Ausgabe 14

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Bindungen

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s war einmal…

So fangen Märchen an. Und eine kleine, besondere Art von Märchen ist vielleicht auch die Geschichte unserer Schülerzeitung: Es war einmal, vor etwa vier Jahren, als ich in meiner damaligen Klasse fragte, wer Lust hätte, bei einer neuen Schülerzeitung mitzumachen. Spontan meldete sich ein Drittel der Klasse… Uns so zogen sie dann aus, kreuz und quer durch Zeit und Raum, um dieses edle Vorhaben Wirklichkeit werden zu lassen. Natürlich begegneten sie auch einem Drachen mit entsetzlich vielen Köpfen: „Finanznot“ hieß der eine, „Schulstress“ und „Zeitnot“ zwei andere, sehr dicht zusammengewachsen. Dann gab es noch den Kopf namens „Technikprobleme“ und jenen, welcher als „Termindruck“ immer hinterrücks zuschlug. Grässlich anzusehen war auch der Kopf mit dem Namen „Ideenmangel“ – er löste geradezu Lähmungen aus… Tja, und obwohl dieses vielköpfige Untier ein verflixt zähes Biest ist und nie ganz zu erledigen war, so wurde es doch unter Jubel immer wieder neu bezwungen. Und nun? Am Ende des Märchens werden die Guten belohnt: Seht euch bei Gelegenheit alle Ausgaben

noch mal an – DAS habt ihr, haben wir geschafft. Denkt an Layoutwochenenden, Forumsdiskussionen, Pizza essen… Schade eigentlich, dass DIESES Abenfür euch nun bestanden, zu

teuer Ende ist.

Das Thema unserer heutigen Ausgabe ist „Bindungen“. Von diesen gibt es viele, spannende und lustige – das zeigt euch allen die Vielfalt unserer Artikel, von denen wir hoffen, dass sie euch interessieren und gefallen. Eine Möglichkeit, sich zu binden kann sein, eine selbst gewählte Bewährungsprobe anzunehmen und durchzustehen. Und sich dabei ein Stück selbst zu finden - wie in der Arbeit an und in der Schülerzeitung. Und wenn es dann wieder hinaus geht in neue Abenteuer bleibt vielleicht, dass man den Drachen mit den vielen Köpfen nun schon von Weitem erkennt und ein bisschen über ihn lächeln kann… Alles Gute G. Bieneck kreuz&quer

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Ein Selbstportrait von einem deutsch-polnischen Kreuzschüler über seine Wurzeln "Ich will hier nicht weg!"

Ein Portrait über eine heimtaverbunde Jugendliche

12 Nach Schottland. Allein.

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Über das Weggehen von der Familie und die aufkommenden Fragen

Keiner ist eine Insel

Sammlung verschiedener Bindungen

Netzwerkstatus: Verbunden

Entwicklung des Internets und unsere

Bindung daran

20 Kreuzschule

Ein Atheist an der Vom Mitmach-Christen zum Atheisten

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Ehrenamt

Ein paar Sachinformationen, eine Lehrermeinung und ein kritischer Kommentar ...

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Ehrenamt & Lampenfieber Proben, Musizieren und Auftreten mit TenSing-Dresden

Abigag-Impressionen

Eine Fotoseite mit den schönsten Momenten

Abiturientenlandkarte

Globale Verteilung der Kreuzschüler

nach dem Abi 2013 - eine Übersicht

Sagen Sie jetzt nichts ... ! Das Interview ohne Worte mit Frau Christof

Ahnengalerie Eine Überraschung - den Gründern

axkon / Wikimedia Commons

Auf der Suche nach der richtigen Hälfte


Im K-Block

Eine Reportage über Fußball, Ultras, Leidenschaft

Streifzug durch 52 44 Ein Striesen - zweiter Versuch Auf der Suche nach der Seele des

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Gabriele Planthaber / pixelio.de

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Momentaufnahme - moving in circles Erfahrungsbericht nach einem halben Jahr Kanada

So veel as du bruukst

Kirchentag 2013 - ein erfahrungsreicher Selbsttest

schönen Stadtviertels Striesen, dem Viertel, in dem wir lernen.

La Cenerentola

Aschenputtels Liebesgeschichte als dramatische Oper

"Übrigens haben wir uns mit dem von euch sehr unterschiedlich aufgenommen Titelbild der Tabu-Ausgabe beim SPIEGEL-Wettbewerb Den 10. Platz Gewonnen! Insgesamt wurden über 900 Beiträge eingereicht." kreuz&quer

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Auf der Suche nach der richtigen Hälfte

Wir fühlen uns als Menschen selbstsicherer, wenn wir ein festes Bild von unserer Identität und Persönlichkeit haben. Was aber, wenn die Eltern unterschiedlicher Nationalität sind?

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ine klar zugeordnete Rolle innerhalb der Gesellschaft ist oft die angenehmste Antwort auf die Frage nach der persönlichen Identität. In meinem Fall gestaltet sich das Ganze etwas schwieriger: Zwar zeigt mir der Bundesadler auf meinem Pass, dass mein ellenlanger Nachname und der Geburtsort Dresden mich zu einem „typischen Deutschen“ machen, doch sein weißes Pendant bescheinigt mir ebenso die polnische Staatsbürgerschaft. Dazu kommt, dass ich Deutsch wie Polnisch fließend spreche, ständig zwischen den Verwandten in Deutschland und der Familie in Polen hin– und herpendele und sich eindeutige Erkennungsmerkmale beider Völker in meinem Handeln widerspiegeln. Um diese durchaus aufregende Melange zu verstehen, habe ich in den letzten Jahren nach der stärkeren und größeren „Hälfte“ meiner Identität gesucht, die ein für alle Mal die Frage: „Bin ich nun Pole oder Deutscher?“ beantworten sollte.

Angefangen hat jedoch alles bei meiner Geburt im Jahre 1993. Als Sohn einer Polin und eines Deutschen wuchs ich bilingual auf und sprach mit meinem Vater konsequent nur Deutsch und mit meiner Mutter nur Polnisch. Unbequeme Fragen über das Taschengeld oder ein Aufbleiben bis spät in die Nacht klärte ich somit auf Polnisch mit meiner Mutter, weil ich sicher sein konnte, dass mein meist skeptischer Vater es nicht verstehen würde. Seit frühestem Kindesalter pflegte ich einen engen Kontakt zu der Familie meiner Mutter in der Stadt Wroclaw (Breslau), vor allem zu meiner einzigen Oma, der „Babcia“, wie man

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auf Polnisch sagt. In den vergangenen 19 Jahren verging nicht ein einziger Urlaub, den ich nicht bei meiner Babcia, meinen 3 Cousinen und anderen Verwandten verbrachte. Der osteuropäische Einfluss auf mich als Kind war gewaltig, weil meine Erlebnisse in Polen immer das verrückte, aber herzliche Gegenstück zu dem „normalen“ Alltagsleben in Deutschland bildeten. Ich war als neugieriger kleiner Junge begeistert von den Sitten und Bräuchen: jede Mahlzeit wird wie ein Festmahl zelebriert und die Babcia lässt mit dem Essen nicht locker,

man von der eigenen Mutter mit einem Eimer Wasser aufgeweckt wird!)

Natürlich wirkten sich die Erfahrungen aus dem Nachbarland und die unmittelbare Nähe zu der polnischen Kultur und Sprache auch auf mein Verhalten aus und wie ich von anderen Menschen gesehen werde. Wenn mich jemand noch vor ein paar Jahren gefragt hätte, welcher Nationalität ich angehöre, hätte ich noch voller Stolz mit „Pole“ geantwortet. Denn mit dem Beginn der 5. Klasse am Kreuzgymnasium wurde

bis der kleine Alex wirklich, wirklich satt ist. Dazu kommen Traditionen wie der „Śmigus-dyngus“, ein alter Osterbrauch, bei dem sich Jugendliche am Ostermontag gegenseitig mit Wasser bespritzen. (Es ist ein tolles Gefühl, wenn

ich nicht mehr nur von meiner Familie, sondern auch von meinen Mitschülern als Ausländer bzw. als Pole in Deutschland (positiv!) wahrgenommen. Zwar spreche ich meines Erachtens nach akzentfrei Deutsch, doch es reichte aus, dass


mich meine Mutter vor einer Gruppe von Mitschülern als „Olek“ (polnische Variante des Namens Alex) ansprach und meine „neue“ Identität schien geboren zu sein. Seither sagen alle „Olek“ zu mir und selbst im Sommer 2011, nachdem ich ein Austauschjahr in den USA verbracht hatte, begrüßte mich meine neue Klassenstufe mit diesem Namen, ohne mich jemals gefragt zu haben, ob ich denn „Alex“ bevorzuge. Laut einer Statistik gibt es in Sachsen etwa 128000 Menschen, die auf den Namen Alexander hören, doch es gibt wahrscheinlich nur einen „Olek“.

Für einen größeren und stärkeren polnischen Teil in meinem Herzen spricht ebenfalls meine feste Überzeugung, dass sich in meinem Verhalten viele Merkmale der polnischen Mentalität widerspiegeln. Wie die meisten Polen bin ich, aller Rationalität entgegen, abergläubisch und reiche niemandem über einer Türschwelle die Hand, weil das traditionell viel Pech bringt. Des Weiteren ecke ich oft mit der polnischen Kultur des Komplimente-Machens bei meinen Mitschülerinnen an. Während die Frauen in Polen ein fast schon gesetzlich gesichertes Recht auf Komplimente besitzen, verdrehen die deutschen Mädchen bei jeder noch so schmeichelhaften Äußerung mit errötetem Gesicht die Augen (Liebe Grüße an Leonie!). Einer Polin ist selbst das dämlichste Kompliment lieber als gar keins! Ein weiteres Indiz für meine ausgeprägte polnische Seite ist die ebenfalls von mir beherrschte Improvisationskunst der Menschen östlich der Oder. Improvisation in allen Situationen

und Bereichen ist für uns Polen der Schlüssel zum richtigen Leben. Da, wo für die Deutschen eine Grenze liegt, beginnt für die Polen erst der Spielraum! Für jedes unlösbare Problem gibt es eine Lösung und für jeden kaputten Abfluss noch genügend Draht und Schuhsohlen, um ihn wieder zurecht zu biegen. Zu guter Letzt muss ich mir oft genug anhören, dass ich „viel zu nett zu allen“ wäre und man mich dadurch einfach ausnutzen könne. Obgleich ich aus „dieser Nettigkeit“ die Hälfte aller Hausarbeiten des Englisch-Leistungskurses korrigiert habe, lässt sich das Problem auf eine urtypische, polnische Tugend zurückführen: die Herzlichkeit. Sie ist der Grund, warum so viele Deutsche von der „polnischen Gastfreundschaft“ schwärmen und die Eigen-

Da, wo für die Deutschen eine Grenze liegt, beginnt für die Polen erst der Spielraum! schaft, die den Polen ihre Normalität bewahrt. Nicht selten erlebt man, dass ein Busfahrer einem Fremden ein Foto seiner Kinder zeigt oder Anekdoten aus seinem langen Leben erzählt. Denn egal ob Lehrer oder Polizist, die Polen spielen nur ungern den Macker oder Sadisten, weil – und das habe ich selbst gelernt und verinnerlicht – man sich nicht über Geld oder Arbeit, sondern über die Familie definiert! Dennoch, eine Selbstdarstellung oder Kategorisierung meiner selbst als typischer Pole entspräche nur teilweise der Wahrheit. Meine deutsche Hälfte geht zwar durch die Besonderheiten der polnischen Kultur etwas unter, aber sie ist nicht minder groß. Ich habe

schließlich die meiste Zeit meines Lebens in Deutschland verbracht, bin nie in Polen zur Schule gegangen und gröle auch inbrünstig „Schlaaaaaand“, wenn die deutsche Nationalelf mal wieder ein internationales Turnier bestreitet. Dazu kommt, dass ich viel Wert auf Pünktlichkeit und Ordnung lege, was nun wieder überhaupt nicht mit dem polnischen Denken einhergeht.

Ich habe also in den letzten paar Jahren auf der Suche nach der größeren Hälfte meiner Identität zwei essentielle Dinge feststellen müssen. Die erste Erkenntnis ist, dass es eigentlich überhaupt nicht wichtig ist, ob ich nun ein festes Rollenbild von mir habe oder nicht. Die Menschen um mich herum müssen selbst entscheiden, welche Person sie in mir sehen. Dasselbe gilt auch für mich: Ich möchte mich nach Außen hin lieber über meine Taten definieren als über den Adler auf meinem Pass. Für alle die noch Fragen haben: Ich bin stolzer Deutscher und stolzer Pole! Die zweite und vielleicht viel wichtigere Erkenntnis ist, dass viele meiner Mitschüler und Freunde noch nie im Nachbarland Polen gewesen sind. Was für ein Skandal! Da die Sommerferien schon vor der Tür stehen, appelliere ich an alle Leser: Spart euch das Geld für Mallorca und fahrt lieber an die polnische Ostsee, in die Masuren oder nach Krakau, es lohnt sich definitiv! Polnisches Ehrenwort!

Alexander „Olek“ Hirschberger

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Quelle: wikimedia commons/Dietrich Krieger

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„Ich will hier nicht weg!“ Denkt man an Heimatverbundenheit, so denkt man meistens an Volksfeste und Trachten, im Zweifel fast immer bayrische, an Bier­ und Wurstsorten und an alte Menschen, die in ihrer Heimat aufgewachsen sind und wenig anderes kennen. An was man wahrscheinlich nicht denkt: Jugendliche.

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s gibt tatsächlich kaum Jugendliche, die sich mit ihrer Heimat verbunden fühlen. Zwar sind es vor allem in Süddeutschland viele, die durchaus gern bei Volksfesten mitfeiern, Tracht tragen und in der örtlichen Blaskapelle spielen, aber auch diese wollen nach der Schule oft “in die große, weite Welt“ hinaus. Fälle wie der von sind Anna selten. Anna ist 17 und lebt in einer Kleinstadt im Süden von Baden-Württemberg, wo Heimatverbundenheit besonders unter Älteren wichtig ist, um etwas zu gelten und lokal erfolgreich zu sein. Sie wuchs sozusagen als Einzelkind auf – ihre älteren Geschwister sind 13 und 15 Jahre älter als sie - und bekam von klein auf mit, wie ihre Eltern sich in der Stadt engagieren. Fragt man sie, wo sie ’später mal hin’ möchte, antwortet sie einfach nur: „Nirgendwohin. Ich bleibe hier“. Anna kann sich keinen anderen Ort zum Leben als Oberschwaben, ihre Heimat, vorstellen, empfindet keinerlei Fernweh, nicht mal für Urlaubsreisen. Sie wird auch – laut ihrem Plan - bis auf die Studienfahrten der Schule kaum einmal ins Ausland fahren. Einen wirklichen Grund für ihre Heimatverbundenheit, ein beson-

Über die Frage, woher ihre Heimatverbundenheit stammt, muss Anna erst mal nachdenken

deres Ereignis gibt es dafür nicht. Sie kann es sich selbst nicht genau erklären: Klar, ihre Familie lebt hier seit ein paar Generationen, aber ihre Geschwister fühlen sich mit ihrer Heimat zum Bei-

spiel kaum verbunden. Ihre Heimatliebe hat sich bei ihr einfach von Kindheit an entwickelt. „Das gehört halt irgendwie zu mir“, um es in ihren Worten auszudrücken.

Fast jeder möchte heutzutage "mal weg" . Besonders tief ist die Verbundenheit zu der kleinen Stadt, in der sie lebt. Hier spielt sich all ihr Leben ab, hier hat sie ihre Freunde, ihre Familie, ihre Aufgaben, anderswo gäbe es all dies nicht mehr. Und - so kitschig es klingen mag - sie liebt die Landschaft dort, als etwas Einzigartiges, das sich anderswo nicht finden lässt. Auch ihr Berufswunsch lässt sich damit vereinbaren: Lehrerin an ihrer eigenen Schule, nur die Fächerkombination ist noch offen, aber „wahrscheinlich wird es Deutsch und Geschichte oder Reli“. Zum Studieren muss sie natürlich weg, das ist klar, aber die paar Jahre sollen die Einzigen sein und da das Angebot an Universitätsstädten für das Lehramt in BadenWürttemberg relativ groß ist, wird dies auch kein Problem sein. Noch etwas anderes hat diese Heimatverbundenheit hervorgebracht: Viel Engagement. Anna trainiert zweimal die Woche die Jugendgruppe Leichtathletik, ist bei den Ministranten, ist in der Schule Klassensprecherin und zudem noch beim Sanitätsdienst und im Chor. Menschen wie Anna werden gern als Hinterwäldler und nicht ganz im 21. Jahrhundert angekommen gesehen, soll doch heute jeder möglichst international leben, gerne viele Sprachen sprechen und zu-

mindest zeitweise Mal im Ausland gelebt haben. Das setzt sich auch bei Leuten unseres Alters durch: Jedes Jahr gibt es mehr Austauschschüler und für Sprachferien melden sich auch immer mehr Schüler an. Und wenn man nicht ins Ausland möchte, möchte man zumindest in einer Großstadt leben, so wie auch viele von Annas Freunden, die nach der Schule planen nach Berlin, Hamburg oder München zu ziehen. Und natürlich hat es auch viele Vorteile, ein “Weltbürger“ zu sein, viele verschiedene Kulturen kennengelernt zu haben, mehrere Sprachen zu sprechen und Freunde auf allen fünf Kontinenten zu haben. Auf diese Weise kommen fremde Einflüsse, die es trotz fortschreitender Globalisierung immer noch gibt, in die Gesellschaft und erst durch diese Kontakte wird ein internationaler Zusammenhalt möglich. Das Befremden, das Anna oft mit ihrer Heimatverbundenheit erntet, hängt natürlich auch damit zusammen, dass in Deutschland, anders als in anderen Ländern, Heimatverbundenheit fast immer in die konservative oder rechte Ecke gesteckt wird. Hier gibt es die Angst, dass man, sollte man sich zu seiner Heimat bekennen, gleich als jemand abgestempelt wird, der offensichtlich irgendwo einen Mangel besitzt – sonst würde er sich ja auch in der Großstadt oder im Ausland behaupten können. Anna redet übrigens kaum einmal über ihre Heimatverbundenheitsie sieht es einfach als selbstverständlichen Teil ihres Lebens an.

Carolin Rothmann Klasse 10

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Nach Schottland. Allein.

Das Abitur in der Tasche, die Schule hinter sich - und endlich geht es auf in die weite Welt. In's freie, selbstbestimmte Leben. Doch wie soll man das eigentlich schaffen ohne Eltern?

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it 10 Jahren werde ich pünktlich 6.45 Uhr von meiner Mutter geweckt. Im Bad liegen schon meine Sachen bereit, die sie mir am Vortrag rausgesucht hat. Dann gehe ich runter, mein bereitgestelltes Frühstück essen. Eine Käseschnitte, wie jeden Morgen, extra in der Mitte geteilt, damit ich nicht zu große Bissen machen muss. Meine Mutter packt mir noch meine Brotbüchse für den Tag ein (einen Apfel und eine Doppelschnitte) und dann fährt sie mich zu Schule.

Quelle:pixelio/donjulio/Die schroffe Nordseeküste im Norden Schottlands Quelle:pixelio/moorhenne/Ich bin total abgefahren Quelle:pixelio/BirgitH/Kleintransporter

Jetzt bin ich 18. Inzwischen weckt mich mein Handy. Meine Sachen habe ich mir selbst rausgesucht. Natürlich schon am Vorabend. Frühstück macht mir meine Mutter allerdings immer noch. Eventuell variiert die Käseschnitte mal mit einer Frischkäseschnitte. Der einzige Unterschied: Ich packe meine Brotbüchse selber in meine Tasche, bevor mich meine Mutter mit ihrem Auto zur Schule fährt. Und das, obwohl ich meinen Führerschein schon seit einem Jahr habe. Nach Hause komme ich dann sogar mit Bus und Bahn. Finde ich nichts Essbares im Kühlschrank, kann das Mittag auch gern mal ausfallen oder auf einen Joghurt reduziert werden. Wenn ich Glück habe, war mein Vater

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bei Oma essen und hat was mitgebracht. Wenn der Geschirrspüler gerade fertig ist, räume ich ihn noch aus. Trage damit meinen Teil zur Hausarbeit bei. Dann gehe ich in mein Zimmer, auf meiner Treppe liegt meine frisch gewaschene Wäsche - zusammengelegt und gestapelt. Wäsche waschen? Gehört nicht unbedingt zu meinem Fachwissen. Ich räume Wäsche eigentlich generell nur in meinen Schrank. Waschmaschine bedienen, Wäsche aufhängen und abnehmen – das übernimmt meine Mutter. Und jetzt will ich ausziehen.

Ich habe noch 62 Tage, um Wäsche waschen zu lernen und Kochen und wie man ein Fahrrad repariert... Minus mindestens 20 Tage Urlaub. Macht 42 Tage.

Vielleicht sollte ich eine Liste machen: was ich schon kann und was ich noch lernen muss. Ich kann: Staubsaugen, Wischen und Putzen, simple Gerichte zubereiten (hauptsächlich Nudeln und Pizza), mit Handys und Computern kann ich gut umgehen (generationsbedingt) und nicht zu vergessen – ich kann Autoreifen wechseln. Nun will ich nicht nur einfach ausziehen, ich werde „auswandern“

und zwar nach Schottland, genau genommen Aberdeen, um dort 4 Jahre Psychologie zu studieren. Das an Finanzen knappe Studentenleben und der Linksverkehr machen die Fähigkeit zum Reifenwechseln unnütz, ich werde mich wohl ans Radfahren gewöhnen müssen. Womit wir zu den Defiziten meines Könnens kommen: „Fahrradkunde“, Lebensmittel einkaufen und natürlich Wäsche waschen. Sicherlich habe ich noch was vergessen, aber da brauche ich bloß meine Mutter fragen. Sie ist es, die mich immer an alles erinnert.

Allein zurechtkommen – das wird noch mal eine ganz andere Herausforderung. Und da dachte man, nach Führerscheinprüfung und Abitur es endlich geschafft zu haben... Doch der eigentlich schwerste Teil ist doch der Abschied von den Eltern. Plötzlich kommen einem die 18 Jahre gar nicht mehr so viel vor. Die Herausforderung ist nicht nur praktischer Art, es geht nicht nur um das eigenständige Wäschewaschen. Sicherlich, wenn ich ein Problem praktischer Art habe, dann ist mein Vater da: ein Virus auf dem Laptop, eine abgesprungene Fahrradkette...er hat immer eine Lösung und wenn er ganze


Nächte sitzt, um diese zu finden. Und was würde ich machen, wenn meine Mutter mich nicht ständig an alles erinnern würde. Wahrscheinlich hätte ich schon sämtliche Arzttermine verpasst und wäre ständig irgendwo zu spät gekommen.

Ich bin Einzelkind. Ich bin nicht nur auf die praktische Hilfe meiner Eltern angewiesen. Meine Eltern sind auch meine besten Freunde, meine Geschwister, meine Vorbilder, meine Spielkameraden, meine Therapeuten, meine Fans. Zu ihnen habe ich meine engsten Bindungen. Diese Bindungen werde ich jetzt ganz schön weit ausspannen müssen. Und es sind nicht nur meine Eltern. Die Eltern meiner Mutter, meine Großeltern, haben nur mich als Enkelin. Mit meiner Oma gehe ich schwimmen und öfter auch mal ein Eis essen, zusätzlich sehe ich beide jedes Wochenende zum Essen. Auch diese Bindungen sind eng. Und wenn mein Opa könnte, würde er den Bindfaden so eng wie möglich halten. Wie könnte ich ihm das nur antun, so weit weg zu fahren und was, wenn er in den 4 Jahren sterben würde, dann könnte ich ja gar nicht zu seiner Beerdigung kommen... Mein Opa ist 77 und hat noch genug Energie, um sich über die Amis, die Linken, die Rechten, meine Oma, die Freunde meiner Oma, Schwester meiner Oma und die letzte Dynamoniederlage aufzuregen. Aber nicht nur meinem Opa macht der baldige Abschied zu

schaffen. Meine Oma ist zu nett, um mir Vorwürfe zu machen, wird mich aber schrecklich vermissen. Mit meiner Mutter hatte ich schon mehrere emotionale Gespräche und ich – ich werde wohl am meisten unter diesem Abschied leiden. Die Entscheidung zum Ausziehen kam schnell und abrupt. So wie viele meiner Entscheidungen. Impulsiv und auf eine naive Art mutig. Ich wollte im Ausland studieren und bei der Bewerbung war der Abschied auch noch so weit weg. Da hat man sich noch kaum Gedanken gemacht. Später, bei einem der emotionalen Gespräche meinte meine Mutter zu mir: „Die Kinder sind uns nur geliehen.“ Das sei ihre Lebensweisheit und so traurig es sie macht, ist es nun für meine Eltern an der Zeit, mich freizugeben – loszulassen.

Wie ich mich dabei fühle? Auf der einen Seite aufgeregt und voller Vorfreude, aber dann auch wieder ängstlich, hilflos, traurig. Der Verlust ist schmerzhaft, nicht mehr so viel Zeit mit meinen Eltern verbringen zu können. Und selbst wenn einem Skype den virtuellen Kontakt sichert, so kann ich sie doch nicht mehr umarmen. Wenn die Liebe der Eltern auf einmal nicht mehr so greifbar ist, wo bekommt man dann die Liebe und Bestätigung her, die man braucht? Naja, offensichtlich habe ich mir mit Psychologie ja das richtige Studium rausgesucht, um diesem Problem auf den Grund zu gehen. Ich schätze mal, bis dahin bin ich größtenteils auf mich al-

lein gestellt. Aber dann werde ich neue Bindungen aufbauen, neue Freundschaften schließen und eigenständig leben lernen – mit weniger Bindungen. Den Schritt, den ich jetzt machen werde, den mussten schließlich alle von uns bisher früher oder später machen und wenn ich mich so umschaue, haben es ja doch die meisten überlebt. Dann werde ich das auch schaffen. Selbst wenn ich mir nicht immer den einfachen Weg aussuche. Ich will nicht in Dresden bleiben. Noch ein paar Jahre bei meinen Eltern bleiben und hier studieren bis ich eventuell mal jemanden kennenlerne, mit dem ich zusammenziehen könnte. Ich brauche diese Veränderung, damit ist es meine eigene Schuld, dass ich es mir so schwer mache. Aber ich bin überzeugt, dass ich nichts davon bereuen werde. Und sicher wird es anfangs schwer, fangen wir zum Beispiel damit an: meine Mutter hat mich heute mindestens dreimal inständig daran erinnert, dass ich doch endlich meinen Artikel schreiben solle. Ich solle mich zusammenreißen und mich einfach mal eine Stunde hinsetzen, schließlich könne ich das doch. Und hier sitze ich nun und schreibe meinen Artikel – endlich. Wie soll ich nur allein klarkommen?

Nora Geppert Klasse 12

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Keiner ist eine Insel ...

Zu wem haben wir eine besondere Bindung? Zur Oma, die den besten Apfelkuchen der Welt bäckt? Zum besten Freund, zur besten Freundin, weil man einfach alles mit ihm/ihr teilen kann? Schüler aus unterschiedlichsten (Alters­)klassen haben sich bereit erklärt, ein wenig über ihre persönlichen Beziehungen zu berichten.

„Wir kennen uns schon seit der Grundschulklasse. Am Anfang haben wir uns ... naja, nicht so gut verstanden. Doch ab der vierten Klasse verstanden wir uns besser, da auch schon feststand, dass wir zusammen in eine Klasse aufs Gymnasium gehen werden. Ab da ging dann erstmal jeder seinen eigenen Weg in Sachen Freundschaft. BFF's wurden wir eigentlich erst Anfang der siebten Klasse. Bis heute machen wir so ziemlich jeden Schrott zusammen, den man sich so vorstellen kann (das sind manchmal ziemlich dumme Sachen). Wir unterstützen uns gegenseitig und bringen uns oft zum Lachen. Wir finden auch meistens die gleichen Sachen gut oder halt nicht. Best friends forever.“

Johannes Ammon / Jugendfotos.de

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„Eigentlich war sie diejenige, die mich wirklich aufgezogen hat, als ich klein war. Obwohl sie nicht meine leibliche Oma war, habe ich sie doch schon sehr schnell so genannt und die fünf Tage in der Woche, die ich bei ihr verbracht habe, waren immer bis zum Rand voll mit Spielplatzbesuchen, meinem Lieblingsessen und ganz viel Spaß. Ich konnte mir nie vorstellen, wie es sein würde, nicht mehr bei ihr zuhause mit Playmobil zu spielen und sich nach dem Haarewaschen auf dem Sofa zusammen den Sandmann anzuschauen. Irgendwie war ich immer der Meinung, dass, was immer mir auch passieren würde, ich bei ihr Zuflucht fände. Doch jetzt bin ich froh, wenn sie mich überhaupt noch erkennt. Die Alzheimermedikamente lassen sie schwerfällig werden und ein normales Gespräch ist nicht mehr möglich. Nur manchmal für ein paar Sekunden kommt das Glitzern in den matt gewordenen Augen zurück und sie drückt meine Hand ganz fest, als wäre alles wieder wie früher. Dann verspreche ich ihr, dass ich sie bald wieder besuchen komme, und nehme es mir für diesen Moment auch wirklich vor. Aber diese Momente des Erkennens werden genau wie meine Besuche immer weniger und ich kann mich selbst dafür nicht leiden. Doch der Alltag holt mich ein, die guten Vorsätze werden verdrängt und das Spielzeug von damals auf ebay versteigert.“


Stefan Franke / Jugendfotos.de

Über einen alten Freund … „Manchmal, an solchen grauen, verregneten Tagen wie diesem, sitze ich träumend am Fenster und wünsche mich in die Zeit meiner Kindheit zurück, in die Zeit der Diddl-Blätter, der mit Nutella verschmierten Gesichter, der kleinen und großen Kratzer, der ausgedehnten Spielplatzbesuche, in die Zeit der Indianerschreie und der Zeit, in der wirklich böse Beleidigungen noch nicht über „Du blöde Kuh“ hinausgingen. Und ganz besonders wünsche ich mich dann zu dem zurück, den ich damals meinen allerbesten Freund nannte. Unsere Geschwister riefen uns feixend und um uns zu ärgern, „Ehepaar“ zu, und obwohl wir uns ärgerlich und auch ein bisschen verschämt verteidigten, waren wir innerlich stolz auf unsere Verbundenheit. Wir waren unzertrennlich und teilten neben unseren Geheimnissen auch eine Menge Nachmittage, die wir mit Otto-Schallplatten, Schlümpfen, Kirschkern-Weitspucken und Taschenuhren verbrachten. Er war immer für mich da, und wenn er mal mit seiner Familie verreist war, konnte ich mich vor Langeweile fast nicht retten. Damals dachten wir, die Freundschaft hielte für immer, und das hat sie irgendwie ja auch, aber das habe ich vermutlich nicht immer so empfunden. Denn es kam der Tag, an dem Umzugspläne geschmiedet, der Tag, an dem die ersten Kisten gepackt wurden und schließlich auch der Tag, als der Kühlschrank auf der Straße stand, was den Punkt unserer Geschichte markierte, an dem ich weinend erst so richtig verstand, dass mein Freund von mir wegziehen würde: Zwar nicht weit, aber eben doch weg. Danach wurde der Kontakt erst einmal weniger, wir wurden älter, veränderten uns und schließlich sahen wir uns fast gar nicht mehr. Das Ende einer jahrelangen Sandkastenfreundschaft. Inzwischen haben wir uns wieder angenähert, wir treffen uns ab und zu, mal häufiger, mal seltener. Und ich habe gemerkt, dass die Freundschaft eigentlich nie zu Ende war, dass ich immer noch genauso mit ihm lachen und rumblödeln kann, dass die Zeit mit ihm immer noch genauso schnell vergeht wie früher. Wenn wir uns treffen, dann kommen sie wieder hoch, die Gemeinsamkeiten und die kleinen Dinge, in denen wir uns so ähnlich sind, aber ebenso mischt sich auch immer ein Hauch Trauer ein, dass es wohl nie wieder so sein wird wie früher. So ist das wohl, mit dem Erwachsenwerden ... Was mir nun an solchen tristen Regentagen bleibt, sind all die schönen Erinnerungen, die nur wir beide miteinander teilen. Er war mein allerbester Freund und irgendwo tief in mir verankert, wird er es wohl auch immer bleiben.“

„Familienmitglieder sind für mich von vornherein eine wichtige Konstante in meinem Leben. Ihre Liebe musste ich mir nicht erarbeiten oder sogar erkämpfen, sondern ich konnte von Anfang an auf sie bauen. Die eigene Familie begleitet einen sein ganzes Leben lang. Familienmitglieder erleben die Höhen und Tiefen, die man durchläuft, gemeinsam. Kaum einer kennt einen besser als die Menschen, die man jeden Tag zu Hause sieht und mit denen man den Alltag durchlebt. Niemand muss mehr unter meinen kleinen und großen Macken leiden als sie! Freunde sind wichtig, keine Frage, aber mein kleiner Bruder wird immer mein kleiner Bruder bleiben. Bei Freunden kann man sich nie sicher sein, oder?“

Laura Löser / Jugendfotos.de kreuz&quer

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charma77 / Jugendfotos.de

Kaninchenverhältnisse mit Schokolade „Manchmal denke ich immer noch, dass ich ihr keine Schokolade hätte geben dürfen. Mein Kaninchen hieß Lisa und es hatte schwarzes Fell, das sich so weich anfühlte wie frisch gewaschener Nerz. Es war einfach entspannend, kurz vor dem Einschlafen mit ihr zu schmusen und zu fühlen, wie hektisch sie durch ihre weiße Stupsnase hechelte und zu sehen, wie weit sie ihre Augen öffnen konnte. Danach bekam sie von mir ein Stück Schokolade und rannte noch fünf bis acht Runden durch ihren Stall, bis sie vor Erschöpfung umkippte. Wenn ich jetzt kurz vor einer Unterrichtsstunde Schokolade esse, fühle ich mich an Lisas Situation im Stall erinnert und vergleiche mich automatisch mit einem Kaninchen. Der Vorwurf meiner Mama, dass die Schokolade an Lisas Tod schuld war, trifft mich in diesen Momenten ganz besonders. Wenn ich dann auf dem Nachhauseweg fast vor Erschöpfung umkippe, frage ich mich: Inwieweit tötet Schokolade?“

„Wir haben uns lieb, weil wir total viel lachen und Spaß machen können. Außerdem haben wir schon unglaublich viel zusammen erlebt, Schönes und Dummes. Wir können uns einfach alles erzählen. Wir haben wirklich viel gemeinsam und trotz einiger kleiner Streits haben wir uns schon immer wieder vertragen. Wir haben ziemlich viel Spaß daran, uns peinlich zu benehmen und Mist zu machen. Natürlich können wir auch total ernst sein. Aber wir sind und bleiben beste Freundinnen!“

Madeleine Schade / Jugendfotos.de

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Sas si / Jugendfotos.de

„Meine Eltern und ich verstehen uns sehr gut. Bei uns sieht ein Abend meist so aus: Montag bis Freitag: Mama ist (fast immer) bei ihrem Chor; Papa macht das Essen, was meist nur aus Brot, Butter, Salami oder anderer Wurst, Wasser und Tee besteht; meine Schwester Lotte ist bei einer Freundin und ich liege im Bett und lese. Wenn Papa dann zum Essen ruft, ist Lotte wieder da, ich komme aus dem Bett und dann essen wir. Mama kommt meist erst um 10 nach Hause. Da liegen wir (meistens) schon in unseren Betten, nur Papa ist noch auf. Der Morgen ist immer so: Mama ist schon auf Arbeit (seit 6:00 ist sie schon weg); Papa weckt uns; Lotte schläft weiter, und wenn sie aus dem Bett kommt, bin ich schon angezogen. Dann essen wir Frühstück und ich muss mit dem Fahrrad zur Schule. Eine halbe Stunde später geht Lotte zur Schule und Papa begleitet sie. Nachmittags bin als Erstes ich da, dann kommt meine Mutter, Lotte und Papa kommen halb sieben.“


Tobias Mittmann / Jugendfotos.de

„Eigentlich denke ich, eine ganz normale Familie zu haben. Aber allein der Fakt, dass meine Familie eines der wichtigsten Dinge meines Lebens ist, unterscheidet sie von etwas ganz Normalem und einer ganz normalen Familie. Das schönste an meiner Familie ist, dass wir alle, selbst wenn wir in einer tiefen Krise stecken und uns überhaupt nichts leisten können, immer wissen, dass wir füreinander da sind. Das ist ein wunderbares Gefühl und ein sehr stärkender Gedanke. Es gibt Momente, wie wenn wir alle an einem Tisch sitzen und zusammen lachen, auf der Terrasse sitzen und den letzten Herbsttag genießen oder wenn mein Bruder und ich - wie so oft - den gleichen Gedanken haben, da spürt man das intensive Verhältnis mehr. Aber das Gefühl, dass man jemanden hat, der immer zu einem hält, verschwindet eigentlich nie.“

„Was meinen Bruder so besonders macht? Er kennt mich mit all meinen Macken, weiß meine tiefsten und dunkelsten Geheimnisse. Und er liebt mich trotzdem. Er steht zu mir. Er beschützt mich, obwohl ich doch eigentlich die Ältere bin. Wenn ich Liebeskummer habe, weiß er als einziger, wie man mich wieder zum Lachen bringt. Wir kommunizieren nonverbal – sehr praktisch, wenn man sich über eine anwesende Person lustig machen will. Seine LehrerImitationen sind legendär. Ich halte ihn für ein Genie. Ich verlasse mich auf seine Einschätzungen einhundert Prozent. Wäre er nicht, würde ich in unserer Familie verrückt werden. Wir sind Verbündete im stetigen Kräftemessen mit den Erwachsenen. Ich weiß nicht, warum, aber die Gespräche mit ihm sind immer ergiebig. Keine Unehrlichkeiten, keine falsche Höflichkeit – das genieße ich in der Familie sowieso. Nichts Nebensächliches kommt zur Sprache. Diese absolute Natürlichkeit. Entspannung und Vertrauen. Pure Albernheit. Dieses Gefühl: „Wir zusammen gegen den Rest der Welt“. Das ist, was ihn zu meinem Bruder macht.“

Sara Herr / Jugendfotos.de

Flora Halbert Klasse 11 hat nachgefragt

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Netzwerkstatus:Verbunden.

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rtstermin am CERN. Man steht am Ende eines dunklen Ganges. Der dunkle Gang ist einer von zahllosen Gängen in einem Gebäude an der schweizerisch-französischen Grenze. Einfach so kommt man da nicht rein, es sei denn, man ist Mitarbeiter am CERN. Auffallend ist eine vergoldete Plakette, die an der Wand festgeschraubt ist. Auf ihr liest man, dass das Internet am 13.März 1989 hier am Centre européenne pour la recherche nucléaire (Europäisches Kernforschungszentrum, kurz CERN) erfunden worden sein soll. Und zwar von Tim Berners-Lee. Dieses Jahr jährte sich ein Ereignis, das wichtig für die Entwicklung des Internets war. Am 21. April 1993 erblickte „Mosaic“ das Licht der Informatikwelt. Mit „Mosaic“ entwickelten Marc Andreessen und Eric Bina damals in Illinois (USA) den ersten Browser, der das World Wide Web einem breiten Publikum zugänglich machte. Die Folgen sind bekannt. Das Internet trat seinen technischen Siegeszug an, wie das Rad, der Buchdruck und das Auto(mobil). Die Entstehung und Entwicklung des Internets ist die größte Einzelerscheinung der Globalisierung. Und wie die Globalisierung als Ganzes hat auch das Internet seine Vor- und Nachteile, die hinlänglich bekannt sind. Es ist von der Komplexität und vom Grad der Vernetzung mit dem menschlichen Nervensystem vergleichbar, einige Sicherheitsexperten, wie z .B. Richard Brown vom HP-Forschungslabor in Bristol vergleichen die Webcrawler (das sind Programme, die das Internet auf Schadsoftware durchforsten) mit weißen Blutkörperchen. Unsere moderne Technik kommt fast nicht mehr ohne dieses „System Internet“ aus. Wir sind also alle mehr oder weniger abhängig davon. Die Folgen eines Zusammenbruchs des Internets wären katastrophal. Ursachen für einen solchen Zusammenbruch gibt es jedoch zuhauf, etwa Hackerangriffe, technische Defekte, Energieknappheit, Kriege oder Naturkatastrophen. Daten und Informationen sind die Quintessenz des Internets, die Rohstoffe des 21. Jahrhunderts. Priscilla Pani, Doktorandin am Nikhef-Institut in Amsterdam, weist daraufhin, dass das Internet insbesondere die Art und Weise des Lernens verändert hat, Stichwort Wikipedia. Jeder Schüler

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Das Internet feiert sein zwanzigjähriges Jubiläum. Wie nah sind wir inzwischen zusammengerückt?

und Student würde dies bestätigen. Und nicht zu vergessen: Das allseits bekannte und berüchtigte soziale Netzwerk FaceQuellen: book verdient Milliarden mit seinen NutzerBegeraw; Alexander Klaus; S. daten. Facebook hat unbestreitbar das soziale Hofschlaeger; Tony Hegewald; Gefüge geändert (könnte man sagen, durchgeschüttelt?) und dabei „alle bekannten Kategorien räumlicher Erich Westendarp; Joerg und menschlicher Nähe hinweggefegt.“ (Amann, Seifert: Facebook verändert alles, FAS 29.4.2012). Dies gelte aber, so Trampert / Pixelio.de Grant van Eaton, PhD-Student an der Vanderbilt Universität in Nashville, für da gesamte Internet. Das Internet könne große Räume klein machen, etwa beim Skypen, auf der anderen Seite aber kleine Räume groß machen, bzw. Distanz aufbauen, wenn man z. B. im Internet surft, während in der realen Welt reale Personen um einen herum sind. Das Verhältnis zwischen Individuum und dem Internet war schon immer besonders. Während Viren wie „Flame“, „Stuxnet“ und „Roter Oktober“ ihr Unwesen treiben, die International Telecommunications Union ihre Kontrolle über das Internet ausbauen will, Google, Facebook, Apple und amazon immer mächtiger werden, Hackerangriffe auf Firmen und Institutionen immer häufiger werden und immer mehr Staaten ihre Armeen für den „Cyberwar“ aufrüsten, steht das Individuum dem Ganzen staunend gegenüber und downloaded freudig die nächste App. Aber wie soll man sich denn verhalten? Duc Bao Ta, Postdoc am CERN, empfiehlt, sich nicht vor dem Internet zu verstecken. „Wir müssen ein paar Regeln festlegen und ansonsten einen Weg finden, die reale und die fiktionale Welt zu verbinden.“ Als ich die vergoldete Plakette am CERN gesehen habe, war ich erstaunt, dass das Internet genau dort „geboren“ worden ist. Aber furchtbar aufregend war es nicht am Ende jenes dunklen Ganges, irgendwo in einem Bürokomplex. Friedrich Schnoor Klasse 11

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Ein Atheist am Kreuz­ gymnasium Menschen entwickeln sich – diese Erkenntnis ist banal.

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eine Beziehung zu Religion hat sich in den vergangenen zwei Jahren stark verändert. Ich wurde nach meiner Geburt getauft, habe aus der Kinderbibel vorgelesen bekommen, ging zur Christenlehre, nahm am Religionsunterricht teil und ließ mich selbstverständlich konfirmieren. Ich könnte nie behaupten, meine Eltern hätten mich in irgendeiner Weise zur Religion gedrängt. Denn von elterlicher und überhaupt familiärer Seite wurde ich im Hinblick auf Religion sehr liberal erzogen. Wenn ich zurückblicke, war es vielmehr jene Selbstverständlichkeit in meinem Umfeld, „religiös“ zu sein, die dazu führte, mir nie über meine eigentlichen Gottes- und Weltvorstellungen bewusst zu werden. Ich hatte wie jeder andere die Möglichkeit, mich nicht konfirmieren zu lassen. Doch das habe ich niemals ernsthaft in Betracht gezo-

gen. Aus heutiger Sicht meine ich, aber nie religiös. Ich war nie ein dass ich in meinem bisherigen Le- Kind Gottes; ich habe nur mitgeben zu keinem Punkt wirklich reli- macht. giös war. Das liegt vermutlich daran, Ich würde mich mögdass ich licherweise noch heuIch würde mich mir bis te Christ nennen, vor zwei wenn ich das verganmöglicherweise Jahren Jahr nicht in noch heute Christ gene nie die Bradfield College, eiZeit genem englischen Innennen... nommen ternat, verbracht habe, hätte, wodurch ich über aus jener Hülle an meinen christlichem SelbstGlauben verständnis entführt zu reflektieren oder Zweifel über- oder – je nach Sichtweise – befreit haupt aufkommen zu lassen. Ich wurde. England muss mit Vorreihabe nie wirklich geglaubt, dass tern wie Richard Dawkins, ChriGott mir zuhört oder dass Gebete stopher Hitchens und A.C. etwas bewirken. Trotzdem habe Grayling sowohl als Geburtsstätte ich in der Kirche die Hände gefal- als auch als Hochburg des New tet, weil man das „eben so macht“. Atheism oder Militant Atheism Ich hielt an Dingen fest, über die angesehen werden. Bradfield Colich eigentlich nie nachgedacht hat- lege war jedoch keineswegs te. Ich war religionszugehörig, atheistisch geprägt, sondern ver-

Hr. Hürten: "Wo findet die Fortpflanzung der Fische statt?" Hr. Großer: "Ähm... naja... Im Bett!!!" (läuft gegen den Polylux): 1.2. Schüler: Schüler: "Könnte doch aber auch auf einer normalen „Oh, Entschuldigung.“ Matratze sein!" Hr. Hürten: Muss sich erstmal vor lauter Lachen hinsetzen und legt sich dann auf den Tisch.

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Was aber passiert, wenn sich ein Schüler unserer Schule zum Atheisten wandelt?

suchte, mit zwei verpflichtenden Argumente angesehen werden könGottesdiensten pro Woche durch- nen. Aufgrund der wissenschaftliaus christliche Werte zu vermit- chen Erkenntnisse, die der teln. Die Auseinandersetzung mit Menschheit in den letzten zweihunmeinen Glaudert Jahren erbensvorstellunwurden, Was ändert dies an öffnet gen kam sehr der Evolutionsallmählich. Wir dem meiner Einstellung theorie, behandelten das Urknall und nachaußen? Ich gesamte Jahr kulturpsycholoüber in Philosogischen sowie würde sagen, ich bin phie die traditiotolerant gegenüber neurologischen nellen UntersuchunGottesargumengen haben tedem Glauben te sowie verleologische, schiedene Theodizeen in einer kosmologische und ontologische GotVielzahl von Versionen und jeweils tesbeweise schlichtweg keine Relemit Gegenpositionen. Es begann da- vanz mehr. Ich kam zu der Ansicht, mit, dass mir bewusst wurde, dass dass Gott wohl nichts empirisch Bedie philosophischen Versuche, Gott weisbares ist. Zur selben Zeit bezu beweisen, in Form von teleologi- handelte ich in Ethik Thomas von schen oder kosmologischen Argu- Aquin mit seinem Naturrechtsanmenten keinerlei Sinn ergeben und satz, der versucht, moralische Richtbei näherer und tiefgehenderer Be- linien anhand der Bibel zu trachtung in keinem Fall als lo- schaffen, und mich endgültig davon gisch strukturierte und fundierte überzeugte, dass das Christentum

Hr. Hägele: „Also der Diogenes, der hat ja in so‘ ner Tonne gelebt. Hm, war früher ja mein Vorbild. Problem: Wo krieg ich heut so‘ne Tonne her?“

– beziehungsweise Religion allgemein – keine Richtlinie für Ethik sein kann und darf. Meine Sichtweisen entfernten sich immer stärker von religiöser Sympathie und wurden deutlich gefestigter und radikaler. Letztlich kam ich als überzeugter Atheist aus England wieder und beschäftige mich seitdem stark mit Themen, die Religion und Atheismus betreffen. Was änderte dies an meiner Einstellung nach außen? Ich würde sagen, ich bin tolerant gegenüber dem Glauben, jedoch weniger gegenüber Religion. Glauben ist für mich etwas Individuelles - jeder Mensch kann glauben, was er möchte. Religionen hingegen dienen nicht einfach zum gemeinsamen Ausleben des Glaubens. Sie dienen dazu, Glauben zu manifestieren, zu institutionalisieren und zu verbreiten. Ist es nicht verwunderlich, dass in unserem Land so

Fr. Boback: „ Wenn dann hier so ein demotivierter Eisenbrocken rumliegt...“

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viele Menschen an denselben Aus dem Vorangegangenen sollte christlichen Gott glauben, aber in deutlich geworden sein, dass ich der Türkei der Großteil der Bevöl- beim Eintritt ins Kreuzgymnasikerung dem Islam um noch angehört? Religilängst keion scheint eine ne atheistiArt Staatsbürgerschen schaft zu sein. Ansichten Nicht Menschen hatte, soformen die Religidass kein on, sondern die Konflikt Religion formt drohte. den Menschen. Aber auch heute würDa Religion meide ich meiner Meinung nach ne nichts Persönliatheistiches ist, nehme sche Überich mir das Recht zeugung heraus, jeden öfnicht als fentlich GläubiKonfliktgen in seiner stoff für eiPosition mit ne Sachargumenten christliche anzugreifen und Schule anin Diskussionen sehen. Ich zu verwickeln. Ich glaube, es sehe dies nicht als ist sowohl Provokation, wertvoll atheistische für mich, „Missionstätigals Atheist keit“ oder gar etan einem was Verletzendes religiösen an, sondern als eiGymnasine notwendige um zu lerArt der Kommunen, als es nikation und als auch bereiAnstoß zur eigenen Reflexion. Ich chernd für die Schule sein kann, bitte nur darum, dass rationales bekennende Atheisten als Schüler Denken niemals ausgeschaltet zu haben. Wichtig ist meiner Meiwird. nung nach der Dialog. Der kommt

Hr. Hägele : (Nach einem Kettenfangspiel.) "Das ist ein gutes Beispiel für Demokratie: Wenn alle mitreden, wird's nüscht."

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selbstverständlich zunächst im Religionsunterricht zustande. Diesen erlebe ich – von Seiten der Schüler und der Lehrerin – sehr aufgeschlossen anderen Meinungen und Diskussionen gegenüber. Selbstverständlich kommt es zu Konfrontationen, aber genau die sind es, die einen weiterbringen. Im alltäglichen Schulleben hat der Nicht-Glaube kaum Bedeutung. Selbstverständlich gibt es auch hier ab und zu Gespräche und Diskussionen, die ich aber nur als sehr positiv ansehe. Und mit den Werten, die das Kreuzgymnasium gelebt haben möchte, habe ich überhaupt keine Probleme. Diese Werte ergeben sich für mich ohnehin aus meinem humanistischen Weltbild, wenn auch nicht auf christlicher Grundlage.! Insgesamt sehe ich das Kreuzgymnasium als wirklich aufgeschlossen und tolerant gegenüber anderen religiösen Meinungen an. Allein die Tatsache, dass Adrian und ich gebeten wurden, diesen Artikel für die Schülerzeitung zu schreiben, zeugt meiner Meinung nach davon, wie stark hier das Bedürfnis nach Gesprächen und Auseinandersetzung mit diesem Thema ist. Benedikt Kau Klasse 11 Alexander Hauk / www.alexanderhauk.de / pixelio.de Yandí Luzardo / Wikimedia.Commons

Hr. Großer: "Die Farbe der CDU ist jetzt aus Imagegründen Lila. Jaja, früher hatten die immer so'n Blau (zeigt auf Schülerpullover), schrecklich, wie aus den 70ern!"


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Ehrenamt.

Eine Sachinformation Was ist das? Den Begriff Ehrenamt kann man auch als freiwilliges Engagement übersetzen, also indem man regelmäßig etwas für Andere oder die Gesellschaft tut, unentgeltlich und freiwillig. Wer macht so etwas? Nach Angaben der EnqueteKommission des Deutschen Bundestages sind 23 Millionen Bundesbürger ehrenamtlich tätig. Weiterhin wären 24 Millionen Deutsche nach der Studie des betterplace lab im Auftrag der Ing DiBa bereit, ein solches Amt zu übernehmen. Was sind die Motive? Auf die Frage nach dem Grund sagen ehrenamtlich Engagierte Unterschiedliches: „Ich möchte etwas zur Lösung der Probleme beitragen.“ ist eine sehr bewusste, vielleicht auch idealistische Antwort. Die eigene Entwicklung und eigene Erfahrungen sind gleichfalls Motive, ein Ehrenamt auszuüben: „Ich verspreche mir davon neue Erfahrungen.“ Auch: „Ehrenamtliches Engagement hilft mir als Baustein für meine berufliche Zukunft.“ Und unter die Rubrik „Ehrenamt tut gut“, gehört: „Die Tätigkeit im Ehrenamt hat mich als Person bestätigt, weil ich zu etwas Sinnvollem beitragen konnte.“ und „Ich arbeite gerne und kann dabei sogar etwas Sinnvolles bewirken.“ Die Motivationen sind also sehr unterschiedlich, aber ehrenamtliche Tätigkeit wird insgesamt als sehr bereichernd erlebt.

Brauchen wir das Ehrenamt? Unbestreitbar ist: Ohne diese ehrenamtliche Tätigkeit sähe es finster aus. Kein Greenpeace, kein Amnesty International und Sozialdienste, die völlig überfordert wären. Aber auch keine Trainer im Sportverein und keine Jugend- und Gemeindearbeit und vieles andere auch nicht. Besonders deutlich wird die Bedeutung des Ehrenamtes vielleicht im Hinblick auf Leistungen wie Rettung und Katastrophenabwehr, denn hier sind die Akteure bei der Freiwilligen Feuerwehr vollständig, beim Katastrophenschutz überwiegend Ehrenamtliche. Wo kann ich mich engagieren? Die Möglichkeiten ehrenamtlich tätig zu werden sind nahezu unbegrenzt. Die Aktion Mensch wirbt auf ihrer Internetseite mit bis zu 12.752 Möglichkeiten aktiv zu werden. Meine eigene Suchanfrage in der Freiwilligen Datenbank der Aktion Mensch ergab 10 verschiedene Angebote, vom Kinderladen Sandmännchen e.V. bis zum Theaterpädagogischen Zentrum Dresden e.V., und alles in einer Entfernung von weniger als 1km um mein Zuhause. Es gibt aber auch Möglichkeiten in der Schule aktiv zu werden, z.B. als Klassenpate oder in der SV. Informationen liefert Herr Hürten Lehrer für Biologie und Geographie sowie Mitglied der Steuergruppe

Ehrenamt an der Kreuzschule Ausg an nk pu

Die Förderung des Ehrenamtes ist eine Maßnahme des Schulprogramms, das von der Schulgemeinschaft 2010 beschlossen wurde.

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Frage

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ein Symbol des Dankes sind nicht viel, aber eben eine Anerkennung des Engagements. Auch dies soll in der Veranstaltung in der letzten Schulwoche geschehen. Nach Wunsch ist eine Bemerkung auf dem Zeugnis möglich, eine Erwähnung im Jahrbuch auch. g

Das Ausfüllen ge des Fragebogens ist n freiwillig. An der Befragung nehmen die Schüler der Klassenstufe 9 und 11 teil. Nur durch die Befragung können die ehrenamtlich tätigen Schüler ermittelt werden, damit ihr Engagement gewürdigt werden kann. Durch eine Wiederholung der Befragung lässt sich auch eine Entwicklung des ehrenamtlichen Engagements abschätzen. 26

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In Abgren- ion zung zu allen anderen Tätigkeiten im sozialen Miteinander wird Ehrenamt als eine, freiwillige, unentgeltliche und v.a. regelmäßige Tätigkeit (im Durchschnitt 1 oder mehr Stunden pro Woche) definiert. Diese Tätigkeit findet im Gegensatz z.B. zu familiären Verpflichtung im Freizeitbereich statt.

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Auf die Idee ein n Ehrenamt auszuüben, muss man erst einmal kommen. Deswegen sollen ehrenamtlich engagierte Schüler von ihren Erfahrungen berichten. Eine entsprechende Veranstaltung ist für die letzte Unterrichtswoche geplant. g

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Lobesamt?

Nein danke, ich will meine Ehre retten ...

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ettel ausfüllen in der neunten Stunde. Wer macht ein Ehrenamt? Vor mir eine Liste mit ziemlich vielen Tätigkeiten, die als Ehrenamt angesehen werden – „Heilsarmee“, „Greenpeace“, „Kirchgemeinde, z.B. als Gruppenleiter“ – ankreuzen. Bislang hat man nur davon munkeln gehört, jetzt ist es offiziell, denn Ehrenamt soll an unserer Schule gefördert werden. Was mit unseren Angaben geschehen wird und in welcher Weise diese Ehrung erfolgen soll, bleibt dem ausfüllenden Schüler verborgen. Es gibt Gerüchte, dass im Schulhaus ähnlich wie die Sponsorenfliesen vor den Inforäumen und der Leselandschaft Ehrentafeln für besonders engagierte Schüler angebracht werden könnten. Wahrscheinlicher scheint die Version, dass es entsprechende Bemerkungen auf den Zeugnissen geben wird. – Hört sich doch eigentlich gut an, endlich geht es mal nicht mehr nur um Leistung und gute Noten, sondern auch um eine andere Art von Wertschätzung.

nur, wenn man bei einem Träger/einer Institution ehrenamtlich arbeitet. Alle anderen Tätigkeiten bewegen sich eher in einer Grauzone und hängen doch zu einem großen Teil auch vom Selbstbewusstsein und dem Selbstverständnis jedes einzelnen ab. Wer eher bescheiden ist und sein Tun als selbstverständlich ansieht, zieht hier vielleicht den Kürzeren. Ich weiß, dass gerade Kinder in großen Familien natürlich viel Zeit für ihre Geschwister aufbringen und so manches dafür absagen. Keiner von ihnen würde dabei von einem Ehrenamt sprechen. Sind sie nicht trotzdem verantwortungsbewusster, „sozialer“ als jemand, der schriftlich bescheinigt zweimal im Jahr auf Konfirmandenrüstzeit mit fährt? Wer will darüber urteilen? Zeichnet ein Ehrenamt nicht aus, dass man es eben nicht nur unentgeltlich, sondern auch ohne besonderes Aufsehen ausübt? Eigentlich reicht es mir, dass sich der Pfarrer meiner Gemeinde freut, wenn ich hin und wieder den Kindergottesdienst übernehme, dass ich dort in einer netten Gruppe zusammenarbeite, neue Leute kennen lerne und die Kinder einen schönen Sonntag haben. Warum muss mein Klassenlehrer oder wer auch immer davon wissen?

Je länger ich über diesem Zettel mit den 26 Auswahlmöglichkeiten sitze, desto mehr Zweifel kommen mir. Will ich mein „ehrenamtliches Mitwirken bei Kindergottestdiensten“ wirklich als solches bezeichnen? Kann ich das? Scheint schon schwierig mit einer klaren Definition. Die SV hat sich Ich möchte nicht, dass jemand in ja in langen Sitzungen auch daran der Schule meine privaten Aktiviversucht. täten bewertet. So schön es ist, dass sich die Schule für mich als Für diejenigen, die leider trotz bes- Menschen interessiert, so wichtig ter Bemühungen kein passendes ist es mir auch, dass meine FreiKästchen gefunden haben, gibt es zeit weder in Konkurrenz noch unimmerhin die Möglichkeit, eigene, ter Bewertungsdruck steht. Dass als Ehrenamt befundene Tätigkei- man grundsätzlich ehrenamtliche ten anzuführen. Aufatmen in mei- Tätigkeiten unterstützen will, ner Klasse. Ich kann vielleicht kann ich wirklich verstehen. Halsogar doppelt punkten: Da lässt te ich sogar für eine sehr gute sich doch noch was finden! „Hund Idee! Aber wäre es nicht absurd, ausführen“, „Babysitten“ und „Bü- wenn das Motiv dafür, ein Ehrenroarbeiten“, vielleicht auch noch amt auszuüben der Vermerk auf „Müll rausbringen“!? dem Schulzeugnis wäre? Das kann ja schlecht das Ziel der InRichtig klar wird die Abgrenzung itiative sein. Dann wäre es ja fast

so wie an einer amerikanischen Klischee-Highschool, bei der sich der Wert des Schülers in der Anzahl der Auszeichnungen und Pokale unabhängig von seiner Tätigkeit und Motivation bemisst. Der Fragebogen ist fast geschafft. „Ich könnte mir eine ehrenamtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Schule vorstellen“ Gerne! Ja, Hausaufgabenbetreuung; da fällt mein Blick auf unseren Stundenplan – fünf mal Nachmittagsunterricht. Schade. Es ist einfach nahezu unmöglich, zeitlich gesehen, ein Ehrenamt aus zu üben. Wir alle haben andere Hobbies, und was wäre die Keuzschule ohne musikalische Schüler? Gerade deshalb sollte man diejenigen unterstützen, die ein Ehrenamt ausführen. Ja, auf jeden Fall. Aber nicht in dem man scheinbar über den menschlichen Wert eines Schüler urteilt, weil man andere Engagements nicht gleichwertig aufführt. Die Stunde ist zu Ende, die Zettel werden eingesammelt. Der Ordnungsdienst ist mal wieder unauffindbar. Die Gleichen wie letzte Woche erbarmen sich. Warum steht so was eigentlich nicht auf dem Zeugnis …?

Ein Kommentar zum Thema Ehrenamt von Frida Stein Klasse 10

Bildquellen: Wihelmine Wulff / pixelio.de Fritz Schumann / pixelio.de

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Die bunten Scheinwerfer blenden, der Bass vibriert und das Mikro in der Hand zittert. Das Publikum ist nur schemenhaft im Dunkeln zu erkennen und lässt meinen Herzschlag trotzdem flattern. Oh Gott, was ist wenn ich meinen Text vergesse? Playin' my favorite song An' I could tell it wouldn't be long Till he was with me, yeah me, singin'

Es ist TEN SING-Konzertnacht. Wie jedes Jahr haben sich dutzende Gruppen den Weg hierher gebahnt, trotz Dauerregens und nun ja… eher ländlicher Lage. Sie wollen Kostproben ihrer Shows bieten: Lieder von ruhig bis rockig, Auszüge von Theaterstücken, den ein oder anderen Tanz. Der heutige Auftritt ist nicht einfach nur irgendein Auftritt, sondern etwas ganz Besonderes, weil hier die geballte Ladung TEN SING eine unglaubliche Stimmung erzeugt. Was alleine schon klasse ist, ist gemeinsam kaum noch zu toppen.

Die versammelten TEN SING Gruppen kommen alle aus Sachsen, und sind nur ein Teil der weltweitverbreiteten TEN SING Begeisterung. Das Jugendprojekt, abgeleitet von „teenager singing“, hat seine Wurzeln in Norwegen und hat es mittlerweile bis in die tropischsten Ecken der Welt ge28

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schafft, von den Philippinen bis nach China oder Brasilien. Allein in Deutschland sind circa 150 Gruppen aktiv und haben vor allem eins gemeinsam: Den Spaß an der Musik und die Überzeugung, dass man immer mehr erreichen kann, als man sich vorher zugetraut hat.

I love rock n' roll So put another dime in the jukebox, baby I love rock n' roll So come an' take your time an' dance with me

Ein ganzes Jahr arbeiten und fiebern Jugendliche unter dem Dach des CVJM einer eigenen Show entgegen, die aus Bandmusik, Chorsingen, Tanz und Theater besteht. Die dazu nötigen verschiedenen Workshops werden alle von ehrenamtlich tätigen Jugendlichen selbst geleitet. Der Chor ist das Kernstück der Arbeit, dazu kann sich jeder in anderen Bereichen einbringen, also in der Band spielen, sich Choreografien ausdenken und lernen - oder schauspielerisch kreativ werden. Die Etappen eines Schuljahres mit TEN SING beginnen immer mit der Liederwahl, denn hier gilt: Die Meinung und vor allem der Musikgeschmack der Mitglieder gibt den Ton an. So entsteht ein buntes Programm mit Liedern von Kraftklub, Adele oder Coldplay. Stück für Stück werden in den wöchentlichen Proben oder auf Probenwochenenden die Lieder mit Band und Chor erlernt, während der Theaterworkshop fleißig Ideen sammelt und auch im Tanz die ersten Schritte entstehen. Nicht immer verläuft der Prozess ideal, denn der Spaß steht bei TEN SING immer im Vordergrund. Die Leistung lässt aber trotzdem nicht auf sich warten; sie entsteht ganz automatisch, wenn man mit Herz

und Seele dabei ist. Auftritte wie die Konzertnacht und verschiedenste Seminare führen weiter durch das Jahr, bis dann kurz vor der Premiere die höchste Konzentrationsstufe erreicht ist. An we'll be movin' on An' singin' that same old song Yeah with me, singin'

Längst sind Zweifel und Unsicherheit wie weggefegt. Übrig bleiben nur die Musik und die Begeisterung im Saal. Geht hier oder da mal ein Ton daneben - völlig egal. Dass ich mich bei der Lautstärke selbst kaum höre, trägt seinen Teil dazu bei, dass ich mich von den unablässig tanzenden Scheinwerfern anstecken lasse und meine Nervosität vergesse. Ohne das ehrenamtliche Engagement vieler Mitglieder wäre DAS alles gar nicht möglich. Sechs von ihnen sind bei TEN SING Dresden im Leitungsteam aktiv und sorgen hinter den Kulissen für einen reibungslosen Ablauf. Der Aufwand der Arbeit ist höher als man vielleicht vermutet: Für eine


Titel Probe müssen z. B. Chorsätze geschrieben oder aber geeignete Auftrittsorte oder Unterkünfte für Probewochenenden gefunden werden. Jeder Ehrenamtliche hat bei TEN SING zwar seinen eigenen Aufgabenbereich, aber allein ist er nie. So kann ich als Chorleiterin bei Problemen jederzeit auf die Hilfe der anderen zählen oder mische mich auch mal in der Band ein…. was nicht immer Begeisterung auslöst. Wie dem auch sei: Für uns Ehrenamtliche ist der Anteil an tatsächlicher Arbeit gegenüber dem Spaß natürlich nicht zu vernachlässigen. Wenn man sie nach ihrer Motivation fragt, geht es den anderen freiwillig Engagierten ganz wie mir: box, baby wackeligen Knien und einem HoBeweggrund für ihr Mittun ist gar I love rock n' roll nigkuchenpferdgrinsen verlasse nicht das Ehrenamt an sich, son- So come an' take your time an' ich mit den anderen die Bühne. dern die Unterstützung eines Pro- dance with me jektes, welches eben nicht nur irgendein Projekt ist, sondern Der letzte Akkord erklingt, Jubel schnell zum Lebensgefühl werden und Applaus ertönen. Verwirrt kann. blinzele ich ins Scheinwerferlicht. Schon vorbei? Und das ganz ohne I love rock n' roll Textpatzer. Wie schön drei so kurClara Gerhardt So put another dime in the juke- ze Minuten sein können. Mit noch Klasse 12 Anzeige

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h c I

n i b

LEGENDE:

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dann

mal weg

Kreis: Weiblich Dreieck: M채nnlich Orange: Studium Gr체n: Freiwilliges (FSJ, BuFDi, Aupair) Blau: Arbeiten, Praktikum, Work and Travel bzw. Teach and Travel, Reisen kreuz&quer


...

... heißt es für viele Abiturienten nach ihrer Zeit an unserer Schule. Nun steht die ganze Welt offen! In welche Winkel der Erde es den diesjährigen 12erJahrgang verschlagen wird und was sie dort tun werden, könnt ihr auf den Karten sehen und im Einzelporträt nachlesen.

Kreuz&Quer wünscht allen: Gute Reise! Bon Voyage! Have a nice trip! ¡Qué tengas (un) buen viaje! kreuz&quer

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PORTRAITS: 3 Fragen 3 Abiturienten, 3 Pl채ne, ch dem Abi? Was machst du na 1. mmen? Wie bist du darauf geko 2. Was kommt danach? 3.

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. Im September fliege ich nach Israel, dort arbeite ich mit der Organisation wwoof (=willing working on organic farms - Arbeit auf ökologischen Bauernhöfen). Es gibt verschiedene Höfe im ganzen Land, ich kann mir aussuchen, wie lange ich wo bleiben möchte.

2. Es war ein Vorschlag von meiner Mutter, als ich überlegt habe, wo ich hingehen könnte. Ich habe festgestellt, dass Israel ein interessantes Land ist: dort liegt die schöne Stadt Jerusalem, das Tote Meer, die Wüste Negev, das grüne Galiläa mit Orangenbäumen usw.. Außerdem ist eine andere Religion, Sprache, Schrift immer spannend. 3. Nach dem Auslandsjahr werde ich vermutlich Umwelttechnik in Berlin studieren. Paulina Eckardt

1. Ich ziehe im August in die USA, genauer gesagt nach Minneapolis in Minnesota, und werde dort in den nächsten vier Jahren meinen Bachelor in Psychologie machen. 2. Mein Traumstudienfach ist schon lange Psychologie, aber in Deutschland ist es aufgrund des NC schwierig einen Studienplatz zu bekommen. Deshalb habe ich mich entschlossen, im Ausland zu studieren. Ich habe dabei zwar verschiedene Länder in Betracht gezogen, aber als ich bei einer Organisation angenommen wurde, die Stipendien für die USA vermittelt, standen die USA als mein Favorit fest.

3. Vermutlich werde ich noch einen Masterstudiengang absolvieren, wo genau weiß ich aber noch nicht, am liebsten wieder in Europa. Hannah Zibell

Sozialsystemen nicht zur Last fällt. 3. Das Programm geht ein halbes Jahr, bis Ende Januar. Danach werde ich die Zeit bis zum Beginn des Wintersemsters entweder mit einem "Work and Travel" in Südamerika überbrücken, oder ich arbeite hier in Deutschland. Studieren möchte ich dann Internationale Wirtschaftsbeziehungen in Hamburg. Moritz Mauerhoff

1.Ich werde ein halbes Jahr "Teach and Travel" in China machen. Das ist wie "Work and Travel", nur dass halt der "Work"Teil im Unterrichten besteht. In China sind englischsprachige Leute relativ selten und wer doch Englisch spricht, hat meist einen ziemlich starken asiatischen Akzent. Es ist aber das Ziel des Bildungsministeriums, den Schülern eine möglichst gute Englischbildung zu geben, gerade auf dem Gebiet der mündlichen Kommunikation. Daher holen sie sich Ausländer, welche das für sie übernehmen. Man wird einen Monat lang intensiv auf den Beruf vorbereitet, um dann 6 Monate zu unterrichten. In der Zeit ist man ein normales Mitglied des Lehrerkollegiums und wohnt auf dem Campus. 2. Darauf gekommen bin ich, weil Asien schon immer ein sehr faszinierender Kontinent für mich war und weil ich nach meinem Auslandsjahr in den USA auch noch einmal ein anderes Extrem kennenlernen wollte. Außerdem spiele ich intensiv Tischtennis, wodurch China einen weiteren Reiz bekommt. "Work and Travel" im klassischen Sinn ist in Asien nur bedingt möglich, da dort nur selten Arbeitskräfte für einfache Tätigkeiten gesucht werden und man in einigen Ländern, wie z.B. Malaysia, ein Startkapital von ca. 40.000 € haben muss, damit man nachweisen kann, dass man den kreuz&quer

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Sagen Sie jetzt nichts ... !

Engagiert, voller Ideen und mit Energie im Deutschunterricht und im Darstellenden Spiel - so kennt ihr sie alle: Frau Christof. Mit ihr hatten wir also f端r unsere Rubrik eine Fachfrau vor der Kamera, die sich den Fragen nach ihren Lehrergewohnheiten und ihrer Zukunft stellte. Und wie es ihr damit geht, dass ihr Weg ab dem neuen Schuljahr nach Amerika f端hrt - seht einfach selbst!


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Was werden Sie dort als erstes tun?

Ein Faustzitat ohne Worte, bitte!

Worauf freuen Sie sich 端berhaupt nicht?

Wie korrigieren Sie am liebsten?

Ihr Abschiedswort!

Wie stellen Sie sich Amerika vor?


Ahnengalerie

Jakob der Fels (2009-2013) Kompetent. Souver채n. Unersch체tterlich.

Laura die Zweiflerin (2009-2013) Witzig. Kritisch. Undurchschaubar. 38

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Clara die Chefin (2009-2013) Zuverl채ssig. Strukturiert. Besonnen.

Hannah die Gl체ckliche (2009-2013) Heiter. Engagiert. Zeichnend.


In verstaubten Gängen, von Spinnweben überzogen hängen sie: die Bilder der Ahnen, der Gründer der Schülerzeitung "kreuz&quer". Kaum einer kennt noch ihre Namen oder ihre Gesichter - deswegen erinnern wir heute noch einmal an die Mütter & Väter dieses jounarlistischen Ecksteins, ohne den unsere Welt nicht so wäre, wie sie ist.

Nora die Ruhige (2009-2013) Hilfsbereit. Immer ansprechbar. Fröhlich.

Thekla und Louisa - Das Pärchen (2009-2013) Zusammen sind wir unausstehlich unwiderstehtlich!

Tilmann -der Geschäftige (2009-2013) Sensibel. Kooperativ. Philosophisch.

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Zeichnungen von Helene Röder und Marie Amlang

Lea die Laute (2009-2013) Emotional. Kreativ. Ehrgeizig.


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Ein Streifzug durch Striesen. Zweiter Versuch.

Grüne Bäume, blauer Himmel. Der perfekte Tag für ein Eis. Es wäre doch gelacht, wenn wir heute niemanden finden würden, der mit uns (wie das letzte Mal: Victor und ich, Lisa) über Striesen sprechen möchte. Viel haben wir aber immer noch nicht herausgefunden ...

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eute schienen das Wetter und der Zeitpunkt besser als bei der Recherche für unseren letzten Artikel: Weder schneite es noch war es erbärmlich kalt. Victor hatte gute Laune und ich war ausnahmsweise mal nicht von ihm genervt. Der Zufall hatte uns ein Zeichen gegeben! Es war der perfekte Tag, um unser Viertel kennen zu lernen.

Kreuzung um Kreuzung zog an uns vorbei und aus Langeweile fing Victor an, über die schlechten Straßen und fehlenden Fußgängerampeln zu wettern. Da ich solche Gespräche grundsätzlich ablehne, beschäftigte ich mich lieber damit, unsere Reportage innerlich voranzutreiben. In diesem Moment kam uns ein Junge auf einem Fahrrad entgegen, der, als er uns sah, prompt wendete. Unsere Rettung?! Es stellte sich heraus, dass der Typ ein Freund von Victor war. Besser als nichts. Er meinte, in Striesen sei es schön grün und ruhig – na toll, das habe ich auch schon selber gesehen. Er wusste sogar zu berichten, dass die parallelen Straßen den Städten des antiken Roms nachempfunden wären. Allgemeinbildung bei der Recherche, nicht übel! Aber stimmt das eigentlich?

Doch wie das nach einem plötzlichen Gefühlshoch so ist – man stürzt auch wieder ab. Kaum waren wir losgelaufen, ernteten wir kritische Blicke à la: „Warum starren der große Junge und das Mädchen mit dem Notizblock so blöd?“ Wäre die Schlange vor dem Café Lösch nicht so lang gewesen, wäre ich schon lange ein Eis essen gegangen. Derweil versuchte Victor, mich mit eben diesem Eis zu bestechen, Leute anzusprechen, denn es hatte sich (natürlich) nichts geändert: Wir hatten unsere Scheu, Dieses Gespräch hatte uns so viel fremde Menschen anzusprechen, abverlangt, dass wir uns erst einimmer noch nicht überwunden… mal setzen mussten. Eine Park-

Hr. Großer: „Blutet uns das Herz! Die

sind motiviert und sehen auch gut aus, die neuen Kolleginnen, und trotzdem müssen sie wieder weg.“

Schüler: „Ähh, jetzt weiß ich nicht mehr,

Warum starren der große Junge und das Mädchen mit dem Notizblock so blöd?“

Hr. Hürten: „Ich hab Frau Mietzsch

einen Zettel ins Fach gelegt, weil ich die direkte Konfrontation scheute ...“ Hr. Milde: „Selber machen, macht fett.“

was ich sagen wollte.“

Fr. Lützner: „Warte erstmal, bis du alt

bist. Dann merkst du nicht mal mehr, dass du überhaupt was vergessen hast!“ 42

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Hr. Großer: „Wenn ich mal alt und

bettelnd am Hauptbahnhof sitze, geben Sie mir ein Brötchen.“


Dresden

bank lud uns förmlich dazu ein, aber ich war von Anfang an skeptisch, ob das unserem Tagesziel zuträglich war. Da Victor aber so erschöpft aussah, gab ich schließlich nach und hockte mich neben ihn auf die Bank. Während wir saßen, entwickelte Victor einen neuen Schlachtplan und dieser lautete: „Menschen mit Hunden sind grundsätzlich freundlicher.“ Gesagt, getan: Die nächste ältere Dame mit Promenadenmischung, die uns entgegenkam, sprachen wir sofort an. So fanden wir erneut heraus, dass in Striesen eine angenehme Atmosphäre herrscht – bis auf die vielen Autos und rücksichtslosen Fahrradfahrer. Allerdings kam es mir nicht so vor, dass sie ihr Wohnort ernsthaft interessierte: „Es hat sich so ergeben ... Die frühere Wohnung hatte sogar einen Garten.“ Die Menschen schätzte sie als grundsätzlich freundlich ein, zu vielen habe sie auch Kontakt.

gen weiter. sind ja Langsam fing Vicsowieso die tor aber an, mir wieder schönsten in auf den Geist zu gehen. ganz Dresden. Sein Hund Smilla habe heute GeDann wurde seine burtstag und es müsse doch mögErzählung kurioser: In lich sein, dass er den mit ihm einem Umspannwerk, wo der Bus zusammen verbringt und nicht vorbei fährt (Habt ihr schon mal mit mir in der Hitze. eins auf dem Weg gesehen?) würde ein Text von einem Ausländer Als nächstes begegnete uns ein stehen und daher würde der NaMann mit Akten- me Striesens kommen! Hammer koffer, der nicht … äh, noch nie gehört … Wenn so aussah, als hät- ihr was über diese Story wisst, te er es eilig. Vic- schreibt's uns einfach, mal, dann tor sagte unser können wir das nachrecherchieSprüchlein auf, ren! aber der Typ zeigte nur auf seine Na ja, damit Smilla an ihrem GeUhr und meinte: burtstag nicht ganz so alleine „Ich habe gleich war, begnügten wir uns für dieses einen wichtigen Mal mit vier Leuten. Warum aber Termin.“ Ehrlich, die netten Leute aus Striesen letzwas könnte denn wichtiger sein, tens so unfreundlich zu uns waals mit UNS über das Heimatvier- ren, kann ich mir immer noch tel zu reden? Eben, nichts ... Es nicht erklären. gab doch noch unfreundliche Striesener. Ihre Hemmungen

Ein Mann; Bierbauch und Dackel, perfekte Kombination.

Wir besannen uns also wieder auf Leute mit Hunden zurück. Der nächste war wieder ein Mann; Bierbauch und Dackel, perfekte Kombination. Der kam auch ins Reden: Zunächst einmal gefiel es Wie sich das eben so gehört, be- ihm sehr gut und es gebe viele netdankten wir uns bei ihr und gin- te Menschen hier. Und die Häuser

zum zweiten Mal überwunden haben: Lisa Marie Pigulla Klasse 10 und Victor Márki Klasse 10

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Im Rudolf­Harbig­Stadion steht das entscheidende Relegationsspiel zwischen Dresden und Osnabrück an. Der Sieger bleibt im gut bezahlten Profifußball, während der Verlierer in die 3. Liga und somit in den Halbprofibereich abrutschen wird.

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angsam steigt die Spannung und wird greifbar. Die Luft ist wie elektrisiert und ein Brummen geht durch das mit 29.300 Zuschauern ausverkaufte Rund. Noch vor der Hymne übergibt der Stadionsprecher sein Mikrofon an einen kleinen Mann mit Schirmmütze und Kapuzenpulli. Er hat den wohl meist geliebtesten und gehasstesten Job im Stadion inne: Er ist der Capo der Ultras Dynamo, die bei jedem Spiel im unteren Bereich des KBlocks stehen und für Stimmung im Rund sorgen. Lehmi, wie er genannt wird, klatscht zusammen mit den Fans ein, um sich auf das Spiel vorzubereiten. Die „ScheißDynamo“ Sprechchöre aus dem Osnabrück-Fanblock werden lauthals überdröhnt. „DY-NAMO!“, so laut, dass es auch der letzte Dresdner hört. Einige Momente später wird eine Choreografie mit zehntausenden Fahnen im K-Block durchgeführt angeführt und angeleitet durch die Ultras. Vor jedem einzelnen Block im K-Block sitzt ein untergeordneter Capo auf dem Zaun, der anzeigt welche Fahnen gerade hochgehalten werden sollen. Als erstes hüllt sich der K komplett in

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Schwarz, dann leuchtet er in hellem Gelb. Danach ist er gestreift bis zuletzt alle Fahnen im Wind wehen.

von Anfang an Chancen herausspielen und die Stimmung im Block bleibt gut, bis nach einer halben Stunde das erste erlösende Tor fällt. Ekstase. HöllenstimDie Ultras: Überdurchschnittlich mung im ganzen Stadion, da die engagierte und extreme Fans. Be- Sitzplätze auch in die Gesänge fürworter von Pyrotechnik und Ge- einsteigen. Die Lautstärke ist derwalt in Ausnahmesituationen. maßen groß, dass man den StadiAnlaufpunkt für Jugendliche ohne onsprecher, der den Torschützen soziale Perspektive. - Es gibt eine ansagt, gar nicht mehr wahrHass-Liebe zwischen Vereinen nimmt. Zur Halbzeit werden die und ihren Spieler mit ApUltras, denn plaus in die Kabidiese sorgen verabschiedet, Die Ultras: Über- ne durch ihr ilobwohl es eigentdurchschnittlich en- lich viele Chanlegales Abbrennen von gagierte und extreme Fans cen gab, um die Pyrotechnik Führung auszufür Geldbauen. strafen, andererseits Zu Beginn der sind sie die absolut unangefochte- zweiten Hälfte schreit Lehmi noch nen Meister im Stimmungma- einmal in sein Megafon hinein chen. Die oft selbst finanzierten und reizt und pusht die restlichen Choreografien und Fahnen und Fans auf. „Für die Mannschaft! Trommeln sorgen für unvergleich- Jungs, auf geht’s. Das packen wir liche Stimmung beim Fußball- noch. Wir klatschen die weg!“ Die schauen, welche in dieser Form Ultras und auch die „normalen“ bei Spielen der Nationalmann- Fans ziehen mit und auch die schaft nie erreicht wird. Sitzplätze steigen oft in die Gesänge mit ein: Ein Wechselgesang Die beiden Mannschaften laufen zwischen Sitzplätzen und K-Block während der Choreografie ein und schallt durch das Stadion. Da aldas Spiel beginnt. Dynamo kann lerdings Osnabrück nur ein Tor


schießen müsste, damit Dynamo ergreift das Wort über die Stadion- Uffta (eine aus dem Karneval wieder abgestiegen wäre, bleibt es lautsprecher: „Jungs, wir wissen kommende Form des Feierns) mit spannend. ganz genau, dass es ein paar Din- dem ganzen Stadion. Angeleitet ge gibt, die GAR NICHT gehen. wird sie von Lehmi und Benny Für die Ultras und den Verein wä- Ihr wisst genau, was gemeint ist Kirsten, dem Dynamo-Torwart. re der Abstieg eine schlimme Er- und darüber waren wir uns einig!“ Er fordert die VIPs auf, sich doch fahrung, würde dies doch Die Ultras distanzieren sich von besser auf ihre allzu hart gepolsgleichzeitig eine wirtschaftliche den Raketen und Böllern. Nach ih- terten Sitze zu setzen, damit die Katastrophe bedeuten. Die Ultras rem Verechte Feier losgehen hätten damit allerdings weniger ständnis Der Rest des Selbst die Ultras kann. ein Problem, denn sie könnten haben diese Stadions versteht ebenso in unteren Ligen "Party" nichts im die Anspielung: Alschweigen für machen. Es gäbe aus Sicht der Ul- Stadion verles das, was VIPs tras sogar positive Seiten, da man loren, da sie einige Momente verkörpern, hassen in den niedrigeren Spielklassen andere Leudie Ultras abgrundnicht so sehr unter Beobachtung te schäditief - den ganzen des Deutschen Fußballbunds steht gen können, Kommerz um den und somit nicht jedes kleine Verge- was ein Bengalo nicht tut, wenn er Fußball, Gehälter und Ablösesumhen gegen beispielsweise Pyrotech- ordentlich abgebrannt wird. Es ist men in Millionenhöhe oder hohe nik geahndet wird. Ultras geht es genau diese AMBIVALENTE Hal- Eintrittsgelder. Gegen diese Komum den "reinen" Fußball - Genuss tung zwischen Verantwortlichkeit merzialisierung gehen die Ultras ohne Kommerz und Event, ohne und Gewalt, die das Verhältnis zu mit Demonstrationen und andeRegulierung von außen. den extremen Fans nicht leicht ren Aktionen vor, aber sie scheimacht. Lehmi bereits vor der Sai- nen bis jetzt eher weniger Erfolg In der 71. Spielminute fällt das 2- son in einer Ansprache an alle Dy- zu haben. 0 für Dynamo, doch an der Situati- namofans: "Alles was die Medien on hat sich nichts geändert und immer schreiben und für Bilder Für diesen einen Abend wird es Osnabrück beginnt, Lehmi und den UlDruck aufzubauen. tras aber egal geSelbst die Ultras wesen sein, denn schweigen für einige Dynamo hat den Momente, ehe es mit Klassenerhalt genoch mehr Wut und schafft und der Kraft weitergeht. Die Verein wird noch letzten Minuten lauein weiteres Jahr fen und dehnen sich bestehen bleiben. furchtbar, als ob alDer K-Block feiert les in Zeitlupe ablaunoch lange, nachfen würde. Ein dem die MannFreistoß für Osnaschaft in der brück reiht sich an Kabine verschwunden nächsten. Jedes den ist und die Wegschlagen des Sitzplätze geleert Balls durch die Hinsind. Am Ende ist termannschaft von auch der letzte Dynamo wird von Mensch aus dem Jubelstürmen begleiStadion vertet. Der Schiedsrichschwunden und ter hat die Pfeife im Mund. „Pfeif reinsetzen: Randale bei Fußball- nichts erinnert mehr an das Spiel ab!“ ist der Gedanke von knapp spiel und ihr seht nur Pyrobilder, bis auf den riesigen Berg Müll 30.000 Menschen. Dann - drei kur- unterscheidet bitte: Was ist Randa- und zehntausende Fahnen, die zu ze schnelle Pfiffe ertönen und das le und was ist Pyro. [...] Wenn Beginn der Partie die ChoreograSpiel ist zu Ende. Schluss. Aus. man damit ordentlich umgeht ver- fie der Ultras gebildet haben. Ende. Dynamo ist Weltmeister. So letzt man damit auch keine andfühlt es sich zumindest an. ren Fans. Werft's nicht aufs Feld Nächste Woche wird dann geplant und werft allgemein nicht damit – für die neue Saison. Mit dem Schlusspfiff leuchten cir- rum. Und ich hoffe, dass sich das ca 20 rote Bengalos im K3, dem mal durchsetzt, dass wir alle bissBlock der Ultras, auf. Sie zelebrie- chen besser damit in deutschen ren den Klassenerhalt auf ihre Art Stadien umgehen und es nicht alStefan Blümel und Weise. Als dann aber einige les so diskriminiert wird." Aber folKlasse 10 Raketen beginnen aufs Spielfeld gen alle diesem Aufruf? zu fliegen und Böller in die Luft gehen, steigt der Capo von Ultras Dy- Die Party geht trotzdem weiter namo noch einmal vom Zaun und und zum Abschluss gibt es eine

Bildrechte by: Ultras Dynamo kreuz&quer

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„La Cenerentola“

in der Semperoper – eine märchenhafte Inszenierung

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er kennt es nicht, das Märchen „Aschenputtel“ der Brüder Grimm. Wir alle haben es schon als Kinder von unseren Eltern vorgelesen bekommen, konnten es dann später in einem Disneyfilm bewundern und wurden immer wieder aufs Neue von der Geschichte um das arme Mädchen, dessen Träume am Ende alle in Erfüllung gehen, verzaubert.

Gleichzeitig will Cenerentola sichergehen, dass der vermeintliche Diener sie auch heiraten möchte, wenn sich herausstellt, dass sie nur eine arme Magd ist. Der Prinz, von Anfang an schwer verliebt in die wunderschöne, bescheidene Cenerentola, findet sie schließlich im Haus der Schwestern und nimmt sie sogleich zu seiner Frau, sehr zum ÄrDer Italiener Giacchino Rossini ger des Stiefvaters und der verwandelte das Märchen schließ- Schwestern. lich in eine Oper und brachte im Jahr 1817 „La Cenerentola“ (italie- In der Semperoper Dresden wird nisch für Aschenputtel) als ein die Oper „La Cenerentola“ über „Dramma giocoso“ (lustiges Dra- das ganze Jahr mehrfach auf Itama) in zwei Akten auf die Bühne. lienisch aufgeführt, dank Übertiteln kann man die deutsche Cenerentola lebt nur noch mit ih- Übersetzung mitlesen. Die Inszerem Stiefvater und ihren beiden nierung zeichnet sich vor allem Stiefschwestern zusammen, wel- durch viel Humor und ein gelungeche sie demütigen und wie eine nes Bühnenbild aus: Selten hat Hausmagd behandeln. Da ruft man in einer Oper so sehr über die Prinz Ramiro ein Fest aus, um sei- bunten Kleidchen der Schwestern, ne Braut zu küren. Begeistert ma- die seltsamen Schuhe des Stiefvachen sich die zwei Schwestern für ters oder die wortgewandten Dialodas Fest zurecht. Um eine ange- ge lachen können. Man erlebt die messene Frau zu finden, welche offensichtliche Freude, mit welihn nicht nur wegen seines Reich- cher der Diener seine Chance, den tums heiratet, überlegt sich Prinz Prinzen zu spielen, auskostet oder Ramiro ein Schauspiel: Zum Über- die verzweifelten Versuche der reichen der Einladung verkleidet Stiefschwestern, den Prinzen von er sich als Diener und seinen Die- einer von ihnen zu überzeugen. ner als Prinzen. So lernt er Cene- Das klingt dann beispielsweise so: rentola kennen. Diese verliebt sich „Nimm mich, ich bin die Ältere!“, sofort in den als Diener verkleide- woraufhin die andere Schwester ten Prinzen und erscheint trotz schnell kontert: „Nimm mich, ich des Verbots des Stiefvaters bezau- werde später älter!“ - Wer hätte gebernd schön gekleidet auf dem dacht, dass man in einer Oper so Fest. Dort überreicht sie dem Prin- viel Witz einbauen kann? zen eines ihrer Armbänder, zu Allerdings wünscht man sich an dem sie das Gegenstück besitzt. der einen oder anderen Stelle, Statt durch den klassischen Glas- man könnte die rosarote Brille abschuh soll er sie mithilfe des Arm- setzen. In einem Hollywood tauglibandes wiederfinden können. chen Happy-End gibt es einen 46

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recht kitschigen Höhepunkt und mit ihrer Großmütigkeit und Bescheidenheit schießt Cenerentola über ihr Ziel leider doch hinaus, als sie sogar ihren undankbaren Familie alles vergibt. Dennoch wird das Bühnengeschehen von ausgesprochen schöner Musik und melodischen Gesängen begleitet und die Inszenierung vereint moderne und traditionelle Elemente in Bühnenbild und Kostümen. Eine epische Liebesgeschichte, eine Verwechslungskomödie, dramatische Höhepunkte, Rossinis geniale Klänge und ein glänzendes Happy End: All das hat „La Cenerentola“ zu bieten. Im traditionellen Ambiente der Dresdner Semperoper entfaltet sich die italienische Oper ideal zu einem Unterhaltungswerk für alle Altersklassen. Ab Ende August wird „La Cenerentola“ wieder in der Dresdner Semperoper aufgeführt. Wer sich also mal wieder ein bisschen Kultur gönnen möchte, dies ist eindeutig die richtige Oper um sich mal wieder schick zu machen und einen musikalischen Abend zu verbringen. Euch sei versichert: Es lohnt sich. Nora Geppert Klasse 12


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Momentaufnahme

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ie langen Wochen vor meinem Abflug schaute ich jedes Mal auf in den Himmel, wenn sich wieder ein Flugzeug vom Dresdner Boden entfernte. Das Dröhnen der Düsen, das Blitzen des Metallvogels in der Sonne. Das langsame Entfernen, das Entfliegen in eine andere Welt. Ich fragte mich, wo die Maschine wohl hinfliegt. Greifbar war die Erwartung der Passagiere. Und lächelnd sagte ich mir: „Bald, Alma, bald. So bald sitzt du dort, wo sie jetzt sitzen. Und dann beginnt dein eigenes großes Abenteuer. Bald.“

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Ich war ein halbes Jahr lang in Kanada. An der Westküste, so weit weg wie nur möglich. Dort, wo Bilderbuch-Nadelbäume mit ihrer gigantischen Größe alles andere in ihren Schatten stellen, sich kleine Häuschen zwischen breite Hügel ducken und hoch aufragende, schroffe Berge dem wilden Pazifik jeden Tag aufs Neue trotzen. Dort, wo der Ruf der großen Freiheit lockt. Der unberührten Wildnis. Der leuchtenden Unbekanntheit. Des fünfmonatigen Neubeginns. So begann mein Aufenthalt mit der obligatorischen, nervenaufreibenden ‚MapleLeaf‘-Anfangseuphorie.

Alles was neu und anders ist, ist eine wahnsinnige Attraktion. Es hat lange gedauert, bis der Alltagstrott eingezogen ist. Doch dann kam der Regen, und er wusch den goldenen Schein des Traumkanadas langsam, aber bestimmt herunter. Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich mit meiner Gastfamilie nicht so zurechtkomme, wie ich es mir gewünscht hätte. Morgens wachte ich auf von den Quietschtönen einer amerikanischen Kinderserie und meine Einschlafmusik war das Surroundgeknalle eines Actionfilmes. Der Fernseher war der Mittelpunkt des Lebens, und


Weltwärts Hockey kam gleich danach. Geredet wurde über die Schule und den Tag, aber selten wurde es tiefgründiger. - Kleine Sachen waren es, die sich auf Dauer aufstauten und mich meinen letzten Monat eher überleben als erleben ließen. Permanent hatte ich das Gefühl, ich müsste mich wieder und wieder erklären: Alles was ich tat, wurde in Frage gestellt. Es fraß mich langsam innerlich auf. Sehr langsam. Trotzdem wusste ich, dass meine Gastfamilie es nie böse meinte. Andere Dinge waren ihnen einfach wichtiger.

So blieb ich und suchte mir meine eigenen Zufluchtsorte. Schule war wunderbar, wie im Film. Und Freunde findet man immer irgendwo. Allein war ich nie. Meine mir so wichtige Kultur organisierte ich mir selber, genauso meine Ausflüge und sämtliche Unternehmungen. Ich fand mich zurecht, immer besser mit der Zeit. Und ich begann die Dinge, die ich ehrlich und mit reinem Herzen genießen konnte, noch mehr zu schätzen. Sie waren der rettende Kern meines Aufenthaltes. Und meistens waren sie klein, sehr klein. Gesten, Blicke. Ein Moment in purer Stille. Ein Tag am Strand, wenn der Regen einem nur so ins Gesicht peitscht. Gute Gespräche mit Menschen, von denen ich mich verstanden fühlte. Eine heiße Schokolade im süßen Café-Buchladen in

Uptown.

Und trotzdem fehlte zunehmend etwas. Die Seele der Dinge. Auch die allgemeine Oberflächlichkeit der Menschen wurde mir mehr und mehr suspekt. Es war manches so schrecklich. Und doch alles so wunderbar. Und dann ging es zurück nach Deutschland.

Plötzlich, kurz und schmerzlos. Schnell befand ich mich wieder auf deutschem Boden, nach einem unfassbar endlichen Flug. Zu schnell. Zurück sein heißt doch ‚zurück im sicheren Hafen‘? Fertig mit dem Abenteuer? Und alles sollte so einfach sein! Wenn es doch so wäre!

Rastlos bin ich, in meinem Leben danach. Planlos muss ich neue Wege finden. Ich versuche, mich meinen deutschen Freunden zu erklären und fühle mich unverstanden wie nie zuvor. Warum fühlt ihr nicht, was ich fühle? Warum seht ihr nicht, was ich sehe? Sie können nicht verstehen, so sehr sie möchten. Das tut weh. Entzweigerissen zwischen zwei Welten weiß ich nicht mehr, wo ich mich eigentlich befinde. Meine Seele ist verwurzelt in einem Ort, zu dem ich eine Beziehung aufgebaut habe wie nie zuvor. Eine Hassliebe der klassischen Art. Für

mich ist die Farbe Grau aus meinen Erinnerungen von nun an der Inbegriff von immer neuen Ereignissen: Erwartung, Hoffnung, Ungewissheit.

Schlimm ist, dass für viele Austauschschüler der große Umsturz erst nach der eigentlichen Zeit im Ausland kommt. Das wird oft von den Veranstaltern eines Austausches außer Acht gelassen. Die Rückkehr verändert zwar die äußeren Umstände, in denen ich mich befinde, nicht aber meine inneren. Plötzlich stehe ich vor Veränderungen, die nicht zwingend von den Menschen kommen, die mich umgeben, sondern die meiner eigenen Veränderung geschuldet sind. Ich bin der anders abgenutzte Steinblock, der nach größerer Bearbeitung nicht mehr in das Mauerwerk passt.

Und nun noch darüber schreiben? Jeder noch so kleine Versuch des Gedankenfassens bringt neue Fragen an die Oberfläche, auf die ich keine Antwort weiß. Es reicht nicht, muss ich mir das erste Mal in meinem Leben eingestehen, Worte sind nicht genug. Soviel anderes gehört mit dazu, um das ganze Bild angemessen darstellen zu können. Doch genau für diese unzähligen, kleinen Details fehlen mir die Worte.

r e d n o v ‐ s le c ir c in g in v mo n e d m e r f s e d it e k ig t h ic le n e unerträglich

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Dann kommt es zu Situationen wie dieser: Mit Freunden zusammen ist man an einem vertrauten Ort, die Gruppe unterhält sich, doch man versteht nur die Hälfte von dem Gespräch, zu dem man sonst so viel beizutragen hatte. Wieder kann man nicht anders als daneben zu sitzen und zuzuhören, man stellt Fragen und versucht zu verstehen. Merkwürdig, wie schnell einem die altbekannte Welt aus den Fingern gleiten kann. Nicht richtig angekommen ist man, aber auch noch nicht weit genug entfernt von diesem einen Fleckchen Erde, den man körperlich soeben verlassen hat.

Das Leben wird nicht leichter, wenn man etwas erlebt. Es wird aber reicher an Gefühlen, die man anschließend tagtäglich in sich trägt. Über denen man brütet, bis man den roten Faden nicht mehr findet. Man verliert das eine Ende, um ein anderes neu zu finden. - So läuft das Leben in Kreisen. Ist der eine vollendet, bin ich schon wieder mitten in der Bahn des nächsten. Ein Ende dort ist ein Neubeginn hier, Pause ist nicht – und weiter geht’s!

Wochenende besuchen und brachte ein Geschenk mit: Ein KanadaSehnsuchts-Paket. Darin eine British Columbia-

Flagge, ein satirisches Buch über Kanadier und ein Abonnement für die lokale „Schau an, die kanadische Westküste ist einfach so damn breathtaking-Zeitung“. Ich zögerte überraschenderweise keinen Moment. Ich schaute ihr in die Augen, lächelte aufrichtig und habe mich gefreut wie lang nicht mehr. Danke, liebes Tantchen. Danke für das Wecken der wiederkehrend paradoxen Emotionen.

An meinem letzten Abend in Kanada meinte eine kanadische Freundin zu mir: „Du gehst nicht zurück.“ Eine leise, wahre Stimme. „Es gibt kein Zurück. Es ist nur so, dass du weitergehst, immer einen weiteren Schritt nach vorne.“ Für mi c

Es war schrecklich - Es war wunderbar. Vielleicht ist das stille Annehmen auch ein Schritt zum Ankommen.

Nach der kurzen Ankommensphase in Deutschland, während derer man sich über alles Deutsche freut wie eine Fünfjährige über ihr Schokoeis und sich innerlich etwas von seinem Gastland abwendet, kam mich meine Tante am

Alma Uhlmann Klasse 10/3

h bringt es in diesem Falle Englisch viel besser auf den Punkt: You can never go back. You always only go forward. Ich weiß, dass die Zeit kommen wird, in der ich wieder aufschaue zu einem Flugzeug und mich sehnen werde. Nach der Ungewissheit und dem Abenteuer. Dem Wegfliegen und Ankommen. Der ewigen Spannung des Loslassens, nur um festzustellen, wie stark ich tatsächlich verwurzelt bin. Und wie gut das doch ist. My life is moving in circles.

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Meine Reise ist noch lange nicht zu Ende.


„Soveel as du bruukst“

34. Evangelischer Kirchentag in Hamburg „So viel du brauchst“­ das Motto des vom 1.­5. Mai in Hamburg stattfindenden Evangelischen Kirchentages war Versprechen und Mahnung zugleich. Aber fand man während dieser fünf Tage wirklich alles vor, was man auf einem Kirchentag traditionell benötigt? Ein Selbsttest.

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o viel Glauben du So viel Idealismus du brauchst Dresdner Band „Mateo“ alias Café brauchst Getreu einer Wenn man einmal davon absieht, Jazz stattfand, sowie das Zentrum

evangelischen Glaubensveranstaltung konnte man jeden Tag von 6 bis 24 Uhr im Halbstundentakt Gottesdienste miterleben, in Kirchen und Nichtkirchen, die über ganz Hamburg verstreut waren. Das Spektrum reichte von „klassischen“ Gottesdiensten über Gottesdienste in einfacher Sprache bis hin zu einem Rockgottesdienst. Zwei Gottesdienste waren besonders: Als erstes die Andacht am Hamburger Strandkai zum Abend der Begegnung am 1.Mai, wo ein Meer ein Meer aus Kerzen und die Atmosphäre entstand, die man wohl als „Kirchentagsatmosphäre“ beschreiben könnte. Und dann noch der Schlussgottesdienst am Sonntag, dem 5.Mai, auf einer Wiese im Stadtpark mit Abendmahl, Bläserchor und über 120 000 Menschen.

So viel Politik du brauchst

Am meisten fand man politische Themen und Politiker aller Parteien bei Bibelarbeiten und bei Diskussionsforen, die sich zum Beispiel mit der momentanen Außenpolitik Deutschlands beschäftigten. Auch gab es politischen Protest, durch den aber einige Programme litten, wie die Bibelarbeit des Verteidigungsministers Thomas de Maizière. Wem am Protestieren gelegen war, konnte seine Meinung jedoch auch kundtun, ohne damit zu stören, wie zum Beispiel bei einem Planspiel mit dem Titel „Ist das jetzt schon Rechts?“

dass es schon ein gewisses Maß an Idealismus bedarf, von einem Veranstaltungsort pünktlich zu einem anderem zu kommen, beschäftigte sich der Kirchentag gern mit aktuellen Zukunftsvorstellungen, wie zum Beispiel im Forum „Anders wachsen - ist Wirtschaftswachstum überhaupt notwendig?“ Mehrere, wenn auch nicht ganz praktikabel erscheinende, Vorschläge zur Humanisierung der Weltwirtschaft kamen zur Sprache. Weiterhin war von der Völkerverständigung und der Bekämpfung des Welthungers die Rede.

So viel Toleranz und Vielfalt du brauchst

Hamburg ist seit jeher ein Tummelplatz unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen, davon künden Moscheen und Synagogen, die sich im Rahmen des Kirchentags vorstellten, aber auch das hohe Scientology Center, das im Stadtzentrum beim Abend der Begegnung prangte. Toleranz und Kennenlernen des Fremden standen im Mittelpunkt vieler Veranstaltungen. So gab es einen Schnupperkurs in Deutscher Gebärdensprache, der ganz ohne Worte, aber trotzdem vollkommen verständlich abgehalten wurde und in den ich mich gerade noch so hineinschmuggeln konnte. Auch gab es ein Zielgruppenprogramm mit dem Zentrum „Jugend“, wo ein Konzert der

„Älterwerden“, in dem sich Selbsthilfegruppen zu zentralen Fragen dieser offensichtlich schwierigen Lebensetappe austauschten.

So viel Kultur du brauchst

Vorsichtig würde ich behaupten, dass einer der Hauptgründe eines Kirchentagsbesuchs die vielfältigen Kulturangebote, Musik, Tanz und Theater sind. Hier war die Vielfalt schier erdrückend, sie reichte von einer Mitsing-Kantate über das obligatorische WiseGuys-Konzert am Freitagabend bis hin zu Heavy-Metal-Workshops.

So viel Ruhe du brauchst

Schlaf war wohl die einzige Mangelware des Kirchentages: Um alles voll zu auszukosten, war man jeden Tag von acht Uhr morgens bis Mitternacht unterwegs. Nicht selten passierte es, dass jemand in der Diskussion mal einnickte. Den reibungslosen Ablauf von Veranstaltungen garantierten Pfadfinder. Trotz allem erwies es sich als eher schwierig, solche Dinge des täglichen Bedarfs wie Drogerien oder ein Mittagessen aufzutreiben, da es in der unbekannten Umgebung nur wenige Ausschilderungen gab. Von Kirchentagsveteranen habe ich gehört, dass bei diesem Kirchentag die Kontroversen deutlich nachgelassen hätten und auch die Stimmung anders gewesen sei. Ich habe aber noch nicht so viele Kirchentage erlebt, kann dies also nicht beurteilen. Alles in allem bleibt mir nur zu sagen, dass hier in Hamburg im Grunde jeder so viel bekam, wie er brauchte. Franziska Hermann Klasse 10

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Herausgeber: Evangelisches Kreuzgymnasium c/o Schülerzeitung kreuz&quer Dornblüthstraße 4 01277 Dresden

Bildrechte: Abbildungen: Bildquellen sind direkt an den jeweiligen Fotos angegeben. Nicht gekennzeichnete Bilder: Fotografen von Kreuz&Quer *Bildquellen S. 46-49: Pixelio/Cornerstone/Chinesische Mauer Pixelio/spengeman/Quen Mary 2 Pixelio/susi.hetzl@gmx.de/Allalin Pixelio/Motorbiene/abgelegt Pixelio/Andrea Damm/Reklame Pixelio/Julich/Sonnenuntergang Marmari Beach Pixelio/Markus/Waiting Pixelio/crazybetti58/Frauenkirche,in Dresden Wikimedia Commons/Demis(Arcy)/Weltkarte

Autorenfotos: Rechte bei den jeweiligen Personen

Anzeigen (nach aktueller Anzeigenpreisliste vom 01.10.2010): Martens&Werner (S.2) Fahrschule Horlacher (S.45) Sparkase (S.51) Europareisen (S.52) Druckerei: Printpoint Digital, Dresden Auflagenzahl: 145 Stück Heftpreis: 1,00 € | Lehrer 2,00 € Redaktionsschluss: 06.03.2012

Lob, Kritik und Anregungen sowie neue Mitarbeiter (auch auf sporadischer Basis) sind uns jederzeit willkommen. Eine Mitteilung in unserem Briefkasten in der Caféteria genügt!

Frida Stein Clara Gerhardt Guntram Bieneck V.i.s.d.P

Frida Stein Willem Deda Max Liebstein Sophie Jordan Georg Schneider Frauke Osterland

Mathilde Süß Tilmann Sager

Ferdiand Halbert

Willem Deda

Ihr findet uns auch online unter www.angekreuzt.wordpress.com, wo ihr Kommentare abgeben könnt.

kreuz&quer • higgledy-piggledy • en désordre • all'aria • hecho un lío • door elkaar • em desordem • huller om buller • durcheinander • in a jumble • pêle-mêle • alla rinfusa • hecho un revoltijo • dooreen na mais completa bagunça • i en enda röra • kunterbunt • in a mess • in disordine • kris-kras • i en röra • hin und her • jumbled up • sottosopra • ondersteboven • i ett enda virrvarr • unmethodisch • overhoop • i ett virrvarr • richtungslos • rommelig • auf's Geratewohl • schots en scheef • kreuz&quer • higgledy-piggledy • en désordre • all'aria • hecho un lío • door elkaar • em desordem • huller om buller • durcheinander • in a jumble • pêle-mêle • alla rinfusa • hecho un revoltijo • dooreen na mais completa bagunça • i en enda röra • kunterbunt • in a mess • in disordine • kris-kras • i en röra • hin und her • jumbled up • sottosopra • ondersteboven • i ett enda virrvarr • unmethodisch • overhoop • i ett virrvarr • richtungslos • rommelig • auf's Geratewohl • schots en scheef • kreuz&quer • higgledy-piggledy • en désordre • all'aria • hecho un lío • door elkaar • em desordem • huller om buller • durcheinander • in a jumble • pêle-mêle • alla rinfusa • hecho un revoltijo • dooreen na mais completa bagunça • i en enda röra • kunterbunt • in a mess • in disordine • kris-kras • i en röra • hin und her • jumbled up • sottosopra • ondersteboven • i ett enda virrvarr • unmethodisch • overhoop • i ett virrvarr • richtungslos • rommelig • auf's Geratewohl • schots en scheef • kreuz&quer • higgledy-piggledy • en désordre • all'aria • hecho un lío • door elkaar • em desordem • huller om buller • durcheinander • in a jumble • pêle-mêle • alla rinfusa • hecho un revoltijo • dooreen na mais completa bagunça • i en enda röra • kunterbunt • in a mess • in disordine • kris-kras • i en röra • hin und her • jumbled up • sottosopra • ondersteboven • i ett enda virrvarr • unmethodisch • overhoop • i ett virrvarr • richtungslos • rommelig • auf's Geratewohl • schots en scheef • kreuz&quer kreuz&quer

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