Klinische Diätetik - Diabetes mellitus

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Diabetes mellitus


DVM, PhD

Feliner Diabetes mellitus: Diätetische Strategien

1- Prävalenz des felinen Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2- Klinische Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 3- Besonderheiten des felinen Stoffwechsels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 4- Klassifikation des felinen Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 5- Allgemeines zum felinen Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 6- Physiologische Aspekte einer diätetischen Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 7- Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 8- Transienter Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 9- Langzeitfolgen der diabetischen Hyperglykämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 10- Diagnose des felinen Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 11- Therapeutische Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 12- Diätetische Aspekte der Behandlung des felinen Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 13- Proteinreiche Ernährung und Nierenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 14- Praktische Empfehlungen zur Ernährung von zuckerkranken Katzen . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Häufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Diätetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

IN DIESEM KAPITEL VERWENDETE ABKÜRZUNGEN DM: Diabetes mellitus GIP: glucose-dependent insulinotropic polypeptide; früher: gastric inhibitory polypeptide GLP-1: glucagon-like peptide 1 (gastrointestinales Peptidhormon/Inkretin) IDDM: insulinpflichtiger Diabetes mellitus

IGF-1: insulinähnlicher Wachstumsfaktor 1 IL-1b: Interleukin 1b NIDDM: nicht-insulinpflichtiger Diabetes mellitus PPARg: peroxisome proliferator-activated receptor gamma

TFS: Trans-Fettsäuren TM: Trockenmasse TNF-a: Tumornekrosefaktor a

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Diabetes mellitus

Thomas A. LUTZ


Feliner Diabetes mellitus: Diätetische Strategien Thomas A. LUTZ DVM, PhD Diabetes mellitus

Thomas Lutz absolvierte sein Studium der Tiermedizin an der Freien Universität Berlin und schloss dieses 1989 ab. Im Jahr 1991 promovierte er am Institut für Veterinärphysiologie der Universität Zürich zum Dr. med. vet. und erlangte vier Jahre später seinen zweiten Doktortitel (PhD) an der University of Queensland (Brisbane, Australien) mit einer Arbeit über den felinen Diabetes mellitus. 1999 habilitierte er am Institut für Veterinärphysiologie der Universität Zürich, wo er 2004 zum Professor (Extraordinarius) für Angewandte Veterinärphysiologie berufen wurde. Seit 2008 ist er Professor (Ordinarius) für Veterinärphysiologie an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich. Seine Hauptforschungsgebiete sind die neuroendokrinen Mechanismen der Regulation der Nahrungsaufnahme sowie der feline Diabetes mellitus. Er hat bisher mehr als 80 wissenschaftliche Artikel in verschiedenen Fachzeitschriften veröffentlicht.

D

er Diabetes mellitus (DM) stellt eine bei Katzen häufige Endokrinopathie dar. Die Prävalenz ist im Laufe der letzten 30 Jahre ständig gestiegen: Eine von 200 Katzen ist heute zuckerkrank. Dies steht möglicherweise in direktem Zusammenhang mit der höheren Prävalenz der Adipositas bei Katzen. Der feline Diabetes mellitus weist viele Gemeinsamkeiten mit dem Typ-II-Diabetes des Menschen auf, vor allem, was die Pathophysiologie sowie die Risikofaktoren und Behandlungsstrategien betrifft. Die allgemeinen Empfehlungen für die Ernährung von zuckerkranken Katzen haben sich in den letzten Jahren verändert: Nach heutigem Wissensstand sollte die Diät einen hohen Proteingehalt und einen niedrigen Kohlenhydratanteil aufweisen, wobei klar ist, dass nicht alle Autoren darunter absolut dasselbe verstehen. Generell lässt sich sagen, dass damit ein Proteingehalt von etwa 50 % oder mehr sowie ein Kohlenhydratgehalt von maximal 15 % gemeint sind. Die Werte werden an späterer Stelle noch genauer spezifiziert. Dieses Fütterungsregime, kombiniert mit einer strikten und gut überwachten Insulintherapie, hat dazu geführt, dass die Remissionsrate beim Diabetes mellitus stark gestiegen ist. Dieses Kapitel liefert einen Überblick über die pathophysiologischen Mechanismen des felinen DM und erörtert verschiedene Behandlungsstrategien. Dabei wird insbesondere auf den spezifischen Nährstoffbedarf von Katzen sowie auf die empfohlene proteinreiche, kohlenhydratarme Diät eingegangen. 182


Zusammenhang zwischen Diabetes mellitus und Adipositas Die Adipositas ist höchstwahrscheinlich in stärkstem Maße für den Anstieg der Diabetes-Fälle bei Katzen verantwortlich, da Fettleibigkeit bei Katzen in direktem Zusammenhang mit Insulinresistenz steht (Scarlett et al. 1994; Hoenig 2006 und 2007; siehe auch unter Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus). Adipositas ist bei der heutigen Katzenpopulation sehr viel häufiger als noch vor Jahren: Mindestens 20 %, wahrscheinlich aber 35-40 % der Katzen sind heute übergewichtig oder sogar fettleibig (Baral et al. 2003; Lund et al. 2005; Diez und Nguyen 2006; German 2006).

TABELLE 1 – RISIKOFAKTOREN FÜR DIE ENTWICKLUNG EINES DIABETES MELLITUS (DM) BEI DER KATZE (Nelson 2005; Rand und Marshall 2005; McCann et al. 2007)

Alter

Alte Katzen sind häufiger betroffen.

Geschlecht

Kater erkranken häufiger an DM als weibliche Katzen.

Kastration

indirekter Risikofaktor durch kastrationsbedingte Fettleibigkeit

Adipositas

erhöhtes Risiko für adipöse Katzen

Körperliche Aktivität

Inaktive Katzen erkranken öfter an DM.

Rasse

Burmakatzen?

Medikamentelle Therapien

Megestrolacetat, Glukokortikoide

Grundkrankheiten

systemische Infektionen, Stomatitis

Der Einfluss des Alters An Diabetes mellitus erkranken vorwiegend Katzen mittleren bis fortgeschrittenen Alters, wobei eine deutliche Zunahme von Erkrankungsfällen ab dem 7. Lebensjahr zu verzeichnen ist. Die Wahrscheinlichkeit einer Zuckerkrankheit ist bei Katzen im ersten Lebensjahr 50-mal geringer als bei Tieren im Alter von über 10 Jahren (Prahl et al. 2003).

Der Einfluss von Geschlecht und Kastrationsstatus Kater scheinen ein höheres Risiko für einen Diabetes mellitus aufzuweisen als weibliche Katzen. Ähnliches ist auch beim Menschen zu beobachten, zumindest vor der Menopause der Frauen. Die Ursachen für die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim felinen Diabetes sind noch unbekannt. Ein direkter Zusammenhang mit der Konzentration der Geschlechtshormone erscheint unwahrscheinlich, da die meisten zuckerkranken Kater kastriert sind und da die Kastration selbst keinen Risikofaktor darstellt, solange Körpergewicht und Alter der Tiere vergleichbar sind (Prahl et al. 2003).

Der Einfluss der Rasse Zu einem möglichen Einfluss der Rasse auf die Prävalenz des felinen Diabetes mellitus liegen nur wenige Untersuchungen vor. Während eine retrospektive Studie aus den USA eine höhere Prävalenz bei bestimmten Rassen nicht nachweisen konnte (wobei das Erkrankungsrisiko bei reinrassigen Katzen geringer war als bei Mischlingen; Prahl et al. 2003), berichten einige Untersuchungen aus Australien von einer höheren Prävalenz bei Burmakatzen (Rand et al. 1997; Abbildung 1). Eine Studie aus Großbritannien spricht von einer ähnlichen Prädisposition (McCann et al. 2007). Da dem Autor keine weiteren Untersuchungsergebnisse bekannt sind, bleibt unklar, ob die in Australien und Großbritannien beobachtete Überrepräsentation der Burmakatzen hinsichtlich des Diabetes mellitus ein globales Phänomen darstellt oder nicht.

Abbildung 1 – Burmakatze Laut Studienergebnissen aus Australien und Großbritannien besteht bei Burmakatzen eine genetische Prädisposition für Diabetes mellitus (Rand et al. 1997). Ob dies auch global gültig ist, wird noch kontrovers diskutiert.

183

Diabetes mellitus

Diabetes mellitus (DM) ist eine häufige Endokrinopathie der Katze. Die Prävalenz bewegt sich Berichten zufolge zwischen 1: 400 und 1: 100 (Panciera et al. 1990; Rand et al. 1997). Eine retrospektive Studie zeigte anhand der Anzahl der Fälle von DM an den Kliniken von veterinärmedizinischen Hochschulen und Universitäten, dass die Prävalenz im Laufe von 30 Jahren um mehr als das Zehnfache gestiegen ist. Während im Jahr 1970 noch von einem Fall pro 1000 Katzen berichtet wurde, waren es im Jahr 1999 bereit 12 Fälle pro 1000 Katzen (Prahl et al. 2003; 2007). Im selben Zeitraum ist allerdings die Sterblichkeit bei diesen Patienten deutlich gesunken, nämlich von 40 % auf 10 %, was belegt, dass zuckerkranke Katzen mit Erfolg therapiert werden können. Dies ist teilweise auf das bessere Verständnis der Pathophysiologie des felinen Diabetes zurückzuführen. Wichtige Risikofaktor für die Entwicklung der Zuckerkrankheit sind Alter, Geschlecht, Kastrationsstatus und Adipositas (Tabelle 1).

1 - Prävalenz des felinen Diabetes mellitus

1 - Prävalenz des felinen Diabetes mellitus


(siehe auch: Nelson 2005) Die meisten diabetischen Katzen sind älter als sieben Jahre. Zu den typischen Symptomen zählen eine osmotische Polyurie, in deren Folge sich eine Hyperglykämie entwickelt, sowie eine sekundäre Polydipsie und oft auch Polyphagie. Ein Großteil der diabetischen Katzen ist zum Zeitpunkt der Diagnose übergewichtig (Abbildung 2). Obwohl es trotz Polyphagie bei betroffenen Katzen auch zu Gewichtsverlusten kommen kann, haben die Patienten zum Zeitpunkt ihrer Vorstellung in der Praxis meist immer noch Übergewicht; nur selten sind zuckerkranke Katzen bei Diagnosestellung abgemagert.

mit freundlicher Genehmigung von Prof. C. Reusch, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich

2 - Klinische Symptome

2 - Klinische Symptome

Aufgrund der Dehydratation sind manche diabetische Katzen lethargisch, und infolge der diabetischen Neuropathie können die Tiere eine Nachhandschwäche und plantigrade Fußung zeigen (Abbildung 3). Auch eine Muskelatrophie an den Beckengliedmaßen kann vorliegen. Es kann zu hepatischer Lipidose und in deren Folge zu Hepatomegalie kommen. Betroffene Katzen können zudem an Infektionen wie Stomatitis oder Zystitis leiden.

Diabetes mellitus

Abbildung 2 - Elf Jahre alte adipöse Katze (10 kg). Das Risiko für Diabetes mellitus ist bei Adipositas erhöht.

mit freundlicher Genehmigung von Prof. C. Reusch, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich

3 - Besonderheiten des felinen Stoffwechsels Anpassung der Diät an den Bedarf eines obligaten Karnivoren

Abbildung 3 - Diabetische Neuropathie bei einer Katze. Die plantigrade Fußung ist ein typisches klinisches Symptom, das auf eine diabetische Neuropathie hinweist.

Die Katze ist im Gegensatz zum Hund ein obligater Karnivore. Die natürliche Ernährung der wildlebenden Feliden (z.B. Mäuse) enthält etwa 70-80 % Wasser. Auf der Basis der Trockenmasse (TM) liefert diese Nahrung annähernd 5560 % Proteine, 35 % Fett und weniger als 10 % Kohlenhydrate. Dies unterscheidet sich allerdings deutlich von der Zusammensetzung der handelsüblichen Trockenfutter für Katzen, die in der Regel einen wesentlich höheren Kohlenhydratgehalt aufweisen (hauptsächlich in Form von Stärke aus Getreide), wobei hochverdauliches Trockenfutter für Katzen nicht mehr als 40 % Kohlenhydrate enthalten sollte. Bei hohen Proteingehalten (54 % i. d. TM)

Glukosekonzentration im Blut (mmol/l)

ABBILDUNG 4A – AUSBLEIBEN DER POSTPRANDIALEN HYPERGLYKÄMIE BEI KATZEN, DIE EINE PROTEINREICHE, KOHLENHYDRATARME DIÄT (54 % PROTEIN, 8 % KOHLENHYDRATE I. D. TM) ERHIELTEN

Nach einer 24-stündigen Nahrungskarenz erhielten die Katzen Zugang zum Testfutter, das 50 % der normalen Tagesration entsprach. Das Futter stand 10 Minuten lang zur Verfügung. Während dieser Zeit wurde die gesamte Ration aufgenommen. Das Diagramm zeigt die Blutzuckerkonzentration von zehn gesunden Katzen unmittelbar vor sowie nach der Mahlzeit. Basiswert

Ende der Mahlzeit

15 min 30 min

Zeit

184

1h

2h

5h


Bei Katzen kommt es auch bei einer Minderversorgung mit Protein über die Nahrung nicht zu einer regulativen Drosselung der Glukoneogenese aus Aminosäuren (Rogers et al. 1977).

4 - Klassifikation des felinen Diabetes mellitus

Zeit nach Futteraufnahme (Minuten)

Diabetes mellitus

Intensive Glukoneogenese

Ration mit Glukosezusatz (20 %) Proteinreiches Futter

Mahlzeit

Katzen haben generell einen hohen Bedarf an essenziellen Aminosäuren wie Arginin und Taurin. Ein Mangel an Taurin ist als möglicher kausaler Faktor für einen Diabetes mellitus vorgeschlagen worden. Allerdings sollte die Tatsache, dass Taurin ein nützliches Potenzial zur Vermeidung der diabetischen Retinopathie oder Neuropathie besitzt (Franconi et al. 2006) nicht dahingehend interpretiert werden, dass dies als Nachweis für einen kausalen Zusammenhang mit DM gilt. Es gibt derzeit keinen experimentell belegten Nachweis dafür, dass ein derartiger Zusammenhang bestehen könnte.

ABBILDUNG 4B – EINFLUSS DER ERNÄHRUNG AUF DIE POSTPRANDIALE HYPERGLYKÄMIE BEI 12 KATZEN

Glukosekonzentration im Blut (mmol/l)

zeigten Katzen dann keine postprandiale Hyperglykämie (Martin und Rand 1999; Abbildung 4a), solange keine relativ hohen Gehalte an Kohlenhydraten im Futter enthalten waren (Abbildung 4b). Dies mag einer von mehreren möglichen Gründen dafür sein, weshalb sich eine Diät mit Proteingehalten, die in ihrer Höhe der natürlichen Ernährung von Katzen fast gleichkommen, bei der Ernährung von zuckerkranken Katzen therapeutisch günstig auswirkt (siehe weiter unten).

In Abwesenheit des Glukosezusatzes (20 %) kam es bei den 12 Katzen bei der proteinreichen Ration (54 % Protein und 8 % Kohlenhydrate i. d. TM) zu keiner postprandialen Hyperglykämie.

4 - Klassifikation des felinen Diabetes mellitus Zur Beschreibung der verschiedenen Formen des Diabetes mellitus ist für den Menschen und für andere Spezies bislang eine unterschiedliche Terminologie verwendet worden. Die folgende Terminologie basiert auf der zugrunde liegenden Pathophysiologie und wird in diesem Kapitel durchgängig angewandt. Der primäre Diabetes mellitus wird eingeteilt in einen Typ I und einen Typ II (Tabelle 2).

© Lenfant/RC

Die Aktivität der für die Glukoneogenese zuständigen Enzyme ist bei Katzen wesentlich höher als bei Hunden (Washizu et al. 1998; Washizu et al. 1999; Takeguchi et al. 2005). Andererseits scheinen Katzen infolge einer geringen Expression oder reduzierten Aktivität der hepatischen Glukokinase leicht einen funktionellen Mangel an diesem Enzym zu entwickeln (Washizu et al. 1999; Schermerhorn 2005; Tanaka et al. 2005). Die Regulierung der Glukokinaseaktivität scheint allerdings bei Katzen anders zu erfolgen als bei anderen Spezies, da bei Katzen auch die Aktivität des Glukokinase-regulierenden Proteins sehr niedrig ist (Schermerhorn 2005). Die Aktivität anderer glykolytischer Schlüsselenzyme einschließlich der Hexokinase, die eine geringe Glukokinaseaktivität vielleicht teilweise kompensieren könnte, ist bei Katzen allerdings höher als bei Hunden (Washizu et al. 1999).

Unter natürlichen Lebensbedingungen (mit geringer Aufnahme an Kohlenhydraten) haben Katzen eine besonders hohe Kapazität für eine intensive Glukoneogenese aus Aminosäuren entwickelt.

In der Humanmedizin wurden diese Formen früher als „juveniler Diabetes” und als „Altersdiabetes” bezeichnet. Aufgrund der starken Zunahme von Fettleibigkeit bei Kindern leiden jedoch heute bereits 50 % dieser Kinder am Diabetes mellitus vom Typ II (im Vergleich zu nur 5-10 % in früheren Jahren). Insofern sind die bisherigen Bezeichnungen nicht mehr sinnvoll. Die Bezeichnungen „insulinpflichtiger Diabetes mellitus” (IDDM) und „nicht-insulinpflichtiger Diabetes mellitus” (NIDDM) stellen rein deskriptive Termini dar, die nur über die Notwendigkeit einer Insulintherapie eine Aussage treffen. Die pathophysiologischen Mechanismen werden hierbei in keiner Weise berücksichtigt. Aus diesem Grund wird von der Verwendung dieser Bezeichnung in diesem Artikel Abstand genommen. Die bei Katzen am häufigsten anzutreffende Form des Diabetes mellitus ist vom pathophysiologischen Standpunkt aus dem Typ II beim Menschen (Henson und O’Brien 2006) ähnlich. Diese Form wird nachstehend beschrieben. Auch wenn histologische Veränderungen der Pankreasinselzellen, die auf ein dem Typ-I-Diabetes ähnliches Syndrom hinweisen, bei Katzen beschrieben wurden (Nakayama et al. 1990), scheint es sich dabei um einen ungewöhnlichen Befund zu handeln. Außerdem entwickeln Katzen keine Autoantikörper gegen Betazellantigene oder Insulin (Hoenig et al. 2000), was gegen eine autoimmunvermittelte Form, wie sie für den Typ-I-Diabetes typisch ist, spricht. Schließlich gilt es heute als anerkannt, dass an der Pathophysiologie des Typ-II-Diabetes auch entzündliche, immunvermittelte Prozesse beteiligt sind (Donath et al. 2005). Insofern schließt das Vorhandensein von Entzündungsprozessen einen Typ-II-Diabetes nicht aus. 185


Häufigkeit bei Katzen

Wichtige Störungen

Typ-I-DM

selten

autoimmune Zerstörung der Betazellen des Pankreas

Typ-II-DM

mindestens 90 % der Fälle

Funktionsstörung der Betazellen, Insulinresistenz, Amyloidablagerungen in den Inselzellen des Pankreas

Form des felinen DM

Primärer DM

Infektion Andere Ursachen des Diabetes mellitus (früher als sekundärer DM bezeichnet)

Antagonistische Erkrankungen

Pankreatitis, Pankreastumoren Akromegalie Steroid induziert

Diabetes mellitus

5 - Allgemeines zum felinen Diabetes mellitus

TABELLE 2 – KLASSIFIKATION DES FELINEN DIABETES MELLITUS (DM)

Insulinresistenz ca. 10 % der Fälle

Zerstörung der Betazellen antagonistischer Effekt des Wachstumshormons (GH) z.B. Behandlung mit Progesteronderivaten (Megestrolacetat)

5 - Allgemeines zum felinen Diabetes mellitus Die wichtigsten Störungen beim Diabetes mellitus Vom pathophysiologischen Standpunkt aus stellen der feline Diabetes mellitus und der Typ-II-Diabetes des Menschen vergleichbare Endokrinopathien dar. Sofern es zum besseren Verständnis der zugrunde liegenden Störungen dient, wird in diesem Kapitel auf Daten aus experimentellen Studien (vorwiegend an Nagetieren) Bezug genommen. Die wichtigsten Störungen, die beim felinen DM und beim Typ-II-Diabetes des Menschen im Organismus vorliegen, sind folgende: - Insulinresistenz infolge einer unphysiologischen Verwertung von Nährstoffen durch insulin-sensitives Gewebe - Funktionsstörung der b-Zellen des Pankreas und daraus resultierende gestörte Sekretion von Insulin und Amylin - Amyloidablagerungen in den Pankreasinselzellen infolge einer Präzipitation von Amylin (Insel-AmyloidPolypeptid; Abbildung 5) Weitere Defekte werden nachstehend ebenfalls angesprochen. Gegenstand fortgesetzter Diskussionen ist auch die Frage, ob der primäre Defekt beim felinen DM und beim Typ-II-Diabetes des Menschen die gestörte Betazellfunktion oder die gestörte Insulinfunktion ist. Beide Defekte liegen in der Regel zum Zeitpunkt der Diagnose bereits vor und tragen zur Verschlechterung der Stoffwechselsituation bei. Aufgrund der Glukotoxizität sind beide Defekte auch an der Persistenz der Krankheit beteiligt, die für gewöhnlich zu beobachten ist.

Genetik und feliner Diabetes mellitus In der Humanmedizin ist der Zusammenhang zwischen Genetik und Typ-II-Diabetes hinsichtlich einer individuellen Prädisposition für die Krankheit Gegenstand intensiver Forschungstätigkeit. Verschiedene Mutationen und Genpolymorphismen konnten identifiziert werden, die bei bestimmten Diabetikern mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Typ-II-Diabetes in Verbindung gebracht wurden (Barroso 2005; Malecki 2005, etc.). Das massive Ansteigen der Fälle von Typ-II-Diabetes in der Humanmedizin ist allerdings nicht die Folge einer größeren genetischen Veränderung, sondern vielmehr das Ergebnis der veränderten Lebensgewohnheiten des Menschen im Sinne von erhöhter Nahrungszufuhr und mangelnder körperlicher Betätigung; beides fördert die Entwicklung von Übergewicht und damit auch das Diabetesrisiko. Somit hat ein ursprünglich günstiger genetischer Hintergrund, der das Überleben sichern sollte, auf den Menschen von heute unter Umständen schädliche Auswirkungen. Die Untersuchungen zur möglichen Rolle von genetischen Faktoren bei der Entwicklung von felinem Diabetes sind weit geringer fortgeschritten als in der Humanmedizin. Manche Katzen weisen vielleicht tat186


Lebensweise Umwelt Genetik Kastration

Pankreasamyloidose und inadäquate Insulin- und Amylinsekretion

Erhöhung von Fettsäuren und Serumtriglyzeriden

Schädigung der Betazellen

ADIPOSITAS

DIABETES

Verringerte Expression des GLUT4 (insulinsensitiver Glukosetransporter) Insulinresistenz

sächlich eine Prädisposition für Glukoseintoleranz auf, da man festgestellt hat, dass bei Katzen, die bei Gewichtszunahme eine stärkere Reduzierung der Insulinsensitivität zeigten, die Basisinsulinwerte höher waren, während die Insulinsensitivität in der ersten Phase des Ansprechens niedriger war (Appleton et al. 2001b). Ähnliche Ergebnisse wurden von Wilkins et al. (2004) beschrieben. Manche Studien sprechen auch von einer Rasseprädisposition für den felinen DM, wobei vor allem Burmakatzen ein angeblich höheres Risiko tragen (Rand et al. 1997). Trotz dieser Hinweise auf eine mögliche Beteiligung genetischer Faktoren ist nichts über den Vererbungsmodus oder die Art der eventuell betroffenen Gene bekannt.

6 - Physiologische Aspekte einer diätetischen Therapie Bevor auf die Einzelheiten der Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus eingegangen wird, seien noch kurz einige Aspekte der physiologischen Rolle der wichtigsten beteiligten Hormone zusammengefasst. Beim gesunden Tier wird die Insulinsekretion des Pankreas hauptsächlich durch die Nährstoffe gesteuert (Abbildung 6 und 7). Die Wirkung des Insulin im Zielgewebe wird über Insulinrezeptoren vermittelt. Durch die Bindung von Insulin an den Rezeptor wird die intrinsische Rezeptortyrosinkinase aktiviert, welche die Sofortwirkung triggert (z.B. die Translokation des insulinsensitiven Glukosetransporters GLUT4 und die Modifikation der Aktivität von Stoffwechselenzymen) und die verzögerten Effekte unter dem Einfluss der Transkription insulinsensitiver Gene fördert. Letzteres wird durch den Transkriptionsfaktor PPARg (peroxisome proliferator-activated receptor gamma) vermittelt. Dieser Transkriptionsfaktor wird von Antidiabetika wie den Thiazolidinedionen angesprochen, die die Insulinsensitivität erhöhen.

ABBILDUNG 6 – REGULIERUNG DER INSULINSEKRETION DURCH DIE BETAZELLEN DES PANKREAS

Insulin 2+

Ca

Sulfonylharnstoffderivate K+ Glukose GLUT2

ATP

Ca2+ CaM-Kinase

Insulinsekretion Proteinphosphorylierung

Die Glukose gelangt mit dem GLUT2-Glukosetransporter in die Betazellen und wird dort über die Glykolyse und den in den Mitochondrien ablaufenden Citratzyklus verstoffwechselt. Durch Adenosintriphosphat (ATP) schließen sich die ATPsensitiven Kaliumkanäle, die auch die Zielstrukturen der Sulfonylharnstoffpräparate sind. Die daraus resultierende Depolarisierung bewirkt das Öffnen der spannungsabhängigen Kalziumkanäle, und das einströmende Ca2+ führt zur Aktivierung der Ca2+-abhängigen Kinasen (CaM-Kinase) sowie schließlich zur Sekretion von Insulin.

187

Diabetes mellitus

6 - Physiologische Aspekte einer diätetischen Therapie

ABBILDUNG 5 – DIE WICHTIGSTEN PHYSIOLOGISCHEN STÖRUNGEN BEI FELINEM DIABETES MELLITUS


6 - Physiologische Aspekte einer diätetischen Therapie

Diabetes mellitus

ABBILDUNG 7 – REGULIERUNG DER INSULINABGABE DURCH AMINOSÄUREN UND FETTSÄUREN IN DEN BETAZELLEN DES PANKREAS Insulin Aminosäuren (AS)

Ca2+ +

K Aminosäuren (AS) Fettsäuren (FS)

ATP

Na+

Insulinsekretion Ca2+ Phosphorylierung der Proteine

CaM-Kinase

Fettsäuren (FS)

Ca2+

CTP-1 FS-CoA (Carnitin-Palmitoyl-Transferase I)

Der Aminosäuren- und Fettsäurenstoffwechsel führt zur Bildung von ATP, ähnlich wie Glukose (siehe Abbildung 6). Bestimmte Aminosäuren wie Arginin bewirken eine direkte Depolarisierung (elektrogener Transport) der Zellmembran von Betazellen, so dass es zum Einstrom von Ca2+ kommt. Aktivierte Fettsäuren (FS-CoA) können ebenfalls eine Freisetzung von Ca2+ aus den intrazellulären Ca2+–Speichern bewirken. CPT-1: Carnitin-Palmitoyl-Transferase 1

Mechanismus der glukoseinduzierten Insulinsekretion des Pankreas bei der Katze Nach massiver intravenöser oder oraler Zufuhr von Glukose kommt es zu einem starken Anstieg der Insulinsekretion. In ähnlicher Weise steigt die Insulinsekretion der Katze auch nach intravenöser Verabreichung von Aminosäuren wie z.B. Arginin. Unter den natürlichen Ernährungsbedingungen von wildlebenden Katzen scheint diese nährstoffbedingte Freisetzung von Insulin sehr effizient zu sein, da es bei proteinreichen Mahlzeiten zu keiner postprandialen Hyperglykämie kommt (Abbildung 4). Was jedoch weniger klar ist, ist die Frage, inwieweit die Aminosäuren oder aber die Glukose zu dieser durch die Futteraufnahme bedingten Erhöhung der zirkulierenden Insulinspiegel beiträgt (Schermerhorn 2006). Trotz der geringen Aktivität der hepatischen Glukokinase (GK) liegt bei Katzen eine pankreatische Glukokinase vor, deren Aktivität jener anderer Spezies vergleichbar ist. Die Glukokinase stellt eine der wichtigsten Komponenten des glukosesensitiven Mechanismus dar (Schuit et al. 2001). Weitere essenzielle Komponenten wie die Untereinheiten der ATP-sensitiven K+-Kanäle (Abbildung 6 und 7), nämlich die Subtypen Kir6.2 und SUR1, wurden bei der Katze ebenfalls beschrieben (Schermerhorn 2006).

Potenzierung der mahlzeiteninduzierten Insulinsekretion durch Inkretine Die mahlzeiteninduzierte Insulinabgabe wird durch bestimmte Hormone, die Inkretine, potenziert. Die in diesem Zusammenhang wichtigsten Inkretine sind GLP-1 (glucagon-like peptide 1) und GIP (glucose-dependent insulinotropic polypeptide; früher auch als „gastric inhibitory polypeptide“ bezeichnet). Inkretine werden in Reaktion auf die Nahrungsaufnahme sezerniert und potenzieren die durch die Mahlzeit induzierte Insulinsekretion des Pankreas. Aufgrund dieser Potenzierung ist die Insulinantwort nach oraler Glukosegabe wesentlich kräftiger als nach parenteraler Glukoseverabreichung (Drucker 2001). Beim Menschen und in Laborversuchen an Ratten hat sich gezeigt, dass GLP-1 in Reaktion auf eine Nahrungsaufnahme sezerniert wird, sodass die Konzentration an GLP-1 postprandial steigt. Ein Teil der GLP1-Sekretion ist auf die direkte Wirkung der intraluminalen Glukose auf die L-Zellen des Ileums zurückzuführen; dies erfolgt über einen glukosesensitiven Mechanismus. Man geht jedoch davon aus, dass auch die Nährstoffe direkt die Freisetzung von GLP-1 triggern, da die Plasmaspiegel an GLP-1 bereits Minuten nach Beginn der Mahlzeit steigen, d.h. lange bevor ein aufgenommener Nährstoff das Ileum erreicht hat (Drucker 2001). Dieser potente insulinotrope Effekt des GLP-1 ist glukoseabhängig und verschwindet, sobald die Plasmaglukosekonzentration unter etwa 4,5 mmol/l (80 mg/dl) absinkt. Aus diesem Grund erzeugt GLP-1 in der Regel keine Hypoglykämie. Die Potenzierung der glukoseinduzierten Insulinfreisetzung durch GLP-1 erfolgt höchstwahrscheinlich über eine Interaktion an den ATP-abhängigen K+-Kanälen (siehe oben und Abbildung 6), vielleicht aber auch über eine direkte Wirkung an den Insulingranula. Wie es scheint, stimuliert GLP-1 auch die Biosynthese von Insulin sowie die Synthese von glukosesensitiven Zellen, vor allem des Glukosetransporters GLUT2 und der Glukokinase. Zudem wirkt GLP-1 auch trophisch auf die pankreatischen Betazellen und deren Vorläufer, indem es deren Differenzierung und Proliferation stimuliert. Zusätzlich hemmt es die Apoptose der Betazellen, die, wie man vermutet, eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Typ-II-Diabetes des Menschen (Donath et al. 2005) und wahrscheinlich auch des felinen Diabetes mellitus spielt. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass GLP-1, ähnlich wie Amylin, die Glukagonfreisetzung vermindert. Dieser Effekt ist insofern glukoseabhängig, als GLP-1 die Freisetzung von 188


ABBILDUNG 8 – DER TEUFELSKREIS VON INSULINRESISTENZ, BEEINTRÄCHTIGER BETAZELLFUNKTION UND GLUKOTOXIZITÄT, DER ZUR ERSCHÖPFUNG DER BETAZELLEN UND ZU MANIFESTEM DIABETES MELLITUS FÜHREN KANN

Das pankreatische Amylin

Adipositas Genetische Prädisposition Art der Ernährung Andere Krankheiten

Die Betazellen des Pankreas sind auch Hauptsyntheseort für Amylin, das in Reaktion auf entsprechende Stimuli gleichzeitig mit Insulin synthetisiert und sezerniert wird (Lutz und Rand 1996). Ein Mangel an Amylin und dessen Auswirkungen auf den Stoffwechsel spielen möglicherweise eine Rolle bei der Entwicklung des Typ-II-Diabetes des Menschen und des felinen Diabetes mellitus. Diese Wirkungen sind jedoch unabhängig von der Tendenz des menschlichen und felinen Amylins, Amyloidablagerungen zu bilden, ein Faktor, der ebenfalls zur Entstehung des felinen Diabetes beiträgt (siehe weiter unten; O’Brien 2002). Amylin besitzt mindestens drei hormonelle Wirkungen, die physiologisch relevant und an der Regulierung der Verdauung und des Stoffwechsels der Nährstoffe beteiligt sind: - Hemmung der Nahrungsaufnahme (Lutz 2005) - Modulation der Glukagonfreisetzung aus dem Pankreas durch Reduzierung einer übermäßigen postprandialen Hyperglykämie (Edelman und Weyer 2002) - Regulierung der Magenentleerung (Edelman und Weyer 2002) Keiner dieser Effekte ist bislang bei Katzen nachgewiesen worden, aber die physiologische Relevanz dieser Wirkungen konnte am Menschen sowie bei Ratten klar gezeigt werden. Eine an gesunden Katzen durchgeführte Vorstudie hat jedoch ergeben, dass Amylin in der Lage ist, die zirkulierenden Glukagonspiegel bei dieser Spezies zu reduzieren (Furrer et al. 2005; siehe auch weiter unten sowie Abbildung 16). In der Humanmedizin ist das Amylin-Analogon Pramlintid (Symlin®) mittlerweile aufgrund seiner hemmenden Wirkung auf die Glukagonsekretion und die Magenentleerung als unterstützende Therapie neben Insulin zur Behandlung von Diabetikern zugelassen.

Insulinresistenz

Glukoseintoleranz Hyperglykämie

Diabetes mellitus

Andere Grundkrankheiten Betazelldefekt

7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus

Glukagon nur bei euglykämischen oder hyperglykämischen Spiegeln hemmt, nicht aber bei hypoglykämischen Konzentrationen, wenn die Glukagonwirkung zur Bekämpfung der Hypoglykämie dringend benötigt wird.

Hyperinsulinämie Dauerbelastung der verbliebenen Betazellen Glukotoxizität

Eine Insulinresistenz infolge von Adipositas oder genetischer Prädisposition und eine Betazellinsuffizienz, die für eine verringerte sekretorische Kapazität verantwortlich ist, führen zu Glukoseintoleranz und in der Folge zu Hyperglykämie. Dadurch werden die noch verbliebenen funktionellen Betazellen vermehrt gefordert, Insulin zu sezernieren. Zudem kommt es durch die Glukotoxizität zu einer fortschreitenden Störung der Funktion der Betazellen, was die Insulinresistenz fördert. Sind die Betazellen nicht mehr in der Lage, ausreichende Mengen an Insulin zu produzieren, kommt es zur klinischen Manifestation des Diabetes mellitus.

7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus Die Rolle der Insulinresistenz beim felinen Diabetes mellitus Neben der gestörten Funktion der Betazellen ist die Insulinresistenz das zweite große Stoffwechselproblem, das für die Entwicklung des Typ-II-Diabetes des Menschen und des felinen Diabetes mellitus verantwortlich ist. Die Insulinresistenz oder die verringerte Insulinsensitivität ist charakterisiert durch ein reduziertes Ansprechen der Zielgewebe des Insulins auf eine bestimmte Insulinmenge. Bei betroffenen Tieren ist die insulinabhängige Glukoseaufnahme deutlich verringert. Während eine übermäßige Sekretion von Insulin vielleicht noch teilweise für eine Kompensation der Insulinresistenz sorgen kann, kommt es in dem Moment, da die Hyperinsulinämie nicht mehr aufrechterhalten werden kann, zu messbarer Glukoseintoleranz oder manifester Hyperglykämie. Gleiches geschieht bei Erschöpfung der Betazellen infolge der Dauerbelastung (Abbildung 8).

> Tests zur Feststellung einer Insulinresistenz Das klassische Diagnoseverfahren zur Beurteilung der Insulinsensitivität ist der intravenöse Glukosetoleranztest (IVGTT; O’Brien et al. 1985; Appleton et al. 2001a,b) oder der Insulinsensitivitätstest (Feldhahn et al. 1999; Appleton et al. 2001a,b). Beim Glukosetoleranztest wird der Anstieg des Blutzuckerspiegels und der Insulinkonzentration nach intravenösen Verabreichung eines Glukosebolus gemessen. Die obere Grenze des Referenzbereichs für die Glukosehalbwertszeit in Plasma (Glukose T1/2) liegt für Katzen bei etwa 75-80 Minuten (Lutz und Rand 1996; Appleton et al. 2001a,b). Beim Insulinsensitivitätstest wird der glukosesenkende Effekt des Insulins direkt bestimmt (Appleton et al. 2001a,b). 189


7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus

Glukoseintolerante, „prädiabetische” Katzen sowie Katzen mit Diabetes mellitus zeigen beim intravenösen Glukosetoleranztest höhere Glukosekonzentrationen und eine verlängerte Halbwertszeit (T1/2). Die Nüchtern-Insulinwerte scheinen variabler zu sein, da sie in manchen Studien erhöht waren (Nelson et al. 1990), in anderen Untersuchungen aber keine Erhöhung zeigten (Lutz und Rand 1996).

> Die Mechanismen der Insulinresistenz Die gestörte Glukosetoleranz diabetischer Katzen ist die Folge einer verminderten Insulinantwort (O’Brien et al. 1985) und einer reduzierten Insulinsensitivität. Letztere ist bei Katzen mit Diabetes etwa 6-mal niedriger als bei gesunden Tieren (Feldhahn et al. 1999). Die genauen Mechanismen, die der Insulinresistenz beim Typ-II-Diabetes des Menschen und beim felinen Diabetes mellitus zugrunde liegen, sind nach wie vor nicht bekannt (Reaven 2005; Reusch et al. 2006b), doch geht man davon aus, dass bei Katzen wie beim Menschen Fettleibigkeit und Inaktivität die Hauptursachen der Insulinresistenz darstellen. Im Vergleich zu schlanken Kontrolltieren ist die Insulinsensitivität bei adipösen Katzen deutlich verringert (siehe weiter unten).

> Faktoren, die zur Insulinresistenz beitragen

Diabetes mellitus

Genetische Ursachen von Rezeptor- oder Postrezeptordefekten sind bei Katzen noch nicht im Detail untersucht worden, doch stehen mittlerweile molekulare Werkzeuge zur Verfügung, die es ermöglichen, manche der zugrunde liegenden Mechanismen der peripheren Insulinresistenz im Detail zu untersuchen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Glukosetransportern in den insulinsensitiven Geweben und den metabolisch aktiven Zytokinen, die vom Fettgewebe freigesetzt werden (Brennan et al. 2004; Hoenig et al. 2007a; Zini et al. 2006). Die Frage, ob es zwischen männlichen und weiblichen Katzen einen systemischen Unterschied hinsichtlich der Insulinsensitivität gibt, ist nach wie vor ungeklärt. Einerseits sprechen Berichte davon, dass Kater eine geringere Insulinsensitivität und höhere Ausgangskonzentrationen an Insulin aufweisen als weibliche Tiere (Appleton et al. 2001a; Rand und Marshall 2005). Die letztgenannte Studie wurde anhand von schlanken Katzen durchgeführt, die relativ kohlenhydratreiche Rationen erhielten. Alle Tiere dieser Studie, männliche wie weibliche, waren allerdings kastriert. Es ist daher unwahrscheinlich, dass eine direkte Wirkung der Sexualhormone als Erklärung für die unterschiedliche Insulinsensitivität dienen könnte. Möglicherweise ist der Unterschied auf frühe Effekte der Geschlechtshormone, die noch vor der Kastration aktiv waren, oder auf eine indirekte Wirkung dieser Hormone zurückzuführen.

Um einen möglichen Einfluss des Geschlechts auf die Insulinsensitivität und die Entwicklung des felinen Diabetes mellitus zu erforschen, sind noch weitere wissenschaftliche Studien erforderlich.

Andererseits ist es jedoch unumstritten, dass Adipositas den Hauptrisikofaktor für die Entwicklung eine Insulinresistenz darstellt. Weibliche Katzen zeigen nach der Kastration offenbar schneller relative Gewichtszunahmen als Kater (Martin und Siliart 2005). Dies steht allerdings im Gegensatz zu den Ergebnissen einer Studie von Hoenig et al. (2007b), die berichteten, dass Insulin bei adipösen kastrierten Katern zu vermehrter Glukoseoxidation führte, während bei kastrierten weiblichen Katzen die Fettoxidation in Reaktion auf Insulin in höherem Maße erhalten blieb. Man geht davon aus, dass dieser Geschlechtsunterschied im Stoffwechsel bei Katern eine im Vergleich zu den weiblichen Katzen raschere Fettakkumulation fördert, was auch das höhere Risiko kastrierter Kater für einen felinen Diabetes mellitus erklären würde. Dieselben Autoren berichten jedoch in einer anderen Studie, die einen Vergleich der kinetischen Parameter der Glukose zwischen schlanken und fettleibigen Katzen zum Ziel hatte, dass das Geschlecht keinen unabhängigen Risikofaktor darstellte (Hoenig et al. 2007a,b).

© Yves Lanceau/RC/Kartäuser

Weitere mögliche Ursachen der Insulinresistenz sind unter anderem Insulinantagonisten wie Glukokortikoide und Progestagene, die dem Insulineffekt direkt entgegenwirken. Außerdem bewirken Glukokortikoide, zumindest bei anderen Spezies, eine gesteigerte Futteraufnahme, was die Entwicklung von Übergewicht fördert. Es ist anzunehmen, dass dies auch für Katzen gilt. Auch Hyperthyreose und ein Überschuss an Wachstumshormon (Akromegalie) haben Berichten zufolge zu einer verringerten Glukosetoleranz geführt, möglicherweise aufgrund einer induzierten peripheren Insulinresistenz (Hoenig und Ferguson 1989; Feldman und Nelson 2004). 190


Insulin (mIE/ml)

Amylin (pmol/l)

Zeit (min) nach Glukoseinfusion (1 g/kg KM)

Gestörte Funktion der Betazellen des Pankreas Der zweite wichtige Pathomechanismus, der dem felinen Diabetes zugrunde liegt, ist die gestörte Funktion der Betazellen. Typisch sind vor allem eine deutlich reduzierte oder ausbleibende erste Phase der Insulinsekretion sowie ein verzögertes Einsetzen der zweiten Phase der Insulinabgabe, die hauptsächlich von der Insulinsynthese abhängig ist. Auch wenn die Ausgangskonzentration an Insulin unverändert bleibt, ist die Kapazität zur Insulinsekretion bei diabetischen Katzen insgesamt eindeutig reduziert (Abbildung 9). In den meisten Fällen ist die Ursache der gestörten Funktion der Betazellen auf molekularer Ebene vollkommen unbekannt.

Nach der intravenösen Verabreichung von Glukose (1 g/kg) wurden die Plasmakonzentrationen von Amylin und Insulin mittels Radioimmunassay bestimmt. Trotz unveränderter Basiswerte für beide Substanzen war die insgesamte sekretorische Kapazität der Betazellen bei den Katzen mit gestörter Glukosetoleranz deutlich reduziert. Bei den Glukose toleranten Katzen lag die Glukosehalbwertszeit (T1/2) unter 80 Minuten, während sie bei den Glukose intoleranten Tieren mehr als 80 Minuten betrug (siehe auch Abbildung 22).

ABBILDUNG 10 – BODY CONDITION SCORE BEI KATZEN Bezeichnung Kachektisch: 1

Beschreibung - Rippen, Wirbelsäule und Beckenknochen deutlich sichtbar (bei Kurzhaar) - offensichtlicher Verlust an Muskelmasse - kein tastbares Fettgewebe am Brustkorb

Mager: 2

Da Insulin und Amylin in der Regel gleichzeitig sezerniert werden, beziehen sich die genannten sekretorischen Störungen auch auf die Amylinsekretion (Abbildung 9). In der frühen Phase des felinen Diabetes scheint jedoch eine relative Hyperamylinämie vorzuliegen (Lutz und Rand 1996). Es ist derzeit noch ungeklärt, ob eine initiale Hypersekretion an Amylin für die vermehrte Amyloidablagerung in den Inselzellen des Pankreas verantwortlich ist (siehe weiter unten) oder ob dies eher als Anpassungsreaktion gesehen werden muss, die zur Kontrolle der Blutzuckerspiegel beitragen soll, indem Stoffwechselwirkungen des Amylins wie die Hemmung der postprandialen Glukagonsekretion zum Tragen kommen (siehe weiter unten). Die so entstandene mangelnde Insulinsekretion führt zu manifester Hyperglykämie, und eine anhaltende Hyperglykämie verursacht ihrerseits eine progressive Beeinträchtigung der Betazellfunktion. Dieses Phänomen wird als Glukotoxizität bezeichnet (Prentki et al. 2002) und an späterer Stelle genauer besprochen. Weitere Komplikationen entstehen durch entzündliche Prozesse, die heute als wichtige Faktoren der Pathomechanismen der Typ-II-Diabetes-ähnlichen Syndrome gelten, die zu Betazellinsuffizienz führen (Donath et al. 2005; siehe weiter unten).

- Rippen, Wirbelsäule und Beckenknochen erkennbar - sichtbare Taille und Leibeseinziehung in der Kniefalte - sehr wenig Bauchfett Idealgewichtig: 3 - Rippen und Wirbelsäule nicht sichtbar, aber palpierbar - erkennbare Taille und Leibeseinziehung in der Kniefalte - geringe Bauchfettschicht Übergewichtig: 4 - Rippen und Wirbelsäule nur schwer zu palpieren - keine Taille - sichtbare Umfangsvermehrung des Abdomens

Adipositas und die Entstehung des felinen Diabetes mellitus Die in den letzten Jahren stark gestiegene Prävalenz des felinen Diabetes mellitus ist höchstwahrscheinlich auf die massive Zunahme der Adipositas in der Katzenpopulation zurückzuführen. Im Vergleich zu schlanken Katzen weisen fettleibige Katzen ein 4-mal höheres Erkrankungsrisiko auf. Mindestens 60 % der adipösen Katzen entwickeln früher oder später einen Diabetes (Hoenig 2006a,b). Hinzu kommt, dass – ähnlich wie beim Menschen – der Grad der Fettleibigkeit offenbar in direktem Zusam-

Adipös: 5 - starke Fettablagerungen am Brustkorb, entlang der Wirbelsäule und am Bauch - deutliche Dehnung der Bauchdecke

191

Diabetes mellitus

Glukose tolerant Glukose intolerant

7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus

ABBILDUNG 9 - PLASMAKONZENTRATIONEN VON AMYLIN UND INSULIN BEI GESUNDEN UND GLUKOSE INTOLERANTEN KATZEN


Halbwertszeit der Glukose i m Plasma (min)

7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus Diabetes mellitus

ABBILDUNG 11 – ZUSAMMENHANG ZWISCHEN GLUKOSETOLERANZ (ANHAND DER GLUKOSEHALBWERTSZEIT IM INTRAVENÖSEN GLUKOSETOLERANZTEST) UND KÖRPERGEWICHT BEI KLINISCH GESUNDEN KATZEN

Körpergewicht (kg)

Als obere Grenze des Referenzbereichs für die Halbwertszeit T1/2 der Glukose wurden 80 Minuten festgelegt. Die T1/2-Werte waren bei übergewichtigen Katzen höher als bei normalgewichtigen Tieren (Lutz und Rand 1995).

menhang mit einem erhöhten Diabetesrisiko steht. In Studien von Scarlett et al. (Scarlett et al. 1994; Scarlett und Donoghue 1998) konnte beobachtet werden, dass das Diabetesrisiko bei übergewichtigen Katzen 2,2mal so hoch und bei adipösen Katzen 6-mal so hoch war wie bei normalgewichtigen Tieren. Zur Beurteilung des Körpergewichts sind verschiedene Systeme entwickelt worden; am häufigsten wird der fünfstufige Body Condition Score (BCS; Abbildung 10) verwendet, wobei ein BCS von 3 dem Idealgewicht entspricht, oder der neunstufige Körperindex, bei dem ein BCS von 5 als Idealgewicht gilt (siehe auch Kapitel 1/Übergewicht). Aus diesem Grund ist jede Gewichtszunahme der Katze über das Idealgewicht hinaus zu vermeiden, da dies mit einem höheren Risiko für einen Diabetes mellitus einhergeht (Scarlett und Donoghue 1998). Sobald es zur Adipositas gekommen ist, sinkt die Wärmeproduktion und somit der Energiebedarf der Katzen, wenn man diesen auf das metabolische Körpergewicht hin korrigiert (Hoenig et al. 2006c; 2007a,b). Wird die Energiezufuhr nun nicht drastisch nach unten angepasst, kommt es zu persistierender Adipositas. Nguyen et al. (2004a,b) berichten in einer Studie, dass der Gesamtenergieverbrauch bei kastrierten wie intakten Katzen unterschiedlichen Körpergewichts gleich bleibt, wenn die Werte auf das metabolische Körpergewicht oder die fettfreie Körpermasse hin korrigiert werden. Allerdings verwendeten Nguyen und Kollegen zur Bestimmung des Gesamtenergiebedarfs eine andere Methode als Hoenig et al. (2007b), was die unterschiedlichen Ergebnisse erklären könnte.

> Adipositas und Insulinresistenz In einer Reihe von Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass das höhere Risiko adipöser Katzen für die Entwicklung eines Diabetes mellitus auf drei Faktoren zurückzuführen ist: a) die höheren Basiskonzentrationen an Insulin; b) das veränderte Insulinsekretionsmuster, das sich in intravenösen Glukosetoleranztests und euglykämischen hyperinsulinämischen „Clamp studies“ (d.h. Versuche, bei denen eine konstante Insulininfusion durch eine gleichzeitige Glukoseinfusion so kompensiert wird, dass der Blutzuckerspiegel im Normalbereich bleibt) gezeigt hat; c) die Insulinresistenz (Biourge et al. 1997; Scarlett und Donoghue 1998; Appleton et al. 2001b; Hoenig et al. 2002; 2007b). Je nach experimenteller Technik und Grad der Adipositas war die Insulinsensitivität bei den Tieren dieser Untersuchungen um 50 % bis über 80 % reduziert. Abbildung 11 zeigt ein Beispiel dafür, wie die Glukosetoleranz von Katzen durch das Körpergewicht der Tiere beeinflusst wird (siehe auch Abbildung 13). Eine Katze wurde als glukoseintolerant eingeordnet, wenn die Glukosehalbwertszeit im intravenösen Glukosetoleranztest über 80 Minuten betrug (Lutz und Rand 1995). Die Insulinresistenz scheint mit einer verringerten Expression des insulinsensitiven Glukosetransporters GLUT4 in Zusammenhang zu stehen, während die Expression von GLUT1, der den insulinunabhängigen Glukosetransport vermittelt, unverändert bleibt (Brennan et al. 2004). Dieser Effekt bildet sich bereits früh in der Entwicklung der Adipositas aus, noch bevor eine Glukoseintoleranz offenkundig wird. Interessanterweise scheint die Glukoseutilisation adipöser Katzen bei basalen Insulinspiegeln normal zu sein. Im stimulierten Zustand jedoch (also z.B. nach der intravenösen Glukoseverabreichung im Rahmen des Glukosetoleranztests) war nicht nur die Insulinsensitivität, sondern auch die Glukoseeffektivität, d.h. die Fähigkeit der Glukose, ihre eigene Utilisation bei basalen Insulinkonzentrationen zu fördern, um etwa 50 % reduziert (Appleton et al. 2001b; Hoenig et al. 2006c; 2007a,b).

> Adipositas und der Fettstoffwechsel Die Basiskonzentrationen an nicht-veresterten Fettsäuren sind bei adipösen Katzen höher als bei schlanken Tieren. Dies mag teilweise die generelle Verschiebung vom Glukose- zum Fettverstoffwechsel in der Muskulatur adipöser Katzen widerspiegeln. Die geringere Aktivität der Lipoproteinlipase im Körperfett, kombiniert mit der gesteigerten Aktivität von Lipoproteinlipase und hormonsensitiver Lipase im Muskelgewebe adipöser Katzen fördert wahrscheinlich die Umverteilung der Fettsäuren von Fettgewebe in das Muskelgewebe (Hoenig et al. 2006b, 2007b). Dadurch reichert sich bei diesen Katzen das Fett in der Skelettmuskulatur an, was zu einer verringerten Insulinsensitivität führen könnte, weil die Veränderungen im Lipidstoffwechsel veränderte Signale an den Regelkreis der Insulinsekretion abgeben und die Expression von GLUT4 beeinträchtigen (Wilkins et al. 2004; Brennan et al. 2004). Bei adipösen Katzen sind sowohl die intramyozellulären wie auch die extramyozellulären Lipide erhöht. Ob und inwieweit die erhöhten intramyozellulären Lipide die GLUT4-Expression beeinflussen (und damit auch direkt die Insulinsensitivität) muss noch Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Adipositas 192


Adiponektin ist das einzige bekannte Adipozytokin, das in umgekehrter Relation zur Menge an Körperfett steht (Ahima 2005). Adiponektin verbessert die Insulinsensitivität, indem es die Fettsäurenoxidation steigert, die Glukoneogenese in der Leber reduziert und Entzündungsreaktionen hemmt. Da die Adiponektinkonzentration bei Fettleibigkeit verringert ist, wirkt dies in Kombination mit der erhöhten Freisetzung von TNF-a dahingehend, dass die Insulinresistenz weiter gefördert wird. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass keiner der genannten Effekte bislang im Detail an Katzen untersucht wurde (Abbildung 12). Manche Autoren vertreten auch die Ansicht, dass erhöhte Konzentrationen an IGF-1 (insulinlike growth factor) unter Umständen das fehlende Bindeglied zwischen Adipositas und Insulinresistenz darstellen (Leray et al. 2006). Dies wurde jedoch bei Katzen noch nie nachgewiesen, und auch die Daten aus Studien an anderen Spezies sind teilweise widersprüchlich. Reusch et al. (2006a) haben nachgewiesen, dass diabetische Katzen niedrige IGF-1Spiegel aufweisen, die unter einer Insulintherapie ansteigen. Betont werden muss an dieser Stelle auch, dass es trotz der vielen Ähnlichkeiten zwischen dem Typ-II-Diabetes des Menschen und dem felinen Diabetes mellitus durchaus auch einige Unterschiede gibt. Einer davon ist zum Beispiel, dass Insulin die Serumkonzentration von nicht-veresterten Fettsäuren bei adipösen Katzen stärker supprimiert als bei schlanken Tieren. Dies scheint auf eine erhöhte Sensitivität gegenüber der insulininduzierten Fettsäurenaufnahme zurückzuführen sein (Hoenig und Ferguson 2003). Außerdem scheinen adipöse Katzen in subkutanen wie auch viszeralen Fettdepots ähnliche Mengen an Fett einzulagern. Dies kann von Bedeutung sein, da in der Humanmedizin besonders das Bauchfett mit den bei Adipositas vorliegenden Stoffwechselstörungen in Verbindung gebracht wird.

Glukolipotoxizität IGF-1 ?

TNFa

Insulinsensitivität

Insulin induzierte Glukoseaufnahme

Hemmung der Lipolyse

Der Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-a) und die Glukolipotoxizität verringern die Insulinsensitivität in den Zielgeweben (Rossetti et al. 1990; Hoenig et al. 2006). Dies führt zu einer verringerten insulininduzierten Glukoseaufnahme und zu einer reduzierten Hemmung der Lipolyse. Adiponektin steigert die Insulinsensitivität (Ahima 2005). Einer Hypothese zufolge reduziert IGF-1 die Insulinsensitivität, doch sind die bislang vorliegenden Daten widersprüchlich (Leray et al. 2006; Reusch et al. 2006a).

ABBILDUNG 13 – DIE FOLGEN VON GEWICHTSZUNAHME UND GEWICHTSREDUKTION AUF DIE INSULINKONZENTRATION IM PLASMA (Biourge et al. 1997)

Basiswert: 4,7 ± 0,1 kg Gewichtszunahme: 6,0 ± 0,2 kg Gewichtsverlust: 4,9 ± 0,1 kg

Zeit (min)

Die Katzen wurden einem intravenösen Glukosetoleranztest unterzogen, wobei Glukose in der Dosierung von 0,5 g/kg zum Zeitpunkt t = 0 min injiziert wurde.

> Reversibilität der Insulinresistenz Im Hinblick auf die möglichen Therapieergebnisse, die bei diabetischen Katzen erreicht werden können, ist die Feststellung wichtig, dass die adipositasbedingte Insulinresistenz reversibel ist, sofern das Körpergewicht normalisiert wurde (Abbildung 13; Biourge et al. 1997). Somit sollte die Gewichtsreduktion immer einen fixen Bestandteil der Behandlung diabetischer Katzen darstellen. Im Rahmen der genannten Studie (Biourge et al. 1997) erhielten die Katzen ein Futter geringer Akzeptanz, so dass die Tiere ihre Nahrungsaufnahme freiwillig reduzierten. Die dadurch erreichte rasche Gewichtsreduktion führte zu einer Verschlechterung der Glukosetoleranz und zu einer stark reduzierten Insulinsekretion, die jedoch beide nur temporärer Art waren. Die Insulinresistenz war offenbar durch eine Anpassung an die relative Nahrungskarenz und eine Verschie193

Diabetes mellitus

Der Tumor-Nekrose-Faktor-alpha ist eines von zahlreichen Hormonen und Zytokinen, die vom Fettgewebe freigesetzt werden und die heute als besonders wichtig für die Regulierung der Nährstoffverarbeitung angesehen werden (Lazar 2005). Alle vom Fettgewebe freigesetzten endokrinen Faktoren werden unter dem Begriff Adipozytokine zusammengefasst. Insbesondere TNF-a wird nicht nur von den Adipozyten, sondern auch von den Makrophagen produziert. In der Tat wird die Adipositas als geringgradige entzündliche Erkrankung des Fettgewebes angesehen. Viele der vom Fettgewebe sezernierten Zytokine induzieren eine periphere Insulinresistenz. TNF-a, einer der am besten erforschten Faktoren, wirkt z.B. dem Insulinsignal entgegen und verursacht eine Insulinresistenz.

Adiponektin

Insulin (mIE/mL)

Der Zusammenhang zwischen Adipositas und der veränderten Verstoffwechslung von Nährstoffen in Fett- und Muskelgewebe lässt sich auch durch die differenzierungsabhängige Expression des Tumor-Nekrose-Faktors-alpha (TNF-a) darstellen: TNF-a reduziert die Lipoproteinlipase, und eine Studie hat gezeigt, dass TNF-a in Adipozyten gesteigert, in der Skelettmuskulatur von fettleibigen Katzen aber herunterreguliert wird (Hoenig et al. 2006b).

ABBILDUNG 12 - INSULINRESISTENZ

7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus

ganz allgemein eindeutig die Entwicklung der Insulinresistenz in der Muskulatur begünstigt (Wilkins et al. 2004).


7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus Diabetes mellitus

GLUKOTOXIZITÄT UND LIPOTOXIZITÄT Das Konzept der Glukotoxizität oder besser, Glukolipotoxizität ist nicht neu (Rossetti et al. 1990), doch erst die Forschung in den letzten Jahren hat einen wirklichen Fortschritt im Verständnis der zugrunde liegenden Ursachen und Mechanismen gebracht. Gluko- und Lipotoxizität beziehen sich auf einen Defekt in der Kopplung zwischen Stimulus und Insulinsekretion, was letztendlich zur Insuffizienz der Betazellen führt. Beide Phänomene entwickeln sich relativ rasch, so dass es bereits nach einigen Tagen der Hyperglykämie zur Drosselung des Glukosetransportsystems kommt. Zudem senkt eine nur 24 Stunden andauernde Erhöhung der freien Fettsäuren die Insulinsekretion.

bung von einer Kohlenhydrat- zur Fettutilisation verursacht worden. Dies kann zu erhöhten Spiegeln an Triglyzeriden und freien Fettsäuren führen, wie sie bei Adipositas zu beobachten sind. In diesem Fall handelt es sich jedoch um einen normalen Anpassungsprozess des Stoffwechsels an eine stark reduzierte Energiezufuhr (Banks et al. 2006). Obwohl das Phänomen der Gewichtszunahme bei kastrierten Katzen schon lange bekannt ist, wurden die zugrunde liegenden Ursachen erst in den letzten Jahren im Detail untersucht. Die nach der Kastration bei Katzen zu beobachtende Zunahme an Körpergewicht und die daraus resultierende Verringerung der Insulinsensitivität scheint die Folge von vermehrter Futteraufnahme und verringertem Energiebedarf zu sein (Root et al. 1996; Biourge et al. 1997; Fettman et al. 1997; Harper et al. 2001; Hoenig und Ferguson 2002; Kanchuk et al. 2002; Kanchuk et al. 2003). Der geringere Energiebedarf ist jedoch umstritten, da dies bei Katern nicht immer beobachtet werden konnte (Kanchuk et al. 2003). Zudem können die divergierenden Ergebnisse auf die unterschiedlichen Untersuchungsmethoden zurückzuführen sein. Kanchuk et al. (2003) bestimmten den Energiebedarf auf der Basis der fettfreien Körpermasse; ihrer Auffassung nach resultiert die Gewichtszunahme bei überfütterten Katzen hauptsächlich aus der Zunahme an Fettgewebe, das metabolisch relativ inaktiv ist (Kanchuk et al. 2003; Martin et al. 2001). In jedem Fall ist das Risiko einer Adipositas bei kastrierten Katzen sehr viel höher als bei intakten Katzen.

Allgemeine Anmerkungen zu Glukotoxizität, Lipotoxizität und Glukolipotoxizität Das System der Glukosesensoren im Pankreas von Katzen scheint sich von dem anderer Spezies nicht zu unterscheiden. Über die in Abbildung 6 und 7 dargestellten Pfade steigern Glukose und freie Fettsäuren (oder nicht-veresterte Fettsäuren) normalerweise die Insulinsekretion. Glukose fördert zudem auch die normale Expansion der Masse an Betazellen. Beide Mechanismen, die Glukosestimulation und die Glukoseaufnahme via GLUT2, sowie die glukoseinduzierte Zellproliferation scheinen durch unterschiedliche intrazelluläre Signalpfade direkt miteinander in Verbindung zu stehen (Prentki und Nolan 2006). Die Wirkung der Glukose auf die Proliferation von Betazellen wird durch Inkretine wie GLP-1 und durch freie Fettsäuren weiter stimuliert. Somit schützt GLP-1 die Betazellen vor Apoptose und fördert deren Wachstum. Laut einer Studie von Prentki et al. (2002) sind Glukosekonzentrationen von unter 10 mmol/l (180 mg/dl) normalerweise nicht toxisch für die Betazellen des Pankreas. Dies bezieht sich auf die physiologische postprandiale Hyperglykämie, welche die Betazellproliferation triggert (Donath et al. 2005). In ähnlicher Weise sind physiologisch erhöhte Fettsäurenkonzentrationen alleine nicht toxisch, zumindest nicht bei niedrigen Malonyl-CoA-Konzentrationen. Malonyl-CoA ist ein Nebenprodukt des Glukosestoffwechsels in den Betazellen und hemmt die Aufnahme von Fettsäuren zur Beta-Oxidation in die Mitochondrien. Die Fettsäuren steigern die Insulinsekretion über den Anstieg von Ca2+ und Diacylglycerol (Abbildung 7). Zu Problemen kommt es nur dann, wenn Hyperglykämie und erhöhte Fettsäurespiegel gleichzeitig und während längerer Zeit bestehen. Während die Insulinsekretion anfänglich über Glukose und Fettsäuren-CoA (langkettiger Fettsäuren; Abbildung 6 und 7) zunächst gesteigert wird, bewirken die deutlich erhöhte Glukosekonzentration, die aktivierten Fettsäuren und Lipidsignalmoleküle danach eine Verringerung der Insulinsekretion und eine Förderung der Apoptose. Diese Effekte werden als Glukotoxizität bzw. Lipotoxizität bezeichnet. Da die Lipotoxizität bei vorherrschender Hyperglykämie am deutlichsten ausgeprägt ist, ist der Begriff der Glukolipotoxizität geprägt worden (Prentki und Nolan 2006). Bislang sind zugegebenermaßen nur einige wenige Aspekte der Gluko- und Lipotoxizität bei Katzen untersucht worden. Der Autor ist aber der Auffassung, dass man aufgrund der vielen Ähnlichkeiten zwischen den Nagermodellen des Typ-II-Diabetes und dem humanen Typ-II-Diabetes sowie dem felinen Diabetes mellitus (Henson und O’Brien 2006) davon ausgehen kann, dass die im folgenden Abschnitt besprochenen Aspekte mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf die Katze zutreffen. Die Reduzierung der Masse an Betazellen aufgrund chronischer Hyperglykämie und Glukotoxizität ist die Folge eines Ungleichgewichts zwischen Neogenese und Proliferation der Betazellen einerseits und deren Apoptose andererseits (Donath et al. 2005). Bei chronischer Hyperglykämie und Hyperlipidämie reichern sich Glukose, gesättigte Fettsäuren und Triglyzeride in den Betazellen an und triggern die Freisetzung von Zytokinen. Alle diese Faktoren reduzieren aber die Insulinsekretion und begünstigen eine Betazellapoptose. Auf zellulärem Niveau besteht ein Zusammenhang zwischen Glukotoxizität und gestörter Funktion der Mitochondrien. Letztere kann aufgrund des verstärkten oxidativen Glukosestoffwechsels mit einem vermehrten oxidativen Stress für die Betazellen in Zusammenhang stehen (Prentki und Nolan 2006). Die reaktiven Sauerstoffverbindungen können zwar „neutralisiert“ werden, doch geschieht dies auf Kosten von ATP, wodurch die Insulinsekretion weiter sinkt (Abbildungen 6 und 7).

194


7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus

Die Funktionsstörungen im Lipidstoffwechsel sowie im Triglyzerid-Freie-Fettsäuren-Zyklus tragen ebenfalls zum Versagen der Betazellen bei. Dadurch kommt es zur Akkumulation von FS-CoA der langkettigen Fettsäuren, was direkten Einfluss auf die ATP-sensitiven Kaliumkanäle nimmt, die an der glukosestimulierten Insulinfreisetzung beteiligt sind. Zudem bewirken die erhöhten intrazellulären Malonyl-CoA-Spiegel eine Verringerung der Aufnahme von Fettsäuren in die Mitochondrien. Dadurch verlagert sich der Fettstoffwechsel von der Fettsäurenoxidation zur Fettsäurenveresterung und Lipidakkumulation. In der Folge wird weniger intrazelluläres ATP produziert, das aber für die Kopplung Stimulation-Sekretion wichtig ist (Prentki und Nolan 2006).

Diabetes mellitus

In den letzten Jahren finden sich außerdem immer mehr Hinweise darauf, dass glukotoxische und lipotoxische Ereignisse in direktem Zusammenhang mit der Entzündung der Pankreasinselzellen stehen. So konnte, unter anderen Faktoren, Interleukin 1-b (IL-1b) als eines der Schlüsselmoleküle identifiziert werden (Donath et al. 2005). Auch wenn die vermehrte Bildung von IL-1b mittlerweile in einigen Berichten zu verschiedenen Typ-II-Diabetes-Tiermodellen beschrieben wird, muss der Zusammenhang zwischen Hyperglykämie und Entzündung unbedingt noch in weiteren Studien untersucht werden (Prentki und Nolan 2006). Dem Autor ist nicht bekannt, dass derartige Untersuchungen bei der Katze bis dato durchgeführt worden wären.

Bereits im Jahr 1948 haben Dohan und Lukens in ihrer Arbeit über einen experimentell durch Glukosegaben erzeugten Diabetes („Experimental diabetes produced by the administration of glucose”) die Auswirkungen einer lange andauernden Hyperglykämie auf die Langerhans-Inselzellen beschrieben. Darin berichten die Autoren davon, dass bei den Katzen zunächst eine Degranulation der Betazellen, gefolgt von der Degeneration der Inselzellen zu beobachten war. Viele Katzen entwickelten einen manifesten Diabetes mellitus, der durch eine massive Glukosurie charakterisiert war.

> Glukotoxizität Die Glukotoxizität trägt eindeutig zur Betazellinsuffizienz bei, ist jedoch reversibel, wenn die Hyperglykämie behoben wird. Bleibt diese aber weiterhin bestehen, ist ein dauerhafter Verlust an Betazellen nicht zu vermeiden. Bei gesunden Katzen, bei denen eine langfristige Hyperglykämie (30 mmol/l [540 mg/dl]) durch Dauerinfusionen von Glukose herbeigeführt wurde, kam es drei bis sieben Tage nach Beginn der Infusionen Interessanterweise wurde bereits zum fast vollständigen Ausbleiben der Insulinsekretion. Die histologische Untersuchung von Pankreasge- im Jahr 1948 erstmals von einer webe zeigte später, dass es zu massiven Veränderungen in der Morphologie der Betazellen gekommen war: Glukotoxizität bei Katzen berichtet. Vakuolisierung, Ablagerung von Glykogen, Verlust der Anfärbbarkeit des Insulins und Pyknose. Doch sogar die gravierendsten histologischen Veränderungen schienen reversibel zu sein, sobald keine Hyperglykämie mehr vorlag (Rand und Marshall 2005). Nicht-veröffentlichte Untersuchungen dieser Autoren zeigen auch, dass eine Hyperglykämie von etwa 25 mmol/l (450 mg/dl) während nur zehn ABBILDUNG 14 – VEREINFACHTE DARSTELLUNG Tagen ausreicht, um bei gesunden Katzen eine drastische DES GLUKOSE-FETTSÄUREN-ZYKLUS Reduzierung der Insulinsekretion der Betazellen zu bewirken. (Randle-Zyklus; Randle 1998)

> Lipotoxizität Die Lipotoxizität ist bei Katzen noch nicht eingehend untersucht worden. Hoenig (2002) hat jedoch die Hypothese aufgestellt, dass die Lipotoxizität auch bei der diabetischen Katze eine Rolle in der Ätiopathogenese spielt. Wie zum ersten Mal von Randle (1998) im Randle-Zyklus (Glukose-FettsäurenZyklus) beschrieben, hemmt Glukose die Fettsäurenoxidation und umgekehrt (Abbildung 14). Da die Konzentration der nicht-veresterten Fettsäuren bei adipösen Katzen erhöht ist, und weil gerade diese Katzen am meisten dazu neigen, einen Diabetes zu entwickeln, erscheint es plausibel, dass die nichtveresterten Fettsäuren den Glukosestoffwechsel in den Betazellen reduzieren. Der Glukosestoffwechsel stellt jedoch eine notwendige Komponente der glukoseinduzierten Insulinsekretion dar. Somit bedeutet dies eine Verringerung der glukoseinduzierten Freisetzung von Insulin. Die Autoren der genannten Studie haben außerdem nachgewiesen, dass offenbar vor allem die gesättigten Fettsäuren den Glukosestoffwechsel der Katze negativ beeinflussen, während die mehrfach ungesättigten Fettsäuren eher eine positive Wirkung haben (Wilkins et al. 2004).

Glukoseoxidation Pyruvat

Lipolyse

Fettsäurenoxidation

Zitrat Acetyl-CoA-NADH Malonyl-CoA Hemmung der FS-CoA-Aufnahme in die Mitochondrien Hemmung der Fettsäurenoxidation

Aktivierung der Pyruvatdehydrogenasekinase Hemmung der Glukoseoxidation

Die Glukosezufuhr fördert die Glukoseoxidation sowie die Speicherung von Glukose und Fett, während sie die Fettsäurenoxidation hemmt (A). Die Fettsäurenoxidation hemmt die Glukoseoxidation (B) und kann die Glukosespeicherung in Form von Glykogen fördern, falls die Glykogenspeicher erschöpft sind. 195

© Y. Lanceau/RC/Europäisch-Kurzhaar

Glukotoxizität und Lipotoxizität bei der Katze


Glukagon (pg/ml)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gluko- und Lipotoxizität ein Phänomen darstellt, das bei diabetischen Katzen zur progressiven Verschlechterung der Stoffwechselsteuerung beiträgt, und zwar einerseits durch die Auswirkungen auf die Betazellen des Pankreas und andererseits durch die Wirkung auf das insulinsensitive Zielgewebe. Dies unterstreicht ganz klar die entscheidende Bedeutung aller auf die Reduzierung der Glukose gerichteten Strategien, da nur so eine weitere Verschlechterung der Stoffwechselstörungen verhindert werden kann. Somit stellt eine frühzeiABBILDUNG 15 – HYPERGLUKAGONÄMIE BEI DIABETISCHEN tige aggressive Behandlung der Hyperglykämie, vorzugsweise durch eine KATZEN NACH 12-STÜNDIGER NAHRUNGSKARENZ intensive Insulintherapie, die wichtigste Option zur Aufhebung der Glu(Tschuor et al. 2006) kolipotoxizität dar. Dadurch kann es gelingen, bei vielen diabetischen Katzen eine Remission des Diabetes mellitus zu erreichen (siehe auch den Abschnitt über den transienten Diabetes mellitus; Nelson et al. 1999).

Amylin und seine Rolle bei der Entwicklung des felinen Diabetes mellitus

gesunde Katzen

diabetische Katzen

Mittelwerte von 7 gesunden bzw. 10 diabetischen Katzen.

ABBILDUNG 16 – AMYLIN BEWIRKT EINE LEICHTE REDUZIERUNG DER GLUKAGONSPIEGEL IM BLUT, GEMESSEN BEI EINEM ARGININSTIMULATIONSTEST (ABBILDUNG 16A) UND EINEM POSTPRANDIALEN REAKTIONSTEST (ABBILDUNG 16B). 16A

Glukagon AUC (pg/ml) x 30 min

(Furrer et al. 2005) Amylin (5 oder 10 µg/kg s.c.) senkte den GlukagonBlutspiegel in einem Arginin-Stimulationstest (innerhalb der ersten 30 min nach Argininapplikation) im Vergleich zur NaCl-Kontrolle an 6 Katzen (12 h nüchtern). Die Injektionen von Amylin bzw. NaCl-Lösung erfolgten 5 min vor der Arginingabe (0,2 g/kg).

NaCL-Lösung Amylin 5 ug/kg Amylin 10 ug/kg

16B

Glukagon AUC (pg/ml) x 310 min

7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus Diabetes mellitus

Ähnliche Zellmechanismen, wie sie eben für die Betazellen des Pankreas beschrieben wurden, scheinen auch bei der Glukolipotoxizität in den Insulinzielgeweben eine Rolle zu spielen. Dies wurde zwar noch nicht eingehend untersucht, doch wird davon ausgegangen, dass eine intramyozelluläre Lipidakkumulation in den Zellen der Skelettmuskulatur deren Insulinsensitivität reduziert (Wilkins et al. 2004; Hoenig 2002). Somit führen erhöhte Glukosespiegel und ein gestörter Fettstoffwechsel bei der diabetischen Katze nicht nur zur Betazellinsuffizienz, sondern auch zu einer verringerten Insulinsensitivität der Zielgewebe.

Amylin (5 µg/kg s.c.) senkte den Glukagonspiegel im Blut in einem Futter-Stimulationstest bei 6 zuvor über 24 h gefasteten Katzen. Amylin bzw. NaCl-Lösung wurden 5 min vor der Fütterung injiziert. Die Futteraufnahme dauerte etwa 10 min.

NaCl-Lösung

Amylin 5 ug/kg

AUC = area under the curve (Fläche unterhalb der Kurve), n = 6. Die Unterschiede sind beinahe signifikant.

196

Wie bereits erwähnt, ist das Hormon Amylin bei allen Spezies ein normales sekretorisches Produkt der Betazellen des Pankreas. Amylin wird in Reaktion auf die entsprechenden Stimuli gemeinsam mit Insulin synthetisiert und sezerniert (Lutz und Rand 1996). Somit spiegeln sich Veränderungen in der Plasmakonzentration von Insulin in der Regel in den entsprechenden Amylinspiegeln im Plasma wider. Die hormonelle Situation beim Typ-II-Diabetes des Menschen und beim felinen Diabetes mellitus verändert sich im Laufe der Krankheit. Das frühe Stadium des felinen Diabetes mellitus sowie leichtere Verlaufsformen der Krankheit sind oft durch eine (kompensatorische) Hyperinsulinämie und eine absolute oder relative Hyperamylinämie gekennzeichnet (O’Brien et al. 1991; Lutz und Rand 1996). Eine frühe Hyperamylinämie kann die Ablagerung von Amylin in Form von Amyloid im Pankreas fördern (siehe weiter unten). Bei progredienter Betazellinsuffizienz, wie sie bei schwereren Verlaufsformen vorkommt, sowie im fortgeschrittenen Stadium des felinen Diabetes mellitus kommt es jedoch zu manifester Hypoinsulinämie und Hypoamylinämie (Johnson et al. 1989; Ludvik et al. 1991). Genau in diesem Stadium aber werden die meisten diabetischen Katzen dem Tierarzt vorgestellt. Die Regulierung des Nährstoffmetabolismus durch Amylin umfasst die Modulation der Glukagonfreisetzung des Pankreas, die Regulierung der Magenentleerung (Edelman und Weyer 2002) sowie eine Hemmung der Futteraufnahme (Lutz 2005). Der Mangel an Amylin beim Diabetes mellitus führt zu einer Hypersekretion von Glukagon, zu beschleunigter Magenentleerung und zu übermäßiger Futteraufnahme. Zumindest am Menschen und bei Versuchen mit Nagern konnte nachgewiesen werden, dass Amylin die bei Diabetes mellitus beobachtete, exzessive postprandiale Hyperglukagonämie zu verringern imstande ist und auch die Magenentleerung normalisieren kann (Fineman et al. 2002). Eine Hyperglukagonämie liegt auch bei diabetischen Katzen vor (Abbildung 15; Tschuor et al. 2006), doch ist derzeit nicht bekannt, ob diese bei Katzen ebenfalls auf einen Amylinmangel zurückzuführen ist. Vorläufige Studien an gesunden Katzen haben jedoch Hinweise darauf geliefert, dass Amylin bei dieser Spezies reduzierend auf die Glukagonfreisetzung wirkt (Abbildung 16; Furrer et al. 2005). Vergleichbare Untersuchungen an diabetischen Katzen sind bislang nicht durchgeführt worden. Auch die Frage, ob die Magenentleerung bei diabetischen Katzen ähnlich wie bei Menschen und Nagern beschleunigt ist, wurde bis dato nicht im Detail untersucht. Es ist also unbekannt, ob eine derartige Veränderung – so sie denn überhaupt besteht – auch auf einen Amylinmangel zurückzuführen sein könnte.


7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus

Abschließend lässt sich feststellen, dass es Grund zu der Annahme gibt, dass ein Amylinmangel bei diabetischen Katzen zu einer gestörten Regulierung des Stoffwechsels beiträgt. Die in diesem Zusammenhang auffälligste Auswirkung ist das Ausbleiben der amylininduzierten Suppression der postprandialen Glukagonsekretion. In der Humanmedizin stellt die exogene Zufuhr von Amylin bereits eine gängige Therapieform für Diabetiker dar. Ein veterinärmedizinischer Einsatz des Hormons zur Behandlung des felinen Diabetes mellitus ist bislang noch nicht der Fall.

Glukagon und seine Rolle bei der Entwicklung des felinen Diabetes mellitus

Diabetes mellitus

Das im Pankreas gebildete Hormon Glukagon stellt bei der Entwicklung des Diabetes mellitus (DM) einen pathogenen Faktor dar, der über viele Jahre zugunsten des Insulins vernachlässigt wurde, da dem Insulinmangel eine überproportionale Bedeutung für die Ätiopathogenese des DM zugemessen wurde. Trotzdem aber scheint die mangelnde Suppression der Glukagonsekretion, insbesondere in der unmittelbar postprandialen Phase, einer der hauptverantwortlichen Faktoren zu sein, die zur postprandialen Hyperglykämie beitragen (Abbildung 15; O’Brien et al. 1985; Furrer et al. 2005; Tschuor et al. 2006). Die diabetische Hyperglukagonämie scheint direkt mit dem Amylinmangel verknüpft zu sein und damit direkt mit der fehlenden Hemmung der Glukagonfreisetzung zusammenzuhängen. Dies kann auch für die Katze zutreffen (Abbildung 16; Furrer et al. 2005). In welchem Ausmaß eine verringerte insulininduzierte Suppression der Glukagonfreisetzung auch bei Katzen zu diesem Phänomen beiträgt, bleibt noch zu untersuchen.

Die häufigste und am regelmäßigsten zu beobachtende morphologische Veränderung sind die Amyloidablagerungen in den Langerhansschen Inseln des Pankreas (Abbildung 17a und b; Yano et al. 1981; O’Brien et al. 1985; Johnson et al. 1986; Johnson et al. 1989; Lutz et al. 1994; Lutz und Rand 1997). Diese ist bei einem Großteil der diabetischen Katzen sowie bei Katzen mit gestörter Glukosetoleranz (d.h. in der prädiabetischen Phase) zu finden (Johnson et al. 1986; Westermark et al. 1987; Lutz und Rand 1995). Man geht davon aus, dass die Amyloidablagerungen im Pankreas eine wichtige Rolle bei der Pathogenese des humanen Typ-IIDiabetes und des felinen Diabetes mellitus spielen, da sie zum fortschreitenden Verlust an Betazellen beitragen, der für den Verlauf dieser Krankheit typisch ist (Höppener et al. 2002).

© Thomas Lutz

Amyloidose des Pankreas

Abbildung 17a – Pankreasinselzellen einer Katze mit massiven Amyloidablagerungen, die hauptsächlich aus Präzipitaten des Betazellhormons Amylin bestehen.

Eine der dafür notwendigen Voraussetzungen ist die Anwesenheit einer bestimmten Aminosäurensequenz im mittleren Abschnitt des Amylinmoleküls (beim Menschen und bei der Katze, nicht bei Ratten), die nicht an der hormonellen Wirkung des Amylin beteiligt ist, sondern Amylin für die Bildung von unlöslichen fibrillären Aggregaten prädisponiert. Eine zweite Voraussetzung scheint die Hypersekretion von Amylin zu sein, die zu hohen lokalen Konzentrationen in den Inselzellen des Pankreas führt (Cooper 1994). Besonders während der ersten Phase der Amyloidablagerung in den Langerhansschen Inseln tragen die löslichen fibrillären Oligomere des Amylin zur Toxizität und damit zum Untergang der Betazellen bei (Höppener et al. 2002; Butler et al. 2003; Konarkowska et al. 2006; Matveyenko und Butler 2006). Ein dritter und noch wenig definierter Faktor, der zur Amyloidose des Pankreas beiträgt, scheint eine gewisse Funktionsstörung der Betazellen zu sein, in deren Folge es zu einer abnormen Transformation von Amylin kommt (Ma et al. 1998).

© Thomas Lutz

Der Hauptbestandteil der Amyloidablagerungen in den Inselzellen ist Amylin, auch „islet amyloid polypeptide“ (IAPP) genannt (Westermark et al. 1987). Die Neigung des pankreatischen Amylins zur Präzipitation in Form von Amyloid besteht nur bei wenigen Spezies, nämlich beim Menschen, bei anderen Primaten und bei Katzen (Westermark et al. 1987; Johnson et al. 1989), und nur diese Spezies entwickeln ein Typ-II-Diabetes-ähnliches Syndrom.

Abbildung 17b – Pankreasinselzellen einer gesunden Katze zum Vergleich. In der immunhistochemischen Färbung sind die intakten Betazellen rot gefärbt, während das Amyloid in den Inselzellen rosa angefärbt ist.

197


Anzahl der Katzen (%)

Wie bereits erwähnt, ist die frühe Phase des felinen Diabetes mellitus durch eine Hyperamylinämie charakterisiert (O’Brien et al. 1991; Lutz und Rand 1996). Dies begünstigt möglicherweise die Ablagerung des felinen Amylin in Form von Amyloid. In den späteren Stadien des felinen DM führt die progrediente Betazellinsuffizienz jedoch zu niedrigen Konzentrationen an zirkulierendem Amylin (Johnson et al. 1989; Ludvik et al. 1991; Cooper 1994).

Quantitative Aspekte der Amyloidablagerung in den Pankreasinselzellen

Ausmaß der Amyloidablagerungen (%)

Bei manchen Katzen wurden große Amyloidablagerungen festgestellt, ohne dass jedoch klinische Symptome eines Diabetes mellitus vorlagen (Lutz et al. 1994). Der Prozentsatz der Amyloidablagerungen bezieht sich auf die Gesamtmenge aller Inselzellen (= 100 %).

ABBILDUNG 19 – ZUNAHME AN AMYLOIDABLAGERUNGEN MIT STEIGENDEM ALTER DER KATZEN (Lutz et al. 1994)

Volumenprozent an abgelagertem Amyloid in den Inselzellen

7 - Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus Diabetes mellitus

ABBILDUNG 18 – HÄUFIGKEIT DER AMYLOIDABLAGERUNGEN BEI 84 GESUNDEN KATZEN

Angesichts der Tatsache, dass die Amyloidablagerungen in den Langerhansschen Inseln des Pankreas den auffälligsten histologischen Befund bei diabetischen Katzen darstellen, war es interessant festzustellen, dass dieser Vorgang auch bei gesunden, nicht-diabetischen Katzen stattfindet. Manche Katzen schienen sogar relative große Amyloiddepots zu bilden, ohne dass jedoch erkennbare klinische Symptome vorhanden waren (Abbildung 18; Lutz et al. 1994). Die Prävalenz der Amyloidablagerungen im Pankreas stieg mit dem Alter der Tiere (Abbildung 19), was in gewisser Weise mit der allgemeinen Erkenntnis übereinstimmt, dass nämlich die Prävalenz des felinen Diabetes mellitus bei älteren Katzen erhöht ist. In jedem Fall aber sind die Amyloidablagerungen bei diabetischen Katzen wesentlich größer als jene bei asymptomatischen Katzen, und auch der Schweregrad der klinischen Symptome des Diabetes mellitus steht in direkter Korrelation mit den Mengen an abgelagertem Amyloid (O’Brien et al. 1985; Johnson et al. 1989; Lutz et al. 1994). Dies spiegelt sich auch im Zusammenhang zwischen der Menge an Amyloidablagerungen und dem Ausmaß der Glukoseintoleranz wider, so wie diese im intravenösen Glukosetoleranztest bestimmt wird (Abbildung 20). Obwohl die Amyloidablagerung in den Inselzellen des Pankreas einen wichtigen Faktor in der Pathophysiologie des felinen Diabetes mellitus darstellt, ist es leider nicht möglich, dieses unter in vivo-Bedingungen zu bestimmen. Somit stellt dieses Phänomen derzeit keinen hilfreichen prognostischen Marker zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs dar.

Alter (Jahre)

Junge klinisch gesunde Katzen weisen keine oder nur sehr geringe nachweisbare Mengen an Amyloidablagerungen auf.

Untersuchungen an transgenen Nagern haben ganz deutlich gezeigt, dass dem Amyloid bei der Entwicklung und beim Fortschreiten des Typ-IIDiabetes eine wichtige Rolle zukommt. Lösliche Amylinoligomere mit geringem Molekulargewicht sind bei Spezies mit einer amyloidogenen Aminosäurensequenz ein ursächlicher Faktor für die Apoptose der Betazellen (Muff et al. 2004). Die Primärereignisse, die beim Typ-II-Diabetes zur Bildung dieser zytotoxischen Oligomere führen, sind jedoch noch nicht geklärt.

Der Zusammenhang zwischen Hyperglykämie und Amyloidablagerungen in den Inselzellen des Pankreas Nachdem die beiden wichtigsten pathogenen Faktoren, die zu progressiver Betazellinsuffizienz bei diabetischen Katzen beitragen, nämlich die Glukolipotoxizität und die Amyloidablagerungen im Pankreas, ausführlich besprochen wurden, muss festgestellt werden, dass es noch vollkommen unbekannt ist, ob und in welcher Weise zwischen diesen beiden Faktoren ein Zusammenhang besteht. Möglich erscheint jedoch, dass Veränderungen im intrazellulären Milieu, die durch erhöhte Glukose- oder Fettsäurenspiegel hervorgerufen werden (intrazellulärer „Stress“), Bedingungen schaffen, welche die Bildung und die Präzipitation von Amyloidfibrillen fördern. Die höchste Toxizität für Betazellen weisen die fibrillären Amyloidoligomere mit geringem Molekulargewicht auf, die sich wahrscheinlich schon früh im Krankheitsverlauf bilden. Somit ist jede Therapie, die so früh wie möglich einsetzt und darauf abzielt, den Blutglukosespiegel zu reduzieren und damit den sekretorischen Stress der Betazellen zu verringern, wahrscheinlich in der Lage, bei transientem Diabetes mellitus eine Remission herbeizuführen (siehe weiter unten).

198


Welche Mechanismen dem Zusammenhang zwischen gestörter Glukosehomöostase und verschiedenen Krankheiten der Katze zugrunde liegen, ist noch weitgehend unbekannt, doch ist eine Beteiligung verschiedener Zytokine sehr wahrscheinlich. Eine vor Kurzem durchgeführte Vorstudie konnte zeigen, dass eine zehntägige Infusion mit Lipopolysacchariden, die ein Bestandteil der Zellwand von gramnegativen Bakterien sind und die die Freisetzung verschiedener Zytokine bewirken, zu einer gestörten Glukosetoleranz führte (unveröffentlichte Daten). Man könnte somit spekulieren, dass derlei Störungen mit verringerten Konzentrationen des Adipozytenhormons Adiponektin in Zusammenhang stehen, da dieses Hormon einen wichtigen Faktor bei der Regulierung der Insulinsensitivität von Insulinzielgeweben darstellt (Hoenig et al. 2007a). Neben der Wirkung von Zytokinen auf die insulinsensitiven Gewebe können verschiedene Zytokine die endokrine Sekretion des Pankreas auch direkt reduzieren. Schließlich sollte man auch in Betracht ziehen, dass der Fall hier vielleicht ähnlich liegt wie bei der typischen Frage „Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei?” Einerseits schwächt die Hyperglykämie beim Diabetes mellitus die Abwehrkräfte des Körpers gegen Infektionen, z.B. des Urogenitaltrakts (Lederer et al. 2003; Bailiff et al. 2006), auf der anderen Seite aber werden Infektionen und entzündliche Erkrankungen, eventuell über TNF-a, mit einer Insulinresistenz in ursächlichen Zusammenhang gebracht, infolge derer sich letztendlich ein Diabetes mellitus entwickelt (Abbildung 21).

Diabetes mellitus

Erkrankungen wie Stomatitis, pulmonale Veränderungen (Mexas et al. 2006) und Harnwegsinfektionen (Jin und Lin 2005) scheinen bei diabetischen Katzen häufiger aufzutreten. Schwerkranke Katzen zeigen unter Umständen eine hochgradige stressinduzierte Hyperglykämie. Eine gleichzeitige Hyperinsulinämie, die auf eine Insulinresistenz weisen würde, liegt jedoch nicht immer vor (Chan et al. 2006).

(Lutz et al. 1994)

Glukosehalbwertszeit im Plasma (min)

ABBILDUNG 21 – DER TEUFELSKREIS DES DIABETES MELLITUS

Diabetes mellitus

Insulinresistenz

Infektionen und entzündliche Erkrankungen (z.B. des Urogenitaltrakts)

8 - Transienter Diabetes mellitus

Wie beim Menschen auch scheint die Glukosehomöostase bei Katzen, die an verschiedenen Krankheiten wie z.B. schweren Infektionen, malignen Neoplasien, Sepsis, Virusinfektionen, Nierenerkrankungen im Endstadium oder chronischen Herzkrankheiten leiden, häufig gestört zu sein. Eine Hypothese besagt, dass als zugrunde liegende Ursache eine Kombination aus erhöhter Synthese proinflammatorischer Zytokine und Anwesenheit von Hormonen, die eine Antagonisierung des Insulins bewirken, in Frage kommt. Dies konnte bei Katzen mit kongestiver Herzinsuffizienz verifiziert werden, bei denen erhöhte Konzentrationen an TNF-a festgestellt wurden (Meurs et al. 2002).

ABBILDUNG 20 – DIE MENGE AN PANKREATISCHEM AMYLOID STEHT IN POSITIVER KORRELATION MIT DER IM INTRAVENÖSEN GLUKOSETOLERANZTEST GEMESSENEN GLUKOSEHALBWERTSZEIT (GLUKOSE T1/2). Menge des in den Inselzellen abgelagerten Amyloids (%)

Die verringerte Insulinsensitivität diabetischer Katzen

Hyperglykämie

Schwächung der Immunabwehr gegenüber Infektionen

8 - Transienter Diabetes mellitus Ein transienter Diabetes mellitus ist bei diabetischen Katzen relativ häufig zu beobachten. Etwa 20 % der Katzen mit Diabetes fallen Berichten zufolge in diese Kategorie (Nelson et al. 1999; Nelson 2005). Dabei scheint der Anteil der transitorisch diabetischen Katzen in letzter Zeit zu steigen (siehe weiter unten). Bei diesen Katzen kommt es zur Spontanremission: Die klinischen Symptome wie Polyurie/Polydipsie verschwinden, die Blutzuckerspiegel normalisieren sich und eine Glukosurie ist nicht mehr nachweisbar. Dies geschieht in der Regel etwa ein bis vier Monate nach Beginn der Therapie (Nelson et al. 1999). In diesen Fällen kann die spezifische antidiabetische Medikation sofort abgesetzt werden. Während die glukoseinduzierte Insulinsekretion nach der Remission normal ist, bleiben hingegen die geringe Dichte an Betazellen und die pathologischen Veränderungen an den Langerhansschen Inselzellen erhalten. Insofern entsprechen die meisten Fälle von transientem Diabetes mellitus eigentlich der subklinischen Phase des Diabetes (Nelson et al. 1999).

199


8 - Transienter Diabetes mellitus

Voraussetzungen für eine Remission Unter welchen Voraussetzungen es zu einer Remission des Diabetes mellitus kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Offenbar ist dafür das Vorhandensein einer noch ausreichend großen Anzahl von funktionellen Betazellen erforderlich (Nelson et al. 1999). Ein wichtiger Faktor scheint das frühzeitige Beheben der Hyperglykämie und damit die Eliminierung oder zumindest Reduzierung der Glukotoxizität zu sein. Durch eine aggressive Glukose senkende Therapie, unterstützt von entsprechenden diätetischen Maßnahmen (siehe weiter unten), kann es gelingen, den Teufelskreis zwischen chronischer Hyperglykämie, daraus resultierender Betazellinsuffizienz oder verringerter Insulinsensitivität zu durchbrechen. Da die Glukotoxizität anfangs reversibel ist, erscheint es plausibel, dass die Wahrscheinlichkeit einer Diabetesremission umso höher ist, je früher die Glukose senkende Therapie einsetzt. Bislang fehlen jedoch noch entsprechende harte wissenschaftliche Daten, die diese Annahme belegen.

Diabetes mellitus

Unterschiede zwischen transientem und permanentem Diabetes mellitus

©Y ves L ance au/R oyal Can in/H eilige

Birm a

Die Überwachung von diabetischen Katzen nach einer Remission erfolgt durch einfache Kontrolle der Glukosurie mithilfe von Harnteststreifen. Dazu taucht man den Teststreifen unmittelbar nach dem Harnabsatz der Katze in die von der entsprechenden Stelle entnommene und mit etwas Wasser vermischte Katzenstreu.

Die Vorhersage, ob ein feliner Diabetes mellitus transient verlaufen wird oder nicht, z.B. mithilfe des intravenösen Glukosetoleranztests oder dem Glukagonstimulationstest, hat sich als schwierig erwiesen. Wir haben vor Kurzem die Möglichkeit untersucht, anhand der im Argininstimulationstest ermittelten Insulinreaktion diabetischer Katzen eine Aussage darüber treffen zu können, wie wahrscheinlich eine Remission im Individualfall ist oder nicht (Tschuor et al. 2006). Dieser Test ist in der Humanmedizin bei Typ-II-Diabetikern mit Erfolg eingesetzt worden. Wie erwartet, war bei den diabetischen Katzen die Ausgangskonzentration an Glukose signifikant höher und die Insulinantwort deutlich geringer als bei gesunden Katzen. Auch die Glukagonbasiswerte und die Glukagonreaktion auf Arginin waren bei den diabetischen Tieren signifikant erhöht. Trotz dieser deutlichen Unterschiede zwischen diabetischen und gesunden Katzen konnten keine signifikanten Unterschiede in diesen Parametern (Glukose, Insulin, Glukagon) zwischen transient und permanent diabetischen Katzen entdeckt werden. Insofern scheint sich der Argininstimulationstest nicht als prognostischer Parameter zur Unterscheidung zwischen transitorischer und permanenter Verlaufsform des felinen Diabetes zu eignen (Tschuor et al. 2006; Abbildung 25). In einer anderen Studie wurde untersucht, ob sich anhand der IGF-1-Spiegel vorhersagen lässt, ob es sich um einen transienten Diabetes handelt, doch hat man von dieser Idee mittlerweile Abstand genommen (Alt et al. 2007). Auch nach der Remission kann es jedoch immer zu einem Rezidiv eines klinisch manifesten Diabetes kommen. Da bei den transient diabetischen Katzen die pathologischen Veränderungen an den Langerhansschen Inseln des Pankreas bestehen bleiben, ist die Empfänglichkeit dieser Katzen für die Entwicklung eines Diabetes sicher höher als bei zuvor gesunden Katzen. Dies kann auch durch zusätzliche Stressoren wie eine medikamentelle Therapie mit Insulinantagonisten (Glukokortikoiden, Megestrolacetat) oder Adipositas verstärkt werden. Generell ist es in der Regel unmöglich, vorherzusagen, ob und wann es zur erneuten Entwicklung von klinischen Symptomen des Diabetes mellitus kommt. Insofern sollten diabetische Katzen nach Spontanremission sorgfältig hinsichtlich eines Rezidivs überwacht werden. In manchen Fällen kam es bei Katzen erst drei Jahre nach der Remission wieder zu klinisch manifestem Diabetes mellitus (Nelson et al. 1999).

Entwicklung der Remissionsrate bei diabetischen Katzen Im Laufe der letzten Jahre scheint sich der Anteil an transient diabetischen Katzen erhöht zu haben und liegt in manchen Untersuchungen bei bis zu 70 %. Dies kann mit den neuesten Diätempfehlungen für diabetische Katzen zusammenhängen, nach denen zu einer relativ proteinreichen, aber kohlenhydratarmen Diät geraten wird. Ob die Verbesserung der Stoffwechsellage auf den hohen Proteingehalt (49-57 % TM in Studien von Frank et al. 2001; Mazzaferro et al. 2003) oder auf den niedrigen Kohlenhydratgehalt (18 % in der Studie von Bennett et al. 2006) oder aber auf beides zurückzuführen ist, bleibt noch zu untersuchen. Wir konnten in einer Studie belegen, dass die Remissionsrate diabetischer Katzen dann noch höher als in den früheren Berichten ist, wenn die Patienten eine Diät mit hohem Proteingehalt bekommen (etwa 54 % Proteine und 8 % Kohlenhydrate i. d. TM; Tschuor et al. 2006). In unserer Studie gingen etwa 50 % der insulinbehandelten Katzen innerhalb von 4 Wochen intensiver Therapie in Remission. Interessanterweise kam es zur Remission, noch bevor ein deutlicher Gewichtsverlust beobachtet werden konnte. 200


Eine chronische Hyperglykämie hat schädigende Wirkung auf die insulinproduzierenden Betazellen des Pankreas und auf die Zielgewebe des Insulins (siehe auch unter Glukotoxizität). Die langfristig bestehende Hyperglykämie scheint aber auch der hauptverantwortliche Faktor für die Entwicklung weiterer häufiger Komplikationen bei diabetischen Katzen zu sein: Dazu zählen die diabetische Neuropathie, Nephropathie und Retinopathie. Die beiden zugrunde liegenden Mechanismen sind die Glykosylierung von Proteinen und die osmotischen Schädigungen infolge der Akkumulation der Zuckeralkohole.

Glykosylierung von Proteinen und Akkumulation von Zuckeralkoholen Eine frühzeitig auftretende pathologische Veränderung beim Diabetes mellitus ist eine erhöhte unspezifische, nicht-enzymatische Glykosylierung von Proteinen, infolge derer es zu abnormer Akkumulation von Kollagenfibrillen und zur Produktion von Superoxidradikalen kommt. Beides schädigt das Bindegewebe und die Basalmembranen. Zusätzlich scheint es durch die Akkumulation des Zuckeralkohols Sorbitol, der durch die Aktivität der Aldosereduktase aus Glukose entsteht und für den die Zellmembran relativ undurchlässig ist, zu einer osmotischen Zellschädigung zu kommen. Während unter normalen Bedingungen nur kleine Mengen an Sorbitol produziert werden, entstehen bei Hyperglykämie, wenn die normale Glukoseverwertung über die Hexokinase gesättigt ist, durch einen Überlaufmechanismus beträchtliche Sorbitolmengen.

Diabetische Neuropathie, Retinopathie und Kataraktbildung Die genaue Prävalenz von diabetisch bedingten Neuropathien, Nephropathien und Retinopathien bei Katzen ist nicht bekannt. Eine Folge der diabetischen Neuropathie ist die Hinterhandschwäche und die typische plantigrade Fußung (Abbildung 3). In jedem Fall scheinen mehrere Gemeinsamkeiten mit der humanen diabetischen Neuropathie vorzuliegen (Misizin et al. 2007). Wird nach der Diagnosestellung sofort eine intensive Glukose senkende Therapie eingeleitet, scheinen zumindest einige dieser Veränderungen reversibel zu sein, und auch der Gang normalisiert sich wieder. Obwohl eine diabetische Nephropathie und Retinopathie bei der Katze vorkommen kann, wird die diabetische Retinopathie in der klinischen Praxis nur selten gesehen. Bei experimentell induzierter Hyperglykämie haben sich pathologische Veränderungen an der Retina erst nach mehreren Jahren entwickelt und konnten auch dann nur mit speziellen Diagnoseverfahren entdeckt werden (persönliche Mitteilung von Dr. M. Richter, Abteilung für Ophthalmologie, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich).

Abbildung 22 - Katarakt bei einer diabetischen Katze.

mit freundlicher Genehmigung von Prof. B. Spiess, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich.

Ähnliches gilt auch für die diabetische Katarakt, die im Gegensatz zum Hund sehr selten bei diabetischen Katzen zu beobachten ist (Abbildung 22). Untersuchungen zufolge ist die Sorbitolbildung bei älteren diabetischen Katzen aufgrund der reduzierten Aldosereduktaseaktivität deutlich geringer als bei Hunden und jungen Katzen (Richter et al. 2002); zu einer Schädigung der Linse kommt es aber nur bei übermäßigen Sorbitolmengen. Obwohl ein Diabetes mellitus bei jungen Katzen sehr selten ist, zeigen betroffene Tiere häufig die typische Linsentrübung, wie sie bei diabetischen Hunden bekannt ist; dies ist offenbar auf die hohe Aktivität der Aldosereduktase zurückzuführen (Richter et al. 2002). Eine neuere Studie hat vor Kurzem das vermeintlich seltene Auftreten von Katarakten bei diabetischen Katzen näher untersucht (Williams und Heath 2006) und kam zu dem Schluss, dass Linsentrübungen bei diesen Tieren offenbar deutlich öfter vorkommen als angenommen. Zudem trat die Linsentrübung bei diabetischen Katzen in wesentlich jüngeren Jahren auf als bei nicht-diabetischen Katzen.

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Diabetes mellitus

9 - Langzeitfolgen der diabetischen Hyperglykämie

9 - Langzeitfolgen der diabetischen Hyperglykämie


Glukose (µmol/l)

10 - Diagnose des felinen Diabetes mellitus

ABBILDUNG 23 – SERUMFRUCTOSAMINKONZENTRATIONEN BEI NORMOGLYKÄMISCHEN UND HYPERGLYKÄMISCHEN KATZEN MIT STRESSINDUZIERTER ODER CHRONISCHER DIABETISCHER HYPERGLYKÄMIE nach Prof. C. Reusch, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich

Kontrollgruppe Stresshyperglykämie Diabetische Katzen Obergrenze des Referenzbereichs (365 µmol/l)

Diabetes mellitus

Um einen Diabetes mellitus zweifelsfrei diagnostizieren zu können, müssen immer die typischen Hauptsymptome, wie sie bei der unkomplizierten Form der Krankheit vorliegen, festgestellt werden können, nämlich Polyurie/Polydipsie, Polyphagie und Verlust an Körpergewicht. Das Vorhandensein nur eines dieser Symptome reicht für die Diagnose nicht aus, auch wenn es auf einen Diabetes hinweist. In jedem Fall ist eine Laboruntersuchung der entsprechenden Parameter erforderlich.

Nüchtern-Hyperglykämie

Fructosamin (µmol/l)

TABELLE 3 – VERGLEICH ZWISCHEN FRUCTOSAMIN UND GLYKOSYLIERTEM HÄMOGLOBIN ALS MARKER ZUR BEURTEILUNG EINER DAUERHAFTEN HYPERGLYKÄMIE Glykosyliertes Hämoglobin

Fructosamin

Gemeinsame Charakteristika

10 - Diagnose des felinen Diabetes mellitus

- Entstehen durch irreversible, nicht-enzymatische und unspezifische Bindung von Glukose an Aminosäurenreste. - Sind direkt proportional zur durchschnittlichen Blutglukosekonzentration im Zeitablauf. - Sind von der durchschnittlichen Halbwertzeit des jeweiligen Proteins abhängig, wobei die der Serumproteine kürzer ist als die für Hämoglobin.

Die Nüchtern-Hyperglykämie ist eines der Schlüsselsymptome bei diabetischen Katzen, obwohl sie alleine aufgrund des Phänomens der Stresshyperglykämie bei Katzen kein verlässliches Symptom darstellt (Abbildung 23). Dieses Phänomen ist bei Katzen weitaus häufiger zu beobachten als beim Hund. Dabei kann es zu Blutzuckerwerten von über 20 mmol/l (360 mg/dl) kommen (Laluha et al. 2004). Eine stressinduzierte Hyperglykämie muss daher ausgeschlossen werden, bevor eine Therapie eingeleitet wird (siehe weiter unten). In ähnlicher Weise kann auch eine Glukosurie fehlinterpretiert werden: Obwohl eine Glukosurie normalerweise nur bei diabetischen Katzen vorliegt, kann es auch bei gesunden Katzen infolge einer extremen stressinduzierten Hyperglykämie dazu kommen, dass Glukose in den Harn gelangt.

Insulinämie

Spezielle Charakteristika

- Glykosyliertes Hämoglobin ist das Glykosylierungsprodukt von Hämoglobin und Glukose und wird chromatographisch gemessen. - Marker für die durchschnittlichen Blutzuckerspiegel während der letzten 4-8 Wochen. - Wird durch die Hämoglobinkonzentration beeinflusst.

Diabetische Katzen sind nicht in der Lage, eine für die Aufrechterhaltung normaler Blutzuckerspiegel ausreichende Menge an Insulin zu sezernieren. Dieser Mangel muss jedoch als relativ bezeichnet werden, da die Plasmainsulinspiegel normal erscheinen können, für das Ausmaß der bestehenden Glykämie aber zu niedrig sind, so dass eine Hypoinsulinämie besteht. Es erscheint somit nachvollziehbar, dass die Bestimmung der Nüchtern-Insulinwerte in der Regel nicht hilfreich ist, es sei denn, es liegt eine massive absolute Hypoinsulinämie vor. Die Messung der Insulinspiegel stellt auch aufgrund der hohen Kosten und der begrenzten Verfügbarkeit von Spezies-spezifischen Insulintests generell kein diagnostisches Routineverfahren dar.

- Fructosamin bezieht sich auf die Summe der glykosylierten Serumproteine, die kolorimetrisch gemessen werden. - Marker für die durchschnittlichen Blutzuckerspiegel während der letzten 10-14 Tage. - Wird durch Veränderungen in den Serumproteinspiegeln beeinflusst.

Die Bestimmung von Proinsulin bzw. des Verhältnisses Proinsulin : Insulin ist als sinnvolles Diagnoseverfahren vorgeschlagen worden. Beim Menschen scheint eine Erhöhung der Proinsulin-Nüchternwerte auf das Vorliegen einer Schädigung der Betazellen hinzuweisen, so dass das Proinsulin als früher Marker für die Betazellinsuffizienz dienen könnte. Die Aminosäurensequenz des felinen Proinsulins ist erforscht und bereits veröffentlicht, so dass vielleicht schon bald die entsprechenden Tests zur Verfügung stehen, um einen felinen Diabetes mellitus frühzeitig diagnostizieren zu können (Hoenig et al. 2006a). Interessanterweise wurde auch beobachtet, dass die Proinsulinsekretion bei adipösen Katzen offenbar erhöht ist.

Fructosamin und glykosyliertes Hämoglobin Wie bereits erwähnt, sind weder die Nüchtern-Blutzuckerwerte noch die Harnglukosespiegel verlässliche Parameter zur Bestätigung eines felinen Diabetes mellitus. Hingegen werden heute Fructosamin und glykosyliertes Hämoglobin als verlässliche Marker für die Langzeitbeurteilung der Glykämie zur Diagnose und Verlaufskontrolle des felinen Diabetes häufig bestimmt (Tabelle 3 und 4). Beide Produkte entstehen durch die irreversible, nicht-enzymatische und unspezifische Bindung von Glukose an Aminosäurenreste. - Fructosamin bezieht sich auf die Summe der glykosylierten Serumproteine und wird kolorimetrisch gemessen. 202


nach Nelson, 2005

Monitoring diabetischer Katzen

Fructosamin (µmol/l)

Glykosyliertes Hämoglobin (%)

Normalwerte

190-365 µmol/l (Mittelwert 240)

0,9 – 2,5 % (Mittelwert 1,7)

Hervorragend eingestellt

350 - 400

1,0 – 2,0

Gut eingestellt

400 - 450

2,0 – 2,5

Mittelmäßig eingestellt

450 - 500

2,5 – 3,0

Schlecht eingestellt

> 500

> 3,0

Anhaltende Hypoglykämie

< 300

< 1,0

Zur Beurteilung des Glukosestoffwechsels bei der Katze stehen noch weitere effiziente Tests zur Verfügung, die jedoch in der Regel nicht routinemäßig durchgeführt werden. Die häufigsten sind: - der intravenöse Glukosetoleranztest (O’Brien et al. 1985; Link und Rand 1998; Appleton et al. 2001a,b) - der Argininstimulationstest (Kitamura et al. 1999) - der Glukagonstimulationstest Seltener wird der Insulinsensitivitätstest durchgeführt (Feldhahn et al. 1999; Appleton et al. 2001a,b), und der euglykämische hyperinsulinämische (Petrus et al. 1998) sowie der hyperglykämische Glukose-ClampTest (Slingerland et al. 2007) werden rein wissenschaftlich eingesetzt. Beim euglykämischen hyperinsulinämischen Clamp-Test handelt es sich um Versuche, bei denen eine konstante Insulininfusion durch eine gleichzeitige Glukoseinfusion so kompensiert wird, dass der Blutzuckerspiegel im Normalbereich bleibt. Beim hyperglykämischen Glukose-Clamp-Test ist die Blutzuckerkonzentration an einen fixen Wert gebunden, und die Parameter des Glukosestoffwechsels werden von den Glukose- und Insulinspiegeln während des gesamten Zeitraums des Clamping abgeleitet. Beim intravenösen Glukosetoleranztest erfolgt die Bestimmung der Glukosetoleranz durch die Berechnung der Halbwertszeit von Glukose im Plasma (T1/2; Obergrenze des Referenzbereichs etwa 75-80 min; Lutz und Rand 1996; Appleton et al. 2001a). Auch die Insulinsensitivität und das Insulinsekretionsmuster, Indikatoren der Funktionsfähigkeit der Betazellen, könnenso beurteilt werden (Abbildung 9 und 24). Obwohl dieser Test meist unter Standardbedingungen durchgeführt wird, können einer Studie zufolge keine einheitlichen und verlässlichen Referenzwerte für den intravenösen Glukosetoleranztest erstellt werden (Hoenig et al. 2002). Umwelteinflüsse wie Ernährung und Haltung der Katzen sowie die Laborausrüstung können die Testergebnisse entscheidend beeinflussen. Aus diesem Grund sollte eher das Reaktionsmuster auf die intravenöse Glukoseinjektion beurteilt werden, und nicht so sehr die absoluten Glukose- oder Insulinkonzentrationen (Hoenig et al. 2002). In der genannten Studie wurde auch vorgeschlagen, eine Glukosedosis von mindestens 0,8 g/kg KM zu wählen (die übliche Dosis beträgt heute 1 g/kg), da die in früheren Studien verwendeten niedrigeren Dosen (z.B. Nelson et al. 1990) eine umfassende Beurteilung der Insulinantwort bei Katzen mit unterschiedlichem Körpergewicht und verschiedener Körperkondition nicht ermöglichen. Der Argininstimulationstest wird nicht sehr häufig für die Diagnose eines felinen Diabetes mellitus eingesetzt. Dieser Test ermöglicht zwar festzustellen, ob eine Katze an Diabetes leidet oder nicht, kann aber permanent diabetische Katzen nicht von transient diabetischen Tieren, die in Remission gehen, unterscheiden (Abbildung 25; Tschuor et al. 2006).

Zeit nach Glukoseinjektion (min)

Insulinkonzentration Adipöse Katze Schlanke Katze Insulinkonzentration (µIE/ml)

Sonstige Tests

Glykämie (mmol/l)

Die Bestimmung von Fructosamin wird in der klinischen Praxis am Diese Werte können je nach Labor geringfügig variieren. häufigsten eingesetzt, da die Messung einfach und rasch erfolgt. Seit der ersten Veröffentlichung über Fructosamin als Indikator für den Blutzuckerspiegel bei diabetischen Katzen (Kaneko et al. 1992) sind zahlreiche weitere Arbeiten erschienen, die den Nutzen dieses einfachen und verlässlichen Tests zur Beurteilung einer chronischen Hyperglykämie wisABBILDUNG 24 senschaftlich untermauert haben (Reusch et al. 1993; Lutz et al. 1995; Crenshaw et al. 1996; Thoresen und BreGLUKOSETOLERANZTEST dal 1996; Plier et al. 1998; Elliott et al. 1999; Reusch und Haberer 2001). Die Referenzwerte für Fructosamin variieren zwar von Labor zu Labor etwas, bewegen sich jedoch immer in der gleichen Größenordnung (Tabelle 4). Glukosekonzentration Im Vergleich zu den Blutzuckerspiegeln hat die Bestimmung des Serumfructosamins den großen Vorteil, dass Adipöse Katze die Fructosaminkonzentration durch kurzfristige stressinduzierte Hyperglykämie nicht beeinflusst wird und Schlanke Katze somit eine Unterscheidung zwischen dieser und einer diabetischen Hyperglykämie ermöglicht (Abbildung 23).

Zeit nach Glukoseinjektion (min)

Glukosetoleranztest bei einer schlanken Katze (3,5 kg) mit normaler Glukosetoleranz (Glukose-T1/2 = 37 min) und bei einer adipösen Katze (6,5 kg) mit unphysiologischer Glukosetoleranz (Glukose-T1/2 = 125 min). Die Glukose wurde in einer Dosierung von 1 g/kg KM zum Zeitpunkt 0 min verabreicht.

203

Diabetes mellitus

Die Konzentrationen von Fructosamin und glykosyliertem Hämoglobin verhalten sich direkt proportional zur Glukosekonzentration im Blut. Beide sind von der durchschnittlichen Halbwertzeit des jeweiligen Proteins abhängig, wobei die der Serumproteine kürzer ist als die für Hämoglobin. Somit gibt die Serumfructosaminkonzentration die durchschnittliche Glykämie während der letzten 10-14 Tage an, während die Konzentration des glykosylierten Hämoglobins die durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 4-8 Wochen widerspiegelt. Die beiden Werte werden durch die Serumproteinspiegel bzw. die Hämoglobinkonzentration beeinflusst. Dies muss bei der Interpretation der Laborergebnisse berücksichtigt werden (Nelson 2005).

TABELLE 4 – INTERPRETATION DER KONZENTRATIONEN AN FRUCTOSAMIN UND GLYKOSYLIERTEM HÄMOGLOBIN BEI DIABETISCHEN KATZEN

10 - Diagnose des felinen Diabetes mellitus

- Glykosyliertes Hämoglobin, insbesondere die Fraktion A1c (HbA1c), ist ein Produkt der Glykosylierung von Hämoglobin und Glukose und wird chromatographisch bestimmt. Bei Katzen wird glykosyliertes Hämoglobin nur selten als Marker verwendet.


Glukose (mmol/l)

Glukose (mmol/l)

11 - Therapeutische Strategien

ABBILDUNG 25 - ARGININSTIMULATIONSTEST

Diabetes mellitus

Zeit (min) gesunde Katzen diabetische Katzen signifikanter Unterschied (p<0,05) Arginin 0,2 g/kg

p = 0,22

Bei einem Argininstimulationstest (Injektion des Arginins in der Dosierung von 0,2 g/kg KM zum Zeitpunkt 0) waren die Blutzuckerkonzentrationen bei gesunden Katzen signifikant niedriger als die diabetischer Katzen.

Zeit (min) transienter feliner Diabetes mellitus permanenter feliner Diabetes mellitus p = 0,548 signifikanter Unterschied (p<0,05) Arginin 0,2 g /kg

Dieser Test unterscheidet jedoch nicht zwischen transient und permanent diabetischen Katzen (Tschuor et al. 2006).

11 - Therapeutische Strategien Die Schlüsselelemente der Behandlung diabetischer Katzen Eine Behandlung des felinen Diabetes mellitus über das reine Beheben der klinischen Symptome (Polydipsie/Polyurie) hinaus – was bis vor nicht allzu langer Zeit noch als ausreichend angesehen wurde – bringt zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen für die Patienten. Dies bezieht sich vor allem auf die Möglichkeit, eine Spontanremission des Diabetes zu erzielen, d.h. die Krankheit auf ihre subklinische Form zurückzudrängen. Eine Remission beruht, wie man annimmt, auf der Eliminierung der Glukotoxizität durch Normalisierung der Blutzuckerspiegel. Ziel jeder Therapie ist somit das Absenken der Glukosekonzentration im Blut auf Werte zwischen 5 und 15 mmol/l (90-270 mg/dl). Ein Schlüsselfaktor dabei ist die frühzeitige Einleitung der Glukose senkenden Therapie, d.h. so bald wie möglich nach Diagnosestellung. Nur dann ist nämlich sichergestellt, dass die glukotoxischen Schäden der Pankreasinselzellen noch reversibel sind (Prentki und Nolan 2006). Obwohl eindeutige Beweise dafür noch ausstehen, ist der Autor aufgrund seiner klinischen Beobachtungen der Meinung, dass die Remissionsrate bei diabetischen Katzen umso höher ist, je früher die Behandlung einsetzt. Die Empfehlung lautet somit, frühzeitig und aggressiv zu behandeln. Dies erfolgt heute immer in Verbindung mit den entsprechenden diätetischen Maßnahmen, nämlich der Fütterung einer proteinreichen (>50 % Protein i. d. TM) und kohlenhydratarmen (< 15 % Kohlenhydrate i. d. TM) Ration.

Insulin als Glukose senkendes Arzneimittel Die Insulintherapie stellt die bei weitem wirksamste Methode dar, den Blutzuckerspiegel bei diabetischen Katzen unter Kontrolle zu bekommen. Felines Insulin steht zwar nicht zur Verfügung, doch kann sowohl Insulin tierischen Ursprungs (bovines, porzines Insulin) wie auch rekombinantes Humaninsulin oder ein synthetisches Analogon des Humaninsulins verwendet werden (Goossens et al. 1998; Marshall und Rand 2002; Weaver et al. 2006). Die verschiedenen Arten von Insulin, die derzeit im Einsatz sind, sind in Tabelle 5 zusammengefasst. Genaue Therapieprotokolle für die Behandlung diabetischer Katzen sind in den Fachbüchern der Inneren Medizin für Kleintiere, z.B. Nelson (2005) nachzulesen. Das Insulin wird normalerweise subkutan verabreicht; eine Ausnahme bilden die Fälle von akuter diabetischer Krise (z.B. akute diabetische Ketoazidose), 204


Art der Verabreichung

Wirkungseintritt

Wirkungsmaximum

Wirkungsdauer

Kristallines Normalinsulin

IV IM SC

sofort 10 - 30 min 10 - 30 min

0,5 - 2 h 1-4h 1-5h

1-4h 3-8h 4 - 10 h

NPH-Insuline (Neutral-Protamin-Hagedorn)

SC

0,5 - 2 h

2-8h

4 - 12 h

Lente-Insulin

SC

0,5 - 2 h

2 - 10 h

6 - 18 h

Ultralente-Insulin

SC

0,5 - 8 h

4 - 16 h

6 - 24 h

PZI-Insuline (Protamin-Zink-Insulin)

SC

0,5 - 4 h

4 - 14 h

6 - 20 h

1-2h

4-6h

8 - 12 h

16 h

24 h

Häufig verwendete Präparate Caninsulin® (Intermediärinsulin vom Schwein)

SC

Lantus® (lange Wirkungsdauer; Analogon des Humaninsulins, Glargin)

SC

Die Verfügbarkeit und Verwendung dieser Wirkstoffe bei Katzen unterliegt der offiziellen Zulassung in den einzelnen Ländern.

in denen reguläres kristallines Insulin intramuskulär oder intravenös verabreicht werden kann. Aufgrund der kurzen Wirkdauer der für die Katze zur Verfügung stehenden Präparate brauchen die meisten Tiere zwei Injektionen am Tag. Das einzige Insulinpräparat, das in manchen Ländern für Hunde und Katzen zugelassen ist, ist Lente-Insulin porzinen Ursprungs, das aus 30 % amorphem Zink-Insulin und 70 % kristallinem Zink-Insulin besteht (z.B. Caninsulin®). Die Insulintherapie beginnt in der Regel mit zweimal täglich verabreichten Injektionen von Intermediärinsulin. Die übliche initiale Dosierung beträgt 1-2 IE/Katze. Empfehlungen zur späteren Dosisanpassung variieren je nach Art des verwendeten Insulins. Für eine Anpassung der Insulindosis ist in der Regel die Anfertigung von Blutzuckertagesprofilen erforderlich, die stationär, aber auch zu Hause erstellt werden können. Derzeit wird auch ein neues synthetisches Humaninsulin zur Behandlung diabetischer Katzen eingesetzt (Marshall und Rand 2002 und 2004; Rand 2006; Weaver et al. 2006). Das Depotinsulin Glargin ist ein Insulinanalogon, das langsam aus den subkutanen Depots freigesetzt wird. Glargin wird in der Humanmedizin für eine über 24 Stunden gleichmäßige Insulinzufuhr (ohne Entstehung eines Spiegelmaximums) verwendet und oft mit der Injektion eines kurz-wirkenden Insulins zum Zeitpunkt der Mahlzeit kombiniert. Man geht davon aus, dass sich mit Glargin auch bei der Katze eine gleichmäßigere Blutzuckerkontrolle über den Zeitraum von 24 Stunden erreichen lässt. In einer Studie von Weaver et al. (2006) an diabetischen Katzen konnte beobachtet werden, dass die Glykämiekontrolle sogar bei einer nur einmal täglich verabreichten Injektion Glargin besser war. Dies wäre zweifelsohne für alle Halter diabetischer Katzen eine ernorme Erleichterung, da sie ihre Katze derzeit zweimal am Tag spritzen müssen.

Weitere Therapieoptionen Aufgrund der Ähnlichkeit des felinen Diabetes mellitus mit dem Typ-II-Diabetes des Menschen sind neben der Insulinbehandlung auch andere Therapieformen bei der Katze versucht worden. Es muss allerdings klar gesagt werden, dass mit Insulin in Kombination mit einer entsprechenden Diät die weitaus besten Behandlungserfolge erzielt wurden bzw. werden (siehe weiter unten). Die wohl am weitesten entwickelte alternative Therapie basiert auf der Verwendung von Sulfonylharnstoffderivaten, die eine Stimulation der Betazellen der Langerhansinseln des Pankreas bewirken (Abbildung 6) und die periphere Insulinsensitivität unter Umständen verbessern. Der Sulfonylharnstoff der Wahl ist Glipizid (Nelson et al. 1993; Feldman et al. 1997). Nachdem mittlerweile die Ergebnisse einiger Studien zu Glipizid vorliegen, lässt sich sagen, dass im besten Fall nur etwa 25 % der diabetischen Katzen auf diese Therapie ansprechen. Zudem kommt es nicht selten zu sekundärem Therapieversagen, weil Sulfonylharnstoffe nicht nur die Insulinsekretion, sondern auch die Amylinsekretion stimulieren (Hoenig et al. 2002). Somit sind hohe 205

Diabetes mellitus

Art des Insulins

11 - Therapeutische Strategien

TABELLE 5 – DIE AM HÄUFIGSTEN ZUR BEHANDLUNG DIABETISCHER KATZEN VERWENDETEN INSULINARTEN


12 - Diätetische Aspekte der Behandlung des felinen Diabetes mellitus

Eine andere Klasse der oralen antidiabetischen Arzneimittel sind die Thiazolidinedione (Glitazone), die Liganden des PPARg (peroxisome proliferator-activated receptor gamma) darstellen. Glitazone steigern somit die Insulinsensitivität der Insulinzielgewebe. Darglitazone, ein Mitglied dieser Gruppe, konnte einer Studie zufolge die Insulinsensitivität bei adipösen Katzen erhöhen (Hoenig und Ferguson 2003). Inwieweit dieser Wirkstoff für die Routinebehandlung diabetischer Katzen geeignet ist, ist jedoch noch weitgehend unbekannt. Das orale Antidiabetikum Metformin verbessert die Insulinsensitivität hauptsächlich über die Hemmung der Glukoneogenese und Glykogenolyse in der Leber. Obwohl Metformin den Stoffwechsel diabetischer Katzen günstig beeinflussen kann, ist sein Einsatz als Standardtherapeutikum nicht unumstritten: Eine Besserung konnte nur bei wenigen Katzen nachgewiesen werden. Somit scheint Metformin gegenüber der herkömmlichen Diabetestherapie keinerlei Vorteile zu bieten (Nelson et al. 2004). Eines der Hauptmerkmale des Diabetes mellitus ist die postprandiale Hyperglykämie. Die Verlangsamung der postprandialen Glukoseresorption im Darm scheint daher eine realistische und machbare Alternative im Management des felinen Diabetes zu sein. Für diesen Zweck ist die Acarbose, ein kompetitiver Inhibitor von Pankreasamylase und den Glukosidasen in der intestinalen Bürstensaummembran, vorgeschlagen worden (Nelson 2005). Obwohl Acarbose die gastrointestinale Glukoseresorption tatsächlich verlangsamen kann, scheint die Empfehlung, eine Diät mit hohem Proteingehalt zu füttern diesen Nutzen für diabetische Katzen jedoch durchaus aufzuwiegen.

Zukünftige Therapieoptionen Die Stoffwechselwirkungen von Amylin und GLP-1 sind im vergangenen Abschnitt besprochen worden: Hemmung der Magenentleerung und der postprandialen Glukagonfreisetzung (zu Amylin: siehe Abbildung 16). Nicht alle diese Wirkungen sind jedoch bei der Katze vollständig erforscht. Das Amylin-Analogon Pramlintid (Symlin®), das in Kombination mit Insulin verabreicht wird, sowie Exendin-4 (Byetta®), ein GLP-1Agonist, befinden sich derzeit im klinischen Einsatz in der Humanmedizin. Beide Präparate sind an diabetischen Katzen noch nicht getestet worden, so dass bislang unklar ist, ob diese Therapieoptionen auch beim felinen Diabetes entscheidende Vorteile gegenüber der derzeitigen Behandlung mit Insulin bringen würden.

Hauptziel jeder Diabetestherapie und –prävention ist die Aufrechterhaltung einer optimalen Körperverfassung und eines normalen Körpergewichts.

Auch chemische Verbindungen, die eine Aktivierung der Glukokinase bewirken, werden als interessante Optionen für die Diabetestherapie angesehen (Schermerhorn 2006) und müssen noch weiter erforscht werden. Eine genaue Einschätzung des klinischen Nutzens wird allerdings in absehbarer Zukunft nicht vorliegen.

12 - Diätetische Aspekte der Behandlung des felinen Diabetes mellitus Mag sein, dass die wirklich optimale Diät für diabetische Katzen noch nicht gefunden ist. Sicher ist aber, dass sich das Konzept für die zuträglichste und wirksamste Diät für diese Patienten in den letzten Jahren stark verändert hat. Der größte Wandel hierbei hat sich mit der Einführung bzw. Empfehlung der proteinreichen und kohlenhydratarmen Diät vollzogen (> 45 % des Energiegehalts aus Eiweiß; < 20 % ME aus Kohlenhydraten). Rückblickend erscheint es nachvollziehbar, dass Katzen generell ein Futter erhalten sollten, dessen Proteingehalt sich so weit wie möglich an den der natürlichen Nahrung von Katzen annähert. Dennoch hat die Erkenntnis, dass dies insbesondere für diabetische Katzen von großer Bedeutung ist, das Management des felinen Diabetes mellitus revolutioniert. Somit kann die herkömmliche Diabetesdiät, die ungeprüft aus der Humanmedizin bzw. von der Behandlung des kaninen Diabetes übernommen wurde, und nach der die Ration mindestens 30 % Kohlenhydrate (hauptsächlich Stärke) und einen hohen Faseranteil (> 50 g Gesamtfaser [TDF]/1000 kcal) enthalten sollte, heute nicht mehr empfohlen werden. Dies gilt insbesondere für den Kohlenhydratgehalt.

© Yves Lanceau/RC/Siam

Diabetes mellitus

lokale Amylinkonzentrationen und die daraus resultierende progrediente Ablagerung von Amyloid in den Langerhansinselzellen eine langfristige schädliche Nebenwirkung dieser Therapieform (Hoenig et al. 2002).

206


Die drei Hauptziele des diätetischen Managements von diabetischen Katzen sind folgende: 1. Kontrolle des Übergewichts 2. Reduzierung der postprandialen Hyperglykämie 3. Stimulierung der endogenen Insulinsekretion

Prävention oder Korrektur der Adipositas Die Fettleibigkeit steht in direktem Zusammenhang mit der Insulinresistenz, die Katzen für die Entwicklung eines Diabetes mellitus prädisponiert (Scarlett et al. 1994; Scarlett und Donoghue 1998). Somit muss das generelle Ziel jeder Ernährung von Katzen die Vermeidung von Übergewicht sein.

GRUNDREGELN FÜR DIE FORMULIERUNG EINER DIÄT FÜR DIABETISCHE KATZEN Die ideale Diät für diabetische Katzen sollte folgendermaßen zusammengesetzt sein: - mäßiger Energiegehalt (< 4000 kcal/kg Trockenmasse [TM]) - mäßiger Fettgehalt (< 30 % ME) - hoher Proteingehalt (> 45 % ME)

Jeder Tierarzt sollte im Anschluss an die Kastration einer Katze mit deren Besitzer ein informatives und aufklärendes Gespräch darüber führen, dass möglichst gleich auf eine energieärmere Ernährung umgestellt werden sollte. Empfohlen wird Futter mit einer reduzierten Energiedichte, d.h. vor allem, mit einem verringerten Fettgehalt. Wie sich in zahlreichen Untersuchungen gezeigt hat, steht Trockenfutter mit hohem Fettgehalt (> 40 % ME), insbesondere bei ad libitum-Fütterung, eindeutig mit Gewichtszunahmen und der Entwicklung von Übergewicht und Fettleibigkeit bei kastrierten Katzen in Zusammenhang (Scarlett et al. 1994; Scarlett und Donoghue 1998). Dies lässt sich vermeiden, wenn nach der Kastration auf eine Ration mit mäßigem Fettgehalt (25 % ME) und mäßigem Kohlenhydratanteil (35 %) umgestellt wird (Nguyen et al. 2004a). Bei bereits übergewichtigen Katzen kann eine Gewichtsreduktion am besten dadurch erreicht werden, dass proteinreiches und kohlenhydratreduziertes Futter (45 % Protein i. d. TM; 25 % Kohlenhydrate i. d. TM) angeboten wird (anstelle einer kohlenhydratreichen Ration mit 28 % Protein und 38 % Kohlenhydraten; Hoenig et al. 2007a). Die Energiezufuhr muss an den tatsächlichen Energiebedarf der Katze angepasst werden, auch wenn die Tiere Futter erhalten, das der natürlichen Ernährung von Katzen sehr nahekommt. Eiweißreiche Rationen führen nämlich bei ad libitum-Fütterung zu keiner nennenswerten Gewichtsreduktion, zumindest nicht kurzfristig. Bei restriktiver Fütterung, wenn die Katzen an Gewicht verlieren, hat eine proteinreiche Ernährung außerdem den zusätzlichen Vorteil, dass der Gewichtsverlust durch die Verringerung der Fettdepots erfolgt, die fettfreie Körpermasse dabei aber nicht reduziert wird (Mazzaferro et al. 2003; Hoenig et al. 2007a). Eine mäßige Erhöhung des Faseranteils (25-30 g/1000 kcal) kann von Interesse sein, um die Energiedichte des Futters und damit die Konzentrationen an Fett und Kohlenhydraten herabzusetzen. Die Menge der angebotenen Ration muss an die Körperzusammensetzung angepasst werden (Nguyen et al. 2004a,b). Im Durchschnitt beträgt der tägliche Energiebedarf etwa 45-55 kcal/kg KM. Da die meisten unserer Katzen kastriert sind und ein beschauliches Leben führen, sollte hoch schmackhaftes, energiereiches Futter vermieden oder nur in reduzierten Mengen angeboten werden. Jedem Katzenbesitzer muss klar gemacht werden, dass eine übermäßige Gewichtszunahme der Katze das Risiko für einen Diabetes erhöht und daher zu vermeiden ist (Scarlett und Donoghue 1998). Ist es bereits zu Fettleibigkeit gekommen, ist dieses Risiko aufgrund der verringerten Insulinsensitivität besonders hoch (Biourge et al. 1997; Appleton et al. 2001b). Adipöse Katzen mit Insulinresistenz zeigen ein gestörtes Insulinsekretionsmuster, noch bevor die Glukosetoleranz verändert ist (Hoenig 2002).

207

Diabetes mellitus

(siehe auch: Biourge 2005) Da der feline Diabetes ebenso wie der Typ-II-Diabetes des Menschen eine Wohlstandserkrankung darstellt, die durch falsche Lebensführung entsteht, ist das Hauptziel jeder Diabetestherapie und –prävention die Aufrechterhaltung einer optimalen Körperverfassung und eines normalen Körpergewichts. Wie später noch besprochen werden wird, sind proteinreiche Rationen für diabetische Katzen von besonderem therapeutischem Nutzen, der durch die Kombination mit einer aggressiven Glukose senkenden Medikation noch gesteigert wird. Dazu ist die Insulintherapie am besten geeignet, deren Ziel die Aufhebung der Glukotoxizität ist. Die besten Ergebnisse werden mit zwei Insulininjektionen pro Tag erzielt. Ohne Insulintherapie (oder eine andere Glukose senkende Behandlung) ist es höchst unwahrscheinlich, den felinen Diabetes mellitus, vor allem in seiner Anfangsphase, erfolgreich in den Griff bekommen zu können. Durch die Kombination von Insulintherapie und entsprechender Diät stehen die Chancen für eine Remission und damit auf das Absetzen der Insulingaben recht gut. Um den Stoffwechsel kontrolliert regulieren zu können und das Risiko einer insulininduzierten Hypoglykämie zu vermeiden, ist es wichtig, die Insulininjektionen nach einem gleichbleibenden, regelmäßigen Zeitplan zu verabreichen und auf den Energiegehalt der Diät zu achten.

12 - Diätetische Aspekte der Behandlung des felinen Diabetes mellitus

Allgemeine Ziele der diätetischen Therapie des felinen Diabetes mellitus


12 - Diätetische Aspekte der Behandlung des felinen Diabetes mellitus

Diabetes mellitus

ABBILDUNG 26 – WAS IST DER GLYKÄMISCHE INDEX? Die Berechnung erfolgt beim Menschen folgendermaßen: - Nahrungsmenge, die 50 g Kohlenhydraten entspricht und innerhalb von 13 Minuten verzehrt wird - Messung der Blutglukosespiegel in den folgenden 2 bis 3 Stunden: Messung der Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC/area under the curve) - Wiederholung des Versuchs mit 8 bis 10 Probanden - Glykämischer Index (GI) = Verhältnis der Kurvenintegrale des getesteten Kohlenhydrats im Vergleich zur Kontrolle (100 % Glukose) - Bewertung: < 55: niedriger GI zwischen 55 und 70: mittlerer GI > 70: hoher GI Beim Menschen stellt der glykämische Index nicht unbedingt eine praktische Richtlinie zur Bewertung von Nahrungsmitteln dar, da die Daten durch Faktoren wie Zusammensetzung der Mahlzeit oder Zubereitungs- bzw. Kochmethoden beeinflusst werden. Die Ergebnisse können auch individuell variieren. Bei Tieren sind die Resultate verlässlicher, da sich deren Ernährung besser kontrollieren lässt.

Glykämie

Glukose (Standard)

Testmahlzeit

Zeit

Minimierung der postprandialen Glukosespitzen Abgesehen vom Körpergewicht werden jedoch auch noch andere Faktoren durch die Ernährung beeinflusst. Durch hohe Kohlenhydratgehalte (50 % ME) wird die Entstehung von postprandialen glykämischen Spitzen gefördert, insbesondere wenn die Kohlenhydratquelle einen hohen glykämischen Index aufweist (Abbildung 26). Die Hyperglykämie stimuliert die Betazellen des Pankreas zu vermehrter Insulinsekretion; diese Dauerbelastung kann bei übergewichtigen Katzen mit Insulinresistenz zu einer Überlastung der Bauchspeicheldrüse führen. Bislang liegen jedoch keine Studien vor, die einen direkten Zusammenhang zwischen kohlenhydratreicher Ernährung und Insulinresistenz oder manifestem Diabetes mellitus beweisen würden. Bei proteinreicher, kohlenhydratarmer Diät (57 % Protein, 8 % Kohlenhydrate i. d. TM) lässt sich der Stoffwechsel diabetischer Katzen leichter kontrollieren als bei kohlenhydratreicheren Rationen (24 % Kohlenhydratgehalt, 40 % Proteingehalt; Frank et al. 2001). Auch die postprandiale Hyperglykämie wird, wie Studien gezeigt haben, bei proteinreicher Ernährung reduziert (Abbildung 4; z.B. Kettelhut et al. 1980: 63 % Proteine, 8 % Kohlenhydrate; Tschuor et al. 2006: 54 % Proteine und 8 % Kohlenhydrate). Doch nicht nur die richtigen Gehalte an Eiweiß und Kohlenhydraten sind für diabetische Katzen von Bedeutung, wichtig ist auch die verwendete Kohlenhydratquelle. Für Diätprodukte zur Ernährung von Diabetespatienten werden generell komplexe Kohlenhydrate mit einem niedrigen glykämischen Index empfohlen (z.B. Gerste, Mais). Reis, der einen höheren glykämischen Index aufweist, führt zu einem stärkeren postprandialen Anstieg der Glukose- und Insulinspiegel (Rand et al. 2004). Heute überlegt man, ob die Herkunft der Kohlenhydrate angesichts des nunmehr empfohlenen geringen Gehalts überhaupt noch von Relevanz ist. Bei den heutigen kohlenhydratreduzierten Diäten für diabetische Katzen spielt der glykämische Index möglicherweise keine Rolle mehr. Dies sowie die Wirkung gemischter Kohlenhydratquellen sind jedoch bislang nicht erforscht.

Stimulierung der endogenen Insulinsekretion Das dritte Ziel der Diabetestherapie, nämlich die Stimulierung der endogenen Insulinsekretion kann ebenfalls mithilfe einer proteinreichen Ernährung erzielt werden, da das Ansprechen der Betazellen des Pankreas auf Aminosäuren in der Regel länger erhalten bleibt als die Reaktion auf Glukose (Kitamura et al. 1999). Arginin bewirkt eine starke Steigerung der Insulinsekretion des Pankreas.

208


Die Einführung proteinreicher Rezepturen stellte einen großen Schritt für die weitere Verbesserung der Therapie diabetischer Katzen dar. Zahlreiche Studien haben mittlerweile bewiesen, dass Rationen mit einem hohen Eiweißgehalt die Stoffwechselsituation von diabetischen und adipösen Katzen verbessern. - Hoenig (2006 a, b) berichtete, dass sich die Insulinsensitivität des Fettstoffwechsels von adipösen Katzen nach der Gewichtsreduktion nicht normalisierte, solange die Tiere eine kohlenhydratreiche Ration erhielten. Im Gegensatz dazu war bei adipösen Katzen unter proteinreicher Diät (45 % TM) eine verbesserte Insulinsensitivität zu beobachten. Diabetische Katzen wurden in dieser Studie nicht untersucht. - Die Fütterung mit einem proteinreichen, kohlenhydratarmen Nassfutter (57 % Proteine i. d. TM und 50 % ME aus Protein; 8 % Kohlenhydrate i. d. TM und 13 % ME aus Kohlenhydraten; Frank et al. 2001) zeigte bei diabetischen Katzen eine deutlich bessere therapeutische Wirkung als eine kohlenhydratreiche, faserreiche Diät (24 % Kohlenhydrate i. d. TM und 23 % ME; 56 g Gesamtfasergehalt/1000 kcal) und bewirkte außerdem, dass die Insulindosis bei diesen Tieren bis zu 50 % reduziert werden konnte. Bei drei der neun Katzen dieser Gruppe konnte die Insulintherapie vollständig abgesetzt werden (Frank et al. 2001; Bennett et al. 2006). - Unserer eigenen Erfahrung nach (Tschuor et al. 2006) konnten bei proteinreicher, kohlenhydratarmer Diät (Nassfutter mit 54 % Protein und 8 % Kohlenhydraten i. d. TM ) weit höhere Remissionsraten erzielt werden (50-70 %), als je zuvor beschrieben wurden. Interessanterweise erfolgte die diabetische Remission, noch bevor es bei den Katzen zu einem merkbaren Gewichtsverlust gekommen war. Somit scheint ein Gewichtsverlust keine Voraussetzung für die vorteilhafte Wirkung der Diät auf diabetische Katzen zu sein, auch wenn proteinreiche Rationen Berichten zufolge die Gewichtsreduktion adipöser Katzen langfristig erleichtern (Szabo et al. 2000; Michel et al. 2005).

Die Verwendung proteinreicher Diäten zur Prävention des felinen Diabetes mellitus Verschiedene Hypothesen gehen davon aus, dass die Betazellen des felinen Pankreas möglicherweise nicht in der Lage sind, die hohen Kohlenhydratgehalte vieler Trockenfuttermittel zu bewältigen und dass kohlenhydratreiche Rationen somit für Katzen schädlich sind. Allerdings sind die langfristigen Folgen einer Überfütterung gesunder Katzen mit Kohlenhydraten im Hinblick auf eine mögliche Beteiligung an der Entstehung eines felinen Diabetes bis heute unbekannt. Eine Studie berichtete, dass bei Katzen, die eine kohlenhydratreiche Nahrung erhielten, die Insulinsensitivität im Vergleich zu Katzen bei proteinreicher Diät verringert war und eine Hyperinsulinämie vorherrschte (Hoenig 2002). Andererseits konnte in einer anderen Studie mit normalgewichtigen Katzen hinsichtlich der Insulinkonzentration und –sensitivität (bestimmt mittels intravenösem Glukosetoleranztest und Argininstimulationstest) kein Unterschied zwischen einer proteinreichen Diät (57 % Protein und 22 % Kohlenhydrate i. d. TM) und einer Diät mit mittlerem Proteingehalt (32 %Proteine und 49 % Kohlenhydrate i. d. TM) festgestellt werden (Leray et al. 2006). Es liegt auf der Hand, dass noch ausführliche weitere Untersuchungen erforderlich sind, um den möglichen direkten Einfluss einer proteinreichen Diät im Vergleich zu kohlenhydratreichen Rationen auf die Entwicklung von Insulinresistenz, Betazellinsuffizienz und möglicherweise auch Diabetes mellitus bei Katzen zu erforschen.

© Roland Hours

Die zugrunde liegenden Mechanismen, die den positiven Effekt einer proteinreichen und kohlenhydratarmen Diät erklären würden, sind somit noch nicht bekannt. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit den verringerten IGF-1-Spiegeln (Leray et al. 2006). Alt et al. (2007) haben von niedrigen IGF-1-Konzentrationen bei diabetischen Katzen, die unter der Insulintherapie gesundeten, berichtet. Interessanterweise konnten Leray et al. (2006) in ihrer Studie mit normalgewichtigen Katzen keine Wirkung der proteinreichen Trockendiät (50 % ME aus Protein) auf die Insulinsensitivität beobachten. Dies unterscheidet sich von Untersuchungsergebnissen an anderen Spezies. Es ist somit nicht geklärt, ob eine proteinreiche Ernährung ein probates Mittel ist, der Entwicklung eines Diabetes mellitus bei der Katze vorzubeugen.

Kohlenhydrat- und Rohfasergehalt der Diät für diabetische Katzen Traditionellerweise enthielt eine Diät für diabetische Katzen relativ hohe Gehalte an Kohlenhydraten (> 30 % ME) und Rohfaser (> 50 g Gesamtfaser/1000 kcal). Ballaststoffe haben generell den Vorteil, dass sie Magenentleerung und gastrointestinale Glukoseresorption positiv beeinflussen, die Insulinsensitivität erhöhen und die Regulierung des Nährstoffmetabolismus durch die Freisetzung von Hormonen im Darm verbessern (Nelson et al. 2000).

Psylliumsamen wird traditionellerweise in Gewichtsreduktionsdiäten verwendet. Die Muzilagene können im Magen sehr viel Wasser absorbieren und bilden ein voluminöses visköses Gel. Dieses bewirkt eine Verlangsamung der Magenentleerung. 209

Diabetes mellitus

12 - Diätetische Aspekte der Behandlung des felinen Diabetes mellitus

Die Verwendung proteinreicher Diäten zur Behandlung des felinen Diabetes mellitus


12 - Diätetische Aspekte der Behandlung des felinen Diabetes mellitus

Diabetes mellitus

CIS- UND TRANS-KONFIGURATION VON FETTSÄUREN cis-Konfiguration

trans-Konfiguration

In der trans-Konfiguration befinden sich die Wasserstoffatome auf gegenüberliegenden Seiten der Doppelbindung.

Als besonders wertvoll galten in diesem Zusammenhang die viskösen löslichen Fasern, weil diese die Glukosediffusion an der Oberfläche der Magen-Darm-Schleimhaut verlangsamen (Nelson 2005). In einer Studie wurde das Ergebnis eines diätetischen Managements des Diabetes bei Katzen mit zwei unterschiedlichen Nassdiäten mit einem Proteingehalt von etwa 40 % ME verglichen. Eine Diät hatte geringe Gehalte an Kohlenhydraten (12 % ME) und Faserstoffen (0,1 g/100 kcal), während die andere Diät mäßige Kohlenhydratgehalte (26 % ME) und erhöhte Mengen an Rohfaser (etwa 5 g/100 kcal) aufwies (Bennett et al. 2006). Die Ergebnisse zeigten eine höhere Remissionsrate bei den Tieren, die die kohlenhydratarme Diät erhalten hatten (> 60 % im Vergleich zu 40 % bei der anderen Diätgruppe). Somit scheinen niedrige Kohlenhydratgehalte in der Ration für diabetische Katzen eindeutig positive Auswirkungen zu haben, die in diesem Fall sogar die eventuellen Nachteile des relativ niedrigen Rohfasergehalts aufwogen. Eine Studie von Nelson et al. (2000) verglich zwei Diäten mit ähnlichen Proteinanteilen (44 % TM), aber unterschiedlichen Gehalten an diätetischen Fasern: Während eine Diät einen hohen Fasergehalt von 13 % TM aufwies, enthielt die zweite Diät nur 2 % diätetische Fasern in der Trockenmasse. Die faserreiche Diät zeigte eine vorteilhafte Wirkung, enthielt allerdings gleichzeitig auch deutlich weniger Kohlenhydrate (27 % im Vergleich zu 38 % in der anderen Diät) und etwas höhere Proteinmengen. Somit war es wahrscheinlich die Kombination aus allen diesen Faktoren, die für die positiven Effekte dieser Diät verantwortlich war.

Wenn man alle vorliegenden Untersuchungsergebnisse zusammenfasst, so spricht einiges dafür, dass die optimale Diät für diabetische Katzen einen hohen Gehalt an Protein und einen niedrigen Kohlenhydratgehalt aufweisen sollte. Unter diesen Bedingungen kommt dem Rohfasergehalt unter Umständen etwas weniger Bedeutung zu als bisher angenommen. Unter dem Aspekt, dass eine Verlangsamung der gasTRANS-FETTSÄUREN trointestinalen Transitzeit für diabetische Katzen generell zuträglich Patricia A. Schenck, DVM, PhD ist, bleibt die Rolle der diätetischen Fasern an sich unumstritten, vor Trans-Fettsäuren (TFS) sind eine spezielle Art von ungesättigten Fettsäuren. Die meisten allem auch deshalb, weil höhere Fasergehalte die Energiedichte des natürlich vorkommenden ungesättigten Fettsäuren weisen eine cis-Konfiguration auf Futters reduzieren und somit zur Gewichtskontrolle beitragen. (d.h. die Wasserstoffatome binden sich auf der gleichen Seite der Doppelbindung), während Trans-Fettsäuren in der trans-Konfiguration vorliegen, bei der sich die Wasserstoffatome an den durch Doppelbindung verknüpften Kohlenstoffatomen gegenüber liegen. Trans-Fettsäuren sind in Milch und Fleisch von Wiederkäuern enthalten und entstehen in den Vormägen durch mikrobielle Transformation von ungesättigten Fettsäuren der cis-Konfiguration. Hohe Gehalte an TFS entstehen jedoch auch im Rahmen der lebensmitteltechnologischen Verarbeitung von Fetten, hauptsächlich von Pflanzenölen, mittels Hydrierung und Raffination. Die Konzentration von TFS in den von Wiederkäuern stammenden Fetten beträgt zwischen 5 und 8 g/100g Fett, während in teilweise hydrierten Pflanzenölen durchschnittlich 45 g/100g Öl enthalten sind. Trans-Fettsäuren in der menschlichen Nahrung Erst vor Kurzem sind die Trans-Fettsäuren in Lebensmitteln aufgrund ihrer potenziell schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gelangt. Trans-Fettsäuren verstärken beim Menschen angeblich die Insulinresistenz und erhöhen somit das Risiko für einen Typ-II-Diabetes. Daher ist für einen Ersatz dieser TFS durch mehrfach-ungesättigte Fettsäuren plädiert worden. Aufgrund der potenziellen Gesundheitsrisiken durch TFS fordern Gesundheits- und Lebensmittelbehörden die deutliche Kennzeichnung von Lebensmitteln unter Angabe des Gehalts an TFS. So hat Dänemark z.B. den Verkauf von verarbeiteten Ölen mit hohen TFS-Gehalten (>2 % in Dänemark) eingeschränkt. In den USA müssen Trans-Fettsäuren getrennt auf dem Lebensmitteletikett aufgeführt werden. Nicht alle Trans-Fettsäuren sind gleich Es muss betont werden, dass nicht alle TFS gleich sind. Viele negative Wirkungen mancher TFS entstehen vor allem durch die industrielle Verarbeitung von pflanzlichen Fetten. Dies ist klar von den Wirkungen der natürlich durch mikrobielle Fermentation entstandenen Fettsäuren zu unterscheiden., von denen einige sogar eine vorteilhafte Wirkung auf die Gesundheit haben (z.B. die C18-trans-Vaccensäure). Die trans-Vaccensäure kann zu konjugierter Linolsäure verstoffwechselt werden, die im Tierexperiment nachweislich antidiabetische und antikanzerogene Wirkung gezeigt hat.

Trans-Fettsäuren im Futter von Katzen und Hunden Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besteht keinerlei Anlass anzunehmen, dass die von Wiederkäuerquellen stammenden, in Tiernahrung enthaltenen TFS eine schädliche Wirkung auf die Gesundheit haben könnten. Untersuchungen dazu liegen nach dem Wissenstand des Autors nicht vor. Auch die Wirkung von TFS natürlichen Ursprungs (vom Wiederkäuer) im Vergleich zu den in industriell verarbeiteten Pflanzenölen enthaltenen TFS ist bei Hund und Katze bislang noch nicht untersucht worden.

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Die Rolle spezifischer Fettsäuren Auch die Rolle der verschiedenen Fettsäuren für die Ernährung von adipösen Katzen ist untersucht worden. In einer Studie erhielten Katzen eine mit mehrfach-ungesättigten Omega-3-Fettsäuren angereicherte Diät (20,1 % Fett i. d. TM, davon 9,6 % Omega-3-Fettsäuren), während die Kontrollgruppe Futter mit geringeren Mengen an Omega-3-Fettsäuren erhielt (19,8 % Fett i. d. TM, davon 1,5 % Omega-3-Fettsäuren). Die Diät mit dem hohen Gehalt an Omega3-Fettsäuren bewirkte langfristig eine bessere Kontrolle der Glykämie und eine Senkung der Plasmainsulinspiegel (Wilkins et al. 2004). Im Gegensatz dazu scheinen sich gesättigte Fettsäuren eher negativ auf die Kontrolle der Blutzuckerspiegel auszuwirken. Als zugrunde liegender Mechanismus wurde eine mögliche Aktivierung oder vermehrte Expression des Transkriptionsfaktors PPARg (peroxisome proliferator-activated receptor gamma) durch die Omega-3-Fettsäuren und damit eine Steigerung der Insulinsensitivität vorgeschlagen.

Spurenelemente und Antioxidanzien Chrom wird als essenzieller Co-Faktor für die Insulinaktivität angesehen. Auf welche Weise genau Chrom die Insulinsensitivität erhöht, ist allerdings unbekannt. Die vorliegenden Daten sind widersprüchlich und weit entfernt davon, wissenschaftlich schlüssig zu sein. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen keine Beweise dafür vor, dass eine Chromsupplementierung zu empfehlen wäre. Dem Autor sind keine Untersuchungen zur Wirkung von Chrom bei diabetischen Katzen bekannt. Im Vergleich zu anderen Behandlungsoptionen erscheint eine mögliche vorteilhafte Wirkung von Chrom vernachlässigenswert. Vanadium, ein weiteres Spurenelement, scheint einen ähnlichen Effekt wie Chrom zu haben, wirkt jedoch möglicherweise über unterschiedliche Mechanismen. Vorläufige Untersuchungsergeb-


Im Zusammenhang mit der proteinreichen Diät für diabetische Katzen stellt sich die Frage nach eventuellen Langzeitfolgen für die Nierenfunktion. Dazu muss betont werden, dass es auch bei langfristiger Fütterung eiweißreicher Rationen keinerlei Hinweise für einen negativen Einfluss auf die Nierenfunktion gesunder Katzen bzw. von Katzen mit früher Nierenerkrankung gibt (Finco et al. 1998). Bei Katzen mit Urämie sind hohe Proteingehalte selbstverständlich kontraindiziert. Ähnliches gilt auch für Tiere mit manifester Nephropathie, die bei diabetischen Katzen relativ häufig vorkommt (Nelson 2005). Dem Autor sind allerdings keine Studien bekannt, die sich im Detail dieser Frage gewidmet hätten.

Unserer Erfahrung nach werden die neuen Diabetesdiäten von den Katzen spontan aufgenommen und genießen eine hohe Akzeptanz. Vielen Katzen neigen nach dem Umstieg auf die proteinreichen, kohlenhydratarmen Diäten anfangs sogar zu Polyphagie.

In jenen Fällen, in denen neben dem Diabetes mellitus auch eine gestörte Nierenfunktion sowie eine Azotämie bestehen, ist der Proteingehalt zu reduzieren, um das Risiko einer urämischen Krise zu minimieren. Bei diesen Patienten ist eine Ergänzung der proteinreduzierten Diät durch den Wirkstoff Acarbose zu erwägen, der die gastrointestinale Kohlenhydratresorption begrenzt. Harte Daten dazu liegen jedoch derzeit nicht vor. Trotz der deutlichen Verbesserung der Therapie des felinen Diabetes mellitus seit der Einführung der proteinreichen und kohlenhydratarmen Diäten bleiben noch viele Fragen offen. - Sind die Protein- oder Kohlenhydratgehalte wirklich die Schlüsselfaktoren, d.h. ist der hohe Proteinanteil oder der niedrige Kohlenhydratgehalt entscheidend für die vorteilhafte Wirkung? - Bieten bestimmte Aminosäuren wie Arginin zusätzliche Vorteile? Spielen die unterschiedlichen Proteinquellen eine Rolle (Leray et al. 2006)? - Welche Langzeitfolgen bestehen bei der Fütterung der neuen Diäten hinsichtlich des Risikos einer diabetischen Ketose oder diabetischen Nephropathie? Derzeit liegen diesbezüglich keinerlei Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion bei Katzen ohne Nierenproblematik bzw. im Frühstadium einer Nierenerkrankung vor (Finco et al. 1998). - Was sind die Langzeitfolgen einer eiweißreichen Diät im Hinblick auf das Körpergewicht und die Körperzusammensetzung?

14 - Praktische Empfehlungen zur Ernährung von zuckerkranken Katzen Produktformate Spezielle Diäten für zuckerkranke Katzen sind heute als Nassfutter (Dosenfutter) und Trockenfutter erhältlich. Dank der verbesserten Extrudertechnologie stehen auch proteinreiche, kohlenhydratarme Trockendiäten zur Verfügung. Hinweise darauf, dass eine der beiden Darreichungsformen besser wäre als die andere, gibt es nicht. Entscheidend ist nur die gleichbleibende, kontrollierte Zusammensetzung der Diät.

Fütterungsschema Am besten füttert man diabetische Katzen zweimal täglich, wobei die Insulininjektion jeweils unmittelbar vor oder nach der Mahlzeit verabreicht wird. Dieses Fütterungsschema entspricht leider nicht dem natürlichen Fressrhythmus von Katzen, die bei ad libitum-Fütterung bis zu 15 kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich nehmen. Dennoch steigen die postprandialen Glukosewerte bei den proteinreichen Diäten nur geringfügig an und nicht so extrem wie nach Rationen mit hohem Kohlenhydratgehalt (Kettelhut et al. 1980; 211

Diabetes mellitus

13 - Proteinreiche Ernährung und Nierenfunktion

© Stéphanie Vidal

Die durch eine chronische Hyperglykämie herbeigeführte Glukotoxizität trägt zur progredienten Schädigung der Betazellen des Pankreas und zur Insulinresistenz bei. Dies ist teilweise auf den vermehrten oxidativen Stress zurückzuführen, dem diese Zellen ausgesetzt sind. Inwieweit ein breiter Einsatz von Antioxidanzien diese schädlichen Effekte reduzieren könnte, ist nach Meinung des Autors bislang noch nicht in gut kontrollierten Studien an diabetischen Katzen erforscht worden. Da es aber heute als wissenschaftlich gesichert gilt, dass Antioxidanzien in ihrer Verwendung sicher sind, spricht nichts gegen eine Supplementierung der Diät für diabetische Katzen mit antioxidativen Substanzen.

13 - Proteinreiche Ernährung und Nierenfunktion

nisse sprechen von einer möglichen positiven Wirkung bei diabetischen Katzen. Die laut dieser Studie empfohlene Dosierung beträgt 0,2 mg/kg pro Tag, mit dem Futter und mit Wasser verabreicht (Nelson 2005).


mit freundlicher Genehmigung von Prof. C. Reusch, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich

Schlussfolgerung

mit freundlicher Genehmigung von Prof. C. Reusch, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich

Klinische Überwachung Diabetische Katzen, die eine Insulintherapie erhalten, müssen in der ersten Zeit nach der Umstellung auf die neuen Diäten mit hohem Protein- und niedrigem Kohlenhydratgehalt aufmerksam klinisch überwacht werden, um eine Hypoglykämie zu vermeiden. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch den Tierarzt sind aber auch während der gesamten Therapie wichtig. Die Kontrolle der Blutzuckerspiegel kann heutzutage mithilfe der tragbaren Messgeräte auch durch den Katzenbesitzer zu Hause erfolgen (Abbildung 27; Reusch et al. 2006). Zusätzlich sollten die Serumfructosaminkonzentrationen in regelmäßigen Abständen durch ein Labor bestimmt werden. Den Tierbesitzern sollten auch die möglichen Symptome einer Hyperglykämie und Hypoglykämie bekannt sein. Jeder Katzenbesitzer kann während der Therapie, aber auch danach (bei transientem Diabetes mellitus) selbst überprüfen, ob erneut eine Glukosurie vorliegt. Dazu wird die durch frischen Harnabsatz durchfeuchtete Menge Katzenstreu mit etwas Wasser verdünnt; in diese Mischung wird dann ein Glukose-Teststreifen eingetaucht und das Ergebnis entsprechend abgelesen. Dies liefert eine erste Information darüber, ob die Insulintherapie korrekt ist oder angepasst werden muss.

Kapillares Blut wird vom Ohr der Katze entnommen. mit freundlicher Genehmigung von Prof. C. Reusch, Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich

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Abbildung 27 – Überprüfung der Blutzuckerkonzentration durch den Katzenbesitzer.

Kienzle 1994; Martin und Rand 1999). Damit scheint das präzise Timing der Insulininjektionen nicht mehr so relevant zu sein wie früher. Dies wurde in einer bislang unveröffentlichten Studie bestätigt, die sich im Hinblick auf die beste Insulinreaktion mit dem optimalen Timing der Insulininjektion befasste (45 Minuten vor der Mahlzeit oder zu Beginn der Mahlzeit). Wie sich zeigte, hatte der Zeitpunkt der Injektion keinen maßgeblichen Einfluss auf die Stoffwechselkontrolle (Alt 2006). Insofern lässt sich sagen, dass die Zusammensetzung des Futters wesentlich wichtiger ist als das Timing der Mahlzeiten bzw. Insulingaben. Was an dieser Stelle jedoch unbedingt betont werden soll, ist die Tatsache, dass nach erfolgter Injektion und somit Auslösung der Insulinantwort unbedingt Futter verfügbar sein muss und auch aufgenommen werden muss, da es sonst zu lebensbedrohender Hypoglykämie kommt.

Die Glukosekonzentration kann einfach mit einem portablen Glukometer bestimmt werden.

Eine Remission des Diabetes ist bei vielen Katzen möglich, vorausgesetzt, die Glukosespiegel im Blut sind dank der Insulintherapie und der proteinreichen Diät gut unter Kontrolle. Somit benötigen heute viele Katzen keine lebenslange Therapie mehr, sondern das Insulin kann abgesetzt werden, sobald adäquate Blutzuckerspiegel erreicht sind. Die proteinreiche Diät sollte jedoch unbedingt weiterhin gefüttert werden. Auch nach der Remission ist auf eventuelle klinische Symptome eines Rezidivs zu achten. Kommt es erneut zu Diabetes, muss sofort eine spezifische Therapie einsetzen.

Schlussfolgerung Der feline Diabetes mellitus ist eine häufige Stoffwechselstörung der Katze, und die Prävalenz dieser Krankheit ist in den letzten 30 Jahren stetig gestiegen. Dies steht mit großer Wahrscheinlichkeit mit Übergewicht in Zusammenhang, das in der heutigen Katzenpopulation immer mehr zum Problem wird. Glücklicherweise ist aber gleichzeitig die Behandlung des Diabetes immer effizienter geworden, so dass die Sterblichkeitsrate bei diabetischen Katzen in den letzten beiden Jahrzehnten drastisch gesunken ist. Angesichts der wichtigsten zugrunde liegenden Pathophysiologie, nämlich mangelnder Insulinsekretion und –aktivität, werden diabetische Katzen seit jeher mit Insulin behandelt. Die Insulintherapie stellt nach wie vor die Behandlung der Wahl dar, da sie am besten den Glukosestoffwechsel zu kontrollieren vermag und zur Reduzierung der Glukolipotoxizität beiträgt. Unter dieser Therapie ist ein vollständiges Verschwinden der klinischen Symptome möglich. In den letzten Jahren wurde allerdings zunehmend klarer, dass die Insulintherapie von einer diätetischen Therapie begleitet werden sollte, indem man die Ernährung diabetischer Katzen auf eine Ration mit sehr hohen Proteingehalten (> 50 %) und niedrigem Kohlenhydratgehalt (< 15 %) umstellt. Seit dies praktiziert wird, ist die Remissionsrate deutlich gestiegen. Somit stellt der feline Diabetes mellitus heute eine Krankheit dar, die therapiert werden kann und soll.

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F

A

Welche ist die wirksamste Behandlung für diabetische Katzen?

Die Erfahrungen der letzten Jahre sprechen eindeutig für eine intensive Insulintherapie (meist zwei Injektionen/Tag), kombiniert mit einer proteinreichen, kohlenhydratarmen Diät.

Kommt es bei diabetischen Katzen zu postprandialer Hyperglykämie?

Dies scheint weitgehend von der Art des Futters abzuhängen. Bei der nunmehr empfohlenen Diät mit hohem Proteingehalt und geringem Kohlenhydratanteil kommt es zu keiner oder zu nur geringer postprandialer Glykämie. Je mehr Kohlenhydrate die Ration enthält, desto höher sind die postprandialen glykämischen Spitzen.

Welchen Einfluss haben verschiedene Diätzusammensetzungen auf den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel?

Generell ist die Aufrechterhaltung von fast normalen Blutzuckerspiegeln einfacher, wenn die Katzen neben der Insulintherapie eine proteinreiche, aber kohlenhydratarme Diät erhalten. Dabei entsteht praktisch keine postprandiale Hyperglykämie, und der durchschnittliche Blutzuckerspiegel wird gesenkt.

Wie lange vor oder nach der Insulininjektion soll eine diabetische Katze gefüttert werden? Welches Fütterungsregime ist für diabetische Katzen ideal?

Die Insulininjektion kann unmittelbar nach der Mahlzeit erfolgen, doch gibt es dazu keine genaueren Empfehlungen. In einer Studie konnten bei zwei unterschiedlichen Fütterungsregimen, nämlich einerseits unmittelbar nach der Insulingabe und andererseits 45 Minuten nach der Injektion, keinerlei Unterschiede in der Wirkung auf den Stoffwechsel festgestellt werden. Wenn das Körpergewicht kein Problem darstellt, ist eine ad libitum-Fütterung durchaus möglich. Besteht allerdings Übergewicht oder Fettleibigkeit, ist restriktives Füttern erforderlich, und die Nahrung darf nicht immer frei verfügbar sein. Für diese Katzen empfehlen sich zwei Mahlzeiten pro Tag, nach denen jeweils die Insulininjektion verabreicht wird.

Was ist zu tun, wenn die Katze nach der Insulininjektion nicht frisst?

In einer Notfallsituation, wenn also die Katze die volle Insulindosis erhalten hat und nichts fressen will, müssen sofort rasch resorbierbare Kohlenhydrate, z.B. Honig, angeboten werden, um die lebensbedrohende Hypoglykämie zu verhindern. Verweigert eine diabetische Katze die bisher akzeptierte Diät, müssen andere Produkte, die ebenfalls einen hohen Proteinanteil aufweisen, versucht werden. Die genannte Notfallsituation lässt sich vermeiden, indem man erst nach dem Fressen das Insulin spritzt. Dies kann manchmal jedoch für die Katzenbesitzer aus Zeitgründen oder Ähnlichem schwierig sein.

Sollte die Ernährung diabetischer Katzen abwechslungsreich gestaltet werden?

Im Idealfall sollen diabetische Katzen, auch nach erfolgter Remission, dauerhaft eine proteinreiche Diät erhalten. Es gibt Hinweise dafür, dass es innerhalb weniger Tage nach dem Umstellen von der Diabetesdiät auf eine kohlenhydratreiche Ration wieder zu Hyperglykämie kommt. Angesichts der speziellen Stoffwechselsituation der Katze und der vorteilhaften Wirkung des hohen Eiweißgehalts und des geringen Kohlenhydratanteils des Futters erscheint die langfristige Fütterung dieser Diäten sicher und empfehlenswert, auch nach Remission des Diabetes.

Spielt die körperliche Aktivität der Katze bei der Therapie eine Rolle?

Die körperliche Aktivität einer Katze zu steuern, ist recht schwierig, doch sollte darauf geachtet werden, dass ein gewisser Aktivitätsgrad aufrechterhalten bleibt, so dass Energiezufuhr und Energieverbrauch in einem Gleichgewicht sind und dem Therapie- und Fütterungsregime entsprechen.

Sollte die Ration für diabetische Katzen einen hohen Gehalt an diätetischen Fasern aufweisen?

Lange Zeit über wurde für diabetische Katzen ein hoher Rohfasergehalt empfohlen. Mittlerweile scheint es, dass ein hoher Faseranteil der Ration nicht den wichtigsten Faktor darstellt, und der Schwerpunkt liegt heute auf dem hohen Eiweißgehalt und dem reduzierten Kohlenhydratgehalt. Derzeit ist noch nicht geklärt, ob sich eine proteinreiche Diät mit hohem Fasergehalt noch positiver auswirken würde. Ein Vorteil eines erhöhten Rohfaseranteils ist in jedem Fall die geringere Energiedichte der Ration, die bei übergewichtigen Katzen die Gewichtskontrolle erleichtert.

Was kann man tun, damit diabetische Katzen ihr Idealgewicht erreichen?

Die meisten diabetischen Katzen sind adipös. Daher sollte die Therapie auch auf eine Gewichtsreduktion abzielen. Gewichtsabnahmen von 1,5 % pro Woche werden als sicher angesehen (siehe auch Kap. 1). Bei Fütterung proteinreicher Rationen verlieren Katzen vorwiegend durch Fettverlust an Gewicht, während die fettfreie Körpermasse erhalten bleibt.

Kann man einem Diabetes mellitus vorbeugen?

Da Fettleibigkeit den Hauptrisikofaktor für die Entwicklung des Diabetes darstellt, ist die Prävention von Übergewicht bei Katzen der wichtigste Faktor, um eine Zuckerkrankheit zu verhindern. Dies trifft in ganz besonderem Maße für kastrierte Katzen zu, die meist weniger Energie verbrauchen, jedoch mehr fressen als intakte Tiere. Das Risiko einer Adipositas ist für kastrierte Katzen drei- bis viermal höher, und für die Entwicklung eines Diabetes mellitus besteht eine vierfach erhöhte Wahrscheinlichkeit. 213

Diabetes mellitus

Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen zur diätetischen Therapie des felinen Diabetes mellitus


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Diätetische Informationen von Royal Canin

Im Fokus:

Diabetes mellitus

Arginin Arginin ist eine für Katzen essenzielle Aminosäure, die für die Synthese vieler Proteine benötigt wird. Zusätzlich ist Arginin unverzichtbar für folgende Funktionen im Organismus: - als Zwischenprodukt bei der Biosynthese von Harnstoff, - als Vorstufe in der Synthese von Stickstoffmonoxid und biogenen Aminen, - als Stimulator der Sekretion verschiedener Hormone wie Insulin, Glukagon und Gastrin.

Folgen des Argininmangels Das Wachstum von Katzenwelpen hängt ganz eindeutig von einer ausreichenden Argininzufuhr mit dem Futter ab, doch sollte nicht vergessen werden, dass auch ausgewachsene Katzen extrem empfindlich gegenüber einem auch nur kurzfristigen Argininmangel sind. Bei Rationen mit hohem Aminosäurengehalt, die jedoch kein Arginin enthalten, zeigen sich bereits nach ein bis drei Stunden Symptome einer Ammoniakvergiftung, nämlich Hypersalivation, Erbrechen, Ataxie, Hyperästhesie und neurologische Defizite (Morris

und Rogers 1978). Unter bestimmten Umständen kann diese Intoxikation auch tödlich enden. Diese starke Abhängigkeit der Katzen von einer ausreichenden Argininzufuhr mit dem Futter erklärt sich dadurch, dass der Stoffwechsel der Katze am besten an eine aus Fleisch bestehende Nahrung angepasst ist, da Arginin reichlich in tierischem Eiweiß enthalten ist. Während andere Säugetiere in der Lage sind, Arginin aus Vorläufern wie Ornithin und Citrullin zu synthetisieren, ist diese Syntheserate bei Katzen zu niedrig, um bedarfsdeckende Mengen an Arginin zu erzeugen.

SCHEMA DER HARNSTOFFSYNTHESE Carbamyl-Phosphat

Aspartat Citrullin ATP AMP+PP Argininosuccinat Ornithin

Harnstoff Isoharnstoff Arginin

Fumarat

Katzen benötigen Arginin für die Harnstoffsynthese.

Empfohlene Argininzufuhr für Katzen

Arginin, ein Stimulator der Insulinsekretion

Laut NRC (2006) wird für ausgewachsene Katzen eine Argininzufuhr von bis zu 0,77 % der TM (bei einer ME von etwa 4000 kcal/kg) oder 1,93 g/1000 kcal empfohlen, wobei sich der Arginingehalt proportional zu einem steigenden Proteingehalt erhöhen sollte (+ 0,02 g Arginin pro Gramm Protein, das über den Mindesteiweißgehalt von 20 % hinausgeht).

Bei Katzen sind die Aminosäuren und insbesondere Arginin entscheidend an der Stimulation der Insulinsekretion durch das Pankreas beteiligt (Curry et al. 1982). Die Wirkung von Arginin beruht auf der Erzeugung einer direkten Depolarisation der Membranen der Betazellen des Pankreas und der Induktion des Kalziumionenstroms.

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Die Sekretion von Insulin wird auch bei Vorliegen einer Glukotoxizität

stimuliert. Bei chronischer Hyperglykämie ist die Insulinsekretion in Reaktion auf Arginin normal oder erhöht, während sie in Reaktion auf Glukose verringert ist (Kitamura et al. 1999). Diese Beobachtungen erklären möglicherweise den therapeutischen Nutzen von sehr proteinreichen Rationen für diabetische Katzen. Eine Diät, die reich an Arginin ist (>7 g/1000 kcal), trägt zur Stimulierung der Insulinsekretion bei und fördert die Remission des Diabetes.


Diabetes mellitus wird am häufigsten bei älteren Katzen beobachtet, wobei das Maximum der Häufigkeit zwischen 10 und 12 Jahren liegt.

Risikofaktoren für den felinen Diabetes mellitus Endokrine Störungen der Katze stellen zunehmend ein Problem in der Tiermedizin dar. Gemeinsam mit der Hyperthyreose zählt der Diabetes mellitus zu den häufigsten Endokrinopathien der Katze. Vor allem in den letzten Jahren hat die Zahl der übergewichtigen bis adipösen Katzen und damit auch die Inzidenz des Diabetes mellitus ständig zugenommen.

Adipositas

Geschlecht

Die Fettleibigkeit ist der Hauptrisikofaktor für den felinen Diabetes mellitus. Sie ist für die verringerte periphere Insulinsensitivität verantwortlich. Die kompensatorische Hyperinsulinämie kann in der Folge zur Erschöpfung der Betazellen des Pankreas führen.

Kater scheinen stärker gefährdet zu sein als weibliche Katzen (in Verbindung mit Adipositas).

Alter

Endokrine Erkrankungen

Die Krankheit betrifft am häufigsten ausgewachsene Katzen mit Insulinresistenz und unzureichender Insulinsekretion. Bei Katzen im Alter zwischen 10 und 12 Jahren lässt sich eine besonders hohe Erkrankungsrate beobachten.

Auch die bei Katzen eher ungewöhnlichen endokrinen Erkrankungen wie Akromegalie und Hyperadrenokortizismus stellen Risikofaktoren dar.

Arzneimittel Glukokortikoide und synthetische Progestagene reduzieren die Insulinsensitivität.

Klinische Symptome Der feline Diabetes mellitus stellt eine heterogene Erkrankung dar, die durch eine deutliche Hyperglykämie infolge von relativem oder absolutem Insulinmangel gekennzeichnet ist. In Analogie zur Humanmedizin scheinen die meisten Katzen an einem Diabetes zu leiden, der dem Typ-II-Diabetes des Menschen vergleichbar ist.

Die häufigsten Symptome, die der Besitzer an einer diabetischen Katze bemerken kann, sind: - Polyurie/Polydipsie - Gewichtsverlust im Laufe der letzten Wochen - Anorexie - Lethargie, Schwächezustände - Erbrechen - Polyphagie

Häufig fällt den Katzenhaltern nur auf, dass die Katze ihre Fellpflege vernachlässigt und Bewegungsprobleme hat (z.B. beim Hochspringen). Diese Symptome sind anfangs nur gering ausgeprägt und entwickeln sich sehr langsam, sind jedoch meist der Grund für die Vorstellung beim Tierarzt.

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Diabetes mellitus

© C. Hermeline/Diffomédia/Burmakatze

Diätetische Informationen von Royal Canin


Diätetische Informationen von Royal Canin

ENTSCHEIDUNGSBAUM BEI VERDACHT AUF FELINEN DIABETES MELLITUS Dr. Dominique Péchereau Anamnese Meist langsame Entwicklung der Symptome wie Polyurie/Polydipsie, Gewichtsverlust, Anorexie, Schwäche, Vomitus, Diarrhoe, Verlust der Stubenreinheit (zu berücksichtigende Faktoren hierbei sind Geschlecht und bereits lange bestehendes Übergewicht)

Diabetes mellitus

Klinische Allgemeinuntersuchung (Befunde oft unspezifisch): Lethargie, Depression, stumpfes Haarkleid, Vernachlässigung der Fellpflege, Muskelschwäche; selten plantigrade Fußung, Schwierigkeiten beim Springen

Infektionen der Harnwegen oder orale bzw. pulmonale Infektionen

Diabetestherapie und antiinfektiöse Behandlung

Untersuchung auf Begleiterkrankungen: Harnstoff, Kreatinin, AP, ALT, CK, T4, TLI

Harnanalyse, blutchemische Untersuchungen (Sedativa vermeiden: Modifikation der Glykämie); nüchterner Patient, Stress bei Blutabnahme vermeiden

Untersuchung auf Komplikationen Bakteriurie, Ketonurie, Na+, K+ spezifische Behandlung

Blutzuckerkonzentration Glykämie > 300-400 mg/dl (16,65-22,2 mmol/l)

Blutzuckerkonzentration 150 mg/dl (8,32 mmol/l) < Glykämie < 300 mg/dl (16,64 mmol/l)

Blutzuckerkonzentration Blutglukose < 150 mg/dl (8,32 mmol/l)

Stresshyperglykämie Untersuchung auf prädiabetische Erkrankungen, insbesondere bei Risikofaktoren wie Adipositas, Geschlecht, etc.

Weitere diagnostische Aufarbeitung hinsichtlich chronischer Niereninsuffizienz, Hyperthyreose, Neoplasie, Hepatopathie, etc.

Glukosurie +++

Glukosurie +/Fructosaminbestimmung

Diabetes mellitus Untersuchung auf Insulinresistenz

Stresshyperglykämie Untersuchung auf andere Krankheiten

Arzneimittel Kortikosteroide, synthetische Progestagene

Keine objektivierbare Ursache

Diabetestherapie Absetzen der diabetogenen Medikation

Therapie des Diabetes mellitus

Wiederholung der Untersuchung bei Blutglukosewerten > 150 mg/dl (8,32 mmol/l), evtl. prädiabetische Erkrankungen

Erneute Untersuchung nach Behandlung eventuell vorhandener begleitender Infektionen

Eine chronische Hyperglykämie führt zu einem drastischen Abfall der Insulinsekretion. Durch die Normalisierung der Blutzuckerspiegel mithilfe einer Blutzucker senkenden Medikation gelingt bei manchen Tieren die Wiederherstellung einer normalen Insulinsekretion. In diesen Fällen spricht man von transientem Diabetes mellitus. Bei 20 – 50 % der Katzen kommt es binnen ein bis vier Monaten nach Behandlungsbeginn zur Remission des Diabetes. Aus diesem Grund sowie im Hinblick auf eine weitestgehende Schonung der Pankreasfunktion ist die Insulintherapie die bevorzugte initiale Behandlung des felinen Diabetes mellitus.

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Diätetische Informationen von Royal Canin

Initiale Therapie

Insulintherapie (vorzugsweise), Wahl des geeigneten Insulins (Caninsulin, NPH) + diätetische Maßnahmen

Blutglukosespiegel <400 mg/dl (8,32 mmol/l) Anfängliche Insulindosis 0,25 IE/kg 2 x täglich

Blutglukosespiegel >400 mg/dl (8,32 mmol/l) Anfängliche Insulindosis 0,5 IE/kg 2 x täglich

Diabetes mellitus

Therapie für 2-3 Wochen fortsetzen Monitoring: Überwachung von Glykämie, Glukosurie, Fructosamin, Appetit und Wasserkonsum durch den Katzenbesitzer

Anpassung der Insulindosis auf der Basis der beobachteten bzw. gemessenen Parameter (bei fehlender Glukosurie Reduzierung der Insulindosis)

Insulintherapie

Therapiemonitoring

Vorzugsweise werden zwei Insulininjektionen pro Tag verabreicht, wobei die Wirkung des gewählten Insulins zu überprüfen ist. • Die Initialdosis sollte 0,5 IE/kg, zweimal täglich verabreicht, nicht überschreiten (zumindest während der ersten beiden Wochen). • Es muss sichergestellt sein, dass der Tierbesitzer ausreichend Informationen und Instruktionen erhält, um in der Lage zu sein, die Therapie durchzuführen und deren Wirksamkeit zu beurteilen. Dazu muss nicht nur das Injizieren geübt werden, sondern der Katzenhalter muss genau über die Bedeutung einer immer gleichbleibenden Insulindosis sowie über die korrekte Platzierung der Injektion aufgeklärt werden. Zudem müssen ihm alle Symptome und Veränderungen klar sein, auf die er zu achten hat (besonders die einer Hypoglykämie).

Kontrolle der Blutzuckerspiegel Der Katzenbesitzer muss in der Lage sein, den Glukosespiegel seiner diabetischen Katze selbst mithilfe eines Glukometers zu überwachen. Ziel ist die Aufrechterhaltung eines Blutzuckerspiegels von 120 – 160 mg/dl (6,66 – 8,88 mmol/l). Fällt der Glukosespiegel unter 120 mg/dl (6,66 mmol/l), muss die Insulindosis reduziert werden. Kontrolle der aufgenommenen Wassermenge Die Kontrolle der aufgenommenen Flüssigkeitsmenge ist der verlässlichste Parameter zur Beurteilung, ob die Glykämie wirksam unter Kontrolle gebracht wurde.

zu verwenden und korrekt zu interpretieren. Bei Katzen liegt die renale Glukoseschwelle zwischen 200 und 270 mg/dl (11,1-14,99 mmol/l). Durch die regelmäßige Messung der Glukosekonzentration im Harn lässt sich feststellen, wann die Insulindosis reduziert werden muss, z.B. beim transienten Diabetes mellitus. Fällt der Test auf Glukosurie mehrmals hintereinander negativ aus, kann die Insulindosis reduziert werden. Bestimmung von Fructosamin und glykosyliertem Hämoglobin Die Analyse dieser beiden Parameter vereinfacht die Kontrollen durch den Besitzer. Fructosamin sollte unter 500 µmol/l liegen, und das glykosylierte Hämoglobin sollte 3 % nicht übersteigen.

Regelmäßige Überprüfung des Glukosegehalts im Harn Zu Kontrolle der Glukosurie muss der Katzenbesitzer in der Lage sein, Harnteststreifen richtig

Die wichtigsten diätetischen Maßnahmen Kontrolle des Übergewichts Adipositas ist der Hauptrisikofaktor für die Insulinresistenz, sodass die Diät für betroffene Katzen einen mäßigen Energie- und Fettgehalt sowie einen hohen Proteinanteil aufweisen sollte. Dies fördert die Erreichung einer optimalen Körperkondition und die Aufrechterhaltung der fettfreien Körpermasse. Die Supplementierung der Ration mit L-Carnitin kann ebenfalls empfohlen werden, um die Verwertung der Fettsäuren und damit den Gewichtsverlust zu fördern.

Minimierung der Stimulation der Betazellen durch die Glukose Eine proteinreiche Diät (> 45 % der TM) mit mäßigem Gehalt (< 20 % der TM) an Stärke aus Quellen mit niedrigem glykämischem Index trägt zur Vermeidung von postprandialen glykämischen Spitzen bei. Mit solchen Rationen lässt sich auch die Insulinresistenz bekämpfen. Ein angemessener Gehalt an löslicher Rohfaser wie Psyllium verlangsamt die Magenentleerung und reguliert die intestinalen Passagezeiten, was ebenfalls zur verlangsamten Glukoseassimilation beiträgt.

Stimulation der endogenen Insulinsekretion Verschiedene Aminosäuren, besonders Arginin, fördern bei Katzen die endogene Sekretion von Insulin. Dies stellt ein zusätzliches Argument für die Verwendung von proteinreichen Rationen bei diabetischen Katzen dar. Durch Einhaltung der empfohlenen diätetischen Maßnahmen lässt sich die Insulindosis reduzieren oder sogar eine Remission des Diabetes erreichen.

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