Johannes Selle Mitglied des Deutschen Bundestages
Inhalte 1) 2)
5) 6)
Das Geschäftsmodell Zypern hat ausgedient Außenpolitische Aspekte der deutschen Rohstoff- und Energiesicherheit Fracking Digitale Geschäftsmodelle zur Vermarktung von künstlerischen Werken Rentenplus zum 1. Juli Poltische Blockade beginnt
1)
Das Geschäftsmodell Zypern hat ausgedient
3) 4)
Das Geld aus dem ESM nun wird als Darlehen vergeben. Die sogenannte Troika (bestehend aus Europäischer Zentralbank, Europäischer Kommission und Internationalem Währungsfonds) berechnet, wie viel Geld Zypern für die Banken aus dem ESM bekommen kann, damit die Rückzahlung und eine Sanierung gerade noch so gelingen kann. Andernfalls dürfte öffentliches Geld nicht verwendet werden, da es sofort verloren wäre. Zypern kann gerade noch 10 Mrd. Euro an neuen Krediten verkraften und müsste sofort mit dem Umbau seines überdimensionierten Bankensystems beginnen. Das bedeutet, dass 7,5 Mrd. Euro aus anderen Quellen kommen müssten, allerdings dürfte das aus oben genannten Gründen kein Kredit oder dem vergleichbare Finanzierung sein. Zypern machte den Vorschlag, selbst für eine solche Summe zu sorgen und sprach von Steuern. Herausgekommen ist die bekannte Abgabe auf Geldeinlagen. Die zyprische Regierung selbst hat vorgeschlagen, auch Kleinsparer zu belasten. Das war nicht besonders klug und als man erkannte, welche Brisanz das hat und welche Widerstände in der Bevölkerung wachsen, wurde auf Deutschland mit
25. März 2012
Aktuelles
Zypern braucht 17,5 Mrd. Euro. Das Geschäftsmodell als internationaler Finanzplatz, der riesige Geldsummen anzog, ist am Ende. Zyprische Banken haben das damit erreicht, dass Zinsen doppelt so hoch vergleichbar zu Deutschland gezahlt wurden. Für die Vermutung, dass sich darunter sehr viel Geld befindet, das nicht versteuert wurde, gibt es Gründe. Sehr viel Geld stammt aus Russland. Zwei große Banken sind nun nicht mehr zahlungsfähig. Schon vor Monaten hat deshalb Zypern Hilfe aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) beantragt, denn auf dem Kapitalmarkt war niemand bereit, weiteres Geld zu leihen. Eigentlich müssten die Banken abgewickelt werden (in die Insolvenz gehen), aber das wollte die zyprische Regierung nicht, denn ihr BIP kommt zu 25 % aus diesem Sektor.
Johannes Selle, MdB Platz der Republik 1 11011 Berlin Büro: Wilhelmstraße 65 Telefon: +49 30 227-70063 Fax: +49 30 227-76190 johannes.selle@bundestag.de Mitglied im Ausschuss Kultur und Medien Mitglied im Ausschuss Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Seite 1
Johannes Selle Mitglied des Deutschen Bundestages
dem Finger gezeigt und Bundeskanzlerin und Bundesfinanzminister in Misskredit gebracht. Dem schlossen sich bereitwillig deutsche Politiker an, Herr Gabriel z. B. der Vorsitzende der SPD. Zur Beschädigung des Ansehens der Bundeskanzlerin im Wahlkampf muss man es nicht so genau nehmen. Ihm lagen allerdings die gleichen Informationen vor wie mir. Zypern hatte nun ein echtes Problem, denn dem Land drohte die Pleite. Und Zypern als souveräner Staat muss selbst einen Vorschlag machen, woher die 7 Mrd. Euro kommen sollen. Das Geld der Rentenkassen dabei ins Auge zu fassen, ist weniger akzeptabel als Sparguthaben über 100 000 Euro. Am Wochenende konnten sich nun die Regierung von Zypern und die Troika buchstäblich in letzter Minute auf einen Rettungsplan einigen. Statt der umstrittenen Abgabe auf alle Bankeinlagen werden nun die Aktionäre, Anleihegläubiger und Einleger beider großer Banken in erheblichem Umfang beteiligt. Spareinlagen bis 100.000 Euro bleiben unangetastet. 2)
Außenpolitische Aspekte der deutschen Rohstoff- und Energiesicherheit
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hatte zu einem internationalen Kongress „Außenpolitische Aspekte der deutschen Rohstoff- und Energiesicherheit“ eingeladen. Alle Plätze im Fraktionssaal waren besetzt. Mit 0,25 % der bewohnbaren Fläche des Planeten und einem Prozent der Weltbevölkerung erwirtschaftet Deutschland 5 % des Weltsozialproduktes. Deutschlands Wirtschaft ist stark, muss aber alle Rohstoffe importieren. Und steht mitten in der Energiewende. „Die deutsche Energiewende ist geeignet, das Importrisiko von fossilen Brennstoffen wesentlich zu verringern“, so der BDIHauptgeschäftsführer Dr. Markus Kerber. Die Bemerkung allerdings steht unter der Annahme, dass die Energiepreise weiter steigen. In den Vereinigten Staaten von Amerika sinken die Preise allerdings. Die Preise für Erdgas z. B. sind im Vergleich von vor fünf Jahren auf 30% gesunken. Bis zum Jahr 2030 will die USA zum Exporteur von Gas und Erdöl werden, größer als Saudi Arabien. Zehn Jahre früher soll das Ziel der Unabhängigkeit von Energieimporten erreicht sein. Dies wird durch die Nutzung von Schiefergas durch das sogenannte Fracking angestrebt. Daraus ergibt sich ebenfalls die berechtigte Annahme, dass noch auf absehbare Zeit die Energiepreise relativ stabil bleiben könnten. Die
25. März 2012
Seite 2
Johannes Selle Mitglied des Deutschen Bundestages
Energiepreise in Deutschland allerdings werden steigen, wenn die Strompreisbremse nicht gelingt. Die anwesenden Professoren zitierten aus einer Umfrage, nach der weit mehr als die Hälfte der befragten Industrienationen dem Beispiel unserer Energiewende nicht folgen würden und sie nicht für erfolgreich halten. Wir kämpfen dafür, dass wir die Energiewende schaffen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil erlangen, damit wir weiterhin stärker zum Weltsozialprodukt beitragen als es unserer Größe entspricht und unser Wohlstand erhalten bleibt. 3)
Fracking
Das Thema Schiefergasförderung durch das sogenannte Fracking beschäftigt die Bürger stark. Durch die sinkenden Energiepreise in den USA sind auch in Deutschland diese Themen auf die Tagesordnung gekommen, bis in die Thüringer Wahlkreise. In Deutschland werden bis zu 30 000 000 000 000 Kubikmeter solchermaßen gespeichertes Erdgas vermutet (jährlicher Verbrauch Deutschlands 86 000 000 000 Kubikmeter). Fracking wird in Deutschland in kleinerem Maßstab schon eingesetzt. Das in Deutschland gewonnene Erdgas stammt zu 30 % aus Fracking. Die Technologie wird ebenfalls in der geothermischen Energiegewinnung eingesetzt. Zum Aufschluss der Lagerstätten werden große Mengen Wasser und Chemikalien unter hohem Druck in Bohrlöcher gepumpt, die zwar wesentlich ungiftiger sind als die zur Zeit in der USA verwendeten, aber immer noch Anlass zur Besorgnis geben. Es bleiben verunreinigte Flüssigkeiten und die Lagerstättenwässer, die von Natur aus giftig sind. Entweder sollen sie verpresst oder an der Oberfläche entsorgt werden. Nachdem die wissenschaftlichen Vorhersagen bei der Asse und beim Verpressen von Kalilauge zu wünschen übrig lassen, bleibt Skepsis. Mit anderen engagierten Abgeordneten unserer Fraktion und unserem Fraktionsvorsitzenden Kauder haben wir dieses Thema ohne Tabu diskutiert. Einbezogen wurde natürlich die von Bundeswirtschaftsminister Rösler und Bundesumweltminister Altmaier gemachten Vorschläge. Diese wurden von uns für nicht ausreichend gehalten. Wir fordern obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung für alle Vorhaben keine Erlaubnis in Wasserschutzgebieten, Schutz von Heilquellen, Einvernehmen mit den Wasserschutzbehörden ist notwendig 25. März 2012
Seite 3
Johannes Selle Mitglied des Deutschen Bundestages
-
vollständig transparente Verfahren von Anfang an.
Diese Forderungen (insbesondere das Einvernehmen) stellen eine große Hürde dar, die aber notwendig ist. Wir setzen darauf, dass die Forschung weitergeht und andere Lösungen anbieten kann. Forschung auf diesem Gebiet muss möglich sein. Bis dahin bleiben uns die Vorkommen erhalten, die solange im Boden lagen. Und vielleicht brauchen wir sie gar nicht, wenn unsere Energiewende erfolgreich ist. Erstaunlicherweise, wie die Kollegen berichteten, sind NRW und Niedersachsen dem Fracking gegenüber aufgeschlossener. 4)
Digitale Geschäftsmodelle zur Vermarktung von künstlerischen Werken
Spotify ist in Deutschland seit einem Jahr aktiv. Spotify ist eine Internetanwendung (App), die mit über 300 000 Rechteinhabern arbeitet und damit nahezu jeden Musiktitel (auch Klassik) über Internet anbieten kann, kostenfrei für den Nutzer, dann aber mit Werbung oder ohne Werbung zu einem Betrag von 10 € pro Monat. Skoobe ist eine Internetanwendung, bei der über einen monatlichen Pauschalbetrag sehr viele Bücher gelesen werden können (bereits 26 000 Titel), Neuerscheinungen vollständig. Ca. 70 % der Einnahmen werden an die Künstler weitergegeben und zum ersten Mal seit Jahren steigen die Umsätze der Musikschaffenden wieder. „Die meisten Bürger nutzen ein überzeugendes Angebot, das dem gewohnten Umgang im Internet entspricht und die Piraterie geht zurück“, Stefan Zilch, Geschäftsführer Deutschland von spotify. Andere Anbieter, Bibliotheken und Dokumentarfilmproduzenten haben das geeignete Modell noch nicht gefunden. Das wird aber für die Zukunft notwendig sein, denn die digitale Welt lässt sich nicht nur nicht ausklammern, sie wird im Gegenteil allgegenwärtig sein. Der Ausschuss für Kultur und Medien führte am Mittwoch ein öffentliches Fachgespräch durch zum Thema: „Digitale Angebote der Kultur- und Kreativwirtschaft – über Geschäftsmodelle, Qualität der Angebote und Konsumentenwünsche.“ Die geladenen Experten aus den Sparten Film, Buch und Musik waren sich in diesem Punkt einig.
25. März 2012
Seite 4
Johannes Selle Mitglied des Deutschen Bundestages
Besonders die traditionellen Medien befinden sich in einer Umbruchphase. Für Bücher bat der Autor Mario Giordano, die Buchpreisbindung auch im elektronischen Vertrieb einzuführen. Natürlich kam dabei auch der höhere Mehrwertsteuersatz im elektronischen Bereich zur Sprache, der zusätzlich zu Ungleichgewichten beiträgt. Mit vollem Verständnis nahmen die Abgeordneten die Bitten wahr, nicht aber ohne den Hinweis, dass für erfolgreiche Modelle in der digitalen Vermarktung die Branche selbst die geeigneten Ideen entwickeln müsse. Spotify mache es vor. 5)
Rentenplus zum 1. Juli
Die gute Lohnentwicklung der Krisenjahre erreicht die Rentner. Nach vorliegenden Daten des Statistischen Bundesamtes und der Deutschen Rentenversicherung Bund steigen die gesetzlichen Renten zum 1. Juli 2013 in den alten Ländern um 0,25 Prozent und in den neuen Ländern um 3,29 Prozent. Der deutliche Unterschied hat zwei Gründe: Zum einen stiegen die beitragspflichtigen Löhne und Gehälter 2011 im Vergleich zu 2010 im Osten deutlich stärker als im Westen. Zum anderen machen sich im Westen noch Abschläge infolge der Rentengarantie bemerkbar. Die Rentenanpassung zeigt: Der Osten holt auf. Der aktuelle Rentenwert in den neuen Ländern steigt von 88,8 Prozent auf 91,5 Prozent des Wertes in den alten Ländern. Die Angleichung der Renten in Ost und West kommt damit einen wichtigen Schritt voran. 6)
Politische Blockade beginnt
Die Woche begann mit der Information, dass jedes politische Thema, welches zur Entscheidung im Bundesrat gebracht wird, mit der Ausdehnung des Ehegattensplittings auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften verknüpft wird, also unabhängig von Zusammenhängen und Dringlichkeiten. Ich kann nur hoffen, dass diese einseitige politische Interessenvertretung nicht realisiert wird. Und wenn wir die totale Blockade erleben (1998 war das leider eine erfolgreiche Strategie) kann ich wiederum nur hoffen, dass das vom Wähler entsprechend gewertet wird, nämlich als unangemessen.
25. März 2012
Seite 5