Inhalt
Einleitung 10 Das Irrenhaus als Normalfall: Besichtigung eines Krisengebiets 12 Problemzone Unternehmen: Gehört ein bisschen Unordnung nicht dazu? 13
CSI Insolvenz. Was Krisen über die Zeit davor verraten 13 Die Ordnung und ihre natürlichen Feinde. Die sieben Todsünden, die zum Irrenhaus führen 19 Irrenhäuser als wachsendes Phänomen: War früher alles besser? 24
Mehr Wahnsinn? Anzeichen einer Verschlechterung 25 Was immer noch gleich ist. Von beliebten Ausreden und bitteren Momenten der Wahrheit 27 Was sich wirklich verändert hat. Antworten von gestern in einem Handlungsrahmen von heute 31 Warnhinweis: Die Unordnung gefährdet Ihren wirtschaftlichen Erfolg! 41 Was ist gefragt? Sieben Ks für mehr Ordnung im Unternehmen 46
Dem Wahnsinn auf den Zahn gefühlt – Wo hakt es im Irrenhaus? 52 Wider das Schaukelpferd-Desaster: Ohne Analyse viel Bewegung, aber nichts geht voran 53 Wie misst man Wahnsinn? Das „vulkanische Sechseck“ als Ansatz der Problemanalyse 56
Vom Messen im Vulkan zum Problemprofil. Eine kurze Anleitung 56 Typische Konstellationen der Unordnung – und was bei ihnen zu beachten ist 57
Die Behandlung der sechs zentralen Wurzeln der Unordnung 70 Aufräumen strategischer Mängel: Weil Klarheit im Großen Ordnung im Kleinen bringt 71
Zum Aufwärmen: Wer bin ich und wenn ja, warum. Der dramatische Mangel an klaren Zielen und tragfähigen Geschäftsmodellen 71 Der „ideologische Überbau“ des Unternehmens: Von der Mission zum Ziel 74 Der Realitäts-Check: Ist die Strategie marktorientiert? 79 Die Gewissensfrage: Realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten 90 Eine Frage des Geldes: Eigenkapital- und Finanzierungsstrategie 94 Die Frage nach dem toten Pferd: Rechtzeitiges Absteigen? 96 Die Fragen aller Fragen: Ist das Geschäftsmodell stimmig? 99 Die abschließende Frage: Wie umfangreich müssen die Umbauarbeiten sein? 108 Aufräumen der Unternehmenskultur: Das Unternehmen auf der Couch 109
Zum Aufwärmen: Unternehmenskultur als DNA des Unternehmens 109 Der Befund: Wie ist es um die aktuelle Kultur bestellt? 120 Auftauen: Selbsterkenntnis als Weg zur Besserung 122 Verändern: Das Zielbild einer neuen Kultur entsteht 125 Umsetzung und Stabilisierung: Das Neue absichern 132 Aufräumen in der Führung: Weil Ordnung Ordnende braucht 134
Zum Aufwärmen: Warum es den Vatikan noch gibt und die Kommune 1 eine Episode geblieben ist 134 Es muss nicht immer Superman sein: Auf der Suche nach den richtigen Persönlichkeiten 137 Führungsstil und -werkzeuge: Solides Handwerk statt Zaubertricks 142 Führungsstruktur: Wer Führung möchte, muss dafür auch eine Basis schaffen 148 Aufräumen des Aufbaus und der Abläufe: Ordnung statt organisiertem Chaos 149
Zum Aufwärmen: Die Angst beim Fliegen – Warum die reine Kostenorientierung keine Lösung ist 149 Bitte nicht Kafka: Die Prozesse ordnen 153 Klare Rollen schaffen: Prozesse und Menschen zusammenbringen 163 Ordnen der Aufbauorganisation: Die richtige Aufstellung finden 166
Aufräumen mit Mängeln in der Personalarbeit: Weil bei der wertvollsten Ressource nichts dem Zufall überlassen werden sollte 174
Zum Aufwärmen: Notstandsgebiet Personalabteilung 174 Die notwendige Professionalisierung von Personalarbeit: Aufräumen mit Bauchgefühl und Stückwerk 178 Aufräumen der Steuerungs- und Informationssysteme: Weil Müll in Tabellenform immer noch Müll ist 185
Zum Aufwärmen: Tote brauchen kein EKG mehr – oder der Unterschied zwischen Allgemeinmedizinern und Pathologen 185 Aufräumen in Rechnungswesen und Controlling: Auf den Inhalt kommt es an 188 Aufräumen der Informationssysteme: Zurück zur angemessenen Rolle 194 Wie man aufräumen soll – Acht Tipps, was Sie nach der Lektüre dieses Buches (nicht) tun sollten 199 1. Ohne Ziele gar nicht erst anfangen! 200 2. Es muss nicht immer ein Projekt sein! 201 3. Klären Sie die Rahmenbedingungen und verborgenen Agenden – auch für sich selbst! 201 4. Finden Sie eine maßgeschneiderte Struktur für das Aufräumen! 203 5. Aufräumen ist Mannschaftssport: Bilden Sie Ihr Team! 207 6. Kommunizieren Sie das Aufräumen persönlich! 209 7. Schmeißen Sie alle Berater raus: Es sei denn, Sie haben schon die richtigen! 211 8. Vertrauen Sie keinen Gurus, sondern sich selbst! 217
Anhang 219 Bibliografie 222 Weitere Internetquellen 225 Index 227
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Was ist gefragt? Sieben Ks für mehr Ordnung im Unternehmen Der aktuelle Zeitgeist, der nicht zuletzt ein Kind der jeweiligen konjunkturellen Situation war, hat in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Managementphilosophien hervorgebracht – etwa nach dem Motto: Wenn du nicht mehr weiter weißt, entwickle eine neue Managementphilosophie. Das Ende des Wirtschaftswunders mit dem Zwang zur Bewährung im Wettbewerb brachte die „Erfolgsfaktorenforschung“ hervor. Be günstigt vom Durchbruch der elektronischen Datenverarbeitung war es möglich, große Datenmengen von verschiedensten Unternehmen auf Korrelationen mit erzielten Renditen hin zu testen. Heraus kamen „Erfolgsfaktoren“, die es im eigenen Unternehmen umzusetzen galt, um ebenfalls zu den Siegern zu gehören. Das Verdienst dieser Lehre war es, gewisse Grundzusammenhänge, die man immer schon vermutete, auch empirisch nachzuweisen. Aber in der Praxis? Die Erfolgsrezepte waren dann häufig so allgemein, dass nach allerlei Rechnen letztlich keine konkreten Hinweise für praktische Verbesserungen herausschauten. Die Reaktion auf die Qualitäts- und Kostenprobleme europäischer Autobauer war die Übernahme vermeintlicher japanischer Erfolgsrezepte unter der Überschrift „Lean-Production“. Wer erinnert sich nicht an den Weltmeister in dieser Disziplin, den bekannten spanischen Manager José Ignacio López. Zunächst bei Opel, später bei Volkswagen tätig, lebte er den Kerngedanken der Lean Production bis zum Exzess, Zulieferketten durchgängig zu managen und dabei auf kontinuierliche Kostensenkungen zu setzen. Manch rostiges Abschlussblech an einem alternden Golf zeugt heute noch von den Folgen dieser Politik. Die Konzentration auf die Kostenseite hatte zu erheblichen Qualitätsproblemen geführt. Unter der Bezeichnung „ProcessReengineering“ entstanden deshalb ganzheitlichere Ansätze, die nicht mehr nur kostenmäßig schlanker arbeiten, sondern vielmehr die ganze Prozesswelt des Unternehmens überdenken und neu aufstellen wollten. Die Reaktion darauf, dass das Reengineering von Belegschaften häufig nicht akzeptiert wurde, war das Konzept des Change-Managements. Die Möglichkeiten des Internets wurden dann schließlich im Konzept der Virtualisierung von Unternehmen verarbeitet. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen und ist bei Weitem nicht vollständig. Nicht zuletzt
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die Akquise-Interessen von Beratungsunternehmen, die alle paar Jahre ein neues Thema präsentieren müssen, damit die Powerpoints nicht zu langweilig sind, werden auch zukünftig dafür sorgen, dass es nie einen Mangel an neuen Managementkonzepten geben wird. Auf die zuvor geschilderten Phänomene einer wachsenden Unordnung ebenfalls mit einem neuen Managementkonzept zu antworten, wäre allerdings ein fataler Fehler. Teil der Unordnung ist nämlich auch, dass sich in vielen Unternehmen noch die Ruinen mehr oder weniger erfolgreicher Projekte finden lassen, die jeweils der einen oder anderen Managementmode nachliefen. Dies führt zu einer Begriffs- und Methodenverwirrung, die nicht zu unterschätzen ist. Vielfach sind die methodischen Konzepte in ihrer Reinkultur verbrannt. Selbstverständlich hatte jedes dieser Managementkonzepte in sich einen sehr wahren und wertvollen Kern. Ihr Fehler ist allerdings meistens gewesen, dass sie die Ursachen möglicher Unternehmensprobleme sehr eng eingegrenzt haben und dann nach einer Lösung ausschließlich für diesen schmalen Ausschnitt der Wirklichkeit gesucht haben. Damit griffen sie fast zwangsläufig zu kurz. Eine löbliche Ausnahme davon ist das Change-Management, das eigentlich einen breiten Anspruch hat. Enthält es doch einen sehr umfassenden Strauß an Grundsätzen und Methoden, die eigentlich im Rahmen jeder Veränderung in irgendeiner Form benötigt werden. Hier scheiterte man am mangelnden Willen, wirklich etwas zu verändern. Es ist an der Zeit, innezuhalten und den bestehenden Werkzeugkasten an Ideen und Methoden zu nutzen. Aufräumen erfordert vor allem eine neue Umgangsweise mit Veränderungswerkzeugen in Kombination mit einer auf Durchgängigkeit und Geschlossenheit zielenden Philosophie. Natürlich braucht auch diese Philosophie eine griffige Formel. Sie besteht aus sieben Ks, dem Anfangsbuchstaben von Kernbegriffen, die das Vorgehen kennzeichnen und eine Leitlinie dafür sind, wie die im Folgenden noch näher zu beschreibenden methodischen Ansätze einzusetzen und miteinander zu verweben sind. Das erste K steht für Klarheit. Gemeint ist Klarheit darüber, was aufzuräumen ist. Dies meint vor allem die Vermeidung von Schnellschüssen. Wer zu kurz greift bei der Problemanalyse, greift meistens daneben! Wer vorschnell und ohne klare Analyse in das Aufräumen geht, meint es vielleicht gut, wird aber selten Gutes bewirken. Ziel ist es, die Gründe, die zur Unordnung des Unternehmens geführt haben, zu objektivieren. Schon
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diese Schaffung von Klarheit erfordert Mut. Es tut weh, sich in vollem Ausmaß den Defiziten der eigenen Organisation zu stellen. Leider führt daran kein Weg vorbei. Als Zweites wird Konsens benötigt. Konsens zwischen Eigentümern und Management, zwischen Management und Mitarbeitern und zwi schen dem Unternehmen und seinen wesentlichen Anspruchsgruppen – Konsens darüber, wohin die Reise des Unternehmens gehen soll, welche Ziele angestrebt werden. Konsens meint in diesem Fall nicht nur, dass jeweils beiden Seiten meinen, übereinzustimmen, sondern dass Ziele und Vorstellungen tatsächlich messbar deckungsgleich sind. Dass Eigentümer das Management mit ambitionierten Zielen treiben wollen, liegt in der Natur der Sache. In den vergangenen Jahren waren aber oftmals offizielle Zielsetzungen von Unternehmen zu vernehmen, die rea listischerweise nicht umsetzbar waren. Seien wir ehrlich, wenn es eine Lehre aus den Ereignissen der vergangenen Jahre zu ziehen gilt: Es ist Zeit für einen neuen Realitätssinn. Zwischen Wunschdenken und ambitionierten Zielen mag oftmals nur ein kleiner Unterschied sein, aber es ist eben ein Unterschied. Außerhalb von Branchen wie dem Drogenhandel oder der Prostitution sind nachhaltige Renditen weit jenseits der 30 Prozent über mehrere Jahre hinweg für ein gesamtes Unternehmen meist nur mit Risiken erreichbar, die ebenfalls sehr bemerkenswert sind. Und unerheblich ist das Risiko ja sogar in den beiden erstgenannten Branchen nicht … Wichtig ist dabei, dass die Ziele auch einen klaren Zeitbezug enthalten: Wann soll was erreicht sein? Ein Beispiel: Alle sind für Wertsteigerung. Alles klar, oder? Geht es um eine Wertsteigerung über mehrere Jahre, für die man bereit ist, bis dahin auch in den Wert (z.B. durch Übernahmen) zu investieren? Wird eine Steigerung der laufenden Dividenden erwartet? Oder geht es darum, die Wirtschaftlichkeit sehr kurzfristig zu steigern, um in absehbarer Zeit einen höheren Verkaufserlös zu erzielen? Jede dieser Vorgaben zieht gänzlich andere Managementansätze nach sich. Als Drittes ist ein Konzept gefragt, wie man das Unternehmen zur Erreichung der vorgegebenen Ziele aufräumen möchte. Das hört sich unproblematisch an, doch steckt der Teufel der Unordnung im Detail. Ein Konzept besteht nicht aus vielen bunten Charts mit schönen Wölkchen als Überschriften. Ein Konzept beginnt mit einer Formulierung der Ziele der Veränderung, daraus abgeleitet ein klarer Maßnahmen-, Zeit- und Verantwortungsplan. Dieser muss ohne irgendwelche Brüche vom obers ten Level der Unternehmung auf jeden Arbeitsplatz heruntergebrochen
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werden können. Sinnvolles Aufräumen in eng abgegrenzten Bereichen, bei dem sich im Rest der Unternehmung gar nichts ändert, gibt es aller Erfahrung nach nicht – oder es ist bereits im Ansatz zum Scheitern verurteilt. Das Konzept braucht Kreativität, das vierte K. Kennen Sie auch die vielen „Branchenexperten“, die sich sofort multimedial zu Wort melden, wenn in „deren“ Branche irgendetwas Außergewöhnliches passiert? Dann stehen sie in den Morgen-, Mittags- oder Abendmagazinen des Fernsehens oder geben ihren Senf in gedruckter Form dazu. Meistens äußern sie sich skeptisch über Ideen anderer, weil das in „ihrer“ Branche nicht funktionieren kann. Lassen Sie sich bitte von diesen Profi-Kassandras ebenso wenig bremsen wie von den Amateuren im eigenen Haus. Wären die schon bei der Erfindung des Rades dabei gewesen, sie hätten argumentiert, so etwas Rundes habe es noch nie gegeben. Aufräumen soll ja Neues schaffen, da muss man alte Wege verlassen. Außerhalb eingefahrener Wege zu denken, gehört unbedingt dazu! Organisation ist Kommunikation. Und deshalb gehört ihr auch das fünfte K. Sogar in einer extrem hierarchisch orientierten Unternehmenskultur, in der ein Aufräumen „par ordre du mufti“ möglich sein sollte, muss das Wort des Mufti auch bis in die letzte „Oase“ innerhalb der Organisation dringen. In Zeiten steigender Erwartungen interner und externer Anspruchsgruppen ist es mit einer Verkündungspolitik wie im früheren Staatsfernsehen von Ostblockstaaten nicht mehr getan. Da ist der Anspruch an Kommunikation höher: Offenheit ist Grundbedingung. „Macht euch schon einmal Sorgen, Details folgen später.“ Nicht selten ist dies die Methode, mit der Unternehmen ihre Mitarbeiter über anstehende Änderungen informie ren. Da wird zunächst einmal das große Schreckensgemälde angedeutet, bevor es dann heißt: „Über Details werden wir Sie in den nächsten Wochen laufend unterrichten.“ Mehr Sand lässt sich eigentlich kaum in das Getriebe von Veränderung streuen. Zu Offenheit gibt es keine Alternative, will man nicht viel Porzellan zertrümmern. Kommunikation muss organisiert werden. In einem Zeitalter, in dem jede Nachricht in Sekundenschnelle um den ganzen Globus wandern kann, wird oftmals noch so kommuniziert, als wenn Botschaften auf dem Dorfmarktplatz spontan zwischen zwei tratschenden Personen ausgetauscht würden. Die Zahl der „Zuhörer“ hat sich potenziert, das Interund Intranet hat ein ewiges, dokumentiertes Gedächtnis und wir wissen, Marshall McLuhan sei Dank, „das Medium ist die Botschaft“, und damit
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auch Art, Umstände und Zeitpunkt der Kommunikation. Deshalb muss klar sein, wer die Verantwortung für Kommunikation trägt, wer was wann zu sagen hat und welche Kommunikationskanäle gewählt werden. Kommunikation muss nicht nur offen, sie muss auch ehrlich und rea listisch sein. Kommunikation ist Management von Erwartungen. Es muss daher immer das Ziel sein, realistische Erwartungen zu wecken. Hier sind neben übereilten „Depressionseinheiten“ insbesondere auch die oftmals verfrüht abgegebenen Jubelmeldungen wenig hilfreich: Der Turnaround sei geschafft, das Tal durchschritten, das operative Geschäft wieder pro fitabel etc. Erst muss das Ei gelegt sein, dann kann gegackert werden. Aufräumen kann dauern, und das muss allen Beteiligten klar sein und immer wieder kommuniziert werden. Das sechste K steht für Konsequenz. Konsequenz ist deshalb so wichtig, weil man für das Aufräumen ehrlicherweise nur einen Schuss zur Verfügung hat. Unternehmen, die ein „serielles Aufräumen“ erleben, d.h. bei denen in regelmäßigen Abständen immer wieder aufs Neue versucht wird, irgendetwas grundsätzlich anders zu machen, sind meistens nichts anderes als „Unternehmenszombies“ – also Untote, die noch irgendwie funktionieren, die jedoch vor allem von der Unternehmenskultur, der Führung und vom Personal her ausgehöhlt sind. Denn dauerndes Aufräumen nervt, gute Leute verlassen entweder das Unternehmen oder ziehen sich in ein eigenes Schneckenhaus zurück. Deshalb muss der erste Schuss sitzen. Abgesehen davon: Warum soll man überhaupt von dem einmal als richtig eingeschätzten Weg und einem daraus abgeleiteten Konzept abweichen, soweit alles klar aufeinander aufbaut und durchdacht konzi piert wurde? Hier ist es in den vergangenen Jahren wohl zu einem der größten Managementmissverständnisse gekommen. Es ist unbestrit ten, dass Unternehmen nur von allen gemeinsam aufgeräumt werden können. Diejenigen, die den Alltag des Unternehmens tragen, müssen sich darin auch nach dem Aufräumen noch zurecht finden. Der Anspruch aber, alle im Unternehmen „mit ins Boot zu holen“, teilweise unter griffigen Formeln wie „alle Betroffenen zu Beteiligten machen“ vertreten, kann nur als gescheitert angesehen werden. Beim Hineinziehen von Nichtschwimmern ist die Gefahr des Kenterns viel zu groß. Gefragt ist eher Konsequenz mit Sensibilität. Natürlich soll nicht mit der Dampfwalze durch die Organisation gefahren werden. Beteiligung und Einbindung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist beim Aufräumen das Wesentlichste. Das Wissen in den Köpfen aller Beteiligten, das bei
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dieser Gelegenheit gehoben werden kann, ist schließlich ein enormer Schatz für die Weiterentwicklung. Deshalb ist mit Sensibilität auf die Interessenlagen der Beteiligten einzugehen. Ängste müssen verstanden und berücksichtigt werden, aber eben nicht um jeden Preis. Am Ende muss die Konsequenz stehen – sonst wird man die Unordnung nie los. Das siebte und letzte K steht für Konzentration. Das Projekt selbst sollte nicht zu viele organisatorische Schleifchen aufweisen. Hinter einer formalen Konzentration muss auch eine inhaltliche stehen. Das bedeutet Zweierlei: Auflistungen von im Unternehmen laufenden Veränderungsinitiativen zeigen bei größeren Häusern häufig bis zu hundert laufende Projekte oder sogar mehr. Dies führt zu einer totalen Zersplitterung, der inhaltliche Zusammenhang fehlt meist völlig. Oft wird in entgegensetzte Richtungen gearbeitet. Ziel sollte also sein, Aufräumen so aufzusetzen, dass es tatsächlich alle wesentlichen Punkte, an denen Unordnung herrscht, erfasst. Das Zauberwort heißt „wesentlich“. Es wird nie gelingen, alle Probleme im Unternehme in einem Aufwasch zu beseitigen. Deshalb sollte im Sinne der Übersichtlichkeit eine Konzentration der Projektziele auf die wirklich wichtigen Punkte erfolgen. Die sieben Ks werden im Folgenden immer wieder auftauchen. Auch wenn das möglicherweise als Wiederholung empfunden wird: Wer diese inhaliert und wirklich lebt, hat sozusagen schon die „halbe Miete“ des Aufräumens eingefahren. Begleitet werden muss dies aber alles – und dies sei deutlich erwähnt – durch einen Begriff, der auch nach der Recht schreibreform nicht mit K, sondern mit C geschrieben wird: Courage.