Compliance Praxis Ausgabe 3/2020

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3  /   2 020 Österreichs erstes Compliance-Magazin

THEMENSP E C IA L Herausford erung Hinweisgeb er

NEW WORK? NEW WORK!

LexisNexis, 1030 Wien, Marxergasse 25 ISSN 2220-6299

Digital-Vordenkerin Joana Breidenbach über neue Wertehorizonte für Unternehmen

HINWEISGEBER SCHÜTZEN Whistleblower sind das beste Instrument zur Aufdeckung von Fraud. Ihr Schutz erweist sich als schwierig.

Netzwerkpartner

ARBEITSKRÄFTE ENTSENDEN Die grenzüberschreitende ­Ent­send­ung von Arbeitskräften wirft Compliance-Fragen auf!

YEARS ANNIVERSARY

BIConcepts

DIGITAL TAX ADMINISTRATION Finanzbehörden verpflichten Unternehmen verstärkt zu ­digitalem Steuer-Reporting. Ein Ausblick.


DatenschutzAudit

Der unverzichtbare Praxislei aden, um Compliance im Datenschutz nachzuweisen, ein Datenschutzmanagementsystem aufzubauen und Datenschutz-Audits durchzuführen.

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

Die verlässliche Kommenঞerung für die Bedürfnisse der Rechtspraxis, wissenscha[lich fundiert.

Die Herausgeber: RA Dr. Michael M. Pachinger, CIPP/E Georg Beham, MSc

EDITORIAL

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Weil Vorsprung entscheidet.

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Sind Sie sicher, dass Ihre Geschäftspartner alle ComplianceBestimmungen erfüllen? Die Feststellung des wirtschaftlichen Eigentümers bzw. wirtschaftlich Berechtigten gehört zur Erfüllung eines lückenlosen Due-Dilligence-Prozesses dazu. Mit dem neuen weltweiten UBO-Monitoring von Bisnode D&B sind Sie auf Knopfdruck 24/ 7 up-to-date & erfüllen damit internationale Bestimmungen & darüber hinaus auch Anforderungen für Ethical Compliance.

Lassen Sie sich von Ihren Geschäftspartnern nicht hinters Licht führen!

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3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage Preis: € 44,– Wien 2020 | 230 Seiten Best.-Nr. 97107003 ISBN 978-3-7007-7632-1

Sie halten nun die erste Ausgabe der neu konzeptionierten Zeitschrift („Relaunch“) in Händen. Auch das Portal wird in Kürze im neuen Gewand erscheinen. Wir möchten damit s­ owohl die Zeitschrift als auch das Portal für Sie – geschätzte Leserin, geschätzter Leser – sowohl im Design als auch inhaltlich noch attraktiver gestalten. Wir hoffen sehr, dass Sie Gefallen daran finden. Der Schutz von Whistleblowern wird uns die nächsten Jahre intensiv beschäftigen. Wir widmen unser „Special“ diesem Thema. Oft wird dabei übersehen, dass Whistleblowing nicht nur ein technisches Tool ist, sondern dass es Teil der Unternehmenskultur sein sollte. Aus Sicht der Praxis sind für unsere Leser sicher die Überlegungen eines ö ­ sterreichischen, internationalen Champions, der Miba AG, im Zusammenhang mit der Einführung eines Hinweis­gebersystems von Interesse (Stichwort: „Vertrauens­würdigkeit“). Viel zu wenig beschäftigen wir uns mit den positiven Effekten von rechtskonformem Verhalten. Der Beitrag zur Rendite von Compliance soll Ihnen Anregungen für eine Messbarkeit liefern. Wir sollten uns auch (rasch) darauf vorbereiten, dass das Thema Nachhaltigkeit zunehmend mit der Compliance verzahnt werden wird. Die EU-Taxo­nomie wird nicht nur die Finanzindustrie gewaltig ­verändern, s­ ondern sich unmittelbar auf alle Unternehmen auswirken, die sich am Kapitalmarkt finanzieren. Compliance wird dann der finanziellen Ausstattung des Unternehmens dienen. Und natürlich hat die Corona-Krise auch die Arbeitswelten von Compliance Officern verändert. Wir freuen uns sehr, dass wir die renommierte Joana Breidenbach als Interviewpartnerin zu den neuen Arbeitswelten und Werten gewinnen konnten. Viel Spaß beim Lesen!

www.bisnode.at/ubo-monitoring

Ihr Alexander Petsche Schriftleiter Compliance Praxis

Bisnode D&B – Ihr Partner für Compliance. WORLDWIDE NETWORK

Kontaktieren Sie uns sehr gerne für weitere Informationen unter +43-1-58861-155 oder unter customerhelp.at@ bisnode.com. Wir freuen uns, Sie zu unterstützen.

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INHALT

S AV E T H E D

Compliance www.compl

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INHALT

Eine Frage der Perspektive Seite 8

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© Adobe Stock

Quergelesen Seite 9 Termine Seite 47 Kolumne Seite 48

Digitalisierung & IT Digital Tax Administration: Ein aktueller Überblick und Ausblick in die Zukunft Weltweit verpflichten Finanzbehörden ­Unternehmen verstärkt zu digitalem ­Steuer-Reporting. Seite 42

Themenspecial „Herausforderung Hinweisgeber“

ab Seite 18

Recht & Haftung

Aktuelles Studie: Die Rendite von Compliance

Wie lassen sich Compliance-Erfolge nach­ weisen? Das untersuchte eine aktuelle Studie. Seite 4

Kartellrecht: Ein überraschendes Urteil

Ein österreichisches Urteil zur relativen Marktmacht von Unternehmen könnte ­Schule machen. Seite 7

Management & Organisation „Anwesenheit im Büro ist nicht wichtig“

Die Sozialunternehmerin Joana Breidenbach im Interview über neue Arbeit und neue Werte. Seite 10

THEMENSPECIAL Herausforderung Hinweisgeber Auswahl, Einführung und Betrieb eines Hinweisgebersystems am Beispiel der Miba AG

Das anonyme Hinweisgebersystem stellt ein zentrales Element im CMS der Miba AG dar. Seite 18

Veritatem dies aperit! – Motivation und Persönliche Folgen von Whistleblowing

Die EU-Whistleblower-Richtlinie soll ­Hinweisgeber in Zukunft besser schützen. Seite 22

Strafverfahren gegen Hinweisgeber im Lichte der Hinweisgeber-RL

In spezifischen Konstellationen sind Strafverfahren gegen Hinweisgeber denkbar. Seite 26

Aus ISO 19600 wird ISO 37301

Alle Infos zur neuen ISO 37301, die voraussichtlich Anfang 2021 die ISO 19600 ablöst. Seite 14

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Coverfoto: ©Breidenbach/Fotograf: Nils Hasenau

Netzwerk News

Compliance im internationalen ­Personaleinsatz

ISO 37001: Austrian Standards als erster Zertifizierer akkreditiert

Sustainability Compliance

Karriere

Arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Aspekte der Personalentsendung. Seite 30

Das Nachhaltigkeitsparadigma stellt auch die Compliance-Funktion vor Heraus­ forderungen. Seite 34

Interview mit Dr. Peter Jonas, Director ­Certification bei Austrian Standards. Seite 45

Neue Compliance-Kräfte im D-A-CH-Raum. Seite 46

Internationales Antikorruption im internationalen ­Menschenrechtskontext

Korruptionsbekämpfung und der Schutz der Menschenrechte gehören untrennbar zusammen. Seite 36

DOJ erneuert seine Leitlinien zur ­Evaluierung von Compliance-­ Programmen und den FCPA-Leitfaden

Nach den Leitlinien zur Evaluierung von CMS wurde nun auch der Leitfaden zum FCPA erneuert. Seite 40

Wie lässt sich Finanzbetrug künftig besser verhindern? Das ist „Eine Frage der Perspektive“.

Seiten 8

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MANAGEMENT & ORGANISATION

Compliance Praxis: In Ihrem Unternehmen betterplace lab haben Sie in den letzten Jahren selbstorganisiertes Arbeiten eingeführt. Eine recht umfangreiche „Verfassung“ regelt den Umgang zwischen den Teammitgliedern. Was sind die Vorteile von selbstorganisierter Arbeit? Joana Breidenbach: Unsere Arbeitsformen sind im Industriezeitalter entstanden, als es darum ging, mit Hilfe standardisierter Prozesse Waren und Dienstleistungen zu erzeugen. Wir leben aber heute in der digitalen Welt, die wesentlich dezentraler, flexibler, kollaborativer, im Zweifel globaler ist und sich sehr schnell verändert. Die im 19. und 20. Jahrhundert entwickelten Organisationsmodelle passen nicht mehr, um auf die schnellen Veränderungen unserer Welt antwortfähig zu bleiben. Würden sie formale Hierarchien per se in Frage stellen, auch in einem großen Konzern? Ich würde feste, rigide Hierarchien in Frage stellen. Wir arbeiten bei betterplace lab auch mit Hierarchien. Aber diese sind durchlässig, bilden sich für bestimmte Aufgaben, verfallen dann wieder und bilden sich für andere Aufgaben neu; immer mit demjenigen Menschen an der Spitze, der die meiste Kompetenz für die jeweilige Aufgabe mitbringt. Im digitalen Zeitalter müssen wir möglichst viel Wissen anzapfen, das entlang der gesamten Organisationsstruktur vorhanden ist. In hierarchischen Unternehmen werden an der Spitze Entscheidungen getroffen, obwohl die meiste Kompetenz wahrscheinlich an anderer Stelle zu finden ist.

Interview

„Anwesenheit im Büro ist nicht wichtig“ Joana Breidenbach, Social Entre­preneur und Digital-Vordenkerin, über veränderte Arbeitswelten nach Corona, „inner work“ und neue W ­ ertehorizonte für Unternehmen.

© Marc Beckmann

Interview: Klaus Putzer

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Wer entscheidet, wer die nötige Kompetenz für ein Projekt hat. Ist das offensichtlich? Nein, dazu braucht es eine offene, aber auch kritik- und konfliktfähige Diskussion. Da Selbst- und Fremdbild häufiger auseinanderklaffen, braucht es einen offenen Dialog darüber, wer welche Kapazitäten hat, um eine Aufgabe zu übernehmen. Ich würde Hierarchien überhaupt nicht verdammen, nicht alle Unternehmen müssen selbstorganisiert arbeiten. Bestimmte Elemente von Selbstorganisation sehen wir aber jetzt schon ganz stark im Kommen – Stichwort Agilität.

Sie sagen, es sei „inner work“ der Mitarbeiter gefordert, um in der Selbstorganisation erfolgreich sein zu können. Was verstehen Sie darunter? Mitarbeiter müssen einen psychologischen Reifungsprozess durchmachen. Es braucht ganz bestimmte Kompetenzen, um weitreichende Entscheidungen zu fällen, etwa die Fähigkeit, mit Komplexität umzugehen. Dafür reicht es nicht, Prozesse nur im Außen zu verändern, Menschen müssen mit ihren Kompetenzen mitwachsen. Bestimmte neue Kompetenzen müssen wie ein Muskel trainiert werden, etwa die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren oder den Prozess zu beobachten. Wir haben diese Kompetenzen mit einem Coach geübt, aber auch in unsere Arbeitsprozesse eingeführt. Wenn die Außenwelt durch die Dynamik der Digitalisierung unsicherer wird, müssen wir die Sicherheit an einer anderen Stelle etablieren, die dann notwendigerweise in uns selbst liegt. Kritisch könnte man hier anmerken, der Einzelne soll eine Sicherheit, die die Arbeitswelt nicht mehr bieten kann oder will, in sich selbst etablieren, damit er jederzeit in jeder Struktur funktionsfähig sein kann. Das ist genau das, wo wir definitiv nicht hinwollen. Es ist ja nicht ein Entwederoder, sondern ein Sowohl-als-auch: Auf der einen Seite möchte ich Mitarbeiter haben, die möglichst motiviert ihr eigenes Potential entfalten, weil es für sie als Menschen schöner ist, authentisch und lebendig zu sein. Zugleich ist es wichtig, dass wir dysfunktionale Strukturen – bis zu 73 Prozent der Angestellten fühlen sich laut Studien von ihrem Unternehmen abgekoppelt – nicht einfach akzeptieren. Wir haben immer auch den Blick darauf, was sich gesellschaftlich, strukturell insgesamt ändern muss. Inwiefern lässt sich diese Philosophie auf größere Unternehmen übertragen? Ein Sachbearbeiter in einer Bank identifiziert sich womöglich weniger stark mit seinen Aufgaben als jemand in einem Sozialunternehmen. Zum einen gehen fast alle Konzerne heute in diese Richtung. Sie sehen, dass sie in

einer Welt, die neue Anforderungen an sie stellt, Schwierigkeiten haben, den Innovationsgrad und die Schnelligkeit zu halten, die erforderlich sind. Zum zweiten glaube ich, dass sich auch Unternehmen wie Banken über den Wertehorizont „maximale Profitabilität“ hinaus neu orientieren können. Viele Kunden wechseln ihre Bank in diesem Sinne. Im „War for Talent“ wird es für Unternehmen auch zunehmend schwierig, richtig gute Mitarbeiter zu kriegen, weil diese eben auch Anforderungen an die Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit stellen. Wie wird in selbstorganisierten Unternehmen Fehlverhalten von Beschäftigten sanktioniert? Prinzipiell pflegen wir eine große Fehlerfreundlichkeit. Weil Fehler nicht versteckt werden, können wir daraus lernen. Sehr enge Rückkopplungsschleifen sorgen dafür, dass Prozesse sauber durchgehalten werden und dass wir sehr früh merken, wenn wir eingreifen müssen. Passieren krasse Fehlleistungen – wenn beispielsweise jemand in die Kasse greift –, würde diese Person entlassen. Für anderes, nicht ganz so offensichtliches Fehlverhalten wenden wir Feedbackprozesse und ein Konfliktverfahren an, das dazu führen kann, dass Mitarbeiter gehen. Wir haben aber nicht den einen Chef, der das anordnet, sondern andere Arten, wie wir uns von Mitarbeitern trennen. Jedenfalls führen wir Gespräche darüber, was nicht funktioniert. Es handelt sich also nicht um eine einseitige Entscheidung wie in eher hierarchisch geführten ­Unternehmen. Die Coronakrise hat die Digitalisierung sehr gepusht. Wird flexibles, digitalisiertes, ortsunabhängiges Arbeiten zur „neuen Normalität“? Wir brauchen sowohl die Flexibilität, dass Menschen zuhause – entlang ihres Biorhythmus – produktiv arbeiten können, aber auch Räume, wo informeller Wissenstransfer stattfinden kann. Corona hat aufgezeigt, was wichtig für unsere Arbeit ist und was wir nicht vermissen. Die Anwesenheit im Büro ist nicht wichtig, denn es geht ja nicht darum, Zeit abzusitzen, sondern um Ergebnisse. In der → 3  /   2 020

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Coronakrise konnte man sehen, dass sich viele Chefs aus Angst vor Kontrollverlust erst einmal über dezentrale Zeiterfassungstools erkundigten. Davon werden wir einen Schritt wegkommen, was ich sehr positiv finde. Auch die Art und Weise, wie Unternehmensgrenzen definiert werden, verändert sich. Dass wir Talente von außerhalb des eigenen Unternehmens flexibel nutzen, wandelt die Gestalt eines Unternehmens an sich. Werden traditionelle Loyalitäten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer damit künftig brüchiger? Als Unternehmer müssen wir eine Kultur schaffen, die Menschen das Gefühl gibt, sie können nicht nur sich selbst

Zur Person Dr. Joana Breidenbach hat seit 2007 eine Reihe von Unternehmen gegründet, die digitale Technologien für soziale Innovationen nutzen, allen voran betterplace.org, Deutschlands größte Spendenplattform. Im „Think-and-DoTank“ betterplace lab erforscht sie mit Ihren Mitarbeitern seit 2010, „wo sich Innovation und Gemeinwohl treffen“. Zudem ist sie Boardmitglied etlicher Organisationen und Unternehmen wie zB der Tomorrow Bank oder der Humboldt Viadrina Governance Platform. Die Autorin mehrerer Bücher wurde 1965 als Joana v. Rechenberg in Hamburg geboren, absolvierte Teile ihrer Schulbildung in Großbritannien, studierte in München Kunstgeschichte, Anthropologie und Osteuropäische Geschichte und schrieb am University College London eine Doktorarbeit über die deutsche materielle Kultur. Breidenbachs neuestes Buch trägt den Titel „New Work needs Inner Work: Ein Handbuch für Unternehmen auf dem Weg zur Selbstorganisation“ (VahlenVerlag, gemeinsam mit Bettina Rollow). Joana Breidenbach ist Keynote Speaker am Compliance Solutions Day 2020 am 24. September 2020.

weiterentwickeln, sondern auch an etwas Sinnvollem mitwirken. Unsere Gesellschaft ist – in der Schule, im Elternhaus, in der weiteren Ausbildung – so davon abgegangen, intrinsische Motivationen in den Mittelpunkt zu stellen, dass wir glauben, Menschen extern mit höherem Gehalt, Boni usw motivieren zu müssen. Pflegen wir ein anderes Menschenbild, dann folgen wir dem natürlichen Entwicklungsdrang von Menschen, die nicht 20 Jahre lang das Gleiche machen, sondern sich weiterentwickeln wollen. Wir müssen Mitarbeitern also sowohl Sicherheiten, Verlässlichkeit und Orientierung bieten als auch notwendige Freiräume, wo sie kreativ sein können. Diese beiden Pole braucht der Mensch. In der Gig Economy wird der Sicherheitspol völlig aufgegeben, was mental und auch sonst sehr ungesund ist. Wie finden Mitarbeiter mehr „innere ­Sicherheit“? Menschen zeigen am Arbeitsplatz meist nur ihr professionelles Gesicht, kehren ihre positiven Seiten nach außen. Wir alle zahlen einen sehr hohen Preis dafür, dass wir Unsicherheiten und negative Gefühle versteckt halten. Sicherheit am Arbeitsplatz bedeutet für mich, als ganzer Mensch auftreten zu können. Nur wenn wir uns trauen, Fehler zu machen und aus unserer Komfortzone herauszugehen, können wir auch kreativ sein. Bei betterplace lab muss niemand eine Therapie machen oder sich irgendwie entblößen, aber jeder darf mit allen Facetten präsent sein. Viele Arbeitgeber, egal ob sie selbstorganisiert arbeiten oder in einer Hierarchie, könnten viel verbessern, einfach indem sie eine andere Kultur etablieren, wo die Beschäftigten nicht bloß transaktional zusammenkommen, sondern als Menschen. Im Mission Statement Ihres „Think-andDo-Tank“ betterplace lab heißt es: „Wir erforschen, finden und fördern, was das Digitale sozial macht.“ Ist das Digitale denn so unsozial, dass es erst sozial gemacht werden muss? Wir sehen ja, dass das Digitale eigentlich wieder zur Profitmaximierung eingesetzt wird, in einer Weise, die dem Potenzial

von Digitalisierung in meiner Vorstellung nicht gerecht wird. Wieso wirtschaften wir denn? Einfach nur für mehr Geld? Das ist jedenfalls für mich kein Endzweck. Ich möchte mehr Geld haben, um mehr Wahlmöglichkeiten, mehr gestalterische Macht zu gewinnen. Wir sollten als Gesellschaft darauf abzielen, die Lebensqualität von möglichst vielen Menschen zu verbessern. Das ist ein Ziel, wo es viele Beispiele digitaler Technologien gibt, die dafür eingesetzt werden. Sie beschäftigen sich auch stark mit dem Thema „Change“. Ständiger Wandel ist in modernen Unternehmen Normalität. Warum löst Veränderung bei Menschen trotzdem meist eher Unbehagen als ­Freude aus? Menschen haben eigentlich einen ganz natürlichen Drang, sich weiterzuentwickeln. Aber niemand von uns bekommt gerne gesagt, dass er sich verändern soll. Das Problem ist, dass Change top-down angeordnet wird, meistens noch mit Beratern im Haus, wo dann ganz viele Leute – zu Recht – Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Niemand, der verängstigt ist, wird sein Verhalten verändern. Change kann gelingen, wenn von der Unternehmensführung eine authentische Einladung erfolgt, dass man sich in bestimmten Bereichen neu aufstellen möchte. Auf von oben Verordnetes wird die erste Reaktion Widerstand sein. Denn: Wer bist du (Berater, Arbeitgeber), dass du mir sagst, dass ich mich ändern soll? Erfolgreicher sind in meiner Erfahrung Unternehmen, wo sowohl die Unternehmensführung als auch die Beschäftigten bottom-up gemeinsam so eine Entwicklung starten. Wo Mitarbeiter etwas verändern wollen und dann auch das Mandat dafür bekommen. Wir hatten bei betterplace lab – das ist vielleicht extrem – Mitarbeiter, die sich selbst abgeschafft haben, indem sie sagten: „Das Lab geht in eine bestimmte Richtung, von der ich glaube, dass ich nicht mehr am richtigen Platz bin. Ich liebe es zwar, Teil des Teams zu sein, aber ich sehe, dass jetzt eigentlich jemand anderes mit anderen Qualitäten gefragt ist. Sucht euch jemand, der eher diese und jene Qualitäten hat!“

Unsere Netzwerkpartner: ARS Akademie

Austrian Standards

Die ARS Akademie ist Österreichs größter privater Fachseminaranbieter und wurde heuer im Industriemagazin zum besten Seminaranbieter Österreichs gewählt. Mit 13 Fachbereichen bietet die ARS Akademie ein breites Spektrum an Seminarinhalten und Branchenthemen und deckt so jeden Weiterbildungswunsch ab.

Austrian Standards ist das österreichische Kompetenzzentrum für Normen und Regelwerke und bietet seinen Kunden und Stakeholdern eine vielfältige Palette an Dienstleistungen. Unter der Marke Fair Business® Compliance Certificate führt Austrian Standards Zertifizierungen und Prüfungen nach den Standards ISO 19600 und ISO 37001 durch.

BIConcepts

BigData & Analytics / Performance Management / Business Intelligence Wenn es darum geht, Daten – Informationen – Wissen in Ihrem Unternehmen zu managen, Ihre Compliance zu überwachen, Entscheidungen fundierter und besser zu treffen und damit Ihre Performance zu steigern, bietet BIConcepts die passende Beratung und die Umsetzung mit hochwertigen Software-Lösungen an.

BIConcepts bit media e-solutions GmbH

iwhistle GmbH

bit media ist E-Learning Marktführer in Österreich und international etablierter Lösungsanbieter. Mit der Sparte „Compliance E-Learning“ unterstützt bit media Unternehmen, vom KMU bis zum internationalen Großkonzern, bei der Umsetzung von Compliance-Richtlinien mit modernen digitalen Methoden.

Die iwhistle GmbH ist ein inhabergeführtes Unternehmen. Sicherheit, Vertrauen und Integrität zeichnen unsere Philosophie aus. Wir beraten Sie auf Grundlage der Bedürfnisse Ihres Unternehmens und begleiten Sie bei der Implementierung des passenden Hinweisgebersystems: iwhistle®.

Build Trust in society and solve important problems

targens GmbH

Taylor Wessing

YEARS ANNIVERSARY

Die SER-Gruppe

Software-Herstellung & IT-Dienstleistungen

SER ist größter unabhängiger deutscher Hersteller und Anbieter von Lösungen für integriertes Enterprise Content Management (iECM). SER bietet Lösungen zur Einhaltung firmeninterner und gesetzlicher Compliance Vorschriften.

Compliance Solutions – Zukunftsfähige Lösungen auf höchstem Niveau targens ist als IT-Expertenhaus führender Anbieter von Beratung, Softwareund Produktlösungen. Auf die Compliance-Kompetenz in Beratungs- und Implementierungsprojekten in Verbindung mit der marktführenden Software SMARAGD vertrauen 1.600 Unternehmen aus allen Branchen in mehr als 50 Ländern.

PwC Österreich

PwC bietet branchenspezifische Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung sowie Unternehmensberatung. So schaffen wir Mehrwert für unsere Kunden. Über 276.000 Mitarbeiter in 157 Ländern tragen mit ihren Ideen, ihrer Erfahrung und ihrer Expertise dazu bei, neue Perspektiven und praxisnahe Lösungen zu entwickeln.

Innovative / Proactive / Ambitious for clients | Instinctively commercial Taylor Wessing ist eine führende internationale Anwaltssozietät, die ihren Mandanten innovative Lösungen einschließlich maßgeschneiderter Compliance-Beratung bietet, um ihre ambitionierten Ziele zu erreichen. Die Offices in Wien, Budapest, Prag, Brünn, Bratislava, Warschau und Kiew bilden das CEE/SEE Competence Centre von Taylor Wessing.

Sie möchten Netzwerkpartner werden? www.compliance-praxis.at/Netzwerk 12

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RECHT & HAFTUNG

Regelungen im Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz („LSD-BG“) festgelegt hat, sind andere europäische Staaten teilweise viel „lockerer“. Dessen ungeachtet kann aber auch eine Entsendung/Überlassung aus Österreich hinaus und selbst innerhalb der EU zu vorab unterschätzten Problemen und auch Strafen führen, wenn keine ausreichende Klärung erfolgt. Zu erwarten war und ist auch, dass insbesondere mit Hinblick auf die verpflichtende Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie bis spätestens 30. Juli 2020 einige Mitgliedstaaten ihre lokalen Bestimmungen anpassen. In Deutschland wurde etwa das Arbeitnehmer-Entsendegesetz per 30. Juli 2020 „verschärft“.

Compliance im internationalen Personaleinsatz Die grenzüberschreitende Entsendung von Arbeitskräften – auch innerhalb der EU – wirft Compliance-Fragen auf! Ein Überblick über die wichtigsten arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen sowie steuerlichen Aspekte im internationalen ­Personaleinsatz. Von Wolfgang Kapek und Michaela Petritz-Klar

Auch wenn Reisen insgesamt noch immer auf ein Minimum zurückgefahren sind und geschäftliche Besprechungen im Ausland eher in Ausnahmefällen stattfinden, so ändert sich nichts an den aktuellen Fragen zum internationalen Personaleinsatz. Dabei geht es insbesondere auch um Compliance-Themen, da selbst innerhalb der Europäischen Union zahlreiche formelle und materielle Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zutage treten. Dies betrifft sowohl allgemeine arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche als auch steuerliche Aspekte. Der folgende Artikel versucht einen kurzen allgemeinen Überblick zu geben. Arbeitsrechtliche/sozialversicherungsrechtliche Aspekte Werden Arbeitnehmer außerhalb der Europäischen Union eingesetzt, oder Arbeitnehmer von außerhalb der EU nach Österreich geholt, so ist mittlerweile

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„allgemein bekannt“, dass hierfür in der Regel Aufenthalts- und/oder Arbeitsbewilligungen erforderlich sind. Auch erfolgt in diesen Fällen meist eine abgabenrechtliche Prüfung, die steuerliche Themen sowie sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen mitumfasst. Anders wird dies – wie sich in der Praxis oft zeigt – beim Austausch von Arbeitnehmern innerhalb der Europäischen Union gehandhabt. Zwar sind die ursprüngliche EU-Entsenderichtlinie aus 1996 sowie die im Jahr 2014 dazu erlassene Durchsetzungsrichtlinie und auch die Änderungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie aus dem Jahr 2018 „in aller Munde“, doch werden jene Pflichten, die sich aus den dazu ergangenen einzelstaatlichen Umsetzungen ergeben, oft nicht wahrgenommen bzw beachtet. Dies ist häufig darauf zurückzuführen, dass davon ausgegangen wird, der jeweils „lokale Standard“ sei in der ganzen EU anwendbar. Während Österreich hier ohnehin strenge

Entsendung/Überlassung aus der EU nach Österreich Das LSD-BG bestimmt, dass mit wenigen Ausnahmen grundsätzlich jede Entsendung sowie jede Überlassung von Arbeitnehmern aus der EU, dem EWR sowie der Schweiz nach Österreich vorab mit den Formularen ZKO3 (Entsendung) oder ZKO 4 (Überlassung) zu melden ist. Bereits hier zeigt sich eine erste maßgebliche Hürde, nämlich die Unterscheidung einer Entsendung von einer Überlassung. Dass die lokale Auslegung von § 4 AÜG weit überschießend und EU-rechtswidrig war (und der Gesetzestext dies wohl immer noch ist), wurde den österreichischen Behörden und dem Verwaltungsgerichtshof durch das Urteil Martin Meat vom Europäischen Gerichtshof deutlich vor Augen gehalten. Obwohl diese Entscheidung bereits 2015 ergangen ist, wurde das AÜG leider noch nicht „repariert.“ Erfolgt nämlich die „falsche“ Meldung und hält im Falle einer Überlassung nicht der lokale Beschäftiger die Unterlagen bereit, werden in der Regel alle Beteiligten gestraft, selbst wenn eine Entsendung gemeldet worden sein sollte. Die mehrfache Kumulation von Strafen wurde mittlerweile ebenfalls vom Europäischen Gerichtshof als unzulässig erkannt. Nichtsdestotrotz ist aber auch nach den Grundsätzen, die in Martin Meat angesprochen wurden, die Unterscheidung zwischen Entsendung und Überlassung oft äußerst fraglich. Dies insbesondere dann, wenn gemeinsam zwischen aus dem Ausland „entsandten“ oder „überlassenen“ (?) Mitarbeitern und lokalen Mitarbeitern an einem Projekt (zB IT-Projekt) gearbeitet wird. Themen wie agiles Arbeiten und dergleichen sind noch so unbekannt, dass sich die Beteiligten stets in einem „Graubereich“ befinden. Verlässliche Auskünfte von Behörden sind kaum zu erhalten, niemand möchte sich bei Grenzfragen festlegen.

Es ist in all diesen Fällen also erforderlich, sich genau und intensiv Gedanken über die Abwicklung und die erforderlichen Meldungen zu machen. Genauso „akribisch“ hat eine Auseinandersetzung mit den möglichen Ausnahmen vom LSD-BG zu erfolgen. Wo zB eine geschäftliche Besprechung, an der ohne Meldung teilgenommen werden darf, aufhört und andere Tätigkeiten beginnen, ist oftmals höchst fraglich. Genauso fraglich ist, wann Arbeiten von geringem Umfang und kurzer Dauer vorliegen, denn diese beiden Kriterien sind Grundvoraussetzung für fast alle Ausnahmen (nur abgesehen von bestimmten Konstellationen im Konzern). Selbst eine „Entsendung“ im Konzern ist nur unter bestimmten Voraussetzungen nicht meldepflichtig. Es darf insgesamt davon ausgegangen werden, dass die „Dunkelziffer“ von nicht entdeckten Verstößen exorbitant hoch ist, wobei kaum einer der Beteiligten dabei auf die Idee kommt, aktuell gegen ein Gesetz zu verstoßen. Handelt es sich um eine zu meldende Entsendung/Überlassung, sind jedenfalls auch das A1Formular als Nachweis für die Sozialversicherung im Ausland, der Dienstvertrag in deutscher oder englischer Sprache, Lohnzahlungsunterlagen, Überweisungsbelege sowie Arbeitszeitaufzeichnungen in Österreich bereitzuhalten; bei der Entsendung vom ausländischen Arbeitgeber einerseits, bei der Überlassung vom inländischen Beschäftiger andererseits. Selbstverständlich sind auch die entsprechenden (kollektivvertraglichen) Mindestlöhne/-gehälter bei der Bezahlung zu beachten. Wie überall steckt hier „der Teufel im Detail“, so etwa bei allen Formen von Zulagen, Aufwandersatz, dem österreichischen Spezifikum des 13. und 14. Bezuges, etc. Wer also meint, man könne schnell, einfach und unbürokratisch mal mit den Kollegen zB aus Deutschland und der Slowakei in Österreich gemeinsam an einem Projekt arbeiten, der irrt und bezahlt horrende Strafen, wenn er „erwischt“ wird. Entsendung/Überlassung von Arbeitnehmern aus Österreich hinaus Wie bereits ausgeführt, ist allgemein bekannt, dass bei Entsendungen/Überlassungen über die EUGrenzen hinweg die lokalen Gesetze zu prüfen und einzuhalten sind. Innerhalb der EU (auch des EWR sowie gegenüber der Schweiz) wird jedoch auch von österreichischen Unternehmen oftmals angenommen, dass hier, zumindest soweit es die EU betrifft, die entsprechende „Dienstleistungsfreiheit“ greift. → 3  /   2 020

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RECHT & HAFTUNG

Eine Unterscheidung in Entsendung und Überlassung ist nahezu überall vorgesehen und bedingt somit eine Auseinandersetzung mit den lokalen Gegebenheiten, da fast jedes Land graduell etwas anderes darunter versteht. Ganz oberflächlich kann zB gesagt werden, dass eine Überlassung in die Schweiz so gut wie unzulässig ist, dafür aber nicht jeder Sachverhalt, der in Österreich als Überlassung zu qualifizieren ist, auch in der Schweiz so gesehen wird. Es bedarf also auch hier einer einzelfallbezogenen Prüfung von Land zu Land. Dies gilt etwa auch für die Ausnahmen von den lokalen Meldebestimmungen. Während es etwa in Österreich keine bestimmte Tagesgrenze gibt (eine meldepflichtige Entsendung/Überlassung kann schon in weniger als einem Tag verwirklicht sein), haben andere Länder durchaus bestimmte Zeiträume (drei oder fünf Tage) festgesetzt, innerhalb derer keine Meldungen erforderlich sind. Aus der Sicht des Betroffenen ist bedauerlich, dass eben keine einheitliche Regelung zustande gekommen ist, sodass all dies auch innerhalb der EU jeweils einzeln geprüft werden muss. Auch wenn dies in Österreich eigentlich nur bei meldepflichtigen Entsendungen/Überlassungen ausdrücklich mit Strafe bedroht ist, so empfiehlt es sich jedenfalls, bei jeglicher beruflicher Reisetätigkeit ein entsprechendes A1-Formular mitzuführen. Dies gilt sowohl bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit von als auch nach Österreich. Für „Viel-Reisende“ kann hier zumindest in Österreich ein auf längere Dauer ausgestelltes A1-Formular erlangt werden. Dies ist aber noch nicht in allen anderen Staaten so umgesetzt. Zu guter Letzt sei darauf hingewiesen, dass die an sich per 30. Juli 2020 umzusetzende Änderungsrichtlinie auch Beschränkungen von Auslandseinsätzen der Dauer nach vorsieht und Regelungen bei der Überschreitung von 12 bzw 18 Monaten verlangt. Dies bedeutet, dass diese Zeiträume bei einer längeren Einzelentsendung/Überlassung sowie Projektdauer durchaus kritisch zu hinterfragen sein werden. All dies sind selbstverständlich nur Hinweise auf die „regulatorischen Rahmenbedingungen“.

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Eine Darstellung der (ebenso spannenden) Fragen des anwendbaren Rechts, des Gerichtsstandes sowie der vollständigen oder teilweisen Kollektivvertragsunterworfenheit (oder wie immer die entsprechenden Rechtsinstrumente in anderen Ländern auch benannt werden) würde den Rahmen dieser Darstellung bei weitem sprengen. Steuerliche Aspekte Gerade im Zusammenhang mit internationalen Personaleinsätzen sind steuerliche Themen häufig mannigfaltig, zumal in diesen Fällen oft steuerliche Bestimmungen mehrerer Länder zu beachten sind. Eine sorgfältige Vorbereitung ist neben dem Aufsetzen eines entsprechenden Vertragswerks aus Compliance-Sicht des Unternehmens unabdingbar. Dazu gehört letztlich auch die Sicherstellung der fristgerechten Erfüllung der daraus resultierenden steuerlichen Reporting- und Zahlungspflichten des Unternehmens in den jeweils betroffenen Jurisdiktionen. Nachfolgend wollen wir einen Überblick über ausgewählte steuerliche Fragen schaffen, die häufig bei internationalen Personaleinsätzen von Relevanz sind. Dies betrifft zum einen die Frage der Aufteilung des Besteuerungsrechts für die Einkommen der jeweiligen Arbeitnehmer sowie das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte für den Arbeitgeber am Einsatzort. Daneben können aber auch andere steuerliche Themen, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Abzugssteuerpflicht des Arbeitgebers oder auch umsatzsteuerliche Aspekte, von Bedeutung sein. Steuerpflicht des Arbeitnehmers Erbringt ein Arbeitnehmer seine Tätigkeit (auch nur teilweise) außerhalb von Österreich, so stellt sich die Frage, welcher Staat das Besteuerungsrecht an den Einkünften des Arbeitnehmers hat. Prinzipiell folgt das internationale Steuerrecht dem Tätigkeitsprinzip. Dies bedeutet, dass jenem Staat das Besteuerungsrecht zusteht, in dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. In Outbound-Szenarien, in denen ein Arbeitnehmer eines österreichischen Unternehmens zumindest teilweise im Ausland arbeitet, führt dies in der Regel zu einem Verlust des Besteuerungsrechts Österreichs an jenen Einkünften des Arbeitnehmers, die auf die Tätigkeit im Ausland entfallen. Gerade hier sind aus Compliance-Sicht entsprechende Vorkehrungen auf Arbeitgeberebene zu treffen, um etwa Entlastungen hinsichtlich der Lohnsteuerpflicht aber auch zusätzliche Verpflichtungen, etwa über eine Abzugssteuerpflicht im Einsatzstaat, zeitgerecht zu implementieren.

Nur im Fall von kurzfristigen Auslandseinsätzen (meist nicht länger als 183 Tage) kann das volle Besteuerungsrecht Österreichs bestehen bleiben. Allerdings ist hier, insbesondere bei konzerninternen Arbeitskräfteüberlassungen, Vorsicht geboten. So ist Voraussetzung für die 183-Tage-Regelung, dass die Vergütung des Arbeitnehmers gerade nicht von oder für einen Arbeitgeber bezahlt wird, der am Einsatzort steuerlich ansässig ist. Im Fall einer konzerninternen Arbeitskräfteüberlassung wird üblicherweise aber der Beschäftiger als Arbeitgeber für Zwecke des internationalen Steuerrechts angesehen, soweit dieser letztlich die Kosten des Arbeitnehmers trägt. In einer solchen Konstellation würde daher auch bei kurzfristigen Auslandseinsätzen das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates greifen. Dies gilt sinngemäß auch für den Fall, dass die Entlohnung des Arbeitnehmers von einer Betriebstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat getragen wird. Angesichts der jüngsten Entwicklungen zum Begriff und Umfang einer Betriebsstätte kann gerade die Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber eine Betriebsstätte am Einsatzort begründen (siehe dazu sowie zu möglichen Folgen einer solchen Betriebsstättenbegründung weiter unten).

Die Autoren Mag. Wolfgang Kapek ist Partner, CEE Co-Head of ­Compliance und CEE Head of Employment bei Taylor Wessing. Kontakt: w.kapek@taylorwessing.com MMag. Dr. Michaela Petritz-Klar ist Partner und CEE-Head des ­Steuerrecht-Teams bei Taylor Wessing. Kontakt: m.petritz-klar@taylorwessing.com

dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, obwohl ein solcher erforderlich wäre. Zwar gibt es zu diesem Themenbereich noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung, dennoch sollten diese Aspekte auch bei Auslandeinsätzen, bei denen der Arbeitnehmer im Homeoffice arbeitet, bei der arbeitsvertraglichen Gestaltung wie auch bei der faktischen Umsetzung berücksichtigt werden. Eine Folge der Begründung einer Betriebsstätte ist, dass dem Betriebsstättenstaat ein Besteuerungsrecht an jenem Teil des Gewinnes des Arbeitgebers eingeräumt wird, der dieser Betriebsstätte und der darin ausgeübten Tätigkeit zuzurechnen ist. Der Arbeitgeber würde somit auch im Tätigkeitsstaat einer Steuerpflicht unterliegen. Welche Verrechnungspreismethode zur Ermittlung eines solchen Betriebsstättengewinns Anwendung findet (zB Kostenaufschlagsmethode, Gewinnteilungsmethode, etc), hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab.

Umgekehrt im Fall eines Inbound-Einsatzes von Arbeitnehmern eines ausländischen Arbeitgebers in Österreich wird deren inländische Tätigkeit ein Besteuerungsrecht Österreichs für die auf diese Tätigkeit entfallenden Einkünfte des Arbeitnehmers begründen. Gerade in solchen Fällen ist besonderes Augenmerk auf die Erhebung der österreichischen Einkommensteuer, etwa im Wege einer möglichen Abzugsteuer, zu legen. Mögliche Betriebsstättenbegründung Gerade in den letzten Jahren sind die Anforderungen an die Begründung einer Betriebsstätte deutlich gesunken; dies mitunter auch unter Berücksichtigung der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt. Dies äußert sich unter anderem auch in der vom österreichischen BMF vertretenen Ansicht, wonach Tätigkeiten im Homeoffice eine Betriebsstätte des Arbeitgebers am jeweiligen Tätigkeitsort begründen können, soweit es sich dabei nicht um bloße Hilfsoder Vorbereitungstätigkeiten handelt. Indizien für die Begründung einer Betriebsstätte liegen nach dem BMF beispielsweise dann vor, wenn dem Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers ein Laptop und Mobiltelefon zur Verfügung gestellt wird, der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Homeoffice auffordert, der Arbeitnehmer das Homeoffice steuerlich geltend macht oder der Arbeitgeber

© Taylor Wessing

Dem ist aber nicht so und auch wenn die meisten anderen Länder wesentlich weniger stringente Bestimmungen haben als Österreich (wobei die Schweiz durchaus „mithalten“ kann), so sind doch viele nachgezogen bzw werden noch jetzt im Rahmen der Umsetzung der Änderungsrichtlinie nachziehen. Leider wurde von der EU aber eben nur ein „Rahmenwerk“ vorgegeben, sodass kurz zusammengefasst gesagt werden kann, dass die einzelnen Umsetzungen individuell erfolgt sind bzw erfolgen.

Fazit Internationaler Personaleinsatz bedarf einer genauen Planung sowohl aus arbeitsrechtlicher, regulatorischer und sozialversicherungs- sowie aus steuerrechtlicher Sicht. Dabei können schon bei kurzen Einsätzen, die oft „on the spot“ entschieden werden, hohe Strafen drohen. Bei längeren Aufenthalten von Arbeitnehmern im Ausland werden auch die steuerlichen Rahmenbedingungen immer enger. Aus Sicht der Compliance ist darauf zu achten, dass Auslandseinsätze von österreichischen Arbeitnehmern sowie Einsätze ausländischer Arbeitnehmer in Österreich vorab klar definiert und geregelt werden. Viele Unternehmen haben für häufige Konstellationen auch Check-Listen und klare interne Abläufe definiert, um die oft „überraschenden“ gesetzlichen Tücken in den Griff zu bekommen. Vor allem bei längeren Einsätzen und/oder einer größeren Anzahl an Betroffenen sind die möglichen Strafen exorbitant.

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