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Maestra Mirga / Im Fokus: Weinberg

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Junge  Wilde

Junge Wilde

Mit Mirga auf Entdeckungsreise

Mirga Gražinytė-Tyla tritt ihr letztes Jahr als Dortmunder Exklusivkünstlerin mit gewohnter Vielfältigkeit an.

Langweilig wird es mit unserer Mirga nie. Immer wieder sucht die Dirigentin nach neuen Herausforderungen, konzipiert spannende Programme, scheut kein Repertoire. Das kann sie mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO), das sie seit 2016 leitet, besonders gut ausleben. »Das gesamte vokale und instrumentale Repertoire ist dort machbar«, freute sie sich, kurz nachdem bekannt wurde, dass sie als Chefdirigentin namhaften Vorgängern wie Sir Simon Rattle und Andris Nelsons folgen wird.

»Als Mirga zum ersten Mal bei uns am Pult stand, war eine Energie zu spüren, die das gesamte Orchester mitgenommen hat. Von Anfang an hat es einfach unglaublich gut gepasst.«

Marie-Christine Zupancic (Solo-Flötistin im CBSO)

Auch in ihrem dritten Jahr als Dortmunder Exklusivkünstlerin gibt es mit Mirga viel zu entdecken. Darunter eine Oper, die sie seit Jahren begleitet. Leoš Janáčeks »Das schlaue Füchslein« stand etwa in ihrer ersten Saison als Erste Kapellmeisterin am Theater Bern auf dem Programm. Nun bringt die Dirigentin das heiter-melancholische Tiermärchen auf die Konzerthaus-Bühne und lässt das Dortmunder Publikum eintauchen in die Geschichte vom Füchslein Schlaukopf, die Janáček so gekonnt in Musik überführt hat. Impressionistische Klanggebilde gepaart mit volksliedhaften Elementen lassen eine faszinierende Waldidylle entstehen, die einem auf tröstliche Weise den Kreislauf des Lebens nahebringt.

Zudem wird ein Komponist, der Mirga sehr am Herzen liegt, eine besondere Rolle in ihrem Programm spielen: Mieczysław Weinberg. In zwei Konzerten macht sie mit einigen seiner Sinfonien bekannt. Weitere Interpreten geben beim Weinberg-Fokus in dieser Spielzeit mit einer Auswahl von Kammermusikwerken einen Einblick in das umfangreiche Œuvre des gebürtigen Polen. Mehr als 150 Werke hat Weinberg geschrieben, darunter 22 Sinfonien, 17 Streichquartette, 28 Sonaten und sieben Opern. Hinzu kommen Kompositionen für Kino, Theater und Hörspiele. Geiger Gidon Kremer machte Mirga auf seine Musik aufmerksam. »Es ist eine Reise, das immer mehr zu entdecken. Dieses unglaubliche Leben, diese Dinge, die er erlebt hat und seine Art, damit umzugehen und das Erlebte auch in Klang umzusetzen – es ist einfach einmalig.«

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So 21.11.2021

18.00 Uhr

Janáček Das schlaue Füchslein

Solistenensemble, City of Birmingham Symphony Orchestra, Mirga Gražinytė-Tyla Dirigentin Leoš Janáček »Das schlaue Füchslein« Oper in drei Akten (konzertante Aufführung)

Sa 26.03.2022

18.00 Uhr

Tschaikowsky 4. Sinfonie

City of Birmingham Symphony Orchestra, Mirga Gražinytė-Tyla Dirigentin, Patricia Kopatchinskaja Violine Mieczysław Weinberg Sinfonie Nr. 3 op. 45 Igor Strawinsky Violinkonzert in D Peter Iljitsch Tschaikowsky Sinfonie Nr. 4 op. 36

So 27.03.2022

16.00 Uhr

Sa 02.07.2022

19.00 Uhr

Weinberg 4. Sinfonie

City of Birmingham Symphony Orchestra, Mirga Gražinytė-Tyla Dirigentin, Sheku Kanneh-Mason Violoncello Peter Iljitsch Tschaikowsky »Romeo und Julia« Fantasie-Ouvertüre Dmitri Schostakowitsch Cellokonzert Nr. 2 op. 126 Mieczysław Weinberg Sinfonie Nr. 4 op. 61

Sing mit Mirga Gražinytė-Tyla

Ein Mitsingkonzert mit litauischen und deutschen Liedern sowie Chorälen von Johann Sebastian Bach

Im Fokus: Weinberg: Vier Konzerte vom 25. bis 27. März mit Werken des polnischen Komponisten und Interpreten wie Mirga Gražinytė-Tyla, dem City of Birmingham Symphony Orchestra und dem Schumann Quartett Alle Konzerte im Abo erleben: Infos im Abobuch

»Musik, die in keine Schublade passt, weil sie so vielfältig und überraschend ist – und immer überwältigend gut. Die Musikwelt kann sich glücklich schätzen, einen Komponisten wie Weinberg wiederentdeckt zu haben – und zu entdecken gibt es noch einiges.«

BR Klassik

Das Leben des 1919 in Warschau geborenen Pianisten und Komponisten ist von Tragik, Flucht und Verlust geprägt, was auch in seine Musik einfließt: »Viele meiner Werke befassen sich mit dem Thema des Krieges. Dies war leider nicht meine eigene Wahl. Es wurde mir von meinem Schicksal diktiert, vom tragischen Schicksal meiner Verwandten. Ich sehe es als meine moralische Pflicht, vom Krieg zu schreiben, von den Gräueln, die der Menschheit in unserem Jahrhundert widerfuhren.« In Moskau findet Weinberg mithilfe von Dmitri Schostakowitsch Zuflucht vor der Verfolgung als Jude. Der Komponist ist begeistert von Weinbergs Musik, nennt ihn »einen der hervorragendsten Komponisten der heutigen Zeit«. Es entsteht eine enge Freundschaft, die beide gleichermaßen in ihrer Arbeit beeinflusst.

»Weinbergs Werke sind unfassbar divers. Es gibt darin Beispiele der glücklichsten Musik überhaupt, und der ernstesten Musik, die man sich vorstellen kann. Seine Fähigkeiten als Komponist sind unglaublich.«

Mirga Gražinytė-Tyla

Doch auch Moskau meint es nicht gut mit Weinberg. 1953 wird er aus haltlosen Gründen inhaftiert, erst Stalins Tod rettet ihm das Leben. Weinbergs Rückschau auf seinen Gefängnisaufenthalt als »nicht sehr erfreulich« scheint untertrieben. Es ist aber bezeichnend für diesen bescheidenen Mann, der seine Musik sprechen lässt. »Da ist diese sehr große Dunkelheit in Weinbergs Musik«, beschreibt es Mirga. Immer wieder blitzt es darin hell auf – ein Licht, eine bewegende Warmherzigkeit und Menschlichkeit. Dann versteht man, weshalb die Dirigentin entschieden hat: »An diesen Werken möchte ich wirklich mein ganzes Leben lang kleben bleiben.«

Wir hoffen natürlich, dass Mirga auch am Konzerthaus kleben bleibt und nach ihrer Zeit als Exklusivkünstlerin oft den Weg nach Dortmund findet. Es gibt doch noch so viel zu entdecken…

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