Seit der letzten Auflage des Kommentars hat sich das Rechtsumfeld der Privatstiftung weiterentwickelt und ist eine Vielzahl an höchstgerichtlichen Entscheidungen ergangen. Diese Neuerungen sind im aktuellen Werk ebenso berücksichtigt wie die umfassende neue Literatur zu stiftungsrechtlichen Fragen. Den Erfahrungen der Praxis entsprechend wurden einige Kapitel zusätzlich vertieft. www.privatstiftung.info
Dr. Nikolaus Arnold ist Rechtsanwalt in Wien und geschäftsführender Gesellschafter der ARNOLD Rechtsanwälte GmbH (www.arnold.biz). Er ist als Rechtsanwalt und Stiftungsvorstand regelmäßig mit stiftungsrechtlichen und damit in Zusammenhang stehenden Fragen, insbesondere auch zu Nachfolge- und Vermögensplanungen, Unternehmensstrukturierungen und erbrechtlichen Bereichen, befasst. Dr. Arnold ist Autor zahlreicher Publikationen zu stiftungs-, gesellschafts- und abgabenrechtlichen Themen. Er ist Mitherausgeber und Autor einer systematischen Kommentierung des Stiftungssteuerrechts, eines Handbuchs zum Stiftungsrecht, eines Kommentars zum Grunderwerbsteuerrecht und eines Kommentars zu Rechtsgebühren, Mitherausgeber der GesRZ („Der Gesellschafter“) und Mitglied des Redaktionsbeirats von Aufsichtsrat aktuell. Die erste Auflage des Kommentars zum Privatstiftungsgesetz wurde mit dem Walther-Kastner-Preis ausgezeichnet.
ISBN 978-3-7007-8295-7
Privatstiftungsgesetz
Das Standardwerk zum Privatstiftungsgesetz (PSG) bietet in 4., neu bearbeiteter und erweiterter Auflage eine detaillierte Darstellung der Rechtslage. Besondere Berücksichtigung finden dabei praxisrelevante Fragestellungen sowie umstrittene oder noch nicht behandelte Bereiche.
Kommentar
Nikolaus Arnold
Privatstiftungsgesetz Kommentar
Nikolaus Arnold
Seit nunmehr fast 30 Jahren hat die Rechtsform der Privatstiftungen für den Wirtschaftsstandort Österreich wesentliche Bedeutung. Privatstiftungen leisten aber auch einen unverzichtbaren Beitrag im gemeinnützigen Bereich.
4. Auflage
PSG
4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage
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Errichtung und Entstehung einer Privatstiftung
§ 7 PSG
Errichtung und Entstehung einer Privatstiftung § 7. (1) Die Privatstiftung wird durch eine Stiftungserklärung errichtet; sie entsteht mit der Eintragung in das Firmenbuch. (2) Für Handlungen im Namen der Privatstiftung vor der Eintragung in das Firmenbuch haften die Handelnden zur ungeteilten Hand. Stammfassung (BGBl 1993/694)
Literatur Cerha/Eiselsberg/Kirschner/Knirsch, Privatstiftungsgesetz, ecolex spezial (1993), 28 f; Csoklich, Anwendungsbereich und Gründung einer Privatstiftung, in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich (Hrsg), Handbuch zum Privatstiftungsgesetz (1994), 13 ff [insbesondere 49 ff]; Schauer, Erbrechtliche Probleme der Privatstiftung, in Csoklich/ Müller/Gröhs/Helbich (Hrsg), Handbuch zum Privatstiftungsgesetz (1994), 107 ff [insbesondere 117 ff, 120]; M. C. Huber in Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg), Privatstiftungsgesetz (1995), § 7 Rz 1 ff; Steiger, Die Gründung einer Privatstiftung, FJ 1996, 88 ff; Pittl, Der Stifter einer Privatstiftung und die ihm zustehenden Rechte, NZ 1999, 197 ff; Karollus, Gläubigerschutz bei der Privatstiftung, in Gassner/Göth/Gröhs/Lang (Hrsg), Privatstiftungen (2000), 37 ff [insbesondere 57 f]; Pittl, Errichtung und Entstehung von Privatstiftungen, NZ 2000, 257 ff; Werkusch, Gründung der Privatstiftung, in Doralt/Kalss (Hrsg), Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts (2001), 71 ff [insbesondere 73 ff, 86 f, 100 f]; Wolf, Zuwendungen an eine Privatstiftung vor Jahresende, FJ 2001, 142 ff [insbesondere 144]; Gurmann, Die Verpflichtung des Privatstiftungsvorstandes zur Vorlage der Stiftungszusatzurkunde, ecolex 2002, 640 ff; W. Reiser in Hasch (Hrsg), PrivatstiftungsG (2002), 43 f; Hochedlinger, 10 Jahre Privatstiftungsgesetz: Gelöste und ungelöste Fragen, GeS 2003, 472 ff [insbesondere 473 f]; N. Arnold in Arnold/ Ginthör, Der Stiftungsvorstand (2006) [insbesondere Rz 12 f]; Keller, Einflussnahme des Stifters (2006) [insbesondere 26 ff]; Zollner, Eigennützige Privatstiftung (2011) [insbesondere 26 ff, 94 ff]; Kollros in Hasch & Partner 2 (Hrsg), PSG (2014), § 7; Briem, Zur Übernahme der Gründungskosten durch die Privatstiftung, ZFS 2015, 103 ff; 2 Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht (2017), Rz 7/1 ff [insbesondere 7/36 ff]; 3 N. Arnold in Arnold/Ludwig (Hrsg), Stiftungshandbuch (2022), Rz 2/1 ff, 2/55.
Gliederung
Rz
I. Allgemeines ............................................................................................................... 1-2 II. Errichtung der Privatstiftung ..................................................................................... 3-8 1. Allgemeines ............................................................................................................ 3-4 2. Vorstiftung ............................................................................................................. 5-7 3. Vorgründungsstiftung ................................................................................................ 8 III. Handelndenhaftung ................................................................................................. 9-16 IV. Entstehen der Privatstiftung .................................................................................. 17-19 V. Errichtungsmängel ............................................................................................. 19a-22a VI. Anfechtung/Pflichtteil/Unterhalt/Aufteilung ............................................................... 23
I. Allgemeines § 7 Abs 1 PSG regelt einerseits den Zeitpunkt der Errichtung der Privatstiftung (Vorstiftung; siehe § 7 Rz 5 f) und setzt andererseits den Zeitpunkt des Entstehens der Privatstiftung als juristische Person fest.
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Im Abs 2 leg cit ordnet der Gesetzgeber an, dass für Handlungen im Namen der Privatstiftung vor deren Eintragung in das Firmenbuch die Handelnden zur ungeteilten Hand haften (so
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§ 7 PSG
Errichtung und Entstehung einer Privatstiftung
genannte Handelndenhaftung). Diese Bestimmung ist § 34 Abs 1 AktG und § 2 Abs 1 GmbHG nachgebildet (ErlRV zum § 7 Abs 2).
II. Errichtung der Privatstiftung 1. Allgemeines 3
Die Privatstiftung wird „durch eine Stiftungserklärung errichtet“ (§ 7 Abs 1 1. Halbsatz PSG). Bei der Errichtung der Stiftungserklärung handelt es sich um ein einseitiges, nicht empfangsoder annahmebedürftiges Rechtsgeschäft, und zwar auch dann, wenn mehrere Stifter gemeinsam eine Privatstiftung errichten (vgl Schauer in Csoklich/Müller, Die Stiftung als Unternehmer, 31; Cerha/Eiselsberg/Kirschner/Knirsch, ecolex spezial, 28; M. C. Huber in Doralt/Nowotny/Kalss (Hrsg), PSG, § 7 Rz 2; Zollner, Eigennützige Privatstiftung, 27 f; vgl auch OGH 25.2.1999, 6 Ob 332/98 m, RdW 1999, 409, RZ 1999/69, wbl 1999/227; 12.8.2004, 1 Ob 166/04 z, RdW 2004, 732, ecolex 2005, 48, GeS 2004, 475 [Anm N. Arnold], EvBl 2005/50; 9.3.2006, 6 Ob 166/ 05 p, GesRZ 2006, 203, ZfS 2006, 76, RdW 2006, 438, ecolex 2006/440, JBl 2006, 521 [Anm H. Torggler]; OLG Wien 27.5.2008, 28 R 262/07 s, GesRZ 2009, 50). Das Stiftungsgeschäft ist ein Rechtsgeschäft sui generis und damit durch seine Doppelnatur geprägt (zum Gesellschaftsvertrag der GmbH vgl Schmidsberger/Duursma in Gruber/Harrer (Hrsg), GmbHG2, § 3 Rz 3). Neben dem organisationsrechtlichen Teil enthält die Stiftungserklärung auch einen vermögensrechtlichen Teil (siehe Zollner, Eigennützige Privatstiftung, 42 f).
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Für die Errichtung der Privatstiftung ist es ausreichend, wenn eine Stiftungsurkunde (eine Stiftungszusatzurkunde ist nicht zwingend vorgesehen) in der maßgeblichen Form (bei der Privatstiftung unter Lebenden sohin in Form eines Notariatsaktes; bei der Privatstiftung von Todes wegen zusätzlich auch in Form einer letztwilligen Verfügung) von einem oder mehreren (bei der Privatstiftung von Todes wegen ist eine Stiftermehrheit ausgeschlossen) rechtsfähigen Stiftern (zur Eignung als Stifter § 3 Rz 16 ff) errichtet wird (zur Form §§ 8 Rz 2, 39 Rz 2, 6 f; zur Vertretung bei Errichtung § 3 Rz 5 ff). Die Stiftungsurkunde muss über den gesetzlichen Mindestinhalt verfügen (ErlRV zum § 7 Abs 1; Pittl, NZ 2000, 257); mE hindert aber nicht jeder (Form-)Fehler, mag er sich auch auf den Mindestinhalt beziehen, die Errichtung der Privatstiftung (und damit das Entstehen der Vorstiftung), selbst wenn er – sofern er nicht behoben wird – ein Eintragungshindernis darstellen sollte. Widrigenfalls könnte die Frage, ob eine Vorstiftung entstanden ist, stets nur ex post beurteilt werden. Die Errichtung einer Privatstiftung von Todes wegen ist durch das Ableben des Stifters aufschiebend bedingt (§ 8 Rz 3). Im Gegensatz zur deutschen Stiftung nach dBGB und (österreichischen) Stiftungen nach BStFG (2015) (§ 10 Abs 4 ff BStFG (2015)) bzw den landesgesetzlichen Regelungen (vgl zB § 12 Abs 4 ff Burgenländisches Stiftungs- und Fondsgesetz; § 9 Abs 4 ff Kärntner Stiftungsund Fondsgesetz; § 7 Abs 4 Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz etc) bedarf die Errichtung einer Privatstiftung (und damit das Entstehen einer Vorstiftung) – auch bei solchen von Todes wegen – keines behördlichen Genehmigungsaktes. Auch die Rechtsfähigkeit (Rechtspersönlichkeit) der Vorstiftung ist nicht von einer behördlichen Genehmigung abhängig (vgl allerdings beispielsweise § 6 Abs 4 1. Satz BStFG (2015); § 4 Abs 6 Wiener Landes-Stiftungsund Fondsgesetz; § 28 Abs 4 Burgenländisches Stiftungs- und Fondsgesetz; § 5 Abs 5 Kärntner
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§ 7 PSG
Errichtung und Entstehung einer Privatstiftung
tung fortgesetzt werden (vgl sinngemäß zur persönlichen Außenhaftung der Gründer einer VorGmbH für Verbindlichkeiten nach Scheitern der Eintragung und Fortführung der Geschäfte BGH 4.11.2002, II ZR 204/00, GmbHR 2003, 97).
IV. Entstehen der Privatstiftung 17
Mit der Eintragung im Firmenbuch entsteht die Privatstiftung (§ 7 Abs 1 2. Halbsatz PSG). Die Eintragung wirkt konstitutiv (ErlRV zum § 7). Durch diesen konstitutiven Rechtsakt entsteht die Privatstiftung als juristische Person (Einl Rz 12; § 1 Rz 5) und endet die Vorstiftung (vgl § 7 Rz 7).
18
Organe der Vorstiftung werden automatisch solche der Privatstiftung, ohne dass es eines weiteren Bestellungsaktes bedarf.
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Rechte und Pflichten der Vorstiftung gehen auf die Privatstiftung über. Die Privatstiftung setzt die Vorstiftung zumindest im Wege der Gesamtrechtsnachfolge fort (so zur GmbH Reich/ Rohrwig, GmbH-Recht I2, Rz 1/533), sofern nicht überhaupt kraft umwandlungsähnlichen Rechtsvorganges Identität der Rechtsträger (mE zu Recht) anzunehmen ist (Koppensteiner/ Rüffler, GmbHG3, § 2 Rn 28 mwN; zur AG Zollner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3, § 34 Rz 31). Einer Genehmigung (etwa durch die Privatstiftung, vertreten durch den Stiftungsvorstand) bedarf der Übergang von Rechten und Pflichten nicht. Zur Beendigung der Handelndenhaftung vgl § 7 Rz 15.
V. Errichtungsmängel 19a
Wird bei der Errichtung der Stiftungsurkunde die maßgebliche Form (dh grundsätzlich die Form des Notariatsaktes bzw bei Privatstiftungen von Todes wegen zusätzlich die Form der letztwilligen Verfügung) nicht eingehalten, kann die Privatstiftung nicht entstehen. Da es schon an der Grundlage für die Errichtung der Privatstiftung mangelt, kommt es nicht zu den Änderungsbefugnissen des Stiftungsvorstands nach § 33 Abs 1 PSG; dieser kann die Nichteinhaltung der maßgeblichen Form daher auch nicht sanieren. Mitunter ist dem Willen des Stifters im Wege der Konversion möglichst nahezukommen (siehe auch § 8 Rz 9). Bei Nichteinhaltung der Formvorschriften liegt ein Eintragungshindernis vor. Die Nichteinhaltung der Formvorschriften in Bezug auf die Stiftungszusatzurkunde hindert das Entstehen der Privatstiftung aber nicht. Dies ergibt sich schon daraus, dass eine Privatstiftung über eine Stiftungszusatzurkunde verfügen kann, aber nicht muss (N. Arnold in Arnold/Ludwig (Hrsg), Stiftungshandbuch3, Rz 2/32).
19b
Bei Fehlen der zwingenden Mindestinhalte der Stiftungsurkunde oder unzulässigen Regelungen liegt gleichfalls ein Eintragungshindernis vor. Eintragungshindernisse können durch die Stifter bzw den Stiftungsvorstand nach Maßgabe des § 33 Abs 1 PSG saniert werden. Erfolgt die Eintragung der Privatstiftung in das Firmenbuch trotz Vorliegens unzulässiger Regelungen oder Fehlens zwingender Mindestinhalte, ist die Privatstiftung jedenfalls entstanden. Gegen zwingende Bestimmungen verstoßende Regelungen der Stiftungserklärung sind als nicht existent anzusehen (N. Arnold in Arnold/Ludwig (Hrsg), Stiftungshandbuch3, Rz 2/33; Csoklich, PSR 2010, 9 f).
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Errichtung und Entstehung einer Privatstiftung
§ 7 PSG
Die Mitwirkung eines Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen als Stifter an der Stiftungserrichtung ohne Mitwirkung der gesetzlichen Vertreter bzw ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung und gegebenenfalls Beiziehung eines Kollisionskurators (siehe § 3 Rz 26 ff) ist (schwebend) unwirksam und wird durch die Firmenbucheintragung nicht geheilt. Eine nachträgliche Sanierung ist möglich (§ 3 Rz 34).
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Bei Gewalt und Drohung mit Gewalt (vgl Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht5, 343; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, § 3 Rn 11; Reich/Rohrwig, GmbH-Recht I2, Rz 1/713) ist Nichtigkeit anzunehmen. Selbiges gilt für vollmachtslose Vertretung und Verstöße gegen zwingendes Recht (Aicher/Feltl in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG, § 3 Rz 37). Folge der (schwebenden) Unwirksamkeit bzw Nichtigkeit der Stiftungserrichtung in Bezug auf einen Stifter ist, dass der Betroffene nicht Stifter der Privatstiftung wird. Allfällige Stifterrechte kommen ihm (soweit sie von der Stifterstellung abhängig sind) nicht bzw noch nicht zu.
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Vertretung ohne Vertretungsmacht, Geschäftsunfähigkeit und Gewalt (bzw Drohung mit Gewalt) können auch noch nach Eintragung der Privatstiftung in das Firmenbuch geltend gemacht werden (vgl § 3 Rz 10, 34). Sonstige Mängel der Stiftungserrichtung wie Irrtum, List oder formelle Vollmachtsmängel können bis zur Eintragung der Privatstiftung im Firmenbuch mit den nach Zivilrecht zustehenden Rechtsbehelfen wahrgenommen werden (zur GmbH Reich/Rohrwig, GmbH-Recht I2, Rz 1/718). Vor Beginn der Tätigkeit der Vorstiftung können sie mit Wirkung ex tunc geltend gemacht werden (vgl Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, § 3 Rn 13). Wurde die Vorstiftung bereits in Vollzug gesetzt, wirkt die Anfechtung lediglich ex nunc und kann gegebenenfalls die Eintragung der Privatstiftung in das Firmenbuch (noch) verhindert werden (vgl zur GmbH Reich/ Rohrwig, GmbH-Recht I2, Rz 1/718; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, § 3 Rn 14).
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Nach Eintragung der Privatstiftung in das Firmenbuch scheidet eine ex tunc Anfechtung wegen Willensmängeln jedenfalls aus (vgl zur GmbH Reich/Rohrwig, GmbH-Recht I2, Rz 1/719). Haben sich die Stifter (oder einzelne Stifter) den Widerruf der Privatstiftung vorbehalten und haben sie den Willensmangel veranlasst, ist eine Klage des betroffenen Stifters gegen die anderen auf Abgabe einer Widerrufserklärung nach § 34 PSG denkbar (vgl OGH 5.2.1958, 1 Ob 142/57, HS 2262/136). Der Umstand, dass die Privatstiftung keine Gesellschafter hat, vermag es hier nicht, eine abweichende Beurteilung zu tragen. Formelle Vollmachtsmängel heilen mit Eintragung in das Firmenbuch und können nicht mehr geltend gemacht werden. Nach Brunner (JBl 2017, 768 ff) könne die Stiftungserklärung einer Privatstiftung, die über einen einzigen Stifter verfügt, wegen Motivirrtums angefochten werden, was schließlich (unter Beachtung von Gläubigerschutzbestimmungen) zur Auflösung der Privatstiftung führe. Dem ist mE nicht zu folgen. Nach Eintragung des Rechtsträgers können auch bei der Privatstiftung Beitrittsmängel im Allgemeinen nicht mehr geltend gemacht werden (vgl mwN zur GmbH Schmidsberger/ Duursma in Gruber/Harrer (Hrsg), GmbHG2, § 3 Rz 18). Hinzu kommt, dass der Stifter sich nach dem gesetzlichen Konzept den Widerruf der Privatstiftung iSd § 34 PSG vorbehalten kann. Macht er von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch, sprechen gute Gründe dafür, dass damit eben auch auf einen Widerruf verzichtet wird (zur Möglichkeit des Verzichts auf den Widerruf wegen Motivirrtums bei einer Schenkung OGH 21.12.1993, 5 Ob 551/93). Selbst bei Geltendmachung schwerwiegender Mängel (etwa vollmachtsloser Vertretung oder der Geschäftsunfähigkeit bei Errichtung der Privatstiftung) nach Eintragung der Privatstiftung in das Firmenbuch scheidet eine Auflösung bzw Löschung mit ex tunc-Wirkung aus Gläubiger-
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§ 7 PSG
Errichtung und Entstehung einer Privatstiftung
schutzerwägungen aus. Vielmehr wird in Gesamtanalogie zu § 216 AktG, § 40 FBG und § 35 PSG (Zentrum für Stiftungsrecht, GesRZ 2012, 345 [346]) mit einer Auflösung und Abwicklung der Privatstiftung unter Beachtung der gläubigerschutzrechtlichen Bestimmungen vorzugehen sein. Ein Vorgehen nach § 10 Abs 2 FBG kommt dabei (anders als bei Eintragungen einer unwirksamen Änderung der Stiftungserklärung; siehe § 33 Rz 70c) nicht in Betracht.
VI. Anfechtung/Pflichtteil/Unterhalt/Aufteilung 23
Zur Anfechtung der Stiftungserrichtung (insbesondere auch der Vermögenswidmungen) siehe § 4 Rz 46 ff. Zum Pflichtteilsrecht Einl Rz 21 ff; zum Unterhaltsrecht und zur Aufteilung Einl Rz 27 ff; zur Pfändbarkeit des Änderungsrechts § 33 Rz 74 ff; zu anfechtungs- und insolvenzrechtlichen Fragen des Änderungsrechts § 33 Rz 77 f; zur Pfändbarkeit des Widerrufsrechts § 34 Rz 16 ff; zu anfechtungs- und insolvenzrechtlichen Fragen des Widerrufsrechts § 34 Rz 18a f.
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