunde häufiger betroffen sind als große. Der Hauptgrund für die Entwicklung einer speziellen Rezeptur für kleine Hunde war die Beobachtung, dass diese bei Fütterung rohfaserreicher (Reduktions-)Diäten häufig zu Verstopfung und sehr trockenem Kot neigen. Daher wurde die Faserkombination im Vergleich zum Standardprodukt SATIETY verändert: SATIETY SMALL DOG enthält mehr lösliche Fasern mit gelbildenden Eigenschaften und weniger unlösliche Rohfaser für eine optimale Kotkonsistenz bei kleinen Hunden. Außerdem enthält das Produkt Butyrat, eine kurzkettige Fettsäure mit positiven Einfluss auf das Darmmilieu (Ernährung der Darmwandzellen, anti-entzündlich).
Butyrat ist verantwortlich für den zum Teil etwas ungewöhnlichen Geruch des Produktes, den man gelegentlich unmittelbar nach Öffnung der Verpackung beim Trockenfutter wahrnimmt. Produktbeschreibungen und Fütterungsempfehlungen:
Warum ist die Tagesfuttermenge zum Gewichtserhalt niedriger als die zum Abnehmen (bei Diätbeginn)? In einer Studie von German( 2011) wurde festgestellt, dass sich der Erhaltungsenergiebedarf von Hunden nach einer erfolgreichen Gewichtsreduktion von 95 –105 auf 68 kcal pro kg 0,75 vermindert.
Wussten Sie das? SATIETY Feuchtnahrung hatte aufgrund ihrer «high protein, high fibre» Rezeptur in Vergleichsstudien bei Mischfütterung (Trocken- + Feuchtfutter) einen besseren Sättigungseffekt im Vergleich zu einer herkömmlichen Kontroll-Feuchtnahrung.
Nach Erreichen des Ziel- /Normalgewichtes sollte das Körpergewicht weiterhin regelmäßig etwa 1-2x im Monat kontrolliert und dokumentiert werden. Erste Wahl für die Anschlussfütterung ist SATIETY. OBESITY MANAGEMENT oder VETERINARY CARE NUTRITION NEUTERED Nahrungen für kastrierte Hunde sowie Diätnahrungen mit moderatem Energiegehalt (siehe unten, außerdem MOBILITY LARGER DOGS, WEIGHT CONTROL) können ebenfalls in Erwägung gezogen werden. Energiereduzierte Diätnahrungen für Hunde Viele Diätnahrungen sind hochverdaulich und sehr energiereich. Da ein zunehmender Teil der aller Hunde (44%) bereits übergewichtig ist, ist es sinnvoll, häufig verwendete Diäten in einer kalorienreduzierten Variante anzubieten, die hilft eine Gewichtszunahme zu verhindern. Für Hunde, die außer (der Neigung zu) Übergewicht noch eine weitere diätpflichtige Erkrankung haben, gibt es die folgenden Diätnahrungen auch in der Variante „Moderate Calorie“: • HYPOALLERGENIC bei Futtermittelallergie bzw. -unverträglichkeit • URINARY S/O zur Harnsteintherapie (Struvit) und –prophylaxe (Struvit und Oxalat) • GASTRO INTESTINAL bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes URINARY S/O Moderate Calorie ist die erste Diätnahrung mit reduziertem Energiegehalt für Hunde. Da Harnwegserkrankungen bei übergewichtigen Hunden doppelt so häufig vorkommen wie bei idealgewichtigen, ist eine Diätnahrung
moderaten Energiegehaltes wie URINARY S/O Moderate Calorie die optimale Lösung für Hunde, die zu Übergewicht neigen. GASTRO INTESTINAL Moderate Calorie ist ebenso wie GASTRO INTESTINAL eine hochverdauliche Magen-Darm-Diät für Hunde mit gastrointestinalen Störungen wie Erbrechen oder Durchfall. Für Hunde, die längerfristig eine Magen-Darm-Diät erhalten sollen, ist die Moderate Calorie-Variante die erste Wahl, damit sie im Laufe der Zeit nicht an Gewicht zunehmen. HYPOALLERGENIC Moderate Calorie ist eine kalorienreduzierte Diätnahrung zur Diagnose und Behandlung von Futtermittelallergien und –unverträglichkeiten bei übergewichtigen und/oder kastrierten Hunden. Aufgrund seines speziellen Nährstoffprofils ist es auch optimal für ältere Hunde geeignet. Der Energiegehalt der Moderate Calorie Diäten ist im Vergleich zum Standardprodukt um etwa 8-14% reduziert. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über die Kaloriengehalte im Einzelnen:
Das ROYAL CANIN Sortiment beim Tierarzt bietet zahlreiche diätetische Lösungen zur Vorbeugung und Behandlung von Übergewicht bei Hunden und Katzen an, die individuelle Faktoren wie Kastration oder Begleiterkrankungen berücksichtigen. Die fachgerechte Anwendung und die Aufgabe, Ihre Patienten dauerhaft auf ihr Normalgewicht zu bringen, obliegt Ihrem Praxisteam. Wir hoffen, das vorliegende Fernkolleg konnte ihnen die notwendigen Grundkenntnisse und die Motivation zur Einrichtung eines Gewichtmanagement-Programms in Ihrer Praxis vermitteln.