365/13 Fünter Teil: DiplomandInnen

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EXIT_13 – ALLES NEU 2013 steht die Diplomausstellung der 22 DiplomandInnen der Wiener Kunstschule unter dem Motto ALLES NEU, nicht nur eine Anspielung auf diese Mai_Exit, die alles neu macht und für unsere DiplomandInnen den Anfang eines neuen Lebensabschnitts markiert, sondern auch ein Hinweis auf ein Merkmal, das gute Kunst auszeichnet. An Kunst wird der Anspruch der Originalität gestellt und ihr innovatives Potential geradezu als potenzsteigerndes Allheilmittel beschworen, das die im Trott wissenschaftlicher Nüchternheit ermüdeten Seelen wieder aufrichten soll. Sie muss also an und für sich immer NEU sein. Je neuer, desto besser. Und sie überschlägt sich oft auf der Suche nach den neuesten Neuigkeiten. Aber nicht nur originell, sondern auch original sollte Kunst sein, keine Kopie und keine Dutzendware. Man sieht, Kunst steigert den Anspruch an sich selbst im Maße ihrer Neuheit stetig. Welche Neuigkeit jedoch lässt sich benennen, die niemals alt wird und selbst noch neu ist, wenn die Zeit und ihre Kunst schon längst andere Wege gegangen sind? Stehen KünstlerInnen nicht schon längere Zeit unter dem Eindruck, dass es alles in dieser oder jener Form schon gab, oder alles schon gesagt worden ist? Es scheint nur noch darum zu gehen, altbekannte Puzzleteile neu zu ordnen und in noch nie gesehene Bezüge zu bringen. Zumindest wäre dann die neue Verknüpfung des Alten neu. Die innovative Energie der Kunstschaffenden äußert sich vielleicht im Mut und im Willen, es sich immer wieder schwer zu machen und in jedem Werk, die Bilder, die die Außenwelt ihnen zuwirft, bei sich

aufzunehmen, eine Weile durchs Leben zu tragen und neu interpretiert wieder zu entlassen. Dann machen KünstlerInnen immer ALLES NEU! Neben der Frage nach dem Wie innovativer Kunstproduktion steht schon im Hintergrund die Frage nach dem Wo und den Rahmenbedingungen der Entstehung neuer und junger Kunst bereit. Künstlerische Entstehungsprozesse benötigen nicht viel, um in Gang zu kommen, sie benötigen noch weniger, um zu Resultaten zu kommen. Sie brauchen eigentlich nur Raum und Zeit, einen Raum für Auseinandersetzungen und Infragestellungen sowie Zeit, um Ideen auf den Grund zu gehen und sie in pointierten Aussagen zu kondensieren. Die Wiener Kunstschule bietet genau diesen Rahmen. Nicht mehr und nicht weniger. Sie bietet keinen Expresslift zu künstlerischem Erfolg, keine Garantien für eine sichere Zukunft und auch keine beeindruckenden Zertifikate. Sie bietet den größten Luxus, den es gibt, in familiärer Umgebung und persönlicher Auseinandersetzung das menschliche Potential in sich selbst und in der Kunst optimal zu entwickeln. Eliane Huber-Irikawa

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ALLES NEU Wenn im Frühjahr 2013 27 Studentinnen und Studenten der Wiener Kunstschule zu ihren Diplomprüfungen antreten, ist dieser Zeitpunkt nicht nur der Abschluss ihrer Ausbildung, sondern wie der Frühling in der Natur, auch eine Möglichkeit für einen Neubeginn.

oder ob sie es schaffen werden, in einer so turbulenten Welt wie die der Kunst sich zu behaupten. Doch die Freude auf einen neuen Lebensabschnitt und neue Herausforderungen gibt den Absolventinnen und Absolventen die nötige Motivation und​einen starken Willen dazu.

In den vergangenen acht Semestern haben die angehenden Künstlerinnen und Künstler vielfältige Kenntnisse erworben und ihre persönlichen Fähigkeiten ausgebaut, neue Methoden des Arbeitens gelernt und unkonventionelle Ansätze ausprobiert. Die Kunstschule ist der geeignete Ort, um sich mit anderen auszutauschen, mit Themen auseinanderzusetzen und um sich künstlerisch zu entfalten. Die Diplomandinnen und Diplomanden werden die Kunstschule deshalb nicht nur mit einem Diplom verlassen, sie werde etwas wesentlich wertvolleres mitnehmen: Fähigkeiten, Wissen und Freundschaften! Denn wer wird sie in schweren Zeiten aufbauen? Wer wird ihnen qualifiziertes Feedback geben? Und mit wem kann an Projekten gearbeitet werden? Netzwerke spielen in künstlerischen Bereichen eine wesentliche Rolle. Denn gerade zum Beginn des selbstständigen künstlerischen Schaffens, sind Netzwerke mit vertrauten Kolleginnen und Kollegen unerlässlich.

Denn die Kunst lehrt unter anderem Beständigkeit und Wandel miteinander zu vereinen. Am Ende steht immer ein neuer Anfang! Valentina Hunsänger

Jede einzelne Absolventin und jeder einzelne Absolvent begibt sich nun auf ein freies Feld, das freie Feld des Kunstmarktes. Auf den ersten Blick bringt dieser Gedanke viel Zweifel, Unsicherheit und Skepsis mit sich. Die wenigsten jungen Künstlerinnen und Künstler wissen zu diesem Zeitpunkt, wie sich ihr Weg weiter entwickeln wird, 2


Neulich bei der Jahrbuchpräsentation … „Darf ich mir ein Exemplar nehmen?“ „Du kannst gerne eines kaufen.“ Ich ziehe meine Augenbrauen hoch: „Ach echt? Ich dachte, ich müsse nur auf der Liste unterschreiben.“ „Das ist die Schülerliste.“ „Wie schön, dass ich da drauf stehe! Ich bin ja eh erst im sechsten Semester.“ Ein Jahr später. „Du bist neu, oder? Hast du dich schon für eine Werkstätte entschieden?“ „Ja, hab ich! Allerdings schon vor vier Jahren! Ich diplomiere.“ Alles Neu! So neu, dass man nicht mal mehr das Alltägliche bemerkt! Und plötzlich ist man selbst im letzten Semester. Gefühlte paar Wochen zuvor war man noch im Orientierungsjahr; wieder alles neu! Und aufregend. Mehr oder weniger mühsam der Versuch, sich einen Platz in der Kunstschule zu erarbeiten. Im Laufe der Zeit hat man sich gegrüßt, dann gekannt, dann vielleicht mal miteinander gearbeitet und jetzt? Jetzt ist man sich fremd. Liegt es daran, dass im Laufe der Zeit mehr Aufgaben und individuelle Anforderungen gestellt werden und man systematisch versucht selbstständiger zu arbeiten, oder schlichtweg daran, dass alles neu ist? Permanent? Die Technik, der Markt, die Medien, alles verändert sich so rasant, dass man nicht mal mehr Zeit hat, sich mit dem Gegenwärtigen zu beschäftigen. Ein Tag, an dem man nichts gemacht hat, ist ein verlorener Tag. Denn am nächsten Tag ist keine Zeit mehr um ihn nachzuholen. Und das in jeder Hinsicht. Verpasst man eine Sendung und will sie im Nachhinein ansehen, werden neuere und interessantere angeboten. Hört man eine Nachricht und

man will sich am nächsten Tag informieren, findet man vielleicht schon gar nichts mehr zu dem Begriff. Kauft man sich ein Tablet, Handy oder einen Laptop, ist das nächste Modell bereits am Markt, ehe man mit dem eigenen richtig umgehen kann. Tauscht man sich mit Mitschülern aus und bemerkt, wie wertvoll Begegnung ist, wird einem zugleich bewusst, dass der Abschluss naht und man die Leute, mit denen man vier Jahre studiert hat, gar nicht richtig kennt. Möchte man bestmöglichst vom Studienangebot profitieren, bleibt kaum Zeit für das Soziale, pflegt man soziale Kontakte, vernachlässigt man Projekte und Kurse. Wir sind so damit beschäftigt an Morgen zu denken, dass wir das Heute vergessen. Alles ist in permanenter Bewegung. Ein steter Wandel. Kaum einer nimmt sich noch Zeit zum Durchatmen. Aber vielleicht ist gerade das die Aufgabe der Kunst. Sich mit dem Jetzt zu beschäftigen. Natürlich ist es legitim, sich mit den Themen von Morgen auseinanderzusetzen, doch ich denke, Kunst schafft ein Stück Zeitgeschichte. Denn die Arbeit passiert im Hier und Jetzt. Selbst wenn man sie in zehn Jahren betrachtet, so ist auch eine Arbeit, die sich mit der Erde in zwanzig Jahren beschäftigt, doch in der Gegenwart entstanden. Kunst ist eine Form der Erdung. Des Innehaltens. Und doch ein ewiger Prozess. Alles Neu! Für uns. Für jeden. Was wir mitnehmen können? Das Alte! Magdalena Fasching 3


Die Wiener Kunstzone 2009087B. War ich im Orientierungsjahr in der Gruppe B? Meine Matrikelnummer gibt mir ein Rätsel auf. 2009–2013. acht Semester. Erfahrung. Freunde. Freude. Schwierigkeiten. Jetzt der Ausgang, die Exit13. Herausfordernd stiert mich das Schwerverbrecher-Passfoto aus dem fast voll gestempelten Schülerausweis an. Ich muss grinsen. Es war eine schöne Zeit. Irgendwie komme ich nicht umhin, an Tarkovkijs „Stalker“ denken zu müssen. Es gibt so viele Parallelen. Eine Mitstudierende, die ich über die Jahre schätzen lernte, formulierte treffend: „Wir sind Alle auf der Suche. Keiner wäre hier, wenn er nicht etwas suchen würde!“ Eine kurze Erklärung: Der Film handelt von einer „Zone“, die auf unerklärliche Art entstand. Die Zone ist ein Ort, der sich durch sein unkontrollierbares und eigenwilliges Eigenleben definiert. Die Zone lebt. Zuerst wurden Streitkräfte in dieses Territorium entsandt. Keiner der Unglückseeligen kam zurück, die Konsequenz: Sperrgebiet! Stacheldraht. Wachposten. Maschinengewehre. Aber es gibt immer wieder Menschen, die sich dem Diktat widersetzen und in die Zone eindringen. Die Einen sind getrieben von innerer Unruhe und dem Glauben an einen Raum im Herzen der Zone, in dem die geheimsten Wünsche Realität werden. Die Anderen sind „Stalker“, die Suchende durch die Fallen und Eigenheiten der Zone führen. Bedenkt man, dass unsere Schulgründerin das Tor zur Kunst für alle aufgestoßen hat, könnte man sie als die erste Stalkerin Österreichs bezeichnen. Und das zu einem Zeitpunkt, als das Buch, das „Stalker“ zu 4

Grunde liegt, noch gar nicht geschrieben war. Ich kann es mir bildlich vorstellen, wie Gerda Matejka-Felden in einem Jeep ohne Verdeck hinter einem Güterzug unter schwerem Beschuss in die Zone einfährt und im Nebel verschwindet. Wir wurden auch auf unkonventionelle Art in die meist von einem elitären Stacheldraht umgebene „Kunstzone“ eingeschleust: Herzlichen Dank an alle Lehrenden, die uns begleitet haben und uns durch das Gewirr vorbei zu lotsen versuchten. Ihr wart gute „Stalker“ in der Kunstzone, habt eure Schraubenmuttern mit den Bändern gut geworfen! Von ca. 130 Studienanfängern vom Herbst 2009 sind jetzt dreiundzwanzig auf dem Weg, den besagten Raum in der Zone Kunst zu betreten. Das Glashaus der städtischen Gärtnerei in Hirschstätten ist zu diesem Raum geworden, wer hätte das gedacht? Ob unsere geheimsten Wünsche sich erfüllen werden, bezweifle ich nicht mehr. Dass wir aber genau wissen, was wir wollen, schon. Trotzdem: Wir werden im Mai durch ein Tor in den Raum treten und nicht mit leeren Händen zurück kommen. Hier noch ein Zitat des „Schriftstellers“ aus dem Film: „…Früher war die Zukunft nur Fortsetzung der Gegenwart, weiter nichts. Die Veränderungen winkten irgendwo in der Ferne, hinter dem Horizont. Heute haben wir alles in einer Kanne: Gegenwart und Zukunft.“ Georg Tatzreiter


EXIT_13 im Glashaus der Blumengärten Hirschstetten Unter dem Titel „Alles Neu“ präsentierten 22 DiplomandInnen der Wiener Kunstschule ihre Arbeiten von 24. bis 28. Mai 2013 in einem Glashaus mitten in den Blumengärten Hirschstetten. In dieser außergewöhnlichen Location zeigten DiplomandInnen der Werkstätten Comic und Animation, Malerei und prozessorientierte Kunstformen, Interdisziplinäre Klasse, RaumUndDesign, Grafik Design, Keramik und Produktgestaltung ihre Abschlussarbeiten. Die jährliche Exit versteht sich im Sinne einer umfassenden Kunstausbildung als selbstverantwortliche und öffentlich zugängliche Präsentation der Diplomprojekte. Die jeweiligen Ausstellungsräume sind Teil der Präsentationen und werden von den DiplomandInnen ausgewählt. Orte außerhalb des Kunstfeldes, die von den DiplomandInnen zugänglich gemacht werden. Im Unterschied zu den staatlichen Kunstuniversitäten zeigt die Wiener Kunstschule der Öffentlichkeit immer alle Diplomarbeiten des jeweiligen Studienjahres. Die Präsentationen beinhalten sowohl

klassische Ausstellungskonzepte als auch Formen, die über den gewohnten Ausstellungsraum hinausgehen. Entsprechend ihrer Arbeit wählten zwei DiplomandInnen der Werkstätte Keramik und Produktgestaltung andere Orte: Die Tagesaktion „KUNSTarmut“ von Flora Szurcsik im Museumsquartier und „mobiles kissen. sofa - ein sozialprojekt“ von Pia Steinert in Kooperation mit der VinziRast im öffentlichen Raum. In den acht Semestern haben die angehenden KünstlerInnen vielfältige Kenntnisse erworben, ihre persönlichen Fähigkeiten ausgebaut, neue Arbeitsmethoden und unkonventionelle Ansätze - auch im Rahmen von zahlreichen Projekten und Kooperationen - erprobt. Organisation, Konzept und Durchführung der Ausstellung wurden von den DiplomandInnen im Kollektiv erarbeitet – ein erster und wichtiger Schritt in die Selbständigkeit.

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DiplomandInnen 2013 Bildhauerei Madlen Lopatka: Borderline-Persönlichkeitsstörung (abstrakte Skulptur) Comic & Animation Tatsumi Nakama: DREAMFETCHER (Battlemanga) Asami Takahashi: LEBEN (Comic) Haruka Nishijima: Eupha (Illustration und Manga) Songhay Toldon & Alexander Stamenov: Chopsuey (Animation) DesignUndRaum Souyang Sheng: A World Inside Me (Kurzfilm) Grafik Design Sophie Bauer: NUNO, packende Stoffe (Verpackungstechnik) Nina Hascic: CHOU – Makronen (Corporate Design) Melanie Kasper & Matthias Moser: WHO WE ARE. SORT OF. Raphael Krempus: Twenty6 - 20Four Seven (Installation und Buch) Interdisziplinäre Klasse Jakob Böhm: Körperstudien (Akt- und Teilaktfotografien) Magdalena Fasching: In Between - Irgendwo im Nirgendwo (mixed media) Valentina Caroline Hunsänger: WillensKraft (Rauminstallation) Laurent Nostitz-Rieneck: Straßen, die es nicht gibt (monochrome Fotografien) Georg Tatzreiter: Wirklich ich - Was Kunst ist und was eben nicht. (mixed media) Keramik & Produktgestaltung Lisa Hörzinger: Ohne Titel (Legetrickanimation) Lea Runggaldier: Ohne Titel (Sieben Gefäße aus schamottierten Ton, glasiert) Pia Steinert: Mobiles Kissen.Sofa - ein Sozialprojekt Flora Szurcsik: KUNSTarmut - 100 handgefertigte Keramikschalen und Kunstaktion Caroline Taschler: Chinagirl Tile (Ein Buch über die Wiener Street Art Künstlerin Chinagirl Tile) Malerei & Prozessorientierte Kunstformen Sylvia Fischer: ENTSCHREIBUNG (Acryl auf Leinwand) Elisabeth Loibner: Farbräume (Öl auf Leinwand) 6


Nuno – Packende Stoffe Umweltbewusste Alternativen zum Plastikkonsum zu entwickeln, war mein Hauptaugenmerk. Ich habe festgestellt, dass ein plastikfreies Leben kaum möglich ist, und habe mir vorgenommen, etwas zu ändern. Darum suchte ich nach Alternativen zu Plastiksackerln und entdeckte die traditionelle japanische Stoff-Falttechnik Furoshiki, ein Element der japanischen Kultur. Ein quadratisches Tuch, in das man Dinge einwickeln und transportieren kann. Früher wurde diese Technik verwendet, um Kleiderbündel zu transportieren, heute dient sie vor allem auch zum Verpacken von Geschenken. Ich beschloss, eine eigene Marke zu entwerfen: Meine Kollektion heißt Nuno, das japanische Wort für Tuch. Nunos sind packende Stoffe in verschiedenen Größen und Mustern, abfallfrei und ökologisch. Mit Hilfe spezieller Knot- und Falttechniken werden die Nunos zu Verpackungen und können vielfältig eingesetzt werden. Beim Erwerb eines Nuno erhält man auch eine Broschüre mit einer großen Auswahl an Falttechniken. Die Basiskollektion ist unifarbig. Den Jahreszeiten folgend, erscheinen Spezialkollektionen.

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Kรถrperstudien

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In Between – Irgendwo im Nirgendwo Manche sagen, die Augen sind das Fenster zu Seele. Ich sage, sie sind Tore zu einer anderen Welt. Meine Diplomarbeit zeigt eine Sammlung von bisherigen Arbeiten, bei denen ich versuche, diese Innenwelten zu visualisieren. Themen sind Fragen um die eigene Identität, Grenzen und deren Auflösung, Fantasie, Realität und Illusion, aber auch der Konflikt der subjektiven Wahrnehmung. Im Vordergrund steht für mich das Konzept. Die einzelnen Arbeiten sehe ich als bildnerische Ergebnisse oder Produkte meiner kognitiven Auseinandersetzung. Da sich diese permanent verändert und weiterentwickelt, arbeite ich mit den unterschiedlichsten Medien und Materialien, je nachdem, was mir für den jeweiligen Moment relevant oder passend erscheint. Der Titel „In Between – Irgendwo im Nirgendwo“ beschreibt zum einen den Ort dieser Welt, den es im Grunde nicht gibt, da er sich in allen Zwischenbereichen befindet, zum anderen aber auch den Zustand des Prozesses, den ich selbst als In Between empfinde.

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ENTSCHREIBUNG Den menschlichen Körper fand ich immer schon interessant. Aktzeichnen und Bewegungsstudien, bis es mir nicht mehr wichtig war, den Körper anatomisch richtig auf meinem Zeichenblatt zu platzieren. Ich sah auf einmal keine nackten Körper mehr, sondern die Bewegung der Körper und Linien, die durch die Bewegung und Nichtbewegung entstanden. Da fing ich an, von diesem Köper nur mehr die für mich spannenden Sequenzen mit Linien und Spuren aufs Blatt zu setzen. Auf dieser Suche traf ich auf Jean-Luc Nancy. In seinem Werk „Corpus“ fand mich das Wort „Entschreibung“ und sollte mich nicht mehr loslassen. Wie entschreibe ich einen Körper? Wie stelle ich Entschreibung dar? Bevor man etwas entschreiben kann, müsste man doch „schreiben“. Ich begann Körper zu malen, nur aus Linien bestehend oder vereinzelt aus Flächen. Schreiben rührt an den Körper, entlang der Grenze, die den Sinn des Einen von der Haut und den Nerven des Anderen trennt. Es entstanden Körper, die sich berühren, den anderen adressieren, ineinander aufgehen und voneinander verschlungen werden. Es ist nur mehr eine endlose Linie, den Strich, zersplittert über die Vielheit der Körper verteilt. Es wurde für mich wichtig, Vorhandenes durchzustreichen und Unsichtbares zu strukturieren. Es entstanden Schichten, die sich überlagern und dazwischen Dialoge und Ergänzungen. Nun war ich inmitten meiner „Entschreibung“: Körper weder Außen noch Innen. Eine Verschmelzung von Linien und Räumen. Der Körper wird Raum, entfernt sich von seiner Bedeutung und entschreibt sich. Für mich – Aufatmen, was bleibt ist ENTSCHREIBUNG.

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CHOU – Makronen Das Cooperate Design für eine Makronen-Bäckerei beinhaltet Logo-Entwicklung, Verpackungsdesign und die Gestaltung der Ladenfront. Das Konzept ist minimalistisch: dunkle Farben mit kräftigen Akzenten, weg vom verspielten Aussehen üblicher Bäckereien.

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Ohne Titel Wichtig ist mir, dass man Dinge sieht und den Menschen Beachtung schenkt. Meine Ausgangsidee war ein absurdes Puppentheaterstück und aus einer anfänglichen Schaukastenbühne entwickelte sich ein Tischschattentheater und zuletzt eine Legetrick-Animation. Ich war Regisseurin, Kamerafrau, Spielerin und Cutterin. Durch meine Geschichte wandert ein einsamer Mann in einer tristen Lage: Er ist obdachlos, aber er kann die Realität durch Fantasie bereichern. Tom Waits war meine Inspiration, ich habe versucht, die Stimmung seines Songs „Cold Water“ festzuhalten. Zunächst habe ich mit auf Folie gedruckten Fotos gearbeitet. Später wurden meine Vorstellungen präziser und ich wollte mit kleinen Objekten arbeiten. Nach Gesprächen mit Familie, Freunden und Lehrern entschloss ich mich zu einer Legetrick-Stop-Motion-Animation. Nach einer kurzen Einführung arbeitete ich wochenlang selbstständig in einer kleinen dunklen Kammer. Die Animation bot mir neue Möglichkeiten, darum entwickelte sich die Geschichte während der Arbeit. Der Arbeitsprozess hat mir Kraft und Energie gegeben!

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WillensKraft Jede Entscheidung, die wir treffen, prägt und leitet uns. Die meisten Entscheidungen treffen wir unbewusst. Unser Bewusstsein nimmt den Entscheidungsprozess nicht immer wahr. Je mehr Entscheidungen wir unbewusst treffen, umso leichter sind wir lenkbar. Die Wirkung, die uns zu Etwas zieht, ist erst änderbar, wenn man sich dessen bewusst wird. Unsere Sensibilität wird unter anderem von der zunehmenden Geschwindigkeit des Alltages vernebelt. Es bleibt uns einfach keine Zeit zum Wahrnehmen! Aber wenn wir diese Fähigkeit, uns selber zu entscheiden, uns selber zu lenken, abgeben, werden wir zu willensschwachen Körpern, die im Strom der Massen treiben. Die Arbeit WillensKraft behandelt diese Problematik mit Hilfe einer Rauminstallation, die in einem Kubus, also abgetrennt von anderen Arbeiten, ein abstraktes Bild präsentiert. Nähert man sich diesem, ist eine Wirkung zu verspüren, die zum Bild hinzieht. Wird diese Wirkung wahrgenommen, kann man entscheiden, ob man dem Druck nachgibt und sich führen lässt, ob mit eigener Kraft die eingenommene Position gehalten wird, oder ob man sich dem Druck widersetzt.

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Who we are – Sort of Wer wir sind und was wir tun – dies sind entscheidende Definitionspunkte im Prozess der Geschäftsidentitätsfindung. Hinsichtlich der Gründung eines eigenen Grafik-Design-Büros haben auch wir uns mit diesen Fragen auseinandergesetzt. An den Maßstäben einer klassischen Corporate Identity gemessen würde auf den folgenden Seiten ein Scheitern dokumentiert werden. Doch gerade aus der scheinbaren Nicht-Definition lässt sich eine Identität ablesen. Die Sammlung an Ideen, wie dem großen Anfang mit vielen kleinen Anfängen begegnet wird, lässt Rückschlüsse zu. Zwischen Überlegungen und Skizzen entstehen Zusammenhänge, spontane (und auch nicht immer ganz ernst gemeinte) Einfälle lassen auf die Persönlichkeiten dahinter schließen. Letztlich entsteht Raum für ein breiteres Selbstverständnis: Wer wir sind = was wir tun.

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FOUR SEVEN

Der Begriff Typografie umfasst verschiedene Bereiche. Früher verstand man darunter das Handwerk des Druckers, der mit Lettern aus einem Setzkasten in mühevoller Kleinarbeit einzelne Seiten zusammenstellte. In der Medientheorie steht Typografie für gedruckte Schriften in Abgrenzung zur Handschrift und zu elektronischen Texten. Heute ist Typografie ein Gestaltungsprozess, mit dem nicht nur geschriebene Informationen gemeint sind. Man muss sich nur die Vielfalt an Schriftsätzen anschauen, die heute erhältlich sind. Was kann man da noch verändern oder verbessern? Gibt es etwas, das noch nicht ausprobiert wurde? Trotz erheblicher Unterschiede in Form und Gestaltung, blieb die Bedeutung der einzelnen Buchstaben über Jahrhunderte erhalten. Daher wollte ich mich genauer mit dieser Materie befassen. Der Monat April mit seinen dreißig Tagen und seinem berüchtigten wechselhaften Wetter schien mir die passendste Zeit für mein Experiment. Jede Woche entstanden sechs unterschiedliche Schriften, indem ich mich jeden Tag aufs Neue von der Umgebung, dem bestimmten Ort und meinen Aktivitäten beeinflussen ließ.

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Farbräume Seit mehreren Jahren beschäftige ich mich mit FARBRÄUMEN. Es ist sozusagen mein Forschungsfeld, in dem ich mich bewege. Die Arbeit entsteht aus dem inneren Drang heraus, Farbräume zu schaffen. Auch aus einer Neugier heraus, etwas zu kreieren, absichtslos, ohne Vorstellung wie es ausschauen könnte. Meine eigentliche Arbeit besteht dabei im Betrachten dessen, was entsteht und im Treffen von Entscheidungen: gebe ich dem Gemalten Raum oder nehme ich ihn wieder zurück. Dabei untersuche ich die Ausdruckskraft und die Gesetzmäßigkeit der Farbe. Die Farbe lehrt mich und zeigt mir ihre Grenzen auf.

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Borderline – Persönlichkeitsstörung Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden unter emotionaler Instabilität, dem Gefühl wertlos zu sein und anhaltenden Ängsten. Sie befinden sich oft am Rande des Abgrunds. Die Symptomatik entsteht aufgrund psychischer Verletzungen in der Kindheit. Diese Vergangenheit wird durch einen Quader aus Gips dargestellt. Er ist durchzogen von Gewalt, Verletzungen, (sexuellem) Missbrauch, Vergewaltigung und innerer Leere. Die Metallstäbe und Rohre bohren sich durch die Welt des Kindes. Die Substanz der Kindheit ist grau und drückt einen Zustand zwischen Leben und Tod aus. Menschen mit Borderline-Erkrankung nehmen das Leben als Bedrohung und Kriegszustand wahr. Nach außen hin wirken diese Menschen oft sympathisch und dynamisch (Aluminiumspirale). Doch innerlich geht es ihnen schlecht, sie sind angespannt und depressiv. Impulsives und manipulatives Verhalten sowie Gewalt sind typisch. Die Gewalt und Aggression richtet sich nicht nur gegen andere, sondern auch gegen sich selbst.

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Dreamfetcher KAZ, ein ganz normaler Schüler wird jede Nacht von schrecklichen Albträumen heimgesucht, die ihm den Schlaf rauben. Als er versucht, sein großes Problem zu bewältigen, findet er sich in einer fremden Welt wieder. Der Junge ist in der Traumwelt gefangen. Eine Welt, die sich aus allen Träumen zusammensetzt, die jemals von allen möglichen Geschöpfen geträumt wurden. So startet der Held seine Reise ins Ungewisse. Findet Freunde und Gefährten. Bestreitet verschiedenste Gefahren und bekämpft Bösewichte, die nach Macht und Reichtum greifen. Dreamfetcher ist ein klassischer Battlemanga, der beweisen soll, dass auch Comics Kunst sein können.

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Eupha – Das Illustrationsbuch mit Manga Illustrationsbücher waren oft eine Quelle der Inspiration für mich. Schon seit Jahren habe ich sie gesammelt und bewundert. „Eupha“ umfasst jedoch mehr als nur Bilder. Ein Großteil des Buches besteht aus einem 15-seitigen Manga in traditionell japanischem Zeichenstil und japanischer Leserichtung. Es handelt von einem Jungen namens Marque, der eine besondere Fähigkeit besitzt, die in seiner Welt immer seltener wird. Doch viele Menschen wollen sich seine Fähigkeit zunutze machen, das lässt ihn zum Gejagten werden. Das Buch enthält die ersten 15 Seiten der Geschichte, in denen alle Hauptcharaktere vorgestellt werden. Andere Beiträge sind – zum Manga passend – kolorierte Illustrationen, die die technischen Möglichkeiten des Mediums aufzeigen.

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Straßen, die es nicht gibt Auf den ersten Blick sehen meine Bilder wie herkömmliche monochrome Fotografien von Straßen in Zentralperspektive aus. Die Fluchtpunkte und der ausgesparte Himmel lassen den Betrachter jedoch erahnen, dass es sich um Fotomontagen handelt. Es ist meine Absicht, den Betrachter zu täuschen und zu überraschen, um ihn anzuregen, sich die Bilder genauer anzusehen. Durch die Zentralperspektive und den niedrigen Horizont geht der Blick des Betrachters in die Tiefe. Man kann sich räumlich orientieren und das Bild fängt den Blick schließlich auf. Die Motive sind mal Altbauten (Zinshäuser), ein andermal Sozialbauten (Plattenbauten). Die Arbeit teilt sich in drei Prozesse: Orte suchen, frei aus der Hand fotografieren und – als intensivster Prozess – digital ein neues Bild erstellen. Ich verzichte auf Farben, Buntfarben würden ablenken und zerstreuen. Ein Farbbild hätte nicht denselben Irritationseffekt. Das Monochrome reduziert, konzentriert und sorgt für eine gewisse Strenge im Bild. Orte des Geschehens: Wien, Graz, Bratislava.

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Ohne Titel Ausgangspunkt meiner Arbeit ist die Aufbautechnik auf der Drehscheibe. Es handelt sich um eine sehr alte Technik, die ich auf der Fußdrehscheibe erarbeitet habe. Passend dazu verwendete ich schamottierten Ton. Die Haptik der Gefäßkörper spielt mit Gewicht und Oberfläche. Die Kante zwischen glatten und rauen Oberflächen verschiebt sich. Das Gewicht der Gefäße entspricht der Erscheinung: Ausladende Gefäße sind niedriger und wirken schwer. Hohe Gefäße bilden einen Gegenpol, büßen aber ihre Stabilität nicht ein. Die geglätteten Flächen sind mit glänzender Glasur unterstrichen, die rauen Partien bringen mit einer schwarzmatten Sinterengobe die steinähnliche Oberfläche zum Ausdruck. Die Vasenform beschreibt nicht zwingend ihre Verwendung, dem Betrachter bleibt überlassen, ob er in der Arbeit ein Produkt oder ein Objekt sieht. Die Entwicklung der Gefäßreihe ist abgeschlossen, die Selbstentwicklung meiner Arbeit beginnt jetzt.

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Chop Suey Es ist komisch mit der kreativen Freiheit. Man hat die Möglichkeit, zu tun, wonach es einem beliebt, jedoch neigt die Inspiration dazu, genau in diesem Fall fern zu bleiben. Im Sinne der Produktivität findet man sich mit der Auswahl überfordert. So stellt sich die Frage, welche Einschränkungen man sich gibt. Wo beginnt man, wie beginnt man, was ist das Ziel? Was ist die Motivation? In diesem Fall ist die Motivation (unser beider Motivation) die Diplomprüfung erfolgreich zu absolvieren. Langsam machen sich Panik und Zweifel in mir breit, ob wir rechtzeitig mit unserer Diplomarbeit fertig werden. Zum Konzept kann ich nicht viel sagen, bzw. nicht äußern, weil ich nicht so der Konzeptmensch bin. Wenn ich etwas mache, dann mache ich es aus einer Laune heraus, ohne mir darüber Gedanken zu machen, dass ich irgendwann erklären muss, warum ich es so getan habe. Klingt das halbwegs verständlich? Ja? Nein? Alex, übernimm bitte. Danke, Songhay. Alex hier. Dass du Sachen aus der Laune heraus tust, ist mir ein bekanntes Empfinden. Die meisten meiner kreativen Prozesse sind ähnlich. So hat sich bei mir in den letzten Jahren eine gewisse Angst ausgebreitet, wenn ich mir vorstelle, aus meinem kreativen Prozess eine Profession zu machen. Es bekommt meiner kreativen Person nicht gut, wenn sie durch zu viele Forderungen eingeschränkt wird. Meiner Erfahrung nach ist es zumindest so. Genau. Was mich so irritiert ist, dass wir außer der Diplomarbeit noch einen Konzepttext schreiben müssen, und dann noch einen fürs Jahrbuch. Ach ja, und die Palettengeschichte müssen/sollten wir auch noch machen. Dabei haben wir noch nicht mal ein Drittel unserer Arbeit fertig. Ich will jetzt nicht ausschweifend werden. Unsere Diplom-Animation lässt sich in einem Wort perfekt beschreiben: Chopsuey Es ist ein Mix an verschieden Techniken. Wir haben uns weniger auf den Inhalt, die Handlung, wenn man so will, konzentriert als auf die verschieden Animationstechniken, die wir anwenden. Oder was meinst du Alex? Den Titel Chopsuey könnten wir als Namen für die Animation angeben, weil es ein ziemlicher Mix werden wird. Wir haben einiges versucht. Diverse Herangehensweisen und Techniken, wie du erwähnt hast. Ob das Endprodukt das widerspiegeln wird, können wir zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Aber da wir von Anfang an eingesehen haben, dass es eine sehr prozessorientierte Arbeit wird und dieser Prozess auch prägend sein wird, ist dein Vergleich durchaus berechtigt. Ich denke, somit hat es sich. Mahlzeit. 22


Mobiles Sofa.Bett Obdachlosigkeit heißt nicht nur auf der Straße leben, sondern auch „sprachlos und unsichtbar“ zu sein. Mein Projekt soll Obdachlose „sichtbar“ machen. Die häufigsten Gründe für Obdachlosigkeit sind Scheidung, Arbeitsplatzverlust, Suchterkrankung oder psychische Probleme. Diese Umstände können uns alle treffen! Im Sozialprojekt „Mobiles Sofa.Bett“ in Zusammenarbeit mit Bewohnern von Vinzi.Bett, Notschlafstelle für obdachlose Menschen, geht es um die Herstellung eines mobilen Sofas für den öffentlichen Raum. Durch den Arbeitsprozess tragen die Bewohner zu ihrer Sichtbarkeit bei. Bewegung heißt Veränderung. Das Sofa besteht aus dreizehn Doppelpolstern, die man auf den Rücken schnallen kann. Im öffentlichen Raum kann man sie zu einer Sitzlandschaft kombinieren, die Obdachlose und Passanten einlädt, gemeinsam Platz zu nehmen und sichtbar zu sein. Gemeinsam mit Patrick Wally wurde der Arbeitsprozess und das Portrait eines Betroffenen dokumentiert.

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A world inside me The dreams in which I’m dying are the best I’ve ever had. Ein Kurzfilm über einen Raum aus meiner geistigen Welt, eine Geschichte meiner eigenen seelischen Entwicklung. Das wahre „ICH“ besteht aus zwei Patienten. Ein Patient namens Paranoia, ein anderer namens Zwangsstörung. Wenn der strahlende Sonnenschein und das Lächeln isoliert werden, entdecke ich erst, dass die Welt nicht nur aus extremer Hitze und extremer Kälte besteht. Ich schließe mich in einem engen, dunklen und stillen Raum ein. Tag und Nacht arbeite ich am PC. Löschen, neu zeichnen, löschen, neu zeichnen. Ab und zu rede ich mit mir selbst, hin und wieder lache ich wie ein Verrückter; mal bin ich still wie ein Grab, mal heule ich bis ich keine Kraft mehr habe. Ich bin kein Beschreibender oder Erklärender. Ich bin nur ein grenzlos Auslassender. Vielleicht rede ich eine Sprache, die nur ich verstehe; fühle eine Stimmung, die nur ich verstehe; vergieße meine Tränen über ein Mühsal, das nur ich verstehe. Wenn jemand all das verstehen würde, hätte es eine Bedeutung.

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KUNSTarmut In der Aktion geht es darum, die existenzielle und finanzielle Situation von Künstler/innen im öffentlichen Raum darzustellen. Der Begriff „KUNSTarmut“ kann in doppeltem Sinn verstanden werden: Einerseits als Synonym für Künstlerarmut, andererseits als eine Anspielung auf die mangelnde Präsenz von Kunst im öffentlichen Raum und auf den Kunstbegriff vieler Entscheidungsträger. Hundert Portionen Suppe werden in hundert handgefertigten Keramikschalen an Passanten verteilt. Jede Schale ist ein Einzelstück, 75 sind aus schwarz brennendem Ton und 25 aus weiss brennendem Ton. Im Inneren jeder schwarzen Schale findet sich eine Aussage zur finanziellen Lage der Kunstschaffenden, im Inneren jeder weißen Schale findet sich ein Zitat einer/s bekannten Künstler/in aus Österreich. Die Anzahl der schwarzen sowie weissen Schalen bezieht sich auf den Prozentsatz der Kunstschaffenden in Österreich, die nicht von der Kunst leben können (75% schwarz) sowie jene, die begrenzt in der Lage sind, von der Kunst zu leben (25% weiss). www.flora.szurcsik.com

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Leben Am Himmel tauchen neue Inseln auf, deren Restteile ein großes Erdbeben auf Japan auslösen. Normalerweise passiert so etwas nur einmal jährlich, aber diesmal geschieht es zum zweiten Mal. Viele sind dabei ums Leben gekommen und nur wenige konnten von den Juunishis gerettet werden. Die Geschichte „Juunishi“ handelt von einem jungen Mann, namens Rintarou Mochizuki, der seine Frau und Tochter durch diese schreckliche Tragödie verliert. Eines Tages taucht plötzlich vor Rintarou eine Box auf, über die viele Gerüchte verbreitet wurden, doch nur wenige haben sie je zu Gesicht bekommen. Die Box kann Wünsche erfüllen, aber dafür muss man einen bestimmten Preis bezahlen. Was für ein Geheimnis verbirgt sich hinter dieser Box? Bringt Hoffnung und Glaube nichts mehr, dann hilft nur noch eines: Wünschen. Die Geschichte ist in einem japanischen Comic-Stil verfasst und wurde mit Tusche und Rasterfolie auf ein B4 Format gezeichnet. Sie wird von hinten nach vorne und von links nach recht gelesen. Dazu entstand eine Animation aus Skizzen, in der die Geschichte digital dargestellt wird.

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Chinagirl Tile Writing a book is not easy if you try to write a book about an ominous Austrian Street Artist: “There are those little voices in your head, who tell you to do crazy stuff.” I trusted these voices, and followed them down the rabbit hole. There I got caught in the weird kingdom of Street Art, Graffiti and Tiles. Now I’m back and in return for a year of work I brought the “Chinagirl Tile” book. Caroline Taschler THE TILES PROJECT I’m not sure when it all exactly started but at some point when I was walking through the streets of the city a thought struck me: “There is actually no one who works exclusively with clay and porcelain on the streets!” The tiles project started with small slip cast made tiles spreading through the cities. Unlike graffiti the tiles don’t disappear if you paint them over, they become part of the new artwork. The tiles project quickly evolved to be a worldwide project. But it didn’t stop in the cities, it grew outside them. Unlike classic street art there is no limit of where the tiles can appear. The tiles project is ongoing. Chinagirl Tile

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Wirklich ich Was Kunst ist und was eben nicht Material: Über 200 Zeichnungen, Druckerpapier in DIN A4, Blei-, Bunt- und Faserstifte, Kugelschreiber und Aquarellfarben. Ein Kunstwerk in Stahlkubus, Seitenlänge (des Würfels) 50 cm, zusammengeschweißt aus sechs Stück Eisenplatten, je 2 cm stark. Ausgehend von Schwierigkeiten mit der Kunstwelt und der Bitte „Zeichne mir ein Schaf“ aus Saint-Exuperys „Der kleine Prinz“ entstand der Gedanke, mich an Kunst heranzuwagen: Was ist Kunst und wo muss die Grenze zu allem Anderen gezogen werden? In der Mitte des 5 × 5 m großen Ausstellungsraumes steht auf einem Sockel der 50 × 50 cm große Eisenwürfel, der das einzige, jemals von mir geschaffene Kunstwerk beinhaltet. Das Kunstwerk wird durch seine Unsichtbarkeit zum schönsten Vorstellbaren. Damit die Betrachter die hohe Kunst erkennen, ist der Würfel von Werken umgeben, die keine Kunst sind. Ein Zertifikat bietet dem potentiellen Käufer Gewissheit darüber, dass er mit dem Erwerb das gesamte Früh- und Spätwerk des Künstlers erhält. Diese Investition hat natürlich ihren Preis. 28


Letzte Worte An alle Wegbegleiter Gruppenleiter und I-Punkt-Reiter An alle Motivationszusprecher Sturkopfbrecher und Wahlpflichtfächer An alle Strahleg’sichter Krisenlichter und Illusionsvernichter An alle Frohgemüter Ordnungshüter und Bildungsgüter An alle die stets ehrlich war’n Auf unsrem Weg der Achterbahn – bergab bergauf im Dauerlauf zur Tür hinein und wieder raus Dankeschön; Vorbei und aus! Magdalena Fasching 29


Die Wiener Kunstschule Die Wiener Kunstschule ist eine Aus- und Weiterbildung für bildende und angewandte Kunst. Sie bietet ein vierjähriges Studium in den Werkstätten für Bildhauerei, Comic, Grafik Design, Graphik, Keramik und Produktgestaltung, Malerei & prozessorientierte Kunstformen, DesignUndRaum und Animation/Film sowie eine Interdisziplinäre Klasse. Lehrveranstaltungen in „Wissen und Reflexion“ unterstützen bei Rezeption und Reflexion von künstlerischen, kulturellen, sozialen und politischen Diskursen aus Geschichte und Gegenwart. Ergänzend dazu „Labor“ Angebote zur Erweiterung der technischen, organisatorischen und inhaltlichen Ausdrucksmöglichkeiten. Das Studium an der Wiener Kunstschule schafft Raum für Experimente, Kommunikation und die gezielte Aneignung traditioneller und neuer künstlerischer Techniken und Medien. Das Lehrendenteam fördert Individualität, interdisziplinäres Arbeiten und selbstständige Initiativen. Entsprechend den Veränderungen in den kreativen und künstlerischen Berufsfeldern hat die Wiener Kunstschule ihre Fachbereiche stetig weiter entwickelt. Die Wiener Kunstschule ist eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht und schließt mit Diplom ab. Das macht sie zur einzigen österreichischen Aus- und Weiterbildungsstätte, in der eine spezialisierte Berufsvorbereitung in künstlerischen Fächern mit einem Diplom abschließt. AbsolventInnen der Wiener Kunstschule werden vom Gesetzgeber als KünstlerInnen anerkannt. Die AbsolventInnen der Wiener Kunstschule sind gefragt. Mit eigenständigen künstlerischen Positionen, Projekterfah30

rung, Kenntnissen in unterschiedlichsten kreativen Techniken sind sie in unterschiedlichsten Kultur- und Kreativbranchen tätig. Der Zugang zum Studium ist für alle Interessierten ab 17 Jahren offen. Nach einem Orientierungsjahr entscheidet eine kommissionelle Prüfung über die weitere Studienzulassung. Im zweiten Studienabschnitt erfolgt eine Spezialisierung auf einen der neun Fachbereiche. Durchschnittlich 200 Studierende und derzeit 40 Lehrbeauftragte bestreiten das Studienjahr. Jährlich schließen etwa 20 bis 30 AbsolventInnen die Wiener Kunstschule mit einer kommissionellen Prüfung ab. Öffentliche Veranstaltungsreihen, Ausstellungen an wechselnden Orten, zahlreiche Kooperationen im Kultur-, Bildungs-, Jugend-, Sozialbereich und Unternehmen machen die Wiener Kunstschule zu einem lebendigen und kommunikativen Ausbildungsort innerhalb der Wiener Kunstszene. Der Trägerverein (Schulerhalter) der Wiener Kunstschule hat Ende September 2013 die Schließung mit voraussichtlich Ende 2014 beschlossen. Ausschlaggebend sind fehlende neue Finanzierungspartner und der bereits seit längerem angekündigte Rückzug des wichtigsten Fördergebers (Stadt Wien, MA 13 – für Bildung und außerschulische Jugendbetreuung). 2014 feiert die Wiener Kunstschule – gegründet 1954 von Prof. Gerda MatejkaFelden – ihr 60. Jubiläum … Fortsetzung folgt??? Nicoletta Blacher, Direktorin


Danksagung Ohne die großartige Unterstützung von vielen Personen, Organisationen und Fördergebern wären die diesjährigen Ausstellungen der DiplomandInnen nicht möglich gewesen. Dafür wollen wir uns bei allen Beteiligten sehr herzlich bedanken. Dank an die Blumengärten Hirschstetten, insbesondere Mag. Alexandra Löff, Eva Wegerth und Andreas Zeinzinger. Die Aktion im Museumsquartier wurde von esel.at unterstützt und Dank auch an die NutzerInnen und MitarbeiterInnen der VinziRast. Dank an alle Lehrenden der Wiener Kunstschule und speziell den Lehrbeauftragten für das DiplomandInnenseminar Agnes Peschta und Martin Nimmervoll, die die Ausstellungsentwicklung und Realisierung begleitet haben. Magdalena Fasching (Diplomandin) und Andrea Atzmüller (Standortkoordination), die mit viel Geduld die Beiträge „gesammelt“ haben. Das Team Grafik Design für die Unterstützung bei der Gestaltung der Drucksorten.

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Impressum Für den Inhalt verantwortlich: Wiener Kunstschule, Nicoletta Blacher (Direktion) Texte zu den Einzelarbeiten von den DiplomandInnen; Redaktion: Tom Waibel Konzept und Gestaltung: Bettina Zurowetz – Studierende Werkstätte GrafikDesign Fotos: © Wiener Kunstschule (Nikolaus Korab und DiplomandInnen) Wiener Kunstschule Nobilegasse 23-25 | 2. Stock, 1150 Wien Lazarettgasse 27, 1090 Wien Telefon +43/676/533 70 27 wiener@kunstschule.at www.kunstschule.at

5. Bezirk

17. Bezirk


Jahrbuch 365/13 Sieben Studierende der Werkstätte Grafik Design entwickelten ein Konzept für eine Publikation die fünf einzelnen Bücher mit eigenständiger Gestaltung zu einen Jahrbuch zusammenfasst. Verbindende Elemente sind der Titel, der schwarze Punkt (Logo der aus der Wiener Kunstschule gewachsenen school of subversion) und eine Banderole die aus Restbeständen einer Zeitungsbeilage produziert wurde. VISUELLES KONZEPT, LAYOUT UND TECHNISCHE AUSARBEITUNG:

Marcus Balogh, Nella Bobo, Rudolf Fitz, Christine Julius, Johanna Moyses, Patricia Schwarz und Bettina Zurowetz

© Foto Patricia Schwarz



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