GAP YEAR
Jugend als Möglichkeitsraum Warum ist ein Gap Year (sinnvolle Auszeit zwischen zwei Lebensabschnitten) gerade in der Adoleszenz wichtig? Das Jugendalter ist eine Zeit des Umbruchs, der Neuorientierung und markiert den Übergang in das Erwachsenenalter. Kaum ein Lebensabschnitt wird gemeinhin derart bildhaft und beschönigend dargestellt wie die Jugendzeit. Erwachsene denken mitunter verklärend an ihre eigene Jugend zurück und idealisieren in der Retrospektive ihre Erinnerungen an damals. Jugendliche wiederum träumen oftmals davon „endlich erwachsen zu sein“ und die Jugendzeit schnellstmöglich hinter sich zu lassen. Dabei ist gerade die Jugend ein essenzieller, grenzüberschreitender Möglichkeitsraum, der zahlreiche Chancen und Optionen zur Persönlichkeitsentwicklung, Entfaltung und Selbstfindung bietet. Jugend als Möglichkeitsraum kann neue Horizonte eröffnen, innovative Erfahrungen befördern und beim Kennenlernen, Ausformulieren und schließlich Realisieren der eigenen Wünsche helfen. Eine gute Möglichkeit hierfür ist ein sogenanntes Gap Year. Ein Gap Year ist eine Phase der Auszeit zwischen zwei prägenden Lebensabschnitten, meist nach dem Abitur und vor dem Beginn einer Ausbildung, eines Studiums oder
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zum Beispiel Nr. 3/2020
dem Eintritt in die Berufswelt. Ein Gap Year bedeutet zudem, den bisherigen Lebensweg zeitweise zu verlassen, ungeläufige Wege einzuschlagen und neue Interessen zu entwickeln. Gerade in neoliberalen Zeiten der Selbstoptimierung ist es insbesondere für einen jungen Menschen essenziell, seine Perspektive zu erweitern, sich seiner Mitmenschen und der Umwelt zu besinnen, aber gleichzeitig auch auf die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu fokussieren. Auch am zeitweiligen „Nichtstun“ ist nichts auszusetzen, schließlich gehört, wie Stefan Zweig schreibt, auch die Pause zur Musik. Wie wichtig eine solche Auszeit ist, zeigt bereits ein kurzer Blick auf den strukturierten Tagesablauf vieler Jugendlicher: Der Alltag, die Freizeit und sogar der weitere Lebens(ver)lauf scheinen detailliert vorgeplant und vorstrukturiert zu sein. Neben den eigenen und den familiären Erwartungen und Hoffnungen, geben auch die Institutionen, in die Jugendliche eingebunden sind, „ideale“ oder „reguläre“ Lebensverläufe vor. So steht in den Curricula der Bildungseinrichtungen akribisch festgeschrieben, welche Anforderungen und Kriterien erforderlich