CFO aktuell 1/2024 Leseprobe

Page 1


18. Jahrgang / Jänner 2024 / Nr. 1

Topstory Die IGC zum Nachhaltigkeitscontrolling

Controlling

Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM

Tax Management

Energiekostenzuschuss II für Unternehmen

Die neue Start-up-Mitarbeiterbeteiligung

Management

Der CFO und KI im Unternehmenskontext

Inside Research

Herausforderungen und Chancen der neuen Arbeitswelt

Am digitalen Puls des österreichischen Rechnungswesens

Service

From Talking to Walking! Ausblick auf den Controllertag 2024

Porträt

Stefan Dörfler, CFO, Erste Group Bank AG

Lieferketten- & Aktivitätenmanagement

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD): Neue Anforderungen & Auswirkungen auf Unternehmen

• Praktische Umsetzung anhand eines Schritt-für-Schritt-Leitfadens

• Verpflichtende Einhaltung menschen- und umweltbezogener Sorgfaltsplichten in globalisierten Wertschöpfungsketten

• Implikationen für Unternehmen – „outside in“ und „inside out“

• Erweitertes Risikomanagement & Berichtswesen

• Haftungsprobleme: Prüfung der Beschaffungsprozesse, Identifizierung von Risikofeldern und notwendige Vertragsanpassungen

• Steuerkontrollsystem & ESG

• Digitale Lösungen: Geeignete ESG-Tools und -Technologien Praxisforum

Vortragende KPMG Fachliche Leitung

Sonja Irresberger & Katharina Schönauer

9:00–17:00 20.3.2024

Sebastian Hofer Sonja Irresberger
Hannah Kercz
Kirstin Krippner
Dominik Ladich
Eva-Maria Milgotin
Sarah Stadik
Lisa Stögerer

Liebe Leserinnen und Leser,

im Jahr 2024 erleben CFOs eine dynamische Umgestaltung ihrer Rolle, die sowohl spannende Chancen als auch anspruchsvolle Herausforderungen mit sich bringt. Die herkömmliche Position des CFO hat sich über das reine finanzielle Fachwissen hinaus erweitert und umfasst nunmehr strategische Entscheidungsfindung, Risikomanagement und Stakeholder-Management. Diese Finanzführungskräfte müssen über diverse Fähigkeiten verfügen; darunter Finanzkompetenz, strategische Entscheidungsfindung und die geschickte Integration neuer Technologien zur Leistungssteigerung des Unternehmens. Es wird zunehmend deutlich, dass die Finanzleiter ihre Abteilungen als strategische Partner im Unternehmen etablieren möchten, was auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung hinweist. Dies ist essenziell, um datengestützte Entscheidungen und eine reibungslose Abstimmung zwischen verschiedenen Funktionsbereichen zu fördern.

CFOs mit Weitblick erkennen die Notwendigkeit von strategischen Investitionen, um die Transformation ihrer Unternehmen voranzutreiben. Allerdings steht eine Vielzahl von Finanzführungskräften vor der Herausforderung, den Wert ihrer Technologieinvestitionen klar zu bestimmen. Die nahtlose Integration von Technologien wie Generative Artifical Intelligence (GenAI) erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Chief Information Officers (CIOs) und Chief Transformation Officers (CTOs), um Budgetprioritäten abzustimmen und flexibel auf die sich ändernden Marktbedingungen zu reagieren.

Die verstärkte Aufmerksamkeit auf ESG hat den Klimaschutz als zentrales Thema auf die Agenda der CFOs gesetzt. Während die Einhaltung von ESG-Berichtspflichten von Bedeutung ist, könnten CFOs durch eine vertiefte Analyse der Auswirkungen des Klimawandels auf die finanzielle Leistung ihrer Unternehmen einen zusätzlichen Mehrwert schaffen.

Mit wachsender Verantwortung geht auch eine zunehmende Bedeutung der Finanzfunktion einher. CFOs agieren vermehrt als Datenverwalter, setzen auf fortschrittliche Analysemethoden und CloudTechnologien, um strategische Erkenntnisse zu gewinnen und das Cash-Management zu optimieren.

Wir möchten auch 2024 als Anlass nehmen, Sie mit diesen laufenden Entwicklungen und Trends zu begleiten und Ihnen als Wegweiser und Taktgeber dienen, damit Sie schon frühzeitig hochwertigen Content für Ihre Berufspraxis zur Verfügung gestellt bekommen.

Gleich in der vorliegenden ersten Ausgabe 2024 der CFOaktuell – Zeitschrift für Finance & Controlling haben wir eine Reihe von höchst spannenden und relevanten Inhalten zusammengestellt: Ab Seite 5 finden Sie das Positionspapier der International Group of Controlling (IGC) zum Thema Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitscontrolling. In einer Zeit des dynamischen Wandels und ständiger Transformation ist es unser Anliegen, Sie, die CFOs und Finanzleiter, auf dem neuesten Stand der Entwicklungen zu halten. CFOaktuell verfolgt das Ziel, Ihnen nicht nur Einblicke in die sich wandelnde Rolle des CFO zu bieten, sondern auch Wege aufzuzeigen, wie Sie diesen Veränderungen erfolgreich begegnen können. Daneben finden Sie Beiträge rund um GenAI, CBAM, New Work, Energiekostenförderung oder dem Start-up-Paket.

Als Motor für strategische Entscheidungsfindung, Risikomanagement und Stakeholder-Engagement spielen Sie eine entscheidende Rolle in der Unternehmenslandschaft von morgen. Die Herausforderungen, denen Sie gegenüberstehen, sind komplex, doch ebenso sind die Chancen auf Innovation und Wachstum immens. Wir hoffen, dass wir Sie auch heuer wieder mit wertvollen Inputs unterstützen und wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre von CFOaktuell.

Herausgeberin

Dr. Rita Niedermayr ist Geschäftsführerin des Controller Instituts sowie Partnerin bei EY Österreich im People Consulting.

Herausgeber

Univ.-Prof. Dr. Werner H. Hoffmann ist Partner bei Contrast EY Management Consulting und Vorstand des Instituts für Strategisches Management der WU Wien.

MMag. Sarah Blaimschein arbeitet für das Controller Institut und ist fachliche Redakteurin von CFO aktuell.

Ihre Sarah Blaimschein

Am digitalen Puls des österreichischen Rechnungswesens

Ergebnisse der KPMG Studie „Digitalisierung im Rechnungswesen 2023“

Fluch der Bildschirmzeit Ein Insider-Bericht aus dem Herzen von Facebook & Co

IMPRESSUM: Zeitschrift für Finance und Controlling

Herausgeber

Dr. Rita Niedermayr und Univ.-Prof. Dr. Werner H. Hoffmann, Controller Institut

E-Mail: CFOaktuell@lindeverlag.at

Medieninhaber und Medienunternehmen

Linde Verlag Ges.m.b.H., A-1210 Wien, Scheydgasse 24, Telefon: 01/24 630 Serie, Telefax: 01/24 630-23 DW, E-Mail: office@lindeverlag.at; http://www.lindeverlag.at

DVR 0002356. Rechtsform der Gesellschaft: Ges.m.b.H., Sitz Wien

Firmenbuchnummer: 102235x

Firmenbuchgericht: Handelsgericht Wien

ARA-Lizenz-Nr. 3991, ATU 14910701

Gesellschafter: Anna Jentzsch (35 %) und Jentzsch Holding GmbH (65 %)

Geschäftsführer: Mag. Klaus Kornherr, Benjamin Jentzsch

Erscheinungsweise und Bezugspreise Erscheint sechsmal jährlich. Jahresabonnement (Print) 2024 EUR 188,60 (Print inkl. Online) 2024 EUR 220,00 jeweils inkl. MwSt. zzgl. Versandspesen. Abbestellungen sind nur zum Ende eines Jahrganges möglich und müssen bis spätestens 30. November schriftlich erfolgen. Unterbleibt die Abbestellung, so läuft das Abonnement automatisch ein Jahr und zu den jeweils gültigen Konditionen weiter. Preisänderungen und Irrtum vorbehalten.

Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Verlages gestattet. Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben in dieser Fachzeitschrift trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Verlages, der Redaktion oder der Autoren ausgeschlossen ist.

Für Publikationen in den Fachzeitschriften des Linde Verlags gelten die AGB für Autorinnen und

Ausgabe 1/2024

Autoren (abrufbar unter https://www.lindeverlag.at/agb) sowie die Datenschutzerklärung (abrufbar unter https://www.lindeverlag.at/ datenschutz).

Anzeigenverkauf und -beratung

Gabriele Hladik, Tel.: 01/24 630-719

E-Mail: gabriele.hladik@ lindeverlag.at Sonja Grobauer, Tel.: 0664/78733376

E-Mail: sonja.grobauer@lindeverlag.at

ISSN 1993-2960

Hersteller

Druckerei Hans Jentzsch & Co GmbH, 1210 Wien, Scheydgasse 31, Tel.: 01/278 42 16-0

E-Mail: office@jentzsch.at Mehrfach umweltzertifiziert (www.jentzsch.at)

Rote Linien

Stefan Dörfler, CFO, Erste Group Bank AG

von Strömungen in Flüssigkeiten, die Modellierung von Materialverhalten oder die Optimierung von Produktionsprozessen sind für den Finanzvorstand der Erste Group „feste Basis“ seines Berufslebens. Das Erlernen „strukturierten Denkens“ und „analytischen Beobachtens“ seien typische Stärken des Studiums. Die zehn Semester an der TU Wien haben dem in Kärnten aufgewachsenen Dörfler „auf alle Fälle viel Spaß gemacht“. Seit 2019 verantwortet Dörfler die Finanzagenden der Erste Group, einem der größten Bankdienstleister im östlichen EU-Raum.

Dabei stand Dörfler die Laufbahn des Bankmanagers nicht ins Buch geschrieben. Nach Beendigung des Studiums im Frühling 1995 war sein Drang nach einem sofortigen Berufsstart überschaubar. Dörfler zählte im Tennis zu den heimischen Spitzentalenten seines Jahrgangs 1971. Mehrfache Kärntner Jugendlandesmeisterschaften und zahlreiche Top-Platzierungen auf nationaler Ebene sorgten bei dem langjährigen Staatsliga-Spieler der Sportunion Klagenfurt für volle Pokalvitrinen. Bis heute nimmt er an der Seniorenmannschaftsmeisterschaft und an ProAm-Tennisturnieren teil. Für Eingeweihte: Dörfler verfügt aktuell über eine ITN von 2,86. Er bezeichnet sein sportliches Engagement während der Studienjahre und zu Beginn seiner Berufslaufbahn „als zu intensiv, um als amateurhaft zu gelten, aber deutlich zu gering, um als professionell durchzugehen“. Mit Ende des Studiums sei die Verlockung groß gewesen, den Sommer und Herbst noch einmal zu genießen und auf dem Tennisplatz „Vollgas zu geben“. Eine Jobausschreibung der GiroCredit-Bank machte die sommerlichen Pläne für Tennis und Party zunichte. Das damalige Zentralinstitut des Sparkassensektors suchte

einen Einsteiger für den Swap-Derivatenhandel, eine damals wie heute komplexe Nische des Wertpapierhandels. Dörfler war unter mehreren Dutzend Interessenten einer von zwei Bewerbern, die ein Angebot der Bank erhielten.

Start in den Kapitalmarkt

Der Sprung in die Welt der Wertpapiere und Finanzinstrumente brachte für den jungen Kärntner jede Menge Ungewissheit: „Wer einmal den Fuß in einen Handelsraum gesetzt hat, ist entweder abgestoßen oder begeistert.“ Dörfler war begeistert. Die GiroCredit bot damals im Wertpapierhandel ein für heimische Verhältnisse professionelles Umfeld, in dem junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rasch in Verantwortung kommen konnten: Viele Handelsabteilungen mussten erst neu aufgebaut werden und verlangten nach Führungskräften. 1997 wurde die GiroCredit von der Erste Oesterreichische Sparcasse übernommen, der Vorgängerin der heutigen Erste Group Bank AG Dörfler nutzte die Chancen der deutlich umfangreicheren Geschäfte und startete einen zügigen Aufstieg in der Welt des Kapitalmarkthandels. 2009 übernahm er die Position des Head of Group Markets, die ihn für sämtliche Erste Group-Aktivitäten am Kapitalmarkt und im Treasury verantwortlich machte – inklusive aller CEE-Töchter und Auslandsfilialen. Im Gespräch ist Dörfler anzumerken, dass er diese Karrierephase spannend fand – trotz der schiefen Work-Life-Balance. Bei mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in seiner Gruppe wurde das Thema Führung zu einer ernsthaften Herausforderung. Und Zeit war auf einmal knapper als zuvor: „Ich war von 250 Arbeitstagen zwischen 100 und 120 Tagen in London, Bukarest, Zagreb oder sonst wo unterwegs“. In seiner Funktion als Verantwortlicher für Treasury & Capital Markets bei der britischen Erste Bank musste er für die dortige Finanzaufsicht nachweislich eine Woche pro Monat in der Londoner City vor Ort sein. So wurde die Vielfliegerei zum natürlichen Bestandteil im Berufsbild des Kapitalmarktmanagers. Der damit verbundene Umgang mit Geschäftskunden aller Branchen und Provenienz hat die Zeitverschwendung auf den Flughäfen wettgemacht. „Ich habe so ziemlich jedes unternehmerische Geschäftsmodell kennengelernt, das damals auf dem Markt war.“ Stefan Dörfler sei „unheimlich konsequent“, heißt es in seinem Umfeld. Er selbst bezeichnet sich als „diszipliniert“. Sport und Erziehung hätten ihn so geformt. „Ich kann mit Ausdauer und Verlässlichkeit vieles erreichen, was auf den ersten Blick wenig erfolgversprechend erscheint.“ Freilich gelingen nicht alle Vorhaben und Pläne. „Aber ich will sagen können, alles versucht zu haben.“ Als Stefan Dörfler 2016 zum Vorstandsvorsitzenden der ÖsterreichTochter in der Erste Group avancierte, war dies nicht nur für ihn eine Überraschung. Allgemein war erwartet worden, dass sein Weg weiterhin

im Bereich des Investment- und Finanzierungsbankings nach oben führt. „Der Österreich-Job war eine Aufgabe, die ich immer interessant fand.“ Wirklich gerechnet hat er mit einem Angebot für diese Position aber nicht. Die Anfrage aus dem GroupVorstand kam kurzfristig. Dörfler sagte sofort zu, wenn er auch beiläufig erwähnt, dass er sich nicht aller Facetten der neuen Funktion bewusst war. Der CEO-Job der Erste Bank Oesterreich stellte für ihn erstmals eine Generalisten-Aufgabe dar: Neben traditionellen strategischen Managementpflichten erfordert die Position Entscheidungen im operativen Privat- und Firmenkundengeschäft, bei Personal- und IT-Agenden und – ein Novum in der Karriere Dörflers – die Pflege der Beziehungen im gesamten Sparkassenbereich. „Da ist man so etwas wie ein kleiner Wiener Bürgermeister“, schmunzelt er rückblickend. Auftritte bei Filialeröffnungen und Eröffnungsreden bei Mitgliederversammlungen in Landeshauptstädten sind wichtiger Teil der CEO-Pflichten in der heimischen Bank-Tochter der Erste Group Fakt war aber auch, dass die Position des Vorstandsvorsitzenden in der Erste Bank Oesterreich –eigentlich heißt es Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG – nicht dieselbe Verantwortungsfülle aufweist wie die vergleichbare Aufgabe in den tschechischen, slowakischen oder rumänischen Schwesterbanken. Dort ist man unumschränkter Länderverantwortlicher, der in die entfernte Wiener Zentrale berichtet. In Österreich hingegen agiert der Vorstand der Österreich-Tochter im ständigen Blick der Kolleginnen und Kollegen des übergeordneten Group-Managements, das für sämtliche strategischen Agenden des ErsteKonzerns spricht. Zudem ist es für den oder die CEO der Erste Bank Oesterreich wichtig, sich mit den einflussreichen Vorständen der BundesländerSparkassen ins Einvernehmen zu bringen. Man müsse „die Funktion einzuordnen wissen“, meint Dörfler

Neuausrichtung

Auf die generalistische CEO-Rolle in der Österreich-Tochter folgte die fachliche Herausforderung des Accounting und Controllings der gesamten Bankengruppe. Die Berufung auf den Posten des Chief Financial Officers der Erste Group Bank AG bedeutete für den in der Wolle gefärbten Investment- und Treasury-Spezialisten „inhaltlich eine sehr große Veränderung“. Dörfler sah in den neuen Aufgaben kein Problem. Er verließ sich auf seine „Fähigkeit, fachliche Defizite schnell aufzuholen“, wie er erzählt. Noch mehr verließ er sich aber auf die Gabe, gute Teams aufs Spielfeld zu bringen. Es gäbe Kolleginnen und Kollegen im Haus, denen er „auf ihren Gebieten nie das Wasser reichen könne.“ Bei dem riesigen Aufgabengebiet eines CFO einer Großbank sei „es unmöglich, alle Fächer bis auf den letzten Punkt zu beherrschen“. Aber es sei „wichtig, zu wissen, wem man welche Fragen stellen muss.“

Offensichtlich passte Dörfler sich den Aufgaben eines Banken-CFO erfolgreich an. Zumindest sahen es Aufsichtsrat und Vorstand der Holding

so: 2022 wurde er zusätzlich zu seiner Funktion als Group-CFO zum Finanzvorstand der Erste Bank Oesterreich berufen, jenem Unternehmensteil, das er drei Jahre zuvor als CEO geleitet hatte: Seither ist er in Doppelfunktion bei Mutter- und Tochterunternehmen tätig. „Der CFO ist der Sparringspartner seiner Vorstandskollegen“, beschreibt Dörfler eine seiner Hauptaufgaben. Finanzielle Auswirkungen und Tragweite von Unternehmensentscheidungen sollen bereits im Vorfeld absehbar werden. Die zentralen Zahlen sind dabei neben den klassischen operativen Ergebnissen, wie Zinsertrag, Fee and Commission-Income, Handelsergebnis und operative Kosten, die Risikokosten, die beschreiben, wie die Bank über die Runden kommt. Bei der Darstellung aller Positionen gebe es im internationalen Bankengeschäft „sehr rigide Vorgaben“. Und dies sei gut so. Die früheren Bilanzfantasien hätten der Branche nicht gutgetan. Nicht umsonst wurden dem Finanzsektor nach der Finanzkrise 2008/2009 eine „Lawine an Vorgaben vorgesetzt, die nicht immer leicht“ zu erfüllen gewesen wären. Mittlerweile zeige sich aber, dass die Branche um vieles stabiler sei als noch vor 15 Jahren: „Das Regelwerk rund um Basel hat – jedenfalls in seinen Grundsätzen – Sinn gemacht.“ Die Sicherung der Liquidität und des Kapitals der Bank seien die „vorrangigsten Aufgaben eines CFO“, formuliert Dörfler. Oder anders gesagt: „Die jederzeitige Verfügbarkeit von Geld entscheidet, ob der Zahlungsverkehr funktioniert und der Sparer sein Geld abheben kann.“

Gewinnen mit Einsicht

Stefan Dörfler ist nicht unbedingt ein Bergfex –„in meiner Familie gibt es emsigere Kletterer und Tourengeher als mich.“ Wenn er aber einen Drang in alpine Höhen hätte, wäre er sicher der Erste beim Gipfelkreuz. Seine Karriere ist ohne Ehrgeiz nicht machbar – seine Tennisleidenschaft auch nicht. „Ich gewinne gerne“, räumt er ein. Er weiß aber auch, „wer Wettbewerbe liebt, lernt schnell, dass es immer jemanden gibt, der besser ist.“ Fehler seien dabei Teil des Lebens – auch des beruflichen. So sei Teamführung eine typische Managementaufgabe, bei der öfter manches schiefgehen kann als auf anderen Gebieten. „Wenn Fehleinschätzungen bei Berufungen passieren, dann ist es meist die Motivation der BewerberInnen, bei der man falsch liegt.“ So hätte sich bei der Beförderung eines Kollegen erst spät herausgestellt, dass dieser den neuen Job nie gewollt habe. Er habe nur angenommen, weil er dachte, es sei an der Zeit, den nächsten Schritt zu tun. „Die Konstellation muss für alle passen“, musste Dörfler anerkennen. Beruflicher Erfolg brauche mehr als Ehrgeiz und fachliche Kompetenz. Es sei „wichtig, zwischen falsch und richtig unterscheiden zu können.“ Das Gespür für rote Linien werde mit Höhe der Karriereleiter immer wesentlicher. Die sollte man „nie überschreiten, egal unter welchen Umständen.“ Ein Blick in die Schlagzeilen zeige, dass diese Regel mitunter missachtet wird: „Findet man sich einmal auf der falschen Seite, wird es sehr schwer, wieder zurückzufinden“. Anstand sei nicht verhandelbar.

Josef Ruhaltinger ist Journalist und Publizist in Wien (businessnews.at).

Porträt Stefan Dörfler

Die IGC zur Nachhaltigkeit und zum Nachhaltigkeitscontrolling

Nachhaltigkeit ist angesichts des Klimawandels, zunehmender regulatorischen Vorgaben (zB EUTaxonomie, NFRD, CSRD) und einer abnehmerseitig stärkeren Nachhaltigkeitsorientierung eine DER zukünftigen Herausforderungen in der Unternehmenssteuerung. Mit den Dimensionen „Environmental“, „Social“ und „Governance“ macht Nachhaltigkeit die Unternehmenssteuerung komplexer.

Dementsprechend intensiv ist die Beschäftigung betreffend das Nachhaltigkeitsmanagement in Wissenschaft und Praxis. Im vorliegenden Beitrag wird ein Fokus auf die unterstützende Rolle des Controllings in der Nachhaltigkeitstransformation gelegt. Die nachfolgenden Gedanken sollen Orientierung geben, welche Rolle, Schwerpunkte und Aufgaben die IGC (International Group of Controlling) für das Controlling sieht. Wir beziehen uns dabei stark auf die Überlegungen der Ideenwerkstatt des ICV (Internationaler Controller-Verein), die durch BoardMitglieder des IGC miterarbeitet wurden.1

zesse anhand des IGC-Controlling-Prozessmodells sowie die wichtigsten Gestaltungsfaktoren für ein Nachhaltigkeitscontrolling skizziert.

2. IGC-Empfehlung: Reifegradmodell für ein nachhaltiges Controlling

Nachhaltigkeitsaspekte und damit auch das Nachhaltigkeitscontrolling spielen in Abhängigkeit verschiedener Industrien, Unternehmen und Regionen eine unterschiedliche Rolle. Faktoren wie „regulatorische Vorgaben“, „Veränderungsdruck in einer Industrie“ und das „eigene Ambitionsniveau“ prägen aktuell eine gewisse Heterogenität des Nachhaltigkeitscontrollings.

Zur Ermittlung des eigenen Startpunkts, eines Wettbewerbsvergleichs oder einer Zielposition bietet sich daher eine Systematisierung über ein Reifegradmodell an. Wir unterscheiden für diese Systematisierung drei Reifegrade:

❚ Stufe 1: Die effiziente Umsetzung regulatorischer Vorgaben.

Dr. Kim Dillenberger ist stellvertretende Leiterin des Centre for Performance Management & Controlling der Frankfurt School of Finance & Management und Koordinatorin der ICV-Ideenwerkstatt.

Prof. Dr. Ronald Gleich leitet das Centre for Performance Management & Controlling der Frankfurt School of Finance & Management, ist Board-Member des IGC sowie Leiter der ICV-Ideenwerkstatt.

Dr. Klaus Eiselmayer ist Board-Member des IGC und Mitglied des Vorstands ICV.

Prof. Dr. Heimo Losbichler ist Professor an der FH Oberösterreich, Studiengang für Controlling, Rechnungswesen und Finanzmanagement und Vorsitzender des Boards der IGC.

Prof. Dr. Klaus Möller ist Dekan der School of Management an der Universität St. Gallen sowie Board-Member des IGC.

Dr. Rita Niedermayr ist Geschäftsführerin des Controller Instituts und Partnerin bei EY Österreich im People Consulting sowie Board-Member des IGC.

1. „Nachhaltigkeitscontrolling“ ist eine neue und hoch relevante Controllingaufgabe Controlling und Nachhaltigkeit sind schon lange miteinander verwobene Bereiche, deren Verbindung heute mehr denn je relevant ist. Der immer stärker wahrnehmbare Klimawandel, stärkere Stakeholderorientierungen in der Gesellschaft oder prominente Unternehmensskandale der jüngeren Vergangenheit führten in den letzten Jahren zu einer stetig zunehmenden Relevanz des Themas Nachhaltigkeit mit der Konsequenz stark steigender regulatorischer Anforderungen, insbesondere in Europa. Die Regulatorik wird das Verhalten und damit auch ökonomische und unternehmerische Entscheidungen langfristig beeinflussen. Das Controlling ist gefordert, dieser Relevanzsteigerung Rechnung zu tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass neben der Regulatorik auch Kunden, Lieferanten und Stakeholder aus der eigenen Organisation die immer stärkere Nachhaltigkeitsorientierung befeuern.

Nachhaltigkeitscontrolling kommt daher die wichtige Bedeutung zu, bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitsmanagements zu unterstützen. Unternehmerische Steuerungskonzepte der Zukunft können damit nicht mehr nur auf klassische ökonomische Zielgrößen ausgerichtet werden. Vielmehr erweitern Nachhaltigkeitsziele klassische Steuerungskonzepte ggf um mehrere Subdimensionen. Dabei sind langfristig alle Controllingprozesse in der Erweiterung um Nachhaltigkeitsaspekte betroffen (siehe unten am Beispiel des IGC-Prozessmodells).

Die Transformation hin zu einer umfassend nachhaltigen Unternehmenssteuerung steht sämtlichen Unternehmen bevor. Im Folgenden wird ein Reifegradmodell vorgestellt, das drei mögliche Evolutionsschritte zur erfolgreichen Transformation darlegt. Darauf aufbauend werden nachhaltigkeitsbasierte Auswirkungen auf Controllingpro-

❚ Stufe 2: Die teilweise Integration von Nachhaltigkeits-Aspekten in Steuerungskonzept und Strategie.

❚ Stufe 3: Nachhaltigkeit als vollintegrierter Bestandteil von Geschäftsmodell, Strategie und Steuerung.

Der Reifegrad der Stufe 1 verfolgt das Ziel, im Sinne einer bestmöglichen Abwägung regulatorische Vorgaben möglichst effizient und stabil umzusetzen. Nachhaltigkeits-Fragestellungen spielen dabei in unternehmerischen Entscheidungsprozessen und damit auch im Nachhaltigkeitscontrolling nur eine untergeordnete Rolle. Strategische Diskussionen und Zielvorgaben sind zum überwiegenden Anteil auf klassische ökonomische Fragestellungen fokussiert und für den Betrieb notwendige Prozesse werden im Rahmen bestehender Strukturen betrieben. Zusätzliches Know-how fokussiert auf regulatorische Vorgaben und ist im Kern auf einen Expertenkreis ausgerichtet.

Die Stufe 2 baut auf dem regulatorischen Gerüst der Stufe 1 auf und hat das Ziel, als wesentlich erachtete Nachhaltigkeits-Aspekte in das Controlling zu integrieren. Dies bedeutet, dass Nachhaltigkeitsziele in die Strategie integriert werden oder gar bereits eine separate Nachhaltigkeits-Strategie formuliert ist und deren Umsetzung als wichtige Aufgabe angesehen wird. Nachhaltigkeits-Aspekte spielen in bestimmten Entscheidungsprozessen (zB Investitionen) eine wesentliche Rolle, häufig sind diese aber noch nachrangig zu ökonomischen Zielen. Zusätzlich zu verbindlichen Standards werden freiwillige externe Standards und Ratings berichtet. Zielerreichungen werden unterjährig gemonitored, wofür die bestehende Systemlandschaft und das damit verbundene Datenmodell möglichst umfassend in bestehende Systeme eingebettet wird.

Die höchste Ausbaustufe zielt auf die vollständige Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Strategie, Geschäftsmodelle, das Steuerungskonzept und Controllingprozesse ab. Damit verbunden ist eine Ergänzung oder Neuausrichtung der Organisation, von Systemen und Daten sowie das klare Signal an alle Stakeholder, dass das Unternehmen einen positiven Beitrag zur Gesellschaft und zur Erhaltung des Planeten leistet. Damit verbunden sind vielfältige Investitionen, auch in ControllingSysteme und -Prozesse sowie in den breiten Aufbau an Know-how in verschiedenen Funktionen.

Zusammengefasst können wesentliche Aspekte der drei Reifegrade der nachfolgenden Übersicht in Abbildung 1 entnommen werden.

Die Festlegung der Zielpositionierung des eigenen Unternehmens ist in der Regel Aufgabe des Managements. Das Controlling unterstützt sowohl bei der Zielfindung als auch bei der Realisierung der Nachhaltigkeitsziele (zB Transformation vom Reifegrad 2 zu Reifegrad 3) durch ein, dem Anspruch angemessenes, Nachhaltigkeitscontrolling. Ferner wird durch das Controlling regelmäßig Transparenz über die aktuelle Positionierung zur Nachhaltigkeit hergestellt sowie diese evaluiert bzw bewertet. Ferner diskutiert das Controlling in der Business-Partner-Rolle mit dem Management, ob die Zielpositionierung zur Nachhaltigkeit realisierbar ist oder ggf adjustiert werden sollte.

3. Anpassungen der Controllingprozesse am Beispiel der Stufe 3

Nachhaltigkeit verändert das Zielsystem des Unternehmens und damit auch das Koordinatensystem des Controllings. Dadurch ergeben sich grund-

Dimensionen Effiziente Umsetzung regulatorischer Vorgaben

Keine eigenständige

Ambi on & Strategie

Steuerungskonzept & Incen vierung

Externe Berichtersta ung & Risikomanagement

Nachhal gkeits-Strategie oder Zielambi on definiert

Nachhal gkeits-Aspekte spielen keine oder nur eine untergeordnete Rolle im Steuerungskonzept

Verbindliche regulatorische Vorgaben werden erfüllt/berichtet

Governance & Organisa on

Daten & Systeme

Mitarbeiter & Kultur

sätzlich Auswirkungen auf sämtliche Controllingprozesse. Nachfolgend wird dies am Beispiel der Stufe 3 des Reifegradmodells entlang der Prozesse des IGC-Prozessmodells 2.0 (vgl Abb 2 sowie IGC 2017)2 skizziert.

Wir empfehlen hierbei eine sukzessive Vorgehensweise und eine Orientierung an den besonders betroffenen Prozessen (in blau in Abb 2 hervorgehoben):

❚ So gehört sicherlich in einem ersten Aufbauschritt die Schaffung einer standardisierten Datenlandschaft mit klaren KPIs zu den wichtigsten Aufgaben des Finanzbereichs bei Nachhaltigkeitsthemen. Damit stehen die Prozesse Strategische Planung, Investitionscontrolling, Management Reporting und Datenmanagement im Fokus.

❚ Wie empfohlen, sollte die Anpassung der Controllingprozesse nicht auf einmal, sondern sukzessive und stufenorientiert erfolgen – entsprechend dem Reifegrad des eigenen Unternehmens.

❚ Als erstes sollten die Teilprozesse und Instrumente der strategischen Planung angepasst werden. Zusätzliche Stakeholder sind zu berücksichtigen, nachhaltigkeitsbezogene Aspekte zu integrieren und Szenario-Betrachtungen und längerfristige Betrachtungszeiträume gewinnen an Bedeutung. Ein Schwerpunkt liegt auf der Überführung der Ziele in konkrete Maßnahmen und Messgrößen.

❚ Als logisch nächsten Schritt empfehlen wir die Anpassung des Investitionscontrolling-Prozesses. Im Rahmen der Investitionsbewertung werden Nachhaltigkeitsaspekte einbezogen,

Teilweise Integra on von Nachhal gkeits-Aspekten

Ausgewählte Aspekte einer Nachhal gkeits-Strategie werden definiert oder grundsätzliche Nachhal gkeitsStrategie vorhanden

Ausgewählte Nachhal gkeitsAspekte sind relevant in internen Entscheidungsprozessen

Freiwillige Standards werden ergänzend erfüllt; ein Zielbild zum Nachhal gkeits-Repor ng ist vorhanden

Anpassungen der basieren auf regulatorischen Vorgaben

Nutzung bestehender Systeme, Effizienzfokus bei Erweiterungen, geringe Frequenz

Experten zu externen Anforderungen, begrenzter Personenkreis für Diskussionen

Einzelverantwortliche Personen und Gremien, ausgewählte Entscheidungsprozesse

Volumen-/frequenzabhängige Integra on von Daten in bestehende Systemlandscha

Breite und regelmäßige Trainings, Nachhal gkeitsVerankerung über regelmäßige Change-Maßnahmen

Vollintegrierter Bestandteil von Geschä smodell, Strategie und Steuerung

Nachhal gkeits-Ziele sind vollständig verzahnt mit einer Gesamtstrategie und Strategieprozess, Ziele und Maßnahmen werden heruntergebrochen

Nachhal gkeits-KPIs sind integriert in ein erweitertes Steuerungskonzept, inkl. Verankerung in Planung, Repor ng und Incen vierung

Ak ves Management externer Standards (vorgegeben/freiwillig) durch kon nuierliches Monitoring, Bewertung und Weiterentwicklung der Systeme, Daten und Prozesse

Separate Nachhal gkeitsEinheit(en) und Nachhal gkeit als integraler Bestandteil von Gremien

Integriertes Nachhal gkeitsDatenmodell, vollständige Verankerung, Automa sierung und Prüfung

Nachhal gkeit als integrierter Bestandteil der Kultur über alle Geschä smodelle und Funk onen

Abb 1: Reifegradmodell für die nachhaltige Unternehmenssteuerung.3

Abb 2: Nachhaltigkeitsbasierte Auswirkungen auf Controllingprozesse anhand des IGC-Controlling-Prozessmodells (blau hervorgehoben mit Auswirkungen bzgl Nachhaltigkeit).4

Sub-Prozesse Hauptprozesse

Strategische Planung

sodass diese bei Investitionsentscheidungen Berücksichtigung finden. Demnach würden bei der Standortauswahl für ein Fertigungswerk neben den erwarteten Kosten in der ökonomisch-finanziellen Dimension ebenso Auswirkungen auf lokale Gemeinden in der sozialen Dimension sowie ökologische Auswirkungen (zB die potenzielle Gefährdung heimischer Pflanzen- und Tierarten) einbezogen werden.

❚ Risikocontrolling, Management Reporting sowie Datenmanagement sind Prozesse, die insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Regulatorik stärker in den Fokus rücken. Dies wird auch den Business-Partnering-Prozess betreffen, um den Schritt weg von reinem Reporting hin zu einem proaktiven PerformanceManagement zu realisieren. Das heißt, diese Prozesse sind unbedingt und möglichst integrativ auf die Nachhaltigkeitsanforderungen anzupassen.

❚ Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in der Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung ist in der Unternehmenspraxis sehr unterschiedlich. Nur wenige Unternehmen haben hier bereits ihre bestehenden Instrumente angepasst bzw neue Instrumente wie zB eine Umweltkostenrechnung oder umweltbezogene Lebenszyklusrechnung etabliert. Der naheliegendste Anknüpfungspunkt ist die Anlehnung bzw Integration des Carbon Accountings – das Erfassen, Auswerten und Berichten von CO2-Emissionen – an die klassische Kostenrechnung (Wie viel kostet uns unser CO2-Fußabdruck?) sowie das Datenmanagement (Datenquellen, Instrumente und Implementierung des Carbon Accountings). Die Bilanzierung von CO2-Emissionen sollte in ein

Set-updes Prozesses vornehmen Strategische Analysen durchführen

Set-updes Prozesses vornehmen

Set-updes Prozesses vornehmen

Kosten-, Leistungsund Ergebnisrechnung

Stammdaten definieren und pflegen

Vision, Mission, Werte & strategische Zielposi onen überprüfen und ggf. anpassen

Zugrunde liegendes Geschä smodell überprüfen und ggf. anpassen

Planungsprämissen und Topdown-Ziele festlegen & kommunizieren

Inves on planen und Inves onsantrag erstellen

Kostenarten- und Kostenstellenrechnung (inkl. Leistungsverrechnung) durchführen

Strategische Stoßrichtung ableiten bzw. aktualisieren

Einzelpläne und Budgets erstellen, zusammenfassen & konsolidieren

Inves onsprogramm und Einzelinves onen entscheiden

Angebots-/Au rags/Plankalkula onen durchführen (Vorkalkula on)

Set-up des Prozesses vornehmen Repor ngsystem-/Datenprozesse managen

Entscheidungsprozesse begleiten und moderieren

Ak v Maßnahmen zum Ergebnis-/ Kostenmanagement ini ieren und begleiten

Set-updes Prozesses vornehmen Projekt planen

Risikocontrolling

Datenmanagement

Set-up des Prozesses Unternehmensdaten inventarisieren und analysieren

Qualität des Controllings kon nuierlich überprüfen

Wirkungszusammenhänge zwischen Datenqualität und ökonomischen Auswirkungen erfassen

Controlling permanent (weiter)entwickeln

Carbon Controlling eingebunden sein und das Controlling Ziele definieren und kontrollieren, um die CO2-Effizienz zu steigern.

4. Gestaltungsfaktoren für ein nachhaltiges

Controlling: Umsetzung der Reifegradstufen 1 bis 3

Dem Controlling kommt eine bedeutende Rolle im Transformationsprozess zur nachhaltigen Unternehmenssteuerung zu. Gleichzeitig stehen Unternehmen vor der Herausforderung, diese Rolle sinnvoll zu füllen. Es stellen sich zB Fragen wie

❚ „Wie wird das Thema Nachhaltigkeit organisatorisch und Governance bezogen verankert?“

❚ „Welche nachhaltigkeitsorientierten Daten sind je Reifegradstufe erforderlich?“

❚ „Welche Implikationen hat die Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Aufbau eines Nachhaltigkeitscontrollings auf die Controllingaufgaben bzw -prozesse?“

Nachfolgende Impulse sollen diese und weitere Fragen klären. Zur Orientierung dient das Controlling- & Nachhaltigkeitshaus (vgl Abb 3), das entlang von neun Gestaltungsfaktoren (die teilweise mit den IGC-Prozessen überlappend sind) aufzeigt, welche Aspekte im Transformationsprozess berücksichtigt und – wie der Name schon sagt –aktiv gestaltet werden müssen.

Teil der Gestaltungsfaktoren sind die fünf Kernprozesse des ICV-Prozessmodells (integriert in die Gestaltungsfaktoren 3, 4, 5, 7, vgl auch IGC 2017, 19) sowie aufgrund seiner überragenden Bedeutung im Nachhaltigkeitscontrolling das Datenmanagement (Gestaltungsfaktor 6) sowie die strategische Planung (in Form der Nachhaltigkeitsstrategie, Gestaltungsfaktor 1). Das Risiko-

Konkrete Ziele und Maßnahmen + Messgrößen definieren

Strategie finanziell bewerten

Ergebnisse der Planung prüfen, Pläne anpassen und Planung verabschieden

Inves ons-Monitoring inkl. Forecasts durchführen

Mitlaufende bzw. Nachkalkula on durchführen

Datenanalyse durchführen und Berichte erstellen (Zahlenteil)

Prozessanalysen undop mierung ini ieren und mitarbeiten

Projektgenehmigung entscheiden

Steuerungsindikatoren festlegen

Zusammenwirken verschiedener ControllerEbenen (zentral, dezentral) organisieren

Strategie mit relevanten Stakeholdern abs mmen, vorstellen und verabschieden

Strategie über verschiedene Führungsebenen kommunizieren

Strategieumsetzung monitoren

Forecast erstellen/ aktualisieren, mit letztem Forecast/ Plan/ Budget abgleichen & Abweichungen analysieren

Entscheidungsvorlagen und Handlungsempfehlungen erstellen

Periodenerfolgsrechnun g durchführen

Periodenabschlüsse der Kostenrechnung durchführen

Berichte erstellen (Abweichungsanalyse, Botscha und Kommentar)

In Projekten (Organisa on, Restrukturierung etc.) mitarbeiten

Projek ortschri berichte inkl. Abweichungsanalysen und Forecasts erstellen

Zielwerte der Steuerungsindikatoren definieren

Richtlinien und Standards erarbeiten und dokumen eren (z. B. Controlling-Handbuch)

Gegensteuerungsmaßnahmenerarbeiten

Inves on nachkalkulieren

Abweichungsanalysen durchführen

Bewertung durch Management durchführen und Maßnahmen ini ieren

Betriebswirtscha liches Know-how im Unternehmen ak v fördern

Entscheidungsvorlagen und Handlungsempfehlungen erstellen

Steuerungsindikatoren messen Messwerte analysieren

Wissen bzgl. angepasster/neuer Instrumente vermi eln und dokumen eren

Projektabschlussbericht erstellen und Projektreview durchführen

Datenqualitäts -maßnahmen ableiten

Prüfung der potenziellen Ausgliederung von Controlling-Prozessen

Abgabe Datenqualitätsbericht

controlling sehen wir als Teilaspekt der Nachhaltigkeitsstrategie, das Projektcontrolling haben wir aufgrund der eher geringen Nachhaltigkeitsrelevanz nicht separat berücksichtigt.

Ergänzend zu den oben genannten Controllingprozessen umfasst das Controlling- & Nachhaltigkeitshaus auch Personalentwicklungs- und Führungs- sowie Governance- bzw Organisationsaspekte (Gestaltungsfaktoren 8 und 9), ohne die ein Nachhaltigkeitsmanagement und -controlling nicht erfolgreich implementiert werden könnte. Ferner ist insgesamt ein nachhaltigkeitstaugliches Steuerungskonzept zu entwickeln bzw das existierende Konzept um die gewünschten Nachhaltigkeits-KPIs zu ergänzen (in Abhängigkeit vom angestrebten Reifegrad).

Das Controlling- & Nachhaltigkeitshaus setzt sich nach folgender Aufbaulogik zusammen:

Das Dach und damit der Ausrichtungspunkt für die Gestaltung von Controlling und Nachhaltigkeit bilden der Gestaltungsfaktor 1: Nachhaltigkeitsstrategie und Gestaltungsfaktor 2: KPIs und Steuerungskonzept. Eine nachhaltigkeitsorientierte Unternehmenssteuerung beginnt in diesem Dach, indem die Strategie und die Steuerungskonzepte an den jeweils relevanten Nachhaltigkeitsaspekten ausgerichtet werden.

Die Säulen des Hauses bilden, wie oben ausgeführt, die Controlling-Kernprozesse, die fundamental von einer nachhaltigkeitsorientierten Unternehmenssteuerung betroffen sind und einer Anpassung an Nachhaltigkeitsanforderungen bedürfen (siehe nochmals Abb 2 zur Betroffenheit der verschiedenen Subprozesse im ControllingProzessmodell). Veränderungspotenzial bzw Notwendigkeit sollten je Gestaltungsfaktor identifiziert und auf die gewünschten Nachhaltigkeitsaspekte (abhängig von der angestrebten Stufe) ausgerichtet gehoben werden.

Das Fundament besteht aus Querschnittsthemen, die sowohl die betroffenen Hauptprozesse im Controlling tragen – die Säulen – als auch zur Umsetzung der Strategie, des Dachs, beitragen. Hierzu gehört Gestaltungsfaktor 7: Business Partnering. Gestaltungsfaktor 8: Governance und organisatorische Verankerung und Gestaltungsfaktor 9: Kompetenz, Mindset und Incentivierung.

Orientiert an dem Reifegradmodell wäre unser Vorgehensvorschlag zur Umsetzung der Gestaltungsfaktoren folgender:

❚ Bezüglich des Reifegrades 1 empfehlen wir zur Umsetzung der regulatorischen Mindestanforderungen zunächst die unternehmensspezifische Ausarbeitung und Implementierung der Gestaltungsfaktoren 2, 4, 6 und 8.

❚ Um einen Reifegrad 2 zu erreichen, also die teilweise Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Unternehmenssteuerung, sollten auch die Gestaltungsfaktoren 3 und 5 ausgearbeitet sowie erste Überlegungen zum Gestaltungsfaktor 1 erarbeitet sowie implementiert werden.

❚ Schließlich sind für den Reifegrad 3 (die nachhaltige Unternehmenssteuerung ist vollintegrierter Bestandteil von Geschäftsmodell,

Strategie und Steuerung) auch Konzepte für die Gestaltungsfaktoren 7 und 9 sowie deren Umsetzung erforderlich.

Auf den Punkt gebracht

Die Relevanz und Aktualität des Themas Nachhaltigkeitscontrolling steht außer Frage. Der Druck, ein gangbares Modell für die eigene Unternehmensrealität zu finden, ist hoch; dementsprechend groß ist die Herausforderung. Das Reifegradmodell für ein nachhaltiges Controlling bietet Orientierung. Es dient einerseits zur Analyse des Status quo, genauso aber auch zur Definition des Zielbildes. Abgeleitet hiervon können betroffene Controllingprozesse nach und nach zielgerichtet verändert werden. Basis dieser Transformation sind die vorgestellten Gestaltungsfaktoren. Aus Sicht der IGC ist es wichtig, dass Controllerinnen und Controller die aktuelle Herausforderung annehmen, den aktuellen Gestaltungsraum für ein nachhaltiges Controlling proaktiv nutzen und sich die nötige Kompetenz für die umfangreichen neuen Aufgaben aneignen. Sonst kann die wichtige und umfassende Rolle des Controllings in der Nachhaltigkeitstransformation nicht zufriedenstellend wahrgenommen werden.

Anmerkungen

1 Die im Beitrag skizzierten Überlegungen basieren in Teilen auf dem Dream-Car-Bericht der ICV-Ideenwerkstatt: Gleich/Tobias/Losbichler et al, Controlling & Nachhaltigkeit: Die Rolle des Controllings im Transformationsprozess zur nachhaltigen Unternehmenssteuerung (2023). Die Abbildungen und Textteile sind dem Dream-Car-Bericht entnommen. Auf eine detaillierte Textzitation aus dem Bericht wurde verzichtet. Weitere Autoren des Dream-CarBerichts: Grünert, Maron, Blachfellner, Dillenberger, Patzke, Seiter, Dannenberg, Dreher, Hartlieb, Hein, Kämmler-Burrak, Linde, Möhrer, Neuhuber, Schulze, Wink

2 IGC, Controlling-Prozessmodell 2.0 (2017).

3 Gleich/Tobias/Losbichler et al, Controlling & Nachhaltigkeit (2023) 92.

4 Gleich/Tobias/Losbichler et al, Controlling & Nachhaltigkeit (2023) 22.

5 Gleich/Tobias/Losbichler et al, Controlling & Nachhaltigkeit (2023) 33.

Gestaltungsfaktor 3:

Planung, Budge erung und Forecast

Abb 3: Gestaltungsfaktoren im Controlling- & Nachhaltigkeitshaus.5

Gestaltungsfaktor 1: Nachhal gkeitsstrategie

Gestaltungsfaktor 2: KPIs und Steuerungskonzept

Gestaltungsfaktor 4: Managementrepor ng

Gestaltungsfaktor 5:

Inves onsund Kostencontrolling

Gestaltungsfaktor 7: Business Partnering

Gestaltungsfaktor 6:

Datenmanagement und -integra on

Gestaltungsfaktor 8: Governance und organisatorische Verankerung

Gestaltungsfaktor 9: Kompetenz, Mindset und Incen vierung

Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM

Von der Compliance-Pflicht zur strategischen Bedeutung

Fridtjof Sobanski / Eduard Kurz

DI Fridtjof Sobanski ist Manager im Bereich Climate Change & Sustainability Services bei EY in Wien.

Dipl.-Kfm. Eduard Kurz, LL.M. ist Senior Manager im Bereich Global Trade bei EY in Wien.

Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM) trifft große Teile der europäischen Industrie und stellt die Unternehmensorganisation vor spezifische Herausforderungen. CBAM-Compliance ist ein funktionsübergreifendes Thema, bei dem es wichtig ist, dass alle relevanten Organisationsbereiche im Unternehmen von Anfang an aufeinander abgestimmt sind. Dabei sind Daten eine der größten Hürden, mit denen Unternehmen konfrontiert sind, wenn es darum geht, die Berichtspflicht effizient und rechtskonform umzusetzen.

1. Aktuelle Situation

1.1. EU-Emissionshandel und CBAM

CBAM ist ein umweltpolitisches Instrument und ein Schlüsselelement der „Fit for 55“-Agenda der Europäischen Kommission mit dem erklärten Ziel, die CO2-Emissionen im Einklang mit dem Pariser Übereinkommen bis 2030 um 55 % im Vergleich zu 1990 zu senken.

Das zentrale Klimaschutzinstrument der EU bildet bereits seit 2005 der Europäische Emissionshandel (EU-ETS), mit dem in der EU emittierte Treibhausgase bepreist werden. CBAM wiederum zielt darauf ab, auf importierte Produkte die gleichen CO2-Kosten anzuwenden, die für im Unionsgebiet betriebene Anlagen anfallen würden. Auf diese Weise verringert CBAM das Risiko, dass die Klimaziele der EU durch die Verlagerung der Produktion in Länder mit weniger ambitionierten Dekarbonisierungsmaßnahmen (sogenanntes „Carbon Leakage“) untergraben werden.

1.2. CBAM-Übergangsphase

Alle Unternehmen, die Eisen, Stahl, Aluminium, Zement, Elektrizität, Düngemittel, Wasserstoffe so-

wie bestimmte vor- und nachgelagerte Produkte in reiner oder verarbeiteter Form aus Nicht-EU-Staaten importieren, müssen in der Übergangsphase von CBAM, die am 1. 10. 2023 begonnen hat und bis zum 31. 12. 2025 andauert, alle Importe und die während der Produktion dieser Güter verursachten Treibhausgasemissionen (THG) in einem CBAMBericht quartalsweise melden. Importeure können ihre ersten Berichte bis zum 31. 1. 2024 einreichen, detaillierte Änderungen der Berichte sind bis zum 31. 7. 2024 möglich.

1.3. CBAM-Bepreisungsphase

Sobald das CBAM-System mit der Bepreisungsphase am 1. 1. 2026 vollständig in Kraft tritt, müssen Importeure jedes Jahr die im Vorjahr in die EU importierte Warenmenge und die darin enthaltenen Treibhausgasemissionen berichten und die entsprechende Anzahl an CBAM-Zertifikaten erwerben und abgeben. Der Importeur ist für die Berechnung der Abgabe verantwortlich und muss stets mindestens 80 % der importierten Waren mit Zertifikaten abdecken.

Wurden die Waren bereits einer CO2-Preisregelung im Ursprungsland unterworfen, kann der dort gezahlte Preis vom EU-CBAM-Betrag abgezogen werden, um eine Doppelbelastung zu vermeiden. Dies soll außerdem Länder weltweit dazu motivieren, eigene Abgaben auf Emissionen einzuführen.

Hat ein Importeur zu viele CBAM-Zertifikate erworben, können diese an die CBAM-Behörde zurückverkauft werden. Dabei ist die Anzahl der Zertifikate, die zurückgekauft werden können, auf ein Drittel der Gesamtzahl der CBAM-Zertifikate begrenzt, die der zugelassene CBAM-Anmelder im vorangegangenen Kalenderjahr erworben hat.

Mehrere Sektoren müssen Zer fikate kaufen, um die Treibhausgasemissionen auszugleichen:

► Zement

► Stahl und Eisen

► Aluminium

► Düngemi el

► Elektrizität

► Wasserstoff

onale zuständige Behörden

onale zuständige Behörden verkaufen Zer fikate

Der Preis der Zertifikate wird auf der Grundlage des wöchentlichen durchschnittlichen Auktionspreises der EU-ETS-Zertifikate berechnet. Das Auslaufen der kostenlosen Zuteilung im Rahmen des EU-ETS erfolgt parallel zur schrittweisen Einführung von CBAM im Zeitraum von 2026 bis 2034.

Für Importeure, die Schwierigkeiten haben, die nach den neuen EU-Bestimmungen ermittelten „eingebetteten Emissionen“ zu deklarieren, werden die Emissionen anhand von Benchmark-Werten bestimmt, die von der Europäischen Kommission veröffentlicht werden. Werden zu niedrige Werte erklärt, werden neben dem nachträglichen Erwerb von CBAM-Zertifikaten monetäre Sanktionen verhängt.

2. Ermittlung der Emissionen

Für die Ermittlung der Emissionen CBAMrelevanter Waren werden diese in „einfache“ und „komplexe“ Waren unterschieden. „Einfache“ Waren werden aus nach der CBAM-Methode als emissionsfrei geltenden Rohstoffen hergestellt. „Komplexe“ Waren haben Vorläuferstoffe im Geltungsbereich von CBAM, deren Emissionen bei der Berechnung berücksichtigt werden müssen. Prinzipiell gilt der CBAM für die „direkten“, herstellungsbedingten Emissionen (sogenannte „graue“ Emissionen) der entsprechenden Importgüter.

Indirekte Emissionen umfassen Emissionen aus der Produktion von Elektrizität, die bei der Herstellung von CBAM-Waren verbraucht wird. Während der Übergangsphase müssen Importeure sowohl

direkte als auch indirekte Emissionen melden, bei komplexen Waren auch für die entsprechenden Vorläuferstoffe. Die verschärfte Regulierung der Importe bietet eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der Werte, die zur Berechnung der eingebetteten Emissionen während der Übergangsphase genutzt werden dürfen. Bis Ende 2024 haben Unternehmen drei Möglichkeiten zur Emissionsermittlung.

2.1. Berechnungsmethoden

2.1.1. Berechnung anhand von direkten Methoden Die von der EU als vorzugsweise zur Anwendung deklarierte Methode – die so genannte EU-Methode – stützt sich auf die Überwachung der tatsächlichen Emissionen in den Herstellungsverfahren CBAM-relevanter Güter. Für die Bestimmung der tatsächlichen grauen Emissionen einfacher Waren werden direkte, bei der Herstellung anfallende, aus Wärmeströmen resultierende und gegebenenfalls indirekte, aus dem Stromverbrauch resultierende Emissionen, berücksichtigt.3

Die der Ware zugeordneten Emissionen werden durch die Menge der im Berichtszeitraum in der Anlage hergestellten Waren geteilt. Die Berechnungsmethoden für die Zuordnung der Emissionen werden in Anhang III der Durchführungsverordnung ausführlich beschrieben. Für komplexe Güter wird diese Rechnung um die grauen Emissionen von CBAM-relevanten Vorläuferstoffen, die während des Herstellungsverfahrens verwendet wurden, erweitert.4

Bis zum 31. 12. 2024 dürfen die Emissionen außerdem mit einer der folgenden Überwachungs-

Berichtseinheit je Tonne

Treibhausgas

2 (inkl Distickstoffoxid für einige nachgelagerte Produkte)

2 (inkl PFCs für einige nachgelagerte Produkte) CO2

Emissionsabdeckung in der Übergangsphase direkte und indirekte Emissionen nur direkte Emissionen Emissionsabdeckung in der Bepreisungsphase direkte und indirekte Emissionen nur direkte Emissionen

Ermittlung direkter Emissionen

Ermittlung indirekter Emissionen

Basiert auf tatsächlichen Emissionen, es können jedoch Schätzungen (einschließlich Standardwerte) für bis zu 100 % der spezifischen direkten eingebetteten Emissionen für Importe bis zum 30. 6. 2024 und danach bei komplexen Waren für bis zu 20 % der gesamten spezifischen eingebetteten Emissionen für Importe bis zum 31. 12. 2025 verwendet werden.

Basierend auf dem tatsächlichen Stromverbrauch und den standardmäßigen Emissionsfaktoren für Strom, sofern keine Bedingungen erfüllt sind (zB direkter technischer Anschluss oder Stromabnahmevertrag). Schätzungen (einschließlich Standardwerte) können für bis zu 100 % der spezifischen indirekten eingebetteten Emissionen für Importe bis zum 30. 6. 2024 verwendet werden.

Tab 1: Vorgaben für die Emissionsermittlung.2

Basierend auf Standardwerten (sofern nicht mehrere kumulative Bedingungen erfüllt sind)

nicht anwendbar (s.o.)

und Berichterstattungsmethoden berechnet werden, sofern diese zu einer ähnlichen Abdeckung und Genauigkeit der Emissionsdaten führen wie die EU-Methode:

❚ CO2-Bepreisungssystem am Anlagenstandort,

❚ verbindliches Emissionsüberwachungssystem am Anlagenstandort,

❚ Emissionsüberwachungssystem in der Anlage, was auch die Überprüfung durch einen akkreditierten Prüfer einschließen kann.5

2.1.2. Berechnung anhand von indirekten Methoden

Sollten direkte Methoden nicht verfügbar oder technisch unmöglich sein bzw unverhältnismäßige Kosten verursachen, können stattdessen indirekte Methoden zur Bestimmung der Emissionen verwendet werden. Beispiele für solche indirekten Methoden wären die Berechnung auf Basis eines bekannten chemischen oder physikalischen Prozesses, Berechnung auf Basis der Auslegungsdaten der Anlage, wie etwa der Energieeffizienz oder empirischen Tests zur Bestimmung von Schätzwerten.6

Ist es einem Betreiber nicht möglich, die tatsächlichen Daten für einen oder mehrere Datensätze unter Anwendung der EU-Methode zu bestimmen, und steht keine andere Methode zur Schließung von Datenlücken zur Verfügung, so kann auf die Standardwerte, die von der Kommission am 22. 12. 2023 erstmals für den Übergangszeitraum zur Verfügung gestellt und veröffentlicht wurden, zurückgegriffen werden.7

Für die ersten drei Quartalsberichte dürfen Importeure die eingebetteten Emissionen auch ausschließlich auf Basis dieser standardisierten Werte berichten. Ab dem dritten Quartal 2024 bis Ende 2025 dürfen bis zu 20 % der Gesamtemissionen von komplexen Waren weiterhin auf Basis von Schätzungen berichtet werden. Die Nutzung der standardisierten Werte wird dann als ‚Schätzung‘ gewertet.8

3. Supplier Engagement – Synergieeffekte mit CSRD und CSDDD

Der graduelle Anstieg der Reportinganforderungen ausgehend von der Berechnung anhand von Standardwerten hin zu der tatsächlichen Überwachung der Emissionen von Herstelleranlagen verlangt von europäischen Unternehmen eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit ihrer Lieferkette. Dabei gibt es Synergieeffekte zwischen den CBAM-Anforderungen und den klimabezogenen Reportinganforderungen der CSRD9 wie zum Beispiel der verpflichtenden Berichterstattung von THG-Emissionen in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette (Scope 3) oder den Anforderungen im Bereich Sorgfaltspflichten der CSDDD.10

Die Kommission hat Leitfäden11 und Vorlagen12 veröffentlicht, die den Herstellern helfen sollen, die eingebetteten Emissionen der von ihnen hergestellten Waren für Zwecke der CBAM-Compliance zu ermitteln. Letztendlich trägt jedoch das importierende Unternehmen die Verantwortung dafür, die Vollständigkeit und Korrektheit der CBAMBerichte zu gewährleisten. Der meldende Deklarant ist haftbar und kann bei Nichteinhaltung der CBAM-Berichtspflichten mit Sanktionen belegt werden. Eine gute Zusammenarbeit zwischen den Herstellern in Drittländern und den Meldepflichtigen ist von entscheidender Bedeutung, um nicht nur den Anforderungen des CBAM langfristig zu entsprechen, sondern auch die nach der Übergangsphase graduell ansteigenden Kosten zu minimieren.

4. Finanzielle Aspekte

4.1. Kosten für CBAM-Zertifikate

Mit der phasenweisen Einführung von CBAM und dem Auslaufen der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten in den Jahren 2026 bis 2034 für Sektoren, die unter CBAM fallen, werden die Kosten für den Ausstoß von Emissionen in der EU und für den Erwerb von CBAM-Zertifikaten erheblich steigen und damit sowohl die Produkti-

Abb

onskosten im Unionsgebiet erhöhen als auch die Kosten von Importen aus dem Drittland. In Abbildung 2 wird eine beispielhafte Entwicklung der Importkosten aufgezeigt, die sich aus dem Preis für Stahl und den Kosten für den Erwerb von CBAMZertifikaten zusammensetzen.

Ausgehend von einem Stahlpreis14 von 510 €, einem CO2-Emissionspreis15 von 100 € und in der Annahme eines jährlichen Anstiegs der Stahlpreise um 1 % sowie eines jährlichen Anstiegs der Emissionspreise von 5 % infolge der schrittweisen Reduzierung der freien Zuteilungen können bei einer konservativen Modellrechnung mit einem Wert von 1,8 Tonnen direkten und indirekten Emissionen16 bei der Produktion von einer Tonne Stahl die CO2-Kosten bei Importen aus dem Drittland mehr als ein Drittel der Kosten der Stahlimporte betragen.17

4.2. Sanktionen

Versäumt der berichtspflichtige Importeur die Übermittlung eines CBAM-Berichts oder ist der CBAM-Bericht unzutreffend oder unvollständig werden Sanktionen erhoben.18 Die Höhe der Sanktion beträgt zwischen 10 € und 50 € je Tonne nicht gemeldeter Emissionen und erhöht sich entsprechend dem Europäischen Verbraucherpreisindex. Der tatsächliche Betrag der Sanktionen richtet sich nach dem Umfang der nicht gemeldeten Angaben, der Menge der nicht gemeldeten eingeführten Waren und die mit diesen Waren verbundenen Emissionen sowie von der Bereitschaft des berichtspflichtigen Importeurs, angeforderte Informationen zu liefern bzw den CBAM-Bericht zu berichtigen.

Weitere Sanktionen werden in der Bepreisungsphase gegenüber dem zugelassenen CBAMAnmelder auferlegt, der nicht bis zum 31. 5. jedes Jahres die Anzahl an CBAM-Zertifikaten abgibt, die mit den Emissionen im vorausgegangenen Kalenderjahr eingeführten Waren verbunden sind.

Die Höhe der Sanktionen, die für das Versäumnis der Abgabe von CBAM-Zertifikaten verhängt werden, ist identisch mit den Sanktionen, die wegen Emissionsüberschreitung gemäß Emissionshandelsrichtlinie anfallen.19 Die Sanktion beträgt 100 € und gilt für jedes CBAM-Zertifikat, das der zugelassene CBAM-Anmelder nicht abgegeben hat.20

Daneben werden Sanktionen auferlegt, wenn eine andere Person als ein zugelassener CBAMAnmelder Waren in das Zollgebiet der Union verbringt, ohne die Verpflichtungen gemäß CBAMVO zu erfüllen. In Abhängigkeit von der Dauer, der Schwere, dem Umfang, der Vorsätzlichkeit und der Wiederholung eines solchen Verstoßes sowie vom Grad der Zusammenarbeit der Person mit der zuständigen Behörde21 beträgt die Sanktion für das Jahr der Verbringung der Waren 300 € bis 500 € für jedes nicht-abgegebene CBAM-Zertifikat.

Die Zahlung von Sanktionen entbindet den CBAM-Anmelder nicht von der Verpflichtung, die für ein bestimmtes Jahr ausstehende Anzahl an CBAM-Zertifikaten abzugeben.

5. Organisatorische Aspekte zur CBAM-Compliance

Grundsätzlich muss die Organisation der CBAMCompliance im Unternehmen weder im Bereich Steuern noch im Bereich Zoll verortet sein. Allerdings beinhalten die Regeln zahlreiche an das Zollrecht angelehnte Bestimmungen. Dies umfasst insbesondere die Identifikation betroffener Waren durch deren zolltarifliche Einreihung und den nichtpräferenziellen Ursprung sowie die Anwendung von Verfahrensvorschriften des Unionszollrechts sowie der Bundesabgabenordnung. Weiters können die Kosten sowie die Berichtspflichten durch die Anwendung besonderer Zollverfahren (beispielsweise aktive/passive Veredelung, Versandverfahren, Zolllager) und die Inanspruchnahme der Rückwarenregelung optimiert werden, was wiederum Zollkompetenzen erfordert. Auf zollrechtliche Regelungen zurückgegriffen wird ua auch bei den Ausnahmen, den Umgehungspraktiken und der (neu einzuführenden) Person des „authorized CBAM declarant“ Letztlich steuert die Unternehmensfunktion für Zoll, Trade Compliance bzw Außenhandel viele Daten für das CBAM-Berichtswesen bzw die CBAM-Anmeldung bei. Selbst wenn die Gesamtverantwortung für die CBAM-Abwicklung im Unternehmen nicht bei der Funktion für Zoll bzw Außenhandel liegt, werden diese Abteilungen stets als wichtige Prozessbeteiligte gefordert sein. Weitere Datenlieferanten sind typischerweise der Einkauf, Logistik und Supply Chain sowie die Nachhaltigkeits- und ESG-Funktion. Spätestens aber wenn zusätzlich zur CBAMCompliance auch die Verpflichtung dazukommt, CBAM-Zertifikate zu erwerben, werden zunehmend strategische Entscheidungen aus weiteren Organisationsbereichen des Unternehmens iZm CBAM gefordert sein – sei es für die Bestimmung der erforderlichen Anzahl zu erwerbender Zertifikate durch die Produktionsplanung/-steuerung bzw das Controlling, Beschaffungsentscheidungen durch die Einkaufsfunktion oder die Berücksichtigung von CBAM-Themen in strategischen Entscheidungen bei Investitions- und M&A-Aktivitäten.

Supply Chain

Trade Compliance und Zoll

Strategische Beschaffung

Nachhaltigkeit und ESG

Wichtige Stakeholder

Abb 3: Von CBAM-Themen betroffene Organisationsbereiche.

Nachhaltigkeit und EU-ETS

Steuern (meist Indirekte Steuern)

Rechtsabteilung/ Legal

Controlling

6. Handlungsmaßnahmen

Als junge regulatorische Anforderung stellt CBAM mit seinen Berichtspflichten europäische Unternehmen bereits in der Übergangsphase vor große Herausforderungen. Diese reichen von der initialen Identifizierung CBAM-relevanter Güter über die Berechnung der damit verbundenen Emissionen bis zu der organisatorischen Verankerung der Thematik innerhalb des Unternehmens. CBAM berührt als Querschnittsmaterie diverse Unternehmensbereiche und fordert Unternehmen, das Thema entweder selbst personell zu besetzen oder sich externe Unterstützung zu suchen.

Nach der Übergangsphase ist vor der Bepreisungsphase – neben den graduell ansteigenden finanziellen Auswirkungen sollten auch die mit der Nicht-Einhaltung oder einer fehlerhaften Umsetzung einhergehenden Strafen Unternehmen motivieren, das Thema von einer Compliance-Pflicht hin zu einem strategischen Instrument zu entwickeln.

Anmerkungen

1 Vgl Verordnung (EU) 2023/956 des europäischen Parlaments und des Rates vom 10. 5. 2023 zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM-VO), eigene Darstellung.

2 Vgl Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) Questions and Answers (Stand 22. 12. 2023), eigene Darstellung.

3 Vgl Anhang IV Artikel 2 CBAM-VO.

4 Vgl Anhang III Abschnitt B Durchführungsverordnung (EU) 2023/1773 der Kommission vom 17. 8. 2023 mit Vorschriften über die Anwendung der Verordnung (EU) 2023/956 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die im Übergangszeitraum geltenden Berichtspflichten für die Zwecke des CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM-DVO).

5 Vgl Art 4 Abs 2 CBAM-DVO.

6 Vgl Anhang III Abschnitt A.3. Art 1 CBAM-DVO.

7 Default values for the transitional period of the CBAM between 1 October 2023 and 31 December 2025, abrufbar unter https://taxation-customs.ec.europa.eu/system/files/ 2023-12/Default%20values%20transitional%20period.pdf (Zugriff zuletzt am 16. 1. 2023).

8 Vgl Anhang III Abschnitt A.3. Artikel 1. CBAM-DVO

9 Corporate Sustainability Reporting Directive, idF Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und

des Rates vom 14.  12. 2022 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen.

10 Corporate Sustainability Due Diligence Directive, vgl Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (COM/2022/71 final).

11 Guidance document on CBAM implementation for installation operators outside the EU, abrufbar unter: https:// taxation-customs.ec.europa.eu/system/files/2023-12/ Guidance%20document%20on%20CBAM%20implement ation%20for%20installation%20operators%20outside%20 the%20EU.pdf (Zugriff zuletzt am 16. 1. 2023).

12 CBAM communication template for installations, abrufbar unter https://taxation-customs.ec.europa.eu%2Fsystem%2 Ffiles%2F2023-11%2FCBAM%2520Communication%25 20template%2520for%2520installations_en_071123.xlsx (Zugriff zuletzt am 16. 1. 2023).

13 Basierend auf Daten der Europäischen Kommission, eigene Darstellung. Die Abbildung spiegelt den aktuellen Stand der gesetzlichen Regelungen wider. Die Grafik zeigt eines von vielen Szenarien. Abhängig von den Variablen könnten die CBAM-Kostenauswirkungen deutlich größer sein.

14 Preis für die Sorte Steel Rebar an der London Metal Exchange im November 2023 (Quelle: The London Metal Exchange).

15 Der Preis für CO2-Emissionsrechte (Ariva Indikation) lag im März 2023 zum Höchststand bei 100,5 € und Ende Dezember 2023 bei 81 € (Quelle: boerse.de)

16 Die Standardwerte für direkte und indirekte Emissionen für Eisen und nicht legierter Stahl in Rohblöcken oder anderen Rohformen liegt lt Veröffentlichung der EU zwischen 2,2 und 2,7 Tonnen Emissionen je Tonne Eisen oder Stahl, vgl Default values for the transitional period of the CBAM between 1 October 2023 and 31 December 2025, Europäische Kommission (Stand: 22. 12. 2023).

17 In der Modellrechnung bei einem Stahlpreis von 563 €/t in 2034 und Kosten für CO2-Zertifikate von 293 € für die Emissionsmenge von 1,8 t CO2 ergeben sich Gesamtkosten von 857 €/t bei Importen von Stahl. Der Anteil der CO2-Kosten beträgt bei dieser Berechnung 34 % der Gesamten Importkosten.

18 Vgl Art 16 CBAM-DVO.

19 Vgl Art 16 Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 10. 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (Emissionshandelsrichtlinie).

20 Vgl Art 26 CBAM-VO.

21 Amt für den nationalen Emissionszertifikatehandel (AnEH) beim Zollamt Österreich.

Energiekostenförderung

Energiekostenzuschuss

II für Unternehmen

Andreas Mitterlehner / Katharina Huber

Nach langem Warten wurde im Spätherbst der Energiekostenzuschuss II (EKZ II) gestartet. Ein Antrag auf EKZ II war nach rechtzeitiger Voranmeldung bis längstens 7. 12. 2023 (abhängig vom zugewiesenen Antragsfenster) über den awsFördermanager möglich. Die entsprechenden Förderungszusagen wurden von der aws bereits ausgestellt und auch die ersten Auszahlungen sind zum Teil schon erfolgt. Auf die Antragsphase folgt im ersten Quartal 2024 die Abrechnung der zweiten Förderungsperiode. Auch ein FAQ-Update ist in der Zwischenzeit bereits erfolgt. Wir haben die wesentlichen Neuerungen und Praxiserfahrungen zusammengestellt und geben Hinweise für die noch ausstehende zweite Förderungsperiode.

1. „Energiekostenzuschuss für Unternehmen 2“ (EKZ II)

Mit dem Energiekostenzuschuss (EKZ) wurde im Jahr 2022 ein Instrument geschaffen, welches die Belastung durch Mehraufwendungen für den Energieverbrauch von energieintensiven Unternehmen reduzieren sollte.1 Der EKZ I2 und der EKZ I Q4 20223 deckten die Monate Februar bis Dezember 2022 ab.

Bereits im Dezember 2022 erfolgte die erste (politische) Ankündigung für einen EKZ II für das Jahr 2023, nähere Details zum Verfahren wurden dann aber erst deutlich später mit Mitte Oktober 2023 veröffentlicht.4 Die finale Fassung der Richtlinie wurde schlussendlich mit 20. 11. 2023 veröffentlicht.5 Wenngleich der Umfang der neuen Richtlinie deutlich angewachsen ist, war für die Anwendungspraxis erfreulich, dass sich sowohl die Förderungsrichtlinie selbst wie auch der Fragenkatalog6 in weiten Teilen an den Vorgängerregelungen orientiert haben.7

Das Antragsfenster (von 9. 11. bis 7. 12. 2023) ist bereits abgelaufen und auch die Förderzusagen wurden von der aws schon zugestellt.8 Auch die ersten Auszahlungen des EKZ II sollen bereits in 2023 erfolgt sein, wobei der Großteil erst in 2024 ausgezahlt wird.9

Im Vergleich zu den Vorgängerregelungen (EKZ I und EKZ I Q4) gibt es beim EKZ II die folgenden wesentlichen Änderungen/Neuerungen:

❚ Energieintensität als Voraussetzung nur in Berechnungsstufen 3 und 4;

❚ Ausweitung der förderfähigen Energieformen insbesondere in Basisstufe 1;

❚ Betriebsverlust oder EBITDA-Absenkung von mindestens 40 % bei Förderungen über 125.000 € pro Förderungsperiode erforderlich;

❚ Erweiterung um eine zusätzliche Berechnungsstufe (Stufe 5);

❚ Beschränkung von Gewinnausschüttungen für einen Zeitraum von sieben Monaten;

❚ Beschäftigungsgarantie in den Stufen 2 bis 5.

1.1. Antragsberechtigte

Die Definition der förderungsfähigen Unternehmen orientiert sich im Wesentlichen an bekannten Kriterien der Vorgängerförderungen und ist daher wieder grundsätzlich größen- und rechtsformunabhängig. Förderungsfähig sind damit wiederum bestehende Unternehmen mit Betriebsstätte in Österreich, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gewerblich oder industriell unternehmerisch tätig sind,10 konzessionierte Unternehmen des öffentlichen Verkehrs sowie gemeinnützige Rechtsträger mit ihren unternehmerischen Tätigkeiten im umsatzsteuerlichen Sinne (§ 2 UStG).

Hinsichtlich des Kriteriums der „Energieintensität“ sind in den fünf Förderstufen folgende Unterschiede zu beachten:11

Berechnungsstufe

Energieintensität muss vorliegen12 Anmerkung

Stufe 1 nein

Stufe 2 nein

Stufe 3 ja

Stufe 4 ja nur für bestimmte Sektoren laut Beilage 2 anwendbar

Stufe 5 nein

Unternehmen, die im Zeitraum ab 1. 1. 2021 bis 31. 12. 2021 neu gegründet wurden, können den EKZ II nur in der Stufe 1 beantragen. Den EKZ II können in der Basisstufe (Stufe 1) und in den Stufen 2 und 5 weiters auch österreichische Unternehmen beantragen, die landwirtschaftlich unternehmerisch tätig sind und ein beheizbares Gewächshaus13 betreiben (soweit sie nicht den Ausschlusskriterien gemäß Pkt 8.7 Förderungsrichtlinie unterliegen).

In Pkt 8.7 der Förderungsrichtlinie findet sich ein bereits weitgehend bekannter Ausschlusskatalog von nicht förderwürdigen „Unternehmen“. 14 Ausgeschlossen sind demnach auch Unternehmen, welche die Zuschussuntergrenze von 1.500 € in der ersten Förderungsperiode nicht erreicht haben. Eine Antragstellung ist für diese Unternehmen trotz Überschreiten der Förderuntergrenze in der zweiten Förderungsperiode nach den FAQ nicht möglich.15 Im Ergebnis kann dies zB bei Unternehmen mit einem Saisonbetrieb (mit Schwerpunkt zweites Halbjahr) zu dem unsachgemäßen Effekt führen, dass diesen der EKZ II gänzlich versagt wird. Förderungszeitraum ist das gesamte Kalenderjahr 2023, aufgeteilt in zwei Förderungsperioden, wofür aber eine gesamthafte Antragstellung zu erfolgen hatte (bis spätestens 7. 12. 2023). Vielmehr sind folgende Förderungsperioden zu beachten:

❚ Förderungsperiode 1: 1. 1. bis 30. 6. 2023.

❚ Förderungsperiode 2: 1. 7. bis 31. 12. 2023.

Huber, MA ist Mitarbeiterin der ICON Wirtschaftstreuhand GmbH im Bereich Audit und Tax in Linz.

Andreas Mitterlehner, MSc, LL.B. ist Steuerberater und Partner der ICON Wirtschaftstreuhand GmbH in Linz und Wien.
Katharina

Strom

1.2. Berechnungsstufen

1.2.1. Förderungsfähige Kosten und Berechnungsstufen (Pkt 7, 9 und 10 Förderungsrichtlinie) Gefördert werden Mehraufwendungen (gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021) für bestimmte Energiearten, die im förderungsfähigen Zeitraum angefallen sind.16 Dabei muss es sich um Energie für den betriebseigenen Verbrauch in einer österreichischen Betriebsstätte handeln. Nicht förderfähig ist hingegen die Lagerung von Energie sowie vom Unternehmen selbst oder einem verbundenen Unternehmen geförderte oder erzeugte Energie. Die förderfähigen Kosten betreffen folgende Energieträger:

Erdgas x x x x x

Wärme und Kälte aus Strom, Erdgas x x x x x

Treibstoffe (Benzin und Diesel) x

Heizöl x

Holzpellets x

Hackschnitzel18 x

Wärme und Kälte aus Heizöl, Holzpellets, Hackschnitzel x

Die Höhe des Zuschusses und die förderfähigen Kosten unterscheiden sich in den einzelnen Stufen und reichen von mindestens 1.500 € bis maximal 150 Mio €. Im Detail wird auf die umfangreichen Ausführungen in der Förderungsrichtlinie (Pkt 9 und 10) sowie auch in den FAQ verwiesen.

1.2.2. Betriebsverlust oder EBITDA-Absenkung In sämtlichen Stufen19 müssen die förderungsfähigen Unternehmen von der Energiekrise derart betroffen sein, dass ihr EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und regulären Abschreibungen)20 – unter Außerachtlassung der Förderung – in der beantragten Förderungsperiode negativ ist (sogenannte „Betriebsverlustmethode“) oder das EBITDA der beantragten Förderungsperiode um mindestens 40 % niedriger als das EBITDA derselben Periode des Jahres 2021 ist („EBITDA-Absenkungsmethode“). In der Basisstufe 1 ist diese Voraussetzung jedoch erst ab einer Zuschusshöhe über 125.000 € in einer Förderungsperiode zu erfüllen.

Für die EBITDA-Ermittlung sieht die Förderungsrichtlinie – für beide Berechnungsmethoden – diverse Vereinfachungen vor (Abgrenzungen und Aliquotierung bei einzelnen Komponenten).

Bei der Betriebsverlustmethode ist der Gesamtzuschuss mit jener Höhe begrenzt, die dazu führen würde, dass das EBITDA der beantragten Förderungsperiode über null steigt; bei der EBITDAAbsenkungsmethode hingegen mit jener Höhe, die dazu führen würde, dass das EBITDA der beantragten Förderungsperiode mehr als 70 % des EBITDA derselben Periode des Jahres 2021 übersteigen würde.

1.2.3. Zuschussobergrenzen

Bei der Ermittlung der Zuschussobergrenzen ist zu beachten, dass neben den auf Grundlage der neuen Richtlinie beantragten Energiekostenzuschüssen (EKZ II für das Jahr 2023) auch die bereits gewährten Energiekostenzuschüsse für die Förderzeiträume Februar bis September 2022 sowie Oktober bis Dezember 2022 zu berücksichtigen sind, und zwar jeweils für das förderwerbende Unternehmen selbst sowie auch ihrer verbundenen Unternehmen (somit Konzernbetrachtung!).

Exkurs (ebenfalls auf Konzernebene zu beachten): Wenn bestimmte Beihilfen nach Abschnitt 2.4 des Befristeten Krisenrahmens der EU in Summe 50 Mio € pro Unternehmen(sverbund) überschreiten, so sind laut Pkt 10.5.4 Förderungsrichtlinie weitergehende Unterlagen und Informationen iZm Energieaudits an die aws zu übermitteln.

1.3. Besondere Verpflichtungen der Förderwerber

Neben der bereits aus dem EKZ I bekannten Selbstverpflichtung zu bestimmten Energiesparmaßnahmen nach Pkt 8.2 (im Zeitraum ab „Gewährung“ der Förderung bis 31. 3. 2024), enthält der EKZ II auch eine Zweckbindung in Pkt 8.6, welche jedoch einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich hat.21

Ebenfalls schon bekannt ist die Verpflichtung nach Pkt 8.3 zum „steuerlichen Wohlverhalten“. Diese Voraussetzungen wurden bereits vom EKZ I und EKZ I Q4 weitestgehend unverändert übernommen.22 Für finanzstrafrechtliche Aspekte wird nun nicht mehr nur auf die Verhängung der Strafe in den letzten fünf Jahren abgestellt, sondern es muss auch der Zeitpunkt der Tatbegehung innerhalb der letzten fünf Jahre liegen. Ohnedies unschädlich sind weiterhin Finanzordnungswidrigkeiten oder 10.000 € nicht übersteigende Finanzstrafen.

In der betrieblichen Praxis sind gerade bei Konzernen die folgenden Verpflichtungen von besonderer Bedeutung und sollen daher ausführlicher dargestellt werden.

1.3.1. Gewinnausschüttungsbeschränkung (Pkt 8.4 Förderungsrichtlinie)

Neu eingeführt wurde beim EKZ II, dass sich förderungswerbende Unternehmen auch verpflichten müssen, Entnahmen des Unternehmensinhabers bzw Gewinnausschüttungen an Eigentümer für den Zeitraum von 20. 11. 2023 bis 20. 6. 2024 „an die wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen“. Im Zeitraum von 20. 11. 2023 bis 20. 4. 2024 besteht dazu eine strenge Gewinnausschüttungsbeschränkung, da in diesem Zeitraum rechtlich nicht zwingende Gewinnausschüttungen bzw Dividenden sowie ein Rückkauf eigener Aktien in der Regel schädlich sind.23

Eine Klarstellung, was unter einer Anpassung „an die wirtschaftlichen Verhältnisse“ zu verstehen ist, ergibt sich derzeit weder aus der Richtlinie noch aus den (aktualisierten) FAQ.24 Auch bei der als Vorlage dienenden Regelung des COVID-19Ausfallsbonus gab es dazu keine entsprechende

Klarstellung,25 womit eine Ausschüttung nach dem 20. 4. 2024 wohl stets aufgrund der konkreten Umstände und damit im Einzelfall zu entscheiden ist.

Ausschüttungen im Jahr 2023, die bereits vor Veröffentlichung der Richtlinie beschlossen und ausgezahlt wurden, sind jedenfalls unschädlich. Da in der Richtlinie „Ausschüttungen von Dividenden“ im Zeitraum von 20. 11. 2023 bis 20. 4. 2024 in der Regel pönalisiert werden, dürften aber wohl Ausschüttungen, welche zwar bereits vor der Veröffentlichung beschlossen wurden, aber (planmäßig) erst innerhalb dieses Zeitraums fällig bzw ausgezahlt werden, schädlich sein. Unklar ist uE weiters, ob der reine Beschluss einer Ausschüttung im fraglichen Zeitraum (mit erst späterer Fälligkeit/Auszahlung) ebenfalls unzulässig ist. Da aber in den ersten Informationen der aws26 zum Thema Ausschüttungsverbot auf den COVID-19-Ausfallsbonus27 verwiesen wurde und sich aus der Formulierung in der Richtlinie (und den FAQ) kein Ausschluss für eine bloße Beschlussfassung (ohne Zahlungsfluss) im fraglichen Zeitraum ergibt, sollte eine derartige Vorgangsweise wohl unschädlich sein.

In Konzernstrukturen wird häufig auch die neue Ausnahmebestimmung, wonach Ausschüttungen an verbundene Unternehmen28 erlaubt sind, wenn der Gewinn zur Finanzierung der verbundenen Unternehmen verwendet wird und keine weitere Auszahlung an die Inhaber bzw Eigentümer erfolgt, für die Zulässigkeit solcher konzerninternen Ausschüttungen sorgen. Nach den FAQ ist eine solche Weiterschüttung im Konzern dann zulässig, wenn der Gewinn nur bis in die Holding, nicht aber an die Aktionäre/Gesellschafter ausgeschüttet wird.29 Nachdem eine Holding „Gesellschafter“ ihrer Tochtergesellschaften ist, ist diese Aussage jedoch etwas widersprüchlich. Mit der Bezeichnung „Aktionäre/Gesellschafter“ sind letztlich wohl die Ebene der „Investoren“, welche die Gesellschafter des Konzerns (bzw der Holding) sind, gemeint. Bei mehrstufigen Strukturen ist hier die Abgrenzung jedoch in der Praxis dennoch häufig schwierig vorzunehmen, womit für die Unternehmen eine Rechtsunsicherheit bleibt.

1.3.2. Boni-Beschränkung (Pkt 8.5 Förderungsrichtlinie)

Auch die Beschränkung von Bonuszahlungen ist bereits aus den Vorgängerförderungen bekannt und wortident (bzw gleichermaßen unklar formuliert) übernommen worden. Ab dem Zeitpunkt der „erstmaligen Veröffentlichung“ der Richtlinie dürfen „keine Bonuszahlungen an Vorstände oder Geschäftsführer für das laufende Geschäftsjahr in Höhe von mehr als 50 % ihrer Bonuszahlungen für das Geschäftsjahr 2021“ ausbezahlt werden. Bereits vor der erstmaligen Veröffentlichung der Richtlinie ausgezahlte oder gewährte Bonuszahlungen für das laufende Geschäftsjahr sind von dieser Regelung hingegen nicht betroffen.

Mehr Klarheit bringt in diesem Kontext Pkt 3.55 FAQ, wonach bereits eine Anwartschaft auf eine Bonuszahlung vor dem 20. 11. 202330 als eine „gewährte“ und damit unschädliche Bonus-

zahlung zu werten ist.31 Demnach sollten nach unserem Verständnis Bonuszahlungen bei den meisten Konstellationen als bereits vor der erstmaligen Veröffentlichung „gewährte“ Bonuszahlungen zu verstehen sein und wären daher für die Antragsberechtigung unschädlich.32 Die Boni-Beschränkung wirkt jedenfalls nur auf Ebene des jeweiligen Förderwerbers, dh, etwaige verbundene Unternehmen sind dem Grunde nach nicht von der Beschränkung umfasst.33

Darüber stellt sich die Frage der Bonibeschränkung nur für einen sehr eingeschränkten Personenkreis, nämlich Vorstände oder Geschäftsführer. Etwaige Bonuszahlungen an (leitende) Angestellte wie zB Prokuristen oder sonstige Mitarbeiter sind jedenfalls nicht von dieser Beschränkung betroffen und sind daher nicht schädlich für die Antragsberechtigung eines EKZ II.34

1.3.3. Beschäftigungsgarantie (Pkt 10.5.2 Förderungsrichtlinie) Neu eingeführt wurde für die Stufen 2 bis 5 eine spezielle „Beschäftigungsgarantie“: Wenn das förderwerbende Unternehmen Energiekostenzuschüsse iHv insgesamt mehr als 2 Mio € bezieht (Summe aus EKZ I, EKZ I Q4, EKZ II), ist es verpflichtet, über einen zweijährigen Betrachtungszeitraum von 1. 1. 2023 bis 1. 1. 2025 einen Belegschaftsstand zu erhalten, der im Durchschnitt mindestens 90 % der per 1. 1. 2023 bestehenden Arbeitsplatz-Vollzeitäquivalente entspricht.

Ausnahmen von der Auffüllungsverpflichtung bestehen jedoch für bestimmte arbeitsrechtliche Beendigungen nach dem 1. 1. 2023: Zeitablauf, arbeitnehmerseitige Kündigung oder initiierte einvernehmliche Auflösung, berechtigte Entlassung und unberechtigter Austritt, Beendigung durch Tod oder bei Pensionsanspruch, Auflösung während Probezeit.

Kommt es zu einer Unterschreitung der 90%-Grenze, ist jedoch nicht der gesamte EKZ II zurückzuzahlen, sondern prozentual zur Höhe der Unterschreitung (mindestens jedoch im Ausmaß von 20 %).

1.4. Abwicklung der Fördermaßnahme 1.4.1. Voranmeldung und Antragstellung (Pkt 11.1 Förderungsrichtlinie) Der EKZ II wird streng genommen in einem dreistufigen Prozess abgewickelt (Voranmeldung, Antragstellung und Abrechnung), wobei eine zwingende Voranmeldung in der Zeit von 16. 10. bis 2. 11. 2023 erforderlich war und die eigentliche Antragstellung (gesamthaft für beide Förderungsperioden) im Zeitraum von 9. 11. bis längstens 7. 12. 2023 zu erfolgen hatte.

Bei der Antragstellung wurde die Zuschusshöhe für die Förderungsperiode 2 (zunächst) mit 175 % der auf Ist-Kostenbasis ermittelten Zuschusshöhe der Förderungsperiode 1 festgelegt. Für die Förderungsperiode 2 gelangt jedoch nur ein Förderbetrag auf Basis von Ist-Daten zur Auszahlung. Der Förderanspruch bzw die Auszahlung wird daher idR niedriger sein als der mit 175 % hochgerechnete Förderbetrag lt Förderzusage, welche gleichzei-

tig die Obergrenze für den Förderwerber darstellt. Sollte sich auf Basis der Ist-Daten ein höherer Förderanspruch für die Förderungsperiode 2. ergeben, würden die überschießenden Energiemehrkosten nicht gefördert werden.

Die Abrechnung ist auf Basis der erfolgten Antragstellung im Zeitraum von 15. 2. bis 6. 6. 2024 für die Förderungsperiode 2 vorgesehen. Die Förderwerber werden dazu von der aws noch mit einem gesonderten Schreiben informiert und ein entsprechendes Abrechnungsfenster zugeteilt bekommen. Es ist erneut das first-come-first-servePrinzip zu beachten.35 Für den Förderwerber ist das konkret zugeteilte Abrechnungsfenster relevant. Wird in diesem Zeitraum (welcher auch kürzer als der Zeitraum von 15. 2 bis 6. 6. 2024 sein kann bzw sein wird) die Abrechnung nicht mittels awsFördermanager eingereicht, verfällt der Anspruch auf die zweite Förderungsperiode.

Nachdem die Voranmeldung bereits für die erste und zweite Förderungsperiode gegolten hat, ist eine Abrechnung nur für die zweite Förderungsperiode nicht möglich. Das heißt, hat sich ein Förderwerber nicht für die Förderungsperiode 1 qualifiziert oder keinen Antrag gestellt, ist er auch von Förderungsperiode 2 ausgeschlossen.36

Nachdem die Förderstufe in der Förderungsperiode 2 abweichend von der Förderstufe in der Förderungsperiode 1 sein kann, sollte im Zuge der Abrechnung jedenfalls erneut evaluiert werden, welche Förderstufe für den Antragsteller die optimale ist.

1.4.2. Feststellungsleistungen und Berichte von Wirtschaftsprüfern/Steuerberatern/Bilanzbuchhaltern (Pkt 11.2 Förderungsrichtlinie)

Wie bereits bei der Antragstellung im November/ Dezember 2023 sind für die Abrechnung der zweiten Förderungsperiode von einem Wirtschaftsprüfer bzw Steuerberater oder Bilanzbuchhalter (im Rahmen seiner Befugnisse iSd § 2 BiBuG) verschiedene Feststellungsleistungen zu erbringen bzw in einem Bericht nach Pkt 11.2 Förderungsrichtlinie darüber zu erstatten.37 Zu beachten ist, dass der Feststellungsbericht nicht nur zu den Akten zu nehmen ist und mit den restlichen Unterlagen für zehn Jahre38 aufzubewahren ist, der Bericht ist auch bei der Abrechnung im aws-Fördermanager verpflichtend hochzuladen.

2. Bilanzielle und steuerliche Behandlung des EKZ II

Aus bilanzieller Sicht ist der EKZ II als sogenannter „Aufwandszuschuss“ ertragswirksam zu verbuchen. In diesem Zusammenhang stellt sich daher auch die Frage der zeitlich korrekten bilanziellen Erfassung. Zur bilanziellen Behandlung hat die AFRAC im Frühjahr 2023 eine AFRAC-Fachinformation ua zum EKZ I veröffentlicht, welche grundsätzlich auch für den EKZ II relevant ist.39 Im Ergebnis ergibt sich aus der AFRAC-Fachinformation, dass die Aktivierung einer EKZ-Forderung im Jahresabschluss – in Ansehung eines fehlenden Rechtsanspruches – nur bzw erst dann zulässig ist, wenn bis zum Ende des Werterhel-

lungszeitraums (dh zwischen Bilanzstichtag und Jahresabschlussaufstellung) die tatsächliche Bewilligung/Gewährung/Auszahlung des beantragten EKZ II erfolgte.40

Beim EKZ II ist jedoch weiters zu beachten, dass es im Unterschied zum EKZ I zwei Förderungsperioden gibt. Der Förderbetrag der ersten Förderungsperiode wurde wie oben erläutert bereits auf Ist-Kostenbasis ermittelt und beantragt. Bis 31. 12. 2023 sollte dazu seitens der aws auch bereits eine vorbehaltlich schriftliche Zusage mit einer zeitnahen Auszahlung im Jahr 2023 oder 2024 übermittelt worden sein. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass eine Auszahlung für die erste Förderungsperiode im Werterhellungszeitraum stattfinden wird. In diesem Fall ist der EKZ II der ersten Förderungsperiode jedenfalls bilanziell im Jahresabschluss 2023 zu erfassen. Im Unterschied zu den diversen COVID-19Förderungen41 fehlt für den EKZ II eine explizite steuerliche Regelung, welche den Zuschuss steuerfrei stellen würde. Demnach ist der EKZ II, analog zum EKZ I, ein steuerpflichtiger Ertrag, welcher die steuerliche Bemessungsgrundlage erhöht.42 Im Rahmen der Mehr-Weniger-Rechnung ist daher in der Steuererklärung grundsätzlich keine Anpassung aus erhaltenen bzw bereits verbuchten EKZ notwendig.43

Auf den Punkt gebracht

Der EKZ II führt bei Unternehmen zu einer Entlastung von den Energiemehrkosten in 2023. Derzeit werden von der aws die ersten Auszahlungen oder stichprobenartige inhaltliche Prüfungen vorgenommen. Zu beachten ist, dass die zweite Förderungsperiode noch abgerechnet werden muss. Diese Abrechnung startet voraussichtlich im ersten Quartal 2024.

Anmerkungen

1 Für das Jahr 2022 wurde zunächst der EKZ I für den Zeitraum Februar bis September 2022 geschaffen und anschließend verlängert durch den EKZ I Q4 für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2022. Siehe dazu ausführlich Mitterlehner/Panholzer, Energiekostenzuschuss – Überblick und Zweifelsfragen, SWK 35/2022, 1330; Mitterlehner/Panholzer, Energiekostenzuschuss I Q4/2022 – Überblick der Neuerungen, SWK 13/14/2023, 617; Petritz/ Mavher, Der neue Energiekostenzuschuss für Unternehmen, taxlex 2022, 80.

2 Die aws verwendet zum Teil auch die Bezeichnung „EKZ I Q1 – 3 2022“, allerdings ist der Monat Jänner 2022 nicht vom Förderzeitraum umfasst.

3 Mitterlehner/Panholzer, SWK 13/14/2023, 617.

4 Am 22. 12. 2022 wurde im Rahmen einer Medieninformation des zuständigen Wirtschaftsministeriums (BMAW) eine Punktation zum EKZ II veröffentlicht. Mit 23. 2. 2023 erfolgten weiterführende Informationen durch das BMAW, ohne jedoch nähere Details zum Verfahren, Voraussetzungen etc zu enthalten.

5 Richtlinie des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und dem Bundesminister für Finanzen zum „Energiekostenzuschuss für Unternehmen 2“ (Fassung vom 10. 11. 2023), veröffentlicht am 20. 11. 2023.

6 FAQ EKZ II 12. 12. 2023. Das FAQ-Update vom 12. 12. 2024 wurde erst nach Ende des Antragszeitraumes (bis längstens 7. 12. 2023) veröffentlicht. Demnach war eine Berücksichtigung dieser FAQ-Aussagen in den An-

trägen schon aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Für die zweite Förderungsperiode bleibt abzuwarten, ob bis dahin noch weitere FAQ-Updates erfolgen.

7 Siehe dazu bereits ausführlich Mitterlehner/Panholzer, Energiekostenzuschuss II – Überblick und Zweifelsfragen, SWK 32-33/2023, 1234.

8 Aufgrund beihilfenrechtlicher Vorgaben musste die Förderung bis spätestens 31. 12. 2023 gewährt werden. Aus dieser Vorgabe ergibt sich wohl auch die Thematik der Hochrechnung der zweiten Förderungsperiode.

9 Pressemeldung des BMAW vom 18. 12. 2023, abrufbar unter https://www.bmaw.gv.at/Presse/AktuellePressemeld ungen/23.930-Antraege-EKZ-2.html (Zugriff zuletzt am 12. 1. 2024).

10 Siehe dazu ausführlich Mitterlehner/Panholzer, SWK 35/2022, 1330 (1332 f).

11 Siehe dazu Mitterlehner/Panholzer, SWK 32-33/2023, 1234 (1336 f).

12 Energieintensiv sind nach Pkt 4 Unternehmen, deren Energie- und Strombeschaffungskosten im Kalenderjahr 2021 mindestens 3 % des Produktionswertes betragen. Siehe dazu später im Detail.

13 Siehe dazu auch Pkt 2.15 FAQ EKZ II.

14 Exkurs: Gegenüber den Vorgängerregelungen ist hier insbesondere der Ausschluss betreffend SAG 2022 weggefallen. Einerseits betrifft das SAG 2022 nur den Förderzeitraum 2022, womit ohnedies schon keine Überschneidung mit dem EKZ II bestehen kann, andererseits wurde bereits klargestellt, dass der in der Richtlinie zum EKZ I enthaltene Ausschluss nicht anwendbar ist, da unterschiedliche Förderzwecke verfolgt werden (Energiemehrkosten vs CO2-Emmissionskosten). Eine diesbezügliche Richtlinienänderung zum EKZ I wurde angekündigt, jedoch noch nicht umgesetzt. Siehe dazu die Pkt 7 FAQ zum SAG 2022 vom 14. 9. 2023.

15 Siehe Pkt 5.9 FAQ EKZ II vom 12. 12. 2023.

16 Siehe zur Frage der Weitergabe von Energiemehrkosten an Kunden den neuen Pkt 3.26 FAQ EKZ II, wobei damit wohl nur eine unmittelbare Weitergabe von Mehrkosten gemeint sein kann und sich dies damit auf Sonderfälle beschränkt.

17 Siehe zur Definition der förderfähigen Energiearten Pkt 4 Förderungsrichtlinie sowie die einschlägigen Fragen in den FAQ EKZ II ab Pkt 3.2 ff.

18 Zur Frage, ob Hackschnitzel, die aus selbst zugekauftem Holz erzeugt werden, förderfähig sind, siehe den neuen Pkt 3.17 FAQ EKZ II.

19 Siehe Stufe 1: Pkt 9.9.3; Stufe 2: Pkt 10.1.4; Stufe 3: Pkt 10.2.4; Stufe 3: Pkt 10.3.4; Stufe 4: Pkt 10.4.4; Stufe 5: Pkt 10.5.4 der Förderungsrichtlinie.

20 Siehe zur EBITDA-Ermittlung die nach Ende der Antragsfrist erfolgten FAQ-Anpassungen in Pkt 3.39 und 3.40 FAQ EKZ II vom 12. 12. 2023.

21 Siehe zu den Verpflichtungen der Förderwerber bereits Mitterlehner/Panholzer, SWK 32-33/2023, 1234 (1238).

22 Insbesondere betreffend diverse körperschaftsteuerliche Abzugsverbote, Hinzurechnungen und Methodenwechsel, Missbrauchsregelungen und finanzstrafrechtliche Aspekte.

23 In den FAQ EKZ II Pkt 3.57 wurde bei den Erläuterungen zur strengen Gewinnausschüttungsbeschränkung offensichtlich auf die Angabe des Zeitraumes (20. 11. 2023 bis 20. 4. 2024) vergessen. Da in den Ausführungen die „Anpassung an die wirtschaftlichen Verhältnisse“ dem „Verbot von Ausschüttungen von Dividenden oder sonstigen rechtlichen nicht zwingenden Gewinnausschüttungen sowie dem Rückkauf eigener Aktien“ gleichgestellt wird, was jedoch dem eindeutigen Wortlaut der Förderungsrichtlinie wiederspricht.

24 In der aktualisierten Fassung der FAQ vom 12. 12. 2023 finden sich zur Beschränkung des Pkt 8.4 keine neuen Aussagen.

25 Die Vorgabe der „maßvollen Dividenden- und Gewinnauszahlungspolitik“ fand sich nur in Pkt 6.2.2 der Verordnungen zum Verlustersatz, FKZ 800.000 und FKZ I.

26 BMAW, Energiekostenzuschuss II – Basisinformation (17. 10. 2023), abrufbar unter: https://www.aws.at/fileadmin/user_upload/Downloads/EKZ_II/2023_10_17_Basisinformation_EKZ2.pdf (Zugriff zuletzt am 12. 1. 2024).

27 Im Unterschied zum Verlustersatz (Pkt 3.21 FAQ) bzw FKZ 800.000 (Pkt C.II.5 FAQ) und FKZ I (Pkt C.II.4 FAQ) wurde beim Ausfallsbonus der reine Beschluss einer Ausschüttung (ohne Zahlungsfluss) in den FAQ nicht als Verletzung des Ausschüttungsverbote angeführt (siehe Pkt 2.7 FAQ).

28 Für die Frage, wann ein verbundenes Unternehmen vorliegt, orientiert man sich an § 244 Abs 2 UGB, siehe Pkt 2.20 FAQ EKZ II.

29 Pkt 3.58 FAQ EKZ II.

30 Im Entwurf der FAQ wurde ursprünglich der Stichtag 8. 11. 2023 (Datum der Veröffentlichung des Entwurfs der Förderungsrichtlinie) angeführt.

31 Siehe dazu bereits Mitterlehner/Panholzer, SWK 13/14/2023, 617 (620 f); Mitterlehner/Panholzer, SWK 35/2022, 1330 (1336).

32 In der Praxis werden variable Gehaltsbestandteile etc häufig bereits im Rahmen des Dienst- bzw Anstellungsvertrags grundsätzlich geregelt.

33 So auch Pkt 3.56 FAQ EKZ II.

34 Siehe zur identen Regelung des EKZ I bereits: Mitterlehner/Panholzer, SWK 35/2022, 1330 (1336).

35 Auf Basis der Pressemitteilung des BMAW könnte sich das first-come-first-serve-Prinzip für die Abrechnung etwas entspannen, da auf Basis dieser Mitteilung die benötigen Mittel dafür bereits im Budget und im beantragten Gesamtvolumen von 1,6 Mrd € enthalten sind. Siehe Pressemeldung des BMAW vom 18. 12. 2023, abrufbar unter https://www. bmaw.gv.at/Presse/AktuellePressemeldungen/23.930Antraege-EKZ-2.html (Zugriff zuletzt am 12. 1. 2024).

36 Siehe dazu zB die FAQ Aussagen in Pkt 5.3 und 5.9 FAQ EKZ II.

37 Siehe dazu den Musterfeststellungsbericht der aws, welcher auch als Beilage 4 in der Richtlinie enthalten ist. Siehe dazu auch Mitterlehner/Panholzer, SWK 32-33/2023, 1234 (1241).

38 Entgegen der allgemeinen Aufbewahrungsfrist für Buchhaltungsunterlagen nach § 132 BAO von sieben Jahren, sind nach Pkt 11.6 „alle Bücher und Belege sowie sonstige in der Richtlinie genannte Unterlagen“ für einen längeren Zeitraum, nämlich zehn Jahre nach Ende des Kalenderjahres der letzten Auszahlung, aufzubewahren.

39 AFRAC-Fachinformation, Aktuelle Fragen im Zusammenhang mit der Bilanzierung des Energiekostenzuschusses und der Rückforderung von COVID-19-Hilfen (UGB) (März 2023).

40 Siehe zur AFRAC-Fachinformation Hirschler/Milla, Anmerkungen zu AFRAC-Fachinformation „ Aktuelle Fragen im Zusammenhang mit der Bilanzierung des Energiekostenzuschusses und der Rückforderung von COVID-19-Hilfen (UGB)“, RWZ 2023, 75.

41 Siehe zur steuerlichen Behandlung der COVID-19-Förderungen Knechtl/Mitterlehner/Panholzer, Die Körperschaftsteuererklärung 2022, SWK-Spezial (2023) 116 ff.

42 So auch Pkt 3.25 FAQ EKZ II sowie auch bereits zum EKZ I Q4.

43 So bereits zum EKZ I und EKZ I Q4 Knechtl/Mitterlehner/ Panholzer, Die Körperschaftsteuererklärung 2022, 121. Siehe zur zeitlichen Erfassung EStR 2000 Rz 1037a.

Die neue Start-up-Mitarbeiterbeteiligung

Neue Rahmenbedingungen ab 1. 1. 2024

Christoph Puchner / David Gloser

Mag. (FH) Christoph Puchner ist Steuerberater und geschäftsführender Gesellschafter von ECOVIS Austria in Wien.

Mag. David Gloser ist Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie geschäftsführender Gesellschafter von ECOVIS Austria in Wien.

Ende des Jahres 2023 wurde das „Start-up-Paket“ beschlossen und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht,1 das neben einer neuen Gesellschaftsform (FlexCo) auch ein neues steuerliches Mitarbeiterbeteiligungsmodell vorsieht. Beides sind wesentliche Bausteine für ein funktionierendes Start-up-Ökosystem und ein wichtiger Schritt zur Beseitigung von Standortnachteilen im internationalen Vergleich. Die neuen Rahmenbedingungen stehen ab 1. 1. 2024 zur Verfügung.

1. Bisheriges steuerliches Dilemma mit Mitarbeiterbeteiligungen

Unabhängig davon, ob die Anteilsgewährung an einen Mitarbeiter mittels Anteilsabtretung oder Kapitalerhöhung erfolgt, kann es aufgrund einer verbilligten oder unentgeltlichen Anteilsgewährung beim Mitarbeiter zu einem geldwerten Vorteil (Verkehrswert der gewährten Anteile abzüglich eines allfälligen Kaufpreises) in der Form eines steuerpflichtigen Sachbezugs kommen, der zu Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit gemäß § 25 EStG führt. Ein derartiger geldwerter Vorteil unterliegt beim Mitarbeiter grundsätzlich dem progressiven Einkommensteuertarif.

Start-ups erwirtschaften in der ersten Phase in der Regel Verluste, sodass in regelmäßigen Abständen größere Finanzierungsrunden mit Eigenkapital stattfinden müssen. Derartige Finanzierungsrunden geben dann einen Rückschluss auf den Verkehrswert und bereiten – wie das nachfolgende Beispiel zeigt – bei der Sachbezugsberechnung großes Kopfzerbrechen, weil die Steuer oft auf dem hohen „fiktiven“ Wert der Post-Money-Bewertung basiert2 (welche aus gewissen Vorstellungen und Hoffnungen resultiert):

Beispiel

Eine Eigenmitteleinzahlung von drei business angels mit in Summe 0,5 Mio € und einer Ausgabe von 10 % der Anteile an die drei business angels führt mathematisch zu einer sogenannten Post-MoneyBewertung von 5 Mio €. Wenn der neue CTO des Start-ups im Rahmen dieser Finanzierungsrunde 3 % der Anteile des Start-ups gratis bekommen soll, hat das Start-up von 150.000 € (3 % x 5 Mio €) die Lohn- und Sozialabgaben zu bemessen, die das junge Start-up an Abgaben sofort bei Anteilsgewährung zu bezahlen hat.

Das bedeutet, dass im Zeitpunkt der Anteilsgewährung ohne Cash-Zufluss unter Umständen hohe Steuerbeträge und Lohnabgaben abgeführt werden müssten, obwohl Beteiligungen an Start-ups zu diesem Zeitpunkt oftmals einem entsprechenden Werthaltigkeitsrisiko ausgesetzt sind. Dazu kommt, dass oft weder das Start-up noch der Begünstigte über die notwendige Liquidität verfügen,

um die entsprechenden Abgaben zu bezahlen (man spricht in diesen Fällen auch von „dry income“).

Im schlimmsten Fall wird im Zeitpunkt der Anteilsgewähr von einem geldwerten Vorteil ausgegangen, letztendlich schafft das Start-up aber den Durchbruch nicht, sodass der erhoffte Liquiditätszufluss nicht eintritt. Den Mitarbeiter würde somit ein doppeltes Risiko treffen: einerseits eine Vorabbesteuerung ohne Cash-Zufluss und andererseits ein zu niedriger Cash-Zufluss im Hinblick auf den ursprünglich besteuerten geldwerten Vorteil.

Um das steuerliche Risiko zu minimieren, wurden bisher verschiedene Modelle angedacht (zB Vereinbarung einer negativen Liquidationspräferenz3). In Bezug auf die Gewährung von Anteilen setzt der Zufluss voraus, dass auch das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen übergegangen ist. Dabei kommt es insbesondere darauf an, wer die mit den Anteilen verbundenen Rechte ausüben kann (zB Stimmrecht, Dividendenbezugsrecht).4

2. Voraussetzungen für die neue Start-upMitarbeiterbeteiligung

2.1. Anforderungen an das Start-up

Das Unternehmen erfüllt bezogen auf das dem Zeitpunkt der Abgabe der Anteile vorangegangene Wirtschaftsjahr folgende Voraussetzungen:

2.1.1. Arbeitnehmeranzahl

Im Jahresdurchschnitt werden nicht mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Für die Beurteilung der Merkmale wird auf die unternehmensrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften abgestellt.5 Nähere Ausführungen dazu unterbleiben im Gesetz bzw in den ErlRV.

In diesem Zusammenhang wird im Fachschrifttum auf § 221 UGB verwiesen, der sich auf die Größenklasse bezieht und dabei auch auf die Arbeitnehmeranzahl eingeht. Nach herrschender Ansicht sind dabei die Arbeitnehmer dem Wortlaut entsprechend (der auf die Anzahl abstellt) nach Köpfen und nicht aliquot nach Beschäftigungsausmaß zu berechnen. Nicht einbezogen werden nach herrschender Lehre auch Organmitglieder, da diese in der Regel in freiem Dienstverhältnis zur Gesellschaft stehen und diesen demnach eindeutig keine Arbeitnehmereigenschaft zukommt. Teilzeitmitarbeiter gelten als vollwertige Mitarbeiter und werden nicht aliquot entsprechend ihrer vereinbarten Arbeitszeit mitgerechnet. Die Berechnung des maßgeblichen Jahresdurchschnitts ist nach der Arbeitnehmeranzahl an dem jeweiligen Monatsletzten innerhalb des vorangegangenen Geschäftsjahres vorzunehmen.6

Eine Ermittlung nach Köpfen führt zu dem Ergebnis, dass Unternehmen mit mehr Teilzeitkräften bei gleicher Umsatzsumme gegenüber Unternehmen mit Vollzeitkräften benachteiligt wären.7

2.1.2. Umsatzerlöse

Die Umsatzerlöse (§ 189a Z 5 UGB) des Start-ups betragen nicht mehr als 40 Mio €. Der Wert ist bei Vorliegen eines nicht zwölf Kalendermonate umfassenden Wirtschaftsjahres (Rumpfwirtschaftsjahr) gemäß § 67a Abs 2 Z 2 EStG zu aliquotieren (zB im Fall einer unterjährigen Neugründung bzw bei Wechsel des Bilanzstichtags).

2.1.3. Konzernklausel

Weiters ist auch folgende Konzernklausel vorgesehen: Das Unternehmen darf nicht vollständig in einen Konzernabschluss einbezogen sein. Abgesehen davon dürfen die Anteile am Kapital oder den Stimmrechten am Unternehmen nicht zu mehr als 25 % durch Unternehmen gehalten werden, die in einen Konzernabschluss einzubeziehen sind.

2.2. Anforderungen an den Mitarbeiter

2.2.1. Art der Mitarbeiter

Erfasst sind ausschließlich steuerliche Dienstnehmer, während freie Dienstnehmer und Werkvertragsnehmer nicht erfasst sind.

2.2.2. Begünstigung für einen oder mehrere Mitarbeiter

Für die Inanspruchnahme der Begünstigung ist ein Gruppenmerkmal nicht maßgeblich, dh, die Anteile können auch nur einzelnen Arbeitnehmern gewährt werden, ohne dass diese bereits eine Gruppe darstellen. Wird die Mitarbeiterbeteiligung nicht allen Arbeitnehmern oder nicht allen im selben Ausmaß angeboten, muss die Unterscheidung betrieblich begründet und sachlich gerechtfertigt sein, wobei aber jedenfalls die besonderen Kompetenzen und Erfahrungen auch eines einzelnen Dienstnehmers als sachliches, betriebsbezogenes Kriterium anzusehen sind, selbst wenn weitere Personen mit demselben Tätigkeitbereich keine Start-up-Mitarbeiterbeteiligung erhalten. Damit soll einerseits sichergestellt werden, dass hochqualifizierte Experten spezifisch an das Unternehmen gebunden werden können, und andererseits eine willkürliche Zuerkennung etwa nach Maßstäben persönlicher Vorlieben oder Nahebeziehungen nicht zulässig ist.8

2.2.3. Maximale Anteilsgewährung

Soweit der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Abgabe der Anteile unmittelbar oder mittelbar (zB über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft) eine Beteiligung am Start-up iHv über 10 % hält oder in den Jahren vor der Abgabe der Anteile zu einem Zeitpunkt mehr als 10 % gehalten hat, gilt die Regelung nicht mehr.

Wird im Rahmen der unentgeltlichen Abgabe erstmals eine Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers von mehr als 10 % erreicht, liegt eine Start-up-Mitarbeiterbeteiligung weiterhin insoweit vor, als die Anteile diese 10%-Grenze nicht übersteigen.9

Da als Anteile im Sinne dieser Bestimmung auch Substanzgenussrechte gewährt werden können, wird auch das Beteiligungsausmaß nicht vom Nominalkapital berechnet, sondern vom rechne-

rischen Wert der Gesamtanteile der Gesellschaft (einschließlich Substanzgenussrechte).10

2.3. Umsetzung der Anteilsgewährung

2.3.1. Art der Anteilsgewährung

Einleitend wird in § 67a Abs 1 EStG auf die Gewährung von Kapitalanteilen (Beteiligungen) abgestellt. Unter den Begriff „Kapitalanteile (Beteiligungen)“ fallen nach Ansicht der Verwaltungspraxis insbesondere Aktien, Zwischenscheine und GmbH-Anteile sowie Substanzgenussrechte.11 Ebenso fallen unter den Begriff auch – die mit dem GesRÄG 2023 eingeführten – Unternehmenswertanteile gemäß § 9 FlexKapGG.12

Die Anteilsgewährung muss dabei unentgeltlich erfolgen, wobei die Abgabe gegen eine Gegenleistung bis zur Höhe der auf den abgegebenen Anteil entfallenden Nominale für die Anwendung dieser Bestimmung als unentgeltliche Abgabe gilt.

2.3.2. Anteilsgewährung durch Start-up oder Gesellschafter

Die Anteilsgewährung an Arbeitnehmer kann gemäß § 67a Abs 2 Z 1 EStG entweder durch das Start-up selbst oder einen Gesellschafter erfolgen.

Um zu vermeiden, dass in der Anteilsgewährung durch einen Gesellschafter eine Doppelmaßnahme als Einlage (Tausch) in das Start-up und Abgabe durch das Start-up an den Arbeitnehmer (Betriebsausgabe) gesehen wird und damit eine Bewertung der Anteile sowie Besteuerungsfolgen beim Gesellschafter nach sich zieht, wird in § 67a Abs 4 Z 5 EStG normiert, das in diesem Fall die gewährten Anteile beim Arbeitnehmer unmittelbar einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis von dritter Seite darstellen und die Anteile nicht als in das Start-up eingelegt und von diesem abgegeben gelten.

Beim abgebenden Gesellschafter erhöhen die Anschaffungskosten (im Privatvermögen) bzw Buchwerte (im Betriebsvermögen) der abgegebenen Anteile die Anschaffungskosten bzw Buchwerte der bestehenden Anteile. Allfällige empfangene Zahlungen bis zur Nominale senken die Anschaffungskosten bzw den Buchwert der bestehenden Anteile. Dadurch bleiben beim Gesellschafter die Anschaffungskosten für seine Anteile durch die Abgabe in Summe gleich, sodass er steuerlich – durch geminderte Anschaffungskosten – keinen Nachteil durch die Abgabe der Anteile erleidet. Gleichzeitig wird durch eine Absenkung der Anschaffungskosten für empfangene Zahlungen der Mitarbeiter (in Höhe des Nominalen) sichergestellt, dass diese Beträge steuerhängig sind, aber nicht zu einer Sofortbesteuerung führen.

2.3.3. Ab Gründung befristete Anteilsgewährung Eine Start-up-Mitarbeiterbeteiligung liegt nach Maßgabe des § 67a Abs 2 Z 3 EStG weiters nur vor, wenn die Anteile innerhalb von zehn Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Gründung des Unternehmens abgegeben werden (wenn das Start-up zB im Jahr 2024 gegründet wird, beginnt die Zehnjahresfrist ab 2025 zu laufen).

Als Gründung gilt, dem § 2 Z 1 NeuFÖG entsprechend, die Schaffung einer bisher nicht vorhandenen betrieblichen Struktur. Sofern ein Unternehmen aus mehreren Betrieben oder Teilbetrieben besteht, wird dabei auf die Gründung des ersten zum Unternehmen gehörenden Betriebs abzustellen sein.13 Wenn daher zB mittels Einbringung gemäß Art III UmgrStG ein bestehendes Einzelunternehmen auf eine GmbH oder FlexCo überführt wird, so ist für Zwecke der Zehnjahresfrist auf die Gründung des einbringungsbedingt übertragenen Einzelunternehmens abzustellen.

2.3.4. Vinkulierung

Im Interesse der Stärkung der Bindung an das Start-up wird die Verfügungsmöglichkeit des Mitarbeiters über die Beteiligung eingeschränkt. Dies wird durch eine Vinkulierung der Anteile gemäß § 67a Abs 2 Z 5 EStG sichergestellt, sodass eine Veräußerung oder Übertragung der Anteile durch den Arbeitnehmer unter Lebenden nur mit Zustimmung des Start-ups möglich ist. In steuerlicher Hinsicht ist es ausreichend, dass die Vinkulierung bis zum tatsächlichen Zufluss besteht.

Im Hinblick auf die verlangte Vinkulierung14 stellt sich aus steuerlicher Sicht die Frage, ob die Vinkulierung nicht einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums und somit einer Zurechnung der gewährten Start-up-Mitarbeiterbeteiligung an den Arbeitnehmer entgegensteht. In Bezug auf die Gewährung von Anteilen setzt der Zufluss voraus, dass auch das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen übergegangen ist. Dabei kommt es insbesondere darauf an, wer die mit den Anteilen verbundenen Rechte ausüben kann (zB Stimmrecht, Dividendenbezugsrecht).15 Von der Finanzverwaltung wird davon ausgegangen, dass ein Arbeitnehmer nicht wirtschaftlicher Eigentümer einer Beteiligung wird, wenn zB dem Arbeitgeber ein Rückkaufsrecht zu einem von vornherein vereinbarten Preis eingeräumt wird. Ein Vorkaufsrecht des Arbeitgebers zum Marktpreis oder eine bestimmte Sperrfrist (bis zu fünf Jahren) hinsichtlich einer Verwertung der Beteiligung sprechen für sich allein nicht gegen ein wirtschaftliches Eigentum des Arbeitnehmers.16

Aufgrund der neuen Regelung bzw Systematik des § 67a EStG muss uE auch dem Gesetzgeber unterstellt werden, dass das wirtschaftliche Eigentum an der Start-up-Mitarbeiterbeteiligung trotz der erforderlichen Vinkulierung (wie diese in Österreich auch außerhalb der Start-up-Branche grundsätzlich gängige Praxis ist) und einer allfälligen Vereinbarung eines Rückkaufsrechts bereits bei Anteilsgewährung auf den begünstigten Arbeitnehmer übergeht.17 Eine andere Auslegung würde die neue Regelung aus teleologischer Sicht schlussendlich ad absurdum führen und letztlich auch die angestrebte Vermeidung von „dry income“ nicht erreichen. Aus diesem Grund wäre noch eine erlassmäßige Klarstellung wünschenswert.

2.3.5. Option zur Start-up-Mitarbeiterbeteiligung

Die Regelung kommt gemäß § 67a Abs 2 Z 6 EStG nur zur Anwendung, wenn der Mitarbeiter dies

ausdrücklich wünscht (Option zur Start-up-Mitarbeiterbeteiligung). Weiters wird normiert, dass die Anwendung der Befreiungen nach § 3 Abs 1 Z 15 lit b oder c EStG in diesem Fall ausgeschlossen ist. Dabei sind die schriftliche Erklärung des Mitarbeiters sowie die Höhe der Beteiligung verpflichtend im Lohnkonto aufzunehmen18 (andernfalls stellt dies ein Anwendungshindernis für die Befreiung dar, was uE aufgrund der reinen Formalität überschießend ist).

3. Besteuerung iZm Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen

3.1. Steuerlich relevante Tatbestände

3.1.1. Anteilsveräußerung bei Exit als Haupttatbestand

In § 67a Abs 3 EStG wird geregelt, zu welchem Zeitpunkt der geldwerte Vorteil beim begünstigten Arbeitnehmer als zugeflossen gilt, wobei generell eine aufgeschobene Besteuerung zur Anwendung gelangen soll, dh, im Zeitpunkt der Anteilsgewährung kommt es zu keiner Besteuerung. Der typische Fall für die Anwendung des neuen Besteuerungsregimes ist ein „Exit“ (Veräußerung der Anteile), wobei die Veräußerung an Dritte sowie auch zB die (verpflichtende) Zurückveräußerung oder unentgeltliche Rückübertragung an das Start-up umfasst sind. In der Regel wird dabei der Arbeitgeber der Veräußerung der Anteile durch den Arbeitnehmer zustimmen, womit die Vinkulierung aufgehoben wird. Einlagenrückzahlungen gelten gemäß § 4 Abs 12 EStG als Veräußerung der Beteiligung.

Soweit die Rückübertragung wiederum unentgeltlich19 stattfindet, sind der Veräußerungserlös und damit der geldwerte Vorteil mit null zu bewerten, weshalb es in diesem Fall auch zu keiner Versteuerung kommt.20 Wenn das Start-up letztlich nicht den erwünschten Erfolg erzielt und stattdessen Anteile ohne Gewinn veräußert werden, so kommt es auch nicht zu einer Nachversteuerung eines geldwerten Vorteils.

3.1.2. Zusätzliche Ersatztatbestände Grundsätzlich soll die Beendigung des Dienstverhältnisses auch in diesem Zeitpunkt zu einer Besteuerung des geldwerten Vorteils führen. Als Beendigung des Dienstverhältnisses gilt auch das Ende der steuerlichen Arbeitnehmereigenschaft (zB, wenn ein bisheriger Arbeitnehmer Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Beteiligung von zumindest 25 % am Start-up wird und daher im steuerlichen Sinne nicht mehr als Arbeitnehmer gilt). Die Beendigung kann daher gemäß § 67a Abs 3 Z 2 EStG bei gewährten GmbHAnteilen problematisch sein, aber gilt nicht für Anteile, die keine Stimmrechte und kein generelles Recht auf Anfechtung oder Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen vorsehen (zB Unternehmenswertanteile21, Substanzgenussrechte). Voraussetzung bei den stimmrechtslosen Anteilen ist jedoch, dass das Start-up die spätere Besteuerung sicherstellt. Sofern es bei Beendigung des Dienstverhältnisses zu einem Verfall der An-

teilsrechte ohne Abfindungsanspruch kommt (zB Ausscheiden während der Vesting-Phase als bad leaver), kann es auch nicht zu einer Besteuerung kommen.22

Als weiterer Ersatztatbestand gilt die Aufhebung der Vinkulierung gemäß § 67a Abs 3 Z 3 EStG. Die Bestimmung stellt einen Auffangtatbestand für jene Fälle dar, in denen die Vinkulierung zwar aufgehoben wird, aber eine Veräußerung im selben Kalenderjahr nicht stattfindet. Auch bei Aufhebung der Vinkulierung, um bloß unentgeltliche Übertragungen zu ermöglichen, soll Z 3 zur Anwendung kommen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Vinkulierung als grundlegende Voraussetzung für die Gewährung des Steueraufschubs über den gesamten Zeitraum erhalten bleibt und die Abwicklung im Rahmen der Lohnverrechnung durch den Arbeitgeber möglichst einfach administrierbar ist. Wird die Vinkulierung im Zuge der Beendigung des Dienstverhältnisses aufgehoben, ist Z 2 anzuwenden. Wird hingegen seitens des Arbeitgebers die Zuflussverschiebung gemäß Z 2 erklärt und erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt eine Aufhebung der Vinkulierung, erfolgt der Zufluss nach dem Vinkulierungstatbestand gemäß Z 3. Dies gilt auch, wenn die Aufhebung der Vinkulierung noch im selben Jahr erfolgt.23

Neben der Liquidation des Arbeitgebers führt gemäß § 67a Abs 3 Z 4 EStG auch der Tod des Arbeitnehmers zu einem Zufluss führen. Im Todesfall kann das Start-up somit die Steuerabfuhr vor einem tatsächlichen Exit treffen und zu einer Schweingewinnbesteuerung führen. Sofern keine Rückverkaufsoption vertraglich vereinbart wird (was im Hinblick auf die Entwicklung des Start-ups und die Kaufpreisfindung schwierig sein kann), wäre daher ein allfälliger Regress an Angehörigen zu prüfen (sofern diese das Erbe nicht ausschlagen).

In § 67a Abs 3 Z 5 EStG wird allgemein ein Ersatztatbestand vorgesehen, wenn das Start-up seiner Pflicht gemäß §§ 76 bis 79 EStG sowie §§ 84 und 87 EStG nicht mehr nachkommt. Davon soll der Wegzug des Start-ups umfasst sein, sofern den österreichischen Verpflichtungen durch das ausländische Start-up künftig nicht freiwillig nachgekommen wird. Unproblematisch ist hingegen der Wegzug des Arbeitnehmers, da es aufgrund des

Abgaben

Arbeitseinkünfte mit Sondersteuersatz

Kausalitätsprinzips24 zu keiner Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts kommt.25 Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Umwandlung von Unternehmenswertanteilen in Geschäftsanteile gemäß § 9 Abs 9 FlexKapGG keine steuerpflichtige Realisierung darstellt.

3.2. Besteuerung

3.2.1. Bemessungsgrundlage

Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen Abgabe bemisst sich im Falle der Veräußerung wie folgt: Grundsätzlich ist der Veräußerungserlös maßgebend, wobei allfällige Anschaffungskosten in Form von Nominalezahlungen abzuziehen sind. Wenn das Start-up letztlich nicht den erwünschten Erfolg erzielt und stattdessen Anteile ohne Gewinn veräußert werden, so kommt es auch nicht zu einer Nachversteuerung eines geldwerten Vorteils.

Anpassungen des Veräußerungserlöses in Folgejahren (zB Earn-out-Klauseln) gelten als rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO.26

Soweit eine Rückübertragung27 unentgeltlich28 stattfindet, sind der Veräußerungserlös und damit der geldwerte Vorteil mit null zu bewerten, weshalb es in diesem Fall auch zu keiner Versteuerung kommen soll.29

Um Bewertungsprobleme zu vermeiden, kann die Vereinbarung eines Rückkaufrechts des Arbeitgebers innerhalb der Zweijahresfrist zu einem von vornherein fixierten Preis sinnvoll sein (zB bei Beendigung des Dienstverhältnisses), um eine Besteuerung zum herzuleitenden gemeinen Wert zu vermeiden.30

Wird ein Ersatztatbestand gemäß § 67a Abs 3 EStG verwirklicht, wird auf den gemeinen Wert31 der Start-up-Mitarbeiterbeteiligung im Zuflusszeitpunkt abgestellt. Klargestellt wird für diesen Fall, dass dieser in weiterer Folge die steuerlichen Anschaffungskosten darstellt.

3.2.2. Besteuerungssystem

Die Besteuerung erfolgt mit folgendem begünstigtem pauschalem Regime (siehe untenstehende Tabelle).

Voraussetzung für die begünstigte Besteuerung ist, dass ein Dienstverhältnis von mindestens zwei Jahren und eine Behaltedauer der Anteile von drei Jahren vorliegen. Der Fristlauf beginnt dabei

Arbeitseinkünfte mit progressiver Besteuerung

Einkommensteuer zu 75 % mit Sondersteuersatz iHv 27,5 % zu 25 % mit progressiven Einkommensteuertarif

Lohnnebenkosten keine Lohnnebenkosten (zB KommSt, DB, DZ)

Sozialversicherung

aufgeschobene Sozialversicherung auf Dienstverhältnis beschränkt (Bemessungsgrundlage bei Veräußerung = Veräußerungserlös, sonstige ZuflussEreignisse = monatliche Höchstbeitragsgrundlage)

Lohnnebenkosten (zB KommSt, DB, DZ, DGA [für Wien], MVK)

aufgeschobene Sozialversicherung auf Dienstverhältnis beschränkt (Bemessungsgrundlage bei Veräußerung = Veräußerungserlös, sonstige ZuflussEreignisse = monatliche Höchstbeitragsgrundlage)

ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Anteilsgewährung, wobei es bei sukzessiver Anteilsgewährung für alle Anteile genügt, wenn die Frist für die erste Anteilstranche erfüllt ist.32 Werden die Fristen nicht erfüllt (zB, wenn beim Exit die Dreijahresfrist nicht erfüllt ist), erfolgt die Besteuerung zwar aufgeschoben, aber vollständig zum progressiven Einkommensteuertarif. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass bei Beendigung des Dienstverhältnisses die Behaltedauer nicht maßgeblich ist und beim Tod des Mitarbeiters beide Fristen nicht zur Anwendung gelangen.

Aus dem Gesetzeswortlaut geht nicht hervor, wie gewöhnliche Gewinnausschüttungen des Start-ups steuerlich zu behandeln sind. Nach der Bestimmung des § 67a Abs 4 Z 4 EStG gelten alineare Gewinnausschüttungen an den Arbeitnehmer innerhalb der Dreijahresfrist nach § 67a Abs 4 Z 2 EStG als Bezüge iSd § 67 Abs 10 EStG und unterliegen damit dem Lohnsteuertarif. Aus diesem Grund wird im Umkehrschluss im Fachschrifttum daraus abgeleitet, dass allfällige lineare Gewinnausschüttungen durch das Start-up an den Arbeitnehmer reguläre Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen.33 Derartige Kapitaleinkünfte unterliegen in weiterer Folge dem Sondersteuersatz iHv 27,5 % gemäß § 27a EStG.

Die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Start-up-Mitarbeiterbeteiligung hat grundsätzlich durch Lohnsteuerabzug durch das Start-up zu erfolgen. In ausgewählten Fällen hat jedoch eine Veranlagung durch den Arbeitnehmer zu erfolgen (zB, wenn der geldwerte Vorteil nach Beendigung des Dienstverhältnisses zufließt).

4. Ausgewählte Zweifelsfragen

4.1. Auswirkungen von Umgründungen auf die neue Start-up-Mitarbeiterbeteiligung Start-ups versuchen in der Regel, einen sogenannten Exit zu erreichen, der auf die Veräußerung der Anteile am Start-up abzielt, bzw es findet eine gesplittete Transaktion dahingehend statt, dass ein Teil der Anteile veräußert wird und die verbleibenden Anteile einem Anteilstausch – soweit möglich unter Anwendung des UmgrStG – unterliegen (zB, um die ehemaligen Start-up-Gründer noch an den Unternehmenserfolg zu koppeln, bekommen diese teilweise Anteile am Erwerber). Bei Start-ups kann es daher im Laufe der Zeit zu Umgründungen kommen (zB Einbringung der Start-up-Anteile in eine andere in- oder ausländische Gesellschaft, Verschmelzung des Start-ups auf eine andere Gesellschaft).

Sofern Mitarbeiter mittels Start-up-Mitarbeiterbeteiligung an dem Start-up beteiligt waren, stellt sich daher die Frage, welche steuerlichen Konsequenzen der Umgründungsvorgang für die die Start-up-Mitarbeiterbeteiligung haltenden Arbeitnehmer nach sich zieht, da die Start-up-Mitarbeiterbeteiligung an gewisse Voraussetzungen gekoppelt ist (zB dürfen gewisse Größenmerkmale nicht überschritten werden, Anteilsgewährung muss innerhalb von zehn Jahren ab Gründung erfolgen, Vinkulierungsvereinbarung etc). Da sich jedoch

sämtliche Voraussetzungen auf einen bestimmten einmaligen Zeitpunkt beziehen (zB ausschließlich auf das dem Zeitpunkt der Anteilsgewährung vorangegangene Wirtschaftsjahr, Anteilsgewährung innerhalb von zehn Jahren nach Gründung etc), ergibt sich daraus keine Einschränkung. Problematisch könnte die Vinkulierungsvereinbarung sein, da diese wohl im Rahmen einer Umgründung aufgehoben werden kann. In diesem Zusammenhang könnte allenfalls eine neuerliche Vinkulierung der umgründungsbedingt erhaltenen neuen (Gegenleistungs-)Anteile angedacht werden, sodass grundsätzlich durchgängig eine Vinkulierung gegeben wäre. Wenn daher im Anschluss an eine steuerneutrale Umgründung unter Anwendung des UmgrStG weiterhin eine inländische Arbeitgebergesellschaft verbleibt, die die künftige Besteuerung der Start-up-Mitarbeiterbeteiligung wahrnimmt, umgründungsbedingt (Gegenleistungs-)Anteile an der übernehmenden Gesellschaft verbleiben bzw an die Stelle der bisherigen Start-up-Mitarbeiterbeteiligung treten, die mit der Start-up-Mitarbeiterbeteiligung verbundenen Fristen (zB dreijährige Behaltedauer der Beteiligung) in den neuen (Gegenleistungs-)Anteilen weiterlaufen34 und eine durchgängige Vinkulierung sichergestellt wird, sprechen uE gute Gründe dafür, dass durch die Umgründung kein Besteuerungstatbestand im Hinblick auf die Start-up-Mitarbeiterbeteiligung ausgelöst wird und könnte so auch mit der Intention des Gesetzgebers (Vermeidung von „dry income“) in Einklang gebracht werden. Wünschenswert wäre jedenfalls eine praxistaugliche erlassmäßige Klarstellung zu den Auswirkungen von Umgründungen auf die Start-upMitarbeiterbeteiligung durch das BMF, die auch wirtschaftlich betrachtet die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers (Vermeidung von „dry income“) einbezieht.

4.2. Steuerliche Aspekte eines Asset-Deals für Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen Vereinzelt kann es bei Start-ups auch vorkommen, dass anstelle eines Share-Deals ein Asset-Deal vom Erwerber angestrebt wird. Daher stellt sich die Frage, welche steuerlichen Konsequenzen sich im Falle eines Asset-Deals auf Ebene der Arbeitnehmer mit einer Start-up-Mitarbeiterbeteiligung ergeben, da in diesem Fall die Realisierung auf Ebene des Arbeitnehmers durch eine dem Asset Deal nachgelagerte Gewinnausschüttung erfolgt. Folgt man den obigen Überlegungen zu linearen Gewinnausschüttungen,35 so wäre auch die Ausschüttung im Anschluss an einen Asset Deal aufgrund des derzeit vorliegenden Gesetzeswortlauts unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 EStG zu subsumieren und mit dem Sondersteuersatz iHv 27,5 % zu besteuern. Ob eine derartige steuerliche Behandlung von nachgelagerten Ausschüttungen zu einem Asset-Deal, abweichend von dem neuen pauschalen Besteuerungsregime aus teleologischer und systematischer Sicht durch den Gesetzgeber gewünscht ist, scheint zumindest zweifelhaft.

Auf den Punkt gebracht

Die neue Start-up-Mitarbeiterbeteiligung ist ein wesentlicher Baustein für ein funktionierendes österreichisches Start-up-Ökosystem und wurde auch schon lange von der Startup-Community gefordert. Mit der neuen Regelung hat man Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen aus steuerlicher Sicht auf eine gesicherte gesetzliche Grundlage gestellt. Die dry-income-Problematik versucht, die neue Regelung in den Griff zu bekommen, indem man die „Steuer“ erst dann bezahlt, wenn der tatsächliche Exit erfolgt. Ersatztatbestände verwässern diese Zielsetzung jedoch.

Aufgrund der Ausgestaltung der neuen Start-up-Mitarbeiterbeteiligung ist die Anwendung jedoch nicht ganz einfach (zB zahlreiche Anwendungsvoraussetzungen, Mischrechnung bzgl Besteuerung etc). Grob berechnet kommt bei Mitarbeitern mit einer Einkommensteuerprogression bis zu 50 % ungefähr eine Steuerbelastung von rund 35 % als Ergebnis der gemischten Besteuerung zusammen (inkl Lohnnebenkosten) – auch nicht gerade wenig, aber trotzdem ein Lösungsansatz, den die Start-up-Community unterstützt.

Wie sich gezeigt hat, bestehen noch verschiedenste Detailfragen iZm der neuen Startup-Mitarbeiterbeteiligung. Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang eine erlassmäßige Klarstellung durch das BMF.

Anmerkungen

1 Siehe BGBl I Nr 179/2023 (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 betreffend die FlexCo) sowie BGBl I 2023/200 (Start-Up-Förderungsgesetz betreffend die neue Mitarbeiterbeteiligung).

2 Der gemeine Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften (zB GmbH-Anteile) ist gemäß § 13 Abs 2 BewG in erster Linie aus mehreren Verkäufen herzuleiten. Für die Bewertung geeignete Verkäufe liegen auch bei einer Kapitalerhöhung vor, bei der Anteile gegen Barzahlung an fremde Dritte abgegeben werden (vgl Marschner, Optimierung der Familienstiftung4 [2019] 181 ff mwN). Maßgeblich ist, ob – insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung mehrerer Anbieter bzw Interessenten – der Schluss gerechtfertigt erscheint, ob die unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage und des Ausgleichs widerstreitender Interessen mehrerer an den Verkaufsgeschäften Beteiligter gebildeten Kaufpreise einem Marktpreis nahekommen (vgl BFG 26. 9. 2019, RV/1100510/2016, mwN). Verkäufen, die zeitlich näher – vor oder nach dem – am Ermittlungszeitpunkt liegen, wird größere Bedeutung beizumessen sein als anderen (vgl Erlass des BMF vom 13. 11. 1996, Richtlinien zur Ermittlung des gemeinen Wertes von inländischen nicht notierten Wertpapieren und Anteilen, 08 1037/1-IV/8/96, Pkt II).

3 Siehe dazu zB Gloser/Kulnigg/Puchner, Das steuerliche Dilemma bei Start-up-(Mitarbeiter-)Beteiligungsprogrammen – ein möglicher Lösungsansatz? RdW 2020, 709 (709 ff); Grisar/Zantopp, Liquidationspräferenzen in Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, DStR 2020, 1768 (1768 ff).

4 Vgl zB Bertl/Hirschler, Bilanzsteuerrecht – Frage und Antwort (2020) 576 (576 ff).

5 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

6 Vgl zB Nowotny in Straube/Ratka/Rauter, UGB3 (2017) § 221 Rz 19; Casey in Hirschler, Bilanzrecht I2 (2019) § 221 Rz 26.

7 Vgl Salnikow, Start-up-Förderungsgesetz 2023: Die neue Start-up-Mitarbeiterbeteiligung, taxlex 2023, 288 (291).

8 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

9 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

10 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

11 Vgl Rz 1206 KStR.

12 Vgl Wild, Start-Up-Mitarbeiterbeteiligung und Mindestkörperschaftsteuer: Die steuerlichen Maßnahmen des Start-Up-Förderungsgesetzes, RWZ 2023, 175 ff.

13 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

14 Die zB bei Substanzgenussrechten schwierig sein kann (vgl KSW-Stellungnahme vom 7. 7. 2023 zum Start-UpFörderungsgesetz).

15 Vgl zB Bertl/Hirschler, Bilanzsteuerrecht, 576 (576 ff).

16 Vgl Rz 216 LStR.

17 So auch Novak/Aspalter, Was bringt die neue Start-UpMitarbeiterbeteiligung nach § 67a EStG, ecolex 2023, 923 (924 f); Daxkobler/Mavher, Schaffung einer neuen abgabenrechtlichen Begünstigung für Start-Up-Mitarbeiterkapitalbeteiligungen, taxlex 2023, 299 (301).

18 In Bezug auf das Abzugsverbot für Managergehälter gemäß § 20 Abs 1 Z 7 EStG iVm § 12 Abs 1 Z 8 KStG wird in § 67a Abs 2 Z 6 EStG darauf verwiesen, dass das zusätzliche Entgelt mit den Anschaffungskosten des Arbeitgebers für die Kapitalanteile zu bemessen ist.

19 Da unter einer „unentgeltlichen“ Anteilsgewährung gemäß § 67a Abs 2 Z 1 EStG sowohl die Gewährung ohne Gegenleistung als auch die Entrichtung der Nominale zu subsumieren ist, sollte diese Auslegung auch hier zutreffen.

20 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

21 Im Sinne des FlexKapGG (siehe BGBl I 2023/179).

22 Siehe auch die Ausführung zur unentgeltlichen Rückübertragung in den ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

23 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

24 Sofern eine Person infolge einer Änderung der Ansässigkeit aus einer Tätigkeit in einem anderen Staat nachträglich Einkünfte im Zeitpunkt der Ansässigkeit im neuen Staat erhält, ist die Zuordnung dieser nachträglichen Einkünfte aufgrund des Kausalitätsprinzips an jenen Staat vorzunehmen, in dem die originären Einkünfte erzielt worden sind. Wird daher der Arbeitnehmer zwischen Gewährung der Start-Up-Mitarbeiterbeteiligung und freier Verfügbarkeit über die Beteiligung in verschiedenen Staaten tätig, sind die Einkünfte nach den in diesem Zeitraum geleisteten Arbeitstagen aufzuteilen. Folglich führt alleine der Wegzug des Arbeitnehmers oder die Verlegung des Arbeitsorts ins Ausland, dem Grunde nach zu keiner Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts (vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP)..

25 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

26 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

27 Auf das Start-up oder den Gesellschafter (je nachdem, wer ursprünglich die Anteile gewährt hat).

28 Da unter einer „unentgeltlichen“ Anteilsgewährung gemäß § 67a Abs 2 Z 1 EStG sowohl die Gewährung ohne Gegenleistung als auch die Entrichtung der Nominale zu subsumieren sind, sollte diese Auslegung auch hier zutreffen.

29 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

30 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP. Zur Bewertung der Anteile mit dem gemeinen Wert siehe FN 2.

31 Siehe FN 2.

32 Vgl ErlRV 2321 BlgNR 27. GP.

33 Vgl Novak/Aspalter, ecolex 2023, 923 (926).

34 Bei einer Verschmelzung laufen aufgrund der Identitätsfiktion des § 5 Abs 1 Z 1 UmgrStG alle steuerlich maßgeblichen Fristen beim Anteilsinhaber unverändert weiter (vgl zB Rz 265 UmgrStR). Problematisch wäre jedoch bei einer Einbringung die Anschaffungsfiktion gemäß § 20 Abs 1 UmgrStG (siehe weiterführend dazu zB Furherr in Kofler, UmgrStG12 [2023] § 20 Rz 3).

35 Siehe Pkt 3.2.2.

From Talking to Walking! Gemeinsam das Controlling von morgen gestalten

Reicht das Erzählte oder zählt das Erreichte? Von „Wir wollen“ zu „Wir können“ ist es in vielen Unternehmen nicht nur ein weiter Weg, sondern auch einer, der nicht konsequent bis zum Ende gegangen wird. Warum gibt es so viele gute Ideen und innovative Ansätze, um Controlling zu transformieren und scheinbar so wenig offensichtlichen Fortschritt? Wir haben daher das Generalthema des 44. Controllertages „From Talking to Walking!“ bewusst als Aufforderung formuliert, um auszudrücken, dass erfolgreiche Transformation im Unternehmen möglich – und auch notwendig – ist, um Unternehmen in eine nachhaltig erfolgreiche Zukunft zu begleiten.

1. Zielbild eines performanten Controllings In Kurzform – und ohne Berücksichtigung von Branche, Geschäftsmodell und Unternehmensgröße – kann man ein performantes Controlling wie folgt charakterisieren:

❚ Alle Controlling-Kernprozesse1, insbesondere Planungsprozesse vom Forecast über das Budget bis zur Mittelfristplanung, Reporting und Business-Partnering sind etabliert.

❚ Repetitive Prozesse sind weitestgehend automatisiert, damit stehen ausreichende und qualifizierte Controlling-Kapazitäten zur Verfügung, um Erkenntnisgewinn, Maßnahmendefinition und interne Beratung zu ermöglichen.

❚ Das Management akzeptiert und nutzt Controlling als internen Berater.

2. Was die Erreichung des Zielbildes erschwert oder verhindert

Gefühlt kämpfen Unternehmen aktuell mit ähnlichen Problemen wie vor 20 Jahren: Wie können wir die Planung schlanker, flexibler und schneller machen? Nach welchen Kennzahlen soll das Geschäft gesteuert werden? Wie können wir unsere Kosten- und Ergebnisrechnung aussagekräftiger machen? Wie kann man das Reporting adressatenfreundlicher gestalten? Wie kann das Controlling als Business Partner eingesetzt werden? Die Liste ließe sich noch länger fortsetzen, aber die Message ist klar, der Fortschritt stellt sich nicht so rasch ein, wie angekündigt und erhofft.

Was aber erschwert einen substanzielle Leistungs- und/oder Effizienzsteigerung im Controlling? Auf Basis von 30 Jahren Beratungserfahrung habe ich zwar keine abschließende Antwort darauf, denke aber, dass es im Wesentlichen folgende Aspekte sind, die eine Weiterentwicklung des Controllings behindern; manchmal auch verunmöglichen:

2.1. Organisatorische Turbulenzen

Unternehmen erleben in immer kürzeren Zyklen organisatorische Veränderungen. Dies betrifft wesentlich häufigere Wechsel von Funktionsträgern im Management, die wiederum selbst nachfolgend häufig

weitreichende interne Organisationsänderungen auslösen (zB in der Aufbauorganisation oder Änderungen in Gesellschafts- und Managementstrukturen).

2.2. Externes Wachstum

Die angestrebten Wachstumsziele erreichen viele Unternehmen nur durch Akquisition. Dies stellt in der Regel das Controlling zumindest so lange vor große Herausforderungen – sowohl in den Controlling-Kernprozessen als auch der Analyse – als die akquirierten Geschäftsteile nicht in die transaktionalen oder zumindest die Controllingsysteme integriert sind.

Die beiden oa Faktoren führen dazu, dass das Controlling viel Zeit und Kapazität aufwenden muss, um die bestehenden Systeme auf neue Organisationsstrukturen nachzuziehen und Informationen aus heterogenen Vorsystemen zu integrieren. Notgedrungen liegt dann der Fokus eher auf der Fehlervermeidung und dem Wiedererreichen des Status quo als auf Optimierungen.

2.3. Verpasste Chancen im Einsatz von IT-Tools Seit langem werden jeweils für die allernächste Zukunft die Automatisierung der Kernprozesse und die Leistungssteigerung in Analytics postuliert. Der Ressourcenaufwand in der operativen Arbeit wird massiv reduziert und Kapazitäten werden für wertschöpfende Tätigkeiten frei. Dies mag einzelnen Unternehmen gelungen sein, in der breiten Masse findet sich noch immer ein hohes Ausmaß manueller Aktivität und Business Partnering kommt zu kurz. Wesentliche Gründe dafür, dass insbesondere technische Optimierungsprojekte nicht den erwarteten Erfolg auf prozessualer oder analytischer Ebene bringen, liegen allerdings mehr auf der organisatorischen als auf der technischen Seite. Noch immer starten zu viele IT-Projekte

❚ im Glauben, dass die Einführung eines Tools bereits einen Nutzen garantiert und die meisten Probleme löst;

❚ ohne ausreichend klarer Definition der inhaltlichen, prozessualen und technischen Anforderungen;

❚ ohne expliziter Tool-Entscheidung auf Basis solcher Anforderungen;

❚ ohne Prüfung der Eignung des Beratungspartners, insbesondere dessen projektspezifischer Ressourcen und last but not least

❚ ohne ausreichend interne Kapazitäten für die Leitung und Mitarbeit im Projekt sowie die Steuerung externer Dienstleister.

In der Folge werden zu viele Projekte nicht oder nur unvollständig umgesetzt, schmelzen vom gewünschten „großen Wurf“ zur technischen Migration ab und führen daher nicht zu einer wesentlichen Leistungssteigerung im Controlling.

Mirko Waniczek ist Partner bei der Ernst & Young Management Consulting GmbH.

2.4. Viel Evolution, wenig Revolution

An dieser Stelle muss nochmals kurz auf den „großen Wurf“ eingegangen werden: Generell ist festzustellen, dass eher Bestrebungen existieren, bestehende Prozesse, Instrumente und Methoden zu optimieren, nicht aber grundsätzlich neu zu denken. Auch wenn man nicht alles Bestehende und Bewährte über Bord werfen muss, etwas mehr Mut im Neudenken des Status quo wäre nützlich. Dies betrifft zB die Aspekte

❚ Zentralisierung vs Dezentralisierung von Aktivitäten,

❚ aggregierte vs granulare Inhalte,

❚ Prozessfrequenz und

❚ Einsatz von statistischen Algorithmen in Analyse und Planung.

Es schadet nicht, die Ziele in einem oder mehreren der oa Punkte ambitionierter anzusetzen, auch um bei einem gewissen Abschmelzen im Projekt noch wesentliche Fortschritte zu erzielen.

2.5. Neue Aufgaben kommen hinzu, alte Aufgaben fallen aber nicht weg

Das Controlling ist laufend mit neuen Anforderungen konfrontiert, häufig bezogen auf Analysen und Reporting, die Zusatzaufwand bedeuten, solange es nicht gelingt, neben Prozessoptimierungen auch bestehende Leistungen hinsichtlich genereller Notwendigkeit oder zumindest hinsichtlich deren Frequenz zu hinterfragen. Dies ist umso notwendiger, als eine Kapazitätsaufstockung in der aktuellen Arbeitsmarktsituation sich jedenfalls als schwierig erweist.

2.6. Die Rollenanforderungen ändern sich

Es kann außer Streit gestellt werden, dass die Rollenanforderungen an die Controllerinnen und Controller breiter werden. Es werden sowohl die fachlichen Anforderungen breiter (zB Nachhaltigkeit, IT-Skills, Statistik) als auch die persönlichen Anforderungen heterogener (zB Genauigkeit für Prozessexzellenz vs Kommunikationsfähigkeit für Business Partnering). Dies stellt vor allem kleinere und mittlere Unternehmen vor große Herausforderungen, da eine Spezialisierung bei begrenzten Kapazitäten nur eingeschränkt möglich ist.

3. Wie eine Leistungssteigerung gelingen kann

Zuerst ist es nützlich, sich klarzumachen, welche Faktoren durch Controlling selbst überhaupt beeinflussbar sind. Es macht wenig Sinn, sich mehr organisatorische Stabilität und Kontinuität zu wünschen bzw davon auszugehen, dass die Kapazitäten massiv erweitert werden können. Der Fokus sollte also daher auf handhabbaren, projektorientierten Verbesserungen sowohl in den Controlling-Kernprozessen als auch der Aufgabenwahrnehmung liegen. Um planvoll, fokussiert und nutzenorientiert vorzugehen, empfiehlt sich:

3.1. Transparenz über den Status quo erlangen Die Erfahrung zeigt, dass die Performance des Controllings nie einheitlich ist. Einzelne Prozesse funktionieren inhaltlich ausgezeichnet und sind weitgehend automatisiert, für andere trifft dies nicht zu. In einem Geschäftsbereich ist die Rollenwahrnehmung des Controllings wesentlich aktiver

als in einem anderen. Wichtig ist, strukturiert zu identifizieren, wo Stärken und Schwächen liegen und Handlungsbedarfe gegeben sind.

3.2. Eine bewältigbare, nutzenorientierte Roadmap formulieren Unternehmen neigen dazu, auf Basis einer Bestandsaufnahme Roadmaps zu definieren, die mit den verfügbaren personellen oder finanziellen Ressourcen nicht umsetzbar sind oder deren Umsetzungsende erst in ferner Zukunft liegt. Zudem wird der kurzfristig erreichbare Nutzen oft nicht ausreichend in der Priorisierung berücksichtigt, dies ist aber wichtig, um sukzessive eine Leistungssteigerung entlang der Roadmap nachweisen zu können.

3.3. Projekte von Anfang bis Ende professionell durchziehen

Es macht Sinn, Projekte mit einem klaren Auftrag ggf schmaler und mit kürzeren Laufzeiten zu dimensionieren, nicht nur um rasch erste konkrete Erfolge einzufahren, sondern um überhaupt sicherzustellen, dass diese Projekte – auch wenn sie extern unterstützt werden – intern gut gemanagt werden können.

3.4. Kreative Ressourcenentwicklung

Ein schwieriger Arbeitsmarkt und begrenzte Ressourcen erfordern einen kreativeren Umgang in der Bereitstellung qualitätsvoller Controlling-Services. Neben klassischen Schulungsmaßnahmen gewinnen durchlässigere Modelle für Berufsanfänger (zB geringfügige Beschäftigungen, duales Studium) und horizontale Karrieren (Wechsel aus operativen Funktionen ins Controlling) an Bedeutung. In größeren Organisationen bietet sich zudem an, auch das Controlling organisatorisch zu optimieren (zB Differenzierung in „Front Office“ / Business Partnering und „Back Office“ / Prozesse und Tools), um Ressourcen gemäß deren Interessen und Stärken optimal einsetzen zu können.

Auf den Punkt gebracht

Das Zielbild eines performanten Controllings ist nicht unrealistisch und die Hindernisse auf dem Weg dorthin sind – insbesondere bei organisatorischer Konsequenz und Beharrlichkeit – bewältigbar. Zudem gibt es immer die Möglichkeit, von Anderen zu lernen, sich zu vernetzen und auszutauschen. Besuchen Sie uns am Controllertag 2024, von 29. 2 bis 1. 3. 2024, und lernen Sie Best Practices ua aus folgenden Unternehmen kennen: Kärcher, Coca-Cola, Österreichische Post, AGRANA, Wienerberger, Vienna Insurance Group, B&R Industrial Automation, VERBUND, Hutchison Drei, AVL List, Salzburger Aluminium Group. Weitere Informationen zum Programm und Anmeldung unter: https://www.controller-in stitut.at/de/konferenzen/details/controllertag/.

Anmerkung

1 Für den gültigen Standard zu Controlling-Kernprozessen siehe International Group of Controlling 2017.

Die Rolle des CFO in der Skalierung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmenskontext

Prof. Dr. Bernd Wallraff ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftspsychologie an der CBS International Business School in Mainz, Deutschland. Er ist zudem als Dozent im Bereich der Executive Education der Frankfurt School of Finance & Management tätig.

Prof. Dr. Mike Schulze ist Vizepräsident für Forschung & Praxistransfer sowie Professor für Controlling, Rechnungswesen und Finanzmanagement an der CBS International Business School in Mainz, Deutschland. Er engagiert sich darüber hinaus als Honorary Professor-inResidence für das Institute of Management Accountants (IMA) in Europa.

Dieser Artikel betrachtet die zentrale Rolle des CFO in der Skalierung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen. CFOs stehen vor der Herausforderung, nicht nur die finanziellen Aspekte der KIIntegration zu steuern, sondern auch strategische Entscheidungen zu treffen, die den langfristigen Unternehmenserfolg beeinflussen. Ausgehend von Interviews mit Experten im Rahmen von unterschiedlichen Studien zur Implementierung und Skalierung von KI beleuchtet dieser Artikel die Rolle der CFOs in diesem Prozess. Dabei wird auf finanzielle Überlegungen, Risikomanagement, ethische Fragestellungen, strategische Aspekte und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen eingegangen, um eine erfolgreiche KI-Implementierung und -Skalierung zu gewährleisten.

1. KI im Unternehmenskontext

Die Implementierung von KI im Unternehmenskontext ist derzeitig ein zentrales Thema angesichts der zunehmenden Bedeutung von KI für die Geschäftswelt. Seit der Einführung von ChatGPT und ähnlichen Tools ist den meisten Unternehmen die strategische Bedeutung von KI bewusst geworden und es gibt in vielen Unternehmen bereits Pilotanwendungen. KI bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Effizienz in Unternehmensprozessen zu steigern, ihr Wachstumspotenzial auszuschöpfen und innovative Lösungen zu entwickeln. Allerdings hinken insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen in der praktischen Anwendung von KI hinterher.

Für die Unternehmen, die schon Pilotanwendungen implementiert haben, ist die Skalierung von KI im Unternehmen der nächste wichtige Schritt. Skalierung beschreibt als Begriff eine Anpassung an veränderte Maßstäbe, also eine Größenveränderung. Unter Skalierbarkeit versteht man dementsprechend die Fähigkeit, zu wachsen oder zu schrumpfen, je nach Erfordernis. CFOs spielen eine entscheidende Rolle in diesem Prozess, da sie nicht nur für die finanzielle Integrität des Unternehmens verantwortlich sind, sondern auch maßgeblich die strategischen Entscheidungen beeinflussen, die die KI-Skalierung vorantreiben. Dabei stehen sie vor der Herausforderung, KI vorrangig nicht nur als erhebliche Investition, sondern als strategischen Motor für Wachstum und Effizienz zu betrachten.

Wir haben im Rahmen von mehreren Studien zur Implementierung und Skalierung von KI im Unternehmen mit zahlreichen Experten diskutiert. In diesem Artikel beleuchten wir auf Basis dieser Gespräche die folgenden Fragestellungen:

❚ Wie sieht die Rolle des CFO im Kontext von Implementierung und Skalierung von KI aus?

❚ Worauf sollte man sich als CFO bei der Skalierung von KI in Unternehmen fokussieren?

2. Finanzielle Überlegungen bei der KI-Skalierung

Die Implementierung von KI im Unternehmenskontext eröffnet vielfältige Chancen. KI kann dazu beitragen, betriebliche Effizienz und Produktivität zu steigern, bessere Geschäftsentscheidungen durch den Zugang zu Echtzeitdaten zu ermöglichen und automatisierte Prozesse und Aufgaben zu realisieren. Dazu sind aber zum Teil zunächst erhebliche Investitionen zu tätigen. Daher sind finanzielle Aspekte bei der Skalierung von KI im Unternehmen von hoher Bedeutung. Die Kosten für die Entwicklung und Implementierung von KI-Anwendungen können eine erhebliche Herausforderung darstellen, insbesondere für Unternehmen mit begrenzten Finanzierungsmitteln. Zudem ist eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse erforderlich, um die langfristigen finanziellen Auswirkungen der KI-Skalierung zu bewerten. Dies umfasst Investitionen in die KI-Infrastruktur, Schulungen für Mitarbeitende und laufende Wartungskosten. Dies schließt auch die Festlegung von Risikopuffern in Budgets ein. Darüber hinaus müssen CFOs die ethischen und rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit KI berücksichtigen, da die Nichteinhaltung von Gesetzen und Vorschriften zu finanziellen Risiken führen kann.

Auf Grundlage der Kosten-Nutzen-Analyse muss eine Finanzierungsstrategie entwickelt werden, um die erfolgreiche Skalierung von KI im Unternehmen zu gewährleisten. Dabei sollten CFOs in ihrem Bereich klare Budgets und Renditeerwartungen festlegen lassen, um sicherzustellen, dass die Investitionen den gewünschten Nutzen bringen. Zudem ist die Quantifizierung von Kosteneinsparungen durch Automatisierung und Effizienzsteigerungen entscheidend für den Erfolg.

3. Risikomanagement und Compliance

Die strategische Skalierung von KI stellt Unternehmen vor die Notwendigkeit, Risiken zu managen und Compliance sicherzustellen. CFOs spielen eine zentrale Rolle in diesem Prozess, da sie nicht nur finanzielle Verantwortung tragen, sondern auch sicherstellen müssen, dass die KI-Implementierung den rechtlichen Rahmenbedingungen entspricht. Sie müssen eine proaktive Rolle im Risikomanagement einnehmen, um sicherzustellen, dass alle Aspekte der KI-Skalierung den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen und ethischen Standards genügen.

Die Skalierung von KI birgt diverse Risiken, von Datenschutzverletzungen bis hin zu ethischen Bedenken. CFOs müssen ein umfassendes Risikomanagement implementieren, das nicht nur finanzielle Risiken, sondern auch operationelle und ethische Aspekte abdeckt. Dies erfordert eine gründliche Analyse der KI-Anwendungen und eine umfassende Risikobewertung.

Der Schutz sensibler Daten ist ein Schlüsselfaktor bei der KI-Skalierung. CFOs müssen sicherstellen, dass die Implementierung von KITechnologien den höchsten Standards in Bezug auf Datenschutz und -sicherheit entspricht. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Datenschutzbeauftragten und IT-Sicherheitsexperten.

Die erfolgreiche Integration von KI erfordert die Anpassung bestehender Compliance-Strukturen. CFOs sollten sicherstellen, dass KI nahtlos in vorhandene Governance- und Compliance-Mechanismen integriert wird, um einen kontinuierlichen Einhaltungsnachweis zu gewährleisten.

Um eine effektive Compliance sicherzustellen, ist die Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter von zentraler Bedeutung. CFOs sollten Investitionen in Schulungsprogramme tätigen, um sicherzustellen, dass das Personal die regulatorischen Anforderungen im Kontext von KI versteht und umsetzen kann.

Ein kontinuierliches Monitoring der KI-Implementierung ist unabdingbar. CFOs sollten Mechanismen etablieren, um regelmäßige Reports über die Einhaltung von Compliance-Standards und mögliche Risiken zu erhalten. Dies ermöglicht eine frühzeitige Identifizierung von Problemen und die Implementierung von Gegenmaßnahmen.

4. Ethik und Transparenz

Hinsichtlich ethischer Aspekte von KI sollten CFOs eine Führungsrolle in den Unternehmen bei der Festlegung ethischer Leitlinien übernehmen, die sicherstellen, dass KI-Implementierungen nicht nur wirtschaftlichen Nutzen bringen, sondern auch den moralischen und gesellschaftlichen Werten des Unternehmens entsprechen. In einem ersten Schritt sind dabei ethischen Leitlinien zu entwickeln, um sicherzustellen, dass die KI-Skalierung auf einer soliden ethischen Grundlage erfolgt. CFOs sollten weiterhin sicherstellen, dass diese Richtlinien nicht nur in schriftlicher Form vorliegen, sondern auch aktiv im Unternehmen kommuniziert werden, um ein tiefes Verständnis und eine Akzeptanz im gesamten Unternehmen zu fördern. Die Mitarbeitenden müssen für die ethischen Herausforderungen im Zusammenhang mit KI sensibilisiert sein. Es sollten Schulungsprogramme initiiert werden, um sicherzustellen, dass das Personal die ethischen Richtlinien versteht und in der Lage ist, ethisch verantwortungsbewusst mit KI-Technologien umzugehen. Dabei erfordert die Sicherstellung von Ethik und Transparenz eine enge Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen, insbesondere der Personal-, IT- und Rechtsabteilung. CFOs sollten sicherstellen, dass ethische Prinzipien nahtlos in technologische Implementierungen integriert und rechtlich abgesichert sind.

Transparenz ist entscheidend, um das Vertrauen von Stakeholdern zu gewinnen. CFOs sollten Initiativen unterstützen, die eine klare Offenlegung von KI-Algorithmen und Entscheidungsprozessen fördern. Dies ermöglicht es nicht nur internen Stakeholdern, die Funktionsweise zu verstehen, sondern fördert auch externe Transparenz.

Der gesamte Vorstand oder die Geschäftsführung sollten eine klare Verantwortlichkeit für die

Umsetzung ethischer Grundsätze übernehmen. Dies umfasst die Integration ethischer Überlegungen in alle Geschäftsentscheidungen und die kontinuierliche Überwachung, um sicherzustellen, dass ethische Standards eingehalten werden. Die KI-Implementierung erfordert einen fortlaufenden Dialog über ethische Entscheidungen. Es sollten Mechanismen etabliert werden, um regelmäßige Überprüfungen und Reflexionen durchzuführen, um sicherzustellen, dass ethische Grundsätze weiterhin relevante und effektive Leitlinien sind. Ethik und Transparenz sind keine Nebenprodukte, sondern essenzielle Bestandteile einer verantwortungsbewussten KI-Skalierung. Die einzigartige Perspektive des CFO ermöglicht es, nicht nur finanzielle, sondern auch ethische Werte in den Mittelpunkt der Unternehmensstrategie zu stellen. Durch die konsequente Umsetzung ethischer Grundsätze können CFOs einen maßgeblichen Beitrag zur Schaffung einer ethisch gefestigten Unternehmenskultur leisten.

5. Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen

Die Skalierung von KI erfordert eine effektive interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Unternehmensbereiche. CFOs spielen eine entscheidende Rolle in diesem Prozess, indem sie nicht nur die finanzielle Integration von KI steuern, sondern auch die koordinierte Zusammenarbeit zwischen Abteilungen fördern. Dies umfasst die Schaffung von Kommunikationskanälen und auch zusätzlichen Gremien, die den Informationsaustausch zwischen Abteilungen erleichtern, sowie die Initiierung von Projekten zur Zusammenführung von Fachwissen aus verschiedenen Bereichen. CFOs sollten Schlüsselindikatoren (KPIs) entwickeln, die den Erfolg der interdisziplinären Zusammenarbeit bei der KI-Skalierung messen. Dies kann die Effizienz der Prozessintegration, die Qualität der Kommunikation zwischen Abteilungen und die Geschwindigkeit der Umsetzung neuer KI-Anwendungen umfassen. CFOs können auch als Katalysatoren für den Erfahrungsaustausch zwischen Abteilungen dienen. Das Teilen von Best Practices und erfolgreichen Erfahrungen aus der KI-Implementierung fördert nicht nur die Effizienz, sondern schafft auch eine lernende Organisation.

6. Strategische Ausrichtung

Die CFOs sind zentral in diesen Transformationsprozess eingebunden, indem sie nicht nur die finanziellen Aspekte steuern, sondern auch maßgeblich die strategische Ausrichtung für eine nachhaltige KI-Skalierung beeinflussen. Die Skalierung von KI sollte eng mit den übergeordneten Unternehmenszielen verknüpft sein. CFOs spielen eine entscheidende Rolle bei der Definition klarer strategischer Ziele, die die KI-Initiativen unterstützen und zum langfristigen Erfolg des Unternehmens beitragen. Die Entwicklung einer KI-Skalierungsstrategie erfordert eine sorgfältige finanzielle Steuerung. CFOs sollten klare Budgets für KI-Initiativen festlegen, Renditeerwartungen definieren und sicherstellen, dass finanzielle Ressourcen effizient genutzt werden, um den größtmöglichen Nutzen zu

Abb 1: Rollenverständnis des CFO im Rahmen einer erfolgreichen KI-Skalierung.

erzielen. Die Festlegung von KPIs ist unerlässlich, um den Erfolg der KI-Strategie zu messen. CFOs sollten in Zusammenarbeit mit dem Führungsteam KPIs entwickeln, die sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Aspekte berücksichtigen, um eine umfassende Leistungsbewertung zu ermöglichen.

Die Auswahl geeigneter Technologieanbieter ist ein kritischer Schritt bei der KI-Skalierung. Es muss sichergestellt werden, dass die ausgewählten Anbieter nicht nur technologisch kompetent sind, sondern auch finanziell stabil und in der Lage, langfristige Partnerschaften einzugehen. Die KI-Landschaft ist dynamisch, und die Strategie muss entsprechend angepasst werden. CFOs sollten kontinuierlich die Umsetzung der Strategie überwachen, Ergebnisse analysieren und bei Bedarf Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass die Skalierung von KI den Unternehmenszielen entspricht.

CFOs spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer ganzheitlichen KI-Skalierungsstrategie. Durch eine proaktive Beteiligung an der KI-Strategieentwicklung können sie dazu beitragen, die Chancen der KI-Skalierung zu nutzen und gleichzeitig potenzielle Risiken zu minimieren, was letztendlich zum langfristigen Erfolg des Unternehmens beiträgt.

7. Evaluierung des Erfolges der KI-Skalierung Die Rolle der CFOs bei der Messung der Leistung sowie des Erfolges im Zuge der Skalierung von KI im Unternehmen ist von entscheidender Bedeutung. Sie sind einzigartig positioniert, um eine breitere organisatorische Verschiebung in die Digitalisierung zu führen und smartere Geschäftsentscheidungen im gesamten Unternehmen zu ermöglichen. Um den Erfolg und die Leistung von KI zu messen, muss eine Governance-Struktur geschaffen werden, die es dem Finanzwesen ermöglicht, Daten aus den richtigen Quellen zu ziehen, sicherzustellen, dass die Daten verlässlich sind, und den richtigen Personen zum richtigen Zeitpunkt Zugang zu gewähren. Darüber hinaus können KIgestützte Analysen CFOs dabei unterstützen, genauere Prognosen und Vorhersagen zu treffen, die die Geschäftsstrategie informieren und das Risiko minimieren. Es ist daher entscheidend, dass CFOs

die Rolle von KI im Unternehmen verstehen und die Leistung der KI-Implementierung anhand klar definierter Kennzahlen und Ziele bewerten, um sicherzustellen, dass KI die Unternehmensziele unterstützt und einen messbaren Mehrwert liefert. Die kontinuierliche Überwachung und Anpassung der KPIs ermöglichen eine erfolgreiche Skalierung von KI im Unternehmen.

8. Zukunftsausblick und Fazit

Die Zukunft verspricht eine transformative Ära für die Rolle des CFO durch die fortschreitende Integration von KI. Die Anwendung von KITechnologien wird die Art und Weise, wie CFOs strategische Entscheidungen treffen und Finanzprozesse steuern, grundlegend verändern. Durch automatisierte Datenanalysen, prädiktive Modelle und intelligente Finanzsysteme werden CFOs in der Lage sein, schneller auf komplexe Informationen zu reagieren und fundierte, zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen. Die Verlagerung von manuellen Aufgaben hin zu automatisierten Prozessen ermöglicht es CFOs, sich stärker auf strategische, wertorientierte Initiativen zu konzentrieren. Gleichzeitig erfordert diese Entwicklung eine Anpassung der Fähigkeiten und Kompetenzen von CFOs, um die Potenziale von KI vollständig ausschöpfen zu können. Der Blick in die Zukunft verdeutlicht somit nicht nur die zunehmende technologische Integration, sondern auch die evolutionäre Transformation der Rolle von CFOs in einen proaktiven, datengetriebenen Gestalter unternehmerischer Entscheidungen.

Die Skalierung von KI wird ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen in den nächsten Jahren sein, da sie die Effizienz steigert, innovative Lösungen ermöglicht und eine entscheidende Grundlage für datengetriebene, wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle bildet. CFOs spielen eine Schlüsselrolle in diesem Transformationsprozess. Durch eine proaktive Herangehensweise an finanzielle Überlegungen, Risikomanagement, ethische Fragen und die enge Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen können CFOs den Weg für eine erfolgreiche Integration und Skalierung von KI in Unternehmen ebnen.

1. Finanzielle Überlegungen Kosten-Nutzen-Analyse durchführen und Finanzierungsstrategie definieren

2. Risikomanagement Risikenmanagen und Compliancesicherstellen

3. Ethik und Transparenz Festlegung ethischer Leitlinien, dieden Werten des Unternehmens entsprechen

1. Finanzielle Überlegungen

2. Risikomanagement

3. Ethik und Transparenz

6. Evaluierung vonKI-Erfolg

aluierung vonKI-Erfolg und Leistung der ojektemessen und ggfs euern

5. Strategische Ausrichtung

4. Zusammenarbeit

4. Zusammenarbeit

Effek veinterdisziplinäre Zusammenarbeitinnerhalb desUnternehmensfördern KI nachste

egischeAusrichtung udgets, nditeerwartungen und KPI KI-Ini a ven festlegen

Herausforderungen und Chancen der neuen Arbeitswelt

Eine Studie zu Wunsch und Wahrnehmung von Arbeitnehmern am Beispiel des Berufsstandes der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung

Knaus

Mitarbeitergewinnung und -bindung erfordern eine Bedürfnisanalyse. In Anlehnung an den SERVQUALAnsatz wurden Wünsche und Wahrnehmungen „potenzieller“ Mitarbeiter erhoben und bestehende Gaps identifiziert. In einem weiteren Schritt werden diese spezifiziert und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Eine angenehme Arbeitsatmosphäre, der respektvolle Umgang sowie gute Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten stehen dabei hoch im Kurs.

1. Grundlagen

Um Mitarbeiter zu gewinnen bzw bestehende langfristig zu binden, müssen traditionelle Ansätze im Arbeitsumfeld neu gedacht werden. Anreize wie eine attraktive Entlohnung oder vielversprechende Aufstiegschancen sind nicht mehr die attraktivsten Goodies am Arbeitsmarkt. Darauf aufbauend werden für das Berufsfeld der steirischen Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung die Wünsche an das Arbeitsumfeld von potenziellen und bestehenden Mitarbeitern erhoben und den Umsatzwahrnehmungen gegenübergestellt.

1.1. Empirische Erhebung

Der SERVQUAL-Ansatz zur Beurteilung der Dienstleistungsqualität1 wird auf die Erhebung von Wünschen und Wahrnehmungen der „potenziellen“ Mitarbeiter umgelegt. Die Wahrnehmung der Studierenden setzt sich aus den Erwartungen an das Arbeitsumfeld zusammen. Diese werden von individuellen Bedürfnissen oder externen Informatio-

nen wie Websites beeinflusst. Bei Berufstätigen wird die Wahrnehmung zum Großteil auf tatsächlichen Erfahrungswerten basieren. Die Grundgesamtheit umfasst zwei Gruppen:2

❚ 2.987 potenzielle Mitarbeiter, die zurzeit ein Studium in der Steiermark mit wirtschaftlichem Schwerpunkt absolvieren.

❚ 1.373 Berufsberechtigte und Berufsanwärter im Bereich der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung in der Steiermark.

Für die Berufstätigen ist eine aussagekräftige Stichprobe mit einem Konfidenzintervall von 95 % und einer Fehlerspanne von 10 % bei einem Rücklauf von 90 Personen erreicht. Der tatsächliche betrug 156. Bezogen auf die Grundgesamtheit der Studierenden wäre bei einem Konfidenzintervall von 90 % und einer Fehlerspanne von 10 % eine repräsentative Aussage bei 67 Fragebögen erreicht, wobei 76 retourniert wurden.3

1.2. Wünsche in Bezug auf das zukünftige Arbeitsumfeld

Berufstätige und potenzielle Mitarbeiter wurden bezüglich ihrer Wünsche zum Arbeitsumfeld zu 18 unterschiedlichen Qualitätsmerkmalen befragt.

Über die Bewertung einer Likert-Skala wurden die Mittelwerte nach der geschichteten Stichprobe berechnet und gereiht, wobei die Reihung nach den Berufstätigen erfolgt ist und die Zahlen in den Klammern dem Rang des Merkmals bei den Studierenden entspricht (siehe Abb 1).

FH Prof. Mag. Andrea Knaus, StB ist hauptberuflich Lektorin mit den Schwerpunkten Steuerrecht, Budgetierung und BMD sowie Fachbereichskoordinatorin für Wirtschaftsrecht am Department Rechnungswesen und Controlling der FH CAMPUS 02 in Graz.

Abb 1: Wunschliste der Berufstätigen gereiht nach Wichtigkeit der QK.4

Übereinstimmend wird der Wunsch nach einer angenehmen Arbeitsatmosphäre auf den ersten Rang gereiht. Auf Platz zwei bei den Berufstätigen rangiert die Weiterbildungsmöglichkeit, gefolgt von der Möglichkeit des konzentrierten Arbeitens. Die Top Fünf vervollständigen der respektvolle Umgang und gute Karrieremöglichkeiten. Bei Studierenden hingegen finden sich beide Punkte bereits auf Platz zwei und drei. Die Vermutung liegt nahe, dass Studierende um die Wichtigkeit der Weiterbildung und des konzentrieren Arbeitens vor allem im Arbeitsfeld der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung noch nicht Bescheid wissen. Überraschenderweise belegen die medial viel diskutierten Bereiche Nachhaltigkeit, Gender & Diversity übereinstimmend bei Berufstätigen und Studierenden den vorletzten Rang. Das Schlusslicht bildet bei allen Probanden die internationale Tätigkeit.

Alle 18 Qualitätskriterien wurden zu fünf Qualitätsdimensionen verdichtet (siehe Abb 2). Die Anzahl der Qualitätskriterien pro Qualitätsdimension findet sich in der eckigen Klammer. Die berechneten Mittelwerte der jeweiligen Wünsche werden denen der Wahrnehmung gegenübergestellt. Je niedriger der Wert, desto größer ist der Wunsch, oder desto besser ist die Wahrnehmung. In vier von fünf Qualitätsdimensionen besteht ein massives

Abb 2: Gegenüberstellung der aggregierten Mittelwerte von Wunsch und Wahrnehmung für die Grundgesamtheit.5

Abb 3: Gegenüberstellung der aggregierten Mittelwerte von Wunsch und Wahrnehmung: Tangibles Umfeld.6

Gap zwischen den Wunschvorstellungen und der Umsetzungswahrnehmung. Nur im Bereich der Zuverlässigkeit wird dem Wunsch vollumfänglich entsprochen. Um konkrete Chancen zu erkennen, müssen die Abweichungen der Qualitätskriterien im Detail erhoben und analysiert werden.

1.3. Auszugweise Analyse des Spannungsfeldes Wunsch und Wahrnehmung: Tangibles Umfeld

Das tangible Umfeld erfasst in seiner ursprünglichen Form das materielle Umfeld.7 Im Rahmen der Studie wird darunter das Engagement der Unternehmen subsummiert, den Mitarbeitenden das Arbeiten zu erleichtern.8

In vier von fünf Bereichen sind deutliche Diskrepanzen zwischen den erwarteten und tatsächlichen Bedingungen zu erkennen. Bei genauer Betrachtung der Wunschlistenergebnisse zeigt sich, dass zwei der Top-Fünf-Bedürfnisse der Probanden auf das physische Umfeld entfallen. Angesichts der bestehenden Lücken bei großen Bedürfnissen ist es für wirtschaftlich orientierte Unternehmen von großer Bedeutung, gezielte Anstrengungen zu unternehmen, um diese zu schließen und eine optimale Arbeitsumgebung zu schaffen (siehe Abb 3).

Zu dem wichtigsten Wunschkriterium für alle Probanden zählt die Schaffung einer angenehmen Arbeitsatmosphäre. Es gilt, je größer der Wunsch, desto höher ist der dunkle Balken. Die Wahrnehmung einer guten Arbeitsatmosphäre zeigt erhebliche Schwächen auf. Auch hier gilt, je höher der helle Balken, desto besser ist die Wahrnehmung durch die Befragten (siehe Abb 4).

Das beachtliche Gap in jeder Auswertungsgruppe verdeutlicht, dass dem tiefen Bedürfnis ein großes Verbesserungspotenzial gegenübersteht. Bei Frauen tendenziell stärker ausgeprägt als bei Männern.

Um die bestehende Lücke zu minimieren oder idealerweise zu schließen, ist eine detaillierte Untersuchung des Qualitätskriteriums notwendig. Den Teilnehmenden wurden mehrere Optionen zur Spezifizierung geboten, von denen sie die drei auswählen konnten, die am besten dem Kriterium entsprechen. Diese Auswahlmöglichkeiten wurden anhand ihrer Häufigkeit pro Teilnehmer analysiert und entsprechend der Rangfolge der Studierenden geordnet (siehe Tab 1).

Die angenehme Arbeitsatmosphäre wird vor allem mit einer ausgewogenen Work-Life-Balance assoziiert, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeits- und Freizeit sowie eine klare Trennung beider Sphären einschließt. Ein weiterer zentraler Faktor, der für alle Gruppen von Probanden von großer Bedeutung ist, besteht in der offenen und ehrlichen Kommunikation sowie der umfassenden Wertschätzung seitens der Arbeitgeber.

In diesem Kontext gilt es, die Work-Life-Integration, häufig im Kontext von New Work in den Medien propagiert, kritisch zu hinterfragen. Obwohl eine klare Trennung von beruflichem und persönlichem Bereich auf den ersten Blick erstrebenswert erscheint, ist eine gewisse Integration des beruflichen Aspekts in den Privatbereich mögli-

cherweise unvermeidbar, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Home-Office, Remote-Arbeit oder flexiblen Arbeitszeiten.

1.4. Auszugweise Analyse des Spannungsfeldes Wunsch und Wahrnehmung: Einfühlungsvermögens

Basierend auf den Erkenntnissen der Wunschliste wird deutlich, dass im Arbeitsumfeld soft facts ein größeres Bedürfnis darstellen als hard facts wie Büroausstattungen und Sozialleistungen. Die ursprüngliche Dimension des Einfühlungsvermögens bezieht sich im Rahmen der Studie auf die Fähigkeit der Unternehmen, individuell Lösungen für die Mitarbeitenden anzubieten.10

Ein konsistentes Bild zeichnet sich auch in dieser Kategorie ab. Es bestehen überwiegen große Lücken zwischen Wunschvorstellungen und wahrgenommenen Gegebenheiten (siehe Abb 5).

Die Integration von beruflichen Tätigkeiten in das Privatleben oder eine ganzheitliche Abgrenzung beider Sphären wird oftmals sehr kontrovers diskutiert. Fakt ist, dass die Vereinbarkeit von Arbeits- und Freizeit ein wichtiges Thema im Bereich des Einfühlungsvermögens von Unternehmen darstellt. Das Gap zwischen den Wünschen und der Wahrnehmung zeigt ebenfalls reichlich Handlungsspielraum für die Unternehmen (siehe Abb 6).

Gruppenübergreifend zeigt sich ein konsistentes Muster. Der Wunsch nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance überwiegt deutlich gegenüber der wahrgenommenen Realisierung. Die Ergebnisse der männlichen Studierenden weichen leicht ab. Die Präferenz für eine gute Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit ist bei dieser Gruppe zwar weniger ausgeprägt, aber die Erwartung an die Umsetzung ist nahezu identisch ist.

Die Vereinbarkeit des beruflichen Alltags mit dem Privatleben wird in erster Linie mit flexiblen Arbeitszeiten verbunden.

Work-Life-Balance: ausgew. Verhältnis zwischen Arbeits- und Privatzeit, mit klarer Trennung

Chancengleichheit (Gehalt, Karriere, Gender u. Diversity)

[…]

Abb 4: Mittelwertgegenüberstellung der Detailgruppen zu Wunsch und Wahrnehmung: Arbeitsatmosphäre.9

Studierende

Tab 1: Kriterienkatalog zum Qualitätskriterium Arbeitsatmosphäre, Reihung nach Häufigkeit der Auswahl der Studierenden.11

Die Work-Life-Balance ist zwar wichtig, aber nur mit einer klaren Trennung zwischen dem Arbeitsumfeld und dem Privatbereich. Vor allem Berufstätigen ist der Respekt für die persönliche Freizeit und die Nicht-Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit wichtig (siehe Tab 2). Angesichts der Dringlichkeit dieses Bedürfnisses und mit Blick auf eine Neugestaltung unternehmensinterner Prozesse sind geringfügige Anpassungen durchaus in der Lage, bedeutende Wirkungen zu erzielen.

Abb 5: Gegenüberstellung der aggregierten Mittelwerte von Wunsch und Wahrnehmung: Einfühlungsvermögen.12

Abb 6: Mittelwertgegenüberstellung der Detailgruppen zu Wunsch und Wahrnehmung: Vereinbarkeit mit dem Privatleben.13

Flexible Arbeitszeiten

Studierende StB WP

39 89 9

Respekt für Freizeit und Nicht-Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit 36 59 8

Work-Life-Balance: ausgew. Verhältnis zwischen Arbeits- und Privatzeit, mit klarer Trennung 36 78 6

Möglichkeiten für Home-Office / Remote-Work 29 53 8 Freie Urlaubseinteilung 15 59 1 […]

Tab 2: Kriterienkatalog zum Qualitätskriterium Arbeitsatmosphäre, Reihung nach Häufigkeit der Auswahl der Studierenden.14

Auf den Punkt gebracht

❚ Studierende und Berufstätige wünschen sich von ihrem Arbeitsumfeld vor allem eine positive Arbeitsatmosphäre, einen respektvollen Umgang, gute Karrieremöglichkeiten und flexible Arbeitszeiten. Berufstätige wünschen sich zusätzliche Weiterbildungs- und Konzentrationsmöglichkeiten.

❚ Durch fehlende Angebote oder eine unzureichende Kommunikation wird die Umsetzung dieser Wünsche durch die „potenziellen“ Mitarbeitenden oftmals nicht wahrgenommen.

❚ Um den Spagat zwischen den sehr individuellen Wünschen aller Beteiligten zu schaffen, wird es ein Umdenken in den Unternehmen geben müssen. Eine einheitliche Lösung wird nicht zielführend sein.

❚ Es könnte sich als effektiv erweisen, wenn Unternehmen einen übergreifenden Rah-

men als Basis schaffen. Wertschätzende Gespräche mit den Mitarbeitenden, präzise Zielvereinbarungen und Anforderungen sollten individuell darauf aufbauend vereinbart werden. Nur respektvolle Absprachen von Zielen und damit verbundene Erfolgswege stellen den Schlüssel zu einer stabilen und langfristigen Zusammenarbeit dar.

Mehr Informationen finden Sie in der Studie abrufbar unter: https://opus.campus02.at/front door/deliver/index/docId/801/file/2023_ Studie_KSW_Berufsbild.pdf

Anmerkungen

1 Vgl Parasuraman et al, A Multiple‐Item Scale for Measuring Consumer Perceptions of Service Quality, in Journal of Retailing, Vol 64, No 1, 12 ff, abrufbar unter https:// www.researchgate.net/profile/Valarie‐Zeithaml‐2/ publication/225083802_SERVQUAL_A_multiple‐_Item_ Scale_for_measuring_consumer_perceptions_of_service _quality/links/5429a4540cf27e39fa8e6531/SERVQUAL‐A‐multiple‐Item‐Scale‐for‐measuringconsumer‐percep tions‐of‐service‐quality.pdf (1988) 23 f (Zugriff zuletzt am 20. 12. 2023).

2 Vgl Knaus, Herausforderungen und Chancen der neuen Arbeitswelt, Department Rechnungswesen und Controlling der FH CAMPUS 02 (2023) 18.

3 Vgl Knaus (2023) 18 f.

4 Knaus (2023) 23.

5 Knaus (2023) 25.

6 Knaus (2023) 38.

7 Vgl Parasuraman, et al (1988).

8 Knaus (2023) 9.

9 Knaus (2023) 39.

10 Vgl Knaus (2023) 10.

11 Knaus (2023) 40.

12 Vgl Knaus (2023) 21.

13 Vgl Knaus (2023) 26.

14 Vgl Knaus (2023) 40.

Am digitalen Puls des österreichischen Rechnungswesens

Ergebnisse der

KPMG Studie „Digitalisierung im Rechnungswesen 2023“

Eberhard Bayerl / Christian Sikora / Sebastian Stocker

Seit 2018 veröffentlicht KPMG jedes Jahr eine Studie zur Digitalisierung im Rechnungswesen. Seitdem wurden über 1.000 Befragungen durchgeführt, die ein möglichst wirklichkeitsnahes Abbild zum Digitalisierungsfortschritt ermöglichen. Zusätzlich gibt im Zuge der diesjährigen Studie die Knapp AG einen spannenden Einblick in deren digitale Journey des ESG-Reportings und zeigt, dass dieses Thema mehr als Regulatorik ist bzw ua auch als Chance für einen künftigen Wettbewerbsvorteil genutzt werden kann. Außerdem widmet sich die Studie dem Zeitgeist folgend den Chancen und Herausforderungen der Nutzung von ChatGPT und Co im Rechnungswesen und wirft einen Blick in die digitale Zukunft des Steuerbereichs. Abschließend wurde mit den Studienteilnehmern auch ein erster Kassasturz vollzogen, also inwieweit die Digitalisierung bereits erste Früchte trägt.

1. Studie allgemein

Die Ergebnisse der diesjährigen Studie basieren auf einer Kombination von Erkenntnissen aus sechs Tiefeninterviews mit ausgewählten österreichischen Unternehmen sowie den Ergebnissen einer umfangreichen Online-Umfrage in der DACH-Region. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf den Entwicklungstrends, die durch den Vergleich der aktuellen Studie mit früheren Erhebungen erkennbar werden. Im Kontext dieser Entwicklungstrends rücken zwei spezielle Themenfelder, nämlich Artificial Intelligence (AI) und Nachhaltigkeit, in den Mittelpunkt. Diese erfahren nach wie vor eine rasante Weiterentwicklung, eröffnen der Digitalisierung im Rechnungswesen neue Möglichkeiten und stellen sie vor neue Herausforderungen.

2. Entwicklungen der Digitalisierung

Die im Rahmen der Studie durchgeführten Tiefeninterviews bestätigen, dass die Digitalisierung ein wesentlicher Bestandteil von Unternehmensstrategien ist. In den meisten Fällen wurde sogar eine eigene Digitalisierungsstrategie definiert. Das Rechnungswesen wird dabei jedoch nicht immer berücksichtigt, sondern häufig nur über zentrale Initiativen wie die Modernisierung eines ERPSystems adressiert. Daher ist der Umsetzungsgrad von Digitalisierungs- und Technologiethemen ein zentraler Aspekt der Studie. Darüber hinaus sieht sich die Rechnungslegung mit steigenden Anforderungen aus der ESG-Regulierung sowie Chancen durch neue Technologien wie AI konfrontiert. Aus diesem Grund wird im Folgenden auf die ESGPerspektive und Optimierungsmöglichkeiten eingegangen.

2.1. Digitalisierungsroadmap und Schwerpunktsetzung

Österreich ist im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz durchaus akzeptabel positioniert. Einerseits werden Digitalisierungsthemen im Durchschnitt umfangreicher umgesetzt, andererseits ist der Anteil derer, die Projekte in diesen Bereichen planen, in allen Bereichen geringer als in der übrigen DACH-Region. Dies deutet darauf hin, dass die österreichische Unternehmenslandschaft einen höheren Reifegrad in Bezug auf Digitalisierungsinitiativen aufweist. Zumindest wird dies in der Selbsteinschätzung so wahrgenommen.

Insgesamt ist in jedem der abgefragten Schwerpunkte ein Anstieg der Digitalisierung im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Die stärksten Entwicklungen und damit auch Schwerpunkte liegen in diesem Jahr bei der Standardisierung von Workflows, der Abschaffung von Altsystemen und der Implementierung einer papierlosen Buchhaltung, die im Vergleich zum Vorjahr den größten Zuwachs verzeichnet.

Darüber hinaus wurde im Rahmen der Studie der Einsatz einer Vielzahl von Technologien abgefragt, die Unternehmen zur Verfügung stehen, um Digitalisierungsstrategien erfolgreich umzusetzen. Die folgende Analyse der Umsetzungsgrade verschiedener „Enabler“ gibt einen Überblick darüber, was Unternehmen derzeit in Pilotprojekten ausprobieren, was bereits flächendeckend eingesetzt wird und wo kein potenzieller Mehrwert erkannt wurde und daher auch zukünftig keine Umsetzung geplant ist.

Aus den Befragungen geht hervor, dass bei der Wahl einer neuen Technologie ein hohes Maß an Selektion vorliegt, da Mängel an entsprechenden Ressourcen und IT-Know-how bestehen. Diese werden jedoch perspektivisch bereits sukzessive aufgebaut. Trotz alledem sind hohe Umsetzungsquoten in den Bereichen Cloud-Lösungen und In-Memory-Datenbanken evident. Gleichzeitig weisen Cloud-Lösungen den höchsten Anteil an Pilotprojekten auf, was bedeuten kann, dass dieser Technologie ein hoher potenzieller Mehrwert zugeschrieben wird. Big-Data-Analysewerkzeuge, Self-Service-Reporting und regelbasierte Systeme (Software-Bots/Chatbots) liegen sowohl bei der Umsetzung als auch bei den Pilotprogrammen im oberen Mittelfeld. Business-Process-ManagementPlattformen und lernende Systeme wie ChatGPT, die derzeit von allen Kategorien am meisten diskutiert werden, bilden die untere Hälfte des Umsetzungsgrades. Das größte Desinteresse bzw der geringste erkannte Mehrwert zeigt sich bei Blockchain-Technologien und Virtual Reality Tools.

Eberhard Bayerl ist Partner der KPMG im Bereich Advisory und verantwortlich für den Bereich Future of Finance in Österreich.

Christian Sikora ist Partner der KPMG im Bereich Audit & Advisory und verantwortlich für den Bereich Digital Audit in Österreich.

Stocker ist Assistant Manager der KPMG im Bereich Advisory mit Fokus auf Finance und IT Strategie Projekte.

Sebastian

Abb 1: Datenverfügbarkeit und -qualität in Bezug auf Nachhaltigkeitsthemen.

2.2. Nachhaltigkeit – Regulatorik aber auch Daten und IT

Im Fokus zur Bewältigung der steigenden Regulatorik im ESG-Bereich stehen Qualität und Verfügbarkeit der Datenbasis. Diese bilden die Grundvoraussetzungen, um den bevorstehenden Herausforderungen robust entgegenzutreten. Auf der Regulatorik-Roadmap bildet sich in den kommenden Jahren eine Dynamik ab, die nicht abzunehmen scheint. Die Grundlagenuntersuchung der betroffenen Dimensionen führt annähernd in allen Fällen auf eine hohe Datenqualität und -verfügbarkeit zurück. Zu diesen gehören beispielsweise Transparenzbeschaffung bzw Datenbereitstellung in Sachen Berichterstattung und Supply Chain sowie neuartige Melde- bzw Berichtspflichten (siehe Abbildung 1).

Die Ergebnisse der Studie im Bereich ESG implizieren einen hohen Handlungsbedarf. Rund jedes dritte Unternehmen im DACH-Raum betreibt noch keinerlei nichtfinanzielle bzw Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dieser Quote folgt eine Evidenz von zumeist mangelnder bis unzureichender Datenqualität und -verfügbarkeit in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung, vor allem in der „E“-Dimension von ESG („E“ steht für Environmental, also Kennzahlen zur Umwelt). Durch die dynamischen Änderungen in diesem Bereich, fordert die Regulatorik eine Bereitstellung von Daten, die heute größtenteils noch nicht vorhanden sind. Aus dieser Kombination ergibt sich eine stark manuell geprägte Bearbeitung sowohl der ESG-Datenerhebung als auch der ESGBerichterstattung.

2.3. AI im Rechnungswesen – Chance oder Risiko?

Artificial Intelligence (AI, zu Deutsch: Künstliche Intelligenz) gehört zu einer der größten Markttrends im Jahre 2023. Doch welche Bedeutung die Technologie für das Rechnungswesen haben könnte, ist in vielen Fällen noch nicht klar. Folglich soll dieser Exkurs einen Überblick über die Anwendungsmöglichkeiten von AI und Implikationen für das Rechnungswesen geben.

Auch im Bereich des Rechnungswesens können bereits heute buchhalterische Routineaufgaben

wie das Erfassen und Buchen von Dokumenten und Rechnungen, die Berichterstattung sowie Abweichungsanalysen und Forecasting automatisiert werden. Hierbei gehen diese hochmodernen und selbstlernenden Algorithmen weit über das bisherige Definieren von vorab durch den Menschen bestimmte Regeln und der daraufhin automatischen Durchführung von Buchungen oder Abläufen hinaus. AI-gestützte Buchhaltungssysteme lernen selbstständig auf Basis historischer Buchungsdaten sowie allgemeiner Rechnungslegungsstandards wie dem UGB, HGB oder IFRS und sind in der Lage, eigenständig Vorschläge zu machen, auch wenn sich zB die Rahmenbedingungen neuer Aufträge ändern sollten.

„Das Finanzwesen und das notwendige Knowhow ändern sich kontinuierlich. Es wird immer wichtiger, sich intensiv mit Prozessen und Tools auseinanderzusetzten. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, werden der Einsatz von AI und Predictive Analytics sowie ein stärker automatisiertes Reporting eine wichtige Rolle einnehmen.“ – Wienerberger

Die Implementierung und Nutzung von AILösungen ist für Unternehmen mit Herausforderungen verbunden. Hierzu wurden insbesondere vier Bereiche identifiziert: Mangelnde Implementierungs-Skills bei Mitarbeitern, Risiko Management/Compliance, Widerstand innerhalb der Organisation sowie technisch unausgereifte Lösungen. Es besteht ein allgemeiner Konsens darüber, dass auch im Rechnungswesen kein Weg an der Integration von AI-Lösungen vorbeiführt. Die Effizienzvorteile und Einsparpotenziale für Unternehmen werden daher eine entscheidende Rolle im Wettbewerb spielen. Unter anderem bietet AI auch eine Antwort auf die zunehmenden regulatorischen Anforderungen und den spürbaren Fachkräftemangel.

3. „Erster Kassasturz“ – Ist bereits eine Wirkung der Digitalisierung erkennbar?

Die Digitalisierung hat tiefgreifende Auswirkungen auf das Rechnungswesen. In welchen Bereichen und in welchem Ausmaß, wurde im Rahmen

eines „ersten Kassensturzes“ im Schlusskapitel der Studie erarbeitet. Da die Unterschiede in der DACH-Region zwischen den zugehörigen Ländern marginal sind, wird die Gesamtheit als Grundlage der Kernaussagen herangezogen. Die betrachteten Bereiche beinhalteten: Allgemeine Veränderungen durch die Digitalisierung, Verbesserung der Qualität im Rechnungswesen durch die Digitalisierung und Auswirkungen der Digitalisierung auf Kostenund Zeitaufwand.

Die Auswertung der Befragungen zeigt eine deutlich überwiegende Einigkeit, dass die Digitalisierung in den betrachteten Bereichen leichte bis starke Veränderungen mit sich gebracht hat. Der größte Einfluss ist in der Optimierung der Arbeitsabläufe, der Rollenprofile der Mitarbeiter und ihrer Kompetenzen zu sehen. Bei der Automatisierung von IKS-Kontrollen und der Überwachung bzw Bewertung von Prozessen durch Analysen sind weniger deutliche Veränderungen durch die Digitalisierung erkennbar. Dieses Ergebnis deckt sich mit dem der vergangenen Jahre, und zeigt, dass der Einfluss der Digitalisierung mit zunehmender Datenabstraktion abnimmt. Die Ergebnisse der Frage nach der Verbesserung der Qualität im Rechnungswesen zeigen, dass die Mehrheit der Befragten eine Verbesserung durch die Digitalisierung attestiert. Besonders hoch ist die Zustimmung hinsichtlich höherer Transparenz von Unternehmensdaten, umfangreichere Datenauswertung und verbesserte Datenqualität. Diese Punkte werden vor allem in Bezug auf die ESG-Anforderungen an Relevanz gewinnen (siehe Abbildung 2).

Darüber hinaus verringert eine fortgeschrittene Digitalisierung die Fehleranfälligkeit bei der Abschlussprüfung. Weniger Einigkeit herrscht bei der Gefahr von Hackerangriffen und der Anpassung an die Bedürfnisse von Stakeholdern durch die Digitalisierung. Hier entschied sich der Großteil für die Auswahlmöglichkeiten „Teils-teils“ und „Stimme zu“ bzw „Stimme nicht zu“

Die Auswirkungen auf Kosten und Zeitaufwand sind gemischt: Bei einem Großteil der Unternehmen (45 Prozent) hat die Digitalisierung keine Auswirkungen auf die Kosten der Abschlusserstellung. 50 Prozent der Befragten stimmen jedoch zu, dass die Digitalisierung die Abschlusserstellung beschleunigt hat.

„Früher waren die Rechnungswesenmitarbeiter:innen zu 90 Prozent mit dem Tagesgeschäft ausgelastet. Durch die laufenden Projekte und Transformationsinitiativen hat sich das auf 50 Prozent reduziert. Das Projektgeschäft ist somit neuer Teil des Tagesgeschäfts. Durch die Investition in Digitalisierung versuchen wir die Ressourcen dafür zu mobilisieren.“ –Energie Steiermark

Die Digitalisierung zeigt also seine Wirkung, sie optimiert erheblich die Prozesse und Arbeitsabläufe und verändert darüber hinaus vor allem auch die Rollen und Fähigkeiten im Rechnungswesen nachhaltig.

Die KPMG-Studie „Digitalisierung im Rechnungswesen 2023“ – kostenlos zum Download unter https://kpmg.com/at/de/home/insights/2023/12/ digitalisierung-im-rechnungswesen-2023.html.

Abb 2: Qualitätshebel der Digitalisierung.

Der Fluch der Bildschirmzeit

Ein Insider-Bericht aus dem Herzen von Facebook & Co

Bei aller Nützlichkeit ist das Handy für viele wohl auch der Zeitfresser Nr. 1. Das Mobiltelefon hat es geschafft, dass die Grenzen zwischen Information, Kommunikation und freiwilliger Preisgabe von Lebenszeit und höchst privaten Informationen immer mehr verschwimmen. Kaum ein Alltagsgegenstand hat für Menschen aller Altersgruppen ein so hohes Suchtpotenzial, sprechen die darauf verfügbaren Programme und sozialen Netzwerke doch sehr gekonnt das Bedürfnis nach Selbstdarstellung und emotionalem Abreagieren als kurzfristiges Mittel gegen Langeweile und innere Leere an.

Was im Jahr 2004 unter dem Namen Facebook als kleine Website zur Kommunikation mit Gleichgesinnten begann, entwickelte sich ab den 2010er Jahren zum größten Social-Media-Konzern der Welt, der heute unter dem Namen Meta Platforms so bekannte Namen wie Facebook, Instagram, WhatsApp und Threads versammelt. Meta gehört mit Alphabet, Amazon, Apple und Microsoft zu den Big Five der US-Technologiebranche. Der Konzern zählt weltweit rund 65.000 Mitarbeiter, sein aktueller Marktwert wird auf über 900 Milliarden US-Dollar geschätzt. In jüngst publizierten Veröffentlichungen gab Meta die globale Anzahl der monatlich aktiven User mit über drei Milliarden Menschen an. Diese beeindruckenden Zahlen stehen aber nicht nur für die gewaltige ökonomische, sondern vielmehr auch für eine geradezu bedrohliche gesellschaftliche und politische Macht des Riesenkonzerns.

Nun liegt unter dem Titel „Die Wahrheit über Facebook“ der Insider-Bericht der ehemaligen Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen vor, der aufzeigen soll, wie unzureichend Meta seine Verantwortung wahrnimmt, die Verbreitung unwahrer, extremistischer und gewalttätiger Inhalte auf seinen Social-Media-Plattformen zu verhindern. Vielmehr tat Meta demnach nichts gegen die Verbreitung problematischer Inhalte, sondern befeuerte im Gegenteil über seine geheim gehaltenen Algorithmen, dass sich Hass, Lügen und Diskriminierung immer schneller unter den Facebook- und Instagram-Usern verbreiteten.

Als Tochter einer College-Professorin und eines Arztes war für die Autorin ein akademischer Lebenslauf vorgezeichnet. Nach dem Schulabschluss verließ sie ihre ländlich geprägte Heimat in Iowa, studierte an einer angesehenen Elite-Universität und heuerte, nach einem MBA, im Silicon Valley an. Dank ihrer Tätigkeit für Google und im Produktmanagement der Social-Media-Plattformen Yelp und Pinterest erarbeitete sie sich eine profunde Basis in der Datenanalyse und der Funktionsweise von Social-Media-Algorithmen, um schließlich im Jahr 2019 bei Facebook/Meta anzuheuern.

Die Entscheidung, für Facebook zu arbeiten, fiel Haugen denkbar schwer, so zwiespältig und ethisch problematisch erschienen ihr die Marktmacht und strategische Ausrichtung des Unternehmens. Fol-

gerichtig begann sie ihre Tätigkeit in der Abteilung „Civic Integrity“, welche explizit für die Bekämpfung von Falschinformationen verantwortlich war. Da in den Jahren zuvor die Nutzer immer weniger Content auf Facebook posteten, experimentierte Facebook zu dieser Zeit mit einer Reihe von Maßnahmen, um die User wieder zu motivieren, möglichst viel Zeit auf der Plattform zu verbringen. Schließlich wurde der Algorithmus für den Newsfeed dahingehend umgestaltet, die Verbreitung von Content, der die meisten Interaktionen verursachte, zu verstärken, wodurch die Menge an Fake News und extremistischen Hasspostings sprunghaft anstieg. Trotz des ganz offenbar geringen Stellenwerts der Abteilung im Unternehmen, nicht zuletzt ablesbar an der chronischen personellen Unterbesetzung, erarbeitete sie im Vorfeld der US-Präsidentenwahlen 2020 eine Reihe von Vorschlägen, um politisch motivierte Falschinformationen und Hassreden in Facebook und Instagram zu verhindern. Diese wurden, offenbar auf Geheiß von Mark Zuckerberg persönlich, rundum abgelehnt und die Abteilung in weiterer Folge vollständig aufgelöst.

Noch während ihrer Zeit bei Facebook entschloss sich Frances Haugen, angeregt durch den Journalisten Jeff Horwitz, den fahrlässigen Umgang des Konzerns mit seiner Marktmacht der Öffentlichkeit nicht länger zu verschweigen. Vor ihrem Abgang bei Facebook im Mai 2021 kopierte sie über 20.000 Seiten firmeninterne Dokumente, aus denen ersichtlich war, dass Facebook im Sinne seiner Profitinteressen durchaus wissentlich zu Radikalisierung und politischer Gewalt in der Welt beitrug. Haugens Veröffentlichungen führten zu einer Anhörung vor dem USKongress und trugen sowohl in den USA als auch in der EU zu einer längst überfälligen Verschärfung der gesetzlichen Regelungen für Social Media bei. Das Buch von Frances Haugen vermittelt einen detailreichen, autobiographisch gefärbten Einblick in die Welt der Macher von Social Media und die von ihnen heraufbeschworenen gesellschaftlichen und politischen Abgründe. Gleichzeitig lässt es sich durchaus verstehen als eindringliches Plädoyer für eine Reduktion der für Facebook & Co geopferten Bildschirmzeit zugunsten des wahren, immer noch analogen Lebens.

Die Wahrheit über Facebook. Warum ich zur Whistleblowerin wurde und was die größte Social-MediaPlattform der Welt so gefährlich macht.

Frances Haugen Econ Verlag, Berlin 2023; € 27,50.

Dr. Bruno Lässer ist CFO der Alcar Holding GmbH in Hirtenberg/Niederösterreich.

Immobilienbewertung nach IFRS

Stellen Sie sich vor, Sie leiten ein Unternehmen, das Immobilien entwickelt – nicht irgendwelche Immobilien, sondern einzigartige Luxus-Immobilien. Natürlich hat ein derartiges Geschäftsmodell hohen Kapitalbedarf. Und natürlich zeigt sich bei derart langfristigen Projekten die Rendite erst nach einiger Zeit. Nachdem Ihr Unternehmen stark wächst, ist Ihr Portfolio noch nicht ausgewogen: Vielen halbfertigen Projekten stehen wenige fertige Bauten, die bereits Mieterträge generieren, gegenüber. Ihr Problem liegt nun darin, Ihren Unternehmenserfolg darzustellen. Bezieht man Ihr Ergebnis rein auf die aktuellen Mieterträge, schaut er bescheiden aus. Bezieht man jedoch auch das Potenzial der halbfertigen Bauten ein, machen Sie traumhafte Gewinne …

Die Bewertung einer Immobilie sollte auf den ersten Blick keine großen Probleme bereiten. Schließlich ist das Anlagegut eindeutig zu identifizieren und abzugrenzen und in der Regel liegt auch ein unstrittiger Anschaffungswert vor. Die Lage ändert sich, wenn die Immobilie nicht für die eigene Nutzung vorgesehen ist, sondern dazu dient, als Investitionsobjekt Mieterträge und Wertsteigerungen zu erzielen. In diesem Fall gilt die Immobilie als Finanzinvestition (Investment Property) und kann neben ihrem Anschaffungswert auch mit dem Marktwert angesetzt werden.

IAS 40 räumt Unternehmen ein Bewertungswahlrecht für Immobilien ein, die als Finanzinvestition gehalten werden:

❚ das Modell des beizulegenden Zeitwertes („Fair-Value-Model“) und ❚ das Anschaffungskostenmodell („Cost-Model“).

Das Anschaffungskostenmodell ist die im UGB aufgrund des Vorsichtsprinzips präferierte Bewertungsmethode. Dabei werden alle für die Anschaffung und Herstellung notwendigen Kosten aktiviert und über die Zeit abgeschrieben. Aufgrund der in der Regel steigenden Immobilienpreise entstehen dadurch in der Bilanz stille Reserven. Diese haben den Nachteil, dass die Bewertung nicht die aktuelle Marktrealität abbildet, haben aber zugleich den Vorteil, dass das Unternehmensergebnis nicht durch volatile Marktveränderungen beeinflusst wird.

Ermittlung des Fair Values

Zur Ermittlung des Fair Values gibt es grundsätzlich zwei Methoden: den Ertragswert-Ansatz und den Vergleichswert-Ansatz

Der Vergleichswert-Ansatz ermittelt den Wert einer Immobilie, indem er den aktuellen Marktwert vergleichbarer Immobilien ermittelt. Dazu sind zwei Dinge notwendig: Zunächst muss es möglich sein, vergleichbare Immobilien zu identifizieren und zweitens müssen diese aktuell am Markt ge- oder verkauft worden sein. Die Kriterien der Vergleichbarkeit können dabei durch-

aus weit gefasst werden, da bestimmte Eigenschaften wie zB die Größe oder die Ausstattung, zum Teil auch die Lage, über Faktoren angepasst werden können.

In der Regel wird im IFRS jedoch der Ertragswert-Ansatz angewandt, da er alle spezifischen Eigenschaften des Objekts berücksichtigen kann und in der Regel auch von denen angewandt wird, die potenzielle Käufer der Immobilie sind.

Zur Ermittlung des Ertragswerts wird eine Investitionsrechnung durchgeführt und die Cashflows des Projekts über die Laufzeit abgezinst. Derartige Modelle reagieren sehr sensibel auf die zugrunde liegenden Planungsparameter, vor allem auf:

❚ die Höhe der Anfangsinvestition,

❚ die Höhe der Mieterträge,

❚ die angenommene Auslastung,

❚ die laufenden Betriebs- und Instandhaltungskosten,

❚ die Höhe der Verzinsung,

❚ die Laufzeit der Investition und

❚ den angenommenen Restwert.

Der sich aus dieser Berechnung ergebende Barwert wird in der Bilanz angegeben und stellt den Fair Value der Immobilie dar. In weiterer Folge wird zu jedem Bilanzstichtag eine Neubewertung gemäß dem Ertragswertverfahren durchgeführt und der aktuelle Wert in der Bilanz angesetzt. Alle Veränderungen, die sich daraus ergeben, werden über die Gewinn- und Verlustrechnung ergebniswirksam verbucht.

Vom Fair Value zum Farewell, you Nehmen wir nun also an, Sie hätten ein Gebäude mit einem Anschaffungswert von 100 errichtet und damit bilanziert. Sobald das Gebäude in Betrieb geht, erfolgt die Bewertung zum Ertragswertverfahren und aufgrund Ihrer guten Mieterträge und Auslastung wird ein Wert von 150 festgestellt. Sie haben somit einen Gewinn von 50 erzielt. Das nächste Jahr wird noch besser: Die Zinsen sinken, die Baukosten bleiben stabil; aufgrund Ihrer Reputation gehen Sie von einer 100%igen Auslastung aus und Sie finden Mieter, die bereit sind, weit über marktübliche Mieten zu bezahlen. Der Wert Ihrer Immobilie errechnet sich auf 350 und Sie machen 200 Gewinn. Zeit, ein wenig davon als Dividende an Ihre Aktionäre auszuschütten.

Dumm nur, wenn sich ein Jahr darauf das Umfeld ändert. Die Zinsen steigen, die Inflation schlägt zu, Leerstände nehmen zu und Büromieten sinken. Das sensible Ertragswertmodell schlägt nach hinten aus, Ihre Immobilie ist nur noch 80 wert. Ein Zeichen, dass im aktuellen Marktumfeld niemand mehr eine derartige Investition vornehmen würde. Der Verlust von 270 reduziert Ihr Eigenkapital so stark, dass Investoren und Banken abspringen und ein Konkurs unvermeidlich ist.

Dr. Christian Kreuzer ist Mitglied der Geschäftsführung des Controller Instituts sowie Managing Director bei Contrast EY Management Consulting.

Dr. Brigitte W. Mühlmann ist Professorin am Babson College in Babson Park, Massachusetts, USA.

Designing a Business for Profitability

Liebe Leserinnen und Leser, ich darf dieses Semester erstmals eine Lehrveranstaltung mit dem Titel „Designing a Business for Profitability“ unterrichten, in der es um den Zusammenhang zwischen Strategieumsetzung und Rentabilität geht und die Optimierung von Geschäftsmodellen zum Ziel hat. Zur Vorbereitung habe ich ua die Videoserie und die Literatursammlung zum Thema Beherrschung von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) für das Finanzwesen studiert. Zusammengestellt wurde das Programm von den Herausgebern des Sloan Management Review Magazins am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge gemeinsam mit U.S.- und internationalen Autoren. Daraus habe ich einiges mitgenommen, wovon ich Ihnen berichten möchte.

Entscheidungen hinsichtlich Investitionen in Werkzeuge der KI und des ML sollen von einem Team bestehend aus CEO, CIO und CFO getroffen werden. CFOs denken oftmals nicht an sich selbst, wenn es um eine Führungsrolle in diesen Technologiebereichen geht. Sie können jedoch aus zwei Gründen einen wesentlichen Einfluss haben, wenn es um Strategie und Umsetzung geht, berichten mein Babson-Kollege Tom Davenport und Beena Ammananth von Deloitte. Erstens können viele Prozesse und Aufgaben im Finanzbereich von AIAnwendungen durchgeführt werden, und zweitens stehen CFOs Preis-Leistungsbewertungen vor.

Als Beispiele für KI-Anwendungen im Finanzbereich nennen die Autoren ua die folgenden: Beschaffungsbereich – KI kann Ausgaben klassifizieren, das Lieferantenrisiko bewerten, Verträge prüfen, relevante Bedingungen extrahieren und mit den gelieferten Waren bzw Dienstleistungen abgleichen. Chatbots können routinemäßige Bestellungen aufgeben. Spesenabrechnungen – KI kann Informationen anhand von Unternehmensrichtlinien überprüfen. Vollprüfungen – KI kann so rasch arbeiten, dass 100 % der Transaktionen geprüft werden können und sich Prüfer nicht mehr auf Stichproben beschränken müssen. Prognosen – KI kann bei der Nachfrageschätzung mit externen Daten helfen, deren Quellen zB Umfragen, Mobilfunkdaten oder Thermometer sind. Risikobewertung – KI kann den Schaden einer Marke nach einer Datensicherheitsverletzung schätzen.

Zur Evaluierung der digitalen Reife einer Finanzfunktion empfiehlt Kristof Stouthuysen von der Universität Leuven folgende sieben Fähigkeiten, die als Bausteine dienen: 1. Verwendung von fortschrittlichen Analysen für strategische Zwecke. / 2. Auspacken und Erklären von Ergebnissen. / 3. Bereichsübergreifende Zusammenarbeit im Datenmanagement. / 4. Einbetten von Analysefähigkeiten. / 5. Erkunden und experimentieren. / 6. Kulturelle Veränderung managen. / 7. Alle Mitglieder des Teams in die digitale Transformation einbinden und sie an Erfolgen teilhaben lassen.

Da CFOs KI- und ML-Anwendungen in der Regel zukaufen und nicht selber entwickeln, müssen sie lernen, diese zu evaluieren. Dazu müssen sie nach der Grundwahrheit fragen, schlagen Sarah Lebovitz, University of Virginia, Hila Lifshitz-Assaf, Warwick University und Natalia Levina, New York University, vor. Das ist leichter gesagt als getan. Die Grundwahrheit in KI-Anwendungen bezieht sich auf die Daten im Trainingsdatensatz, die einem Algorithmus beibringen, was als „richtige“ Antwort zählt. Für die Messung der Grundwahrheit wurde die AUC (Area Under the Receiver)-Metrik entwickelt, welche die Genauigkeit eines Modells bei der Vorhersage auf einer Skala von 0 bis 1 zusammenfasst, wobei 1 für perfekte Genauigkeit steht. Die Autoren empfehlen, Anbieter oder Entwickler nach der AUC-Metrik zu fragen und die Antworten zu überprüfen sowie weitere Fragen wie folgt zu stellen: Gibt es eine objektiv richtige Antwort? Wie objektiv ist die Grundwahrheit und wie kann sie unabhängig verifiziert werden? Wie ist die Grundwahrheit im KI-Tool im Vergleich zum idealen Standard für kritische Entscheidungen von Experten?

Angesichts der Herausforderungen bei der Bewertung der KI-Anwendungen könnten CFOs Versprechen und Leistungsansprüche von Entwicklern für bare Münze nehmen, aber Probleme im Trainingsdatensatz können zu schwerwiegenden und für das Unternehmen dauerhaften Folgen führen, warnen die Autorinnen.

Unternehmen stehen jedoch vor einer unangenehmen Wahrheit, da es unvoreingenommene Datensätze nicht gibt, stellt Sian Townson von Oliver Wyman fest. Sie schlägt vor, KI-Voreingenommenheit zu managen, anstatt so zu tun, als ob man sie beseitigen könnte, und zwar folgendermaßen: Schritt 1: Entscheiden Sie sich für Daten und Design. Schritt 2: Überprüfen Sie die Outputs. Schritt 3: Überwachen Sie die Ergebnisse und achten Sie auf Probleme.

Letztendlich ist auch zu bedenken, dass unerwünschte Ergebnisse auch der Fall sein können, weil sich Dinge im Laufe der Zeit ändern.

Zurück zur Strategieumsetzung, Rentabilität und Optimierung von Geschäftsmodellen in meiner Lehrveranstaltung: Wie kann ich meinen Studenten erklären, dass man Renditen mit KI-Projekten erzielt? Mit guten Arbeitsbeziehungen zwischen dem Datenteam und den Abteilungen und einem klaren Fokus auf greifbare Werte, empfehlen mein Kollege Tom Davenport und Ren Zhang von der BMO Financial Group. Als Projekte, die typischerweise klaren Wert schaffen, nennen sie solche, die das Akquirieren neuer Kunden, das Verhindern von Kundenverlust oder die Vermeidung von Kreditrisiko oder -ausfall involvieren. Stimmen Sie zu?

So long – Auf Wiedersehen – Farewell aus Boston,

Ihre Brigitte Mühlmann, bmuehlmann@babson.edu

Von FinTechs bis Sandbox –der Zahlungsverkehr heute und morgen

Steuern. Wirtschaft. Recht. Am Punkt.

Mit Anwendungsbeispielen & Musterformularen

TUDER (HRSG.)

2023

1.212 Seiten, geb. 978-3-7073-4794-4

€ 198,–

digital erhältlich

Online bestellen & Versandkosten sparen lindeverlag.at

FROM TALKING TO WALKING!

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.