VON DER FINANZHERRSCHAFT ZUR NEUEN WELTORDNUNG Rotschilds, Rockefellers und wenige mehr Wolfgang U. Voigts
www.jimhumbleverlag.com
VON DER FINANZHERRSCHAFT ZUR NEUEN WELTORDNUNG Wolfgang U. Voigts Copyright © 2013 – Verlag: Das neue Licht Verlag Das Neue Licht / Jim Humble Verlag Postbus 276, 5900 AG Venlo www.dasneuelicht.com www.jimhumbleverlag.com Erste Auflage: Juli 2013 ISBN: 9789088790645 Lay out: Leo Koehof Autor: Wolfgang U. Voigts
Die Vervielfältigung und/oder (digitale) Speicherung von Teilen dieser Ausgabe bzw. deren Veröffentlichung durch Druck, Mikrofilm, Bildaufnahmen oder auf sonstige Weise, sei es chemisch, elektronisch oder mechanisch, bedarf immer der vorherigen, schriftlichen und ausdrücklichen Zustimmung des Verlegers.
INHALT 1. Einleitung ................................................................................................ 5 2. DIE Gegenwärtigen Banken und die Spekulationsblase ......................... 7 2.1 Die Finanzkrise ................................................................................. 7 2.2 Die Banken ....................................................................................... 9 2.3 Die Euro-Krise ................................................................................ 18 3. Geld, Macht und Herrshaft .................................................................... 32 3.1 Ursachen der gegenwärtigen Finanzkrise ....................................... 32 3.2 Die Geschichte des Geldes ............................................................. 41 4. Die Klassengesellschaft......................................................................... 46 5. Sozialismus, Kapitalismus oder Imperialismus ..................................... 52 5.1 Sozialismus ..................................................................................... 52 5.2 Kapitalismus ................................................................................... 57 Superkapitalismus ............................................................................ 60 Turbokapitalismus ............................................................................ 63 5.3 Imperialismus ................................................................................. 66 5.4 Eigentumsverhältnisse .................................................................... 79 Hauptformen: ................................................................................... 80 6. Der Geldadel und seine Geschichte....................................................... 82 6.1 Die Rothschilds............................................................................... 82 Geschichte der Rothschilds .............................................................. 88 6.2 Rockefeller...................................................................................... 96 6.3 Organisationsstrukturen ................................................................ 105 Die Freimauerer ............................................................................. 106 Skull and Bones (Schädel und Knochen) ....................................... 109 Der Schwarze Adel ........................................................................ 110 Das Komitee der 300 ...................................................................... 112 Die Illuminati ................................................................................. 113 Fazit… ........................................................................................... 114 6.4 Die Schattenregierung .................................................................. 115 Bilderberger-Konferenzen.............................................................. 115 Die Trilaterale Kommission ........................................................... 122 CFR.… ........................................................................................... 123 7. Die Machtinstrumente ......................................................................... 127 7.1 Die Geheimdienste........................................................................ 127 7.2 Die Medien ................................................................................... 142 Konkret: Die Masse wird dazu manipuliert zu glauben, dass: ....... 151 Irakkrieg ......................................................................................... 157 7.3. Die politische Klasse und ihre Rolle............................................ 159 7.4 Die Lüge vom Volksvertreter ....................................................... 166 7.5 Die Partei ...................................................................................... 168 Die Entstehung der Parteien in Deutschland .................................. 168
Die Philosophie der Parteien ..........................................................169 Das Wesen der Partei......................................................................176 7.6 Das parlamentarische und das despotische Parteiensystem ..........179 Die weitere Entwicklung des Parlamentarismus ............................184 7.7 Die gesellschaftlichen Gewalten ...................................................190 7.7.1 Die Gewaltenteilung beziehungsweise Gewaltentrennung ....190 7.7.2 Die 4. Gewalt, die Mediative ................................................191 7.7.3 Die 5. Gewalt, die Monetative ...............................................193 8. Die Versklavung der Welt ...................................................................197 9. Deutschland und seine Finanzgeschichte ............................................205 Die City of London- der mächtigste Staat der Erde .......................220 Die deutsche Geschichtsschreibung ...............................................224 10. Die Rechtliche Situation ....................................................................232 § 146 Strafgesetzbuch - Geldfälschung...............................................232 § 259 Strafgesetzbuch - Hehlerei .......................................................233 § 253 Strafgesetzbuch - Erpressung ....................................................233 Nennenswerte tatsächliche Übereinstimmungen ................................234 11. Fazit ...................................................................................................239 11.1 Für Europa ..................................................................................239 11.2 Für Deutschland ..........................................................................241 Notwendige Veränderungen ...........................................................246 12. Ausblick .............................................................................................254 12.1 Ein demokratisches Gesellschaftsmodell ..................................266 12.1.1 Rechenmodell einer demokratischen Ordnung in ................266 Deutschland .........................................................................266 12.1.2 Ein demokratische Arbeitstagsmodell .................................268 12.1.3 Ein öffentliches Verwaltungsmodell ...................................269 12.1.4 Verwaltungsdienst ...............................................................270 12.1.5 Dienst in den öffentlichen Verwaltungsebenen ...................271 12.2 Selbstverteidigung .......................................................................275 12.3 Die Beherrschung des Geldumlaufs der Bürger ..........................287 12.4. Eigentum an Grund und Boden – eine Anregung ...................... 291 12.5 Hinweise für wirkliche Weltverbesserung ................................293 13. Anhang ..............................................................................................299 13.1 Das Energieproblem ....................................................................299 13.2 Das Gesundheitsproblem ............................................................314 14. Literaturverzeichnis ...........................................................................320
1. EINLEITUNG ADEIMANTOS: Welche Verfassung nennst du Oligarchie? - SOKRATES: Jede Verfassung, die auf der Vermögensschätzung beruht, in der die Reichen herrschen und die Armen keine Macht haben. Platon, Der Staat
Die Reichen werden immer reicher, und die Armut nimmt beständig zu. Das ist eine Tatsache, die heute kaum jemand bestreitet. Laut einer Studie des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW) klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von 2000 bis 2009. Inzwischen gibt es den 4. Reichtums- und Armutsbericht der Regierung. Auch hier wird die gleiche Entwicklung beklagt. Die Armutsentwicklung ist kein Zufall, und es ist auch keine bedauerliche Entwicklung, wie uns manche Politiker zu verstehen geben wollen. Diese Entwicklung ist weltweit zu beobachten. Die Zufallsrate von Entscheidungen in der internationalen Politik liegt bei unter einem Prozent, auch wenn das Ganze den Anschein von einer Aneinnanderreihung von Zufällen hat. Die heutige Situation ist das Ergebnis einer zielgerichteten Steuerung. Dieser Zustand ist so gewollt … von den Herrschenden. Die Politiker versuchen den Bürgern den Eindruck zu vermitteln, dass sie diese Entwicklung sehr bedauern und nichts dagegen unternehmen können. Es findet ein politischer Aktionismus statt, der dem Volk weismachen soll, es wird alles für das Volk unternommen. Dabei sind es die Politiker, die die Weichen genau in diese Entwicklungsrichtung zur Bereicherung der einen und Verarmung der anderen eingestellt haben. Sie heben in den Parlamenten ihre Hand zu den Gesetzen und Regeln, die genau diese Situation der Umverteilung hervorrufen. Trotz allem behaupten die Politiker, „Wir leben in einer Demokratie …“
6
2. DIE GEGENWÄRTIGEN BANKEN UND DIE SPEKULATIONSBLASE Ausgangspunkt der Betrachtungen soll die Streitschrift des bekannten Ökonomen und Finanzkritikers Prof. Max Otte (Professor für allgemeine und internationale Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Worms, seit 2011 zudem Professor für quantitative und qualitative Unternehmensanalyse und -diagnose an der Universität Graz) „Stoppt das EuroDesaster“ sein.
2.1 Die Finanzkrise Im Jahre 2008 fegte eine Finanzkrise über den ganzen Globus. Man dachte, das Finanzsystem würde zusammenbrechen. Kurzfristig von den Politikern der einzelnen Staaten zusammengeschnürte Rettungsschirme von bisher unbekannter Größenordnung wurden aufgelegt.
Die Kosten waren enorm. Sie beliefen sich nach einer Schätzung der Commerzbank bislang auf über 10 Billionen Dollar – 20 Prozent des Weltsozialprodukts. Allein der deutsche Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) hat Rettungsmaßnahmen von mehr als 200 Milliarden Euro genehmigt. … dabei sind die Konjunkturprogramme und die Liquiditätshilfen von Bundesbank und Europäischer Zentralbank noch nicht mitgezählt. Und dennoch: Man hätte sich vielleicht damit abgefunden, wenn die Politik die Lehren aus der Krise gezogen hätte. Wenn das Finanzsystem endlich sicherer geworden wäre und die Menschen in eine bessere Zukunft hätten blicken können. Aber nichts davon ist der Fall. Die dringend notwendige Reform des Finanzsektors ist ausgeblieben. Nach einer kurzen Schreckenspause machen die Investmentbanken, Hedgefonds und andere Finanzakteure weiter wie bisher: Ungehindert durch die Politik betreiben sie ihr hochriskantes, oft toxisches Geschäft. Und das, was Bundeskanzlerin Merkel 2008 vollmundig versprochen hatte, dass nämlich jeder Akteur, jedes Produkt und jede Region reguliert werden solle, gerät mehr und mehr in Vergessenheit. In immer kürzeren Abständen folgen nun die Einschläge aufeinander. Kaum schien die Finanzkrise halbwegs überwunden, stand Griechenland vor der Zahlungsunfähigkeit. Die Politiker überschlugen sich un7
verzüglich in Willensbekundungen, „Griechenland, den Euro und Europa zu retten“. Das sind gleich drei politische Lügen auf einmal. Denn von den 110 Milliarden Euro, die 2010 als „Rettungspaket“ durch den Internationalen Währungsfonds und als bilaterale Kreditzusagen der EuroLänder zur Verfügung gestellt wurden, profitieren weder Europa, noch die griechischen Bürger, noch die Bürger der Geberländer wie Deutschland. Unser Geld geht nicht nach Griechenland, Irland oder Portugal – nein, es fließt wieder an die Banken, die sich ein weiteres Mal verzockt haben, diesmal mit griechischen Anleihen. Fakt ist: Es gibt überhaupt keine „Euro-Krise“. Wir stehen mitten in einer neuen Bankenkrise. Nutznießer der Rettungspakete sind wieder einmal Investmentbanken und Superreiche. Und Europa wird durch diesen Wahnsinn schon gar nicht gerettet. Im Gegenteil, es wird zum Nutzen dieser Finanzoligarchie, der sich die Politik bereitwillig unterworfen hat, auseinanderdividiert … Wir brauchen keinen Sozialismus für Banken und Superreiche, in dem diese Gruppen auf Kosten des Staates leben, ohne sich angemessen an der Wertschöpfung in der Wirtschaft zu beteiligen. [1] Halt, halt, was hat Sozialismus mit Superreichen, Banken und Schmarotzertum zu tun? Professor Otte wirft mit Begriffen um sich, um deren Inhalt er sich offensichtlich zu wenig Gedanken gemacht hat. Was versteht Professor Otte unter Sozialismus? Er bleibt diese Antwort leider schuldig, markige Begriffe ohne Untersetzung. Auf das Thema Sozialismus und die Frage, was die derzeitige Entwicklung mit Sozialismus zu tun hat, wird später näher eingegangen.
Was wir brauchen, ist ein faires marktwirtschaftliches Finanzsystem, das nicht leistungsfreie Kapitaleinkommen belohnt, sondern stattdessen ermöglicht, dass jeder Arbeitswillige Arbeit findet, man mit einer Vollzeitstelle eine Familie ernähren kann und eine hinreichende Altersversorgung besteht. [2] Wie sieht ein marktwirtschaftliches Finanzsystem aus? Hat nicht gerade dieses „marktwirtschaftliche Finanzsystem“, in dem sich die Banken - sprich Heuschrecken - aus USA, England, Frankreich undsoweiter, International, wie auch in Deutschland, frei marktwirtschaftlich entfalten konnten, zu diesem Desaster geführt? 8
Hat nicht die marktwirtschaftliche Öffnung unseres vorher eher restriktiven Finanzsystems gerade diesen Ausverkauf ermöglicht?
Auch George Soros, der erfolgreichste Spekulant des 20. Jahrhundert, glaubt nicht daran, dass freie Märkte sich selbst regulieren. Im Gegenteil: Der Spekulationstrieb führe in unregulierten Märkten zu immer größeren Schwankungen …[3] Ein marktwirtschaftliches Finanzsystem orientiert auf freie Märkte, ein reguliertes schränkt den Markt ein. Man muss schon wissen, was man will. Wie soll ein marktwirtschaftliches Finanzsystem Vollzeitstellen schaffen, die die Familien ernähren? Ist das überhaupt die Aufgabe des Finanzsystems? … oder doch eher der Politik? So genial in der Analyse, so fraglich im Ausblick … 2.2 Die Banken
Es ist gut, dass die Menschen des Landes unser Banken- und Geldsystem nicht verstehen, denn sonst, so glaube ich, hätten wir noch morgen früh eine Revolution. Henry Ford
Das Banken- und Geldsystem ist gar nicht so kompliziert, wie es die Politiker darstellen. Im Grunde lebt das heutige Finanzsystem von der weit verbreiteten Unwissenheit, die schon fast erschreckend ist.
Investmentbanken, von denen heute viel die Rede ist, sind keine Banken im klassischen Sinne. Sie vergeben keine langfristigen Kredite und legen auch selten Vermögen über einen längeren Zeitraum an. Investmentbanken sind vor allem Makler. Wenn zum Beispiel Unternehmen Aktien oder Staaten Anleihen ausgeben, werden sie meist von Investmentbanken dabei beraten, zu welchen Konditionen solch ein Wertpapier platziert werden kann. Die Investmentbank strukturiert das Geschäft und bringt Anbieter von Kapital (etwa Investmentgesellschaften) und Nachfrager (etwa Unternehmen und Staaten) zusammen. Ist das Geschäft abgeschlossen, kassiert die Bank eine Provision. Investmentbanken haben also keinerlei Anreiz, langfristig zu denken. Damit nicht genug: Neben sinnvollen Platzierungen von Aktien 9
und Anleihen haben die Investmentbanken in den letzten Jahrzehnten immer komplexere Produkte erfunden, die jetzt häufig als Finanzsondermüll im System lagern. [4] Denken wir nur an die vielen Lehman-Brother-Derivate. Mal ganz ehrlich, wozu benötigt der Otto-Normalverbraucher, also ca. 90 Prozent der deutschen Bürgerschaft, derartige Investmentbanken? Wozu brauchen wir sie eigentlich?
Investmentgesellschaften investieren das Vermögen ihrer Anleger in Wertpapiere und Anlageobjekte. Auch Versicherungen sind in gewisser Weise Investmentgesellschaften, denn sie haben meist große Vermögen anzulegen. Das kann durchaus nützlich für die Volkswirtschaft sein. Viele Pensionsfonds in den USA legen zum Beispiel das Vermögen der Arbeitnehmer langfristig in Qualitätsaktien an. Probleme entstehen dann, wenn Investmentgesellschaften mit geliehenem Geld arbeiten (Leverage), riskante Wetten eingehen, hektisch an der Börse spekulieren oder nicht hinreichend transparent agieren. Leider ist das zunehmend der Fall: Viele Investmentgesellschaften und Schattenbanken arbeiten extrem spekulativ, beispielsweise Hedgefonds oder Private-Equity-Gesellschaften. [5] Allgemein lässt Professor Max Otte einen ganz wesentlichen Punkt des derzeitigen Finanzsystems einfach unter den Tisch fallen: die Geldschöpfung durch die Banken. Diese Problematik taucht in der gesamten Streitschrift nicht auf. Dazu aber später. Das Hauptgeschäft im Finanzsystem erledigen immer noch die Geschäftsbanken.
Sie machen im Großen und Ganzen das, was man von einer Bank erwartet: Sie ermöglichen den Zahlungsverkehr, nehmen Kundengelder an, stellen Konten zur Verfügung und vergeben Kredite. Das sind die volkswirtschaftlichen Aufgaben der Geschäftsbanken. In Deutschland haben die mehr als 1200 genossenschaftlich organisierten Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparkassen diese Aufgabe über hundert Jahre lang hervorragend und weltweit vorbildhaft ausgeführt. Noch heute bilden sie das Rückrat der deutschen Wirtschaft. In der Finanzkrise trugen sie erheblich zur Verstetigung der deutschen Wirtschaft bei. [5] 10
Diese Tatsache muss hier unbedingt festgehalten werden! Es gibt innerhalb des heutigen Finanzsystems Bestandteile, die mit den ganzen Spekulationen, mit der Entstehungsgeschichte der Krisensituation nichts, aber auch rein gar nichts, zu tun haben, die im Grunde nur mit in den „Schlamm“ gezogen werden. Es muss klar und deutlich gesagt werden, dass nicht das ganze Finanzsystem für die derzeitige Krise verantwortlich ist, sondern nur ganz bestimmte Teile. Schauen wir uns das System der Genossenschafts-Bank genauer an. Genossenschaftsbanken sind Banken, bei denen die Kontoinhaber auch Eigentümer der Bank sind. Wer in einer Genossenschaftsbank ein Konto eröffnen möchte, muss auch eine bestimmte Anzahl von Anteilen der Bank erwerben. Diese Anteile sind andererseits limitiert, damit es keinen übermächtigen Anteilseigner gibt. Und diese Banken sind auf das klassische Bankgeschäft eingeschränkt – Kontoführung, Zahlungsverkehr und Kreditgeschäft. Diese Form der Genossenschaftsbanken ist den spekulativen Finanzjongleuren ein Dorn im Auge.
Louis Brandeis, einer der angesehensten Verfassungsrichter Amerikas, prägte 1913 den Begriff Finanzoligarchie. Diese Finanzoligarchie, bestehend aus Investmentbanken, Hedgefonds, Schattenbanken, Ratingagenturen und weiteren Akteuren, ist die derzeit dominierende zivile Weltmacht. Das ist keine irgend geartete Verschwörungstheorie, sondern die nüchterne Erkenntnis mit Blick auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Machtverhältnisse. Und die sind eindeutig: Heute stehen die großen und mächtigen Investmentbanken – in den USA an erster Stelle Goldman Sachs, in Deutschland die Deutsche Bank – an der Spitze der Nahrungskette. Sie agieren am schnellsten, haben die begabtesten Finanzingenieure und außerdem die besten Verbindungen in Regierungskreise. Mitarbeiter von Goldman Sachs stellen in den Vereinigten Staaten regelmäßig den Finanzminister und weitere wichtige Kabinettsmitglieder. Auch Mario Draghi, der neue Präsident der Europäischen Zentralbank, stand früher in Diensten von Goldman Sachs. Den mächtigen Akteuren arbeiten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, willfährige Regierungen und Regierungsbehörden zu. [6]
11
Diese Investmentbanken, oder besser Spekulationsbanken, sind die Herrscher des Bankwesens. Otte spricht von willfährigen Regierungen und Behörden. Wer sich der Finanzoligarchie nicht beugt, wird „kalt-gestellt“ oder beseitigt.
Inzwischen haben Investmentbanken und spekulative Investmentgesellschaften nach und nach den Geschäftsbankensektor und die Realwirtschaft überwuchert und sich gefügig gemacht. Ganze Märkte und Staaten tanzen heute nach der Pfeife der Finanzmärkte. Und anstatt die Spekulation einzudämmen, wird diese durch die heutige Gesetzeslage und Finanzmarktregulierung sogar noch gefördert. [7] Ja, warum wohl? Die Finanzoligarchie ist der Herrscher, und die Regierungen haben zu gehorchen! Das muss hier klar und deutlich gesagt werden. Die Regierungen leben in der Gnade der superreichen Finanzoligarchen, solange sie das tun, was diese wollen. Aber gnade Gott, sie tun es nicht … Die Finanzspekulationen führen zu ungleichmäßigen Geldströmen und Spekulationsblasen.
So werden massive Verwerfungen verursacht, denn Finanzkapital ist viel beweglicher als Realkapital. Der mittelständische Unternehmer, dessen Vermögen im eigenen Unternehmen steckt, leidet unter diesen Schwankungen der Finanzmärkte und des Kreditflusses. [8] Auch diese Tatsache klingt nur leise an: der Unterschied zwischen dem Realkapital und dem Geld der Finanzoligarchie, hier als Finanzkapital bezeichnet. Der Begriff Finanzkapital widerspricht dem Wesen des eigentlichen Kapitalbegriffs. Um es genauer zu sagen, es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen produktivem Unternehmerkapital und unproduktiven, teilweise Produktion zerstörenden Spekulationsgeldern.
Die Mehrzahl der Ökonomen ist zu willigen Helfershelfer in einem destruktiven System geworden. Wie eine Priesterkaste des Kapitalismus legitimieren sie das hemmungslose Treiben und predigen das Mantra, dass der Markt sich eigentlich nicht irren könne – und dienen so den Interessen der Finanzoligarchie. [8] Oben deutet Otte den Unterschied von Real-, sprich Unternehmer-, und Finanzkapital an, um wenig später beides wieder in einen Topf zu werfen. 12
Das zerstört die klare Linie, die deutlich gezogen werden muss. Produktives Kapital ist zum Leben in der heutigen Zeit unabdingbar, Spekulationsgeld ist für das (man muss schon sagen ganze) Volk so nutzlos, wie ein Kropf. Denn die wirklichen Spekulationsgewinner kann man an einer Hand abzählen. Interessant dazu ist auch die Aussage von Werner Otto, dem Gründer und Chef-Unternehmer der gleichnamigen Versandhauskette. Er sagte einmal: „An der Börse werden keine Werte geschaffen, sondern nur verschoben.“ Deutlicher kann man den Wesensunterschied nicht ausdrücken.
Nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 wurde in den USA mit der gesetzlich vorgeschriebenen Trennung von Investmentbanken und Geschäftsbanken sichergestellt, dass nicht mehr mit den Geldern der Sparer spekuliert werden konnte. Zum Zocken einladende Finanzprodukte, zum Beispiel Derivate, wurden verboten und der internationale Zahlungsverkehr durch das Bretton-Woods-System reguliert. [9] Horch horch, Derivate waren verboten. Wieso werden die heute wieder vertrieben?
Bereits 1911 erregte sich Woodrow Wilson, damals noch Gouverneur von New Jersey, darüber, dass eine kleine Anzahl von Männern das amerikanische Finanzsystem gekapert hatte und das sie die wirtschaftliche Geschichte des Landes zu ihrem eigenen Nutzen kontrollierte. [9] Zwei Jahre später, 1913, reißen sich diese Männer die amerikanische Zentralbank, die FED, unter den Nagel und machen sie zu ihrem privaten Spielball- dazu ebenfalls später.
Heute, genau einhundert Jahre später, ist es wieder so weit. Abermals hat sich die Finanzoligarchie im System eingenistet, produziert leistungsfreie Einkommen für Spekulanten und deren Helfershelfer und schädigt die Realwirtschaft. [10] Hier irrt Professor Otte, es hat sich nicht wieder eingenistet, es war international immer da. Aber erst in Krisensituationen wird es deutlich sichtbar. In Zeiten, in denen es allen einigermaßen gut geht, nimmt man es mehr oder weniger hin, dass einige wenige sich besonders bereichern. Wenn die Krise beginnt und die Armut auch den Mittelstand erreicht, dann erwacht 13
das intellektuelle Bewusstsein, und dann bemerkt man auch, was die Superreichen da treiben. Die Superreichen gibt es seit mehr als 200 Jahren, und sie betreiben seit dem ihr „Spiel“. In Krisensituationen beginnt der Widerstand in den intellektuellen Kreisen. Und genau das erleben wir jetzt.
Aber die Finanzmärkte sind nichts anderes als wirtschaftliche, rechtliche und politische Strukturen, die von Menschen geschaffen wurden. Sie sind das Ergebnis der Art und Weise, wie wir alle Politik und Wirtschaft betreiben, nicht deren schicksalhafte Grundlage. Die Finanzkrise ist kein „Unfall“. Sie wurde, wie viele andere Krisen in der Geschichte, von Menschen und ihren Handlungen verursacht. Sie war das Symptom eines Systemversagens, bei dem alle beteiligten Akteure – Investmentbanken, Geschäftsbanken, private Schuldner, Ratingagenturen, Wirtschaftsprüfer und Politiker – mitgespielt haben. [10] Nicht ganz korrekt: nicht von Menschen geschaffen, sondern von den herrschenden Superreichen und zwar genau so, wie sie es sich vorstellen. Sie spielen nicht nur, sie steuern das Spiel. Sie sitzen in der „Spielbox“ mitten drin und geben die Regeln vor und auch, wer am Ende der Sieger und wer der Verlierer sein wird.
Das Finanzkapital dient heute nicht mehr der Realwirtschaft, wie Hannes Rehm, Chef des SoFFin und langjähriger Vorstandsvorsitzender der NordLB, es noch 2008 forderte, sondern hat sich zum Herrscher über Realwirtschaft und Politik aufgeschwungen ... [10] Zur Richtigstellung – Finanzkapital dient immer der Wirtschaft. Wenn Otte vom Finanzkapital schreibt, meint er das Spekulationsgeld beispielsweise an der Börse. Das globale Spekulationsgeld diente niemals der Realwirtschaft, sondern immer nur der Geldvermehrung. Wir befinden uns jetzt kurz vor Ausbruch einer Finanzkatastrophe, und deshalb wird die negative Rolle des globalen Finanzgeschehens deutlicher wahrgenommen als vor beispielsweise 20 Jahren. In normalen Zeiten hat die Realwirtschaft ihr Auskommen, mehr aber auch nicht. In derart gewaltigen Krisenzeiten bekommt die Realwirtschaft nunmehr die Wucht der egoistischen Finanzmärkte drastisch zu spüren. Finanzmärkte und Warenmärkte sind zwei verschiedene Paar Schuhe. 14
Die Finanzoligarchie ist seit eh und je Herrscher über die führenden Politiker, nicht, wie ausgeführt, über Politik. Es handelt sich um das Kaufen, Führen und Beeinflussen von Politikern. Dieses Spiel treiben die Finanzoligarchen schon seit mehreren hundert Jahren. Und die gekauften Politiker machen die Gesetze für die Finanzoligarchen. Deutschland fehlen derzeit drei Milliarden für Kindertagesstätten, kein Geld da. Für die Instandhaltung vieler maroder Straßen werden circa. 5 Milliarden Euro benötigt, kein Geld da. Die Banken, die Griechenland, Portugal und Spanien Geld geliehen haben, brauchen 100 Milliarden bis 200 Milliarden Euro … kein Problem, innerhalb von 3 Wochen war das Geld da. Entgegen den Darstellungen geht das Geld für die „Pleitestaaten“ nicht an die Staaten, sondern direkt in die Taschen der Zockerbanken. Von der „Griechenlandhilfe“, von den vielen hundert Milliarden Euro, ging nicht ein Cent nach Griechenland, sondern die Gelder flossen direkt in die Taschen der Zocker-Banken. Preisfrage: Wer hat in Europa, so auch in Deutschland, das Sagen?
Die Basis einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist freilich das Eigenkapital. Wer viel eigenes Geld in ein Unternehmen oder eine Investmentgesellschaft steckt und damit haftet, wird sich in der Regel verantwortlicher verhalten als jemand, der vor allem mit fremdem und geliehenem Geld arbeitet. Aber die Finanzoligarchie hat es fertig gebracht, dass ausgerechnet die Investmentbanken und spekulativen Finanzgesellschaften kaum Eigenkapital vorhalten müssen, sondern grenzenlos mit fremdem Geld spekulieren können. Auch dies hat sie über ihre Lobbyisten und willfährige Politiker gesetzlich nett verpackt. [11] Spekulationsgelder dienten niemals der Wirtschaft. Eigenkapitalrendite von 25 Prozent, wie Jozef Ackermann sie forderte, kann die Wirtschaft unter normalen Bedingungen nicht erbringen, nur Spekulation auf Kosten der Wirtschaft und der arbeitenden Bevölkerung, denn irgendjemand muss es schlussendlich bezahlen.
Banken müssen nach den Regelwerken Basel II und Basel III zum Beispiel „Kernkapitalquoten“ von fünf, sieben oder mehr Prozent vorhalten. Das klingt zunächst einmal gut, ist aber ein weiteres Einfallstor für die Herrschaft der Spekulation. Denn „Kernkapital“ ist ein dehnbarer Begriff. Nur risikobehaftete Aktiva wie Investments und Kreditzusagen müssen mit Eigenkapital hinterlegt, also gesichert wer15
den. Und was risikobehaftet ist, definiert die Branche zweckmäßigerweise weitestgehend selber. AAA-Staatsanleihen etwa gelten als risikolos und müssen nicht mit Eigenkapital hinterlegt werden. [12] Jetzt kommen wir der Sache näher. Was heißt eigentlich Eigenkapital? Wenn man das Wirtschaftslexikon bemüht, wird man in der Regel auch nicht schlauer. Vereinfacht ausgedrückt ist es eigentlich das der Bank selbst gehörende Kapital einschließlich ein paar zusätzlicher Reserven. Nach Basel I (Empfehlung des Baseler Ausschusses zur Harmonisierung der Bankgeschäfte) sollte bei Kreditgeschäften die Mindestkapitalausstattung acht Prozent betragen. Das heißt eine Bank, die 80.000 Euro Eigenkapital hat, kann 1.000.000 Euro Kredit geben. Doch wo kommen die restlichen 920.000 Euro für den Kredit her? Dieses restliche Geld wird gemäß Bankensprache von der Kredit gebenden Bank „geschöpft“. Umgangssprachlich könnte man auch sagen erfunden. Sie verleihen Geld, das sie im Grunde nicht haben, sondern erst schöpfen beziehungsweise, erfinden müssen. Dazu bedienen sie sich buchhalterischer Tricks. Ein wichtiger Begriff in diesem Spiel ist das Buchgeld.
Die Bank kann die eingezahlten 100 Euro von A ihrerseits auf ihr Konto bei der Zentralbank einzahlen. Diese Sichtguthaben bei der Zentralbank können als Mindestreserve eingesetzt werden. Abhängig vom geltenden Mindestreservesatz kann die Bank nun Buchgeld erzeugen, indem sie Aktiva (Vermögensgegenstände) kauft und mit selbst geschöpftem Buchgeld bezahlt (Giralgeldschöpfung). Diese Monetisierung von Aktiva geschieht, indem die Bank einem anderen Kunden B einen Kredit gewährt, das heißt Kun-
den B ein Rückzahlungsversprechen abkauft. Zusätzlich zum Guthaben von A über 100 Euro stehen nun dem Kunden B beispielsweise weitere 90 Euro als eingeräumter Kredit als Buchgeld zur Verfügung; Wertpapiere, bewegliche oder unbewegliche Vermögensgegenstände kauft. Die Geldschöpfung erfolgt hier, indem die Bank dem Verkäufer (und Kunden der Bank) C den Kaufpreis auf dessen Konto gutschreibt. Zusätzlich zum Guthaben von A über 100 Euro stehen nun dem Kunden C beispielsweise weitere 80 Euro Sichtguthaben zur Verfügung. 16
Auf diese Weise entsteht auf Grundlage des eingezahlten Bargelds ein Vielfaches an Buchgeld, da sich der Prozess wiederholen kann. [13] Die Schraube wird immer so weiter gedreht mit Kunde D, Kunde E und so weiter. Mit diesen buchhalterischen Tricks können die Banken mehr als das 10-fache von dem, was sie tatsächlich an Geld zur Verfügung haben, an Krediten verleihen. Da Staatsanleihen als risikolos gelten, und nicht mit Eigenkapital hinterlegt werden müssen …
Als Konsequenz hat zum Beispiel die Deutsche Bank weniger als zwei Prozent (!) Eigenkapital in ihrer Bilanz. [14] Das heißt die Deutsche Bank hat 50 Mal so viel Geld verliehen oder in den Umlauf gebracht, wie sie selbst als Einlage besitzt! 98 Prozent des durch die Deutsche Bank in Umlauf gebrachten Geldes ist erfunden. Wie sagte Berthold Brecht so schön: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegenüber der Gründung einer Bank?“ Banken schöpfen Geld aus dem Nichts, sie erfinden Geld. Das sollte sich jeder vor Augen halten. Aber es kommt noch schöner für die Deutsche Bank:
Sollten also aufgrund einer Fehlspekulation ihre Vermögenswerte um zwei Prozent schrumpfen, wäre sie theoretisch insolvent. Darum muss sich die Deutsche Bank, wie viele andere Banken auch, allerdings keine Sorgen machen. Denn wenn sie sich verzockt, wird sie durch unsere Steuergelder gerettet. [15] Dieses Verfahren nennt man Bail-Out-System: Die Zockergewinne streichen die Spekulationsbanken ein, die Verluste zahlen später die Steuerzahler.
Im Gegensatz zu Mittelständlern, die oft mit ihrem eigenen Vermögen haften und immer härtere Auflagen erfüllen müssen. [15] Zu keiner Zeit wird die Diskrepanz zwischen Wirtschaftskapital und Finanzspekulationsgeldern deutlicher, als jetzt in der Krisenzeit.
17
Das ist es, was ich als „Sozialismus für Banken und Finanzdienstleister“ bezeichne: eine Wirtschaftsordnung, die Banken weitgehend vom Risiko der Spekulation freistellt und leistungsfreie Einkommen für Banken, Finanzdienstleister und Superreiche schafft. [15] Seit wann gab es in der DDR Superreiche? Hier schreibt ein Wirtschaftswissenschaftler über den Sozialismus und hat im Grunde keine Ahnung, was Sozialismus konkret bedeutet, im Positiven wie im Negativen. Er hat auch nie unter den Bedingungen des Sozialismus gelebt oder gearbeitet. Max Otte hat wahrscheinlich nur eine starke Abscheu vor dem Sozialismus und will diese Abscheu auf das heutige Finanzsystem übertragen. Er übersieht dabei die wesentlichen Grundlagen der verschiedenen Systeme: die Macht- und Eigentumsverhältnisse des heutigen und des sozialistischen Systems. Eine Definition des Begriffes Sozialismus, auf dessen Inhalt sich Professor Otte bezieht, fehlt leider in seiner Streitschrift. 2.3 Die Euro-Krise
Die Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eigenen Vaterlandes verwirklicht werden können, ist eine politische Krankheitsform, deren geographische Verbreitung leider auf Deutschland beschränkt ist. Fürst Bismarck
Seit Jahrzehnten nehmen die europäischen Staaten, wie fast überall in der Welt, bei Banken Schulden auf. Wenn es um die Schulden geht, sprechen die europäischen Politiker, so auch in Deutschland, aber immer nur von Neuschulden. Das Wort „Tilgung“ scheint in dem Wortschatz der Politiker nicht zu existieren. Während sich „kleine Kreditnehmer“, wie Firmen oder private Hausbauer, in Deutschland vor den Banken offenbaren, ihr ganzes finanzielles Dasein aufdecken und einen harten Tilgungsplan für die Rückzahlung des Kredites einhalten müssen, können Staaten so ganz nebenbei, ohne Prüfung, Kredite in Milliardenhöhe bei den Banken aufnehmen. Staaten werden die „Hürden des kleinen Mannes“ nicht aufgebürdet. Wenn man aber über Jahrzehnte immer nur Schulden anhäuft, ohne zu tilgen, dann kommt man eines Tages an einen Punkt, in dem das Finanz18
system desjenigen Staates in sich zusammenfällt. Man kann die Schuldenschraube nicht bis ins Unendliche hoch drehen. Rein mathematisch gibt es hier einen Kulminationspunkt, wo das ganze System zusammenbrechen muss. Das heutige Staatskreditsystem ist vergleichbar mit dem „Schneeballprinzip“, das schlussendlich immer zusammenbricht. Das funktioniert nach dem Motto: „Den letzten beißen die Hunde.“ Die Zeit bis zum Zusammenbruch hängt von vielen ökonomischen Faktoren ab, aber es erwischt jeden, der so mit seinen Schulden umgeht. Diese Tatsache ergibt sich aus den Gesetzen der Ökonomie. Der Zusammenbruch kommt garantiert, die Ökonomie ist da unbarmherzig. Die Euro-Krise begann, als Griechenland jenen Kulminationspunkt erreicht hatte und seine Staatsschulden nicht mehr bedienen konnte. Griechenland ist das erste Land, das es erwischt hat.
In der Politik wird seither die Abwendung einer griechischen, zuweilen auch irischen oder portugiesischen Staatsinsolvenz als Schicksalsfrage für Europa hochstilisiert. [16] Griechenland war bereits beim Eintritt in den Euro dicht am Kulminationspunkt, wenn nicht sogar schon darüber hinaus. Es hat aber nachweislich seine Zahlen so manipuliert, dass es die Aufnahmekriterien erfüllt. Die meisten europäischen Politiker wussten das, haben aber gute Mine zum bösen Spiel gemacht. Es war politisch so gewollt.
An diesem Drama ist nichts so, wie es scheint. Der Euro hat Europa nämlich nicht zusammengebracht, sondern gespalten. [17] Denken wir nur daran, wie die Griechen derzeit überlegen, der Bundesrepublik weitere Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg abzuverlangen. Krampfhaft werden neue Quellen gesucht, um an Geld heranzukommen. Das führt zu weiterem Zwist zwischen den Ländern.
Es geht bei der derzeitigen Krise nicht um die Rettung Griechenlands, des Euros oder gar Europas. [18] Private Gläubiger sind Banken und Finanzdienstleister – allen voran griechische Banken, die häufig in der Hand griechischer Milliardäre und Oligarchen sind. 19
Das sind die Akteure, die wir europaweit „retten“- nicht den Euro, nicht Griechenland und auch nicht die Griechen. [19] Das ist aber nur unvollständig, weil sich auch die Commerzbank, die Deutsche Bank und vor allem die großen französischen Banken in Griechenland verspekuliert haben. Die wollen natürlich, dass die Rettung noch lange dauert, damit sie noch möglichst viel Geld - Steuergeld - abschöpfen können, zur Minimierung des zu erwartenden Verlustes. Die Rettungsmittel fließen somit auch gar nicht nach Griechenland, sondern direkt auf die Konten der Banken. Die Griechen sehen von den Rettungs-Milliarden keinen Cent.
Denn wir, die Steuer zahlende Allgemeinheit, sind die dritte Gruppe, die sich daran beteiligen kann, einen insolventen Gläubiger zu sanieren. Im Fall Griechenlands sollen die Steuerzahler letztlich die Rettungsschirme finanzieren, von denen immer neue in Europa aufgespannt werden. … Dabei verbietet Artikel 125 des AEU-Vertrages, die so genannte Nichtbeistandsklausel, ausdrücklich, dass die EU oder einzelne Mitgliedsländer für die Schulden eines anderen Mitgliedslandes einstehen. [20] Daran sieht man die ungeheure Macht der Finanzoligarchie. Sie schaffen es, die Regierungen zu zwingen, internationale Verträge zu umgehen und genau das Gegenteil der vertraglichen Vereinbarungen auszuführen und das in einer Höhe von vielen hundert Milliarden Euro. Und wir sehen den Charakter und die Rolle der politischen Klasse, verantwortungslos sich über Gesetze hinwegzusetzen. Es zeigt, wie willfährig die Politiker der einzelnen EU-Staaten, Deutschland eingeschlossen, gegenüber den Forderungen der Finanzoligarchie sind.
Auch gegen den eminent wichtigen Artikel 123 des AEU-Vertrages wurde in dem Moment verstoßen, als die Europäische Zentralbank damit begann, in großem Umfang Staatsanleihen der Südstaaten aufzukaufen. Damit gab sie ihre Unabhängigkeit auf – und zerstörte indirekt auch jene der Deutschen Bundesbank. [20]
20
Aber die Tatsachen zeigen doch, dass die Europäische Zentralbank schon vorher gar nicht unabhängig war, sondern nur so getan hat, als wäre sie es. Wenn sie tatsächlich unabhängig gewesen wäre, könnte sie kein Druck von sonst jemandem, dazu bewegen, gegen die Grundprinzipien einer Zentralbank zu verstoßen. Sie ist nicht unabhängig, und sie war es auch nie. Das Ganze ist ein riesiger Schwindel, ein Schauspiel, das uns Steuerzahlern da vorgespielt wird.
Doch damit nicht genug der finanzpolitischen Tabubrüche. HansWerner Sinn, Chef des Münchener ifo-Institutes, deckte auf, dass die Europäische Zentralbank den Südländern über Kontokorrentkredite bis zum Frühjahr 2011 zusätzlich still und leise 340 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat. Selbstredend, dass im Zweifelsfalle auch hierfür die Steuerzahler der starken Länder geradestehen dürfen. Sinn resümiert: „Was Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesbank verschweigen: Der Rettungsschirm rettet den Euro nicht – aber er lastet Deutschland ungeheure Risiken auf. Die Höhe der Haftung übersteigt die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit. [21] Merkt hier denn niemand, dass die Bundeskanzlerin nur ein Werkzeug ist?
Den großen Finanzkonzernen geht es da besser. Im Juni 2011 stimmte Angela Merkel dem Vorschlag des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu, den Banken und Finanzdienstleistern freizustellen, ob sie sich an der Entschuldung Griechenlands beteiligen wollen oder auch nicht. Die Finanzbranche und die Superreichen werden also bestenfalls einen symbolischen Beitrag leisten. Die Hauptlast wird wieder einmal von den Bürgerinnen und Bürger getragen – in den Gläubigerländern und in Griechenland. Als wäre das nicht schlimm genug, machen die Gläubiger außerdem extremen Druck auf Griechenland und andere Schuldnerländer, ihre Staatsbeteiligungen zu privatisieren, um ihre Haushaltslöcher kurzfristig zu stopfen. Wer aber unter Zwang verkaufen muss, verkauft unter Preis- das ist eine Binsenweisheit. Und wer davon in diesem Fall profitiert, ist auch klar: wieder einmal Investmentbanken und Finanzinvestoren, die sich die staatlichen Filetstücke zu Schnäppchenpreisen aneignen und ausschlachten können. [22] Das ist so gewollt. Das funktioniert seit mehr als hundert Jahren so. Aus all den Staatspleiten und finanziellen Zusammenbrüchen gingen die Fi21
nanzoligarchen gestärkt hervor, während der „kleine Mann“ die Zeche bezahlte. Das ist in dem System so angelegt. Man muss nur genau hinschauen.
Aber gab es womöglich gar kein Risiko? Rechneten die Banken von vornherein damit, dass die politische Klasse der Europäischen Union die schöne Idee der Gemeinschaftswährung auf keinen Fall sterben lassen würde? [22] Was für eine Frage, um nicht zu sagen … blöde … Frage? Wie wir sehen, gibt es das Bail-Out-System wie in Amerika auch in Europa. In Amerika gibt es das seit ziemlich genau 100 Jahren, mit der Übernahme der Zentralbank der USA (FED) durch private Bankhäuser. Viele Politik- und Wirtschaftswissenschaftler wollen das einfach nicht wahrhaben, aber die Tatsachen sprechen eine eindeutige Sprache. Das Zögern und Zaudern der Politiker ist doch nur Schauspielerei, das ist nicht echt. Auch all die Kritiken der Politiker stellen nur Scheingefechte dar. Wie heißt die alte Weisheit: „Nicht an meinen Worten sollst du mich beurteilen, sondern an meinen Taten.“ Die derzeitigen Zustände sind ein Eldorado für die Finanzoligarchie. Und die Zustände sind so, weil die Finanzoligarchen im Hintergrund alle Fäden in den Händen halten. Die Fakten liegen auf der Hand.
Auch in der am 10. Juni 2011 veröffentlichten persönlichen Erklärung der drei liberalen Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, Sylvia Canel und Jens Ackermann zur Ausweitung des Rettungsschirmes wird deutlich, dass das System krank ist und wir uns mit Hochgeschwindigkeit in die falsche Richtung bewegen: „Der Preis, den wir für den im Februar des Jahres 2010 eingeschlagenen und heute weiter beschrittenen Weg zu bezahlen haben werden, ist (…) viel zu hoch. Er kostet den Euro und dadurch vielleicht die Europäische Einigung. (…) Wir müssen uns endlich eingestehen, dass wir es mit einer pathologischen Überschuldung von Staaten und Banken zu tun haben. (…) Wir ignorieren die Krankheit unseres staatlichen Geldsystems, in dem Geld und Kredit aus dem Nichts geschaffen werden. Dieses Geldsystem hat ein Schneeballsystem aus ungedeckten, zukünftigen Zahlungsverpflichtungen geschaffen. Wie jedes Schneeballsystem wird es früher oder später in sich zusammenbrechen.“ Schäffler und seine 22