Klinische Diätetik - Urolithiasis

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Abigail STEVENSON PhD, BSc, MIBiol, Cbiol

Carolien RUTGERS

Urolithiasis

DVM, MS, Dip ACVIM, Dip ECVIM-CA, DSAM, MRCVS

Urolithiasis beim Hund: Diätetische Behandlung

1 - Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 2 - Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 3 - Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 4 5 6 7

-

Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Diätetische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Allgemeine Behandlung der Urolithiasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

Häufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Beispiele für selbst zubereitete Rationen für die diätetische Behandlung der Urolithiasis . . 328 Diätetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

301


Urolithiasis beim Hund: Diätetische Behandlung Abigail STEVENSON PhD, BSc, MIBiol, Cbiol Abigail Stevenson schloss ihr Studium 1992 an der University of Stirling mit dem Grad eines Bachelor of Sciences (Hons) ab. Nach sechsmonatiger Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin an der University of Anchorage (Alaska) bekam sie 1993 eine Stelle als technische Assistentin in der Forschungsabteilung am WALTHAM Centre for Pet Nutrition und beschäftigte sich mit dem Vitamin-Aund Taurinstoffwechsel bei Katzen. Im Jahr 1995 wurde Abigail Stevenson zum wissenschaftlichen Mitarbeiterin berufen und befasste sich wissenschaftlich mit dem Bereich Gesundheit des Harnapparates, dem Fachgebiet, in dem sie im Jahr 2002 promovierte (PhD). Danach wechselte Dr. Stevenson das Fachgebiet und leitete von 2002 bis 2005 den Forschungsbereich Vögel und Fische. Seit kurzer Zeit ist sie im Bereich Scentific Communications bei WALTHAM beschäftigt.

Carolien RUTGERS DVM, MS, Dip ACVIM, Dip ECVIM-CA, DSAM, MRCVS

Urolithiasis

Carolien Rutgers schloss ihr Studium 1978 an der Universität Utrecht mit dem Grad eines DVM ab. Nach einem Internship an der University of Pennsylvania absolvierte Carolien Rutgers eine Residency an der Ohio State University, wo sie den Masters Degree errang. Danach arbeitete sie in der Allgemeinpraxis und in einer Überweisungspraxis für Kleintiere und ging schließlich 1985 zunächst als Dozentin für Small Animal Medicine an die University of Liverpool und anschließend 1990 an das Royal Veterinary College, wo sie zur Professorin berufen wurde. Dr. Rutgers hat über 100 wissenschaftliche Artikel und Buchkapitel verfasst und Vorträge überall in Großbritannien und weltweit gehalten. Ihr wissenschaftliches Hauptinteresse gilt der Gastroenterologie. Sie ist Diplomate des American College of Veterinary Internal Medicine (ACVIM), Gründungsdiplomate der Abteilung Companion Animals des European College of Veterinary Internal Medicine (ECVIM-CA) und Inhaberin des RCVS-Diploms für Small Animal Medicine (DSAM). Dr. Rutgers ist Vorstandmitglied des ECVIM-CA, Mitglied des RCVS Small Animal Medicine and Surgery Board sowie Diplomprüferin für beide Organisationen.

ABBILDUNG 1 - DIE WICHTIGSTEN ERKRANKUNGEN DER ABLEITENDEN HARNWEGE BEIM HUND (Nach Lulich et al., 2000)

24% 40%

U

rolithiasis wird definiert als die Bildung von Sedimenten im Harntrakt, zusammengesetzt aus einem oder mehreren Kristalloiden geringer Löslichkeit. Die mikroskopischen Sedimente werden als Kristalle bezeichnet, die größeren, makroskopischen Sedimente werden als Urolithen oder Harnsteine bezeichnet.

18% 8%

Zystitis Inkontinenz Urolithiasis Andere

302

Urolithiasis ist ein häufiges Problem bei Hunden. Harnsteine können sich grundsätzlich in jedem Abschnitt des Harntraktes bilden, obgleich beim Hund die Harnblase am häufigsten betroffen ist. Eine Urolithiasis ist bei etwa 18 % aller Hunde mit Erkrankungen der ableitenden Harnwege der Anlass für den Tierarztbesuch (Abbildung 1) (Lulich et al., 2000).


1- Einleitung

1 - Einleitung Die vier beim Hund am häufigsten nachzuweisenden Harnsteintypen sind Ammonium-MagnesiumPhosphat (Struvit), Kalziumoxalat, Ammoniumurat und Cystin (Osborne et al., 1995; 1999b) (Abbildung 2 und 3, Tabelle 1). Seltenere Harnsteintypen sind Kalziumphosphat, Silikat, Medikamente und Metaboliten von Medikamenten.

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Kalziumoxalat und Struvit sind die Haupttypen der Nierensteine (Ross et al., 1999). Die Inzidenz der Urolithiasis und die Zusammensetzung der Harnsteine können von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, wie zum Beispiel der Rasse, dem Geschlecht, dem Alter, der Ernährung, anatomischen Anomalien, Harnwegsinfektionen, dem Harn-pH-Wert und medikamentösen Behandlungen (Ling, 1998). Der Nachweis der im Einzelfall vorliegenden Risikofaktoren ist die Voraussetzung für eine wirksame Behandlung und Prävention von Harnsteinerkrankungen. Harnsteine haben oft eine hohe Rezidivrate. Dies hat zur zunehmenden Anwendung der diätetischen Behandlung geführt, zum einen, um Harnsteine aufzulösen und zum anderen, um ihrer Entstehung vorzubeugen, obgleich einige Harnsteine leichter aufzulösen sind als andere. Abbildung 2: Kalziumoxalatkristalle

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TABELLE 1 - ENTWICKLUNG DER PRÄVALENZ DER HÄUFIGSTEN HARNSTEINE BEIM HUND Auf der Grundlage von 77 000 Einsendungen von Hunden aller Altersklassen an das Minnesota Urolith Center (Nach Osborne et al., 1999c, und Houston et al., 2004)

1982-1986

1981-1997

1997

2003*

Struvit

78%

67%

49%

45%

43,8%

Oxalat

5%

7%

32%

35%

41,5%

Urat

5%

8%

9%

Cystin

2%

1%

<1%

Gemischte Steine

12%

9%

8%

Abbildung 3: Struvitkristalle Urolithiasis

1981

Struvitsteine haben bisher überwogen. Im Laufe der vergangenen 20 Jahre hat jedoch die Prävalenz der Kalziumoxalatsteine zugenommen, während die der Struvitsteine gesunken ist. Dennoch dominieren auch heute noch die Struvitsteine (Ling et al., 2003). * Befunde aus dem Canadian Veterinary Urolith Centre.

2 - Diagnose Anamnese und klinische Symptome Die Symptome einer Urolithiasis gehen hauptsächlich auf eine Reizung der Schleimhaut der ableitenden Harnwege zurück, die sich klinisch in Form einer Zystitis und / oder Urethritis äußert. Die häufigsten klinischen Symptome sind Hämaturie, Dysurie und Pollakisurie. In einigen Fällen führt die Urolithiasis zu einer Harnröhrenobstruktion, die einen medizinischen und chirurgischen Notfall darstellt. Nierensteine können zudem für eine Pyelonephritis, eine Harnabflussbehinderung, eine Reduzierung der Nierenmasse, eine Azotämie und eine Niereninsuffizienz verantwortlich sein. Gelegentlich sind betroffene Hunde auch klinisch asymptomatisch.

Differenzialdiagnosen Die Differenzialdiagnosen bei Hämaturie, Dysurie, häufiger Miktion mit oder ohne Harnröhrenobstruktion umfassen Harnwegsinfektionen, Polypen und Neoplasien. Die Unterscheidung erfolgt mit Hilfe bakterieller Harnkulturen und Bild gebender Diagnoseverfahren. 303


2 - Diagnose

Labordiagnostik und Bild gebende Untersuchungen Harnanalysen, eine quantitative bakteriologische Harnuntersuchung und Bild gebende Untersuchungen (Leer- und Doppelkontraströntgenaufnahmen und/oder Ultraschall) sind notwendig, um die Diagnose einer Urolithiasis zu bestätigen und gleichzeitig nach prädisponierenden Faktoren zu suchen. Die Analyse der biochemischen Serumparameter ist hilfreich, um begleitende Störungen oder Erkrankungen abzuklären und die Nierenfunktion bei Hunden mit Nierensteinen zu überprüfen. Mit Hilfe einer chemischen Analyse des Harns können übermäßige Mengen eines oder mehrerer im Harnstein vorhandener Mineralstoffe nachgewiesen werden.

> Harnanalyse Bei der Harnanalyse kann im typischen Fall eine Entzündung mit Proteinurie, Hämaturie und Pyurie nachgewiesen werden. Der Harn-pH-Wert variiert in Abhängigkeit vom Harnsteintyp, dem Vorhandensein oder Fehlen einer Infektion und der Ernährung. Im Allgemeinen gehen Struvitsteine mit einem alkalischen Harn einher, insbesondere wenn Urease-positive Bakterien vorhanden sind. Urat- und Cystinsteine entwickeln sich eher bei neutralem bis saurem pH-Wert (Osborne et al., 1995). Bei der Entstehung von Kalziumoxalatsteinen spielt der Harn-pH-Wert dagegen eine weniger wichtige Rolle. Eine Kristallurie kann ohne Urolithiasis vorliegen, und eine Urolithiasis kann ohne Kristallurie bestehen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Kristalle nicht unbedingt repräsentativ für den Harnsteintyp sind, da ihre Bildung auch durch eine Infektion mit Urease-positiven Bakterien beeinflusst werden kann, die möglicherweise die Entstehung von Struvitkristallen fördert. Ammoniumuratkristalle (Abbildung 4) können auf einen portosystemischen Shunt hinweisen, und Cystinkristalle sind pathognomonisch für eine Cystinurie (Abbildung 5). Die Anwesenheit von Kristallen ist abhängig vom pH-Wert, der Temperatur und der Mineralstoffkonzentration im Harn. Harnproben sollten deshalb innerhalb von 30 Minuten nach ihrer Entnahme untersucht werden und dürfen nicht eingefroren werden.

> Harnkultur

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Urolithiasis

Kulturelle Harnuntersuchungen mit Antibiogramm sollten systematisch bei allen betroffenen Hunden durchgeführt werden, um primäre oder sekundäre Harnwegsinfektionen abzuklären. Eine bakteriologische Untersuchung des inneren Teils der Harnsteine kann ebenfalls hilfreich sein, da sich die im Harn vorhandenen Bakterien von den im Inneren der Steine eingeschlossenen unterscheiden können (Osborne et al., 1995). Wenn der Harnstein per Zystotomie entfernt wird, empfiehlt es sich, gleichzeitig eine Biopsie der Blasenschleimhaut für eine kulturelle bakteriologische Untersuchung sowie einen Resistenztest zu entnehmen, da diese Methode aussagekräftiger ist als eine Harnkultur (Hamaide et al., 1998).

> Bild gebende Diagnoseverfahren

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Abbildung 4: Ammoniumuratkristalle

Abbildung 5: Cystinkristalle

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Röntgenaufnahmen und/oder eine sonographische Untersuchung sind angezeigt, um das Vorhandensein von Harnsteinen nachzuweisen und ihre Lokalisation, ihre Anzahl, ihre Größe, ihre Strahlendichte und ihre Form zu verifizieren (Abbildung 6). Mit Hilfe abdominaler Röntgenaufnahmen oder der Sonographie sind jedoch nur Steine einer Größe über 3 mm nachweisbar. Uratsteine sind am strahlendurchlässigsten, und ihr Nachweis erfordert im Allgemeinen eine Doppelkontrastzystographie. Retrograde Kontrastuntersuchungen sind erforderlich, um Harnröhrensteine nachzuweisen, und im Falle eines Verdachts auf Nierensteine bietet sich eine Ausscheidungsurographie an.

Abbildung 6: Röntgenologische Darstellung von Blasensteinen bei einem Hund

Eine Zystoskopie setzt eine spezielle apparative Ausrüstung und eine Allgemeinanästhesie voraus, sie kann sich aber als ein sehr wertvolles Hilfsmittel zur Bestätigung einer Urolithiasis und auch für das Entfernen kleiner Steine aus der Blase oder der Harnröhre erweisen (Cannizzo et al., 2001).


Harnsteine können durch spontanen Harnabsatz, Urohydropropulsion (Osborne et al., 1999e), Aspiration über einen Harnröhrenkatheter, Zystoskopie oder chirurgische Extraktion gewonnen werden. Die Zusammensetzung der Steine sollte nach Möglichkeit mit Hilfe quantitativer physikalischer Analysen bestimmt werden, da diese zu sehr viel genaueren Ergebnissen führen als qualitative chemische Analyseverfahren. Harnsteine können aus mehreren verschiedenen Mineralstoffen bestehen, und unter Umständen sind bei gemischten Harnsteinen Mineralstoffanalysen Schicht für Schicht erforderlich. Die Steine dürfen deshalb vor der Analyse nicht zerbrochen werden. Die auslösende Ursache der Urolithiasis wird durch die Untersuchung der Mineralstoffzusammensetzung des Kerns (Nukleus) bestimmt, die sich von der Zusammensetzung der äußeren Schichten unterscheiden kann (Osborne et al., 1999c).

Die Bestimmung der Mineralstoffzusammensetzung der Urolithen ist die entscheidende Voraussetzung für eine spezifische Therapie und die gezielte Prävention von Rezidiven. Die zuverlässigste Methode ist die Durchführung quantitativer Analysen in einem spezialisierten Labor.

2 - Diagnose

Analyse der Harnsteinzusammensetzung

TABELLE 2 - HILFSFAKTOREN ZUR VORHERSAGE DER HARNSTEINZUSAMMENSETZUNG BEIM HUND (modifiziert nach Osborne et al., 1995)

Signalement: Rasse, Alter und Geschlecht (siehe Tabelle 3)

++

Mg

-

NH4

++++

Strahlendichte der Harnsteine

Harn-pH-Wert

- Struvit - Kalziumoxalat - Ammoniumurat, Silikat - Cystin

gewöhnlich alkalisch keine Prädisposition sauer bis neutral sauer

Kristallurie

- Cystinkristalle sind pathognomonisch für eine Cystinurie, die wiederum eine Prädisposition für eine Cystinurolithiasis darstellt.

Harnwegsinfektion und Typ der aus dem Harn isolierten Bakterien

- Harnwegsinfektionen mit Urease-positiven Bakterien (Staphylokokken, Proteus spp.) legen den Verdacht einer Struviturolithiasis nahe (primär oder sekundär).

Begleitende Erkrankungen (biochemische Serumuntersuchung)

- Hyperkalzämie kann mit kalziumhaltigen Steinen assoziiert sein. - Portosystemische Shunts sind eine Prädisposition für Uraturolithiasis. - Hyperchlorämie, Hypokaliämie und Azidose können mit einer distalen renalen tubulären Azidose assoziiert sein und mit Kalziumphosphat- oder Struvitsteinen.

Biochemische Harnuntersuchungen

- Relative Übersättigung des Harns mit einem oder mehreren der im Harnstein enthaltenen Mineralstoffe.

pH

K+

++ bis ++++ + bis ++ 0 bis + Urolithiasis

++

Ca 3-

PO4

- Kalziumoxalat, Kalziumphosphat - Struvit, Silikat - Cystin - Ammoniumurat

Familiärer Vorbericht zu bestimmten Harnsteinen Quantitative Analyse von auf natürlichem Weg ausgeschiedenen oder durch Aspiration über einen Katheter oder Urohydropropulsion gewonnenen Steinen

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2 - Diagnose

TABELLE 3 - ALTERS-, RASSE- UND GESCHLECHTSSPEZIFISCHE PRÄDISPOSITIONEN FÜR BESTIMMTE FORMEN DER UROLITHIASIS BEIM HUND (nach Osborne et al., 1999c und Lulich et al., 2000)

Harnsteintyp

Häufig betroffene Altersklassen

Häufig betroffene Rassen

Geschlechtsspezifische Prädisposition

1-8 Jahre Durchschnitt: 6 Jahre

Zwergschnauzer Bichon Frisé Shih Tzu Zwergpudel Lhasa Apso

Hündinnen (>80%)

Kalziumoxalat

6-12 Jahre Durchschnitt: 8,5 Jahre

Zwergschnauzer Lhasa Apso Cairn Terrier Yorkshire Terrier Cocker Spaniel Bichon Frisé Shih Tzu Zwergpudel

Rüden (>70%)

Kalziumphosphat

5-13 Jahre

Yorkshire Terrier

Rüden (>70%)

Urat

Ohne PSS*: Durchschnitt: 3,5 Jahre Mit PSS: Durchschnitt: < 1 Jahr

Dalmatiner Englische Bulldogge Zwergschnauzer (PSS*) Yorkshire Terrier (PSS*)

Rüden (>85%)

Cystin

2 - 7 Jahre Durchschnitt: 5 Jahre <1 Jahr beim Neufundländer

Englische Bulldogge Teckel Neufundländer

Rüden (>90%)

Silikat

4- 9 Jahre

Deutscher Schäferhund Bobtail

Rüden (>90%)

Urolithiasis

Struvit

*PSS= portosystemischer Shunt

Vorhersage des Harnsteintyps Eine wirksame Auflösung von Harnsteinen ist abhängig von der genauen Kenntnis ihrer Mineralstoffzusammensetzung. Im Idealfall werden Konkremente gewonnen und im Labor analysiert, und zahlreiche Faktoren können dabei helfen, die Zusammensetzung der Steine vorherzusagen (Tabelle 2 und 3).

Spezifische Harnsteintypen

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> Struvit Struvit (Mg NH4 PO4 6 H2O) gehört zu den in Harnsteinen bei Hunden am häufigsten nachgewiesenen Mineralstoffverbindungen (Abbildung 7). Eine Übersättigung des Harns mit Magnesium-, Ammoniumund Phosphationen ist die Voraussetzung für ihre Entstehung, es gibt aber mehrere unterstützende Faktoren wie Harnwegsinfektionen, ein alkalischer Harn-pH-Wert, die Ernährung und genetische Prädispositionen, die einen Einfluss auf die Bildung von Struvitsteinen haben. Bei Hunden hängen die meisten Fälle von Struviturolithiasis mit Harnwegsinfektionen (Abbildung 8) durch Urease-positive Bakterien zusammen wie zum Beispiel Staphylokokken (häufig S. intermedius) oder seltener auch Proteus spp. Das Enzym Urease hydrolysiert Harnstoff, was einen Anstieg der Konzentrationen von Ammonium, Phosphaten und Karbonaten und damit einer Alkalisierung des Harns zur Folge hat. Zahlreiche Struvitsteine enthalten darüber hinaus kleine Mengen anderer Mineralstoffe, wie zum Beispiel Kalziumphosphat und seltener auch Ammoniumurat. cm 1

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3

4

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8

9 10 11 12 13 14 15

Abbildung 7: Struvitsteine

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Sterile Struvitsteine sind selten bei Hunden. Ihre Ätiopathogenese umfasst diätetische, metabolische und familiäre Faktoren; Urease-positive Bakterien spielen jedoch keine Rolle (Osborne et al., 1995).


2 - Diagnose

ABBILDUNG 8 - DIE ROLLE VON HARNWEGSINFEKTIONEN BEI DER STRUVITUROLITHIASIS (Quelle: P. Markwell)

Harnstoff Die Harnstoffbildung hängt von der Proteinaufnahme ab.

Mikrobielle Urease

+

CO(NH2)2

H2O

+

CO2

Struvit

NH3/NH4+ hängt vom Harn-pH ab

NH4+ Mg++ PO43Kohlenstoff Sauerstoff

Wenn pH alkalisch

2NH3

+

NH3

H2O

NH+4 + OH+

Stickstoff Magnesium Phosphat Wasserstoff

+

OH- + HPO42-

+

H2O + PO43-

Urolithiasis

Die bakterielle Infektion mit Urease bildenden Organismen führt zur Spaltung von Harnstoff, wobei Ammonium und Kohlendioxid entstehen. Kohlendioxid dissoziiert in Wasser und sorgt für eine Alkalisierung des Harns. Im alkalischen Milieu verbinden sich Phosphat und Ammonium mit Magnesium und bilden ein Magnesium-Ammonium-Phosphat-Molekül (Struvit).

1 cm

Der Hauptrisikofaktor der Kalziumoxalaturolithiasis ist die Übersättigung des Harns mit Kalzium und Oxalat, wobei Kalzium im Verhältnis wichtiger ist (Stevenson, 2002 & 2003a). Ein Hauptfaktor ist eine intestinale Hyperabsorption von Kalzium. eine bekannte Ursache der Kalziumoxalaturolithiasis beim Menschen, aber auch bei Hunden mit besonderer Anfälligkeit für diesen Harnsteintyp (Lulich et al., 2000; Stevenson, 2002). Indirekt führt die Kalziumhyperabsorption zu einer Hyperoxalurie, da sie die Verfügbarkeit von Oxalat für die Absorption steigert. Das Verhältnis zwischen intestinaler Absorption von Kalzium und Oxalsäure ist klinisch von Bedeutung, da eine Reduzierung der Kalziumkonzentration die Absorption von Oxalat steigert und damit das Risiko der Steinbildung erhält oder steigert. Die Ernährung kann eine wichtige Rolle bei der Entwicklung dieses Harnsteintyps spielen (siehe Risikofaktoren) (Lekcharoensuk et al., 2002a; 2002b). Erkrankungen, die die Ausscheidung von Kalzium und Oxalsäure über den Harn steigern, spielen eine geringere Rolle. Kalziumoxalat- (Abbildung 9) und Kalziumphosphatsteine werden bei Hunden mit primärem Hyperparathyreoidismus beschrieben, nicht aber bei Hunden mit paraneoplastischer Hyperkalzämie (Klausner et al., 1987; Lulich et al., 2000).

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> Kalziumoxalat

Abbildung 9: Kalziumoxalatsteine

Harnsäure ist eines von mehreren Abbauprodukten des Purinnukleotidstoffwechsels. Bei allen Rassen außer dem Dalmatiner wird praktisch sämtliches Urat, das beim Abbau der Purinnukleotide gebildet wird, von der hepatischen Urikase zu dem stark löslichen und über die Niere ausgeschiedenen Allantoin metabolisiert (Kruger & Osborne, 1986). Beim Dalmatiner werden nur 30 bis 40 % der Harnsäure in Allantoin umgebaut, mit der Folge eines erhöhten Uratgehalts im Serum und einer vermehrten Uratausscheidung über den Harn (Bartges et al., 1999). Die daraus hervorgehenden Steine bestehen meist aus Ammoniumurat (Abbildung 10). Der defizitäre Harnsäurestoffwechsel beim Dalmatiner geht wahrscheinlich auf Veränderungen sowohl der hepatischen als auch der renalen Stoffwechselwege zurück, der

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Abbildung 10: Uratsteine 307

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> Urat


2 - Diagnose

genaue Mechanismus ist aber noch völlig unbekannt. Eine verminderte Harnausscheidung von Inhibitoren der Kristallisation könnte ebenfalls zur Steinbildung bei Dalmatinern beitragen (Carvalho et al., 2003). Die Urolithiasis des Dalmatiners wird wahrscheinlich autosomal rezessiv vererbt (Sorenson & Ling, 1993), obgleich dies nicht das höhere geschlechtsspezifische Risiko der Uratsteinbildung bei Rüden erklärt. Jegliche Form einer hochgradigen Leberdysfunktion kann einen Hund für die Entwicklung einer Uraturolithiasis prädisponieren. Bei Hunden mit angeborenem oder erworbenem portosystemischem Shunt liegt jedoch eine spezifische Prädisposition vor (Bartges et al., 1999). Diese Hunde entwickeln häufig eine intermittierende Uratkristallurie und/oder Uratsteine. Die Leberdysfunktion bei diesen Hunden kann mit einer verminderten hepatischen Umwandlung von Harnsäure in Allantoin und von Ammoniak in Harnstoff einhergehen, mit der Folge einer Hyperurikämie und einer Hyperammonämie. Der genaue Mechanismus ist aber unbekannt. Relativ wenig ist bekannt über die Uraturolithiasis bei anderen Hunden außer Dalmatinern, die nicht unter einem portosystemischen Shunt leiden. Eine familiäre Prädisposition wurde bei Englischen Bulldoggen vermutet (Bartges et al., 1994). Zu den diätetischen Risikofaktoren der Uraturolithiasis gehören eine purinreiche Ernährung (z. B. hoher Anteil Schlachtabfälle) und eine geringe Trinkwasseraufnahme. Saurer Harn fördert die Uratsteinbildung, da Purine in saurem Milieu weniger löslich sind. Eine Ernährung, die die Bildung eines sauren Harns begünstigt, wie zum Beispiel Rationen mit hohem Proteingehalt, gilt deshalb ebenfalls als Risikofaktor bei prädisponierten Hunden (Bartges et al., 1999).

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> Cystin

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Urolithiasis

Abbildung 11: Cystinsteine

Cystinsteine (Abbildung 11) entstehen bei Hunden mit Cystinurie, einer angeborenen Stoffwechselstörung, gekennzeichnet durch eine defizitäre Reabsorption von Cystin und anderen Aminosäuren im proximalen Tubulus. Hunde mit Cystinurie reabsorbieren eine deutlich geringere Menge des vom Glomerulum filtrierten Cystins, und einige dieser Tiere können sogar eine Nettosekretion von Cystin aufweisen (Casal et al., 1995). Die Cystinurie ist in der Regel das einzige nachweisbare Symptom dieses Aminosäureverlustes, es sei denn, die Proteinaufnahme ist stark reduziert. Eine Cystinurolithiasis entwickelt sich, da das Cystin bei normalem Harn-pH-Wert von 5,5 bis 7,0 nur in geringen Mengen löslich ist. Nicht alle Hunde mit Cystinurie bilden Harnsteine, und oft werden die Steine vor ihrer vollständigen Ausreifung nicht bemerkt. Cystinsteine treten vor allem bei Rüden auf, so dass davon auszugehen ist, dass andere noch unbekannte Faktoren ebenfalls eine Rolle in ihrer Pathogenese spielen können. Die Cystinurie des Hundes ist genetisch heterogen und wurde bei über 60 Rassen mit unterschiedlichen Formen einer Aminoazidurie nachgewiesen (Case et al., 1992; Osborne et al., 1999g; Henthorn et al., 2000).

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> Weitere Harnsteine

Abbildung 12: Kalziumphosphatsteine

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Kalziumphosphatsteine (Abbildung 12) werden im Allgemeinen als Apatitsteine bezeichnet. Die häufigsten Formen sind die Hydroxyapatite und die Karbonatapatite. Im Allgemeinen treten sie als ein geringfügiger Bestandteil von Struvit- oder Kalziumoxalatsteinen auf. Reine Kalziumphosphatsteine kommen dagegen nur sehr selten vor, und häufig besteht ein Zusammenhang mit Stoffwechselstörungen (primärer Hyperparathyreoidismus, andere hyperkalzämische Störungen, renale tubuläre Azidose, idiopathische Hyperkalziurie) und/oder mit einer übermäßig kalzium- und phosphorreichen Ernährung (Kruger et al., 1999). Kalziumphosphatkristalle können eine Kalziumoxalatkristallisation auslösen, indem sie eine heterogene Kristallbildung bei einer niedrigen, unterhalb der Schwelle für eine homogene Kristallbildung liegenden Harnübersättigung zulassen. Die Risiken einer Kalziumphosphatbildung müssen also bei der Behandlung anderer Harnsteintypen mit in Betracht gezogen werden. Bei der Silikaturolithiasis handelt es sich um eine erst vor relativ kurzer Zeit entdeckte Erkrankung (Aldrich et al., 1997). Die Pathogenese kann mit der Aufnahme verschiedener Nahrungsmittel zusammenhängen, die Silikat in einer absorbierbaren Form enthalten. Die Folge ist eine übermäßige Silikatausscheidung über den Harn. Das erst relativ kurze Zeit zurückliegende Auftauchen dieser Harnsteine könnte auf die zunehmende Verwendung von Futtermittelzutaten mit hohem Gehalt an Pflanzenfasern und Kleie für Hunde zusammenhängen (Osborne et al., 1995). Zusammengesetzte Harnsteine haben einen aus einem Mineralstofftyp bestehenden Kern und eine Hülle aus einem anderen Mineralstoff. Sie bilden sich, wenn Faktoren, die die Bildung eines Steintyps begünstigen, bereits bestehende Faktoren, die die Bildung der anderen Steinform begünstigen, überlagern. Einige Mineralstofftypen können darüber hinaus als Kristallisationskern für die Ablagerung eines anderen Mineralstoffs dienen. Sämtliche Steine stellen zum Beispiel eine Prädisposition für Harnwegsinfektionen dar, die wiederum eine sekundäre Präzipitation von Struvit auslösen können.


Die Inzidenz und die Mineralstoffzusammensetzung von Harnsteinen können von komplexen Interaktionen multipler Faktoren beeinflusst werden, wie zum Beispiel vom Alter, dem Geschlecht, der genetischen Prädisposition und der Rassezugehörigkeit, der Ernährung, der Trinkwasseraufnahme, der Lebensweise und dem Vorhandensein von Harnwegsinfektionen.

Ätiologie

Urolithiasis ist die Folge zugrunde liegender erblicher, angeborener oder erworbener Störungen, die eine gesteigerte Ausscheidung bestimmter Mineralstoffe über den Harn hervorrufen und/oder eine Prädisposition für die Bildung von Harnsteinen darstellen (Osborne et al., 1995). Die Zusammensetzung des Harns kann durch Stoffwechselstörungen verändert werden. Ein erblicher Mechanismus wurde beim Dalmatiner (für Urat) und beim Neufundländer (für Cystin) nachgewiesen (Sorenson & Ling, 1993; Henthorn et al., 2000), und Prädispositionen bei mehreren anderen Rassen legen die Existenz einer möglichen genetischen Grundlage nahe. Kongenitale Ursachen können ein Individuum direkt (z. B. eine kongenitale Cystinurie) oder indirekt (z. B. urogenitale Missbildungen) für die Bildung von Harnsteinen prädisponieren. Zu den erworbenen Störungen gehören Harnwegsinfektionen mit Urease-positiven Bakterien oder Stoffwechselstörungen (z. B. Hyperkalzämie), die eine Steigerung der Mineralstoffausscheidung zur Folge haben. Die Applikation von Arzneimitteln stellt in einigen Fällen einen verstärkenden Faktor dar (Osborne et al., 1999f).

3 - Epidemiologie

3 - Epidemiologie

Prädisposition und Risikofaktoren > Rasse, Geschlecht, Alter Kleine Rassen neigen häufiger zur Entwicklung einer Urolithiasis als große Rassen (Lulich et al., 2000). Eine mögliche Erklärung für diese Prädisposition bei kleinen Hunden ist ihr geringeres Harnvolumen, ihre geringere Miktionshäufigkeit und in der Folge daraus die erhöhte Mineralstoffkonzentration des Harns (Ling, 1998; Stevenson & Markwell, 2001) (Tabelle 4).

Urolithiasis

Die rassespezifische Prädisposition für bestimmte Mineralstofftypen spricht für eine genetische Grundlage und korreliert häufig signifikant mit dem Geschlecht (Tabelle 3) (Stevenson, 2002). Ein genetischer Übertragungsmodus für die Cystinurie wurde beim Neufundländer nachgewiesen, es handelt sich um eine einfache autosomal rezessive Vererbung (Casal et al., 1995; Henthorn et al., 2000).

TABELLE 4 - RISIKOFAKTOREN FÜR HARNSTEINE BEI KLEINEN HUNDEN (nach Stevenson et al., 2001)

Kleine Hunderassen sind häufiger betroffen: Bichon Frisé, Teckel, Lhasa Apso, Zwergpudel, Zwergschnauzer, Shih Tzu, Yorkshire Terrier. Unterschiedliche Harnparameter bei 8 Zwergschnauzern und 8 Labrador Retrievern. Harnvolumen* (ml/kg KG0,75)

Zwergschnauzer (12±3) <Labrador (22±15)

Anzahl Miktionen/Tag

Zwergschnauzer (1,5±0,5) <Labrador (2,9±1,1)

Harn-pH-Wert

Zwergschnauzer (6,52±0,18) >Labrador (6,14±0,34)

* Reduziertes Harnvolumen auch beim Cairn Terrier nachgewiesen (< Labrador)

Die meisten Urolithiasisformen kommen gehäuft bei Rüden vor. Eine Ausnahme ist die Struviturolithiasis, die eine hohe Inzidenz bei Hündinnen aufweist, wahrscheinlich aufgrund der höheren Anfälligkeit weiblicher Tiere für Harnwegsinfektionen (Tabelle 5). Urolithiasis tritt gewöhnlich bei adulten Hunden auf, obgleich die Altersspanne sehr groß ist. Kalziumhaltige Harnsteine (Phosphat und Oxalat) treten tendenziell eher bei älteren Hunden auf.

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3 - Epidemiologie

TABELLE 5 - HILFSFAKTOREN ZUR VORHERSAGE DER HARNSTEINZUSAMMENSETZUNG BEIM HUND (Ling, 1998 ; Lulich, 2000)

Urat

Cystin

Struvit

Oxalat

Geschlecht

Rüden: 85% der Fälle

Rüden: 90% der Fälle

Hündinnen: 80% der Fälle

Rüden: 70% der Fälle

Rasseprädispositionen

Dalmatiner Englische Bulldogge Zwergschnauzer Yorkshire Terrier

Englische Bulldogge Teckel Basset Hound Yorkshire Terrier

Shih Tzu Zwergschnauzer Zwergpudel Bichon Frisé Lhasa Apso Englischer Cocker Spaniel

Shih Tzu Zwergschnauzer Zwergpudel Bichon Frisé Lhasa Apso Yorkshire Terrier

Mittleres Alter

1-4 Jahre

1-8 Jahre

2-8 Jahre

5-12 Jahre

Harn-pH

sauer oder neutral

sauer oder neutral

alkalisch oder neutral

Harnwegsinfektion

2/3 der Fälle

> Ernährung und Trinkwasseraufnahme

Urolithiasis

Die Ernährung kann die Zusammensetzung des Harns beeinflussen, und diätetische Faktoren spielen deshalb eine signifikante Rolle bei der Steigerung des Urolithiasisrisikos, obgleich es hier je nach Mineralstofftyp Unterschiede gibt (Tabelle 6). Gleich mehrere diätetische Faktoren scheinen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Kalziumoxalaturolithiasis zu spielen, und zwar insbesondere eine flüssigkeits- und natriumarme sowie proteinreiche Ernährung. Auch Trockenfutter geht mit einem höheren Risiko einher (Ling et al., 1998; Lekcharoensuk et al., 2002a, 2002b). Nahrung mit erhöhtem Feuchtigkeits-gehalt und einem moderat erhöhten Natriumgehalt senkt das Risiko der Kalziumoxalatbildung bei anfälligen Hunderassen (Stevenson et al., 2003b; 2003c). Eine drastische Purinrestriktion senkt nachweislich die Harnausscheidung von Urat beim gesunden Hund und beim Dalmatiner (Senior, 1992). Zudem gibt es einen deutlichen Zusammenhang zwischen Silikaturolithiasis und einer Nahrung mit hohem Anteil pflanzlicher Inhaltsstoffe wie Kleie und Sojaschalen (Lulich et al., 2001).

TABELLE 6 - RISIKOFAKTOREN DER UROLITHIASIS IM ZUSAMMENHANG MIT DER ERNÄHRUNG, DER HARNZUSAMMENSETZUNG UND DEM STOFFWECHSEL BEIM HUND (nach Osborne et al., 1999c und Lulich et al., 2000)

Harnsteintyp

Ernährung

Harnparameter

Stoffwechsel / andere Faktoren

Struvit

Magnesiumreich* Phosphorreich* Geringe Trinkwasseraufnahme

Alkalischer pH Harnwegsinfektionen mit Urease-positiven Bakterien Geringes Harnvolumen

-

Kalziumoxalat

Kalziumreich* Oxalatreich* (insbesondere bei niedrigem diätetischem Kalziumgehalt) Vitamin-C-Überschuss

Geringes Harnvolumen Hyperkalziurie Hyperoxalurie

Hyperkalzämie Hyperadrenokortizismus Chronische metabolische Azidose

Kalziumphosphat

Überschuss an diätetischem Kalzium und Phosphor*

-

Hyperkalzämie (primärer Hyperparathyreoidismus) Renale tubuläre Azidose

Urat

Purinreiche Nahrung (z. B. Schlachtabfälle)

-

Erblicher genetischer Defekt des Harnsäurestoffwechsels Leberdysfunktion

Cystin

-

Cystinurie

Defekt der proximalen tubulären Reabsorption von Cystin oder anderer Aminosäuren

Silikat

Silikatreich*

-

* Der Gehalt, ab dem dieser diätetische Faktor ausschlaggebend wird, hängt vom Harnmilieu ab (Harn-pH, Vorhandensein von Inhibitoren, Harnwegsinfektion usw.). 310


3 - Epidemiologie

> Harnwegsinfektionen Harnwegsinfektionen prädisponieren den Hund für eine Struviturolithiasis, insbesondere, wenn Urease-positive Bakterien beteiligt sind. Da Harnwegsinfektionen bei Hündinnen häufiger vorkommen als bei Rüden, werden Struvitsteine gehäuft bei weiblichen Tieren festgestellt und hier insbesondere bei kastrierten Hündinnen.

> Umwelt Von Land zu Land werden unterschiedliche Muster der Harnsteinbildung beobachtet. Faktoren, die eine Dehydratation (heißes Klima, unzureichende Trinkwasserversorgung) oder eine verlängerte Harnstase in der Blase (Hundehaltung im Haus) begünstigen, erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Harnsteinbildung (Franti et al., 1999).

> Applikation von Arzneimitteln Diagnostisch oder therapeutisch eingesetzte Medikamente können die Entstehung einer Urolithiasis dadurch begünstigen, dass sie den Harn-pH-Wert oder die tubuläre Reabsorption oder Sekretion beeinflussen. Zudem können die Medikamente selbst oder ihre Metaboliten im Harn präzipitieren (Osborne et al., 1999f). Die Prävalenz der arzneimittelinduzierten Urolithiasis ist unbekannt, obgleich Medikamente und ihre Metaboliten im Harn leichter präzipitieren, wenn bereits Steine vorhanden sind. Die Sulfonamide der älteren Generation waren am häufigsten beteiligt, aber auch die Wirkstoffe der neueren Generationen können präzipitieren und eine Urolithiasis auslösen, wenn sie über längere Zeit in hoher Dosierung verabreicht werden.

> Metabolische Einflüsse

Urolithiasis

Eine lang anhaltende Hyperkalzämie und die daraus entstehende Kalziurie können das Risiko für die Entwicklung kalziumhaltiger Harnsteine steigern. Hyperadrenokortizismus wurde mit der Entstehung von Kalziumoxalatsteinen in Verbindung gebracht, da Kortikosteroide die Mobilisierung von Knochenkalzium steigern und die tubuläre Reabsorption reduzieren, was letztlich eine erhöhte Kalziurie zur Folge hat (Hess et al., 1998; Lulich et al., 1999). Eine chronische metabolische Azidose kann ebenfalls zur Entstehung einer Kalziumoxalaturolithiasis beitragen. Überschüssige Wasserstoffionen werden durch Phosphate und die Karbonate aus dem Knochengewebe gepuffert, wobei gleichzeitig vermehrt Kalzium aus den Knochen freigesetzt wird (Lulich et al., 1999) (Abbildung 13). Die Cystinurie ist eine erbliche, angeborene Stoffwechselstörung, die die Bildung von Cystinharnsteinen begünstigt, obwohl nicht alle Hunde mit Cystinurie oder Cystinkristallen im Harn auch entsprechende Harnsteine bilden.

ABBILDUNG 13 - AUSWIRKUNGEN DER METABOLISCHEN AZIDOSE AUF DIE KALZIUMAUSSCHEIDUNG MIT DEM HARN

+

HCO3-

+

Na

H+ H2CO3

H2O

Ca(HCO3)2 CaHPO4

Na+

OH- +CO2

+

+

CO2 + H2O

+

Bei metabolischer Azidose setzt der Knochen vermehrt Kalziumphosphat und Karbonatpuffer in den Blutkreislauf frei. Das überschüssige Kalzium wird über den Harn ausgeschieden, und in der Folge erhöht sich das Risiko der Kalziumoxalatbildung.

Der Nierentubulus ist verantwortlich für die Säureausscheidung.

3HCO3-

HPO42- + H+

Ketoglutarat 3Na+

++

Ca

-

H2PO4

Na+

Glutamin NH4+

Na-K ATPase 2K+

Harn Tubuluslumen

Proximale Tubuluszelle

Peritubuläre Kapillare

311


4 - Pathophysiologie

4 - Pathophysiologie Harnsteinbildung > Relative Übersättigung (Abbildung 14) Die Übersättigung des Harns ist gewissermaßen die Antriebskraft der Kristallbildung im Harntrakt. In der Diagnostik wird die Messung der „Relative Supersaturation“ (RSS) des Harns mit einigen spezifischen Mineralstoffen eingesetzt, um Hunde mit erhöhtem Risiko für die Bildung von Urolithen zu erkennen. Die RSS gilt als ein deutlich präziserer Indikator des Kristallisationspotenzials von Harn als das früher eingesetzte Aktivitätsprodukt (AP). Die Haupteinschränkung der AP-Technik ist die Annahme, dass ein Gleichgewicht der gelösten Substanzen am Ende der 48stündigen Inkubationsperiode erreicht wird, während es in der Tat bis zu neun Tagen dauern kann, bis ein solches Gleichgewicht im Harn erreicht ist, insbesondere, wenn man vom Zustand der Übersättigung ausgeht (Robertson et al., 2002; Stevenson et al., 2003c). In einer einfachen Lösung entspricht eine RSS unter 1 einer ungesättigten Lösung, und eine RSS über 1 zeigt eine übersättigte Lösung an. Bei Harn handelt es sich jedoch um eine sehr komplexe Lösung, und selbst im Falle einer Übersättigung kann die Bildung von Steinen durch einen hohen Harnfluss, Inhibitoren der Kristallisation oder der Aggregation und verschiedene Ionenkräfte verhindert werden. Diesen Zustand bezeichnet man als die metastabile Zone. Nimmt die Konzentration des Harns weiter zu, bilden sich spontan Kristalle, und man spricht von der Übersättigung. Die RSS, ab der Harn übersättigt wird, hängt von der Mineralstoffkonzentration ab. Sie liegt bei 2,5 für die Struvite und bei 14 für Kalziumoxalat im Harn des Menschen (Robertson, persönliche Mitteilung).

> Bildung eines Kristallisationskerns (Nukleation)

ABBILDUNG 14 - RELATIVE ÜBERSÄTTIGUNG DES HARNS (RELATIVE SUPERSATURATION, RSS) Risik on imm tz e n v ä t r i o P n u

I

Hoch

I

I

I

I

I

I

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I I

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I I

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I

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I

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I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

5

I

I

Niedrig

I

I

I

Übersättigung (stabil) (RSS>>1)

I

Behandlu ng/P räv en ti

Löslichkeit

I

I

Untersättigung (RSS<1)

at xal mo ziu Kal it v Stru

Übersättigung (RSS>>1) Bildung eines Kristallisationskerns (Nukleation) Spontane Kristallbildung Schnelles Kristallwachstum und Aggregation Kristallauflösung nicht möglich Metastabile Zone (RSS>1) Wachstum präformierter Kristalle möglich Heterogene Nukleation kann stattfinden Kristallauflösung nicht möglich

Untersättigung (stabil) (RSS<1) Keine Kristallbildung Bestehende Harnsteine/Kristalle können sich auflösen

312

(persönliche Mitteilung von Dr. WG Robertson)

I

I

Kal zium oxa la Stru t vit

I

I

I

I

Metastabile 2,5 Zone (RSS>1)

10 bis 14 I

I

I I

I

0

I

I I

0

I

I

1,0

I

1,0

ABBILDUNG 15 - LÖSLICHKEIT UND HARN-PH-WERT

r fah Ge

on

I

Urolithiasis

Der erste Schritt im Entwicklungsprozess eines Harnsteins ist die Bildung eines Kristallisationskerns (Nukleus). Diese auch als Nukleation bezeichnete Phase ist abhängig von der Übersättigung des Harns mit lithogenen Substanzen, die eine Präzipitation von Salzen und eine Kristallisation erst möglich macht (Robertson, 1993). Der Grad der Übersättigung kann von Harnfaktoren wie der Höhe der renalen Aus-

6

7

Cystin

Ammoniumurat

Kalziumphosphat

Struvit

Harn-pH

Kalziumoxalat

Der Harn-pH-Wert kann einen starken Einfluss auf die Löslichkeit bestimmter Kristalle und Harnsteine haben. Struvitkristalle reagieren am sensibelsten auf Veränderungen des Harn-pH-Wertes. Die Ansäuerung des Harns steigert die Löslichkeit der Struvitkristalle und reduziert auf diese Weise das Risiko der Struviturolithiasis. Die anderen Kristalltypen, insbesondere Kalziumoxalat, sind weniger Harn- pH-sensibel.


5 - Diätetische Behandlung

scheidung von Kristalloiden, einem die Kristallisation begünstigenden pH-Wert (Abbildung 15), einer Harnretention und einer niedrigen Konzentration von Inhibitoren der Kristallisation beeinflusst werden (Robertson et al., 2002). Dokumentiert sind zahlreiche Inhibitoren der Kalziumoxalatbildung, einschließlich Magnesium, Zitrat und makromolekuläre Inhibitoren wie Nephrocalcin und Glykosaminoglykane (Robertson et al., 2002). Die Rolle von Inhibitoren der Kalziumoxalatsteinbildung beim Hund ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. Die Ionenzusammensetzung des Harns kann die Nukleation und die Präzipitation beeinflussen, wenn die einzelnen im Harn vorhandenen Elemente interagieren. So bindet sich beispielsweise Magnesium an Oxalat, und Zitrat kann sich an Kalzium binden. Magnesium und Zitrat gelten deshalb als Inhibitoren der Kalziumoxalaturolithiasis.

> Kristallwachstum Ist die Nukleation erst einmal erfolgt, kann das Kristallwachstum auch bei einer geringeren Übersättigung stattfinden. Das weitere Wachstum des Kristallisationskerns hängt dann von der Dauer seiner Passage durch den Harntrakt ab, ebenso wie vom Grad und der Dauer der Harnübersättigung mit ähnlichen oder anderen Kristalloiden und auch von den Eigenschaften des Kristalls. Über die Mechanismen, die zum Wachstum des Kristalls führen, ist noch wenig bekannt. Beteiligt ist möglicherweise ein Wachstum um einen Kern oder ein Matrixgerüst, unter Umständen gefördert durch einen Mangel an Inhibitoren der Kristallaggregation (Osborne et al., 1995).

Das weitere Schicksal der Harnsteine Einmal gebildete Harnsteine können mehrere Abschnitte des Harntraktes passieren und/oder ausgeschieden werden, einer spontanen Auflösung im Harntrakt unterliegen, inaktiv werden oder weiter wachsen. Nicht alle persistierenden Steine rufen auch klinische Symptome hervor.

Förderung der Diurese Der einfachste Weg, einen ungesättigten Harn zu produzieren, ist die Förderung der Diurese. Die Steigerung des Harnflusses reduziert die Konzentration lithogener Substanzen, was den Nachteil der Verdünnung der Inhibitoren der Kristallisation kompensiert. Hohe Harnvolumina steigern zudem die Miktionsfrequenz und unterstützen auf diese Weise die Ausscheidung sämtlicher freier Kristalle, die sich im Harntrakt bilden (Borghi et al., 1999). Um die Diurese zu stimulieren, muss die Trinkwasseraufnahme gefördert werden. Erreicht wird dies entweder durch die Gabe eines Dosenfutters mit einem Feuchtigkeitsgehalt von 70 bis 80%, die Zugabe von Wasser zu Trockenfutterkroketten oder eine geringgradige Steigerung des Natriumchloridgehalts in Trockenfutterprodukten. Die erhöhte Kochsalzzufuhr stimuliert nachweislich die Trinkwasseraufnahme ebenso wie die Harnbildung und senkt die Übersättigung des Harns bei Hund und Katze (Stevenson et al., 2003b; Lulich et al., 2005) (Abbildung 16). Der Einsatz von Natriumchlorid zur Anregung des Durstes und zur Steigerung der Diurese ist jedoch umstritten, da zusätzliches Kochsalz die Harnausscheidung von Kalzium und den Blutdruck beeinflussen kann (Osborne et al., 2000; Lulich et al., 1999).

ABBILDUNG 16 - EFFEKT DES NATRIUMCHLORIDGEHALTS DER NAHRUNG AUF DIE RELATIVE ÜBERSÄTTIGUNG MIT KALZIUMOXALAT UND DAS HARNVOLUMEN BEI ZWERGSCHNAUZERN (Stevenson et al., 2003b)

Harnvolumen (ml/kg Körpergewicht)

Kalziumoxalat RSS 14

35

12

30

10

25

8

20

6

15

4

10

2

5

Kalziumoxalat RSS

0

Harnvolumen

0 0,05

0,2

0,3

Diätetisches Natrium (g/100 kcal)

Ein moderat erhöhter Natriumchloridgehalt der Nahrung mit Diurese fördernder Wirkung beeinflusst nicht den arteriellen Blutdruck, weder bei gesunden Hunden, noch bei Tieren mit moderater Nierenerkrankung.

313

Urolithiasis

5 - Diätetische Behandlung


6 - Allgemeine Behandlung der Urolithiasis

Bei Menschen wird eine erhöhte Kochsalzzufuhr mit einer gesteigerten Kalziumausscheidung über den Harn in Zusammenhang gebracht, und ähnliche Beobachtungen wurden zunächst auch bei Hunden gemacht (Lulich et al., 1999; Devois et al., 2000; Biourge et al., 2001). Dies führte zu der Hypothese, dass mit Kochsalz angereicherte Nahrung die Entstehung einer Kalziumoxalaturolithiasis fördern könnte und dass Diäten zur Behandlung und Prävention von Erkrankungen der ableitenden Harnwege einen restriktiven Salzgehalt aufweisen sollten (Osborne et al., 2000; Allen et al., 2000). In weiteren Studien wurde jedoch kein Effekt des diätetischen Kochsalzgehaltes auf die Kalziumausscheidung über den Harn beim Hund festgestellt (Stevenson et al., 2003b). Epidemiologische Untersuchungen bei Hunden haben ganz im Gegenteil gezeigt, dass die Erhöhung des Kochsalzgehaltes das Risiko der Kalziumoxalaturolithiasis tatsächlich senkt, und zwar infolge des Harnverdünnungseffektes dieser mit Natrium angereicherten Nahrung, der die Tendenz in Richtung Hyperkalzurie kompensiert (Lekcharoensuk et al., 2002a; 2002b). Mehrere Studien belegen, dass moderat mit Natrium angereicherte Futtermittel (bis zu 3,2 g Na / 1000 kcal metabolisierbarer Energie) weder bei gesunden Hunden noch bei Hunden mit experimentell induzierten Nierenerkrankungen den arteriellen Blutdruck verändern (Biourge et al., 2002; Kirk, 2002; Burankarl et al., 2003; Greco et al., 1994; Luckschander et al., 2004).

Modifikation des Harn-pH-Wertes

Urolithiasis

Die Modifikation des Harn-pH-Wertes auf diätetischem oder medikamentösem Weg kann sich bei der Behandlung einiger Harnsteine als sehr wirksam erweisen, dies gilt aber nicht für alle Harnsteintypen. Die Ansäuerung des Harns steigert die Löslichkeit von Struvit erheblich und ist eine wesentliche Voraussetzung für die medikamentöse Auflösung dieser Steine. Im Unterschied hierzu führt eine Alkalisierung des Harns zu einer Steigerung der Löslichkeit von Urat- und Cystinsteinen (Abbildung 15). Die therapeutische beziehungsweise präventive Wirksamkeit der Nahrung wird generell verbessert, wenn sie darüber hinaus die Harnausscheidung der an der Bildung von Harnsteinen beteiligten Kristalloide reduziert (Lulich et al., 2000). Die Mehrzahl der anderen Harnsteintypen sind weniger sensibel für eine Auflösung auf der Grundlage von Modifikationen des pH-Wertes. Empfohlen wird generell, einen pH-Wert anzustreben, der eine weitere Präzipitation verhindert und die Ausscheidung anderer Mineralstoffe, die ebenfalls präzipitieren oder als Inhibitoren wirken können, verstärkt.

6 - Allgemeine Behandlung der Urolithiasis Die gängigen therapeutischen Protokolle zielen auf eine Auflösung des Harnsteins oder einen Stopp seines weiteren Wachstums durch eine Reduzierung der Übersättigung des Harns mit lithogenen Substanzen ab.

Beseitigung der Harnwegsobstruktion ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN ZUR BEHANDLUNG: • Harnblasensteine können durch medikamentöse Auflösung behandelt oder mittels Urohydropropulsion oder Zystotomie entfernt werden. • Harnsteine in den Harnleitern oder in der Harnröhre sind einer medikamentösen Auflösung weniger zugänglich, da sie keinen ausreichenden Kontakt mit entsprechend untersättigtem Harn haben. Harnleitersteine, die eine vollständige Harnleiterobstruktion und eine Hydronephrose verursachen, müssen stets chirurgisch exzidiert werden. Harnröhrensteine mit partieller Harnröhrenobstruktion können konservativ behandelt werden. Häufig können sie retrograd in die Blase gespült und dort medikamentös aufgelöst werden. • Nierensteine werden gewöhnlich durch chirurgische Exzision behandelt, obgleich bei Struvitsteinen auch eine medikamentöse Auflösung in Betracht kommt. Nierensteine ohne Infektion und ohne Obstruktion können in günstigen Fällen auch unbehandelt bleiben.

314

Obstruktionen erfordern in der Regel eine chirurgische Intervention nach der Stabilisierung des Allgemeinzustands des Patienten. Harnröhrensteine bei männlichen Tieren können vor der chirurgischen Exzision oder medikamentösen Auflösung retrograd in die Blase gespült werden.

Beseitigung vorhandener Harnsteine > Medikamentöse Auflösung Mit Hilfe diätetischer Modifikationen können die intestinale Absorption und die Harnausscheidung von Kristalloiden begrenzt werden, und auch der Harn-pH-Wert kann moduliert werden. Das Gleichgewicht zwischen verschiedenen Nährstoffen (Kalzium, Phosphor, Natrium, ansäuernde Substanzen, diätetische Fasern und Oxalat) hängt von der Zusammensetzung der Nahrung ab. Tiernahrungsmittel können so hergestellt werden, dass sie den Harn-pH-Wert verändern, die Diurese fördern und die Mineralstoffausscheidung im Harn verringern und auf diese Weise die Behandlung von Harnsteinerkrankungen unterstützen. Die Strategien im Einzelfall richten sich in erster Linie nach dem Harnsteintyp (siehe Diätetische Behandlung). Kalziumoxalat-, Kalziumphos-


6 - Allgemeine Behandlung der Urolithiasis

phat- und Silikatsteine können nicht in ausreichendem Maß medikamentös aufgelöst werden und müssen chirurgisch exzidiert werden, bevor geeignete DAS ALLGEMEINE ZIEL DER DIÄTETISCHEN diätetische und/oder medikamentöse Behandlungsprotokolle zur Prävention BEHANDLUNG DER UROLITHIASIS IST von Rezidiven eingeleitet werden können (Osborne et al., 1995). DIE REDUZIERUNG DER ÜBERSÄTTIGUNG Eine zusätzliche medikamentöse Behandlung ist angezeigt, wenn eine HarnDES HARNS MIT LITHOGENEN SUBSTANZEN: wegsinfektion vorliegt, wenn der Harnsteintyp wenig sensibel für Umstellungen der Ernährung ist oder wenn sich das Wachstum des Harnsteins fort• Steigerung der Trinkwasseraufnahme und folglich setzt. Bestimmte Medikamente wirken spezifisch, indem sie die Stoffwechdes Harnvolumens zur Absenkung der Kristalloidkonzentration im Harn selwege der Kristalloidausscheidung unterbrechen, wie zum Beispiel Allopurinol bei der Uraturolithiasis des Dalmatiners. Mit Hilfe von ansäuernden • Beeinflussung des Harn-pH-Wertes zur Steigerung oder alkalisierenden Medikamenten kann der Harn-pH-Wert beeinflusst der Löslichkeit der Kristalloide im Harn werden. Während der Auflösung verringert sich das Volumen der Urolithen, so dass • Futterumstellung zur Senkung der Menge über sie schließlich in das Lumen der Harnröhre (bei männlichen Tieren) oder den Harn ausgeschiedener Kristalloide der Harnleiter gelangen können und dort unter Umständen eine Harnwegsobstruktion und /oder eine Hydronephrose verursachen. Besitzer müssen auf dieses Risiko hingewiesen werden, und regelmäßige Röntgenkontrolluntersuchungen sind während der medikamentösen Auflösung von Nierensteinen unerlässlich, um Harnleitersteine zu entdecken, bevor diese eine Hydronephrose hervorrufen (Osborne et al., 1999d; Lulich et al., 2000). Die Auflösung eines Harnsteins kann einen bis sechs Monate in Anspruch nehmen.

> Mechanische Entfernung

Urolithiasis

Chirurgische Maßnahmen sind bei sämtlichen Harnsteinen angezeigt, die nicht oder nur in geringem Maß sensibel für eine medikamentöse Auflösung sind und einen zu großen Umfang haben, um durch die Harnröhre ausgeschieden bzw. entfernt zu werden, oder aber für eine Harnwegsobstruktion verantwortlich sind. Notwendig sind chirurgische Eingriffe ferner bei Hunden mit anatomischen Missbildungen des Harntraktes (z. B. Harnblasendivertikel), die eine Prädisposition für Harnwegsinfektionen darstellen. In diesen Fällen kann die operative Harnsteinentfernung unter Umständen mit der chirurgischen Korrektur des zugrunde liegenden Defektes kombiniert werden. Chirurgische Maßnahmen allein gehen jedoch in der Regel mit einer hohen Rezidivrate einher, da sie nicht die für die Urolithiasis kausal verantwortlichen Faktoren korrigieren. Ferner ist es unter Umständen sehr schwierig, sehr kleine Steine und Fragmente vollständig zu entfernen, die postoperativ als Kristallisationskerne für weitere Steine dienen können (Lulich et al., 2000). In jedem Fall sind postoperative Bild gebende Kontrolluntersuchungen erforderlich, um sicherzustellen, dass sämtliche Steine entfernt wurden. Kleine Steine in der Blase und /oder in der Harnröhre können in einigen Fällen auf dem Wege der Urohydropropulsion oder über eine Zystoskopie entfernt werden (Osborne et al., 1999e). Die Lithotripsie wird als Verfahren zur Fragmentierung von Harnsteinen beschrieben. Die elektrohydraulische Fragmentierung von Nieren- und Harnleitersteinen oder die extrakorporale Lithotripsie durch Schockwellen/Stoßwellen wurden bei einigen wenigen Hunden experimentell durchgeführt (Block et al., 1996; Adams et al., 1999). Die Laserlithotripsie ist ein wirksames Verfahren zur Fragmentierung von Blasensteinen (Davidson et al., 2004). In der tierärztlichen Praxis finden alle diese Verfahren heute jedoch nach wie vor kaum Anwendung.

Ausschaltung verschiedener Risikofaktoren Harn ansäuernde Diätfuttermittel unterstützen die Prävention der Struviturolithiasis, sie sollten aber bei Hunden mit Uraturolithiasis vermieden werden. Die Behandlung von Harnwegsinfektionen ist obligatorisch, um das Risiko der Bildung von Struvitsteinen zu senken. Begleitende Erkrankungen, die eine Urolithiasis potenzieren können, müssen entsprechend behandelt werden (z. B. Hyperparathyreoidismus, Hyperadrenokortizismus).

Prävention von Rezidiven Behandlung der zugrunde liegenden Ursachen. Minimierung der Risikofaktoren (Anpassung der Ernährung). Förderung der Diurese und Reduzierung der Übersättigung des Harns. Im Allgemeinen ist es möglich, bestehende Struvitsteine mit Hilfe einer Harnstein auflösenden Diät, kombiniert mit einer antibiotischen Behandlung, aufzulösen. 315


7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen

7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen Struviturolithiasis > Medikamentöse Auflösung Struvitsteine, die in Folge einer Harnwegsinfektion entstanden sind, erfordern eine Kombinationsbehandlung aus einem geeigneten Antibiotikum und einer Harnstein auflösenden Diät. Sterile Struvitsteine können ohne Antibiotika allein mit Harnstein auflösenden Diäten oder Harn ansäuernden Substanzen behandelt werden (Osborne et al., 1999d; Rinkardt & Houston, 2004) (Abbildung 17).

ABBILDUNG 17 - BILDUNG VON STRUVITKRISTALLEN IM HARN Struvitkristalle basischer pH NH3

(NH4+) (Mg2+ (PO3-4)

PO43H+ H+ (Magnesium)

HPO42-

neutraler pH

H+

Urolithiasis

NH4+

H2PO41H+ H3PO4 Saurer pH

Wenn der Harn-pH-Wert um eine Einheit fällt, verschiebt sich das Gleichgewicht der Ionen: - Die PO43- (Phosphationen) wandeln sich in H3PO4 um und stehen damit nicht mehr für die Bildung von Struvit zur Verfügung (Die Konzentration der PO43--Ionen verringert sich um den Faktor 170) - Ammoniak (NH3) wandelt sich in NH4+ um (Konzentration um den Faktor 10 erhöht) In der Summe verringert sich die Konzentration der Struvitkristalle um den Faktor 17.

> Behandlung von Harnwegsinfektionen

STRUVITMOLEKÜL

Die antibiotische Behandlung richtet sich nach den Ergebnissen der bakteriologischen Kultur und des Resistenztests einer mittels Zystozentese gewonnenen Harnprobe. Die Behandlung wird so lang aufrechterhalten, bis die Harnsteine im Röntgenbild nicht mehr nachweisbar sind, da sich im Inneren der Harnsteine lebensfähige Bakterien halten können (Seaman & Bartges, 2001). Bei den nachfolgenden kulturellen Untersuchungen sollte der Harn wiederholt steril sein, und im Falle einer persistierenden Harnwegsinfektion ist ein Wechsel des Antibiotikums zu empfehlen.

> Diätfuttermittel zur Auflösung von Harnsteinen

Drei Moleküle sind erforderlich, um ein Struvitmolekül zu bilden. In saurem Milieu ist diese Reaktion reversibel.

316

Diese Diätfuttermittel zielen darauf ab, die Konzentrationen von Harnstoff, Phosphor und Magnesium im Harn zu senken (Lulich et al., 2000). Die kommerziell erhältlichen Futtermittel zur Auflösung von Harnsteinen haben einen moderaten Proteingehalt (15-20 % in einem Produkt mit 4000 kcal/kg), sind hoch verdaulich, faserarm (um fäkale Wasserverluste zu vermeiden) und haben einen erhöhten NaCl-Gehalt. Die Proteinrestriktion senkt die Menge des für die Urease-positiven Bakterien im Harn verfügbaren Substrats (Harnstoff). Die Wirksamkeit dieser diätetischen Maßnahme wurde in klinischen Studien nachgewiesen (Osborne et al., 1999d; Rinkardt & Houszon, 2004). Harnstein auflösende Diäten sollten über einen Zeitraum von mindestens einem Monat über den Zeitpunkt des Entfernens bzw. der medikamentösen Auflösung der Struvitsteine hinaus verabreicht werden, da kleine Steine, die in der Röntgenaufnahme nicht darstellbar sind, immer noch vorhanden sein können.


7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen

Anschließend kann die Ernährung des Hundes wieder auf das übliche Futter umgestellt werden. Der Erfolg der Stein auflösenden Behandlung sollte in monatlichen Abständen mit Hilfe abdominaler Röntgenaufnahmen oder der Sonographie und durch Harnanalysen überwacht werden (pH-Wert des Morgenharns sollte bei 6,5 liegen, Hinweise auf eine Harnwegsinfektion sollten nicht vorliegen). Die Auflösungsdauer für infektionsinduzierte Struvitsteine beträgt im Mittel etwa drei Monate, während die klinischen Symptome in der Regel bereits im Laufe der ersten beiden Wochen zurückgehen, wahrscheinlich infolge der Kontrolle der Harnwegsinfektion. Sterile Struvitsteine lösen sich tendenziell schneller auf, im Mittel bereits innerhalb von fünf bis sechs Wochen (Osborne et al., 1999d).

> Medikamentöse Behandlung

Urolithiasis

Bei einer Behandlung mit einer Stein auflösenden Diät und Antibiotika sind zusätzliche Harn ansäuernde Substanzen wie Ammoniumchlorid nicht notwendig. Ein anhaltend alkalischer Harn-pH-Wert weist auf eine persistierende Harnwegsinfektion hin, und ohne erfolgreiche Behandlung Letzterer wird der pH-Wert nicht sinken (Lulich et al., 2000). Acetohydroxaminsäure (AHA) ist ein Hemmer der mikrobiellen Urease, der die Hydrolyse von Harnstoff zu Ammoniak blockiert und somit den pH-Wert und die Ammoniumkonzentration des Harns senkt. AHA kann folglich das Wachstum von Struviten hemmen und ihre Auflösung fördern. Eine Indikation für AHA (12,5 mg/kg per os alle 12 Stunden) besteht bei Hunden, die unter einer infektionsinduzierten und gegen antibiotische und diätetische Maßnahmen resistenten Urolithiasis leiden (Krawil et al., 1984). Dieser Wirkstoff hat jedoch zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen, wie zum Beispiel hämolytische Anämie, Anorexie und Erbrechen. Kontraindiziert ist AHA bei Hunden mit Niereninsuffizienz, da die Substanz über die Niere ausgeschieden wird, und bei tragenden Hündinnen aufgrund ihres teratogenen Effektes (Baillie et al., 1986; Osborne et al., 1995). Aminosäurepräparate haben sich als wirksam für die Auflösung steriler Struvitnierensteine erwiesen, entsprechende Ergebnisse werden aber lediglich bei zwei Hunden beschrieben. Die Wirksamkeit ist wahrscheinlich auf eine Ansäuerung des Harns zurückzuführen (Mishina et al., 2000). Studien über eine Anwendung bei Hunden mit infektionsinduzierten Struvitsteinen liegen nicht vor. Der wichtigste Faktor bei der Prävention der infektionsinduzierten Struviturolithiasis ist die gezielte Behandlung der zugrunde liegenden Harnwegsinfektion und die Vorbeugung gegen Rezidive. Die präventive diätetische Therapie ist besonders wichtig in den seltenen Fällen von Hunden mit sterilen Struviturolithen ohne begleitende Infektion. Über längere Zeiträume sollten betroffene Hunde ausschließlich solche Diätfuttermittel erhalten, die speziell für die Langzeitanwendung entwickelt wurden.

Kalziumoxalaturolithiasis Kalziumoxalatsteine können nicht auf medikamentösem Weg aufgelöst werden. Steine, die klinische Symptome hervorrufen, müssen folglich mechanisch entfernt werden, gefolgt von einer präventiven medikamentösen Behandlung zur Verhinderung von Rezidiven. Hunde mit entsprechender Prädisposition für eine Kalziumoxalaturolithiasis profitieren auch von einer präventiv ausgerichteten Ernährung (Abbildung 18).

ABBILDUNG 18 - VERGLEICH DER KALZIUMOXALAT-RSS BEI GESUNDEN HUNDEN UND HUNDEN MIT PRÄDISPOSITION FÜR KALZIUMOXALATSTEINE IN ABHÄNGIGKEIT VON DER ERNÄHRUNG (Stevenson et al., 2004) 70

Kalziumoxalat RSS

60

Diese Ergebnisse zeigen den Einfluss der Ernährung auf die Übersättigung (RSS) des Harns mit Kalziumoxalat bei gesunden Hunden und bei Hunden mit Prädisposition für die Bildung von Kalziumoxalat, die ein Standardfuttermittel (Kontrollfutter) bzw. ein Harn ansäuerndes Futtermittel mit Harn verdünnenden Eigenschaften (Royal Canin Veterinary Diet Canine Urinary SO, Dosenfutter) erhielten.

50 40 30 20

Physiologische Obergrenze

10 0

Kontrollfutter

Harnsteindiät

Gesunde Hunde

Kontrollfutter

Harnsteindiät

Hunde mit Prädisposition für CaOx-Steine

317


KALZIUMOXALATMOLEKÜL

Kalziumoxalatsteine haben eine hohe Rezidivrate von bis zu 50 % innerhalb der ersten zwei Jahre nach erstmaliger Entfernung (Lulich et al., 1995; 1998). Medikamentöse Behandlungsmaßnahmen sind deshalb entscheidend, um die Rezidivierung der Harnsteine nach der Entfernung zu reduzieren, und diätetische Maßnahmen können das Rezidivrisiko bei betroffenen Tieren erheblich senken (Stevenson et al., 2004).

> Ausschalten von Risikofaktoren

Ein Oxalatmolekül bildet zusammen mit einem Kalziumion eine sehr stabile Verbindung, das Kalziumoxalation.

Leidet der Hund unter einer Hyperkalzämie oder anderen primären Erkrankungen (z. B. Hyperadrenokortizismus), sollte zunächst die zugrunde liegende Ursache korrigiert werden. Gewöhnlich sind in solchen Fällen keine weiteren Präventivmaßnahmen erforderlich (Lulich et al., 1998). Bei Hunden mit physiologischem Blutkalziumspiegel gilt es, etwaige Risikofaktoren der Urolithiasis zu identifizieren und zu kontrollieren. Zu vermeiden sind hierbei ansäuernde Futtermittel ohne Diurese fördernde Wirkung und Medikamente, die eine übermäßige Kalziumausscheidung über den Harn fördern (Harn ansäuernde Substanzen, Furosemid, Glukokortikoide). Zu meiden sind darüber hinaus jegliche Behandlungen oder Nahrungssupplemente, die Kalzium, Vitamin D oder größere Mengen an Vitamin C zuführen, da diese Substanzen die Ausscheidung von Kalzium und/oder Oxalat steigern können (Lulich & Osborne, 1995). Futtermittel zur Prävention von Kalziumoxalatsteinen sollten die Trinkwasseraufnahme anregen und einen ausreichend hohen Gehalt an Proteinen, Kalzium und Phosphor haben. Eine neuere klinische Studie belegt, dass diätetische Modifikationen die Risikofaktoren der Kalziumoxalatbildung reduzieren und dadurch das Rezidivrisiko bei sensiblen Individuen mit entsprechender Prädisposition senken können (Abbildung 19) (Stevenson et al., 2004).

ABBILDUNG 19 - WIRKUNG EINES SPEZIELL ZUR SENKUNG DER KALZIUMOXALAT-RSS DES HARNS VON HUNDEN MIT SPONTAN AUFTRETENDEN KALZIUMOXALATSTEINEN ENTWICKELTEN FUTTERMITTELS

Urolithiasis

7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen

> Prävention von Rezidiven

(Stevenson et al., 2004)

Kalziumoxalat RSS RSS

Kalzium

Oxalat

30

3.0

25

2.5

20

2.0

15

1.5

10

1.0

5

0.5

mmol/l

0

vor der Behandlung

1 Monat

3 Monate

6 Monate

12 Monate

> Diätetische Modifikationen

• Diurese Die Steigerung der Trinkwasseraufnahme, entweder durch die Gabe von Feuchtfutter oder durch Zusatz von Wasser und/oder Kochsalz zum Futter ist nach wie vor der Grundpfeiler der diätetischen Behandlung und Prävention der Kalziumoxalaturolithiasis (Lulich et al., 1998; Lekcharoensuk et al., 2002b; Stevenson et al., 2003a, 2003b). 318


7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen

• Natrium Trockenfuttermittel gehen mit einem erhöhten Steinbildungsrisiko einher (Lekcharoensuk et al., 2002a), insbesondere, wenn sie kochsalzarm sind. Ein möglicher Grund hierfür ist die Tatsache, dass diese Futtermittel die Diurese nicht in ausreichendem Maße anregen. Insbesondere gilt dies bei kleinen Hunden, die nachweislich geringere Harnvolumina ausscheiden und seltener Harn absetzen als ihre größeren Artgenossen (Stevenson et al., 2001). Studien haben gezeigt, dass sich die Kalziumoxalat-RSS und damit das Risiko der Kalziumoxalatsteinbildung durch eine Erhöhung des Natriumanteils von 0,06 g/100 kcal auf 0,3 g/100 kcal signifikant senken lässt (Stevenson et al., 2003a).

• Kalzium und Phosphor Die Empfehlungen zum diätetischen Kalzium- und Phosphorgehalt in Futtermitteln zur Prävention von Kalziumoxalatsteinen haben sich geändert. Früher wurde eine Restriktion der Kalzium- und Phosphorkonzentration empfohlen, jüngere Studien weisen jedoch darauf hin, dass dieser Ansatz die Bildung von Kalziumoxalatsteinen eher begünstigt (Curhan et al., 1993; Lekcharoensuk et al., 2002a, 2002b). Eine Absenkung des Kalziumgehalts im Futtermittel ohne gleichzeitige Reduzierung des Oxalatgehalts stimuliert in der Tat die intestinale Absorption und Harnausscheidung von Oxalat, was letztlich zu einer Steigerung des Urolithiasisrisikos führt (Lulich et al., 2000; Stevenson et al., 2003a). Die Absenkung des diätetischen Phosphorgehalts steigert zudem die Kalziumabsorption (Lulich & Osborne, 1995). Folglich sollte der Kalzium- und Phosphorgehalt in Futtermitteln mit präventiver Wirkung gegen die Bildung von Kalziumoxalatsteinen nicht gesenkt werden (Curhan et al., 1993; 1997).

• Proteine

Urolithiasis

Der optimale Proteingehalt ist umstritten. Früher wurde eine Einschränkung des Proteinanteils befürwortet, da Proteine die Kalziumausscheidung fördern und die Zitratausscheidung reduzieren können (Zitrat chelatiert mit Kalzium und bildet so ein lösliches Salz) (Lulich et al., 1995; 2000). Studien belegen jedoch, dass ein erhöhter Proteingehalt in der Nahrung das Urolithiasisrisiko senkt (Lekcharoensuk et al., 2002a; 2002b). Der Mechanismus ist unbekannt, vermutet wird ein Einfluss anderer Faktoren, da proteinreiche Rationen die Diurese fördern und darüber hinaus mehr Phosphor und Kalium enthalten.

• Harn-pH-Wert Kalziumoxalatkristalle sind im Allgemeinen nur wenig sensibel für den Harn-pH-Wert, obgleich der Säuregrad des Harns die Mineralstoffe beeinflusst, die mit Kalziumoxalat co-präzipitieren (Robertson, 1993). Eine starke Ansäuerung (Harn-pH < 6), die eine metabolische Azidose induziert, kann die Kalziumkonzentration im Harn bis zu einem Punkt erhöhen, an dem die Bildung von Kalziumoxalatsteinen begünstigt wird (Lekcharoensuk et al., 2002a; 2002b). Zu vermeiden ist jedoch auch ein zu hoher pHWert, da ein alkalisches Milieu die Entstehung einer Struviturolithiasis oder einer Kalziumphosphaturolithiasis begünstigt. Leicht ansäuernde (Harn-pH-Wert 5,5 bis 6,5) und Diurese stimulierende Futtermittel können gleichzeitig das Risiko der Bildung von Kalziumoxalat- und Struvitkristallen senken, was vor allem bei Hunderassen mit einer Prädisposition für einen dieser beiden Kristalltypen von Interesse ist (Stevenson et al., 2002).

> Medikamentöse Behandlung Eine ergänzende medikamentöse Behandlung wird in den Fällen eingeleitet, in denen die Kalziumoxalatkristallurie persistiert, oder aber bei Patienten mit rezidivierender Urolithiasis. Kaliumzitrat wird in der Humanmedizin erfolgreich zur Prävention der Kalziumoxalaturolithiasis eingesetzt. Die Wirkung basiert auf den alkalisierenden Eigenschaften von Kaliumzitrat und der Bildung löslicher Salze mit dem im Harn vorhandenen Kalzium. Oral appliziertes Kaliumzitrat erhöht den Harn-pH-Wert, wodurch es zu einer Abnahme der tubulären Reabsorption von Zitrat kommt, gleichbedeutend mit einer Steigerung der Harnausscheidung von Zitrat. Eine tägliche Dosis von bis zu 150 mg/kg führt bei gesunden Hunden jedoch nicht zu einer beständigen Erhöhung der Zitratkonzentration im Harn, obgleich sie den Harn-pH-Wert im späteren Lauf des Tages auf einem höheren Niveau hält (Stevenson et al., 2000). Kein Unterschied wurde zwischen den Retardtabletten und pulverförmigen Darreichungsformen festgestellt.

319


7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen

Hydrochlorothiazid (2-4 mg/kg per os 2x täglich) reduziert die Kalziumausscheidung über den Harn, möglicherweise indem es eine leichte Volumenkontraktion auslöst, die wiederum zu einer Steigerung der Reabsorption verschiedener gelöster Substanzen im proximalen Tubulus führt, unter anderem Kalzium und Natrium (Lulich et al., 2000). Die hypokalzurische Wirkung kann die Minimierung von Rezidiven der Kalziumoxalatsteinbildung unterstützen, insbesondere bei Kombination mit einer Diät zur Harnsteinprävention (Lulich et al., 2001). Notwendig sind jedoch zunächst klinische Langzeitstudien, um die Sicherheit und die Wirksamkeit einer Langzeitapplikation zu bestätigen. Potenzielle Risiken sind eine Hypokaliämie, Hyperkalzämie und Dehydratation.

> Kontrolle des Behandlungserfolges Die Wirksamkeit der Behandlung sollte initial mit Hilfe von Harnanalysen (pH, spezifisches Gewicht) im Abstand von zwei bis vier Wochen überprüft werden. Während der Behandlung mit Hydrochlorothiazid müssen zusätzlich die Serumelektrolyte überwacht werden. Mit Hilfe Bild gebender Untersuchungen im Abstand von 6 bis 12 Monaten lassen sich neu gebildete Steine frühzeitig entdecken, so lang sie noch ausreichend klein für eine nicht-invasive Entfernung sind (z. B. durch Urohydropropulsion) (Lulich et al., 2000).

Uraturolithiasis > Medikamentöse Auflösung bei Hunden ohne portosystemischen Shunt Die Hauptstrategie der diätetischen Auflösung von Uratsteinen beim Dalmatiner besteht in der Erhöhung des Harn-pH-Wertes und einer Senkung der Harnkonzentrationen von Harnsäure, Ammonium und/oder Wasserstoffionen.

> Stein auflösende Diät

Urolithiasis

Das Grundprinzip basiert auf einer purinarmen Ernährung. Erreicht wird dieses Ziel im Allgemeinen durch eine Absenkung des Gesamtproteingehaltes der Ration (18 bis 10 %). Es ist jedoch möglich, ein purinarmes Futtermittel ohne hochgradige Proteinrestriktion herzustellen, indem man die geeigneten Zutaten auswählt. Zu vermeiden sind purinreiche Zutaten wie Fisch und Schlachtabfälle zu Gunsten alternativer Proteinquellen mit geringerem Gehalt an Purinvorläufersubstanzen, wie zum Beispiel pflanzliche Proteine, Eier und Milchprodukte (Ling & Sorenson, 1995). Andere Futterzusätze sollten nicht verwendet werden. Die Restriktion der Proteinzufuhr senkt die Ausscheidung von Ammoniumionen, indem sie die Menge des gebildeten Harnstoffes reduziert. Proteinarme Diäten zur Behandlung von Uratsteinen können jedoch unzureichende Proteinmengen für Wachstum oder Laktation enthalten. Experimentelle Diäten wurden konzipiert, um beiden Ansprüchen gerecht zu werden (Bijster et al., 2001). Wie bei allen Urolithiasisformen kann die Erhöhung des Harnvolumens durch die Gabe von Feuchtfutter oder den Zusatz von Wasser zum Futtermittel oder durch eine Erhöhung des Natriumgehaltes unterstützt werden. Zudem beeinträchtigen proteinarme Diäten die Harnkonzentrationskapazität durch eine Senkung des medullären Konzentrationsgradienten aufgrund einer geringeren Harnstoffkonzentration im Nierenmark.

MEDIKAMENTÖSE AUFLÖSUNG VON URATSTEINEN: • Purinarme Ernährung, konzipiert zur Auflösung von Uratsteinen • Alkalisierung des Harns • Steigerung des Harnvolumens • Kontrolle von Harnwegsinfektionen • Applikation von Inhibitoren der Xanthinoxidase (Allopurinol)

320

> Alkalisierung des Harns Alkalischer Harn weist geringe Konzentrationen an Ammoniak und Ammoniumionen auf und senkt damit das Risiko einer Ammoniumuraturolithiasis. Proteinarme Futtermittel haben einen alkalisierenden Effekt, es kann aber notwendig sein, zusätzlich Harn alkalisierende Substanzen zu applizieren (Lulich et al., 2000). Natriumbikarbonat (25-50 mg/kg alle 12 Stunden) und Kaliumzitrat (50-150 mg/kg alle 12 Stunden) werden hierfür am häufigsten eingesetzt. Die Dosierung muss individuell angepasst werden, um den Harn-pH-Wert im Bereich von 7,0 zu halten. Ein Anstieg des pH-Wertes auf über 7,5 ist zu vermeiden, da dies die Bildung sekundärer Kalziumphosphatablagerungen begünstigt, die eine Auflösung der Steine behindern (Bartges et al., 1999).


7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen

> Inhibitoren der Xanthinoxidase Die wirksamste Absenkung der Uratausscheidung über den Harn erreicht man durch die Anwendung von Allopurinol, eines Hemmers der Xanthinoxidase, also des Enzyms, das die Umwandlung von Xanthin und Hypoxanthin in Harnsäure katalysiert (Abbildung 20). Eine Behandlung mit Allopurinol führt zu einer Steigerung der Harnkonzentrationen von Xanthin und Hypoxanthin, während gleichzeitig die Uratkonzentration sinkt.

ABBILDUNG 20 - PHYSIOLOGISCHER PURINABBAU BEIM HUND Endogene Purine

Diätetische Purine

Purinpool Hypoxanthin Xanthinoxidase Xanthin Xanthinoxidase Harnsäure Urikase* Allantoin

* reduzierte Aktivität beim Dalmatiner

Urolithiasis

Allopurinol sollte jedoch mit einer purinarmen Ernährung kombiniert werden, um das Risiko der Bildung von Xanthinsteinen zu minimieren (Ling et al., 1991; Bartges et al., 1999). Die empfohlene Dosierung für die Auflösung von Uratsteinen liegt bei 15 mg/kg alle 12 Stunden (Lulich et al., 2000). Bei Hunden mit Nierendysfunktion muss die Dosis reduziert werden, da Allopurinol über die Niere ausgeschieden wird. Einige Nebenwirkungen wie Exantheme, gastrointestinale Störungen und hämolytische Anämie werden beim Menschen beschrieben, kommen beim Hund aber nur selten vor. Die am häufigsten beobachtete Nebenwirkung der Allopurinolbehandlung beim Hund ist die Entwicklung von Xanthinsteinen, entweder in der reinen Form oder als Umhüllung bereits vorhandener Uratsteine. Das Absetzen der Allopurinolbehandlung und die Einleitung einer purinarmen Diät können bei den betroffenen Hunden gelegentlich zur Auflösung dieser Xanthinsteine führen (Ling et al., 1991).

> Überwachung

Die für die Auflösung erforderliche Zeit ist sehr variabel und kann zwischen vier und 40 Wochen liegen, wobei die mittlere Dauer in einer Studie bei 14 Wochen lag (Bartges et al., 1999). Nach Entfernung oder Auflösung der Steine müssen Harnanalysen oder Ultraschalluntersuchungen (oder eine Doppelkontrastzystographie) über einen Zeitraum von sechs Monaten in ein- bis zweimonatigen Intervallen durchgeführt werden. Auch wenn die Harnsteine nicht rezidivieren, sollte die purinarme, alkalisierende Diät beibehalten werden, und weitere Kontrolluntersuchungen erfolgen zunächst in zwei- bis viermonatigen Intervallen, später dann schrittweise in größeren Abständen.

© F. Haymann

Im Laufe der Auflösung muss die Größe der Harnsteine regelmäßig mit Hilfe von Übersichts- und/oder Doppelkontrast-Röntgenaufnahmen oder mittels Sonographie kontrolliert werden. Eine Ausscheidungsurographie oder eine Ultraschalluntersuchung dienen der Überwachung der Auflösung von Uratsteinen in der Niere (Bartges et al., 1999).

Bei 82 % aller bei Dalmatinern gefundenen Harnsteine handelt es sich um Urate (Bartges et al., 1994).

321


7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen

> Medikamentöse Auflösung bei Hunden mit portosystemischen Shunts Es gibt nur wenige Erkenntnisse über das biologische Verhalten von Uratsteinen nach operativer Korrektur portosystemischer Shunts. Wenn der Stein nicht gleichzeitig mit der chirurgischen Ligatur des Shunts entfernt werden kann, sollte eine postoperative medikamentöse Auflösung in Betracht gezogen werden. Weitere Untersuchungen sind jedoch erforderlich, um die Wirksamkeit einer Harnstein auflösenden Diät mit der Effektivität einer Alkalisierung und / oder einer Allopurinolbehandlung für die Auflösung von Ammoniumuratsteinen bei Hunden mit portosystemischen Shunts zu vergleichen.

> Prävention

• Dalmatiner Beim Dalmatiner ist die Einleitung einer präventiven Behandlung nach der Entfernung oder Auflösung aufgrund des hohen Rezidivrisikos sehr wichtig. An erster Stelle steht eine purinarme Diät, die die Bildung eines verdünnten und alkalischen Harns fördert. Wenn der Harn-pH-Wert nicht beständig alkalisch ist und/oder die Kristallurie persistiert, müssen ergänzend alkalisierende Substanzen verabreicht werden. Eine präventive Behandlung auf der Basis von Allopurinol wird aufgrund der damit verbundenen Risiken der Xanthinsteinbildung nicht routinemäßig empfohlen, sie kann jedoch ergänzend eingesetzt werden, wenn die Probleme persistieren. Eine Langzeitbehandlung mit Allopurinol wird jedoch nicht empfohlen. Eine purinarme Ernährung ist bei Dalmatinern ohne Uratsteine nicht notwendig. Zu vermeiden sind ansäuernde, proteinreiche Diäten, die die Ausscheidung von Ammoniumionen verstärken, da Ammoniumionen sich mit Urationen verbinden können und Ammoniumuratkristalle bilden.

• Andere Hunderassen

Urolithiasis

Fälle einer rezidivierenden Uraturolithiasis werden bei der Englischen Bulldogge beschrieben, und die bei diesen Hunden einzuleitenden Präventionsmaßnahmen sind grundsätzlich dieselben wie beim Dalmatiner (Bartges et al., 1999). Hunde, die über längere Zeiträume proteinarm (10 %) ernährt werden, können einen Taurinmangel entwickeln, der zu einer dilatativen Kardiomyopathie führen kann. Kommerzielle proteinarme Diätfuttermittel werden deshalb heute mit Taurin supplementiert (Sanderson et al., 2001a).

Cystinurolithiasis > Medikamentöse Auflösung Das Ziel der Therapie ist die Absenkung der Cystinkonzentration im Harn und die Erhöhung der Cystinlöslichkeit. Dies erfordert im Allgemeinen diätetische Modifikationen, kombiniert mit thiolhaltigen Medikamenten.

> Stein auflösende Diät

MEDIKAMENTÖSE AUFLÖSUNG VON CYSTINSTEINEN: • Proteinreduzierte, alkalisierende Diät • Steigerung des Harnvolumens • Alkalisierung des Harns (pH-Wert um 7,5) • Applikation thiolhaltiger Medikamente

Eine Senkung des diätetischen Proteingehalts kann die Cystinausscheidung reduzieren, wahrscheinlich aufgrund des geringeren Gehalts an Cystinvorläufersubstanzen in diesen proteinärmeren Futtermitteln (Osborne et al., 1999g). Der optimale Grad der Proteinrestriktion ist jedoch umstritten, da cystinurische Hunde auch Carnitin ausscheiden und einen Carnitinmangel und eine dilatative Kardiomyopathie entwickeln können, wenn sie proteinarm ernährt werden. Empfohlen wird deshalb bei cystinurischen Hunden, die proteinarme Futtermittel erhalten, eine Supplementierung mit Carnitin und Taurin (Sanderson et al., 2001b).

> Alkalisierung des Harns Die Löslichkeit von Cystin ist abhängig vom Harn-pH-Wert. Bei einem pHWert zwischen 7,5 und 7,8 ist Cystin deutlich löslicher. Eine entsprechende Alkalisierung des Harns kann mit Hilfe kommerzieller alkalisierender Diätfuttermittel mit moderatem bis niedrigem Proteingehalt erreicht wer322


7 - Spezielle diätetische Behandlung der einzelnen Urolithiasisformen

den. Reichen die diätetischen Maßnahmen allein für eine ausreichende Alkalisierung des Harns nicht aus, besteht die Möglichkeit, Kaliumzitrat zuzusetzen, um einen Harn-pH-Wert im Bereich von 7,5 zu erreichen und zu halten (Osborne et al., 1999g). Dies muss jedoch sehr vorsichtig erfolgen, da diese Maßnahme wiederum einen potenziellen Risikofaktor für die Entstehung einer Kalziumphosphaturolithiasis darstellt.

• Thiolhaltige Medikamente Diese Medikamente reagieren mit Cystin über eine Disulfat-Austauschreaktion, die zur Bildung eines Komplexes führt, der im Harn besser löslich ist als reines Cystin. Am häufigsten wird N-(2-Mercaptopropionyl)-Glycin (2- MPG) in einer Dosierung von 20 mg/kg zweimal täglich per os eingesetzt. Diese Substanz hat sich als wirksam bei der Auflösung von Cystinsteinen erwiesen, insbesondere, wenn sie mit einer Stein auflösenden Diät kombiniert wird (Lulich et al., 2000). Die auf diese Weise eingeleitete Auflösung der Steine nimmt etwa einen bis drei Monate in Anspruch. Nebenwirkungen treten relativ selten auf. Beschrieben werden unter anderem Aggressivität, Myopathie, Anämie und/oder Thrombozytopenie, die Symptome verschwinden jedoch, sobald die Behandlung abgesetzt wird (Osborne et al., 1999g; Hoppe & Denneberg, 2001). D-Penicillamin ist ein altes thiolhaltiges Medikament, das in der Vergangenheit erfolgreich eingesetzt wurde. Aufgrund der hohen Zahl inakzeptabler Nebenwirkungen, insbesondere der sehr häufigen Überempfindlichkeitsreaktionen, wird es heute jedoch nicht mehr verwendet.

> Kontrolle Die Auflösung der Steine muss alle 30 Tage mit Hilfe einer Harnanalyse (pH, spezifisches Gewicht, Sediment) und Röntgenaufnahmen zur Überprüfung von Lage, Anzahl, Größe, Dichte und Form der Konkremente kontrolliert werden. Bei strahlendurchlässigen Steinen können Kontraströntgenaufnahmen eingesetzt werden. Die Behandlung, bestehend aus einer Stein auflösenden Diät, der Applikation von 2MPG und einer Alkalisierung des Harns, muss über mindestens einen Monat über das röntgenologische Verschwinden der Steine hinaus aufrechterhalten werden.

> Prävention

Die Dosierung sollte so angepasst werden, dass der Harntest auf Cyanid-Nitroprussid negativ ausfällt. Der Grad der Cystinurie kann bei einigen Hunden mit zunehmendem Alter abnehmen, so dass die MPG-2-Dosis herabgesetzt oder sogar völlig abgesetzt werden kann (Hoppe & Denneberg, 2001).

Kalziumphosphaturolithiasis > Medikamentöse Auflösung

• Begleitende Stoffwechselstörungen Kalziumphosphatsteine können sich in seltenen Fällen nach einer Parathyroidektomie zur Behandlung eines primären Hyperparathyreoidismus spontan auflösen. Verhalten sich die Steine klinisch unauffällig, kann zunächst eine mögliche spontane Auflösung abgewartet werden, bevor eine chirurgische oder nichtchirurgische Entfernung in Betracht gezogen wird. Im Falle einer distalen tubulären Azidose ist eine medikamentöse Auflösung nicht wirksam.

Urolithiasis

Eine präventive Therapie ist wichtig, da es sich bei der Cystinurie um eine erbliche Stoffwechselstörung handelt und die Cystinsteine bei den meisten Hunden im Laufe der zwölf auf die chirurgische Entfernung folgenden Monate zur Rezidivierung neigen. Rezidive sind umso wahrscheinlicher, wenn der betroffene Hund große Mengen Cystin ausscheidet. Eine Nahrung mit moderatem bis geringem Proteingehalt, die die Bildung eines alkalischen Harns fördert, kann bei Hunden mit gering- bis mittelgradiger Cystinurie eine präventive Wirkung gegen die Entstehung von Rezidiven der Cystinsteine haben. Falls erforderlich, kann die diätetische Behandlung mit einer alkalisierenden Therapie ergänzt werden, um den Harn-pH-Wert anzuheben und der Bildung von Cystinsteinen vorzubeugen (Hoppe et al., 1993; Hoppe & Denneberg, 2001).

Kalziumphosphatsteine können nicht medikamentös aufgelöst werden, und im Allgemeinen ist eine chirurgische Entfernung erforderlich. Die Korrektur zugrunde liegender Stoffwechselstörungen kann das Rezidivrisiko senken. Ist keine zugrunde liegende Ursache nachweisbar, entspricht die Behandlung der der Kalziumoxalaturolithiasis.

• Idiopathische Steine Wenn keine begleitende Störung zu diagnostizieren ist, werden die Kalziumphosphatsteine chirurgisch entfernt, und die postoperative Behandlung ist dieselbe wie bei der Kalziumoxalaturolithiasis (Lulich et al., 2000). 323


Schlussfolgerung

> Prävention Die Diagnose und Behandlung zugrunde liegender Begleiterkrankungen ist der erste und wichtigste Schritt der Prävention einer Kalziumphosphaturolithiasis. An erster Stelle steht die diagnostische Abklärung eines primären Hyperparathyreoidismus, einer Hyperkalzämie, einer erhöhten Kalzium- und/oder Phosphorkonzentration im Harn und eines abnorm alkalischen Harn-pH-Wertes. Gelegentlich finden sich im Vorbericht Hinweise auf eine diätetische Behandlung und Applikation alkalisierender Substanzen zur Prävention anderer Harnsteintypen. Wenn keine spezifischen zugrunde liegenden Störungen nachzuweisen sind, werden die Kalziumphosphatsteine in der Regel mit derselben Strategie behandelt wie die Kalziumoxalaturolithiasis (Lulich et al., 2000). Sorgfältig zu vermeiden ist jede übermäßige Alkalisierung des Harns, zum Beispiel durch einige Diätfuttermittel zur Prävention der Kalziumoxalaturolithiasis.

Silikaturolithiasis > Prävention Die auslösenden und verstärkenden Ursachen einer Silikaturolithiasis sind nicht eindeutig geklärt, so dass es nur unspezifische Empfehlungen zur Prävention gibt. Silikatsteine können bei Hunden mit Pica (Aufnahme von Erde) auftreten oder bei Hunden, deren Nahrung einen hohen Anteil silikathaltiger Getreidekörner hat. Empirischen Empfehlungen zufolge sollte die Ernährung auf ein Futtermittel mit qualitativ hochwertigen Proteinen und nach Möglichkeit nur geringen Mengen pflanzlicher Inhaltsstoffe mit geringem Nährwert umgestellt werden (Osborne et al., 1999a). Wie bei allen anderen Harnsteintypen sollte auch hier die Trinkwasseraufnahme gefördert werden, um die Konzentration lithogener Substanzen im Harn zu senken.

Urolithiasis

Zusammengesetzte Harnsteine Nach chirurgischer Entfernung zusammengesetzter (gemischter) Steine zielen die Strategien zur medikamentösen Auflösung im Allgemeinen darauf ab, dass sich der Kristalltyp, aus dem der Kern des gemischten Steins besteht, nicht erneut bildet.

Die Auflösung zusammengesetzter, gemischter Harnsteine sollte theoretisch auf der Einleitung aufeinander folgender Protokolle zur Auflösung der einzelnen Schichten des Steines basieren, beginnend mit der äußeren Schicht. In der Praxis werden die meisten gemischten Steine jedoch auf chirurgischem Weg oder auf anderen nicht-operativen Wegen entfernt. Die postoperative Strategie zielt im Allgemeinen darauf ab, zu verhindern, dass sich der Kristalltyp, aus dem der Kern des Steines zusammengesetzt ist, erneut bildet, da sich die äußeren Schichten wahrscheinlich sekundär aufgrund einer heterogenen Nukleation abgelagert haben (Osborne et al., 1999c).

Schlussfolgerung Diätetische Modifikationen spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung der Struviturolithiasis. Die Nahrung beeinflusst die Sättigung des Harns mit Struvit, indem sie den pH-Wert, das Harnvolumen und die Konzentration gelöster Substanzen beeinflusst. Der Harn-pH-Wert ist der wichtigste Faktor zur Kontrolle der Struvitsättigung des Harns. Die Ansäuerung des Harns auf diätetischem Weg ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit das zuverlässigste Mittel, um einen an Struvit untersättigten Harn zu erreichen. Auch eine Einschränkung der diätetischen Zufuhr von Kristalloiden kann vorteilhaft sein, obgleich Veränderungen der Magnesium- und Phosphatkonzentrationen allein einen weitaus geringeren Effekt auf die Struvitsättigung des Harns haben als Veränderungen des Harn-pH-Wertes. Das Ziel der diätetischen Behandlung der Kalziumoxalaturolithiasis ist die Schaffung eines Harns mit niedriger Kalziumoxalatsättigung. Im Idealfall sollte der Harn eine Untersättigung aufweisen, da eine Bildung neuer Kristalle unter diesen Umständen nicht auftreten kann. Dies kann jedoch bei einigen Patienten sehr schwierig zu erreichen sein. Eine homogene Kristallbildung wird nicht auftreten und eine heterogene Kristallbildung ist unwahrscheinlich im unteren Abschnitt der metastabilen Zone der Übersättigung. Dies stellt deshalb ein realistisches Ziel dar, das das Rezidivrisiko senken sollte. Die Erhöhung des Harnvolumens reduziert die Sättigung des Harns für eine gegebene gelöste Substanz, da die Kristalloidkonzentration niedriger ist. Zudem kann die Erhöhung des Harnvolumens die Passage der Kristalle durch den Harntrakt beschleunigen, so dass die für das Kristallwachstum zur Verfügung stehende Zeit verkürzt wird. 324


In der abdominalen Röntgenaufnahme eines Hundes mit Symptomen einer Zystitis sind Blasensteine zu erkennen. Wie sieht der nächste Schritt aus?

A (1) Einleitung einer Harnkultur zum Nachweis einer Harnwegsinfektion. Eine primäre Harnwegsinfektion ist eine potenzielle Prädisposition für eine Struviturolithiasis. Andere Steine können eine sekundäre Infektion hervorrufen, mit Bildung einer Schicht aus Struvit um den primären Stein. Die gezielte Behandlung der Infektion ist in beiden Fällen sinnvoll. (2) Der Nachweis des im Harn vorhandenen Kristalltyps kann die Verdachtsdiagnose der vorhandenen Steine unterstützen. (3) Die spontane Ausscheidung, die Aspiration via Harnröhrenkatheter, die Elimination über eine Urohydropropulsion oder auf chirurgischem Weg führt zur genauen Diagnose des Steintyps und zur Erstellung eines spezifischen Therapieplans. Anmerkung: Urat- und Cystinsteine sind in der Regel strahlendurchlässig. Ihr Nachweis erfolgt durch Positivkontrastaufnahmen oder Sonographie. Wenn Konkremente im Röntgenbild nachweisbar sind, handelt es sich also nur selten um diese Steine.

Wie werden Nierensteine behandelt?

Nierensteine werden in der Regel chirurgisch entfernt. Handelt es sich um Struvitnephrolithen, ist jedoch auch eine medikamentöse Auflösung möglich. In bestimmten Fällen kann eine Lithotripsie angezeigt sein. Liegt weder eine Infektion noch eine Obstruktion vor, können Nierensteine unter Umständen auch unbehandelt bleiben.

Wie behandle ich einen Hund, der gleichzeitig unter Nierenund Blasensteinen leidet?

Zunächst sollte die Zusammensetzung der Harnsteine bestimmt werden. Kalziumoxalat-, Kalziumphosphat- und Silikatsteine können nicht medikamentös aufgelöst werden und erfordern eine chirurgische Intervention, bevor präventive Maßnahmen eingeleitet werden. Zusätzliche medikamentöse Behandlungen sind angezeigt im Falle einer Harnwegsinfektion, wenn sich der Harnstein als nur wenig sensibel für diätetische Futterumstellungen erweist oder wenn die Urolithen weiter wachsen.

Wie gehe ich vor bei einem Hund mit Struviturolithiasis?

Struvitsteine sind in der Regel sensibel für eine medikamentöse Auflösung mit Hilfe einer Stein auflösenden Diät, kombiniert mit einer Antibiotikatherapie. Die kommerziellen Stein auflösenden Diätfuttermittel zielen darauf ab, den Harn anzusäuern und die Konzentrationen an Harnstoff, Phosphor und Magnesium im Harn zu senken. Sie sollten mindestens einen Monat über die Entfernung oder im Röntgenbild nachweisbare Auflösung der Struvitsteine hinaus verabreicht werden, davon ausgehend, dass kleine, röntgenologisch nicht darstellbare Urolithen persistieren können. Im Anschluss kann die Ernährung wieder auf das übliche Futter umgestellt werden. Zusätzliche Harn ansäuernde Substanzen wie Ammoniumchlorid sind nicht erforderlich, wenn ein Stein auflösendes Futter und Antibiotika verabreicht werden.

Wie ernähre ich einen Hund nach der chirurgischen Entfernung von Kalziumoxalatsteinen?

Kalziumoxalatsteine haben eine hohe Rezidivrate. Wichtig ist deshalb eine präventive Therapie. Zunächst werden zugrunde liegenden Ursachen wie Hyperparathyreoidismus oder Hyperadrenokortizismus identifiziert und behandelt. Anschließend werden die Risikofaktoren durch eine Anpassung der Ernährung reduziert. Eine Möglichkeit ist die Gabe von Feuchtfutter oder mit Natrium angereicherten Trockenfutters zur Förderung der Diurese. Zu meiden sind Kalziurese fördernde Substanzen wie Furosemid oder Harn ansäuernde Wirkstoffe. Die Nahrung sollte einen normalen Protein-, Kalziumund Phosphorgehalt aufweisen.

Wie behandle ich einen Dalmatiner mit Verdacht auf Uraturolithiasis?

Da es sich um einen Dalmatiner handelt, lautet die wahrscheinlichste Diagnose Ammoniumuratsteine. Eine vorläufige Verdachtsdiagnose erfolgt durch den Nachweis von Uratkristallen im Harn. Erste Wahl sind purinarme Diäten (Gemüse, Eier, Milchprodukte), die die Bildung eines verdünnten, alkalischen Harns fördern. Wie bei allen Formen der Urolithiasis tragen Feuchtfutter oder der Zusatz von Wasser zur Nahrung zur Steigerung des Harnvolumens bei. Eine Allopurinolbehandlung unterstützt die weitere Reduzierung der Uratausscheidung über den Harn.

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Urolithiasis

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Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen: Urolithiasis


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327

Urolithiasis

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selbst zubereitete Rationen

BEISPIELE FÜR SELBST ZUBEREITETE BEHANDLUNG Beispiel 1

ZUSAMMENSETZUNG (pro 1000 g Ration)

Hühnerfleisch, gekocht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 g Ei, hart gekocht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 g Reis, gekocht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 g Weizenkleie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 g Hefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 g Rapsöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 g

Urolithiasis

Zugabe eines magnesiumarmen Mineralstoff- und Vitaminsupplements erforderlich.

ANALYSE

EMPFOHLENE TAGESRATIONEN

Die so zubereitete Ration enthält 38 % Trockenmasse und 62 % Feuchtigkeit

Energiewert (metabolisierbare Energie) 2040 kcal/1000 g der fertigen Ration (entspr. 5310 kcal/1000 g Trockenmasse)

% Trockenmasse

g/1000 kcal

Gewicht des Hundes (kg)*

Tagesration (g)**

Gewicht des Hundes (kg)*

Tagesration (g)**

Rohprotein

22

41

2

110

45

1110

Rohfett

31

59

4

180

50

1200

40

75

6

240

55

1290

4

8

10

360

60

1370

15

490

65

1460

20

600

70

1540

25

710

75

1620

30

820

80

1700

35

920

85

1780

40

1010

90

1860

Verfügbare Kohlenhydrate

Rohfaser

Schlüsselpunkte - Saurer Harn-pH: Für eine effektive Bekämpfung von Struvitsteinen durch Begrenzung der Verfügbarkeit von Phosphationen. Ein saurer pH wirkt sich zudem hemmend auf das Wachstum von Bakterien aus. - Geringer Magnesiumgehalt: Begrenzung der Verfügbarkeit von Vorläufersubstanzen der Struvitsteine (Magnesium-Ammonium-Phosphat) - Hoher Feuchtigkeitsgehalt: Feuchtfutter fördert auf natürliche Weise die Harnverdünnung.

* Die empfohlene Tagesration basiert auf dem Idealgewicht des Hundes. Bei adipösen Patienten wird die Tagesration auf der Grundlage des Idealgewichts und nicht auf der Grundlage des tatsächlichen, aktuellen Gewichts des Hundes ermittelt. ** Empfohlen wird die Aufteilung der Tagesration auf zwei oder drei Mahlzeiten, um den Grad der postprandialen Alkalisierung des Harns zu begrenzen.

328


selbst zubereitete Rationen

RATIONEN FÜR DIE DIÄTETISCHE DER UROLITHIASIS Beispiel 2

ZUSAMMENSETZUNG (pro 1000 g Ration)

Kalbfleisch, Schulter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 g Rindfleisch, gehackt, 5 % Fett . . . . . . . . . . . . . .100 g Reis, gekocht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 g Weizenkleie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 g Tomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 g Rapsöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 g

Zugabe eines magnesiumarmen Mineralstoff- und Vitaminsupplements erforderlich.

EMPFOHLENE TAGESRATIONEN

ANALYSE

Energiewert (metabolisierbare Energie) 1335 kcal/1000 g der fertigen Ration (entspr. 4230 kcal/1000 g Trockenmasse)

Die so zubereitete Ration enthält 32 % Trockenmasse und 68 % Feuchtigkeit

Tagesration (g) **

Gewicht des Hundes (kg)*

Tagesration (g) **

2

110

45

1110

4

180

50

1200

6

240

55

1290

10

360

60

1370

15

490

65

1460

20

600

70

1540

25

710

75

1620

30

820

80

1700

35

920

85

1780

40

1010

90

1860

% Trockenmasse

g/1000 kcal

Rohprotein

39

92

Rohfett

13

31

36

86

8

19

Verfügbare Kohlenhydrate

Rohfaser

Urolithiasis

Gewicht des Hundes (kg)*

Kontraindikationen Trächtigkeit Laktation Wachstum Chronische Nierenerkrankung Metabolische Azidose

Die Beispiele für die selbst zubereiteten Diäten wurden zusammengestellt von Prof. Patrick Nguyen (Fachbereich Ernährung und Endokrinologie, Abteilung für Biologie und Pathologie der École Nationale Vétérinaire des Nantes)

329


© Psaila/Lanceau

Diätetische Informationen von Royal Canin

Kleine Rassen (Shih Tzu, Yorkshire Terrier, Zwergschnauzer, Pekinese) gehören zu den Hunden mit dem höchsten Urolithiasisrisiko.

Schlüsselpunkte zum Thema:

Urolithiasis

Rolle der Ernährung in der Behandlung und Prävention der Urolithiasis beim Hund Förderung der Trinkwasseraufnahme und der Diurese Unabhängig vom Harnsteintyp ist die Förderung der Trinkwasseraufnahme zur Förderung der Harnverdünnung ein entscheidender Punkt zur Prävention der Harnsteinbildung. Die Verdünnung des Harns begrenzt die Konzentration der Kristallvorläufer im Harn. Die Trinkwasseraufnahme kann auf drei einfachen Wegen gefördert werden: Gabe eines Feuchtfuttermittels, Einweichen von Trockenfutter vor der Fütterung oder leichte Erhöhung des Natriumgehalts des Futters. Ein Natriumanteil von 3,2 g / 1000 kcal hat keinen Einfluss auf den arteriellen Blutdruck, und zwar weder beim gesunden Hund, noch bei Hunden mit moderater Nierenerkrankung.

Harn-pH-Wert Die Ansäuerung des Harns ist das beste Mittel zur Senkung der Harnsättigung mit Struvit und damit

330

zur Prävention der Struviturolithiasis. Da Struvitsteine in saurem Milieu sehr gut löslich sind, kann die Ansäuerung sogar die Auflösung bestehender Urolithen unterstützen. Kalziumoxalatsteine sind nicht sensibel für pH-Wert-Änderungen. Durch die Alkalisierung gelingt es auf indirektem Weg, die Vorläufersubstanzen im Harn zu begrenzen (durch Begrenzung der Kalzurie und durch Förderung der Ausscheidung von Zitrat, das ein lösliches Salz mit Kalzium bildet). Gleichzeitig erhöht eine Alkalisierung jedoch das Risiko der Struvitbildung. Vorzugsweise sollte die Förderung der Diurese mit einem relativ sauren pH-Wert (6,0 bis 6,5) kombiniert werden, um gleichzeitig der Entstehung von Kalziumoxalatund Struvitsteinen vorzubeugen. Bei Urat- oder Cystinurolithiasis ist ein alkalischer pH-Wert (um 7,0) dagegen notwendig, um die Löslichkeit dieser beiden Steintypen zu erhöhen. Eine weitergehende Al-

kalisierung des Harns brächte allerdings das Risiko einer sekundären Kalziumphosphaturolithiasis mit sich.

Proteine Eine Proteinrestriktion wird bei Patienten mit Urat- oder Cystinurolithiasis empfohlen. Insbesondere Hunde mit Prädisposition für Uratsteine (Dalmatiner, Englische Bulldogge) benötigen eine purinarme Ernährung, die nicht notwendigerweise über eine Senkung des Gesamtproteingehalts erreicht werden muss. Beide Ziele, also geringer Puringehalt und ausreichender Proteingehalt, lassen sich durch die Wahl purinarmer Protein-quellen vereinbaren. Ist bei Patienten mit Cystinsteinen eine Proteinrestriktion angezeigt, sollte diese von einer Supplementierung mit Taurin und L-Carnitin begleitet werden, um dem Risiko der Entstehung einer dilatativen Kardiomyopathie vorzubeugen.


Diätetische Informationen von Royal Canin

Im Fokus:

NATRIUM

- Natrium hält das Gleichgewicht des osmotischen Drucks zwischen intra- und extrazellulärem Milieu aufrecht und reguliert auf diese Weise das Volumen der extrazellulären Flüssigkeiten. Aufgrund seiner regulatorischen Funktion im

- Natrium beeinflusst das SäureBasengleichgewicht; - Natrium ist an der Übertragung neuronaler Impulse beteiligt. Die Natriumabsorptionsrate im Verdauungstrakt ist sehr hoch. Die Aufrechterhaltung eines konstanten Natriumspiegels im Organismus erfolgt durch die Regulation der renalen und intestinalen Ausscheidung. Da der Hund nicht schwitzt, ist er keinen umfangreicheren Natriumverlusten durch die Schweißbildung ausgesetzt.

WIE HOCH IST DER NATRIUMANTEIL DER UNTERSCHIEDLICHEN NATRIUMSALZE? - Natriumchlorid (NaCl) enthält 39 % Natrium. 1 % Natrium in einem Futtermittel entspricht also: 1 / 0,39 = 2,5 % NaCl. - Natriumkarbonat enthält 37 % Natrium. - Natriumbikarbonat enthält 27 % Natrium.

Urolithiasis

Natrium spielt eine wichtige Rolle für die Zellfunktion:

Flüssigkeitshaushalt spielt Natrium eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Durst und bei der Harnausscheidung;

© Éric Berchotteau

Nach Kalzium und Kalium ist Natrium das häufigste Ion im Organismus. Es macht etwa 0,13 % des Körpergewichts eines Säugetieres aus. Das extrazelluläre Natrium verteilt sich auf das Skelett (43 % des Gesamtnatriums), die interstitiellen Flüssigkeiten (29%) und das Plasma (12%). Das restliche Natrium befindet sich intrazellulär.

331


Diätetische Informationen von Royal Canin

1 • Wird der Blutdruck durch einen hohen diätetischen Kochsalzgehalt beeinflusst? Beim Hund hat die Anreicherung der Nahrung mit Natrium das eindeutige Ziel, die Diurese zu fördern und die Sättigung des Harns mit Oxalat zu senken. Beim Menschen ist die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Salzgehalt der Nahrung und Bluthochdruck Gegenstand einer lebhaften Debatte, und so ist es nur logisch, dass die Frage des Einflusses von Kochsalz (NaCl) auf den arteriellen Blutdruck auch beim Hund gestellt wird.

Die Universität Wien hat in Zusammenarbeit mit Royal Canin die Entwicklung des arteriellen Blutdrucks bei Hunden in Abhängigkeit vom Kochsalzgehalt der Nahrung untersucht (Biourge et al., 2002).

setzung war der NaCl-Gehalt: - Die Kontrollnahrung enthielt: 0,38% Na und 1,40% Cl. - Die mit NaCl angereicherte Nahrung enthielt: 0,96 % Na und 2,40 % Cl (Trockenmasse).

Acht gesunde Beaglehündinnen im Alter zwischen zwei und vier Jahren wurden in zwei Gruppen unterteilt und über zwei Wochen mit demselben (ansäuernden) Trockenfutter gefüttert. Einziger Unterschied in der Zusammen-

Die beiden Gruppen nahmen die beiden Futtermittel nacheinander auf mit einer Übergangsperiode von einer Woche, in der sie mit einem Standarderhaltungsfutter ernährt wurden.

ERGEBNISSE Kontrollnahrung (0,38 % Na ; 1,40 % Cl)

Urolithiasis

Körpergewicht

Testnahrung, mit NaCl angereichert (0,96 % Na ; 2,40 % Cl)

Die Nahrungsaufnahme wurde begrenzt auf 256 ± 31 g/Tag, und das Gewicht der Hunde blieb während der gesamten Studie stabil (11,4 ± 0,9 kg)

Harnvolumen (ml/kg Gewicht/Tag)

22,8 ± 3,4

37 ± 3,1

Mittlerer arterieller Blutdruck (mm Hg)

152 ± 9 mm Hg

158 ± 10 mm Hg

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen eindeutig, dass eine moderate Anreicherung der Nahrung mit NaCl im Vergleich mit einem Standardfuttermittel das Harnvolumen erhöht (p<0.001), aber nicht den arteriellen Blutdruck bei gesunden Hunden.

Bei den beobachteten Blutdruckwerten handelt es sich um physiologische Normalwerte (<160 mm Hg). Vier weitere Studien zeigen ebenfalls keine Hinweise auf einen Ein-

fluss einer moderaten Erhöhung des Natriumgehalts (bis 3,2 g Na/1000 kcal) auf den arteriellen Blutdruck bei gesunden Hunden und Katzen und bei Tieren mit moderater Nierenerkrankung (Burankarl et al., 2003; Greco et al., 1994; Kirk 2002; Luckschander et al., 2002).

Das National Research Council Committee on Animal Nutrition (NRC) wurde von der Akademie der Wissenschaften der USA mit

der Etablierung des Nährstoffbedarfs von Hunden und Katzen beauftragt. Die neuesten Empfehlungen gehen davon aus, dass bei einem Natriumgehalt von 3,75 g/ 1000 kcal in einem Trockenfutter, das 4000 kcal/kg liefert, kein erhöhtes Gesundheitsrisiko für die damit gefütterten Hunde besteht. Dies entspricht einem Natriumgehalt von 1,5 %.

Literatur Biourge V, Iben C, Wagner E et al. - Does increasing dietary NaCl affect blood pressure in adult healthy dogs? Proceedings of the 12th Congress of the European College of Veterinary Internal Medicine, Munich, 2002; 153. Burankarl C, Mathur SS, Cartier LI et al. Effects of dietary sodium chloride (NaCl) supplementation on renal function and blood pressure (BP) in normal cats and in cats with induced renal insufficiency. Proceeding of the WSAVA congress, Bangkok, 2003: 749.

332

Greco DS, Lees GE, Dzendel G et al. - Effects of dietary sodium intake on blood pressure measurements in partially nephrectomized dogs. Am J Vet Res 1994; 55: 160-165. Kirk CA - Dietary Salt and FLUTD: Risk or Benefit? Proceedings of the 20th American College of Veterinary Internal Medicine Forum. Dallas, Texas, 2002; 553-555.

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Diätetische Informationen von Royal Canin

2 • Messung der relativen Übersättigung des Harns (RSS = relative supersaturation) beim Hund Ziel: Prognose der Kristallbildung im Harn auf der Grundlage der Kenntnis des pH-Wertes und der Zusammensetzung des Harns bei Gabe eines spezifischen Futtermittels. Letztlich ist es das Ziel, der Harnsteinbildung beim Hund vorzubeugen. Struvit (Magnesium-Ammonium-Phosphat)

Kalziumoxalat

Messung des pH-Werts und Ansäuerung des Harns zur optimalen Konservierung

Harnanalyse Urolithiasis

• Urat, Kreatinin: High Performance Liquid Chromatographie (HPLC) • Kalzium, Magnesium • Natrium, Kalium Ionenaustausch• Ammonium, Sulfat chromatographie • Citrat, Oxalat, Phosphat

{

High Performance Liquid Chromatographie (HPLC)

Ionenaustauschchromatographie

Berechnung der Harnsättigung mit dem Programm Supersat® 1. Berechnung der Aktivitätskoeffizienten für monovalente, divalente, trivalente und quadrivalente Ionen 2. Ermittlung der Konzentrationen der verschiedenen aus diesen Ionen gebildeten, löslichen Komplexe 3. Berechnung der Konzentrationen freier Ionen (Ox2-, Ca2+, PO43-, NH4+, Mg2+…) 4. Berechnung der Aktivitätsprodukte der verschiedenen an der Harnsteinbildung beteiligten Salze Grad der RSS 5. Vergleich mit den Löslichkeitsprodukten und Kristallisationsprodukten der betreffenden Salze

Relative Übersättigung

Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Bildung von Kalziumoxalat- und Struvitkristallen bei einem Hund, der ein spezifisches Futtermittel erhält Zone der Übersättigung Spontane Kristallbildung Bildungsprodukt Metastabile Zone Wachstum bestehender Kristalle Löslichkeitsprodukt Zone der Untersättigung Mögliche Auflösung von Kristallen

333


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