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Bauern sind viel besser als ihr Ruf

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BAUERN SIND VIEL BESSER ALS IHR RUF

Blick hinter die Kulissen heimischer Landwirtschaftsbetriebe

Text Bernhard Schlütter, Fotos Martin Büdenbender

Das Ansehen der Landwirte und der Landwirtschaft inder Öffentlichkeit ist stark angeschlagen. Massentierhaltung,Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Insektenschutzund Gülleausbringung sind Schlagworte für dieKritik, die den Landwirten entgegengehalten wird. Andererseitssteigt die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln,die möglichst auch noch aus biologischem Anbaubzw. biologischer Tierhaltung stammen sollten. DasKomplett-Magazin blickt hinter die Kulissen heimischerLandwirtschaftsbetriebe und begleitet Bauern aus derRegion durchs Jahr. Dabei wird deutlich: Die Landwirtesind besser als ihr Ruf. Mit vielfältigen Maßnahmen sorgensie nicht nur für Pflanzen- und Tierschutz, sondernpflegen und prägen unsere heimische Kulturlandschaft.

Jungbäurin Kerstin Kirchhoff: Landwirtschaft ist mein Ding

Im vergangenen Herbst blühte am Rand des PlettenbergerOrtsteils Bremcke ein riesiges Feld mit Sonnenblumenund Büschelblumen (Phacelia, gemeinhin auchBienenweide genannt). Landwirt Peter Heinrich Kirchhoffhatte diese Wintersaat ausgebracht. „Der Bodenwird bedeckt und dadurch geschützt. Im Frühjahr werdendie Pflanzenreste untergepflügt und dienen als Humus“,erklärt Kerstin Kirchhoff. Darüber hinaus sind siefür Bienen und anderen Insekten eine willkommeneNahrungsquelle.Der Hof der Familie Kirchhoff befindet sich in Bremcke.Neben Peter Heinrich und seiner Frau Anke ist TochterKerstin (25) als Junglandwirtin vor drei Jahren in den

Betrieb eingestiegen. „Landwirtschaft ist mein Ding“, hat Kerstin schon während ihrer Schulzeit festgestellt. Nach dem Fachabi ging sie in die Lehre und schloss die Fachschule in Köln als staatlich geprüfte Agrarbetriebswirtin ab. Der landwirtschaftliche Betrieb werde im Dorf akzeptiert, erzählt Kerstin Kirchhoff. Konflikte gebe es aber manchmal mit den Nachbarn der umliegenden Felder. „Wenn wir Gülle fahren oder am Wochenende mit großen Maschinen arbeiten, beschweren sich Leute über Gestank und Lärmbelästigung.“ Kirchhoffs begegnen den Beschwerden, wie die meisten Landwirte, mit Information: „Gülle und Mist sind Biodünger und besser als Chemie. Wir achten darauf, dass der Stickstoffgehalt im Boden unter den Grenzwerten bleibt.“ Und manchmal gibt es auch ein Lob für die Arbeit der Bauern. „Eine Frau hat uns gesagt, dass sie das Sonnenblumenfeld sehr gut finde.“

Kühe geben Stundenplan vor

Auf dem Hof Kirchhoff stehen im Schnitt rund 60 Milchkühe. Hinzu kommt die Nachzucht mit etwa 50 Jungtieren. Die Kühe geben den Stundenplan vor. Täglich um 6 und um 17 Uhr werden sie gemolken. Das dauert jeweils etwa zwei Stunden. Von Mai bis November sind die Tiere tagsüber auf der Weide. 45 Hektar Grünland, jeweils 8,5 Hektar Ackerland für den Anbau von Mais und Getreide als Futter sowie 53 Hektar Wald, werden von Kirchhoffs bewirtschaftet. Das bedeutet 14-Stunden-Tage - auch am Wochenende.

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lernt. Die Landwirtschaft kennt er aber von klein auf. ZusätzlichesWissen hat er in Kursen und Lehrgängen im Haus Düsse in Soest, dem Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer NRW, erworben. Nebenerwerb, das hört sich irgendwie nach Hobby an, doch steckt eine Menge Arbeit dahinter, denn Tiere wollen versorgt und Felder bestellt werden - eigentlich ein Full-Time-Job.Futter komplett aus eigenem Anbau

Bernd Frommann züchtet Rinder der Rasse Limousin.

„Dadurch, dass Kerstin mit im Betrieb ist, können wir unsjetzt abwechseln und auch mal Urlaub machen“, erklärtPeter Heinrich Kirchhoff. Man helfe sich auch schon malunter Nachbarn und Kollegen gegenseitig aus, besonderszur Erntezeit. Einer dieser Kollegen ist Bernd Frommann.

Full-Time-Job als Nebenerwerb

Bernd Frommann betreibt seinen Hof in Plettenberg-Frehlinghausen als Nebenerwerb. Die Betriebsgröße mit30 Hektar Grün- und Ackerland sowie noch mal 30 HektarWald reicht nicht aus für einen wirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb.In der Generation zuvor, bei seinem Vater,war das noch möglich. Die Zeiten haben sich geändert.Daher hat Bernd Frommann auch zunächst Schreiner ge-

Ihr Verein für Betriebsund Haushaltshilfe

Betriebshilfsdienst & Maschinenring Ennepe-Ruhr-Hagen-Märkischer Kreis e.V.

Dienstleistungen für die Landwirtschaft

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Frommann hat sich auf die Zucht von Limousin-Rindern, einer robusten Fleischrasse, spezialisiert. Mit Zuchtbulle Manfred, zwölf Mutterkühen und der Nachzucht kommt Frommann aktuell auf 23 Tiere. Dazu kommen noch drei Ziegen, die als Landschaftspflegerinnen gute Dienste leisten. Die Versorgung der Tiere erfolgt in einem geschlossenen Kreislauf. Das Futter und das Stroh für die Ställe gewinnt Frommann komplett aus eigenem Anbau. „Ich kaufe nichts zu.“ Im Gegenteil: In normalen Jahren kann er seinen Überschuss an Pferdeheu verkaufen. Nach dem außergewöhnlich trockenen Sommer 2018 „kriegen die Pferdeleute eben weniger“. Von Anfang Mai bis November sind die Rinder draußen auf der Weide. Die Arbeit im Stall und auf den Feldern erledigt Bernd Frommann mithilfe seiner Frau Anja und auch Sohn Paul packt schon mit an. Eine halbe Stelle hat er beim Baubetriebshof der Stadt Plettenberg. Hier ist er für die Kontrolle und Dokumentation der Spielplätze im Stadtgebiet zuständig und führt notwendige Reparaturen durch. Außerdem führt er forstwirtschaftliche Arbeiten im Lohnbetrieb aus. Beim Anbau des Getreides als Futterpflanze verwendet Bernd Frommann gentechnikfreie und nachbaubare Sorten. Für den Winter werden Zwischensaaten ausgebracht, z.B. Gelbsenf. Das dient gleichzeitig dem Erosionsschutz und der Humusbildung. Darüber hinaus sorgt Frommann mit Anpflanzungen von Wildhecken und Blühstreifen an den Feldrändern für Vogel- und Insektenschutz. Mit Erfolg. Seit einigen Jahren ist zum Beispiel der zuvor verschwundene Neuntöter, eine Vogelart, bei Frehlinghausen wieder zu beobachten. Mit Teilen seiner Flächen

191.727 landwirtschaftliche Mitgliedsbetriebe zählt unsere Gemeinschaft der Maschinenringe in Deutschland

49% der landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Bundesrepublik Deutschland werden von Mitgliedern betreut.

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Hof Frommann in Frehlinghausen.

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Bei Schrievers geht nur Gutes über die Theke

nimmt Frommann am Feuchtwiesenprogramm des Naturschutzzentrums MK teil. Das bedeutet u.a., dass diese Wiesen erst ab Juli gemäht werden, um die Bodenbrüter zu schützen.

Direkt vom Erzeuger zum Verbraucher

Seine Limousin-Rinder verkauft Bernd Frommann anMastbetriebe oder zieht sie selbst so weit auf, dass sieverwertet werden können. Dabei arbeitet er mit seinemLandwirtskollegen Fritz-Hermann Schriever zusammen, der die Tiere in Frehlinghausen abholt und in Kierspe schlachtet. Kürzer können Wege vom Erzeuger zum Verbraucher nicht sein.

Bei Schrievers auf dem Berg ist Landwirtschaft Familiensache

Landwirtschaft und Familie Schriever - das gehört in Kierspe seit 1740 zusammen. Seitdem gibt es den Hof. „Meine Enkel sind die zehnte Generation“, erzählt Fritz-Hermann Schriever stolz. Bei Schrievers auf dem Berg ist der Bauernhof bis heute Familiensache. Und jede Generation bringt neue Ideen ein. Fritz-Hermanns Tochter Michaela gab Anfang der 1990er Jahre den Anstoß für den Bauernladen. Direktvermarktung war ein Thema in ihrer Ausbildung zur staatlich geprüften Landwirtin. Das qualifizierte Schriever-Team wird von Silvia komplettiert. Die gelernte Hauswirtschaftsmeisterin ist als Lebensmittelkontrolleurin tätig. Das Geschäft mit der Direktvermarktung lief gut an und Schrievers stellten fest: Das hat Zukunft und kann ein tragfähiges zweites Standbein werden. 1998 wurde das Schlachthaus gebaut. 2009 erfolgte der Einzug in den ebenfalls neugebauten Bauernladen. Fleisch und Wurstwaren aus eigener Schlachtung und Herstellung werden dort verkauft. Außerdem selbst hergestellte Milchprodukte, Fruchtaufstriche und frische Eier von eigenen Hühnern aus Bodenhaltung.

„Anders als der Supermarkt, am besten besser“

Zuvor hatte Fritz-Hermann Schriever hauptsächlich Milchwirtschaft betrieben. 70 Kühe stehen auch heute noch in den eigenen Ställen und im Sommer auf den Weiden. Dazu kommen Fleischrinder, Schweine, Puten, Masthähnchen und Legehennen. „Die kaufen wir als Jungtiere und mästen sie“, erklärt Schriever. Dabei verwendet er ausschließlich eigene Futtermischungen. „Bei uns gibt es keine Schnellmast. Die Tiere wachsen langsam.“ Dadurch werde eine hervorragende Fleischqualität erreicht. Schriever führt keinen Biobetrieb. Artgerecht konventionell

sei die Tierhaltung auf seinem Hof. Die Schweine werden in kleinen Gruppen in einem luftigen Stall gehalten. Auch die Puten, Hähnchen und Hühner haben geräumige Ställe, in denen sie sich bewegen können. „Wir fahren unsere Produktion runter und die Qualität hoch“, beschreibt Schriever das Konzept. „Wir müssen anders sein als der Supermarkt, am besten besser.“ Billig ist diese Qualität nicht, aber das akzeptieren Schrievers Stammkunden. Schweine- und Hähnchenfleisch verkauft Schriever auschließlich aus eigener Mast, Rinder bezieht er zum Teil auch von ihm bekannten Betrieben mit Weidehaltung aus der Nachbarschaft, wie Bernd Frommann in Plettenberg-Frehlinghausen. Das Schlachten übernimmt der Bauer selbst. Die nötigen Genehmigungen zum Betäuben, Töten und Verarbeiten der Tiere hat er schon lange. Von den Ställen zum Schlachthaus sind es nur wenige Meter. „Die Tiere haben keinen Stress. Das ist gut für das Tierwohl und die Fleischqualität“, weiß Schriever.

Zahlen zur Landwirtschaft im Märkischen Kreis

Grünland, Ackerflächen und Wald prägen das Kulturlandschaftsbild des Märkischen Kreises. Über 80 Prozent der Fläche des Kreises werden von rund 900 Betrieben land- und forstwirtschaftlich genutzt. Davon werden 350 Bauernhöfe im Haupterwerb bewirtschaftet. Während im Nordkreis auch Ackerbau, verbunden mit Schweinehaltung betrieben wird, ist im Südkreis aufgrund der Mittelgebirgslage die Grünlandnutzung durch Milchvieh, in Nebenerwerbsbetrieben häufig durch Mutterkühe, vorherrschend. Erlöse aus der Forstnutzung sind in vielen Betrieben fester Einkommensbestandteil. Am Rande der Ballungsräume gibt es etablierte Direktvermarkter; in den ländlicheren Gebieten ist Urlaub auf dem Bauernhof festes Standbein einiger Betriebe. Zudem haben landwirtschaftliche Betriebe die Pensionspferdehaltung zu einem weiteren Erwerbszweig entwickelt.

Quelle: Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e. V. - Kreisverband Märkischer Kreis

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Dirk Voss (l.) zeigt Landwirtskollegen seinen Kuhstall. Foto: Bernhard Schlütter

4 Fragen an…

Kreislandwirt Dirk Voss (Herscheid)

Das Image der Landwirte ist im Keller. Was tut derLandwirtschaftsverband, um das Ansehen des Berufsstandswieder zu verbessern?Die Kreisgeschäftsstelle und die Ortsverbände des Westfälisch-LippischenLandwirtschaftsverbands organisierenregelmäßig Veranstaltungen, die der Information undAufklärung über die Landwirtschaft dienen. Das sind Hoftage,Hofbesichtigungen für Schulen und Kindergärtensowie Lehrerweiterbildungen zu grünen Berufen undLandwirtschaft. Einmal im Jahr wird der Landmarkt imSauerlandpark Hemer veranstaltet. Im Auftrag des LandesverbandsWLV wird derzeit eine professionelle Imagekampagneerarbeitet. Darüber hinaus sind wir im ständigenDialog mit der Politik. Und jeder einzelne Betriebbetreibt Öffentlichkeitsarbeit, indem Fragen von Besuchernoder Nachbarn beantwortet werden. Das liegt inunserem eigenen Interesse.

Warum sind Landwirte so wichtig für den Schutz unddie Pflege unserer Kulturlandschaft?

Einfach gesagt halten wir alles in Ordnung. Über 80 Prozentder Fläche des Märkischen Kreises werden von rund

900 Betrieben land- und forstwirtschaftlich genutzt. Es trägt zur Attraktivität der Region maßgeblich bei, dass diese Fläche vernünftig bewirtschaftet wird. Unsere Kulturlandschaft hat sich über Jahrhunderte entwickelt. Wir tragen zum Artenerhalt bei, sowohl bei Tieren als auch Pflanzen. In unserer Region bewirtschaften wir meist Grünland, das nicht gespritzt wird. Zum Beispiel durch das Anlegen von Blühstreifen sorgen wir für Insektenschutz.

Würden Sie einem jungen Menschen heute empfehlen, den Beruf des Landwirts zu ergreifen? Die Ausbildung zum Landwirt ist auf jeden Fall keine Sackgasse. Wer nach der Ausbildung nicht in der Landwirtschaft bleibt, wird überall mit Kusshand genommen. Die Industrie und das verarbeitende Gewerbe wissen, das sind Leute, die sind zu gebrauchen. Die arbeiten selbstständig und haben auch kein Problem mit langen Arbeitszeiten. Heute haben fast die Hälfte der Auszubildenden keinen eigenen Hof zu Hause. Das war früher anders. Aber viele Höfe suchen Nachfolger, weil sie nicht in der Familie weitergegeben werden können. Wer einen Hof übernimmt, sollte allerdings wissen, was auf ihn zukommt. Die Landwirte stehen im Spannungsfeld zwischen Politik, Handel und Verbrauchern. Wir bekommen immer neue Auflagen und werden immer stärker kontrolliert. Ich denke, die Landwirtschaft wird in den nächsten Jahren einen enormen Strukturwandel erleben.

Was macht den besonderen Reiz dieses Berufs aus? Der Beruf des Landwirts ist sehr vielseitig und abwechslungsreich. Man arbeitet nah an der Natur, hat mit Tieren und mit Technik zu tun. Der Beruf verlangt Kenntnisse auf vielen Gebieten. Man muss aber auch Idealist sein.

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