Die Wahl des Präsidenten

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DIE

WAHL DES

PRÄSIDENTEN

2016 Wie Donald Trump eine Revolution orchestrierte Roger Stone

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DIE WAHL DES PRÄSIDENTEN 2016 Roger Stone

Deutsche © Rechte 2018: jim Humble Verlag Erste Ausgabe August 2018 Copyright deutsche Ausgabe© 2018 –Jim Humble Verlag Das Neue Licht / Jim Humble Verlag Postbus 1120, 6040 KC Roermond, Nederland Aus dem Englischen Übersetzt. Ursprünglicher Titel: MAKINGof the PRESIDENT 2016 – How Donald Trump Orchestarted a Revolution. Copyright © 2017 by Roger Stone. Skyhorse Publishing, 307 West 36th Street, 11th Floor, New York, NY 10018

ISBN: 9789088791772

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DANKSAGUNG

Präsident Richard M. Nixon gewidmet, der zuerst das Potential von Donald Trump erkannte, Führer der Freien Welt zu werden. Ebenfalls Juanita Broaddrick gewidmet - einer tapferen Frau, die offen darüber sprach, dass sie von Bill Clinton sexuell belästigt und unter Druck gesetzt wurde, darüber zu schweigen. Dieses Buch widme ich auch Dr. Jerome S. Corsi, Mentor, Kollege und einem der tüchtigsten investigativen Reporter der heutigen Zeit. Mein Dank gilt ebenfalls Dr. Eric Paddon, Christopher Cox, Kevin Ryan, Jacob Engels, Saint John Hunt, Michael Caputo, A. Gore Vidal, Randy Short, John Kakanis, Tyler Nixon, Kate Koptenko, Milo Yiannopoulous, Matthew J. Boyle, Matt Drudge, Alex Jones, Stephen K. Bannon, David Urban, Ed McMullen, Susie Wiles, Matt Labash, Tucker Carlson und Laury Gay. Außerdem widme ich dieses Buch meiner Mutter, die 2016 im Alter von 95 Jahren verschied. Wenn Sie Tony Sopranos Mutter Olivia kennen, dann können Sie sich auch meine sizilianische Mutter vorstellen. Sie sagte, dass Hillary Clinton eine „Kriminelle und eine Lügnerin“ sei. Ich bedaure nur, dass sie es nicht mehr erleben konnte, dass Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde. Auf meiner Hochzeit hatte sie mit ihm getanzt. Und nicht zuletzt widme ich dieses Buch meiner Frau Nydia, einer Frau von unendlicher Geduld und Weisheit. Roger Stone New York City


INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort - The Trumpster Trumps erster Versuch ins Weiße Haus zu kommen Hillarys Kartenhaus

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Teil 1 - Wie Donald Trump sich die Nominierung durch die Republikanische Partei sicherte 1. Trump gegen die Eliten 2. Erste Runde: Kandidatendebatte bei der Republikanischen Partei 3. Zweite Runde: Bei den Vorwahlen der Republikaner wird Trump gewählt

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Teil 2 - Wie Hillary Clinton sich der Nominierung durch die Demokratische Partei bemächtigte 4. Bernie Sander (der alte Sozialist) fordert Hillary Clinton (die voraus sichtliche Präsidentin) heraus 5. Erste Runde: Hillary erklärt ihren Sieg über Sanders 6. Zweite Runde: Hillary greift Trump an

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Teil 3 - Wie Trump das Weiße Haus gewann 7. Die Auswahl der Vizepräsidentschaftskandidaten und die nationalen Nominierungskonvente 8. Die Debatten der Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftsanwärter 9. Abschließende Argumente

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Schluss: Trump siegt Anhang A Anhang B Endnoten

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VORWORT The Trumpster __________________________________________________________

Am 8. November 2016 wurde Donald John Trump zum fünfundvierzigsten Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Das war eine einmalige Leistung, die nur mit dem Talent, der Energie und dem Instinkt von Donald Trump erklärt werden kann. Trumps Gewalttour durch acht Staaten während der letzten Tage der Wahl war die größte Leistung seit 1948, als Präsident Harry S. Truman mit dem Zug durch das Land raste und dabei alle Geschwindigkeitsvorschriften der Eisenbahn ignorierte. Er hielt sechs oder sieben Reden pro Tag und sicherte sich damit seinen Sieg über den New Yorker Gouverneur Thomas E. Dewey. Die Energie, die Trump aufbringen musste, um dies alles durchzustehen, war schier übermenschlich. Es besteht überhaupt kein Zweifel, dass dieser Endspurt durch Wisconsin, Michigan und Pennsylvania ihm schließlich den Sieg beschert hatte, den Hillary Clinton schon etwas voreilig gefeiert hatte. Die Wahl von 2016 war die erste, bei der die Leitmedien ihr Monopol auf die politische Berichterstattung in den Vereinigten Staaten verloren hatten. Die alternativen Medien, die immer mehr an Boden gewinnen und deren allgemeines Niveau der Berichterstattung dem der großen Fernseh- und Kabelkanäle überlegen ist, werden von immer mehr Wählern als Informationsquelle genutzt. Trumps geschickter Umgang mit den konservativen Medien wie The Daily Caller, Breitbart News, WND.com und InfoWars machte Trump zum ersten Präsidentschaftskandidaten, der diese enttäuschten und dennoch hochmotivierten Amerikaner effektiv ansprach. Gleichzeitig eiferte er Nixon mit seinen erbarmungslosen Angriffen auf die Medien nach, die er als „unfair“ und „unehrlich“ bezeichnete. Sowohl Nixon als auch Trump nutzten die Ressentiments der voreingenommenen Medien, die von ihren Unterstützern so sehr gehasst wurden. Trumps Bereitschaft, die Medien, die ihn angriffen, offen herauszufordern, sorgte dafür, dass diese einigermaßen ehrlich in ihrer Berichterstattung über seinen

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Wahlkampf bleiben mussten, aber die gnadenlosen Attacken der Kabelsender waren schlimmer als alles andere, was ich bei den früheren Präsidentschaftswahlkämpfen erlebt habe, bei denen ich mitarbeitete. Die Medien ließen jeden Anschein von Objektivität fallen. Ihre Motive und Taktiken waren offensichtlich. Das meiste davon waren Schüsse, die nach hinten losgingen. Die amerikanischen Wähler haben endlich begriffen, dass das politische Establishment unter einer Decke steckt und dem amerikanischen Volk viele Tatsachen vorenthält. Sie glauben den Medien einfach nicht mehr. Donald Trump ist sein eigener Stratege, Wahlkampfmanager und Taktiker. Dass er gegen alle Erwartungen gewählt wurde, hat er sich selbst zu verdanken. Ich bin wirklich froh, dass ich dabei sein durfte. Ich wollte schon 1988, dass er sich um die Präsidentschaft bewirbt. Als sein Berater arbeitete ich bereits seit dem Jahre 2000 als Vorsitzender seines Wahlkomitees. Auch als er 2012 überlegte, sich um die Kandidatur zu bemühen. Ich habe mit Trump in der Trump-Organisation, dem Trump Shuttle, den Trump Hotels & Casino Resorts gearbeitet, sowie bei verschiedenen politischen Sondierungen – über einen Zeitraum von vierzig Jahren. Er ist wahrscheinlich der geschickteste Verkäufer in der Geschichte der USA. Trump ist vom Geist des Unternehmers und der ansteckenden Begeisterung eines Geschäftsmannes beseelt, der gern Geld verdient und als Gewinner auftritt. Trump führte den ersten modernen Wahlkampf, der ganz und gar von Kommunikation bestimmt war. Er vermied dabei teure Werbezeit im Fernsehen, komplizierte Analysen und all die üblichen Mittel, die bei modernen Präsidentschaftswahlkämpfen angewandt werden. Gleichzeit konzentrierte man sich bei Trumps Wahlkampf auf eine „set-piece rally“, wie man es schon bei Nixons Wahlkämpfen gemacht hatte. Dass Trump als der Kandidat der „schweigenden Mehrheit“ und der vergessenen Amerikaner auftrat, als der Mann, der für Recht und Ordnung eintrat und sich auch für den Frieden einsetzte, war sicher kein Zufall. Trumps Wahlkampf erinnerte sehr an den von Nixon. Nixon verstand, dass es bei der Politik um große Fragen, Konzepte und Themen geht und dass sich der Wähler nicht für winzige Details interessieren würde. Würde er das doch tun, wäre Newt Gingrich wohl Präsident geworden.

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Obwohl es gewisse Ähnlichkeiten zwischen dem Wahlsieg von Ronald Reagan in den achtziger Jahren und dem Aufstieg Trumps zum Präsidenten gibt, handelt es sich bei der Wahl Trumps nicht um einen ideologischen Sieg. Es geht hier mehr um den Wunsch nach einer kompetenteren Regierung. Ebenso wie Nixon ist Trump eher pragmatisch. Er interessiert sich mehr dafür was funktionieren wird und nicht so sehr für reine Philosophie. Er hat es satt, mit ansehen zu müssen wie Amerika ständig verliert. Er ist genau der Ansporn, den das Land braucht. Ebenso wie Trumans Wahlkampf mit der Eisenbahn, wurden die Wahlveranstaltungen von Trump zum Mittelpunkt des gesamten Wahlkampfes - unterstützt von den Kabelsendern, die seine Reden rund um die Uhr übertrugen. Er zog enorme Mengen von Zuhörern an. Das Publikum hielt ihn für witzig und authentisch. Sein bewährter Presseagent Hope Hicks verschaffte ihm so viele Exklusivinterviews wie möglich. Es gab Zeiten, da man nicht den Fernseher einschalten konnte, ohne Trump zu sehen und zu hören. Natürlich taten die Kabelsender das wegen der Einschaltquoten. Bei den Leuten kam sehr gut an, dass man merkte, dass Trump seine Auftritte nicht vorher geprobt hatte. Die meisten fanden ihn erfrischend und authentisch. Ich habe Donald Trump durch Roy Cohn kennengelernt, einem bekannten Anwalt, der Prominente und Leute der Mafia vertritt. Er hatte Trump bereits vertreten, als dieser noch ein junger Immobilienmogul war. 1979 arbeitete ich bei Ronald Reagans Präsidentschaftswahlkampf in New York und anderen Staaten im Nordosten mit. Mir wurden mehrere Visitenkarten von angeblichen Freunden von Gouverneur und Mrs. Reagans „Freunden in New York“ überreicht. Unter ihnen war eine von Roy M. Cohn, Esq. mit der Anwaltskanzlei von Saxe, Bacon and Bolan. Ich rief Cohns Kanzlei an, um einen Termin zu vereinbaren. Als ich in Cohns Anwaltskanzlei auf der Upper East Side eintraf, musste ich ungefähr eine Stunde im Wartezimmer auf ihn warten. Man sagte mir, dass ich mich in den Speisesaal im zweiten Stock begeben solle, wo Mr. Cohn mich empfangen würde. Er trug einen Hausmantel aus Seide. Seine Schlafzimmeraugen waren blutunterlaufen. Wahrscheinlich hatte er eine ziemlich feuchtfröhliche Nacht hinter sich. Neben ihm saß sein Klient - ein untersetzter Mann. Sie hatten vermutlich eben eine Besprechung.

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„Darf ich Ihnen Tony Salerno vorstellen?“, sagte Roy. Da traf ich doch tatsächlich „Fat Tony“ Salerno - das Oberhaupt einer genuesischen Mafiafamilie. Im Oktober 1986 beschrieb die Zeitschrift Fortune den fünfundsiebzigjährigen Salerno als den „Gangster mit der meisten Macht, dem größten Einfluss und dem größten Vermögen.“ Es ist wahr, dass Donald Trump als Bauunternehmer in New York Beton bei einer Firma kaufte, die von Salerno kontrolliert wurde. Aber im Staat und in der Stadt New York kauften die meisten großen Bauunternehmer ihren Beton bei der Firma, weil sie ein ausgezeichnetes Verhältnis zu den Gewerkschaften hatte. Die Firma besaß praktisch ein Monopol auf Beton. Der Staat und die Bundesregierung gehörten zu ihren größten Abnehmern. Das Unternehmen besaß eine ordnungsgemäße Lizenz, um Geschäfte im Staat New York zu machen. Als Salerno gegangen war, kamen wir gleich zur Sache. Ich bat Cohn, Gouverneur Reagan im Staat New York zu unterstützen. Roy war eigentlich Mitglied der Demokraten und Sohn eines legendären Tammany-Richters1*. Er verfügte über einen ziemlichen Einfluss in der Demokratischen Partei in New York. Vor Gericht war er wegen seiner Aggressivität so gefürchtet, dass die meisten Kläger sich sofort mit einem Vergleich einverstanden erklärten, wenn sie hörten, dass Cohn die Gegenpartei vertrat. Trump machte sich diese Eigenschaft zunutze und nahm Roy zu einem Anwalt. „Wie kann ich Ihnen helfen, mein Sohn? Dieser Jimmy Carter ist eine Katastrophe. Ich habe schon Stanley Friedman und Meade Esposito gesagt, dass dieser Erdnussfarmer nicht viel taugt. Ronnie und Nancy sind Freunde von mir, die ich schon in den fünfziger Jahren kennengelernt habe, als ich für Joe McCarthy arbeitete, diesen dämlichen versoffenen Hundesohn. Ronnie stellte sich gegen die Kommunisten in Hollywood und war ein persönlicher Günstling von J. Edgar Hoover.“ Ich erzählte Cohn, dass ich die Absicht hätte, ein Finanzkomitee aufzustellen und ein Hauptquartier zu mieten. Außerdem wollte ich Telefone installieren und eine Petition starten, um die Delegierten von Reagan auf die Wahlliste der New 1 Tammany Hall war eine politische Seilschaft in New York, die 1786 als Tammany Society gegründet wurde. Der Name leitet sich von ihrem Tagungsort ab, der Tammany Hall. Sie war die Organisation der Demokratischen Partei in New York City und kontrollierte über Jahrzehnte hinweg die Politik in der Stadt. Der Name Tammany gilt bis heute als Synonym für politische Korruption. - d.Ü.

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Yorker Republikaner für die Vorwahlen zu setzen. Cohn starrte für einen Augenblick aus dem Fenster und sagte dann plötzlich: „Was Sie brauchen, ist Donald Trump. Kennen Sie Donald Trump?“ Ich sagte ihm, dass ich ihn nur aus der Regenbogenpresse kennen würde. Cohn erwiderte, dass er unverzüglich für ein Treffen mit Trump sorgen würde. Natürlich wäre er sehr beschäftigt und könnte mir nur ein paar Minuten widmen. Roy sagte mir auch, dass er nach Queens gehen müsste, um sich mit Donalds Vater Fred zu treffen. „Fred ist ein enger Freund von Barry Goldwater und hat konservative und republikanische Kandidaten immer sehr großzügig unterstützt. Ich bin sicher, dass er Reagan mögen wird.“, sagte der Anwalt, den man bereits zweimal angeklagt hatte. Ich folgte Cohns Rat und besuchte Donald Trump. Zur festgesetzten Zeit führte mich Norma Foederer, Trumps langjährige Assistentin, in Trumps Büro. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mr. Trump.“, sagte ich. „Bitte nennen Sie mich Donald.“, sagte der Mogul mit einem Lächeln. Trump interessierte sich ebenso für Politik wie er sich für Sport interessierte. Er war sehr geschickt im Umgang mit Wahlspenden und beschäftigte im Lauf der Jahre eine Reihe von Lobbyisten. Er verachtete Jimmy Carter. Und George Bush bezeichnete er als einen Blindgänger. „Wissen Sie, Reagan hat das richtige Aussehen.“, sagte er. „Manche Leute haben das richtige Aussehen. Sinatra, John F. Kennedy. Und eben Ihr Mann, Reagan. Die Menschen verlangen nach einem starken Führer. Und Carter ist eben sehr schwach.“ Trump stellte mir einige Fragen über meine Arbeit und erklärte sich dann einverstanden, das Finanzkomitee für Reagan zu unterstützen. Zusammen mit seinem Vater spendete er 100.000 Dollar. Sobald ich mir die Unterstützung von Trump gesichert hatte, hörte ich ständig von ihm. Er wollte allzeit über die neuesten Umfragen Bescheid wissen, sowie über die Umfragewerte von Reagan und Carter in einigen Staaten im Westen und Süden. Trump unterstützte uns dabei, als wir ein ehemals großartiges aber heute etwas schäbiges Gebäude in der 52. Straße in der Nähe des 21 Clubs mieteten.

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Das alte Sandsteingebäude war zu seiner Zeit ein prächtiger Bau gewesen. Aber irgendwann in den siebziger Jahren wurden daraus Büroräume gemacht. Schließlich wurde es völlig vernachlässigt. Es war mit hässlichen grünen Teppichböden ausgelegt und mit den hässlichsten Trennwänden versehen. Vorteilhaft waren hingegen der sehr große Konferenzraum und die vielen kleineren Räume, in denen freiwillige Helfer Briefumschläge zukleben oder Telefongespräche mit potentiellen Wählern führen konnten. Es verging nicht ein Tag, an dem nicht eine Ratte über meinen Tisch lief. Gleichzeitig war die Lage wirklich ideal. Der 21 Club war Roy Cohns Klubhaus. Und auch Donald Trump hielt sich gerne hier auf. Eines Tages kam nach dem Mittagessen der Varieteekünstler George Jessel vorbei. Ein Fotograf von der New York Times machte ein Bild von mir, dem etwas abgehalfterten Komödianten und einem strahlenden George L. Clark, dem Parteivorsitzenden der Stadt New York, der Reagan bereits unterstützt hatte, als dieser 1976 den amtierenden Präsidenten Gerald Ford herausgefordert hatte. Republikanische Führungspersönlichkeiten von New York hatten Trump schon öfters bekniet, sich um den Posten des Gouverneurs oder als Bürgermeister zu bewerben. Im Jahre 2006 überredete zum Beispiel der republikanische Abgeordnete des Staatssenats von New York - der etwas hinterhältige Joe Bruno - der Unabhängigen Partei des Staates New York zu verkünden, dass sie Donald Trump bei einer Kandidatur unterstützen würden, falls er sich um die Nominierung durch die Republikaner bemühen würde. Es war eine ziemlich heiße Geschichte, bis Donald Trump die Gemüter abkühlte. „Ich war immer der Meinung, dass er die Sache noch einige Zeit hätte kochen lassen sollen.“, sagte Bruno, „aber jetzt weiß ich, dass die Aufgabe für ihn zu klein war … 2016 war für ihn der ideale Zeitpunkt, um sich um die Präsidentschaft zu bemühen. Da konnte er sich die weit verbreitete negative Stimmung der Wähler zunutze machen, die total frustriert waren und davon überzeugt, dass das System gegen den kleinen Mann arbeiten würde. Natürlich ist er manchmal ein wenig grob, aber bei den Wählern kommt das gut an. Es ist so, als ob er seinen Daumen ins Auge des Establishments drücken würde, welches das Land in Grund und Boden gewirtschaftet hat.“, sagte der ehemalige Preisboxer. Donald hat einen sehr trockenen Humor. Es macht Spaß, ihm zuzuhören. Er hatte schon immer ein Auge für weibliche Schönheit. Und er besitzt denselben sicheren Blick für Architektur. Donald bevorzugt riesige Gebäude mit klaren Linien, eine Menge Messing und großer Beschilderung. Seine Standards gehen

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immer weit über die normalen Industrienormen hinaus, und er unterhielt immer gute Beziehungen zu Gewerkschaften, was in New York City, das stark von den Demokraten beherrscht wird, sehr wichtig ist. Trotz der etwas protzigen Aufmachung seiner Gebäude hat Donald Trump nichts Anmaßendes an sich. Er mag Fleischkäse, Cheeseburger und Diät Cola. Ständig schaut er die Kabelnachrichten. Während das übrige Land sich möglicherweise von seinem Genie täuschen lässt, weiß ich, dass er sich den Slogan „Make America Great Again“ nur wenige Tage nach der Niederlage von Romney zusammen mit dem US-Patentamt ausgedacht hatte. Am Neujahrstag 2013 erzählt er mir, dass er sich 2016 um die Präsidentschaft bemühen würde. Als ich ihn darauf hinwies, dass einige Leute in den Medien sehr skeptisch wären, ob er tatsächlich kandidieren würde, weil er ja bereits mehrere Male so etwas angekündigt hätte.“, antworte er: „Das wird sich schon geben, wenn ich tatsächlich meine Kandidatur verkünde.“ Und das tat er dann auch. Präsident Donald J. Trump! Ich mag, wie sich das anhört. Aber ich fand diese Idee ja schon 1987 ziemlich gut. Ich konnte die Idee, dass Donald Trump sich um die Präsidentschaft bewarb, nicht für mich in Anspruch nehmen, denn sie stammte eigentlich von einem Mann, der selbst einmal Präsident war. Es war Richard M. Nixon, der zuerst das Potential erkannte, das in Donald Trump steckte - die Fähigkeit, es bis ins Weiße Haus zu schaffen. Ich unterhielt enge Kontakte zum ehemaligen Präsidenten, nachdem ich damit beauftragt wurde, ihn wöchentlich über den Stand von Ronald Reagans Kampagne gegen Jimmy Carter zu unterrichten. Nixon traf Trump in George Steinbrenners Loge im Yankee Stadium und war sofort von ihm beeindruckt. „Ihr Mann ist der Richtige.“, sagte mir Nixon bei einem unserer regelmäßigen Telefongespräche am Samstagmorgen, bei denen ich ihn über die neuesten politischen Entwicklungen und Gerüchte auf dem Laufenden hielt. Nixon schrieb an Trump, dass seine Frau ihn einmal in der Phil Donahue Show gesehen hätte. Sie war der Meinung, dass, wenn er sich jemals um ein politisches Amt bemühte, er mit Sicherheit gewinnen würde. Das war typisch für Nixon. Er übertrug seine eigene Einstellung einfach auf seine Frau.

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„Ich habe die Sendung nicht gesehen, aber meine Frau hat mir gesagt, dass Sie großartig waren.“, schrieb Nixon an Trump (und unterstrich das Wort „großartig“). „Wie Sie sich vorstellen können, ist sie eine Expertin auf dem Gebiet der Politik, und sie hat vorausgesagt, dass Sie gewinnen werden, wenn Sie sich jemals dafür entscheiden, für ein Amt zu kandidieren.“ Nixons Pragmatismus beeindruckte auch den New Yorker Bauunternehmer. Auf Nixons Anregung besuchte ich Donald und seine Frau Ivanka für ein Wochenende in Houston. Der ehemalige Gouverneur von Texas, John Connally, der während des Attentats auf Kennedy schwer verwundet worden war, hatte sich uns ebenfalls angeschlossen. Connally hatte Nixon 1968 in Texas eigentlich hereingelegt. Er war in letzter Minute bei einer Wahlveranstaltung für Hubert Humphrey aufgetaucht, und hatte damit sein Wort gebrochen, die Demokraten in Texas für Nixon zu gewinnen. Trotzdem war Nixon immer von Connallys Angeberei und großspurigem Auftreten beeindruckt. Connally war ein wertvoller Verbündeter Nixons wegen seiner historischen Beziehung zu John F. Kennedy. Im Jahre 1972 erfüllte Connally sein früheres Versprechen, Nixon zu unterstützen. Er leitete eine Gruppe von „Demokraten für Nixon“, bevor er dann offiziell zur Republikanischen Partei übertrat und als Finanzminister unter Nixon arbeitete. Es war Connally, der Nixon bei den Lohn- und Preiskontrollen im Stich ließ, was einer der größten Misserfolge Nixons war. Nixon war in Superform. Er und Trump unterhielten sich stundenlang. Trump löcherte Nixon geradezu mit Fragen. Für beide war dies ein sehr entscheidender Moment. Nixon verließ sein sich selbst auferlegtes Exil. Trump profitierte so viel wie möglich von den Erfahrungen des ehemaligen Präsidenten, der von diesem Geschäftsmann aus Manhattan äußerst beeindruckt war. Als die Unterredung beendet war, lud Trump Nixon ein, ihn in seinem privaten 727 Jetliner nach New York zu begleiten. Hätte Nixon den Wahlkampf von 2016 noch erlebt, hätte er die Furchtlosigkeit und die Schärfe, mit denen Trump die Leitmedien anging, sicher sehr zu schätzen gewusst. Wenn es eine einzelne Person in der politischen Geschichte der USA gibt, die ebenso viel Häme und Feindschaft seitens der Medien zu erdulden hatte wie Richard Nixon, dann war es mit Sicherheit Donald J. Trump. Im Jahre 1989 arbeitete ich für Donald Trump als Lobbyist in Washington. Ich kümmerte mich um Währungsbestimmungen, denen seine Casinos unterworfen waren. Ich glaube, dass es mir gelungen ist, juristische Formulierungen auszuarbeiten, die für den Gesetzgeber und auch für Donald Trump akzeptabel waren.

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Ich rief Trump in seinem Büro an und fragte ihn, ob ich einen Flug von Washington nach New York nehmen sollte, um ihn mittags in seinem Büro in New York zu treffen. Er sagte mir, dass er mich nicht treffen könne, weil er mit einer Gruppe von Managern mit dem Hubschrauber nach Atlantic City fliegen würde. Ich überredete ihn, auf mich zu warten. Also schickte er die Manager schon einmal vor und ließ den Hubschrauber dann zurückkommen, um ihn und mich später nach Atlantic City zu fliegen. Kurz nachdem ich Donalds Büro betreten hatte, teilte ihm seine vollkommen blasse Assistentin Norma Foederer mit, dass der Polizeipräsident von New Jersey, Clint Pagano, am Telefon sei. Trump stellte ihn auf Lautsprecher. „Es tut mir leid. Ich muss Ihnen mitteilen, dass der Hubschrauber, den Ihr Unternehmen gechartert hat, unterwegs abgestürzt ist. Alle an Bord sind ums Leben gekommen.“ „Sind Sie sicher?“ fragte Trump. „Hundertprozentig.“, sagte Pagano. Die Frauen in der Firma von Trump weinten hemmungslos. Sie hatten Steve Hyde und Mark Etess verloren, zwei der wichtigsten Manager der Firma. Hyde war Mormone gewesen. Er hatte zwölf Kinder. Es war mir eine Freude gewesen, mit ihm zu arbeiten, als ich das Casino-Unternehmen bei einigen Problemen vertreten hatte. Donald bat Norma, ihn mit den Witwen zu verbinden. Er sprach mit jeder von ihnen. In einigen Fällen hörten sie zuerst von ihm, dass ihre Ehemänner nicht mehr lebten. Trump hatte nach mir sicher noch einige andere Termine festgelegt, aber ich wusste, dass er vor dem Tod bewahrt worden war, um unsere Republik zu retten und unsere wirtschaftliche Stärke wieder herzustellen. Das war der Zeitpunkt, an dem mir bewusst wurde, dass Trump für einen bestimmten Zweck auf die Welt gekommen war. Mir wurde klar, dass er eines Tages Präsident sein würde.

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TRUMPS ERSTER VERSUCH INS WEIßE HAUS ZU KOMMEN, 1999–2000 ________________________________________________ Wenn ich nicht gewinnen könnte, wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass ich gewinnen könnte, dann würde ich nicht kandidieren. Ich würde mit Sicherheit nicht kandidieren! Ich versuche nicht lediglich, mehr Stimmen zu gewinnen als jeder andere unabhängige Kandidat in der Geschichte unseres Landes. Ich will einfach gewinnen. - Donals Trump

Donald Trump, in der Sendung Larry King Live, 8. Oktober 1991 Es war Mitte September 1999. Wir beide saßen in seinem Büro im 26. Stock vom Trump Tower an der Fifth Avenue in New York City. Es herrschte ein unangenehmes Schweigen, das nicht zu enden schien. Aber ich wusste so gut wie jeder andere, dass Trump niemals für längere Zeit still bleiben konnte. Diese seltenen stillen Momente werden üblicherweise von einer wichtigen Ankündigung unterbrochen. Ich saß da und wartete, während er über den Morgenzeitungen brütete. Während er las, setzte er sein mittlerweile berühmtes Stirnrunzeln auf und schüttelte angewidert mit dem Kopf. „Ich bin ziemlich sicher, dass es Bush und Gore sein werden.“, sagte er und unterbrach damit das drückende Schweigen. „Sie sind beide schrecklich – absolut schrecklich. Was ist nur mit diesem Land los?“ Es war nicht das erste Mal, dass er mir diese Frage stellte. Ich wusste, dass es nicht das letzte Mal sein würde. Er schaute mir direkt in die Augen und sagte mir mit dem Anflug eines Lächelns: „Roger, ich möchte, dass Sie den nächsten Schritt machen. Ich möchte, dass Sie herausfinden, ob Donald Trump das Weiße Haus erobern kann. Ist dieses Land bereit für einen Präsidenten Trump? Alles was ich mit Sicherheit weiß ist, dass ich besser bin als einer der Schwachköpfe, die gerade kandidieren.“ Das war die Entscheidung, zu der ich ihn bereits seit Monaten gedrängt hatte – ein Komitee einzurichten, um seine Chancen zu sondieren. Tatsächlich hatten wir bereits ein Buch mit dem Titel The America We Deserve,2 verfasst, in dem wir unsere nationale und internationale Politik dargelegt hatten. Es sollte am 1. Januar 2000 bei St. Martin's Press herauskommen – als Vorbereitung zu einer möglichen Kandidatur von Trump für das Amt des Präsidenten.

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Das Buch wurde geschrieben, um das Interesse aufrechtzuerhalten, falls er kandidieren würde, und um den Menschen mitzuteilen, welche Einstellung er zu bestimmten Themen hätte. Darin wurden Positionen vertreten, die viel moderater waren als die, die die meisten Leute heutzutage einnehmen. Dafür gab es einen guten Grund: 1999 hoffte Trump Unterstützung von der Reformpartei zu bekommen, die weitgehend aus gemäßigten Leuten bestand. 2016 versuchte er jedoch, Unterstützung von der Republikanischen Partei zu bekommen, deren Mitglieder allgemein sehr konservativ sind. Natürlich hat sich seine Haltung gegenüber bestimmten Themen geändert. In der Politik spielt man fürs Publikum – so einfach ist das! Und Trump weiß das besser als jeder andere. Wenn man heute zurückblickt, fällt ein Kommentar in dem Buch ganz besonders auf: „Ich bin davon überzeugt, dass die Nicht-Politiker die Zukunft bestimmen werden.“, schrieb er. Das klingt im Nachhinein sehr seltsam. Es war fast so, als ob er das Jahr 2016 vorausgesagt hätte. Obwohl wir immer wieder über das Weiße Haus sprachen, hatte er mir an jenem Tag in seinem Büro zum ersten Mal das Signal gegeben, die Dinge ins Rollen zu bringen. Die Reformpartei Ein anderer Milliardär, Ross Perot, hatte sich seit Wochen intensiv darum bemüht, Trump dazu zu überreden, sich mit der Reformpartei um das Amt des Präsidenten zu bemühen. Diese Partei könnte eine akzeptable Alternative zu den anderen beiden Kandidaten darstellen. Der enorm erfolgreiche texanische Geschäftsmann hatte 1992 als Unabhängiger für die Präsidentschaft kandidiert und gegen George H. W. Bush und seinen demokratischen Herausforderer Bill Clinton fast 19% der Stimmen eingefahren. Perot gründete drei Jahre später die Reformpartei und wurde ihr Präsidentschaftskandidat für die Wahl von 1996. Er trat gegen Clinton und Bob Dole an und erhielt 8,4% der Stimmen. Das Ergebnis für den Kandidaten einer dritten Partei war immer noch dramatisch, obwohl er weniger Stimmen erhalten hatte als vier Jahre zuvor. Obwohl sich die Leitmedien manchmal über seine politische Naivität lustig machten, war es ihm gelungen, die Bürger anzusprechen, die den Karrierepolitikern nicht mehr trauten und sie zum Teil geradezu hassten.

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Neben Perot versuchte auch Jesse Venture, ein ehemaliger Berufsringer, der unter dem Namen Jesse „The Body“ Venture bekannt war, Trump zur Kandidatur zu überreden. Venture, der als Kandidat für die Reformpartei auftrat, setzte die USA in Erstaunen, als er 1998 zum Gouverneur von Minnesota gewählt wurde. Wenn Sie mich fragen, würde ich sagen, dass Venture auch ohne seine Verbindung zur Reformpartei in Minnesota gewonnen hätte. Er hätte als Kandidat für die Kommunistische Partei antreten können. Man hätte ihm den Posten des Gouverneurs anvertraut. Jeder Wrestling-Fan – und von denen gibt es unzählige – liebte Jesse. Er ist klug, engagiert und ein beliebter Prominenter. Jesse sagt, was er denkt. Und der Mann auf der Straße kann sich mit ihm identifizieren. Dasselbe kann man von Donald Trump behaupten, der (wie ich glaube) sich 2016 persönlich an dieses Rezept gehalten hat, und es damit direkt ins Weiße Haus schaffte. Aber damals bemühte sich Trump noch, von Perot und Venture zu lernen. Manchmal bezeichnete er sie scherzhaft als „der verrückte Milliardär und der Ringer.“ Aber er nahm ihren Rat sehr ernst und bewunderte beide Männer aufrichtig. Und was noch wichtiger war: Trump hat schnell erkannt, dass diese beiden eine Wählerschaft in der Mittelschicht entdeckt hatten, die sehr unzufrieden war und sich allmählich bemerkbar machte. Seltsamerweise wurde Trump durch eine Umfrage des National Enquirer von 1999 ermutigt, bei der einhundert Amerikaner befragt wurden – an sich eine sehr geringe Zahl – ungefähr ein Zehntel der Leute, die üblicherweise an einer Umfrage teilnehmen. Aber die Befragten wünschten sich, dass Trump in das Rennen um das Weiße Haus einsteigen sollte. Adam Nagourney, Reporter der New York Times, saß im sechsundzwanzigsten Stock des Trump Towers mir und Trump gegenüber, als dieser sich die Umfragen des National Enquirers ansah. „'Das ist das eigentliche Volk,' erklärte Trump.“, berichtete Nagourney später. „Roger Stone, sein Berater, der ebenfalls anwesend war und Trump während des

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45-minütigen Interviews gelegentlich Stichworte gab, fügte hinzu: 'Das sind die Wähler von Trump.'“3 So meinte ich es auch. Aber eigentlich glaubte ich niemals ernsthaft, dass er auch nur die geringste Chance haben würde, im Jahre 2000 Präsident zu werden. Die Zeit war für ihn noch nicht gekommen. Die Leute fingen gerade erst an, mit den Politikern in Washington unzufrieden zu werden. Es sollte noch ein langer Weg werden, bis ein „Außenseiter“ wie Donald Trump als Retter akzeptiert werden würde. Der wirtschaftliche Zusammenbruch stand noch bevor, ebenfalls der 11. September und die wachsenden Probleme mit den illegalen Einwanderern – alles Faktoren für den Triumph von Trump im Jahre 2016. Aber jetzt ging es erst einmal mit Volldampf voraus. Trotz Perots starker Auftritte bei den beiden vorangegangenen Präsidentschaftswahlen hatte ich starke Zweifel, dass Trump von der Reformpartei als Präsidentschaftskandidat aufgestellt werden würde. Die Reformpartei verfügte ganz eindeutig nicht über eine den Demokraten und Republikanern gleichwertige Organisation. Aber eigentlich konnte es ja nicht schaden, wenn wir herausfinden würden, wie die Wähler auf einen Milliardär und Grundstücksmagnaten von New York City reagieren würden. Ein Wahlkomitee2* Auf Trumps Vorschlag richtete ich ein Wahlkomitee ein, dem ich selbst vorstand. Zu einem sehr geringen Teil hatte ich vielleicht einen Einfluss auf die Wahl, während er sich auf die Zukunft vorbereitete. Trump hatte absolut nichts zu verlieren, indem er das Wahlkomitee einrichtete. Und wir dürfen nicht vergessen, dass wir hier über Donald Trump reden – einen Mann, der die Publicity ebenso zu schätzen weiß, wie Schmeicheleien. Er fällt gerne auf. Es gab auch einige Dinge, die er der amerikanischen Öffentlichkeit mitteilen wollte. Wir hatten auch ein wenig Glück. Aufgrund von Perots Kandidatur vier Jahre zuvor, hatte der Präsidentschaftskandidat der Reformpartei Anspruch auf fast 13 2 Ein „Wahlkomitee“ (engl. Exploratory Committee) ist ein Ausschuss, der über die Auswahl von Kandidaten entscheidet. – d.Ü.

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Millionen Dollar Wahlhilfe. Wenn Trump also die Nominierung erreichen würde, hatte er schon mal eine Menge Geld zur Verfügung, das nicht aus seiner eigenen Tasche kam. Aber wie Sie sich denken können, war Geld für Trump eigentlich niemals ein Thema. Mein wichtigstes Ziel bestand darin, möglichst viel Publicity zu erzielen, als Trump die Bildung eines Wahlkomitees ankündigte, das darüber entscheiden sollte, ob er ins Rennen um die Nominierung durch die Reformpartei einsteigen würde oder nicht. Das war nicht sehr schwierig, denn Publicity ist mit Donald Trump untrennbar verbunden. Es ist praktisch ein natürlicher Vorgang, dass Donald Trump immer irgendwie auffällt. Wir entschieden, dass er am 8. Oktober 1999 die Bildung seines Wahlkomitees in der Talkshow von Larry King auf CNN ankündigen würde. Larrys Talkshow war damals wahnsinnig beliebt. Wir hielten sie für das ideale Forum für diese Ankündigung. Bevor es losging, unterhielten wir uns darüber, was Trump zu Larry sagen würde. Ich fürchtete, dass die Ankündigung des Komitees nicht stark genug wäre, um ihm in den Zeitungen und den Fernsehsendungen des darauf folgenden Tages die bestmögliche Publicity zu verschaffen. Schließlich hatte es schon seit Wochen Spekulationen darüber gegeben. Ich schaute ihn an und sagte: „Wenn Larry dich fragt, wen du als Mitkandidaten willst, dann sage einfach 'Oprah.' Jeder liebt Oprah! Die Presse wird sich darauf stürzen. Man kann einfach keinen Fehler machen, wenn man ihren Namen erwähnt.“ Kurz vor Trumps Auftritt bei Larry King rief ich jemanden von CNN an, den ich schon seit Jahren kannte. „Wenn Sie eine Sensation wollen, dann lassen Sie Larry King fragen, wen Trump als Bewerber für die Vizepräsidentschaft haben will.“, sagte ich. Und ich versprach dem Produzenten mit einem Augenzwinkern, dass Trumps Antwort ein ziemlicher Hammer werden würde. Aber obwohl mir der Produzent versprach, die Information an Larry King weiterzugeben, hatten wir keine Garantie, ob er den Köder schlucken und Trump diese Frage wirklich stellen würde. Larry versprach, das Interview mit Trump aufzunehmen und es an diesem Abend ausstrahlen zu lassen. Trump hatte abends noch einen wichtigen Termin mit Jesse Ventura und mit einigen Leuten von der Reformpartei. Gleich zu Beginn des Interviews ließ Trump die erste Bombe platzen: „Ich werde also ein Wahlkomitee gründen. Ich kann Ihnen das gleich hier in der Sendung

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ankündigen, wie jeder andere. Ich werde morgen ein Wahlkomitee gründen.“, sagte Trump dem etwas mürrischen Interviewer. „Dann werden wir sehen. Ich meine, wir werden uns sehr ernsthaft mit der Sache beschäftigen.“ Nur wenige Minuten später stellte Larry ihm die entscheidende Frage: wen er sich als Kandidaten für die Vizepräsidentschaft vorstellen würde. Trump zögerte einen Augenblick, so als ob er über die Frage nachdenken müsste und schockierte dann alle – einschließlich King und zweifellos auch Oprah. „Oprah. Ich liebe Oprah.“, sagte Trump. „Oprah wäre immer meine erste Wahl. Sie ist eine wunderbare Frau. Sie ist etwas ganz Besonderes. Wenn Sie die Aufgabe übernehmen würde, dann wäre sie fantastisch. Ich meine, sie ist wahnsinnig beliebt. Sie ist brillant, eine ganz wunderbare Frau.“ Am folgenden Tag berichteten die Zeitungen und Fernsehsender über kaum etwas anderes als Trump und Oprah. Die Presse stürzte sich darauf und wir auch! Aufgrund seiner Kommentare in der Talkshow von Larry King kam eine Lawine von Interviewanfragen. Trump war gut vorbereitet. Immer wieder betonte er, wie ernst es ihm mit der Nominierung wäre. „Wenn ich nicht glauben würde, dass ich gewinnen könnte, dann würde ich daran keinen Gedanken verschwenden.“, sagte er gegenüber einem Reporter. In seinem Buch, das kurz darauf erscheinen würde, und bei Interviews drückte er sich immer sehr unmissverständlich aus, wie er zu verschiedenen Themen stand. Abtreibung? Trump war für eine freie Entscheidung der Frauen. „Ich hasse Abtreibungen. Ich hasse alles was damit zusammenhängt …. aber ich glaube eben an die Freiheit der Entscheidung.“ Das unterschied sich grundsätzlich von seiner Haltung im Jahre 2016. Waffen? In seinem Buch schrieb er, dass er „generell“ gegen eine Waffenkontrolle wäre. Jedoch wäre er für ein Verbot von Schnellfeuerwaffen und für eine längere Wartefrist beim Kauf von Schusswaffen. Damals war er also gemäßigter als der Trump, den wir heute kennen. Gesundheitsfürsorge: Trump betrachtete sich bei diesem Thema als „sehr liberal“, aber er betonte, dass er eine Menge von „allgemeiner Gesundheitsfürsorge“ halten würde. Auch bei seiner Warnung vor dem Terrorismus war er seiner Zeit voraus: „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns auf die reale Möglichkeit vorbereiten,

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dass irgendwo und irgendwann eine Massenvernichtungswaffe in einer größeren amerikanischen Stadt zur Anwendung gebracht wird.“ Trump nimmt sich Buchanan vor Wir waren gleich von Anfang an sehr erfolgreich, aber da gab es noch jemanden, der Trumps Nominierung bei der Reformpartei im Weg stand – mein alter Kollege während der Präsidentschaft von Richard Nixon – Pat Buchanan –, der unbedingt der nächste Präsident werden wollte. Buchanan hatte als Berater und Redenschreiber für Nixon gearbeitet. Er war enorm begabt und geradezu ein Genie. Er hatte den Ausdruck geprägt, der Nixon berühmt gemacht hatte, als dieser sich 1968 an die „schweigende Mehrheit“ gewandt hatte. Er war sehr schlau, aber manchmal auch ein wenig empfindlich. Pat Buchanan konnte Trump noch die Tour vermasseln. So brillant er auch ist – manchmal hat er ziemlich gewagte Dinge von sich gegeben, die dann irgendwann auf ihn zurückfielen. Manchmal ist er einfach ein wenig zu ehrlich. In seinem Buch von 1999, A Republic, Not an Empire,5 schrieb er, dass Hitler 1938 für die Vereinigten Staaten keine Bedrohung darstellte. Selbst wenn das wahr gewesen wäre, kam das in der amerikanischen Öffentlichkeit nicht besonders gut an. Diese sah Hitler als das Monster, das er in Wirklichkeit war. Ich war derjenige, der Trump darauf aufmerksam machte. In der Politik bekommt man nicht sehr viele Chancen wie diese. Und wenn man sie bekommt, dann muss man sie auch rücksichtslos ausnutzen. SEHR RÜCKSICHTSLOS. Es war ungeschickt von Buchanan, so etwas zu sagen. Wir erinnerten die Amerikaner bei jeder Gelegenheit, dass Buchanan das gesagt hatte. Trump konnte es gar nicht erwarten, ihn darauf festzunageln. Er war wie ein Tier, das seine Beute gewittert hatte. Er stieß immer wieder nach – und er ließ sich nicht davon abbringen. Am 26. September 1999, während eines Auftritts in der Sendung Late Edition auf CNN versuchte Buchanan zu erklären, dass er sein Buch nicht geschrieben hatte, um Sympathie mit Hitler auszudrücken. „Wir hatten das Recht, und es war absolut notwendig, Deutschland und Japan zu bekämpfen.“, betonte Buchanan. „Es war eine edle Sache. Und ich habe in dem Buch nichts anderes behauptet.“ Ich tippte eine Aussage von Trump und schickte sie während des Interviews per Fax an den Sender. Darin wurden die Aussagen von Buchanan angegriffen. Trump behauptete: „Pat Buchanans Ansicht, dass wir nichts gegen Hitler hätten unternehmen sollen, ist einfach widerwärtig. Ich denke, es ist wichtig, dass jemand diese extremen und empörenden Ansichten von Pat Buchanan angreift. Er beschmutzt das Andenken jener Amerikaner, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, um Hitler Einhalt zu gebieten.“

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Ich hatte es sehr eilig, Trumps Stellungnahme zu verschicken. Dabei schrieb ich den Vornamen von Hitler falsch – was uns die New York Daily News dann später vorhielt. Aber letzten Endes war mir das egal. Wir hatten Buchanan erfolgreich als „Sympathisanten Hitlers“ gebrandmarkt.“ Später sagte ich zu Trump, dass niemand jemals eine Wahl verloren hätte, weil er Babys geküsst, gelächelt und Adolf Hitler angriffen hat. Auf mein Drängen nahm Trump weiterhin jede Gelegenheit wahr, um die Leute an Buchanans Aussagen in Bezug auf Hitler zu erinnern. Am 25. Oktober erhielt er eine große Publicity, weil er von der Republikanischen Partei zur Unabhängigen Partei überwechselte. Damit kam er für die Nominierung durch die Reformpartei in Frage. Und er intensivierte seine Angriffe auf Buchanan. „Donald Trump, der Patrick J. Buchanan als 'Hitleranhänger' bezeichnete, verzichtete heute auf seine Nominierung als möglicher Herausforderer von Pat Buchanan beim erwarteten Wettrennen um die Nominierung durch die Reformpartei,“ schrieb Francis X. Clines in einem Leitartikel in der New York Times vom 25. Oktober 1999.7“‘Es ist durchaus möglich, dass ich antreten werde.“, sagte Donald Trump, der Grundstücks- und Casino-Millionär.“ Und über Buchanan sagte er: „Sehen Sie, er ist Hitler-Sympathisant. Und ich denke, dass er auch Antisemit ist und die Schwarzen sowie die Schwulen hasst. Es ist unglaublich, dass jemand für diesen Mann stimmen könnte.“ Auch an den Republikanern ließ er kein gutes Haar: „Ich glaube wirklich, dass die Republikaner gegenwärtig verrückt sind.“ Es hätte einfach nicht besser laufen können. Der Artikel in der New York Times erschien am Vorabend einer Rede, mit der Buchanan seine Nominierung bei der Reformpartei ankündigen sollte. Trump griff Buchanan an, trat zu einer anderen Partei über und ließ verlauten, dass er wahrscheinlich kandidieren würde – und das alles gleichzeitig. Als nächstes mussten wir dafür sorgen, dass Trumps Botschaft im ganzen Land bekannt wurde. Wir planten sorgfältig die Reiseroute von Trump. Unser Ziel war es, ihn so bekannt wie möglich zu machen und ihn mit Durchschnittsamerikanern im Mittleren Westen und an den Küsten zusammenzubringen. Aber es gab immer noch eine wichtige Ankündigung, um die Grundlage für eine nationale Tour zu legen. Um eine Beziehung zur Arbeiterklasse aufzubauen und seinen Status als Milliardär für die Wähler akzeptabel zu machen, gab Trump An-

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fang November bekannt, dass er eine Steuer für die Reichen einführen wollte. Dies wäre eine einmalige Vermögenssteuer, die nur die reichsten Amerikaner betreffen würde – Personen und Firmen, die über mehr als 10 Millionen Dollar verfügten. Bei einer Abgabe von 14,25% würden 5,7 Billionen Dollar zusammenkommen. Damit wäre die nationale Verschuldung beseitigt. Das würde der Regierung jährlich 200 Milliarden an Zinszahlungen ersparen, was wiederum eine Steuerreduzierung für den Mittelstand ermöglichen würde. Es war schier unglaublich wie viel Publicity Trump bekam, indem er (durch seine Angriffe gegen Buchanan) Hitler angriff und indem er sagte, dass wir die Reichen besteuern sollten. Ebenso wie der Zeitpunkt seines Parteiwechsels war das eine ideale Taktik. Im Wahlkampf Jetzt war es an der Zeit, sich auf den Weg zu machen. Zuerst ging es Mitte November in den Süden - nach Florida. Der Sun-Sentinel in Fort Lauderdale titelte: „Trump: I've got what it takes to be President“ (Ich habe das Zeug zum Präsidenten).”8 Trump, der niemals unter Minderwertigkeitskomplexen gelitten hatte, rühmte sich seiner Fähigkeiten, die ihn für das Präsidentenamt qualifizierten. „Schauen wir uns einmal die anderen Kandidaten an. Haben sie es geschafft, in so kurzer Zeit Milliarden Dollar zu verdienen? Ich denke nicht,“ sagte er. „Ich habe Dinge erreicht, von denen die Leute sagten, dass man sie einfach niemals erreichen könnte.“ Und die Zeitung bemerkte: „Trumps Besuch in Miami markiert den Beginn einer neunzigtägigen Tour, um die Leute für sich zu gewinnen. Unterstützt wird er dabei von einer Reihe von Werbefirmen und seinem Wahlkampfmanager Roger Stone, der bereits die Wahlkämpfe von Richard Nixon und Ronald Reagan organisiert hat.“ Der Plan war wieder einmal ganz simpel: „Stell dich auf dein Publikum ein.“ Genau das tat er dann auch. Der Sentinel berichtete: Nachdem er für die kubanische Nationalhymne (die Hymne Kubas vor der Revolution) aufgestanden war und bei seiner Rede Fidel Castro als einen Mörder

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bezeichnet hatte, wurde er von etwa vierzig Veteranen, die an der Invasion in der Schweinebucht teilgenommen hatten, begeistert mit Rufen wie „Viva Donald Trump! Viva!“ gefeiert. Der Jubel ging noch bis in die Nacht weiter. Etwa vierhundert Exilkubaner tauchten auf, um Trump auf der Radisson Crown Plaza im Westen Miamis reden zu hören. Die Veranstaltung wurde von der kubanisch-amerikanischen Nationalstiftung organisiert. „Wenn ich Castro jetzt treffen könnte, dann hätte ich für ihn nur zwei Worte: Adiós Amigo,“ rief Trump der Menge zu. „Wir dürfen Fidel Castro nicht mit Handel, harter Währung oder Respekt belohnen. Er ist ein Mörder, er ist ein Tyrann und ein schlechter Mensch.“ Soweit es die Exilkubaner betraf, war Fidel Castro für sie nichts anderes als Hitler. Trump wusste das, und er nutzte dies hochgradig aus. Während seines zweitägigen Besuches in Miami traf er sich mit exilkubanischen Führern, nahm an einer Wahlveranstaltung der Reformpartei teil, war Gast bei einem Treffen der Veteranen der Schweinebucht-Invasion, und traf sich mit Mitgliedern der „Brothers to the Rescue“, einer exilkubanischen Gruppe, die Flugblätter über Kuba abwirft. Trump schaffte genau das, was er sich vorgenommen hatte. Er wurde begeistert empfangen, und er wurde überall bekannt. Dann ging es weiter nach Los Angeles zu zwei Veranstaltungen der Reformpartei, einem Besuch des Holocaust-Denkmals, einer Rede vor 17.000 Menschen bei einer „Motivations-Konferenz“ und einem Auftritt in der Tonight Show mit Jay Leno. Aber während eines Auftritts bei einem Treffen der Führer der kalifornischen Reformpartei traf er auf ein erstes Hindernis. Trump war gekommen, um sich als „erfolgreichen Bauunternehmer und Buchautor und möglichen nächsten Führer der freien Welt“ zu präsentieren. Adam Nagourney bemerkte in einem Artikel in der New York Times, der am 10. De-

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zember 1999 erschien: „Es war ein etwas kühles Treffen mit Führern der kalifornischen Reformpartei, auf deren Unterstützung Trump wahrscheinlich angewiesen ist, wenn er für die Präsidentschaft kandidieren sollte. Für viele war es ein denkwürdiger Augenblick, als jemand ihn fragte, ob der das Programm der Reformpartei unterstützen würde.“9 „Na, also im Grunde genommen weiß ja niemand, worin das Programm der Reformpartei eigentlich besteht.“, erwiderte Trump ziemlich lautstark. Während einige Buhrufe aus dem Publikum zu hören waren, übergab ein Mann Trump eine Kopie des Parteiprogramms. Es ist eine Tatsache, dass sich, abgesehen von den Leuten, die es schreiben, niemand so recht darum kümmert, worin ein Parteiprogramm eigentlich besteht. Unglücklicherweise sprach Trump gerade zu den Leuten, die es geschrieben hatten. Außerdem war die Reformpartei diesmal wichtiger als sonst, denn das Parteiprogramm stellte in diesem Fall klar, inwiefern sich die Reformpartei 1999 von der Republikanischen Partei unterschied, der Partei, aus der die meisten Mitglieder der Reformpartei (einschließlich Donald Trump) zur Reformpartei übergetreten waren. Für die New York Times warf diese Begegnung die grundsätzliche Frage in Bezug auf den zweitägigen Besuch Donald Trumps an der Westküste auf. „Meint er es wirklich ernst?“ fragte Nagourney in seinem Artikel, und er bezweifelte, dass Trump wirklich Präsidentschaftskandidat war. „Wie Trumps Verhalten gegenüber den Führern der Reformpartei hier gezeigt hat, scheint das Wissen und das Interesse des Bauunternehmers in Bezug auf die Präsidentschaft doch ziemlich eingeschränkt zu sein.“ Ja, das war in der Tat ein Fehltritt, aber kein sehr grober. Ich schwöre, dass ich einen solchen Fehler nie mehr zugelassen habe. Aber es gab auch lustige Momente auf dieser Reise. Als er bei einem Treffen der Reformpartei eine Rede hielt, machte er Witze über die Fernsehkameras, die seine Ansprache aufnahmen. „Übrigens, diese Kamera ist von 60 Minutes. Machen Sie sich keine Sorgen. Das ist nur eine unbedeutende Sendung.“

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Vergessen Sie niemals, dass Trump es liebt, wenn er im Mittelpunkt steht. Als er in der Tonight Show auftrat, fragte ihn Jay Leno, wie die Dinge für ihn liefen. Er antwortete: „Oh, so viele Reporter. Es gibt zu viele Reporter dort draußen.“ Und damit hatte er Recht. Ich tat alles, um dafür zu sorgen, dass Donald Trump während der paar Tage, die er in Los Angeles verbrachte, die meiste Aufmerksamkeit bekam. Wie jeder andere Prominente, der in Hollywood Aufmerksamkeit erregen will, sorgten wir dafür, dass Trump auch dem Restaurant The Ivy einen Besuch abstattete. Für jene, die The Ivy nicht kennen: Das ist der angesagteste Treffpunkt der Hollywoodstars. Es handelt sich dabei um ein unauffälliges Ziegelgebäude auf dem Robertson Boulevard, das von weißen Lattenzäunen umgeben ist. Die Innenausstattung sieht aus, als ob schon unsere Großmutter dort verkehrt hätte – flauschige Sitzkissen, flauschige Kissen und gemusterte Tapeten. Die Paparazzi liegen draußen stets auf der Lauer, um zu sehen, wer dort auftaucht. Die Preise sind hoch, und das Essen ist gut. Aber niemand geht dort nur hin um zu essen. Man geht dort hin, um zu sehen und gesehen zu werden. Und es ist nicht das übliche Stammlokal für den typischen politischen Kandidaten. Aber Donald Trump war natürlich niemals der TYPISCHE politische Kandidat. Schon vor seiner Fernsehshow The Apprentice war Trump eine Berühmtheit. Sie können mir glauben, dass alle Blicke auf ihn gerichtet waren, als er das Restaurant betrat. Alle beobachteten ihn. Nur wenige Prominente erregten so viel Aufmerksamkeit in The Ivy wie Donald Trump. Er hielt bei Rod Stewarts Tisch an, um kurz Hallo zu sagen und ging dann weiter zu Michael Bolton, um ihm alles Gute zu wünschen. Er warf sie alle vom Hocker! Wir bekamen jedoch ein wenig Ärger bei einer Motivationsveranstaltung von Tony Robbins. Trump hatte mit Robbins eine Vereinbarung getroffen, zehn Reden zu halten und dafür 100.000 Dollar pro Rede zu bekommen. Also versuchten wir natürlich, seine Kampagne terminlich so abzustimmen, dass er in Kalifornien sein würde, um bei der Veranstaltung von Robbins aufzutreten. Das erschien mir vernünftig. Trump besuchte das Holocaust-Museum in Los Angeles. Er nahm an einer Veranstaltung der Reformpartei auf dem Dach seines Hotels teil, über die ausführlich in der Presse berichtet wurde. Danach fuhren wir nach Anaheim, damit er dort seine Rede bei der Veranstaltung von Robbins halten könnte.

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Einigen Leuten passte es nicht, dass er Politik mit Geschäften verband. Aber das machte ihm nichts aus. Später sagte er mir: „Ich bin der einzige, der sich um das Amt des Präsidenten bewerben will und damit auch noch Geld verdient.“ Man darf nicht vergessen, dass dies nur eine Sondierungsreise war. Er war überhaupt noch kein Kandidat. Eine lehrreiche Erfahrung Trump machte sich allmählich Sorgen über negative Signale, die aus Teilen der Reformpartei kamen. Interne Streitigkeiten, unterschiedliche politische Standpunkte und allgemeine Persönlichkeitskonflikte sind in der Politik nicht ungewöhnlich. Aber sie sind besonders schädlich für kleinere aufstrebende Drittparteien in den USA. Und sie machten sich allmählich immer stärker bemerkbar. Das war eine Sache, die sowohl Trump als auch ich von Anfang an befürchtet hatten. Er glaubte, dass, falls er kandidieren und die Reformpartei dann zusammenbrechen würde, man ihm die Schuld dafür zuschieben würde. Wir kamen allmählich zu der Überzeugung, dass die Partei implodieren könnte, auch wenn Trump niemals kandidieren würde. Trump fuhr Anfang Januar nach Minnesota, um sich mit Jesse Ventura zu beraten. Ventura hatte von der Reformpartei allmählich die Nase voll. Er vertraute uns an, dass er daran dachte, auszusteigen. Aber vorläufig würde er noch bleiben und versuchen, das Beste daraus zu machen. Obwohl Trump immer mehr zu der Erkenntnis kam, dass die Zeit für seine Kandidatur noch nicht gekommen war, machte er weiter und verhielt sich wie ein potentieller Kandidat. In Minnesota legte er sich mit George W. Bush und Vizepräsident Al Gore an, die beide aus sehr reichen Familien stammten. „Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man selbst eine Menge Reichtum erschafft oder ob man einfach Glück hatte, in die richtige Familien hineingeboren zu werden, wie eine Menge Leute, die gerade kandidieren.“, sagte Trump bei einem gemeinsamen Auftritt mit Ventura. Als ob sie es geprobt hätten, fügte Ventura schnell hinzu: „Ich gehöre auch nicht zu diesem Klub.“ Trump tat alles, um zu zeigen, wie er sich von den üblichen Kandidaten unterschied. Er bezeichnete die Kandidaten der Republikanischen Partei als einen Haufen von Leichen, und griff den wichtigsten Kandidaten, George W. Bush an,

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indem er sagte, dass er „nicht gerade ein Einstein“ wäre. „Wenn die Leute glauben, dass er dämlich ist, dann wird es ihm schwer fallen, die Wahl zu gewinnen.“ Auch Buchanan griff er noch einmal an. Er bezeichnete ihn als eine Niete. Obwohl er immer mehr Zweifel hatte, ob er ebenfalls ins Rennen gehen sollte, sagte er weiterhin, dass er ernsthaft daran denken würde. „Ich beschäftige mich sehr intensiv damit, ob ich gewinnen kann oder nicht.“, sagte er. „Wenn ich gewinne, dann glaube ich, dass ich meine Aufgabe sehr gut erfüllen würde.“ Aber tief in seinem Inneren wusste er, dass die Sache bereits gelaufen war. Wir alle wussten das. Jesse hatte die Nase voll von der Reformpartei und dachte daran aufzuhören. Aber was noch wichtiger war: Trump war jetzt davon überzeugt, dass die politische Streitereien die Reformer zerstören würden. Er konnte sich nicht mehr darauf verlassen, dass sie ihm auf dem Weg ins Weiße Haus helfen würden. Aus Respekt gegenüber Jesse wartete Trump mit seiner Ankündigung, dass er nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren würde, bis der ehemalige Berufsringer eine Entscheidung getroffen hatte. Aber wir ließen die Information langsam durchsickern. Ein New Yorker Klatschkolumnist schrieb am 6. Februar: “Der Mann, der das Buch über die Kunst des Feilschens geschrieben hat, hat mit dem Gedanken gespielt, Präsidentschaftskandidat der Reformpartei zu werden. Aber in etwa zwei Wochen wird er aus dem Rennen aussteigen, wie wir von einer gut informierten politischen Quelle erfahren haben.“ Auch die letzten Stimmen, dass Trump offiziell seine Kandidatur verkünden würde, wurden einige Wochen später zum Schweigen gebracht, als Ventura im Februar 2000 offiziell aus der Partei austrat. Venturas Entscheidung war natürlich eine ziemlich Überraschung, ebenso für Trump wie für die Leute, die für ihn arbeiteten. Jesse konnte es einfach nicht mehr ertragen. Er informierte uns, bevor er es offiziell verkündete, aber wir hatten es schon seit Wochen erwartet. Eigentlich brauchte die Reformpartei Jesse sehr viel mehr als er die Reformpartei. Ohne eine starke Reformpartei würde es keine Kandidatur Trumps geben.

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Es war typisch für Jesse, dass er bei seiner Entscheidung nicht mit Kritik zurückhielt. Er bezeichnete die Partei öffentlich als „hoffnungslos zerstritten“ und sagte, dass sie unabhängige Politiker wie ihn runtermachen würden. Die Associated Press notierte: „Die Reformpartei hat sich seit Monaten durch Streitereien zwischen den Anhängern von Perot und den Unterstützern von Ventura selbst behindert. Sie stritten sich ständig über den Ort des Konvents, die Präsidentschaftskandidaten und die Finanzen der Partei.“ Ventura verpasste Buchanan zum Abschied noch einen harten Tritt. Er nannte ihn einen „fanatischen Abtreibungsgegner und unrealistischen Isolationisten.“ Mehr Erfolg das nächste mal Aber es war alles vorbei – ebenso wie Trumps Interesse, im Jahre 2000 Präsident zu werden. Natürlich hatten wir uns mit einer Reihe von Optionen für eine Kandidatur von Trump beschäftigt. Es wäre nahezu unmöglich, dass er alle Wahlmänner des Staates bekäme, wenn er als unabhängiger Kandidat ohne Unterstützung einer Partei kandidieren würde. Die Kandidatur wäre für ihn reine Zeitverschwendung gewesen. Trump war unbeirrbar. Er sagte mir immer wieder: „Ich werde nicht kandidieren, wenn ich nicht die Chance habe zu gewinnen, und das meine ich ernst! Für mich ist die Sache erledigt!“ Kurz nachdem Jesse die Partei verlassen hatte, verkündete Trump öffentlich, dass er nicht am Präsidentschaftswahlkampf 2000 teilnehmen würde. „Ich habe von Anfang ganz klar gesagt, dass ich nur kandidieren würde, wenn es eine Chance gäbe zu gewinnen.“, sagte er. „Ohne Jesse ist die Reformpartei nichts weiter als eine extremistische leere Hülle. Vorläufig spielt sie überhaupt keine Rolle.“ Die New York Daily News schrieb am 14. Februar, was wir alle, die wir für Trump arbeiteten, schon immer gewusst hatten: „Der erfahrene politische Aktivist Hank Steinkopf sagte, dass Trump höchstwahrscheinlich nicht gewonnen hätte. Aber seine Kandidatur hätte der Reformpartei einen gewaltigen Auftrieb verschafft. „Buchanan macht die Partei eher zu einem Kult.“, sagte Steinkopf. „Trump war der einzige, der sie vor sich selbst hätte retten können.“10

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Sobald er sich entschieden hatte, nicht zu kandidieren, ging er zurück zur Partei seiner Eltern und trat wieder in die Republikanische Partei ein – die Partei, die ihm schließlich dabei helfen würde, ins Weiße Haus zu kommen. Wegen seines kurzen Flirts mit der Nominierung durch die Reformpartei spekulierten Kritiker in der Presse darüber, ob er wirklich ernsthaft an der Präsidentschaft interessiert wäre, oder ob er nicht eher Reklame für sein neues Buch machen wollte. Ich kann Ihnen aber versichern, dass es Trump mit seiner Kandidatur 2000 todernst war – und einer Menge von Leuten war es todernst damit, für ihn zu stimmen. Etwa eine Woche nachdem er aus dem Rennen ausgestiegen war, gewann Trump die Vorwahl für die Reformpartei in Michigan. Nur wenige Wochen später gewann er die Vorwahl in Kalifornien mit 44% der Stimmen. Der Kandidat, der als zweitbester abschnitt, erhielt nur 27% der Stimmen. Wenn ich zurückblicke, finde ich eigentlich nichts Negatives an der Tatsache, dass Trump am Präsidentschaftswahlkampf 2000 teilnehmen wollte. Er lernte dabei sehr viel, was ihm sechzehn Jahre später sehr nützlich sein würde. 2012 Trump dachte ernsthaft darüber nach, sich 2012 wieder um die Präsidentschaft zu bewerben, diesmal für die Republikanische Partei. Und wieder erhielt er enorme Unterstützung. Natürlich gab es in den Medien auch eine Menge Skeptiker, aber die Wähler mochten ihn, und das war bedeutend wichtiger. Sie konnten sich mit ihm identifizieren. „Die Umfragen sehen sehr gut aus.“, sagte er zu einem Reporter. „Ich denke ernsthaft darüber nach. Ich kann es einfach nicht ertragen, was mit diesem Land passiert.“ „Vor kurzem hat man durch eine Umfrage ermittelt, dass Trump und Bill Gates die einzigen beiden Personen sind, die Obama schlagen könnten. Gates kandidiert offensichtlich nicht, aber sie haben nun mal diesen beiden Namen genannt, und wir sind die einzigen beiden Personen, die Obama schlagen können.“ Trump hat eine Menge Aufmerksamkeit erregt, weil er die Frage aufwarf, ob Präsident Obama eigentlich in Kenia zur Welt gekommen war und deshalb das Amt des Präsidenten eigentlich nicht hätte ausüben dürfen, weil er kein gebore-

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ner Amerikaner wäre. Einige von Obamas härtesten Kritikern forderten ihn auf, seine Geburtsurkunde vorzuweisen. Die Supermarkt-Zeitschrift Globe goss noch Öl ins Feuer, als sie im Juli 2010 einen Leitartikel mit dem Titel „OBAMA WURDE NICHT IN DEN USA GEBOREN“ veröffentlichte. Die Sache warf einige Fragen auf. Obama hatte immer behauptet, dass er in Hawaii zur Welt gekommen sei, aber er hatte dies niemals durch eine Geburtsurkunde nachgewiesen. Im Laufe der Zeit wurde diese Sache immer brisanter. Sie war nicht gerade politisch korrekt, aber Trump nutzte sie natürlich aus so gut er konnte. Einige Liberale in den Medien versuchten, Trump als Rassisten darzustellen, weil er den Geburtsort eines afro-amerikanischen Präsidenten anzweifelte. Die New York Times bemerkte später: „Bei dieser Sache witterte Trump eine Chance, bei den Wählern ein Thema anzusprechen, das für viele tabu war – das ungute Gefühl, das in einigen Teilen der amerikanischen Gesellschaft herrschte, weil man zum ersten Mal einen schwarzen Präsidenten gewählt hatte. Er nutzte dieses Gefühl für seine eigenen politischen Zwecke aus...“11 Ein Berater von Trump bemerkte damals: „Es war wirklich eine Versuchung, Obama wegen dieser Sache anzugreifen und ihn möglicherweise zu schlagen. Es war eine Möglichkeit, hart auszuteilen.”12 Trump witterte eine Schwäche, und er stürzte sich drauf. Warum zeigt er nicht seine Geburtsurkunde?“, fragte er während eines Auftritts in der Sendung The View am 23. März 2011. Fünf Tage später erschien er bei den Fox News und sagte: „Er hat Millionen von Dollar ausgegeben, um die Sache zu vertuschen. Millionen von Dollar an Anwaltskosten, um die Sache zu vertuschen. Und ich habe die Sache nur so nebenbei aufgebracht, und plötzlich tauchen einige Menge Fakten auf. Langsam frage ich mich wirklich, ob er in diesem Land geboren wurde.“ Bei einem anderen Fernsehauftritt fügte Trump hinzu: „Ich habe Leute, die Obamas Geburtsurkunde überprüft haben, und sie können gar nicht glauben, was sie da festgestellt haben … Ich möchte, dass er seine Geburtsurkunde vorweist, und ich sage ganz ehrlich, dass ich hoffe, dass er dazu in der Lage ist. Denn wenn er das nicht kann, wenn er also nicht in diesem Land geboren wurde, was ja eine reale Möglichkeit ist … dann hat er hier eine der größten Betrügereien in der Geschichte der Politik abgezogen.“

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