ROYAL CANIN Fernkolleg f체r TierarzthelferInnen/Tiermedizinische Fachangestellte
Magen-Darm-Erkrankungen bei Hund und Katze: fallbezogene di채tetische Behandlung
Kurs 01/10 (April 2010 - September 2010)
Inhaltsverzeichnis 1
Einleitung
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Anatomie und Physiologie der Verdauung
3
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5
6
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Aufbau des Verdauungstraktes
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Was passiert wo bei der Verdauung?
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Unterschiede der Verdauung zwischen Hund und Katze
Schlüsselpunkte der Magen-Darm-Diätetik •
Verdaulichkeit
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Akzeptanz
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Proteine
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Fette
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Kohlenhydrate
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Mineralstoffe
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Vitamine
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Inhaltsstoffe mit gesundheitlichem Zusatznutzen
Symptomkomplex Erbrechen und Durchfall •
Definition
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Mögliche Ursachen
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Fütterungsanamnese
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Weiterführende Untersuchungen
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Allgemeine diätetische Empfehlungen
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Fütterungstechnik
Spezifische Erkrankungen und diätetische Lösungen •
Erkrankungen des Magens
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Erkrankungen des Dünndarms
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Erkrankungen des Dickdarms
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Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
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IBD (Inflammatory Bowel Disease)
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Futtermittelallergie und -unverträglichkeit
Magen–Darm-Diätnahrungen von ROYAL CANIN •
Für Hunde
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Für Katzen
1.
Einleitung
Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes bei Hund und Katze ziehen in aller Regel eine Störung der Nährstoffaufnahme und –versorgung nach sich, die je nach Schwere und Dauer der Krankheit gravierende Folgen haben kann. Letztendlich sind alle Organsysteme im Falle einer Magen-Darm-Erkrankung früher oder später von einer Nährstoffunterversorgung betroffen, der Magen-Darm-Trakt ist jedoch das einzige System, dass direkt mit der aufgenommenen Nahrung in Kontakt kommt. Neben der chemischen Zusammensetzung spielen hier also auch mechanische sowie lokal die Darmflora beeinflussende Faktoren der Nahrung eine Rolle (Beispiel Fasergehalt: reine Ballaststoffe und fermentierbare Fasern). Die Aufgaben des Magen-Darm-Traktes sind: Motilität: mechanischen Zerkleinerung und Durchmischung des Nahrungsbreis, Transport Sekretion: Freisetzung von Hormonen und Enzymen in den Verdauungstrakt, die die Verdauungsvorgänge stimulieren und regulieren bzw. die Nährstoffe aufschließen. Absorption: Aufnahme der mechanisch und enzymatisch aufgeschlossenen Nährstoffe in die Blutbahn und Transport zu den Zielorganen Diese drei Hauptfunktionen werden direkt durch die Art und Menge der aufgenommenen Nahrung beeinflusst. Wer die zugrundeliegenden Mechanismen kennt, kann sich diese direkt bei der diätetischen Behandlung von Magen-DarmPatienten zunutze machen. Die richtige Ernährung von Magen-Darm-Patienten muss gewährleisten, dass… • …die Ursache der Erkrankung abgestellt wird, sofern sie diätetisch bedingt ist (z.B. Aufnahme von verdorbenem oder schlecht verträglichem Futter, aber auch: Futtermittelallergie) • …die Therapie nicht-diätetischer Ursachen optimal unterstützt wird • …eine bedarfsdeckende Nährstoffversorgung wiederhergestellt wird • …Gewichtsverlust vermieden wird bzw. eine Gewichtszunahme bis zum Erreichen des Normalgewichts möglich ist • …die Darmgesundheit gefördert und eventuell in Mitleidenschaft gezogene Organe (Leber, Pankreas) geschont werden. Hinzu kommt, dass die Ursachen und klinischen Erscheinungsbilder gastrointestinaler Erkrankungen bei Hunden und Katzen so vielfältig sind, dass sie nicht nur eine diagnostische, sondern auch eine diätetische Herausforderung darstellen. Individuelle Lösungen sind hier gefragt, die traditionelle „Hühnchen und Reis“- Schonkost stellt längst nicht in allen Fällen die optimale Lösung dar. Ziel des vorliegenden Fernkollegs ist es aufzuzeigen, was die Diätetik bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes alles leisten kann und wie diese Möglichkeiten gezielt und effizient genutzt werden können. Am Ende sollten TierarzthelferInnen und Tiermedizinischen Fachangestellten in der Lage sein, nach Diagnosestellung durch die Tierärztin/den Tierarzt die beste diätetische Lösung für jeden einzelnen Patienten herauszufinden. Hierzu ist es erforderlich, einerseits die allgemeinen Grundzüge der Magen-Darm-Diätetik schematisch und übersichtlich darzustellen, zum anderen aber auch spezifische Unterschiede in den diätetischen Ansätzen bei verschiedenen Krankheitsbildern deutlich herauszuarbeiten. Wir hoffen, dass uns dies mit dem vorliegenden Fernkolleg-Kurs gelungen ist. Royal Canin wünscht allen Teilnehmern viel Spaß beim Lernen und viel Erfolg bei der Beantwortung der Multiple-Choice Fragen.
2. Anatomie und Physiologie der Verdauung •
Aufbau des Verdauungstraktes
Der Verdauungstrakt beginnt mit der Mundhöhle (Abb. 1). Sie ist nach außen durch die Oberund Unterlippe abgeschlossen und wird überwiegend von der Zunge und den Zähnen ausgefüllt. Nach hinten schließt sich der Schlundkopf an, in dem sich Atemund Verdauungstrakt kreuzen. Das Gebiss besteht aus Schneide-, Eck- und Backenzähnen, die durch ihre spezifische Form optimal an das Ergreifen und Zerkleinern der Nahrung angepasst sind. Die Zunge hat eine längliche löffelartige Abb.1: Mundhöhle der Katze mit Speiseröhre Form. Sie liegt durch das und Speicheldrüsen Zungenbändchen verbunden dem Mundboden auf und weist besonders beim Hund in der Mitte eine deutlich sichtbare rillenförmige Vertiefung auf. Die Zungenspitze ist äußerst beweglich. Neben der Funktion für die Futter- und Wasseraufnahme sowie dem Schluckvorgang ist die Zunge maßgeblich für die Körperpflege von Bedeutung. Die Zungenoberfläche ist bei Hund mit feinen weichen Papillen besetzt, bei der Katze mit zahlreichen verhornten häckchenförmigen Anhängen, was ihr eine raue Oberfläche verleiht. Dazwischen liegen Geschmacksknospen, das sind Rezeptoren mit deren Hilfe der Geschmack der Nahrung wahrgenommen werden kann. Man unterscheidet insgesamt 5 verschiedenen Rezeptoren für die Geschmacksrichtungen: salzig, sauer, süß, bitter und umami (wahrgenommener Geschmackseindruck durch die Aminosäure Glutamat und bestimmte Nukleotide). Speichel wird in verschiedenen Speicheldrüsen produziert und in die Mundhöhle eingeleitet. Als Pharynx (Rachen, Schlundkopf) wird der gemeinsame Abschnitt des Luft- und Nahrungsweges im Anschluss an die Nasen- und Mundhöhle bezeichnet. Er hat die Aufgabe, der Luft und der Nahrung bei der Passage den richtigen Weg zu weisen. Durch das Abschlucken wird die Nahrung aus der Mundhöhle weiter in die Speiseröhre befördert, dabei verschließt das Gaumensegel die Luftröhre, um so einen Übertritt des Nahrungsbreies in die Luftwege zu verhindern. Nach dem Abschlucken wird das Futter durch die Speiseröhre (Ösophagus) in den Magen weitergeleitet. Der Speiseröhre ist ein muskulöser dehnungsfähiger Schlauch. Die Speiseröhre einer 4-5 kg schweren Katze ist insgesamt etwa 22-23 cm lang, wobei nur rund ein Drittel der Gesamtlänge im Halsbereich liegt. Von der linken Halsseite kommend zieht die Speiseröhre im durch die Brusthöhle und das Zwerchfell in die Bauchhöhle, wo sie direkt in den Magen eintritt. Mit Hilfe koordinierter Kontraktionen der Ösophagusmuskeln wird die Nahrung in Richtung Magen transportiert, das Sekret von Schleimhautdrüsen in der Speiseröhre verbessert die Gleitfähigkeit der Nahrung. Der Magen (Ventriculus oder Gaster) stellt eine sackartige Erweiterung des Verdauungstraktes dar, dessen Ein- und Ausgang durch starke Ringmuskeln verschlossen sind. Er kann in verschiedene anatomische und funktionelle Bereiche unterteilt werden. Als Kardia wird der Bereich des Mageneingangs in den die
Speiseröhre einmündet Speiseröhre bezeichnet, Fundus, Corpus (Magenkörper) und Antrum bilden Fundus den mittleren Abschnitt und der Pylorus ist der Magenausgang, also der Übergang zu Dünndarm. Antrum Der Magen weist vor allem beim Körper Hund eine extreme Dehnfähigkeit auf, so dass Größe, Form und Lage vom Füllungszustand abhängig sind. Im nüchternen Zustand befindet sich der Magen Pylorus Netz / Gekröse vollkommen innerhalb des Rippenbogens (durch Palpation nicht zu ertasten) und liegt mit seiner Längsachse annähernd Abb.2: Die verschiedenen Abschnitte des Magens quer zur Körperlängsachse des Tieres. Nach der Füllung kann der Magen bis zur 13. Rippe oder sogar darüber hinaus reichen. Der Magen hat die Aufgabe, Nahrung von der Speiseröhre aufzunehmen, vorübergehend zu speichern und langsam schubweise an den Dünndarm abzugeben. Der Magen ist mit einer Schleimhaut ausgekleidet, die sich in Falten aufwirft, welche mit zunehmender Füllung verstreichen. Am Mageneingang liegt die schmale ringförmige Kardiadrüsenzone (Bildung von wässrigem Sekret und Schleim), im Bereich von Magenfundus und –korpus die relativ großen Fundusdrüsenzone, in der neben Schleim der eigentliche Magensaft produziert wird, der im Wesentlichen eiweißspaltende Enzyme (Pepsinogen bzw. Pepsin), Schleim (Muzine) und Salzsäure enthält. Den Abschluss bildet die Pylorusdrüsenzone, in der ebenfalls Verdauungsenzyme und schleimhaltige Sekrete gebildet werden. Die ringförmige Muskulatur am Pylorus reguliert den Weitertransport in den Dünndarm und verhindert außerdem, dass Darminhalt in den Magen zurückläuft. Der Dünndarm ist der längste Darmabschnitt. Er ist ungefähr dreieinhalb Mal länger als die Körperlänge und variiert somit zwischen rund 1,7 und 6 Meter bei Hunden und 1,0 und 1,7 m bei der Katze. Bei großen Hunden macht der Verdauungstrakt einen geringeren Gewichtsanteil des Körpergewichts aus als bei kleinen (Abb. 3). Man vermutet, dass große Hunde deshalb Magen-Darm-empfindlicher sind als kleine. Anhand histologischer Merkmale wird der Dünndarm in die Abschnitte Duodenum (Zwölffingerdarm), Jejunum (Leerdarm) und Ileum (Krummdarm) unterschieden.
Abb. 3: Anteil des Magen-Darm-Traktes am Körpergewicht in Abhängigkeit von der Größe eines Hundes.
Das Duodenum (Anfangsteil des Dünndarms) hat die Form eines Hakens und umgibt die Bauchspeicheldrüse. Es verläuft vom Magenausgang an Leber und Pankreas vorbei zur rechten Niere und zieht anschließend wieder brustwärts, wo es nahe des Magenausgangs in das Jejunum übergeht. Kurz hinter dem Magenausgang münden Gallen- und Pankreasgang gemeinsam (Katze) oder dicht nebeneinander (Hund) in den Anfangsteil des Duodenums (Abb 4). Der längste Abschnitt des Dünndarms, das Jejunum, füllt mit 6-8 Windungen den größten Teil des Bauchraumes zwischen Magen und Beckeneingang aus. Es ist durch ein langes Gekröse mit der dorsalen Bauchwand verbunden. Das Ileum ist das kurze Endstück des Dünndarms. Es mündet an der Grenze zwischen Blinddarm und Kolon mit einem wulstartigen Vorsprung in den Dickdarm ein. Eine aus Schleimhautfalten gebildete, ventilartige Klappe (Ileocaecalklappe) verhindert, dass Dickdarminhalt in den Dünndarm zurückfließt. Die Dünndarmschleimhaut ist nicht glatt, Abb. 4: Bei der Katze münden die sondern mit zahlreichen Zotten und Krypten Ausführungsgänge von Galle und (tiefe Einkerbungen) ausgestattet, welche Pankreas gemeinsam in das Duodenum mit einschichtigen Epithelzellen, den ein. Enterozyten, überzogen sind. Diese Zellen besitzen die Fähigkeit, Nährstoffe aus dem Darm zu absorbieren. Sie werden in den Krypten gebildet, wandern entlang der Basalmembran zur Zottenspitze, wo sie schließlich abgeschilfert und in den Darminhalt abgestoßen werden. Die Enterozyten besitzen zahlreiche fingerförmige Ausstülpungen (Mikrovilli). Durch die Zotten und Mikrovilli vergrößert sich die Resorptionsfläche des Darms erheblich (Vergrößerung etwa auf das 600-fache!). Die Oberfläche der Epithelzellen bezeichnet man auch als Bürstensaum (die dicht stehenden Mikrovilli verleihen den Zellen ein „bürstenähnliches“ Aussehen). In der Schleimhaut liegen zahlreiche kleine schlauchförmige Drüsen (Lieberkühn-Drüsen), die den Darmsaft bilden. Dieser enthält neben Schleimstoffen auch Mineralien und Enzyme. Zwischen den Zellen befinden sich verschiedene Proteine, die u. a. dafür sorgen, dass die Darmwand für Bakterien und große Moleküle undurchlässig bleibt. Der Magendarmtrakt verfügt außerdem über ein eigenes „Darmimmunsystem“ (z. B. Peyersche Platten im Ileum). Auf der einen Seite sorgt dieses Abwehrsystem für eine immunologische Toleranz gegenüber bestimmten Antigenen (mit dem Futter aufgenommenen Antigene und die physiologische Darmflora werden toleriert), auf der anderen Seite schützt es gegen pathogene Bakterien und schädliche Umwelteinflüsse. Der Dickdarm ist in die Abschnitte Caecum, Colon und Rectum unterteilt und ist bei Hunden (0,2-0,6 m) und Katzen (ca. 0,3 m) im Vergleich zu Pflanzenfressern z. B. Pferd, Kaninchen, Meerschweinchen relativ kurz und einfach geformt. Nahrungsbestandteile, die bis zum Ende des Dünndarms nicht resorbiert wurden, gelangen in den Dickdarm.
Als Blinddarm (Caecum) wird der blind endende Anfangsteil des Dickdarms bezeichnet. Er ist bei Fleischfressern recht klein und hat beim Hund eine korkenzieherartige, bei der Katze eine kommaförmige Form. Das Colon beginnt an der rechten hinteren Flanke, zieht von dort Richtung Brust, bildet nach links einen Bogen und zieht dann nach hinten, um im Becken in das Rectum überzugehen. Der letzte Darmabschnitt, das Rectum, beginnt etwa in Höhe des 7. Lendenwirbels und reicht bis zum Anus. Es ist ampullenartig erweitert und dient als Speicher für den Darminhalt bis Kot abgesetzt wird. Bei zunehmender Füllung werden Druckrezeptoren angeregt, was den Kotdrang ausgelöst. Die Schleimhautoberfläche des Dickdarms unterscheidet sich deutlich von der des Dünndarms. Es fehlen die Zotten. Die Krypten, die überwiegend von Schleim produzierenden Becherzellen ausgekleidet sind, sind besonders tief. Im leeren Zustand liegt die Schleimhaut in Längsfalten, bei Füllung nimmt der Durchmesser des Darmes zu, so dass die Falten verstreichen. Der Anus geht aus dem Rectum hervor und ist mit einem kräftigen Schließmuskel verschlossen. Bei Kotabsatz kontrahiert sich die Muskulatur des Rectums bei gleichzeitiger Erschlaffung der Schließmuskeln. Mit Hilfe der Bauchpresse wird Kot abgesetzt. Leber und Pankreas sind Anhangsdrüsen des Magendarmtraktes und für die Verdauung der Nahrung von zentraler Bedeutung. Die Leber liegt direkt hinter dem Zwerchfell, nahezu vollständig innerhalb des Brustkorbs und ist deutlich in verschiedene Lappen gegliedert. Die von der Leber gebildete Galle ermöglicht die Fettverdauung sowie die Ausscheidung bestimmter, schlecht wasserlöslicher Substanzen. Zwischen den ventralen Leberlappen befindet sich die Gallenblase, in der die Galle so lange gespeichert wird, bis sie über den Ductus choledochus ins Duodenum abfließt. Die Bauchspeicheldrüse liegt dicht an Leber, Magen und Duodenum. Makroskopisch wird sie in einen Körper, einen rechten, dem Duodenum anliegenden Schenkel, und einen linken, dem Magen anliegenden Schenkel, unterteilt. Je nach Blutfüllung ist das Pankreas blassrosa bis dunkelrot und besitzt eine typische Läppchenstruktur. Das im exokrinen Pankreas gebildete Sekret enthält reichlich Bikarbonat (Abpufferung des Magensaftes) sowie verschiedene Verdauungsenzyme.
Abb. 5: Rechter, duodenaler Schenkel des Pankreas eines Hundes.
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Was passiert wo bei der Verdauung?
Mit Hilfe der Zähne und der Zunge gelangt das Futter in mundgerechten Portionen in die Mundhöhle. Hunde erfassen schlingfähige Stücke mit den Schneidezähnen und schlucken diese ohne gründliches Kauen rasch ab, während von größeren oder härteren Nahrungsteilen kleine Stücke abgerissen oder abgekaut werden. Dabei biegt der Hund seinen Kopf so weit zur Seite, dass auch die Reißzähne zum Einsatz kommen. Katzen zerkleinern und zerschneiden größere Futterstücke mit ihren Zähnen, kleinere Futterstückchen (z. B. Futterkroketten) werden entweder mit den Zähnen oder der Zunge ergriffen. In der Mundhöhle wird die Nahrung mit Speichel vermischt und weiter zerkleinert. Im Gegensatz zum Menschen enthält Hunde- und Katzenspeichel keine Verdauungsenzyme, sondern durchfeuchtet die Nahrung und macht sie dadurch gleitfähig. Die Speichelsekretion wird häufig schon ausgelöst, sobald die Tiere das Futter riechen, sehen oder in Erwartung der Fütterung (Versuche von PAWLOW). Kontakt des Futters mit der Maulschleimhaut verstärkt die Speichelsekretion.
Abb. 6: Futterkroketten werden entweder mit den Zähnen oder der Zunge ergriffen. Nach dem Abschlucken gelangt der Nahrungsbrei in die Speiseröhre, wo er durch peristaltische Muskelbewegungen in Richtung Magen weitergeleitet wird. Erst im Magen wird die Verdauung der Nahrung eingeleitet, insbesondere der Eiweiße. In den Drüsen der Fundus- und Pylorusdrüsenzone wird Magensaft gebildet, ein wässrig-schleimiges Sekret, das vor allem Wasser, Salzsäure, Verdauungsenzyme, Schleimstoffe und Bikarbonat enthält. Er dringt allmählich in den Mageninhalt ein bis sich der Mageninhalt mehr und mehr verflüssigt. Durch Eigenbewegungen des Magens werden Mageninhalt und Magensaft zusätzlich vermischt. In den Hauptzellen der Magenschleimhaut wird Pepsinogen (inaktive Vorstufe) gebildet, welches durch den Salzsäure bedingt niedrigen pH-Wert im Magen in die aktive Form Pepsin umgewandelt wird. Pepsin spaltet Eiweißmoleküle an bestimmten Stellen (jeweils hinter den Aminosäuren Leucin, Tyrosin oder Phenylalanin) und wirkt optimal im sauren Milieu bei einem pH-Wert von 1,5-3,5. Bei Beeinträchtigung der Säuresekretion im Magen verringert sich deshalb auch die Pepsinaktivität mit entsprechenden Auswirkungen auf die Eiweißverdauung. Der niedrige pH-Wert im Magen tötet zudem viele mit dem Futter aufgenommene Mikroorganismen ab. Auch die Fettverdauung wird bereits im Magen durch eine magenspezifische Lipase
(fettspaltendes Enzym) eingeleitet. Sie kann schon bei neugeborenen Hunde- und Katzenwelpen nach Aufnahme von Milch nachgewiesen werden kann. Schleimstoffe des Magensaftes schützen die Schleimhaut vor der Selbstverdauung. Die Magenmotilität- und –entleerung unterliegt zahlreichen Einflüssen. Dabei passieren beispielsweise Flüssigkeit und stark zerkleinerte sowei fett- und faserarme Nahrungsmittel den Magen schneller als bindegewebs- und fettreiche Nahrungsbestandteile. Rhythmische Kontraktionen der Pylorusmuskulatur drücken den Mageninhalt schließlich portionsweise in den Dünndarm. Die Magenentleerung hängt neben dem Füllungszustand vom Verflüssigungsgrad des Mageninhaltes sowie vom Gehalt unverdauter Nährstoffe im Dünndarm ab (sog. „FeedbackMechanismus“). Im Dünndarm werden die Nahrungsbestandteile in kleinste aufnahmefähige Bruchstücke aufgespalten und resorbiert. Hier finden die wesentlichen Verdauungsvorgänge von Eiweißen, Kohlenhydraten und Fetten statt, außerdem werden Mineralstoffe und Vitamine aus dem Chymus (Darminhalt) aufgenommen. In der Darmschleimhaut, den Darmdrüsen und dem Pankreas werden die dafür nötigen Sekrete produziert. Der Darmsaft enthält neben Schleimstoffen und Mineralstoffen Enzyme, die von Enterozyten gebildet werden und unmittelbar am Bürstensaum ihre Wirkung entfalten. Im Sekret der Bauchspeicheldrüse sind die wichtigsten Enzyme zum Abbau von Proteinen, Fetten und Kohlehydraten enthalten. Durch einen hohen Gehalt an Bikarbonat ist es alkalisch, d. h. der saure Mageninhalt wird abgepuffert und es entstehen optimale Bedingungen für die Wirkung pankreaseigener Enzyme. Die von der Leber produzierte und ins Duodenum eingeleitete Galle unterstützt die Fettverdauung indem sie Lipide emulgiert und sie damit für fettspaltende Enzyme besser angreifbar macht. Eiweißmoleküle kommen im Dünndarm bereits durch Pepsin grob vorzerkleinert an. Der Dünndarm hat aufgrund der Sekrete der Darmdrüsen und dem bikarbonatreichem Pankreassekret einen alkalischen pH-Wert, wodurch Pepsin seine Wirkung verliert. Der pH-Wert-Anstieg im Darmkanal ist die Voraussetzung für den weiteren Abbau der Eiweißbruchstücke mit Hilfe der Pankreasenzyme Trypsin und Chymotrypsin. Zum Schutz vor Selbstverdauung Abb. 7: Aktivierung des Trypsinogens im Dünndarm werden diese Enzyme als inaktive Vorstufen im Pankreas gebildet und erst im Dünndarm aktiviert. Die „ungefährlichen“ Vorstufen nennt man Zymogene. Durch Abspaltung eines 6 Aminosäuren langen Stückes aktiviert das nur im Bürstensaum vorkommenden Enzyme Enterokinase Trypsinogen (inaktive Vorstufe) zu Trypsin (aktives Enzym) (Abb. 7). Danach aktiviert Trypsin andere eiweißspaltenen Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse (Peptidasen). Ist das Nahrungsprotein in kleinen Bruchstücken zerlegt, erfolgt der letzte Schritt des Abbaus bis zu den einzelnen Aminosäuren direkt
an der Darmwand im Bürstensaum. Die Absorption der Aminosäuren erfolgt über die gesamte Länge des Dünndarms mittels spezifischer Trägermoleküle. Nicht abgebaute, größere Eiweißmoleküle werden von einer intakten Schleimhaut nicht aufgenommen. Die Verdauung der Kohlenhydrate beginnt erst im Dünndarm. Monosacharide (Einfachzucker z. B. Glucose) liegen bereits in resorbierbarer Form vor und werden schnell und vollständig vom Dünndarmepithel über spezifische Transportsysteme aufgenommen. Disaccharide (bestehend aus 2 Zuckermolekülen) müssen zunächst durch im Bürstensaum lokalisierte körpereigene Enzyme in ihre Einzelzuckermoleküle zerlegt werden, welche anschließend resorbiert werden können. Ein Beispiel dafür ist das Enzym Laktase, das den Milchzucker (Laktose) in Glukose und Galaktose spaltet. Die Laktaseaktivität ist bei säugenden Welpen am höchsten und geht im Laufe der Entwicklung zurück. Das bedeutet: ausgewachsene Hunde und Katzen können Laktose nur in geringem Umfang spalten. Durch die Einwirkung der Pankreasamylase wird Stärke zunächst in kleinere Bruchstücke (Oligo- und Disaccharide) gespalten, welche im nächsten Schritt von im Bürstensaum lokalisierten Enzymen in einzelne Glukosebausteine zerlegt und von den Enterozyten aufgenommen werden. Resorbierte Zuckermoleküle werden von der Darmschleimhaut entweder direkt als Energiequelle genutzt oder ins Blut abgegeben. Katzen als strikte Karnivoren vertragen geringere Mengen Kohlenhydrate als Hunde.
Abb. 8: Kohlenhydratverdauung beim Welpen: Mit zunehmendem Alter nimmt die Laktase-Aktivität ab. Die Aktivität der Amylase steigt an. (Studien an Katzen, Kienzle 1987 und 1993)
Pflanzliche Faserstoffe können von körpereigenen Enzymen überhaupt, jedoch von den Enzymen der Darmbakterien teilweise unter Bildung von kurzkettigen Fettsäuren abgebaut werden. Der Darmkanal ist physiologischerweise immer von Darmbakterien besiedelt, wobei es sich um eine vielfältige Mischung verschiedener Bakterien, Protozoen und Pilze handelt. Die Konzentration der Mikroorganismen ist im Dünndarm im Vergleich zum Dickdarm niedrig.
Triglyceride machen den Hauptteil der Nahrungsfette aus. Sie werden im Dünndarm mit Hilfe der Gallensäuren zunächst emulgiert, d. h. es entsteht ein fein verteiltes Gemisch aus kleinen (wasserunlöslichen) Fetttröpfchen und dem wässrigen Darminhalt. Dadurch vergrößert sich die Oberfläche der Fette, sie bieten so den Fett spaltenden Enzymen aus dem Pankreassekret (Pankreaslipase) mehr Angriffsfläche. Triglyceride werden zu Monoglyceriden (Glycerinmolekül mit einer Fettsäure) und Fettsäuren abgebaut und bilden dann zusammen mit den Gallensäuren kleine „Kügelchen“, die sogenannte Mizellen. In den Mizellen richten sich die Molekülteile so aus, dass die wasserlöslichen Anteile nach außen und die fettlöslichen Abschnitte nach innen zeigen. In diesem Zustand sind die Mizellen wasserlöslich und dadurch transportfähig und gelangen in engen Kontakt mit der Darmschleimhaut. Über die gesamte Länge des Dünndarms können die Fettabbauprodukte passiv durch die Darmwand diffundieren. Die Gallensäuren werden schließlich im Ileum aus dem Darminhalt zurück resorbiert, in der Leber recycelt und wieder in die Galle abgegeben. In den Darmzellen entstehen zunächst wieder Triglyceride, die anschließend von speziellen Transportproteinen (=Chylomikronen) in die Lymphgefäße und von dort in den Blutkreislauf abgegeben werden. Kurz- und mittelkettige Fettsäuren gelangen auch direkt in das Blut. Leber
Gallenblase
Pankreas
Pankreaslipase Freies Glycerin Monoglyceride Triglyceride Dünndarmlumen
Gallensäuren
Enterozyten
Darmschleimhaut
Lymphe
Blut
Abb. 9: Fettverdauung im Dünndarm, schematisch
Mineralstoffe (Mengen- und Spurenelemente) werden überwiegend im Dünndarm, z. T. aber auch im Dickdarm resorbiert. Dabei unterscheidet man aktive, energieverbrauchende Absorptionsmechanismen wie z. B. für Kalzium (CaResorption durch Parathormon, Vitamin D und Kalzitonin straff reguliert), spezifische Transportsysteme (z. B. Kupfer) oder passive Diffusion. Fettlösliche Vitamine (A, D, E und K) werden nur zusammen mit Fetten absorbiert. Wasserlösliche Vitamine werden im Dünndarm absorbiert, z.B. Folsäure im vorderen (proximalen) Teil, Vitamin B 12 (Cobalamin) mit Hilfe eines aufwendigen Mechanismus im hinteren (distalen) Dünndarm.
Im Dünndarm wird bereit ein Großteil des Wassers, das über Trinkwasser, Speichel und Verdauungssekrete in den Darmkanal geflossen ist, zurück resorbiert. Hochverdauliche Nahrungskomponenten werden nahezu vollständig im Dünndarm verdaut. Alle anderen Substrate gelangen in den Dickdarm und werden dort durch bakterielle Enzyme weiter abgebaut. Im Gegensatz zum Dünndarm ist der Dickdarm dicht mit Bakterien besiedelt, deren Zusammensetzung in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren wie Nahrungszusammensetzung, Eiweißqualität und Eiweißmenge, Fasergehalt u.a. variiert. Unter physiologischen Bedingungen hält die Mikroflora ein stabiles Gleichgewicht mit dem Wirtsorganismus aufrecht und unterstützt die Verdauungsprozesse. Von den bakteriell produzierten Enzymen sind diejenigen von besonderer Bedeutung, die fermentierbare Abb. 10: Beim bakteriellen Abbau von pflanzlichen Faserstoffe abbauen können Fasern entstehen kurzkettige Fettsäuren, die die Darmzellen ernähren und ihre (siehe Kapitel 3) und somit die Darmflora und Erneuerung fördern. die Verdauung direkt beeinflussen (Abb. 10). Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren, die als Energielieferanten für die Darmzellen genutzt werden, besonders Buttersäure. Beim bakteriellen Abbau von im Dünndarm nicht verdauten Nahrungseiweiße sowie körpereigenen Proteinen, die mit Verdauungssekreten oder Schleim in den Darm gelangt sind, entstehen als Abbauprodukte u. a. Ammoniak, Schwefelwasserstoff und biogene Amine. Durch die Absorption von Wasser und Elekrolyten (z. B. Natrium) wird der Dickdarminhalt stark eingedickt und immer fester. Der normale Wassergehalt von Hunde- und Katzenkot liegt zwischen 55 und 70 %. •
Unterschiede der Verdauung zwischen Hund und Katze
Hunde fressen ihr Futter sehr schnell. Im Allgemeinen ist die Mahlzeit innerhalb von 1-3 Minuten verschlungen, wobei große Futtermengen auf einmal aufgenommen werden können: Der Magen bei Hund ist extrem dehnbar und kann sehr große Futtermengen auf einmal aufnehmen (Fassungsvermögen des Hundemagen je nach Hundegröße zwischen 0,5 bis 8 Liter). Katzen dagegen fressen ihr Futter langsam und nehmen lieber mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt auf (der Katzenmagen fasst etwa 0,3 Liter). Die gesamte Darmlänge bei Hunden variiert je nach Körpergröße zwischen rund 2-8 Metern (Dünndarm 1,7 – 6 m, Dickdarm 0,3 – 1 m), bei Katzen etwa zwischen 1,32,1 m (Dünndarm 1-1,7 m, Dickdarm 0,3-0,4 m). Die Darmlänge hat einen direkten Einfluss auf die Verweildauer der Nahrung im Verdauungstrakt und dadurch auch auf die Zeit, die für Verdauungsvorgänge (Abbau und Resorption) zur Verfügung steht. Die Gesamtpassagezeit der Nahrung durch den Verdauungstrakt beträgt durchschnittlich 12 – 30 Stunden beim Hund und 12 – 24 Stunden bei der Katze, wobei rund 80 % dieser Zeit auf die Dickdarmpassage entfallen.
Die Verdauung von Fetten und Proteinen im Dünndarm unterscheidet sich bei Hunden und Katzen nur wenig, aber die der Kohlenhydrate. Beide Tierarten verdauen Fette im Dünndarm sehr effizient (Verdaulichkeit rund 90 %), wobei generell Fette mit einem hohen Anteil gesättigter Fettsäuren (z. B. Rindertalg) etwas schlechter verdaut werden als Fette mit hohem Anteil an ungesättigten Fettsäuren (z. B. Geflügelfett). Hochverdauliche Eiweiße (Verdaulichkeit > 90 %, z.B. Muskeleiweiß) werden von Hunden und Katzen gleichermaßen gut verdaut, dagegen bauen Hunde Eiweiße mit geringerer Verdaulichkeit besser ab als Katzen. Man vermutet, dass dabei der relativ kurze Verdauungstrakt der Katze eine Rolle spielt. Katzen benötigen als strikte Carnivore für ihren Stoffwechsel keine Kohlenhydrate, ihnen fehlt sogar die Fähigkeit die Geschmacksrichtung „süß“ überhaupt wahrzunehmen (Geschmacksknospen für „süß“ auf der Zunge sind nicht aktiv). Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Verdauung und daraus folgend die Verträglichkeit von Kohlenhydraten bei Katzen in Vergleich zu Hunden deutlich limitiert ist. Eine hohe Kohlenhydrataufnahme wird von Katzen deutlich schlechter vertragen als von Hunden. Die Resorptionsfähigkeit des Dünndarms nach Aufnahme von Stärke oder Zucker ist bei Katzen begrenzt und wird bei Zufuhr kohlenhydratreicher Nahrung rasch überschritten (Abb. 11). Hunde dagegen tolerieren durch die Anpassung der Aktivität der Verdauungsenzyme höhere Kohlenhydratmengen in der Nahrung, besonders bei langsamer Gewöhnung.
Abb. 11: Wirkung von zuviel oder schlecht aufgeschlossener Stärke im Dünndarm.
Milchzucker wird sowohl von ausgewachsenen Hunden und Katzen aufgrund der geringen Laktaseaktivität schlecht verdaut. Bei Aufnahme von >2 g Laktose (entspricht etwa 40 - 50 ml Milch pro kg Körpergewicht) entwickeln die Tiere meist Durchfall, da der Milchzucker unverdaut im den Dickdarm gelangt und dort durch Mikroorganismen abgebaut wird. Am besten wird hoch aufgeschlossene Stärke vertragen. Bei Katzen sollte die Aufnahme 5 g Stärke pro kg Körpergewicht jedoch nicht überschritten werden. Hunde verfügen über eine hohe Enzymausstattung für Stärke, so dass sogar bis zu 2/3 der Gesamtfutterenergie in Form von aufgeschlossener Stärke zugeteilt werden kann.
3. Schlüsselpunkte der Magen-Darm-Diätetik
Ziele der diätetischen Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen sind: • die Verdauungsfunktion möglichst schnell wieder herzustellen (Verbesserung des Nährstoffabbaus und der Nährstoffabsorption) • den Energie- und Nährstoffbedarf zu decken • Unterstützung der Barrierefunktion der Magen- und Darmschleimhaut, • Unterstützung der physiologischen Darmmotilität, • Bekämpfung von Entzündungsprozessen • Zufuhr von Nährstoffen mit positiver Wirkung auf den Magen-Darmtrakt.
Individuelle Lösungen sind gefragt!
Abb. 12: „Die eine Magen-Darm-Diät für alle Fälle“ gibt es nicht – individuelle Lösungen sind gefragt!
Dabei gibt es nicht die eine „richtige“ Diät, die für alle Patienten universell wirksam ist. Die wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Management ist, anhand eines umfassenden Vorberichts und einer gründlichen Untersuchung herauszufinden, ob es sich um ein akutes oder chronisches Geschehen handelt, wo die Erkrankung vermutlich lokalisiert ist (Speiseröhre, Magen, Dünn- oder Dickdarm) bzw. welche Organe noch beteiligt sind (Bauspeicheldrüse, Leber…) . •
Verdaulichkeit
Bei Magendarmerkrankungen werden gut verträgliche und hochverdauliche Diäten eingesetzt. Eine hochverdauliche Nahrung bietet den Vorteil, dass Störungen des Nährstoffabbaus und der Nährstoffaufnahme kompensiert werden, da für den Verdauungsprozess weniger Verdauungsenzyme benötigt werden. Eine geringere Futtermenge reduziert die Volumenbelastung des Magen-Darmtraktes zusätzlich. Hochverdauliche Diäten werden nahezu vollständig im Dünndarm abgebaut und
resorbiert (Trockensubstanzverdaulichkeit von 85-88 %, für Eiweiß über 92 %), nur geringe Mengen unverdauter Nahrungsbestandteile gelangen in den Dickdarm. •
Akzeptanz
Bei vielen Erkrankungen fressen Hunde und Katzen schlecht, d. h. der Erfolg einer diätetischen Therapie hängt entscheidend von der Akzeptanz des Futters ab. Das Futter muss sehr schmackhaft sein und sollte im Idealfall gerne gefressen werden. Leider sind Hunde und Katzen mit Magendarmerkrankungen jedoch häufig schwierige Patienten und entwickeln eine Aversion gegen das Futter, besonders Katzen neigen zu ausgeprägten Präferenzen und Abneigungen. Einige Maßnahmen können helfen, die Futteraufnahme zu verbessern. Durch Anfeuchten des Futters mit lauwarmen Wasser (37- 38°C) werden Geruchs- und Abb. 13: Durch Füttern aus der Hand Aromastoffe freigesetzt, Fütterung von Hand lässt sich die Akzeptanz steigern. und das Angebot von immer frischem Futter verbessern oftmals die Futteraufnahme. Auch die Zugabe kleinster Mengen an z. B. Rinder- oder Gemüsebrühe, Leber, Trockenhefe wirken Appetit steigernd. •
Proteine
Bei entzündlichen Magendarmerkrankungen ist die Darmschleimhaut geschädigt und ihre Durchlässigkeit erhöht. Dadurch wird ihre Barrierefunktion der Schleimhaut gegenüber körperfremden Stoffen erheblich gestört. Von allen Futtermittelbestandteilen besitzen unverdaute oder unvollständig verdaute Proteine das höchste Allergie auslösende Potential. Dieses Risiko ist bei einzelnen Aminosäuren und kleinen Eiweißbruchstücken (Peptiden) erheblich geringer, so dass ein möglichst vollständiger Abbau der mit der Nahrung aufgenommenen Eiweiße im bereits Dünndarm erfolgt sein sollte. Aus diesem Grund werden für magen-DarmPatienten Nahrungsproteine mit einer sehr hohen Verdaulichkeit im Dünndarm und einer hohen biologischen Wertigkeit verwendet. Solche hochwertigen Eiweißquellen können entweder tierischen Ursprungs (z. B. Muskelfleisch, Milch-, Eiproteine) oder pflanzlicher Herkunft (z. B. Sojaproteinisolat, Weizengluten) sein. Da das Risiko besteht, dass bei entzündlichen Darmentzündungen vermehrt antigenwirksame Nahrungsproteine über die Darmschleimhaut gelangen, kann auch die Fütterung eines „Opferproteins“ erfolgreich sein. Dazu verwendet man in der Zeit, in der der Darm entzündet und die Schleimhautbarriere beschädigt ist, eine „ungewöhnliche“ Eiweißquelle („Opferproteinquelle“, z. B. Ente, Hirsch), die dem Tier nach überstandener Erkrankung und vollständiger Abheilung der Schleimhaut (in der Regel nach etwa 3-6 Wochen) nicht mehr angeboten wird. Dieses Vorgehen soll die mögliche Antikörperbildung gegen häufig verwendete Eiweißquellen vermeiden. Sollte sich eine allergische Reaktion gegen das Opferprotein entwickeln, muss darauf geachtet werden, dass es in später gefütterten Rationen nicht enthalten ist. Neben dem Risiko der Ausbildung einer Futtermittelallergie begünstigen unverdaute Eiweiße im Dünndarm eine starke bakterielle Fermentation (Fäulnisreaktion) im
Dickdarm. Deshalb sind schwerverdauliche bindegewebsreiche Futtermittel bei Magen-Darm-Patienten nicht geeignet. Der Eiweißbedarf des Tieres muss ausreichend gedeckt sein, beim selten auftretenden Proteinverlustsyndrom (Eiweißverluste durch Übertritt von Plasma-Eiweißen in den Darm) wird entsprechend die Proteinzufuhr erhöht. Auf eine ausreichende Zufuhr von Glutamin ist besonders zu achten: Diese essenzielle Aminosäure wird von den Zellen der Darmschleimhaut (Enterozyten) bevorzugt als Energielieferant genutzt wird. •
Fette
Die Entscheidung, ob bei einer Magen-Darmdiät eher hohe oder niedrige Fettgehalte sinnvoll sind, hängt von der jeweiligen Erkrankung ab. Zum einen haben Fette zahlreiche Vorteile. Sie sind besonders energiereich, was es ermöglicht, das Mahlzeitenvolumen gering zu halten. Fett verlangsamt die Magenentleerung und verlängert den Verdauungsprozess. Es ist der Nährstoff mit der höchsten Verdaulichkeit (über 90 %), wird gerne gefressen (Fett ist ein Abb. 14: Fett ist ein wichtiger Geschmacksträger „Geschmacksträger“) und beugt im Futter dadurch einen Gewichtsverlust vor. Katzen mit Durchfall vertragen fettreiches Futter oftmals besser als kohlenhydratreiches. Auf der anderen Seite sind hohe Fettgehalte nicht angezeigt bei Magenerkrankungen sowie allen Erkrankungen, bei denen der komplexe Vorgang der Fettverdauung und/oder des Fetttransports massiv gestört ist. Bei MagenErkrankungen ist eine zügige Magenentleerung nach der Nahrungsaufnahme zu fordern (hohe Fettgehalte verlangsamen die Magenentleerung). Bei einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) gilt es, diese möglichst wenig zu stimulieren („ruhig zu stellen“) bzw. eine unvollständige Fettverdauung im Dünndarm weitgehend zu vermeiden. Unverdautes Fett im Darm wird durch Bakterien weiter abgebaut, wobei u. a. Hydroxyfettsäuren entstehen, die einen vermehrten Wassereinstrom in den Darm und in der Folge hochgradigen Durchfall verursachen können. Einen Teil dieser Bakterien ist außerdem in der Lage Gallensäuren zu inaktivieren, was die Fettverdauung und –resorption noch weiter verschlechtert. Außerdem besteht bei Störungen des Lymphflusses eine eindeutige Indikation die Fettaufnahme einzuschränken. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei einer Entzündung des Magens, der Bauchspeicheldrüse und Veränderungen der Lymphgefäße die Fettrestriktion ausdrücklich indiziert ist, bei Pankreasinsuffizienz und bakterieller Überwucherung des Dünndarms sollten im Einzelfall die Vor- und Nachteile abgewogen werden, bei Darmerkrankungen anderer Ursache kann eine höhere Fettaufnahme durchaus sinnvoll sein. Das heißt, Fett stellt entgegen häufiger Annahmen in vielen Fällen kein Problem im Hinblick auf die Verträglichkeit bei Magen-Darm-Patienten dar. Im Gegensatz zu langkettigen Fettsäuren werden kurz- und mittelkettiger Triglyceride direkt ins Blut absorbiert. Durch diesen „Spareffekt von Gallensäuren“ können solche Fettsäuren zur diätetischen Behandlung bei bestimmten Erkrankungen genutzt
werden. Nachteilig ist allerdings die geringe Akzeptanz von Futtermitteln mit mittelkettigen Fettsäuren. •
Kohlenhydrate
Eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut führt bei vielen Patienten zu einer geringeren Verfügbarkeit von Kohlenhydrat-abbauenden Enzymen im Bürstensaum. Auch eine hohe Konzentration von Mikroorganismen im Dünndarm sowie ein eingeschränkter Transport durch die geschädigte Darmschleimhaut beeinträchtigen die Verdauung der Kohlenhydrate. Unter den Kohlehydraten hat sich aufgeschlossene Stärke bei vielen Magen-Darm-Patienten als leicht verdaulicher und relativ gut verträglicher Energielieferant besonders bewährt. Zum einen werden beim Abbau von Stärke im Darm die resorbierbaren Bruchteile nur langsam freigesetzt. Zum anderen wird Stärke sowohl von Hunden als auch von Katzen gut vertragen, wogegen einfache Zuckermoleküle für Katzen aufgrund ihrer begrenzten Nutzung im intermediären Stoffwechsel generell nur eingeschränkt einsetzbar sind. Zu beachten gilt, dass sich die verschiedenen Stärkearten in ihrer Abbaubarkeit deutlich voneinander unterscheiden. Reisstärke wird besonders gut im Dünndarm verdaut und wird bereits seit vielen Jahren bei Magen-Darm-Patienten mit gutem Erfolg eingesetzt. Übersteigt der Kohlenhydrataufnahme die Abb. 15: Die Stärke aus verschiedenen Verdauungskapazität entwickelt sich aufgrund Getreidesorten wird unterschiedlich von verstärkten mikrobiellen Umsetzungen der schnell verdaut. nicht verdauten Kohlenhydrate ein osmotischer Durchfall (nicht resorbierte Nährstoffe führen zu einer passiven Diffusion von Wasser in den Darm). Typischerweise setzen betroffene Hunde und Katzen breiigem bis flüssigen Kot mit einem eher säuerlichen Geruch ab. Aus prophylaktischen Gründen enthalten Magen-Darm-Diäten deshalb hochverdauliche Kohlenhydrate in begrenzter Menge, besonders wichtig für Katzen. Zur Gruppe der Kohlenhydrate zählen auch Nahrungsfasern. Obwohl diese nicht vom Tier selbst durch körpereigene Enzyme verdaut werden und z. T. sogar unverändert ausgeschieden werden (Zellulose), können sie die Gesundheit des Magen-DarmTraktes entscheidend beeinflussen. Nahrungsfasern unterscheiden sich aufgrund ihrer Löslichkeit und Fermentierbarkeit (Abbaubarkeit durch Darmbakterien) voneinander. Durch ihre Fähigkeit Wasser im Darmkanal zu binden, verändern besonders gering fermentierbare Nahrungsfasern die Kotkonsistenz und wirken als Ballaststoffe regulierend auf die Darmmotorik. Fermentierbare Fasern beeinflussen in erster Linie die Zusammensetzung der Darmflora (siehe unten). Hohe Gehalte an nicht oder wenig fermentierbaren Fasern (als „Rohfaser“ auf der Futtermittelverpackung angegeben) in der Ration senken die Verdaulichkeit aller Nährstoffe. Aus diesem Grund werden bei Erkrankungen im Dünndarm Diäten mit einem niedrigen Fasergehalt eingesetzt, während bei Erkrankungen im Dickdarm oder bei Darmträgheit ein hoher Fasergehalt jedoch helfen kann, die Verdauungsfunktion zu verbessern.
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Mineralstoffe
Bei schwerem Erbrechen und Durchfall kommt es leicht zu einer Unterversorgung mit Mineralstoffen, was eine systemische Störung des Elektrolytund Wasserhaushaltes nach sich ziehen kann. Durch das Erbrechen geht besonders Chlorid (Bestandteil der Salzsäure im Magen) verloren, bei Durchfall besonders Kalium, welches in großen Mengen sowohl im Magensaft als auch in den Darmsekreten enthalten ist. Außerdem kann bei Entzündungen der Darmschleimhaut die Resorption weiterer Mineralstoffe beeinträchtigt sein. Beispielsweise ist Zinkmangel eine bekannte Komplikation bei Menschen mit chronischen entzündlichen Darmerkrankungen. Als Sofortmaßnahme erhalten Patienten mit hochgradigem Erbrechen und Durchfall intravenöse Infusionen mit Elektrolytlösungen in ausreichender Menge. Um Abb. 16: Sofortmaßnahme bei Patienten mit krankheitsbedingte Verluste hochgradigem Erbrechen und Durchfall: auszugleichen, enthalten Magen-DarmInfusionen mit Elektrolytlösungen Diäten gegenüber einem Futter für den Erhaltungsbedarf erhöhte Mengen an Mineralstoffen. •
Vitamine
Eine ausreichende Aufnahme von wasser- und fettlöslichen Vitaminen ist bei allen chronischen Darmentzündungen essenziell. Die nur begrenzten Speichermöglichkeiten für wasserlösliche Vitamine sind aufgrund von Durchfallverlusten und den großen Flüssigkeitsbewegungen im Körper rasch erschöpft. In einem gesunden Darmtrakt wird ein Großteil der Vitamine von Darmbakterien gebildet und über die Darmschleimhaut aufgenommen, besonders BVitamine und Vitamin K. Bei Veränderungen im hinteren Ileum entwickelt sich ein Vitamin B 12-Mangel, da es nur in diesem Darmabschnitt resorbiert werden kann. Bei Störungen der Fettverdauung werden fettlösliche Vitamine schlecht resorbiert, was einen Mangel zur Folge haben kann. Zum Augleich enthalten Magen-Darm-Diäten in der Regel erhöhte Vitamingehalte. •
Inhaltsstoffe mit gesundheitlichem Zusatznutzen
Bestimmte Futterbestandteile erfüllen durch die Förderung der Darmgesundheit einen wichtigen Zusatznutzen. Hierzu zählen die fermentierbaren Nahrungsfasern wie z. B. Fructo-Oligosaccharide (FOS), Pektine (z. B. aus Apfel oder Möhre), Inulin (z.B. aus Chicorée) und Zuckerrübentrockenschnitzeln. Diese Komponenten können nur von bestimmten (nützlichen) Bakterien als Nahrungsquelle genutzt werden und fördern dadurch deren Wachstum im Dickdarm. Das heißt: Die „guten“ Bakterien nehmen zahlenmäßig zu und drängen potenziell schädliche Bakterien (z. B. Clostridien) in der Darmflora zurück. Verstärkt wird dieser Effekt zusätzlich dadurch,
dass bei der Fermentation abbaubarer Nahrungsfasern kurzkettige Fettsäuren entstehen. Diese schaffen durch die Ansäuerung des Darminhalts ungünstige Bedingungen für die „schlechten“ Darmbakterien. Darüber hinaus dienen die kurzkettigen Fettsäuren der direkten Ernährung der Darmwandzellen und unterstützen somit deren Heilungsprozess. Fasern, die selektiv das Wachstum „guter“ Darmbakterien unterstützen, werden als Präbiotika bezeichnet. Eine Kombination verschiedener Nahrungsfasern ist besonders bei Dickdarmdurchfällen hilfreich, die häufig auf einen erhöhten Fasergehalt gut ansprechen. Als Probiotika werden lebende Mikroorganismen bezeichnet, von denen nach oraler Aufnahme einen gesundheitsfördernde Wirkung ausgeht. Es handelt sich dabei um „nützliche“ Darmbakterien (bes. bestimmte Enterokokken, Laktobazillen, Bifidobakterien), die den Darm auf Kosten schädlicher Bakterien besiedeln sollen. Voraussetzung ist dass die Mikroorganismen den Verdauungsvorgang unbeschadet überstehen. Die „Grundidee“ bei der Verwendung von Präbiotika und Probiotika liegt darin, die Darmflora selektiv zu beeinflussen und dadurch eine gesundheitsfördernde Wirkung zu erzielen. Andere Futterinhaltsstoffe unterstützen die Heilungsprozesse im erkrankten MagenDarmtrakt unabhängig von einem echten Nährstoffcharakter: ¾ Zeolith, ein Tonerdemineral, bildet einen schützenden Film auf der Oberfläche der Darmschleimhaut, absorbiert überschüssiges Wasser und Giftstoffe (z. B. bakterielle Toxine) im Darmkanal. ¾ Psyllium (Flohsamen) enthält lösliche Fasern, die nicht nur moderat von Darmbakterien fermentiert werden können, sondern hohe Mengen an Wasser aufnehmen. Dadurch bildet sich ein sehr visköses Gel, das zum einen mechanisch die Darmschleimhaut schützt und zum anderen die Darmpassage reguliert. ¾ Mannan-Oligosaccharide (MOS) aus Hefezellen hemmen die Anheftung schädlicher Bakterien an die Darmschleimhaut und stimulieren die Immunität der Darmschleimhaut. Sie fördern die Bildung von Immunglobulin A, die Antikörperklasse, die als „erste Verteidigungslinie“ auf den Schleimhäuten fungiert. ¾ Eikosapentaensäure (EPA) und Dokosahexaensäure (EPA) sind langkettige Ommege-3-Fettsäuren. Sie sind in hohen Mengen in Fischölen enthalten und wirken modulierend auf die Entzündungsreaktionen.
Abb. 17: Eine Wirkung von MOS ist zu verhindern, dass sich „schlechte“ Bakterien an der Darmwand anheften können. Ein weiterer positiver Effekt ist die Stimulierung der IgAAntwort, also der unspezifischen Abwehr lokal im Darm.
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Symptomkomplex Erbrechen und Durchfall •
Definitionen
Erbrechen (Vomitus) ist ein aktiver, komplexer Reflex, bei dem es durch unwillkürliche Kontraktionen der Magen-, Zwerchfell- und Bauchmuskulatur schwallartig zu einem Auswurf von Mageninhalt kommt (retrograde Magenentleerung). Das Erbrochene kann Schleim, wässrige Flüssigkeit, Galle, Blut, unverdautes und verdautes Futter enthalten. Dem Erbrechen geht typischerweise Unruhe und Übelkeit, vermehrter Speichelfluss und das Einsetzen der Bauchpresse voraus, typisch sind Würgebewegungen mit gestrecktem Hals und gesenktem Kopf. Davon abzugrenzen ist das Regurgitieren. Darunter versteht man das passive Hervorwürgen zurückgeströmter Nahrung aus der Mundhöhle oder Speiseröhre ohne den Einsatz der Bauchpresse. Wenn Futter unmittelbar oder kurz nach dem Abschlucken wieder ausgewürgt wird, handelt es sich meist um Regurgitieren. Das Regurgitieren geschieht plötzlich (ohne Vorzeichen), ist in der Regel einmalig und häufig nehmen Hunde regurgitiertes Futter gleich wieder auf.
Abb 18: Regurgitiertes Futter nehmen Hunde häufig sofort wieder auf.
Unter Durchfall (Diarrhöe) versteht man das Absetzen von Kot mit einem erhöhten Wassergehalt. Die Kotkonsistenz bei Durchfall kann dabei von breiig bis wässrig reichen. Bei Durchfallerkrankungen wird zudem häufiger Kot abgesetzt und insgesamt größere Kotmengen. Verschiedene pathophysiologische Mechanismen (entweder einzeln oder in Kombination) sind an der Entstehung des Durchfalls beteiligt: mangelhafte Absorption der Nährstoffe, gesteigerte Sekretion sowie reduzierte Absorption von Wasser und Elektrolyten. Treten Erbrechen und Durchfall in Kombination auf, spricht man von einer Gastroenteritis.
Man unterscheidet ein akutes Geschehen von einem chronischen. Erbrechen und Durchfall werden als chronisch eingestuft, wenn sie länger als 2-3 Wochen anhalten oder immer wieder (redizivierend) auftreten. Bei chronischem Durchfall sollte eine Unterteilung in Dünn- und Dickdarmdurchfall vorgenommen werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass diese Einteilung nicht absolut ist und viele Patienten mit Anzeichen eines Dickdarmdurchfalls an einer diffusen Darmerkrankung leiden. Bei Katzen sind die klinischen Kriterien weniger aussagekräftig als beim Hund. Tab.1:
Unterscheidung zwischen Dünndarm- und Dickdarmdurchfall (German & Zentek 2006)
Zusätzliche Symptome
Kotabsatz
Kot
Klinische Symptome
Dünndarmdurchfall
Dickdarmdurchfall
Volumen
Stark erhöht
Normal bis reduziert
Schleim
Selten vorhanden
Häufig
Meläna (= dunkel verdautes Blut im Kot)
Kann vorhanden sein
Fehlt
Hämatochezie (= helles unverdautes Blut im Kot)
Fehlt, außer bei akutem blutigem Durchfall
Relativ häufig
Steatorrhoe (= pathologisch hoher Fettgehalt)
Vorhanden bei Malabsorption
Fehlt
Unverdaute Futterbestandteile
Können vorhanden sein
Fehlen
Farbe
Mögliche Farbveränderungen: beige, grün, orange, tonfarben
Selten Farbveränderungen, u. U. blutig
Verlust der „Stubenreinheit“
Nein, außer bei akuter, hochgradiger Erkrankung
Ja, aber nicht zwingend
Tenesmus (= Drängen auf Kot)
Fehlt
Häufig, aber nicht immer
Häufigkeit
Ca. 2-3 mal häufiger als sonst
Ca. 3 mal häufiger als sonst
Dyschezie (= gestörter/schmerzhafter Kotabsatz)
Fehlt
Vorhanden bei Erkrankungen im distalen Kolon oder ReKtum
Gewichtsverlust
Häufig, entsteht bei Malabsorption
Selten, außer bei hgr. Kolitis oder diffusen Tumoren
Erbrechen
Kann vorhanden sein bei entzündlicher Erkrankung
Möglich bei Kolitis
Flatulenz und Borborygmus (= Blähungen und laute Darmgeräusche)
Eventuell
Fehlen
Halitosis (= Mundgeruch) ohne Erkrankungen in der Mundhöhle
Kann vorhanden sein bei Malabsorption
Fehlt, außer bei Lecken des Perianalbereichs
Wichtig ist es außerdem, unkomplizierte Fälle von schwerwiegenden Erkrankungen abzugrenzen. Letztere gehen im Allgemeinen mit Störungen des Allgemeinbefindens und/oder hochgradigen Symptomen (z. B. sehr starkes Erbrechen, hochgradiger wässriger Durchfall) einher. In Untersuchungen bei Hunden mit chronischem Durchfall (siehe Kapitel 5, IBD) konnte gezeigt werden, dass sich der Schweregrad der Erkrankung mit Hilfe der Parameter: Aktivität, Erbrechen, Appetit, Kotkonsistenz, Kotabsatzfrequenz und Gewichtsverlust relativ gut abschätzen lässt (Jergens et al. 2003). Dazu wird jeder Parameter mit einem Wert von 0 (= normal) bis 3 (= hochgradig abweichend) einzeln bewertet. Die Summe der Einzelwerte ergibt den sogenannten „Canine Inflammatory Bowel Disease Activity Index“ (CIBDAI). Bei unbedeutenden und geringgradigen Symptomen (CIBDAI bis 6) kann in der Regel zunächst eine symptomatische Therapie (z. B. Diät, Medikamente) erfolgen, bei einem höheren CIBDAI oder einer Verschlechterung des Zustandes sind auf jeden Fall weiterführende Untersuchungen (z. B. Blut- und Kotuntersuchungen und/oder bildgebende Verfahren) angezeigt.
Abb. 19: „Kotscore“ für Hunde – ein Hilfsmittel zur objektiven Beurteilung der Kotqualität
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Mögliche Ursachen
Erbrechen und Durchfall können zahlreiche Ursachen zugrunde liegen. Sie sind einerseits typische Symptome bei Störungen und Erkrankungen im Magen-DarmTrakt, andererseits treten sie aber auch sekundär als Begleitsymptom bei Erkrankungen anderer Organe oder systemischen Erkrankungen, bei Medikamentenunverträglichkeit oder Vergiftungen auf. Insbesondere Erbrechen ist ein sinnvoller Schutzmechanismus für den Organismus, z. B. wenn verdorbenes Futter aufgenommen wurde. Tab. 2: Ursachen von Erbrechen und Durchfall (Beispiele) Ursache
Erkrankung des Verdauungstraktes
diätetisch
Beispiele verdorbenes Futter, falsche Futterauswahl, Futtermittelintoleranz, zu schnelle Futterumstellung
nicht infektiös, entzündlich
chron. Darmentzündung, Futtermittelallergie
infektiös, entzündlich
Parasiten, Bakterien, Viren
obstruktiv
Fremdkörper, Neoplasie, Invagination
toxisch, medikamentell
Chemikalien, Medikamente (bes. Antiphlogistika)
keine Erkrankung des Verdauungstraktes
Tumor Erkrankung anderer Organsysteme
Stoffwechselerkrankungen
neurologische Erkrankung
Niere, Leber, Bauchspeicheldrüse, Gebärmutter (Pyometra), Prostata z. B. Nierenversagen, Sepsis, Schilddrüsenüberfunktion (Katze), portocavaler Shunt, Leberversagen, Elektrolytverschiebung Veränderung im Gleichgewichtsorgan, Gehirnerkrankungen
Tumor
Die häufigsten Ursachen für Erbrechen sind mechanische Störungen (z. B. Verlegung durch Fremdkörper), die Nahrung (z. B. Aufnahme nicht fressbarer Gegenstände, verdorbenes Futter, Futtermittelunverträglichkeit, zu kaltes Futter, falsche Fütterungstechnik), Infektionen (Viren, Bakterien, Parasiten), Entzündung der Bauchspeicheldrüse, Erkrankungen außerhalb des Verdauungstraktes (z. B. Lebererkrankung, Nierenversagen, Pyometra) und entzündliche Erkrankungen. Geringgradiger akuter Durchfall kommt bei Hunden und Katzen häufig vor. Liegen keine Allgemeinsymptome vor, ist er oftmals selbstlimitierend (nicht bei viralen oder bakteriellen Erkrankungen) und meistens durch geeignete diätetische Maßnahmen schnell wieder „in den Griff“ zu bekommen. Bei hochgradigem akutem Durchfall (besonders wenn im Dünndarm lokalisiert) kann sich aufgrund des Flüssigkeitsverlustes jedoch rasch eine lebensbedrohliche Situation entwickeln, was intensive Therapiemaßnahmen erfordert. Besonders bei Welpen ist Durchfall immer ein ernst zu nehmendes Problem. Besteht der Durchfall bereits seit längerer Zeit sind viele Ursachen denkbar, daher empfiehlt sich eine stufenweise Aufarbeitung (Vorbericht, klinische Untersuchung, weiterführende Untersuchungen),
um nach einer genauen Diagnose eine spezifische Behandlung einleiten zu können. Bleibt die Ursache der Darmentzündung unklar, spricht man von einer idiopathischen Erkrankung.
Abb. 20: Bei Welpen sollten Durchfallerkrankungen immer ernst genommen werden.
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Fütterungsanamnese
Zur Abklärung von Verdauungsstörungen sollte man zunächst einen ausführlichen, Vorbericht aufnehmen, wobei die speziell die Fragen zur Fütterung wichtige Hinweise liefern können. Erforderlich ist, genügend Zeit einzuplanen und gegebenenfalls mit Hilfe schriftlicher Checklisten die Fütterungsgewohnheiten möglichst genau zu erfassen. Solche Listen haben den Vorteil, dass in der Hektik des Praxisalltags keine wichtigen Fragen vergessen werden und relevante Informationen untergehen. Sie können auch gut vor der tierärztlichen Untersuchung von den Besitzern im Wartezimmer ausgefüllt werden. Eine ausführliche Fütterungsanamnese ist besonders wichtig bei hochgradige Störung des Allgemeinbefindens sowie bei Problemen, die bereits seit längerer Zeit bestehen. Nachfolgend sind die wichtigsten Fragen, die bei einer Fütterungsanamnese erhoben werden sollten, zusammengestellt. Welches Futter bekommt der Hund / die Katze? 9 Kommerzielles oder selbst zubereitetes Futter 9 Roh oder gekocht 9 Feucht – oder Trockenfutter Bei selbstzubereiteten Rationen: vollständige Liste aller Zutaten, einschließlich der Vitamin- und Mineralstoffzusätze, die genauen Fütterungsmengen, die Zubereitungsmethode und die Lagerung erfragen Bei kommerziellen Futtermitteln: Hersteller/Marke, Produkt. Wenn möglich, Deklaration vom Besitzer vorlegen lassen Seit wann / wie lange schon wird das Futter gefüttert? Wie oft wird die Ernährung umgestellt? Wann wurde die Ernährung zuletzt geändert?
Wie viel Futter wird pro Mahlzeit zugeteilt? Bei Trockenfutter: Wie wird das Futter abgemessen? z. B. Größe des Messbechers Welche Fütterungsmethode wird angewandt? Freier Zugang oder Zuteilung einzelner Mahlzeiten Wie viele Mahlzeiten erhält das Tier pro Tag? Wer füttert das Tier? Wichtige Frage! Die Person, die das Tier in der Praxis vorstellt, muss nicht zwangsläufig die Person sein, die auch füttert. Bekommt das Tier außer seinem Futter noch andere Futtermittel, Reste vom Tisch, „Leckerli“? Wenn ja, was, wie viel und wie oft? Leben andere Personen (z. B. Kinder, Großeltern) im Haus, die das Tier füttern oder unbemerkt füttern könnten? Leben andere Tiere im Haus? Wenn ja, welche und wie werden die gefüttert? Hat der Patient Zugang zu deren Futter? Hat der Hund unkontrolliert Zugang nach draußen bzw. ist die Katze Freigänger? Bei einem unkontrollierten Zugang nach draußen ist es unmöglich vorherzusehen, was möglicherweise dort gefressen wird. Elliot 2006
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Weiterführende Untersuchungen
Bereits der erste Gesamteindruck (sofort, wenn das Tier ins Behandlungszimmer kommt) kann auf eine Erkrankung des Verdauungstraktes hindeuten. Man achtet hierbei insbesondere auf das Bewusstsein, das Verhalten, die Haltung, den Gang, den Körperbau, den Ernährungszustand und das Haarkleid. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen: Bewegungsunlust und ein aufgekrümmter Rücken sind ein häufiges Zeichen für Schmerzen beim Hund. Selbstverständlich lässt sich anhand dieses Verhaltens nicht sagen, wo der Schmerz lokalisiert ist. Beispielsweise leiden viele Hunde unter schmerzhaften Gelenkerkrankungen, aber genau so gut könnten die Schmerzen auch von einem Fremdkörper im Verdauungstrakt herrühren. Fremdkörper, die an irgendeiner Stelle im Magen-DarmTrakt stecken bleiben, sind sehr schmerzhaft. Die sogenannte „Gebetsstellung“ ist ein typisches Verhalten bei Schmerzen im vorderen Abdomen (gastroduodenaler Bereich). Bei dieser Stellung liegt das Tier mit den Vorderbeinen und dem Brustkorb auf dem Boden und streckt gleichzeitig den Hinterkörper nach oben. Viele Katzen mit Schmerzen reagieren eher passiv und bewegen sich daher so wenig wie möglich. Bei einem ruhigen bzw. apathischen Verhalten Abb. 21: Sogenannte „Gebetsstellung“ sollte man (neben allen anderen möglichen Ursachen) auch eine Dehydratation (Austrocknung) in Betracht ziehen, da dem Tier durch Erbrechen und Durchfall viel Flüssigkeit verloren gehen kann. Kotverschmiertes Fell ist ein relativ sicheres Indiz für einen erhöhten Wassergehalt im Kot. Ein stumpfes Haarkleid und trockene Haut entwickeln sich bei fortgeschrittenem Nährstoffmangel, der z. B. durch eine Störung der
Nährstoffverdauung im Dünndarm entstehen kann. Tiere, die gleichzeitig an Juckreiz, Hautentzündungen und Verdauungsstörungen leiden, sind verdächtig für Futtermittelunverträglichkeiten und –allergien. Bei aggressivem Verhalten oder Reizbarkeit mit gleichzeitig übermäßigem Appetit könnte z. B. auch eine Pankreasinsuffizienz „dahinterstecken“.
Abb. 22: Klinische Allgemeinuntersuchung bei einem Hund.
Alle Patienten, die mit Verdauungsstörungen in der Tierarztpraxis vorgestellt werden, werden einer gründlichen klinischen Allgemeinuntersuchung sowie einer klinischen Untersuchung der Verdauungsorgane unterzogen. In der Allgemeinuntersuchung beurteilt man die Parameter Atmung, Puls, Körpertemperatur, Haarkleid und Haut, Schleimhäute und Lymphknoten. Die klinische Untersuchung der Verdauungsorgane beginnt am Kopf in der Mundhöhle und endet am Anus mit einer rektalen Untersuchung. Man achtet dabei insbesondere auf Abweichungen von der Norm, was gute Kenntnisse in der Anatomie und der Physiologie voraussetzt. Beispiele für häufig vorkommenden Abweichungen und Befunde bei Erkrankungen im Magen-Darmtrakt werden im Folgenden kurz aufgelistet. Mundhöhle, Speiseröhre Kau– oder Schluckbeschwerden sind häufig zu sehen nach Aufnahme ungeeigneter Objekte (z. B. Steine, Holzstückchen), Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre oder Schmerzen im vorderen Darmabschnitt. Eine trockene Mundschleimhaut sowie eine verlängerte Kapillarfüllungszeit sind typisch bei einer Dehydratation, mit Hilfe der Kapillarfüllungszeit erhält man zudem einen Eindruck der peripheren Durchblutung. Bei gesunden Tieren ist die Mundschleimhaut durch die Speichelsektion immer feucht und die Kapillarfüllungszeit dauert nicht mehr als 1-2 Sekunden. Die Kapillarfüllungszeit wird bestimmt, indem man die Mundschleimhaut durch Fingerdruck kurz „blutleer“ macht und anschließend beobachtet, wie lange es dauert, bis die normale Schleimhautfarbe zurückkehrt. Die „normale“ unpigmentierte Schleimhautfarbe von gesunden Hunden und Katzen ist rosa. Die Schleimhäute sind blass (anämisch = blutarm) im Falle einer akuten oder chronischen Blutung (z. B. bei blutigem Durchfall, Magen-Darmgeschwüren) sowie bei einer peripheren
Abb. 23: Manchmal ist eine gründliche Inspektion der Maulhöhle nur unter Sedierung möglich.
Minderdurchblutung im Schockzustand. Eine gelbliche Verfärbung (Ikterus, Gelbsucht) kann Folge einer Leber-, Pankreas- oder Gallenblasenerkrankung sein, eine gräuliche Verfärbung kommt zustande durch den Austritt von Plasma aus den Kapillaren („Undichtwerden“ der feinen Blutgefäße) und kann durch Schmerzen, Schock oder einer Enterotoxämie bei einer akuten Darmentzündung verursacht werden. Übermäßiger Speichelfluss tritt häufig auf bei Schluckbeschwerden oder einer Entzündung der Speiseröhre, Mundgeruch weist auf festsitzenden Futterbestandteile im Maul oder Speiseröhre, chronische Magendarmerkrankungen, Tumore der Mundhöhle und/oder Zahnerkrankungen hin. Bei einer Erkrankung der Speiseröhre kann die Palpation im Halsbereich schmerzhaft sein, ebenso sind Umfangsvermehrungen, Flüssigkeits- bzw. Luftansammlung in der Speiseröhre sowie vermehrtes Schlucken möglich.
Bauchorgane, Anus Weiterhin achtet man auf die Form und den Umfang des Abdomens, eingefallene Flanken können beispielsweise auf eine längere Nahrungsverweigerung oder starken Durchfall hindeuten, eine Zunahme des Bauchumfangs u. a. auf eine Überfüllung des Magens. Bei einer starken Ansammlung von Flüssigkeit nimmt der Bauchraum ein „birnenförmiges“ Aussehen an (Aszites). Ein Aszites entsteht durch eine hochgradige Hypoproteinämie (zu wenig Eiweiße im Blut), die sich sekundär bei einer chronischen Dünndarm- oder Lebererkrankungen entwickeln kann. Der wichtigste Bestandteil der Bauchuntersuchung ist die Palpation, die möglichst am stehenden Tier durchgeführt wird. Zunächst wird der Bauch vorsichtig abgetastet. Bei Schmerzen (z. B. infolge von Entzündungen im Darm, Pankreas, Bauchfell oder bei Darmverschlingungen) ist die Bauchdecke stark angespannt. Gelegentlich gelingt es, bei kooperativen Tieren durch eine sehr sorgfältige Untersuchung die schmerzende Stelle zu lokalisieren. Ein leerer Magen liegt vollständig innerhalb des Rippenbogens und ist daher nicht palpierbar, nach Aufnahme größerer Futtermengen ist er hinter dem Rippenbogen als unscharf umschriebene Masse fühlbar. Bei der Palpation des Abdomens können bestimmte Darmteile abgetastet werden. Der Dünndarm beim gesunden Tier rutscht einem als „geschmeidige Schlingen“ durch die Finger, was auf eine nicht veränderte Darmwand und wenig Inhalt hindeutet. Gas gefüllte Darmschlingen sind das Ergebnis einer herabgesetzten Darmmotilität, z. B. aufgrund einer hochgradigen Erkrankung der Darmwand oder einer Verstopfung. Auch bei alten Tieren mit Spongylarthrose (Arthrosen an den Wirbelkörpern) ist die Darmmotilität häufig herabgesetzt, weil die Nerven, die die Darmwand innervieren, dabei beschädigt sind. Bei den meisten Tieren kann das Kolon als derber Strang ertastet werden. Hat das Tier am Tag vor der Untersuchung keinen Kot abgesetzt, ist der Darmabschnitt deutlich gefüllt. Eine extreme Füllung findet man bei Verstopfungen, wobei der
Darminhalt durch Eindickung steinhart sein kann. Häufig vorkommende Veränderungen im Analbereich sind Perianalfisteln, Entzündungen der Analbeutel oder Tumore, die mit Störungen des Kotabsatzes, Inkontinenz oder Verstopfung einhergehen können. Durch eine rektale Untersuchung können vermehrte Schmerzhaftigkeit und/oder Veränderungen der Rektumschleimhaut erkannt werden. Wenn möglich sollte zum Abschluss der Palpation eine rektale Untersuchung durchgeführt werden, was bei Hund aufgrund der Größenverhältnisse meistens, bei Katzen nur in Ausnahmefällen möglich ist. Der Kot, der nach der rektalen Untersuchung am Hundschuh verbleibt, wird anschließend angeschaut. Es interessieren die Parameter: Farbe, Geruch sowie evtl. Beimengungen. Eine abnorme Färbung liefert wichtige Informationen und kann auf bestimmte Erkrankungen hinweisen. Zitronengelb (bei exokriner Pankreasinsuffizienz), von ockerfarben bis dunkelbraun oder orangefarben (bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen), dunkel grünlich (bei den meisten akuten Fällen von bakterieller Überwucherung), mit schwarzen Flecken durchsetzt, „kaffeesatzartig“ (bei immer wieder Abb. 24: Die dunklen Krümel auftretenden kleineren Blutungen im vorderen im Kot weisen auf verdautes Darmabschnitt oder Magen), vollständig schwarz Blut hin. (bei massiven Blutungen im gastrointestinalen Bereich). Deutlich fauliger Kotgeruch entsteht bei vermehrter Fermentation bes. Eiweiß abbauender Mikroorganismen im Darmkanal, säuerlicher Geruch bei Störung der Kohlenhydratverdauung im Dünndarm, nahezu geruchlos bei absolut unzureichender Verdauung. Schleim oder frisches Blut hat seinen Ursprung entweder im Blinddarm und/oder Kolon (gut mit dem Kot vermischt) oder im Rektum bzw. Anus (Kot ist mit frischem Blut überzogen). Der Kot ist von schmierig-öliger Konsistenz z. B. bei Pankreasinsuffizenz, klebrig bei Meläna, flüssigwässrig bei akutem sekretorischem Durchfall oder bei manchen Formen von chronischem Durchfall. Letztendlich kann das Auffinden von Fremdmaterial wie Plastik, Holz usw. bei der Aufklärung der Unsache einer Verdauungsstörung hilfreich sein. Auch die Auskultation des Bauchraums liefert wertvolle Hinweise. Darmgeräusche, die vielfach auch ohne Phonendoskop zu hören sind, entstehen durch Bewegungen von Gas und Flüssigkeit im Darmkanal. Sie sind entweder ein Zeichen einer starken bakteriellen Fermentation (z. B. bei Störung der Eiweiß- und Kohlenhydratverdauung in Dünndarm oder Störung der Abbauvorgänge im Dickdarm) oder kommen als „Normalbefund“ vor. „Normal“ ist es bei Tieren, die ihr Futter hastig herunter schlingen und dabei viel Luft mit abschlucken oder nach Aufnahme blähender Futtermittel (z. B. Hülsenfrüchte, Kohl). In solchen Fällen kommt es oft zu Blähungen, was der Besitzer meistens weitaus störender empfindet als das Tier selbst. Abhängig von den Informationen aus dem Vorbericht und der klinischen Untersuchung sind häufig weitere Tests nötig, um im Einzelfall eine Diagnose zu stellen bzw. abzusichern.
Kotuntersuchungen gehören zu den diagnostischen Maßnahmen, die routinemäßig bei allen Verdauungsstörungen durchgeführt werden sollten. Neben der bereits erwähnten makroskopischen Beurteilung sind weitere Test aussagekräftig: ¾ Mikroskopie: Nachweis unverdauter Nahrungsbestandteile („Kotausnutzung“) ¾ Flotationsverfahren: Nachweis von Parasiteneiern (Rundwürmer, Hackenwürmer, Bandwürmer) und Kokzidien (Protozoen) ¾ Mikrobiologische Untersuchung: darmpathogene Bakterien (Salmonellen, Campylobacter-Spezies, enteropathogene E. coli, Clostridien, Yersinia) ¾ Immunologische Test: Nachweis von Viren (z. B. Parvovirus, Coronavirus, Paramyxovirus, Staupevirus) und Giardien (Protozoen)
Abb. 25: Einzeller-Darmparasiten: Giardien (1.; elektronenmikroskopisch); Kokzidien-Oozyste (Isospora canis; 2. ; lichtmikroskopisch)
Ein positiver Nachweis von Darmparasiten und potenziell pathogenen Bakterien bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass diese auch die Ursache der aktuellen Verdauungsstörung sind. Einige Tiere sind lediglich Träger und tolerieren einen geringen Befall symptomlos. Die Untersuchungen von Blut (großes Blutbild, Elektrolyte, chemisches Profil) und Harn sind immer dann sinnvoll, wenn der Verdacht einer systemischen Erkrankung besteht, bei der die Verdauungsstörungen nur ein Begleitsymptom ist. Auch bei geringgradigen und/oder immer wiederkehrenden Symptomen kann mit Hilfe solcher „Screening-Tests“ der Gesundheitszustand besser beurteilt werden. Relevante Befunde, die mit Verdauungsstörungen im Zusammenhang stehen können, sind: ¾ Erniedrigter Hämatokrit bei akuten oder chronischen Blutungen im MagenDarm-Trakt ¾ Anstieg der neutrophilen Granulolzyten bei entzündlichen Erkrankungen ¾ Anstieg der eosinophilen Granulozyten bei Parasitenbefall und eosinophiler Gastroenteritis ¾ Mangel an Lymphozyten bei Immundefekten, Stress und als Veränderungen an den Lymphgefäßen ¾ Hypoproteinämie (zu geringer Bluteiweißgehalt) bei Proteinverlustenteropathie Bestimmte Blutparameter geben Auskunft über die Organfunktion: ¾ Der TLI-Test (Trypsin-Like-Immunoreactivity) misst die pankreasspezifischen Enzyme Trypsin und Trypsinogen im Blut und wird zur Überprüfung der Pankreasfunktion durchgeführt. Bei einigen Formen einer
¾
¾
¾
Bauchspeicheldrüsenentzündung ist der TLI-Wert sehr hoch, bei einer Pankreasinsuffizienz liegt er deutlich unter dem Normalwert. Der Test der Pankreaslipase Immunoactivity (PLI) lässt eine genauere Diagnose einer Pankreasentzündung zu, da ausschließlich pankreasspezifische Lipase nachgewiesen wird. Dieser Test ist seit längerem für den Hund (cPLI = canine PLI) und seit einiger Zeit auch für die Katze (fPLI = feline PLI) verfügbar. Mit Hilfe der Konzentrationen von Cobalamin- und Folsäure ist es möglich eine Aussage über die Resorptionsleistung des Dünndarms zu treffen. Niedrige Cobalaminwerte werden bei bakterieller Überwucherung des proximalen Dünndarms oder Erkrankungen des distalen Dünndarms, dem Resorptionsort von Cobalamin, festgestellt. Hohe Folsäurewerte treten bei Überwucherung des proximalen Dünndarms auf (diese Bakterien bilden Folsäure), niedrige Folsäurewerte sprechen für eine Störung der Resorptionsleistung im Jejunum. Gallensäurewerte sind hilfreich bei der Beurteilung der Leberfunktion.
Zur Abklärung der Ursache werden von den veterinärmedizinischen Untersuchungslabors sinnvolle Kombinationen verschiedener Parameter als sogenannte „Durchfallprofile“ angeboten. In bestimmten Fällen ist auch eine diagnostische Therapie angezeigt. Typische Beispiele dafür sind: ¾ Verabreichung einer Wurmkur, selbst wenn in der Kotprobe keine Parasiteneier gefunden wurden ¾ fettreduzierte Diät z. B. bei Verdacht auf eine Erkrankung des Magens oder der Bauchspeicheldrüse ¾ Eliminationsdiät bei Verdacht auf eine Futtermittelallergie (siehe Kapitel 5) ¾ laktose- bzw. glutenfreie Diät bei Verdacht auf eine Futtermittelunverträglichkeit ¾ immunsuppressive Behandlung z. B. bei Verdacht auf Inflammatory Bowel Disease (IBD, siehe Kapitel 5) ¾ rohfaserreiches Futter bei chronischem Dickdarmdurchfall Als bildgebende Verfahren werden die Röntgen- und die Ultraschalluntersuchung durchgeführt, als direkte Untersuchung die Endoskopie. Weitere, noch speziellere Untersuchungsmethoden wie Computer- und Magnetresonanz-Tomographie stehen bisher nur in wenigen Tierkliniken und den tierärztlichen Hochschulen zur Verfügung. Jedes dieser Verfahren hat spezifische Vor- und Nachteile. Insbesondere die Röntgen- und Ultraschalluntersuchung werden häufig kombiniert, da sie sich in ihren Befunden gut ergänzen. Beispielsweise kann man mit einer Röntgenaufnahme den gesamten Bauchraum darstellen, bei einer Ultraschalluntersuchung immer nur einen kleinen Abschnitt. Das heißt im Idealfall kann mit einer Röntgenaufnahme sofort eine Diagnose gestellt werden (z. B. strahlendichter Fremdkörper). Eindeutige Indikationen für eine Röntgenaufnahme sind: Erbrechen, Regurgitation, akutes Abdomen (hochgradig schmerzhafter Bauch), Verstopfung, Bauchschmerzen, aufgeblähter Bauch oder ein abnormaler Palpationsbefund. Bei Tieren mit chronischem Durchfall oder mit Flüssigkeitsansammlungen im Bauchbereich (Bauchorgane schlecht oder gar nicht zu differenzieren) sind Röntgenuntersuchungen selten aussagekräftig. Zu den Magendarmerkrankungen, die mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung zu diagnostizieren sind, zählen Darminvagination (Einstülpung eines Darmabschnittes in einen anderen),
Pankreasentzündung, Gallenerkrankungen.
Darmwandverdickungen,
Tumore
sowie
Leber-
und
Abb. 26: Röntgenaufnahmen des Abdomens: Flüssigkeitsansammlungen erschweren die Beurteilung, da die Bauchorgane schlecht oder gar nicht zu differenzieren sind.
Die Darmmotilität kann bei der Röntgenuntersuchung nur indirekt durch Gabe von Kontrastmitteln, beim Ultraschall direkt überprüft werden. Ein Vorteil der UltraschallUntersuchung ist zudem die Möglichkeit, Ultraschall-kontrollierte Gewebeproben zu entnehmen. Der größte Vorteil der Endoskopie liegt darin, dass die Schleimhautoberfläche direkt begutachtet werden kann. Darüber hinaus hat man die Möglichkeit, unter direktem Sichtkontakt gezielt Proben für eine zytologische und histologische Untersuchung (Untersuchung von Zellen und Gewebe) zu entnehmen. Mit dieser Methode kann der Verdauungstrakt mit Ausnahme des Jejunums und Teile des Ileums untersucht werden. Eine endoskopische Untersuchung wird in der Regel erst im Anschluss an andere Untersuchungsmethoden durchgeführt. Ihr Hauptnachteil ist die Notwendigkeit einer Allgemeinnarkose, d. h. bei nicht narkosefähigen Patienten ist eine Endoskopie nicht möglich. Die Hauptindikationen sind anhaltendes oder immer wiederkehrendes Erbrechen und/oder chronischer Durchfall, die weder auf eine symptomatische noch auf eine diätetische Therapie ansprechen, Gewichtsverlust und Tenesmus. •
Allgemeine diätetische Empfehlungen
Die Grundlage der Behandlung von Magendarmerkrankungen sind diätetische Maßnahmen. Ist die Ernährung die Ursache, ist eine diätetische Korrektur relativ einfach. Beispiele dafür sind die Aufnahme von verdorbenem oder zu kaltem Futter, ungeeignetes Futter bei Vorliegen einer Futtermittelunverträglichkeit, abrupter Futterwechsel oder schlichtweg Überfressen. Bei allen anderen Ursachen kann die richtige Diät - allein oder in Kombination mit Medikamenten - den Heilungsverlauf unterstützen. Ist der Auslöser von akutem Erbrechen und Durchfall bekannt, muss natürlich entsprechend behandelt werden, z. B. medikamentelle Behandlung bei Wurmbefall
oder Infektion. In den meisten Fällen bleibt die Ursache jedoch unklar und man behandelt die Tiere zunächst symptomatisch. Eine kurzfristige strikte Nahrungskarenz zählt zu den diätetischen Standardempfehlungen bei einer akuten Gastroenteritis. Das heißt, man versucht den Magen-Darmtrakt zu entlasten, in dem man die Patienten für mindestens 24 Stunden auf eine „Nulldiät“ setzt, bei ausreichender Versorgung mit Flüssigkeit und Elektrolyten. Wenn das Tier Wasser erbricht, dehydriert (augetrocknet) ist oder Störungen im Elektrolythaushalt Abb. 27: Prüfung auf Dehydratation aufweist, werden Flüssigkeit und (Austrocknung): Aufziehen einer Hautfalte Elektrolyte per Infusion verabreicht, ansonsten stehen Wasser und/oder Elektrolytlösungen zur freien Aufnahme zur Verfügung. Die „Ruhepause“ für das Verdauungssystem hat den Sinn, die Menge nicht resorbierter Nährstoffe im Darm zu verringern, um eine osmotische Diarrhöe und eine bakterielle Überwucherung zu verhindern. Zudem reduziert sich dadurch auch die Antigenbelastung für die Darmschleimhaut. Nach einer Fastenperiode von 24 – 48 Stunden stellt man auf eine hochverdauliche „Schonkost“ um, die auf mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt wird. Augrund der nachteiligen Wirkungen auf die intestinale Mikroflora und die Darmschleimhaut ist eine längere Nahrungskarenz nicht zu empfehlen. Bei lang anhaltenden Hungerphasen besteht sogar die Gefahr einer DünndarmzottenAtrophie, d. h. die Absorptionsfläche der Darmschleimhaut wird geringer und im Bürstensaum finden sich vermehrt unreife Enterozyten, was wiederum die Verdauungskapazität negativ beeinflusst. Katzen vertragen einen Nahrungsentzug generell schlechter als Hunde, besonders bei übergewichtigen Katzen besteht die Gefahr, eine hepatische Lipidose (schwere Stoffwechselerkrankung mit exzessiver Fettansammlung in der Leber als Folge einer fehlenden oder zu geringen Nahrungsaufnahme) zu entwickeln. Aus diesem Grund ist es nicht ratsam, solche Tiere auf eine „Nulldiät“ zu setzten. Ebenso sollten Jungtiere mit gestörtem Allgemeinbefinden nicht hungern. Um den Darm wieder „zu beruhigen“, reicht es bei Welpen mit Durchfall in der Regel aus, 1-2 Mahlzeiten Abb. 28: Nahrungsverweigerung auszusetzen. Nach Abklingen der Symptome kann erhöht bei übergewichtigen Katzen man den Patienten langsam wieder von der das Risiko einer hepatischen Liüpidose. hochverdaulichen Diätnahrung auf sein normales Futter umstellen (vorausgesetzt das Futter war nicht der Auslöser). In bestimmten Fällen hat sich auch das „Durchfüttern“ bis zum Abklingen der Verdauungsstörungen als erfolgreiche Alternative erwiesen. In einer Studie an Hundewelpen, die mit Parvovirus infiziert waren, zeigte sich, dass der Zustand von Welpen, die trotz Durchfallsymptomatik frühzeitig Nahrung per Nasenschlundsonde erhielten, signifikant besser war und sie schneller an Gewicht zunahmen als die Kontrollgruppe (MOHR et al. 2003). Die Kontrollgruppe erhielt erst Futter, wenn seit dem letzten
Erbrechen mindestens 12 Stunden vergangen waren, die Versuchsgruppe die ganze Zeit. Diese Untersuchung unterstreicht die Bedeutung der Nahrungsaufnahme für die Funktionsfähigkeit der Schleimhaut. Auf der anderen Seite ist allerdings zu beachten, dass bei einer Entzündung der Darmschleimhaut möglicherweise die Gefahr einer erleichterten Passage von Antigenen und der Entwicklung einer Futtermittelallergie besteht. Bei chronischen oder immer wiederkehrenden Symptomen wie Erbrechen und Durchfall ist die Fütterung abhängig von der Lokalisation der Erkrankung (Magen, Dünndarm, Dickdarm; siehe hierzu auch Kapitel 5). Futtermittel mit einer hohen Energiedichte (höherer Fettgehalt) haben den Vorteil, dass zur Bedarfsdeckung kleinere Futtermengen ausreichen. Bei Erkrankungen im Dickdarmbereich verwendet man faserreiche, aber trotzdem hochverdauliche Diäten. Besteht eine Futtermittelallergie werden „hypoallergene“ Diäten mit wenigen verschiedenen Komponenten und genau definierter Zusammensetzung verwendet. Sie werden entweder selbst zubereitet (was allerdings genaue Kenntnisse der Rationskalkulation voraussetzt) oder sind kommerziell erhältlich. Die kommerziellen Produkte enthalten Inhaltsstoffe, die selten Allergien auslösen und/oder Proteinquellen, denen das Tier bisher vermutlich noch nicht ausgesetzt war. Auch spezifische Diäten mit hydrolysierten Eiweißen sind eine interessante Alternative bei der Behandlung von Futtermittelallergien, wenn die Tiere auch eine „normale antigenreduzierte“ Diät nicht ansprechen (siehe Kapitel 5, Futtermittelallergie, -unverträglichkeit) . •
Fütterungstechnik
Zur Entlastung des Magen-Darm-Traktes wird die Tagesration auf mehrere kleine Mahlzeiten aufgeteilt. Dabei kann es von Vorteil sein, zur Vermeidung von mechanischen Irritationen das Futter in breiiger Form anzubieten. Aus diesem Grund sollten bei akuten Magen-Darm-Erkrankungen generell auch keine rohfaserreichen Futtermittel oder Knochen verabreicht werden. Leicht erwärmtes Futter (Körpertemperatur) und Futter mit Raumtemperatur wird lieber gefressen und besser vertragen als zu kaltes oder zu warmes Futter. Bei Hunden und Katzen, die Feuchtfutter bekommen, kann sogar die Fütterung „direkt aus dem Kühlschrank“ der eigentliche Auslöser der Verdauungsstörungen sein. Bei akuten Erkrankungen wird die Magen-Darm-Diät so lange gefüttert, bis sich die Verdauung normalisiert hat. Die Futterumstellung auf das „normale“ Futter sollte schonend erfolgen, indem man über mehrere Tage das Diätfutter mit dem „normalen“ Futter mischt, wobei der Anteil des Diätfutters langsam reduziert wird. Bei chronischen Verdauungsstörungen richtet sich die Fütterung nach den individuellen Reaktionen des Patienten, was man häufig nur durch Ausprobieren heraus bekommen kann. Ist ein verträgliches Futtermittel und eine geeignete Fütterungsmethode gefunden, behält man diese am besten bei. Da ein plötzlicher Futterwechsel sehr häufig zu Verdauungsstörungen führt, ist ein abrupter Futterwechsel generell zu vermeiden.
5
Spezifische Erkrankungen und diätetische Lösungen
Bei Hunden und Katzen mit gastrointestinalen Symptomen kann der eigentliche Sitz der Erkrankung an ganz unterschiedlichen Stellen im Körper lokalisiert sein. Diesen herauszufinden ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie einschließlich der geeigneten diätetischen Maßnahmen. Im folgenden Kapitel sollen nur Erkrankungen besprochen werden, die direkt Magen und Darm betreffen. Streng genommen gehören dazu auch noch die Lebererkrankungen, da die Leber auch als Anhangsdrüse des Gastrointestinaltraktes verstanden werden kann. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben der Leber im Stoffwechsel und der Komplexität ihrer Funktionen soll ihr jedoch ein eigenes Fernkolleg gewidmet werden. Bei der „Ursachenforschung“ sollte immer bedacht werden, dass Erbrechen und Durchfall auch als Begleitsymptome zahlreicher Erkrankungen mit Sitz außerhalb des Verdauungstraktes auftreten können (z.B. chronische Niereninsuffizienz, Pyometra).
Leber: Magen: Dickdarm:
• Entzündung • Galleabfluss gestört
• Übersäuerung • Magengeschwür
• Entzündung • Gestörte Motorik • Wasserabsorption gestört
Pankreas: Dünndarm: • Entzündung • Gestörte Absorption
• Entzündung • Enzymmangel (EPI)
Abb. 29: Der Sitz der Grunderkrankung kann bei Magen-Darm-Störungen sehr variabel sein. 5.1.
Erkrankungen des Magens
Zu den Erkrankungen des Magens, die hier besprochen werden sollen, gehören: akute und chronische Magenschleimhautreizung/-entzündung (Gastritis) mit dem Magengeschwür (Ulcus) als Extremform, Übersäuerung des Magens (Hyperazidität) und unzureichende Produktion von Magensäure (Hypoazidität). Die Diätetik bei Erkrankungen des Magens verfolgt drei Ziele: a) Überladung des Magens vermeiden b) Förderung einer zügigen Magenentleerung c) Minimierung der Reizung der Magenschleimhaut Zu a): Eine zu schnelle, zu starke Füllung des Magens kann bei magenempfindlichen Tieren Erbrechen auslösen. Vermeiden lässt sich die Magenüberladung sehr einfach
durch die Aufteilung der Tagesfuttermenge auf zahlreiche (ca. 4-5) kleine Mahlzeiten. Die Verwendung einer hochverdaulichen und energiedichten Nahrung trägt ebenfalls dazu bei, das Rationsvolumen gering zu halten. Dabei darf die Energie der Nahrung jedoch nicht hauptsächlich aus Fett stammen (siehe unten). Zu b): Eine kurze Verweildauer der Nahrung im Magen ist bei Reizung und Entzündung der Magenschleimhaut ebenfalls anzustreben, um ihre Schonung und Heilung zu begünstigen. Hierfür spielt sowohl die Konsistenz als auch die Zusammensetzung der Nahrung eine Rolle. Je flüssiger das Futter ist, desto schneller wird es den Magen wieder verlassen. Es empfiehlt sich also, magenkranken Hunden und Katzen das Futter stark eingeweicht bzw. mit Abb. 30: Große Mahlzeiten sind bei Erkrankungen des Wasser vermengt, am besten suppig, anzubieten. Bei der Magens kontraindiziert „Flüssigfütterung“ gibt es große individuelle Unterschiede (Bild: www. hinsichtlich der Akzeptanz zwischen Einzeltieren. Sollte publications.royalcanin.com) sich diese Form der Fütterung bei einem Patienten als problematisch erweisen, ist die Verdünnung der Nahrung schrittweise zu steigern, wobei die Verwendung von warmem Wasser die Akzeptanz steigern kann. Es gilt die Prämisse „so flüssig wie möglich“. Unterschiedliche Nährstoffe haben unterschiedlichen Einfluss auf die Magenentleerung. Hohe Fett- und Fasergehalte verzögern sie. Eine Magenschonkost sollte daher fett- und faserarm sein. Zu beachten ist, dass auch lösliche Fasern die Magenentleerung verzögern können. Ihr Gehalt ist nicht direkt am Futtermitteletikett ablesbar, da sie analytisch nicht bei der Rohfaser erfasst werden. Man kann ihren Gehalt ungefähr anhand der Differenz zwischen Rohfaser- und Gesamtfasergehalt abschätzen (Angaben dazu finden sich in der ausführlichen Produktbeschreibung z.B. aus dem Produktbuch, nicht auf der Verpackung selber). Solche löslichen Fasern werden aufgrund ihrer gelbildenden Eigenschaften auch in vielen Feuchtnahrungen eingesetzt, um ihnen eine „schnittfeste“ Konsistenz zu geben. Guar und Johannisbrotkernmehl gehören dazu. In hoher Menge eingesetzt, behalten diese Faserstoffe die Gelbildung auch im Magen bei und verzögern eine Verflüssigung des Nahrungsbreis, was zu einer längeren Verweildauer des Futters im Magen führen kann. Zu c): Eine Reizung der Magenschleimhaut kann auf mechanischem (Kontakt mit festen Nahrungsbestandteilen) oder chemischem Wege (direkte Wirkung der Nahrungsbestandteile oder Stimulierung der Magensaft-Bildung) erfolgen. Mechanische Irritationen können verhindert werden, indem Trockenfutter nur gut eingeweicht (mit warmem Wasser, ca. 30 min vor der Fütterung) verabreicht wird. Bei Feuchtnahrung oder selbst zubereiteten Rationen kann es hilfreich sein, diese vor der Fütterung zu pürieren. Chemische Irritationen können über die Nährstoffzusammensetzung der Ration beeinflusst und begrenzt werden. Die Vermeidung einer zu hohen Eiweißzufuhr leistet hier einen wichtigen Beitrag, da Proteine die Magensäuresekretion besonders stark anregen. Durch Magensäure wird das eiweißspaltende Enzym Pepsin im Magen aktiviert, welches durch „Verdauung“ von Gewebsproteinen der Magenwand die Bildung eines Magengeschwürs vorantreiben kann. Normalerweise ist die Magenschleimhaut durch eine Schleimschicht vor einer Verätzung durch die Magensäure und Selbstverdauung durch Pepsin geschützt. Im Krankheitsfall ist diese Schutzschicht jedoch nicht mehr in ausreichendem Maße vorhanden. Hunde
und Katzen erbrechen häufig auf nüchternen Magen. Sie benötigen eine Diät mit moderatem Eiweißgehalt. Die Anforderungen an eine Schonkost für magenkranke Hunde und Katzen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Möglichst flüssige Konsistenz ohne feste Stückchen 2. Fettarm und faserarm 3. Energiereich und leicht verdaulich 4. Eiweißgehalt nicht zu hoch, hohe Eiweißqualität 5. Viele kleine Mahlzeiten (mind. 4-5/Tag). 5.2 Erkrankungen des Dünndarms Im Dünndarm finden der enzymatische Aufschluss der Nahrung und die Aufnahme der Nährstoffe in das Blut bzw. die Lymphe statt. Eine funktionelle Störung in diesem Bereich – z.B. durch eine Infektion mit Bakterien, Parvo- und andere Viren oder Parasiten - wirkt sich daher direkt auf die Versorgung des Gesamtorganismus mit Nährstoffen aus. Dies ist unter anderem daran zu erkennen, dass Hunde und Katzen mit einer Dünndarmerkrankung sehr schnell an Gewicht verlieren, was bei „Dickdarmpatienten“ nicht der Fall ist. Die Struktur des Dünndarms ist gekennzeichnet durch eine starke Vergrößerung der resorptiven Oberfläche durch das System von Zotten, Krypten und Mikrovilli. Voraussetzung für eine effiziente Abb. 31: Wurmbefall (hier: Strongyloides) kann Verdauung ist die Unversehrtheit dieser eine Dünndarmentzündung verursachen. (Bild: anatomisch-histologischen Struktur. www.publications.royalcanin.com) Erkrankungen, die z.B. die Zotten zerstören oder die schnelle Zellteilung und somit den Ersatz von Darmepithel in den Krypten beeinträchtigen, bewirken eine starke Reduktion der Verdauungsleistung. Ist in erster Linie die Aufnahme der Nährstoffe aus dem Darm gestört, spricht man von Malabsorption, liegt ein verminderter enzymatischer Aufschluss der Nahrung vor, von Maldigestion. Blutungen im Dünndarm sind nicht immer leicht zu erkennen, da das Blut verdaut (als sog. Melaena) ausgeschieden wird: Melaena sieht schwarz und feinkrümelig aus. Die Diätetik bei Dünndarmerkrankungen hat die folgende Zielsetzung: a) b) c) d)
Versorgung mit Energie und Nährstoffen sichern, Gewichtsverlust verhindern Eingeschränkte Verdauungsleistung ausgleichen Darmmotorik regulieren Schnelle Regeneration der Darmschleimhaut fördern
Zu a): Wie bereits erwähnt, sind insbesondere chronische Dünndarmerkrankungen häufig mit einem erheblichen Gewichtsverlust verbunden, den es aufzuhalten gilt. Die Diät muss also eine hohe Energiedichte aufweisen, dabei auch von kranken Tieren gerne gefressen werden und muss gleichzeitig sehr gut verträglich und verdaulich sein. Diese Vorgaben werden am besten durch eine relativ fettreiche Diät (ca. 2022% Fett in der Trockensubstanz) mit einer gut aufgeschlossenen Stärkequelle (z.B. gekochter Reis) und hochverdaulichen Proteinen (Verdaulichkeit nicht unter 90%)
erfüllt. Sofern keine Hinweise auf eine gestörte Fettverdauung oder erhöhte Blutfettwerte vorliegen, besteht kein Grund dafür, eine fettarme Ration zu wählen. Fett ist grundsätzlich hochverdaulich (über 90%) und liefert 2,5x so viel Energie wie dieselbe Menge Kohlenhydrate oder Proteine. Außerdem steigert es die Akzeptanz des Futters. Um die Versorgung mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen sicher zustellen, sollte eine Diät für Hunde und Katzen mit Dünndarmerkrankungen als Alleinfutter konzipiert sein. Hausmannskost à la Huhn & Reis erfüllt diese Forderung nicht, sofern sie nicht mit einem passenden Vitamin-Mineralfutter ergänzt wird. Zu b): Hunde und Katzen mit Erkrankungen des Dünndarms können die Nahrung nur eingeschränkt verwerten: Aufschluss und/oder Absorption der Nährstoffe sind reduziert. Diätetisch kann man dies durch besonders hochverdauliche Rohstoffe ausgleichen, die dem Verdauungstrakt des Patienten „weniger Arbeit machen“. So können trotz eingeschränkter Verdauungsleistung genug Nährstoffe zur Deckung des Tagesbedarfs jenseits der Darmschranke bereitgestellt werden. Die größte Herausforderung in diesem Zusammenhang stellt die Auswahl und sinnvolle Zusammenstellung hochverdaulicher Proteinquellen dar. Grundsätzlich sind tierische Eiweißquellen wie Muskelfleisch, laktosearme Milchprodukte (Quark, Hüttenkäse) und Eier besser verdaulich als pflanzliche. Es gibt jedoch auch Ausnahmen von dieser Regel: Bindegwebige Schlachtabfälle sind zwar Eiweißlieferanten, ihre Verdaulichkeit im Dünndarm ist jedoch schon beim gesunden Tier begrenzt, so dass ihr Einsatz in einer Diät zur Behandlung von Dünndarmerkrankungen nicht zu empfehlen ist.
Weizengluten Wheat
99
Soya Sojaisolat
95
Schwein (als Tiermehl) pork
92
Geflügelmehl “Low ash”
88
Lamm-Mehl (High quality)
88
Maisgluten
86 7
8
8
9
9
10
digestibility % % (im Dünndarm) Verdaulichkeit Abb. 32: Verdaulichkeit verschiedener Proteinquellen im Vergleich Auf der anderen Seite gibt es pflanzliche Proteine wie Weizengluten oder Sojaproteinisolat in qualitativ so hochwertigen Varianten, dass sie in Bezug auf die Verdaulichkeit tierische Eiweißlieferanten sogar übertreffen (Verdaulichkeit von fast 100% im Dünndarm; zum Vergleich: hochwertiges Geflügelmehl mit 88%; siehe Abb. 32). Fette werden in der Regel sehr gut verdaut, hier ist auf einen ausreichenden Gehalt an essenziellen Fettsäuren (Linolsäure und Alpha-Linolensäure; Katze auch Arachidonsäure) zu achten. Kohlenhydrate (Stärke) sollten gut aufgeschlossen sein, was durch Erhitzen (z.B. Kochen) zu erreichen ist. Mineralstoffe in chelatierter (= an Aminosäuren gebundener) Form sind besser bioverfügbar als ihre mineralischen Salze.
Zu c): Dünndarmerkrankungen gehen häufig mit einer Störung der Darmmotorik einher. Ein zu schneller Darmtransit lässt den körpereigenen Enzymen nicht genug Zeit, auf den Nahrungsbrei einzuwirken um die Nährstoffe ausreichend aufzuschließen. Gleichzeitig sind die ohnehin eingeschränkten Absorptionsmechanismen bei verkürzter Kontaktzeit des Nahrungsbreis mit der Darmwand ebenfalls überfordert. Das Gleiche gilt bei einer mangelhaften Durchmischung des Darminhaltes infolge einer Peristaltik mit unzureichender Intensität. Diätetisch kann im Dünndarm die Konsistenz des Nahrungsbreis (Chymus) beeinflusst werden, indem Flüssigkeit gebunden und die Viskosität (übersetzt etwa: „Zähigkeit“) des Darminhalts erhöht wird. Lösliche Fasern wie Pektine oder Psyllium (Abb. 33) erfüllen diese Aufgabe über ihre Gel bildenden Eigenschaften. Durch die Beimischung eines Anteils unlöslicher Fasern (Rohfaser wie z.B. Lignozellulose) kann der Wasserbindungseffekt noch gesteigert werden. Alles zusammen verzögert den Weitertransport des Chymus, wodurch Aufschluss und Absorption effizienter werden. Zu d) Bei Hunden und Katzen mit Dünndarmerkrankungen ist die schnelle Regeneration der Dünndarmschleimhaut oberstes Ziel, um eine effiziente Verdauungsleistung wieder herzustellen. Auch hierzu kann die Diätetik einen wertvollen Beitrag leisten: Langkettige Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl (EPA & DHA) helfen, Entzündungen der Darmwand zu begrenzen. Tonerdeminerale wie z.B. Zeolith binden Abb. 33: Psyllium (Flohsamen): Blütenstand, Wasser und Toxine und stellen eine Art ganze Samen und Samenschalen „Pflaster“ für die angegriffene Darmschleimhaut dar. Nicht zuletzt kann über fermentierbare Fasern wie z.B. FOS (Fructo-Oligosaccharide) ein Beitrag zur Ernährung der Darmschleimhaut geleistet werden: Diese Nahrungsfasern können zwar nicht durch körpereigenen Enzyme abgebaut werden, wohl aber von den Darmbakterien. Dabei entstehen sogenannte kurzkettige Fettsäuren (z.B. Butter- oder Milchsäure), die die Zellen der Darmwand (Enterozyten) direkt über Diffusion ernähren und somit den Heilungsprozess unterstützen können. 5.3 Erkrankungen des Dickdarms Liegt eine Erkrankung des Dickdarms vor, ist in erster Linie die Absorption von Wasser (Eindickung der Fäzes) sowie die Absorption der Elektrolyte gestört. Bei Dickdarmdurchfällen wird zu wenig Wasser absorbiert und in der Konsequenz entsteht Durchfall. Bei Darmträgheit ist das Gegenteil der Fall: Durch die verlängerte Verweildauer des Chymus im Dickdarm wird dem Kot zu viel Wasser entzogen: Der Kot wird trocken und hart, das Tier hat zunehmend Probleme mit dem Kotabsatz und es kommt zur Verstopfung. Weiterhin kann die Eigensynthese der B-Vitamine eingeschränkt sein, da diese zum Teil von den Dickdarmbakterien gebildet werden. Störungen der Dickdarmmotorik sind nicht nur eine häufige Ursache für Verstopfung sondern verstärken auch bei Dickdarmdurchfällen die Symptomatik (so wohl zu viel als auch zu schwache Darmbewegungen wirken sich hier ungünstig aus). Typische Anzeichen eines Dickdarmdurchfalls sind der Verlust der Stubenreinheit, Drängen
auf Kot und der häufige Absatz kleiner Mengen weichen bis flüssigen Kots. Die diätetische Behandlung von Dickdarmerkrankungen hat folgende Ziele: a) b) c) d)
Regulierung der Darmmotorik Verbesserung der Kotkonsistenz Begrenzung von Entzündungssymptomen Sicherstellung eine ausreichenden Versorgung mit Vitaminen
Mineralstoffen und B-
Zu a) Um eine Normalisierung der Darmmotorik im Bereich des Dickdarms zu erreichen, ist eine ausreichende Füllung dieses Darmabschnittes anzustreben, da über den Füllungsdruck reflektorisch die Peristaltik ausgelöst wird. Letztere dient nicht nur dem Transport des Chymus Richtung „Ausgang“, sondern durchmischt den Chymus auch und bringt ihn mit der Darmwand in intensiven Kontakt, was die Absorption von Wasser (und Nährstoffen) verbessert. Da alle verdaulichen Nährstoffe bereits im Dünndarm aufgeschlossen und absorbiert werden, ist eine vermehrte Dickdarmfüllung nur über eine Erhöhung unverdaulicher Futterkomponenten in der Diät zu erreichen: der Nahrungsfasern. Dies erscheint zunächst im Sinne einer gezielten Magen-Darm-Diätetik paradox: Schließlich sind hierbei eine hohe Verdaulichkeit und Energiedichte das oberste Ziel. Ein hoher Fasergehalt bewirkt das Gegenteil, da Fasern keine bzw. wenig Energie liefern und die Verdaulichkeit aller anderen Nährstoffe senken. Die Kunst besteht darin, die Auswahl der Nahrungsfasern und ihre Menge so zu optimieren und mit hochverdaulichen Quellen der anderen Makronährstoffen (Fette, Kohlenhydrate und Proteine) zu kombinieren, dass eine faserreiche und dennoch relativ energiedichte und hochverdauliche Diät entsteht. Um dies zu erreichen, werden unlösliche Fasern (Ballaststoffe wie z.B. Lignozellulose) mit löslichen, fermentierbaren Fasern (z.B. FOS) in einem optimalen Mischungsverhältnis eingesetzt. Zu b) Durch die Regulation der Darmmotorik wird die Absorption von Wasser aus dem Darminhalt und somit auch die Kotqualität verbessert. Dieser Effekt kann durch den Einsatz von Faserstoffen mit hoher Wasserbindungskapazität noch verbessert werden (Abb. 34). Das Resultat ist eher „kosmetisch“: Weil diese Fasern Wasser aufnehmen, ist der abgesetzte Kot besser geformt. Dies kann dazu beitragen, die Stubenreinheit wieder herzustellen oder Katzenbesitzern die Reinigung der Katzentoilette erleichtern. Grundsätzlich sollte aber das Ziel sein, fäkale Wasserverluste zu minimieren, d.h. die Gesamt-Kotmenge sollte nicht zu hoch sein.
20 sec
+ Abb. 34: Wasserbindungsfähigkeit von Lignozellulose
=
Zu c) Entzündungen im Bereich des Dickdarms und Enddarms können für das Tier sehr schmerzhaft sein und kommen als Ursache einer gestörten Darmmotorik in Betracht. Das schmerzbedingte, wiederholte Pressen beim Kotabsatz (Tenesmus) ist ein typisches Symptom bei Dickdarmentzündungen. Wie in anderen Organsystemen wie der Haut und den Gelenken, können Omega-3-Fettsäuren im Futter auch hier dazu beitragen, Entzündungssymptome zu lindern. Speziell die langkettigen Omega3-Fettsäuren EPA&DHA haben sich hierfür als wirksam erwiesen. Zu d) Da bei Dickdarmdurchfällen von mäßig erhöhten Verlusten bzw. einer gestörten Absorption der Elektrolyte und einer reduzierten Synthese von B-Vitaminen durch die Darmbakterien auszugehen ist, sollte die Diät entsprechende „Sicherheitszuschläge“ dieser Nährstoffe enthalten (B-Vitamine x 2, Elektrolyte leicht erhöht zur sicheren Bedarfsdeckung). Spezialfall Megacolon: Bei der Katze ist eine durch wiederholte Anschoppung großer Kotmengen im Dickdarm gekennzeichnete Erkrankung beschrieben, bei der sich die Darmmotorik nicht mehr durch erhöhten Füllungsdruck anregen lässt. Hier liegt eine Störung der Innervation des Dickdarms vor. Faserreiche Diäten sind in solchen Fällen kontraindiziert, da sie ihre mechanische Wirkung nicht entfalten können, sondern die Anschoppung von Kotmassen nur beschleunigen. Megacolon-Patienten sollten mit einer hochverdaulichen Diät gefüttert werden, damit möglichst geringe Kotmengen im Dickdarm anfallen. Ggf. empfiehlt sich der begrenzte Einsatz löslicher Fasern mit Schleim bildenden Eigenschaften (Psyllium) um die Fäzes geschmeidig zu halten und den Kotabsatz zu erleichtern. 5.4
Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
Abb. 35: Der Cocker Spaniel ist eine Rasse mit erhöhtem Risiko für chronische Pankreatitis.
In der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) werden alle wichtigen Verdauungsenzyme zum Aufschluss von Fetten (Lipase), Kohlenhydraten (Amylase) und Proteinen (Trypsin und Chymotrypsin) gebildet. Sie liegen im gesunden Pankreas in ihrer inaktiven Vorstufe vor und werden erst nach Abgabe in den Dünndarm aktiviert. Im Dünndarm sorgen sie für die angemessene Zerkleinerung der Hauptnährstoffe und bereiten diese so für die Absorption aus dem Darm vor. Zu unterscheiden ist die akute oder chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) von einer mangelnden oder fehlenden Bildung der Verdauungsenzyme (Exokrine Pankreasinsuffizienz, kurz EPI genannt). Beide unterscheiden sich in ihren diätetischen Anforderungen. Diätetische Ziele bei akuter Pankreatitis:
a) Ruhigstellung des Organs b) Ausgleich der der Verdauungsstörungen c) Fütterung eines Intensivpatienten
Zu a): Die Sekretion der Pankreasenzyme soll so wenig wie möglich angeregt werden, um einer Selbstverdauung des Organs entgegen zu wirken. Früher lautete die Forderung daher NPO (nichts per os!). Die Patienten wurden z.T. tagelang nur über Infusionen versorgt. Heute geht man davon aus, dass, sobald das Erbrechen unter Kontrolle gebracht ist, eine möglichst frühzeitige Aufnahme der Fütterung per os die Prognose verbessert. Die verabreichte Nahrung sollte möglichst fettarm sein, da die Stimulation der Pankreaslipase den Krankheitsprozess (Selbstverdauung, Nekrose, Schockgefahr!) am stärksten vorantreibt. Zu b): Um dem erkrankten Organ die Arbeit zu erleichtern bzw. funktionelle Einschränkungen auszugleichen, muss die Ration sehr hoch verdaulich sein. Dies leistet erstens einen wichtigen Beitrag zu a) und stellt zweitens die Versorgung des Patienten mit Energie und Nährstoffen sicher. Zu c): Tiere mit akuter Pankreatitis sind häufig Intensivpatienten. Ihre Ernährung muss daher auch die Kriterien dafür erfüllen (hohe Schmackhaftigkeit, hohe Verdaulichkeit, Sondengängigkeit, Unterstützung der Darmbarriere-Funktion etc.). Chronische Pankreatitis: Die chronische Form der Erkrankung verläuft in der Regel weniger dramatisch und ist schwieriger zu diagnostizieren. Gekennzeichnet ist sie durch das Risiko akuter Schübe. Diese sollen einigen älteren Fallstudien zufolge durch eine einzelne fettreiche Mahlzeit ausgelöst werden können. Es scheint jedoch nach neueren Untersuchungen eher so zu sein, dass die einmalige Aufnahme großer Mengen eines ungewohnten, schwer verdaulichen oder verdorbenen Futtermittels einen akuten Schub bewirken kann. Tiere mit dem Vorbericht „chronische Pankreatitis“ sollten daher nicht unkontrolliert Nahrung aufnehmen können (Freigangänger bei Katzen bzw. Freilauf bei Hunden = Risikofaktor). Auf regelmäßige Fütterungszeiten, gleichbleibende Futtermenge und –zusammensetzung und eine fettarme, hochverdauliche Ration aus hygienisch einwandfreien Rohstoffen ist zu achten.
Abb. 36: EPI-Patienten können trotz Heißhunger und hoher Futteraufnahme buchstäblich verhungern
Hunde mit EPI weisen häufig einen dramatischen Gewichtverlust und gleichzeitigen Heißhunger auf. Der Stuhlgang ist gelblich, pastös und voluminös (Fettstuhl), die Fellqualität ist schlecht. Diätetische Ziele bei EPI (Exokriner Pankreasinsuffizienz):
a) b) c) d)
Verdauungsdefizit ausgleichen Gewichtserhalt bzw. –zunahme Kotmenge und –qualität günstig beeinflussen Gesunde Darmflora
Zu a): Da bei EPI ein Mangel an Verdauungsenzymen für den Aufschluss der Hauptnährstoffe (Fette, Proteine, Kohlenhydrate) vorliegt, müssen diese so hochverdaulich wie möglich sein. Je nach Ausprägung des Enzymdefizits reicht dies allein oder aber nur in Kombination mit der Gabe von Pankreasenzymen aus, um die Erkrankung unter Kontrolle zu bringen. Bei gestörter Fettverdauung ist die Abb 37: Typischer „Fettstuhl“ bei EPI Versorgung mit fettlöslichen Vitaminen (gelblich, pastös) infolge gestörter Fettverdauung. und essenziellen Fettsäuren (Bild:www. publications.royalcanin.com) beeinträchtigt, was sich in einer schlechten Fellqualität und gestörten Talgsekretion niederschlägt (trockene Haut, fettige Haare). Die Zufuhr an diesen Nährstoffen muss daher erhöht werden und gleichzeitig die Fettverdauung durch Enzymzugaben verbessert werden. Zu b) Da EPI-Patienten Nährstoffe nicht angemessen verwerten können, können sie buchstäblich verhungern, obwohl sie heißhungrig riesige Mengen an Futter fressen, wenn die Erkrankung nicht unter Kontrolle gebracht wird. Ein sicheres Zeichen für eine erfolgreiche Therapie ist eine Gewichtszunahme oder zumindest ein Stillstand der Gewichtsabnahme. Langfristig sollten diese Patienten ihr Normalgewicht halten bzw. wiedererlangen, wozu häufig deutlich höhere Futtermengen notwendig sind als für einen gesunden Hund der gleichen Gewichtsklasse. Es gilt daher, eine möglichst energiereiche Nahrung zuzuführen. Dabei ist der Fettgehalt auf die gleichzeitig verabreichte Enzymmenge abzustimmen. Zu c): Typisch für EPI-Patienten ist das Absetzen großer Mengen Kot, der oft nur mäßig geformt ist und manchmal aufgrund des großen Anteils unverdauten Fettes gelblich-pastös erscheint („Fettstuhl“). Zur Reduktion der Kotmenge muss die Verdaulichkeit der Nahrung gesteigert werden. Dies gelingt zum einen durch die Auswahl besonders hochverdaulicher Rohstoffe (Magen-Darm-Diät), zum anderen durch die Zugabe einer auf die Ration abgestimmten Mange an Verdauungsenzymen und drittens durch ein angepasstes Futterregime (Tagesration auf 4-5 kleine Mahlzeiten verteilen). Auch die „Vorverdauung“ des Futter mit den zugegebenen Enzymen (siehe Herstellerangabe; z.B. eingeweicht 1h vor der Fütterung bei 37°C) kann sich vorteilhaft auf die Gesamtverdaulichkeit auswirken. Zu d) Bei EPI-Patienten liegt häufig eine sogenannte bakterielle Überwucherung des Dünndarms vor (engl. SIBO = small intestinal bacterial overgrowth). Darunter versteht man eine abnorm starke Besiedlung des Dünndarms mit Bakterien, die infolge eines Überflusses an Nährsubstrat für die Bakterien (unverdaute Nährstoffe im Darmlumen, weil die Verdauungsenzyme fehlen) auftritt. Eine Maßnahme, um dieses Problem in den Griff zu bekommen, ist die Fütterung einer hochverdaulichen Diät und die Zugabe von Pankreasenzymen. Gelingt es auf diese Weise, im Dünndarm Verhältnisse herzustellen, die denen eines Hundes mit intaktem Pankreas ähneln, geht auch meist die Bakterienzahl auf ein normales Niveau zurück. Durch bestimmte Futterinhaltsstoffe, die das Wachstum der „guten“ Darmbakterien fördern
(fermentierbare Fasern z.B. aus FOS und Psyllium), kann dieser Prozess unterstützt werden. In Fällen von EPI, bei denen mit entsprechender Diät plus Enzymsubstitution kein Erfolg erzielt werden kann, muss aber auch noch mit einem im Darm wirksamen Antibiotikum „nachgeholfen“ werden.
5.5 IBD (Inflammatory Bowel Disease) Die IBD wird auf Deutsch auch als chronisch-entzündliche Darmerkrankung bezeichnet. Ein Verdacht darauf besteht bei allen Hunden und Katzen, die schon länger als 3 Wochen an solchen Magen-DarmStörungen leiden, welche nicht vollständig auf eine diätetische oder antiparasitäre Behandlung ansprechen. Der definitive Nachweis kann aber nur durch eine histologische Untersuchung von Gewebeproben aus dem Darm erbracht werden. Als Ursachen kommen zahlreiche Auslöser einer Darmentzündung infrage. Abb: 38: Die Diagnose der IBD erfolgt durch endoskoVermutet wird aber, dass eine pische Untersuchung mit Entnahme von Gewebeproben Überempfindlichkeit auf aus dem Darm. Futterinhaltsstoffe in vielen Fällen einen sogenannten „Trigger“ für die Erkrankung darstellt. D.h. diese Unverträglichkeit ist zwar nicht die eigentliche Ursache, sorgt aber dafür, dass die Erkrankung klinisch auffällig wird bzw. chronisch aufrecht erhalten wird. Diätetische Ziele bei IBD: a) Trigger beseitigen b) Symptome mildern/beheben c) Darmbarriere stärken Zu a): Die erste Wahl bei der passenden Diät für einen Patienten mit IBD ist eine hypoallergene Diät. Auf diese Weise soll einer Futtermitteunverträglichkeit effektiv begegnet werden. Geeignet sind Eliminationsdiäten auf der Basis seltener Rohstoffe (z.B. Royal Canin Sensitivity Control Merlan & Tapioka beim Hund bzw. Merlan & Reis bei der Katze) oder auf der Basis hydrolysierter Eiweißquellen (z.B. Royal Canin Hypoallergenic). Ist das Futter tatsächlich der Trigger, kann erst unter einer hypoallergenen Diät eine dauerhafte Besserung erzielt werden. Vorteilhaft wirkt sich die hohe Verdaulichkeit der genannten Diäten aus, die auch die Anforderungen an eine Magen-Darm-Schonkost erfüllen. Es muss allerdings gesagt werden, dass eine echte IBD immer eine Dreifach-Therapie, bestehend aus geeigneter Diät, Antibiose und immunsuppressiver Behandlung, erfordert. Zu b): Zur symptomatischen Behandlung der IBD zählen alle Maßnahmen, die die Verdaulichkeit und Verträglichkeit des Futters verbessern und die Symptome (meist
chronischer Durchfall) beseitigen. Ist kein histologischer Nachweis der IBD erfolgt sondern besteht nur die Verdachtsdiagnose, weil das Tier seit längerem ein Durchfallproblem hat, empfiehlt sich in jedem Fall ein Versuch mit einer hochverdaulichen Magen-Darm-Diät (konsequent und ausschließlich gefüttert über 34 Wochen, auf 3-4 Mahlzeiten pro Tag verteilt). In einigen Fällen stellt dies die Lösung des Problems dar, insbesondere, wenn vorher viele verschiedene Futtermittel im raschen Wechsel verabreicht wurden. Bei Katzen scheint eine IBD häufig ein Dickdarmproblem zu sein. Bei ihnen können oft gute Erfolge mit einer faserreichen Diät (z.B. Fibre Response von Royal Canin) erzielt werden. Neben den positiven Effekten der Nahrungsfasern auf die Darmmotorik und die Darmflora haben Fasern mit hoher Wasserbindungsfähigkeit dabei auch einen eher kosmetischen Effekt: Der Stuhl ist besser geformt, selbst wenn immer noch erhöhte Mengen davon abgesetzt werden. Zu c): Hunde und Katzen mit IBD haben aufgrund der entzündlichen Veränderungen der Darmwand eine gestörte Darmbarriere: Sie ist durchlässiger für Abb. 39: Katze mit IBD. Allergene oder Schadstoffe aus dem Darminhalt. Diätetische Maßnahmen sollten daher darauf abzielen, die Darmbarriere zu stärken: Präbiotika (z.B. FOS) fördern das Wachstum der „guten“ Darmbakterien, Omega-3Fettsäuren aus Fischöl wirken entzündungshemmend, Mannan-Oligosaccharide (MOS) aus Hefe stimulieren die lokale Abwehr im Darm (Produktion von IgAAntikörpern direkt auf der Schleimhaut) und Psyllium mit seinen schleimbildenden Eigenschaften und Zeolith mit der Fähigkeit, Wasser und Toxine zu binden bilden eine Art „Schutzfilm“ für die angegriffene Darmwand (Abb. 40).
Zeolith FOS & MOS
Schutz der Darmschleimhaut:
• mechanischer „Schutzfilm“: Zeolith, Psyllium • Ernährung der Darmwand-Zellen: FOS • Stärkung der lokalen Abwehr: MOS • Entzündungshemmung: EPA & DHA
EPA & DHA Abb. 40: Nährstoffe zur Unterstützung einer gesunden Darmschleimhaut
Fazit: Die Diätetik ist ein entscheidender Faktor in der erfolgreichen Therapie der IBD, auch wenn nur über die Fütterung keine Heilung zu erzielen ist, sondern nur in Kombination mit medikamentösen Therapiemaßnahmen. Die Fütterung der IBD Patienten muss dauerhaft umgestellt werden, wobei eine hypoallergene Diät die erste Wahl darstellt ( für die meisten Fälle, in denen der histologische Nachweis der IBD erfolgt ist). Manche Patienten sprechen gut auf eine faserreiche und dennoch energiedichte /sehr gut verdauliche Diät an (Katzen mit Sitz der Erkrankung im
Dickdarm). Bei Patienten mit der klinischen Verdachtsdiagnose IBD ohne histologischen Nachweis der Darmentzündung kann auch die konsequente Fütterung einer hochverdaulichen Magen-Darm-Diät zum Erfolg führen (weniger kostenintensiv als hypoallergene Diät). 5.6 Futtermittelallergie und –unverträglichkeit Last but not least soll hier noch erwähnt werden, dass auch Futtermittelallergien oder –unverträglichkeiten die Ursache von Magen-Darm-Störungen sein können. Diese treten zwar wesentlich seltener auf als Hautreaktionen, sind aber vermutlich doch bei einem Fünftel aller Futtermittelallergiker beteiligt oder sogar dominierend. Erschwerend für die Diagnose kommt hinzu, dass die gastrointestinalen Symptome oft nicht so spektakulär sind wie die Hautreaktionen allergischer Hunde oder Katzen. Oft veranlassen eher subtile Magen-Darm-Symptome wie häufige Blähungen, schlecht geformter Kot und häufigerer Kotabsatz die Besitzer nicht unbedingt zu einem Tierarztbesuch. Die Diagnose kann nur über eine mehrwöchige Testfütterung mit anschließendem Provokationstest (gezielte Verabreichung des verdächtigen Futtermittels) gestellt werden. Diätetische Ziele bei Futtermittelallergie: a) Vermeidung des Allergens b) Kontrolle der Symptome (Erbrechen/Durchfall) c) Stärkung der Darmbarriere Zu a) Diagnose und Therapie sind bei Futtermittelallergie identisch: Fütterung einer hypoallergenen Diät aus Rohstoffen, die das Tier nach Möglichkeit zuvor noch nicht erhalten hat. Meistens sind es die Eiweißquellen im Futter, die für eine allergische Reaktion verantwortlich sind. Für die Diagnose ist eine 3-12wöchige Testfütterung einer solchen Eliminationsdiät zu empfehlen. Im Gegensatz zu den allergieverdächtigen Hautpatienten sprechen Magen-DarmPatienten im Falle einer Futtermittelallergie Abb. 41: Hydrolysate sind extrem hoch meist schon nach 2-3 Wochen auf die Diät verdaulich und eignen sich daher gut für an. Geeignet sind Eliminationsdiäten auf Magen-Darm-Patienten mit Allergieverdacht. der Basis seltener Rohstoffe (z.B. Royal Canin Sensitivity Control Merlan & Tapioka beim Hund bzw. Merlan & Reis bei der Katze) oder auf der Basis hydrolysierter Eiweißquellen (z.B. Royal Canin Hypoallergenic). Kann unter einer hypoallergenen Diät eine Besserung erzielt werden, sollte ein Provokationstest die Diagnose absichern: Es wird wieder das alte Futter oder die eine allergieverdächtige Futterkomponente gefüttert. Treten innerhalb einer Woche (meist sogar innerhalb der ersten 2-3 Tage) wieder Magen-Darm-Symptome auf, ist die Diagnose Futtermittelallergie bestätigt. Zu b) Vorteilhaft wirkt sich die hohe Verdaulichkeit der genannten Diäten aus, die auch die Anforderungen an eine Magen-Darm-Schonkost erfüllen. Durchfall und Erbrechen könne mit Hilfe hochverdaulicher und gut verträglicher Rohstoffe (z.B.
Reis als Kohlenhydratquelle, hydrolysierte Eiweiße) gut unter Kontrolle gebracht werden. Die Diät muss als einzige Nahrungsquelle für das betroffene Tier konsequent über mindestens 3-4 Wochen gefüttert werden und sollte auf 3-4 Mahlzeiten pro Tag verteilt gegeben werden. Zu c) siehe unter IBD. Speziell die entzündungshemmende Wirkung der Omega-3Fettsäuren aus Fischöl kann sich beim Futtermittelallergiker positiv auswirken, sowohl bei solchen Tieren mit Magen-Darm- als auch solchen mit Hautsymptomatik. Fazit: Die Futtermittelallergie sollte bei chronischen und immer wieder auftretenden Magen-Darm-Störungen als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden, insbesondere, wenn die gängigen anderen Ursachen (z.B. Parasitenbefall) ausgeschlossen werden konnten. Futtermittelallergiker mit Magen-DarmSymptomatik sprechen schneller (innerhalb von 2-3 Wochen) auf eine hypoallergene Diät an als Hautpatienten.
6 Magen–Darm-Diätnahrungen von ROYAL CANIN Die Ursachen für Verdauungsstörungen sind so vielfältig und der Sitz der jeweiligen Erkrankungen so variabel, dass es unmöglich ist eine diätetische Standardlösung für alle Fälle zu entwickeln. Für eine effiziente Unterstützung der Therapie sowie eine möglichst schnelle Genesung der Patienten sind vielmehr individuelle diätetische Strategien gefragt. Das Sortiment an Magen-Darm-Diäten von Royal Canin wurde im Frühjahr 2010 deutlich erweitert. Das folgende Kapitel stellt das gesamte Spektrum der zur Wahl stehenden Diätfuttermittel mit ihren Besonderheiten und Indikationen vor. „Digestive Security“ – was verbirgt sich dahinter? Alle Gastro Intestinal Produkte von Royal Canin weisen das Piktogramm „Digestive Security“ auf. Diese steht für eine besonders hohe Verdauungssicherheit und Verträglichkeit dieser Futtermittel bei Hunden und Katzen mit empfindlicher oder gestörter Verdauung. Dieses Ziel wird erreicht durch: • • • •
Hochverdauliche Proteine leicht verdauliche Kohlenhydratquellen (z.B. Reis) Fischöl als Quelle von langkettigen Omega-3-Fettsäuren Und eine Kombination aus unlöslichen und löslichen Fasern: o FOS (Fructo-Oligosaccharide) o Rübenschnitzel o MOS (Mannan-Oligosaccharide) o Psyllium.
Reis ist die Stärkequelle mit der höchsten Verdaulichkeit und besitzt weitere günstige diätetische Eigenschaften: geringer Rohfaseranteil, schnell und leicht zugänglich für die stärkespaltenden Enzyme des Bauchspeichels (Amylase), Verbesserung der Verdaulichkeit von Fetten und Proteinen. FOS sind fermentierbare Fasern. Sie werden zwar nicht enzymatisch vom Tier selbst verdaut, wohl aber von den Bakterien im Dickdarm. Die bakterielle „Verdauung“, bei der aus FOS kurzkettige Fettsäuren entstehen, bezeichnet man als Fermentation. Die kurzkettigen Fettsäuren dienen der Darmschleimhaut als Energielieferanten und fördern dadurch ihre Heilung. Außerdem fördern FOS das Wachstum der “guten” Darmbakterien und drängen dadurch die unerwünschten, potenziell krankmachenden Keime zurück. Mannan-Oligosaccharide (MOS) sind lösliche, aber nicht fermentierbare Kohlenhydrate aus Hefeextrakt. Sie verhindern die Anheftung und somit indirekt die
Vermehrung krankmachender Bakterien im Darm und verbessern die lokale unspezifische Immunabwehr im Magen-Darm-Trakt. Rübenschnitzel enthalten sowohl moderat fermentierbare Fasern als auch unlösliche Fasern (echte Ballaststoffe). Die fermentierbaren Fasern werden ebenfalls zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut, wie bereits für die FOS beschrieben, allerdings etwas langsamer. Psyllium ist reich an wasserlöslichen, schleimbildenden Faserstoffen (sog. Mucilagene). Solche Fasern sind in der Lage, ein Vielfaches ihres Eigengewichts an Wasser zu binden und dabei ein visköses (=schleimiges) Gel zu bilden. Dabei quillt Psyllium stark auf. Auf diese Weise reguliert Psyllium nicht nur den Darmtransit über den letztgenannten Volumeneffekt, sondern hat auch einen günstigen Effekt auf die Kotqualität (sowohl bei zu weichem als auch bei zu hartem Kot). • Produkte für Hunde Gastro Intestinal Canine Indikationen: Gastro Intestinal Canine wird bei adulten Hunden mit akuten und chronischen Magen-DarmStörungen mit Erbrechen und/oder Durchfall eingesetzt, sofern es sich (bei längerfristigem Einsatz) nicht um Hunde mit Übergewicht oder einer Neigung dazu handelt. Ein allergischer Hintergrund der Magen-Darm-Erkrankung sollte ebenfalls ausgeschlossen sein (wird ein solcher vermutet, empfiehlt sich der Einsatz von Sensitivity Control oder Hypoallergenic). Auch für Hunde mit exokriner Pankreasinsuffizienz ist es einsetzbar, wobei die Menge der zusätzlich verabreichten Pankreasenzyme im Vergleich zu Gastro Intestinal Low Fat höher sein kann. Dafür wird aber vielfach das Normalgewicht inkl. Aufbau der Muskulatur schneller erreicht. Gastro Intestinal Canine eignet sich sehr gut für Hunde während der Rekonvaleszenz nach schweren Erkrankungen. Kontraindikationen: nicht einzusetzen bei Hunden mit chronischer Pankreatitis aufgrund des relativ hohen Fettgehalts (Empfehlung: Gastro Intestinal Moderate Calorie Canine). Eigenschaften: Gastro Intestinal Canine zeichnet sich dank der Auswahl besonders hochwertiger Proteine, Kohlenhydrate und Fette durch eine hohe Verdaulichkeit aus. Eine sorgfältig aufeinander abgestimmte Mischung aus Nahrungsfasern mit Ballaststoffcharakter und solchen Fasern, die die Darmflora günstig beeinflussen (sog. Präbiotika, fermentierbare Fasern wie FOS) sorgt für eine hohe Verdauungssicherheit, von der vor allem Magen-Darm empfindliche Hunde profitieren. Gastro Intestinal Canine hat eine hohe Energiedichte. Diese ermöglicht die Deckung des Tagesbedarfs mit einem relativ geringen Futtervolumen, was den Magen-Darm-Trakt entlastet und die Wiederherstellung einer geregelten Verdauung begünstigt. Das Futter ist hochschmackhaft, damit es auch von Tieren mit krankheitsbedingt vermindertem Appetit gut aufgenommen wird. Aufgrund dessen und dank seines hohen Energiegehalts erreichen Hunde mit krankheitsbedingtem Gewichtsverlust schneller wieder ihr Normalgewicht, was zu einer schnelleren Genesung beiträgt. Ein erhöhter Gehalt an Omega 3-Fettsäuren (EPA & DHA) hilft, Entzündungen der Darmwand zu begrenzen.
Unterschiede zum alten Produkt Intestinal (Trockennahrung): 5% weniger Protein, dafür 5% mehr Kohlenhydrate; kein Kokosöl und kein Sojaproteinisolat mehr enthalten. Hintergrund der Absenkung des Proteingehaltes: Verwendung von Proteinquellen mit höherer Verdaulichkeit (18% weniger Proteine, die unverdaut im Dickdarm ankommen) und eine Studie an Riesenschnauzern, die zeigen konnte, dass der positive Einfluss hochverdaulicher Proteine auf die Kotqualität durch eine Begrenzung der Proteinmenge noch verbessert werden kann (siehe Abb. 42). Kenndaten (Trockennahrung): Energie: 416 kcal/100 g; Fett: 20%; Protein: 25%, Rohfaser: 1,8%, Gesamt-Diätetische Faser: 6,5% Die Tagesration sollte nach Möglichkeit auf 4-5 kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt werden. Gastro Intestinal Canine ist auch als Feuchtfutter erhältlich.
Gut geformter Kot
© Royal Canin SAS (J. Nery, 2008)
Riesenschnauzer
Kotscore LD (Low Digestibility) HD (High Digestibility) MIX (LD / HD with 28%)) 38 (% Protein) 22 (% Protein)
Kot-Score
LD38
LD22
MIX
HD38
HD22
Abb. 42: Einfluss von Proteinqualität und –menge im Futter auf die Kotqualität bei Riesenschnauzern (LD = geringe Verdaulichkeit, HD = hohe Verdaulichkeit) Gastro Intestinal Moderate Calorie Canine Indikationen: Gastro Intestinal Moderate Calorie Canine wird bei adulten Hunden mit Tendenz zu Übergewicht oder bereits vorhandener Adipositas eingesetzt, wenn diese über längere Zeit mit einer Magen-Darm-Diät ernährt werden müssen. Die Einsatzgebiete entsprechen im Wesentlichen denen von Gastro Intestinal Canine: Hunde mit akuten und chronischen Magen-Darm-Störungen mit Erbrechen und/oder Durchfall. Die Zielgruppe umfasst kastrierte Hunde und solche, die sich zum Zeitpunkt der Magen-DarmErkrankung auf einer Diät zur Gewichtsreduktion befinden. Außerdem Hunde mit chronischer Pankreatitis und Hunde mit exokriner Pankreasinsuffizienz, die aufgrund der zusätzlichen Gabe von Pankreasenzymen so gut unter Kontrolle sind, dass sie ihr Normalgewicht halten oder sogar zunehmen. Kontraindikationen: Aufgrund des reduzierten Energiegehaltes ist Gastro Intestinal Moderate Calorie
Canine nicht geeignet für Hunde während der Rekonvaleszenz nach schweren Erkrankungen (Empfehlung: Gastro Intestinal Canine). Es ist jedoch aufgrund der genannten Eigenschaften die Diät der ersten Wahl bei Hunden, die zu Übergewicht neigen. Andere Fälle von EPI lassen sich eher mit Gastro Intestinal (bei Hunden mit starkem Gewichtsverlust, erfordert aber oft die Gabe höherer Enzymmengen) oder Gastro Intestinal Low Fat (Patienten mit stark eingeschränkter Fettverdauung – dann in Kombination mit Pankreasenzymen - oder Versuch der Einstellung ohne Enzymgabe) behandeln. Eigenschaften: Gastro Intestinal Canine Moderate Calorie zeichnet sich dank der Auswahl besonders hochwertiger Proteine, Kohlenhydrate und Fette durch eine hohe Verdaulichkeit aus. Der im Vergleich zu Gastro Intestinal Canine erhöhte Gehalt an löslichen Fasern bewirkt eine „Verdünnung“ der restlichen Nährstoffe und trägt neben dem reduzierten Fettgehalt wesentlich zur Reduktion der Energiedichte bei. Die Nahrungsfasern führen zu einem nachhaltigeren Sättigungseffekt. Die Energiedichte ist im Vergleich zu Gastro Intestinal Canine um 10% reduziert. Eine hohe Schmackhaftigkeit ist dennoch gewährleistet. Unterschiede zu Gastro Intestinal Canine: der niedrigere Fettgehalt (11% vs. 20%) beruht vor allem auf einer Reduktion der tierischen Fette. Der Gehalt an löslichen Fasern ist leicht erhöht. Kenndaten: Energie: 373 kcal/100 g; Fett: 11%; Protein: 23%, Rohfaser: 2%, Gesamt-Diätetische Faser: 7,1% Die Tagesration sollte nach Möglichkeit auf 4-5 kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt werden. Gastro Intestinal Moderate Calorie Canine ist auch als Feuchtfutter erhältlich. Tipp: Gastro Intestinal Moderate Calorie Canine eignet sich auch für Hunde nach einer erfolgreich behandelter Magendrehung: Für diese Patienten ist einerseits ein geringes Rationsvolumen zu fordern, um eine Überladung des Magens zu verhindern (hochverdauliche, energiedichte Magen-Darm-Diät). Andererseits sollte der Fettgehalt eher reduziert sein, um eine zügige Magenentleerung zu gewährleisten. Gastro Intestinal Junior Canine Indikationen: Gastro-intestinale Störungen sind ein häufiger Grund, warum Welpen in der Tierarztpraxis vorgestellt werden. Die Ursachen können sehr vielfältig sein: - Durchfall nach dem Absetzen - Stressdurchfall nach Abgabe an den neuen Besitzer - Plötzlicher Futterwechsel - Futterunverträglichkeit - Befall mit Magen-Darm-Parasiten - Verdauungskapazität noch nicht voll entwickelt - Schnelle Magen-Darmpassage - Infektionen Gastro Intestinal Junior Canine kann bei wachsenden Hunden mit sensibler oder gestörter Verdauung vom
Absetzen bis zum Ende der Wachstumsphase eingesetzt werden. Somit stellt es eine Alternative zu Royal Canin Vet Early Diet Starter für Hundewelpen dar. Es kann sowohl bei Welpen mit akutem als auch chronischem Durchfall und/oder Erbrechen eingesetzt werden. Die Dauer der Verabreichung richtet sich nach der zu behandelnden Erkrankung, ein längerfristiger Einsatz ist möglich. Gastro Intestinal Junior Canine eignet sich ebenfalls für tragende und säugende Hündinnen mit Magen-Darm-Erkrankungen. Kontraindikationen: nicht einzusetzen bei Hunden mit Erkrankungen, die eine Fettrestriktion erfordern (Pankreatitis, erhöhte Blutfettwerte, Darmerkrankungen mit gestörtem Lymphabfluss = Lymphangiektasie). Eigenschaften: Gastro Intestinal Junior Canine zeichnet sich durch eine sehr hohe Verdaulichkeit aus, die einerseits auf der Auswahl besonders hochverdaulicher Rohstoffe, andererseits auf den Komponenten von „Digestive Security“ beruht (siehe Anfang des Kapitels). Die hohe Energiedichte in Verbindung mit einer hohen Schmackhaftigkeit unterstützt die schnelle Genesung Magen-Darm-kranker Welpen, sowohl bei ambulanter als auch bei der stationären Versorgung. Gastro Intestinal Junior Canine enthält Geflügel und L.I.P.-Weizengluten als Eiweißquellen höchster Verdaulichkeit. L.I.P. steht für “Low Indigestible Protein” (übersetzt: geringer Anteil schwerverdaulicher Proteine). Die enthaltenen Proteine werden also fast vollständig im Dünndarm verdaut, so dass nur sehr geringe Restmengen an Protein in den Dickdarm übertreten. Das Risiko für Fehlgärungen, die man an übel riechender Gasbildung (z. B. nach faulen Eiern infolge Schwefelwasserstoffbildung) erkennt, wird auf diese Weise minimiert. Beim Welpen ist dies von besonderer Bedeutung, da hier die Verdauungszeit (Darmpassage) im Vergleich zum adulten Hund bei gleichzeitig geringerer Aktivität der Verdauungsenzyme verkürzt ist. Welpen verdauen das Futter also weniger effizient als adulte Hunde, was ein Grund für Verdauungstörungen infolge schlecht verdaulicher Futtermittel sein kann. Unterschiede zum alten Produkt Intestinal (Trockennahrung): 4% mehr Protein, 2% mehr Fett. Kenndaten (Trockennahrung): Energie: 424 kcal/100 g; Fett: 22%; Protein: 29%, Rohfaser: 1,2%, Gesamt-Diätetische Faser: 6,1%. Tipp: Die Gastro Intestinal Junior-Kroketten lassen sich sehr leicht in lauwarmem Wasser einweichen, was die Umstellung auf feste Nahrung erleichtert und die Akzeptanz erhöht. Dies verbessert die Futteraufnahme bei kranken Welpen, (höhere Akzeptanz, geringe Kauaktivität erforderlich). Die dem Bedarf wachsender Hunde entsprechende Rezeptur und die angepassten Fütterungsempfehlungen (siehe Tabelle im Produktbuch) ermöglichen eine optimale Nährstoff- und Energieversorgung in der Wachstumsphase. Bei langfristiger Anwendung während des Wachstums sollte die Futterration regelmäßig tierärztlich überprüft werden. Dazu ist es erforderlich, den Welpen in regelmäßigen Abständen zu wiegen und die Gewichtsentwicklung anhand einer Wachstumskurve zu überprüfen, um einen ungestörten Verlauf des Wachstums sicherzustellen. Gastro Intestinal Junior Canine ist nur als Trockenfutter erhältlich. Gastro Intestinal Low Fat Canine
Indikationen: Gastro Intestinal Low Fat Canine wird bei adulten Hunden mit solchen Erkrankungen eingesetzt, die eine verringerte Fettzufuhr erforderlich machen. Hierzu gehören die akute Pankreatitis, erhöhte Blutfettwerte sowie ein gestörter Abtransport der Fette nach der Absorption (Erweiterung der Lymphgefäße = Lymphangiektasie). Auch für Hunde mit Erkrankungen des Magens ist es sehr gut geeignet, da der geringe Fettgehalt eine schnelle Magenentleerung gewährleistet. Bei exokriner Pankreasinsuffizienz ist es ebenfalls als Diät der ersten Wahl einsetzbar, wobei die Menge der zusätzlich zu verabreichenden Pankreasenzyme im Vergleich zu Gastro Intestinal Canine in der Regel niedriger ist. Dafür müssen zur Aufrechterhaltung bzw. zum Erreichen des Normalgewichtes eventuell höhere Futtermengen verabreicht werden. Kontraindikationen: nicht einzusetzen bei trächtigen und säugenden Hündinnen Eigenschaften: Gastro Intestinal Low Fat Canine ist derzeit die Magen-Darm-Diät mit dem niedrigsten Fettgehalt auf dem Markt. Die enthaltenen Fette zeichnen sich durch eine hohe Verdaulichkeit und einen hohen Gehalt an essenziellen Fettsäuren aus. Der niedrige Fasergehalt trägt ebenfalls zu einer hohen Verdaulichkeit bei. Gastro Intestinal Low Fat Canine ist kein Produkt zur Gewichtsreduktion, da es trotz des niedrigen Fettgehaltes eine relativ hohe Energiedichte besitzt. Diese ermöglicht die Deckung des Tagesbedarfs mit einem relativ geringen Futtervolumen, was den Magen-Darm-Trakt entlastet und die Wiederherstellung einer geregelten Verdauung begünstigt. 60% der Futterenergie von Gastro Intestinal Low Fat Canine stammen aus Kohlenhydraten. Damit entspricht es den Empfehlungen zur diätetischen Behandlung der akuten Pankreatitis beim Hund (hoher Gehalt an leicht verdaulichen Kohlenhydraten). Ein erhöhter Gehalt an Omega 3-Fettsäuren (EPA & DHA) hilft, Entzündungen der Magen- und Darmwand zu begrenzen. Unterschiede zum alten Produkt Low Fat (Trockennahrung): 2% mehr Fett und dafür 2% weniger Kohlenhydrate (verbessert die Akzeptanz und Verträglichkeit des Futters, ohne die Richtwerte für Fett und KH beim Pankreatitis-Patienten zu überschreiten). Der Gehalt an Omega-6-Fettsäuren und an Energie ist ebenfalls etwas höher (1,7 vs. 1,3% bzw. 354 vs. 344 kcal/100 g Futter). Bei den Kohlenhydratquellen wurde Mais gegen Gerste ausgetauscht. Kenndaten (Trockennahrung): Energie: 354 kcal/100 g; Fett: 7%; Protein: 22%, Rohfaser: 1,8%, Gesamt-Diätetische Faser: 8,7% Die Tagesration sollte nach Möglichkeit auf mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt werden. Gastro Intestinal Low Fat Canine ist auch als Feuchtfutter erhältlich. Fibre Response Canine Indikationen: Fibre Response Canine wird bei adulten Hunden mit solchen Magen-Darm-Erkrankungen eingesetzt, die auf einen erhöhten Fasergehalt in der Ration ansprechen. Hierzu gehören vor allem Erkrankungen ohne Beteiligung des Dünndarms wie die sogenannte faserresponsive Kolitis (Dickdarmentzündung). Der positive Effekt der Fasern beruht dabei auf Wasserbindung (bessere Kotkonsistenz), Regulierung der Darmmotorik
(Volumeneffekt) und Optimierung des Darmmilieus (fermentierbare Fasern). Die Regulierung des Darmtransits verhindert eine übermäßige Absorption bakterieller Abbauprodukte aus dem Darm, welche die Krankheitssymptome verstärken kann. Auch stressbedingte Durchfälle sprechen auf Fibre Response Canine häufig gut an, wenn mit einer hochverdaulichen Magen-Darm-Diät kein zufriedenstellender Erfolg erzielt werden konnte.. Kontraindikationen: nicht einzusetzen bei Hunden mit hochgradiger Verstopfung (Koprostase) oder wenn sich die Darmmotorik nicht über erhöhtes Volumen anregen lässt (Megakolon). Eigenschaften: Fibre Response Canine ist eine Magen-Darm-Diät mit hoher Energiedichte trotz erhöhtem Rohfasergehalt. Fibre Response Canine ist also kein Produkt zur Gewichtsreduktion. Es stellt jedoch eine bessere Behandlungsoption für Hunde mit faserresponsiven Darmerkrankungen dar als rohfaserreiche Diäten zur Gewichtsreduktion, da es eine ausreichende Energieversorgung solcher Patienten bei relativ kleinem Rationsvolumen unter Verwendung hochverdaulicher Nährstoffe gewährleistet. Auf diese Weise wird der Magen-Darm-Trakt entlastet und die Wiederherstellung einer geregelten Verdauung begünstigt. Die verwendeten Ballaststoffe (Rohfasern) zeichnen sich durch eine moderate Wasserbindungskapazität aus. Dadurch wird die Kotkonsistenz verfestigt, aber nicht zu hart. Bei den löslichen Fasern handelt es sich um Rübenschnitzel und FOS. Erstere gelten als moderat fermentierbar (zu etwa 50% bakteriell im Dickdarm abbaubar, der Rest sind klassische Ballaststoffe). Zusammen mit den FOS dienen sie der Ernährung der Dickdarmschleimhaut, ohne den Wassereinstrom in den Darm zu fördern. Die enthaltenen Fette zeichnen sich durch einen hohen Gehalt an langkettigen Omega-3-Fettsäuren aus, die helfen entzündliche Prozesse im Darm zu minimieren. Besonderheiten und Unterschiede zu Fibre Response Katze (Trockennahrung): Der erhöhte Fasergehalt von Fibre Response Canine beruht in vor allem auf einer Erhöhung der Ballaststoffe (Rohfaser). Der Gehalt an langkettigen Omega-3Fettsäuren (EPA & DHA) zur Begrenzung von Entzündungen im Darm beträgt 0,31% bei einem Omega 6:Omega 3-Verhältnis von unter 5:1. Fibre Resonse Canine enthält den patentierten Antioxidanziencocktail von Royal Canin (Vitamin C und E, Taurin, Lutein) zur Bekämpfung freier Radikale. Kenndaten (Trockennahrung): Energie: 337 kcal/100 g; Fett: 16%; Protein: 23%, Rohfaser: 11,1%, Gesamt-Diätetische Faser: 20,5% Die Tagesration sollte nach Möglichkeit auf mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt werden. Fibre Response Canine ist nur als Trockenfutter erhältlich. • Für Katzen Gastro Intestinal Feline Indikationen: Gastro Intestinal Feline wird bei Katzen mit akuten und chronischen Magen-Darm-Störungen mit Erbrechen und/oder Durchfall eingesetzt, sofern es sich (bei längerfristigem Einsatz) nicht um Katzen mit Übergewicht oder einer Neigung dazu handelt. Ein allergischer Hintergrund der Magen-Darm-Erkrankung sollte ebenfalls ausgeschlossen sein (wird ein solcher vermutet, empfiehlt sich der Einsatz von Sensitivity Control oder Hypoallergenic).
Gastro Intestinal Feline beschleunigt aufgrund seiner hohen Energiedichte die Rekonvaleszenz von Katzen nach schweren Erkrankungen. Kontraindikationen: nicht einzusetzen bei Katzen mit chronischer Pankreatitis aufgrund des relativ hohen Fettgehalts (Empfehlung: Gastro Intestinal Moderate Calorie Feline). Eigenschaften: Gastro Intestinal Feline zeichnet sich dank der Auswahl besonders hochwertiger Proteine (Geflügel, Weizengluten), Kohlenhydrate (Reis) und Fette durch eine hohe Verdaulichkeit aus. Gastro Intestinal Feline hat eine hohe Energiedichte. Der überwiegende Anteil der Energie (46%) stammt dabei aus Fett. Dies ermöglicht die Deckung des Tagesbedarfs mit einem relativ geringen Futtervolumen, was den Magen-Darm-Trakt entlastet und die Wiederherstellung einer geregelten Verdauung begünstigt. Das Futter ist hochschmackhaft, damit es auch von Katzen mit krankheitsbedingt vermindertem Appetit gut aufgenommen wird. Ein erhöhter Gehalt an Omega 3-Fettsäuren (EPA & DHA) hilft, Entzündungen der Darmwand zu begrenzen. Unterschiede zum alten Produkt Intestinal (Trockennahrung): Die „Kalziumfänger“ (Natriumpolyphosphate) zur Zahnsteinprophylaxe sind nicht mehr enthalten. Als neuer Eiweißträger ist Weizengluten in L.I.P.-Qualität enthalten (low indigestible protein => geringe Eiweiß-Restmengen im Dickdarm dank höchster Verdaulichkeit) Kenndaten (Trockennahrung): Energie: 408 kcal/100 g; Fett: 22%; Protein: 32%, Rohfaser: 5,1%, Gesamt-Diätetische Faser: 10,9% Die Tagesration sollte nach Möglichkeit auf 4-5 kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt werden. Gastro Intestinal Canine ist auch als Feuchtfutter erhältlich. Tipp: Gastro Intestinal Feline eignet sich auch für Katzen mit Lebererkrankungen außer Hepatoenzephalopathie (welche eine Eiweißreduktion erfordert => Empfehlung dann: Renal). Gastro Intestinal Moderate Calorie Feline Indikationen: Gastro Intestinal Moderate Calorie Feline wird bei adulten Katzen mit Tendenz zu Übergewicht oder bereits vorhandener Adipositas eingesetzt, wenn diese über längere Zeit mit einer Magen-Darm-Diät ernährt werden müssen. Die Einsatzgebiete entsprechen im Wesentlichen denen von Gastro Intestinal Feline: akute und chronische Magen-DarmStörungen mit Erbrechen und/oder Durchfall. Gastro Intestinal Moderate Calorie eignet sich auch für kastrierte Katzen, wenn eine mittel- bis langfristige Fütterung einer Magen-Darm-Diät angezeigt ist. Für diese Patienten ist einerseits eine hochverdauliche Rezeptur zu fordern, andererseits darf die Futtermenge nicht zu gering sein, um die Compliance für eine langfristige Fütterung bei Katze und Halter aufrecht zu erhalten. Kontraindikationen: Gastro Intestinal Moderate Calorie Feline ist aufgrund des reduzierten Energiegehaltes nicht geeignet für Katzen in der Rekonvaleszenz nach schweren Erkrankungen (hier besser: Gastro Intestinal Feline).
Eigenschaften: Die Rezeptur von Gastro Intestinal Feline Moderate Calorie enthält die gleichen Rohstoffe wie Gastro Intestinal Feline. Es weist daher eine vergleichbar hohe Verdaulichkeit und Verdauungssicherheit auf. Der im Vergleich zu Gastro Intestinal Feline reduzierte Energiegehalt beruht auf einer deutlichen Absenkung des Fettgehalts: Nur etwa 30% der Energie im Futter stammen aus Fett. Die löslichen Fasern führen zu einer verzögerten Magenentleerung und einem somit nachhaltigeren Sättigungseffekt. Die Energiedichte ist im Vergleich zu Gastro Intestinal Feline um 10% reduziert. Ein hoher Eiweißgehalt (35%) gewährleistet die Schmackhaftigkeit und begünstigt den Erhalt der Muskelmasse. Unterschiede zu Gastro Intestinal Feline: der niedrigere Fettgehalt (13% vs. 22%) beruht vor allem auf einer Reduktion der tierischen Fette. Daraus ergibt sich eine Senkung des Energiegehaltes bezogen auf das gleiche Rationsvolumen um 10% bei unverändertem Gesamtfasergehalt (beide Produkte: 11%). Kenndaten: Energie: 367 kcal/100 g; Fett: 13%; Protein: 35%, Rohfaser: 5%, Gesamt-Diätetische Faser: 11 % Die Tagesration sollte nach Möglichkeit auf 4-5 kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt werden. Gastro Intestinal Moderate Calorie Feline ist auch als Feuchtfutter erhältlich. Tipp: Gastro Intestinal Moderate Calorie Feline eignet sich auch für Katzen mit chronischer Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis). Bei solchen Patienten kann es lebenslang verabreicht werden.
Fibre Response Feline Indikationen: Fibre Response Feline wird bei adulten Katzen mit milder Verstopfung und solchen MagenDarm-Erkrankungen eingesetzt, die auf einen erhöhten Fasergehalt in der Ration ansprechen. Hierzu gehört vor allem die sogenannte faserresponsive Kolitis (Dickdarmentzündung). Der positive Effekt der Fasern beruht dabei auf Wasserbindung (bessere Kotkonsistenz), Regulierung der Darmmotorik (Volumeneffekt) und Optimierung des Darmmilieus (fermentierbare Fasern). Kontraindikationen: nicht einzusetzen bei Katzen mit hochgradiger Verstopfung (Koprostase) oder wenn sich die Darmmotorik nicht mehr über erhöhtes Kotvolumen anregen lässt (Megakolon). Eigenschaften: Fibre Response Feline ist eine MagenDarm-Diät für Katzen mit einer einzigartigen Faserkombination aus löslichen Fasern und reinen Ballaststoffen. Sie weist einen hohen Gehalt an Psyllium (Flohsamen) auf. Dieser wird – ähnlich wie Lactulose – zur Behandlung von milden bis moderaten Verstopfungen bei Katzen eingesetzt. Die Rezeptur von Fibre Response Feline erspart dem Tierhalter und der Katze also in vielen Fällen den Stress einer zusätzlichen Verabreichung von Lactulose oder Psyllium. Die Auswahl überwiegend löslicher Faserquellen dient dazu, gut geformten, aber nicht zu harten Stuhlgang bei den Katzen mit Neigung zu Verstopfung zu erzeugen. Dies erleichtert den Kotabsatz und verhindert die Anschoppung verfestigter Kotmassen im Dickdarm.
Besonderheiten und Unterschiede zu Fibre Response Hund (Trockennahrung): Der erhöhte Fasergehalt von Fibre Response Feline beruht in erster Linie auf einer Erhöhung der löslichen Fasern. Diese werden analytisch nicht bei der Rohfaser erfasst, so dass der Rohfasergehalt (Gehalt an unlöslichen Ballaststoffen) laut Deklaration niedriger ist als z.B. bei Gastro Intestinal Feline. Der hohe Gehalt an Abb. 43: Psylliumsamen und –hüllen (unten); löslichen Fasern sorgt Wasserbindung (unten links). für eine leichte Darmpassage und weicheren Kot bei Tieren, die unter Verstopfung leiden. Der Gehalt an langkettigen Omega-3-Fettsäuren (EPA & DHA) zur Begrenzung von Entzündungen im Darm beträgt 0,31% bei einem Omega 6:Omega 3-Verhältnis von unter 5:1. Fibre Response Feline enthält den patentierten Antioxidanziencocktail von Royal Canin (Vitamin C und E, Taurin, Lutein) zur Bekämpfung freier Radikale. Kenndaten (Trockennahrung): Energie: 386 kcal/100 g; Fett: 15%; Protein: 31%, Rohfaser: 2,9%, Gesamt-Diätetische Faser 11,5% Fibre Response Feline sollte zunächst für 3-4 Wochen gefüttert werden. Bei Katzen mit chronischer Darmträgheit ist auch eine langfristige Anwendung möglich. Auf eine ausreichende Wasseraufnahme ist bei solchen Patienten besonders zu achten. Fibre Response Feline ist nur als Trockenfutter erhältlich.