5. Jahrgang / Jänner 2014 / Nr. 1
Baurecht – Baubetriebswirtschaft – Baumanagement Herausgegeben von Detlef Heck / Georg Karasek / Arnold Tautschnig
Schwerpunkt:
Nachhaltigkeit
Interview mit Philipp Kaufmann
Die Bau- und Immobilienwirtschaft zählt nicht zu den Vorreitern der Nachhaltigkeit Alfred Tanczos/Konstantin Pochmarski/Nicole Konrad
Kosten und Nutzen des Privatgutachtens im Bauprozess Walter Reckerzügl
Die korrekte Vergütung von Bauzinsen Wilhelm Brugger/Werner Gächter
Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Projektentwicklungsprozess Alexander Redlein/Michael Zobl
Facility-Management vs. Corporate Social Responsibility Frank Lulei
Verteilung von Projektrenditen Wolfgang Hussian
Aus der aktuellen Rechtsprechung Das letzte Wort hat Rainer Kurbos
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Editorial
Editorial Das Jahr 2014 hat dynamisch begonnen und wartet sicherlich in einem schwierigen Umfeld wieder mit einigen Überraschungen auf uns. Auch wenn die allgemeine wirtschaftliche Lage sich zu verbessern scheint, hat dies derzeit noch keine Auswirkungen auf eine Beruhigung des Baumarktes. Im Gegenteil: Die Unternehmen haben in diesem Winter ungewöhnlich viele gewerbliche Arbeitnehmer in die Winterpause gesandt, da die Auftragslage nicht in allen Bereichen stabil ist. Weiters ist, eventuell noch unterstützt durch den bislang milden Winter, bei einigen Bauunternehmen nur ein geringer Auftragsbestand vorhanden, sodass trotz ohnehin schon niedriger Preise weiterhin im Bereich der Selbstkosten Angebote gelegt werden. Eine Entspannung ist derzeit nicht sichtbar. Die hohen finanziellen Belastungen machen den Unternehmen zu schaffen, zudem verschärfen sich auch in der operativen Abwicklung die Auseinandersetzungen zwischen den Vertragspartnern, ausgelöst durch restriktiv gelebte Verträge und andererseits – dem Gesetz des Minimums folgend – einen dem Vertragspreis angepassten Aufwand. Daher sind Konflikte unvermeidbar, prallen doch zwei unterschiedliche Erwartungshaltungen aufeinander. Sicherlich spielen in dieser Spirale auch die Vertragsbedingungen mancher Auftraggeber eine entscheidende Rolle. In unserer Rubrik der aktuellen Rechtsprechung würde diesbezüglich von Wolfgang Hussian ein bemerkenswertes OGH-Urteil vom 24. 10. 2013 für Sie gesichtet, bei dem es um die Abweichung der Ausschreibungsbedingungen von Leitlinien geht. Georg Karasek sah sich veranlasst, hierzu eine Glosse zu verfassen. Der Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe von bau aktuell ist das Thema der Nachhaltigkeit. Ein Thema, welches seit Jahren zwar in der Bauwirtschaft propagiert wird, jedoch für viele Marktteilnehmer immer noch schwierig zu fassen ist. Aus diesem Grund soll das Interview mit Philipp Kaufmann, dem Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI), nicht nur den aktuellen Stand der Zerfizierung darstellen, sondern auch den Blick in die Zukunft werfen. An die Gedanken des Interviews knüpft der Beitrag von Wilhelm Brugger und Werner Gächter an, die die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Projektentwicklung untersucht haben. Ebenfalls dem Schwerpunktthema der Nachhaltigkeit ist der Beitrag von Alexander Redlein und Michael Zobl zuzuordnen, die sich mit Facility-Management und Corporate Social Responsibility auseinandersetzen. Die richtige Vergütung der Bauzinsen wird von Walter Reckerzügl thematisiert, der die in der Praxis häufig sehr vereinfachten Ansätze kritisch beleuchtet. Ein ebenfalls bauwirtschaftliches Thema untersucht Frank Lulei, der die Verteilung von Projektrisiken untersucht hat. Auf der Grundlage einer großen Projektanzahl sind seinem Beitrag interessante Ergebnisse für die Angebotsstrategie von Bauunternehmen zu entnehmen. Ein kontroverses Thema werfen Alfred Tanczos, Konstantin Pochmarski und Nicole Konrad mit der Fragestellung zu Kosten und Nutzen des Privatgutachtens im Bauprozess auf. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass mit Hilfe dieser Gutachten die fachliche Auseinandersetzung verbessert werden kann, sodass sie auch als Element der Qualität der „Wahrheitsfindung“ angesehen werden können. Rainer Kurbos widmet sich in seiner gewohnten Art einer grundsätzlichen bauwirtschaftlichen Fragestellung des Marktes, nämlich der „Effizienz durch Scheitern.“ Wir wünschen Ihnen wiederum viel Spaß beim Lesen des aktuellen Heftes und einen erfolgreichen Start ins neue Jahr!
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Detlef Heck Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft, Technische Universität Graz
Dr. Georg Karasek Rechtsanwalt
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Arnold Tautschnig Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften, Universität Innsbruck
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Detlef Heck für das Herausgeber-Team
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
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Editorial.......................................................................................................
Arnold Tautschnig im Gespräch mit Philipp Kaufmann.............................
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Fachbeiträge Alfred Tanczos / Konstantin Pochmarski / Nicole Konrad
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Kosten und Nutzen des Privatgutachtens im Bauprozess....................... Walter Reckerzügl
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Die korrekte Vergütung von Bauzinsen....................................................
unkt
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in den Projektentwicklungsprozess........................................................... Alexander Redlein / Michael Zobl
18 t
unk Schwerp
Facility-Management vs. Corporate Social Responsibility.....................
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Frank Lulei Verteilung von Projektrenditen.................................................................
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Wolfgang Hussian Aus der aktuellen Rechtsprechung............................................................
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Grenzen der Möglichkeit, bei der Ausschreibung von Leitlinien abzuweichen (OGH 24. 10. 2013, 6 Ob 70/13g) – mit Anmerkung von Georg Karasek Verjährung des Werklohns für nachträgliche Leistungen (OGH 29. 10. 2013, 3 Ob 144/13t)
Service Veranstaltungskalender..............................................................................
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News – Aktuelles aus der Branche............................................................. 27, 35 Das letzte Wort hat Rainer Kurbos Effizienz durch Scheitern?.........................................................................
Baurecht – Betriebswirtschaft – Baumanagement
Herausgeber: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Detlef Heck, Graz. RA Dr. Georg Karasek, Wien. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Arnold Tautschnig, Innsbruck.
Interview „Die Bau- und Immobilienwirtschaft zählt nicht zu den Vorreitern unkt der Nachhaltigkeit“ Schwerp
Wilhelm Brugger / Werner Gächter Die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten
Inhalt/Impressum
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Wissenschaftlicher Beirat: RA Dr.-Ing. Helmuth Duve, Stuttgart. Mag. Wolfgang Hussian, Wien. RA Dr. Georg Seebacher, Graz. Em. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Eckart Schneider, Innsbruck. Hon.-Prof. RA Dr. Irene Welser, Wien. Medieninhaber und Medienunternehmen: LINDE VERLAG Ges.m.b.H., A-1210 Wien, Scheydgasse 24; Telefon: 01/24 630 Serie; Telefax: 01/24 630-23; E-Mail: office@lindeverlag.at; http://www.lindeverlag.at DVR 0002356; Rechtsform der Gesellschaft: Ges.m.b.H.; Sitz: Wien; Firmenbuchnummer: 102235x; Firmenbuchgericht: Handelsgericht Wien; ARA-Lizenz-Nr. 3991; ATU 14910701; Gesellschafter: Axel Jentzsch; Mag. Andreas Jentzsch; Geschäftsführung: Mag. Andreas Jentzsch, Dr. Oskar Mennel, Dipl.-Kfm. Eduard Müller. Erscheinungsweise und Bezugspreise: Periodisches Medienwerk: bauaktuell – Baurecht – Baubetriebswirtschaft – Baumanagement. Grundlegende Richtung: Interdisziplinäre Fachinformationen rund um das Thema „Bauen“. Erscheint sechsmal jährlich. Jahresabonnement 2014 (6 Hefte) zum Preis von EUR 133,– (zzgl. MwSt. und Versandspesen). Einzelheft 2014: EUR 24,55 (zzgl. 10 % MwSt. und Versandspesen). Abbestellungen sind nur zum Ende eines Jahrganges möglich und müssen bis spätestens 30. November schriftlich erfolgen. Unterbleibt die Abbestellung, so läuft das Abonnement automatisch ein Jahr und zu den jeweils gültigen Konditionen weiter. Preisänderungen und Irrtum vorbehalten. Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Verlages gestattet. Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben in dieser Fachzeitschrift trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Verlages, der Redaktion oder der Autoren ausgeschlossen ist. Mit der Einreichung seines Manuskriptes räumt der Autor dem Verlag für den Fall der Annahme das übertragbare, zeitlich und örtlich unbeschränkte ausschließliche Werknutzungsrecht (§ 24 UrhG) der Veröffentlichung in dieser Zeitschrift ein, einschließlich des Rechts der Vervielfältigung in jedem technischen Verfahren (Druck, Mikrofilm etc.) und der Verbreitung (Verlagsrecht) sowie der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, des Rechts der Vervielfältigung auf Datenträgern jeder Art, der Speicherung in und der Ausgabe durch Datenbanken, der Verbreitung von Vervielfältigungsstücken an die Benutzer, der Sendung (§ 17 UrhG), der sonstigen öffentlichen Wiedergabe (§ 18 UrhG) sowie der öffentlichen Zurverfügungstellung, insbesondere über das Internet (§ 18a UrhG). Gemäß § 36 Abs. 2 UrhG erlischt die Ausschließlichkeit des eingeräumten Verlagsrechts mit Ablauf des dem Erscheinen des Beitrages folgenden Kalenderjahres; dies gilt für die Verwertung durch Datenbanken nicht. Anzeigenverkauf und -beratung: Gabriele Hladik, Tel.: 01/24 630-19; E-Mail: gabriele.hladik@lindeverlag.at. Martin Bauer, Tel.: 01/513 38 07; E-Mail: 14cmartinbauer@aon.at P.b.b.m Verlagspostamt 1210 Wien – Erscheinungsort Wien ISSN: 2077-4737 Hersteller: Druckerei Hans Jentzsch & Co. Gesellschaft m.b.H., 1210 Wien, Scheydgasse 31; Tel.: 01/278 42 16-0; E-Mail: office@jentzsch.at; www.jentzsch.at
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Interview
„Die Bau- und Immobilienwirtschaft zählt nicht zu den Vorreitern der Nachhaltigkeit“ MMag. Philipp Kaufmann, MMAS, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI), im Gespräch über die Motivation, die ÖGNI zu gründen, deren Wirkungsbereich und Perspektiven, die Vereinheitlichung der europäischen Zertifizierungssysteme und die von ihm gewünschte Etablierung von Nachhaltigkeitskriterien im Mietrecht sowie im geförderten Wohnbau.
In Linz geboren, besuchte Philipp Kaufmann das Jesuitenkolleg Aloisianum und studierte anschließend an der Universität Wien Betriebswirtschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaften. Seine Diplomarbeiten beschäftigten sich mit Immobilien-Marketing und FacilityManagement. Erste Berufserfahrung sammelte er bei Procter & G amble. Der Einstieg in die Immobilienbranche erfolgte im elterlichen Unternehmen in Linz. Als Vorbereitung darauf absolvierte er den „Grundlehrgang“ sowie zwei postgraduale Lehrgänge an der TU Wien. Dieser Institution ist er bis heute im Absolventenverband ImmoABS sowie als Vortragender treu geblieben. Nach Jahren in der Praxis gründete er 2007 gemeinsam mit Prof. Gunther Maier das Forschungsinstitut für Raum- und Immobilienwirtschaft an der WU Wien. Die Kombination aus Forschung und Praxis schafft einen Mehrwert. MMag. Philipp Kaufmann, MMAS ist Landesstellenleiter des ÖVI OÖ, im Vorstand der FGW sowie Präsident des BauträgerVerbandes (BTV). Stolz ist er auf seine Mitgliedschaft beim Round Table (RT 15). Im Jahr 2009 hat er gemeinsam mit 124 Initiatoren die ÖGNI mitbegründet. Seit 29. 9. 2009 ist er deren Gründungspräsident. Außerdem ist Philipp Kaufmann Immobilientreuhänder, Unternehmer und Sachverständiger in Linz und Vortragender an der FH Geislingen. Seine Hobbies sind Lesen, Fußball, Tennis, Skifahren sowie Kunst und Kultur. Als Immobiliennomade lebt er zwischen Praxis und Theorie. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes. Tautschnig: Sehr geehrter Herr MMag. Kaufmann, 2009 haben Sie gemeinsam mit Gunther Maier und vielen anderen Gründungsmitgliedern die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft – kurz ÖGNI – ins Leben gerufen, deren Präsident Sie bis heute sind. Was war der Anlass dazu? Kaufmann: Geeint hat uns, dass wir einen Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit durchleben und die Vordenker der Bau- und Immobilienwirtschaft diesen aktiv gemeinsam gestalten wollen. Wir wollten Verantwortung übernehmen, denn unsere Branche ist für 50 Prozent der Ressourcen, 40 Prozent der Emissionen, 30 Prozent der Energie und 20 Prozent der Krankheiten verantwortlich. Für die 125 Gründungsmitglieder der ÖGNI waren am 29. 9. 2009 drei Leitgedanken entscheidend, um eine NGO zu gründen: Internationalität, Marktkräfte nutzen und „aus der Branche für die Branche“ handeln. International, da unsere Branche über die österreichischen Grenzen hinweg vernetzt ist und nationales Handeln alleine zu
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wenig ist. Des Weiteren sollte nicht eine Institution gegründet werden, die sich ein Geschäft aufbaut, sondern vielmehr sollen die Mitglieder die Chance erhalten, Green Jobs zu schaffen und mit den Herausforderungen der Nachhaltigkeit zukunftssichere Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das meinen wir mit „Marktkräfte nutzen“ und auf diesem Weg sind wir bereits mit unseren weit mehr als 100 Auditoren ein gutes Stück weitergekommen. Zuletzt war es uns wichtig, dass alle (!) Akteure der Immobilienwirtschaft – vom Architekten bis zum Nutzer, vom Ingenieur bis zum Investor – sich in einer Organisation am „runden Tisch“ zusammenfinden, um aus der Branche für die Branche Inhalte und Standards zu entwickeln. Mit heute mehr als 300 Mitgliedern aus allen Bereichen haben wir diese Zielsetzung erreicht und sind daher die erste „Grass-Roots-Bewegung“ der Bau- und Immobilienwirtschaft. Inhaltlich geht es uns um einen Qualitätswettbewerb, denn ich verstehe die eindimensionale Sicht auf den Preis, die in Vergabevorgängen oft immer Jänner 2014
T: Die ÖGNI beschäftigt sich nicht nur mit der Zertifizierung von Gebäuden, sondern möchte Nachhaltigkeit auch in Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft und damit als Unternehmens philosophie etablieren. Welche Erfahrungen gibt es dabei und wie werden diese Bestrebungen von den Unternehmen aufgenommen? K: Die Bau- und Immobilienwirtschaft zählt nicht zu den Vorreitern der Nachhaltigkeit: AntiKorruptions-Richtlinien, Nachhaltigkeitsberichte, Corporate Governance, Corporate Social Responsibility (CSR), Vereinbarkeit von Beruf und Familie und vieles mehr sind für viele Unternehmen noch Fremdwörter. Wir müssen die Chance nutzen, damit wir weiterhin für Investoren interessant sind; viele Probleme der letzten Jahre haben den Kapitalmarkt für Immobilienprodukte schwieriger gemacht. Auch befürchte ich, dass wir nicht immer die besten Köpfe für unsere Branche gewinnen, sondern dass diese lieber in der Automobil- oder IT-Branche arbeiten. Als Antwort haben die Mitglieder der ÖGNI das 8-Punkte-Programm entwickelt. Diese acht Punkte verbindet, dass Nachhaltigkeit gelebt werden muss. Das Thema Jänner 2014
darf nicht an der Oberfläche behandelt werden, kein Lippenbekenntnis sein und schon gar nicht als Marketing-Gag betrachtet werden; vielmehr wird Nachhaltigkeit zur DNA des Unternehmens und leitet die Entscheidungen: vom Strategischen bis zum Operativen. Ein zentraler Punkt ist das ethische Handeln und hier das Etablieren von gemeinsamen Standards. Die ÖGNI hat in Kooperation mit der Initiative Corporate Governance (ICG) seit 2011 Empfehlungen und Kodizes entwickelt, die es den Unternehmen ermöglichen, durch Corporate Governance, Compliance-Management und CSR umfassend nachhaltig zu agieren. Mit dem freiwilligen Regelsystem findet eine Selbstverpflichtung zu mehr Transparenz und nachhaltigem Handeln statt. Dabei geht es nicht um Gutmenschen, sondern um gutes Management. Darüber hinaus hat die ÖGNI eine ethische Unternehmenszertifizierung entwickelt und im Markt etabliert. Sie ist die erste ihrer Art in Europa. Vorreiter für diese durchaus ambitionierten Themen sind die CA Immo, der Makler EHL, Rhomberg Bau, IG Immobilien oder das erste kommunale Unternehmen IIG aus Innsbruck – diese Unternehmen sind Pioniere und gehen mit gutem Beispiel voran: Sie haben sich einer Unternehmenszertifizierung unterzogen. T: Nachhaltigkeit als Begriff ist heute überstrapaziert. Was unterscheidet die ÖGNI von anderen Organisationen, die sich auch demselben Thema widmen? K: Die ÖGNI steht für die internationale Vernetzung, da das Thema nicht national lösbar ist. Inhaltlich erarbeiten die Mitglieder aus der Branche für die Branche Kodizes, Positionspapiere und Empfehlungen zu den relevanten Fragestellungen, die wir gemeinsam beantworten müssen, um wirklich nachhaltig agieren zu können. Der Verein stellt dieses Wissen dem Open-Source-Prinzip folgend allen Akteuren zur Verfügung und schafft damit neue Perspektiven. Wir bieten darüber hinaus Plattformen, um Forschungen, Entwicklungen und den aktiven Gedankenaustausch voranzutreiben. Und darüber hinaus sind wir der erste Verein, der alle Stakeholder vereint; bisher haben sich die Bauingenieure, die Projektentwickler, die Ausführenden oder die Architekten jeweils zusammengetan und oft genug viele Gründe gefunden, warum Nachhaltigkeit nicht möglich ist. Diesen „circle of blaim“ durchbrechen wir und dies ist einmalig. Inhaltlich setzt die ÖGNI auf den 3-P-Ansatz, denn es geht bei der Nachhaltigkeit nicht nur um die Produkte, sprich Immobilien oder Baustoffe, sondern auch um die Prozesse und deren Veränderung sowie vor allem um die Personen, die befähigt sein müssen, nachhaltig zu agieren. Erst wenn alle drei Ps erfüllt sind, wird die Nachhaltigkeit Realität. T: In Österreich gibt es neben der ÖGNI auch die ÖGNB – die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. Haben auf Dauer in so einem kleinen Land zwei oder gar mehr solche Organisationen Platz, die im Wesentlichen das Gleiche tun?
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noch stattfindet, nicht. Wir wollen über Qualitäten reden und diese bei Immobilien, aber auch in den Unternehmen einfordern. Erst mit Qualitätssicherung, sprich Simulationen, Tests, Messungen und Monitoring, können wir mit Sicherheit wissen, wie unsere Gebäude gebaut beziehungsweise bewirtschaftet sind. Was in vielen anderen Branchen, wie der Automobilindustrie, längst Usus ist, kommt nun mit dem Stichwort „Qualität“ auch in unserer Branche an. Des Weiteren wollen wir die Geschäftsmodelle konsequent auf den Lebenszyklus einer Immobilie ausrichten und damit nicht nur einzelne Phasen eines Gebäudes optimieren. Diese konsequente Optimierung des Lebenszyklus eines Gebäudes verlangt nach neuem Denken und Handeln, denn bisher haben wir in Brüchen gehandelt: Geradezu legendär sind die Brüche zwischen Errichtung und Nutzung, aber auch zwischen einzelnen Eigentümern in der Nutzungsphase selbst. In unserer Branche herrscht viel eher ein Gegeneinander als ein Miteinander vor. Wir aber stehen für neue Formen der Zusammenarbeit. Ein Schlüssel für diese Veränderung ist die Schaffung von Transparenz und in diesem Zusammenhang die Fokussierung auf neue, bisher nicht vorhandene Facetten. So sollen die Lebenszykluskostenbetrachtung, aber auch die Ökobilanz die Folgen für unser Handeln im ökonomischen, aber auch ökologischen Sinn offensichtlich machen und mithelfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Abschließend geht es uns um die Veränderung der Prozesse und dies sowohl im Unternehmen selbst als auch in der Zusammenarbeit einzelner Akteure. Wir sprechen hier von neuen Abwicklungsmodellen, neuen Ansprüchen im ethischen Handeln und veränderten Leistungsbildern, denn nur so kann integrale Planung, BIM oder der oben erwähnte Qualitätsanspruch von den einzelnen Akteuren gelebt werden. Die Branche erlebt eine Revolution, keine Evolution.
Interview
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Interview
K: Beim Thema der Nachhaltigkeit und vor allem auch beim Umweltschutz tummeln sich eine Vielzahl von Vereinen und Initiativen und es stimmt, ÖGNB und ÖGNI sind nicht nur bei den Buchstaben sehr ähnlich; daher arbeiten auch die beiden Vereine ÖGNI und ÖGNB eng zusammen, um den Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit voranzutreiben. Im Vorjahr begründeten wir eine Kooperation als „Austrian Sustainable Building Platform“, kurz „ASBP“. Dabei werden einzelne Aktivitäten, wie zum Beispiel Lobbying-Arbeit, abgestimmt und ein konstanter Informationsaustausch zwischen den beiden Vereinen sichergestellt. Beide Vereine haben jedoch eine kurze, aber doch intensive Geschichte und unterschiedliche Zugänge beziehungsweise Sichtweisen, daher finde ich es befruchtend, wenn wir mehrere mit den gleichen Zielen sind, die anschieben. T: Wie sehen Sie die europäische Entwicklung anlässlich von Bestrebungen, die Kategorisierung und die Beurteilung von Nachhaltigkeitskriterien beim Bauen zu vereinheitlichen? Ist das bei den unterschiedlichen Normensystemen der einzelnen Länder überhaupt möglich? K: Es muss möglich sein. Unsere Branche – und hier nicht nur die planerische Seite – wird immer internationaler. Es ist daher notwendig, an einer Vereinheitlichung zu arbeiten und gemeinsame Standards zu entwickeln. Gerade hier spielt unser DGNB-System eine große Rolle, denn wir schaffen es, eine einheitliche Denkweise und Systematik zu etablieren und grenzüberschreitende Standards zu schaffen. Wir sehen bereits nach wenigen Jahren, dass wir mit diesem Zertifizierungssystem viel geleistet haben; auch wenn oft einzelne Aspekte unterschiedlich genormt sind, bietet unser System einen guten Vergleich, ermöglicht es, die Auswirkungen transparent zu machen, und hilft demnach mit, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Persönlich ist mir wichtig, dass uns das DGNBSystem die Möglichkeit gibt, deutlich schneller zu Lösungen zu kommen, welche in der Praxis umsetzbar sind. Mit der täglichen Anwendung der Systeme befinden wir uns in einem permanenten Lernprozess, der jeden Einzelnen, aber eben auch die gesamte Branche in die Lage versetzt, deutlich bessere Gebäude zu bauen und zu bewirtschaften. T: International gesehen sind die europäischen Zertifizierungssysteme relativ „sophisticated“, aber noch sehr jung. Wie sehen Sie die weitere internationale Entwicklung? Ist hier eine Vereinheitlichung denkbar oder überhaupt wünschenswert? K: Die Frage ist eine gute und es gibt aus meiner Sicht zwei Zugänge: Auf den ersten Blick wünschen sich viele ein System, eine Denke und ein Zertifizierungssystem, denn es würde vieles einfacher und übersichtlicher machen. Auf den zweiten Blick wäre dies ein Rückschritt! Diese Aussage ist vielleicht überraschend, jedoch ist es doch faszinierend, dass erstmals in der Geschichte die Bau- und Immobilienbranche – von sich aus – Standards entwickelt und diese anwendet. Wir sind hier schneller, viel schneller als jemals zuvor. Für mich ist der gesunde
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Wettbewerb der unterschiedlichen Zertifizierungssysteme ein Grund für diese positive Entwicklung. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Wettbewerb nicht nur bei den Inhalten stattfindet, sondern auch in der Betreuung und im Marketing zu mehr Qualität und schnellerem Handeln führt. Achtsam müssen wir nur sein, wenn ein Wettbewerb nach unten, nach dem einfacheren, billigeren Auszeichnungssystem stattfindet, und diese Gefahr ist leider immer noch vorhanden: Viele Bauherren suchen nicht die Herausforderung, sondern das System mit dem geringsten Aufwand. Hier gilt es, insbesondere auch wissenschaftlich, die Systeme zu evaluieren und deren Leistungsfähigkeit festzustellen, denn das scheinbar billigere liefert oft nicht die Ergebnisse, die wir im Sinne der Nachhaltigkeit erzielen wollen. Für uns als ÖGNI bedeutet dieser Wettbewerb, dass wir noch richtig viel zu tun haben, denn wir stellen uns dieser internationalen Herausforderung: So sind wir 2014 gefordert, unser DGNB-System noch besser anwendbar zu machen. Wir sind oft zu einem Papiertiger geworden und haben unsere eigentlichen Ziele aus den Augen verloren. Wir sind 2009 mit dem Gedanken angetreten, die Performance von Gebäuden messbar zu machen. Oft, viel zu oft, bewerten wir jedoch einzelne Maßnahmen; wir haben uns aus Praktikabilitätsgründen auf die Dokumentation von einzelnen Schritten eingeschränkt und damit vergessen, Freiräume zu schaffen, welche die beste Lösung zulassen. Die von uns geforderten Maßnahmen schränken jedoch die Kreativität und den Ideenreichtum der Bauherren, der Planer und der Industrie ein und verhindern, dass Innovation mithilft, die beste Umsetzung zu finden und zu realisieren. Somit heißt es für das DGNB-System mit dem nächsten Upgrade zurück zum Ursprung und eine deutliche Entschlackung, denn oft genug verlangen wir Punkte, die in der Zertifizierung nur für das System, aber nicht für die Gebäudequalität erbracht werden. Diesen Mehraufwand können, vielmehr müssen wir uns sparen. Sind wir beim Neubau bereits gut aufgestellt, gilt es in den nächsten Monaten für den Bestand leistungsfähige Instrumente anzubieten. Mit der BlueCARD haben wir hier einen Typenschein, ein „Pickerl“, im Markt, der auf große Akzeptanz stößt, der jedoch konsequent weiterzuentwickeln ist. Dieser erste Schritt muss um Benchmarking-Tools und die Vernetzung einzelner Aufgaben ergänzt werden. So sollen die Immobilienbewertung, die Finanzierung, aber vor allem die technischen Systeme des Gebäudes nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden. Die Herausforderungen im Bestand sind ungleich komplexer und unsystematischer als im Neubau, aber gemeinsam mit allen ÖGNI-Experten werden wir auch hier brauchbare Lösungen finden. T: Als Wissenschaftler beschäftigen Sie sich seit Langem mit der Mietrechtsthematik. Da das Mietrecht ein sehr weitreichender, sensibler und damit schwer veränderbarer Rechtskomplex ist, hat sich die Thematik der Nachhaltigkeit dort noch nicht sehr intensiv etabliert. Mit anderen Worten: Solange die Miethöhe nicht in irgendeiner Weise Jänner 2014
K: Ein Grundgedanke der Nachhaltigkeit ist es, die Lebenszykluskosten zu optimieren und somit für niedrige Bewirtschaftungskosten zu sorgen; von diesen niedrigen Betriebskosten und höheren Qualitäten profitieren die Nutzer eines Objekts, die Kosten für diese Maßnahmen trägt der Projektentwickler beziehungsweise Investor. Alleine mit dem Argument einer besseren Vermietung sind diese Kraftanstrengungen seitens des Eigentümers aber nicht zu rechtfertigen, vielmehr soll und muss sich die Nachhaltigkeit wirtschaftlich rechnen. Darüber hinaus sind Themenbereiche wie eine nachhaltigere Reinigung, eine gesündere Innenraumluft, besser gewartete Anlagen und vor allem Aufgaben wie Monitoring – sprich Handeln und Denken im Kreislauf – bisher Utopie und das Handlungsfeld von Gutmenschen. Erst mit der Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen können diese neuen Ansprüche die Grundlage für das Zusammenarbeiten von Vermieter und Mieter sein. Um Lösungsansätze für den nachhaltigen Mietvertrag für den österreichischen gewerblichen Markt zu erarbeiten, hat Stefan Artner (Dorda Brugger Jordis) eine schlagkräftige Gruppe als ÖGNI-Arbeitsgruppe zusammengerufen. Durch gezielte Vertragsklauseln und Regelungsempfehlungen, die eine nachhaltige Nutzung sowohl für Mieter als auch Vermieter verbindlich festlegen, setzen die Experten, unter anderem Andreas Köttl von Value One oder Gerhard Haumer von PORREAL, einen ersten Schritt in diese Richtung. Mit dem nachhaltigen Mietvertrag hat die österreichische Bau- und Immobilienwirtschaft eine Grundlage, auf der die Vertragsparteien (Mieter und Vermieter) eine wirtschaftliche Win-Win-Situation für beide Seiten gestalten können. Die große Herausforderung für alle Beteiligten ist es, die Veränderung bestehender Mietvertragsklauseln am Markt zu erklären, da es sich aus juristischer Sicht in Österreich um Neuland handelt. Die nachhaltigen Regelungen dürfen den ökonomischen Sichtweisen der handelnden Parteien nicht entgegenstehen, sondern müssen angemessen in das Vertragswerk integriert werden. Für eine umfassende Etablierung braucht es jedoch den Gesetzgeber und hier wünsche ich mir mehr Mut für einen Perspektivenwechsel, damit neue Abwicklungsmodelle, neue Verrechnungssysteme und ein neues Miteinander im Markt möglich sind. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum Contracting im MRG nicht umsetzbar ist oder warum bei einer Quartiersentwicklung für den Projektentwickler die Hürden für dezentrale Energiegewinnung fast nicht zu bewältigen sind. Noch unvorstellbarer ist, warum das MRG immer noch auf das historische Baujahr abstellt. Wenn ein Gebäude hervorragend saniert und demnach mit einem Neubau vergleichbar ist, gibt es beim Neubau keinen Vollanwendungsbereich, beim Jänner 2014
Bestand jedoch schon und dies für immer – dieser Widerspruch ist nicht erklärbar. Der Grund für die Regelung ist historisch mit der Nachkriegssituation und den besonderen Herausforderungen der 40erund 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts erklärbar – hier hat sich viel geändert und diese Regelungen haben sich überholt. Unsere Forderung ist daher, dass Gebäude nach dem technischen Baujahr und nicht nach dem juristischen bewertet werden sollen. Wir wollen demnach den Ist-Zustand als Grundlage sehen und damit eine Win-Win-Situation zwischen Vermieter und Mieter schaffen; aber auch die Kommune hat hier viel davon, da gerade beim Bestand kaum Infrastruktur gebaut werden muss. T: Mit der Mietrechtsthematik hängt auch das Förderungswesen im Wohnbau eng zusammen. Hier sind momentan gegenläufige Intentionen festzustellen nach dem Motto: „Bauen wir billiger, dann können wir ums gleiche Geld mehr bauen.“ Das ist im Sinne der Nachhaltigkeit nicht nur positiv, weil Errungenschaften der letzten Jahre – Stichwort „Barrierefreiheit“ – Gefahr laufen, wieder „wegrationalisiert“ zu werden. Wie kann die ÖGNI hier gegensteuern? K: Wichtig ist, dass wir im Lebenszyklus planen, bauen und bewirtschaften. Dies sowohl im ökologischen als auch ökonomischen Sinne. Einerseits haben wir dafür die Ökobilanz und andererseits die Lebenszykluskostenberechnung. Aber: Wir haben rund 80 Prozent der Kosten in der Bewirtschaftung, 18 Prozent in der Errichtung und nur 2 Prozent in der Planung. Meine Forderung ist, der Planung einen höheren Stellenwert einzuräumen, da wir damit 98 Prozent der gesamten Kosten steuern. Mit integraler Planung, den Vorteilen der Digitalisierung, Stichwort „BIM“, und veränderten Prozessen schaffen wir es, bei der Bewirtschaftung Kosten zu optimieren. Erlauben Sie mir die Rechnung: Wenn wir bei der Bewirtschaftung die Potenziale nutzen, dann bekommen wir die Planung und den Bau fast geschenkt. Und ein Rückschritt bleibt uns hoffentlich erspart, hier müssen wir alle zusammenarbeiten und aufschreien. Denn eine Entwicklung, wie die von Ihnen angesprochene, wird länger wirken und unsere internationale Vorreiterrolle in Frage stellen. Genau aus diesem Grund haben wir als ÖGNI das 7-Punkte-Reformprogramm entwickelt, mit dem wir die neue Bundesregierung auffordern, die Nachhaltigkeit nicht aus den Augen zu verlieren und damit Wachstum zu ermöglichen. Eines darf nicht vergessen werden: Die Forderung nach billigem Bauen und nach Quantität zielt auf kurzfristige Impulse. So wie eine Abwrackprämie Effekte nur verschiebt, dürfen wir nicht auf Kosten der Gesundheit beziehungsweise der Lebensqualität handeln und vor allem die Spielräume unserer Kinder einschränken – dies sowohl im Bereich der Budgets als auch der Umwelt und der natürlichen Ressourcen. T: Die Planungs- und Bauwirtschaft ist auf den „Nachhaltigkeitszug“ schon früher als die Bauherren aufgesprungen. Hat die Bauwirtschaft die Sustainability nur als Geschäftsidee gesehen oder steckt hier mehr dahinter?
Interview
davon abhängt, wie „sustainable“ ein Gebäude ist, so lange werden Investoren schwer motivierbar sein, in Nachhaltigkeit zu investieren. Wie sehen Sie diese Thematik beziehungsweise wie kann hier die ÖGNI die Entwicklung beeinflussen?
Interview
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Interview
K: Grundsätzlich besteht schon die Gefahr, dass Unternehmen einfach einmal ein Gebäude aus einem riesigen Bestand zertifizieren beziehungsweise das Audit durchführen und sich mit einer Aktivität als nachhaltig deklarieren und schmücken, jedoch sonst nicht viel damit anfangen können. Gerade deswegen ist für die Mitglieder der ÖGNI das Fundament bestehend aus den Werten und dem ganzheitlichen Konzept, wie unserem 3-P-Ansatz, wichtig. Denn wenn wir die Prozesse verändert haben und die Personen von Nachhaltigkeit überzeugt sind, werden die Ergebnisse, sprich unsere Immobilien, automatisch nachhaltig sein. Viel wichtiger ist zusätzlich noch der Aspekt der Transparenz und der Sicherheit, welche ein Zertifikat garantiert. Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn heute ein Nutzer weiß, dass es Immobilien gibt, die gesund machen, und solche, die nicht gut für seine Gesundheit beziehungsweise Produktivität sind, und er nunmehr dank der Zertifikate diese Qualitäten schwarz auf weiß sieht und damit beurteilen kann, bin ich zu 100 Prozent von einer Veränderung seiner Entscheidungsfindung überzeugt. Dieser Nutzer wird sich entweder bewusst für die bessere Immobilie entscheiden oder die schlechtere in Kauf nehmen, dafür aber zumindest weniger zahlen wollen. T: Sehen Sie Ihre Ideen von den Universitäten in Forschung und Lehre ausreichend unterstützt oder könnte auch die öffentliche Hand als Fördergeber hier mehr tun? K: Wir sind erst am Anfang und es gibt viele, überraschend viele, die schon sehr viel machen und Vorreiter sind. Jedoch sind wir noch in der Breite und bei Weitem nicht dort, wo wir sein wollen. Vor allem fehlt die Verankerung in den Lehrplänen. Bei der Forschung haben wir noch viele weiße Flecken, die noch Generationen von Forschern beschäftigen werden. So gibt es derzeit zum Beispiel eine Diskussion, ob die Baukosten beim geförderten Wohnbau aufgrund der Nachhaltigkeitsanforderungen zu hoch sind. Kolportiert wird, dass in den vergangenen Jahren die Baukosten um mehr als ein Drittel um rund 400 Euro pro Quadratmeter gestiegen sind. Auch in dieser Diskussion werden nur die Investitionskosten betrachtet und es fehlt eine kritische Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus. Vielmehr wird übersehen, dass höhere Anforderungen mehr Fehlerquellen bei Planung und Bau generieren, was die Abläufe verzögert und verteuert. Nicht die Investitionskosten für bessere Qualitäten könnten demnach der Kostentreiber sein, sondern der Umstand, nicht frühzeitig mit allen Akteuren konsequent auf integrale Planung mit dem Einsatz von BIM zu setzen. Wir arbeiten am Bau nach wie vor wie vor 100 Jahren – wir handeln „zünftisch“ und arbeiten sequentiell, Gewerk nach Gewerk: Jemand zeichnet ein Bild und andere versuchen, daraus ein Haus zu machen, was mehr schlecht als recht gelingt. Oft wird übersehen, dass mit der Fassade und der Haustechnik die größten Positionen erst sehr spät in die Planung eingebunden werden. Und es ist symptomatisch, dass gerade in diesen Bereichen keine akademische Ausbildung
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zur Verfügung steht. Für mich eine unverständliche Situation für Österreich. Ich gehe davon aus, dass mit integraler Planung bei gleichen Baustandards etwa 10 Prozent eingespart werden könnten, auch Mieten und Preise würden entsprechend sinken. Hinzu kommt, dass wir eine Veränderung der Baukultur brauchen. Auch die Politik ist gefordert und muss die Bauordnungen ändern. So würde zum Beispiel eine gekoppelte Bauweise statt frei stehender Gebäuden helfen, denn die Kompaktheit ist der größte Einzelfaktor für die Effizienz eines Hauses und eine Mauer weniger spart Ressourcen und muss nicht gedämmt werden. Es gilt ja immer noch: Was nicht gebaut werden muss, ist am nachhaltigsten. Weitere Themenfelder sind die Abschaffung des „Wettbewerbsunwesens“, denn dieses vernichtet enormes Potenzial und kostet den Planern Unsummen, die kaum verdienbar sind. Wir sollten demnach in die Entwicklung neuer intelligenter Vorgehensweisen und Abwicklungsmodelle investieren und damit das gewünschte Zusammenarbeiten sicherstellen; auch dabei sind integrative Ansätze notwendig, denn derzeit werden zu vereinzelte Lösungen konzipiert, welche oft das Ganze und deren Vernetzung vernachlässigen. Eine Lösung braucht die Finanzierung, die Bewertung, die Technik, aber eben auch die rechtliche Perspektive und dies von der einzelnen Immobilie über das Quartier bis zur Stadtplanung. T: Was sind Ihre Visionen für die nächsten Jahre und wo sehen Sie die ÖGNI in 10 Jahren? K: Als ÖGNI haben wir noch viel vor: Neben den Zertifizierungen für Gebäude, ethisches Handeln oder Personen beschäftigen sich die Mitglieder intensiv mit den Inhalten. Wir haben mit den Expertenkreisen ein Netz geschaffen, aus dem zu allen relevanten Themen und Fragestellungen Aufgaben erarbeitet werden, die in Arbeitsgruppen behandelt werden. Diese einzigartige Vorgehensweise ermöglicht es, dass wir erstmals alle Stakeholder bei Inhalten integrieren. Alle Vorreiter und Interessensvertretungen sind eingeladen, sich einzubringen. Wenn dabei ein konkretes Thema behandelt werden soll, dann gründen wir eine Arbeitsgruppe, die möglichst zeiteffizient festgelegte Inhalte wie eine Empfehlung, einen Kodex, ein Positionspapier oder einen Leitfaden erarbeitet. Derzeit gibt es mehr als 20 Arbeitsgruppen. Beispielhaft erarbeitet das Beratungsunternehmen Weatherpark gemeinsam mit der BOKU, der ZAMG und weiteren Experten eine Empfehlung für das Mikroklima, welches durch Immobilien beeinflusst ist. Auf die Frage, wo die ÖGNI stehen soll, kann ich nur sagen: Die ÖGNI soll in 10 Jahren als der Motor gesehen werden, der mitgeholfen hat, die Nachhaltigkeit in der österreichischen Bauund Immobilienwirtschaft zu etablieren. Wir leben dann hoffentlich in einer besseren Welt. T: Vielen Dank für das Gespräch! Das Gespräch führte Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Arnold Tautschnig, Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften, Universität Innsbruck. Jänner 2014
Kosten und Nutzen des Privatgutachtens im Bauprozess
Fachartikel
Kosten und Nutzen des Privatgutachtens im Bauprozess Alfred Tanczos / Konstantin Pochmarski / Nicole Konrad Der vorliegende Beitrag behandelt aus Sicht des Richters und des Rechtsanwalts den zweckmäßigen Einsatz von Privatgutachtern vor und im Bauprozess sowie die korrekte Geltendmachung der Kosten dafür.
1. Parteienherrschaft im Zivilprozess Ungeachtet aller Bemühungen, Konflikte am Bau gerichtsfern zu halten, hat gemäß Art 6 Abs 1 EMRK jeder Anspruch darauf, dass seine „Sache“ (sein behaupteter Anspruch gegen einen anderen) in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht gehört wird. Der Kläger muss alle Tatsachen vortragen, auf die sich sein Anspruch gründet; der Beklagte jene Tatsachen, durch die dieser Anspruch gehemmt oder vernichtet wird. Zugleich mit den Tatsachenbehauptungen müssen die Parteien die Beweismittel (Sachverständige, Urkunden, Zeugen) bezeichnen, derer sie sich zum Nachweis ihrer Behauptungen bedienen wollen. Um diese Obliegenheiten erfüllen zu können, benötigen die Parteien in fast jedem Bauprozess Privatgutachter, die sie technisch, wirtschaftlich und rhetorisch unterstützen. Schon Wassereintritte in ein Dach erfordern oft technisches und wirtschaftliches Wissen eines Baumeisters, eines Zimmermanns, eines Dachdeckers und eines Spenglers, sodass die Partei entweder einen „Experten für eh alles“ oder mehrere Privatgutachter beiziehen muss.
2. Wer zu spät kommt, den bestraft das Neuerungsverbot Wer sich die Kosten eines Privatgutachtens ersparen will und im erstinstanzlichen Bauprozess auf den gerichtlich bestellten Sachverständigen und dessen Gutachten vertraut, macht eine bittere Erfahrung, wenn dieser Gutachter seinen Standpunkt nicht teilt. Während die Rechtsfragen im Instanzenzug umfassend geprüft werden, beantwortet in aller Regel der vom Gericht erster Instanz bestellte Sachverständige die technischen und wirtschaftlichen „Tatfragen“ mit absolutem Wahrheitsanspruch und innerprozessual unanfechtbar. Da der Richter fast immer dem von ihm bestellten Gutachter vertraut, ist dessen Gutachten das einzige Beweisergebnis zur umstrittenen wirtschaftlichen oder technischen Frage. Die Anfechtung der auf dieses Beweisergebnis gestützten Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils ist zum Scheitern verurteilt, weil der Berufungswerber kein gegenteiliges Beweisergebnis in seinem Rechtsmittel nennen kann. Versucht Jänner 2014
er aber mit seiner Berufung ein Privatgutachten zur Widerlegung des Gerichtsgutachtens vorzulegen oder mit den Ergebnissen des Privatgutachters in seiner Berufung zu argumentieren, scheitert er am „Neuerungsverbot“ des § 482 Abs 2 ZPO: Das Berufungsgericht darf darauf nicht Bedacht nehmen.
3. Sinnvoller Einsatz des Privatgutachters 3.1. Prozessuale Bedeutung von Privatgutachten Privatgutachten haben den Rang von (Privat-) Urkunden, die lediglich beweisen können, dass ihr Inhalt der Ansicht ihres Verfassers entspricht. Sie sind im Prozess keine Sachverständigengutachten. Nur der gerichtlich bestellte Sachverständige ist befugt, aus dem von ihm erhobenen Befund Schlussfolgerungen zu ziehen, die Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sein können. Der Richter ist nicht verpflichtet, Widersprüche zwischen einem Privatgutachten und dem von ihm bestellten Sachverständigengutachten aufzuklären. Er kann sich ohne weitere Erhebungen dem ihm als verlässlich erscheinenden Gerichtsgutachter anschließen. Anderes gilt für den Befund des Privatgutachters, mit dem er nicht Erfahrungssätze und Fachwissen vermittelt, sondern Wahrnehmungen von Tatsachen mitteilt, ohne diese Tatsachen zu beurteilen oder daraus Schlüsse zu ziehen. Insoweit ist er als sachverständiger Zeuge eine Person mit besonderer Sachkunde, die Tatsachen wahrnahm, ohne zu diesem Zweck als Sachverständiger bestellt worden zu sein. Der sachverständige Zeuge – auch ein an der Befundaufnahme des Gerichtsgutachters als informierte Person (§ 258 Abs 2 ZPO) teilnehmender Privatgutachter1 – darf seine geschärften Sinne zur Wahrnehmung von Tatsachen (Befund) benützen und darüber als Zeuge in treffenden Worten wahrheitsgemäß aussagen. Soweit es bloß um die Wiedergabe von Wahrnehmungen geht, spricht auch nichts dagegen, schriftliche und bildliche Aufzeichnungen des „Privatbefunders“ als Urkunden und Augenscheinsgegenstände im Zivilprozess zuzulassen. 1
Mag. Alfred Tanczos ist Richter des OLG Graz und Fachbuchautor.
Dr. Konstantin Pochmarski ist Rechtsanwalt in Graz mit dem Schwerpunkt ziviles Baurecht und Fachbuchautor.
Mag. Nicole Konrad ist Rechtsanwaltsanwärterin in Graz.
Das Gesetz (§ 289 Abs 1 ZPO) räumt den Parteien das Recht ein, bei jeder Beweisaufnahme – also auch bei der Befundaufnahme des Sachverständigen in Abwesenheit des Richters – anwesend zu sein; vgl OGH 29. 3. 2006, 3 Ob 27/06a; Krammer/Schiller/ Schmidt/Tanczos, Sachverständige und ihre Gutachten (2012) 66.
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3.2. Einsatzmöglichkeiten von Privatgutachtern Ein von einer Partei eingeholtes Privatgutachten kann so eine wesentliche Grundlage für die Erfüllung von Behauptungsobliegenheiten und für die gezielte Ausübung von Kontrollrechten der Partei im Rahmen des Prozesses sein: ●● Vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens dient das Privatgutachten der Beurteilung von Anspruch, Anspruchsgegner und Prozesschancen. ●● Das Parteivorbringen kann auf die wesentlichen Punkte beschränkt und vom Rechtsanwalt mit Sachverstand ausgeführt werden. ●● Der Privatgutachter kann die Befundgrundlagen aufbereiten und Formulierungsvorschläge für den Auftrag an den gerichtlich bestellten Sachverständigen erstatten. ●● Die Wahrnehmungen (Befund) des Privatgutachters können als Zeugenaussage, Urkunde und Augenscheinsgegenstand in den Prozess eingeführt werden. ●● Der Privatgutachter kann als informierte Person (§ 258 Abs 2 ZPO) an der Befundaufnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen teilnehmen. ●● Der Privatgutachter kann das Gerichtsgutachten in eine für die Partei und den Rechtsanwalt verständliche Sprache übersetzen und damit deren Verständnis für die Schlussfolgerungen des Gerichtsgutachters fördern. ●● Das Fragerecht an den Gerichtsgutachter kann effektiv (weil auf Fachwissen beruhend) ausgeübt werden. ●● Sachverständig begründete Einwände der Parteien gegen das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen können den Gerichtsgutachter zu dessen Ergänzung oder Änderung oder das Gericht zur Bestellung eines anderen Sachverständigen veranlassen.
4. Privatgutachten und anwaltliche Prozesstaktik Als schlechteste Lösung ist der Einsatz eines Privatgutachters anzusehen, wenn der Prozess schon aufgrund des Urteils erster Instanz verloren gegangen ist. Versucht die in erster Instanz unterlegene Partei das Ersturteil und dessen Feststellungen, welche auf dem Gutachten des vom Gericht beigezogenen Gutachters basieren, mittels Privatgutachtens im Rahmen des Berufungsverfahrens abzuändern, wird dies zum Scheitern verurteilt sein. § 482 ZPO statuiert das Neuerungsverbot für den Zivilprozess. Die engen Ausnahmen vom Neuerungsverbot nach § 482 ZPO machen regelmäßig ein erst im Berufungsverfahren mit der Berufung vorgelegtes Privatgutachten sinnlos, weil für das Berufungsgericht unbeachtlich.2 Ein schon früherer Einsatz des Privatgutachters im Verfahren erster Instanz ist daher zwingend 2
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RIS-Justiz RS0105484 [T1]; RS0041965 [T4].
geboten. Auch hier gilt es freilich, dass „falsche Sparsamkeit“ schaden und zum Prozessverlust führen kann: Liegt erst einmal ein (schriftliches) Gutachten des Gerichtssachverständigen vor, ist es schwierig, im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung3 völlig neue Schlussfolgerungen des Gerichtsgutachters zu erwirken. Vielfach erwarten sich Richter vom Gerichtsgutachter, dass dieser im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung bei seinen schriftlichen Schlussfolgerungen bleibt, um nicht im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung mit völlig neuen Gutachtensergebnissen konfrontiert zu werden. Umgekehrt glauben manche (selbstverständlich nicht alle!) Gerichtsgutachter, solchen (erklärten oder auch nur vermuteten) Erwartungen von Richtern gerecht werden zu müssen. Solche Gutachter sind daher wenig bereit, die im schriftlichen Gutachten gezogenen Schlüsse im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung abzuändern.4 Dies führt im Prozess dazu, dass ein sinnvoller Einsatz eines Privatgutachters einer Partei nicht erst nach Vorliegen des überraschend negativen Gerichtsgutachtens erfolgen darf, sondern schon vorher. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass der Privatgutachter einer Partei möglichst frühzeitig im Prozess – idealerweise überhaupt schon vor Prozessbeginn5 – zum Einsatz kommen soll.
5. Form der Beiziehung des Privatgutachters Auch für die Form des Einsatzes eines Privatgutachters gibt es bessere und schlechtere Varianten: Will der Rechtsanwalt vermeiden, dass unabhängig von der Qualität des Privatgutachtens dieses wenig Beachtung durch das Gericht findet, legt er es nicht einfach als Urkunde vor. Aber selbst wenn das Gericht auf ein vorgelegtes Privatgutachten eingeht, kann es leicht formelhafte Argumente finden, um zu begründen, warum es dem Gerichtsgutachten folgt und das Privatgutachten nicht relevant sei: Übliche Argumentationsstränge sind, dass das Privatgutachten „nur auf den einseitigen Angaben einer Partei“ beruhe, während das „Gerichtsgutachten das beiderseitige Parteivorbringen und umfassende (dem Privatgutachter unbekannte) Beweisergebnisse als Grundlage“ hat. Will sich das Erstgericht noch stärker gegen den Vorwurf absichern, sich nicht genügend mit dem Privatgutachten beschäftigt zu haben, ersucht es den Gerichtsgutachter, schriftlich oder mündlich zum Privatgutachten Stellung zu nehmen. Findet der Gerichtsgutachter nun im Privatgutachten einen – noch so geringen – Fehler, ist dies für das Erstgericht ein willkommenes Argument der Beweis3 4
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§ 357 Abs 2 ZPO. Diese Beobachtung bestätigt Ulbrich (in Kuffer/Wirth, Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht3 [2011] 2074) auch für die deutsche Praxis. Die Beiziehung vor Prozessbeginn ermöglicht einer Partei, ihre Chancen für erfolgreiche Anspruchsdurchsetzung oder -abwehr halbwegs seriös einzuschätzen.
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würdigung, dass diesem „fachlich fehlerhaften“ Privatgutachten „keinerlei Überzeugungskraft“ zukomme, da ja der Gerichtsgutachter deutlich die „fachlichen Schwächen“ des Privatgutachtens aufgezeigt habe. Ziel des sorgfältigen, im Sinne des Prozesserfolgs seiner Partei arbeitenden Rechtsanwalts muss es daher sein, Gericht und Gerichtsgutachter zu zwingen, auf die Argumente des Privatgutachters sachlich einzugehen und diese nicht mit formalen Argumenten abzuwehren. Dies kann ihm nur gelingen, indem die fachliche Argumentation des Privatgutachters zum Gegenstand des eigenen Parteienvorbringens gemacht wird. Werden bestimmte (technische, bauwirtschaftliche etc) Argumente im Rahmen des Parteivorbringens geführt, muss sich das Gericht damit beschäftigen und – mangels eigener Sachkunde – den Gerichtsgutachter mit der Überprüfung dieser Argumente des Vorbringens einer Partei beauftragen.6 Daraus folgt, dass die Zusammenarbeit zwischen Partei, Privatgutachter und Rechtsanwalt sinnvollerweise nicht mit Ablieferung eines schriftlichen Privatgutachtens durch den Privatgutachter endet, sondern dass der Privatgutachter Partei und Rechtsanwalt während des gesamten Verfahrens betreut. Eine solche dauerhafte Begleitung vermeidet auch die Problematik, dass ein einmal erstattetes (quasi „statisches“) Privatgutachten durch im Prozess hervorgekommene – bislang dem Privatgutachter unbekannte – Beweisergebnisse überholt wird. Der wahre Wert und Nutzen der Beiziehung eines Privatgutachters ergibt sich daraus, dass der Privatgutachter die sachverständigen Aspekte des Streits dem Rechtsanwalt laufend „übersetzt“, sodass dieser – in der Sprache der Juristen – dem Gericht gegenüber die Argumente vorbringen kann.
6. Kosten des Privatgutachters 6.1. Geltendmachung der Kosten des Privatgutachters Es ist einleuchtend, dass die skizzierte optimale Beiziehung eines Privatgutachters schon vor Prozessbeginn und während des Prozesses die Partei mit Kosten belastet. Die Unterlassung der Beiziehung eines Privatgutachters kann freilich zu mangelhaftem Parteivorbringen, unklaren Prozess programmen, fehlerhaften Gutachtensaufträgen und massiven Kosten für Ergänzungsgutachten des Gerichtsgutachters führen und im schlimmsten Fall sogar zum Prozessverlust, sodass der Nutzen des Privatgutachters meist dessen Kosten übersteigt. Die Kosten des Privatgutachters sind vorprozessuale oder nebenprozessuale Kosten. Für die Durchsetzung dieser Kosten gegen den Prozessgegner stehen je nach Voraussetzungen das 6
Ein Privatgutachten einfach in einen vorbereitenden Schriftsatz „hineinzukopieren“, zeugt allerdings nicht von besonderer Anwaltskunst.
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gerichtliche Kostenbestimmungsverfahren nach §§ 40 ff ZPO oder die Geltendmachung als Schadenersatzanspruch offen; die Partei hat zwischen diesen beiden Wegen kein Wahlrecht.
6.2. Prozesskosten gemäß §§ 40 ff ZPO oder Schadenersatzanspruch Die Abgrenzung, ob Kosten Prozesskosten oder Hauptforderungen (oder Nebenforderungen) sind, hat erhebliche Bedeutung: Prozesskosten unterliegen der Quotenkompensation, eine Schadenersatzforderung unterliegt nur der Kürzung im Wege einer Schadensteilung (nach § 1304 ABGB). Der Verstoß gegen eine Schadenminderungsobliegenheit der Parteien bei Schadenersatzansprüchen ist nur über Einrede des Schädigers wahrzunehmen; Prozesskosten unterliegen nach Einwendungen im Sinne des § 54 Abs 1a ZPO von Amts wegen der Prüfung auf Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit im Sinne des § 41 ZPO. Der dritte Unterschied liegt in der Art ihrer Geltendmachung als Kostenersatzanspruch in der Kostennote nach dem Verfahren nach §§ 40 ff ZPO oder als materieller Anspruch im Urteilsbegehren.7 Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit den Kreis jener Vermögensaufwendungen einer Prozesspartei, die als vorprozessuale Kosten nach den Normen des Prozesskostenersatzes (§§ 40 ff ZPO) geltend zu machen sind, sehr weit gezogen und darunter auch bestimmte Kosten der Beweissammlung einbezogen. Dieser weitreichende Ansatz der Judikatur wurde allerdings nicht aufrechterhalten, sodass nunmehr viele Fallkonstellationen bestehen, in denen die Kosten der Beiziehung eines Privatgutachters einen eigenen (materiellrechtlichen) Schadenersatzanspruch darstellen.8 Die von der Judikatur entwickelte allgemeine Regel unterwirft solche Kosten dem Kostenbestimmungsverfahren nach §§ 40 ff ZPO, die der konkreten Prozessvorbereitung dienen. Das maßgebliche Kennzeichen ist daher die „Prozessbezogenheit“ dieser Kosten. Diese Prozessbezogenheit als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 40 ff ZPO liegt vor, wenn die jeweilige Maßnahme in Zielrichtung auf einen beabsichtigten Prozess mit dem Entschluss gesetzt wurde, die nachfolgende Prozessführung zu fördern.9 Besteht daneben und über die Prozessvorbereitung hinaus ein besonderes Interesse an einer Sachverhaltsermittlung, so sind die damit verbundenen Kosten Schadenersatzforderung.10
6.3. Beispiele aus der Judikatur und Lehre Nachstehende Fälle sind Beispiele aus Judikatur und Lehre, in denen die Prozessbezogenheit der Kosten der Beiziehung eines Privatgutachters bejaht bzw verneint wurde: Obermaier, Kostenhandbuch2 (2010) Rz 361. OGH 11. 10. 2012, 1 Ob 189/12v. M. Bydlinsky in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze II/12 (2002) § 41 ZPO Rz 39. 10 Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 363. 7 8 9
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Kosten und Nutzen des Privatgutachtens im Bauprozess
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Ist dem Geschädigten die konkrete Person des Schädigers nicht bekannt und dient das Privatgutachten dazu, den Schädiger ausfindig zu machen, ist das Privatgutachten nicht prozessbezogen, seine Kosten können nur einen Schadenersatzanspruch darstellen.11 In der Entscheidung des OGH vom 30. 9. 2009, 9 Ob 7/09h, wurden Gutachtenskosten als Schadenersatz behandelt, welche dazu dienten, um zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen die Schadensursache zu ermitteln. In der Entscheidung des OGH vom 24. 2. 2003, 1 Ob 302/02x, beurteilte dieser Kosten eines Privatgutachtens als Schadenersatzanspruch, da es der Feststellung diente, ob überhaupt ein Schade/ Mangel im Zusammenhang mit der dortigen Schalldämmung vorlag. In der Entscheidung des OGH vom 20. 8. 2002, 4 Ob 150/02s, wurde die Prozessbezogenheit der während des Prozesses erfolgten gutachterlichen Leistungen für „die Betrauung mit vorprozessualer und prozessualer Mängelbegutachtung und Befassung mit Kontrollarbeiten“ bejaht; ein Zuspruch erfolgte mangels Notwendigkeit (im Sinne des § 41 ZPO) dennoch nicht. In der Entscheidung des OGH vom 17. 1. 2001, 6 Ob 98/00f, wurde die Prozessbezogenheit eines Privatgutachtens verneint und dessen Kosten wurden als Schadenersatzanspruch behandelt, da das Interesse der dortigen Klägerinnen an der Feststellung einer Schadensursache und damit an der Möglichkeit, diese zu beheben, entscheidend über die Vorbereitung eines Schadenersatzprozesses hinausgeht.
6.4. Zusammenfassung dieser Grundsätze Geht das Interesse des (zukünftigen) Klägers über bloße im Prozess verwertbare Gutachtensergebnisse hinaus, muss er einen privatrechtlichen (Schadenersatz-)Anspruch gegen den Verursacher geltend machen. Voraussetzungen dafür sind adäquate Kausalität, Rechtswidrigkeit und Verschulden des Verursachers. Die Partei, die den Privatgutachter beizieht, unterliegt der Schadenminderungsobliegenheit nach § 1304 ABGB. Beispiele sind Privatgutachten zur Ermittlung eines Schädigers bei mehreren möglichen, zur Ermittlung von Schadensursache und/oder Sanierungsmaßnahmen. Diese Kosten für solche regelmäßig vor dem Prozess und nur selten neben dem Prozess eingeholte Privatgutachten sind als Schadenersatzanspruch Teil der Klagsforderung (oder Gegenforderung). Wenn eine Prozesspartei den Privatgutachter nur zur Vorbereitung oder Förderung des Prozesses 11 OGH 11. 10. 2012, 1 Ob 189/12v.
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beizieht, sind die hierfür aufgewendeten Kosten prozessbezogen und damit als Prozesskosten geltend zu machen. Beispiele sind die Einholung eines Privatgutachtens ausschließlich zur Berechnung der Höhe der Klagsforderung, die oben geschilderte Beratung einer Partei während des anhängigen Prozesses oder die Unterstützung in der Auseinandersetzung mit dem Gerichtsgutachter. Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung ist, dass diese Kosten für die Prozessführung „notwendig“ im Sinne des § 41 ZPO sind. Notwendig ist jede Aktion, deren Zweck ex ante betrachtet mit geringerem Aufwand nicht erreicht werden kann.12 Solche Kosten, welche teilweise vor Prozessbeginn anfallen, aber oft durch die sachverständige Beratung einer Partei während des Prozesses, sind vom Rechtsanwalt bei Legung der Kostennote wie die übrigen Prozesskosten (Gerichtsgebühren, Rechtsanwaltskosten etc) geltend zu machen. Da diese Kosten des Privatgutachters in den Gerichtsakten regelmäßig nicht aktenkundig sind, hat gemäß §§ 41, 54 ZPO neben der Behauptung der Notwendigkeit auch die Bescheinigung der Kosten und ihrer Notwendigkeit zu erfolgen. Die Judikatur ist bei Anerkennung der Notwendigkeit nebenprozessualer Kosten für einen Privatgutachter restriktiv.13
Resümee Zum deutlichen Parteistandpunkt gewordene Privatbefunde und Privatgutachten führen zu einem höheren Niveau fachlicher Auseinandersetzung zwischen Gericht, Gerichtsgutachter und Prozessparteien und damit zur Verbesserung der Qualität der „Wahrheitsfindung“. Für den sinnvollen Einsatz eines Privatgutachters gilt der Grundsatz „je früher, je besser“. Die Rolle des Privatgutachters erschöpft sich nicht in der einmaligen Produktion eines „statischen“ Privatgutachtens, sondern er begleitet idealerweise das gesamte erstinstanzliche Verfahren. Die Kosten für die Beiziehung eines Privatgutachters sind vor- oder nebenprozessuale Kosten im Sinne der §§ 41 ff ZPO, wenn die Tätigkeit ausschließlich prozessbezogen ist. Besteht über die Führung des Prozesses hinaus noch ein zusätzliches Interesse der Partei an der Beauftragung eines Privatgutachters, besteht kein prozessualer Kostenersatzanspruch, sondern unter den sonstigen Voraussetzungen ein Schadenersatzanspruch. 12 Obermaier, Kostenhandbuch2, Rz 208. 13 Vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze II/12, § 41 ZPO Rz 36 mwN.
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Die korrekte Vergütung von Bauzinsen
Fachartikel
Die korrekte Vergütung von Bauzinsen Bauwirtschaftliche Herleitung und Ableitung im Zusammenhang mit Mehrkostenforderungen Walter Reckerzügl Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit einem in der Praxis zuletzt häufig diskutierten Spezialthema der bauwirtschaftlichen Literatur, nämlich der Frage, wie Bauzinsen korrekt ermittelt werden. Insbesondere wird dabei der Frage nachgegangen, wie im Falle von auftretenden Mehrkostenforderungen und dabei entstehenden Änderungen der Zahlungsbedingungen die zusätzlichen Bauzinsen korrekt ermittelt werden können.
1. Einleitung In der jüngsten Vergangenheit sind bei einigen Bauprojekten strittige Fragen im Zusammenhang mit dem Thema „Bauzinsen“ aufgetreten, die den Autor veranlasst haben, sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen und detailliertere Überlegungen dazu anzustellen. In diesem Beitrag soll die bauwirtschaftliche Analyse auf Basis eines Bauvertrages erfolgen, dem die aktuelle ÖNORM B 2110 (Ausgabe 15. 3. 2013) bzw die ÖNORM B 2118 (Ausgabe 15. 3. 2013) zugrunde liegen. Die dabei erarbeiteten grundlegenden Aussagen sind mit kleinen Abstrichen bei Bedarf auch auf die entsprechenden ÖNORMEN älteren Datums anzuwenden. Außerdem wird in der gegenständlichen Abhandlung ein Vertragsverhältnis zwischen Unternehmern vorausgesetzt und kein Verbrauchergeschäft, bei dem teilweise andere Zinssätze zu beachten wären.
2. Begriffsbestimmungen 2.1. Bauzinsen Unter den Bauzinsen werden laut ÖNORM B 2061 die Kosten des für die Durchführung eines Bauauftrags erforderlichen Kapitals, mit dem der Unternehmer in Vorlage treten muss, verstanden; einschließlich der Kosten für Haftungs- und Deckungsrücklässe sowie für andere Sicherstellungen. Nicht von diesem Begriff umfasst sind die notwendigen Zinskosten für die Betriebsführung und für die Gerätebeistellung. Gemäß ÖNORM B 2061 sind die Bauzinsen als Teil des Gesamtzuschlags zu kalkulieren und werden dementsprechend im K3-Blatt als Prozentsatz auf die Herstellkosten ausgewiesen (Zeile O).
2.2. Verzugszinsen Mit den Verzugszinsen werden dem Gläubiger die aufgrund der verspäteten Zahlung durch den Schuldner entstandenen finanziellen Nachteile ersetzt. Verzugszinsen haben damit eine schadenersatzrechtliche Funktion, die immer dann zum Tragen kommt, wenn ein Schuldner die vertraglich bedungene Fälligkeit einer Zahlung nicht einhält. Laut ÖNORM B 2110 werden die Verzugszinsen mit einem Prozentsatz von 9,2 %1 (ohne Verschul1
Vor dem 15. 3. 2013 waren die Verzugszinsen gemäß ÖNORM B 2110 mit 8 % über dem Basiszinssatz festgelegt, und zwar unabhängig vom Verschuldensgrad.
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den mit 4 %) über dem Basiszinssatz berechnet. Beim nunmehr gültigen Basiszinssatz von –0,12 % (seit 30. 6. 2013) errechnen sich die Verzugszinsen aktuell mit einem Wert von 9,08 %.
3. Korrekte bauwirtschaftliche Berechnung der Bauzinsen bei Angebotslegung Im Gegensatz zu den Verzugszinsen haben Bauzinsen keine Schadenersatzfunktion, sondern sollen auch bei vertragsgemäßer Erfüllung dem Auftragnehmer Kosten ersetzen, die ihm im Zuge der Bauerstellung aufgrund der dabei notwendigen Vorfinanzierung entstehen. Die korrekte Berechnung des Prozentsatzes für die Bauzinsen als Anteil des Gesamtzuschlags im K3-Blatt hängt von mehreren Parametern ab: ●● Zahlungsfristen des gegenständlichen Bauvertrages: Durch die vertraglich festgelegte Dauer der Prüf- und Zahlungsfrist des Auftraggebers wird auch der Zeitraum der erforderlichen Vorfinanzierung determiniert. ●● Fälligkeitszeitpunkt der Verbindlichkeiten des Auftragnehmers: Je nach Kostenart, aber auch beeinflusst von der individuellen Marktposition, liegen hier unterschiedliche Fristigkeiten für die Begleichung der Forderungen der Lieferanten, Subunternehmer usw vor. ●● Höhe des Zinssatzes, mit dem der Auftragnehmer seine Vorfinanzierung aus Fremd- oder Eigenmitteln aufbringen kann. ●● Vertragliche Gestaltung der zu erbringenden Sicherstellungen: Je nachdem, ob De ckungs- und Haftungsrücklass unbar abgelöst werden dürfen oder nicht, und je nach Baudauer bzw Gewährleistungsfrist ergeben sich unterschiedliche Ansätze für die daraus entstehenden Vorfinanzierungskosten. ●● Vertragsverhältnis zwischen Auftragnehmer und Subunternehmer: Vertraglich vorgesehene Einbehalte bei den Abschlagsrechnungen des Subunternehmers und Einbehalte eines Deckungs- und/oder Haftungsrücklasses reduzieren die notwendige Barvorlage des Auftragnehmers. Ebenso ist der Umfang der an Subunternehmer vergebenen Leistung mitbestimmend.2 2
Dipl.-Ing. Dr. Walter Reckerzügl ist als selbständiger Unternehmensberater und bauwirtschaftlicher Gut achter tätig.
Vgl Punkt 3.3.
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Die korrekte Vergütung von Bauzinsen
Um die möglichen kalkulatorischen Grenzen für den Ansatz der Bauzinsen im K3-Blatt auszuloten, soll ein vereinfachtes Beispiel durchgerechnet werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Werte fallspezifisch stark variieren können.
3.1. Beispiel Annahmen: Projektvolumen: Projektdauer: Gewährleistung: Deckungsrücklass:
€ 10 Mio 12 Monate 36 Monate 5 %, unbar ablösbar (für 13 Monate) Haftunsgrücklass: 2 %, unbar ablösbar (für 37 – 13 = 24 Monate) Zahlungsziel AG (Prüf- und Zahlungsfrist ab Rechnungslegung mit Monatsende): 75 KT Kosten Bankgarantie: 1,5 % p.a. Kosten Finanzierung: 6,5 % p.a. Zahlungsziel AN (gewichtet nach den unterschiedlichen Kostenarten wie Arbeiter, Angestellte, Subunternehmer, Lieferanten usw und gerechnet ab Monatsende): 45 KT Damit errechnet sich folgender Wert als Ansatz für die Bauzinsen im K3-Blatt: Deckungsrücklass: 10 Mio x 5 % x 1,5 % x 13/12 = € 8.125,– = 0,08 % Haftungsrücklass: 10 Mio. x 2 % x 1,5 % x 24/12 = € 6.000,– = 0,06 % Barvorlage: 10 Mio x 6,5 %/365 x (75 – 45) KT = € 53.424,66 = 0,53 %
Bei diesem durchaus realistischen Beispiel errechnen sich die Ansätze für die Vorfinanzierung (Bauzinsen) im K3-Blatt demnach mit 0,67 %.
3.2. Grenzwerte für Bauzinsenansätze Würde man davon ausgehen, dass die Sicherstellungen nicht unbar abgelöst werden dürfen, sondern bar einbehalten werden, ergäbe sich eine Erhöhung dieses Wertes auf 1,14 %! Unter der Annahme, dass ein Unternehmer argumentiert, dass er die Barvorlage aus Eigenmittel leistet und dafür eine durchaus plausible kalkulatorische Eigenverzinsung von 10 % ansetzt, würde sich bei gleicher Annahme sogar ein rechnerischer Wert von 1,78 % ergeben. Realistisch ermittelte Ansätze für Zuschläge für Bauzinsen im K3-Blatt werden demnach im Regelfall etwa in einem Bereich zwischen 0,5 % und 2,0 % zu liegen kommen.3
3.3. Auswirkungen aus dem Vertragsverhältnis mit dem Subunternehmer Wie bereits erwähnt, kann der Ansatz für die Bauzinsen auch wesentlich durch das Vertragsverhältnis zwischen Auftragnehmer und dessen Subunternehmern beeinflusst werden. Dies drückt sich in zwei Bereichen aus: 3
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Genauso auch Oberndorfer in Straube/Aicher, Handbuch Bauvertrags- und Bauhaftungsrecht II (Loseblatt, Stand: Juni 2012) Kapitel 2.1.4.3.
3.3.1. Direkte Auswirkung auf die Barvorlage: Wenn ein Teil der Leistung durch Subunternehmer erbracht wird, dann reduziert sich für diesen Anteil der Zeitraum der Vorfinanzierung, da die Kosten für die Leistungserbringung erst bei Bezahlung der Subunternehmerrechnung schlagend werden. Dieser Aspekt ist allerdings bei den Annahmen im oben angeführten Beispiel bereits berücksichtigt. Gerade deswegen ergibt sich in diesem Fall ein relativ langes Zahlungsziel des Auftragnehmers von 45 Kalendertagen. Wäre die gesamte Leistung Eigenleistung, wäre das Zahlungsziel sicherlich deutlich kürzer, da gerade die Bezahlung der Subunternehmer in der Regel deutlich später erfolgt als etwa die Bezahlung der eigenen Gehälter und Löhne. Damit würde sich bei vollständiger Eigenleistung der Vorfinanzierungszeitraum vermutlich von 30 Kalendertagen auf 45 Kalendertage oder sogar 60 Kalendertage deutlich vergrößern und dadurch zwangsläufig erhöhte Bauzinsen nach sich ziehen. 3.3.2. Auswirkungen auf den Ansatz der Bauzinsen resultierend aus der Art der Sicherstellungen: Hier muss unterschieden werden, ob im Vertragsverhältnis zwischen dem Auftragnehmer und seinen Subunternehmern unbare Ablösen der Sicherstellungen erlaubt sind oder nicht. Wenn der Auftragnehmer seinerseits Sicherstellungen bar einbehält, so müsste diese Reduktion der Barvorlage im oben angeführten Beispiel berücksichtigt werden. Bei einer Annahme, dass etwa 30 % der Leistung von Subunternehmern geleistet wird, von denen die Sicherstellungen bar einbehalten werden (als vereinfachte Annahme mit den gleichen Laufzeiten wie beim Auftragnehmer), dann reduziert sich der Ansatz für die Bauzinsen um folgende Werte: Deckungsrücklass: 10 Mio x 30 % = € 3,33 Mio x 5 % x 6,5 % = € 10.833,33 = 0,11 % Haftungsrücklass: 0 Mio x 30 % = € 3,33 Mio x 2 % x 6,5 % = € 13.000,– = 0,13 %
Damit reduziert sich der Ansatz für die Bauzinsen im K3-Blatt von den ursprünglich errechneten 0,67 % auf nunmehr 0,67 – 0,24 = 0,43 %. Sieht aber der Auftragnehmer im Vertragsverhältnis mit einem Subunternehmer vor, dass dieser entsprechende unbare Sicherstellungen beibringen darf, dann entstehen zwar dem Subunternehmer ebenfalls Kosten (für die zu legende Bankgarantie), die Kapitalkosten des Auftragnehmers werden allerdings dadurch nicht reduziert.
4. Ermittlung zusätzlicher Bauzinsen Wie auch bei so vielen anderen Themen treten die spannendsten Fragen dann auf, wenn es zu einer Leistungsänderung im Zuge der Bauausführung kommt. Im Regelfall wird sich nämlich bei Vorlage von (vertraglich gerechtfertigten) Mehrkostenforderungen infolge des dadurch erforderlichen Prüfungs- und Abstimmungsbedarfs auch eine Verlängerung des Vorfinanzierungszeitraums ergeben. Es ist daher zu untersuchen, ob die dadurch entstehenden Mehrkosten im Bereich der Jänner 2014
Die korrekte Vergütung von Bauzinsen
Kapitalkosten durch den Auftragnehmer gefordert werden können.
4.1. Grundsätzliche Berechtigung der Forderung zusätzlicher Bauzinsen Da es sich bei den Bauzinsen um einen Vergütungsanspruch des Auftragnehmers handelt, der sich aufgrund geänderter Umstände der Leistungserbringung ergibt, ist die Forderung der zusätzlich entstehenden Kapitalkosten grundsätzlich gerechtfertigt. Die Ableitung der Höhe der Forderung hat entsprechend den Anforderungen der ÖNORM B 2110 auf Basis von Preisgrundlagen des Vertrages zu erfolgen; im gegenständlichen Fall können die Bauzinsen aus dem Ansatz in der Zeile O des K3Blattes zumindest rückwirkend abgeleitet werden. Nun könnte man einwenden, dass es für den Auftragnehmer eigentlich klar sein müsste, dass ein gewisser Anteil an Leistungsänderungen im Projektgeschäft immer erwartbar ist und daher bereits im Zuge der Kalkulation mit einem entsprechend längeren Zahlungsziel in die Berechnung der Bauzinsen eingehen müsste. Dies stimmt allerdings nur bedingt, da letztlich weder sichergestellt ist, wie hoch dieser Anteil an Mehrkosten letztlich wirklich sein wird, noch welches Zahlungsziel sich dafür letztlich ergeben wird. Damit wäre eine solche Forderung unkalkulierbar und ist daher abzulehnen. Im Übrigen muss dazu festgehalten werden, dass ja gerade der Auftraggeber es in der Hand hat, durch entsprechende Akontierungen von Mehrkostenforderungen, auf die hier später noch eingegangen wird, die zusätzliche Vorfinanzierung nicht ausufern zu lassen.
4.2. Berechnung der zusätzlichen Bauzinsen Diese Berechnung ist von zwei wesentlichen Parametern abhängig, nämlich dem anzusetzenden Zinssatz für die Bauzinsen und dem Zeitraum der Verlängerung der Vorfinanzierung, der sich zusätzlich zwischen der Leistungserbringung (genauer: dem Zeitpunkt des Mittelabflusses) und der Vergütung der Leistung ergibt.
4.2.1. Zinssatz Ausgehend von dem im K3-Blatt in der Zeile O enthaltenen Prozentsatz des Gesamtzuschlags muss der eigentliche Ansatz der Bauzinsen abgeleitet werden. Dazu ist die oben angeführte Berechnung im Zuge der Angebotslegung rückwirkend nachzuvollziehen und die Anteile für die Sicherstellung sind herauszurechnen. Dabei ist vor allem darauf zu achten, dass sowohl der dabei ermittelte Zinssatz als auch der ermittelte Vorfinanzierungszeitraum und auch das Verhältnis der beiden zueinander plausibel sein müssen. In der Literatur wird dazu als Vergleichswert der 3-Monats-EURIBOR zum Angebotstermin zuzüglich eines entsprechenden unternehmensspezifischen Risikozuschlags vorgeschlagen.4 In der aktuellen Marktsituation liegt der 3-MonatsEURIBOR allerdings bei nur 0,218 %, der 4
Oberndorfer, Claim Management und alternative Streitbei legung im Bau- und Anlagenvertrag I2 (2010) 153.
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Fachartikel
Risikozuschlag spielt demnach eine entscheidende Rolle. Dieser ist aber gerade im Bereich der risikobehafteten Bauwirtschaft grundsätzlich hoch bewertet, allerdings auch stark von der unternehmensspezifischen Situation mitbestimmt. Darüber hinaus ist zu hinterfragen, ob die Vorfinanzierung mit Fremdkapital oder eventuell aus Eigenmitteln erfolgt. Basierend auf all diesen Überlegungen liegen plausible Ansätze für Bauzinsen derzeit im Bereich zwischen 5 % und 10 % pro Jahr. Bei einem solchen Exkurs zum Thema „Höhe der Bauzinsen“ muss auch ein Intermezzo in der ÖNORM B 2118 erwähnt werden, wo unter Punkt 7.4.3.3 der Ausgabe 2009 festgehalten war, dass zusätzliche Bauzinsen generell mit einem Prozentsatz von 0,5 % über dem jeweiligen 3-Monats- EURIBOR berechnet werden sollten. Diese Bestimmung wurde 2011 im Zuge der Überarbeitung der Norm völlig zu Recht wieder gestrichen, da eine generelle Festlegung eines Prozentsatzes aufgrund der zuvor beschriebenen, vielfältigen Einflussfaktoren zwangsläufig immer zu falschen Ergebnissen führen muss. Darüber hinaus erscheint der damals festgelegte Prozentsatz aktuell auch unplausibel niedrig (das wären aktuell 0,718 %).
4.2.2. Vorfinanzierungszeitraum Bauwirtschaftlich betrachtet lässt sich die laut Vertrag vorgesehene (und damit auch zu kalkulierende) Vorfinanzierungsspanne als Zeitraum zwischen dem gewichteten Zeitpunkt der Ausgaben im Zuge der Leistungserbringung und der entsprechenden Vergütung durch den Auftraggeber verstehen (vgl Abbildung 1). Insbesondere beim Auftreten von Leistungsstörungen ergibt sich aber aus folgenden Gründen oftmals eine Verlängerung dieser Frist (vgl Abbildung 2 auf Seite 16): ●● Erkennbarkeit der Leistungsabweichung: Je nach Fallbeispiel wird ein angemessener Erkennungszeitraum erforderlich und dem Unternehmer zuzugestehen sein. ●● Ausarbeitung der Mehrkostenforderung der Höhe nach: Während die vertragliche Leistung und oftmals auch Leistungsänderungen nach bereits vorhandenen Positionen des Vertragsleistungsverzeichnisses innerhalb kurzer Zeit in Form einer Teilrechnung abgerechnet werden können, müssen für die Abrechnung von vertraglicher Zeitraum Bauzinsen
Schwerpunkt der Leistung
Zeitpunkt der Rechnungslegung
Zeitpunkt der Zahlung mi lerer Zeitpunkt der Ausgaben
Vertragliche Prüffrist
Vertragliche Zahlungsfrist
Abbildung 1: Vertragliche Vorfinanzierungsperiode (Zeitraum für Bauzinsen)
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Fachartikel
Die korrekte Vergütung von Bauzinsen
Zeitraum Bauzinsen neu
Schwerpunkt der Leistung
Abbildung 2: Ermittlung von Bauzinsen bei Leistungsstörungen
Zeitpunkt der Erkennbarkeit der MKF
Vorlage der MKF
Beau ragung der MKF
mi lerer Zeitpunkt der Ausgaben
geänderten Leistungen aus Leistungsstörungen oftmals erst die entsprechenden Abrechnungspositionen gebildet sowie die entsprechende Dokumentation erstellt werden. ●● Umfangreiche Prüfung der Mehrkostenforderung und Verhandlung: Anders als bei den LV-Positionen gemäß Vertrag müssen nunmehr nicht nur die Mengen, sondern auch die neuen Einheitspreise selbst durch den Auftraggeber überprüft werden; oftmals sind hier auch zeitintensive Verhandlungen nötig, ehe schließlich eine Beauftragung der entsprechenden Mehrkostenforderung erfolgt, die letztlich vertragliche Voraussetzung für eine mögliche Verrechnung ist. ●● Bei höchst komplexen Themen kann sogar die Einschaltung eines externen Gutachters oder die Notwendigkeit einer gerichtlichen Klärung für weitere Verzögerungen sorgen. Bei dieser Aufzählung fällt auf, dass einige Ursachen der Verlängerung der Vorfinanzierungsperiode durch den Auftragnehmer selbst beeinflussbar sind (Erkennbarkeit der Leistungsabweichung, Vorlage der Mehrkostenforderung usw). Es wäre daher zu einfach und häufig falsch, immer den tatsächlich entstandenen Zeitraum zwischen den Ausgaben im Rahmen der Leistungserbringung und der letztlich erfolgten Bezahlung seitens des Auftraggebers unkritisch als Zeitraum für die Berechnung der zusätzlichen Bauzinsen heranzuziehen. Vielmehr ist detailliert zu hinterfragen, wer für die entstandenen Verzögerungen in welchem Umfang verantwortlich ist. Nur damit ist sichergestellt, dass immer jener Vertragspartner die zusätzlichen Kapitalkosten zu tragen hat, der die Verzögerung in diesem Umfang verursacht hat. Es wird daher dem fordernden Vertragspartner nicht erspart bleiben können, eine entsprechende Begründung für die entstandenen Zeitdifferenzen vorzulegen. Dabei sind durch den Auftragnehmer entstandene Verzögerungen natürlich von der zu ersetzenden Zeitspanne abzuziehen. Diese durch den Auftragnehmer verschuldeten Verzögerungen können etwa folgende Ursachen haben: ●● Verspätete Erkennung der Leistungsabweichung, wobei hier an dieser Stelle nicht auf die daraus eventuell noch zusätzlich entstehende Verfristungsproblematik eingegangen werden soll. ●● Verspätete Vorlage der Mehrkostenforderung: Hier ist insbesondere auf eine prüfbare Form der Mehrkostenforderung mit sämtlichen
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Zeitpunkt der Rechnungslegung
Vertragliche Prüffrist
Zeitpunkt der Zahlung
Vertragliche Zahlungsfrist
erforderlichen Nachweisen und Unterlagen Wert zu legen. ●● Verspätete Abrechnung der Leistung durch den Auftragnehmer infolge fehlender Akzeptanz des Prüfungsergebnisses. Der Versuch der Festlegung jenes Zeitraums, für den zusätzliche Bauzinsen verrechnet werden dürfen, wird daher häufig eine äußerst schwierige Diskussion nach sich ziehen, die oftmals mit gegenseitigen Schuldzuweisungen endet und nur durch Beiziehung eines externen Gutachters zu lösen ist.
4.3. Verzugszinsen Im Vergleich zu den Bauzinsen ist die Berechnung der Verzugszinsen insofern einfacher, als sowohl die Höhe des Zinssatzes als auch der Zeitraum der Verrechnung in der Regel eindeutig bestimmbar ist. Verzugszinsen sind immer dann fällig, wenn der Schuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht pünktlich nachkommt. Entsprechend ihrer schadenersatzrechtlichen Funktion sind die Verzugszinsen daher als pauschalierter Schadenersatz zu verstehen; der Gläubiger muss im Falle einer Überschreitung der vertraglichen Zahlungsfrist weder seinen entstandenen Schaden nachweisen noch sind die Gründe für die Überschreitung der Frist relevant. Die bloße Überschreitung der Frist berechtigt den Auftragnehmer, Verzugszinsen zu verrechnen. Bauwirtschaftlich bedeutet dies, dass Verzugszinsen immer dann fällig werden, wenn eine Rechnung korrekt gelegt, aber die vertraglich vereinbarte Prüf- und Zahlungsfrist überschritten wurde. Die Höhe der Verzugszinsen ist in den ÖNORMEN klar definiert und liegt – je nachdem, ob der Zahlungsverzug seitens des Schuldners verschuldet wurde oder nicht – bei einem Wert von 9,2 % bzw 4 % über dem Basiszinssatz. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob Bauzinsen und Verzugszinsen parallel gefordert werden dürfen. Ausgehend von der Überlegung, dass Verzugszinsen sämtliche entstandenen Nachteile des Gläubigers in pauschaler Form berücksichtigen, müssen damit auch die erhöhten Vorfinanzierungskosten (Bauzinsen) abgedeckt sein. Abbildung 3 zeigt diesen Zusammenhang für den Fall einer verlängerten Vorfinanzierung (zusätzliche Bauzinsen), bei dem zusätzlich noch die vertragliche Zahlungsfrist überschritten wurde. Für den Zeitraum nach Fälligkeit der Zahlung können demnach nur Verzugszinsen gefordert werden. Jänner 2014
Die korrekte Vergütung von Bauzinsen
Zeitraum Bauzinsen neu
Schwerpunkt der Leistung
Zeitpunkt der Erkennbarkeit der MKF
Vorlage der MKF
Beau ragung der MKF
Zeitpunkt der Rechnungslegung
mi lerer Zeitpunkt der Ausgaben
Darüber hinaus ist zu hinterfragen, ob die Höhe der Verzugszinsen in jedem Fall gedeckelt ist, selbst wenn die kalkulatorischen Bauzinsen höher sein sollten als die Verzugszinsen. Hier müssen zwei Fälle unterschieden werden: ●● Für den Fall, dass ein verschuldeter Zahlungsverzug vorliegt, ist dies wohl zu verneinen. In diesem Fall ist dem Gläubiger jedenfalls zu gestatten, seinen tatsächlich entstandenen höheren Schaden nachzuweisen (etwa durch die kalkulatorische Ableitung des Ansatzes für die Bauzinsen), und dieser Zinssatz ist zur Berechnung und Vergütung des durch die verspätete Zahlung erfolgten Nachteils heranzuziehen. ●● Liegt allerdings ein nicht verschuldeter Zahlungsverzug vor, so wird eine über den pauschalierten Schadenersatz hinausgehende Forderung an den fehlenden Grundlagen einer Schadenersatzforderung (insbesondere eben am fehlenden Verschulden des Schädigers) scheitern. In diesem Fall wird daher nach dem vertraglichen Fälligkeitszeitpunkt der Zahlung nur die Verrechnung der Verzugszinsen möglich sein, selbst wenn der kalkulatorische Ansatz der Bauzinsen höher sein sollte. Diese Konstellation ist tatsächlich nicht unwahrscheinlich, da ja im Falle einer unverschuldeten Zahlungsverzögerung die Verzugszinsen mit 4 % über dem Basiszinssatz (derzeit also 3,88 %) festgelegt sind. Im oben angeführten Beispiel würde der Auftragnehmer daher für den Zeitraum der verlängerten Vorfinanzierung (Bauzinsen) 6,5 % fordern dürfen, während er ab dem Zeitpunkt der Überschreitung der vertraglichen Zahlungsfrist nur noch die Verzugszinsen in Höhe von derzeit 3,88 % verrechnen darf.
4.4. Akontierung In der bauwirtschaftlichen Praxis sind einige Auftraggeber dazu übergegangen, Leistungen aus Mehrkostenforderungen, bei denen die Berechtigung dem Grunde nach feststeht, noch vor endgültigem Vorliegen einer Mehrkostenforderung der
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Vertragliche Prüffrist
Fachartikel
Verzugszinsen
Zeitpunkt der Zahlung lt. Vertrag
tatsächlicher Zeitpunkt der Zahlung
Vertragliche Zahlungsfrist
Abbildung 3: Bauzinsen und Verzugszinsen bei Leistungsstörung und Zahlungsverzug
Höhe nach (mit allen Nachweisen) bereits einen Teil der Forderung zu bezahlen. Diese Akontierung ermöglicht es dem Auftraggeber, die entstehenden Kapitalkosten für die Vorfinanzierung beim Auf tragnehmer zu minimieren. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Einigung darüber, dass der Auftragnehmer diese Mehrleistungen bereits in die frühestmögliche Abschlagsrechnung aufnehmen darf, um eine entsprechende Zahlungsgrundlage für die Akontierung zu schaffen.
Fazit und Ausblick Dem Thema „Bauzinsen“ wurde lange Zeit nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt, da Kapitalkosten lange Zeit nur als „fiktive Kosten“ wahrgenommen wurden. Tatsächlich sind aber gerade in der heutigen Zeit Kapitalkosten ein ganz wesentlicher Kostenfaktor und daher als eine wichtige Kalkulationsgrundlage auch im Falle von Leistungsänderungen und Änderungen der Vorfinanzierungsfristen entsprechend anzupassen. Dieser Artikel lieferte einige grundlegende Aussagen zu diesem oftmals unterschätzten Thema, das bei näherer Betrachtung durchaus komplizierte bauwirtschaftliche und rechtliche Fragen aufwirft. Darüber hinaus wurden die Begriffe „Bauzinsen“ und „Verzugszinsen“, die oftmals in der bauwirtschaftlichen Diskussion vermischt werden, klar voneinander abgegrenzt. Während die Ermittlung des Zinssatzes für die Bauzinsen aufgrund einer bauwirtschaftlichen Ableitung aus den Ansätzen im K3-Blatt in der Regel möglich ist, ergeben sich insbesondere bei der Bestimmung der verlängerten Vorfinanzierungszeiträume wegen der damit verbundenen notwendigen Zuordnung der Verantwortungen für die Verzögerungen oftmals schwierige Diskussionen. Die hier aufgezeigten Denkanstöße sollten aber einen Beitrag leisten, um Fragen zur Berechnung der Bauzinsen und Verzugszinsen zukünftig rascher und einfacher klären zu können.
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Fachartikel
Die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Projektentwicklungsprozess
Die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Projektentwicklungsprozess Wilhelm Brugger / Werner Gächter Dieser Beitrag1 stellt einen Ansatz dar, die Aspekte der Nachhaltigkeit in die einzelnen Projektentwicklungsphasen bzw in die Prozesse einer Immobilienentwicklung zu implementieren. Dabei werden die Steckbriefe einer Zertifizierung nach ÖGNI2 am Beispiel von Büro- und Verwaltungsgebäuden unter Berücksichtigung von bereits vorliegenden Arbeiten3 auf Zusammenhänge zwischen den Steckbriefen überprüft und analysiert. Darauf aufbauend wird der idealtypische Projektentwicklungsprozess hinsichtlich der Implementierbarkeit der Nachhaltigkeitskriterien überprüft und mittels einer Matrix werden zeitliche sowie kausale Abhängigkeiten zur Zertifizierung im Projektentwicklungsprozess aufgezeigt. Abschließend wird ein adaptierter, idealtypischer Projektentwicklungsprozess formuliert, welcher die notwendigen Aspekte der Zertifizierung unter besonderer Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten für Büro- und Verwaltungsgebäude nach ÖGNI/DGNB beinhaltet.
1. Einleitung123
Dipl.-Ing. Wilhelm Brugger ist Universitätsassistent am Arbeitsbereich Baubetrieb, Bauwirtschaft und Bau management am Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften der Univer sität Innsbruck.
Nachhaltigkeit als Megatrend hat auch in die Immobilienwirtschaft Einzug gehalten. Nach einer Umfrage von Jones Lang LaSalle (2010) wird von 83 % der befragten Immobilienfachleute der nachhaltigen Konzeption von Immobilien in den nächsten 10 Jahren höchste strategische Priorität eingeräumt. Das wird verständlich, wenn man die Immobilienwirtschaft als eine der großen Branchen der Wirtschaft im Allgemeinen versteht, der durch den hohen Ressourcenverbrauch beim Bau und Betrieb einer Immobilie eine maßgebliche Verantwortung zur Verbesserung der vorherrschenden Situation zugeschrieben werden muss. Dementsprechend ergibt sich für die Immobilienwirtschaft ein großes Potenzial hinsichtlich des Beitrags zum „nachhaltigen Wirtschaften“.4 Eine sinnvolle Umsetzung aller Aspekte der Nachhaltigkeit kann aus Sicht der Autoren aber nur über eine Sensibilisierung in den Unternehmensorganisationen sowie durch eine frühzeitige Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsanforderungen in den Entwicklungsprozessen der Immobilienunternehmen erfolgen. Green and blue buildings benötigen auch green and blue processes and organizations.
2. Grundlagen 2.1. Projektentwicklung Dipl.-Ing. Werner Gächter ist Senior Lecturer am Arbeitsbereich Baubetrieb, Bauwirtschaft und Bau management am Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften der Univer sität Innsbruck.
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In der Bau- und Immobilienwirtschaft bestehen unterschiedlichste Interpretationen hinsichtlich des Begriffs und der Funktion der Projektentwicklung. 1
Überarbeitete und aktualisierte Fassung einer Veröffentlichung der Autoren anlässlich des SB13-Kongresses 2013 in Graz (Brugger/Gächter/Tautschnig, Einfluss von Nachhaltigkeits aspekten auf die Projektentwicklungsprozesse, in Sustainable Buildings Construction Products & Technologies, Proceedings SB13-Graz [2013]). 2 Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft. 3 Hogge, Sensitivitätsanalyse des ÖGNI-Nachhaltigkeitszertifizierungssystems unter Berücksichtigung der internen Zusammenhänge der Bewertungskriterien, in Series Bauwirtschaft und Projektmanagement, Band 24, LFU-Innsbruck. 4 Vgl Deutsche Hypobank AG, Deutsche Hypo Markt Analyse (2011) 4.
Eine eindeutige Abgrenzung zu anderen Berufsfeldern ist auch aufgrund der hohen Interdisziplinarität nicht klar erkennbar bzw nicht möglich.5 Es existieren verschiedene Einordnungen des Begriffs „Projektentwicklung“ in zeitliche Phasen sowie eine Strukturierung in Betrachtungszeiträume der Projektumsetzung. Nach Brauer können an dieser Stelle drei wesentliche Zeiträume definiert werden: ●● Projektentwicklung einer Immobilie im engeren Sinn: Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich von der Projekteidee bis zur Entwurfsphase. ●● Projektentwicklung im mittleren Sinn: Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich von der Projektidee bis zum Ende der Bauausführungsphase. ●● Projektentwicklung im weiteren Sinn: Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich von der Projektidee bis zum Ende des Abbruchs bzw zur Generalsanierung/-adaptierung des Projekts.6 Die Definition von Diederichs für Projektentwicklung im Allgemeinen lautet wie folgt: „Durch Projektentwicklung (im weiteren Sinne) sind die Faktoren Standort, Projektidee und Kapital so miteinander zu kombinieren, dass einzelwirtschaftlich wettbewerbsfähige, arbeitsplatz schaffende und -sichernde sowie gesamtwirtschaftlich sozial- und umweltverträgliche Immobilienprojekte geschaffen und dauerhaft rentabel genutzt werden können.“7 Daraus lässt sich die Forderung ableiten, dass die aus einem Projektentwicklungsprozess resultierende Immobilie nicht nur einzelne Interessen des Auftraggebers (Bauherren, Investoren), sondern auch die Interessen der betroffenen Öffentlichkeit und der Umwelt miteinbeziehen und diesen Rechnung tragen muss.8 Insofern sollte – oder besser: muss – also jede Projektentwicklung auch den Ansprüchen der Nachhaltigkeit genügen. 5 Vgl Diederichs, Immobilienmanagement im Lebenszyklus2 (2006) 5. 6 Vgl Brauer, Grundlagen der Immobilienwirtschaft7 (2011) 585. 7 Diederichs, Immobilienmanagement2, 5. 8 Vgl Diederichs, Immobilienmanagement2, 5.
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Die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Projektentwicklungsprozess
Wie aber diesen Anspruch erfüllen? Denn einerseits ist kein einheitliches Leistungsbild der Projektentwicklung verfügbar und wird möglicherweise auch nie verfügbar sein, andererseits existiert keine „Anleitung“ zur Implementierung der Aspekte der Nachhaltigkeit in der Immobilienprojektentwicklung. Darauf gilt es, im Folgenden Antworten zu geben.
2.2. Der Projektentwicklungsprozess Grundsätzlich kann bezüglich der inhaltlichen Beschreibung und Konzeptualisierung des Projektentwicklungsprozesses von drei maßgebenden Modellzusammenführungen ausgegangen werden:9 ●● Gleichgewichtsmodelle (equilibrium models) auf Basis von volkswirtschaftlichen Ansätzen; ●● Institutionenmodelle (agency models) resultieren aus behavioristischen sowie institutionenökonomischen Überlegungen; ●● Phasenmodelle (event-sequence models): Hauptaugenmerk hierbei wird aus betriebs-
Fachartikel
wirtschaftlicher Sicht auf das Management des Projektentwicklungsprozesses an sich gelegt. Der Projektentwicklungsprozess wird dafür in einzelne Phasen aufgelöst. Ausgangspunkt dieser Arbeit stellt ein Phasenmodell dar, das sich an den in der Realität stattfindenden Prozessen einer Immobilienentwicklung orientiert. Hierfür werden traditionelle Ablauffolgen bzw -schemata von Produktions- und Dienstleistungsprozessen verwendet, die sich aus der Herstellung eines Produkts bzw einer Dienstleistung in verschiedenen abgestimmten und aufeinander folgenden Schritten ergeben. Des Weiteren werden in diesem Modell die in einem Projektentwicklungsprozess auftretende Komplexität und die notwendige Dynamik erfasst und stattfindende Überlappungen, parallele Abläufe sowie Rückkoppelungseffekte berücksichtigt.1011 Das in Abbildung 1 dargestellte Phasenmodell eines Projektentwicklungsprozesses nach Schulte/ Bone-Winkel wird als Grundlage für die Erstellung
Abbildung 1: Phasenmodell des Projekt entwicklungsprozesses11 9 Vgl Schulte/Bone-Winkel, Handbuch Immobilien-Projektentwicklung3 (2008) 30.
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10 Vgl Schulte/Bone-Winkel, Immobilien-Projektentwicklung3, 35. 11 Schulte/Bone-Winkel, Immobilien-Projektentwicklung3, 36.
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Die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Projektentwicklungsprozess
eines neuen, idealtypischen und die Aspekte der Nachhaltigkeit beinhaltenden Entwicklungsprozesses herangezogen.
2.3. Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit als Megatrend beeinflusst alle Aspekte unseres aktuellen und zukünftigen Handelns. Demzufolge ist das Thema „Nachhaltigkeit“, welches wissenschaftlich betrachtet erst vor zirka 40 Jahren aufgegriffen worden ist, nicht nur einem Expertenzirkel zur Diskussion vorbehalten, sondern im Zentrum der Gesellschaft und damit verbunden auch in der Immobilienwirtschaft angekommen.12 Ein wesentlicher Beitrag zur Begriffsformulierung bzw zur aktuellen Auffassung des Begriffs der Nachhaltigkeit wurde durch die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED), der sogenannten Brundtland-Kommission, geleistet.13 In ihrem Bericht „Our Common Future“ (1987) wurde Nachhaltigkeit wie folgt definiert: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Lebensqualität der gegenwärtigen Generation sichert und gleichzeitig zukünftigen Generationen die Wahlmöglichkeit zur Gestaltung ihres Lebens erhält.“14 Dabei ist die Idee der Nachhaltigkeit keine Errungenschaft unserer heutigen Gesellschaft. Der Ursprung des Gedankens der Nachhaltigkeit kommt aus dem Bereich der Forstwirtschaft und lässt sich bis ins 18. Jahrhundert auf Hans Carl von Carlowitz als den Schöpfer des Begriffs zurückverfolgen.15
2.4. Nachhaltigkeitszertifikate Eine zentrale Rolle bei der Einhaltung der Aspekte der Nachhaltigkeit kommt den unterschiedlichen Nachhaltigkeitszertifikaten zu. Denn nur eine Immobilie, welche mit einem Zertifikat bzw Gütesiegel ausgezeichnet ist, wird auch als eine nachhaltige Immobilie nach außen hin sichtbar wahrgenommen. Im internationalen Vergleich gibt es eine Vielzahl von Zertifikaten bzw Gütesiegeln, welche auf die Bedürfnisse der jeweiligen Länder abgestimmt wurden. Beispielhaft einige der wichtigsten Nachhaltigkeitszertifikate:16 ●● Österreich: ÖGNI/DGNB, ÖGNB; ●● Deutschland: DGNB; ●● Großbritannien: BREEAM; ●● USA: LEED; ●● Australien: Green Star; ●● Japan: CASBEE; ●● Schweiz: Minergie; ●● Frankreich: HQE. Für die nachfolgende Untersuchung wird das Zertifizierungssystem der ÖGNI/DGNB herange12 Vgl Deutsche Hypobank AG, Deutsche Hypo Markt Analyse, 4. 13 Vgl Ebert/Eßig/Hauser, Zertifizierungssysteme für Gebäude (2010) 20. 14 Siehe http://bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/02_ _ U N - D e k a d e _ 2 0 B N E / 0 1 _ _ Wa s _ 2 0 i s t _ 2 0 B N E / Was_20ist_20Nachhaltigkeit_3F.html (12. 5. 2013). 15 Vgl Ebert/Eßig/Hauser, Zertifizierungssysteme, 20. 16 Vgl Fröch, Probabilistische Bewertung und systematische Optimierung von Projektentwicklungen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien (2013) 90.
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zogen, da dieses eine sehr systematische, auf den österreichischen Markt abgestimmte, transparente und sehr durchgängige Zertifizierungsmethode im Immobilienbereich darstellt.
2.5. ÖGNI-/DGNB-Steckbriefe Grundsätzlich wird das System der ÖGNI/DGNB in sechs sogenannte Hauptkriterien eingeteilt. Diese setzen sich wiederum aus Kriteriengruppen zusammen, welche sich ihrerseits aus den einzelnen Kriterien, beschrieben in sogenannten Steckbriefen, zusammensetzen. In Abbildung 2 werden alle in der ÖGNI/DGNB verwendeten Hauptkriteriengruppen grafisch dargestellt.17
Abbildung 2: Systemkomponenten der ÖGNIZertifizierung18
Dabei muss angemerkt werden, dass die Standortqualität für eine endgültige Bewertung bzw Zertifizierung eines Gebäudes nach ÖGNI-/ DGNB-System zum derzeitigen Zeitpunkt nicht miteinbezogen wird.19 Kleinste Einheit eines Zertifizierungsprozesses bilden die Überprüfungen hinsichtlich der einzelnen Steckbriefe, welche die Erläuterung zur jeweiligen Bewertung mittels Punktevergabe in den einzelnen Kriterien beinhalten. Die Anzahl der Steckbriefe unterscheidet sich abhängig von der Gebäudefunktion. Für die durchgeführte Untersuchung wurden die Steckbriefe für die Funktion „Neubau Büro und Verwaltung“ mit 49 Einzelkriterien herangezogen.
2.6. Einfluss der Nachhaltigkeit auf die Projektentwicklung In der Immobilienwirtschaft entwickelt sich Nachhaltigkeit mit den damit verbundenen Zertifikaten zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor. So wurde zB in der oben zitierten Umfrage von Jones Lang LaSalle vom März 2011 erhoben, dass rund 75 % der befragten verantwortlichen Führungskräfte des corporate real estate bereit wären, für nachhaltige Gebäude höhere Mietpreise in Kauf zu nehmen.20 Von einer nachhaltigen Immobilienentwicklung kann dann gesprochen werden, wenn die folgenden Prämissen Berücksichtigung finden bzw erfüllt sind: ●● wirtschaftlich effizient, ●● umweltfreundlich, ●● ressourcensparend sowie 17 Vgl Fröch, Probabilistische Bewertung, 96 f. 18 Fröch, Probabilistische Bewertung, 97. 19 Anders bei der sogenannten Quartierzertifizierung nach DGNB, bei welcher dem Standort die wesentlichste Bedeutung zukommt. 20 Vgl Fröch, Probabilistische Bewertung, 3.
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Die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Projektentwicklungsprozess
optimale Integration in das soziokulturelle Umfeld.21 Damit sollte sichergestellt sein, dass nachhaltig entwickelte Gebäude einen langfristig, über den Lebenszyklus gesehen höheren Wert für Kommunen, Investoren, Eigentümer und Nutzer aufweisen.22 In Abbildung 3 werden die wesentlichen Vorteile einer nachhaltigen Entwicklung, welche den drei Grundsäulen der Nachhaltigkeit zugeordnet werden, dargestellt. Aufgrund der Wechselwirkung der Themengebiete zueinander dürfen diese nicht isoliert betrachtet und bearbeitet, sondern müssen in einem ganzheitlichen, integralen Ansatz zur optimalen Konzipierung einer Immobilie zusammengefasst werden.23 Dennoch wird die Wirtschaftlichkeit aus Investorensicht bei jeder Projektentwicklung im Zentrum stehen, wobei im Regelfall die Wirtschaftlichkeit durch eine nachhaltige Konzeption gesteigert bzw forciert wird.24
Fachartikel
●●
3. Adaptierte Projektentwicklungs phasen/-prozesse Nachfolgend werden die Schritte für die Adaptierung bzw sogar Neufassung der Projektentwicklungsprozesse erläutert.
3.1. Analyse der bestehenden Projekt entwicklungsprozesse Die aktuelle Analyse der Projektentwicklungsprozesse hat ergeben, dass diese die Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien in den einzelnen Phasen nicht bzw nur oberflächlich berücksichtigen und es aus diesem Grunde sehr leicht zu Fehlentwicklungen im Sinne der nachhaltigen Immobilienprojektentwicklung kommen kann. Gemäß Punkt 2.2. ist es notwendig, ausgehend vom Projektentwicklungsprozess nach BoneWinkel, einen neuen idealtypischen Projektentwicklungsprozess zu formulieren, welcher die aus Sicht der Autoren notwendigen Kriterien zum Erreichen einer Nachhaltigkeitszertifizierung berücksichtigt.
Ökonomische Dimension Wertstabilität Höhere Mieten / Kaufpreis Minimierung Leerstand Imagezuwachs
Erhöhung Wohlbefinden und Produktivität
Energieverbrauchsminimierung Geringere Lebenszykluskosten
Soziokulturelle Dimension
Ökologische Dimension Fokus auf erneuerbare Energien Minimierung Einsatz nicht erneuerbarer Ressourcen Abfallreduktion
Energieverbrauchsminimierung
Verbesserung der akustischen und klimatischen Bedingungen
Schadstoffemissionsreduktion
Integration in die lokalen Bedingungen
Nutzung regionaler Baustoffe
Ästhetik
Schaffung geschlossener Kreisläufe
Abbildung 3: Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit25
Ein aus den vorigen Überlegungen resultierender, erforderlicher neuer Prozess des begleitenden Nachhaltigkeitsmanagements (accompanying process of sustainability management) über alle Projektentwicklungsphasen im mittleren Sinne wird in Abbildung 4 dargestellt. Wesentlich dabei ist, dass es im Verlauf der einzelnen Phasen zu einer Verdichtung von „Informationen“ kommt, welche im Sinne der Aspekte der Nachhaltigkeit für eine Zertifizierung mehrmalig analysiert bzw evaluiert werden müssen.
3.2. Analyse der ÖGNI-/DGNB-Steckbriefe Die Prüfung der ÖGNI-/DGNB-Steckbriefe hat gezeigt, dass die frühzeitige Festlegung von Zielkennwerten (zB in den ökologischen und ökonomischen Hauptkriteriengruppen) bzw die Fixierung von Qualitätsvorgaben (zB Prozessqualität) für das effiziente Erreichen der angestrebten ÖGNI-/ DGNB-Gütesiegel notwendig sind.2526
Abbildung 4: Begleitendes Nachhaltigkeitsmanagement in den Phasen der Projektentwicklung26 21 Vgl Deutsche Hypobank AG, Deutsche Hypo Markt Analyse, 16. 22 Siehe Fußnote 21. 23 Vgl Hogge, Sensitivitätsanalyse, 22. 24 Vgl Fröch, Probabilistische Bewertung, 81.
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25 Deutsche Hypobank AG, Deutsche Hypo Markt Analyse, 17. 26 Vgl Fröch, Probabilistische Bewertung, 106.
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Die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Projektentwicklungsprozess
1. Projektinitiierung / -strategie
Kriteriengruppen
1 2 3 4 Wirkungen auf die 5 globale und lokale Umwelt 6 Ökologische Qualität 8 9 10 11 Ressourceninanspruchnahme und Abfallaufkommen 14 15 Lebenszykluskosten 16 Ökonomische Qualität Wertentwicklung 17 18 19 20 Gesundheit, 21 Behaglichkeit und 22 Nutzerzufriedenheit 23 24 Soziokulturelle und 25 funktionale Qualität 26 27 28 Funktionalität 29 30 31 Gebäudetechnische Qualität 32 33 34 Qualität der technischen Technische Qualität 35 Ausführung 40 42 43 44 45 46 Qualität der Planung Prozessqualität 47 48 49 50 Qualität der Bauausführung 51
4. Projektrealisierung -management
Zertifikat ÖGNI
Bauausführung
Vorzertifikat ÖGNI
Technisches u. kaufmännisches Projektmanagement (Termine, Kosen, Qualität)
Vetragsabschluss / Projektpartnererklärung
Investitionsentscheid
Zielüberprüfung incl. Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsanalyse
Voranalyse Steckbriefe
Risikoanalyse
Analyse des Nutzungskonzeptes
Standortanalyse
Stakeholderanalyse
Marktanalyse
Einfache Projektentwicklungsrechnung (Front-/ Backdoor-Approach)
Machbarkeitsstudie
Zielvorgaben bez. Kosten und Umsetzungszeit
Standort sucht Kapital und Projektidee Projekt sucht Standort und Kapital Kapital sucht Standort und Projektidee
Idee Hauptkriteriengruppen
Beschreibung der Grundzüge des Projektes (Nutzung, Fläche, etc.)
Idee / Bedarfsformulierung
Projektentwicklungsprozess im mittleren Sinne
3. Projektkonkretisierung
2. Projektkonzeption
Wettbewerbsaanalyse
Fachartikel
Steckbriefe ÖGNI: Neubau Büro und Verwaltung Treibhauspotential Ozonschichtabbaupotential Ozonbildungspotential Versauerungspotential Überdüngungspotential Risiken für die lokale Umwelt Sonstige Wirkungen auf die globale Umwelt Mikroklima Nicht erneuerbarer Primärenergiebedarf Gesamtprimärenergiebedarf und Anteil erneuerbarer Primärenergie Trinkwasserbedarf und Abwasseraufkommen Flächeninanspruchnahme Gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus Drittverwertungsfähigkeit Thermischer Komfort im Winter Thermischer Komfort im Sommer Innenraumhygiene Akustischer Komfort Visueller Komfort Einflussnahme des Nutzers Dachgestaltung Sicherheit und Störfallrisiken Barrierefreiheit Flächeneffizienz Umnutzungsfähigkeit Zugänglichkeit Fahrradkomfort Sicherung der gestalterischen und städtebaulichen Qualität im Wettbewerb Kunst am Bau Brandschutz Schallschutz Energetische und feuchteschutztechnische Qualität der Gebäudehülle Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit des Baukörpers Rückbaubarkeit, Recyclingfreundlichkeit, Demontagefreundlichkeit Qualität der Projektvorbereitung Integrale Planung Optimierung und Komplexität der Herangehensweise in der Planung Nachweis der Nachhaltigkeitsaspekte in Ausschreibung und Vergabe Schaffung von Voraussetzung für eine optimale Nutzung und Bewirtschaftung Baustelle, Bauprozess Qualität der ausführenden Unternehmen, Präqualifikation Qualitätssicherung der Bauausführung Systematische Inbetriebnahme Legende: Vorgaben Zwischenevaluierung Evaluierung / Zertifika
Abbildung 5: Abhängigkeitsmatrix ÖGNI-/DGNB-Steckbriefe/Projektentwicklungsprozess
3.3. Generierung einer Prozessmatrix mit Schwerpunktlegung auf die Projektentwicklungsphasen aus den ÖGNI-/ DGNB-Steckbriefanforderungen Die von den Autoren erarbeitete Matrix zeigt die einzelnen Abhängigkeiten bzw Zusammenhänge der Steckbriefe zu den jeweiligen Prozessbausteinen (siehe Abbildung 5). Dabei wird veranschaulicht, in welchen Prozessschritten die einzelnen Steckbriefe für die Entwicklung eines Büro- und Verwaltungsgebäudes relevant sind. Auch die durch die Vorgaben von Zielkennwerten bzw Qualitätsvorgaben entstehende Verdichtung von Informationen und Daten im Verlauf der Projektentwicklung ist erkennbar. Dabei werden die vorgegebenen Informationen in den einzelnen Phasen mehrmals evaluiert. Durch die frühzeitige Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien in der Konzeptionsphase können verbesserte, zielgerichtete Immobilienprojektentwicklungen sichergestellt sowie Kundenbedürfnisse im Bereich der Termine, der Kosten und der öffentlichen Wahrnehmung beeinflusst werden.
3.4. Implementierung der Ergebnisse in einen Immobilienprojektentwicklungsprozess Abbildung 6 zeigt einen – ausgehend von der in Punkt 3.3. erarbeiteten Matrix – adaptierten und
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ergänzten Immobilienprojektentwicklungsprozess auf Basis des Phasenmodells von Schulte/BoneWinkel. Wesentlich dabei ist, dass bereits zum Zeitpunkt der Bedarfsformulierung bzw in der Phase der Projektinitiierung/-strategie erste Vorgaben hinsichtlich des angestrebten ÖGNI-/DGNB-Güte siegels gemacht und die darauf abgestimmten Zielkennwerte sowie die Qualitätsvorgaben festgelegt werden. In der Phase der Projektkonzeption muss im Anschluss an die Machbarkeitsstudie eine erste Zwischenevaluierung der Zielvorgaben hinsichtlich der Nachhaltigkeit durchgeführt werden, um eventuelle Abweichungen rechtzeitig zu erkennen und geeignete Steuerungsmaßnahmen einleiten zu können. Anschließend wird in der Phase „Projekt realisierung/-management“ das Projekt zum ÖGNI-/ DGNB-Vorzertifikat eingereicht, welches die Grundlage für die nachhaltige Projektrealisierung und abschließende ÖGNI-/DGNB-Zertifizierung mit dem gewünschten ÖGNI-/DGNB-Gütesiegel darstellt. Zu beachten ist dabei, dass sowohl die Vorbereitung der Vorzertifizierung als auch die Aufbereitung der Dokumentation zur Zertifizierung selbst begleitend zum Planungs- und Bauprozess verlaufen, sodass diese Vorgänge als Unterstützung des Planungs- und Abwicklungsteams und nicht als zusätzliche Belastung zu sehen sind. Jänner 2014
Abbildung 6: Adaptierter Projektentwicklungsprozess27
4. Ausblick – Forschung27 Der Einfluss von Nachhaltigkeitszertifizierungen auf die Immobilienprojektentwicklungsprozesse ist aus Sicht der Autoren unbestritten. Um die Voraussetzungen für eine optimale Abwicklung des formulierten Projektentwicklungsprozesses zu gewährleisten, sollen durch weitere wissenschaftliche Arbeiten der Verfasser die Auswirkungen 27 Vgl Schulte/Bone-Winkel, Immobilien-Projektentwicklung3, 36.
Jänner 2014
des von den Autoren vorgeschlagenen, adaptierten Prozesses auf die Aufbau- bzw Ablauforganisation von Immobilienunternehmen anhand empirischer Methoden untersucht werden. Die Ausformulierung eines Leistungsbildes für ein begleitendes Nachhaltigkeitsmanagement, wie auf Seite 21 in Abbildung 4 dargestellt, sollte schnellstmöglich erfolgen und mit möglichen Projektpartnern sowie der öffentlichen Hand auf breiter Basis diskutiert werden.
Fachartikel
Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten
Die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Projektentwicklungsprozess
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Service
Fazit Die Untersuchungen zur Implementierung der ÖGNI-/DGNB-Steckbriefe/-kriterien in den Immobilienprojektentwicklungsprozess haben verdeutlicht, dass eine frühzeitige Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsanforderungen leicht möglich und in weiterer Folge im Sinne einer kontinuierlichen Projektentwicklung zur funktionalen und wirtschaftlichen Ziel erreichung notwendig ist. Wesentlich ist dabei ein von den Autoren neu definierter Prozess des begleitenden Nachhaltigkeitsmanagements (accompanying process of sustainability management), der in der Umsetzung auch entsprechende organisatorische Unterstützung benötigt.
Im Detail wurde eine Abhängigkeits matrix zum Aufzeigen der Zusammenhänge zwischen ÖGNI-/DGNB-Steckbriefen und dem eigentlichen Projektentwicklungsprozess entwickelt. Der vorliegende Ansatz leistet einen Beitrag zur Implementierung einer ganzheitlichen Herangehensweise in der Projektentwicklung, damit das Gebot der Nachhaltigkeit einer Immobilie nicht nur auf die (Realisierungs-) Planung, die Errichtung und den Betrieb beschränkt bleibt, sondern bereits in den Entwicklungsprozess entsprechenden Eingang findet. Denn nur dort können die wesentlichen Weichenstellungen in Richtung sustainability gezielt erfolgen.
Veranstaltungskalender zeba 2014
Bauten gemäß dem Eisenbahngesetz
Datum/Ort: 31. 1. – 2. 2. 2014, Innsbruck. Thema: Messe für Planen, Bauen, Sanieren und Finanzieren. Fachtagung 30. – 31. 1. 2014. Informationen: http://www.zeba.eu
Datum/Ort: 27. 2. 2014, Wien.
Bauen+Wohnen Salzburg 2014 Datum/Ort: 6.–9. 2. 2014, Salzburg. Thema: Internationale Messe für Bauen, Wohnen und Energiesparen. Informationen: http://www.bauen-wohnen.co.at
bautec 2014 Datum/Ort: 18.–21. 2. 2014, Berlin. Thema: Internationale Fachmesse für Bauen und Gebäudetechnik. Die rund 800 Aussteller der Baustoff- und Bausystembranche sowie der Energie-, Heizungs- und Klimatechnik präsentieren den Besuchern ihre Produkte und Dienstleistungen. Auf der Messe geht es jedoch nicht nur um die Präsentation von Baustoffen und Bauteilen, sondern um den gesamten Bauprozess. Die bautec Berlin, die zusammen mit der Build IT Berlin stattfindet, bringt Hersteller, Baugewerbe und Handwerk, Planer, Projektentwickler und Bauherren miteinander ins Gespräch – und das direkt am praktischen Beispiel. Informationen: http://www.bautec.com
VIATEC 2014 Datum/Ort: 19.–21. 2. 2014, Innsbruck. Thema: Internationale Fachmesse für Verkehrsinfrastruktur: Bau, Betrieb, Erhaltung und Transportlogistik in alpinen Bereichen. Informationen: http://www.viatec.org
BrennerCongress 2014 Datum/Ort: 20.–21. 2. 2014, Innsbruck. Themen: Parallel zur Fachmesse VIATEC in Innsbruck findet vom 20. bis 21. 2. 2014 der 7. BrennerCongress statt. Der BrennerCongress 2014 behandelt nicht nur den Stand der Bauarbeiten und der Planung des Brenner Basistunnels und dessen Zulaufstrecken in Deutschland, Österreich und Italien, sondern auch aktuelle technische und Projektentwicklungsthemen im Infrastrukturbau. Informationen: http://www.brennercongress.com
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Thema: Aufgrund des österreichischen „Kompetenzwirrwarrs“ gilt für Bauten der Eisenbahn nicht die jeweilige Landesbauordnung, sondern es gelten die Bauvorschriften des Eisenbahngesetzes (EisbG). Interessant ist dieses Thema auch für private Anschlussbahnen (Industrie-Gleisanschlüsse) und die nun privatisierten (oder an die Bundesländer verkauften) Nebenbahnlinien. Die permanente Kontroverse um die Reichweite des EisbG (siehe zB „Bahnhof Hohenems“) ist ein Hinweis für die Aktualität dieser komplexen Materie, in welche Ihnen dieses Seminar – inklusive U-Bahnbau und Haftungsfragen für Gutachter – Einblick gewährt. Vortragende: Ing. DDr. Hermann Wenusch, Dipl.-Ing. Margit Bammer. Informationen: http://www.lindeverlag.at
Die optimale (Bau-)Projektorganisation Datum/Ort: 12. 3. 2014, Wien. Thema: Durch das Aufzeigen verschiedener Möglichkeiten der Projektorganisation soll Auftraggebern in diesem Seminar ein Werkzeug mitgegeben werden, für ihre spezifische Situation und für das jeweilige Projekt die optimale Projektorganisation zu wählen. Durch die genaue Definition und Abgrenzung der einzelnen Konsulentenfunktionen können oftmals vorhandene Überschneidungen und damit verbundene Mehrkosten vermieden werden. Vortragender: Dipl.-Ing. Dr. techn. Walter Reckerzügl. Informationen: http://www.lindeverlag.at
12. Grazer Bauwirtschaftssymposium Datum/Ort: 11. 4. 2014, Technische Universität Graz. Thema: Risiken im Bauvertrag. Vortragende: Hofstadler, Lechner, Ventzke, Benque, Rockenschaub, Weinhandl, Kummer, Heck, Werkl, Wanninger, Lulei, Fabich, Wiggert, Kurbos, Nitsche. Informationen: http://www.bbw.tugraz.at/symposium Jänner 2014
Facility-Management vs. Corporate Social Responsibility
Fachartikel
Facility-Management vs. Corporate Social Responsibility Alexander Redlein / Michael Zobl Das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) und Sustainability wird weltweit in wirtschaftlichem und politischem Umfeld zu einem wichtigen Thema gemacht. Facility-Management (FM) als wichtige Managementstrategie beeinflusst die Fähigkeit einer Organisation, vorausschauend zu handeln und die Anforderungen und Ziele im Bereich CSR besser zu erfüllen.
1. Corporate Social Responsibility CSR und Sustainability (Nachhaltigkeit) ist längst kein unbedeutendes Randthema mehr, sondern hat in den letzten Jahren weltweit in wirtschaftlichem, politischem und ökonomischem Umfeld stark an Bedeutung gewonnen. Für CSR gibt es auf Basis internationaler Richtlinien (wie zB die OECDLeitsätze, das sogenannte Grünbuch der Europäischen Kommission, die ISO 26000) eine Vielzahl von Definitionen und Vorgaben zur freiwilligen Einführung und Umsetzung auf Unternehmensebene. Die Bundesinitiative „Unternehmen: Partner der Jugend“ hat versucht, eine gültige bzw gängige Zusammenfassung zu finden. Sie übersetzt CSR mit „verantwortlicher Unternehmensführung und bezeichnen damit die soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung von Unternehmen in allen Bereichen der Unternehmenstätigkeit: von der eigentlichen Wertschöpfung bis hin zu den Austauschbeziehungen mit Mitarbeitern, Zulieferern, Kunden und dem Gemeinwesen. Verantwortliche Unternehmensführung kann in vier Handlungsfelder konkretisiert werden: am Arbeitsplatz, im Markt, im Gemeinwesen und gegenüber der Umwelt“.1 Die Europäische Kommission deklariert CSR in ihrem Grünbuch als „Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“.2 Damit lässt sich CSR in drei hauptsäch liche Handlungsfelder nach dem sogenannten Triple-bottom-line-Ansatz unterteilen und in den Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales darstellen. Die Inhalte von CSR sind dabei nicht neu. Schon seit Anbeginn der Industrialisierung hat dieses Thema unbewusst bei vielen Unternehmen Tradition, wurde allerdings als solches nicht beachtet und findet sich dementsprechend auch nicht in den Unternehmensstrategien wieder. Mittlerweile haben die Unternehmen bzw deren Verantwortliche die Notwendigkeit von CSR und Nachhaltigkeit zwar erkannt, zeigen aber oft noch nicht die erforderliche Bereitschaft, sich diesem Thema zuzuwenden, und setzen demnach 1
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Blanke/Dresewski, Verantwortliche Unternehmensführung: Eine Navigationshilfe für mittelständische Unternehmen, Arbeitspapier der Bundesinitiative „Unternehmen: Partner der Jugend“ (UPJ) e.V. im Rahmen der Kampagne „Verantwortliche Unternehmensführung im Mittelstand“ (2007). KOM (2011) 681 endgültig, online abrufbar unter http://eur-lex. europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0681:FI N:DE:PDF.
Jänner 2014
nur langsam strategische Impulse zur Umsetzung von CSR-Strategien und -Maßnahmen und dem Reporting. Multinationale Unternehmen sind aktuell allerdings mehr denn je, aufgrund der einerseits seit November 2011 neu herausgegebenen CSR-Richtlinie der EU-Kommission und andererseits der neu verfassten OECD-Leitsätze zur Einführung und Umsetzung von CSR-Aktivitäten, damit konfrontiert, CSR in deren Unternehmensleitbildern und Unternehmensstrategien einfließen zu lassen. Obwohl diese Richtlinien nicht zwingend vorgegeben sind und die standardisierte CSR- und Sustainability-Einführung weiterhin im Verantwortungsbereich der Unternehmen liegt, besteht von Seiten der Stakeholder ein Druck zur freiwilligen Umsetzung von CSR, um als ökologisch und wirtschaftliches Unternehmen mit sozialer Verantwortung nachhaltig und langfristig bestehen zu können. War früher eine gute finanzielle Performance ausreichend für einen steigenden Aktienkurs, sind nun auch die Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit und Umweltschutz von wesentlicher Bedeutung. Daher besteht auch in den Unternehmensleitungen eine höhere Sensibilität in Bezug auf CSR und die Verwirklichung von Nachhaltigkeitsaspekten. Vor allem bei börsennotierten Unternehmen geht es nicht mehr allein um betriebswirtschaftliche bzw finanzielle Erfolge und wie diese Ergebnisse erreicht werden, sondern auch darum, im sozialen und ökologischen Bereich nachhaltig verantwortlich zu handeln. Die Unternehmen gehen dabei vermehrt dazu über, ihre strategischen Ziele im Rahmen von CSR Reports parallel oder im Rahmen der finanziellen Quartals- und Jahresberichterstattung zu publizieren. Diese Reports beinhalten die strategischen Ziele einer Organisation in Hinblick auf Nachhaltigkeit. Ebenso werden die operative Umsetzung und die Ergebnisse der Maßnahmen darin dargestellt. Diese Sensibilisierung und das Interesse an CSR und Sustainability stützt sich auf bereits bestehende FM-Aktivitäten, CSR und Sustainability nehmen dabei verstärkt Einfluss auf Unternehmensprozesse sowie deren Wertschöpfungsketten und werden zum Kernthema in Gebäude- und Immobilienaktivitäten der Unternehmen.3
ao. Univ.-Prof. Dr. Alexander Redlein ist Leiter des IFM – Institute for Real Estate and Facility Management an der Technischen Universität Wien.
MMag. Michael Zobl ist Universitätsassistent am IFM – Institute for Real Estate and Facility Management an der Technischen Universität Wien.
2. Was ist Facility-Management? FM ist keine neue bzw unbekannte Disziplin, wird aber oft noch immer als solche angesehen. FM hat 3
Fuke, Corporate Social Responsibility & Sustainability und Facility Management (2012).
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Fachartikel
Facility-Management vs. Corporate Social Responsibility
als Kern einen ganzheitlichen Ansatz zur Verbesserung der Produktivität des Kerngeschäfts jeglicher Organisation4 und soll entsprechend dem CSRDrei-Säulen-Modell sozial, ökologisch und ökonomisch zufriedenstellend agieren. FM definiert den Bedarf, „sourced“ die Erbringung (Make-or-buyEntscheidung) und kontrolliert die Ausführung. Folgende Services werden unter anderem gemanagt: Arbeitsschutz und Gesundheit, Sicherheit, Reinigungsmanagement, Flächenmanagement und Fuhrparkmanagement. Die Europäische Norm EN 15221-1 definiert FM wie folgt: „Im Allgemeinen nutzen alle Organisationen, öffentliche wie private, Gebäude, Betriebsvermögen und Dienstleistungen (Facility Services), um ihre Hauptaktivitäten zu unterstützen. Durch die Koordination dieser Vermögenswerte und Dienstleistungen, durch die Anwendung von Managementfähigkeiten und den Umgang mit einer Vielzahl von Veränderungen im Organisationsumfeld beeinflusst FM die Fähigkeit einer Organisation, vorausschauend zu handeln und ihre Anforderungen zu erfüllen. Weiter sollen die Kosten und die Leistung der Vermögenswerte und Dienstleistungen optimiert werden.“5 Durch den effizienten Einsatz von FM kommt es zum einen zu Kosteneinsparungen und Produktivitätssteigerungen in der Organisation. Zum anderen gibt es auch nicht-monetäre Auswirkungen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit und CSR.
3. Facility-Management im Zusammenhang mit Corporate Social Responsibility Wie oben dargestellt, gehen die Unternehmen vermehrt dazu über, ihre strategischen Ziele in Hinblick auf Nachhaltigkeit im Rahmen von CSR-Reports zu veröffentlichen. So haben sich im deutschsprachigen Raum (Österreich, Deutschland, Schweiz) die Unternehmen, die CSR-Reports veröffentlichen, in den letzten Jahren verdoppelt. Vergleicht man die Ziele und Aktivitäten der CSR-Reports mit dem Leistungsspektrum für FM auf Grundlage der GEFMA 100-2, zeigt sich ein interessantes Bild: Über 95 % der Aktivitäten in den CSR-Reports entsprechen Aktivitäten des Facility-Managers laut GEFMA 100-2 (siehe Tabelle 1). Dazu zählen vor allem Bereiche wie AT
Verteilung
CH
CO2-Reduktion, Umwelt, Energieeffizienz, Wasser, Abfall/Müll und Reinigung. Aber nur in etwa 12 % der CSR-Reports wird FM erwähnt. Auch in Österreich gibt es entsprechend der IFM-Studie 2012 nur bei zirka 13 % der Unternehmen im CSR-Jahresbericht Vermerke oder Querverweise auf das FM. Die Unternehmen sind sich also in ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten über die Bedeutung von Aufgabenbereichen des FM im Klaren, verbinden diese aber nicht mit FM. Eine detailliertere Analyse macht dies deutlich. Die Themen CO2 und Energieeffizienz sind Ziele von über 90 % der analysierten Unternehmen. Das sind Kernaufgaben des FM laut EN 15221-4 oder GEFMA 100. Auch eine Reduktion des Wasser- und Papierverbrauchs sind wesentliche Ziele sowohl im CSR als auch im Bereich FM. Die Facility-Manager müssen also noch stärker als bisher die Rolle eines Managers übernehmen und die Kommunikation zwischen FM-Abteilung und Vorstand stärker forcieren. FM muss seine Rolle vom Datenlieferanten für CSR-Reports in eine aktive Managementfunktion verändern. Nur die FacilityManager können die Bereiche aktiv steuern, Ziele definieren und ihre Umsetzung garantieren. Damit liefern sie dem Top-Management Möglichkeiten, sich von den anderen Mitbewerbern zu differenzieren.6 Als Betreiber von Gebäuden muss der FacilityManager die Performance der Gebäude sicherstellen. Bei der Innenausstattung der Immobilien ist er gefordert, CO2-neutrale Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Auch hat er immer öfter nachzuweisen, welchen Beitrag seine zahlreichen und unterschiedlichen Services zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsbilanz, der Kernprozesse und Produkte des Unternehmens leisten.7 Durch den Einsatz von FM spricht man teilweise von einer Reduktion zwischen 30 und 50 % im Bereich der immobilienrelevanten Kosten, und im Bereich des Energiemanagements sollen es bis zu 80 % der Energiekosten sein.89Während in den letzten Jahren die Kostenreduktion im FM-Bereich im Vordergrund stand, zeigen Ergebnisse der aktuellen Studie des IFM (Institut für Immobilien- und Facility-Management) der Technischen Universität Wien, dass bei den Zielen/Strategien von FM-Abteilungen im Unternehmen neben Kostentransparenz und
Verteilung
DE
Verteilung
Gesamt
Verteilung
Anzahl Referenz CSRs
30
FM enthalten
6
20,0 %
1
3,3 %
4
13,3 %
11
12,2 %
FM nicht enthalten
24
80,0 %
29
96,7 %
26
86,7 %
79
87,8 %
FM-Aktivitäten (gemäß GEFMA 100-2)
29
96,7 %
29
96,7 %
29
96,7 %
87
96,7 %
30
30
90
Tabelle 1: Gesamtüberblick FM in den Referenz-CSRs9
4 5
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Hellerforth, Handbuch Facility Management für Immobilien unternehmen3 (2006). ÖNORM EN 15221-1, Facility Management Teil 1: Begriffe (2007).
6 7 8 9
Fuke, Corporate Social Responsibility. Kummer/May/Pelzeter, Nachhaltiges Facility Management (2013). Hellerforth, Handbuch3. Fuke, Corporate Social Responsibility.
Jänner 2014
Kostenreduktion die Bereiche Nachhaltigkeit, Qualitätssicherung und Umweltschutz immer mehr an Bedeutung gewinnen. Es besteht somit eine höhere Sensibilität in Bezug auf CSR und Nachhaltigkeit. FM kann durch Methoden und Maßnahmen wie Reduktion von Treibhausgas-Emissionen, Abfallwirtschaft, schonende Ressourcennutzung etc direkt Einfluss auf CSR nehmen und trägt zur sozialen Verantwortung bei, gleichzeitig erzielt FM hohe Nachhaltigkeitseffekte.
Fazit und Ausblick Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass FM und CSR in direktem Zusammenhang bzw in Wechselwirkung zueinander stehen. Von hoher Bedeutung sind etwa die Möglichkeiten der Einflussnahme seitens des FM auf die CSR-Strategien und -Maßnahmen des Unternehmens wie beispielsweise durch gebäudeorientierte Energiesparmaßnahmen, Nutzungsoptimierungen, Flächeneinsparungen. Auch die konsequente Umsetzung der mit der CO2-Reduktion in Zusammenhang stehenden gesetzlichen Verordnungen und Richtlinien ist ein wesentlicher Einflussfaktor für die Nachhaltigkeit eines Unternehmens.
Service
Aus Sicht des Facility-Managers sind sowohl die ressourcenschonende Energienutzung, die Reduktion von Verbrauchsgütern (beispielsweise Papier, Wasser) als auch die Effizienz der genutzten Flächen die wesentlichsten und beeinflussbarsten CSR-Stellgrößen. Für Unternehmen, die CSR-Leitbilder und dementsprechende nachhaltige Entwicklungen in ihrer Unternehmensstrategie integriert haben und hierfür FM zum Einsatz bringen, bedeutet dies Zukunftsfähigkeit, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Aufgrund der zunehmenden Ressourcenverknappung und des Klimawandels werden auch zukünftig die Themen CSR und Nachhaltigkeit immer mehr an Wichtigkeit gewinnen. Da die FM-Aktivitäten einen hohen Stellenwert für CSR und Nachhaltigkeit haben, kann davon ausgegangen werden, dass FM zukünftig über dessen Leistungen immer mehr für CSR als strategischer Partner bzw Funktion zur Geltung kommt, wenn die Facility-Manager diese Chance nutzen und aktiv in diesem Bereich agieren. Sonst werden sie nur Erfüllungsgehilfen oder Datenlieferanten sein.
News – Aktuelles aus der Branche Europas Bauwirtschaft erreicht Talsohle – günstiger Ausblick für österreichischen Wohnungsneubau Das europäische Bauvolumen wird laut Prognosen des Bauforschungsnetzwerkes Euroconstruct ab 2014 wieder mäßig zunehmen (+0,9 %). In den Folgejahren wird sich das Wachstum dank der Konjunkturbelebung beschleunigen. Nach dem empfindlichen Einbruch in den Vorjahren geht dieser Zuwachs allerdings von niedrigem Niveau aus. Der Hochbau profitiert in fast allen europäischen Ländern von der Stabilisierung der Gesamtwirtschaft, im Tiefbau wird der Investitionsrückstau der letzten Jahre aufgearbeitet. Die österreichische Bauwirtschaft entwickelt sich überdurchschnittlich, vor allem weil der Wohnungsneubau aktuell wieder deutlich an Dynamik gewinnt. Die Bauwirtschaft verzeichnete in den letzten Jahren in Europa krisenbedingt empfindliche Einbußen. Vor allem der öffentliche Spardruck sowie Verwerfungen infolge der Staatsschuldenkrise und Unsicherheiten über den weiteren Konjunkturverlauf wirkten dämpfend. 2013 sank die Produktion neuerlich (–3 %, 2014 wird jedoch angesichts der Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Aussichten mit einem mäßigen Wachstum von 0,9% gerechnet. 2015 und 2016 wird die Aufwärtstendenz an Dynamik gewinnen, weil das Wirtschaftswachstum stabil bleibt. In allen Sparten – Wohnbau, sonstiger Hochbau und Tiefbau – setzt 2014 eine Trendwende ein, die Expansion geht allerdings von einem sehr niedrigen Niveau aus. Der Wohnbau wird die Turbulenzen der vergangenen Jahre in fast allen Ländern überwinden. Der sonstige Hochbau profitiert ab 2015 und somit etwas verzögert vom Wachstum der Gesamtwirtschaft und vom daraus folgenden erwarteten Anstieg der Unternehmensgewinne. Jänner 2014
Notwendige Infrastrukturmaßnahmen und Investitionen zum Erreichen von energiepolitischen Zielen wirken dem anhaltenden öffentlichen Spardruck entgegen, ab 2014 wird somit auch die Tiefbauproduktion wieder wachsen. In den einzelnen Ländern entwickelt sich die Bauwirtschaft derzeit sehr unterschiedlich: Sie schrumpft weiterhin in jenen Ländern, in denen sich der Immobilienmarkt und die Gesamtwirtschaft besonders ungünstig entwickeln. 2013 verzeichneten nur wenige Länder eine Steigerung der Bauproduktion, insbesondere nordische (zB Norwegen, Dänemark) und mitteleuropäische Länder (zB Deutschland, Österreich, Schweiz). Dank des stabileren Umfeldes sind die Aussichten für die österreichische Bauwirtschaft besser als im europäischen Durchschnitt, sie bleiben aber gedämpft. 2013 wuchs die Bauproduktion um 0,5 %, 2014 und 2015 wird sich die Expansion auf etwas über +1 % beschleunigen. Während sich der sonstige Hochbau nur langsam erholt, entwickelt sich insbesondere der Wohnbau äußerst dynamisch. Nach +2 % 2013 dürfte er aber in den nächsten Jahren mit geringerer Rate ausgeweitet werden. Darauf weist die gute, wenn auch deutlich volatilere Entwicklung der Baubewilligungen hin: 2011 wurden insgesamt 44.300 Wohneinheiten in neuen Wohngebäuden bewilligt (+16 % gegenüber dem Vorjahr), 2012 nur 38.700. 2013 dürfte der Indikator wesentlich stärker angezogen haben als im Juni 2013 prognostiziert, weil die Zahl der Baubewilligungen im ersten Halbjahr 2013 besonders hoch war und sich die Rahmenbedingungen positiv verändert haben. Insgesamt dürften im Jahr 2013 43.400 Einheiten bewilligt worden sein. Knapp zwei Drittel davon entfallen auf den Mehrgeschoßbau. 2014 wird sich die Zahl der Baubewilligungen kaum verändern und etwa bei 43.100 liegen.
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Fachartikel
Verteilung von Projektrenditen
Verteilung von Projektrenditen Risiko neu interpretiert Frank Lulei Risiken von Einzelprojekten lassen sich nicht exakt einschätzen und vorhersagen – sonst wären es keine! Bei einer Vielzahl ähnlicher Projekte hingegen zeigen sich statistische Muster (!), die im Mittel auch Aussagen über Einzelprojekte zulassen – mit überraschenden Folgen für das Verständnis von Risiko im Projektgeschäft.
Dr.-Ing. Frank Lulei leitet den Bereich Contract Management International im Konzernstabsbereich Contract Management eines österreichischen Baukonzerns.
1. Fehler und Risiken im Projektgeschäft
2. Projektrenditen in einem vollkommenen Markt
Im Projektgeschäft sind Abweichungen von einem wie auch immer geplanten Soll stets auf zwei fundamentale, unterschiedliche Mechanismen zu rückzuführen: Fehler und Risiken. Fehler sind Abweichungen von etablierten Standards oder Konventionen, die auf vergangenen Erfahrungen und Forschungen der Branche oder des Unternehmens basieren. Standards repräsentieren somit den gegenwärtigen state of the art. Solche Standards sind zB Gesetze, technische Normen oder auch bewährte unternehmensinterne Prozesse. Fehler sind daher trotz menschlicher Unzulänglichkeit als grundsätzlich vermeidbar oder zumindest verminderbar einzustufen. Fehler bedeuten, dass der erzielbare state of the art noch nicht erreicht ist. Risiken hingegen bezeichnen Ereignisse, welche sich dem direkten Einfluss und exakter Vorhersagbarkeit entziehen und die daher prinzipiell unvermeidbar sind. Entsprechend der Norm ISO 31000 wird Risiko hierbei als neutraler Oberbegriff für die Gesamtheit sowohl von Wagnissen als auch von Chancen verwendet.1 Quelle von Risiko ist stets ein Mangel an Information, der sich in drei Kategorien unterteilen lässt: ●● Ungewissheit über Art, Auftreten und Ausmaß zukünftiger Ereignisse außerhalb des eigenen Einflussbereichs; ●● Komplexität (vernetztes Zusammenwirken zahlreicher Komponenten in nicht genau vorhersehbarer Weise); ●● Opportunismus (unvorhersagbares Handeln der Beteiligten, die jeweils unterschiedliche Interessen verfolgen). Risiken bezeichnen negative wie auch positive Abweichungen vom geplanten Soll, die auf Einzelprojekten nicht exakt einschätzbar oder gar vorhersagbar sind. Bei einer Vielzahl hinreichend ähnlicher Projekte jedoch sind verwertbare statistische Muster zu erwarten. Um die wirtschaftliche Auswirkung von Projekten auch sehr unterschiedlicher Größenordnung miteinander vergleichen zu können, wird die Projektrendite in Prozent als geeignete Variable untersucht. Dabei wird vorausgesetzt, dass die darin eingeschlossenen Anteile von Fehler- und Risikofolgen über alle Größenordnungen von Projekten ähnlich sind.
Als einfachster und stark idealisierter Fall wird zunächst ein sogenannter vollkommener Markt betrachtet, der in Analogie zur Volkswirtschaftslehre wie folgt charakterisiert ist: ●● Vollkommene Transparenz, das heißt, die Marktteilnehmer haben vollständige Information über alle gehandelten Güter, Dienstleistungen, Preise, Projektbedingungen etc. ●● Homogenität (gleiche genormte Qualität) der erbrachten Bauleistungen. ●● Die Teilnehmer handeln maximal rational und reagieren ohne Zeitverzögerung auf Veränderungen des Markts. In einem solchen Markt mit vollständiger Information gibt es definitionsgemäß keinerlei Risiko (vgl Punkt 1.). Es würde sich eine scharf begrenzte Gleichgewichtsrendite μmax einstellen, die sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer akzeptieren (Jevons’ Gesetz). Diese maximale Rendite μmax wird jedoch nicht immer erreicht. Aufgrund von Fehlern, zu denen auch die nicht ausgeschöpften Optimierungspotenziale interner Prozesse zählen, wird die maximale Rendite nur angenähert. Jeder Anbieter (mit all seinen Beteiligten, Lieferanten und Subunternehmern) erwirtschaftet daher lediglich eine um seinen spezifischen Fehleranteil f reduzierte Rendite μ = μmax – f. Dieser Fehleranteil f wird zunächst als normalverteilt angesetzt. Es zeigt sich jedoch, dass seine Streuung so gering ist, dass er in guter Näherung als konstant angenommen werden kann. Die „Wahrscheinlichkeitsverteilung“ p(x) der Projektrenditen x eines bestimmten Anbieters hat dann in einem solchen vollkommenen Markt ohne Risiko lediglich einen einzelnen scharfen Wert: die Rendite μ < μmax (Abbildung 1).
1
28
ÖNORM ISO 31000 „Risikomanagement“ (2010).
3. Projektrenditen unter Risiko Reale Märkte jedoch sind weit von den idealisierten Annahmen eines vollkommenen Markts entfernt. Insbesondere ist Risiko nun ein entscheidender Faktor. Aufgrund einer Bandbreite von Wagnissen und Chancen bildet sich um die Rendite μ herum eine Verteilung der Projektrenditen heraus. Dabei werden folgende Annahmen gemacht: ●● Ein Wagnis ist eine Zufallsvariable x1, die die wahrscheinlichste Rendite μ senkt. ●● Eine Chance ist eine Zufallsvariable x2, die die wahrscheinlichste Rendite μ erhöht. Jänner 2014
Verteilung von Projektrenditen
Wagnisse und Chancen sind voneinander unabhängig. â&#x2014;?â&#x2014;? Wagnisse und Chancen sind jeweils gedächtnislos (siehe unten). Mit den ersten drei Annahmen lässt sich die Projektrendite x als Summe schreiben: â&#x2014;?â&#x2014;?
x = Âľ + x1 + x2 mit x1 < 0 und x2 â&#x2030;Ľ 0
p ( x1 ) =
Nac
hfra
ge
Projektrendite x
ËŠPD[ p(x)
I ËŠ
Projektrendite x
ËŠPD[
Abbildung 1: Verteilung p(x) der Projektrendite in einem vollkommenen Markt
p(x1)
p(x2)
(3)
Diese Verteilung hängt von nur drei Parametern ab. Die wahrscheinlichste Rendite Îź legt die Lage des Gipfels der Verteilung fest. Ď&#x192;1 und Ď&#x192;2 bestimmen, wie rasch die Verteilung zur Wagnis- und zur Chancenseite hin abklingt, also die spezifische Form der Verteilung. Ihre Hauptkennwerte lassen sich plausibel interpretieren: Mittelwert: x = Âľ â&#x2C6;&#x2019; Ď&#x192; 1 + Ď&#x192; 2 = ( Âľmax â&#x2C6;&#x2019; f ) â&#x2C6;&#x2019; Ď&#x192; 1 + Ď&#x192; 2 (4) Standardabweichung: Ď&#x192; = Ď&#x192; 12 + Ď&#x192; 22
(5)
Der Mittelwert x der Projektrenditen ist ein MaĂ&#x; fĂźr die Profitabilität der operativen Einheit. Er kann durch eine Verminderung des Fehleranteils f gesteigert werden (siehe Punkt 2.). AuĂ&#x;erdem durch eine Reduktion der Wagnisse bei gleichzeitiger Steigerung der Chancen, ausgedrĂźckt durch ihre Teilstreuungen Ď&#x192;1 und Ď&#x192;2. Die Standardabweichung Ď&#x192; ist ein MaĂ&#x; fĂźr die Gesamtstreuung der Verteilung. Sie hängt nicht von Îź ab, sondern setzt sich in gleicher Weise nur W. J. Reed, The normal-Laplace distribution and its relatives, in Balakrishnan/Sarabia/Castillo, Advances in Distribution Theory, Order Statistics and Inference (2006) 61.
Jänner 2014
Wagnisse
Chancen x1
0
x2
0
Abbildung 2: Wagnisse und Chancen als Exponentialverteilungen p(x)
 xâ&#x2C6;&#x2019;Âľ  1 â&#x2039;&#x2026; exp   fĂźr x < Âľ und Ď&#x192;1 + Ď&#x192; 2 ďŁ Ď&#x192;1 
 xâ&#x2C6;&#x2019;Âľ  1 p ( x) = â&#x2039;&#x2026; exp  â&#x2C6;&#x2019;  fĂźr x â&#x2030;Ľ Âľ Ď&#x192;1 + Ď&#x192; 2 ďŁ Ď&#x192;2 
2
bot
Ange
x   x  1 1 â&#x2039;&#x2026; exp  1  und p ( x2 ) = â&#x2039;&#x2026; exp  â&#x2C6;&#x2019; 2  (2) Ď&#x192;1 Ď&#x192;2 ďŁ Ď&#x192;1  ďŁ Ď&#x192;2 
Dabei bezeichnen die Parameter Ď&#x192;1 und Ď&#x192;2 die jeweiligen Standardabweichungen der Wagnisse und Chancen als MaĂ&#x; fĂźr deren Streuungen. Die Kombination der Gleichungen (1) und (2) ergibt mit der mathematischen Operation der Faltung schlieĂ&#x;lich die Verteilung p(x) der Projektrenditen. Man erhält eine sogenannte asymmetrische Laplace-Verteilung:2
p ( x) =
Bauvolumen
(1)
In der Statistik ist die Gedächtnislosigkeit einer Zufallsvariablen exakt definiert. Auf ein Projekt bezogen bedeutet es vereinfacht, dass die Wahrscheinlichkeit einer weiteren RenditenerhÜhung durch eine zusätzliche Chance (wie etwa besseres Wetter) nicht davon abhängen darf, wie viele Chancen bereits eingetreten sind (zB gßnstigere Bodenverhältnisse). Gleiches gilt fßr Wagnisse. Mathematisch beweisbar gibt es nur eine einzige stetige Wahrscheinlichkeitsverteilung, die dieser Forderung der Gedächtnislosigkeit genßgt: die Exponentialverteilung. Wagnisse und Chancen als Abweichungen von Ο mßssen daher jeweils exponentialverteilt sein (siehe Abbildung 2). Die Gleichungen fßr die beiden unabhängigen Exponentialverteilungen lauten:
Fachartikel
1 Ë° Ë° 1 2
0
ËŠ
x
Abbildung 3: Asymmetrische Laplace-Verteilung der Projektrenditen
aus den Wagnis- und Chancenanteilen Ď&#x192;1 und Ď&#x192;2 zusammen. Die Standardabweichung Ď&#x192; zeigt, welche Risikobandbreite sich eine operative Einheit leistet. Diese Bandbreite muss groĂ&#x; genug sein, um am Markt teilzunehmen und die bestehenden internen Ressourcen durch eine genĂźgende Anzahl von Projekten auszulasten. Andererseits mĂźssen genĂźgend liquide Mittel vorhanden sein, um auch Durststrecken gehäuft auftretender negativer Renditen lange genug durchzuhalten, dass der zeitliche Ausgleich durch Projekte mit positiven Renditen stattfinden kann. Begrenzte Liquidität limitiert somit die Risikobandbreite. Als Kompromiss ergibt sich fĂźr jede operative Einheit eine fĂźr sie typische Standardabweichung Ď&#x192;.
29
Fachartikel
Verteilung von Projektrenditen
Ist
Mehrere tausend Projekte H&I
Fit
Rendite [%]
Ist
Mehrere tausend Projekte VWB
Fit
Rendite [%] Abbildung 4: Renditeverteilungen der Sparten Hoch- und Ingenieurbau (H&I) und Verkehrswegebau (VWB)
4. Anwendung auf reale Projekte Die asymmetrische Laplace-Verteilung p(x) der Projektrenditen ist mittels nur weniger Grundüberlegungen hergeleitet worden. Sie ist mit lediglich drei Parametern auf ihre typische zeltförmige Gestalt festgelegt. Mit dem umfangreichen Datenmaterial aus den verschiedensten Geschäftsjahren und operativen Bereichen der STRABAG-Gruppe konnte nachgewiesen werden, dass die empirische Häufigkeitsverteilung der Projektrenditen stets sehr genau der asymmetrischen Laplace-Verteilung entspricht. Abbildung 4 zeigt die jeweiligen Renditeverteilungen sämtlicher Projekte aus vier Geschäftsjahren der Sparten „Hoch- und Ingenieurbau“ (H&I) und „Verkehrswegebau“ (VWB) in gesättigten deutschsprachigen Märkten. Kreise bezeichnen die empirischen Häufigkeitswerte der Projektrenditen; die Kurve zeigt die theoretisch abgeleitete Verteilung. Zur Vergleichbarkeit der Verteilungen sind Vertikal- und Horizontalmaßstab in beiden Abbildungen gleich. Aus Datenschutzgründen wurden die Beschriftungen weggelassen.
30
Die empirischen Daten folgen nahezu perfekt der theoretischen Verteilung. Je mehr Projekte beteiligt sind, desto besser ist die Übereinstimmung. Die Risikobandbreite im Verkehrswegebau ist größer als im Hoch- und Ingenieurbau, was die breitere und flachere Verteilung zeigt. Am erstaunlichsten jedoch ist die Symmetrie der Renditeverteilungen: Wagnisse und Chancen sind auf der Gesamtheit der Projekte nahezu exakt ausbalanciert. Es ist zu vermuten, dass sich in gesättigten, freien Märkten langfristig immer symmetrische Renditeverteilungen einstellen. Diese These wird untermauert durch die Veränderung der Renditeverteilung über die Zeit am Beispiel einer operativen Einheit „Verkehrswegebau in Osteuropa“. Abbildung 5 zeigt oben die Anpassung der Renditeverteilung für das Jahr 2009. Obwohl nur relativ wenige Projekte involviert sind, gelingt die Anpassung sehr gut. Mittelwert und Standardabweichung der empirischen Daten stimmen mit denen der theoretisch abgeleiteten Verteilung – Gleichungen (4) und (5) – nahezu exakt überein. Im oberen Bild von Abbildung 5 ist die Veränderung dieser Renditeverteilung von 2009 bis 2011 zu sehen. Der Gipfel μ der Verteilung wandert sukzessive nach links, was auf einen marktbestimmten Rückgang der maximalen Gleichgewichtsrendite μmax zurückzuführen ist, da sich die Konkurrenzsituation insgesamt verschärft (vgl Punkt 2.). Die Möglichkeiten, große Chancen umzusetzen, werden reduziert. Gleichzeitig sind die Teilnehmer gezwungen, höhere Wagnisse einzugehen. Als Resultat wird die Renditeverteilung, die 2009 noch stark chancenlastig war, im Lauf der Zeit zunehmend symmetrischer. Der Mittelwert x der Projektrenditen sinkt entsprechend; siehe Gleichung (4). Diese Entwicklungen stimmen mit der Wahrnehmung der operativ Beteiligten überein. Jedoch erst die Anpassung der empirischen Daten durch das Modell der asymmetrischen LaplaceVerteilung kann diese Zusammenhänge deutlich und der quantitativen Analyse zugänglich machen. Jede mögliche Nische in Vertragsgestaltung, Risikoübernahme, Planung und Ausführung wird in einer Art Evolution zunehmend genutzt, was die Differenzierung und Kompetenz der Branche mit zunehmender Marktsättigung erhöht. Hier wird eine Entsprechung zum Prinzip der maximalen Entropie vermutet, welches in diesem Artikel nur kurz angerissen werden soll. Die Entropie wurde als Begriff aus der Thermodynamik unter anderem von N. Georgescu-Roegen in die Ökonomie übertragen.3 E. T. Jaynes schließlich hat die Maximum-Entropie-Methode for malisiert.4 Auch Wahrscheinlichkeitsverteilungen kann eine Entropie zugewiesen werden. Die Entropie H der asymmetrischen Laplace-Verteilung ergibt sich unter Verwendung von Gleichung (3) zu: 3 4
N. Georgescu-Roegen, The Entropy Law and the Economic Process in Retrospect, Eastern Economic Journal 1/1986. E. T. Jaynes, Where do we stand on maximum entropy? (1978), online abrufbar unter http://bayes.wustl.edu/etj/articles/stand. on.entropy.pdf.
Jänner 2014
Verteilung von Projektrenditen
Fachartikel
+∞
H = − ∫ p ( x ) ⋅ ln p ( x ) dx = 1 + ln (σ 1 + σ 2 )
(6)
−∞
Es kann gezeigt werden, dass bei gegebener Standardabweichung σ nach Gleichung (5) die Entropie H der Renditeverteilung genau dann maximal ist, wenn σ1 und σ2 gleich groß sind, wenn also die Verteilung symmetrisch ist. Zusätzlich zu Jevons’ Gesetz (siehe Punkt 2.) ist für Risiko ein zweiter Gleichgewichtsmechanismus wirksam. Die professionelle, evolutive Ausnutzung aller verfügbaren Möglichkeiten, einhergehend mit einer Maximierung der Entropie, scheint der Grund dafür zu sein, dass in gesättigten, freien Märkten die Renditeverteilung von Projekten langfristig immer symmetrisch wird. Oder umgekehrt: Symmetrische Renditeverteilungen kennzeichnen erfolgreiche Unternehmen in gesättigten, freien Märkten. In solchen Märkten reduziert sich Gleichung (4) auf: x = μmax – f. Zur Steigerung der mittleren Rendite x bleibt einer operativen Einheit dann nur noch die Reduktion des Fehleranteils f durch Optimierung ihrer internen Prozesse.
Ist
Jahr 2009
Fit
Rendite [%]
2009 2010 2011
Zusammenfassung Der Erfolg von Projekten wird bestimmt durch möglichst wenig Fehler als Abweichung vom etablierten state of the art sowie durch den Umgang mit Risiken, das heißt Wagnissen und Chancen. Risiken auf Einzelprojekten können nicht exakt eingeschätzt oder gar vorhergesagt werden. Bei der Betrachtung zahlreicher Projekte hingegen zeigen sich statistische Muster. Die empirische Häufigkeitsverteilung der Projektrenditen ist gewissermaßen der „Fingerabdruck“ einer operativen Einheit. Im risikogeprägten Projektgeschäft ist es daher notwendig, statt nur in einzelnen, hoch aggregierten Kennzahlen zusätzlich in ganzen Verteilungen zu denken. Aus grundlegenden Überlegungen heraus wurde abgeleitet, dass die empirischen Projekt renditen stets einer asymmetrischen Laplace-Verteilung folgen. Diese ist durch lediglich drei Parameter μ, σ1 und σ2 bestimmt, die mit Fehlern, Wagnissen und Chancen zusammenhängen und die die Verteilung eindeutig charakterisieren. Die drei Parameter ermöglichen daher Analyse, Vergleich, Benchmarking und sogar Trendanalysen der Verteilungen. In gesättigten, freien Märkten stellen sich bei erfolgreichen Marktteilnehmern auf lange Frist stets symmetrische Renditeverteilungen ein. Wagnisse und Chancen sind dann exakt ausbalanciert; nicht bei Einzelprojekten, aber in deren Gesamtheit. Es erfordert Kompetenz im Umgang mit Risiko und permanente An-
Jänner 2014
Rendite [%] Abbildung 5: Änderung der Renditeverteilung einer operativen Einheit VWB
strengung, um die Verteilung symmetrisch zu halten und eine Häufung auf der Wagnisseite zu verhindern. Ist erst Symmetrie erreicht, ist eine weitere Steigerung der mittleren Rendite x nur noch durch die Optimierung interner Prozesse möglich, um sich an den maximalen, marktbestimmten Wert μmax anzunähern. Eine erneute asymmetrische Umlagerung der Renditeverteilung würde erst bei einer Störung des Gleichgewichts stattfinden, etwa bei Veränderungen des Markts oder durch umgreifende Innovationen. Wie die abgeleiteten Erkenntnisse nutzbringend in Wettbewerbsstrategien, aber auch in die Gestaltung von Verträgen oder von Anreizmechanismen einfließen können, ist Gegenstand weiterer Überlegungen.
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Rechtsprechung
Aus der aktuellen Rechtsprechung Mag. Wolfgang Hussian
Grenze der Möglichkeit, bei der Ausschreibung von Leitlinien abzuweichen 2014/1 § 99 BVergG 2006; § 879 ABGB OGH 24. 10. 2013, 6 Ob 70/13g 1. Die inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit, von Leitlinien abzuweichen, bilden das Missbrauchsverbot und die Sittenwidrigkeit. 2. Die Abweichungen der Ausschreibungsbedingungen von den Leitlinien bedürfen keiner sachlichen Begründung, Notwendigkeit oder Rechtfertigung. 3. Die Vereinbarung einer längeren Festpreisfrist als in der ÖNORM B 2111 ist nicht grundsätzlich unausgewogen. Die Parteien vereinbarten, dass die Einheitspreise Festpreise bis 12 Monate nach Ende der Angebotsfrist seien und danach eine Valorisierung erfolge. Die Klägerin hält diese Regelung für missbräuchlich beziehungsweise sittenwidrig, weil Motiv hierfür die Schaffung eines erheblichen wirtschaftlichen Vorteils zugunsten des Auftraggebers gewesen sei.
Aus der Begründung: Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, dass die zu beurteilende Frage angesichts der großen Zahl vergleichbarer Fälle im Bauwesen in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht. Bei der zu beurteilenden Frage geht es um die Berechtigung eines ausschreibungspflichtigen Auftraggebers nach § 99 Abs 2 BVergG 2006 zur Abweichung von „geeigneten Leitlinien“ wie etwa ÖNORMEN in den Ausschreibungsbedingungen. 1. Nach § 99 Abs 2 BVergG 2006 kann der Auftraggeber Festlegungen für den Leistungsvertrag treffen. Bestehen für die Vertragsbestimmungen geeignete Leitlinien, wie ÖNORMEN oder standardisierte Leistungsbeschreibungen, so sind diese heranzuziehen. Der Auftraggeber kann in den Ausschreibungsunterlagen in einzelnen Punkten davon abweichende Festlegungen treffen. Die Gründe für die abweichenden Festlegungen sind vom Auftraggeber festzuhalten und den Unternehmern auf Anfrage unverzüglich bekannt zu geben. Der Verfassungsausschuss (1245 BlgNR 22. GP, 9) hat dazu festgehalten, dass „die inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit, von Leitlinien abzuweichen, das Missbrauchsverbot beziehungsweise die Sittenwidrigkeit“ bilden sollen. Dies entspricht auch der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. So hat der Verfassungsgerichtshof (G 174/06, RPA 2007, 173 [Gölles]) entschieden, dass die Heranziehung von geeigneten Leitlinien durch das BVergG 2006 nicht zwingend vorgesehen werde, vielmehr räume das Gesetz dem öffentlichen Auftraggeber einen Spielraum für Abweichungen ein; das Gesetz eröffne dem öffentlichen Auftraggeber eine weite, nur durch das Missbrauchsverbot beschränkte Möglichkeit, die Ausschreibung abweichend von Leitlinien an die Besonderheiten des einzelnen Auftrags anzupassen. Auch der Verwaltungsgerichtshof (Zl 2008/04/0077) hat auf die vom Verfassungsausschuss vorgegebene inhaltliche Grenze hinsichtlich der Möglichkeit des Abweichens von Leitlinien verwiesen; diese bestehe im Missbrauch beziehungsweise in der Sittenwidrigkeit.
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Der Oberste Gerichtshof schließt sich – insbesondere im Hinblick auf den aus der Entstehungsgeschichte des BVergG 2006 (vgl dazu auch Götzl, Die vergaberechtliche Bindung an geeignete Leitlinien – Klarstellungen zu Anwendbarkeit, Umfang und Abweichung, RPA 2010, 123) erkennbaren Willen des historischen Gesetzgebers – dieser Meinung an, die im Übrigen von den Parteien im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen wird. Einer sachlichen Begründung, Notwendigkeit oder Rechtfertigung bedürfen die Abweichungen der Ausschreibungsbedingungen von den Leitlinien daher nicht (Verfassungsausschuss, aaO; VwGH Zl 2008/04/0077; BVA 17F-13/03-11; Hagen/Essletzbichler, ÖNORMEN im Leistungsvertrag [Teil II], ZVB 2006, 229; Götzl, aaO; aA Krejci, Zur „Normenbindung“ gemäß § 97 Abs 2 und § 99 Abs 2 BVergG 2006, ÖZW 2006, 2; Wiesinger/Wohlgemuth, ÖNORMEN im Leistungsvertrag, ZVB 2006, 325; Stempkovski, Vergaberechtsmuster für Gemeinden [2006] 61). 2. Die Klägerin wendet sich in der Revision gegen die Berechnung veränderlicher Preise in den Ausschreibungsunterlagen der Beklagten. 2.1. Nach Punkt 4.1.3 der ÖNORM B 2111 ist eine Festlegung, dass für Leistungen eine gewisse Zeit Festpreise gelten, welche in der Folge zu veränderlichen Preisen werden, unzulässig. Demgegenüber vereinbarten die Parteien aufgrund der Ausschreibungsunterlagen, dass die im Angebot und/oder Auftrag ausgepreisten Einheitspreise Festpreise bis 12 Monate nach Ende der Angebotsfrist seien; danach erfolge eine Valorisierung. Die Klägerin hält diese Regelung für missbräuchlich beziehungsweise sittenwidrig, weil Motiv hierfür „die Schaffung eines erheblichen wirtschaftlichen Vorteils zugunsten des Auftraggebers“ gewesen sei. Eine Aufteilung der Preisrisikotragung in der Weise, dass Änderungen des allgemeinen Preisgefüges bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (zu Lasten des Unternehmers) für die Entgeltbestimmung unbeachtlich seien, Preisänderungen nach diesem Zeitpunkt aber (zu Lasten des Bestellers) bei der Entgeltbestimmung berücksichtigt werden sollen, stellt jedoch ein gedankliches Zwischenmodell zwischen Festpreisvereinbarungen und Preisgleitklauseln dar, das als solches weder im Verdacht schwerwiegender inhaltlicher Unausgewogenheit noch auch bei Aufnahme in Formularerklärungen im Verdacht der Unüblichkeit steht; der Vereinbarung längerer Festpreisfristen ist dabei im Zweifel eine bewusste Risikoaufteilung zu unterstellen (6 Ob 662/86, WBl 1987, 38). Die Auffassung der Vorinstanzen, die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung sei weder eine missbräuchliche noch eine sittenwidrige Abweichung von Leitlinien iSd § 99 Abs 2 BVergG 2006, ist somit durchaus vertretbar. Dass als Basiszahl für die Valorisierung nicht jene bei Angebotsende, sondern erst jene nach Ablauf des Festpreiszeitraums vereinbart wurde, ist logische Folge einer zeitlich begrenzten Festpreisvereinbarung. 2.2. Nach Punkt 4.2.3 der ÖNORM B 2111 sind für die Preisumrechnung als Preisumrechnungsgrundlage hinsichtlich des PreisJänner 2014
anteils Lohn ein „zutreffender Index“ oder „ein aus zwei oder mehreren Preisumrechnungsgrundlagen gebildeter Gesamtindex (Berechnung im Sinn eines Warenkorbes)“ und hinsichtlich des Preisanteils Sonstiges ein „zutreffender Index“ oder „der objektbezogene Warenkorb“ zu wählen. Die Parteien vereinbarten aufgrund der Ausschreibungsunterlagen, dass die zu 2.1. genannte Valorisierung grundsätzlich nach den Regeln der ÖNORM B 2111 mit folgenden Ergänzungen zu erfolgen habe: Als Bezug für die Berechnung wurde der durch die Statistik Austria veröffentlichte amtliche „Baukostenindex Wohnhaus- und Siedlungsbau, Gesamtbaukosten insgesamt“ vereinbart. Die Klägerin hält diese Regelung für missbräuchlich beziehungsweise sittenwidrig, weil konkret anzuwendender Index jener für Stuckateure und Gipser gewesen wäre; es sei ein Krankenhaus, also ein Objektbau, zu errichten gewesen, bei welchem Trockenbauarbeiten eine große Rolle spielten, diese Arbeiten im Wohnungs- und Siedlungsbau jedoch nur von untergeordneter Bedeutung und deshalb in einem allgemeinen Index praktisch nicht abgebildet seien. Es kann jedoch – auch vor dem Hintergrund des § 99 Abs 2 BVergG 2006 – nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs sein (vgl § 502 Abs 1 ZPO), festzulegen, welcher Index für welche Bauleistungen der richtige ist; die Beantwortung dieser Frage richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und übersteigt deshalb an Bedeutung den jeweiligen Rechtsstreit nicht. Da die Klägerin nicht als einziges Unternehmen bei der Errichtung des Krankenhauses tätig war und die Beklagte (offensichtlich) mit allen anderen Unternehmen ebenfalls den allgemeinen „Baukostenindex Wohnhaus- und Siedlungsbau, Gesamtbaukosten insgesamt“ vereinbarte, ist die Auffassung der Vorinstanzen auch in diesem Punkt nicht zu beanstanden. 2.3. Schließlich hält die Klägerin die getroffenen Vereinbarungen aufgrund ihres Zusammenwirkens für missbräuchlich beziehungsweise sittenwidrig; infolge Festpreisphase und sodann (lediglich) allgemeinem Index sei es gegenüber einer sofortigen Anwendung des Index für Stuckateure und Gipser zu einem wirtschaftlichen Nachteil für sie in Höhe des Klagsbetrags gekommen. Bei der Beurteilung von Missbrauch und Sittenwidrigkeit kann allerdings zum einen die Gesamtauftragssumme von rund € 3,4 Mio nicht gänzlich außer Acht gelassen werden; zum anderen verweist die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung nicht zu Unrecht auf die Unternehmereigenschaft der Klägerin, auf deren eigene Verantwortung, welches wirtschaftliche Risiko sie eingehen will, und schließlich darauf, dass es unzulässig erscheint, zunächst eine Preisgleitvereinbarung abzuschließen und dann (also im Nachhinein) deren Gültigkeit zu bestreiten, wenn sich das (beiderseitige) Risiko tatsächlich zum eigenen Nachteil ausgewirkt hat. 3. Da im hier zu beurteilenden Fall weder Missbrauch noch Sittenwidrigkeit gegeben waren, bedarf es aber keiner Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu der im Revisionsverfahren von den Parteien erörterten Frage, ob eine unzulässige Abweichung iSd § 99 BVergG 2006 überhaupt noch im Zivilverfahren geltend gemacht werden kann, wenn sie nicht als Verstoß gegen das Vergaberecht bereits im Vergabeverfahren gerügt wurde. 4. Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Anmerkung: Der OGH hätte sich in dieser Entscheidung erstmals mit der Frage der Normenbindung eines dem BVergG 2006 unterliegenden öffentlichen Auftraggebers befassen können. Es ist nicht recht verständlich, dass der OGH die Revision Jänner 2014
Rechtsprechung
trotz Zulassung durch das Berufungsgericht zurückgewiesen hat. Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, dass die zu beurteilende Frage angesichts der großen Zahl vergleichbarer Fälle im Bauwesen in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe: Bei der zu beurteilenden Frage gehe es um die Berechtigung eines ausschreibungspflichtigen Auftraggebers nach § 99 Abs 2 BVergG 2006 zur Abweichung von „geeigneten Leitlinien“ wie etwa ÖNORMEN in den Ausschreibungsbedingungen. Dem spärlichen Sachverhalt des Zurückweisungsbeschlusses lässt sich entnehmen, dass ein Trockenbauunternehmen eine Vertragsklausel als sittenwidrig ansah, weil nach Punkt 4.1.3 der ÖNORM B 2111 eine Festlegung, dass für Leistungen eine gewisse Zeit Festpreise gelten, welche in der Folge zu veränderlichen Preisen werden, unzulässig sei. Demgegenüber hätten die Parteien vereinbart, dass die Einheitspreise Festpreise bis 12 Monate nach Ende der Angebotsfrist seien; danach erfolge eine Valorisierung. Im Übrigen sei der vereinbarte Preisindex unzutreffend und daher sittenwidrig. Ärgerlich an dieser Entscheidung ist weniger das Ergebnis als der sichtliche Unwille des Senats, sich mit der für das Bauwesen so wichtigen Frage der Normenbindung auseinanderzusetzen. Heinz Krejci hat sich in einem 24-seitigen Aufsatz (Krejci, Zur „Normenbindung“ gemäß § 97 Abs 2 und § 99 Abs 2 BVergG 2006, ÖZW 2006, 2) detailliert mit der Normenbindung auseinandergesetzt; darin wurden unter anderem folgende Fragen behandelt: Wie ist der Gesetzestext zu interpretieren? Welche Bedeutung haben dabei die Erläuterungen? Widersprechen die Erläuterungen dem Gesetz und sind sie damit unwirksam? Wie weit reicht die in den Erläuterungen vorgesehene Begründungspflicht, die ausdrücklich keine „sachliche Rechtfertigung“ für eine Abweichung umfasst? Kann es überhaupt eine Begründungspflicht geben, die ausdrücklich keine sachliche Rechtfertigung umfasst? Wie kann eine von Normen oder standardisierten Leistungsverzeichnissen abweichende Festlegung im Rechtsschutzweg bekämpft werden? Krejci kommt zusammengefasst zum Ergebnis, dass die Gründe für Abweichungen von den „Leitlinien“ einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen. Die sachliche Rechtfertigung der Abweichungen gebiete schon die allgemeine Gesetzeslage, insbesondere § 879 Abs 3 ABGB. Die anderslautenden Erläuterungen des Verfassungsausschusses seien diesbezüglich unbeachtlich. Eine unsachliche Begründung sei in Wahrheit überhaupt keine Begründung. Daher seien Erläuterungen des Verfassungsausschusses, die meinen, eine vom Gesetzgeber geforderte Begründung brauche keine sachliche Rechtfertigung enthalten, in sich widersprüchlich. Die Aufnahme rechtswidriger Abweichungen von „Leitlinien“ in Ausschreibungsbedingungen verstoße daher gegen das BVergG 2006. Diese (hier nur sehr grob zusammengefasste) Rechtsmeinung mit der Wortfolge „a[nderer] A[nsicht] Krejci“ abzuschmettern, ist kein Zeugnis für den unbändigen Willen des OGH, sich mit wesentlichen Fragen an der Schnittstelle Vergaberecht – Zivilrecht befassen zu wollen. Das macht betroffen. Inhaltlich gäbe es viel zu sagen. Im Rahmen dieser Glosse seien aber nur einige Gedankensplitter herausgegriffen: Wenn die vom OGH vertretene Rechtsmeinung richtig ist, die inhaltliche Grenze für Abweichungen von Leitlinien sei das Missbrauchsverbot und die Sittenwidrigkeit, dann ist
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Rechtsprechung
§ 99 Abs 2 BVergG 2006 eine sinnlose Bestimmung, weil sich dieses Ergebnis schon aus § 879 ABGB ergibt. Wenn die weitere vom OGH vertretene Rechtsmeinung richtig ist, dass Abweichungen der Ausschreibungsbedingungen von den Leitlinien keiner sachlichen Begründung, Notwendigkeit oder Rechtfertigung bedürfen, dann fällt dem Verfasser dieser Zeilen das – vor allem älteren Semestern bekannte – Lied Reinhard Meys „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ ein. In diesem Zusammenhang sei nur der Hinweis erlaubt, dass unter den Wolken allgemein anerkannt ist, dass die Privatautonomie den Rechtsunterworfenen zwar die Wohltat der Freiheit gewährt, diese aber nicht zur unfairen Ausbeutung und unzumutbaren Unterdrückung anderer führen darf. Das zeigen schon die zwingenden Regelungen zum Schutz typisch unterlegener Verhandlungspartner, die der Gesetzgeber insbesondere im Arbeitsrecht, im Wohnrecht oder im Verbraucherrecht, aber auch im Versicherungs-, Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht getroffen hat. Nichts anderes bezweckt aber § 99 Abs 2 BVergG 2006. Dass der 6. Senat das Sachlichkeitsgebot negiert, verwundert auch deshalb, weil der OGH wiederholt
festgestellt hat, dass eine Abweichung von der dispositiven Rechtslage dann unzulässig ist, wenn es hierfür keine sachliche Rechtfertigung gibt (RIS-Justiz RS0016914). Wenn der 6. Senat das Sachlichkeitsgebot schon negiert, hätte er zumindest berücksichtigen müssen, dass in § 99 Abs 2 BVergG 2006 immerhin angeordnet wird, dass Abweichungen einen Grund haben müssen, also einer Begründung bedürfen. Der Hinweis, man habe keinen anderen Grund als den, dass man die abbedungene Regel der „Leitlinien“ schlicht und einfach nicht will, sondern stattdessen eine andere, entspricht nicht der Allgemeinvorstellung dessen, was man einen „Grund“ nennt. Darauf weist auch Krejci in seinem Aufsatz hin. Im Allgemeinen besteht ein „Grund“ im Sinne einer Begründung für ein bestimmtes Verhalten (hier: für das Abweichung von der „Leitlinie“) nicht im Hinweis darauf, dass man einen Willkürakt setzen wollte. Der Begriff des Grundes erfasst aufgrund der Teleologie der Gesetzesregel gerade nicht den schlichten Willkürakt. Wäre dem nicht so, wären wir wieder bei Reinhard Mey. Dr. Georg Karasek
Verjährung des Werklohns für nachträgliche Leistungen 2014/2 § 1486 ABGB OGH 29. 10. 2013, 3 Ob 144/13t 1. Die Erteilung eines von einem früheren Werkvertrag unabhängigen neuen Auftrags an den Werkunternehmer hat auf den Lauf der Verjährungsfrist für die Werklohnforderung aus dem ursprünglichen Auftrag keinen Einfluss. 2. Entscheidend für die Beurteilung der allfälligen Verjährung des vom Kläger geschuldeten Werklohns ist die Beantwortung der Frage, ob die Leistungen, für die der Werklohn verlangt wird, als einheitliche Gesamtleistung zu qualifizieren sind oder nicht. Die beklagte Partei hatte als Generalunternehmerin einen Umbau auszuführen. Mit den Maler- und Spachtelarbeiten beauftragte die beklagte Partei den Kläger; die Auftragsbestätigung wurde per E-Mail am 22. 11. 2007 übermittelt. Für die Ausführung der Malerarbeiten wurde ein pauschales Honorar von € 21.900,– vereinbart; die Spachtelarbeiten sollten nach Aufmaß entlohnt werden. Das Ende der Arbeiten war in der Kalenderwoche 22 des Jahres 2008 (= 26. 5. bis 1. 6. 2008) vorgesehen. Am 14. 6. 2008 legte der Kläger eine Teilrechnung über € 19.707,50 (€ 15.000,– aus der Pauschale; € 4.707,50 für 134,5 Facharbeiter-Regiestunden). Am 17. 7. 2008 überwies die beklagte Partei dem Kläger € 17.116,28. Am 17. 8. 2011 erstellte der Kläger die Schlussrechnung über € 47.552,82, von der er die Teilzahlung von € 17.116,28 abzog und restlich € 30.436,54 fakturierte. Da die beklagte Partei diese Rechnung nicht bezahlte, brachte der Kläger am 10. 5. 2012 über den Betrag von € 30.436,54 sA die Klage ein. Ausgehend von einem Beginn der Verjährungsfrist noch im Jahr 2008 erhob die beklagte Partei die Einwendung der Verjährung. Mit einem dem Kläger am 31. 7. 2008 per Fax zugegangenen Schreiben wurde der Kläger aufgefordert, die Arbeiten im Wesentlichen bis 11. 8. 2008 bzw kleinere Ausbesserungen und Mängelbehebungen sowie die Fassadenbeschriftung bis 14. 8. 2008 fertigzustellen. Am 9. 9. 2008 stellte die beklagte Partei fest, dass noch nicht alle Mängel behoben waren. Dem Kläger
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wurde daher eine Nachfrist bis zum 23. 9. 2008 gesetzt. Tatsächlich hat der Kläger noch am 18. 9. 2008 Arbeiten erbracht. Die Baustellendokumentation erstellte er am 25. 9. 2008; sie langte am 13. 10. 2008 bei der beklagten Partei ein. Damit waren die aus dem Werkvertrag geschuldeten Arbeiten des Klägers beendet. Bis zum 10. 12. 2008 arbeitete der Kläger für 9,5 Stunden am Fassadensockel und in diversen Räumen. Dabei handelte es sich nicht um Mängelbehebungsarbeiten zum ursprünglichen Auftrag, sondern um einen neuen Auftrag. Von wem und in wessen Namen er erteilt wurde, kann nicht festgestellt werden. Am 14. 5. 2009 erbrachte der Kläger noch Arbeiten im Gebäude, und zwar diverse Ausbesserungen. Außerdem lieferte der Kläger Material für diverse Ausbesserungen. Es handelte sich dabei nicht um Mängelbehebungsarbeiten zum ursprünglichen Auftrag. Wann und in wessen Auftrag der Kläger diese Arbeiten verrichtete, kann nicht festgestellt werden. Am 9. 8. 2011 fand eine „Schlussfeststellung“ statt, bei der die beklagte Partei, ihre Auftraggeberin und die Nutzer des Objekts festhielten, dass die Rügefrist (Gewährleistungsfrist) für die Leistungen der beklagten Partei am 14. 9. 2011 endet.
Aus der Begründung: In ihrer außerordentlichen Revision stellt die beklagte Partei in den Vordergrund, dass die im Dezember 2008 und im Mai 2009 erbrachten Arbeiten in keinem Fall in einem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Werkvertrag gestanden seien, weshalb sie für den Beginn der Verjährungsfrist irrelevant seien. 1. Entscheidend für die Beurteilung der allfälligen Verjährung des vom Kläger geschuldeten Werklohns ist die Beantwortung der Frage, ob die Leistungen, für die der Werklohn verlangt wird, als einheitliche Gesamtleistung zu qualifizieren sind oder nicht (in diesem Sinn auch 4 Ob 592/88 zum Leistungsverweigerungsrecht bei Mängeln: „die als Einheit zu bewertende Gesamtleistung“). 2. Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof zur Verjährung des Honorars eines Rechtsanwalts zu 5 Ob 14/13i ausgeführt, dass für den Beginn der Verjährungsfrist die Beendigung des Auftragsverhältnisses in einer bestimmten Rechtssache maßgebend ist. Solange Jänner 2014
der Anwalt noch in die Lage kommen kann, pflichtgemäß im Interesse seines Klienten in dieser Rechtssache tätig zu werden, ist das Mandatsverhältnis nicht erloschen und daher auch die Fälligkeit des Honoraranspruchs nicht eingetreten (RIS-Justiz RS0021878). Stehen mehrere Rechtssachen in einem so engen Zusammenhang, dass sie als Ganzes zu betrachten sind, so beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen, ehe alle Rechtssachen abgeschlossen sind (RIS-Justiz RS0019630 [T5]). In einem engen Zusammenhang der angeführten Art stehen jedenfalls alle Leistungen, die der Durchsetzung oder Abwehr ein und desselben Anspruchs dienen (3 Ob 543/95). Daraus ist für das Werkvertragsrecht zu schließen, dass die Erteilung eines von einem früheren Werkvertrag unabhängigen neuen Auftrags an den Werkunternehmer auf den Lauf der Ver-
Service
jährungsfrist für die Werklohnforderung aus dem ursprünglichen Auftrag keinen Einfluss hat. 3. Unabhängig davon, wer die im Dezember 2008 und Mai 2009 erbrachten Leistungen beauftragt hat, stehen diese nach den erstgerichtlichen Feststellungen (einschließlich der Ergänzungen in der Beweiswürdigung) nicht in einem so engen Zusammenhang mit dem ursprünglichen, im Jahr 2007 begründeten und im Oktober 2008 abgeschlossenen Werkvertragsverhältnis, dass von einem einheitlichen Auftrag gesprochen werden könnte, waren doch die Leistungen des Klägers aus dem ursprünglichen Werkvertragsverhältnis bereits abgeschlossen. Eine offene Gewährleistungsfrist für die Leistungen des Klägers ändert daran nichts.
News – Aktuelles aus der Branche Baukostenindex 2013: Wohnhaus- und Siedlungsbau stärker gestiegen als Tiefbau Der Baukostenindex (BKI 2010) für den Wohnhaus- und Siedlungsbau betrug laut Berechnungen der Statistik Austria für den Jahresdurchschnitt 2013 106,4 Punkte und stieg somit gegenüber dem Jahr 2012 um 1,9 %. 2012 betrug die Jahresveränderungsrate 2,1 %, womit der durchschnittliche Kostenanstieg 2013 etwas gedämpfter ausfiel als 2012. Für den Monat Dezember 2013 erhöhte sich der Indexwert für den Wohnhaus- und Siedlungsbau im Jahresvergleich um 1,4 % auf 106,6 Punkte, zum Vormonat sank der Index leicht um 0,1 %. Im Jahresdurchschnitt 2013 stiegen die beiden Tiefbausparten erstmals seit 2009 weniger stärker an als der Hochbau. Der Baukostenindex verzeichnete für den Straßenbau im Jahresdurchschnitt 2013 ein leichtes Plus von 0,3 % gegenüber dem Vorjahr. 2012 betrug die Veränderung noch 4,5 %. Für den Brückenbau ergab sich ein durchschnittliches Plus von 1,1 %, der damit unter der durchschnittlichen Veränderungsrate von 2012 (+2,4 %) lag. Im Monat Dezember 2013 wies der Index Straßenbau mit 110,6 Indexpunkten einen Anstieg von 0,2 % zum Dezember 2012 auf bzw verringerte er sich um 0,2 % zum Vormonat November. Der Monatsindex Brückenbau (108,0 Indexpunkte) erhöhte sich im Dezember um 0,9 % gegenüber dem Vorjahresmonat und sank um 0,2 % zum Vormonat. Die Kostenentwicklung des Baukostenindex 2013 wurde im Wohnhaus- und Siedlungsbau vor allem durch die Preiserhöhungen der Warenkorbelemente „bituminöse Dichtungsbahnen“ sowie „Gipskartonplatten“ und „Fliesen“ vorangetrieben. Im Gegensatz dazu sanken die Preise von Stahlprodukten und „Kabeln“. Beim Baukostenindex des Tiefbaus dominierten vor allem die Preissenkungen des Bitumens und des Warenkorbelements „Diesel, Benzin“. Preiserhöhungen gab es hingegen bei „Betonfertigteilen“ und „bituminösen Dichtungsbahnen“, berichtet die Statistik Austria.
Wiener Immobilienmarkt 2013: Günstigere Mieten, teures Eigentum Gute Nachrichten für Wohnungssuchende präsentiert das Immobilienportal FindMyHome mit dem Immo-Barometer für das Gesamtjahr 2013. Mieten wurden in den letzten 12 Monaten um 2,1 % günstiger. Der durchschnittliche Mietpreis in der Bundeshauptstadt beläuft sich aktuell auf € 14,24 pro Quadratmeter. Vor einem Jahr lag dieser noch bei € 14,55. Neue Stadtviertel wie die Seestadt Aspern oder das Viertel um den neuen Hauptbahnhof haben hier zu einer Entspannung der knappen Angebotssituation Jänner 2014
geführt. Nach massiven Preissteigerungen im Vorjahr habe sich der Markt langsam beruhigt und bewege sich auf einem gesunden Preisniveau, so die Immobilienexperten Bernd Gabel-Hlawa und Benedikt Gabriel. Bei den Mietpreisen erwarten sie im neuen Jahr eine Preissteigerung von rund 2,5 %, die sich im üblichen Ausmaß der Teuerung bewege. Die Entwicklung bei Eigentumspreisen folgt dem Vorjahrestrend. 2012 stiegen die Preise um 11,7 %. 2013 betrug das Wachstum 11,3 %. Zahlte man vor einem Jahr für den Quadratmeter noch € 3.981,–, so liegt dieser Preis nun bei € 4.432,–. Für das überdurchschnittliche Wachstum seien mehrere Faktoren verantwortlich, bekräftigen die Experten: Der Investment-Boom habe ab 2011 zu einer Verknappung des Angebots geführt. Neue Objekte entsprächen meist gehobenen Qualitätsstandards und erzielten naturgemäß höhere Preise. Während es bei den Mieten zu einer Annäherung von Angebot und Nachfrage gekommen sei, schätzen die Immobilienexperten die Entwicklung am Eigentumsmarkt auch im neuen Jahr dynamisch ein. Das Wachstum werde laut Gabel-Hlawa und Gabriel im höheren einstelligen Bereich liegen, wobei Wien im internationalen Vergleich noch immer leistbar sei. Lage, Größe und Ausstattung würden auch künftig den Preis definieren, wodurch es zu deutlichen Unterschieden kommen werde. Insgesamt sei eine qualitative Aufwertung am Wiener Immobilienmarkt zu beobachten.
Büros für das Bundesverwaltungsgericht rechtzeitig fertiggestellt In nur 10 Monaten hat die ARE Austrian Real Estate das ehemalige Finanzamt in der Erdbergstraße 192-196 in Wien in ein Gerichtsgebäude umgebaut. Die Umbauarbeiten konnten Mitte Dezember 2013 rechtzeitig abgeschlossen werden. Am 2. 1. 2014 hat das neu geschaffene Bundesverwaltungsgericht hier seinen Betrieb aufgenommen. Bei der Sanierung des rund 20.000 m2 großen Bestandes blieb kaum ein Stein auf dem anderen. Zwischenwände wurden versetzt, ein neues Brandschutz- und Fluchtwegkonzept wurde umgesetzt, Verhandlungssäle und Wartebereiche wurden geschaffen. Dank eines neuen Leit- und Orientierungssystems findet jeder seinen Weg. Zudem wurden kleinere Maßnahmen getroffen, um die Erdbebensicherheit des Gebäudes weiter zu erhöhen. So wurden in den Untergeschoßen unter anderem die Stützen verbreitert. Im Zuge des Bauvorhabens wurden 32 Verhandlungssäle, 239 Büros, 56 Besprechungsbereiche, 20 Teeküchen, 12 Lagerräume, ein Konferenzraum und 10 barrierefreie WCs errichtet. Vermieter und Eigentümer der Liegenschaft ist die ARE Austrian Real Estate GmbH.
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Das letzte Wort
Effizienz durch Scheitern?
Effizienz durch Scheitern? Rainer Kurbos Im Vorjahr haben neben der ALPINE-Insolvenz zahlreiche andere Entwicklungen ihren Kulminationspunkt gefunden, die möglicherweise auf eine Wurzel zurückzuführen sind: auf die Effizienz des Scheiterns?
Dr. Rainer Kurbos
© Nina Steinberger
ist Rechtsanwalt in Graz.
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Warum ist Marktwirtschaft die effizienteste Wirtschaftsform? Alle glauben, weil der erste, zweite und dritte Sieger großzügig belohnt werden. Die Lenkungsaufgabe besteht darin, die große Masse der Leistungsträger ununterbrochen am Arbeiten zu halten. Von den zehntausenden Bauern im Schweinezyklus können maximal drei die vordersten Ränge einnehmen, warum rennen die anderen (also wir alle!) lebenslänglich? Noch dazu unter den heutigen Umständen: Compliance, Überbeschleunigung, Übertransparenz (Ebay, Amazon & Co). Nach Bier-, Aufzugsund Lebensmittelkartell werden Absprachen immer schwieriger, die Zinsen sinken gegen null, Kredit gibt es trotzdem keinen, die Banken verleihen billiges Geld teuer an die Staaten. Verluste werden doch wieder sozialisiert (Hypo). Eine polizei- und steuerstaatliche Überwachungsdichte, gegen die die Orwell’schen Fiktionen geradezu als Geheimhaltungsparadies erscheinen, sorgt verbunden mit exorbitanten (Steuer-)Strafen dafür, dass schon der Gedanke an ein kleines, seelenwärmendes Schwarzgeschäft brutal unterdrückt wird. Die Produktionskapazitäten haben 120 % des Bedarfs erreicht. Die Zinseszinskurve ist eine mathematisch a-stabile Funktion, zumindest im endlichen
System (zB Papierblatt oder Realwirtschaft). Alle Entwicklungen konvergieren: Die theoretisch (schon immer) geltenden Regeln werden jetzt mehr und mehr umgesetzt! Durch das Ineinanderwirken von modernen Herrschafts- und Kommunikationstechnologien (Internet und NSA), verbesserten Rechtsschutz und Kapazitätssättigungseffekten nähern wir uns heute dem idealen Markt, den zu meinen Studententagen nur die Forscher in ihren Elfenbeintürmen als Hypothese kannten. Jetzt stellt sich heraus, dass wir Juristen es schon seit 2.000 Jahren besser gewusst haben, als Cicero sagte: „Summum ius, summa iniuria.“ Das höchste/größte Recht ist das größte Unrecht! Triebfeder des Marktes für die Masse ist die Gewissheit, dass alle Wirtschaftsjahre die „Lastperformer“ ausgeschieden werden, so wie wenn in einem Wettlauf nach jeder Runde die letzten drei erschossen werden! Im globalen „Wettbewerb des Scheiterns“ hat China durchaus eine Chance gegen Europa und die USA, einfach weil die schiere Masse des Scheiterns dort keine Rolle spielt. Am Bau wachsen 10 oder 100 Neue aus den Trümmern heran, effizienzsteigernd und systemerhaltend; bloß wozu ein Leben lang im Pulk rennen, sich selbst ausbeuten, für bloßen Durchschnittsgewinn/Lohn/Gehalt? Der (ideale) Markt egalisiert branchenübergreifend alle Renditen (Umsatz unendlich, Gewinn null?). Einen Übergewinn gibt es nur, solange Spielregeln noch nicht vollständig umgesetzt sind. Vollumsetzung bedeutet Gleichschaltung. Dann unterscheidet den Markt vom Plan nur, dass dort alle trotz mickrigen Leistungsanteils verbleiben durften. Sollten wir nicht allmählich darüber nachdenken, den Wettbewerb auf ein sinnvolles und nützliches Maß zu beschränken? Müssen wir also fordern, dass neben Effizienz auch Imperfektion Bestandteil des marktwirtschaftlichen Systems werden soll, um es wenigstens ein bisschen menschenwürdig zu gestalten und so am Ende das Wirtschaftssystem in den Dienst der Menschen zu stellen, und nicht umgekehrt die Menschen in den Dienst des Wirtschaftssystems? Jänner 2014
Im Themenpaket Baurecht finden Sie alle Online-Publikationen des Linde Verlags, die dem Themenbereich Baurecht zugeordnet sind. Die Bibliothek Bau- und Vergaberecht enthält Fachbücher, Handbücher und Praxiskommentare zum Bau- und Vergaberecht, in der Bibliothek Bau(betriebs)wirtschaft und Baumanagement finden Sie praxisorientierte Buchliteratur zu den Themen Baurecht, Baukalkulation, Arbeitsrecht und Rechnungswesen in der Bauwirtschaft. Die kommentierten regionalen Bauordnungen können in Zusatzmodulen abonniert werden. Mit der Fachzeitschrift „bau aktuell“ sowie der umfangreichen Sammlung an Vorschriften und Entscheidungen finden Sie in diesem Themenpaket alle Inhalte, die Sie für Ihre tägliche Arbeitspraxis benötigen. Nicht mehr und nicht weniger.
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BAUTEN gemäß dem EISENBAHNGESETZ Inkl. U-Bahnbau und Haftungsfragen für Gutachter Bau- und Benützungsbewilligungen von Hochbauten (samt unterirdischer Verkehrsstationen) im Eisenbahnwesen (§ 31a und § 34b EisbG) n Geltung der Bauordnung des jeweiligen Bundeslandes für Eisenbahngebäude
Referenten: Dipl.-Ing. Margit Bammer FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH
n Die Aufgaben des Gutachters im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren
RA Ing. DDr. Hermann Wenusch Rechtsanwalt
n Die Haftung des Gutachters gemäß §§ 31a und 34b EisbG
Donnerstag, 27. Februar 2014, Wien 13:00 bis 17:00 Uhr
n Geltung des Eisenbahngesetzes für Gebäude
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Die optimale (Bau-)Projektorganisation Bauherrenaufgaben und Unternehmereinsatzformen n Projektfunktionen und deren Definition (Projektmanagement, Controlling, technische und geschäftliche Oberleitung, örtliche Bauaufsicht, begleitende Kontrolle, Planungs- und Baustellenkoordination) n Projektbeteiligte und deren Aufgaben (Bauherrenorganisation, planende und beratende Instanzen, überwachende und begleitende Instanzen, Ausführende, Behörden, Öffentlichkeit und Betroffene)
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