ASoK 1/2024 Leseprobe

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Elisabeth Brameshuber

28. Jahrgang / Jänner 2024 / Nr. 1

SV-Werte für 2024 zum Herausnehmen!

Nachhaltigkeitsberichterstattung und kollektives Arbeitsrecht

Thomas Rauch

Verbot des Tragens von Symbolen am Arbeitsplatz

Christoph Wiesinger

Rechtsfragen zum Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche

Sebastian Zankel

Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer gemäß § 19 FM-GwG

Gesetzgebung

Sozialrechts-Änderungsgesetz 2023, AlVG-Novelle

Praxis-News

Pensionsversicherungsrechtliche Anreize für längeres Arbeiten

Abgabenbefreiung für 2024 ausgezahlte Mitarbeiterprämien

Rechtsprechung

VfGH bestätigt Aliquotierung bei erster Pensionsanpassung

EuGH zum Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz

Lohnabgabenrechtliche Begünstigungen im Fokus

Mit vielen Beispielen & praktischer Checkliste

Steuern. Wirtschaft. Recht. Am Punkt.

2024

112 Seiten, kart. 978-3-7073-4915-3

€ 26,40* € 33,-

digital erhältlich

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ARBEITS- UND SOZIALRECHTSKARTEI

Redaktion: Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Brameshuber, Dr. Roman Krammer 1210 Wien, Scheydgasse 24, Telefon: 01/24 630, Fax: 01/24 630/751,

INHALTSVERZEICHNIS

Kann der Arbeitgeber die Entfernung von Abzeichen und Symbolen verlangen?

Neues aus der Gesetzgebung

 Sozialrechts-Änderungsgesetz 2023: arbeitsrechtliche und arbeitsmarktpolitische Änderungen

 Betreuung und Unterstützung nicht arbeitsfähiger Personen unter 25 Jahren

aus Sozialversicherungs-, Lohnsteuer- und Arbeitsrecht in Kurzform

Aus der aktuellen Rechtsprechung

 OGH: Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen

 OGH: Vergütung nach §32 EpiG während Quarantäne im Ausland

 VfGH: Aliquotierung bei erster Pensionsanpassung verfassungskonform

 EuGH: Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz

Tempora mutantur

Abschied und Neubeginn

Diese Zeilen heißen Sie, liebe Leserinnen und Leser, im neuen Jahr willkommen. Für die Arbeits- und SozialrechtsKartei ist 2024 ein besonderes Jahr, läutet es doch im mittlerweile 28. Jahrgang einen nicht nur kalendarisch neuen Abschnitt ein. Die ASoK ist längst eine etablierte Fachzeitschrift, sie wird viel – wir hoffen: gerne – gelesen und oft zitiert. Diese Erfolgsgeschichte ist ein Grund zur Freude für den Verlag und für die Redaktion; zugleich bedeutet sie Verantwortung und bietet Ansporn für die Zukunft, weiterhin Monat für Monat punktgenaue Fachinformation zur Verfügung zu stellen.

Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen. Die ASoK, genauer: die ASoK-Redaktion, bekommt mit der Jännerausgabe 2024 ein neues Gesicht. Seit der Gründung im Dezember 1996 hat Univ.-Prof. Dr. Franz Marhold diese Zeitschrift unermüdlich unterstützt, angeleitet, vorangetrieben. Zum Jahreswechsel reicht er im Gefolge seiner Emeritierung an der Wirtschaftsuniversität Wien das Zepter weiter: Mit der ASoK-Jännerausgabe 2024 übernimmt Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Brameshuber, Lehrstuhlinhaberin am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien, die redaktionelle Leitung. Dieser Wechsel kommt nicht von ungefähr; er scha fft generationenübergr eifende Kontinuität und ist ein starkes Signal für das unverbrüchliche Qualitätsversprechen der ASoK an ihre Leserinnen und Leser.

An dieser Stelle möchte ich im Namen des Linde Verlages, im Namen aller mit der ASoK treu Verbundenen Franz Marhold von Herzen danken. Größter Dank gebührt für das Engagement, für die Inspiration, für die wunderbare Zusammenarbeit und – vor allem – für die vielen Stunden, die er seiner ASoK über knapp drei Jahrzehnte hinweg stets bereitwillig gewidmet hat. Der Erfolg der ASoK spricht für sich.

Ebenso von Herzen heißen wir Elisabeth Brameshuber willkommen. Als Autorin ist sie der ASoK bereits seit vielen Jahren verbunden, und diese schöne Tradition findet in der ersten Ausgabe des neuen Jahres ihre Fortsetzung. Dass die Farbe Grün dabei eine gewichtige Rolle spielt, ist nur konsequent. Zum Ersten besinnt sich die ASoK ihrer engen, vielschichtigen Verbindungen mit der Steiermark. Zum Zweiten steht das im Aufsatz behandelte Thema – Nachhaltigkeitsberichterstattung und kollektives Arbeitsrecht – der ASoK gut zu Gesicht, ist sie doch, im unmittelbaren Wortsinn, seit Anbeginn eine grüne Zeitschrift. Zum Dritten mag dieser Aspekt als allgemeingültige redaktionelle Leitlinie dienen: Wir wollen nachhaltig Bericht erstatten und dabei das Arbeits- und Sozialrecht aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.

Einen weiteren Wechsel gibt es in der Rubrik „Aus der aktuellen Rechtsprechung“ zu vermelden: Dr. Christina Schnittler wird die wesentlichen (meist: höchstgerichtlichen) Entscheidungen in gewohnter Manier kompakt für die Praxis aufbereiten. Sie folgt Dr. Edith Marhold-Weinmeier nach, der wir herzlich für die langjährige hervorragende Zusammenarbeit danken.

Bei allen Änderungen ist für Stabilität und kontinuierliche Qualität gesorgt. In diesem Sinne möchte ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, namens des Linde Verlages und der (alten wie neuen) ASoK-Redaktion alles Gute für das neue Jahr wünschen und für Ihre Treue herzlich danken: Ad multos annos!

Nachhaltigkeitsberichterstattung

nach der CSRD

Eine Angelegenheit des kollektiven Arbeitsrechts?

ELISABETH BRAMESHUBER*)

Ab 1. 1. 2024 kommt es in der Nachha ltigkeitsberichterstattung zu einem Paradigmenwechsel: Während Unternehmen bislang weitgehend frei in der Gestaltung ihrer nichtfinanziellen Erklärungen waren,1) enthält die Nachhaltigkeitsberichterstattungs-RL, kurz CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive 2)) ein neues Kapitel 6a zu Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Wenngleich die auf dieser Basis von der EU-Kommission erarbeiteten European Sustainability Reporting Standards, kurz ESRS3), im Zeitpunkt des Redaktionsschlusses mangels Beschlusses in Parlament und Rat noch nicht im Amtsblatt der EU veröffentlicht waren, so werfen sie dennoch bereits ihre Schatten voraus. Die von der Berichtspflicht erfassten Unternehmen müssen nun auch Informationen zu Sozi alfaktoren (das „S“ bei Environmental Social Governance, ESG) offenlegen; dazu gehören gem Art29b Abs2 litb)ii) CSRD „Arbeitsbedingungen, einschließlich sicherer Beschäftigung, Arbeitszeit, angemessene Löhne, sozialer Dialog, Vereinigungsfreiheit, Existenz von Betriebsräten, Tarifverhandlungen, einschließlich des Anteils der Arbeitnehmer, für die Tarifverträge gelten, Informations-, Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie Gesundheit und Sicherheit“.

Die dogmatisch wie auch praktisch spannenden Fragen in diesem Zusammenhang sind einerseits, inwiefern es einer (noch) stärkeren Einbindung der Belegschaft bedarf (dazu Pkt2.), andererseits, welche Berichtspflichten nun konkret iZm Sozialfaktoren nach den ESRS bestehen (dazu Pkt3.).

1.Hintergründe der Sozialberichterstattungspflichten

Ziel der Offenlegung der ESG-Informationen qua ESRS ist es, dem Kapitalmarkt aussagekräftige Informationen zum Thema Nachhaltigkeit zur Verfügung zu stellen. Bezweckt wird, Investitionen in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen zu lenken und damit letztendlich den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu unterstützen.4) Dabei spielen nun seit 1. 1. 2024 auch „Social“-Belange eine große Rolle. Informiert werden sollen jedoch nicht nur die Kapitalmarktteilnehmer, sondern auch die Arbeitnehmervertreter. Dies entspricht der neueren Lehre, der zufolge das Verständnis auf Arbeitnehmerseite für Nachhaltigkeitsbelange steigt, je sicherer Arbeitsbedingungen sind und je stärker auch Arbeitnehmervertreter in Entscheidungsprozesse mit eingebunden sind.5) Die vermeintlichen Gegensätze „Arbeit(sschutz)“ und „Umwelt(schutz)“ sollen vor allem durch

*)Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Brameshuber forscht und lehrt am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien und ist Chefredakteurin der ASoK.

1)Siehe dazu auch die durch das NaDiVeG, BGBl I 2017/20, implementierten Vorschriften.

2)Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. 12. 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Text von Bedeutung für den EWR), ABl 2022/322, 15–80.

3)Dabei handelt es sich um eine delegierte Verordnung, die die RL 2013/34 idF RL 2022/2464 ergänzt; zum Annex I der ESRS siehe https://ec.europa.eu/finance/docs/level-2-measures/csrd-delegated-act2023-5303-annex-1_en.pdf (Zugriff am 6. 12. 2023).

4) Löw/Fischer , Nachhaltige Unternehmensführung durch die Brille des Arbeitsrechts – Berichterstattung zu arbeitsrechtlichen Aspekten nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), BB 2023, 372.

5) Escribano Gutiérrez/Tomassetti , Labour and Environmental Sustainability, Comparative Report, https: //agreenment.adapt.it/wp-content/uploads/2020/11/comparative_report_agreenment_final.pdf (Zugriff am 6. 12. 2023) 8.

Nachhaltigkeitsberichterstattung und kollektives Arbeitsrecht

starke Arbeitsbeziehungen (industrial relations) in Einklang gebracht werden; 6) dies auch, um eine sogenannte „just transition“ 7) zu bewerkstelligen.8)

2.Einbeziehung der Belegschaft in die Nachhaltigkeitsberichterstattung Art19a9) (Nachhaltigkeitsberichterstattung) der durch die CSRD geänderten RL 2013/34 legt in Abs5 – wohl einged enk des Erwägungsgrundes 5210) der CSRD 2022/2464 –fest, dass „(d)ie Unternehmensleitung (…) die Arbeitnehmervertreter auf geeigneter Ebene (unterrichtet) und (…) mit ihnen die einschlägigen Informationen und die Mittel zur Einholung und Überprüfung von Nachhaltigkeitsinformationen (erörtert). Die Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter wird gegebenenfalls den zuständigen Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganen mitgeteilt.“

Hierzu wird in ersten Analysen festgehalten, dass es dieser engen Einbeziehung der Belegschaftsvertretung bedürfe, um die ökologische mit der sozialen Frage zu verschränken. Sowohl iZm der Durchführung der von der CSRD vorgegebenen Wesentlichkeitsanalyse als auch bei Entwicklung der Nachhaltigkeitsziele und den sozialen Indikatoren sei die laufende Einbindung der Betriebsräte „unerlässlich“. Die Ergebnisse der Zusammenarbeit mit der Belegschaftsvertretung seien schließlich eine „wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung der Berichterstattung im Aufsichtsrat“ 11)

2.1.Österreich

Während für Deutschland mit Spannung erwartet wird, wie der Gesetzgeber diese Informations- und Beratungspflicht umsetzen wird, und angedacht wird, dies im Wirtschaftsausschuss zu erörtern und folglich eine Erörterung spflicht in §106 BetrVG zu verankern,12) finden sich in Österreich in diesem Zusammenhang bislang lediglich vereinzelte Stellungnahmen zu dieser Frage: Nach Baumüller/Niklas/Schneller stehen die durch Art19a/29a CSRD neu hinzuko mmenden Mitwirkungsrechte in engem Zusammenhang mit bestehenden Betriebsratsansprüchen auf Information und Beratung sowie mit den als „Interventionsrechten“ qualifizierten Vorschlags- und Anhörungsmöglichkeiten gem §108 Abs1 Satz 2 ArbVG. Die „neuen“ Mitwirkungsrechte sollen aber eine Erweiterung im inhaltlichen Sinne darstellen; es könnten jedoch „die

6) Escribano Gutiérrez/Tomassetti , Comparative Report, 9; Soder/Niedermoser/Theine , Beyond growth: new alliances for socio-ecological transformation in Austria, Globalizations 2018, 520 (520).

7)Siehe etwa den sogenannten Just Transition Mechanism der Europäischen Kommission, https://com mission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal/finance-and-greendeal/just-transition-mechanism_en (Zugriff am 6. 12. 2023); siehe auch Escribano Gutiérrez/Tomassetti , Comparative Report, 10.

8)Dazu auch Brameshuber , Arbeitsrecht und Nachhaltigkeit – Kollektive Rechtsgestaltung, DRdA 2024 (im Erscheinen).

9)Dasselbe gilt gem Art29a Abs6 leg cit (Konsolidierte Nachhaltigkeitsberichterstattung) für die Unternehmensleitung eines Mutterunternehmens einer großen Gruppe (zur Definition Art3 Abs7 RL 2013/34).

10)Laut Erwägungsgrund 52 sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, „dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Einklang mit dem Recht der Arbeitnehmer auf Unterrichtung und Anhörung durchgeführt wird. Die Unternehmensleitung sollte daher die Arbeitnehmervertreter auf geeigneter Ebene informieren und mit ihnen die einschlägigen Informationen und die Mittel zur Einholung und Überprüfung von Nachhaltigkeitsinformationen erörtern. Dies setzt für die Zwecke dieser Änderungsrichtlinie die Aufnahme eines Dialogs und eines Meinungsaustauschs zwischen den Arbeitnehmervertretern und der zentralen Leitung oder jeder anderen besser geeigneten Leitungsebene voraus, und zwar zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und mit einem Inhalt, der es den Arbeitnehmervertretern ermöglicht, Stellung zu nehmen. Ihre Stellungnahme sollte, wo angezeigt, den zuständigen Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganen mitgeteilt werden.“

11) Niklas , Nachhaltigkeitsreporting ermöglicht Mitbestimmung, https://wien.arbeiterkammer.at/service/ betriebsrat/ifam/diversitaet_und_nachhaltigkeit/N achhaltigkeitsreporting_ermoeglicht_Mitbestim mung.html (Zugriff am 6. 12. 2023).

12) Löw/Fischer , BB 2023, 372 (375); differenzierend Bachmann , Zielsetzung und Governance von Unternehmen im Lichte der Klimaverantwortung, ZHR 2023, 166 (193).

ohnehin vorhandenen Kompetenzen der Betriebsräte (…) sinnvoll genutzt (werden)“ 13)

Offensichtlich besteht demnach ersten Einschätzungen zufolge jedenfalls im ArbVG kein Handlungsbedarf de lege ferenda, vielmehr müssten die bestehenden Rechte und Pflichten (einerseits der Belegschaft auf Mitbestimmung, andererseits des Unternehmens auf Übermittlung der Informationen) „rechtzeitig“ ausgeschöpft bzw muss diesen nachgekommen werden. Bei entsprechend weiter Interpretation könnten daher die ESG-Berichtspunkte im Rahmen der sogenannten „Wirtschaftsgespräche“ 14) gem §92 iVm §108 ArbVG thematisiert werden; Bedeutung wird in der Praxis vor allem noch der Frage zukommen, wann die Information als rechtzeitig iSd Erwägungsgrundes 52 der CSRD erfolgt. Eine genaue Festlegung erfolgt nicht, vielmehr wird dort auf einen Zeitpunkt verwiesen, „der es den Arbeitnehmervertretern ermöglicht, Stellung zu nehmen“. In anderen arbeitsrechtlichen Richtlinien, in denen auf eine rechtzeitige Information der Arbeitnehmer bzw ihrer Vertreter vor einer unternehmerischen Entscheidung abgestellt wird, ist die Rede von einer Unterrichtung zu einem Zeitpunkt, der dem Zweck „angemessen“ ist und es insb den Arbeitnehmervertretern ermöglicht, eine angemessene Prüfung der Information vorzunehmen und eine darauf basierende Anhörung vorzubereiten.15)

Beide Vorschriften (Art19a und 29a CSRD) werden jedenfalls als „Schlüsselregelung“ qualifiziert.16) Erste Eindrücke aus der Praxis zeigen, dass die praktische Umsetzung durchaus noch für Diskussionsbedarf sorgen könnte. Zumindest prima facie könnten Art19a Abs5 und 29a Abs6 CSRD bei rein er Wortlautinterpretation so verstanden werden, dass im Ergebnis die Arbeitnehmerinteressen doppelt zu berücksichtigen bzw zu erörtern sind: Einerseits auf Ebene der betrieblichen Mitbestimmung (arg: „die Unternehmensleitung unterrichtet die Arbeitnehmervertreter auf geeigneter Ebene und erörtert…“), andererseits auf der Ebene des Aufsichtsorgans (arg: „Die Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter wird gegebenenfalls den zuständigen … Aufsichtsorganen weitergeleitet“).17) Klar ist, dass dies nur mitbestimmte Unternehmen mit Aufsichtsrat betrifft; allerdings stellt sich gerade dort die Frage, ob nicht aufgrund der in der Regel gegebenen Rückkoppelung zwischen Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat und Belegschaftsorganen bzw Belegschaft auch „nur“ die Information im Aufsichtsratsgremium ausreichen würde.18)

Dass es auch anders geht – also ohne das Erfordernis, eingeschränkt bestehende Interpretationsspielräume auszuschöpfen –, zeigt die Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten. In einigen wenigen französischen Euro-Betriebsräten gibt es etwa spezielle Gremien, die sich mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen; geregelt sind vor allem Informationsflüsse, nicht aber konkrete Mitbestimmungsmöglichkeiten. In Spanien gibt es einzelne Firmenkollektivverträge, in denen spezielle Nachhaltigkeitsdelegierte, die Teil des Betriebsratsgremiums sind, vorgesehen sind.19) Darüber hinaus ist im Hinblick auf die Einbeziehung der Belegschaftsorgane bei ESG-Themen vor allem die Rechtslage in Deutschland und Frankreich von Interesse.

13) Baumüller/Niklas/Schneller, Die Einbeziehung der Arbeitnehmervertreter in den Prozess der Nachhaltigkeitsberichterstattung, AR aktuell 2023, 152 (158).

14)Zu diesem in der Praxis offensichtlich gängigen Terminus Ettl, Wissen ist Macht – Informationsrechte des Betriebsrats, DRdA-infas 2019, 360 (365).

15)Siehe etwa Art4 Abs3 Informations- und Beratungsrahmen-RL 2002/14/EG; Ähnliches sehen Art2 Abs1 Massenentlassungs-RL 98/59/EG und Art7 Betriebsübergangs-RL 2001/23/EG vor.

16) Baumüller/Niklas/Schneller , AR aktuell 2023, 152 (153).

17)Vgl Baumüller/Niklas/Schneller , AR aktuell 2023, 152 (153).

18)§ 31c Abs 2 Z 7 der BR-GO sieht etwa vor, dass die Geschäftsordnung der Konzernvertretung (wenn beschlossen) die „Art und Weise der Information der Arbeitnehmerschaft im Konzern über die Tätigkeit der Konzernvertretung“ regeln kann.

19) Escribano Gutiérrez/Tomassetti , Comparative Report, 49.

Nachhaltigkeitsberichterstattung und kollektives Arbeitsrecht

2.2.Deutschland

In Deutschland hat bereits die BetrVG-Novelle 2001 zu einer systematischen Erfassung des sogenannten „betrieblichen Umweltschutzes“ geführt.20) Hier sei bloß exemplarisch auf die Regelungen im BetrVG hingewiesen. Gemäß §43 Abs2 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, mindestens einmal jährlich in einer Betriebsversammlung „über den betrieblichen Umweltschutz zu berichten“ 21) Themen „umweltpolitischer Art“ sind auch zulässig iSd §45 BetrVG (Betriebsversammlung). Im Hinblick auf die Grundsätze für die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat legt §74 Abs2 BetrVG fest, dass die Behandlung von Angelegenheiten umweltpolitischer Art, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen, zulässig ist. Allgemeine Aufgabe des Betriebsrates ist daher gem §80 Abs1 Z10 BetrVG auch, „Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern“. So können durch freiwillige Betriebsvereinbarungen gem §88 Z1a BetrVG auch „Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes“ geregelt werden. Schließlich erörtert §89 BetrVG im Detail, was unter dem betrieblichen Umweltschutz zu verstehen ist, und verpflichtet Arbeitgeber und Betriebsrat in diesem Zusammenhang im Ergebnis zur Kooperation.22)

2.3.Frankreich

In Frankreich gibt es die so genannte BDESE (base de données économiques, sociales et environnementales).23) Unternehmen mit mindestens 50 Arbeitnehmern sind dazu verpflichtet, eine solche Datenbank zu unterhalten. In dieser Datenbank werden alle Informationen über die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekte bzw Entwicklungsschritte des Unternehmens gesammelt. Das sogenannte CSE (comité économique et social) bzw die Arbeitnehmervertreter müssen Zugang zur BDESE haben. Die Nichteinrichtung einer BDESE ist mit Verwaltungsstrafe iHv 7.500 Euro strafbewehrt. Die in der BDESE gesammelten Informationen dienen vor allem der Vorbereitung auf die jährlich stattfindende Konsultation zwis chen Betriebsinhaber und CSE. In Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern sind die Informationen ausschließlich elektronisch aufzubereiten, in solchen mit weniger als 300 Arbeitnehmern ist dies alternativ auch analog möglich.

Der konkrete Inhalt der BDESE hängt vor allem davon ab, ob es einen „accord collectif d’entreprise“ (zwecks Vereinfachung nachfolgend als Betriebsvereinbarung bezeichnet) gibt oder nicht. Existiert eine Betriebsvereinbarung, so kann der Inhalt der BDESE weitgehend frei definiert werden. Lediglich die ökologischen Auswirkungen der betrieblichen Tätigkeit müssen jedenfalls erwähnt werden (Article L2312-21 Code du travail). Ohne Betriebsvereinbarung gibt der Code du travail einen verpflichtenden Inhalt vor (im Sinne einer Fallback-Option; Article L2312-36). Der verpflichtende Inhalt variiert grundsätzlich je nach Unternehmensgröße (weniger als 300 bzw mindestens 300 Arbeitnehmer); alle Informationen müssen die zwei vorangegangenen Jahre, das laufende Jahr, und perspektivisch auch die kommenden drei Jahre umfassen. Folgende Inhalte mit Umwelt-

20)Ausführlich etwa Kohte , Mitbestimmung beim betrieblichen Umweltschutz (2007).

21)Parallelvorschriften existieren in §53 Abs2 Z2 BetrVG (Betriebsräteversammlung) und in §106 Abs3 Z6a BetrVG (Wirtschaftsausschuss).

22) „(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. (…). (2) (…) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen. (3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.“

23)Zu allem Nachfolgenden in Bezug auf die BDESE: https://entreprendre.service-public.fr/vosdroits/ F32193 (Zugriff am 6. 12. 2023)

Nachhaltigkeitsberichterstattung und kollektives Arbeitsrecht

bezug hat die BDESE jedenfalls zu enthalten (R2312-8, bzw R2312-9 10° Environnement24)):

Alle Unternehmen mit mindestens 50 Arbeitnehmern:

• Generelle Unternehmenspolitik in Umweltangelegenheiten: Unternehmensorganisation im Hinblick auf umweltbezogene Fragen bzw Zertifizierungs- und Evaluierungsprozesse.

• Kreislaufwirtschaft: Müll: Verhinderung; Organisation der Mülltrennung; Erhebung der Menge an Gefahrenstoffen; nachhaltige Ressourcenwirtschaft (Wasser- und Energieverbrauch).

• Klimawandel: Identifizierung der direkten Treibhausgasemissionen des Unternehmens.

Unternehmen mit mindestens 500 Arbeitnehmern:

• Zusätzlich bedarf es auch einer Emissionsbilanz in Bezug auf die Treibhausgasemissionen.

Das CSE wiederum ist die Einrichtung, die die vormaligen conseils d’entreprise ersetzt hat. Gemäß Art L2312-17 Code du travail muss der Betriebsinhaber das CSE über die ökologischen Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten informieren.

3.Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung – ESRS

Wenden wir uns der inhaltlichen Ebene, also den Themen der Nachhaltigkeitsberichterstattung, zu, so kommt man um eine Lektüre des 245 (!) Seiten starken Annex 125) (zuzüglich 34 Seiten Definitionen in Annex 2) zur CSRD nicht herum. Die darin statuierten Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) haben ua die Informationen zu präzisieren, die Unternehmen zu folgenden Sozial- und Menschenrechtsfaktoren („S“) offenlegen müssen:26)

„ii) Arbeitsbedingungen, einschließlich sicherer Beschäftigung, Arbeitszeit, angemessene Löhne, sozialer Dialog, Vereinigungsfreiheit, Existenz von Betriebsräten, Tarifverhandlungen, einschließlich des Anteils der Arbeitnehmer, für die Tarifverträge gelten, Informations-, Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie Gesundheit und Sicherheit“

Dieselben Informations- und Beratungsans prüche sowie Stellungnahmerechte haben Belegschaftsvertreter gem Art29b Abs2 lita iVm Art29a Abs6 CSRD im Übrigen auch in Bezug auf Klimawandel, Luftemissionen (Kontaminationen etc), Wasser- (und Meeres-)Ressourcen, Biodiversität und Ökosysteme, Ressourcenverbrauch und Kreislaufwirtschaft (also „E“).27)

Laut Erwägungsgrund 49 der CSRD sollte in den ESRS ua auch festgelegt werden, „welche Informationen über die Beteiligung von Arbeitnehmern an Verwaltungs- und Aufsichtsorganen offengelegt werden sollten“. Einen auf der CSRD und den ESRS aufbauenden Nachhaltigkeitsbericht müssen rund 2.000 Unternehmen in Österreich ab 2024 erstatten (Schwellenwert gem Art5 CSRD: Unternehmen von öffentlichem Interesse mit Bilanzsumme bzw Nettoerlösen und Beschäftigtenzahlen, die bestimmte Schwellenwerte erreichen); ab 2026 gelten die Berichtspflichten auch für einschlägige kleine und mittelgroße Unternehmen.28)

24)Siehe https://www.legifrance.gouv.fr/codes/id/LEGISCTA000045680867/ (Zugriff am 6. 12. 2023).

25)Dabei handelt es sich um einen delegierten Rechtsakt; die CSRD ermächtigt die Kommission, derartige delegierte Rechtsakte in Form von Standards zu erlassen.

26)Siehe etwa Art29b Abs2 litb RL 2013/34 idF RL 2022/2464.

27)Siehe auch Baumüller/Niklas/Schneller , AR aktuell 2023, 152 (154).

28)Zu den betroffenen Unternehmen bzw zu den Schwellenwerten siehe Art1 und 3 RL 2013/34 idF RL 2022/2464. Siehe auch Löw/Fischer , BB 2023, 372 (373).

Nachhaltigkeitsberichterstattung und kollektives Arbeitsrecht

Aus arbeitsrechtlicher Perspektive ist vor allem der Standard „S1“ („Social 1“), mit dem Thema „own workforce“ (eigenen Arbeitskräfte) von Interesse.29) Ziel ist es, den Benutzern des Nachhaltigkeitsberichts ein Verständnis über die Auswirkungen der Tätigkeit des Unternehmens auf die eigenen Arbeitskräfte zu verschaffen. Zu diesem Behufe soll ua die generelle Herangehensweise des Unternehmens im Hinblick auf die Auswirkungen auf die eigenen Arbeitskräfte, insb im Bereich „Arbeitsbeziehungen“, erörtert werden. Dabei geht es ua um sichere Beschäftigung, Arbeitszeit, angemessene Löhne, sozialen Dialog, Vereinigungsfreiheit, die Existenz von Betriebsräten und die Rechte der Arbeitnehmer auf Information, Beratung und Mitbestimmung, Tarifverhandlungen, inklusive der Quote der Arbeitskräfte, die von einem Kollektivvertrag erfasst sind, Work-Life-Balance und Sicherheit und Gesundheitsschutz.

Insb mit Blick auf die Definitionen der in den ESRS verwendeten Begriffe (siehe dazu den Annex 2) scheinen folgende Punkte beachtenswert:

• Wer ist mit den „eigenen Arbeitskräften“ angesprochen (Pkt3.1.)?

• Was verstehen die ESRS unter „angemessenen Löhnen“ (Pkt3.2.)?

• Warum könnte die Information über die Existenz von Betriebsräten gerade in Österreich von Interesse sein (Pkt3.3.)?

3.1.Die zu berücksichtigenden „eigenen Arbeitskräfte“ – „Own Workforce“

Unternehmen haben nach den ESRS ua offenzulegen, wie viele Arbeitnehmer von Kollektivverträgen erfasst sind.30) Insbesondere aufgrund der Außenseiterwirkung scheint dies zumindest prima facie unproblematisch. Zu beachten ist allerdings, dass laut Disclosure Requirement S1-8 – Collective bargaining coverage and social dialogue31) das Unternehmen auch Angaben zur kollektivvertraglichen Erfassung bzw zum Einfluss kollektivvertraglicher Regelungen auf die Arbeitsbedingungen der Nicht-Arbeitnehmer der „own workforce“ machen soll („may“ statt „shall“, daher keine Verpflichtung). Dies betrifft nicht nur selbständige Dienstleister („self-employed people“), die ihre Arbeitsleistung dem Unternehmen zur Verfügung stellen, sondern etwa auch überlassene Arbeitskräfte.32) Von Interesse ist, dass selbständige Dienstleister in einigen Mitgliedstaaten, von denen aus solche Dienstleister ja auch für das berichtspflichtige Unternehmen tätig werden können, Kollektivverträgen unterliegen können.33)

3.2.„Angemessene Löhne“

Disclosure Requirement S1-10 – Adequate wages, also die Offenlegungspflicht zu „angemessenen Löhnen“ schreibt Verpflichtungen zur Offenlegung über das an die Arbeitnehmer gezahlte Entgelt vor. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Definition der „adequate wages“, also der angemessenen Löhne, in Annex 2 von Interesse, wie auch der Verweis auf die „applicable benchmarks“. Gemäß der Definition in Annex 2 sind solche

29)ESRS – Annex 1, S155ff.

30)Rz58ff ESRS, S166ff.

31)Annex 1, S166, Rz61.

32)Siehe die Definitionen in Annex 2 ESRS: „Employee: An individual who is in an employment relationship with the undertaking according to national law or practice. Non-employees: Non-employees in an undertaking’s own workforce include both individual contractors supplying labour to the undertaking (‚self- employed people‘) and people provided by undertakings primarily engaged in ‚employment activities‘ (NACE Code N78). Own workforce/own workers: Employees who are in an employment relationship with the undertaking (‚employees‘) and non-employees who are either individual contractors supplying labour to the undertaking (‚self-employed people‘) or people provided by undertakings primarily engaged in ‚employment activities‘ (NACE Code N78).“

33)Siehe etwa die Übersicht bei Brameshuber , (Ein Grundrecht auf) Tarifverhandlungen für Arbeitnehmerähnliche, in Brameshuber/Brockmann/Marhold/Miranda Boto (Hrsg), Kollektive Arbeitsbeziehungen in der Gig Economy (2022) 275 (286ff).

Löhne angemessen, die den Bedürfnissen nicht nur des Arbeitnehmers, sondern auch seiner Familie gerecht werden, im Lichte der nationalen ökonomischen und soziologischen Rahmenbedingungen.34) Diese Bezugnahme nicht nur auf das Entgelt, das im Austausch für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft geleistet wird,35) sondern auf angemessene Löhne, die auch die soziale Dimension berücksichtigen, ist für das österreichische Arbeitsrecht nicht gänzliches Neuland – man bedenke, dass auf die familiäre Situation etwa auch iZm der Prüfung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung gem §105 Abs3 Z2 ArbVG Bedacht zu nehmen ist.36) Dennoch ist etwa fraglich, ob alle kollektivvertraglichen Mindestentgelte auch eine Befriedigung der Bedürfnisse der Familie des Arbeitnehmers ermöglichen. Auf Unionsebene dürfte dieses Konzept der angemessenen Mindestlöhne, die auch die Situation der Familie berücksichtigen, jedenfalls mittlerweile dem Mainstream entsprechen; in diesem Zusammenhang sei nur auf die Erwägungsgründe 4 und 5 der Mindestlohn-RL 2022/2041 sowie auf Grundsatz Nr6 der Europäischen Säule sozialer Rechte37) verwiesen. Welche Lohnhöhe tatsächlich angemessen ist, sollte vor allem durch einen Blick auf die angesprochenen „applicable benchmarks“ geklärt werden können. Damit sind die Schwellenwerte gemeint, auf die wiederum die Mindestlohn-RL verweist: 60% des Bruttomedianlohnes38) bzw 50% des Bruttodurchschnittslohnes,39) wobei angesichts der von der Statistik Austria veröffentlichten Zahlen der erstere Wert in Österreich von Relevanz sein dürfte.

3.3.Existenz von Betriebsräten

Ebenfalls in Disclosure Requirement S1-840) ist in Pkt63 vorgesehen, dass die globale Prozentzahl an Arbeitnehmern, die durch Belegschaftsorgane vertreten werden, anzugeben ist, und zwar für jeden EWR-Staat, in dem das Unternehmen „significant employment“ 41) aufweist. Mit dieser Information über die Existenz von Betriebsräten, die spätestens ab 2026 auch die einschlägigen KMU trifft, wird wohl erstmals eine valide Basis für die Angabe geschaffen, wie viele Betriebsräte nun tatsächlich in Österreich existieren. Die bis dato vorhandenen Zahlen beruhen alle mehr oder weniger auf Schätzungen.42)

34)Darunter ist nach der Definition in Annex 2 Folgendes zu verstehen: „Adequate wage: A wage that provides for the satisfaction of the needs of the worker and his / her family in the light of national economic and social conditions.“

35)Vgl Rebhahn in Neumayr/Reissner , ZellKomm3, §1152 ABGB Rz14 (Stand 1. 1. 2018, rdb.at). Ganz generell etwa Freedland/Deakin , The Exchange Principle and the Wage-Work Bargain, in Freedland (Hrsg), The Contract of Employment (2016) 52, 72.

36)Vgl zur sozialen Absicherungsfunktion des arbeitsrechtlichen Entgelts auch Brameshuber/Kain , Finanzielle Absicherung der Familie durch Arbeits- und Sozialrecht, in FS Fischer-Czermak (2024, im Erscheinen).

37)Abs2 lautet wie folgt: „Es werden angemessene Mindestlöhne gewährleistet, die vor dem Hintergrund der nationalen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen den Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Familien gerecht werden; (…) Armut trotz Erwerbstätigkeit ist zu verhindern.“

38)In Österreich betrug 2021 das Bruttojahresmedianeinkommen 31.407 Euro (inklusive Teilzeit), bei Vollzeit 45.595 Euro (https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/einkommen-und-so ziale-lage/jaehrliche-personeneinkommen; Zugriff am 6. 12. 2023). Ein Hilfsarbeiter verdiente nach dem Handelsarbeiterkollektivvertrag im Jahr 2023 in der niedrigsten kollektivvertraglichen Einstufung bei Vollzeittätigkeit 1.850 Euro im Monat und kam daher auf jährlich 23.660 Euro. Damit erreichte er die 60% des Bruttojahresmedianeinkommens (27.357 Euro) nicht.

39)Siehe Art5 Abs4 Mindestlohn-RL 2022/2041 bzw Erwägungsgrund 28 sowie Annex 1 S 184..

40)Dazu bereits Pkt4.1.

41)Mindestens 50 Arbeitnehmer, die zumindest 10% der Gesamtzahl an Arbeitnehmern repräsentieren.; siehe Annex 1 S183.

42) Adam/Stadler/Eichmann , Die Wirkung von Betriebsräten in Österreich aus der Sicht der Beschäftigten (FORBA 2020), 21, abrufbar unter https://wien.arbeiterkammer.at/service/studien/Sozialpolitik/studien/ BR-Wirkung_2021.pdf (Zugriff am 6. 12. 2023): „Die Datenlage zur Anzahl der bestehenden Betriebsratsgremien und Betriebsratsmitglieder bzw. zum gewerkschaftlichen Organisationsgrad der Betriebsratsmitglieder in Österreich ist unbefriedigend. Bedauerlicherweise gibt es keine öffentlich zugänglichen Aufzeichnungen oder offiziellen Datensätze dazu.“

Verbot des Tragens von Abzeichen bzw Symbolen am Arbeitsplatz

Auf den Punkt gebracht

Erste Stellungnahmen in der Literatur zur Frage, ob es mit Blick auf die in den ESRS auch enthaltenen „Social“-Offenlegungspflichten zusätzlicher Mitwirkungsrechte bedarf, verneinen diese weitestgehend, denn für die meisten Aspekte dieser „Sozialberichterstattungspflicht“ gebe es bereits jetzt Mitwirkungsansprüche, insb im ArbVG.43) Auch in Bezug auf die anderen beiden „ESG“-Themen, also Environmental und Governance, statuieren CSRD und ESRS jedoch entsprechende Mitwirkungsrechte. Bei entsprechend weiter Interpretation der Mitwirkungsbefugnisse des Betriebsverfassungsrechts lassen sich auch die „Environmental“- und „Governance“-Mitwirkungsrechte unter die existierenden Befugnisse subsumieren. In inhaltlicher Hinsicht dürften die ESRS nicht nur für Kapitalmarktteilnehmer, sondern für die Öffentlichkeit generell wie auch die Betriebsund Sozialpartner in vielen Bereichen für verstärkte Transparenz in Bezug auf Arbeitsbedingungen sorgen. Dies ist jedenfalls im Lichte anderer legislativer Initiativen auf europäischer Ebene nur konsequent.44)

43)Aber etwa auch im GlBG und im BEinstG; siehe Baumüller/Niklas/Schneller, AR aktuell 2023, 152 (154). 44)Siehe etwa die Lohntransparenz-RL 2023/970.

Kann der Arbeitgeber die Entfernung von Abzeichen und Symbolen verlangen?

Beschränkungsmöglichkeiten im Spiegel der EuGH-Rechtsprechung

THOMAS

RAUCH*)

Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Entfernung bzw Verdeckung von Symbolen (zB der Hamas) zu verlangen, wenn diese den Betriebsfrieden oder sein Ansehen gefährden oder verboten sind.

Aus dem Persönlichkeitsschutz (§§16 und 17 ABGB, Art8 EMRK) wird ein Recht der einzelnen natürlichen Person auf eine Privatsphäre abgeleitet. Auch im dienstlichen Bereich hat der Arbeitnehmer eine Privatsphäre, die es ihm gestattet, zB seine Kleidung, seinen Schmuck und allenfalls Abzeichen frei zu wählen. Einschränkungen der Privatsphäre im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ergeben sich aus der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers, die ein entscheidendes Grundelement des Arbeitsverhältnisses darstellt. Dabei ist es die Aufgabe des Arbeitgebers, die Zulässigkeit von einschränkenden Weisungen bezüglich des äußeren Erscheinungsbildes des Arbeitnehmers entsprechend darzulegen (§17 ABGB). Die Zulässigkeit könnte sich aus der Gefährdung des Betriebsfriedens, des Ansehens des Arbeitgebers oder dem gesetzlichen Verbot bestimmter Symbole und Abzeichen ergeben. Abgesehen davon ist der Arbeitgeber berechtigt, das Tragen sichtbarer, religiöser, politischer und philosophischer Zeichen zu verbieten (allgemeines Neutralitätsgebot). Nach einer aktuellen Entscheidung des EuGH1) ist das Neutralitätsgebot auch auf Arbeitnehmer ohne Kundenkontakt anwendbar. Im Folgenden werden die für den Arbeitgeber zulässigen Beschränkungsmöglichkeiten näher erörtert.

*)Dr. Thomas Rauch ist Mitarbeiter der Sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Wien im Ruhestand, Fachbuchautor, Seminartrainer und Parteienvertreter in arbeitsgerichtlichen Verfahren.

1)EuGH 28. 11. 2023, Commune d’Ans, C-148/22, ASoK 2024, 35 (35 f).

1.Weisungen des Arbeitgebers bezüglich des Erscheinungsbildes des Arbeitnehmers

Ein Weisungsrecht des Arbeitgebers zum Erscheinungsbild des Arbeitnehmers ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn sich dies aus dem Gegenstand des Betriebes ergibt. Ist davon auszugehen, dass ein bestimmter Standard des Erscheinungsbildes zur Erzielung des Arbeitsergebnisses geboten ist, so sind entsprechende Weisungen des Arbeitgebers zulässig. Dies ist dann der Fall, wenn das Erscheinungsbild eines im Kundenbereich arbeitenden Arbeitnehmers nicht dem Verständnis des überwiegenden Teils der Kunden entspricht. Der Arbeitnehmer, der in seinem Arbeitsvertrag eine bestimmte Tätigkeit in einem solchen Betrieb vereinbart, stellt sich damit auch insoweit in die Verfügungsmacht des Arbeitgebers (bzw den fremdbestimmten Bereich).

So etwa hat der OGH die Auffassung vertreten,2) dass das Tragen einer auffälligen Goldkette über dem Hemd eines Bankangestellten, der im Kundenverkehr tätig ist, vom Arbeitgeber verboten werden kann, weil dies dem Verständnis der Bevölkerung vom Erscheinungsbild eines „Bankbeamten“ widerspricht. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Vorstellungen der Gesellschaft von der „angemessenen Bekleidung“ und Ausstattung einzelner Berufsgruppen dem Wandel der Zeit unterliegen und selbst zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht in allen Bevölkerungsschichten gleich sind. Allgemeingültige Aussagen, die über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sind, sind daher kaum möglich. Fest steht aber, dass der Eingriff des Arbeitgebers sehr gute Gründe braucht, um gerechtfertigt zu sein.3)

Grenzen ergeben sich dann, wenn das Äußere des Arbeitnehmers von weiten Bevölkerungskreisen als unkorrekt oder unseriös wahrgenommen wird und somit erwarten lässt, dass der Arbeitnehmer bei der Dienstausübung nicht ernst genommen oder ihm das erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird.4)

2.Weitere Rechtsgrundlagen zu Vorgaben des Arbeitgebers zum Erscheinungsbild des Arbeitnehmers

Einschränkungen des Arbeitgebers zum Erscheinungsbild des Arbeitnehmers können sich aus dem Gesetz, dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anzuwendenden Kollektivvertrag,5) einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung (§97 Abs1 Z1 ArbVG) oder dem Arbeitsvertrag ergeben. Mit Vorgaben zum Äußeren eines Arbeitnehmers werden verschiedene Zwecke (vom Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer über den Ausdruck einer berufstypischen Kleiderordnung bis hin zum Wiedererkennungswert des Unternehmens) verfolgt.6)

3.Verbotene Symbole und Abzeichen

3.1.Symbole-Gesetz

Das Symbole-Gesetz (BGBl I 2014/103) regelt das Verbot der Verwendung bestimmter Symbole in der Öffentlichkeit. Dies betrifft Gruppierungen wie Hamas 7) (das Symbol enthält ua eine Zeichnung des Felsendoms von Jerusalem mit zwei gekreuzten Säbeln vor dem Dom8)), Islamischer Staat (IS), Al-Qaida, Muslimbruderschaft, Graue Wölfe, Kurdi-

2)OGH 11. 2. 1999, 8 ObA 195/98d.

3)OGH 24. 9. 2015, 9 ObA 82/15x, zu Haaren eines Busfahrers, die mit einem rosafarbenen Haarband zusammengebunden wurden; die Zustimmung zur Kündigung nach §8f VKG wurde nicht erteilt.

4)OGH 24. 9. 2015, 9 ObA 82/15x, mit einem Hinweis auf Kreil , Haar- und Barttracht: Persönlichkeitsschutz kontra Weisungsrecht, RdW 2006/655, 704.

5)ZB §17 des Kollektivvertrages für das Bewachungsgewerbe (Arbeiter).

6) Mitschka/Steiner , Die Beistellungs- und Kostentragungspflicht für Arbeitskleidung, ZAS2014/50, 304.

7)Arabisch für Kampfgeist, Begeisterung, Eifer.

8)Grafische Darstellungen der Symbole verbotener Gruppierungen sind in der Symbole-BezeichnungsV zu finden, BGBl II 2015/23.

Verbot des Tragens von Abzeichen bzw Symbolen am Arbeitsplatz

sche Arbeiterpartei (PKK), Die Österreicher (DO5), Identitäre Bewegung Österreich (IBÖ), Hisbollah und sonstige Gruppierungen, die in Rechtsakten der EU als terroristische Vereinigungen, Körperschaften oder sonstige Organisationen angeführt werden, und Gruppierungen, die Teil- oder Nachfolgeorganisationen der im Gesetz angeführten Gruppierungen darstellen oder diesen zuzurechnen sind. Auch grafisch veränderte Darstellungen der verbotenen Symbole, wie insbesondere farbliche Abweichungen, sind vom Verwendungsverbot umfasst.

Konkret ist es verboten, Symbole einer der vorgenannten Organisationen in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen, zu tragen oder zu verbreiten. Als Symbole sind auch Abzeichen, Embleme und Gesten (zB der Wolfs-Gruß mit drei Fingern, der den Grauen Wölfen zuzuordnen ist) anzusehen (§2 Abs1 Symbole-Gesetz).

Im §3 Abs1 Symbole-Gesetz sind Geldstrafen bzw Freiheitsstrafen vorgesehen (bei erstmaliger Betretung bis 4.000 Euro oder Freiheitsstrafe bis zu einem Monat). Wer bereits einmal rechtskräftig nach dieser Best immung bestraft wurde, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.9)

Was „Öffentlichkeit“ bzw „in der Öffentlichkeit“ zur Schau stellen bedeutet, definiert das Symbole-Gesetz nicht. Nach §69 StGB wird eine Handlung öffentlich begangen, wenn sie unmittelbar von einem größeren Personenkreis wahrgenommen werden kann. Wie viele Menschen einen größeren Personenkreis darstellen, sagt auch das StGB nicht. Einen größeren Personenkreis wird man erst ab ca zehn Menschen annehmen können.10) Die Frage, ob ein strafbares Verhalten iSd Symbole-Gesetzes vorliegt, wird im Arbeitsrecht nur dann relevant sein, wenn der Arbeitgeber eine Entlassung auf ein strafbares Verhalten stützt.

3.2.Abzeichengesetz 1960

Abzeichen, Uniformen oder Uniformteile einer in Österreich verbotenen Organisation dürfen nach dem Abzeichengesetz 1960 öffentlich11) weder getragen noch zur Schau gestellt oder verbreitet werden. Als Abzeichen sind auch Embleme, Symbole und Kennzeichen anzusehen. Entsprechendes gilt auch für Orden und Ehrenzeichen, die eines der zuvor beschriebenen Embleme aufweisen. Dies betrifft im Verbotsgesetz 1947 genannte nationalsozialistische Organisationen und Einrichtungen.

4.Die Fürsorgepflicht als Rechtsgrundlage für ein Einschreiten des Arbeitgebers gegen das Tragen bestimmter Symbole und Abzeichen

Der Arbeitgeber hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (§18 AngG, §1157 ABGB) für die Aufrechterhaltung des Betriebsfriedens zu sorgen.12) So etwa könnte das Tragen im Dienst von Symbolen der Hamas, die am 7. 10. 2023 zahlreiche Morde an unbewaffneten Zivilisten einschließlich Kindern und Babys begangen hat sowie für etliche andere schwere Verbrechen verantwortlich ist, ua bei jüdischen Arbeitnehmern zu heftigen Reaktionen und damit Beeinträchtigungen des Betriebsfriedens führen. In einer solchen Situation ist der Arbeitgeber (abgesehen vom Symbole-Gesetz oder dem Abzeichengesetz) auch aus arbeitsrechtlicher Sicht verpflichtet, einzuschreiten, um den Betriebsfrieden zu sichern. Der Arbeitnehmer ist also aufzufordern, solche Symbole unverzüglich zu entfernen bzw erforderlichenfalls sich umzuziehen (etwa bei Symbolen auf T-Shirts).

9)Im November 2023 wurde seitens der Regierung mitgeteilt, dass eine Erhöhung der Strafen geplant ist. 10) Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari , StGB14, §69 Rz2.

11)Auch im Abzeichengesetz (BGBl 1960/84) wird der Begriff „öffentlich“ nicht definiert.

12)ZB ist die Weisung, sich von einem Kollegen fernzuhalten, mit dem es mehrmals zu Streitigkeiten gekommen ist, als zulässig anzusehen: OLG Innsbruck 27. 7. 2023, 13 Ra 21/23w.

Verbot des Tragens von Abzeichen bzw Symbolen am Arbeitsplatz

Das heißt, auch die Fürsorgepflicht kann eine Rechtsgrundlage dafür sein, dass der Arbeitgeber gegen das Tragen bestimmter Symbole und Abzeichen einschreitet bzw sogar einschreiten muss.

Dies könnte sich auch bei Symbolen ergeben, die nicht verboten sind, wie das „Z“-Symbol, das im Krieg in der Ukraine auf russischer Militärausrüstung zu sehen ist.13) Insbesondere für ukrainische Arbeitnehmer (oder auch Kunden) steht dieses Zeichen für im Krieg umgekommene, verletzte und gefolterte nahe Angehörige, zerbombte Häuser etc und wird daher entsprechend negative Emotionen bewirken, die zu heftigen Streitigkeiten mit einem Träger des Symbols führen könnten. Daher wäre auch in diesem Fall die Weisung zulässig, das Symbol unverzüglich zu entfernen.

Demnach kann der Arbeitgebe r auch dann die Weisung erteilen, verbotene Symbole nicht mehr in der Arbeit zu tragen bzw unverzüglich zu entfernen oder unsichtbar zu machen, wenn der Arbeitnehmer keinen Kundenkontakt hat, ua weil (abgesehen von betriebsinternen Konflikten) Besucher und Kunden die verbotenen oder gröblich provokanten Symbole wahrnehmen könnten, wodurch der falsche Eindruck entstehen würde, dass die Ziele der zB am T-Shirt des Arbeitnehmers abgebildeten Gruppierung vom Arbeitgeber gefördert oder gutgeheißen werden.

Bei Arbeitern, Lehrlingen und Angestellten wird vom Entlassungsgrund der beharrlichen Pflichtenvernachlässigung auszugehen sein, falls trotz Aufforderung durch den Arbeitgeber solche Symbole nicht entfernt werden. Die sofortige Entlassung aufgrund des strafbaren Verhaltens (Verstoß gegen das Symbole-Gesetz oder das Abzeichengesetz 1960) wäre bei Arbeitern, Lehrlingen und Angestellten (bei Angestellten wegen Vertrauensunwürdigkeit iSd §27 Z1 AngG) denkbar. Bei Arbeitern und Lehrlingen ist zusätzlich zur strafbaren Handlung die Verwirkung des Vertrauens des Arbeitgebers zu prüfen (§15 Abs3 litd BAG, §82 litd GewO 1859).

Wird zB ein Angestellter vergeblich aufgefordert, einen Anstecker mit dem HamasSymbol unverzüglich zu entfernen, so wird er vor Zeugen nochmals aufzufordern sein, das Symbol abzunehmen. Weigert er sich erneut, so ist von einer beharrlichen Pflichtenvernachlässigung auszugehen und daher der Entlassungsgrund nach §27 Z4 AngG verwirklicht.

Unterlässt hingegen der Arbeitgeber die Prüfung, ob die Weigerung ein verbotenes Symbol abzunehmen, beharrlich ist, um sich auf den Entlassungsgrund des strafbaren Verhaltens zu berufen, so muss gesichert sein, dass das Symbol gesetzlich verboten ist und die Voraussetzungen der Strafbarkeit vorliegen.

5.Neutralitätsgebot des Arbeitgebers

5.1.Erweiterung des Weisungsspielraums des Arbeitgebers bezüglich Arbeitnehmern mit Kundenkontakt

Zum Thema Kopftuchverbot hat der EuGH14) entschieden, dass ein Arbeitgeber das Tragen eines islamischen Kopftuchs am Arbeitsplatz untersagen darf, wenn in dem Unternehmen das Tragen sichtbarer religiöser, politischer und philosophischer Zeichen für Arbeitnehmer mit Kundenkontakt allgemein verboten ist. Arbeitgeber können mit einer solchen allgemeinen Neutralitätspflicht das legitime Ziel der religiösen und weltanschaulichen Neutralität verfolgen. Dies wurde in der Folge wiederholt bestätigt.15) Falls das Verbot (wie bei einer Beschränkung auf großflächige Zeichen) aber auf das Kopftuch

13)Der Buchstabe steht für die Parole „Za Pobedu“ (Auf den Sieg).

14)EuGH 14. 3. 2017, G4S Secure Solutions, C-157/15.

15)EuGH 15. 7. 2021, WABE, C-804/18; 13. 10. 2022, S.C.R.L., C-344/20.

Verbot des Tragens von Abzeichen bzw Symbolen am Arbeitsplatz

abzielt, stellt dies eine mittelbare Diskriminierung von Frauen dar, deren Rechtfertigung der Arbeitgeber beweisen müsste. Durch ein solches Neutralitätsgebot kann also der Arbeitgeber seinen Spielraum für Weisungen zur Entfernung von Symbolen, Abzeichen und dergleichen deutlich erweitern.

5.2.Neutralitätsgebot auch für Arbeitnehmer ohne Kundenkontakt

Im Urteil vom 28. 11. 202316) hat der EuGH diese Judikatur bestätigt. Demnach ist ein Kopftuchverbot im Rahmen eines Neutralitätsgebotes (und damit auch eines Verbotes von sichtbaren religiösen, politischen und philosophischen Zeichen) zulässig. Nach der neuen Entscheidung gilt dies auch dann, wenn die Arbeitnehmerin im Innendienst ohne Publikumskontakt arbeitet. Die Entscheidung bezieht sich auf die öffentliche Verwaltung (Arbeitnehmer der Gemeinde Ans in Belgien). Dies hat mE aber ebenso für die Privatwirtschaft zu gelten, weil kein sachlicher Grund für eine Differenzierung spricht. Eine betriebsinterne Vorgabe der strikten Neutralität ist ein rechtmäßiges Ziel und sachlich gerechtfertigt. Allerdings muss diese Regel für alle Religionen und Weltanschauungen gelten (entsprechend dem Neutralitätsgedanken), und zwar in kohärenter und systematischer Weise, und sie muss sich auf das absolut Notwendige beschränken.17) In Betrieben mit Betriebsrat kann dieser den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verlangen und letztlich über die Schlichtungsstelle erzwingen (§97 Abs1 Z1 ArbVG).18)

Auf den Punkt gebracht

Auch im dienstlichen Bereich hat der Arbeitnehmer eine Privatsphäre, die es ihm gestattet, Kleidung, Schmuck und Abzeichen frei zu wählen. Einschränkungen können sich zB aus Erwartungen im Kundenbereich oder dem Arbeitsvertrag ergeben. Gegen gesetzlich verbotene Symbole und Abzeichen kann der Arbeitgeber auch dann einschreiten, wenn nicht alle Voraussetzungen für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe vorliegen. Gegen provokante Symbole (auch wenn sie nicht verboten sind) hat der Arbeitgeber vorzugehen, wenn diese den Betriebsfrieden stören könnten. Nach einer aktuellen Entscheidung des EuGH können im Rahmen eines Neutralitätsgebotes religiöse, politische und philosophische Zeichen den Arbeitnehmern auch dann untersagt werden, wenn sie keinen Kundenkontakt haben.

16)EuGH 28. 11. 2023, Commune d’Ans, C-148/22.

17)Zur gänzlichen Verhüllung (Burka und Niqab) ist auf das Verbot und die Verwaltungsstrafe nach dem Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz zu verweisen.

18)Details siehe Rauch, Arbeitgeber und Betriebsrat im betrieblichen Alltag (2020) 171.

Due-Diligence-Prüfung in der Lieferkette

Am 14. 12. 2023 haben der Rat und das Europäische Parlament eine vorläufige Einigung über die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) erzielt, die darauf abzielt, den Schutz der Umwelt und der Menschenrechte in der EU und weltweit zu verbessern. Von den Verpflichtungen betroffen sind große Unternehmen mit 500Mitarbeitern und einem Gesamtumsatz von über 150MioEuro. Für Verstöße gegen diese Verpflichtungen sind Sanktionen und zivilrechtliche Haftungen vorgesehen. Die CSDDD verlangt von Unternehmen, einen Plan zu verabschieden, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sind.

Rechtsfragen zum Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche

Ein Mischsystem zwischen Vier- und Fünf-Tage-Woche

CHRISTOPH WIESINGER*)

Die Sechs-Tage-Woche war bis weit in das 20. Jahrhundert für die meisten Arbeitnehmer Realität und liegt dem Grunde nach auch nach wie vor dem AZG und dem UrlG zugrunde. Sie ist freilich seit mehreren Jahrzehnten faktisch für die Mehrheit der Arbeitnehmer Geschichte und die Fünf-Tage-Woche ist seither für die meisten von ihnen (jedenfalls bei Vollzeitbeschäftigung) das übliche Modell. Erst in jüngerer Zeit wurde die Verteilung der Arbeitszeit auf nur vier Arbeitstage pro Woche populärer. Allerdings ist auch eine Mischform denkbar, die abwechselnd aus Wochen mit vier Arbeitstagen und solchen mit fünf Arbeitstagen besteht. Diese rhythmisch abwechselnde, aber ungleiche Arbeitszeit pro Woche wirft besondere Rechtsfragen auf, die sich bei Wochen mit einer gleichbleibenden Zahl an Arbeitstagen nicht stellen. Diese besonderen Fragen werden im Folgenden näher behandelt.

1.Begriff

Das AZG kennt das Begriffspaar der kurzen und der langen Woche nicht, auch nicht unter einer anderen Bezeichnung. Andere gesetzliche Bestimmungen zu einem derartigen Arbeitszeitmodell gibt es ebenfalls nicht. Dies gilt jedoch für den Bereich der Kollektivverträge nicht generell, da manche von ihnen einschlägige Bestimmungen für ein Vollzeit-Arbeitszeitmodell mit einer unterschiedlichen Anzahl von Arbeitstagen pro Woche enthalten.1) Folgt man der dort gebrauchten Nomenklatur, so besteht die kurze Woche aus vier und die lange Woche aus fünf Arbeitstagen. Kurze und lange Wochen werden nicht geblockt (etwa um Phasen mit saisonal bedingtem stärkerem oder schwächerem Arbeitsentfall zu bilden), sondern wechseln einander im Wesentlichen alternierend ab, sodass sich die Mehrarbeitszeit der langen Woche in der korrespondierenden kurzen Woche, also gewissermaßen in einem Durchrechnungszeitraum von zwei Wochen, ausgleicht. Das Kurz/lang-Modell enthält damit den Vorteil eines längeren Wochenendes (allerdings nicht an jedem, sondern nur an jedem zweiten Wochenende), kommt aber im Vergleich zur voll kontinuierlichen Vier-Tage-Woche mit einer deutlich geringeren Tagesarbeitszeit aus (im Durchschnitt sind es bei einer 40-Stunden-Woche 8,88 anstelle von 10 Stunden pro Tag).

2.Vereinbarung eines Kurz/lang-Modells

2.1.Die zu lösenden Rechtsprobleme

Nach §3 Abs1 AZG beträgt die tägliche Normalarbeitszeitgrenze acht und die wöchentliche 40 Stunden. Bei einem Kurz/lang-Modell wird die Grenze von acht Stunden pro Tag jedenfalls überschritten,2) die wöchentliche Grenze von 40 Stunden in der langen Woche ebenfalls (sieht man von der Sonderkonstruktion ab, die für die kurze Woche eine tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden und für die lange Woche von acht Stunden

*)MMag. Dr. Christoph Wiesinger, LL.M. ist Mitarbeiter der Geschäftsstelle Bau der Wirtschaftskammer Österreich in Wien.

1)Derartige kollektivvertragliche Regelungen enthalten etwa §§2B bis 2D des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe, Punkt VI. Z16b des Kollektivvertrages für Arbeiter im Eisen- und Metallverarbeitenden Gewerbe, §3B des Kollektivvertrages für Arbeiter in der Stein- und Keramischen Industrie sowie §6b des Kollektivvertrag für Angestellte der Baugewerbe und der Bauindustrie.

2)Das muss allerdings bei Teilzeitarbeit nicht zwingend der Fall sein.

Rechtsfragen zum Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche

vorsieht, wobei sich in diesem Modell die Frage der Zulässigkeit eines 10-Stunden-Tages in der kurzen Woche stellt und die Zulässigkeit daher ebenfalls zu prüfen ist).

Ein Kurz/lang-Modell, das ohne den Anfall von Überstunden eingeführt werden soll, muss sich daher auf entsprechende Zulassungsnormen stützen, die eine Überschreitung der genannten Grenzen zulassen.

2.2.Ausdrückliche Regelung durch Kollektivvertrag

Bei einer Regelung durch Kollektivvertrag stehen zunächst die Kollektivvertragsparteien vor der Frage, welche gesetzlichen Grenzen sie beachten müssen. Im Hinblick auf die Tagesnormalarbeitszeit ist mittlerweile eine Höchstgrenze von bis zu 10 Stunden zulässig (§4 Abs1 AZG).

Für die wöchentliche Normalarbeitszeit ist eine Grenze von 50 Stunden3) bei einer Durchrechnung in maximal acht Wochen zu beachten; bei einer längeren Durchrechnung beträgt sie 48 Stunden (§4 Abs6 AZG), sofern nicht eine der besonderen Regelungen für bestimmte Branchen zur Anwendung kommt. Die noch immer in §4 Abs6 letzter Satz AZG genannte Grenze der Tagesarbeitszeit von neun Stunden ist nach herrschender Meinung für die Kollektivvertragsparteien unbedeutend, weil die Regelung des §4 Abs1 AZG vorangeht.4)

Damit bleibt nur mehr die Frage des Durchrechnungszeitraums. An sich lässt sich ein Kurz/lang-Modell – wie eingangs gezeigt – in zwei Wochen ausgleichen, doch kann es auch im Interesse der Kollektivvertragsparteien liegen, einen längeren Durchrechnungszeitraum zu vereinbaren, um zusätzlich auch den Ausgleich saisonaler Schwankungen zu ermöglichen. Dies ist möglich und der Durchrechnungszeitraum kann dann auch ein Jahr (oder mehr) betragen. Bewegt sich ein Kollektivvertrag innerhalb dieser Grenzen, sind letztlich die im Kollektivvertrag (der ja den gesetzlichen Ra hmen nicht zur Gänze ausschöpfen muss) festgelegten Grenzen für den Rechtsanwender entscheidend. Solange diese Rahmenbedingungen eingehalten werden, kann durch Kollektivvertrag ein Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche vereinbart werden.5)

2.3.Rahmenbedingungen bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung durch Kollektivvertrag

2.3.1.Verhältnis zu kollektivvertraglichen Flexibilisierungsbestimmungen

Viele Kollektivverträge enthalten Flexibilisierungsbestimmungen, das heißt Regelungen für eine Verteilung der Normalarbeitszeit in einem längeren Zeitraum mit einem unterschiedlichen Ausmaß bei der wöchentlichen Arbeitszeit. Solche Regelungen werden oft als „Bandbreitenmodell“ bezeichnet; dabei werden eine Unter- und eine Obergrenze der täglichen und der wöchentlichen Normalarbeitszeit festgelegt. In einem solchen Fall kann dann individuell das Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche eingeführt werden, wenn

• die Unter- und Obergrenzen der täglichen Normalarbeitszeit sowie

• die Unter- und Obergrenzen der wöchentlichen Normalarbeitszeit eingehalten werden

• und der Kollektivvertrag nicht zwingend die Verteilung der Normalarbeitszeit auf mindestens fünf Arbeitstage vorsieht.

3)Es handelt sich dabei um Normalarbeitszeitgrenzen; die Grenzen der höchstzulässigen Arbeitszeit sind in §9 Abs4 AZG geregelt und die beträgt 12 Stunden pro Tag, 60 Stunden pro Woche und maximal durchschnittlich 48 Stunden pro Woche.

4) Schrank , Arbeitszeit7 (2023) §4 AZG Rz66; Ch. Klein in Gasteiger/Heilegger/Klein , AZG7 (2021), §§3 –4c Rz25 bis 27.

5)Die Kollektivvertragsparteien sind nicht an ein dem Grunde nach rhythmisches System zwischen kurzer und langer Woche gebunden, sondern können auch ein System einführen, das aus zwei langen und einer kurzen Woche besteht; so etwa §2C des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe.

zum Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche

Sofern der Kollektivvertrag die Flexibilisierung auch ohne Betriebsvereinbarung zulässt, ist die Einführung eines Kurz/lang-Systems daher auch ohne Betriebsvereinbarung möglich.

2.3.2.Regelung durch Betriebsvereinbarung

2.3.2.1.Arbeitsverhältnisse, die einem Kollektivvertrag unterliegen Hauptproblem der Einführung eines Kurz/lang-Systems durch Betriebsvereinbarung ist die Tatsache, dass in der langen Woche die Arbeitszeit wohl 40 Stunden überschreitet,6) was nach §3 AZG an sich dazu führt, dass in der langen Woche die Normalarbeitszeit überschritten wird.

Enthält der Kollektivvertrag keine Flexibilisierungsbestimmungen,7) bleibt nur die Frage der analogen Anwendung des §4 Abs8 AZG, der die Einführung der Vier-Tage-Woche (mit jeweils 10-stündigen Arbeitstagen) durch Betriebsvereinbarung zulässt. Unter einem teleologischen Aspekt wäre eine solche analoge Anwendung zu bejahen, weil der Gesetzgeber damit permanent die Einführung einer Vier-Tage-Woche zulässt. Was sollte also dagegen sprechen, dass nur jede zweite Woche eine Vier-Tage-Woche ist? Wesentliches Gegenargument ist aber, dass §4 Abs8 AZG die Ausdehnung der täglichen Normalarbeitszeitgrenze anordnet, was in einem Kurz/lang-System hingegen unproblematisch ist; dort stellt die wöchentliche Normalarbeitszeitgrenze das Problem dar, nämlich in der aus fünf Arbeitstagen bestehenden Woche. Dasselbe Problem, also keine Erwähnung der Ausdehnung der wöchentlichen Normalarbeitszeitgrenze, stellt sich auch bei §4 Abs3 AZG, aber dort ist es offenbar unstrittig, dass die 40-Stunden-Grenze überschritten werden kann;8) würde man das nicht so sehen, hätte die gesamte Bestimmung keinen Anwendungsbereich. Das führt insgesamt zum Ergebnis, dass ein Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche auch durch Betriebsvereinbarung eingeführt werden kann, sofern der Kollektivvertrag nicht ausdrücklich anderes bestimmt, das heißt, ausdrückliche Regelungen im Kollektivvertrag gehen vor.

2.3.2.2.Arbeitsverhältnisse, die keinem Kollektivvertrag unterliegen

Bei Arbeitsverhältnissen, die keinem Kollektivvertrag unterliegen, sind zwei Fälle zu unterscheiden: Besteht auf Arbeitgeberseite eine kollektivvertragsfähige Körperschaft, bleiben nur die Überlegungen zur analogen Anwendung des §4 Abs8 AZG;9) besteht eine solche nicht, ist eine Regelung durch Betriebsvereinbarung nach §1a AZG jedenfalls möglich.

2.4.Kurze/lange Woche und Gleitzeit

Die gleitende Arbeitszeit und ihre Grenzen sind in §4b AZG geregelt und bedürfen als solche keiner kollektivvertraglichen Ermächtigung. Nach §4b Abs2 AZG ist zwar eine Regelung durch Betriebsvereinbarung und in Betrieben ohne Betriebsrat die Schriftform vorgesehen, was zwar für die konkrete Einführung eines Kurz/lang-Modells von Bedeutung ist, aber für den möglichen Umfang keine Rolle spielt. Nachdem die Einführung einer kontinuierlichen Vier-Tage-Woche im Rahmen der Gleitzeit möglich ist,10) gilt dies auch für Kurz/lang-Modelle. Die entsprechenden Zulässigkeitsgrenzen ergeben sich auch hier aus §4b Abs4 AZG.

6)Theoretisch wäre auch eine kurze Woche mit vier Tagen zu 10 Stunden und einer langen Woche mit fünf Tagen zu acht Stunden zulässig, doch ist dieses Modell wahrscheinlich reine Theorie und soll im Folgenden außer Betracht bleiben. Bei Teilzeitarbeit stellt sich unter Umständen ebenfalls das Problem der Überschreitung der 40-Stunden-Grenze nicht.

7)Siehe zu diesen bereits Punkt 2.3.1.

8) Schrank , Arbeitszeit7, §4 AZG Rz43 (50 Stunden); Ch. Klein in Gasteiger/Heilegger/Klein , AZG7, §§3 –4c Rz23 (60 Stunden).

9)Siehe dazu Punkt 2.3.2.1.

10) Schrank , Arbeitszeit7, §4b AZG Rz110; Ch. Klein in Gasteiger/Heilegger/Klein , AZG7, §§3 – 4c Rz23.

3.Festlegung der Arbeitszeit

Grundsätzlich wirft das Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche keine besonderen rechtlichen Fragen hinsichtlich der Festlegung der Normalarbeitszeit auf, die sich nicht auch bei anderen Arbeitszeitmodellen stellen.

In praktischer Hinsicht stellt sich nur die Frage, welche Woche sinnhafterweise eine kurze und welche eine lange Woche sein soll. Auf den ersten Blick scheint eine Vereinbarung, wonach die Wochen alternierend abwechseln, am sinnvollsten zu sein. Das stimmt auch für die meiste Zeit des Jahres, kann aber dazu führen, dass in Wochen, in denen auf einen Donnerstag ein Feiertag fällt, der Freitag als Fenstertag (Zwickeltag) dann zum Arbeitstag wird, wenn er in eine lange Woche fällt. Diese Konstellation tritt zB jedes Jahr im Frühjahr auf, weil Christi Himmelfahrt und Fronleichnam zwar bewegliche Feiertage sind, aber jedes Jahr genau drei Wochen auseinanderliegen. Beheben lässt sich das Problem mit einem unterjährigen Rhythmuswechsel. Für den Geltungsbereich des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewebe geben die Bau-Sozialpartner dazu jedes Jahr eine Empfehlung heraus, die solche Konstellationen vermeiden will. Theoretisch kann man auf sie auch verweisen, wenn man diesen Kollektivvertrag nicht anwenden muss.

4.Fragen im Zusammenhang mit Entgeltfortzahlungsansprüchen

4.1.Feiertage

Für die Frage der Entgeltfortzahlung am Feiertag stellen sich keine besonderen Fragen; sie richtet sich gemäß §9 Abs1 ARG nach dem Ausfallsprinzip und wirft insoweit keine besonderen Fragen auf. Fraglich ist nur, wie mit Feiertagen umzugehen ist, die auf den arbeitsfreien Tag der kurzen Woche fallen.11) Sofern der Arbeitgeber nicht willkürlich solche Wochen zu langen Wochen macht, ist dies wohl zulässig und im Ergebnis ist dieser Tag nicht anders zu behandeln als ein Samstag-Feiertag bei der Fünf-Tage-Woche.

4.2.Urlaub

4.2.1.Allgemeines Urlaubsrecht

Folgt man der Grundregel des §4 Abs3 UrlG, ist der Konsum einer Woche Urlaub als Konsum von sechs Werktagen zu werten; dabei ist es egal, ob es sich um eine kurze oder eine lange Woche handelt. Fragen stellen sich aber hinsichtlich des Konsums einzelner Urlaubstage in der kurzen Woche. Ob ein solcher tageweiser Konsum zulässig ist, wird im Ergebnis gleich, von der Begründung her unterschiedlich gelöst,12) spielt hier aber keine weitere Rolle. Zur Lösung des Problems sind zwei Ansätze denkbar:

• Zum einen kann man die Umrechnung von Werktagen auf Arbeitstage konsequent fortsetzen und bei der Annahme von 26 kurzen und 26 langen Wochen pro Jahr zum Ergebnis kommen, dass 30 Werktage 22,5 Tagen (aufgerundet daher 23 Arbeitstagen) und 36 Werktage 27 Arbeitstagen entsprechen.

• Der andere Ansatz setzt beim Konsum an und lässt die Zahl der Urlaubstage dem Grunde nach unberührt und wertet den Konsum von vier Einzeltagen als Verbrauch einer ganzen Woche (in Höhe von sechs Werktagen).

Die erste Variante entspricht von der Systematik her der auch sonst in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Herangehensweise, jedenfalls wenn man den Tag als kleinste Einheit wertet. Lediglich bei einem ausschließlich (!) ganzwöchigen Urlaubsverbrauch

11)Die Frage stellt sich freilich dann nicht, wenn der Kollektivvertrag anordnet, dass Wochen mit Feiertagen, die auf den arbeitsfreien Tag fallen, zwingend eine lange Woche sein müssen; so etwa §2B Z2 litc und §2D des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe; §6b lite Z2 des Kollektivvertrages für Angestellte der Baugewerbe und der Bauindustrie.

12)Dazu ausführlich Tomandl , Urlaubsrecht – eine kritische Analyse (2014) 67.

4.2.2.BUAG

innerhalb eines Urlaubsjahres wären die Freitage der langen Woche kontingenterhöhend zu werten sein, wenn der Urlaubsverbrauch vorwiegend in langen Wochen stattfindet und auch auf die vierte, fünfte und allenfalls sechste Urlaubswoche im Urlaubsjahr beschränkt.

• Beispiel 1

Der Angestellte A konsumiert seinen Urlaub in zwei Teilen, und zwar drei Wochen im Sommer (kurz/lang/ kurz) und weitere zwei Wochen (kurz/lang) im Winter. Die Urlaube sind mit 13 (4 + 5 + 4) und 9 (4 +5), insgesamt also 22 Tagen zu bewerten. Dass ein zusätzlicher Urlaubstag bestehen bleibt, ist Folge der Rundung.

• Beispiel 2

Der Angestellte B konsumiert seinen Urlaub in zwei Teilen, und zwar drei Wochen im Sommer (lang/kurz/ lang) und weitere zwei Wochen (kurz/lang) im Winter. Die Urlaube sind mit 14 (5 + 4 + 5) und 9 (4 + 5), insgesamt also 23 Tagen zu bewerten. Hier ist der Jahresurlaub verbraucht.

• Beispiel 3

Der Angestellte C konsumiert seinen Urlaub in fünf Teilen, und zwar mit vier langen und einer kurzen Woche Urlaub. Die ersten vier Urlaube sind jeweils mit fünf Tagen zu bewerten, der letzte Urlaub mit vier. Hier konsumiert er 24 Urlaubstage, weshalb das Kontigent in diesem Fall um einen Tag nachträglich wieder aufzuwerten ist, um zu einem Urlaubskonsum von fünf ganzen Wochen zu kommen.

Folgt man der anderen Variante, stellt sich im Wesentlichen die Frage, wie ein tageweiser Urlaubskonsum in der kurzen Woche zu werten ist. Die Lösung der Frage wäre dann hinfällig, wenn man den Konsum eines Urlaubstages am Freitag der kurzen Woche grundsätzlich für unzulässig halten würde, weil dies ein Zeitausgleichstag ist. Würde man dies bejahen, wäre dies aber eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu einem Arbeitnehmer, der zwei Wochen Urlaub (davon je eine kurze und eine lange Woche) durchgehend konsumiert, weil dieser unstrittig 10 Urlaubstage (12 Werktage) konsumiert. Der Zeitausgleich am Freitag kann daher der Wertung als Urlaubstag nicht a priori entgegenstehen.

Die Lösung ist meines Erachtens in der ko nkreten Urlaubsvereinbarung zu finden. Wird ein Tag Urlaub vereinbart, so ist auch nur dieser eine Tag als Urlaubstag zu werten. Dem Arbeitgeber ist es aber nicht verwehrt, den Konsum einzelner Urlaubstage einfach nicht zu vereinbaren, sondern darauf zu bestehen, dass er in bestimmten Fällen nur dem Konsum von zwei Urlaubstagen, also etwa dem Donnerstag und dem Freitag in der kurzen Woche, zustimmt. In diesem Fall kommt es dann zum Konsum von zwei Urlaubstagen. Da auf den Freitag aber keine Normalarbeitszeit fällt, besteht an diesem Tag ein Entgeltfortzahlungsanspruch von 0 Euro. Der Einwand, es handle sich dabei um eine gesetzwidrige Schlechterstellung des Arbeitnehmers, greift allein schon deshalb nicht, weil das Gesetz den tageweisen Urlaubskonsum ohnehin nicht vorsieht und der Arbeitnehmer daher auch für den Konsum einzelner Urlaubstage ohnehin keinen Rechtsanspruch hat. Abschließend stellt sich noch die Frage, ob der Arbeitnehmer nach §4 Abs4 UrlG einseitig einen Urlaubskonsum an einem Einzeltag erzwingen kann. Das ist schon allein deshalb zu verneinen, weil das UrlG einen Urlaubskonsum in ganzen Wochen (genau genommen: mindestens zwei oder drei Woch en) vorsieht und ein Urlaub, dessen Teilung nicht den Vorgaben des UrlG entspricht, nicht erzwingbar ist.

Bei Arbeitsverhältnissen, die dem BUAG unterliegen (und gerade in diesem Bereich sind Kurz/lange-Modelle kollektivvertraglich geregelt und in der Praxis auch häufig anzutreffen), können die Ausführungen zum Urlaub nach dem UrlG nicht einfach übernommen werden, weil das BUAG – anders als das UrlG – für den Entgeltanspruch am Urlaubstag eben nicht das Ausfallsprinzip vorsieht, sondern den Anspruch nach einer Formel be-

Rechtsfragen zum Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche

misst, der letztlich jener Lohnanspruch zugrunde liegt, den der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Erwerbs der Urlaubsanwartschaft gehabt hat (§8 BUAG).

Das Problem ist, dass der Freitag der kurzen Woche, wenn er als Urlaubstag behandelt wird, nicht als Zeitausgleichstag zur Verfügung steht und damit im Ergebnis die wöchentliche Normalarbeitszeit im Zeitraum von zwei Wochen unter Umständen überschritten wird (dies hängt von der Arbeitszeit an den anderen Tagen ab). Letztlich hängt es auch hier von der Urlaubsvereinbarung ab, ob der Freitag der kurzen Woche als Urlaubstag zu werten ist; der Arbeitgeber muss aber hier die entgeltrechtliche Problematik der Überstunden (in der korrespondierenden langen Woche) berücksichtigen.

4.3.Krankenstand

Beim Krankenstand stellen sich ähnliche Probleme wie beim Urlaub, allerdings mit dem Unterschied, dass dem Krankenstand keine Vereinbarung zugrunde liegt. Die Frage ist meines Erachtens nach der beim Urlaubsverbrauch dargestellten ersten Lösungsvariante zu lösen.13)

5.Besonders geschützte Arbeitnehmer

5.1.Minderjährige (KJBG)

Für Jugendliche im Sinne des KJBG beträgt die tägliche Normalarbeitszeitgrenze acht Stunden, die wöchentliche 40 Stunden. Ausnahmen davon sind nur möglich, wenn sie durch Kollektivvertrag vorgesehen sind. Daher ist das Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche bei Jugendlichen dann möglich, wenn dies durch Kollektivvertrag zugelassen ist. Die Tagesarbeitszeit darf in diesem Fall maximal neun Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit maximal 45 Stunden betragen; im Durchschnitt darf sie 40 Stunden nicht überschreiten. Unter Beachtung dieser Grenzen kann also das Arbeitszeitmodell kurze/ lange Woche auch mit Jugendlichen vereinbart werden.

5.2.Mütter (MSchG)

Für werdende und stillende Mütter verbietet §8 MSchG generell die Leistung von Überstunden, so die Überschrift zu diesem Paragrafen. Allerdings begrenzt diese Bestimmung auch eine andere Verteilung der Normalarbeitszeit; die Grenzen betragen

• neun Stunden pro Tag und

• 40 Stunden pro Woche.

In der Literatur werden Arbeitszeitmodelle dann zugelassen, wenn zwar die kollektivvertragliche Normalarbeitszeit, nicht aber eine Grenze von 40 Stunden überschritten wird.14) Damit ist ein Kurz/lang-Arbeitszeitmodell nur eingeschränkt zulässig. In Betracht kommt daher ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer Normalarbeitszeit von 38 Stunden, bestehend aus einer kurzen Woche mit 36 Stunden (4 x 9 Stunden) und einer langen Woche mit bis zu 40 Stunden.

Hat der Arbeitgeber mit einer Arbeitnehmerin vor der Schwangerschaft bei Vollzeit ein Kurz/lang-Modell vereinbart, stellt sich die Frage nach dem rechtlichen Schicksal dieser Vereinbarung. Die Arbeitszeitgrenzen des MSchG sind unbedingt einzuhalten, wobei Verstöße dagegen nach §37 MSchG verwaltungsstrafbewehrt sind. Da ein Arbeitszeitmodell kurze/lange Woche nicht automatisch gilt, sondern vereinbart werden muss, ist

13)Siehe dazu Punkt 4.2.1.

14) Marat , MSchG (2016) §8 Rz3; Wolfsgruber-Ecker in Neumayr/Reissner , Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 (2018) §8 MSchG Rz7; Schrank , Arbeitszeit6, §8 MSchG Rz2.

Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer gemäß §19 FM-GwG

diese Vereinbarung für werdende und stillende Mütter nicht zulässig und tritt daher als gesetzwidrig in diesem Zeitraum außer Kraft, sodass automatisch die Arbeitszeit auf fünf Tage zu verteilen ist. Verzichtet der Arbeitgeber am Freitag der kurzen Woche auf die Entgegennahme der Arbeitsleistung, hat die Arbeitnehmerin nach §1155 ABGB einen Entgeltanspruch.

Auf den Punkt gebracht

Viele Arbeitnehmer wollen eine Vier-Tage-Woche, weil sie dann regelmäßig ein längeres Wochenende haben; besonders bei Pendlern besteht dieser Wunsch, weil sie sich dann die Fahrtzeiten ersparen. Und anders als bei Homeoffice ist dies auch dann möglich, wenn die Arbeitsleistung an einem bestimmten Ort erbracht werden muss. Bei den Arbeitgebern ist die Vier-Tage-Woche hingegen weniger beliebt und wird eher als Anreiz zur Mitarbeiterbindung angesehen. Ein Arbeitszeitmodell mit einer Abwechslung von viertägigen Arbeitswochen (kurze Woche) und fünftägige Arbeitswochen (lange Woche) bietet einen Mittelweg an, der allerdings Rechtsfragen aufwirft, die sich bei Arbeitswochen mit einer gleichbleibenden Zahl von Arbeitstagen nicht stellen.

Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer gemäß §19 FM-GwG

Schutz vor Schadenersatzansprüchen, Bedrohungen, Anfeindungen oder Vergeltungsmaßnahmen und vor der Beendigung von Arbeitsverhältnissen

SEBASTIAN ZANKEL*)

Arbeitnehmer, die mit Meldungen von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung beschäftigt sind bzw derartige Verstöße melden, sind in mehrerlei Hinsicht vor Schadenersatzansprüchen oder Vergeltungsmaßnahmen geschützt. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die wichtigsten diesbezüglichen Regelungen geben.

1.Schutz vor Schadenersatzansprüchen

1.1. Allgemeines

Die Regelung des §19 Abs1 Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM-GwG) erfasst Schadenersatzansprüche, die Personen deshalb erleiden, da sie eine Transaktion nicht oder verspätet durchführen konnten.

Ein derartiger Schaden könnte zB eintreten, wenn jemand bei seiner Depotbank Aktien zu einem sehr günstigen Kurs verkaufen möchte, ihm jedoch für einige Tage sein Account deaktiviert wird, der Verkaufsauftrag deshalb nicht durchgeführt werden kann und der Aktienkurs im Anschluss dauerhaft sinkt.

Sofern ein derartiger Schaden tatsächlich nachgewiesen werden kann, haften jedoch der Verpflichtete, also in unserem Fall die Depotbank, und dessen Arbeitnehmer nicht, wenn die betreffende Transaktion lediglich fahrlässig aufgrund eines unrichtigen Ver-

*)Mag. Sebastian Zankel ist Jurist in der Rechtsabteilung eines österreichischen Konzerns in Wien.

Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer gemäß §19 FM-GwG

dachtes auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bzw durch ein Zuwiderhandeln im Sinne des §6 Abs3 FM-GwG verursacht wurde.

1.2.Begünstigte Personengruppe

Die Regelung trifft jene Arbeitnehmer, die bei einem betroffenen Unternehmen für die Überwachung des Verbots der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung verantwortlich sind bzw mit der Überprüfung der Identität einer natürlichen Person, des wirtschaftlichen Eigentümers einer juristischen Person bzw einer Personengesellschaft bzw des Treugebers befasst sind.

Dabei nennt das Gesetz nicht bloß bestimmte Arbeitnehmergruppen (wie zB den Geldwäschebeauftragten), sondern es geht davon aus, dass jeder Arbeitnehmer, der die oben genannten Tätigkeiten ausführt, vom Geltungsbereich des §19 Abs1 FM-GwG umfasst ist.

Umgekehrt sind andere Erfüllungsgehilfen des Verpflichteten, also zB externe Rechtsanwälte oder Consultants, dem Wortlaut nach nicht von der Bestimmung des §19 Abs1 FM-GwG erfasst, da sie keine Arbeitnehmer des vom Geltungsbereich des FM-GwG erfassten Unternehmens sind.

Betrachtet man jedoch das telos des §19 Abs.1 FM-GwG, ist meines Erachtens davon auszugehen, dass auch andere aufgrund einer vertraglichen Regelung mit den oben genannten Agenden vom Verpflichteten befasste Personen von der Bestimmung des §19 Abs1 FM-GwG erfasst sein müssen.

Dies deshalb, da es das klare Ziel des FM-GwG ist, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern,1) weshalb konsequenterweise alle Personen, die dies verhindern sollen, geschützt werden müssen.

Wäre dem nämlich nicht so, bestünde möglicherweise bei anderen Vertragspartnern als Arbeitnehmern die Verlockung einer weniger restriktiven Handhabung der geldwäscherechtlichen Bestimmungen bzw der Bestimmungen zur Vermeidung der Terrorismusfinanzierung, da diese Personen das Risiko hätten, selbst bei bloß fahrlässigem Handeln zum Schadenersatz herangezogen zu werden.

Selbiges kann klarerweise nicht im Interesse des Gesetzgebers liegen, der im Zweifel wohl eher den Schaden eines Kunden infolge einer Nichtdurchführung von Transaktionen in Kauf nimmt, als dass er eine Geldwäschehandlung oder eine Finanzierung von Terrorismus tolerieren möchte.

Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass §19 Abs1 FM-GwG auch andere Erfüllungsgehilfen des Verpflichteten als Arbeitnehmer erfasst.

1.3.Vorliegen eines Schadens

In der Regel nicht einfach zu beurteilen is t die Frage, wann ein konkreter Schaden bei einem Anleger vorliegen wird.

Rein nummerisch wird ein Schaden jedenfalls dann vorliegen können, wenn es ausgeschlossen ist, dass es künftig wieder zu einer Kurserholung kommen kann.

Dies wird in erster Linie dann vorliegen, wenn durch das Handeln des Verpflichteten und seiner Erfüllungsgehilfen ein Verkauf von Finanzinstrumenten (wie Aktien) künftig gar nicht mehr ohne entsprechenden Verlust getätigt werden kann (es kommt zB zum Delisting einer Aktie und diese verliert dadurch an Wert).

1)OGH 17. 2. 2022, 9 Ob 78/21t, wonach die Bestimmungen des BWG und aber auch des FM-GwG der Unterstützung der Aufsichts- und Strafbehörden bei der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung dienen.

Ein diesbezügliches in letzte r Zeit aufgetretenes Beispiel wäre zB die Anwendung des deutschen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG),2) in dessen Folge bestimmte Aktionäre infolge eines Kapitalschnitts ihre Anteile zur Gänze verlieren oder deren Anteile durch die bloße Einleitung des StaRUG-Verfahrens dauerhaft an Wert verlieren.

Hat daher ein Anleger in eine Aktie investiert, konnte er zB infolge eines Geldwäscheverdachts für einen gewissen Zeitraum von seinem Account nicht handeln und wurde während dieses Zeitraums betreffend diese konkrete Aktie die Einleitung des StaRUGVerfahrens mit einen darauf folgenden Kursverfall angekündigt, ist das Vorliegen eines Schadens denkbar.

Anders liegt der Fall meines Erachtens aber dann, wenn bloß punktuell ein möglicherweise günstiger Verkaufszeitpunkt (zB zu einem besonders günstigen Aktienkurs) nicht realisiert werden konnte.

Hier könnte nämlich zu Recht eingewandt werden, dass sich ein künftiger Wert von Finanzinstrumenten nicht vorhersagen lässt und es daher durchaus denkbar ist, dass aufgrund einer künftigen Kurserholung gar kein Schaden eintritt.

Es ist daher davon auszugehen, dass gemäß §19 Abs1 FM-GwG nur jene Schäden ersatzfähig sind, die endgültig, das heißt nicht mehr aufholbar sind.

1.4.Haftungsbefreite Tatbestände

Das Haftungsprivileg betrifft im Wesentlichen folgende Tatbestände:

• Es bestand ein Geldwäscheverdacht.

• Es bestand der Verdacht der Terrorismusfinanzierung.

• Es erfolgte eine Überprüfung, ob ein Nutzer auf eigene oder fremde Rechnung handelt, bzw die Überprüfung des wirtschaftlichen Eigentümers.

Ein präventiver Anwendungsfall der Überprüfung, ob ein Geldwäscheverdacht vorliegt, ist meines Erachtens dann verwirklicht, wenn ein Anleger sich weigert, die erforderlichen Mittelherkunftsnachweise zu erbringen.

In diesem Zusammenhang normiert §6 Abs5 FM-GwG nämlich, dass die Verpflichteten den Umfang der in §6 Abs1 bis 3 FM-GwG genannten Sorgfaltspflichten auf risikoorientierter Grundlage selbst bestimmen können.

Die Bestimmung des §6 Abs5 FM-GwG räumt daher den Arbeitnehmern von nach dem FM-GwG Verpflichteten einen sehr weiten Ermessungsspielraum ein, wobei diese bei der Bewertung der Risiken von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zumindest die in Anlage I zum FM-GwG aufgeführten Variablen zu berücksichtigen haben und der Finanzmarktaufsicht nachzuweisen ist, dass die getroffenen Maßnahmen angesichts der ermittelten Risiken von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung angemessen sind.

Den Arbeitnehmern der vom FM-GwG erfassten Unternehmen steht – wie bereits oben ausgeführt – ein sehr weitgehender Ermessensspielraum zu, zu beurteilen, welche Mittelherkunftsnachweise erforderlich sind. In concreto heißt dies, dass diese Arbeitnehmer im Endeffekt weitestgehend selbst entscheiden können, ob sie von einem konkreten Anleger Mittelherkunftsnachweise (zB Lohnzettel) verlangen.

Entscheidend ist daher nur, dass es ein nachvollziehbares Konzept gibt, wann also bei Vorliegen welcher Kriterien Mittelherkunftsnachweise verlangt werden (beispielsweise

2)Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG), dBGBl I 2020. 3256 in der Fassung dBGBl I 2022, 1166.

Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer gemäß §19 FM-GwG

auf Basis eines risikobasierten Ansatzes, der zB auch den Wohnsitzstaat oder andere Faktoren [wie zB rasche Käufe und Verkäufe von Finanzinstrumenten] erfassen kann) und warum bestimmte Herkunftsnachweise nicht ausreichen und durch weitere Unterlagen ergänzt werden müssen (ein Lohnzettel weist zB ein im Vergleich zum investierten Betrag vergleichsweise niedriges Nettogehalt auf).

Keinesfalls kann ein Anleger aus den zum Teil taxativen Aufzählungen der §§5 und 6 FM-GwG einen Schadenersatzersatzanspruch herleiten, da diese Bestimmungen keine Schutznorm zugunsten einzelner Geschädigter darstellen.3)

1.5.Keine Haftung bei bloß fahrlässigem Handeln

Die Bestimmung des §19 Abs1 FM-GwG schützt insbesondere Arbeitnehmer von vom FM-GwG erfassten Unternehmen vor Schadenersatzersatzansprüchen, wenn sie Dritten einen Schaden verursachen, indem sie in fahrlässiger Weise davon ausgegangen sind, dass ein Geldwäscheverdacht bzw der Verdacht auf Terrorismusfinanzierung gegeben war oder gegen eine Verpflichtung gemäß §6 Abs3 iVm §5 FM-GwG verstoßen worden ist.

Geschützt ist fahrlässiges Handeln, somit leichte und grobe Fahrlässigkeit, nicht jedoch vorsätzliches Handeln der betroffenen Arbeitnehmer.

Die Haftungsprivilegierung gilt jedoch nicht nur gegenüber Dritten, sondern auch im Innenverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber, da der Wortlaut des §19 Abs1 FM-GwG explizit nicht normiert, wem gegenüber die Haftungsprivilegierung stattfindet, sodass davon auszugehen ist, dass die Haftungsprivilegierung gegenüber jedermann Wirkung entfaltet.

Im Rechtsverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber ist die Bestimmung des §19 Abs1 FM-GwG somit eine lex specialis zu des Bestimmungen des DHG, weshalb §2 DHG durch die Bestimmung des §19 Abs1 FM-GwG verdrängt wird.

Wird einem Anleger oder dem Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer eines dem FM-GwG unterliegenden Unternehmens ein Schaden vorsätzlich verursacht, ist der Arbeitnehmer jedoch nicht nach §19 FM-GwG haftungsbefreit.

Wird der Arbeitgeber aufgrund der vorsätzlichen Schadenszufügung seines Arbeitnehmers von einem Dritten in Haftung genommen, kann dieser sich seinerseits an seinem Arbeitnehmer regressieren.

In diesem Fall hat der Arbeitgeber jedoch die einschlägigen Rechtsvorschriften des DHG in Betracht zu ziehen.

Aufgrund des vorsätzlichen Handelns seines Arbeitnehmers findet zwar keine Mäßigung des Schadenersatzanspruches an sich gemäß §2 DHG statt, andere Vorschriften des DHG (wie zB die Bestimmungen über die Aufrechnung in §7 DHG) sind jedoch weiterhin zu beachten.

2.Schutz der Arbeitnehmer vor Bedrohungen, Anfeindungen oder Vergeltungsmaßnahmen

2.1.Allgemeines

§19 Abs2 FM-GwG normiert, dass natürliche Personen, einschließlich Arbeitnehmern und Vertretern der Verpflichteten, die intern oder der Geldwäschemeldestelle einen Verdacht auf Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung melden, vor Bedrohungen, Vergeltungsmaßnahmen oder Anfeindungen und insbesondere vor nachteiligen oder diskriminierenden Maßnahmen im Beschäftigungsverhältnis geschützt werden müssen.

3)OGH 17. 2. 2022, 9 Ob 78/21t.

2.2.Begünstigte Personengruppe

Der Wortlaut des §19 Abs2 FM-GwG umfasst jedwede natürliche Person, die entweder dem vom Anwendungsbereich des FM-GwG erfassten Unternehmen (siehe Punkt 2.3.) oder der Geldwäschemeldestelle einen Verdacht von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung meldet.

Die Bestimmung des §19 Abs2 FM-GwG ist somit eine spezielle Whistleblower-Bestimmung, die gemäß §4 Abs1 Z7 HSchG die Bestimmungen des HSchG verdrängt. Geschützt sind in erster Linie Arbeitnehmer und gesetzliche Vertreter, also Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer Aktiengesellschaft, des vom Anwendungsbereich des FM-GwG erfassten Unternehmens, aber auch Arbeitnehmer von Kunden, oder Dienstleistern oder jede natürliche Person, soweit von diesen ein Geldwäscheverdacht oder ein Verdacht auf Terrorismusfinanzierung gemeldet worden ist.

2.3.Definition der internen Stellen

Die Definition der internen Stellen umfasst alle Arbeitnehmer, die bei dem vom Anwendungsbereich des FM-GwG erfassten Unternehmen mit der Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsfällen bzw Verdachtsfällen auf Terrorismusfinanzierung befasst sind.

Dies sind im Regelfall:

• Mitarbeiter der Compliance-Abteilung;

• Mitarbeiter der Rechtsabteilung;

• gesetzliche Vertreter der Gesellschaft (Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer Aktiengesellschaft).

Dessen unbeschadet können aber auch andere Arbeitnehmer des vom Anwendungsbereich des FM-GwG erfassten Unternehmens, die mit der konkreten Verdachtsmeldung befasst sind (zB disziplinäre Vorgesetzte oder Mitarbeiter der Personalabteilung), als interne Stelle im Sinne des §19 Abs2 FM-GwG angesehen werden.

Nicht als Meldung an eine interne Stelle im Sinne des §19 Abs2 FM-GwG gilt meines Erachtens eine Meldung an den Betriebsrat, da dieser kraft Gesetzes nicht als Vertreter des Arbeitgebers gelten kann, sondern ausschließlich als Vertreter der Belegschaft gilt.

Dies hat zur Folge, dass der Schutz des §19 Abs2 FM-GwG noch nicht mit der Meldung eines Sachverhaltes an den Betriebsrat eintritt, sondern erst, wenn der Betriebsrat oder der Arbeitnehmer selbst den Sachverhalt an eine befugte interne Stelle weiterleitet.

2.4.Welchen Schutz haben Arbeitnehmer?

Der Schutz des Arbeitnehmers gemäß der Bestimmung des §19 Abs2 FM-GwG besteht in vielfacher Art und Weise:

Einerseits sind der Arbeitgeber bzw dessen gesetzliche Vertreter dazu verpflichtet, jedwede unternehmensinterne Nachteile, die ein Melder aufgrund seiner Meldung, also nicht aufgrund anderer Gründe (wie zB schlechter Arbeitsleistungen) erleidet, unverzüglich abzustellen.

Dies beinhaltet den Schutz vor Mobbing-Handlungen gleichermaßen wie den Schutz vor Benachteiligungen bei der Entgeltfestsetzung und bei Beförderungen bzw den Schutz vor Beendigungen.

Im Falle der Verwirklichung von strafrechtlich relevanten Tatbeständen gegenüber dem Melder (zB im Falle der Verwirklichung des Tatbestands der gefährlichen Drohung) kann

Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer gemäß §19 FM-GwG

es auch zwingend erforderlich sein, dass der Arbeitgeber Strafanzeige erstattet, um den Verpflichtungen des §19 Abs2 FM-GwG zu entsprechen.

Sollte der Arbeitgeber die entsprechenden Veranlassungen nicht treffen, kann dieser gegebenenfalls selbst schadenersatzpflichtig werden.

3.Schutz vor der Beendigungen von Arbeitsverhältnissen

3.1.Allgemeines

Wird ein Arbeitnehmer eines vom Anwendungsbereich des FM-GwG erfassten Unternehmens infolge einer Verdachtsmeldung hinsichtlich des Delikts der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung gekündigt, können diesem die Rechtsbehelfe der Kündigungsanfechtung wegen eines verpönten Motivs oder wegen Sittenwidrigkeit zur Verfügung stehen.

3.2.Kündigungsanfechtung wegen eines verpönten Motivs

Nach dem Gesetzeswortlaut des §105 Abs3 Z1 ArbVG werden die Anfechtungstatbestände, die sich auf ein verpöntes Motiv beziehen, taxativ aufgezählt.

Dies ergibt sich aus dem klaren Gesetzeswort4) und diese Meinung wird auch von der herrschenden Lehre geteilt, die klar und deutlich ausführt, dass diese Enumeration taxativ ist.5)

Daraus folgt, dass ein Vergeltungsakt gegenüber einem Melder eines Geldwäscheverstoßes bzw eines Verdachts auf Terrorismusfinanzierung keinen Kündigungsanfechtungstatbestand aus dem Rechtsgrund des verpönten Motivs darstellt.

Denkbar wäre allerdings, dass der Tatbestand des §105 Abs3 Z1 liti ArbVG verwirklicht sein könnte, der vorsieht, dass, ein Arbeitnehmer „wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer“ nicht gekündigt werden darf.

Unter dem Terminus „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ sind alle jene Ansprüche, die sich auf Basis des Gesetzes, eines Kollektivvertrages, eines Arbeitsvertrages bzw einer Betriebsvereinbarung ergeben, zu verstehen.6)

Meines Erachtens sind auch Rechte, die sich aus betriebsinternen Richtlinien (zB einem Code of Conduct oder einer betriebsinternen Richtline zur Vermeidung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung) ergeben und die Rechte eines Arbeitnehmers normieren (zB ein Melderecht hinsichtlich entdeckter Missstände im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis), unter den Terminus „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ zu subsumieren.

Ein Melder kann daher grundsätzlich dann unter den Schutzbereich der Bestimmung §105 Abs3 Z1 liti ArbVG fallen, wenn insbesondere eine Betriebsvereinbarung oder eine betriebsinterne Richtlinie die Möglichkeit der Meldung von Rechtsverstößen beim Arbeitgeber oder einer von diesem eingerichteten Stelle vorsieht, selbst wenn kein formelles IT-basiertes Meldesystem beim Arbeitgeber besteht.

Gleiches gilt aber auch, wenn keine betrie bsinterne Richtlinie betreffend die Meldung von Geldwäscheverstößen bzw einer möglichen Terrorismusfinanzierung vorliegt, sondern eine entsprechende Meldung ausschließlich auf Basis des §19 Abs2 FM-GwG erfolgt.

4)So fehlt zB das Wort „insbesondere“, welches im Regelfall auf eine demonstrative Aufzählung schließen lässt.

5) Wolligger in Neumayr/Reissner , Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 (2018) §105 ArbVG Rz78.

6) Wolligger in ZellKomm3, §105 ArbVG Rz127.

Einen entsprechenden Schutz des Melders gibt es jedoch nur dann, wenn die Meldung des Rechtsverstoßes nicht offenbar unberechtigt erfolgt.

Wolligger weist daher zu Recht darauf hin, dass der Anspruch, sohin im Falle des Melders die Meldung, zumindest „vertretbar strittig“ sein muss.7)

Daraus folgt, dass jedenfalls bewusste Falschmeldungen des Melders nicht vom Motivkündigungsschutz des §105 Abs3 Z1 liti ArbVG erfasst sind.

Nicht erwartet werden kann vom Melder hingegen, dass dieser langwierige Untersuchungen zur Rechtslage durchführen muss.8)

3.3.Anfechtung aus dem Rechtsgrund der Sittenwidrigkeit der Kündigung

Für den Fall, dass eine Kündigung nicht nach §105 Abs3 Z1 ArbVG angefochten werden kann (zB bei leitenden Angestellten nach dem ArbVG), ist zu prüfen, ob eine Kündigung sittenwidrig im Sinne des §879 ABGB ist.

Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem Beweggrund für die Kündigung. Eine sittenwidrige Auflösung liegt nur dann vor, we nn der Arbeitgeber von seinem Auflösungsrecht aus gänzlich unsachlichen, insbesondere aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zu missbilligenden Motiven Gebrauch gemacht hat.

Es kommt daher immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an, ob eine Kündigung sittenwidrig ist.

Die Tatsache, dass eine Kündigung für den betroffenen Arbeitnehmer eine soziale Härte darstellt, macht an sich die Kündigung noch nicht sittenwidrig.

Zu überprüfen wäre somit im Falle des Melders, ob ein aus den Gründen des Persönlichkeitsschutzes gänzlich zu missbilligendes Motiv im Falle von dessen Kündigung vorliegt.

In diesem Zusammenhang sind meines Erachtens zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:

• Der Melder erstattet die Meldung im guten Glauben, dass ein entsprechender Rechtsverstoß stattgefunden hat.

• Der Melder erstattet die Meldung, dass ein entsprechender Rechtsverstoß stattgefunden hat, nicht im guten Glauben.

Ein schlechtgläubiger Melder kann sich nicht auf die Sittenwidrigkeit einer Kündigung berufen. In diesem Fall liegt nämlich das zu missbilligende Motiv nicht aufseiten des Arbeitgebers, sondern aufseiten des Arbeitnehmers, der als Melder fungiert. Wenngleich man wohl nicht in jedem Fall zwingend vom Erfordernis einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Melder ausgehen muss, ist jedenfalls eine derartige Beendigungshandlung des Arbeitgebers nicht aus einem gänzlich zu missbilligendem Motiv heraus erfolgt, sondern aus einem im höchsten Maß nachvollziehbaren Motiv.

Anders liegt der Fall allerdings, wenn ein Arbeitnehmer eine entsprechende Meldung im guten Glauben erstattet.

Der gutgläubige Melder trägt im Regelfall zur Sicherung des rechtskonformen Verhaltens bei. Dies hat seinen Grund darin, dass nicht wenige Verstöße ohne das Tätigwerden eines Melders niemals entdeckt würden.

Würde daher ein Arbeitnehmer dahin gehend sanktioniert, dass er in Reaktion auf eine im guten Glauben getätigte Meldung im Zusammenhang mit einer Rechtsverletzung ge-

7) Wolligger in ZellKomm3, §105 ArbVG Rz130.

8) Wolligger in ZellKomm3, §105 ArbVG Rz131; OGH 21. 12. 2011, 9 ObA 64/11v.

Gesetzgebung

kündigt wird, erfolgt meines Erachtens diese Kündigung aus gänzlich von der Rechtsordnung zu missbilligenden Motiven und wäre daher eine Kündigung als sittenwidrig im Sinne des §879 ABGB anzusehen.

Auf den Punkt gebracht

Die Bestimmung des §19 FM-GwG sieht einerseits einen Haftungsausschluss bei fahrlässiger Schadenszufügung eines Arbeitnehmers infolge eines Verdachts auf Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung bzw einer verweigerten Identifizierung eines Kunden vor. Überdies schützt diese Bestimmung Arbeitnehmer, die Verdachtslagen betreffend Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung melden, vor Vergeltungsmaßnahmen und können betroffene Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang ausgesprochene Kündigungen im Regelfall wegen eines verpönten Motivs anfechten.

Neues aus der Gesetzgebung

2023 – arbeitsrechtliche und arbeitsmarktpolitische Änderungen

Im Rahmen des Beschlusses des Nationalrates vom 13. 12. 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2023 –SRÄG 2023),1) werden auch arbeitsrechtliche und arbeitsmarktpolitische Änderungen vorgenommen, die im Folgenden kurz erläutert werden:

1.Gemäß §19d Abs2b AZG sollen nunmehr teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber nicht von freiwerdenden oder neuen Vollzeitarbeitsplätzen informiert werden, einen Anspruch auf pauschalierten Schadenersatz in der Höhe von 100 Euro haben. Kollektivverträge sollen jedoch Abweichendes regeln können. Diese Änderung soll mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten. Eine entsprechende Regelung soll auch im LAG 2021 für teilzeitbeschäftigte Landarbeiter geschaffen werden (§30 Abs.17 LAG 2021).

2.In §27 Abs2 Z1 AlVG soll die Rahmenfrist für den Zugang zur Altersteilzeit um Zeiträume einer selbständigen Erwerbstätigkeit erstreckt werden, vorausgesetzt, diese Zeiten unterlagen der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG oder waren gemäß §5 AlVG davon ausgenommen. Mit der Neuregelung soll Personen, die in ihrem Versicherungsverlauf längere Zeiträume einer Pflichtversicherung nach dem GSVG aufweisen, der Zugang zur Altersteilzeit ermöglicht werden, indem auch auf Arbeitslosenversicherungszeiten vor der Selbständigkeit zurückgegriffen werden können soll. Die Änderung soll mit 1. 7. 2024 in Kraft treten.

Gerda Ercher-Lederer

*)Maga Gerda Ercher-Lederer ist Leiterin der Abteilung für kollektives Arbeitsrecht im BMAW. Maga Julia Dujmovits ist Leiterin der Abteilung für Legistik der Kranken- und Unfallversicherung im BMSGPK.

1)849 BNR: https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/BNR/849 (Zugriff am 20. 12. 2023).

Betreuung und Unterstützung nicht arbeitsfähiger Personen unter 25 Jahren

Mit Beschluss des Nationalrates vom 14. 12. 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden,2) sollen Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres künftig nicht mehr verpflichtet werden, an einer Untersuchung der Arbeitsfähigkeit nach §8 Abs2 Satz 2 AlVG teilzunehmen, um diesen Personen so den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Ab der Vollendung des 25. Lebensjahres soll eine Untersuchung angeordnet werden können.

Die betreffenden Personen sollen bis zum Erreichen des 25. Lebensjahres vom AMS betreut und vorgemerkt werden (§38a AMSG) sowie entsprechende Dienstleistungsangebote (zB Schulungen) in Anspruch nehmen können. Auch eine Unterstützung des SMS und der Länder bei der Suche nach offenen Stellen und der Abklärung besonderer Bedarfslagen soll vorgesehen werden. Sofern sie ihre Anwartschaft aufgrund einer Beschäftigung nachweisen können, sollen Betroffene auch Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.

Um Härtefälle zu vermeiden, sollen Gutachten, die im Jahr 2023 angeordnet wurden, ebenfalls bis zum 25. Lebensjahr nicht zur Anwendung kommen.

Mit den Änderungen im Ausbildungspflichtgesetz sollen vor allem legistische Klarstellungen erfolgen, die Vollziehung der Ausbil dungspflicht soll erleichtert werden.

Die Änderungen sollen mit 1. 1. 2024 in Kraft treten.

Gerda Ercher-Lederer

2)872/BNR: https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/BNR/872 (Zugriff am 20. 12. 2023).

Praxis-News aus Sozialversicherungs-, Lohnsteuer- und Arbeitsrecht in Kurzform

Widerruf einer A 1-Bescheinigung ohne Abstimmung möglich

EuGH 16. 11. 2023, ZUS v TE, C-422/22.

In den Praxis-News wurde sc hon mehrfach über die weitreichende Bindungswirkung von A 1-Bescheinigungen berichtet (vgl zB ASoK 2017, 274f). Die Behörden und Gerichte anderer Staaten können die betreffende Person nicht eigenmächtig in deren Sozialversicherung einbeziehen, sondern müssen sich bei Zweifel an der Richtigkeit einer solchen Bescheinigung unter Beachtung des in der Durchführ ungsverordnung (EG) 987/2009 festgelegten Dialog- und Vermittlungsverfahrens mit dem ausstellenden Träger um den Widerruf dieser Bescheinigung bemühen.

Im angeführten Urteil hat der EuGH nunmehr entschieden, dass ein Mitgliedstaat, der eine A 1-Bescheinigung ausgestellt hat und feststellt, dass die Voraussetzungen für eine solche Bescheinigung nicht erfüllt sind, aber nicht an dieses Verfahren gebunden ist. Er kann die ausgestellte Bescheinigung daher von sich aus widerrufen, ohne sich vorher mit der für die soziale Sicherheit zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates über

*)Mag. Alfred Shubshizky ist Steuerberater in Linz.

die Korrektur der Zuständigkeit abzustimmen, und ist lediglich verpflichtet, die zuständigen Träger und die betreffende Person schnellstmöglich über den erfolgten Widerruf zu informieren.

Pensionsversicherungsrechtliche Anreize für längeres Arbeiten

Sozialrechts-Änderungsgesetz 2023, 849 BNR (https://www.parlament.gv.at/gegen stand/ XXVII/BNR/849).

Personen, die ungeachtet des Anspruchs auf eine Regelpension erwerbstätig bleiben, haben zwei Möglichkeiten:

1.Sie können die Regelpension in Anspruch nehmen und erhalten für die hinsichtlich der weiteren Ausübung der Erwerbstätigkeit zu entrichtenden Pensionsversicherungsbeiträge eine gesonderte Gegenleistung in Form eines besonderen Höherversicherungsbetrages.

Dieser wird jeweils pro Kalenderjahr der neben der Regelpension ausgeübten Erwerbstätigkeit durch Multiplikation der vom Dienstgeber und Dienstnehmer gezahlten Pensionsversicherungsbeiträge mit besonderen versicherungsmathematischen Faktoren berechnet und ab dem folgenden Kalenderjahr laufend ausgezahlt.

2.Alternativ dazu kann der Versicherte den Antritt der Regelpension hinausschieben. In diesem Fall erhält er einerseits eine Bonifikation (Aufschubbonus), andererseits sind für den Zeitraum der Bonifikation hinsichtlich der Erwerbstätigkeit nur die halben Pensionsversicherungsbeiträge zu entrichten.

Zur Attraktivierung eines längeren Arbeitens von älteren Personen hat der Nationalrat diesbezüglich folgende, ab 2024 geltende Begünstigungen beschlossen:

• Wird neben dem Bezug der Regelpension eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, dann übernimmt der Bund den auf den Versicherten entfallenden Teil des Pensionsversicherungsbeitrags bis zum Ausmaß von 10,25% des doppelten Betrages der ASVG-Geringfügigkeitsgrenze. Diese Beitragsübernahme gilt nicht hinsichtlich der Sonderzahlungen.

Diese Regelung ist vorläufig auf zwei Jahre befristet und tritt somit Ende 2025 außer Kraft.

• Die Bonifikation für den Fall, dass der Regelpensionsantritt aufgeschoben wird, wird von 4,2% pro Jahr (0,35% pro Monat) auf 5,1% pro Jahr (0,425% pro Monat) erhöht.1) Sie entspricht somit dem Abschlag für die Korridorpension.

Darüber wird für Zeiträume ab 1. 1. 2024 eine Toleranzgrenze hinsichtlich des erlaubten Zuverdienstes für Personen, die eine Korridor- bzw eine Schwerarbeitspension beziehen, verankert. Nach §9 APG fallen diese Leistungen für den Zeitraum weg, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, die eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründet oder aus der ein Erwerbseinkommen über der ASVG-Geringfügigkeitsgrenze erzielt wird.

Im Hinblick darauf, dass zum Erwerbseinkommen auch Sonderzahlungen gehören und es deshalb auch bei an sich geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zum Wegfall der vorzeitigen Pensionsleistung kommen kann, ist nunmehr festgelegt, dass diese Rechtsfolge nicht eintritt, wenn die jährliche Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze nicht mehr als 40% der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze (2024 damit voraussichtlich rund 207 Euro) ausmacht.

1)Nach dem APG ist der Zuschlag nach oben hin mit 15,3% (vorher 12,6%) begrenzt. Damit kann die Bonifikation für maximal drei Jahre des Pensionsaufschubs in Anspruch genommen werden.

Erhöhung der Dienstgeberabgabe und Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge Budgetbegleitgesetz 2024, 828/BNR (https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/ BNR/828).

In den Praxis-News vom Juni 2023 (ASoK 2023, 229) wurde darüber berichtet, dass der VfGH den Ausschluss mehrfach geringfügig beschäftigter Personen von der Arbeitslosenversicherung als verfassungswidrig angesehen hat.

Im Hinblick darauf wird der Beitragssatz für die Dienstgeberabgabe (DAG), die von der Summe der vom Unternehmen gewährten geringfügigen Entgelte zu bemessen ist, ab 2024 von 16,4 auf 19,4% erhöht.

Im Gegenzug werden die Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung um 0,1 Prozentpunkte gesenkt und betragen somit ab 2024 2,3% für Lehrlinge und 5,9% für alle sonstigen Versicherten. Die hälftige Aufteilung der Beiträge auf Dienstnehmer und Dienstgeber bleibt aufrecht.

Steuerliche Sonderregelungen zur Einordnung von GmbH-Gesellschaftern

VwGH 6. 9. 2023, Ra 2022/15/0002; BFG 20. 9. 2023, RV/6100240/2017.

Das EStG sieht hinsichtlich der steuerlic hen Einordnung von Ge sellschaftern einer GmbH, die für diese tätig sind, Sonderregelungen vor:

• Einerseits sind Bezüge und Vorteile von Personen, die nicht wesentlich (bis zu 25%) beteiligt sind, auch dann den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Beschäftigung die Weisungsbindung aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Sonderbestimmung fehlt (§25 Abs1 Z1 litb EStG).

Nach der angeführten VwGH-Entscheidung kommt diese Regelung bei GesellschafterGeschäftsführern, die mit 22,5% bzw 23,5% beteiligt sind, zum Tragen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag Beschlüsse der Generalversammlung in einer Reihe wichtiger Geschäftsführungsangelegenheiten einer Mehrheit von 90% bedürfen. Dies vermittelt den Gesellschafter-Geschäftsführern in diesen Bereichen nämlich eine gesellschaftsvertragliche Sperrminorität, die die im Anstellungsvertrag verankerte Weisungsfreiheit absichert.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Beurteilung auf das Sozialversicherungsrecht durchschlägt.

• Andererseits erzielen wesentlich (also über 25%) beteiligte Gesellschafter, die sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisen, gemäß §22 Z2 EStG Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit und unterliegen damit den Lohnnebenkosten.

Diese Regelung kommt auch für einen zu mehr als 25% beteiligten Gesellschafter einer GmbH ohne Geschäftsführerfunktion in Betracht, der laufend für die Bereiche der Lohnverrechnung, der Buchhaltung und des Personalmanagements zuständig und somit unter dauerhafter Eingliederung in den betrieblichen Organismus tätig war.

Dienstgeber trägt durch GPLA nachverrechnete ASVG-Dienstnehmerbeiträge – kein lohnwerter Vorteil

BFG 20. 10. 2023, RV/3100505/2019.

Nach dem ASVG muss der Dienstgeber als Beitragsschuldner seine Berechtigung, die auf den Dienstnehmer entfallenden Beiträge vom Barentgelt abzuziehen, spätestens bei der auf die Fälligkeit der Beiträge nächstfolgenden Entgeltzahlung ausüben. Ein späterer Einbehalt ist nur dann möglich, wenn den Dienstgeber an der nachträglichen Beitragsentrichtung keine Schuld trifft, wobei dem be reits eine leicht fahrlässige Unterlassung eine Beitragsabfuhr entgegensteht.

Wenn der Dienstgeber die im Zuge einer GPLB nachverrechneten ASVG-Dienstnehmerbeiträge demnach nicht (mehr) beim Dienstnehmer einfordern kann und somit selbst zu tragen hat, liegt kein Arbeitslohn vor. Die solcherart vom Dienstgeber getragenen Dienstnehmerbeiträge sind somit – entgegen der Ansicht des Finanzamtes – nicht in die Bemessungsgrundlagen für die Lohnnebenkosten (Kommunalsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds samt Zuschlag) einzubeziehen.

Hinsichtlich der im Rahmen der Altersteilzeit vom Dienstgeber entrichteten Dienstnehmerbeiträge, die auf die Beitragsgrundlagengarantie entfallen, ist der VwGH hingegen von einem lohnwerten Vorteil ausgegangen. Diesbezüglich wurde zuletzt aber gesetzlich festgelegt, dass diese Beiträge vom Dienstgeber zu tragen sind, sodass auch insoweit ab 2024 die Lohnnebenkostenpflicht entfällt (siehe dazu die Praxis-News vom Oktober 2023, ASoK 2023, 383f).

Beweistauglichkeit von Fahrtenbüchern

BFG 29. 9. 2022, RV/5100762/2020.

Fahrtenbücher entsprechen in formeller Hinsicht nur dann den Formvorschriften des §131 BAO, wenn nachträgliche Abänderungen, Streichungen und Ergänzungen technisch ausgeschlossen oder klar nachvollziehbar sind.

Sind diese Voraussetzungen bei einem mithilfe eines Computerprogramms (zB MS Excel) erstellten Fahrtenbuch nicht gewährleistet, schließt dies im Hinblick auf den Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel aber nicht aus, dass der Abgabepflichtige die inhaltliche Richtigkeit derartiger Aufzeichnungen im Einzelfall durch zusätzliche Aufzeichnungen (Aufstellung der einzelnen Kunden, Nachweis von Kilometerständen iZm Werkstättenrechnungen etc) nachweist oder glaubhaft macht, sodass das in formeller Hinsicht unzureichende Fahrtenbuch im Rahmen der freien Beweiswürdigung sehr wohl anerkannt wird.

Abgaben- und Beitragsbefreiung für 2024 ausgezahlte Mitarbeiterprämien

Abänderungsantrag zum Start-Up-Förderungsgesetz, 875/BNR (https://www.parlament. gv.at/gegenstand/XXVII/I/2321).

Der Nationalrat hat am 14. 12. 2023 beschlossen, dass auch im Kalenderjahr 2024 ausgezahlte Mitarbeiterp rämien bis zum Ausmaß von 3.000 Euro abgaben- und beitragsfrei sind.

Diese Regelung ist an die für 2022 und 2023 verankerte Befreiung für Teuerungsprämien angelehnt; die Befreiung für Mitarbeiterprämien setzt gleichermaßen voraus, dass es sich um eine zusätzliche Zahlung handelt; bisher regelmäßig wiederkehrende Bonuszahlungen oder außerordentliche Gehaltserhöhungen kommen daher nicht in Betracht. In den Kalenderjahren 2022 und 2023 gewährte Teue rungsprämien stellen aber keine bisher üblicherweise gewährten Zahlungen dar. Wie bei der Teuerungsprämie steht auch für die Mitarbeiterprämie der Freibetrag von 3.000 Euro nur gemeinsam mit allfälligen steuerfreien Gewinnbeteiligungen (§3 Abs1 Z35 EStG) zu.

Die Befreiung für Mitarbeiterprämien setzt im Unterschied zu jener für Teuerungsprämien aber voraus, dass die Zahlung im vollen Umfang aufgrund eines Kollektivvertrages (etwa als Ausgleich für eine geringe Lohnerhöhung) oder einer Betriebsvereinbarung, die aufgrund einer kollektivvertraglichen Ermächtigung abgeschlossen wird, erfolgt. Bei Fehlen eines kollektivvertraglichen Vertragsteils auf Arbeitgeberseite kann die Zahlung aufgrund einer Betriebsvereinbarung erfolgen. Bei Fehlen eines Betriebsrates kann statt einer Betriebsvereinbarung eine vertragliche Vereinbarung des Arbeitgebers für sämtliche Arbeitnehmer erfolgen.

Aus der aktuellen Rechtsprechung

Rechtsprechung

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Kinderbetreuungsgeld: Kein Anspruch für das ältere Kind auch bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen

1. Das KBGG sah schon in seiner Stammfassung vor, dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld spätestens mit einem neuen Anspruch für ein weiteres Kind endet. Mit Ausnahme der eng begrenzten Ausnahme für Mehrlingsgeburten entspreche es der Absicht des Gesetzgebers, bei nacheinander erfolgten Geburten Kinderbetreuungsgeld nur für das jüngste Kind einer Familie zu gewähren.

2. Nach §5 Abs5 KBGG idF der Novelle BGBl I 2007/76 endete der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld spätestens mit Ablauf jenes Tages, welcher der Geburt eines weiteren Kindes bzw der Adoption (In-Pflege-Nahme) eines jüngeren Kindes voranging. Nach den Gesetzesmaterialien sollte damit lediglich eine Klarstellung dahin erfolgen, dass das Kinderbetreuungsgeld jedenfalls endet, wenn ein weiteres Kind geboren bzw ein jüngeres Kind adoptiert oder in Pflege genommen wird, und zwar unabhängig davon, ob die Eltern für das jüngere Kind tatsächlich Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen oder nicht (ErlRV 229 BlgNR 23. GP, 5). Vor diesem Hintergrund gebühre das Kinderbetreuungsgeld auch nach der Novelle BGBl I 2007/76 nur für das jeweils jüngst geborene Kind einer Familie. Diese Regelung wurde (wörtlich) in den derzeit in Geltung stehenden §3 Abs6 KBGG übergeführt; weitergehende Ausführungen dazu enthalten die Gesetzesmaterialien (ErlRV 1110 BlgNR 25. GP, 5) nicht.

3. Im vorliegenden Fall machen zwei Elternteile einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für jeweils eines ihrer beiden gemeinsamen Kinder geltend. Das entscheidende Sachverhaltsmerkmal ist also, dass die Eltern des älteren Kindes auch die Eltern des jüngeren Kindes sind. Es handelt sich um gemeinsame Kinder, auch wenn die biologische Mutter die jeweils andere Partnerin ist. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen der Rolle als Vater/Mutter/zweiter Elternteil und den Grundlagen für die rechtliche Elternschaft (wie zB Geburt durch die Mutter nach §143 ABGB, Abstammungsvermutung nach §144 Abs1 Z1 und Abs2 Z1 ABGB, Anerkenntnis nach §144 Abs1 Z2 und Abs2 Z2 ABGB, gerichtliche Feststellung nach §144 Abs1 Z3 und Abs2 Z3 ABGB, Adoption nach §§191ff ABGB).

4. Immer dann, wenn beide Elternteile des älteren Kindes auch die Elternteile des jüngeren Kindes sind, endet (für beide Elternteile) die Bezugsberechtigung für das ältere Kind mit Ablauf des Tages vor der Geburt (bzw Adoption oder In-Pflege-Nahme) des jüngeren Kindes. – (§3 Abs6 KBGG)

(OGH 22. 8. 2023, 10 ObS36/23a)

Vergütung nach §32 EpiG während Quarantäne im Ausland

1. Anders als bei Arbeitnehmern, die von einer österreichischen Gesundheitsbehörde unter Quarantäne gestellt werden und für die §32 EpiG eine Vergütung für den Verdienstentgang vorsieht, besteht nach der Systematik des EpiG ein solcher Anspruch im Fall, dass die Quarantäne von einer ausländischen Gesundheitsbehörde verf ügt wurde, nicht. Aufgrund der sich damit stellenden Frage einer möglicherweise unzulässigen Diskriminierung von Grenzgängern hat der

*)Mag. Dr. Christina Schnittler ist wissenschaftliche Projektmitarbeiterin (post doc) am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien.

Rechtsprechung

VwGH mit Beschluss vom 24. 5. 2022, Ra 2021/03/0098 ua, den EuGH um Vorabentscheidung ersucht. Der EuGH hat dies mit Urteil vom 15. 6. 2023, C-411/22, beantwortet. Der Arbeitnehmer ist folglich im Weiteren so zu behandeln, als hätte die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft über ihn – so wie tatsächlich von der ausländischen Gesundheitsbehörde geschehen –die Quarantäne verhängt.

2. Nach §1154b Abs5 ABGB behält der Dienstnehmer ferner den Anspruch auf das Entgelt, wenn er durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Dienstleistung verhindert wird. Es ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer aufgrund der wegen der COVID-19-Pandemie über ihn als Kontaktperson behördlich verhängten Quarantäne im genannten Zeitraum dienstverhindert war. Für eine solche Dienstverhinderung hat der Gesetzgeber in Gestalt des §32 EpiG einen besonderen – spezielleren – Entgeltfortzahlungstatbestand geschaffen.

3. In der Literatur ist strittig, ob §32 EpiG gegenüber §1154b ABGB bzw den dazu parallelen sonstigen zivilrechtlichen Entgeltfortzahlungsbestimmungen lex specialis oder gegenüber diesen subsidiär ist. Dem §32 Abs5 EpiG wurde durch die Novelle BGBl I 2022/89 als weiterer Satz angefügt: „Dies gilt nicht im Falle der Fortzahlung des Entgelts bzw. der Bezüge gemäß Abs3a.“ Diese Änderung erfolgte erst im parlamentarischen Verfahren (siehe 10980 BlgBR 27. GP). Nach dem Bericht des Gesundheitsausschusses wird durch diese Änderung „lediglich klargestellt, dass fortgezahltes Entgelt beziehungsweise Bezüge nicht der Anrechnung nach §32 Abs5 EpiG unterliegen“ (10994 BlgBR 27. GP). Wie aus dem Bericht ersichtlich, ist es Absicht des Gesetzgebers, dass fortgezahltes Entgelt bzw Bezüge nicht der Anrechnung nach §32 Abs5 EpiG unterliegen. Die Vergütung nach §32 EpiG steht für die gesamte Dauer der Absonderung zu. – (§32 EpiG; §1154b ABGB)

(OGH 29. 8. 2023, 8 ObA 48/23a)

Aliquotierung bei erster Pensionsanpassung nicht verfassungswidrig

§108h Abs1a ASVG (vgl zB auch §50 Abs1a GSVG oder §46 Abs1a BSVG) lautet:

„Die erstmalige Anpassung hat abweichend von Abs.1 so zu erfolgen, dass Pensionen, deren Stichtag (§223 Abs.2) in dem in der linken Spalte genannten Kalendermonat des der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahres liegt, ab 1. Jänner mit dem in der rechten Spalte genannten Prozentsatz jenes Erhöhungsbetrages zu erhöhen sind, der sich aus der Anwendung des Anpassungsfaktors ergeben würde:

Februar90

März80

April70

Mai60

Juni50

Juli40

August30

September20

Oktober10

Liegt der Stichtag im November oder im Dezember des der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahres, so erfolgt die erstmalige Anpassung ab 1. Jänner des dem Stichtag zweitfolgenden Kalenderjahres. Für die erstmalige Anpassung von Hinterbliebenenpensionen, die aus einer bereits zuerkannten Leistung abgeleitet sind, ist der Stichtag dieser Leistung maßgebend.“

1. Mit dem SVÄG 2020, BGBl I 2021/28, hat der Gesetzgeber ein System geschaffen, in dem der Anpassungsfaktor unter Bezugnahme auf den jeweiligen Monat des Pensionsantrittes und der erstmaligen Anpassung differenzierter gestaltet wird (vgl auch AA-83 BlgNR 27. GP, 9). In diesem

System beträgt der längste Zeitraum bis zu ersten Pensionsanpassung (für jene Personen, die im November ihren Stichtag haben) 14 Monate. Der Gesetzgeber belastet die angefochtenen Bestimmungen nicht mit Verfassungswidrigkeit, wenn er sich im Rahmen des ihm eingeräumten weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes zur Erhaltung der Kaufkraft von Pensionen bei der erstmaligen Pensionserhöhung für ein Modell der verzögerten Anpassung in Form einer Aliquotierung entscheidet.

2. Durch das derzeit in §108h Abs1 ASVG (vgl auch §50 Abs1 GSVG, §46 Abs1 BSVG, §41 Abs2 Satz 1 PG 1965, §11 Abs1 Satz 1 BThPG und §37 Abs2 Satz 1 BB-PG) geregelte System erfolgt die Anpassung der Pensionen aus der Pensionsversicherung stets mit Wirksamkeit ab 1. Jänner, wobei dieser Anpassung gemäß §108h Abs2 ASVG (und nach dem Parallelrecht) jene Pension zugrunde zu legen ist, auf die nach den am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres in Geltung gestandenen Vorschriften Anspruch bestand. Daher wirkt sich eine (erstmalige) Pensionsanpassung für Personen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Vorjahres in Pension gegangen sind, zwangsläufig auch auf die weitere Bezugsdauer aus.

3. Mit Erlassung des BVG-Altersgrenzen hat sich der Verfassungsgesetzgeber für eine stufenweise Angleichung des unterschiedlichen Pensionsantrittsalters von Frauen und Männern entschieden, wodurch es – derzeit – zu einer ungleichen Behandlung von Frauen und Männern kommt. Der Umstand, dass aufgrund der schrittweisen Erhöhung der Altersgrenze für die Alterspension der Pensionsstichtag von Frauen in den kommenden zehn Jahren vorwiegend – aber nicht zwangsläufig – in die zweite Jahreshälfte fallen wird, begegnet als Konsequenz dieser Verfassungsrechtslage keinen Bedenken. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auch auf die Abmilderung der Aliquotierung bei der erstmaligen Pensionsanpassung 2023 (vgl §775 Abs6 ASVG, §401 Abs6 GSVG, §395 Abs6 BSVG, §41 Abs9 PG 1965, §11 Abs10 BThPG und §37 Abs9 BB-PG) sowie auf die gänzliche Aussetzung der Aliquotierung in den Kalenderjahren 2024 und 2025 (vgl §783 Abs3 ASVG, §407 Abs3 GSVG, §402 Abs3 BSVG, §109 Abs93 PG 1965, §22 Abs52 BThPG und §60 Abs21 BB-PG) hinzuweisen.

4. Das Bedenken betreffend die unsachliche Ungleichbehandlung von Universitätsprofessoren, -dozenten und -assistenten (Ruhestand frühestens am 1. Oktober eines Kalenderjahres, unabhängig vom Datum der Erreichung des 65. Lebensjahres) geht schon aufgrund der Möglichkeit ins Leere, dass Angehörige dieser Personengruppe regelmäßig durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, ihre Versetzung in den Ruhestand – ohne Erfüllung weiterer Voraussetzungen und abschlagsfrei – bereits frühestens mit Ablauf des Monats bewirken können, in dem sie ihr 65. Lebensjahr vollenden (vgl §§164, 171b und 178b BDG 1979).

5. Regelungen über eine Pensionserhöhung greifen im Allgemeinen auch nicht in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums ein. Art1 des 1. ZPEMRK garantiert nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR kein Recht, Sozialleistungen oder Pensionszahlungen irgendeiner Art oder Höhe zu erhalten, solange dies nicht im innerstaatlichen Recht vorgesehen ist. – (§108h ASVG; §50 GSVG; §46 BSVG; §41 PG 1965; §11 BThPG; §37 BB-PG)

(VfGH 4. 12. 2023, G 197/2023 ua)

Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz: Eine öffentliche Verwaltung kann allen ihren Mitarbeitern Verbot auferlegen

1. Aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH ergibt sich, dass eine von einem Arbeitgeber aufgestellte interne Regel, die das sichtbare Tragen jedes Zeichens weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen am Arbeitsplatz verbietet, eine mittelbar auf der Religion oder der Weltanschauung beruhende Ungleichbehandlung darstellen kann, es sei denn, sie ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind angemessen und erforderlich.

2. Was die Voraussetzung des Vorliegens eines rechtmäßigen Ziels betrifft, geht aus dem (belgischen) Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass die in Rede stehende Arbeitsordnung (der

belgischen Gemeinde), die ein Verbot des sichtbaren Tragens jedes Zeichens, das die weltanschaulichen oder religiösen Überzeugungen der Gemeindebediensteten erkennen lässt, unabhängig davon vorsieht, ob diese Kontakt mit dem Publikum haben, nach Ansicht der Gemeinde den Grundsatz der Neutralität des öffentlichen Dienstes umsetzen soll, der seine Rechtsgrundlage in Art10 und 11 der belgischen Verfassung, im Grundsatz der Unparteilichkeit und im Grundsatz der Neutralität des Staates findet.

3. Insoweit ist jedem Mitgliedstaat, gegebenenfalls einschließlich seiner unterhalb der staatlichen Ebene angesiedelten Einheiten, ein Wertungsspielraum bei der Ausgestaltung der Neutralität des öffentlichen Dienstes, die er am Arbeitsplatz fördern möchte, zuzuerkennen. Daher kann eine Politik der „exklusiven Neutralität“, die eine öffentliche Verwaltung (hier Gemeindeverwaltung), in dem für sie spezifischen Kontext und im Rahmen ihrer Befugnisse ihren Arbeitnehmern gegenüber durchsetzen will, um bei sich ein vollständig neutrales Verwaltungsumfeld zu schaffen, als durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt angesehen werden. Ebenso verhält es sich, wenn sich eine andere öffentliche Verwaltung in ihrem konkreten Kontext und im Rahmen ihrer Befugnisse für eine andere Neutralitätspolitik entscheidet, wie etwa eine allgemeine und undifferenzierte Genehmigung, sichtbare Zeichen ua weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen zu tragen, und zwar auch bei Publikumskontakt, oder ein Verbot des Tragens solcher Zeichen, das auf Situationen beschränkt ist, in denen es zu Publikumskontakt kommt.

4. Die RL 2000/78/EG legt nämlich nur einen allgemeinen Rahmen für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf fest, der den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls ihren unterhalb der staatlichen Ebene angesiedelten Einheiten einen Wertungsspielraum lässt, der es ihnen ermöglicht, im Hinblick auf die Vielfalt der von ihnen verfolgten Ansätze in Bezug auf den Platz, den sie in ihrem Inneren der Religion oder weltanschaulichen Überzeugungen im öffentlichen Sektor einräumen, ihrem jeweiligen Kontext Rechnung zu tragen.

5. Insoweit wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob die Gemeinde das Ziel der „exklusiven Neutralität“ tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise gegenüber allen Arbeitnehmern verfolgt.

6. Mangels Angaben in der Vorlageentscheidung, anhand deren sich bestimmen ließe, auf welchen tatsächlichen Annahmen die Frage nach einer mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts beruht und aus welchen Gründen eine Antwort auf diese Frage für die Entscheidung des Ausgangsstreits erforderlich wäre, ist diese unzulässig. – (Art2 Abs2 Buchst b RL 2000/78/EG)

(EuGH 28. 11. 2023, C – 148/22, Commune d'Anss; siehe dazu auch Rauch, Kann der Arbeitgeber die Entfernung von Abzeichen und Symbolen verlangen? ASoK 2024, 10)

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